Protokoll:
15182

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 182

  • date_rangeDatum: 17. Juni 2005

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:43 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/182 Paradigmenwechsel nutzen – Alterna- Befristungen (Drucksachen 15/5270, 15/5714, 15/5722) Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl-Josef Laumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Dreßen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl-Josef Laumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: tivmethoden statt Tierversuche (Drucksachen 15/4656, 15/5720) . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Umwelt, Naturschutz und Reak- torsicherheit zu dem Antrag der Abgeordne- ten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Leistungsfähigkeit der Chemiewirtschaft in Deutschland und Europa erhalten (Drucksachen 15/5274, 15/5747) . . . . . . . . . . 17161 B 17161 D 17163 C 17166 B 17167 D 17168 B 17168 D 17169 C 17170 B 17171 C 17171 D Deutscher B Stenografisch 182. Sitz Berlin, Freitag, den I n h a l Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Drucksachen 15/5556, 15/5602, 15/5714, 15/5722) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dirk Niebel, Rainer Brüderle, Birgit Homburger, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion der FDP ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Lockerung des Verbots wiederholter b c 17161 A 17161 B a) Antrag der Abgeordneten Marie-Luise Dött, Dr. Peter Paziorek, Dr. Klaus W. undestag er Bericht ung 17. Juni 2005 t : Lippold (Offenbach), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU: Für ein umwelt-, innovations- und mittel- standsfreundliches REACH (Drucksache 15/5454) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Alter- nativen zu Tierversuchen – REACH nutzen (Drucksache 15/5686) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Dr. Peter Paziorek, Dr. Maria Flachsbarth, Marie-Luise Dött, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: REACH als Chance für einen 17171 C 17171 C Heinz Schmitt (Landau) (SPD) . . . . . . . . . . . Marie-Luise Dött (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17172 A 17173 A II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 Dr. Antje Vogel-Sperl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . Doris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … Strafrechtsänderungs- gesetzes – §§ 303, 304 StGB (… StrÄndG) (Drucksachen 15/5313, 15/5702) . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Dr. Jürgen Gehb, Daniela Raab, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines … Strafrechtsänderungsgesetzes – Graf- fiti-Bekämpfungsgesetz – (… StrÄndG) (Drucksachen 15/5317, 15/5702) . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Norbert Röttgen, Cajus Julius Caesar, Dr. Wolfgang Götzer, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetz- buches – Graffiti-Bekämpfungsgesetz (Drucksachen 15/302, 15/5702) . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes – Graf- fiti-Bekämpfungsgesetz – (... StrÄndG) (Drucksachen 15/404, 15/5702) . . . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Daniela Raab (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- b H H S S A M G T a b C H 17174 D 17175 D 17177 A 17178 C 17178 D 17179 D 17181 B 17182 C 17184 A 17184 A 17184 B 17184 B 17184 C 17186 A 17187 B 17188 A 17189 A 17190 C gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (Drucksachen 15/5244, 15/5701) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Arnold Vaatz, Ulrich Adam, Günter Baumann, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsge- setzes (Drucksachen 15/5319, 15/5701) . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Hartmut Büttner (Schöne- beck), Arnold Vaatz, Wolfgang Bosbach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Jährliche Debatte zum Stand der Rehabilitierung und Entschä- digung der Opfer der SED-Diktatur (Drucksachen 15/2818, 15/5701) . . . . . . . ans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . artmut Büttner (Schönebeck) (CDU/CSU) ilke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . lfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ arco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ünter Baumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: ) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Olaf Scholz, Hermann Bachmaier, Sabine Bätzing, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion der SPD so- wie den Abgeordneten Irmingard Schewe- Gerigk, Volker Beck (Köln), Jutta Dümpe- Krüger, weiteren Abgeordneten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Umsetzung europäischer Anti- diskriminierungsrichtlinien (Drucksachen 15/4538, 15/5717, 15/5723) ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Michael Fuchs, Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Kein weiterer Arbeitsplatzabbau – Antidiskriminie- rungsgesetz zurückziehen (Drucksachen 15/5019, 15/5718) . . . . . . . hristel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . annelore Roedel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 17192 C 17192 C 17192 D 17193 A 17194 B 17195 C 17196 B 17197 A 17198 D 17199 D 17201 B 17201 C 17201 D 17203 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 III Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Renate Gradistanac (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Göhner (CDU/CSU) . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Zweite und dritte Beratung des von der Frak- tion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Arznei- mittelversorgung bei Kindern und Jugend- lichen (Drucksachen 15/5318, 15/5700) . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit und Soziale Siche- rung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Altersgrenze für Ver- tragsärzte beseitigen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Freie Wahl der Kosten- erstattung in der gesetzlichen Kranken- versicherung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Nicht ver- schreibungspflichtige Arzneimittel wie- der als Leistung der gesetzlichen Kran- kenversicherung verankern (Drucksachen 15/940, 15/3511, 15/3995, 15/5516) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Arznei- m c ( T Z t D G k k ( T a b c U U M D 17204 C 17206 A 17207 A 17207 D 17209 B 17210 A 17210 C 17211 A 17211 C 17211 D ittelversorgung bei schwerwiegenden hronischen Erkrankungen gewährleisten Drucksache 15/5688) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 22: weite und dritte Beratung des von den Frak- ionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ IE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines esetzes zur Änderung des Straßenver- ehrsgesetzes und anderer straßenver- ehrsrechtlicher Vorschriften Drucksachen 15/5315, 15/5706) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: ) Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ressortforschung des Bundes umfassend evaluieren, neu ausrichten und fachliche Kompetenz nutzen (Drucksache 15/5267) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Dr. Maria Böhmer, Thomas Rachel, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU: Forschungs- und Innovationsförde- rung für die Arbeitsplätze der Zu- kunft – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Deutschland muss aufholen – 2006 bis 2016 – Dekade der Innovationen (Drucksachen 15/5016, 15/5360, 15/5682) ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Kretschmer, Katherina Reiche, Dr. Maria Böhmer, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Forschung an Hochschulen durch Vollkostenfinanzierung verbes- sern (Drucksachen 15/4721, 15/5374) . . . . . . . lrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lrich Kasparick, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17212 A 17212 C 17213 A 17213 A 17213 B 17213 C 17214 D 17215 D 17217 B IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 Helge Braun (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung telekommunika- tionsrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 15/5213, 15/5694) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vierten und Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Drucksachen 15/5574, 15/5705, 15/5724) . . Erika Lotz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Storm (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Sechs- undzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes (Drucksachen 15/5671) . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ände- rung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages – Verhaltensregeln für Mit- glieder des Deutschen Bundestages (Drucksache 15/5698) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung des von den Abgeordneten Joachim Stünker, Christine Lambrecht, Hermann Bachmaier, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie den Abge- ordneten Jerzy Montag, Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ D G D ( N A L A E A z F B s A E B N n t G A E H u D E u A E H H M H ü r te A Z – – 17218 D 17220 C 17220 D 17222 C 17223 A 17223 B 17225 C 17227 D 17229 A 17230 B 17230 B IE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines esetzes zur Novellierung der forensischen NA-Analyse Drucksache 15/5674) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten nja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ur Abstimmung über den Entwurf eines ünften Gesetzes zur Änderung des Dritten uches Sozialgesetzbuch und anderer Ge- etze (Tagesordnungspunkt 18) . . . . . . . . . . . nlage 3 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten irgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN) zur Abstimmung über den Entwurf ei- es Fünften Gesetzes zur Änderung des Drit- en Buches Sozialgesetzbuch und anderer esetze (Tagesordnungspunkt 18) . . . . . . . . . nlage 4 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten ans-Christian Ströbele, Jutta Dümpe-Krüger nd Monika Lazar (alle BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN) zur Abstimmung über den ntwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes nd anderer Gesetze (Tagesordnungspunkt 16) nlage 5 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten ubertus Heil, Ulrich Kelber, Jörg Tauss, orst Kubatschka, Klaus Barthel (Starnberg), onika Griefahn, Grietje Bettin und Manfred elmut Zöllmer (alle SPD) zur Abstimmung ber den Entwurf eines Gesetzes zur Ände- ung telekommunikationsrechtlicher Vorschrif- n (Tagesordnungspunkt 24) . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Arzneimittelversorgung bei Kindern und Jugendlichen Antrag: Altersgrenze für Vertragsärzte be- seitigen 17230 C 17230 D 17231 A 17231 D 17232 A 17232 C 17233 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 V – Antrag: Freie Wahl der Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenversicherung – Antrag: Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wieder als Leistung der ge- setzlichen Krankenversicherung veran- kern – Antrag: Arzneimittelversorgung bei schwer- wiegenden chronischen Erkrankungen ge- währleisten (Tagesordnungspunkt 21, Zusatztagesordnungs- Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU) . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . Rainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: 17248 D 17250 A 17251 B 17251 C punkte 8 und 9) Klaus Kirschner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Schaich-Walch (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Wolf Bauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Michael Hennrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Petra Selg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer stra- ßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (Tages- ordnungspunkt 22) Heidi Wright (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung te- lekommunikationsrechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 24) Hubertus Heil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Helmut Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . – – ( p W C C D V J A Z d d n J D J G B A A 17234 B 17235 A 17236 A 17237 A 17238 B 17239 A 17239 C 17240 A 17241 A 17242 B 17243 A 17244 A 17245 C 17247 D Entwurf eines Sechsundzwanzigsten Ge- setzes zur Änderung des Abgeordnetenge- setzes Antrag: Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages – Verhaltens- regeln für Mitglieder des Deutschen Bun- destages Tagesordnungspunkt 27, Zusatztagesordnungs- unkt 10) ilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD) . . . . . . . . hristine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . hristian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . r. Norbert Lammert (CDU/CSU) . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 10 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Novellierung er forensischen DNA-Analyse (Tagesord- ungspunkt 28) oachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) isela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . nlage 11 mtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17251 D 17253 C 17254 A 17255 C 17257 A 17257 D 17258 D 17259 B 17260 B 17261 A 17261 D 17262 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17161 (A) ) (B) ) 182. Sitz Berlin, Freitag, den Beginn: 9.0
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    Anlage 9 Anlage 10 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17231 (A) ) (B) ) matisch den Zugang zum Arbeitsmarkt verbaut haben,Stefan der Agenda 2010 am Arbeitsmarkt eingeleitet wurde: Durch die Verlängerung der Übergangsfrist werden insbesondere die Erfolge bei der Eindämmung der Vor- ruhestandsregelungen, die älteren Arbeitnehmern syste- Michalk, Maria CDU/CSU 17.06.2005 Müller (Erlangen), CDU/CSU 17.06.2005 Anlage 1 Liste der entschuldigt A c g e R T d d t Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Dr. Bietmann, Rolf CDU/CSU 17.06.2005 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 17.06.2005 Brunnhuber, Georg CDU/CSU 17.06.2005 Connemann, Gitta CDU/CSU 17.06.2005 Daub, Helga FDP 17.06.2005 Dieckmann, Roland CDU/CSU 17.06.2005 Fell, Hans-Josef BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.06.2005 Fischbach, Ingrid CDU/CSU 17.06.2005 Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.06.2005 Freitag, Dagmar SPD 17.06.2005 Göppel, Josef CDU/CSU 17.06.2005 Goldmann, Hans- Michael FDP 17.06.2005 Haupt, Klaus FDP 17.06.2005 Heiderich, Helmut CDU/CSU 17.06.2005 Heller, Uda Carmen Freia CDU/CSU 17.06.2005 Heynemann, Bernd CDU/CSU 17.06.2005 Hilbrecht, Gisela SPD 17.06.2005 Hohmann, Martin fraktionslos 17.06.2005 Kolbe, Manfred CDU/CSU 17.06.2005 Kopp, Gudrun FDP 17.06.2005 Lengsfeld, Vera CDU/CSU 17.06.2005 Lintner, Eduard CDU/CSU 17.06.2005 M N O D R R S S S S S V A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten nlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Ent- wurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Tagesordnungspunkt 18) Dem Fünften Gesetz zur Änderung des Dritten Bu- hes Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze habe ich zu- estimmt, da hiermit wichtige Weichen im Hinblick auf ine Fortführung der Reformpolitik von Rot-Grün im ahmen der Agenda 2010 gestellt werden. In einem eilaspekt des vorliegenden Gesetzes bin ich allerdings ezidiert anderer Auffassung: Die Verlängerung der bestehenden Übergangsfrist bei er Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I bewerte ich kri- isch. Sie konterkariert den Paradigmenwechsel, der mit ulthaupt, Gesine SPD 17.06.2005 itzsche, Henry CDU/CSU 17.06.2005 tto (Godern), Eberhard FDP 17.06.2005 r. Pinkwart, Andreas FDP 17.06.2005 auen, Peter CDU/CSU 17.06.2005 oth (Heringen), Michael SPD 17.06.2005 cheffler, Siegfried SPD 17.06.2005 chily, Otto SPD 17.06.2005 chlauch, Rezzo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.06.2005 chröder, Gerhard SPD 17.06.2005 chultz (Everswinkel), Reinhard SPD 17.06.2005 aatz, Arnold CDU/CSU 17.06.2005 bgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich 17232 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) rückgängig gemacht. Die Verlängerung der Regelung kommt nicht den jetzigen Arbeitslosen zugute, sondern nur denen, die derzeit in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und bis Ende 2007 arbeitslos werden. Dadurch wird die Praxis der Frühverrentung wieder weiter beför- dert und eine Kultur der Altersarbeit schon im Ansatz unterlaufen. Die Verlängerung der Übergangsfrist bei der Bezugs- dauer von Arbeitslosengeld I führt zu Belastungen der öffentlichen Hand von voraussichtlich 5 bis 6 Milliarden Euro. Eine Verlängerung der Regelung um zwei Jahre wirkt bis ins Jahr 2010 hinein. Die Folgen sind erhöhte Ausgaben für die nächsten fünf Jahre, insbesondere bei der Bundesagentur für Arbeit. Ich halte dies angesichts der prekären öffentlichen Finanzen und dem Gebot der Nachhaltigkeit für einen Fehler. Dadurch wird insbeson- dere der Spielraum für eine zukünftige Senkung der Lohnnebenkosten im Bereich der Arbeitslosenversiche- rung vergeben. Dies bildet jedoch nach meiner Auffas- sung eine Voraussetzung für eine dynamische Entwick- lung auf dem Arbeitsmarkt. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgitt Bender (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Ände- rung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Tagesordnungspunkt 18) Zur Abstimmung über das Fünfte Gesetz zur Ände- rung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze möchte ich folgende Erklärung abgeben: Dem Fünften Gesetz zur Änderung des Dritten Bu- ches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze habe ich zu- gestimmt, da hiermit wichtige Weichen zur Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer gestellt werden. In einem Teilaspekt des vor- liegenden Gesetzes bin ich allerdings anderer Auffas- sung: Die Verlängerung der bestehenden Übergangsfrist bei der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I bewerte ich kri- tisch. Sie widerspricht dem Paradigmenwechsel, der mit der Agenda 2010 am Arbeitsmarkt eingeleitet wurde: Durch die Verlängerung der Übergangsfrist werden ins- besondere die Erfolge bei der Eindämmung der Vorruhe- standsregelungen, die älteren Arbeitnehmern systema- tisch den Zugang zum Arbeitsmarkt verbaut haben, rückgängig gemacht. Die Verlängerung der Regelung kommt nicht den jetzigen Arbeitslosen zugute, sondern nur denen, die derzeit in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und bis Ende 2007 arbeitslos werden. Dadurch wird die Praxis der Frühverrentung wieder weiter beför- dert und eine Kultur der Altersarbeit schon im Ansatz unterlaufen. Die Verlängerung der Übergangsfrist bei der Bezugs- dauer von Arbeitslosengeld I führt zu Belastungen der öffentlichen Hand von voraussichtlich 5 bis 6 Milliarden E w A d d N A ih g e u G n W c d d v l n c b m k ä w c t d G f a b h W d w ü a s w s w „ (C (D uro. Eine Verlängerung der Regelung um zwei Jahre irkt bis ins Jahr 2010 hinein. Die Folgen sind erhöhte usgaben für die nächsten fünf Jahre, insbesondere bei er Bundesagentur für Arbeit. Ich halte dies angesichts er prekären öffentlichen Finanzen und des Gebots der achhaltigkeit für einen Fehler. nlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Jutta Dümpe-Krüger und Monika Lazar (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf eines Strafrechtsänderungs- gesetzes und anderer Gesetze (Tagesordnungs- punkt 16) Wir stimmen dem Gesetzentwurf nicht zu. Wir lehnen n ab. Die vorgesehene Ausweitung der Vorschrift des Straf- esetzes ist das ungeeignete und falsche Mittel zur Aus- inandersetzung mit dem Problem des Graffitisprayens nd den Sprayern. Dieses Strafgesetz trifft die harmloseste Variante von raffiti an Hausfassaden, Denkmälern oder Bahnwagen, icht die „harten“ Sprayer. Die Täter, die mit Lackfarbe ände und Bahnwagen besprühen, Scheiben oder la- kierte Flächen zerkratzen, also wirklich schwere Schä- en anrichten, die werden ganz unbestritten nach gelten- em Strafrecht stets betraft und zur Schadensbeseitigung erurteilt – wenn sie erwischt werden und ihre Tatbetei- igung zweifelsfrei bewiesen wird. Dazu braucht es kein eues Gesetz. Und auch das neue Gesetz hilft nicht, sol- he Täter schneller und häufiger zu fassen oder ihre Tat- eteiligung einfacher zu beweisen. Die Täter aber, die vergleichsweise harmlos sind, die it abwaschbarer Farbe sprayen oder malen, die Plakate leben oder in anderer Weise das Erscheinungsbild ver- ndern, können jetzt leichter mit Kriminalstrafen belangt erden. Das halten wir für unangemessen und falsch. Auch wir sind der Meinung, dass Graffiti ein ärgerli- hes Übel für betroffene Eigentümer und für viele Be- rachter ist. Die Beseitigung von Graffiti kostet häufig ie privaten Eigentümer und die öffentlichen Kassen viel eld. Millionenbeträge müssen von Kommunen und öf- entlichen Verkehrsbetrieben ausgegeben werden, die an nderer Stelle fehlen und wahrlich sinnvoller ausgege- en werden könnten. Das bedauern auch wir. Deshalb aben wir uns intensiv mit dem Thema Graffiti befasst. ir sind immer wieder zu der Auffassung gelangt, dass ie vielfach und alle Jahre wieder vorgeschlagenen Er- eiterungen des Strafgesetzbuches nicht richtig und berzeugend sind. Änderungen des Strafrechts – wie uch heute zu beraten – helfen nicht, das Problem zu lö- en. Vorschläge für Erweiterungen der Kriminalisierung aren häufig Ausdruck hilflosen Aktivismus, der Lö- ungen versprach nach dem Motto: „Wir tun wenigstens as!“, obwohl die Initiatoren selbst wussten, dass sie nur weiße Salbe“ als Heilmittel anboten. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17233 (A) ) (B) ) Es konnte bisher nie nachgewiesen werden, dass potenzielle Täter von Graffitisprayen durch eine Straf- verschärfung von ihrer Tat abgehalten werden. Ganz im Gegenteil. Viele Täter macht gerade das Verbotene scharf. Je größer die öffentliche Aufmerksamkeit ist, umso mehr wird gesprayt, wie gerade nach den spekta- kulären Hubschraubereinsätzen gegen Graffitisprayer in Berlin vor einigen Wochen deutlich wurde. Die Straf- rechtsverschärfung wird an der sehr geringen Aufklä- rungs- und Ergreifungsquote nicht das Mindeste ändern. Dies räumen selbst harte Befürworter der Änderung ein. Die Neuerung wird nicht öffentliche Flächen oder pri- vate Hauswände sauber halten oder geschädigten Eigen- tümern helfen und materiellen Ersatz verschaffen. Nur circa 30 Prozent der Straftaten, die im Zusammenhang mit Graffitisprühen stehen, werden bundesweit aufge- klärt. Es ist nicht zu erkennen, wieso durch eine Erweite- rung der Strafvorschrift mehr Tatverdächtige als bisher entdeckt und gefasst werden sollten, um sie strafverfol- gen zu können. Während einer kürzlichen Anhörung im Bundestag äußerten im Gegenteil Vertreter der Berliner Polizei die Befürchtung, die vorgeschlagene Ausweitung des § 303 StGB würde lediglich mehr personelle Kapazitäten mit der absehbar ergebnislosen Einleitung von Unbekannt- Verfahren binden. Die allermeisten Graffitis werden schon vom gelten- den Sachbeschädigungstatbestand des § 303 StGB er- fasst, da sie – oder jedenfalls ihre Entfernung – den Un- tergrund bzw. die Substanz der Sache beschädigen. Werden die Täter gefasst, werden sie auch bestraft. Dazu braucht das Gericht in aller Regel auch keine teuren Gut- achten. Um ärgerliche Graffitis zu verringern, müssen andere Wege als nur immer mehr Kriminalisierung ge- gangen werden. Wichtig ist, die Unterschiede der Mo- tive der Sprayer zu berücksichtigen. Es gibt Sprayer, die wollen sich künstlerisch betäti- gen, Kunstwerke schaffen. Ihre Werke werden in Kunst- kalender, in Kunstbücher und in Webseiten aufgenom- men. Sie sind meist bereit, auf legale Ersatzflächen auszuweichen, die ihnen ihr Werk ermöglichen und die- ses öffentlich zu präsentieren. Die große Mehrheit der Sprayer sprayt tags, um Aner- kennung in der Szene und in der Öffentlichkeit zu erlan- gen. Je höher das Risiko, das er beim Sprayen eingeht, je gewagter und je zahlreicher die Graffitis, umso höher das Ansehen. Nur selten gelingt es, diese Sprayer auf le- gale Flächen zu verweisen. Solange Sprayen cool ist, so lange können präventive und nachsorgende Maßnahmen allenfalls das Problem eingrenzen und lindern. Graffiti- abweisende Untergrundbeschichtung für gefährdete Flä- chen, insbesondere an öffentlichen Gebäuden und Bah- nen, kann Vorsorgen und die Kosten der Beseitigung erheblich mindern. Regelmäßige rasche Beseitigung der Tags mindert den Reiz, weil diese nicht lange zu sehen sind und für Anerkennung sorgen. In Kopenhagen, aber auch in Berlin wurden gute Erfahrungen gemacht. Die immer wieder schnell gereinigten Flächen blieben nach einiger Zeit tatsächlich unbesprayt. Der Erwerb der Spraydosen mit gefährlichem Kunstlack kann erschwert u c S S A h z d d B u s A L d b k li w A r s K s l o f ß u g d d T r b d z e g d T (C (D nd durch Sonderabgaben wie etwa auf so genannte Al- opops erheblich verteuert werden. Die eingesetzten praydosen werden weniger und die Schäden geringer. Eine kleine Minderheit der Täter will zerstören und chaden anrichten. Dagegen hilft die Verbesserung der ufklärungsquote, um die Täter zur Verantwortung zie- en und den Geschädigten Schadensersatz verschaffen u können, und Sozialarbeit, um den Jugendlichen an- ere Perspektiven aufzuzeigen. Wir wollen uns nicht dem öffentlichen Druck beugen, er während des maßlosen Hubschraubereinsatzes des GS gegen Graffitisprayer gar hysterische Züge annahm nd stimmen deshalb dem unsinnigen, unnützen und fal- chem Gesetz nicht zu, das die Falschen kriminalisiert. uch wir wollen mitwirken bei der Suche nach weiteren ösungen, ärgerliche Farbschmierereien zu verringern, ie Schädiger zu ermitteln und Geschädigten durchsetz- are Ansprüche gegen sie zu verschaffen. Für populär lingende Scheinlösungen, die Geschädigte und Öffent- chkeit irreführen und diesen vorgaukeln, dem Übel ürde abgeholfen, sind wir nicht zu haben. nlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hubertus Heil, Ulrich Kelber, Jörg Tauss, Horst Kubatschka, Klaus Barthel (Starnberg), Monika Griefahn, Grietje Bettin und Manfred Helmut Zöllmer (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur Änderung telekommunikationsrechtli- cher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 24) Wir stimmen dem Gesetzentwurf der Bundesregie- ung zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vor- chriften in der Fassung des Änderungsantrages der oalitionsfraktionen zu. Die Neuregelung des Telekommunikationsgesetzes chafft wichtige verbraucherschutzrechtliche Neurege- ungen, die für den notwendigen Kundenschutz sorgen, hne gleichzeitig die Dynamik dieser Schlüsselbranche ür unsere Zukunft sowie Innovationen unverhältnismä- ig zu behindern. Wir setzen damit zwei Verordnungen m, die wir bei der Änderung des Telekommunikations- esetzes im letzten Jahr zugesagt haben. Gleichzeitig möchten wir aber unserem großen Be- auern Ausdruck verleihen, dass es nicht gelungen ist, ie bei der Kompromisssuche bei der Novellierung des elekommunikationsgesetzes ebenfalls zugesagte Neu- egelung der Entschädigungsverordnung für Leistungen ei der Überwachung der Telekommunikation und bei er Erteilung von Auskünften in den Gesetzentwurf ein- ubinden. Wir sehen es aber als dringend notwendig an, ndlich zu einer auch mit anderen Industrienationen ver- leichbaren Entschädigungsregelung zu kommen. Die von den Telekommunikationsunternehmen bei er Ermöglichung der rechtmäßigen Überwachung der elekommunikation und der Erteilung von Auskünften 17234 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) zu Strafverfolgungszwecken und Zwecken der öffentli- chen Sicherheit zu erbringenden Leistungen dienen der Erfüllung staatlicher Aufgaben. Uns erscheint es deshalb erforderlich, den Telekommunikationsunternehmen eine angemessene Entschädigung für die Erbringung der Leistungen zu gewähren. Mit einer Neuregelung der Entschädigungsverord- nung haben wir zugleich das Ziel verfolgt, eine dämp- fende Wirkung auf den bisherigen Trend einer von Jahr zu Jahr ansteigenden Anzahl von Überwachungsmaß- nahmen zu erreichen. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Arzneimittelversorgung bei Kindern und Jugendlichen – Antrag: Altersgrenze für Vertragsärzte be- seitigen – Antrag: Freie Wahl der Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenversicherung – Antrag: Nicht verschreibungspflichtige Arz- neimittel wieder als Leistung der gesetz- lichen Krankenversicherung verankern – Antrag: Arzneimittelversorgung bei schwer- wiegenden chronischen Erkrankungen ge- währleisten (Tagesordnungspunkt 21, Zusatztagesord- nungspunkte 8 und 9) Klaus Kirschner (SPD): Der heute in zweiter Le- sung zu beratende Gesetzentwurf der CDU/CSU-Frak- tion zur Heraufsetzung der Lebensaltersgrenze auf 18 Jahre für die Erstattungsfähigkeit nicht verschrei- bungspflichtiger Arzneimittel durch die GKV ist ein weiteres Beispiel für eine Politik, mit der versucht wird, die Bürgerinnen und Bürger zu täuschen. Mal abgesehen von der Willkürlichkeit, mit der Sie durch die Alters- grenze von 18 Jahren die 19-, 20-Jährigen und Älteren ausschließen – das gilt auch bei der jetzigen Alters- grenze, die wir gemeinsam festgelegt haben –, hat – das will ich in Erinnerung bringen – in der zweiten und drit- ten Lesung des GKV-Modernisierungsgesetzes am 26. September 2003 der von mir sehr geschätzte Kollege Dr. Faust hier im Plenum auf Folgendes hingewiesen: „Dies alles und die Frage, ob es richtig ist, dass Kopf- schmerztabletten und Nasentropfen selbst zu bezahlen sind, ist vielfach bewegt und jetzt entschieden worden. In diesem Bereich liegen die Notwendigkeiten, aber nicht die Stärken dieses Gesetzes.“ Gilt dies noch oder nicht? Die niedersächsische Ministerin, Frau von der Leyen, CDU, hat in der Sitzung des Bundesrates zum GKV-Mo- dernisierungsgesetz am 17. Oktober 2003 zur Heraus- nahme der nicht verschreibungspflichtigen Medika- m „ l P r s P G a a g e d s i f P d b F m d s m g e c J F S K u A K n a w s m n d e s z t t t g i D c R M f a d f W (C (D ente aus der Erstattungspflicht der Kassen festgestellt: Dies allerdings sind in der Regel Arzneimittel gegen eichtere Krankheiten und Befindlichkeitsstörungen. Ihr reis ist vergleichsweise gering.“ Das nur zur Erinne- ung. Der von Ihnen jetzt zur Abstimmung vorgelegte Ge- etzentwurf führt nicht zu einer besseren Versorgung der atienten. Der Einzelsachverständige Professor Gerd laeske hat es in der öffentlichen Anhörung am 13. Juni, lso vor vier Tagen, auf den Punkt gebracht. Ich zitiere us dem Protokoll: „Ich halte den Vorschlag, die Alters- renze anzuheben, für überhaupt nicht zielführend, weil s darum geht, indikationsbezogene Regelungen zu fin- en“. Der bessere Weg, etwaige Versorgungslücken zu chließen, ist, dass der Gemeinsame Bundesausschuss ndikationsbezogene Regelungen findet und gegebenen- alls die Liste erstattungsfähiger Arzneimittel um OTC- rodukte erweitert. Nach den Aussagen des Vorsitzen- en Dr. Heß ist der GemBa auf einem guten Wege, was eispielsweise Ichthyoseerkrankungen anbetrifft. Bei der rage der Erstattung von Antihistaminika und Neuroder- atika gibt es offenkundig noch Probleme. Ich hoffe für ie SPD-Fraktion, dass im Interesse der Patienten Lö- ungen gefunden werden. Ich will an dieser Stelle der Versuchung nachgeben, ich mit Grundsatzbemerkungen zur Gesundheitsidiolo- ie der Union auseinander zu setzen. Mit Ihrem Gesetz- ntwurf versuchen Sie einerseits, den Eindruck zu erwe- ken, dass Sie sich für die Interessen von Kindern und ugendlichen aus vornehmlich einkommensschwachen amilien einsetzen. Wie passt das aber auf der anderen eite damit zusammen, dass Sie das Kopfgeld für ranke einführen wollen, das gerade die Familien mit nteren und mittleren Einkommen belastet und sie zu lmosenempfängern macht? Nur zur Erinnerung: Ihr opfgeldmodell würde dazu führen, dass alle Einverdie- erfamilien mit einem Monatseinkommen von weniger ls 3 115 Euro zu Bittstellern staatlicher Steueralmosen erden. Hinzu kommt, dass im Falle einer Mehrwert- teuererhöhung – denn wie wollen Sie die Lücke von indestens 28 Milliarden Euro schließen – diese auch och vorwiegend von denen bezahlt werden muss, die ie Zuschüsse bekommen sollen. Sie und wir alle wissen s: Die Bezieher unterer Einkommen werden prozentual tärker bei der Mehrwertsteuer herangezogen als die Be- ieher höherer Einkommen. Diese Widersprüchlichkei- en können Sie nicht leugnen. Wie passt es zusammen, wenn der bayerische Minis- erpräsident und CSU-Vorsitzende Stoiber in der jüngs- en Ausgabe des „Spiegel“ fordert, man dürfe Kürzun- en im Sozialbereich nicht länger skandalisieren? Was st denn skandalös, wenn nicht Ihr Krankenkopfgeld? as werden wir zuspitzen und den Menschen verdeutli- hen. Was Sie wollen, ist die Reduzierung einklagbarer echtsansprüche auf Almosengewährung nach dem otto: Jeder soll sich um sich selbst kümmern, dann ist ür alle gesorgt. Bezüglich der Kopfprämie hat bereits m 21. November 2004 Heiner Geißler die Antwort auf iese CDU/CSU-Vorschläge gegeben: „Der jetzige Weg ührt in die Privatisierung, das ist der amerikanische eg, der führt in die Irre, ja er führt ins Elend.“ Dem ist Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17235 (A) ) (B) ) nichts hinzuzufügen, außer dass ich namens meiner Fraktion ankündige, dass wir sowohl Ihren Gesetzent- wurf als auch die Anträge der FDP ablehnen werden. Die Kostenerstattungsideologie der Liberalen ist die Be- triebsanleitung für die Gelddruckmaschine der Leis- tungserbringer. Die Patienten müssten die Ergebnisse dieser Ideologie teuer bezahlen. Gudrun Schaich-Walch (SPD): Eines muss man Ih- nen bei Ihrem Gesetzentwurf lassen: Sie sind konsequent in Ihrer Inkonsequenz. Unsere gemeinsame Basis bei den Gesundheitsver- handlungen zum GKV-Modernisierungsgesetz 2003 war unter anderem die Ausrichtung der medizinischen Ver- sorgung an der Qualität. Diesen Grundsatz der strikten Qualitätsorientierung verlassen Sie nun; denn ein Ge- setzentwurf, der bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln eine Verschiebung der Altersgrenze von zwölf auf 18 als erstattungsfähig durch die Kassen vor- sieht, orientiert sich weder an Qualität und medizini- scher Notwendigkeit noch an sozialpolitischen Notwen- digkeiten. Er hat auch keine familienpolitische Orientierung. Sie wollen zwar die Familien mit Kindern bis 18 Jahren entlasten, aber erstens sind glücklicher- weise nicht alle Familien arm und zweitens lassen Sie alle anderen Menschen mit gleichen Problemen und Be- lastungen im Stich. Nach Ihrem Gesetzentwurf gilt: Bis 18 Jahre zahlt die Krankenkasse alles, egal wofür, egal von welcher Arz- neimittelqualität, egal ob medizinisch notwendig oder nicht. Ab dem 19. Lebensjahr zahlt jeder selbst. Aber bei den von Ihnen genannten circa 1 Million Jugendlichen, die an Allergien, Neurodermitis, Rheuma und anderen chronischen Erkrankungen leiden, hören diese Er- krankungen nicht mit 18 auf, sondern sie sind auch beim 19-, 20-, 25- oder 80-Jährigen oft noch vorhanden. Die gesundheitliche und die finanzielle Belastung bleiben weiterhin gleich. Wie wollen Sie zum Beispiel einem Auszubildenden oder einem Schüler erklären, dass es richtig und notwendig ist, dass die Krankenkasse das Medikament bis 18 bezahlt und ab 19 nicht mehr, ob- wohl sich doch an seiner Erkrankung nichts geändert hat? Wir wollen deshalb, wie in unserem Antrag dargelegt und wie gesetzlich vorgesehen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten und Krankenkassen die Krankheitsbilder festlegt, bei denen auch nicht ver- schreibungspflichtige Arzneimittel vom Arzt verordnet und von den Krankenkassen bezahlt werden. Dieser An- spruch auf Behandlung muss dann für alle gelten, egal ob neun, 19 oder 90 Jahre alt. Er begründet sich allein auf die medizinische Notwendigkeit und die Qualität der Arzneimittel, die zur Behandlung dieser Erkrankung notwendig sind. Aber nicht nur bei diesem Gesetzentwurf gilt Ihre konsequente Inkonsequenz. So fordert der CDU-Vize Christoph Bohr den Umbau des Sozialstaates. Er sagt, dass das deutsche Sozialsystem längst in die Knie gegan- gen sei, und fügt dann hinzu, dass die Union aber keines- falls den Weg der Grausamkeiten gehen wolle. Welchen W d N k K u u e U s f V W a m t s b i a d m k f ß s p w g s p E Z O S n d m E e r a d d d n d L z L d n l S A (C (D eg sie gehen will, verrät er aber nicht. Gleichzeitig for- ert Herr Stoiber konkrete Einschnitte in das soziale etz. Auch bei Ihrer Kopfpauschale sind Sie konsequent in- onsequent. Bereits bei der von Ihnen eingeforderten opfpauschale im Zahnersatz hat sich gezeigt, dass sie nsozial ist. Sie halten aber an der Kopfpauschale fest nd machen Ihre Ausgestaltung abhängig von der Steu- rreform. Das zeigt, wie konfus und konzeptionslos die nion in der Gesundheitspolitik ist. Sie wollen nur ver- chleiern, dass Ihre Sozialpolitik darin besteht, die öf- entlichen Sicherungssysteme zu einem Markt für die ersicherungskonzerne umzubauen; denn dies wird der eg sein, den Sie mit Ihrer Kopfpauschale einschlagen. Die Konsequenz in der Inkonsequenz kann man auch n einem Ihrer prominenten Gesundheitspolitiker fest- achen. Da setzt sich der ehemalige Gesundheitsminis- er Seehofer in den Verhandlungen zum GKV-Moderni- ierungsgesetz für die Einführung der Kopfpauschale eim Zahnersatz ein, ist aber gleichzeitig, nachdem er es m Bundestag mit beschlossen hat, dagegen und ruft jetzt ls Landesvorsitzender des VdK Bayern seine Mitglie- er auf, gegen die gesetzliche Regelung des einkom- ensbezogenen Sonderbeitrages der Versicherten zu lagen, mit dem wir den einkommensbezogenen Beitrag ür den Zahnersatz wiederhergestellt haben. Anschlie- end bietet sich Herr Seehofer dann auch noch als Ge- undheitsminister bei Frau Merkel an. Die Gesundheits- olitik der Union ist wie das Hütchenspiel: Keiner weiß, o ihr Inhalt gerade steckt und wie er aussieht. Aber hier eht es nicht um ein illegales Spiel, sondern um die Um- etzung eines legal zustande gekommenen Gesetzes. Natürlich ist die Abgrenzung nach Qualitätsgesichts- unkten gerade bei den Allergien ein schwieriger Weg. s sind eben nicht immer die leichten Wege, die zum iel führen. Deshalb sollten wir den richtigen Weg der rientierung an der Qualität nicht schon bei den ersten chwierigkeiten verlassen. Wir haben im GKV-Modernisierungsgesetz die geeig- eten Instrumente vorgegeben. Der Gemeinsame Bun- esausschuss wird sich in seiner Juli-Sitzung noch ein- al mit dem Thema befassen. Ich bin sicher, dass er eine ntscheidung fällen wird, in der die Qualität Vorrang vor iner Altersgrenze erhält und alle notwendigen Indikato- en berücksichtigt sind. Wir wollen, dass die Kranken unabhängig vom Alter, ber orientiert am Nachweis der Qualität versorgt wer- en. Wir wollen, dass die Finanzierung der Leistungen urch einkommensabhängige Beiträge erfolgt und nicht urch eine für jeden gleich hohe Kopfpauschale, die och durch private Prämien ergänzt werden muss, damit ie Bürgerinnen und Bürger die heutigen und künftigen eistungen der Krankenversorgung auch ohne finan- ielle Überforderung erhalten. Die Menschen in diesem and müssen die Sicherheit haben, dass sie nicht mit em Risiko Krankheit allein gelassen sind. Wir haben ih- en mit dem GKV-Modernisierungsgesetz viel abver- angt, auch den verschiedenen Berufsgruppen und elbstständigen, die im Gesundheitswesen arbeiten. ber ich glaube, wir haben damit einen wichtigen 17236 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) Beitrag für die Zukunftsfähigkeit unseres Gesundheits- wesens geleistet. Lassen Sie uns auf diesem Weg bleiben und so ein Stück Sicherheit in Zeiten ständiger Verände- rung schaffen! Dr. Wolf Bauer (CDU/CSU): Vor knapp anderthalb Jahren ist das Gesetz zur Modernisierung der gesetz- lichen Krankenversicherung, das GMG, in Kraft getre- ten. Als Erfolg dieses Gesetzes ist durchaus zu werten, dass die GKV 2004 einen Überschuss von 4 Milliarden Euro erwirtschaften konnte. 4 Milliarden Euro Über- schuss – eigentlich hätte es damit zu den erwarteten Bei- tragssenkungen kommen müssen. Dass es nicht dazu ge- kommen ist, liegt nicht an den viel gescholtenen Arzneimittelkosten – die im Übrigen auf dem Stand des Jahres 2002 liegen –, sondern an der Fehlinformation der Bundesregierung; denn uns wurde das wahre Ausmaß der Verschuldung der GKV verschwiegen. Die Bundes- regierung hat hier wieder einmal mit falschen Zahlen agiert. 4 Milliarden Euro Überschuss – in unserem An- trag, den wir heute abschließend beraten, handelt es sich um ganze 100 000 Euro! Worum geht es: Jeder von uns kann sich noch an die gewaltige Flut von Eingaben, in deren Mittelpunkt die Herausnahme der OTC-Präparate aus der Erstattungs- pflicht der GKV stand, erinnern. Niemand von uns war überrascht, dass bei der öffentlichen Anhörung zu unse- rem Antrag „Wirkungen und Nebenwirkungen des GMG – Kritische Bestandsaufnahme“ am 16. März 2005 von den Sachverständigen ausgeführt wurde, dass die Herausnahme nicht verschreibungspflichtiger OTC-Arz- neimittel aus dem Leistungskatalog der GKV in einigen Bereichen zu einer erheblichen Unterversorgung geführt hat. Warum? Einerseits werden einige Krankheiten nicht als schwerwiegend angesehen, und andererseits werden eine ganze Reihe von Arzneimitteln vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht als Therapiestandard anerkannt. Insbesondere Jugendliche sind von dieser Regelung betroffen; denn circa 1 Million von ihnen leidet an Aller- gien, Neurodermitis, Rheuma und anderen chronischen Erkrankungen. Die Kinder- und Jugendärzte haben in der öffentlichen Anhörung eindeutig dargelegt, dass bei Inhalationsallergien oder Neurodermitis die Behandlung mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln – Au- gentropfen, Nasensprays, systemischen Antihistaminika und harnstoffhaltigen Salben – Therapiestandard ist. Die jetzige Regelung stellt Kinder und Jugendliche vom vollendeten zwölften bis zum vollendeten 18. Lebens- jahr mit Erwachsenen gleich. Was passiert, wenn diese Kinder aufgrund finanzieller Schwierigkeiten ihrer El- tern die dringend benötigten Arzneimittel nicht erhalten? Können wir das verantworten? Nicht nur aus sozial- und familienpolitischer Sicht ist das äußerst bedenklich. Die Konsequenz ist nämlich, dass diese Erkrankungen bei den betroffenen Kindern eine schwere Verlaufsform nehmen und sich bis hin zu einer Dauerschädigung entwickeln können. Der GKV werden also mittel- und langfristig mehr Kosten entste- hen als die knapp 100 000 Euro, durch die die GKV m M g s a B J z d b a S n s g d d § n G d e z k g g j A b G le k d l n d r P w w A d F d s t h „ h s G E t h d s g (C (D ehr belastet würde, wenn unser Gesetzentwurf eine ehrheit in diesem Hauses fände. Bereits in der ersten Lesung wurde von unserer Kolle- in Schaich-Walch die Frage nach der Altersgrenze ge- tellt. Ich zitiere: „Weil seine Erkrankung als chronisch nerkannt ist, bekommt er nach ihren Vorstellungen die ehandlung nicht mehr bis zu einem Alter von zwölf ahren, sondern bis zu einem Alter von 18 Jahren be- ahlt. Wie aber erklärt man diesem jungen Menschen, er vielleicht noch zur Schule geht oder sich in der Aus- ildung befindet, dass dies an seinem 19. Geburtstag ufhört, obwohl seine Krankheit fortbesteht?“ Ich frage ie von der Noch-Koalition: Wie erkläre ich das denn ei- em Kind von 13 Jahren? Das Problem ist doch bei die- em Schnitt der Altersgrenze genau das gleiche; es ist enauso willkürlich. Im Übrigen wissen Sie ganz genau, ass alle Altersgrenzen des SGB V auf der Vollendung es ersten Lebensjahres aufbauen. Wenn Sie im Gesetz 34 SGB V, um dessen Abs. 1 Satz 5 wir hier streiten, ur einen Satz weiter lesen, stoßen Sie wieder auf diese renze. Wenn Sie also konsequent wären, müssten Sie ie Altersgrenze, ab der die Negativliste bei Bagatell- rkrankungen festgelegt ist, auch auf die Vollendung des wölften Lebensjahres absenken. Auch die Volljährig- eit beginnt mit dem 18. Lebensjahr – und ein 18-Jähri- er hat nun einmal ganz andere Möglichkeiten, sich egenüber seinen Eltern durchzusetzen als ein Minder- ähriger. Was den FDP-Antrag „Nicht verschreibungspflichtige rzneimittel wieder als Leistung der GKV verankern“ an- etrifft, so zwingen uns einzig und allein finanzielle ründe dazu, ihn abzulehnen. In der Anhörung und in der tzten Ausschusssitzung wurden ja auch Alternativen dis- utiert. Immer wieder hörte ich dabei die Forderung nach er von der SPD und den Grünen heiß geliebten Positiv- iste. Nur, ob zum Beispiel die Harnstoffprodukte auf ei- er Positivliste stehen würden oder nicht, konnten mir ie Mitglieder der Regierungsfraktion bzw. der Regie- ung nicht eindeutig beantworten; denn auch hier ist eine ositivliste zur Problemlösung untauglich. Auch sie ürde Streitfälle nicht ausschließen. Außerdem haben ir nach wie vor eine Negativliste, die unwirtschaftliche rzneimittel ausgrenzt. Auch eine indikationsbezogene Lösung ist nach der erzeitigen Gesetzeslage eigentlich nicht möglich. Die eststellung im Antrag der Koalitionsfraktionen, dass er G-BA „medizinisch begründeten indikationsspezifi- chen Lösungen den Weg ebnet“, ist mehr als optimis- isch. Ich wiederhole die Worte von Dr. Hess in der An- örung in Bezug auf die problematischen Indikationen: Wir müssen diese Kriterien im Sinne der Gleichbe- andlung in gleicher Weise anwenden. Wir können nicht agen, wir treffen, weil die Belastung zu groß ist, aus efälligkeit eine von diesen Prinzipien abweichende ntscheidung.“ Also ist doch die Frage mehr als berech- igt, ob der G-BA nach der jetzigen Gesetzeslage über- aupt reagieren kann. Das ist nicht zuletzt ein Grund afür, dass wir den Koalitionsantrag „Arzneimittelver- orgung bei schwerwiegenden chronischen Erkrankun- en gewährleisten“ ablehnen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17237 (A) ) (B) ) Was den europäischen Vergleich im Antrag der Koali- tionsfraktionen anbetrifft, ist vollkommen unverständ- lich, dass SPD und Grüne etwas dagegen haben, dass Deutschland in der medizinischen Betreuung von Kin- dern und Jugendlichen Standards setzt, die im europäi- schen Vergleich vorbildlich sind. Erstaunlich ist in die- sem Zusammenhang schon die Bemerkung – gefallen in der ersten Lesung zu unserem Gesetzentwurf – unserer Kollegin Schaich-Walch: „Ihr Gesetzentwurf führt zu Mehrausgaben der GKV für einen zweifelhaften Zweck.“ Wen wundert’s, wenn OTC-Präparate von ihr als Schrott angesehen werden! Michael Hennrich (CDU/CSU): Der Antrag der FDP zur Beseitigung der Altersgrenze für Vertragsärzte, über den wir heute mit Schlussabstimmung beraten, hat die Streichung des § 95 des Fünften Sozialgesetzbuches zum Ziel, was die Aufhebung der Befristung ärztlicher Tätigkeit mit Vollendung des 68. Lebensjahres nach sich ziehen würde. Hierzu möchte ich einige Vorbemerkungen machen: Zu Beginn des Jahres 1993 wurde mit dem In-Kraft-Tre- ten des Gesundheitsstrukturgesetzes die Regelung des § 95 SGB V eingeführt. Darin wurde eine Altersgrenze für Ärzte verankert, die eine Beschränkung der vertrags- ärztlichen Tätigkeit auf in der Regel nur bis zur Vollen- dung des 68. Lebensjahres festlegt. Die Zulassungsbe- schränkungen waren und sind notwendig, um der mit einer steigenden Zahl der Vertragsärzte verbundenen un- nötigen Kostenbelastung der gesetzlichen Krankenversi- cherung (GKV) zu begegnen. § 95 SGB V war dabei als Ausgleichsmaßnahme zu den Zulassungsbeschränkungen gedacht. Die mit den Zulassungsbeschränkungen verbundene Verknappung von Zulassungsmöglichkeiten sollte nicht allein zulasten der jüngeren Ärztegeneration gehen. Ältere Ärztinnen und Ärzte sollten ebenfalls ihren Beitrag leisten, indem sie durch Praxisaufgabe Zulassungsmöglichkeiten für jüngere Ärzte schaffen. Diese Notwendigkeit besteht nach wie vor und hat sich sogar noch verschärft. Während im Jahre 1994 noch circa 40 Prozent aller Planungsbereiche für Neuzulas- sungen geöffnet waren, sind im Jahre 2003 nur noch 17 Prozent der Planungsbereiche für Neuzulassungen of- fen. In einzelnen Arztgruppen – zum Beispiel Chirurgen, Hautärzte, Kinderärzte – sind so gut wie gar keine offe- nen Planungsbereiche mehr vorhanden. Der von der FDP vorgelegte Antrag ist unseres Erach- tens nicht geeignet, bestehende oder drohende Unterver- sorgung zu beseitigen. In der Tat besteht das Problem, dass Nachwuchs fehlt. Aber diese Situation verteilt sich ungleichmäßig auf die alten und die neuen Länder. Des- halb wäre eine völlige Aufhebung nicht zielführend. Hier wäre eventuell eine Modifizierung derart vorstell- bar, dass die 68-Jahres-Regelung in unterversorgten Regionen ohne Zulassungsbeschränkungen aufgehoben werden könnte, um dort die Unterversorgung nicht wei- ter zu verschärfen. ü v s „ e u s d s b t d d t R B h k r b – a P a t b c ü n V a e r i S r K t g H J K d W e B e R t o N „ t (C (D Ich denke, dass wir uns Gedanken machen sollten ber ein Maßnahmenbündel, das insgesamt die Attrakti- ität des Arztberufes für junge Menschen wieder verbes- ert. Den Antrag der FDP lehnen wir ab, weil er eine Palliativlösung“ für ein System darstellt, wo eigentlich ine „kurative Lösung“ nötig wäre. Ich komme nun zu einem weiteren Antrag der FDP, nd zwar zum Vorschlag der freien Wahl der Kostener- tattung in der gesetzlichen Krankenversicherung, über en wir heute abstimmen werden. Ziel dieses Antrags ist, allen Versicherten in der ge- etzlichen Krankenversicherung die Möglichkeit zu ge- en, im Rahmen der Kostenerstattung jeden approbier- en Arzt aufsuchen zu können, ohne sich vorher durch ie Krankenkasse beraten lassen zu müssen. In meiner Rede hierzu in der ersten Lesung habe ich arauf hingewiesen, dass Regelungen zum Kostenerstat- ungsprinzip grundsätzlich ein Schritt in die richtige ichtung sind. Das Kostenerstattungsprinzip hat zum eispiel den Vorteil, dass es die Transparenz im Gesund- eitswesen fördert. Der Patient kann unmittelbar und onkret nachvollziehen, was und wofür der Arzt abge- echnet hat. Somit wird hierdurch zum einen Miss- rauchsmöglichkeiten vorgebeugt, aber zum anderen und das ist meines Erachtens ein wesentlicher Punkt – uch das Kostenbewusstsein der Patienten geschärft. Der atient lernt eigenverantwortlichen Umgang bei der In- nspruchnahme von Leistungen. Wer eine ärztliche Leis- ung zunächst selber bezahlen muss, kann sich ein viel esseres Bild von den damit verbundenen Kosten ma- hen und überlegt vielleicht erst einmal, ob er das nicht ber eine Eigenbeteiligung abdecken kann und dafür ei- en Bonus erhält. Es herrschen ja zum Teil völlig falsche orstellungen über die Kosten eines Arztbesuches. Auch n dieser Stelle hätte man mehr Transparenz. Wir alle wissen, dass wichtigste Voraussetzung für ine erfolgreiche Behandlung ein gutes und funktionie- endes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten st. Dieses Prinzip gilt unabhängig davon, ob nach dem achleistungs- oder dem Kostenerstattungsprinzip abge- echnet wird. Aber auf der anderen Seite kann das ostenerstattungsverfahren zu einer Stärkung des Ver- rauensverhältnisses führen. Der FDP-Antrag geht rundsätzlich in die richtige Richtung, gerade auch im inblick darauf, dass wir uns im Laufe der nächsten ahre über die europäischen Regelungen in Richtung ostenerstattung weiter bewegen müssen. Ich denke, ass wir mittelfristig über die europäische Regelung den eg der Kostenerstattung einschlagen werden. Im vorliegenden Antrag der FDP werden allerdings inige Problembereiche nicht geklärt. So werden zum eispiel die nicht zugelassenen Ärzte privilegiert. Diese rhielten nämlich laut FDP-Antrag die Möglichkeit, im ahmen der Kostenerstattung gesetzlich versicherte Pa- ienten zu behandeln, ohne sich an der Notversorgung der der Wochenendversorgung beteiligen zu müssen. icht zugelassene Ärzte können sich dann sozusagen die Behandlungsrosinen“ herauspicken und weniger attrak- ive Tätigkeiten ausschlagen. 17238 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) Eine weitere Problematik, die ich durch den FDP- Vorschlag sehe, zielt ebenfalls auf das Thema Zulassung. Wenn jeder approbierte Arzt zum Erstattungsprinzip zu- gelassen ist, haben wir das Problem, dass die Kranken- kassen nicht mehr Vertragspartner der Ärzte sind. Dann sind die Versicherten alleiniger Vertragspartner der Ärzte. Welche Rolle nehmen dann die Krankenkassen ein? Sie mutieren zur bloßen Zahlstelle, obwohl wir sie doch auch als Partner verstehen, deren wichtige Aufgabe die Beurteilung der Qualität der medizinischen Leistung und die Beratung der Versicherten ist. Ich halte das für problematisch. Auch wenn man die Eigenverantwortung der Patienten stärken will, heißt das doch nicht, dass man die Krankenkassen aus ihrer Verantwortung entlassen soll und die Versicherten allein lässt. Meine Damen und Herren von der FDP, ich möchte nur ganz kurz an die Verhandlungen zum Gesundheits- kompromiss erinnern, wo wir von der Union uns mehr Flexibilität insbesondere bei der Kostenerstattung ge- wünscht haben. Wir wollten zum Beispiel, dass Teilbe- reiche gewählt werden können. Wir haben diesen Wunsch zugunsten des Kompromisses aufgegeben. Viel- leicht hätte das Ergebnis anders ausgesehen, wenn die Kollegen von der FDP mit am Verhandlungstisch geblie- ben wären und sich auch der Verantwortung gestellt hät- ten. Wir haben aber die Befürchtung, dass durch den FDP-Vorschlag letztendlich das gesamte Steuerungssys- tem der gesetzlichen Krankenversicherung für die ambu- lante Versorgung infrage gestellt wird. Mit Blick auf Europa und auf das Verhältnis zwischen Arzt und Patient wird eine Entwicklung auf uns zukom- men, die uns über das Kostenerstattungsprinzip in abseh- barer Zeit wieder nachdenken lassen wird. Wir stehen dem positiv gegenüber, sehen jedoch im FDP-Antrag die erwähnten Schwachstellen, durch die die Sicherstellung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung unse- res Erachtens gefährdet ist. Diese zu gewährleisten sollte aber unser oberstes Ziel sein. Petra Selg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die ge- setzliche Krankenversicherung bezahlt Jahr für Jahr auch für Arzneimittel, dessen therapeutischer Nutzen zu- mindest angezweifelt werden muss; ein diesbezüglicher Blick auf die Zahlen des jüngsten Arzneimittelreports lohnt! Bei der Gesundheitsreform 2003 hatten wir – Koalition und Opposition – uns zur Eindämmung der Arzneimittel- kosten darauf geeinigt, nicht verschreibungspflichtige Medikamente grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung zu streichen. Dies gilt nicht für Medikamente, die zum Therapiestandard für schwerwiegende Erkrankungen gehören. Es gilt auch nicht für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis 18 Jahre, und es gilt nicht für Kinder bis zwölf Jahren – weil nicht verschreibungspflichtige Medikamente in der kinderärztlichen Versorgung eine herausgehobene Rolle spielen. Die Union will nun mit ihrem Gesetzentwurf die Al- tersgrenze zur Erstattungsfähigkeit grundsätzlich auf 18 Jahre erhöhen. Sie begründet diesen Vorstoß damit, d k b z N M F D A d g l G h l s e s d e g a U u d h k k H n g g k g z h v n d t d r h w B l M g j i n n g (C (D ass derzeit notwendige Medikamente das Familienein- ommen stark belasten würden; dies sei insbesondere ei Jugendlichen mit Allergien oder Hauterkrankungen u beobachten. Zudem bestünde die Gefahr, dass zum achteil des Gesundheitszustands sogar gänzlich auf edikamente verzichtet wird. Eine Anhebung der Altersgrenze auf 18 Jahre würde amilien für einige Zeit tatsächlich finanziell entlasten. ie Union sagt aber nichts dazu, was beispielsweise ein llergiker mit 19 Jahren macht. Die Kostenbelastung urch notwendige Arzneimittel wird doch im Alter nicht eringer! Dass wir die Diskussion vom Kopf auf die Füße stel- en müssen, hat auch die Anhörung gezeigt, die unser esundheitsausschuss zu der Problematik durchgeführt at. Mit dem Gesetzentwurf der Union würden Teile ge- öst, andere Teile nicht gelöst und neue Probleme ge- chaffen! Das eigentliche Problem ist doch, dass wir bei iner Arzneimitteltherapie nicht nach Nutzen und Wirt- chaftlichkeit von Medikamenten unterscheiden, son- ern nach Unbedenklichkeit! Unbedenklich sind aber ben nicht nur umstrittene Arzneimittel oder solche ge- en Bagatellerkrankungen. Unbedenklich sind auch anti- llergische Medikamente und harnstoffhaltige Salben. nbedenklich sind auch fast alle anthroposophischen nd homöophatischen Medikamente. Weil aber genau iese Medikamente grundsätzlich nicht erstattet werden, aben wir jetzt das Problem, dass beispielsweise Allergi- er und Patienten mit Hauterkrankungen sich ihre Medi- amente selbst kaufen müssen. Die Schlussfolgerung daraus liegt für mich auf der and: Wir brauchen eine Lösung, die gewährleistet, dass otwendige Arzneimittel unabhängig von einer Alters- renze erstattet werden, damit der Patient nicht gezwun- en wird, trotz Krankenversicherungsschutz teure Medi- amente selbst einzukaufen, damit der Patient nicht ezwungen wird, auf notwendige Arzneimittel zu ver- ichten und damit eine Verschlechterung des Gesund- eitszustands zu riskieren, und damit der Arzt nicht dazu erleitet wird, stattdessen verschreibungspflichtige Arz- eimittel zu verordnen. Wir Grüne haben uns aus genau den genannten Grün- en für eine so genannte Positivliste bei der Arzneimit- eltherapie eingesetzt. Es sollten nur Medikamente von er solidarisch finanzierten GKV finanziert werden, de- en therapeutischer Nutzen nachweisbar ist. Eine umfassende Positivliste wurde dem Gesund- eitskompromiss geopfert. Aber bezogen auf schwer- iegende Erkrankungen arbeitet der Gemeinsame undesausschuss fortwährend an einer „kleinen Positiv- iste“, der so genannten OTC-Liste. Hier aufgeführte edikamente, die zum Therapiestandard bei schwerwie- enden Erkrankungen gehören müssen, werden auch etzt von der gesetzlichen Krankenkasse erstattet. Dies st der Weg, den es weiter zu verfolgen gilt: Erstattung ach therapeutischem Nutzen und Notwendigkeit und icht in Abhängigkeit von willkürlich gesetzten Alters- renzen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17239 (A) ) (B) ) Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): In dem Gesetzentwurf der Union heißt es, dass bei Inhalationsallergien oder Neurodermitis die Behandlung mit nicht verschreibungs- pflichtigen Arzneimitteln wie Augentropfen, Nasen- sprays, systemischen Antihistaminika und harnstoffhalti- gen Salben Therapiestandard sei. Das gilt dann natürlich unabhängig vom Alter des Patienten. Insofern hilft die Anhebung der Altersgrenze, bis zu der solche Arznei- mittel verordnet werden können, auf das 18. Lebensjahr nicht weiter. Erwachsene, die nur über ein niedriges Ein- kommen verfügen, trifft es ebenso, wenn sie solche Arz- neimittel aus der eigenen Tasche bezahlen müssen. In der Anhörung des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung ist noch einmal betont worden, wie wichtig es ist, nach Indikationen vorzugehen. Allerdings – auch das ist klar geworden – kann der Gemeinsame Bundesausschuss das, was gesetzlich angerichtet worden ist, alleine nicht ausbaden. Hier ist vielmehr der Gesetz- geber gefordert, entsprechende Bedingungen zu schaf- fen. Die FDP hat in ihrem Antrag „Nichtverschreibungs- pflichtige Arzneimittel wieder als Leistung der gesetzli- chen Krankenversicherung verankern“ deutlich dahin gehend Position bezogen, dass das Kriterium der Re- zeptpflichtigkeit das falsche ist. In dieser Auffassung fühlen wir uns nach der Anhörung bestätigt. Ob nämlich ein Arzneimittel aus der Rezeptpflicht genommen wird, richtet sich danach, ob genug Erfahrungen vorhanden sind, dass dieses Arzneimittel unbedenklich ist. Neue Arzneimittel fallen damit vom Grundsatz her zunächst einmal unter die Rezeptpflicht. Da neue Arzneimittel in der Regel teurer sind als solche, die bereits länger auf dem Markt sind, führt das zu vermeidbaren Ausgaben. Bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln handelt es sich um bewährte Medikamente, die als The- rapieoptionen wichtig sein können. Es kann nicht in un- ser aller Sinne sein, dass Patienten mit geringem finan- ziellem Spielraum auf notwenige Therapien verzichten müssen oder den Arzt dazu bringen müssen, ihnen statt- dessen verschreibungspflichtige Arzneimittel zu verord- nen. Ich appelliere deshalb an Sie, dass wir noch einmal gemeinsam darüber nachdenken, wie Einsparungen er- zielt werden können, ohne dass es zu solchen Konse- quenzen kommt. Auch hierfür hat die FDP einen Vor- schlag vorgelegt. Wir plädieren dafür, die heute schon existierende Negativliste zu überarbeiten. Wenn wir nicht wollen, dass bestimmte Arzneimittel weiterhin zu- lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden, dann muss der Gesetzgeber bzw. der Verord- nungsgeber den Mut haben, dies auch klar und deutlich zu machen. Das wäre ein sauberer Lösungsweg. Auch wenn wir also weiter gehende Vorstellungen haben als die Union, werden wir den Gesetzentwurf der Union dennoch nicht ablehnen, sondern uns enthalten, weil der Entwurf zumindest für Kinder und Jugendliche ein Schritt in die richtige Richtung ist. Zum Schluss noch zu den beiden FDP-Anträgen: Die vertragsärztliche Versorgung, insbesondere in der Fläche in den neuen Bundesländern, wird zunehmend zu einem P A m V d s l i d a s c E 2 S d n D G u g M w c g d d l r l w k s b d d e f l l T S D v d G h s P s v ä s P (C (D roblem. Es scheint sinnvoll, durch eine Anhebung der ltersgrenze zu einer Entschärfung zu kommen. Wir achen mit Drucksache 15/940 hierzu einen konkreten orschlag. Sinnvoll ist auch, die Möglichkeit für eine freie Wahl er Kostenerstattung zu verbessern. Es ist kein Grund er- ichtlich, warum nicht allen GKV-Versicherten im In- and das zustehen soll, was sie nach einer Behandlung m Ausland schon heute praktizieren können, nämlich ie Kosten für eine Behandlung mit ihrer Krankenkasse bzurechnen. Die heutige Beratungspflicht ist nicht achgerecht. Wer Eigenverantwortung von den Versi- herten fordert, hat an diesem Punkt die Möglichkeit, die rnsthaftigkeit seines Anliegens unter Beweis zu stellen. Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos): Am l. Januar 004 trat die so genannte Gesundheitsreform in Kraft. ie wurde mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU und en Grünen beschlossen. Seitdem sind viele Menschen icht gesünder geworden, sondern ärmer und kränker. ie PDS im Bundestag hat vor den Auswirkungen der esundheitsreform gewarnt und in vielen Fragestunden nd Debattenbeiträgen die fatalen Auswirkungen nach- ewiesen. Die Tatsache, dass die Kosten für rezeptfreie edikamente nicht mehr von den Kassen übernommen erden, bedeutet für viele Menschen, insbesondere für hronisch Kranke, eine besondere Härte. Besonders prekär ist die Situation für Kinder und Ju- endliche. Kinder und Jugendliche, die häufig oder stän- ig Medikamente einnehmen müssen, empfinden schon ies als psychische Belastung. Wenn zu den gesundheit- ichen und psychischen Belastungen auch noch mate- ielle Belastungen kommen, dann ist das schwer erträg- ich. Darum begrüßen wir als PDS die Initiative, die enigstens einen Schritt in die richtige Richtung geht. Wir wissen, dass viele Eltern mit einem geringen Ein- ommen geradezu verzweifelt sind, weil sie zum Bei- piel die hohen Kosten für Antiallergiemittel nicht auf- ringen können. Es ist ja inzwischen allgemein bekannt, ass allergische Erkrankungen frühzeitig behandelt wer- en müssen, damit sich nicht aus einem Heuschnupfen in schweres Asthma entwickelt. Besonders bedrückend inde ich, wenn sich die Kinder dann selbst als eine Be- astung für die Familie empfinden und ihr Leiden mög- ichst verheimlichen wollen. Nach einer Analyse der echniker Krankenkasse brauchen Arbeitslose im chnitt 20 Prozent mehr Medikament als Berufstätige. as führt wiederum zu dem Schluss, dass die Kinder on Arbeitslosen besonders hart betroffen sind. Ein kin- er- und jugendfreundliches Land sieht anders aus! Wir brauchen eine generelle Neuorientierung in der esundheitspolitik: mehr Prävention, mehr Gesund- eitserziehung, kostenfreie Vorsorgeuntersuchungen tatt teurer Behandlung vermeidbarer Krankheiten. Die raxisgebühr muss als Barriere für den nötigen Arztbe- uch wieder verschwinden. Die Erfahrungen aus den ergangenen anderthalb Jahren zeigen, dass vor allem rmere Menschen nicht mehr zum Arzt gehen. Men- chen mit einem hohen Einkommen werden durch die raxisgebühr nicht beeindruckt. 17240 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) Wenn der Satz „Weil du arm bist, musst du früher sterben!“ in einem reichen Land wie dem unseren für viele Menschen immer mehr zur Bedrohung wird, stimmt etwas nicht. Der Bundeskanzler will die Neu- wahlen zum Referendum über die Agenda 2010 machen. Einer der ersten Schritte war die Gesundheitsreform. Wer Nein zur Agenda 2010 und damit auch Nein zur Ge- sundheitsreform sagen will, hat dazu bei den Wahlen eine gute Gelegenheit: PDS wählen. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und an- derer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (Tagesordnungspunkt 22) Heidi Wright (SPD): Das Thema des „Begleiteten Fahrens“ begleitet mich seit drei Jahren und wird heute zu einem guten gemeinsamen Abschluss kommen. Auslöser der Überlegungen, jugendlichen Fahranfän- gern einen erfahrenen Begleiter beizugeben, ist die be- drückende Tatsache, dass jugendliche Fahranfänger zur größten Unfallgruppe im Straßenverkehr zählen. Wer kennt nicht die traurigen Schicksale von Familien, die ein junges hoffnungsfrohes Kind verloren haben – ge- startet und ausgerüstet mit einem neuen Führerschein, möglicherweise dem Familienauto, oder schon einem eigenen Fahrzeug, oft, zu oft mit viel PS. Und dann kommen Selbstüberschätzung und Unterschätzung der Gefahrensituation, Fehleinschätzung des Verkehrsge- schehens und der Straßensituation hinzu und es passiert ein schlimmer, oft ein tödlicher Unfall. Die traurige Tatsache ist, dass an mehr als ein Fünftel aller Unfälle mit Personenschäden jugendliche Fahr- zeugführer – 18- bis 24-Jährig – beteiligt waren. Und – auch das sei zu erwähnen – es sind die männlichen Fahranfänger, die in der Verkehrsstatistik negativ auffal- len. Das ist alarmierend und es bedarf aller Anstrengun- gen, diese tragische Situation zu verbessern, beginnend mit der Verkehrserziehung über verbesserte Fahrschul- ausbildung, Kampagnen der Polizei, der Verkehrssicher- heitsverbände bis hin zu Angeboten über Fahrsicher- heitstraining. Das Thema Verkehrssicherheit ist zwar allgegenwärtig, es dringt dennoch nicht in genügendem Maße in das Bewusstsein jugendlicher Fahranfänger. Es bleibt eine ständige Aufgabe, jugendgerechte Ak- tionen und Maßnahmen zu entwickeln und das Verkehrs- geschehen für und durch Jugendliche sicherer zu ma- chen. Eine gute Möglichkeit, mehr Verkehrssicherheit für und durch jugendliche Fahranfänger herbeizuführen, kann das „Begleitete Fahren“ sein. Es ist kein Königs- weg, aber es ist ein Weg. Kurz zur Beschreibung: Führerschein nach voller Fahrausbildung ist ab 17 möglich. Begleiter mindestens 30 Jahre alt, vorbildliches Verhalten, das heißt nicht mehr als drei Punkte in Flensburg, keine Promilleüber- schreitung von 0,5 Promille, wirkt mäßigend auf den Ju- g B v g s l b l g S c r l g n W g e D d O u o t g A d n d r d is l e N t M b b b O k d z p c l z S r Z (C (D endlichen ein und ist als beratender Ansprechpartner eifahrer. Und zwar wirklich nur Beifahrer, denn allein erantwortlicher Fahrer ist der jugendliche Fahranfän- er. Erfahrungen aus dem Ausland und auch aus Nieder- achsen zeigen, dass Jugendliche a) gerne von der Mög- ichkeit des „Begleiteten Fahrens“ Gebrauch machen und ) die erwartete positive Wirkung eintritt. Und das ist al- emal Grund genug, das „Begleitete Fahren“ über den re- ional begrenzten Modellstatus hinauszuheben. Die ignale aus den Bundesländern zeigen, dass wohl flä- hendeckend von der Möglichkeit des „Begleiteten Fah- ens“ Gebrauch gemacht werden wird. Ein Satz zu den Vorschlägen und der bisherigen Rege- ung Niedersachsens, nur Erziehungsberechtigte als Be- leiter zuzulassen. Das ist von Vorgestern und passt icht in verbreitete Lebens- und Familiensituationen. enn dann, wie in Niedersachsen praktiziert, der als Be- leiter fungierende Erziehungsberechtigte nicht einmal inen Führerschein haben muss, wird es ganz kurios. ass es in der Regel so sein wird, dass der Begleiter oder ie Begleiterin Vater oder Mutter ist, ist ja durchaus in rdnung, aber das müssen wir nicht vorschreiben. Nach nserer Maßgabe kann es also auch der große Bruder der die Pflegemutter sein. Nein, wir Verkehrspolitiker von der Regierungskoali- ion haben uns ausgiebig beraten und kommen zu dem uten Schluss, dass die heutige Vorlage alle wichtigen nforderungen erfüllt. Wichtig ist mir auch das Signal an die Jugendlichen, ass man/frau nicht auf Anhieb alles kann und guter Rat icht teuer, aber hilfreich ist. Und wichtig ist mir auch as Signal, dass eine besondere Achtung auf die Gefah- en des Straßenverkehrs und eine besondere Beachtung es eigenen Könnens und der eigenen Fähigkeiten nötig t. In diesen Zusammenhang möchte ich auch auf die po- itische Intention abstellen, für jugendliche Fahranfänger ine verschärfte Alkoholgrenze einzuführen, also die ullpromillegrenze. Ganz klar ist hier auch die Kon- rolle sonstiger bewusstseinsverändernder Drogen oder edikamente zu nennen. Für heute möchte ich mich jedoch zunächst bedanken ei allen Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion, die ei der Abstimmung des Gesetzes mitgewirkt haben. Ich edanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen der pposition, die dieses Gesetz unterstützen. Bundesver- ehrsminister Stolpe war immer wieder mit der drängen- en Bitte an mich herangetreten, das „Begleitete Fahren“ u ermöglichen. Somit freuen sich heute viele Verkehrs- olitiker und gemeinsam wünschen wir den Jugendli- hen einen guten Gebrauch und Nutzen der neuen Rege- ung. Jede Verbesserung des Fahrverhaltens Einzelner führt u mehr Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer. omit setzen wir einen weiteren Baustein zur Reduzie- ung der Zahl der Verkehrsunfälle und hin zur Vision ero. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17241 (A) ) (B) ) Gero Storjohann (CDU/CSU): Heute werden wir nun endlich das Gesetz verabschieden, das die Voraus- setzungen für die Einführung des „Begleiteten Fahrens ab 17“ bundeseinheitlich vorgibt. Die CDU/CSU-Frak- tion im Deutschen Bundestag begrüßt grundsätzlich den von den Regierungsfraktionen vorgelegten Gesetzent- wurf zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes. Wir werden diesem Gesetzentwurf heute zustimmen. End- lich, meine Damen und Herren von Rot-Grün, haben Sie sich dazu durchringen können. In der Frage des „Begleiteten Fahrens ab 17“ liegt ein quälend langer Entscheidungsprozess hinter uns. Bisher konnten einzelne Bundesländer nur Einzelausnahmen er- teilen, um das „Begleitete Fahren mit 17“ zu erproben. Dennoch weigerte sich die damalige – jetzt abgewählte – rot-grüne Landesregierung meines Heimatlandes Schles- wig-Holstein beharrlich, das „Begleitete Fahren mit 17“ einzuführen. Bereits im Februar vergangenen Jahres, also vor mehr als 16 Monaten, hatte ich den damaligen schleswig-holsteinischen Verkehrsminister Bernd Rohwer aufgefordert, das Modellprojekt im nördlichsten Bundesland einzufühlen. Dies wäre ein Beitrag für mehr Verkehrssicherheit gewesen. Herr Minister Rohwer lehnte seinerzeit ab. Erst der Regierungswechsel in Schleswig-Holstein hat den Weg für die Einführung des „Begleiteten Fahrens“ auch dort freigemacht. Verkehrs- minister Dietrich Austermann wird das Modellprojekt schon bald einführen. Ab sofort brauchen die einzelnen Bundesländer die Einzelausnahmen jedoch nicht mehr zu erteilen. Durch das heute beschlossene Gesetz besteht nun die Möglich- keit, den PKW-Führerschein unter Auflagen ab 17 Jah- ren in den Ländern zu erhalten, die Modellversuche zum „Begleiteten Fahren“ einführen wollen. Minderjährige Fahranfänger dürfen dann das Fahrzeug nur in Beglei- tung einer „namentlich benannten“ Person fuhren. Ver- stöße führen zum sofortigen Widerruf der Fahrerlaubnis. Durch das Gesetz werden die Voraussetzungen für die Einführung des „Begleiteten Fahrens“ nunmehr bundes- einheitlich vorgegeben. Damit wird Rechtsklarheit ge- schaffen. Außerdem werden die Rahmenbedingungen und Anforderungen, die eine Begleitperson erfüllen muss, klar definiert. Hintergrund ist folgender: Alle in- ternationalen und nationalen Experten, beispielsweise die der Bundesanstalt für Straßenwesen, haben in ihren wissenschaftlichen Untersuchungen klar gezeigt, dass „Begleitetes Fahren“ zu einem Unfallrückgang von Fahranfängern beitragen kann. Fahranfänger können da- mit „unter Aufsicht“ wichtige Fahrerfahrung und Rou- tine sammeln. Dies wirkt sich spürbar auf die Unfallzah- len aus. Diese sind besonders in den ersten Monaten nach dem Führerscheinerwerb bei den Fahranfängern dramatisch hoch. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion strebte beim „Be- gleiteten Fahren“ schon früh eine bundeseinheitliche Regelung an. Es wäre Aufgabe der Bundesregierung ge- wesen, hier tatkräftig zu handeln. Der heutigen Entschei- dung des Deutschen Bundestages waren jedoch quälend lange Diskussionen bei Rot-Grün vorausgegangen. Der Ablauf des Verfahrens zum „Begleiteten Fahren mit 17“ ist wieder einmal symptomatisch für die Unfähigkeit der B t B 2 n s z t a g l g s r i F a z g b w t v M F i g s v ß r n g F B s V S V b a t e 1 h k a s 2 s U d d w f m (C (D undesregierung und der sie tragenden Regierungsfrak- ionen. Obwohl der Bericht von Stolpes nachgeordneter undesanstalt für das Straßenwesen, der seit Frühjahr 003 vorliegt, eindeutig positiv war, brauchten der Mi- ister und seine Fraktion mehrere Jahre, um sich abzu- timmen und endlich einen eigenen Gesetzentwurf vor- ulegen. Erst nach erheblichem Druck der CDU/CSU-Bundes- agsfraktion, die dazu schon vor Monaten einen eigenen usformulierten und konkreten Gesetzesvorschlag vor- elegt hatte, kam Rot-Grün in Zugzwang und hat zöger- ich nachgelegt. Unser Antrag zielte darauf ab, eine esicherte Rechtsgrundlage für die Bundesländer zu chaffen, damit Modellversuche zum „Begleiteten Fah- en“ eingeführt werden können. Rot-Grün spricht zwar mmer viel von Bürokratieabbau, doch fehlte es in dem all des „Begleiteten Fahrens“ Anfang des Jahres wieder m Handlungswillen. Anstatt den Modellversuch schnell u realisieren, sollten erst einmal komplizierte Regelun- en in einem langfristigen Gesetzgebungsverfahren erar- eitet werden. Bereits in anderen EU-Mitgliedstaaten urden mit diesem Modellversuch jedoch bereits posi- ive Erfahrungen gemacht. Auch zeigte das Verhalten on Rot-Grün seinerzeit, dass Bundesverkehrsminister anfred Stolpe keinen Rückhalt mehr in der eigenen raktion hatte, denn wieder einmal hatte seine Fraktion hn mit seinen Vorstellungen auflaufen lassen. Insgesamt hat das Gesetzgebungsverfahren zum „Be- leiteten Fahren“ deutlich gemacht: Rot-Grün steht sich elbst im Wege. Rot-Grün hat kostbare Zeit verschenkt. Dabei hat uns doch Niedersachsen äußerst erfolgreich orgemacht, wie man das „Begleitete Fahren“ ohne grö- ere Probleme einführen kann. Niedersachsen hatte das ot-grüne Gewurschtel hier in Berlin satt und Einzelaus- ahmen für das „Begleitete Fahren“ erteilt. Im Allein- ang wurde dann dort zum 1. März 2005 das „Begleitete ahren“ weiter ausgeweitet. Es war ein unionsgeführtes undesland, das dies tat. Ich danke dem niedersächsi- chen Ministerpräsidenten Christian Wulff und seinem erkehrsminister Walter Hirche für diesen mutigen chritt. Auch Hamburg und Bremen wollten die endlose erzögerung nicht mehr akzeptieren. Beide Länder ha- en sich am 1. Juni der niedersächsischen Entscheidung ngeschlossen und einen eigenen Modellversuch gestar- et. Die bisherige Bilanz in Niedersachsen spricht auch indeutig für sich: Bis Mai 2005 gab es über 0 500 Genehmigungen für den Modellversuch. Kritiker ingegen hatten immer wieder behauptet, es würden sich eine Eltern und Fahranfänger finden. Rund 3 500 Fahr- nfänger haben in Niedersachsen seither ihre Führer- cheinprüfung abgeschlossen und fahren begleitet. 490 Jugendliche haben diese Begleitphase abgeschlos- en und bereits den Kartenführerschein. Lediglich fünf nfälle mit Blechschäden hat es in Niedersachsen seit- em gegeben. Die Kritiker prophezeiten hingegen ein ramatisches Ansteigen der Unfallzahlen. Wie ich es er- artet habe, hat es in der Begleitphase bisher kaum Un- älle gegeben. Besonders auffällig ist in diesem Zusam- enhang die Tatsache, dass es noch nicht einmal einen 17242 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) einzigen Personenschaden gegeben bat. Dies alles zeigt den großen Erfolg des „Begleiteten Fahrens“. Wir hätten daher eine raschere bundeseinheitliche Regelung durch Rot-Grün begrüßt. Es ist deswegen gut, dass wir das Ge- setzgebungsverfahren beim „Begleiteten Fahren“ heute abschließen können. Eines bleibt aber festzuhalten: Rot- Grün musste durch den Vorstoß aus Niedersachsen und vor allem durch den Antrag meiner Fraktion erst zum Ziel getragen werden. Zusammen mit der Regelung zum „Begleiteten Fah- ren“ werden wir mit dem heutigen Gesetz auch eine Strafvorschrift für den Mißbrauch von Wegstreckenzäh- lern und Geschwindigkeitsbegrenzern verabschieden. Die CDU/CSU-Fraktion dankt in diesem Zusammen- hang dem Ausschussvorsitzenden Eduard Oswald, der sich bereits seit langem beharrlich für eine Regelung ge- gen die Manipulation von Wegstreckenzählern einge- setzt hat. Auch wenn Rot-Grün beim „Begleiteten Fahren mit 17“ nun endlich zur Vernunft gekommen ist, bleibt zu kritisieren, dass im Gesetz eine Regelung zur Evalua- tion, also zur wissenschaftlichen Auswertung des Modellversuchs, fehlt. Die SPD will sich hier um die Kosten drücken. Eines muss klar sein: Wächter der Ver- kehrssicherheit ist der Bund. Die notwendige Auswer- tung ist daher aus Bundesmitteln durch die Bundes- anstalt für das Straßenwesen durchzuführen, und zwar diejenigen Modellversuche, die auf Basis des heute be- schlossenen Gesetzes durchgeführt werden. Diese Klar- stellung im Gesetz wäre wünschenswert gewesen. Eine CDU/CSU-geführte Bundesregierung wird dies nach dem Regierungswechsel nachholen. Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Be- vor ich auf das „Begleitete Fahren mit 17“ eingehe, möchte ich auf den verbesserten strafrechtlichen Schutz vor Manipulationen an Wegstreckenzählern und Ge- schwindigkeitsbegrenzern in Kraftfahrzeugen eingehen. Derartige Eingriffe sind eine Straftat und kein Kava- liersdelikt, und sie stellen ein steigendes Ärgernis beim Gebrauchtwagenkauf dar. Die Akteure gehen dabei mit hoher krimineller Energie und Professionalität vor, und es scheint – das ist besonders bedenklich – keine Aus- nahme mehr von der Regel zu sein. Daher war es gut und richtig, dass der Gesetzgeber jetzt schnell gehandelt hat. Ich wünsche mir, dass es uns damit gelingt, diesen Betrügern künftig ihr Handwerk wenigstens zu erschweren. Wir sollten uns vornehmen, spätestens in zwei Jahren die Bundesregierung über die Wirkungen dieser Maßnahmen berichten zu lassen. Nun zum Hauptthema „Begleitetes Fahren ab 17“. Ich hatte es schon am Mittwoch in der Ausschusssitzung ge- sagt: Was lange währt, wird endlich gut! Dies trifft ganz sicherlich auf den heute zu diskutierenden Gesetzent- wurf zu. Wir haben engagiert um die richtigen Formulierungen gerungen, und manchmal – besonders nach einer ge- meinsamen Arbeitsgruppe mit unseren Rechtspoliti- kern – habe ich nicht mehr daran geglaubt, dass wir tat- s t L w t d e g c e n P d g n d d v a d n w Z w k w V k 2 z D r f H i d s i E z e R s F b w a ü f g (C (D ächlich noch eine konsensuale Lösung für das „Beglei- ete Fahren ab 17“ hinbekommen. Aber ein Blick ins exikon verrät: Die Zahl 17 gilt als die Zahl des Über- indens und hatte daher im Altertum eine große Bedeu- ung. Hätten Sie das gewusst? Was galt es zu Überwin- en? In unserer Arbeitsgruppe Verkehr bestand zunächst inmal eine ausgeprägte Skepsis gegenüber dem „Be- leiteten Fahren ab 17“. Muss das tatsächlich sein? Wel- he Interessen stehen hinter dieser Forderung? Unsere Einwände wurden bald, insbesondere durch ine kompetente Beratung seitens unserer bündnisgrü- en Verkehrsexperten aus Niedersachsen, entkräftet. eter Wyderka et al. sei an dieser Stelle nochmals aus- rücklich gedankt. Auch die Ergebnisse der Projekt- ruppe „Begleitetes Fahren“ trugen zu unserer Mei- ungsänderung bei. Mit einem fünffach höheren Unfallrisiko ist insbeson- ere die Gruppe der Fahranfänger, das heißt, die Gruppe er 18- bis 20-Jährigen, besonders gefährdet. Alleine der olkswirtschaftliche Schaden sowohl der Personen- als uch der Sachschäden wird auf mindestens 15 Milliar- en Euro pro Jahr beziffert. Wir haben in den letzten Jahren in diesem Hause ei- ige Debatten zur Verkehrssicherheit geführt, und wir aren uns immer einig, dass es nur einem konzentrierten usammenwirken aller Initiativen zu verdanken ist, dass ir im Jahre 2004 erstmals die Grenze von 6 000 Ver- ehrstoten deutlich unterschritten haben. Die Tendenz ist eiterhin fallend, und das ist gut so. Daher muss unsere ision auch weiterhin die Zahl Zero bleiben. Dieses Ziel önnen wir schaffen. In der Gruppe der 18- bis 25-Jährigen sank zwischen 002 und 2004 die Zahl der Verkehrstoten um 18 Pro- ent, die Zahl der Verletzten immerhin um 10 Prozent. amit bleibt diese Gruppe zwar noch trauriger Spitzen- eiter, aber die Fortschritte sind unverkennbar. Hier lässt sich tatsächlich der wesentliche positive Ef- ekt des „Begleiteten Fahrens ab 17“ erkennen. Denn die auptursache für das überdurchschnittliche Unfallrisiko st die fahrpraktische Unerfahrenheit. Das kann ich nur aus eigener Erfahrung bestätigen. In en ersten Monaten meiner Fahrpraxis brauchte ich doch chon das eine oder andere Mal einen Schutzengel, und ch muss im Nachhinein auch froh sein, dass man mit der nte meiner Mutter – Baujahr 1968 und stolze 18 PS – umindest nicht rasen konnte. Aber ich weiß auch, dass s oft nicht so glimpflich ausgeht. Gerade im ländlichen aum findet man oft – zu oft – von Gedenkkreuzen ge- äumte Straßen. Das Unfallrisiko sinkt signifikant mit der Dauer der ahrpraxis und ist bereits nach einem Jahr beinahe hal- iert. Das war für mich das bestechendste Argument, arum ich mich seitdem für das „Begleitete Fahren b 17“ eingesetzt habe. Ich bin der Meinung, dass es richtig war, intensiver ber die Rolle des Begleiters zu diskutieren und uns da- ür Zeit zu nehmen. Mit den jetzt definierten Bedingun- en – Altersgrenze mindestens 30, Fahrerlaubnis min- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17243 (A) ) (B) ) destens fünf Jahre, Konto in Flensburg maximal 3 Punkte und eine 0,5-Promille-Grenze – kann ein Miss- brauch erfolgreich eingeschränkt werden. Lassen Sie uns daher dieses Gesetz heute verabschie- den und die nächsten fünf Jahre seine Umsetzung auf- merksam und kritisch begleiten. Im Jahre 2010 steht spä- testens die nächste Debatte über dieses Thema an, wenn über eine Weitergeltung des Gesetzes auf der Basis der gesammelten Erfahrungen entschieden werden soll. Ich wünsche mir, dass das „Begleitete Fahren ab 17“ ein Erfolgsmodell wird, und dass unsere Hoffnungen auf eine weitere drastische Reduzierung der Unfallzahlen er- füllt werden. Hier kommt dann die Zahl 17 wieder ins Spiel. Denn sie gilt im Neuen Testament tatsächlich auch als die Zahl der Hoffnung. Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Drei Argumente für das Modellprojekt „Begleitetes Fahren ab 17“ sind zu beachten. Das erste und wichtigste ist die Erhöhung der Fahrsicherheit von Fahranfängern. Das zweite ist die Er- weiterung der Mobilität von unter 18-Jährigen. Das dritte Argument für das niedersächsische Modell ist, dass Eltern als Vorbild neben ihren Kindern sitzen und selbst dazulernen bzw. die Möglichkeit haben, ihr eige- nes Fahrverhalten zu überprüfen und zu verbessern. Zu dem wichtigsten Argument liefere ich Ihnen gerne auch noch einmal die Begründung. Die Zahl der im Stra- ßenverkehr getöteten Menschen ist immer noch zu hoch. In Deutschland sterben gerade im Alter zwischen 18 und 25 besonders viele Fahranfänger. Aus diesem Grund hat sich die Bundesanstalt für Straßenwesen, BASt, in einer Projektgruppe, an der unter anderem Vertreter von Bund und Ländern beteiligt waren, mit dem „Begleiteten Fah- ren ab 17“ beschäftigt und einen Vorschlag für einen Maßnahmenansatz erarbeitet. In dessen Mittelpunkt steht die Lernzeitverlängerung des Fahranfängers. Be- trachtet man nämlich den zeitlichen Aufwand der profes- sionellen Verkehrserziehung in Deutschland, so erhält man ein klägliches Bild: In der Grundschule wird das Fahrradfahren im Straßenverkehr erlernt und ansonsten gibt es erst wieder eine Verkehrserziehung im Alter von 18 Jahren, wenn die Fahrerlaubnisprüfung für den Auto- führerschein abgelegt wird, von Mofa- oder Motorrad- führerfahrerlaubnisprüfungen einmal abgesehen. Mit dem Lernen im Straßenverkehr verbringt man in Deutschland also sehr wenig Zeit. Der Vorschlag der BASt-Projektgruppe wurde im Au- gust 2003 erarbeitet. Um die schon länger währende Dis- kussion wegen der Einführung eines Modellversuchs zu beenden, hat das Land Niedersachsen gehandelt und Modellregionen definiert, in denen mit Ausnahmegeneh- migung ab 17 begleitet gefahren werden durfte. Der Er- folg spricht für sich. Inzwischen können sich im ganzen Bundesland Ju- gendliche freiwillig zu dem Versuch anmelden. Ham- burg und Bremen haben sich mit eigenen Modellen Niedersachsen angeschlossen, um es jungen Fahranfän- g 1 t k s w M V M m s D ü P n f w E z n S d w k d V d H u a D f S R s d w v n e B w Z e g d E a W f B u M (C (D erinnen und -anfängern zu ermöglichen, vor dem 8. Lebensjahr in Begleitung einer erziehungsberechtig- en Person das Führen eines Fahrzeugs im Straßenver- ehr zu üben und zu lernen. Mit der ausschließlichen Auflage für die Begleitper- on, erziehungsberechtigt zu sein, entsteht eine verant- ortungsvolle und unbürokratische „Erziehungsaufgabe obilität“. Aus diesem Grund hat die Arbeitsgruppe erkehr der FDP-Bundestagsfraktion schon zum zweiten al einen Antrag in den Verkehrsausschuss eingebracht it dem Inhalt, in ganz Deutschland einen Modellver- uch nach dem niedersächsischen Vorbild zuzulassen. ie Favorisierung des niedersächsischen Modells, das brigens auf den Vorschlägen der oben genannten BASt- rojektgruppe basiert, hat vor allem zwei Gründe: Erstens. Es geht zunächst um die gesetzliche Erlaub- is für die Bundesländer, einen Modellversuch durchzu- ühren. Das Erkennen von Schwierigkeiten und die Be- ertung von Konfliktlinien können erst nach der valuation des Modellversuchs erfolgen. Vielfach wurde um Beispiel eingewandt, dass die begleitende Person icht alkoholisiert sein darf, was an sich schon eine pure elbstverständlichkeit ist. Die Erfahrungsberichte nach er Anwendung des Modells sollten aber abgewartet erden, zumal in Niedersachsen nach einem Jahr noch ein derartiger Problemfall eingetreten ist. Zweitens. Die Teilnahme am niedersächsischen Mo- ell ist für den Probanden bezahlbar und ohne größeren erwaltungsaufwand möglich. Es entstehen für ihn we- er weitere nennenswerte Kosten noch bürokratische emmnisse. Warum um alles in der Welt lehnen die Kolleginnen nd Kollegen der Koalitionsfraktionen unseren Antrag b, der genau das Modell aus Niedersachsen unterstützt? ass Sie in anderen Bereichen der Verkehrspolitik in die alsche Richtung laufen, ist ja nichts Neues. Aber dass ie bei diesem sensiblen Thema wissentlich die falsche ichtung einschlagen, ist für keinen vernünftigen Men- chen nachvollziehbar. Tausende von jungen Leuten und eren Eltern in Niedersachsen machen Ihnen doch vor, ie unbürokratisch und erfolgreich das Modell ist. Der on Ihnen eingebrachte Gesetzentwurf geht doch in sei- er Definition der Bedingungen für die Begleitperson indeutig zu weit und damit hinter den Vorschlag der ASt-Projektgruppe von vor fast zwei Jahren zurück. Sie sollten in der ständigen Diskussion um zweifellos ichtige verkehrssicherheitsrelevante Aspekte bei der uverlässigkeit der Begleitperson nicht vergessen, dass s sich um eine Möglichkeit für Freiwillige handelt. Es eht in dem Modellversuch darum, herauszufinden, ob ie positive Wirkung, die das „Begleitete Fahren“ in uropa oder den USA auf das Fahrverhalten von Fahr- nfängern hat, auch in Deutschland erzielt werden kann. enn schärfere Auflagen für die Begleitperson einge- ührt werden müssen, sollten diese, wie es auch die ASt-Projektgruppe vorgeschlagen hat, auf der sach- nd fachgerechten Bewertung der Erfahrungen aus dem odellversuch basieren. 17244 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) Warum kann Sie diese „normative Kraft des Fakti- schen“ nicht überzeugen? Bisher mussten in Niedersach- sen sieben Jugendliche ihre Ausnahmegenehmigung zu- rückgeben, weil sie ohne Begleitung gefahren sind. Über 10 000 junge Fahrer haben sich inzwischen angemeldet, 2 490 haben ihre vorläufige Ausnahmegenehmigung mit ihrem 18. Geburtstag schon in einen normalen Karten- führerschein umgetauscht. Es gab bisher nur fünf Un- fälle ohne Personenschaden. Dies ist doch eine eindeu- tige Abstimmung mit den Füßen, aber dieses Mal per Gaspedal. Nebenbei bemerkt ist es eine Unverschämtheit, dass Sie ganz am Schluss des Gesetzentwurfs fordern, dass die Länder die Kosten der anschließenden Projektevalu- ierung tragen. Bei dem Modellprojekt „Zweite Phase“ – was übrigens nicht annähernd so erfolgreich war – hat der Bund schließlich auch die Kosten übernommen. Iris Gleicke, Parl. Staatsekretärin beim Bundesmi- nister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Ich bin wohl nicht die Einzige, die sich darüber freut, dass wir heute einen Schlussstrich unter die Diskussion zum „Be- gleiteten Fahren ab 17“ ziehen können. Nach langen und intensiven Diskussionen schaffen wir nun einen bundesrechtlich einheitlichen Rahmen, der es den Ländern ermöglicht, Modellversuche zum „Begleiteten Fahren ab 17“ durchzuführen und zu erpro- ben, und zwar nach eindeutigen und klaren Vorgaben. Zu diesem Zweck ändern wir das Straßenverkehrsge- setz, die Fahrerlaubnis-Verordnung sowie die Gebühren- ordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr. Wir tun das deshalb, weil wir jede Möglichkeit nutzen wollen, zur Absenkung des überdurchschnittlich hohen Unfallrisikos von Fahranfängern beizutragen. Die Gelegenheit der Änderung des Straßenverkehrs- gesetzes nutzen wir zugleich, um zwei neue Straftatbe- stände im Nebenstrafrecht einzuführen. Wir schließen hiermit Gesetzeslücken, indem wir das Verfälschen des Messergebnisses eines Wegstreckenzählers/Kilometer- zählers sowie das Manipulieren an Geschwindigkeitsbe- grenzern künftig unter Strafe stellen. Das Thema „Begleitetes Fahren ab 17“ ist in der Ver- gangenheit intensiv diskutiert worden. Das war ein not- wendiger Prozess, weil mit dem „Begleiteten Fahren“ zahlreiche Fragen verknüpft sind, die es sorgfältig zu be- achten galt. Sicherheit geht vor. Wenn es um die Ver- kehrssicherheit geht, kann man nicht irgendwelche Sa- chen irgendwie ausprobieren. Aber auch das Recht verträgt keine Experimente, insbesondere wenn es um Haftungsfragen geht Es galt deshalb, eine saubere und tragfähige Konzeption zu erarbeiten, und das ist gelun- gen. Ob die Länder Modellversuche zum „Begleiteten Fahren ab 17“ durchführen wollen, bleibt ihrer eigenen Entscheidung vorbehalten. Wenn sie sich jedoch hierfür entscheiden, wird das Wie bundeseinheitlich vorgege- ben. Eine Anpassung der bereits in einigen Ländern „auf e U d l K J A d n t t e m b W s g B F s u v g b F v z r d g r z b n d z n t s e s g A t g F d A s (C (D igene Verantwortung“ gestarteten Versuche ist unter mständen notwendig, aber auch ohne weiteres leistbar. Für den Fahranfänger bedeutet die neue Regelung, ass er nach einer „normalen“ Ausbildung und „norma- en“ Fahrerlaubnisprüfung die PKW-Fahrerlaubnis der lassen B und BE bereits mit 17 Jahren erhalten kann. edoch wird die Fahrerlaubnis in diesen Fällen unter der uflage erteilt, dass der Fahrerlaubnisinhaber während es Führens eines Kraftfahrzeuges von mindestens einer amentlich benannten Person begleitet sein muss. Als Begleiter kommen nur solche Personen in Be- racht, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, mindes- ens seit fünf Jahren im Besitz einer gültigen PKW-Fahr- rlaubnis sind und im Verkehrszentralregister mit nicht ehr als drei Punkten belastet sind. Besonderen Wert ha- en wir darauf gelegt, dass der Begleiter in gleicher eise wie der Fahrer nicht unter dem Einfluss alkoholi- cher Getränke oder berauschender Mittel stehen darf. Intensive Diskussionen gab es über die Rolle des Be- leiters, die wir nun klar definiert haben. Danach soll der egleiter dem Fahrerlaubnisinhaber vor Antritt einer ahrt und während des Führens des Fahrzeuges aus- chließlich als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, m ihm Sicherheit beim Führen des Kraftfahrzeuges zu ermitteln. Zur Erfüllung dieser Aufgabe soll der Be- leiter Rat erteilen oder kurze Hinweise geben dürfen. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal deutlich etonen, dass der Begleiter nicht die Aufgabe eines ahrlehrers wahrnimmt und insbesondere nicht in Fahr- orgänge aktiv eingreifen darf. Verantwortlicher Fahr- eugführer bleibt der Fahranfänger. Mit besonderer Unterstützung des Bundesministe- iums der Justiz und der Kolleginnen und Kollegen aus en Reihen der Rechtspolitiker ist es jedenfalls gelun- en, die Verantwortlichkeiten während der Fahrt zu klä- en, die Rolle des Begleiters festzulegen und im Geset- estext klar zu definieren. Mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sind wir uns is auf einige Kleinigkeiten einig; und das begrüße ich atürlich. Die FDP-Fraktion hat den Antrag gestellt, den Kreis er möglichen Begleiter auf die Erziehungsberechtigten u beschränken und ansonsten keine Anforderungen zu ormieren. Es mag sein, dass in der Praxis meist die El- ern als Begleitpersonen in Betracht kommen. Aber ich ehe keine Notwendigkeit, andere zuverlässige und ge- ignete Personen von der Funktion des Begleiters auszu- chließen. Ein unzumutbarer Aufwand ist mit den von uns vor- eschlagenen Regelungen jedenfalls nicht verbunden. uch auf eine besondere obligatorische und damit kos- enträchtige Einweisung für die Fahranfänger und Be- leiter kann verzichtet werden. Freiwillige Angebote der ahrlehrer und Informationen der Fahrerlaubnisbehör- en reichen aus, zum Beispiel durch Merkblätter und ufklärung im Fahrschulunterricht. Ich rechne übrigens selbstverständlich mit der Zu- timmung des Bundesrates; denn die gefundene Lösung Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17245 (A) ) (B) ) wird insgesamt auch den Interessen der Länder gerecht, die die Modellversuche durchführen wollen. So können wir die dringend benötigte Rechtsklarheit bald schaffen. Mit § 22 b StVG schaffen wir eine Strafvorschrift für das Manipulieren, das heißt, das verfälschende Verän- dern von Messdaten und Funktionen von Wegstrecken- zählern und Geschwindigkeitsbegrenzern. Strafbewehrt werden künftig solche Handlungen sein, mit denen auf einen Wegstreckenzähler oder den Messvorgang einge- wirkt wird, um die Messdaten zu verfälschen. Der Tatbe- stand erfasst sowohl die Veränderung von Messdaten über Computerprogramme als auch die mechanische Einwirkung auf das Gerät. Außerdem werden künftig Eingriffe in für Busse und LKW gesetzlich vorgeschriebene Geschwindigkeitsbe- grenzer oder Veränderungen an ihnen, durch die die be- stimmungsgemäße Funktion dieser Einrichtungen beein- trächtigt oder unterbunden wird, unter Strafe gestellt. Strafbar ist schließlich, Computerprogramme, deren Zweck das Manipulieren an Wegestreckenzählern und Geschwindigkeitsbegrenzern ist, herzustellen, sich oder einem anderen zu verschaffen, feilzuhalten oder einem anderen zu überlassen. Maßgebend ist, dass sich der Vor- satz gerade auch auf diesen Zweck bezieht. Damit wird betrügerischen Manipulationen, durch die Käufer von Gebrauchtwagen jährlich um viele Millionen Euro geschädigt werden, spürbar entgegengewirkt und im Interesse der Verkehrssicherheit ein wirksames Instrument gegen Eingriffe an Geschwindigkeitsbe- grenzern zur Verfügung gestellt. Wir schließen damit eine Gesetzeslücke; denn gegen- wärtig ist das Zurückstellen von Kilometerständen in Kraftfahrzeugen nur strafbar, wenn es sich um vorsätzli- che Hilfeleistung, das heißt Beihilfe zum Betrug, han- delt. Bislang nicht erfasst waren die Fälle, bei denen Com- puterspezialisten das „Nachjustieren“ von Wegstrecken- zählern als allgemeine Dienstleistung angeboten und ausgeführt haben. Im Interesse des Schutzes vor allem der Käufer von Gebrauchtwagen ist es erforderlich, auch das bloße Verfälschen von Kilometerständen nunmehr unter Strafe zu stellen. Wir haben im Zuge der Diskussionen über das Gesetz dafür Sorge getragen, dass auch Manipulationen an Wegstreckenzählern unter Strafe gestellt werden, die im Zeitpunkt der Manipulation vorübergehend ausgebaut sind. Einzelne Hersteller und Anwender von Computer- programmen haben den Einwand erhoben, die Vorschrift erfasse sämtliche Computerprogramme, die entspre- chend einsetzbar sind. Dem ist nicht so. Bei § 22 b Abs. 1 Nr. 3 StVG geht es in erster Linie um diejenigen Computerprogramme, die für die Bege- hung von Straftaten geschrieben werden. Strafbar macht sich nur, wer vorsätzlich handelt, wobei sich der Vorsatz auch auf die künftige strafbare Manipulation erstreckt. Es ist notwendig, diese Vorbereitungshandlungen unter Strafe zu stellen, weil wir nur so den angesprochenen M n z m b b f g u H g n k d k d s A G M te g b s O u U D l s t U s n s U g i l d i V r d S (C (D anipulationen umfassend und wirksam begegnen kön- en. Was das Manipulieren an Geschwindigkeitsbegren- ern betrifft, mit denen Busse und LKW ausgerüstet sein üssen, so hat nicht zuletzt auch der schwere Busunfall ei Lyon im Sommer 2003 gezeigt, dass hier Handlungs- edarf besteht. Denn nach dem Abschlussbericht der ranzösischen Untersuchungsbehörde ist der verun- lückte Bus streckenweise weit über 110 km/h gefahren, nd auch im Zeitpunkt des Unglückes war die zulässige öchstgeschwindigkeit überschritten – und dies bei re- ennasser Straße und schlechter Sicht. Möglich war dies ur, weil das technische Teil, welches die Geschwindig- eitsbegrenzung bewirken soll, „abgeklemmt“ wurde, ie bestimmungsgemäße Funktion des Geschwindig- eitsbegrenzers also unterbunden war. Im Interesse der Verkehrssicherheit und im Interesse er Verbraucher bitte ich Sie, um Zustimmung zum Ge- etz. nlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vor- schriften (Tagesordnungspunkt 24) Hubertus Heil (SPD: Heute verabschieden wir das esetz zur Ergänzung des Telekommunikationsrechts. it ihm verfolgen wir konsequent unsere Strategie wei- r, für den notwendigen Kundenschutz zu sorgen, ohne leichzeitig die Dynamik und Innovation dieser Schlüssel- ranche für unsere Zukunft unverhältnismäßig einzu- chränken. Das war unsere Richtschnur bei der Novelle zum rtsnetz 2002, dem „0190-Gesetz“ aus dem Jahre 2003 nd der umfassenden Novelle des TKG im letzten Jahr. nd diese verfolgen wir auch heute konsequent weiter: as heute zu verabschiedende Gesetz führt diese Rege- ungen und die bisherige Telekommunikations-Kunden- chutzverordnung fort und fasst sie im Telekommunika- ionsgesetz zusammen, sodass sich Verbraucher und nternehmen auch ohne vertiefte Rechtskenntnisse chnell über ihre Rechte bzw. Pflichten informieren kön- en. Wir zeigen damit, dass wir den Grundsatz der Recht- icherheit und Verlässlichkeit, die für Verbraucher wie nternehmen schlicht unabdingbar sind, ernst nehmen, enauso wie die berechtigten Anliegen der Betroffenen n der Sache. Wer die Fortführung der bewährten Rege- ungen jetzt heute in Bausch und Bogen ablehnt, verlässt iesen Pfad, stellt die heute bereits erreichten Standards n Frage, schafft erhebliche Rechtsunsicherheit, zerstört ertrauen und verhindert nötige Investitionen. Ich sage dies auch ganz bewusst in Richtung Bundes- at. Es liegt an Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren er Opposition, sich dort wie hier heute zu erklären, ob ie wie wir, für einen durchdachten, konsequenten 17246 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) Kundenschutz und Verlässlichkeit stärken wollen – oder aber einer ideologischen, blinden Blockadestrategie fol- gen wollen wie in so vielen anderen drängenden Fragen für unser Land in den letzten Jahren. Sie können dort be- reits am 8. Juli den Weg für dieses Gesetz freimachen, oder wenigstens dafür sorgen, dass ein Vermittlungsver- fahren noch eine reelle Chance hat – oder dass wir alle nach den nächsten Bundestagswahlen allen eingeflosse- nen Erfahrungen zum Trotz wieder von vorne beginnen müssen. Ich sage das so deutlich, weil ich empört bin über die völlig unzweifelhaften Signale, die wir aus dem Bundes- rat erhalten haben, nach denen dort jede Neuregelung einer angemessenen Entschädigung der Unternehmen für Telekommunikationsüberwachungen blockiert wird. Dies widerspricht dem klaren gesetzlichen Regelungs- auftrag, den wir alle gemeinsam 2004 ins TKG geschrie- ben haben – und da waren Sie doch auch mit dabei! –, ebenso wie der dahinter stehenden verfassungsrechtli- chen Verpflichtung. Es ist doch geradezu abenteuerlich, wenn jetzt hier manche hinter vorgehaltener Hand be- haupten, man habe wegen der eingeführten erforderli- chen doppelten Zustimmungspflicht von Bundestag und Bundesrat ohnehin nie damit gerechnet, dass die Verord- nung verabschiedet würde! Ich frage mich schon sehr, was das für ein Verständnis von Rechtssicherheit, aber auch des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ist. Wir wollen aber, dass es, allen taktischen Spielchen zum Trotz, vorangeht mit dem nötigen Schutz der Ver- braucher, gegen alle Blockaden. Gegen allen kurzsich- tigen Widerstand von Ihrer Seite. Dafür kämpfen wir. Deswegen haben wir schweren Herzens beschlossen, diese Regelungen erst in der nächsten Legislaturperiode auf den Weg zu bringen, um dem verbraucherschutz- rechtlichen Regelungen eine Chance zu geben. Wer aber auch beim Verbraucherschutz nur populis- tische Forderungen in beide Richtungen aufstellt, die nicht zu vereinbaren sind, nützt weder den Verbrauchern, noch den Unternehmen. Es ist schon bezeichnend, wenn Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Union, es nicht für nötig halten, im parlamentarischen Verfahren durch Änderungsanträge aktiv mit zu gestalten, aber da- für umso kräftiger in Richtung Medien agieren. Und wenn die FDP jetzt nach dem Abschluss aller Anhörun- gen und Beratungen in den Fachausschüssen anlässlich der förmlichen Verabschiedung des Gesetzes zum ersten Mal mit einem Entschließungsantrag Änderungen for- dert, dann zeigt das, wie wenig es ihnen um die Sache geht. Ansonsten müsste man annehmen, dass Sie das parlamentarische Verfahren nicht verstanden haben. Und dann bringen sie wieder einmal ihr Verständnisproblem mit dem Weisungsrecht gegenüber der Regulierungsbe- hörde auf den Tisch. Dazu kann ich, nachdem dies schon bei Verabschiedung des neuen TKG und nach mehreren unsäglichen Wiederholungen bis zuletzt am 15. April immer und immer wieder die überwältigende Mehrheit des Hauses mit noch überwältigenderen Argumenten ausdrücklich abgelehnt hat, nur sagen: Wir Sozialdemo- kraten setzen uns ja dafür ein, dass niemand, selbst Sie nicht, in Sachen Bildung von der Wissensgesellschaft abgehängt wird – aber der Deutsche Bundestag hat deut- l s g k f S l h v s n c s S n f s m – c d A d n h d s I S i A K d d l l w e u r M d z s t t d D m n n g M (C (D ich Besseres und Drängenderes für die Menschen in un- erem Land zu tun! Oder Sie bezeichnen Warn- und Bestätigungsregelun- en bei Klingeltönen über 1 Euro in ihren Reden voll- ommen oberflächlich als „sinnlos“. Wir können uns ja ragen, ob sie, gemessen an dem tatsächlich erreichbaren chutzeffekt ihre hohen Kosten wert sind. Aber das ver- angt eben eine sachliche Abwägung, die wir getroffen aben und die der Bundesrat, wenn er sich konstruktiv erhält, für sich selbst ebenfalls zu treffen hat. Oder, als Letztes, wenn Ihnen zu der Warnung bei be- timmten Rechnungsbeträgen, die wir eingeführt haben, ichts anderes einfällt, als dass dieses keinen Sinn ma- he, weil es bei der Summierung von Kosten bei ver- chiedenen Anbietern nicht eingreifen würde. Fordern ie jetzt auch für diese Fälle den Schutz dieses so ge- annten bill-warning – dann bitte schön, müssen sie sich ragen lassen, wie dies denn technisch machbar sein ollte, ohne ganz massive Belastungen der Unterneh- en? Oder wollen Sie einfach gar keine Bill-Warning trotz der Unzahl betroffener Kinder- und Jugendli- her – dann stellen Sie sich doch bitte hierher, und sagen as auch! Also ein zutiefst vordergründig, scheinheiliges rgumentieren und Taktieren, dass man einer Partei, die as Wort „christlich“ zumindest noch im Namen führt, icht zutrauen sollte – aber leider muss, wie wir allzu äufig gesehen haben. Die Fortschreibung des Kundenschutzes tut Not, denn ie Verschuldung insbesondere von Jugendlichen nimmt tark zu. Eine Studie des Instituts für Jugendforschung, JF, hat ermittelt, dass 14 Prozent der 13- bis 20-Jährigen chulden haben von 426 Euro im Westen und 962 Euro m Osten. Von diesen Schulden stammen 19 Prozent aus usgaben für Telekommunikation. Allein der Markt für lingeltöne hat einen Umfang von 200 Millionen Euro, as entspricht bereits 6 Prozent der gesamten Einkünfte er Musikbranche. Die Zahlen verdeutlichen, dass insbesondere Jugend- iche wirksamer vor versteckten Kostenfallen in der Te- ekommunikation geschützt werden müssen. Gleichwohl ird kein Gesetz eine Jugendkultur so maßgeblich be- influssen können, dass Kaufzwänge zum Dazugehören nterbunden werden. Wir wollen aber Kostentranspa- enz schaffen. Der florierende, hoch innovative und dynamische arkt, den die Telekommunikationsbranche seit 1998 arstellt, kann auf Dauer aber nur dann wirksam und um Nutzen aller Beteiligten funktionieren, wenn chwarze Schafe konsequent bekämpft, Verführbarkei- en offen gelegt und Informationsgefälle zwischen Un- ernehmen und Verbrauchern ausgeglichen werden. Wir fördern die Innovation dieses Marktes und leisten amit einen ganz konkreten, handfesten Beitrag, um eutschland in Europa weiter auf dem Weg zum dyna- ischsten Wirtschaftsraum weltweit voranbringen. Dazu ur folgende Beispiele: Die Verbindungspreisberech- ung kann in Zukunft statt nach Zeittarifen auch men- enmäßig erfolgen. Die Regulierungsbehörde erhält die öglichkeiten, technische Vorkehrungen vorzugeben, Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17247 (A) ) (B) ) um dafür zu sorgen, dass auch bei dieser Berechnungs- weise durch technische Vorkehrungen faire und transpa- rente Ausgangsbedingungen geschaffen werden. Sie erhält auch die notwendigen Instrumente, um die Zu- kunfts- und Entwicklungsfähigkeit, die das Telekommu- nikationsrechtsänderungsgesetz insgesamt auszeichnet, fortzuführen. Ich denke da nur an die Bestimmung, wel- che Dienste nicht von dem Einzelverbindungsnachweis- Anspruch erfasst werden, die Bestimmung der Verfah- ren, die für eine technische Prüfung im Falle der Bean- standung anerkannt sind, die Anforderungen bei Neu- artigen Diensten, Ausnahmen von Hand-shake-SMS bei „Diensten im öffentlichen Interesse“, die Einzelheiten zur Tarifierung, Ausnahmen von den Preishöchstgrenzen und vom Verbot der Kombinationspreise und nicht zu- letzt die mögliche Festsetzung neuer Höchstpreise. Die Regulierungsbehörde kann so in der Zukunft für neue Märkte bundeseinheitliche Preisstrukturen entwickeln. Schließlich werden im Mobilfunk Mehrwertdienste nun auch ab 3 Euro ohne das langwierige Zertifizierungsver- fahren möglich, wodurch viele neue Geschäftsideen möglich werden. Der Zugang zur Telekommunikation stellt für uns eine Schlüsselfrage sozialer Gerechtigkeit dar. Es geht auch und gerade um Partizipation an der elektronisch or- ganisierten, weltweit vernetzten Wissensgesellschaft, wie auch der Europäische Rat in seiner Lissabon- Agenda von 2000 ausdrücklich hervorgehoben hat. Das Telekommunikationsnetz ist die unverzichtbare Basis je- der modernen Gesellschaft, es ist selbst ein soziales Netz. Deswegen bin ich sehr froh, dass wir für behin- derte Menschen den Zugang zu Telekommunikations- diensten entscheidend erleichtert haben, in engster Ab- stimmung mit den Vertretern der Betroffenen. Dazu gehören aber auch solche vermeintliche Detailverbesse- rungen wie die Sicherung der Aufnahme in öffentliche Teilnehmerverzeichnisse oder klare angemessene Sperr- regelungen. Wirksamer Markt funktioniert nur auf gleicher Au- genhöhe. Der Staat kann und darf die Freiheit des Indivi- duums nicht unverhältnismäßig durch aufgedrängte Schutzvorschriften einschränken. Er kann und muss aber für die weitestmögliche Aufklärung der Verbraucher sor- gen. Deshalb sind Transparenz bei der Auswahl und Nachprüfbarkeit von Angeboten und in Anspruch ge- nommenen Leistungen die Kernpunkte des Gesetzent- wurfs: Bei der Bewerbung von Diensten müssen die Preisangaben jetzt bei allen Diensten erfolgen, sie müs- sen klar lesbar und genauso lang dargestellt werden; ge- sondert muss auf Abo-Schuldverhältnisse hingewiesen werden, sonst kommt kein Vertrag zustande. Bei Mehr- wert-, Massenwahl- und Auskunftsdiensten haben wir eine abgestufte, intelligente und deswegen den Bedürf- nissen der unterschiedlichen Angebote sehr angemes- sene Ansagepflichtregelung erreicht. Ich sage es offen, ich bleibe bei der Einbeziehung aller Call-by-Call-Verbindungen in diese Ansagepflicht persönlich kritisch. Ich weiß nicht, ob bei Geschäften im Cent-Bereich, von den Kosten einmal ganz abgesehen, bei der permanenten Ansage vor jeder Verbindung wirk- lich auf Dauer der Nutzen überwiegen wird, und nicht b e K i s M i n E n a r S f i s t d n t d R P m m b A d a t v e k e P R B M g u z r t s w m a n z u (C (D ei den Kunden Abstumpfung oder sogar den Eindruck iner Belästigung hervorgerufen wird. Aber dies war ein ompromiss mit unserem Koalitionspartner, der sich nsgesamt mehr als sehen lassen kann. In anderen Bereichen decken wir wirkliche Miss- tände auf, etwa wenn einige Auskunftsdienste in einem aß bei Weitervermittlungen mitverdienen, von dem hre Kunden in den allermeisten Fällen bislang nichts ah- en. Ich finde es bemerkenswert, dass wir in wichtigen inzelfragen die Verbände der Verbraucher und Unter- ehmen an einen Tisch bringen konnten und deren über- us konstruktive Ergebnisse übernehmen konnten. Da- über hinaus entfaltet unser Gesetz schon jetzt ignalwirkungen für die Branche: So habe ich gerade er- ahren, dass bereits heute Unternehmen die Bewerbung hrer Dienste auf die neuen Anforderungen unseres Ge- etzes umgestellt haben! Auch vor anderen Missbräuchen und Verführbarkei- en schaffen wir einen effektiven Schutz. Etwa dadurch, ass jedermann, vor allem Eltern für ihre Kinder, Ruf- ummerngassen und damit bestimmte Telefondienstleis- ungen in Zukunft kostenlos sperren lassen können. Oder adurch, dass für jeden Dialer zukünftig eine eigene ufnummer vergeben und damit Registrierung mit einer rüfung ihrer Zuverlässigkeit durchgeführt werden uss. Auch dürfen in Zukunft Mehrwertdienste nicht ehr über R-Gespräche geleitet werden, um den Miss- rauch insbesondere zulasten von Hotels zu unterbinden. utomatische Rückrufbitten zu Mehrwertdiensten wer- en ebenfalls verboten. Mit allen diesen Punkten ntworten wir auf konkrete Missstände, die für den Be- roffenen erhebliche Belastungen bedeuten. Der Einzel- erbindungsnachweis auch für Onlineverbindungen wird benfalls zu deutlich mehr Transparenz führen! Wichtig ist aber auch für die Vertragspartner eine lare und verlässliche Festlegung bei Beanstandungen, twa die Beanstandungsfrist von zwei Monaten und die flicht der Netzbetreiber, Sperrungen von missbrauchten ufnummern in ihrem Netzbereich durchzusetzen. Die eweislastregelungen schließlich spiegeln besonders die öglichkeiten und Erfordernisse der Praxis wider. In diesem Sinne setzen wir auch als Partner der Bür- erinnen und Bürger, der Verbraucher und Unternehmen nseren Anspruch an ein intelligentes, angemessenes, ukunftsfähiges und verlässliches Telekommunikations- echt weiter um – heute ebenso wie nach der Bundes- agswahl. Manfred Helmut Zöllmer (SPD): Kaum ein Wirt- chaftszweig ist so innovativ, so rasant in seiner Ent- icklung und kann so respektable Wachstumsraten ver- elden wie der Telekommunikationssektor. Wir setzen lles daran, dass das so bleibt. Mehr als 50 Prozent der Haushalte verfügen über ei- en Internetzugang. Vier von fünf Bundesbürgern besit- en ein Handy. Die Zahl der versendeten SMS konnte m 4 Prozent auf 20,6 Milliarden gesteigert werden. 17248 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) Diese Zahlen unterstreichen die Bedeutung dieses Berei- ches. Der entstandene Wettbewerb auf den Telekommuni- kationsmärkten hat zu deutlich gesunkenen Preisen ge- führt. Dies ist eine Erfolgsgeschichte unserer Wettbe- werbs- und Verbraucherpolitik. Wir müssen aber auch feststellen: Es gab und gibt im Telekommunikationsbereich leider eine Reihe von gra- vierenden Missständen. Die Anzahl der Beschwerden bei den regionalen Ver- braucherzentralen, aber auch die Statistiken der Regulie- rungsbehörde in ihrem Jahresbericht 2004 belegen dies. Seit dem Jahr 1999 sind die Verbraucherbeschwerden bei der Regulierungsbehörde im Bereich der Telekom- munikation um nahezu 300 Prozent gestiegen. Dies be- trifft insbesondere Fragen der Entgeltforderungen aus TK-Rechnungen, Premium Rate Dienste und Rufnum- mernangelegenheiten. Die Missbrauchsfälle sind gravie- rend, sie reichen bis hin zum Betrug. Bei MTV und VIVA können Sie verfolgen, wie ver- sucht wird, gerade junge Verbraucherinnen und Verbrau- cher etwa bei Klingeltönen über den Tisch zu ziehen. Man muss schon Schnellleser sein und die Augen eines Adlers haben, um vom Bildschirm abzulesen, was man da bestellt. Ein wesentliches Ziel des Entwurfs war es daher Re- gelungen zu schaffen, die die Transparenz erhöhen, da- mit Verbraucherinnen und Verbraucher wissen, was auf sie zukommt, wenn sie bestimmte Dienste in Anspruch nehmen. Mit ihrer ablehnenden Haltung zum Gesetzentwurf stellen sich Union und FDP auf die Seite der unseriösen Geschäftemacher – gegen die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland. Ich will Ihnen einmal sagen, was sie mit Ihrem Nein unter anderem blockieren: Der Anbieter von Kurzwahl- Datendiensten – zum Beispiel Klingeltöne – muss zu- künftig vor der Inanspruchnahme in einer gesonderten SMS den Preis deutlich sichtbar und gut lesbar anzeigen und sich vom Kunden bestätigen lassen, sofern der Preis ein Euro und mehr beträgt. Sie denunzieren das als Überregulierung, als Bevor- mundung des Verbrauchers und lehnen es ab. Wer zukünftig für Premium-Dienste, Auskunfts- dienste, Massenverkehrsdienste, Kurzwahldienste etc. wirbt, muss zukünftig den Preis gut lesbar und deutlich sichtbar angeben. Sie lehnen das als Bevormundung ab. Verbraucherinnen und Verbraucher handeln eigenver- antwortlich und sollen selbst entscheiden, welche Dienste und Leistungen sie in Anspruch nehmen wollen. Das können sie aber nur, wenn ihnen die notwendigen Informationen zur Verfügung stehen, die Angebote preistransparent sind und ihnen auch durchsetzbare Rechte zur Verfügung stehen. Nur so ist die gleiche Au- genhöhe auch in der Realität zu erreichen. Für die Oppo- sition ist das alles Bevormundung. Sie lehnen das ab. s v S D l i c A S V d r s n w r u V M V s r b f s T d c A U s b d a D l t u s u D e E s w (C (D Wir haben das Hand-shake-Verfahren durch eine Be- tätigungs-SMS bei Kurzwahldiensten im Abonnement orgesehen. Für die Opposition ist das Bevormundung – ie lehnen das ab! Unter einer Rufnummer darf zukünftig nur noch ein ialer registriert werden. Die Anbieter werden hinsicht- ich ihrer Zuverlässigkeit überprüft. Für die Opposition st das Bevormundung und wird abgelehnt. Wir haben eine Preisansage für Call-by-call-Gesprä- he vorgesehen. Sie lehnen das als Bevormundung ab. Ein Warnhinweis wird zur Pflicht, wenn bei einem bonnement mehr als 20 Euro geschuldet werden. Für ie wieder Bevormundung. Damit fallen Sie nicht nur den Verbraucherinnen und erbrauchern in den Rücken. Damit schädigen sie auch ie vielen seriösen Anbieter, die von der Politik im Inte- esse ihrer Geschäftsmodelle Regelungen erwarten. Verloren gegangenes Vertrauen muss für diesen Wirt- chaftszweig zurückgewonnen werden. Dies funktioniert ur über Preistransparenz und klare Regelungen! Zum iederholten Male lässt die Opposition die Verbrauche- innen und Verbraucher im Regen stehen. Sie haben verbraucherpolitisch schwach begonnen nd dann stark nachgelassen! Die stärksten Waffen der erbraucherpolitik sind Transparenz und Information. it Ihrer Blockade dieses Gesetzes erweisen Sie allen erbraucherinnen und Verbrauchern aber auch der seriö- en Wirtschaft einen Bärendienst. Sie sind nicht regie- ungsfähig. Mit Ihnen gäbe es eine Rückkehr in die ver- raucherpolitische Steinzeit! Die Wählerinnen und Wähler werden dies verhindern. Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU): Der Markt ür Mehrwertdienste und auch für Auskunftsdienste tellt einen zentralen Wachstumsmotor für die gesamte elekommunikationsbranche dar und ist von entschei- ender Bedeutung für unsere Volkswirtschaft. Die Bran- he ist in den letzten Jahren weltweit enorm gewachsen. ber auch in Deutschland haben wir inzwischen einen msatz von 2 Milliarden Euro pro Jahr, Tendenz weiter teigend. Das Problem ist, dass es einige unseriöse An- ieter gibt, die enormen Schaden anrichten. Die Palette es Missbrauchs ist leider vielfältig: Lock-SMS, Werbe- nzeigen mit falschen Preisen, unseriöse Anbieter von ialern, Fax-Spammer, um nur einige zu nennen. Deshalb besteht hier dringender politischer Hand- ungsbedarf. Die Bundesregierung hat viel zu lange ta- enlos zugesehen, wie seriöse Unternehmen diskreditiert nd die Verbraucher über den Tisch gezogen worden ind. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist allerdings ntauglich. Deshalb ist bei vielen Verbrauchern in eutschland inzwischen ein großer Vertrauensverlust ntstanden. Jetzt endlich – viel zu spät – haben Sie den ntwurf für eine Änderung des Telekommunikationsge- etzes in den Deutschen Bundestag eingebracht. Wir erden in den kommenden Wochen über den Gesetzent- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17249 (A) ) (B) ) wurf intensiv zu beraten haben. Schon jetzt sage ich Ih- nen aber, dass die CDU/CSU-Fraktion keinem Gesetz zustimmen wird, das Verbraucher entmündigt und Un- ternehmen stranguliert. Es scheint fast, als habe die Bundesregierung mit die- sem Gesetz noch einmal zeigen wollen, warum sie das Vertrauen der Menschen verloren hat. Und das ist ihr ge- lungen! Rot-Grün hat es geschafft, einen illusorischen Ver- braucherschutz mit möglichst großer Schädlichkeit für die Wirtschaft zu kombinieren! Verbraucherschutz ist ein zentrales Anliegen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Vernünftige Rahmenbe- dingungen für die Wirtschaft auch. Deshalb haben wir schon im Juni 2004 eine Initiative für einen besseren Schutz der Verbraucher in der Telekommunikation ein- gebracht. Für uns sind Wirtschaft und Verbraucherschutz keine Gegensätze, sondern zwei Seiten derselben Medaille. Es ist wichtig, mehr Transparenz herzustellen. Die Verbrau- cher benötigen mehr Sicherheit, wie viel sie für welche Leistung bezahlen müssen. Die Verbraucher müssen sich in dem dichten Tarifdschungel, den wir heute haben, auskennen. Preise und Leistungen müssen immer deut- lich lesbar und erkennbar sein. Deshalb müssen wir na- türlich über Preisangaben, über Preishöchstgrenzen und über Preisansagepflichten reden. Aber wir brauchen keine überzogene Regulierung, die Verbraucherschutz nur vortäuscht und Unternehmen unverhältnismäßig be- lastet. Beide, Verbraucher und Wirtschaft, haben ein großes Interesse daran, dass unseriöse Abzocker bekämpft und ehrliche Unternehmen mit innovativen Ideen gestärkt werden. Unzweifelhaft besteht hier dringender politi- scher Handlungsbedarf. Die Bundesregierung hat viel zu lange tatenlos zugesehen, wie seriöse Unternehmen dis- kreditiert und die Verbraucher über den Tisch gezogen worden sind. Deshalb ist bei vielen Verbrauchern in Deutschland inzwischen ein großer Vertrauensverlust und bei vielen Unternehmen ein Imageschaden entstan- den. Die Absurdität des rot-grünen Projekts möchte ich an einigen Beispielen, die tatsächlich so im Gesetz stehen, illustrieren: Call-by-Call-Anrufe kosten den Kunden in der Regel weniger als fünf Cent die Minute. Das wirtschaftliche Risiko für den Telefonkunden ist somit überschaubar. Die Regierung will den Unternehmen nun eine Preisan- sagepflicht aufbürden. Dies vergrößert den Schutz der Konsumenten vor skrupellosen Abzockern kaum, zwingt aber Unternehmen, die auch Preselectionkunden haben, zu volkswirtschaftlich sinnlosen Millioneninvestitionen. Das ist unverhältnismäßig. Deshalb lehnen wir die Preisansagepflicht für Call-by-Call ab. Ein anderes Beispiel ist die obligatorische Hand- shake-SMS: Es ist absolut vernünftig, Anbieter zu ver- pflichten, den Kunden vor der Bestellung eines Klingel- tons oder eines Spiels für das Handy noch einmal über d a w s M e S d s g A e A z b d V S s S v M a 2 b k 1 r r w B A V w r v k t r P 2 s S v d v q (C (D en Preis zu informieren. Das wollen wir auch. Völlig berwitzig ist es dagegen, dass dies schon gelten soll, enn der Klingelton mehr als einen Euro kostet. Das ist o wie ein notarieller Kaufvertrag für Gummibärchen! Für den Anbieter ist es wirtschaftlich unsinnig, bei inipreisen zwei SMS zu verschicken. Dem Kunden ist s lästig, faktisch bei jedem Geschäft eine Bestätigungs- MS absenden zu müssen. Die Regelung nützt nieman- em, schädigt aber den Verbraucher: Die eigentlich sinnvolle Warnfunktion der Hand- hake-SMS geht verloren, wenn auch bei Kleinstbeträ- en gewarnt wird. Noch viel schlimmer ist aber, dass die bzocker dann den oft jugendlichen Kunden nicht nur inen Klingelton andrehen, sondern gleich ein ganzes bo. Für den Abzocker ist’s egal: Er muss so oder so eine weite SMS verschicken. Der Kunde ist der Dumme: Er ekommt nicht mehr einen einzelnen Klingelton, son- ern muss mehrere bestellen und bezahlen. Das ist keine erbraucherpolitik, sondern Volksverdummung! Die CDU/CSU fordert daher eine Anhebung des chwellenwerts von einem Euro – dann hätten wir eine innvolle Regelung! Noch sinnloser ist die Vorschrift, die Anbieter von MS-Abos verpflichtet, Warn-SMS an die Kunden zu erschicken, wenn sie Abos für mehr als 20 Euro im onat haben. Das hört sich zunächst plausibel an, ist ber nur undurchdacht! Hat ein Kunde bei einem einzigen Anbieter Abos für 1 Euro, soll er eine Warn-SMS erhalten. Hat ein Kunde ei zehn Anbietern Abos für je 19 Euro, bekommt er gar eine Nachricht! Ausgerechnet für SMS-Abos, die oft weniger als 0 Euro im Monat kosten, will die Regierung als zivil- echtliche Sonderregelung ein jederzeitiges Kündigungs- echt einführen. Der Kunde bekommt so ein paar Euro ieder, der Anbieter darf den noch nicht verbrauchten etrag ermitteln und erstatten. Auch hier gilt: Großer ufwand für die Unternehmen, kleiner Nutzen für die erbraucher! Abo-Kunden dürfen nicht über den Tisch gezogen erden. Unseriöse Unternehmen sollen nicht mehr da- auf vertrauen dürfen, dass ihre Kunden Abruf-Abos ergessen. Diese Auswüchse müssen wir energisch be- ämpfen. Solche weltfremden, kafkaesken Regelungen ragen garantiert nicht dazu bei! In geradezu prohibitiver Weise hat die Bundesregie- ung mit letzter Energie noch die Preishöchstgrenzen für remiumsprachdienste nach unten gedrückt: Mehr als Euro in der Minute soll es nicht kosten dürfen. So chützt man keine Verbraucher, so fördert man den chmuddel! Anspruchsvolle und qualifizierte Dienste können ielfach für nur 2 Euro in der Minute nicht erbracht wer- en, Erotikgeflüster schon. Rot-Grün protegiert die Ni- eaulosigkeit und verhindert das Entstehen und Wachsen ualifizierter, innovativer Geschäftsmodelle. Auf diesen 17250 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) Märkten hat Deutschland noch eine Zukunft – erhalten wir sie! Es bleibt ein bitteres Fazit: Die Bundesregierung hat es mit dem geänderten Gesetzentwurf tatsächlich ge- schafft, die Wirtschaft zu schädigen und innovatives Wachstum zu verhindern, ohne dem Verbraucher auch nur ein Quäntchen genützt zu haben. Die CDU/CSU- Bundestagsfraktion lehnt dieses Gesetz ab. Johannes Singhammer (CDU/CSU): „Falsch verbunden – kein Anschluss unter dieser Nummer“ – das ist die inhaltlich zutreffende Überschrift für das „Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschrif- ten“. Nach monatelanger interner rot-grüner Sprachlo- sigkeit haben Sie ein Gesetz der Irrungen und Wirrungen vorgelegt. Der rote Faden für einen Aufschwung ist nicht kenntlich! Die Position der Union ist eindeutig: Wir wollen mehr Wachstum für die Telekommunikationswirtschaft – Sie wollen mehr Gängelung der Telekommunikationswirt- schaft! Die Union will mehr Freiraum zur Entfesselung der Wachstumskräfte – Rot-Grün will die Wirtschaft und die Telefonkunden mehr drangsalieren! Sie wollen doch im Grunde die Grenzen der Belast- barkeit testen. Das ist der rote Faden rot-grüner Wirt- schaftsgesetze: Angefangen bei der völlig außer Rand und Band geratenen Umsetzung der EU-Antidiskrimi- nierungsrichtlinie bis hin zu diesem Gesetz. Schluss mit diesem Unsinn! Die Union will Vorrang für Arbeit! Mit der Vorlage der Inhalte dieses Artikelgesetzes ha- ben Sie die erfolgreiche Zusammenarbeit des letzten Jahres bei der gemeinsamen Novellierung des Telekom- munikationsgesetzes faktisch aufgekündigt. Sie hätten das Schwungrad des neuen TGK sofort für eine freie und dynamische Entfesselung der schlafenden Wachstums- kräfte dieser High-Tech-Branche und für die Schaffung neuer Arbeitsplätze in einer sicheren Zukunftstechnik nutzen müssen. Die Bitkom hat für 2005 für den gesamten Bereich der ITK-Branche ein Wachstum von 3,4 Prozent auf über 135,2 Milliarden Euro Jahresumsatz, verbunden mit ei- nem Zuwachs von mehr als 10 000 Stellen, in Deutsch- land prognostiziert. Eine tolle Perspektive, eine Steilvor- lage, die verantwortungsvolle Politik hätte nutzen müssen! Stattdessen haben Sie die deutschen Telekommuni- kationsmärkte seit dem Sommer letzten Jahres durch organisierte politische Untätigkeit beschädigt. Sie ha- ben die Telekommunikationskundenschutz-Verordnung und die Telekommunikationsnummerierungs-Verord- nung eben nicht rasch als Verordnung erlassen, sondern haben Monate gebraucht, um überhaupt ein beratungs- fähiges Artikelgesetz vorzulegen. Vor einer Woche erst konnte sich Rot-Grün auf die Ausformulierung der vorgelegten Änderungsanträge verständigen. Die Folgen: ein Jahr nutzloser Stillstand in einer der dynamischsten Wachstumsbranchen, ein Jahr d e F m m z S w n g n w b T c t s a § P d M l S d s r w w c a P P e e e d w b g t t w ü e l r s n d d a (C (D er Verunsicherung der Telekommunikationswirtschaft, in Jahr der Investitionshemmnisse. Von Anfang an haben die Verbände und nahezu alle irmen ihr Gesetz wirklich vernichtend beurteilt: syste- atisch unklar, trägt zur Verunsicherung der Unterneh- en und der Verbraucher bei, die Regulierungsdichte ist u hoch und umfasst zu viele Bereiche und Details, das chutzniveau der verbindlichen EU-Richtlinien wird ieder einmal deutlich überschritten, ein Wettbewerbs- achteil für die deutsche Wirtschaft. Nach dem ersten Bundesratsdurchgang und der Ge- enäußerung der Bundesregierung herrschte bei uns och die Hoffnung, dass auf die Union zugegangen ürde. Jetzt zeigt sich, Sie haben leider nur verschlimm- essert. Ihren schönen Worten sind nur allzu wenig gute aten gefolgt: Die überzogene Handschrift des Verbrau- herschutzministeriums ist weiter überdeutlich; bürokra- ische Regelungen hemmen weiterhin innovative Ge- chäftsmodelle; der Entschädigungsbereich ist nicht usreichend geregelt. Einige konkrete Beispiele: Sie waren nicht bereit, die Preisgrenze von l Euro im 66 c zu ändern. Diese Grenze ist zu niedrig! Einmal- rämien-SMS-Dienste werden damit als Geschäftsmo- elle gefährdet. Konkret heißt dies nämlich, dass jedes al bevor man einen Kurzwahl-Dienst im Wert von Euro in Anspruch nehmen kann, einem eine vorherige MS mit einer Preisinfomation zugehen muss, die man ann wieder bestätigen muss. SMS hin und her – ein Irr- inn, der sich nie bei dem Schwellenwert von l Euro echnen wird! Die Konsequenz wird sein, dass der Kurz- ahl-Dienst, der allein durch dieses Gesetz verteuert ird, dann eben 2 Euro kosten wird. Ein echter Verbrau- herschutz! Wir sind der Meinung, dass eine Anhebung uf bis zu 3 Euro richtig wäre. Ihre Vorlage sieht ferner eine Verschärfung der reisansagepflichten vor. Nun soll bereits ab 2 Euro eine reisansage vorab geschaltet werden und es soll sogar ine Ansage während der Inanspruchnahme des Dienstes rfolgen müssen, wenn man einen neuen Tarifabschnitt rreicht. Soll also – einmal ganz praktisch betrachtet – ie Telefonverbindung mitten im Gespräch unterbrochen erden, für die Ansage einer Tarifänderung? Denken Sie itte nochmals nach! Im Übrigen halten wir eine Preis- renze von 3 Euro für ausreichend. Im Call-by-Call-Bereich würde im Übrigen eine kos- enlose Service-Nummer mit aktuellen Preisinforma- ionen völlig ausreichend sein! In der Lebensrealität eiß der Telefonkunde doch gerade hier ganz genau ber die Preise Bescheid und hat doch deshalb bewusst ntschieden, welche Nummer er vorwählt. Eine nochma- ige Preisansage erscheint geradezu lächerlich! Auch die Regelung eines jederzeitigen Kündigungs- echts bei Kurzabonnentendiensten im § 451 Abs. 2 tellt eine deutliche Schlechterstellung des Telekommu- ikationsdienstes gegenüber anderen Geschäftsmodellen ar. Wir hätten es begrüßt, wenn eine Regelung gefun- en worden wäre, die ein solches Kündigungsrecht dann usgeschlossen hätte, wenn andere Laufzeiten ausdrück- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17251 (A) ) (B) ) lich vereinbart worden wären, auf die der Anbieter aus- drücklich hätte hinweisen müssen. Im Übrigen halten wir die Übergangsfrist in Art. 6 für wesentlich zu kurz. Die von Ihnen vorgesehenen sechs Monate sind nicht ausreichend, um von der Wirtschaft umgesetzt zu werden. Wenn Sie schon der eigenen Ver- waltung in diesem Gesetz zum Teil zwölf Monate Über- gangsfristen einräumen, dann bitte doch auch eine Zwölfmonatsfrist für die Wirtschaft. Die Union ist nicht gegen den Verbraucherschutz! Auch wir sind der Meinung, dass es wichtige Verbesse- rungen im Bereich des Verbraucherschutzes geben muss und selbst in diesem Gesetz gibt. Dennoch muss auch der Verbraucher eine Entscheidungsfreiheit haben, weil er mündig ist, zu entscheiden, in welchem Umfang er Geld für „Telefonie“ ausgibt. Auf all das wollten oder konnten Sie nicht eingehen. Daher tragen Sie die Verantwortung dafür, dass dieses Gesetz nicht die Zustimmung der Union erhalten wird. Ihre Verantwortung war es, für zusätzliches Wachs- tum die richtige Begleitmusik zu machen: weniger staat- liche Reglementierung, weniger Bevormundung, weni- ger Einschränkung der Marktpotenziale! Aber zwischen grünem Verbraucherschutzministe- rium und rotem Wirtschaftsministerium stand monate- lang die jedem Handy-Nutzer nur allzu vertraute An- sage: „Der Teilnehmer ist vorübergehend nicht erreichbar!“ Die Wähler werden Rot-Grün am 18. September er- reichen! Rainer Funke (FDP): Die FDP-Bundestagsfraktion wird das vorgelegte Gesetz zur Änderung telekommuni- kationspolitischer Vorschriften ablehnen. Der von der Regierungskoalition verschlimmbesserte Gesetzentwurf ist mal wieder Ausdruck eines fehlenden Verständnisses für marktwirtschaftliche Zusammenhänge. Er würde zu einer Überreglementierung der Branche führen und birgt damit die Gefahr von höheren Preisen und weniger Wett- bewerb und Innovationen in sich. Das alles kann nicht im Interesse der Verbraucher sein. Sie geben mit ihrer Bevormundungspolitik nur vor, den Verbraucher zu schützen, schaden ihm aber unterm Strich. Ich will jetzt gar nicht im Einzelnen auf Ihre falschen Ansätze eingehen. Aber wer eine Call-by-Call-Preisan- sagepflicht will, der hat eben nicht verstanden, dass er damit das Telefonieren teurer macht und letztlich nur dem marktbeherrschenden Unternehmen hilft. Bedauerlich ist auch, dass wir diesen Gesetzentwurf wohl unter der Überschrift „Wahlkampfgetöse“ abhaken müssen. Erst heißt es, dieses Gesetz wird sowieso der Diskontinuität zum Opfer fallen, dann ziehen wir es eben zurück. Dann wird es doch noch aufgesetzt und Rot-Grün berät über Änderungen unter Ausschluss der Opposition. Dann werden Entschädigungsregeln sinn- vollerweise vorgesehen und dann wieder rausgenom- men, usw. usw. l m L w v n u l e n D E u d d u s F G P g A t d d d k s h k t A w V s u (C (D Jetzt behandeln wir heute ein Gesetz, das – nach al- em was man auch aus den Ländern hört – sowieso nicht ehr Einzug ins Gesetzblatt finden wird. Was soll das? Wenn Sie schon meinen, hier noch einen hektischen eistungsnachweis vorlegen zu müssen, dann legen Sie enigstens was Vernünftiges vor. Ich kann Ihnen eines ersprechen: Die FDP wird dafür sorgen, dass wir in der ächsten Legislatur ein besseres Gesetz bekommen – nd zwar sowohl für die Verbraucher als auch für die Te- ekommunikationsbranche. Petra Pau (fraktionslos): Wir sprechen heute über in Gesetz, welches erst ein Jahr alt ist. Das Telekommu- ikationsgesetz soll nun wieder geändert werden. Zwei inge sollen damit erreicht werden: Die drei Jahre alte U-Universaldienstrichtlinie soll ins nationale Recht mgesetzt werden. Der Verbraucherschutz in Bezug auf ie 0190er-Abzocker-Rufnummern soll verbessert wer- en. Dagegen kann man nichts haben, aber machen wir ns nichts vor: Im Kern dient dieses Gesetz der Organi- ation der möglichst vollständigen Überwachung des ernmeldeverkehrs. In den Jahren seit 2001 sind viele esetzesgrundlagen zum staatlichen Eingriff in das ost- und Fernmeldegeheimnis geschaffen worden. Hier eht es um den Eingriff in ein Grundrecht aus Art. 10 bs. 1 Grundgesetz. Inzwischen ist die Telekommunika- ionsüberwachung eine Standardmaßnahme im Dienste er öffentlichen Sicherheit. Dies lässt sich im vorliegen- en Gesetz in den §§ 110 bis 114 nachlesen. Das TKG regelt die technischen Voraussetzungen für ie Umsetzung der Überwachungsmaßnahmen. Tele- ommunikationsunternehmen werden verpflichtet, diese icherzustellen. Der Staat verpflichtet Unternehmen, ho- eitliche Aufgaben zu übernehmen, und will diese zu- ünftig dafür bezahlen. Die PDS im Bundestag lehnt diesen Abbau des Da- en- und Grundrechteschutzes ab. nlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Sechsundzwanzigsten Geset- zes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes – Antrag: Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages – Verhaltensre- geln für Mitglieder des Deutschen Bundesta- ges (Tagesordnungspunkt 27, Zusatztagesordnungs- punkt 10) Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Mit den Ent- ürfen zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und der erhaltensregeln halten die Koalitionsfraktionen ihr Ver- prechen, die Regeln über die Anzeige von Tätigkeiten nd Einkommen von Abgeordneten klarer zu fassen und 17252 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) zu verschärfen. Gleichzeitig bieten wir den Oppositions- fraktionen an, sich unserer Initiative anzuschließen und sie nicht zu blockieren. Zur Erinnerung noch einmal Folgendes: Ende des letzten bzw. Anfang dieses Jahres sind wir durch das Fehlverhalten Einzelner darauf aufmerksam geworden, dass Regelungslücken im System unserer Verhaltenre- geln bestehen. Dabei hatten wir bereits im Jahre 2002 die Regelungen verstärkt und präzisiert und damit die Transparenz deutlich verbessert. Dieses Fehlverhalten wurde, unabhängig davon, dass es sich um sehr unter- schiedlich zu gewichtende Fälle handelte, in der Bericht- erstattung der Medien oftmals noch falsch bzw. völlig verzerrt dargestellt. Heraus kam ein Tenor wie „Alle Par- lamentarier sind Raffkes“. Dem will ich hier noch ein- mal – ich denke, für uns alle – ausdrücklich widerspre- chen. Die Koalitionsfraktionen haben allerdings den beste- henden Klärungsbedarf erkannt und bereits kurze Zeit später ein Eckpunktepapier vorgelegt, in dem wir unsere Vorstellungen einer möglichen Neuregelung dargelegt haben. Hieraus sind die vorliegenden Entwürfe entstan- den, die – als Paket, das heißt abhängig voneinander – die Änderungen im System des Abgeordnetengesetzes und der Verhaltensregeln vornehmen. Von der Gegenseite ist bis heute nichts vorgelegt wor- den. Fünf Monate später – keine einzige Initiative, kein einziger konkreter Vorschlag! Das heißt – nicht ganz. Aus der FDP hörte man – wie üblich – den Vorschlag zur Einsetzung einer externen Kommission. Was die FDP hier übersieht, ist, dass es sich in den vergangenen Jah- ren immer wieder gezeigt hat, dass jedes Parlament, das sich eine Beratung von außen in Form einer Kommission gegönnt oder – je nachdem – zugemutet hat, auf die Nase gefallen ist. Ich will ausdrücklich dafür plädieren, uns gerade diese Regelung nicht aus der Hand nehmen zu lassen. Wir sollten vielmehr selbstkritisch, aber auch mit einem gesunden Selbstbewusstsein darangehen, un- sere Verhaltensregeln selbst zu überprüfen. Aber nun zu unseren Entwürfen. Fünf Punkte regeln wir neu: Erstens. Der neu eingefügte § 44 a des Abgeordneten- gesetzes stellt die Ausübung des Mandats in den Mittel- punkt der Tätigkeit eines Abgeordneten. Zum einen verdeutlichen wir noch einmal, was das Bundesverfas- sungsgericht bereits 1975 im „Diätenurteil“ festgestellt hat: Das parlamentarische Mandat hat sich im Laufe sei- ner Entwicklung quasi zu einem Beruf gewandelt. Gleichzeitig zeigt es unser Verständnis von der Mandats- ausübung: Im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Abgeord- neten hat das Mandat zu stehen. Klarstellen will ich dabei aber auch: Nebentätigkeiten von Abgeordneten werden auch in Zukunft zulässig und erlaubt sein. Niemand will Abgeordneten verbieten, den Anschluss an ihren ausgeübten Beruf zu verlieren oder neben ihrem Mandat tätig zu sein. Das wäre im Übrigen auch schon verfassungsrechtlich nicht zulässig. Auch stehen dem – abgesehen von den gesetzlichen Inkompa- tibilitäten – die Übernahme eines Regierungsamtes oder d s m A t n v a s o f u d ü f g d g a w d d B D n p Z c v m s b b d w P i w v F s M g n 3 S l d E s r a g (C (D ie Wahrnehmung parteipolitischer Aufgaben selbstver- tändlich nicht entgegen. Denn diese Ämter sind Teil des it dem Mandat verbundenen öffentlichen Amtes eines bgeordneten. Zweitens. Einnahmen ohne entsprechende Gegenleis- ung sind unzulässig. Schon jetzt haben wir im Abgeord- etengesetz wie auch in den Verhaltensregeln ein Verbot on so genannten Interessentenzahlungen. Wir gehen ber darüber hinaus: Denn auch ohne Vereinbarung einer olchen „Interessentenzahlung“ liegt bei Einkommen hne Gegenleistung die Vermutung eines Interessenein- lusses nahe. Das halten wir für mit einem freien Mandat nverträglich. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Fälle, in denen er Leistung keine angemessene Gegenleistung gegen- bersteht. Wir wissen, dass die Abgrenzung im Einzel- all schwierig ist. Deswegen haben wir klare Maßstäbe eschaffen. Anzulegen ist hier zunächst das Kriterium er Verkehrsüblichkeit. Sollte dies nicht zu einem Er- ebnis führen, so soll der Begriff der Angemessenheit so usgelegt werden, dass ein Missbrauch unterbunden erden kann. Drittens. Die Anzeigepflichten gegenüber dem Bun- estagspräsidenten werden insofern erweitert, als fortan ie bisherige Unterscheidung von mandatsbegleitender erufstätigkeit und Nebentätigkeit aufgehoben wird. enn die Berufstätigkeit war bislang nur als solche, icht aber hinsichtlich einzelner Tätigkeiten anzeige- flichtig. Damit wurde das vom Gesetzgeber verfolgte iel, mögliche Interessenkonflikte transparent zu ma- hen, in diesem Bereich nur eingeschränkt erreicht. Die orgesehene Neuregelung unterscheidet zukünftig nicht ehr zwischen Berufs- und Nebentätigkeit, sondern tellt primär auf die einzelne Tätigkeit ab. Viertens. Als weiteren Kernpunkt werden die Anga- en der Abgeordneten in pauschalierter Form im Hand- uch und im Internet veröffentlicht. Bisher unterschieden ie Verhaltensregeln, was Beruf, sonstige Tätigkeiten so- ie Einkommen angeht, zwischen Angaben, die nur dem räsidenten gegenüber zu machen sind, und solchen, die m amtlichen Handbuch und im Internet veröffentlicht erden. Angaben über Einkünfte werden zurzeit nicht eröffentlicht und sind dem Präsidenten gegenüber im alle des Berufs nicht, bei sonstigen Tätigkeiten grund- ätzlich nur zu machen, wenn insgesamt ein bestimmter indestbetrag überschritten wird. Die Veröffentlichung soll zukünftig in Stufen erfol- en: Die Stufe l erfasst einmalige oder regelmäßige mo- atliche Einkünfte einer Größenordnung von 1 000 bis 500 Euro, die Stufe 2 Einkünfte bis 7 000 Euro und die tufe 3 Einkünfte über 7 000 Euro. Regelmäßige monat- iche Einkünfte werden als solche gekennzeichnet. Wer- en innerhalb eines Kalenderjahrs unregelmäßige inkünfte zu einer Tätigkeit angezeigt, wird die Jahres- umme gebildet und die Einkommensstufe mit der Jah- eszahl veröffentlicht. Wir haben dieses Stufenmodell bewusst gewählt, um llen verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung zu tra- en. Zwei Gutachter – Professor Dr. Dr. h. c. Meyer und Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17253 (A) ) (B) ) Professor Dr. Waldhoff –, denen ich von dieser Stelle aus noch einmal für die von ihnen geleistete Arbeit danken möchte, haben uns – wenn auch mit unterschiedlichen Auffassungen – bei den im Übrigen sehr intensiven und konstruktiven Beratungen in der Rechtsstellungskom- mission begleitet und unterstützt. Bei der Ausgestaltung der Entwürfe sind die verfas- sungsrechtliche Stellung des Abgeordneten (Art. 38 GG) und die Grundrechte, die auch für uns als Mitglieder des Deutschen Bundestages gelten, berücksichtigt worden. Wir haben dabei – da bin ich sicher – insgesamt einen angemessenen Ausgleich zwischen dem berechtigten In- teresse der Öffentlichkeit auf Offenlegung von Nebentä- tigkeiten und dem Schutz der individuellen Grundrechte des einzelnen Abgeordneten gefunden. Fünftens. Wir schaffen erstmalig ein Sanktionierungs- system. Das Präsidium kann neben der bisher schon geltenden Veröffentlichung in einer Drucksache des Bundestages nunmehr Ordnungsgelder bis zur Höhe der Hälfte der jährlichen Abgeordnetenentschädigung festsetzen. Der Präsident macht die getroffene Entscheidung durch Ver- waltungsakt geltend, womit wir dem Einzelnen die Möglichkeit geben, die Entscheidung rechtsstaatlich überprüfen zu lassen. Unzulässige Zuwendungen, Ver- mögensvorteile oder ihr Gegenwert sind dem Haushalt des Bundes zuzuführen. Dies sind harte Sanktionen. Aber wir sind der An- sicht, dass es das Ansehen des Parlaments und das seiner Repräsentanten gebietet, dass die Verletzung von Offen- legungspflichten und das arbeitslose Einkommen sank- tioniert werden. Die vorliegenden Änderungen zielen eben nicht – wie uns teilweise auch vorgeworfen wurde – auf die Schaf- fung des „gläsernen Abgeordneten“, der seine gesamten persönlichen, beruflichen und wirtschaftlichen Verhält- nisse offen zu legen hat. Wir sind aber der Auffassung, dass die Höhe der Nebeneinkünfte einen Hinweis darauf geben kann, ob ein Abgeordneter in der Wahrnehmung seines Mandats durch wirtschaftliche Abhängigkeiten beeinflusst werden kann. Um solchen Vermutungen über mögliche Mehrfachbelastungen und Interessenverflech- tungen von Abgeordneten zu begegnen, sind die Regeln über die Veröffentlichung von Nebeneinkünften geschaf- fen worden. Bürgerinnen und Bürger erhalten damit hinreichende Informationen darüber, ob und wie der Ab- geordnete den Wählerauftrag umsetzt. Mögliche Mutma- ßungen über unzulässige Interessenverknüpfungen oder unzulässige Zuwendungen ohne Gegenleistung können damit ausgeräumt werden. Die Transparenzregelungen haben auch präventive Wirkung, da ein Abgeordneter die Offenlegung einer Mandatsausübung, die aufgrund übermäßiger Neben- tätigkeiten nicht im Mittelpunkt seiner Abgeordnetentä- tigkeit steht oder einer unzulässigen Einflussnahme aufgrund wirtschaftlicher Abhängigkeiten unterliegt, be- fürchten muss. Der mit der Veröffentlichung einherge- hende Grundrechtseingriff in die informationelle Selbst- bestimmung der Abgeordneten ist im Interesse der S S t M B k w l D D d z i u z t k v n n B E P r o A d t d g n u k V w b g h s i r A s U r u r p a a s g (C (D icherung der Unabhängigkeit des Mandats und zur tärkung des Ansehens des Parlaments unseres Erach- ens gerechtfertigt. Klare, verbindliche und transparente Regeln für die itglieder des Bundestages stärken das Vertrauen der ürgerinnen und Bürger in die parlamentarische Demo- ratie. Mit den vor Ihnen liegenden Entwürfen leisten ir unseren Beitrag zur Stärkung des Ansehens des Par- aments. Christine Lambrecht (SPD): Abgeordnete des eutschen Bundestags sind Abgeordnete aller in eutschland lebenden Menschen. Es darf deshalb nicht er leiseste Verdacht entstehen, dass er oder sie finan- iellen Abhängigkeiten ausgesetzt ist, die ihn oder sie in hren Entscheidungen beeinflussen. Die Vorfälle um die Abgeordneten Laurenz Meyer nd Ulrike Flach, die von Großkonzernen Gehälter be- ogen haben, ohne dafür eine entsprechende Arbeitsleis- ung zu erbringen, haben die Diskussion um Nebentätig- eiten neu belebt und die Regierungsfraktionen eranlasst, die entsprechenden Regelungen für Abgeord- ete noch genauer zu fassen. Es darf nicht der Hauch ei- es Verdachts bestehen, dass etwa bei Herrn Meyer der ezug eines großzügigen Gehalts von einem großen nergiekonzern im Zusammenhang mit Herrn Meyers osition zum Ausstieg aus der Atomenergie stünde. Da- um bestand Handlungsbedarf. Der Entwurf eines 26. Änderungsgesetzes zum Abge- rdnetengesetz schreibt die wesentlichen Grundsätze im bgeordnetengesetz fest. In § 44 a wird festgelegt, dass ie Wahrnehmung des Mandats im Mittelpunkt der Tä- igkeit eines Abgeordneten steht. Präzisiert wird ferner ie bisher nach § 44 a Abs. 2 Nr. 4 und § 9 Verhaltensre- eln verbotene so genannte Interessentenzahlung, die unmehr in § 44 a Abs. 3 geregelt und durch die Pflicht, nrechtmäßig erlangte Zuwendungen an die Bundes- asse abzuführen, ergänzt wird. Die Regelung in § 44 a Abs. 4 schafft im Falle der erletzung von Anzeigepflichten ein Sanktionensystem, elches es dem Präsidium ermöglicht, Ordnungsgelder is zur Hälfte der jährlichen Abgeordnetenentschädi- ung festzusetzen. Die bisherige Grundlage für die Ver- altensregeln wird neu gefasst. Die Änderung in Art. 2 ieht für Entscheidungen nach § 44 a AbgG die erst- nstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsge- ichts vor. Der Antrag umfasst die sich aus der Änderung des bgeordnetengesetzes ergebenden notwendigen Anpas- ungen der Verhaltensregeln. Dabei wird die bisherige nterscheidung zwischen nicht anzeigepflichtigem Be- uf und anzeigepflichtiger Nebentätigkeit aufgegeben nd die Anzeigepflicht entsprechend ausgedehnt. Da- über hinaus werden die Mindestbeträge für anzeige- flichtige Einkünfte gegenüber der bisherigen Regelung bgesenkt. Einkünfte aus einer einzelnen Tätigkeit sind nzeigepflichtig, sofern sie monatlich 1 000 Euro über- teigen. Fortlaufende Einkünfte unterliegen der Anzei- epflicht, wenn sie im Jahr 10 000 Euro übersteigen. 17254 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) Wir bleiben damit bei den bisher verfolgten Prinzi- pien: Erstens: mehr Transparenz zur Aufklärung und Vor- beugung von Interessenkonflikten und Abhängigkeiten der Abgeordneten. Zweitens: Zugang aller gesellschaft- lichen und beruflichen Gruppen zum Mandat. Drittens: Gleichbehandlung aller Abgeordneten im Rahmen der Neuregelung. Diese Offenheit wird sich letztlich für alle Beteiligten auszahlen, ganz bestimmt aber für einen de- mokratischen Parlamentarismus, der von der Glaubwür- digkeit lebt. Christian Lange (Backnang) (SPD): Was haben die Offenlegung von Managergehältern börsennotierter Un- ternehmen und mehr Transparenz von Abgeordneten- nebentätigkeiten gemeinsam? In beiden Fällen geht es um Vertrauen, Vertrauen von Investoren in „ihre“ Ge- schäftsführung und Vertrauen der Bürgerschaft in „ihre“ Volksvertreter. Beides ist erschüttert. Deshalb brauchen wir beide Gesetze. Nachdem weitere Fälle in der Öffentlichkeit bekannt wurden, bei denen Abgeordnete unberechtigterweise von Firmen Zahlungen entgegengenommen haben, ist die Diskussion über die Nebentätigkeiten von Abgeord- neten wieder neu entbrannt. Und das ist gut so! Denn ge- rade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und schwieriger gesellschaftlicher Umbruchprozesse ist die Signalwir- kung solchen Fehlverhaltens verheerend. Deshalb wer- den wir die entsprechenden Neuregelungen noch vor dem Sommer 2005 verabschieden. Die bekannt gewordenen Missstände um Fehlverhal- ten einzelner Abgeordneter im Umgang mit Nebentätig- keiten zeigen deutlich, dass wir schärfere Gesetze brau- chen. Deshalb habe ich bereits auf der Klausurtagung der SPD-Bundestagsfraktion am 14. und 15. Januar 2005 in Leipzig einen Gesetzentwurf zur Verschärfung des § 108 e des Strafgesetzbuches – Abgeordnetenbeste- chung – vorgestellt und mich für die restlose Offenle- gung von Nebeneinkünften durch Änderung des Abge- ordnetengesetzes eingesetzt. Eine Gruppe jüngerer Abgeordneter der SPD-Bun- destagsfraktion hatte sich meinen Vorschlägen ange- schlossen und den Stein ins Rollen gebracht. Leider sind immer Skandale notwendig, wie die Fälle des ehemali- gen Bundesvorsitzenden der CDU-Sozialausschüsse, CDA, Hermann-Josef Arentz, und des ehemaligen Gene- ralsekretärs der CDU, Laurenz Meyer, zeigen. Übrigens handelt es sich um eine alte Initiative aus dem Jahr 2002. In der letzten Wahlperiode wurde die letzte Verschärfung der Verhaltensrichtlinien gegen CDU/CSU und FDP durchgesetzt. Seither können alle Bürger auf der Homepage des Bundestages die Nebentä- tigkeiten der Bundestagsabgeordneten nachlesen, nicht jedoch die Höhe der Einnahmen daraus. Dies war im September 2002 am Widerstand von CDU/CSU und FDP gescheitert. Und wie damals stehen wir mit dieser Neuregelung wieder kurz vor Toresschluss – kurz vor dem Ende der Legislaturperiode, fast so, als würde sich Geschichte wiederholen. m s – e S g k n d s B g e g g H b S n w s d e M t e v b d N o d D m r A d d o l r t r d w d d b A d B e M n (C (D Die Rechtsstellungskommission des Ältestenrats hat eine Initiative sehr schnell aufgegriffen und festge- tellt, dass wir die Einführung eines Sanktionsrechts angelehnt an das Ordnungswidrigkeitenrecht – sowie ine Neuregelung der Abgeordnetenbestechung als traftatbestand brauchen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die Re- eln über die Anzeige und Veröffentlichung von Tätig- eiten und Einkommen von Abgeordneten im Abgeord- etengesetz sowie die Verhaltensregeln für Mitglieder es Deutschen Bundestages klarer gefasst und ver- chärft. Hierdurch wird dem berechtigten Interesse der evölkerung nach mehr Transparenz Rechnung getra- en. Bisher gilt: Die Verhaltensregeln unterscheiden – wenn s um Beruf, sonstige Tätigkeiten sowie Einkommen eht – zwischen Angaben, die nur dem Präsidenten ge- enüber zu machen sind, und solchen, die im amtlichen andbuch und im Internet veröffentlicht werden. Anga- en über Einkünfte werden zurzeit nicht veröffentlicht. ie sind dem Präsidenten gegenüber im Falle des Berufs icht zu machen und bei sonstigen Tätigkeiten nur dann, enn insgesamt ein bestimmter Mindestbetrag über- chritten wird. Bei Verstößen gegen die Pflichten nach en Verhaltensregeln ist bisher nur die Veröffentlichung iner Feststellung des Präsidenten vorgesehen, dass ein itglied des Bundestages seine Pflichten verletzt hat. Der vorliegende Gesetzentwurf stellt klar: Nebentä- igkeiten von Abgeordneten sollen ausdrücklich weiter rlaubt sein. Forderungen nach einem generellen Verbot on Nebentätigkeiten erteilen wir eine klare Absage. Ich in der Meinung, dass hier das Kind nicht gleich mit em Bade ausgeschüttet werden darf. Ein Verbot von ebentätigkeiten käme einem Berufsverbot für Abge- rdnete gleich bzw. wir würden ein Parlament schaffen, em vorzugsweise nur noch Berufsbeamte angehörten. as will keiner, denn die Volksvertretung soll ja ein öglichst breites Spektrum aller Bevölkerungs- und Be- ufsgruppen widerspiegeln. Dafür müssen ausnahmslos ngaben über alle Einkünfte aus Nebentätigkeiten für ie interessierte Öffentlichkeit zugänglich gemacht wer- en. Es gilt: Das Mandat steht im Mittelpunkt der Abge- rdnetentätigkeit, es darf keine Zuwendung ohne Gegen- eistung erfolgen. Ausgenommen sind Spenden. Bereits das Diätenurteil des Bundesverfassungsge- ichts 1975 hat übrigens festgestellt, dass das parlamen- arische Mandat quasi zu einem – wenn auch tempo- ären – Beruf geworden ist. Durch die zentrale Stellung es Mandats als Hauptbeschäftigung der Abgeordneten ird die Wertigkeit der verfassungsrechtlichen Pflicht er Abgeordneten – Vertretung des ganzen Volkes – ver- eutlicht. Abgesehen von den im Gesetz geregelten Unverein- arkeiten bleiben Tätigkeiten beruflicher oder anderer rt neben dem Mandat zulässig. So steht beispielsweise ie Übernahme eines Regierungsamtes – Bundeskanzler, undesminister – einer Parlamentsmitgliedschaft nicht ntgegen. Denn das Regierungsamt ist Teil des mit dem andat verbundenen öffentlichen Amtes eines Abgeord- eten. Entsprechendes gilt für die Parlamentarischen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17255 (A) ) (B) ) Staatssekretäre. Auch die Wahrnehmung von parteipoli- tischen Aufgaben – Parteivorsitzender, Geschäftsführer, Generalsekretär – ist mit dem parlamentarischen Mandat vereinbar. Die von den Parteien aufgestellten Kandida- ten werden durch Wahlen zu Mitgliedern des Parla- ments. Aus der Natur der Sache ergeben sich Funktions- verschränkungen zwischen Partei und Parlament. Ob mit oder ohne Vereinbarung einer Interessenten- vertretung liegt bei Einkommen ohne Gegenleistung in jedem Fall die Vermutung eines Interesseneinflusses nahe, der mit einem freien Mandat unvereinbar ist. Hier wird das Kriterium der Verkehrsüblichkeit zugrunde ge- legt. Führt dies zu keinem Ergebnis, so ist der Begriff der Angemessenheit so auszulegen, dass ein Missbrauch unterbunden werden kann. Von einem Missbrauch ist insbesondere dann auszugehen, wenn Leistung und Ge- genleistung offensichtlich außer Verhältnis stehen. Gegenüber dem Bundestagspräsidenten werden mit der Neuregelung die Anzeigepflichten erweitert, insbe- sondere um die betreffend die aus Nebeneinkünften er- zielten Einnahmen. Des Weiteren werden die Angaben in pauschalierter Form veröffentlicht und ein Sanktions- system in Form von Ordnungsgeldern wird eingerichtet. Werden anzeigepflichtige Tätigkeiten oder Einkünfte nicht angezeigt, kann der Präsident ein Ordnungsgeld bis zur Höhe der Hälfte der jährlichen Abgeordnetenent- schädigung festsetzen. Der mit der Veröffentlichung ein- hergehende Eingriff in das Grundrecht auf informa- tionelle Selbstbestimmung der Abgeordneten ist im Interesse der Sicherung der Unabhängigkeit des Mandats und zur Stärkung des Ansehens des Parlaments gerecht- fertigt. Die Sanktionierung findet allerdings da ihre Grenze, wo sie die freie Mandatsausübung beeinträchti- gen würde. Um welche Beträge handelt es sich nun? Wir haben uns für das so genannte Dreistufenmodell entschieden. Dabei sollen Nebeneinkünfte in drei Einkommensstufen veröffentlicht werden. Die Stufe 1 erfasst einmalige oder regelmäßige monatliche Einkünfte einer Größenordnung von 1 000 bis 3 500 Euro, die Stufe 2 Einkünfte bis 7 000 Euro und die Stufe 3 Einkünfte über 7 000 Euro. Regelmäßige monatliche Einkünfte werden als solche gekennzeichnet. Werden innerhalb eines Kalenderjahrs unregelmäßige Einkünfte zu einer Tätigkeit angezeigt, wird die Jahressumme gebildet und wird die Einkom- mensstufe mit der Jahreszahl veröffentlicht. Würde man genauere Zahlen nennen, könnte das gerade unter Selbst- ständigen zu Problemen führen, wegen der Wettbe- werbssituation oder zum Beispiel wegen spezieller Ver- schwiegenheitspflichten von Ärzten oder Anwälten. Und was passiert nun mit Zuwendungen oder Vermö- gensvorteilen, die unzulässigerweise von Abgeordneten angenommen wurden? Auch das haben wir geregelt. Solche Zuwendungen oder Vermögensvorteile bzw. ihr Gegenwert sind dem Haushalt des Bundes zuzuführen. Der Präsident macht den Anspruch geltend, soweit der Erhalt der Zuwendung oder des Vermögensvorteils nicht länger als drei Jahre zurückliegt. Die Regeln über die Veröffentlichung von Nebenein- künften sind geschaffen worden, um den Bürgerinnen u b a e s D k G ü s a r c d V t V t N b k g d s m f r „ f v A g v e w e d s f T t k l m s P K b V s h a z p a (C (D nd Bürgern hinreichende Informationen darüber zu ge- en, ob und, wenn ja, wie der Abgeordnete den Wähler- uftrag umsetzt. Der Bürger hat damit die Chance, sich inen genauen Überblick zu verschaffen, welchen wirt- chaftlichen Abhängigkeiten der Abgeordnete unterliegt. enn nur wenn man weiß, was einer nebenher verdient, ann man auch sagen, ob er wirklich nur dem eigenen ewissen verantwortlich ist. Mögliche Mutmaßungen ber unzulässige Interessenverknüpfungen oder unzuläs- ige Zuwendungen ohne Gegenleistung können damit usgeräumt werden. Gleichzeitig haben die Transparenz- egelungen auch präventive Wirkung. Klare, verbindli- he und transparente Regeln für die Mitglieder des Bun- estages werden entscheidend dazu beitragen, dass das ertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die parlamen- arische Demokratie wiederhergestellt wird. Die Verhandlungen über die aktuelle Anpassung der erhaltensregeln kamen aufgrund der zögerlichen Hal- ung der Opposition zunächst nur schleppend voran. achdem die Opposition nach nun fünfmonatiger De- atte keinen einzigen konkreten Vorschlag unterbreiten onnte, nehmen wir die Verschärfung der Verhaltensre- eln allein in die Hand. Denn eines ist klar: Wir müssen as Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Unbe- techlichkeit und Unabhängigkeit der Politik schnellst- öglich wiedergewinnen und sichern. Dr. Norbert Lammert (CDU/CSU): Die Koalitions- raktionen haben den Entwurf eines Gesetzes zur Ände- ung des Abgeordnetengesetzes vorgelegt, mit dem, veranlasst durch die öffentliche Diskussion um Einzel- älle, die Regeln über die Anzeige und Veröffentlichung on Tätigkeiten und Einkommen von Abgeordneten im bgeordnetengesetz sowie die Verhaltensregeln für Mit- lieder des Deutschen Bundestages klarer gefasst und erschärft werden“ sollen. Anfang des Jahres war bereits in Positionspapier der Koalitionsfraktionen vorgelegt orden mit dem Ziel, die bestehenden Regelungen „zu rweitern, um mehr Transparenz zu schaffen“. Die Rechtsstellungskommission des Ältestenrates ist er einvernehmlichen Bitte der Parlamentarischen Ge- chäftsführer aller Fraktionen vom 24. Februar 2005 ge- olgt und hat sich in insgesamt fünf Sitzungen mit der hematik der Nebentätigkeit von Bundestagsabgeordne- en befasst. Vor jeder inhaltlichen Bewertung des Dis- ussionsgegenstandes will ich die außerordentlich sach- iche und konstruktive Auseinandersetzung würdigen, it der sich alle Mitglieder der Rechtsstellungskommis- ion und die beiden Gutachter, die Verfassungsrechtler rof. Hans Meyer und Prof. Christian Waldhoff, um die lärung eines außergewöhnlich schwierigen Anliegens emüht haben. Den beiden Gutachtern, aber auch der erwaltung des Deutschen Bundestages, die ganz we- entlich behilflich gewesen ist, zur Aufklärung der be- andelten Themen beizutragen, gilt der Dank jedenfalls ller Kommissionsmitglieder, ich denke, auch des gan- en Hauses. Die strenge Orientierung an der Sache und nicht an ublizistischer Wirkung hat es möglich gemacht, die ufgeworfenen Fragen gründlich abzuarbeiten und 17256 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) unterschiedliche Bewertungen mit der gebotenen Diffe- renzierung abzuwägen. Manchmal hätte ich mir gleich- wohl die Öffentlichkeit der Kommissionsberatungen ge- wünscht, um eine verständlicherweise kritische Öffent- lichkeit davon zu überzeugen, wie gründlich sich der Deutsche Bundestag mit den an seine Mitglieder zu Recht gestellten Anforderungen auseinandersetzt – und dass es die Patentlösungen eben nicht gibt, die zu Beginn jeder neuen Debattenrunde immer wieder suggeriert werden. Dies erklärt wohl auch hinreichend, warum sich die von den Koalitionsfraktionen vorgelegten konkreten Än- derungen in der Art und Reichweite deutlich von den Ankündigungen und Aufforderungen unterscheiden, die sie zum Teil selbst gemacht oder aus Berichterstattungen und Kommentaren der Medien übernommen haben, die sich zeitweise einen fröhlichen Überbietungswettbewerb für „schärfere Regeln“ geliefert haben. Die CDU/CSU- Fraktion hat sich daran nie beteiligt, aber zu jedem Zeit- punkt ihre Bereitschaft zu einer sachgerechten Weiter- entwicklung des Abgeordnetengesetzes sowie der Ver- haltensregeln erklärt, die neben den legitimen Ansprüchen der Öffentlichkeit und insbesondere der Wähler allerdings auch den Besonderheiten eines freien Mandates Rechnung tragen müssen. Im vorliegenden Gesetzentwurf soll nunmehr klarge- stellt werden, dass die Wahrnehmung des Amtes im Mit- telpunkt der Tätigkeit eines Abgeordneten steht, Abge- ordnete außer Spenden keine Zuwendungen ohne entsprechende Gegenleistung entgegennehmen dürfen, die Anzeigepflichten gegenüber dem Bundestagspräsi- denten erweitert werden – insbesondere um die aus Ne- beneinkünften erzielten Einnahmen –, die Angaben in pauschalierter Form veröffentlicht werden und ein Sank- tionssystem in Form von Ordnungsgeldern vorgesehen wird. Darüber kann man in der Tat reden und hoffentlich auch eine gemeinsame Lösung finden. Da die vorgese- henen Regelungen auch nach Auffassung der Koalition „teilweise gravierende Eingriffe in die Rechtsstellung der einzelnen Abgeordneten bedeuten“, ist in den Aus- schussberatungen allerdings sorgfältig zu prüfen, ob und inwieweit sie den beiden genannten Ansprüchen in glei- cher Weise gerecht werden. Selbstverständlich muss sich ein Mitglied des Bun- destages andere Ansprüche auf Offenlegung von berufli- chen und nebenberuflichen Tätigkeiten und damit ver- bundenen Einkünften zumuten lassen als andere Bürgerinnen und Bürger ohne öffentliche Ämter und Mandate. Allerdings verliert ein Mitglied des Deutschen Bundestages mit seiner Wahl nicht seine Grundrechte, auch nicht das der informationellen Selbstbestimmung, für das im Übrigen das Bundesverfassungsgericht ver- gleichsweise präzise Vorgaben für den Gesetzgeber ge- macht hat. Einschränkungen dieser Grundrechte müssen sich aus der Sache, also aus dem Mandat, begründen las- sen. Dazu gehört ganz gewiss die Offenlegung von Tä- tigkeiten, die der Öffentlichkeit einen nachprüfbaren Eindruck vermitteln, ob der jeweilige Abgeordnete zur Wahrnehmung seines Mandats überhaupt in der Lage ist u f m d n l h h d l f n A f m Z d m e A n m p l u „ z g t m w t I g u h k d O m w h – w d u r E n R p A g v 2 n (C (D nd/oder in welchem Umfang er dabei eigene oder remde Interessen wahrnimmt. Die weit verbreitete Ver- utung, mögliche Abhängigkeiten seien an der Höhe er Einkünfte zu erkennen, die sich aus beruflichen oder ebenberuflichen Tätigkeiten ergeben, teile ich persön- ich nicht: Weder muss ein hohes Einkommen hohe Ab- ängigkeit bedeuten, noch schließen niedrige Bezüge ohe Abhängigkeiten aus. Die im Gesetzentwurf der Koalition vorgesehenen rei Stufen für die Angabe von „Nebeneinkünften“ sol- en offensichtlich diesem Problem gerecht werden, ver- ehlen im Ergebnis aber komplett den damit verbunde- en Zweck. Die Stufen sind willkürlich; sie weisen keine bhängigkeiten nach und bedienen im Ergebnis allen- alls die Neugier des Publikums, nicht aber seinen Infor- ationsanspruch. Damit wird eben nicht – wie in der ielsetzung des Gesetzentwurfs ausdrücklich angekün- igt – „dem berechtigten Interesse der Bevölkerung nach ehr Transparenz Rechnung getragen“. Dagegen mag ine ausdrückliche Klarstellung angezeigt sein, dass die usübung des Mandats im Mittelpunkt der Tätigkeit ei- es Mitglieds des Bundestages stehe. Allerdings darf an auch hier keine übertriebenen Erwartungen an die raktischen Folgen einer solchen deklaratorischen Fest- egung haben. Sicher gut gemeint, aber hoch problematisch ist nach nserer Überzeugung die vorgesehene Normierung der Angemessenheit“ einer Gegenleistung als Vorausset- ung der Zulässigkeit für die Annahme von Geld oder eldwerten Leistungen. Mit dieser hochgradig interpre- ationsbedürftigen, kaum justitiablen Formel werden ehr Probleme geschaffen als gelöst. Ohnehin sind Zu- endungen ohne Gegenleistungen, die an einen Bundes- agsabgeordneten in der Erwartung gezahlt werden, die nteressen des Zahlenden zu vertreten, schon nach dem eltenden Abgeordnetengesetz – § 44 a, Abs. 2, Satz 4 – nzulässig. Die Scheinpräzisierung der „Angemessen- eit“ von Zuwendungen hätte im Übrigen und in den onkreten Fällen, die Anlass der jüngsten Überprüfung er geltenden Regeln waren, nicht weitergeholfen. Das freie Mandat ist weder normierbar noch mit dem rdnungsrecht angemessen sanktionierbar. Dies mag an bedauern, muss man aber im Interesse der Wähler ie der Gewählten respektieren. Die vergangenen Fälle aben zugleich bewiesen, dass falsches Verhalten selbst, wenn es nicht rechtswidrig ist, nicht einmal issentlich begangen wird – von den feinen Antennen er medial verstärkten Öffentlichkeit wahrgenommen nd zuverlässig, gelegentlich gnadenlos, dem Scharfge- icht der öffentlichen Diskussion unterzogen wird. Am nde steht häufig die härteste denkbare Sanktion für ei- en Parlamentarier: die Abwahl oder der erzwungene ücktritt. Diese Wirkungsmacht einer funktionierenden arlamentarischen Demokratie könnte auch das schärfste bgeordnetengesetz nicht entfalten, weil seine einfach- esetzliche Regelungskraft an der Grenze elementarer erfassungsrechtlicher Grundsätze endet. Der vorliegende Gesetzentwurf ist bereits die 6. Novelle des Abgeordnetengesetzes und vermutlich icht die letzte. Wir sollten in der Hektik dieser Wochen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17257 (A) ) (B) ) vor einer möglichen Bundestagswahl nicht der Versu- chung nachgeben, auf Kosten des Parlaments und des freien Mandats vermeintlich publikumswirksame, tat- sächlich aber unangemessene und nicht praktikable Re- gelungen zu verabschieden. Wir sollten uns deshalb in Verantwortung auch vor nachfolgenden Parlamentarier- generationen im Gesetzgebungsverfahren um einen trag- fähigen Konsens bemühen. Die Rechtsstellungskommis- sion hat mit ihrer Arbeit und den vorliegenden Gutachten und Protokollen hierzu wichtige Hinweise ge- geben. Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Koalition hat ihre Beratungen zügig abgeschlossen und bringt – wie angekündigt – noch vor dem Ablauf dieser Wahlperiode Regelungen auf den Weg, die künftig mehr Transparenz bei den Einkünften von Abgeordneten ge- währleisten. Ziel der Reform ist es, die Unabhängigkeit der Abgeordneten zu sichern. Verschärfte Anzeige- und Offenlegungspflichten, die alle Einkünfte betreffen, sol- len es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, wirt- schaftliche Einflussnahme auf Abgeordnete besser zu er- kennen und damit wirkungslos zu machen. Gegenwärtig unterscheiden die Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages, was Beruf, sons- tige Tätigkeiten sowie Einkommen angeht, zwischen Angaben, die nur dem Präsidenten gegenüber zu machen sind, und solchen, die im amtlichen Handbuch und im Internet veröffentlicht werden. Angaben über Einkünfte werden zur Zeit nicht veröffentlicht und sind dem Präsi- denten gegenüber im Falle des Berufs im Sinne der Ver- haltensregeln nicht, im Übrigen bei sonstigen Tätigkei- ten grundsätzlich nur zu machen, wenn insgesamt ein bestimmter Mindestbetrag überschritten wird. Bei Ver- stößen gegen die Pflichten nach den Verhaltensregeln ist bisher nur die Veröffentlichung einer in einem bestimm- ten Verfahren getroffenen Feststellung des Präsidenten vorgesehen, dass ein Mitglied des Bundestages seine Pflichten verletzt hat. Diese Rechtslage wird nunmehr geändert. So wird im Abgeordnetengesetz bzw. in den Verhaltensregeln für Abgeordnete klargestellt, – dass die Wahrnehmung des Amtes im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Abgeordneten steht (Tätigkeiten beruflicher oder anderer Art neben dem Mandat aber möglich sind), – Abgeordnete außer Spenden keine Zuwendungen ohne entsprechende Gegenleistung entgegennehmen dürfen (insoweit unzulässig erhaltene Zuwendungen müssen an den Bund zugeführt werden), – die Anzeigepflichten gegenüber dem Bundestagsprä- sidenten insofern erweitert werden, als fortan die bis- herige Unterscheidung von mandatsbegleitender Be- rufstätigkeit und Nebentätigkeit aufgehoben wird, – die Angaben in pauschalierter Form stufenweise (1. Stufe, monatliche Einkünfte von 1 000 bis 3 500 Euro; 2. Stufe: Einkünfte bis 7 000 Euro; 3. Stufe: Einkünfte über 7 000 Euro) im amtlichen – d E f d F d k s t a t v a s s n k i h s l s d B w n K M B m h t k d t D u l u s n t u k E (C (D Handbuch und auf den lnternetseiten des Deutschen Bundestages veröffentlicht werden und ein Sanktionssystem in Form von Ordnungsgeldern vorgesehen wird. Konkret: Kommt der Abgeordnete in diesem Zusammenhang seinen Pflichten nicht nach, so kann der Bundestagspräsident gegen ihn ein Ordnungsgeld bis zur Höhe der Hälfte der jährlichen Abgeordnetenentschädigung, also rund 48 000 Euro, verhängen. Die Opposition hat in der Rechtsstellungskommission es Ältestenrates, in der auf Grundlage eines rot-grünen ckpunktepapiers die neuen Regelungen auch mit Ver- assungsrechtlern besprochen worden waren, beharrlich as Vorhaben blockiert. Die Vertreter von CDU/CSU und DP haben während der rund fünfmonatigen Debatte in er Kommission des Ältestenrats keinen einzigen kon- reten Gegenvorschlag eingebracht. Die FDP ist grund- ätzlich nicht zu Veränderungen bereit, die Unionsvertre- er sind lediglich als Fragesteller und Bedenkenträger ufgetreten. Ich kann die Opposition nur davor warnen, die Bera- ungen des Nebentätigkeitsgesetzes im Bundestag zu erschleppen. Im federführenden Geschäftsordnungs- usschuss jedenfalls haben Union und FDP eine Verab- chiedung in der nächsten Sitzungswoche in Frage ge- tellt. Ich hoffe, dass es bei Schwarz-Gelb hier in den ächsten Tagen noch zu einem Meinungsumschwung ommt. Jörg van Essen (FDP): Das Thema, das wir heute n dieser Debatte behandeln, beinhaltet eine Fülle von ochsensiblen rechtlichen und insbesondere verfas- ungsrechtlichen Problemen. Meine kurze Redezeit er- aubt mir daher nur, die wichtigsten Fragen kurz anzu- prechen. Ich habe großes Verständnis für das Interesse er Öffentlichkeit an Transparenz und Kontrolle. Die ürger haben ein berechtigtes Interesse, zu erfahren, für elche Tätigkeiten die Abgeordneten neben der Wahr- ehmung ihres Mandats Zeit einsetzen und in welchem onflikt diese Tätigkeiten möglicherweise mit dem andat stehen. Parlamentarier stehen unter besonderer eobachtung durch die Öffentlichkeit und zu Recht üssen besondere Maßstäbe angelegt werden. Der Deutsche Bundestag hat sich bereits heute Ver- altensregeln gegeben, die einen Großteil dessen enthal- en, was gegenwärtig als angeblich neue Vorschläge dis- utiert wird. Schon zum Ende der 14. Wahlperiode hat er Deutsche Bundestag eine Änderung seiner Verhal- ensregeln vorgenommen. Die Geschäftsordnung des eutschen Bundestages wurde entsprechend novelliert nd so besteht bereits jetzt die Pflicht zur Veröffent- ichung von Beraterverträgen. Anzugeben sind Name nd Anschrift des Vertragspartners sowie der Gegen- tand der Tätigkeit. Zu veröffentlichen sind darüber hi- aus neben dem Beruf oder dem Mandat ausgeübte Tä- igkeiten, insbesondere gutachterliche, publizistische nd Vortagstätigkeiten. Anzugeben sind Art der Tätig- eit, Name und Anschrift des Auftraggebers, sofern das ntgelt mehr als 3 000 Euro im Monat oder 18 000 Euro 17258 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) im Jahr übersteigt. Zudem besteht eine Veröffentli- chungspflicht bei einer Beteiligung an einer Kapital- oder Personengesellschaft, wenn dem Mitglied des Deutschen Bundestages mehr als 25 Prozent der Stimm- rechte zustehen. Es hat sich bei allen Vorfällen der ver- gangenen Jahre, wo Abgeordnete durch tatsächliches oder vermeintliches Fehlverhalten aufgefallen sind, deutlich gezeigt, dass die Verhaltensregeln bereits in ih- rer geltenden Fassung ein breites Spektrum bieten, um diese Fälle angemessen zu erfassen. Kein Fehlverhalten eines Kollegen oder einer Kollegin blieb ohne gravie- rende Konsequenzen für den oder die Abgeordnete. Die Verhandlungen in der Rechtsstellungskommis- sion des Ältestenrates sind durchgehend konstruktiv ge- führt worden. Die große Anzahl an diskutierten Fragen hat deutlich gemacht, wie schwierig es ist, eine Erweite- rung der Verhaltensregeln vorzunehmen, die sich noch im verfassungsrechtlich zulässigen Bereich befindet. In- teressant war zu sehen, dass selbst bei Kollegen von den Koalitionsfraktionen am Ende der Beratungen eher Skepsis und Zweifel blieben hinsichtlich der vormals großspurig vorgetragenen Forderungen. Das Interesse der Öffentlichkeit an Transparenz ist ein hohes und zu respektierendes Gut. Aber es hat keine Grundrechtsqualität. Aus Sicht der FDP lässt der Koali- tionsentwurf viele Rechtsfragen, insbesondere die nach der Zulässigkeit der Grundrechtseingriffe, offen und un- beantwortet. Beispielhaft nenne ich die Grundrechtsbe- troffenheit von Dritten. Von der geplanten Offenlegungs- pflicht sind auch Dritte erfasst, insbesondere wenn sie Ehe- oder Geschäftspartner der Abgeordneten sind. Auch über sie und ihre wirtschaftlichen Aktivitäten wer- den der Öffentlichkeit Informationen mitgeteilt. Hier kann die Offenlegungspflicht bei dem betroffenen Drit- ten eine Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz auslösen. Es ist für mich unfassbar, wenn von Rot-Grün auf diese massiven verfassungsrechtlichen Einwände le- diglich die Möglichkeit aufgezeigt wird, ein Gesell- schafter könne sich ja von seiner Firma trennen, falls Grundrechte Dritter, beispielsweise eines Geschäftspart- ners, verletzt werden. Meine Frage, ob sich ein Mandats- träger des Deutschen Bundestages bei gemeinsamer steuerlicher Veranlagung von seinem Partner scheiden lassen muss, blieb bei den Beratungen unbeantwortet. Der Gutachter Professor Waldhoff hat in seinem Gutach- ten für die Rechtsstellungskommission sehr deutlich und überzeugend die rechtlichen Grenzen aufgezeigt. Er un- terstützt die verfassungsrechtlichen und rechtlichen Be- denken der FDP weitgehend. Vergessen wird auch oft, dass der Abgeordnete neben seiner Tätigkeit als Volksvertreter auch Privatperson und Bürger ist. Dies gilt selbstverständlich auch für die Grundrechte auf Eigentums- und Berufsfreiheit sowie für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Bei Selbstständigen und Freiberuflern würden durch um- fangreichere Offenlegungspflichten, als wir sie gegen- wärtig haben, Wettbewerbsnachteile entstehen. Die Konkurrenten könnten so Einblick in deren unternehme- rische Tätigkeiten bekommen. Auch hier müssen klare Grenzen gezogen werden. g b K h B f r s M n i F K f g t e l u g S z d s N Z Z F A r s v S t u g g E c w m h m D A s (C (D Es ist völlig klar, dass mit den geplanten Neuregelun- en eins auf jeden Fall erreicht wird: Angestellte, Frei- erufler und Gewerbetreibende werden künftig von einer andidatur zum Deutschen Bundestag eher absehen. Sie aben nicht die Sicherheit der in übergroßer Zahl im undestag vertretenen Beamten und Gewerkschafts- unktionäre, jederzeit in den Beruf zurückzukehren. Ge- ade für sie ist es deshalb außerordentlich wichtig, dass ie als Abgeordnete auch während der Ausübung des andats ihre Berufsausübung beibehalten können, um ach dem Ausscheiden aus dem Mandat ohne Problem n ihren alten Beruf zurückkehren zu können. Meine raktion hat einen hohen Anteil von Kolleginnen und ollegen aus solchen Berufen. Selbstverständlich ist die FDP-Bundestagsfraktion of- en für wirkliche Verbesserungen. Es spricht nichts dagegen, eine Vorschrift in das Ab- eordnetengesetz aufzunehmen, wonach die Mandatstä- igkeit im Mittelpunkt des Abgeordneten steht. Dies ist ine Selbstverständlichkeit. Vernünftigen Sanktionsrege- ungen wird sich die FDP auch nicht verschließen. Auf nser Drängen ist von der Koalition eine Verjährungsre- el aufgenommen worden. Dass diese rechtsstaatliche elbstverständlichkeit zunächst nicht berücksichtigt war, eigt, wie oberflächlich die Koalition mit den Rechten er Kolleginnen und Kollegen umgeht. Zu all diesen Fragen ist die FDP nach wie vor ge- prächsbereit. Für die FDP bleibt aber eines klar: Eine euregelung darf Grundrechte nicht verletzen und die ahl der im Bundestag ohnehin schon in viel zu geriner ahl vertretenen Mittelständler, Selbstständigen und reiberufler nicht noch weiter beeinträchtigen. nlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Novellierung der forensischen DNA-Analyse (Tagesordnungspunkt 28) Joachim Stünker (SPD): Das geltende Recht der fo- ensischen DNA-Analyse – §§ 81e bis 81g StPO – hat ich bewährt und als effektives Mittel für die Aufklärung on Straftaten erwiesen. Die Ermittlungserfolge der trafverfolgungsorgane in den zurückliegenden Mona- en und Jahren zeigen dieses mit Nachdruck. Gleichwohl nd zum Teil gerade deshalb besteht Änderungs- und Er- änzungsbedarf. Diesem kommen wir mit dem vorlie- enden Gesetzentwurf nach. Die Frau Ministerin hat die inzelheiten des Änderungspaketes erläutert, ich brau- he diese deshalb nicht zu wiederholen. Wichtig ist, dass ir mit diesem Gesetzentwurf aber auch ganz deutlich achen und entgegenstehenden Bestrebungen widerste- en, dass nämlich die DNA-Analyse nicht mit dem bio- etrischen Fingerabdruck gleichgestellt werden darf. as informationelle Selbstbestimmungsrecht gemäß rt. 2 Grundgesetz verbietet dieses nach der verfas- ungsgerichtlichen Rechtsprechung eindeutig. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17259 (A) ) (B) ) Diese Legislaturperiode geht in diesen Tagen ganz of- fensichtlich ihrem Ende entgegen. Ich will aus diesem Anlass keine rechtspolitische Bilanz ziehen, einen Hin- weis möchte ich aber noch einmal mit Nachdruck zu Protokoll geben. Die drei Jahre dieser Legislaturperiode sind in der Rechtspolitik geprägt gewesen von immer neuen Forderungen nach neuen Gesetzen, nach der Ver- schärfung von Gesetzen durch die CDU/CSU-Fraktion, die dabei von bestimmten Medien exzessiv unterstützt worden ist. Dabei hat sich herauskristallisiert: in unse- rem Land wird zunehmend unzutreffend über Kriminali- tät informiert. Dazu einige Beispiele: Nach den Daten der Polizei ist der vollendete Mord zwischen 1993 und 2004 von 666 pro Jahr um fast die Hälfte auf 352 Fälle zurückgegangen, der Autodiebstahl hat fast um drei Viertel abgenommen, zum Wohnungseinbruch verzeich- nen wir eine Abnahme um 45 Prozent und zum Bank- raub um 40 Prozent. Aber die Opposition profiliert sich immer wieder damit, die wenigen schlechten Nachrich- ten groß herauszustellen, die man eben auch aus der po- lizeilichen Kriminalstatistik ablesen kann. Zwei Konsequenzen dieses systematischen Ausblen- dens guter Nachrichten sind kürzlich durch eine Reprä- sentativbefragung deutlich geworden. Da die Medien sich in ihrer Berichterstattung über Kriminalität weitge- hend an dem orientieren, was ihnen von Politik und Poli- zeigewerkschaften vorgegeben wird, glaubt die Bevölke- rung im Hinblick auf alle oben genannten Straftaten, es habe insoweit in den letzten zehn Jahren einen starken Anstieg der Zahlen gegeben. Die große Mehrheit setzt derartige Ängste in die Forderung nach einer deutlich verschärften Strafpraxis um. Da kann es doch nicht über- raschen, dass die Politik das Strafrecht seit 1992 zu 40 Straftatbeständen deutlich verschärft hat, nach meiner Überzeugung ein Weg in die falsche Richtung. So ist dann weiter festzustellen, dass trotz der insgesamt güns- tigeren Kriminalitätsentwicklung die Zahl der Strafge- fangenen seit 1992 um mehr als 40 Prozent zugenom- men hat. Als Folge davon sind im Unterhalt des Strafvollzuges Mehrkosten in Höhe von über 5 Milliar- den Euro entstanden. Hinzu kommen 1,4 Milliarden Euro für 12 000 zusätzliche Gefängniszellen. Die Politik ver- hält sich damit zunehmend so, als läge die Zukunft unse- res Landes im Ausbau der Gefängnisse. Dabei wissen wir doch alle, dass die Prioritäten bei der Frühförderung von Kindern liegen müssen, beim Ausbau von Schulen zu Ganztagsschulen und in der Stärkung der Universitä- ten. Zukunftsinvestition Jugend muss zur zentralen Leit- linie der Politik werden. Ich gebe daher meiner Hoffnung und Erwartung Aus- druck, dass es bei diesem populistischen Kurs, das Straf- recht laufend verschärfen zu wollen, in der nächsten Le- gislaturperiode eine Umkehr geben wird. Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU): Wir beraten in der ersten Lesung die Einführung der DNA-Analyse, wie sie die CDU/CSU seit Jahren gefordert hat. Dazu gilt es gleich zu Beginn festzustellen, dass die vorgeschlagene Regelung der Bundesregierung aus unserer Sicht nicht ausreichend ist; gleichwohl werden wir nicht diejenigen sein, die dieses Gesetz verhindern wollen, weil wir uns u j f v K f d n g D v t z f a d K s I k d E d e g a B f i t R w G s g d w w s l l K t S D s b t t m a (C (D m der wirksamen Verbrechensbekämpfung willen zum etzigen Zeitpunkt auch mit der zweitbesten Lösung zu- rieden geben wollen. Die Bundesregierung tut aus unserer Sicht nach wie or nicht genug, um Sexualstraftäter, die organisierte riminalität, Terroristen und andere Straftäter zu über- ühren und zu bestrafen. Zu diesem Zweck müsste sie iesen genetischen Fingerabdruck mit anderen erken- ungsdienstlichen Maßnahmen wie dem normalen Fin- erabdruck oder Fotos des Beschuldigten gleichstellen. ass die Bundesregierung dies nicht tut, gibt Zeugnis on einem tief verwurzelten und unangemessenen Miss- rauen gegenüber Richtern, Staatsanwälten und Polizei. Die CDU/CSU fordert seit langem, die DNA-Analyse ur Identifikation möglicher Straftäter einzusetzen. Dies ordern übrigens auch der Bundesinnenminister und fast lle Länderinnenminister. Alle weiteren Möglichkeiten er DNA-Analyse zur Erforschung von Erbanlagen, rankheiten usw. sollen ausdrücklich davon ausge- chlossen sein. Es geht nur und ausschließlich um die dentifikation. Daher ist der genetische Fingerabdruck ein intensiverer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte als er normale Fingerabdruck oder Fotos. Der genetische Fingerabdruck tangiert die Rechte des inzelnen nicht stärker als der herkömmliche Fingerab- ruck. Warum ist man nicht konsequent und setzt dies in iner klaren gesetzlichen Regelung um? Die Bundesre- ierung hat stattdessen eine Regelung beschlossen, die lte Fehler durch neue ersetzt. Offensichtlich ist sich die undesregierung nicht einig, ob sie die DNA-Analyse ördern oder verdammen soll, denn auch der Bundes- nnenminister hat in dieser Frage unsere Position vertre- en. Der Richtervorbehalt soll nach der vorgeschlagenen egelung jetzt im Wesentlichen nur für die Fallgruppe egfallen, bei denen er erst vor drei Jahren von Rot- rün gegen alle Vernunft eingeführt wurde: Die Unter- uchung anonymer Tatortspuren, bei der auch der enga- ierteste Richter bisher nicht wissen konnte, wessen In- ividualrechte er eigentlich schützen sollte, darf nun ieder von Staatsanwaltschaft oder Polizei angeordnet erden. Dafür werden den Richtern bei Massentests neue Rät- el beschert. Obwohl diese Tests ohnehin nur auf freiwil- iger Basis durchgeführt werden, sollen sie nun zusätz- ich durch einen Richter abzusegnen sein. Welche riterien er hier anwenden soll, ist unerfindlich. Auch die Normen, die das Speichern von DNA-Iden- ifizierungsmustern für die Aufklärung zukünftiger traftaten gestatten, bleiben halbherzig und kompliziert. ies soll nur nach ganz bestimmten Delikten erlaubt ein, die aber im Gesetz nach wie vor nicht klar genug eschrieben werden: Neben einzelne erhebliche Strafta- en treten nun auch wiederholte nicht erhebliche Strafta- en. Was das in der Praxis genau bedeuten soll, weiß nie- and. Der heute beratene Gesetzentwurf sieht dazu vor, dass uch das Vorliegen minderschwerer Straftaten statt einer 17260 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) erheblichen Straftat für die Anordnung der DNA-Ana- lyse genügen soll. Diese Beurteilung dürfte mithilfe der geplanten richterlichen Prognoseentscheidung prozes- sual fragwürdig und realitätsfremd sein. Die dazu durch das Gericht vorzunehmende Gesamtschau muss eine Gleichwertigkeit der Straftaten zum Ergebnis haben; zu- dem muss der beurteilende Richter mit weiteren schwe- ren Taten rechnen. Diese Anforderungen sind kaum ein- zuhalten bzw. dürften dann instanzgerichtlich einer Überprüfung kaum standhalten. Klar und konsequent wäre es, jedes Delikt genügen zu lassen, das weitere Delikte befürchten lässt. Dass es nicht darum geht, jeden Ladendieb zu erfassen, versteht sich ohnehin von selbst. Fahrlässiges Blockieren wichtiger Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung, um dann in letzter Minute doch noch eine unzureichende Lösung durchzuziehen, ist Regierungsmethode von Rot-Grün in ihrem Endsta- dium. Vorausschauende Rechtspolitik und an den Sicherheitsinteressen der Bevölkerung orientierte Ver- brechensbekämpfung sieht aber anders aus. In der Rechtspolitik und der Verbrechensbekämpfung reicht es nicht, erst drei Schritte zurück und dann zwei Schritte vor zu gehen. Wir werden daher dieses Gesetzgebungsverfahren konstruktiv begleiten, um den Spatz in der Hand für die Verbrechensbekämpfung festzuhalten, aber vom Herbst an eine konsistente und überzeugende Rechtspolitik an- stelle von Rot-Grün ins Werk setzen. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die DNA-Analyse hat sich als ein effektives und modernes Mittel zur Aufklärung von Straftaten bewährt. Wir Grü- nen befürworten die Anwendung der DNA-Analyse, so- fern dieser Einsatz in rechtsstaatlichen Bahnen verläuft. Die Entnahme von Körperzellen, deren molekulargene- tische Untersuchung und gegebenenfalls die Speiche- rung des ermittelten DNA-Musters bedeuten einen tiefen Eingriff in die Rechte der Betroffenen. Deshalb muss die DNA-Analyse besonderen Anforderungen unterworfen bleiben. Eine Gleichsetzung dieses so genannten geneti- schen Fingerabdrucks mit dem konventionellen Finger- abdruck, der keinen vergleichbar sensiblen Grundrechts- eingriff darstellt, wäre nach meiner Überzeugung verfassungswidrig. Entsprechende Vorstöße der Union in diese Richtung lehne ich daher auch vehement ab. Unser Gesetzentwurf erweitert die Anwendungsmög- lichkeiten der DNA-Analyse, wahrt jedoch die rechts- staatlichen Begrenzungen. Am Richtervorbehalt werden wir nicht rütteln. Nur die richterliche Entscheidung vorab gewährleistet einen effektiven und nachvollzieh- baren Grundrechtsschutz für die Betroffenen. Nur in zwei Ausnahmefällen sehen wir von der Notwendigkeit einer richterlichen Entscheidung ab: Erstens. Bei so genannten anonymen Spuren, wenn also das DNA-Material nicht bei einem Menschen ent- nommen, sondern an einem Tatopfer oder Tatort vorge- funden wird und keinem konkreten Beschuldigten zuge- ordnet werden kann. Hier läuft die richterliche Kontrolle i d l a d f e b h G k g i f s g t B h h l a a s a B s i e f J s s k k b A d e b s n d s a M f n J f m d W t M (C (D ns Leere, da noch keine auf einen konkreten Beschul- igten abzielende Prognose möglich ist. Selbstverständ- ich bleiben die Ermittlungsbehörden in solchen Fällen n den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden. Zweitens. Bei schriftlicher Einwilligung einer über ie Verwendung des DNA-Identifizierungsmusters in- ormierten Person kann eine richterliche Entscheidung ntfallen. Hier werden die Ermittlungsbehörden gerade ei inhaftierten Personen besonderen Wert auf eine in- altlich vollständige Belehrung legen müssen, um dem esetz Genüge zu tun. Es versteht sich von selbst, dass einerlei Druck, auch nicht durch Versprechen von Ver- ünstigungen, auf die Person ausgeübt werden darf, die hre Einwilligung erklären soll. Die Gewinnung und Speicherung der DNA-Identi- izierungsmuster zur Aufklärung zukünftiger Straftaten teht aus gutem Grund unter der Bedingung, dass Ge- enstand sowohl bei der Anlass- also auch der Prognose- at eine erhebliche Straftat ist. Diese Grenze hat das undesverfassungsgericht mit überzeugender und auch eute noch geltender Begründung gezogen. Auch des- alb erübrigen sich alle Forderungen nach Gleichstel- ung des genetischen mit dem herkömmlichen Finger- bdruck wegen des von allen staatlichen Behörden zu chtenden Grundrechtsschutzes. Von der Erheblichkeits- chwelle dürfen wir grundsätzlich nicht abrücken; wohl ber können wir sie modifizieren. Das haben wir getan. ei Mehrfachtätern kann sich aus der notwendigen Ge- amtbetrachtung aller Straftaten ergeben, dass diese in hrem Gesamtunrechtsgehalt einer einzigen Straftat von rheblicher Bedeutung gleichstehen. Das wird bei mehr- achem Ladendiebstahl sicherlich auszuschließen sein. edoch können zum Beispiel Körperverletzungen, wenn ie sich häufen, eine solche Bewertung rechtfertigen. Diese Grenze verteidigen wir auch gegen die polemi- chen Anfeindungen der FDP, die auch in dieser Frage eine klare Position zu haben scheint. Vollmundig ver- ündet sie in ihrem Parteitagsbeschluss „weiterhin nur ei Straftaten von erheblicher Bedeutung“ die DNA- nalyse zu befürworten. Die Realität sieht aber ganz an- ers aus: Im Rechtsausschuss dürfen wir einen Gesetz- ntwurf des FDP-Justizministers Baden-Württembergs ehandeln, der auch „nicht erhebliche Straftaten mit exuellem Hintergrund“ in den Anlasstatenkatalog auf- ehmen möchte. Aus der Gesetzesbegründung wird eutlich, wohin die FDP bei der DNA-Speicherung tat- ächlich möchte: Sie möchte Beleidigungen und Droh- nrufe erfassen. Zuletzt hat Herr Goll, FDP, übrigens im ärz dieses Jahres im Rechtsausschuss des Bundesrates ür die Ausweitung der Anlasstaten auf „Straftaten von icht unerheblicher Bedeutung“ gestimmt. Auch FDP- ustizminister Mertin, Rheinland-Pfalz, regt an, zu prü- en, ob die DNA mit erkennungsdienstlichen Maßnah- en gleichgestellt werden kann; nachlesbar im Protokoll er Justizministerkonferenz vom Juni 2004. Dies illustriert: Bürgerrechte sind für die FDP neue ahlkampflyrik. Ihre Politiker in Regierungsverantwor- ung marschieren in die entgegengesetzte Richtung. Zugleich werden wir eine gesetzliche Grundlage für assengentests schaffen. Auch hier gilt, da potenziell Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17261 (A) ) (B) ) ein sehr großer Personenkreis betroffen werden kann, der Richtervorbehalt. Nur wenn ein Richter die engen Voraussetzungen bejaht, können Personen zum Massen- gentest gebeten werden. Die Teilnahme darf ausschließ- lich auf freiwilliger Basis erfolgen. Die Gesetzesbegrün- dung stellt klar, dass die Weigerung allein nicht dazu dienen darf, einen Tatverdacht zu begründen. Und noch eine Änderung, eine Verbesserung des gel- tenden Rechts, enthält unser Gesetzentwurf: Wird im konkreten Ermittlungsverfahren eine DNA-Analyse ge- macht und soll diese später in der DNA-Datei gespei- chert werden, so muss der Betroffene hierüber künftig benachrichtigt werden. Dies ermöglicht ihm, gegen die Umwidmung Rechtsschutz zu suchen. Die bisherige „Heimlichkeit“ in diesen Fällen wird damit endlich be- endet. Unser Gesetzesvorschlag hält die Balance zwischen unverzichtbaren rechtsstaatlichen Anforderungen und notwendigen Anpassungen der DNA-Regelungen an die Realität. DNA-Analysen gehören, so wie wir sie mit un- serem Gesetz ausgestalten, zum Handwerkszeug der Er- mittlungsbehörden. Nicht zuletzt sind sie auch ein Mit- tel, mit dem Unschuldige von ungerechten Vorwürfen entlastet werden können. Gisela Piltz (FDP): Für die Bürgerrechte in diesem Land wäre es ein schwarzer Tag, wenn das von Rot- Grün vorgelegte Gesetz in Kraft tritt. Das Gesetz trägt die Handschrift einer Politik, die in der Abwägung zwi- schen Bürgerrechten und vermeintlicher Steigerung der Sicherheit immer diejenige Maßnahme wählen wird, die zulasten der Bürgerrechte geht. Deshalb wird sich die FDP-Bundestagsfraktion freuen, wenn dieser Gesetzentwurf in der jetzigen Legis- laturperiode kein Gesetz mehr wird. Das, was Sie hier vorgelegt haben, geht weit über das zur Verbesserung der Verbrechensbekämpfung Notwendige hinaus. Es gibt ja durchaus gute Ansätze in diesem Gesetz: So werden die DNA-Reihenuntersuchungen endlich auf eine rechtliche Grundlage gestellt, wie die FDP-Fraktion es längst gefordert hat. Die Aufhebung des Richtervor- behalts bei anonymen Genspuren ist ebenfalls richtig. Ich stimme Ihnen zu: Es ist nicht einzusehen, warum ein fremdes Kaugummi am Tatort nicht untersucht werden darf. Dann allerdings schießen Sie in den anderen Punkten wieder weit über das Ziel hinaus, vermutlich angetrieben von Ihrem Innenminister, Herrn Schily. Nicht, dass wir uns missverstehen: Ich möchte ganz klar festhalten: Die DNA-Analyse ist ein wirksames Instrument zur Verbre- chensaufklärung und sie ist bei der Strafverfolgung nicht mehr wegzudenken. Aber: Sie ist auch die schärfste Waffe der Polizei; sie greift tief in das Recht auf infor- mationelle Selbstbestimmung ein, das ja den Kern- bereich der Intimsphäre besonders schützt. Vor diesem Hintergrund müssen wir den Einsatz dieser Technik, ihre Vorteile und Möglichkeiten, beurteilen und gründlich abwägen. R d B m s n t w t t d i V d is g d W z w D o s a „ r R f s ß S P v s z b w d D W r d E n h D G (C (D Maßgebliches Kriterium ist für uns Liberale die echtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Danach arf die DNA-Analyse bei Taten von nicht erheblicher edeutung nur dort angewandt werden, wo erwiesener- aßen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit weiteren chweren Straftaten zu rechnen ist. Die Genanalyse darf icht zu einer Routinemaßnahme bei Bagatellkriminali- ät ausgeweitet werden. Genau da liegt aber das Problem mit ihrem Gesetzent- urf. Sie führen die DNA-Analyse bei Wiederholungs- ätern ein, unabhängig von der Erheblichkeit der Strafta- en und möglicher Folgedelikte. So werden sich emnächst wohl auch Ladendiebe und Graffitisprayer in hrer DNA-Datenbank wiederfinden. Diese massenhafte Datensammlung steht nicht im erhältnis zum Zweck. Soll sich die Polizei durch Hun- erte von Datensätzen wühlen müssen, obwohl doch klar t, dass die in der Datei vermerkten Personen zumeist ar nicht als Täter infrage kommen, weil sie einfach nur reimal beim Klauen erwischt wurden? Die scharfe affe der DNA-Analyse kann auch stumpf werden, und war bei einer bedenkenlosen und automatisierten An- endung. Auch kann ich Ihrer Forderung, die Anordnung der NA-Analyse bei Gefahr im Verzug durch die Polizei der Staatsanwaltschaft durchführen zu lassen, nicht zu- timmen. Es ist doch klar – das hat ja auch die Praxis in nderen Bereichen gezeigt –: Bei der Beurteilung von Gefahr im Verzug“ gibt es einen großen Spielraum, der egelmäßig genutzt wird. Es verführt doch geradezu, den ichter vor einer solchen Anordnung gar nicht mehr zu ragen, sondern allein die Exekutive entscheiden zu las- en. Dann wird die DNA-Analyse für die Polizei zur blo- en Routinemaßnahme. Das Recht auf informationelle elbstbestimmung wird weiter ausgehöhlt. Eine solche raxis und auch schon das zugrunde liegende Gesetz erstoßen gegen die Rechtsprechung des Bundesverfas- ungsgerichts. Die Menschen in unserem Land werden immer mehr um Objekt staatlichen Handelns. Ich frage Sie, wo blei- en die Rechte der Bürger? Auch der Verlust des Richtervorbehalts bei der frei- illigen DNA-Analyse birgt massive Gefahren. Ein Ver- ächtiger, der sich in einer Verhörsituation weigert, die NA-Analyse durchführen zu lassen, bringt sich mit der eigerung doch gleich in eine ungünstige Situation. Dass die Ermittlungsbehörden auf mehr Eingriffs- echte pochen, liegt in der Natur der Sache. Doch es be- eutet bei jedem einzelnen Eingriff einen erheblichen inschnitt in die Rechte der Bürger. Wir Liberale werden einem blinden Aktionismus icht nachgeben, weil solche Maßnahmen immer ver- ältnismäßig bleiben müssen. Die Ausweitung der NA-Analyse, wie sie Rot-Grün in dem vorgelegten esetzentwurf vorschlägt, ist unverhältnismäßig. 17262 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 (A) ) (B) ) Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz: Am 12. Mai habe ich den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Novellierung der forensischen DNA-Analyse vorge- legt. Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, schon heute, nur fünf Wochen später parallel einen entspre- chenden Regierungs- und Fraktionsentwurf präsentieren zu können. Ich freue mich auch deshalb, weil die bisherigen Re- aktionen aus der Praxis – und zwar vor allem aus der po- lizeilichen Praxis – den Gesetzentwurf ganz überwie- gend positiv bewerten. Deshalb wundere ich mich über die bisherigen Reaktionen aus Unionskreisen. Deren Vertreter haben sich offenbar dazu entschlossen, die Po- lizei rechts zu überholen, und beharren auf altbekannten Forderungen, für die sie selbst im unionsdominierten Bundesrat keine Mehrheit gefunden haben. Demgegenüber präsentiert die Koalition mit dem vor- liegenden Entwurf ein in sich stimmiges und schlüssiges Gesamtkonzept für eine Novellierung der forensischen DNA-Analyse. Ziel unseres Entwurfs ist es, in der Praxis aufgetre- tene Rechtsunsicherheiten durch klare und übersichtli- che gesetzliche Regelungen abzubauen, ein sachlich ab- gestuftes System der Richtervorbehalte zu schaffen und die Anwendungsmöglichkeiten der DNA-Analyse für Zwecke künftiger Strafverfahren zu erweitern. Dement- sprechend sehen wir folgende Änderungen vor: Erstens. Der Richtervorbehalt für die molekulargene- tische Untersuchung von Spuren wird gestrichen. Es wird ferner im Gesetz klargestellt, dass bei Einwilligung der betroffenen Person in eine DNA-Analyse keine ge- richtliche Entscheidung erforderlich ist. Gerade diese Frage war in der Rechtsprechung bislang unterschiedlich beantwortet worden. Zweitens. Daneben schaffen wir erstmals eine aus- drückliche gesetzliche Regelung zur Durchführung von Reihengentests auf der Basis einer freiwilligen Mitwir- kung der betroffenen Personen nach einer vorherigen richterlichen Anordnung. Auch hier waren in der Praxis Unsicherheiten aufgetreten und Zweifel hinsichtlich der Rechtsgrundlage laut geworden. Drittens. Die Voraussetzungen für eine DNA-Analyse zu Zwecken künftiger Strafverfolgung erweitern wir so, dass die Maßnahme auch bei Beschuldigten zulässig wird, die wiederholt Straftaten – auch von jeweils nicht erheblicher Bedeutung – begangen haben oder diese vo- raussichtlich begehen werden. Einerseits bleibt damit der „einfache“ Ladendieb und Schwarzfahrer bei der Speicherung außen vor. Andererseits tragen wir krimino- logischen Erkenntnissen Rechnung, die uns sagen, dass in massiver Weise vorgehende Sexualstraftäter oftmals ihre kriminelle Karriere mit einem Spaziergang quer durch das Strafgesetzbuch begonnen haben. Insoweit gleichen wir das Recht der DNA-Analyse an die Praxis der erkennungsdienstlichen Behandlung an. Denn beim Ladendieb oder Schwarzfahrer wird regelmäßig auch kein Fingerabdruck genommen. Viertens. Und schließlich zu den so genannten Um- widmungsfällen, bei denen im Rahmen eines laufenden E D I g c d l s d w z d D t s m n u z l s g s s A o A 2 f s m d n (C (D rmittlungsverfahrens zur Aufklärung einer Straftat eine NA-Analyse durchgeführt wird, das erhobene DNA- dentifizierungsmuster nunmehr aber für Zwecke künfti- er Strafverfolgung in der DNA-Analysedatei gespei- hert werden soll. Hier sehen wir eine Benachrichtigung es Betroffenen über die Speicherung sowie seine Be- ehrung über die Möglichkeit vor, gerichtlichen Rechts- chutz zu erlangen. Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass es angesichts er voraussichtlichen Neuwahlen nicht einfach sein ird, die parlamentarischen Beratungen noch rechtzeitig um Abschluss zu bringen. Ich habe mich gleichwohl afür entschieden, den Gesetzentwurf einzubringen. enn ich glaube, dass sämtliche Sachargumente ausge- auscht sind und auch im Hinblick auf die vor dem Ab- chluss stehenden Beratungen der Konferenz der Justiz- inisterinnen und Justizminister ein weiteres Zuwarten icht sachdienlich sein kann. Und all denjenigen in der Union, die vom Wahlsieg nd von einer Koalition mit der FDP träumen, darf ich um Abschluss eines sagen: Die FDP hat sich hier bis- ang sehr zurückhaltend gezeigt. Da werden Sie es chwer haben, zu einem auch nur ansatzweise vernünfti- en Ergebnis zu kommen. Der von uns vorgelegte Ge- etzentwurf bietet demgegenüber die Chance, dem Ab- chluss der Sachdiskussion die richtige politische ntwort folgen zu lassen. Auf absehbare Zeit ist er so der so das Maximum des Machbaren. Lassen Sie uns diese Chance nutzen! nlage 11 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion der FDP hat mit Schreiben vom 13. Juni 005 mitgeteilt, dass sie den Antrag Weichenstellungen ür ein deutsch-russisches Jugendwerk auf Druck- ache 15/1240 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 er Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der achstehenden Vorlage absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2004 – Drucksachen 15/5198, 15/5288 Nr. 1.1 – Innenausschuss – Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung (19. Ausschuss) gemäß § 56 a der Geschäftsordnung Technikfolgenabschätzung hier: TA-Projekt: Biometrische Identifikationssys- teme – Sachstandsbericht – Drucksache 14/10005 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 182. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 17263 (A) (C) (B) ) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- tung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 15/5297 Nr. 1.1 Drucksache 15/5297 Nr. 1.2 Drucksache 15/5297 Nr. 2.9 Drucksache 15/5297 Nr. 2.29 Finanzausschuss Drucksache 15/5297 Nr. 2.5 Drucksache 15/5297 Nr. 2.17 Drucksache 15/5297 Nr. 2.22 Drucksache 15/5297 Nr. 2.36 Drucksache 15/5396 Nr. 1.4 Drucksache 15/5396 Nr. 1.8 Drucksache 15/5396 Nr. 2.5 Drucksache 15/5 513 Nr. 2.6 Drucksache 15/5513 Nr. 2.9 Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Drucksache 15/5172 Nr. 1.2 Drucksache 15/5513 Nr. 2.4 Drucksache 15/5513 Nr. 2.11 Drucksache 15/5513 Nr. 2.17 Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Drucksache 15/5297 Nr. 2.4 Drucksache 15/5297 Nr. 2.6 Drucksache 15/5297 Nr. 2.7 Drucksache 15/5297 Nr. 2.14 Drucksache 15/5297 Nr. 2.15 Drucksache 15/5297 Nr. 2.16 Drucksache 15/5297 Nr. 2.27 Drucksache 15/5297 Nr. 2.28 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 15/5080 Nr. 1.2 Drucksache 15/5080 Nr. 2.18 Drucksache 15/5513 Nr. 2.18 Drucksache 15/5513 Nr. 2.23 Drucksache 15/5513 Nr. 2.28 Haushaltsausschuss Drucksache 15/5172 Nr. 1.5 Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Drucksache 15/5396 Nr. 1.7 Drucksache 15/5396 Nr. 1.10 Drucksache 15/5396 Nr. 1.12 Drucksache 15/5396 Nr. 1.16 Drucksache 15/5396 Nr. 2.9 Drucksache 15/5396 Nr. 2.10 Drucksache 15/5396 Nr. 2.11 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 15/5396 Nr. 1.1 Drucksache 15/5396 Nr. 1.2 Drucksache 15/5396 Nr. 2.2 (D Drucksache 15/5513 Nr. 2.5 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 15/5297 Nr. 1.4 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 15/5297 Nr. 2.10 Drucksache 15/5297 Nr. 2.30 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 15/4705 Nr. 2.1 Drucksache 15/5396 Nr. 1.5 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 15/5297 Nr. 2.2 182. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. Juni 2005 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518200000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die

Tagesordnung um eine Beschlussempfehlung und einen
Bericht zum Antrag der Fraktion der FDP „Leistungs-
fähigkeit der Chemiewirtschaft in Deutschland und Europa
erhalten“ erweitert werden. Der Zusatzpunkt 11 soll in
verbundener Beratung mit Tagesordnungspunkt 17 a
bis c aufgerufen werden. Von der Frist für den Beginn
der Beratung soll abgewichen werden. Sind Sie damit
einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:
– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-

regierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften
Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches
Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze
– Drucksachen 15/5556, 15/5602 –

(Erste Beratung 178. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Dirk Niebel, Rainer Brüderle, Birgit
Homburger, weiteren Abgeordneten und der

A
k

K

D
h
z
m
V

Redet
Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Lockerung des Verbots wieder-
holter Befristungen
– Drucksache 15/5270 –

(Erste Beratung 178. Sitzung)

a) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-


(9. Ausschuss)

– Drucksache 15/5714 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Reinhard Göhner

b) Bericht des Haushaltsausschusse
schuss) gemäß § 96 der Geschäftso
– Drucksache 15/5722 –

(C (D ung 17. Juni 2005 0 Uhr Berichterstattung: Abgeordnete Volker Kröning Hans-Joachim Fuchtel Anja Hajduk Otto Fricke Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem ollegen Klaus Brandner, SPD-Fraktion. (Dirk Niebel [FDP]: Jetzt kommt der Abgesang dieser Regierung! – Gegenruf des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Na, na, na, Herr Niebel! Fangen Sie jetzt schon an? Er hat doch noch keinen Ton gesagt!)



Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1518200100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten
amen und Herren! Sehr geehrter Herr Laumann, Sie
alten heute ihre Abschiedsrede. Wir haben sieben Jahre
usammengearbeitet. Wir hatten einen fairen Umgang
iteinander; das möchte ich Ihnen bestätigen. Auch Ihre
erlässlichkeit habe ich persönlich sehr geschätzt. Ich

ext
weiß trotzdem, dass wir in vielen Punkten in der Sache
durchaus unterschiedliche Positionen vertreten haben,
auf die ich in meinem Beitrag noch zu sprechen kommen
werde.

Dem Kollegen Laumann muss man bei der Umset-
zung der von uns gemeinsam beschlossenen Reformen
viel Glück wünschen, insbesondere auf dem Arbeits-
markt. Jetzt kommt es in Nordrhein-Westfalen darauf an,
dass die Arbeitsgemeinschaften wirklich zügig arbeiten,
damit in seiner Verantwortung das sichergestellt wird,
was hier auch oft kontrovers debattiert worden ist, zum
Beispiel dass die Altenpflegeausbildung in den Ländern,

ortung dafür bekommen haben, geleistet
die Bildungseinrichtungen nicht nur als
enutzt werden, sondern dass gewährleis-
e weiter existieren können.

(8. Ausrdnung die die Verantw wird und dass Wallfahrtsort g tet wird, dass si Klaus Brandner Sie werden große Verantwortung übernehmen. Aus unserer Sicht kann Ihr Vorhaben, die Höhe der Kohlesubventionen nach und nach zu reduzieren, nicht ohne betriebsbedingte Kündigungen ablaufen. Insofern will ich ganz deutlich sagen: Sie sind in Nordrhein-Westfalen wirklich an exponierter Stelle gefordert, einen Beitrag zu leisten, damit Politik weiterhin verlässlich bleibt. Dafür übernehmen Sie Verantwortung und dafür wünsche ich Ihnen eine gute Hand. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


Heute geht es unter anderem um die Bezugszeiten
beim Arbeitslosengeld. Bei diesem Sachthema liegen
unsere Positionen deutlich auseinander. Die Situation
auf dem Arbeitsmarkt ist nicht so, dass kürzere Bezugs-
zeiten ihre Wirkung entfalten könnten. Wir wissen auch,
dass ältere Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verloren
haben, nur schwer wieder eine Stelle finden. Bessere Be-
schäftigungschancen sind aber für Sozialdemokraten die
Voraussetzung dafür, kürzere Bezugszeiten beim Ar-
beitslosengeld umzusetzen. Solange diese besseren
Chancen nicht gegeben sind, braucht der Reformprozess
Vertrauen. Wir müssen das, was wir jetzt vorhaben,
möglichst gemeinsam umsetzen.


(Beifall bei der SPD)

Sie haben im Übrigen dazu das Feuer mit gelegt. Der

zukünftige Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens und
auch viele Debattenredner hier sprachen von einer 24-mo-
natigen Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld für Ältere.
Das ist in der Bevölkerung gut angekommen. Jetzt haben
wir eine Regelung vorgeschlagen, die Sie im Übrigen vor
1998 in das Gesetz hineingeschrieben hatten. Heute sa-
gen Sie dazu – das lese ich über Herrn Pofalla –, das sei
unsozial. Wie das zusammenkommt, dass heute unsozial
ist, was gestern für Sie eine Wohltat war, müssen Sie den
Menschen in diesem Land erklären.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir wollen, um das deutlich zu sagen, auf diesem Ge-
biet helfen, damit die Menschen Vertrauen in den not-
wendigen Reformprozess und darin haben, dass Politik
rechtzeitig Veränderungen vornimmt, Übergänge schafft
und Brücken baut. Wir wollen die Unterstützung für die-
sen Reformprozess beibehalten. Deshalb werden wir
diesen Weg konsequent gehen.

Wir müssen uns auch mit dem auseinander setzen,
was Sie in Bezug auf die Bezugsdauer des Arbeitslosen-
geldes vorschlagen. Sie sagen zuallererst, dass das
Arbeitslosengeld für alle Arbeitslosen um 25 Prozent in
der ersten Bezugsdekade gekürzt werden soll. Dann soll
erst nach zehn Jahren ein Anspruch auf ein zwölfmona-
tiges Arbeitslosengeld bestehen, nach 25 Jahren auf ein
18-monatiges und nach 40 Jahren auf ein 24-monatiges.
Der Anspruch auf das Arbeitslosengeld ist schnell aufge-
braucht.


(Peter Dreßen [SPD]: Was werden dazu wohl die jungen Leute und die Frauen sagen?)


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(C (D rst nach zehn Jahren wird wieder ein Anspruch auf ein rbeitslosengeld von einem Jahr gewährleistet sein. Geade der Schutz derjenigen, die eine solidarische Vericherung brauchen, wird damit zerstört. Damit helfen ie nicht denjenigen, die genau diesen Schutz dringend aben müssen; denn auf dem Arbeitsmarkt sind die Geingqualifizierten diejenigen, die häufig einen Arbeitslatzwechsel vornehmen müssen und für die wir den otwendigen Schutz organisieren müssen. Genau das reeln Sie mit diesem Gesetzentwurf aber nicht. Ihr Vorschlag geht an der Lebensrealität der Men chen vorbei. Arbeitsplatzwechsel wird auch von Ihnen egelmäßig eingefordert: mehr Flexibilität, mehr befrisete Arbeitsverhältnisse und mehr Werkverträge. In iesem Zusammenhang wollen Sie die Arbeitslosenersicherung zu einer Ansparversicherung degradieren. amit verletzen Sie das Subsidiaritätsprinzip in dieser esellschaft und damit verletzen Sie das Solidarprinzip n dieser Gesellschaft, eil nur diejenigen Anspruch auf Leistungen haben solen, die entsprechend umfangreich eingezahlt haben. Daür brauchen wir keine gesetzliche Pflichtversicherung. as kann dann jeder selbst machen. Ihr Motto ist das atthäusprinzip: „Denn wer hat, dem wird gegeben.“ as ist ein christliches Prinzip, wie Sie sagen; aber diees Prinzip werden wir an dieser Stelle nicht mittragen. ir sind dafür, dass wir eine solidarische Versicherung ehalten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


(Dirk Niebel [FDP]: Völliger Unsinn!)


Uns geht es aber nicht nur darum, dass Schutzmecha-
ismen erhalten bleiben und dass die Reformen tragfähig
leiben. Uns geht es darum, die Beschäftigungschancen
lterer tatsächlich zu verbessern. Da hätten Herr
inghammer und Herr Pofalla, die sich zu diesem
hema sehr häufig geäußert haben, allen Grund, gerade
ie Unternehmen systematisch aufzufordern, ihrer
esellschaftlichen Verpflichtung nachzukommen. In
eutschland ist nämlich die Beschäftigung Älterer un-
erentwickelt und Unternehmen haben Negativbeispiele
n masse geliefert. Damit hätten sie ein gutes Werk für
eutschland getan.
Lassen Sie mich etwas dazu sagen, was wir tatsäch-

ich tun. Wir erhöhen die Beschäftigungschancen für Äl-
ere dadurch, dass wir die Weiterbildungskosten zum
eispiel für Arbeitnehmer ab 45 Jahren in Unternehmen
is 200 Beschäftigten noch einmal ausdehnen, indem
ir die Entgeltsicherung, also die Zuschüsse für ältere
rbeitnehmer, die eine niedrig entlohnte Tätigkeit auf-
ehmen, entbürokratisieren und früher ermöglichen. Wir
egeln, dass 250 Millionen Euro für 50 regionale Be-
chäftigungspakte für ältere Langzeitarbeitlose zur Ver-
ügung gestellt werden. Ein Wettbewerb in diesen Regi-
nen soll Best-practice-Beispiele herausarbeiten, damit
hancen auch in einer solchen Übergangsphase für die-
en Personenkreis organisiert werden.






(A) )



(B) )


Klaus Brandner

Auch da gibt es ein weiteres Moment, wo wir, wie ich

finde, sehr positive Vorschläge erarbeitet haben. Es sol-
len 50 000 Zusatzjobs für Ältere geschaffen werden, die
in gemeinnützigen Einrichtungen in den Regionen tätig
werden können. Die 50 000 Zusatzjobs sollen durch die
Länder mitfinanziert werden. Dabei ist auch Ihre Mit-
hilfe gefragt, Herr Laumann. Denn wenn wir glaubwür-
dig längerfristige Projekte organisieren wollen, in denen
sich die Länder an notwendigen arbeitsmarktpolitischen
Maßnahmen beteiligen, dann sind gerade diejenigen ge-
fordert, die in der Vergangenheit von der Gesellschaft
Beiträge zur Integration Älterer erwartet haben.

Mit unseren Reformen haben wir einen schwierigen
Weg eingeschlagen. Wir wissen aber, dass die Heraus-
forderungen des weltweiten Wettbewerbs und des demo-
graphischen Wandels diese Reformen notwendig ma-
chen. Unser Weg ist logisch, weil wir das Vertrauen in
die Übergangszeiten stärken.

Wir stehen für die soziale Marktwirtschaft. Das ist
unser Markenzeichen, das uns vor allem in der Frage un-
terscheidet, wie die Arbeitslosenversicherung justiert
werden soll: eben nicht als Sachversicherung bzw. als
Prinzip, dass derjenige, der viel einzahlt, viel herausbe-
kommt. Vielmehr muss sich derjenige, der der größten
Hilfe und Unterstützung bedarf, auf das Sozialsystem
verlassen. Das ist unser Prinzip der sozialen Marktwirt-
schaft.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Unser Umbauprozess soll den Sozialstaat erhalten.
Wir wollen den solidarischen Sozialstaat erhalten. Da-
bei müssen wir die Menschen mitnehmen. Wir müssen
ihr Vertrauen stärken, statt ihnen Angst zu machen. Da-
her kann ich uns nur gemeinsam auffordern, diesem
Thema mehr Bedeutung beizumessen, als es in der Ver-
gangenheit im Parteienstreit der Fall war.

Ich hoffe, dass Sie Ihren eigenen Antrag, in dem Sie
eine Bezugsdauer des Arbeitslosengelds von 24 Mona-
ten fordern, jetzt nicht einfach über Bord werfen, wie es
von einigen angekündigt wurde. Herr Pofalla hat zum
Beispiel in der Presse angekündigt, dass dieses Gesetz
im Bundesrat gestoppt und der Vermittlungsausschuss
angerufen werden soll, um eine solche – aus unserer
Sicht sinnvolle – Änderung auszusitzen. Das zeigt, wie
taktisch Sie mit diesen Fragen umgehen: Nach außen
wird so getan, als wolle man einer besonderen Gruppe
eine soziale Leistung zukommen lassen; durch die Hin-
tertür wird das Vorhaben dann aber wieder einkassiert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das geht nicht an und das lassen wir Ihnen nicht
durchgehen. Heute Morgen besteht genug Gelegenheit,
das deutlich zu machen. Ich hoffe, dass Herr Laumann
mithilft, dieses Vorgehen im Bundesrat zu stoppen.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Ich erteile Kollegen Karl-Josef Laumann, CDU/CSU raktion, das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich ätte mir für meine letzte Rede nach 15 Jahren Zugehöigkeit zum Deutschen Bundestag sehr gewünscht, über in Zukunftsthema sprechen zu können. Leider ist das ei Ihrem Antrag nicht möglich. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wider spruch des Abg. Peter Dreßen [SPD])

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518200200

(Beifall bei der CDU/CSU)

Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1518200300
ie schlagen eine Reihe von arbeitsmarktpolitischen Re-
elungen vor, von denen Sie genau wissen, dass sie wir-
ungslos und in Teilen im höchsten Maße missbrauchs-
nfällig und in anderen Teilen halbherzig sind.


(Peter Dreßen [SPD]: Ich dachte immer, in der letzten Rede muss man bei der Wahrheit bleiben!)


Ich will vorweg feststellen: Ihr Antrag, der in Ihrer
raktion so zustande gekommen ist, dass Sie sowohl den
undesarbeitsminister als auch den Bundesfinanzminis-
er überstimmt haben, ist das Eingeständnis, dass Sie mit
er gesamten Hartz-Gesetzgebung gescheitert sind.


(Beifall bei der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Dann sind wir aber gemeinsam gescheitert!)


ch erinnere daran, dass Hartz am 16. August vor drei
ahren gesagt hat, er wolle in drei Jahren die Zahl der
rbeitslosen in diesem Land um 2 Millionen abbauen.
ir hatten damals 4 Millionen Arbeitslose; jetzt sind es
Millionen. Sie können niemandem in diesem Land er-
lären, dass die Zunahme um 3 Millionen gegenüber
em Ziel von Hartz auf statistische Effekte zurückzufüh-
en ist.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das stimmt überhaupt nicht! Warum erzählen Sie immer nur die falschen Zahlen!)


Ich will nur ein Beispiel nennen. Sie haben den Men-
chen damals versprochen, dass jährlich 500 000 Men-
chen mit einer Ich-AG in die Selbstständigkeit geführt
erden können. Das steht im Hartz-Bericht.
Wir haben Sie schon damals im Deutschen Bundestag

arauf hingewiesen, dass in einer arbeitsteiligen Gesell-
chaft wie Deutschland ein so gewaltiger Ausbau der
ikroökonomie nicht möglich ist. Statt der erwarteten
,5 Millionen Förderfälle in den drei Jahren waren ledig-
ich 230 000 zu verzeichnen. Wenn die Förderung aus-
äuft, geben die meisten wieder auf.
Zudem haben die Ich-AGs auf dem regulären Arbeits-
arkt zu einer riesigen Verdrängung im Handwerk ge-
ührt. Das ist das Ergebnis. Sie aber schlagen jetzt die
erlängerung vor.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann

Sie haben vor einigen Wochen vor der nordrhein-

westfälischen Landtagswahl eine Heuschreckendiskus-
sion angefangen. Heute schlagen Sie im Deutschen Bun-
destag für die Großunternehmen mit der Kombination
aus der 58er-Regelung und der Verlängerung der bisheri-
gen Laufzeiten des Arbeitslosengeldes eine Vorruhe-
standsmöglichkeit vor, ohne dass die Wirtschaft einen
Cent dafür bezahlen muss. So viel zum Thema Heu-
schrecken!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Jetzt sage ich Ihnen, wer diese Suppe auslöffeln wird:

(Peter Dreßen [SPD]: Wer hat denn diese Regelung erfunden? Wer hat diese Regelung denn gemacht? Das waren wir doch gemeinsam!)


Auslöffeln werden sie der Mittelstand und die Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer in den mittelständischen
Betrieben. Dabei setzen wir all unsere Hoffnung darin,
dass gerade die mittelständischen Betriebe einen ent-
scheidenden Beitrag zu Ausbildung und Beschäftigung
leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Völlig richtig!)


Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir eine andere
Diskussion brauchen, um das Vertrauen der Menschen in
unser politisches System wiederzugewinnen. Wenn eine
Volkspartei Stimmen verliert und eine andere diese be-
kommt, dann ist das erst einmal nicht schlimm. Schlimm
wird das Ganze erst dann, wenn die etablierten Par-
teien insgesamt an Zustimmung verlieren. Ich glaube,
wir werden die Zustimmung der Menschen für unser
System nur dann behalten, wenn durch unsere Entschei-
dungen klar wird, dass Gerechtigkeit Zukunft schafft.
Zur Gerechtigkeit gehört zu allererst die Ehrlichkeit. Sie
wissen ganz genau, dass das, was Sie heute vorschlagen,
nicht gegenfinanziert ist. Sie schlagen also etwas vor,
was Sie am Ende nicht bezahlen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich bin sehr dafür, dass wir den Menschen vor den

Wahlen sagen, was wir nach den Wahlen tun werden.
Deswegen wird meine Fraktion in der nächsten Sit-
zungswoche – ich will das jetzt schon hier ankündigen –
einen Antrag einbringen, in dem wir detailliert darstellen
werden, wie unsere Vorstellungen zur Bezugsdauer von
Arbeitslosengeld sind.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stellen Sie ihn doch heute vor!)


Sie werden dann sehen, dass wir eine Verbindung zur
Dauer der Beitragszahlung – bei Ihnen ist es die Verbin-
dung zum Alter – herstellen: Wer über eine lange Zeit
Beiträge geleistet hat, dem muss länger geholfen wer-
den.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D Wir werden auch eine Lösung vorschlagen müssen, it der sichergestellt wird, dass die Verlängerung der ezugsdauer von Arbeitslosengeld kombiniert mit einer 8er-Regelung, wie Sie sie vorschlagen, nicht eine Einadung zum massenhaften Vorruhestand wird. Denn as kann am Ende nicht bezahlt werden. Außerdem weren dadurch diejenigen, denen wir helfen wollen, nicht esser geschützt. Herr Kollege Laumann, gestatten Sie eine Zwischen rage? Nein, ich lasse jetzt keine Zwischenfragen zu. Mir ist völlig klar, dass wir in diesem Land eine neue egelung brauchen. Menschen, die über 30, 40 Jahre teuern und Beiträge gezahlt haben, dürfen nach zwölf onaten Arbeitslosigkeit nicht genauso behandelt weren wie diejenigen, die weniger geleistet haben. Etwas nderes könnte man den Menschen in unserem Land icht erklären. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518200400
Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1518200500

Stellen Sie sich vor, jemand hat lange Zeit Beiträge
is zur Beitragsbemessungsgrenze gezahlt. Er hat dann
uch mit seiner Einkommensteuer den Staat getragen.
ber nach zwölf Monaten Arbeitslosigkeit soll er wie je-
and behandelt werden, der nicht so viel geleistet hat?


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist doch gar nicht wahr!)


as können Sie niemandem erklären. Sie müssen aber
erhindern, dass eine neue Regelung eine Einladung
um Vorruhestand wird. Sie können aus der Arbeitslo-
enversicherung keine vorgezogene Rentenversicherung
achen. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Da muss
an intelligenter vorgehen, als Sie es getan haben.
Ich glaube, dass wir einen zweiten Gedanken stärker

n den Mittelpunkt der politischen Diskussion rücken
üssen.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Wahrhaftigkeit!)

rbeit für alle ist der Schlüssel für Gerechtigkeit. Des-
egen brauchen wir nach meiner Meinung eine Debatte
m Bundestag vor allen Dingen darüber, wie wir unsere
achstumskräfte stärken können: durch eine Vereinfa-
hung des Steuerrechtes, durch Abkopplung eines Teils
er sozialen Sicherungssysteme vom Faktor Arbeit,
urch eine unideologische Forschungspolitik, durch eine
ffene Haltung zu neuen Technologien und vor allen
ingen zu einer wachstumsfreundlichen Energiepolitik.
enn man diese Punkte in den Mittelpunkt der Debatte
tellen würde, was wirtschaftspolitisch vernünftig wäre,
nd wenn man, eingebettet in eine solche Debatte, über-
egen würde, was im Arbeitsrecht und was bei der Dere-
ulierung des Arbeitsmarktes notwendig wäre, dann be-
äme die Debatte einen ganz anderen Drive, als sie sie
ei der Rechts-Links-Auseinandersetzung im Deutschen
undestag oft gehabt hat.






(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann

Ich persönlich bin fest davon überzeugt, dass wir im

Bundestag und in unserer Gesellschaft eine Debatte über
die Frage brauchen, wie wir in Deutschland eine ge-
rechte Entlohnung behalten und wie wir Lohndumping
verhindern. Die Krise der Europäischen Union, die auch
dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Menschen ihr
nicht mehr vertrauen, hat damit zu tun, dass die Men-
schen die Verdrängung auf dem Arbeitsmarkt spüren.
Wir haben große Fehler gemacht, etwa bei der Dienst-
leistungsfreiheit. Sie aber haben gar nicht darauf rea-
giert.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Unsinn! Das ist eine glatte Lüge!)


Jetzt haben wir die Probleme auf dem Arbeitsmarkt. Sie
haben damals doch verhandelt und diese Probleme nicht
gesehen. Jetzt öffnen Sie bitte Europa nicht für weitere
Arbeitskräfte, die die Probleme noch verstärken! Neh-
men Sie Abstand vom Beitritt der Türkei, damit wieder
Vertrauen in die europäischen Institutionen entsteht!


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Unglaublich! Hier wird gelogen, dass sich die Balken biegen!)


Ich sage Ihnen in diesem Zusammenhang ganz klar:
Natürlich ist es richtig, in einzelnen Branchen, die sich
darauf einigen, das Lohnniveau durch die Allgemeinver-
bindlichkeit von Tarifverträgen gerechter zu gestalten
und die Lohnniveaus für entsandte Arbeitnehmer festzu-
schreiben. Wer aber in der politischen Debatte zum Bei-
spiel sagt, Gebührenordnungen seien unantastbar, und
gleichzeitig der Meinung ist, dass in diesem Bereich
nichts geregelt werden darf, der sollte sich die Frage
nach Gerechtigkeit einmal selber beantworten.


(Zuruf von der SPD: Wer sagt das denn?)

– Solche Debatten gibt es hier und da.

Wenn wir den Arbeitsmarkt nach vorne bringen wol-
len, brauchen wir eine Debatte über die Frage nach der
gerechten Finanzierung der sozialen Sicherungssys-
teme. Es ist nicht in Ordnung, dass 26 Millionen sozial-
versicherungspflichtige Arbeitsplätze, die uns zurzeit
wegschmelzen wie Butter in der Sonne, in der Kranken-
versicherung teilweise bis zu 90 Prozent der Bevölke-
rung absichern. Ich glaube, dass die Abkoppelung von
den Arbeitskosten in diesem Bereich durch eine solidari-
sche Gesundheitsprämie bei Finanzierung eines Sozial-
ausgleichs und Mitversicherung von Kindern über Steu-
ern eine gerechtere Antwort ist als das heutige
Verteilungssystem.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die sozialen Sicherungssysteme können einen erhebli-
chen Beitrag für mehr Beschäftigung in unserem Land
leisten.

Ich wünsche mir sehr, dass in unserer Gesellschaft
und insbesondere im Deutschen Bundestag darüber gere-
det wird, wie wir in diesem Land für mehr Gerechtigkeit
und soziale Kapitalpartnerschaft sorgen können. Ich
halte es für keine gute Entwicklung, dass Arbeitnehme-

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(C (D innen und Arbeitnehmer in Deutschland immer weniger n den Erträgen der Wirtschaft auf der Kapitalseite und uf der Wettbewerbsseite beteiligt sind. Wir brauchen der Deutsche Bundestag hat auf Antrag meiner Frakion vor vier Wochen darüber debattiert – neue Impulse n der Vermögenspolitik. Der Kollege Brandner hat es schon angesprochen: ies ist heute nach 15 Jahren meine letzte Rede als Abeordneter des Deutschen Bundestags. Sicherlich gibt ir die Geschäftsordnung die Möglichkeit, demnächst ls Landesminister hier zu reden. Freuen Sie sich also icht zu früh! Es ist kein Abschied für immer. ber es ist schon ein Einschnitt. Ich möchte mich heute persönlich bei Ihnen für die 5 Jahre ganz herzlich bedanken, in denen ich hier sein urfte. Es waren mit die spannendsten Jahre meines Leens. Ich möchte für die Zusammenarbeit im Ausschuss ür Arbeit und Soziales in den ersten Jahren und im Auschuss für Wirtschaft und Arbeit in den letzten drei Jahen Dankeschön sagen. Ich habe in den 15 Jahren meiner ugehörigkeit zum Bundestag an allen Ausschusssitzunen – ich glaube, bis auf vier oder fünf, die in den letzten wei, drei Wochen stattgefunden haben – teilgenommen. Ich bin der Meinung, dass ein Abgeordneter zwei inge machen muss: Er muss sich bei der Gesetzgeungsarbeit Mühe geben und quälen; das geht nur im usschuss. Außerdem muss er gewissermaßen ein ransportriemen zwischen dem, was wir im Bundestag un, und seinem Wahlkreis sein. Ein Abgeordnetenvertändnis, das dazu führt, dass man nur noch im Wahlreis herumtingelt, und zwar auch in Sitzungswochen das habe ich im eigenen Wahlkreis bei der Konkurrenz rlebt –, ist nach meiner Meinung falsch. In Sitzungswohen hat man vielmehr hier seine Arbeit – insbesondere n den Ausschüssen – zu tun. Herr Präsident, ich glaube, die Möglichkeit der nicht ffentlichen Ausschusssitzungen ist unbedingt erforerlich, um über Fraktionsgrenzen hinweg zu Regelunen – zumindest in Detailfragen – zu kommen. Das Parament sollte sich diese Möglichkeit erhalten. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


ch möchte zum Schluss eine weitere Anmerkung ma-
hen. Sie von der SPD haben damals, als Sie die Vorla-
en zu Hartz eingebracht haben, gesagt: Das wird eins
u eins umgesetzt. Dabei haben Sie auf kein Ergebnis ir-
endeiner Anhörung geachtet. Ich kann dazu nur sagen:
as war für mich die bitterste Erfahrung im Ausschuss,
eil ich zum ersten Mal erlebt habe, dass der Parlamen-
arismus bei Ihnen keine Rolle spielt. Nun löffeln Sie die
uppe aus, nicht Herr Hartz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


esetze in Kommissionen zu machen und sie im Parla-
ent nur noch durchzuwinken – alles, was wir machen,






(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann

erstarrt zum Ritual –, das ist des Deutschen Bundestages
nicht würdig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ein allerletzter Gedanke: Wir müssen im Deutschen

Bundestag zu einer Arbeitsweise finden, bei der wir die
Europagesetzgebung mehr im Auge haben. Wir
schimpfen immer über die Richtlinien. Die fallen ja auch
nicht vom Himmel. So wie wir zurzeit unsere Arbeit or-
ganisiert haben, ist es nach meiner Meinung fast nicht
möglich, fachlich seriös zu beurteilen, was wir zu den
verschiedenen Gebieten in den Ausschüssen beraten und
worüber wir dann abstimmen. Der Ältestenrat des neuen
Bundestages sollte darüber nachdenken, wie wir inso-
fern bessere Regelungen finden. Wir brauchen auch
mehr Mitarbeiter für diese Europafragen, um das Ganze
besser beurteilen zu können. Das ist schon wichtig.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Alles, was Ihre Fraktion bisher abgelehnt hat!)


Europa bestimmt immer mehr unser Leben. Wir sollten
hier im Deutschen Bundestag die Dinge miteinander
sehr konsequent beraten.

In diesem Sinne wünsche ich dem Deutschen Bundes-
tag eine gute Zeit. Ich hoffe, dass es bald eine Neuwahl
gibt und dass nach dieser Neuwahl vor allem eines pas-
siert: dass der Geist der 68er aus diesem Haus auszieht.

Schönen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Pfui!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518200600

Lieber Kollege Laumann, Ihre Abschiedsworte waren

– wie Ihre Worte hier immer – freundlich und zugespitzt
zugleich. Ich wünsche Ihnen herzlich alles Gute für Ihre
künftige Aufgabe.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Nun erteile ich Kollegin Thea Dückert, Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.


(Zuruf)

– Entschuldigung. Ich habe die Wortmeldung zu einer
Kurzintervention jetzt vergessen. Das holen wir nach.
Zunächst redet die Kollegin Dückert.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1518200700

Danke, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr Präsi-

dent! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter
Herr Laumann, Sie haben zum Schluss sehr harte Worte
gefunden. Ich hätte mir gewünscht, dass bei diesen letz-
ten Worten ein wenig mehr Ihres Demokratieverständ-
nisses zum Ausdruck gekommen wäre;


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D ch weiß nämlich, dass Sie es durchaus haben. Trotzdem öchte ich mich persönlich recht herzlich für die Zuammenarbeit an vielen Stellen bedanken. Ich wünsche hnen persönlich einen guten Weg. Sie haben hier noch inmal ein gutes Beispiel dafür gegeben, warum es ichtig ist, dass wir viel Kraft darauf verwenden, die Poitik, die Sie hier vertreten, ganz stark zu bekämpfen und hr etwas entgegenzusetzen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es trifft zu, dass die Arbeitslosigkeit in diesem Land
iel zu hoch ist. Es trifft zu, dass deswegen viele unserer
otwendigen Reformen noch nicht wirken. Wo wegen
ehlender Wirtschaftsdynamik keine Arbeitsplätze
ntstehen, kann auch nicht vermittelt werden. Aber es
rifft ebenso zu, dass viele Teile unserer Arbeitsmarktre-
ormen gerade vor dem Hintergrund der hohen Arbeits-
osigkeit ihre Wirkung entfalten und fortgeführt werden
üssen, damit sie es auch weiterhin tun können.
Ich nenne ein Beispiel für das, was die Union be-

ämpft. Die Existenzgründungshilfen haben vielen Men-
chen aus der Arbeitslosigkeit geholfen, haben sie unter-
tützt, den Mut zu finden, aus der Arbeitslosigkeit zu
ehen und selbstständig zu werden. 278 000 Menschen,
ie diese Hilfe bekommen haben, sind nach einem Jahr
mmer noch nicht wieder arbeitslos. Die Union will
iese Hilfen streichen. Wir wollen mit dem, was wir
eute vorlegen, genau diese Hilfestellung verlängern.
Unsere Gesetzgebung wirkt zum Beispiel auch beim

urückdrängen der Schwarzarbeit. Das ist ein großer Er-
olg in diesen Zeiten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Aber die Arbeitslosigkeit ist – ich sagte es schon –
ach wie vor zu hoch. Wir können das nicht akzeptieren.
s ist eine sehr schwierige Situation gerade für Ältere.
arum schlagen wir in dem Gesetzentwurf, der heute
orliegt, einiges dazu vor. Ich will es lediglich kurz er-
ähnen, weil ich nur wenig Zeit habe.
Ein Beispiel ist die Entgeltsicherung. Viele Men-

chen kennen sie gar nicht. Es ist so, dass Langzeitar-
eitslose über 50 Jahre, die wieder einen Job finden,
ber weniger verdienen als früher, eine Aufstockung auf
hr altes Gehalt bekommen können. Das ist eine echte,
ine würdevolle und eine richtige Hilfestellung, damit
iese Menschen den Mut entwickeln, wieder in den Ar-
eitsmarkt hineinzugehen. Wir wollen die Geltungs-
auer dieser Regelung verlängern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn ältere Menschen eingestellt werden, führt das
uch auf Unternehmensseite zu geringeren Abgaben
zw. Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung. Das heißt,
ir haben auch den Unternehmen einen Anreiz gegeben.
as ist wichtig, weil sie ja ältere Arbeitnehmer immer
ieder frühzeitig ausgrenzen, was wir für unakzeptabel
alten. Eine entsprechende Regelung ist also in dem,
as wir heute vorgelegt haben, vorgesehen.






(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert

Weil sich in dieser Gesellschaft ständig die Qualifika-

tionsanforderungen ändern, ist ein weiterer Punkt wich-
tig, den wir heute hier zur Abstimmung stellen: Es geht
darum, dass betriebliche Weiterbildung für ältere Ar-
beitnehmer ab 45 Jahren gefördert wird. Betrieben bis zu
200 Beschäftigten werden Hilfen für Weiterqualifizie-
rung dieser Arbeitnehmer gegeben. Ich glaube, auch das
ist wichtig.

Man muss hier noch einmal deutlich sagen, dass wir
ein großes Paket an Hilfestellungen haben. Das wird in
der Öffentlichkeit leider häufig nicht transportiert, weil
der Fokus auf andere Streits gelenkt wird. Dazu komme
ich gleich.

So wird heute auch die Verlängerung der Übergangs-
frist für die Veränderung der Bezugsdauer des Arbeits-
losengeldes vorgeschlagen. Wir haben ja vor – das ist
Gesetz –, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes zu
verändern und an bestimmten Stellen auch zu reduzie-
ren. Wir wollen nämlich dieser unseligen Frühverren-
tungspraxis, die seit Ende der 80er-Jahre in Deutschland
aufgebaut worden ist und den älteren Arbeitnehmern
nicht wohl tut, keinen Vorschub leisten. Sie ist nämlich
insofern problematisch, als sie dazu geführt hat, dass
viele Betriebe in Deutschland keine Beschäftigten mehr
haben, die älter als 50 Jahre sind, indem Ältere einfach
aufs Altenteil geschoben werden, ob sie es wollen oder
nicht.


(Dirk Niebel [FDP]: Dann ist das jetzt die falsche Maßnahme!)


Das, meine Damen und Herren, ist eine falsche Politik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Richtig!)

Deswegen hatten wir einen Gesetzentwurf einge-

bracht – der ja auch schon verabschiedet wurde –, der
dazu führt, dass diese Frühverrentungspraxis zum Bei-
spiel durch Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeits-
losengeldes unattraktiver wird.


(Dirk Niebel [FDP]: Warum kehren Sie dann jetzt um?)


Die Übergangsfrist, bis die Regelungen dieses Gesetzes
in Kraft treten, wird nun um zwei Jahre verlängert.


(Dirk Niebel [FDP]: Das finden Sie doch auch falsch!)


Warum? Weil wir immer noch eine hohe Arbeitslosigkeit
haben, die bei den Menschen in den Betrieben Angst
auslöst. Und da wir diese Angst bei den Menschen in
den Betrieben ernst nehmen und wir bei Verabschiedung
des Gesetzes nicht erwartet haben, dass die Arbeitslosig-
keit immer noch so hoch sein würde, darum verlängern
wir die Frist, bis die Regelungen dieses Gesetzes greifen.

Ich sage aber auch ganz deutlich, es besteht die Ge-
fahr, dass diese Regelung von den Unternehmen miss-
braucht wird, um weiterhin die Älteren frühzeitig aufs
Altenteil zu schicken. Ich kann nur an die Unternehmen
und die Gewerkschaft appellieren, dass sie unsere Ab-
sicht, den Menschen in den Betrieben ein Stück Sicher-

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(C (D eit zu geben, nicht ausnutzen, indem sie den betroffeen Personenkreis frühzeitig ausgliedern. Hier appelliere ch insbesondere an die Unternehmen. Lassen Sie mich noch eine abschließende Bemerkung achen. Aber eine kurze, bitte. Eine kurze abschließende Bemerkung. – Die Union ill das blockieren. Sie begründet das damit, dass gemäß em Pofalla-Vorschlag Arbeitslosengeld über längere eit bezogen werden könne. Indem sie dieses den Menchen suggeriert, verschweigt sie, dass die Bezugsdauer es Arbeitslosengeldes für viele andere Menschen radial verkürzt würde. Das ist ein Sparprogramm zulasten on jungen Menschen und von solchen, deren Erwerbsiografien durch Unterbrechungen gekennzeichnet sind. (Dirk Niebel [FDP]: Das ist aber jetzt schon eine längere Äußerung!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518200800
Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1518200900

as betrifft insbesondere Frauen.

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518201000

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1518201100

Das ist der letzte Satz. – Nach dem Unionsmodell
üssen Menschen ab 55 Jahren, um so, wie wir das vor-
aben, 18 Monate Arbeitslosengeld zu bekommen, nicht
rei Jahre vorher gearbeitet haben, sondern insgesamt
5 Jahre. Erklären Sie einmal den Menschen, was daran
erecht ist! Das ist ungerecht, meine Damen und Herren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518201200

Nun erteile ich Kollegen Peter Dreßen das Wort zu ei-

er Kurzintervention.

Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1518201300

Ich möchte auf den Kollegen Laumann doch noch

wei, drei Sätze erwidern. Mich hat furchtbar enttäuscht,
err Laumann,


(Dirk Niebel [FDP]: Dann hat er ja alles richtig gemacht!)


ass Sie es bei Ihrer Abschiedsrede nicht unterlassen
onnten, dem Parlament ein paar Unwahrheiten mitzu-
eilen. Sie haben erklärt, dass die 58er-Regelung uner-
räglich sei. Ich darf Sie daran erinnern, dass diese Rege-
ung eigentlich Ihr Parteifreund Norbert Blüm mit uns
emeinsam Mitte der 90er-Jahre beschlossen hat, um äl-
ere Arbeitnehmer vor dem sozialen Abstieg zu bewah-
en und verschiedene Dinge zu verhindern, und dass wir
emeinsam dafür gekämpft haben, dass diese 58er-Rege-
ung in Gang kommt. Ich gebe zu: Wir haben damals den
ehler gemacht, das einseitig zulasten der Sozialkassen






(A) )



(B) )


Peter Dreßen

zu regeln. Aber das haben Sie, wie gesagt, mitzuverant-
worten. Sie waren damals an der Regierung und haben
das so beschlossen.

Ältere Arbeitnehmer haben leider Gottes – ich bedau-
ere das – heute nach wie vor Probleme, in Arbeit zu
kommen. Es gibt zwar Gott sei Dank ein paar Firmen,
die sich umbesinnen; aber bis das greift, sollte diese alte
Regelung – wir haben sie ja auf zwei Jahre, bis 2008, be-
fristet – gelten. Deswegen finde ich es arg traurig, wie
Sie das hier dargestellt haben.

Mit dem zweiten Punkt, Herr Laumann, beziehe ich
mich auf den Pofalla-Vorschlag, von dem auch Sie ge-
sprochen haben: Sie sollten sich einmal überlegen, was
es eigentlich für einen Familienvater im Alter von
25 oder 28 Jahren bedeutet, wenn er überhaupt kein Ar-
beitslosengeld bekommt, oder was es für Frauen bedeu-
tet, wenn sie durch Kindererziehungszeiten geringere
Versicherungszeiten haben. Sie haben gesagt – das hat
mich furchtbar geärgert –, dass jemand, der noch nie ein-
gezahlt hat, genauso viel bekommt wie jemand, der
40 Jahre lang eingezahlt hat. Sie wissen, dass das
schlichtweg unwahr ist!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Um überhaupt etwas zu bekommen, muss man mindes-
tens zwölf Versicherungsmonate haben. Sagen Sie also
nicht solche Unwahrheiten! Das hat mich wirklich trau-
rig gemacht. Ich hoffe, dass Sie in Ihrem neuen Amt ein
bisschen ehrlicher mit den Dingen umgehen; denn es
kann ja wohl nicht sein, dass Sie nach dem Motto leben:
Wessen Brot ich ess’, dessen Gewissen ich übernehm’.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518201400

Kollege Laumann, bitte.


Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1518201500

Lieber Kollege Dreßen, Sie sind ja nun auch schon

eine lange Zeit – seit 1990, glaube ich – im Ausschuss.
Ich denke, dass Sie doch richtig zuhören können. Ich
habe gesagt, dass ich es nicht für richtig halte, dass – das
kann man auch nicht vermitteln – jemand, der lange Zeit
Beiträge gezahlt hat – mancher Leistungsträger in der
Privatwirtschaft bis zur Beitragsbemessungsgrenze –,
der über Jahrzehnte erheblich Einkommensteuer gezahlt
hat,


(Peter Dreßen [SPD]: Genau das ändern wir doch jetzt!)


nach zwölf Monaten Arbeitslosengeldbezug – das haben
Sie überhört – so behandelt wird wie jemand, der nie ge-
arbeitet hat.


(Peter Dreßen [SPD]: Nein! Das haben Sie nicht gesagt!)


– Gut, dann wollte ich das eben so sagen.

(Lachen bei der SPD)



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(C (D Das werden wir ja im Protokoll nachlesen können. – as ist eines der wesentlichen Akzeptanzprobleme, die ir haben. Jetzt zum Vorruhestand. Damals, in den 90er-Jahren ich war ja schon dabei –, haben wir alle, auch Sie, gelaubt, dass bei dieser riesigen Umstrukturierung von er Industriegesellschaft ein Stück weg hin zur Wissensesellschaft, im Übrigen gleichzeitig mit der Aufgabe er Wiedervereinigung – was unsere sozialen Sicheungssysteme bis jetzt alles gehalten haben, ist schon ine Riesenleistung –, die Jüngeren in Arbeit kommen, enn die Älteren weggehen. Wir haben festgestellt: Die lteren sind weggegangen und die Jüngeren sind nicht n Arbeit gekommen. Wir haben das Geld der Arbeitneher gebraucht, um das zu finanzieren. Da wir diese Erfahrung – da nicken Sie auch – geacht haben, passt die Kombination aus einer Verlängeung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes und der 8er-Regelung nicht in die Landschaft, weil sie wie eine inladung wirkt, 32 Monate eher in Rente zu gehen. enn Sie sich die Rentenkassen und die Kassen der Areitslosenversicherung anschauen, dann sehen Sie, dass ie dafür benötigten 5 Milliarden Euro nicht vorhanden ind. eswegen brauchen wir ein intelligenteres Modell und as wird meine Fraktion nächste Woche hier im Deutchen Bundestag vorstellen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Joachim Günther [Plauen] [FDP])


(Zuruf von der SPD: Schrei doch nicht so!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518201600

Ich erteile das Wort Kollegen Dirk Niebel, FDP-Frak-

ion.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1518201700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Der 17. Juni war früher der Tag der Deutschen
inheit. Die Union und wir haben gestern 60-jähriges
arteijubiläum gehabt. Dabei ist ein Zitat immer wieder
rwähnt worden, das auch heute in diese Debatte durch-
us eingeführt werden kann. Im Zuge der Wiedervereini-
ung hat Hans-Dietrich Genscher gesagt:

Nichts wird mehr so sein, wie es war. Nicht im
Osten, aber auch nicht im Westen.

er zweite Teil dieses Satzes ist oftmals vergessen wor-
en. Angesichts der Situation, in der sich unser Land
ach Ihrer siebenjährigen Regierungszeit befindet, darf
s nicht so weitergehen wie bisher. Wir müssen Verände-
ungen herbeiführen. Die heutige Debatte wirft ein grel-
es Licht auf das ganze Elend von Rot-Grün in Deutsch-
and.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ihr Bundeskanzler will vor die Wählerinnen und
ähler treten, um sich von ihnen bestätigen zu lassen,






(A) )



(B) )


Dirk Niebel

dass sein Kurs der Agenda 2010 richtig ist. Die Fraktio-
nen, die diese Regierung angeblich tragen, handeln ge-
genteilig, indem sie – noch bevor es greift – genau das
rückgängig zu machen versuchen, was sie mit der
Agenda 2010 gesetzlich verankert haben. Der eine blinkt
rechts und die anderen fahren links; so sieht die politi-
sche Geisterfahrerei dieser Bundesregierung aus.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Arbeitslosenversicherung war niemals ein Ka-
pitaldeckungssystem; vielmehr war sie immer – so ist
ihre Tradition – eine Risikoversicherung: Die Versicher-
tengemeinschaft sollte für einen klar definierten Such-
zeitraum den Erhalt des Lebensstandards absichern. Man
kann emotional nachvollziehen, dass jemand das eine als
gerecht und das andere als ungerecht empfindet. Aber es
geht tatsächlich darum, dass Fehlanreize gesetzt wer-
den, wenn man bis zu 32 Monate Arbeitslosengeld be-
ziehen kann, dessen Höhe sich nach dem letzten Netto-
einkommen berechnet. Nach zwölf oder 13 Monaten der
Arbeitslosigkeit wird man nie wieder das letzte Netto-
einkommen beziehen können. Mit fortschreitender Ar-
beitslosigkeit wird die Wahrscheinlichkeit, jemals
wieder einen Arbeitsplatz zu bekommen, immer gerin-
ger. Die von Ihnen vorgeschlagene Verlängerung der
58er-Regelung ist ein klassisches Frühverrentungspro-
gramm auf Kosten des deutschen Mittelstandes.

Andere Länder, in denen die Erwerbsbeteiligung von
Frauen und älteren Arbeitnehmern höher ist, haben eine
deutlich niedrigere Arbeitslosigkeit als die Bundesrepu-
blik. Das heißt, sämtliche Frühverrentungsprogramme,
die auch andere Regierungen installiert haben, haben ge-
nau das Gegenteil dessen erreicht, was man bezwecken
wollte.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Elke Wülfing [CDU/CSU])


Ihr eigener Wirtschafts- und Arbeitsminister, Herr
Clement, hat völlig zu Recht gesagt, dass die Bundes-
republik im OECD-Vergleich die meisten Mittel in eine
aktive Arbeitsmarktpolitik investiert und dennoch am in-
effizientesten ist. Daher stellt sich wirklich die Frage,
weshalb Sie mit der Verabschiedung der heute debattier-
ten Vorlage die Geltungsdauer dieser ineffizienten ar-
beitsmarktpolitischen Instrumentarien, von denen Ihr ei-
gener Minister nicht überzeugt ist, verlängern wollen.

Sie haben festgestellt, dass Ihre Vorschläge zum Ver-
bot befristeter Beschäftigung Beschäftigung insgesamt
verhindern. Aber Sie sind den Weg nicht bis zum Ende
gegangen. Sie wollen, dass zwischen zwei befristeten
Beschäftigungsverhältnissen eine Wartezeit von zwei
Jahren liegen muss. Die Konsequenz daraus wäre bei-
spielsweise, dass ein junger Mensch, der dank eines der
von Ihnen aufgelegten Programme zur Bekämpfung der
Jugendarbeitslosigkeit ein Praktikum in einem Betrieb
macht, nach einem entsprechenden Auftragseingang in
diesem Betrieb nicht befristet eingestellt werden kann,
damit dieser Auftrag abgewickelt wird, weil es keine
Wartezeit von zwei Jahren gab.

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(C (D Unser Vorschlag ist besser: Um befristete Beschäfti ungsverhältnisse zu ermöglichen und Kettenarbeitsverältnisse zu verhindern, sollte es eine Phase von drei onaten der Nichtbeschäftigung zwischen zwei befris eten Beschäftigungsverhältnissen geben. Dadurch wäen alle positiven Effekte bewahrt und alle negativen usgeschlossen. Herr Präsident, erlauben Sie mir mit Blick auf die Uhr och einen Satz zum Kollegen Karl-Josef Laumann. arl-Josef, wir haben jetzt sieben Jahre zusammengeareitet. Das war nicht immer leicht für uns. Wir haben ns hier und da zusammenraufen müssen. Aber auch du eißt, was in der Tierwelt gilt: Wer sich klein macht, ird gebissen. Ich hoffe, du hast viel Freude in einer elb-schwarzen Regierung in Nordrhein-Westfalen. Wir reuen uns, wenn wir hier gleichziehen können. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518201800

Ich erteile das Wort Kollegin Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1518201900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

eden wieder einmal über Hartz IV. Diesmal sollen ältere
rbeitslose Arbeitslosengeld I doch wieder länger bezie-
en können, als ihnen ursprünglich zugestanden wurde.
ie PDS im Bundestag wird mit Ja stimmen, weil wir al-
em zustimmen, was Hartz IV entgiftet – sei es auch
och so wenig.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Genauer betrachtet wird allerdings klar: Sie wollen
as beschlossene Unrecht gegenüber älteren Erwerbs-
osen nicht wirklich korrigieren. Sie wollen das be-
chlossene Unrecht lediglich für zwei Jahre aussetzen,
m dann zum Hartz-Original zurückzukehren. Dafür
iederum bekommen Sie das Ja der PDS nicht.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Bemerkenswert ist übrigens auch die Begründung:
ltere Erwerbslose fänden derzeit keine neue Arbeit,
eil Hartz IV noch nicht greife. Ich würde gern einmal
en Sozialdemokraten kennen lernen, der das wirklich
laubt.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


enn landauf, landab wissen es alle: Hartz IV schafft
eine Arbeitsplätze, nicht für Jugendliche und auch nicht
ür Ältere, jetzt nicht und auch nicht in zwei Jahren. Des-
alb muss die Bestrafung älterer Arbeitsloser generell
eendet werden.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])







(A) )



(B) )


Petra Pau

Noch entlarvender sind die Mahnungen aus den Rei-

hen der CDU/CSU, der rot-grüne Vorstoß nehme Druck
von den älteren Arbeitslosen, sich um Arbeit zu küm-
mern, außerdem koste er 5 Milliarden Euro. Das zeigt im
Umkehrschluss, wie viel den älteren Arbeitslosen mit
Hartz IV genommen wurde. Es zeigt darüber hinaus,
welches Bild bei der CDU/CSU weiter gruselt, nämlich
das von den faulen und teuren Arbeitslosen, allemal den
älteren. Ich finde, Sie sollten sich schämen!


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Aber auch mit der Minikorrektur, die wir heute im
Bundestag vornehmen und die anschließend im Bundes-
rat von den unionsregierten Ländern kassiert werden
wird, bleibt Hart IV ein unsoziales und ungerechtes Ge-
setz. Die PDS fordert weiterhin: Heben Sie die Arbeits-
losengeld-II-Sätze in Ost und West einheitlich auf
420 Euro an. Wir fordern Sie auf, all das, was Altersar-
mut begünstigt und Kinder benachteiligt, zu streichen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Eigenartigerweise höre ich Ähnliches zuweilen sogar
bei der SPD, etwa vom Bundestagspräsidenten. Ich kann
Rot-Grün daher nur dringend empfehlen: Ändern Sie
Hartz IV jetzt und korrigieren Sie gründlich. Das wäre
ehrlich; denn noch haben Sie die Mehrheit im Bundes-
tag. Die beiden PDS-Stimmen hätten Sie dafür selbstver-
ständlich.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518202000

Jetzt erteile ich noch einmal dem Kollegen Klaus

Brandner das Wort.

Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1518202100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Der Arbeitsmarktprozess ist ohne
Frage der größte Reformprozess, den wir in diesem Land
angegangen sind. Ausgangspunkt war, dass die Hartz-
Kommission ein Konzept vorgelegt hatte, zu dem alle
gesellschaftlichen Gruppen – Wirtschaft, Arbeitgeber,
Gewerkschaften und Politik – gemeinsam einen Vor-
schlag erarbeitet haben. Dieser Vorschlag wurde von der
Union aufgegriffen, obwohl sie der Regierung die Um-
setzung nicht zugetraut hat. Der Kanzler hat jedoch ge-
sagt, wir haben so viel im Kreuz, wir trauen uns das zu.
Das war kein Diktat an das Parlament.

Ich habe noch nie erlebt, dass ein Vermittlungsaus-
schuss und seine Arbeitsgruppen so viele Veränderungen
vorgenommen und so umfangreiche Debatten geführt
haben wie in diesem Prozess. Deshalb ist es eine Frech-
heit, hier zu behaupten, man habe den Parlamentarismus
beleidigt, indem man nicht die Punkte aufgenommen
hat, die in diesem Haus debattiert wurden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich könnte massenhaft Änderungen aufzählen, ange-
fangen von der Zumutbarkeit über die Fragen der Ver-

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(C (D ögensanrechnung und der Bezugsdauer bis hin zu Zeitrbeit und Ähnlichem. Aus Zeitgründen will ich es aber icht tun, stattdessen will ich richtig stellen, dass die öhe der Leistungen für diejenigen, die lange gearbeiet und nach dem Auslaufen des Arbeitslosengeldbezugs n das Arbeitslosengeld II fallen, aufgrund des Einsatzes on Rot-Grün nicht automatisch auf das Sozialhilfeiveau fällt. Wir haben eine Stufenform vorgesehen, die ie Union bekämpft hat und bis zum heutigen Tage beämpft. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eshalb ist es eine Sauerei, hier davon zu sprechen, das
ei unsozial.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Sauerei? Was ist das für eine Terminologie!)


Das ist eine Sauerei, Herr Niebel.
Wer über die Leistungshöhe, die die Union vorge-

chlagen hat, debattieren will, der muss wissen, dass in
hrem Antrag – der nie verändert worden ist – steht:
enn es nach der Union ginge, dann sollten Menschen,
ie langzeitarbeitslos sind, ein Arbeitslosengeld II auf
em Niveau der Sozialhilfe bekommen, und das auch
ur, wenn sie tatsächlich arbeiten oder wenn sie gesell-
chaftlich notwendige Arbeit leisten. Wer das nicht tut,
oll eine 30-prozentige Kürzung hinnehmen. Das ist die
ahrheit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

er hier von Leistungsberaubung spricht, beflunkert das
olk.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte nun einen Satz zu der 58er-Regelung sa-
en. Dazu sind die Stichworte Frühverrentung und
issbrauch durch Großbetriebe gefallen. Lassen Sie uns
och daran arbeiten, den Missbrauch einzugrenzen!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ir haben eine gesetzliche Regelung, die den Erstat-
ungsanspruch regelt. Wir haben diese Regelung ver-
chärft. Über 4 Milliarden Euro sind seit 1998 aufgrund
ieser Erstattungsregelung eingeflossen. Wenn Sie wol-
en, können wir sofort darüber debattieren, wie wir das
och weiter verschärfen können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ie Frühverrentung anzuführen ist Quatsch; denn die
rühverrentung ist nicht mehr attraktiv. Wir haben mit
hrer Zustimmung das Renteneintrittsalter angehoben.
aneben gibt es ratierliche Abschläge, sodass es zwar
rinzipiell möglich ist, in die Frühverrentung zu gehen,
ie materiellen Belastungen jedoch so hoch sind, dass es
nattraktiv ist. Auch das müssen Sie deutlich sagen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Klaus Brandner

Lassen Sie mich zum Schluss feststellen: Sie haben

gesagt, man müsse deregulieren und mehr Drive in die
Arbeitsmarktpolitik bekommen. Mir fällt dabei ein, dass
sich die Menschen jetzt auf die Betriebsratswahlen vor-
bereiten. Dies betrifft die Ebene, wie man in diesem
Land auf einer gesetzlichen Basis gestalten kann. Sie be-
reiten schon jetzt vor – das haben Sie angekündigt –, das
Betriebsverfassungsgesetz sofort zu ändern. Das hieße:
weniger Betriebsräte, weniger Freistellungen


(Dirk Niebel [FDP]: Vor allem weniger Kosten für die Betriebe!)


und weniger Einfluss auf die Gestaltung der Arbeitsbe-
dingungen! Sie rufen nach Demokratie und beseitigen
Demokratie im Arbeitsprozess. Das ist die Wahrheit und
das müssen die Menschen in diesem Lande wissen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wer Gestaltung will, muss den Menschen dazu eine
rechtliche Grundlage belassen. Wir haben in das Be-
triebsverfassungsgesetz hineingeschrieben, dass die Ge-
staltung der Arbeitsbedingungen und die Gestaltung im
Rahmen der Beschäftigungssicherung eine Aufgabe ist,
für deren Bewältigung die Arbeitnehmer genauso quali-
fiziert sind wie die Manager. Deshalb wollen wir Teil-
habe organisieren. Sie wollen sie entziehen. Das müssen
die Menschen in diesem Lande wissen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518202200

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der

Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und ande-
rer Gesetze auf den Drucksachen 15/5556 und 15/5602.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt unter
Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 15/5714, den Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
entwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
gen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung
mit den Stimmen der SPD und des Bündnisses 90/Die
Grünen gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP
angenommen.

Wir kommen zur
dritten Beratung

und Schlussabstimmung.
Dazu liegen mir von den Kolleginnen Birgitt Bender

und Anja Hajduk zwei Erklärungen zu Protokoll vor.1)
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustim-

men wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit der gleichen
Mehrheit wie soeben angenommen.

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1) Anlage 2 und 3

(C (D Abstimmung über den von der Fraktion der FDP ingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Lockerung es Verbots wiederholter Befristungen auf Druckache 15/5270. Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit mpfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehung auf Drucksache 15/5714, den Gesetzentwurf abzuehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zutimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in weiter Beratung mit den Stimmen der SPD und des ündnisses 90/Die Grünen gegen die Stimmen der DU/CSU und der FDP bei Enthaltung der Kollegin Pau bgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordung die weitere Beratung. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 17 a bis 17 c sowie usatzpunkt 11 auf: 17 a)


Luise Dött, Dr. Peter Paziorek, Dr. Klaus W.
Lippold (Offenbach), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Für ein umwelt-, innovations- und mittel-
standsfreundliches REACH
– Drucksache 15/5454 –

b) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Alternativen zu Tierversuchen – REACH nut-
zen
– Drucksache 15/5686 –

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek,
Dr. Maria Flachsbarth, Marie-Luise Dött, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
REACH als Chance für einen Paradigmen-
wechsel nutzen – Alternativmethoden statt
Tierversuche
– Drucksachen 15/4656, 15/5720 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Heinz Schmitt (Landau)

Dr. Maria Flachsbarth
Dr. Antje Vogel-Sperl
Birgit Homburger

P 11 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger,
Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Leistungsfähigkeit der Chemiewirtschaft in
Deutschland und Europa erhalten
– Drucksachen 15/5274, 15/5747 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Heinz Schmitt (Landau)

Dr. Maria Flachsbarth
Dr. Antje Vogel-Sperl
Birgit Homburger






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die

Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Heinz Schmitt, SPD-Fraktion.


Heinz Schmitt (SPD):
Rede ID: ID1518202300

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Erneut – wie schon oft in den letzten drei
Jahren – befassen wir uns heute mit der Neugestaltung
der europäischen Chemiepolitik, mit dem so genannten
REACH-System. Seit drei Jahren erfreuen Sie von der
Opposition uns mit immer neuen Anträgen zu diesem
Thema. Aber bei Ihren Anträgen, sehr geehrte Kollegin-
nen und Kollegen von der Union, hat man nicht das Ge-
fühl, dass sich irgendetwas weiterentwickelt oder bewegt
hat. Sie treten seit Monaten auf der Stelle und versuchen,
das System von REACH insgesamt noch einmal zur Dis-
kussion zu stellen.

Wir waren ja vor wenigen Wochen, Frau Flachsbarth
und Frau Homburger, auf gutem Wege, einen gemeinsa-
men Antrag zu REACH zu formulieren und einzubrin-
gen. Wir hatten ihn schon zu Papier gebracht. Aus uner-
klärlichen Gründen haben Sie diesen Antrag dann
zurückgezogen. Die Gründe liegen im Diffusen. Es han-
delte sich aber um eine gute Zusammenarbeit. Wir haben
vor allen Dingen die Chancen betont. Wir haben uns
überlegt, wie wir REACH positiv weiterentwickeln kön-
nen. Schade, leider war es nicht zu realisieren.

Manchmal hat man, wenn man Ihre Anträge liest, das
Gefühl – so kommt es mir vor –, als wollten Sie Zeit
schinden und die Realisierung von REACH aus uner-
klärlichen Gründen hinauszögern. Manchmal kann man
in Ihren Anträgen auch Originalformulierungen der che-
mischen Industrie nachlesen. Teilweise ist das, was Sie
gebetsmühlenartig wiederholen, Schnee von gestern und
durch die aktuelle Entwicklung überholt, teilweise ist es
einfach unschlüssig.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das haben Sie schon vor einem Jahr gesagt!)


In Ihren Anträgen wiederholen Sie Ihre alte Leier,
REACH würde den Industriestandort Deutschland über-
fordern. Dem widerspricht die von der Industrie in Auf-
trag gegebene Studie von KPMG, die zu dem eindeuti-
gen Ergebnis kommt: REACH wird keine nachteiligen
Auswirkungen auf die Arbeitsplätze haben; das gilt
auch für den Produktionsstandort Deutschland und ins-
besondere für kleine und mittlere Unternehmen. Durch
REACH wird es also nicht zu den Horrorszenarien kom-
men, die Sie in Ihren Anträgen beschreiben, in denen
von einer Deindustrialisierung Deutschlands, dem Ver-
lust von Arbeitsplätzen und der Überforderung der mit-
telständischen Industrie die Rede ist. All die Befürchtun-
gen, die Sie in Ihrer alten Leier ständig wiederholen,
haben gar keine Substanz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Nun zu den zentralen Forderungen Ihrer Anträge, die ie plötzlich auf den Tisch legen: Sie fordern, von der engenorientierten Bewertung von Stoffen zu einem riikoorientierten System überzugehen. (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Ja, sicher!)


iese Forderung ist an mehreren Stellen widersprüch-
ch; denn die zentralen Ziele werden mit dem risiko-
rientierten Ansatz nicht erreicht: Es werden zum Bei-
piel keine Prüfkosten eingespart, der bürokratische
ufwand ist weiterhin hoch und der Mittelstand wird
tärker belastet.
Ein solcher Ansatz würde zu keiner Lösung führen.

s gibt darin Unschlüssigkeiten. Wenn Sie sich nur am
isiko eines Stoffes orientieren, müssen zum Beispiel
lle Stoffe mit einer Produktion von weniger als einer
ahrestonne auch untersucht werden. Wenn Sie die Ex-
ositionskriterien ansetzen – das ist ein wichtiger
unkt –, dann gäbe es wesentlich mehr Stoffe, als der
engenregelung zufolge nur angemeldet werden müs-
en. Deshalb habe ich mit Ihrer Argumentation meine
ühe.
Der Beantwortung der Frage, ob ein Stoff überhaupt

iner Bewertung zu unterziehen ist, muss eine Untersu-
hung vorausgehen. Sie werden mir zustimmen, dass
iese Forderungen widersprüchlich sind, weil man dafür
rinzipiell alle Stoffe erst einmal untersuchen müsste.
inn und Zweck der neuen europäischen Chemikalien-
olitik ist es, das Risiko zigtausender chemischer Stoffe
rst einmal in Erfahrung zu bringen; denn sonst bräuch-
n wir das neue System nicht.
Auf Grundlage der paar Daten, die Sie von der Oppo-

ition zugestehen, ist keine echte Risikobewertung
urchzuführen. Deshalb muss Schluss sein mit dem Ver-
uch, die weitere Bereitstellung von Stoffdaten zu umge-
en, zumal wenn man weiß, dass der Industrie bereits ein
roßteil der geforderten Daten zur Verfügung steht. Wir
rauchen für alle Stoffe eine vernünftige Datenbasis,
m sie auf ihr Risiko überprüfen zu können. Genau das
ürden wir durch REACH erreichen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, REACH
ird in den nächsten 15 Jahren zu mehr Transparenz,
ehr Datensicherheit und mehr Verbraucherschutz bei-
agen. Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Lassen Sie
ns gemeinsam an REACH arbeiten. Wir wissen, dass
ie Kosten dieses Systems bei weitem nicht so hoch sein
erden, wie sie oft dargestellt werden. Mittlerweile geht
an von einem Betrag zwischen 3 und 5 Milliarden
uro aus. Gemessen an den Jahresumsätzen der gesam-
n Branche ist diese Summe eigentlich vernachlässig-
ar, vor allen Dingen, da sich diese Kosten über einen
eitraum von 15 Jahren erstrecken werden. Daher be-
teht keine Notwendigkeit, ständig gegen REACH zu
olemisieren.
Lassen Sie uns in den nächsten Monaten gemeinsam

aran arbeiten, das System REACH auf europäischer






(A) )



(B) )


Heinz Schmitt (Landau)


Ebene zu realisieren. Lassen Sie uns auf diesem Gebiet
zusammenarbeiten. Der Industriestandort Deutschland
und die Menschen brauchen REACH. Wie die Untersu-
chungen und Einschätzungen belegen, sind wir, wie ich
glaube, auf einem guten Weg. REACH muss kommen
und REACH wird kommen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518202400

Ich erteile Kollegin Marie-Luise Dött, CDU/CSU-

Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Marie-Luise Dött (CDU):
Rede ID: ID1518202500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich

möchte einmal deutlich machen, worum es beim Thema
REACH eigentlich geht: Wir reden über einen Verord-
nungsentwurf der Europäischen Kommission, den die
damalige Umweltkommissarin Margot Wallström ge-
schrieben hat. Frau Wallström kommt aus Schweden, ei-
nem Land, in dem die chemische Industrie quasi nicht
existent ist. Es ist also nur folgerichtig, dass der Rege-
lungsentwurf vorwiegend ideologisch geprägt ist und
keinen Blick für die wirtschaftlichen Probleme hat, die
er aufwirft. Fakt ist, dass REACH so, wie es derzeit for-
muliert ist, dem Mittelstand schadet; damit meine ich
nicht nur die Unternehmen der Chemie, damit meine ich
kleine und mittlere Unternehmen aller Branchen, von
der Bio-Autowaschanlage bis zum Hersteller von Duft-
ölen. Jede Branche, die Produkte verwendet, in denen
chemische Stoffe enthalten sind, ist potenziell von
REACH betroffen. Überspitzt formuliert trifft REACH
jeden Unternehmer, der einen Farbtopf in die Hand
nimmt.

Wie hart der Mittelstand betroffen ist, zeigt uns die
KPMG-Studie der Kommission, die ja auch von Um-
weltminister Trittin gerne zitiert wird. Ergebnis der Stu-
die ist, dass 20 Prozent der kleinvolumigen Stoffe, mit
denen der Mittelstand hauptsächlich arbeitet, vom Markt
verschwinden werden. Das hat Reformulierungs- und
Anpassungskosten zur Folge, die bis zu 20 Prozent eines
Jahresumsatzes betragen können. Hinzu kommen wei-
tere Kosten in Höhe von 20 Prozent des Umsatzes allein
für die direkte Registrierung. Das macht insgesamt
40 Prozent des Umsatzes, nicht des Gewinns, meine Da-
men und Herren! Was meinen Sie wohl, wie viele unse-
rer kleinen und mittelständischen Unternehmen in
Deutschland eine 40-prozentige Umsatzeinbuße so ein-
fach wegstecken können? REACH setzt meines Erach-
tens genau die falschen Vorzeichen: Es verlangt dem
Mittelstand ab, was eh schon Mangelware ist, nämlich
Zeit und Geld, und das für endlose bürokratische Vor-
gänge.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Besser wäre es doch, das Potenzial zu fördern, das in

deutschen mittelständischen Betrieben mehr als genug

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(C (D orhanden ist, nämlich Innovationsvermögen und der este Wille, Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten. EACH in seiner jetzigen Form aber ist ein Innovationsemmschuh; auch zu diesem Ergebnis kommt die PMG-Studie. Die Forschungsund Entwicklungsbudets werden unverändert bleiben, während gleichzeitig orschungsressourcen in beträchtlichem Umfang durch ie Anpassung an REACH gebunden werden. Der Entwurf, den Frau Wallström vorgelegt hat, ist lso dramatisch verbesserungswürdig. Das sehen nicht ur wir von der CDU/CSU so, sondern wir befinden uns a in bester Gesellschaft zum Beispiel mit dem Indusriekommissar Verheugen. Herr Verheugen hat während er Anhörung im Europäischen Parlament ausdrücklich esagt, dass er beabsichtigt, den Entwurf grundlegend zu berarbeiten. Wie notwendig solch ein Schritt ist, macht uch die derzeit stattfindende erste Lesung im Europäichen Parlament mehr als deutlich: 1 183 Änderungsnträge sind allein im federführenden Umweltausschuss ingegangen. Zusammen mit denen der mitberatenden usschüsse werden es an die 4 000 Änderungsvorchläge. (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das muss man sich einmal vorstellen!)


ahezu jeden Artikel des Entwurfs wollen die Abgeord-
eten des Europäischen Parlaments verbessern – zu
echt, meine Damen und Herren. Allenthalben besteht
lso Einigkeit, dass der Verordnungsentwurf so über-
rbeitet werden muss, dass er keine Gefahr für Mittel-
tand und Arbeitsplätze darstellt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Der Ort, um diese Interessen Deutschlands im weite-

en Gesetzgebungsprozess zu vertreten, ist der Wett-
ewerbsfähigkeitsrat. In diesem sitzen die Wirtschafts-
inister der Mitgliedstaaten zusammen und beraten über
as Dossier. Nun könnte man meinen, für Herrn Clement
äre es ein Leichtes, dort die deutschen Wirtschaftsinte-
essen zu vertreten. Leider nimmt Herr Clement diesen
latz aber nicht ein. Deutschland leistet es sich als einzi-
es Land, den Umweltminister anstatt den Wirtschafts-
inister zu REACH in den Rat zu entsenden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist kompetent!)


Von Herrn Trittin war bislang aber noch kein einziger
orschlag zu vernehmen, wie er die wirtschaftlichen
elastungen des Mittelstands durch REACH schmä-
ern möchte.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Davon versteht er ja auch nichts!)


ie sinnvollen Vorschläge, die von Dritten an ihn heran-
etragen wurden und die von den kleinen und mittleren
nternehmen des Landes mitgetragen werden, hat er ka-
gorisch abgelehnt.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: So ist der!)







(A) )



(B) )


Marie-Luise Dött

Selbst die Punkte, die das Umweltministerium in seiner
gemeinsamen Positionierung mit den Gewerkschaften
und der Chemieindustrie als notwendige Handlungsfel-
der festgehalten hat, sind noch nicht in den Rat einge-
bracht worden. Als Beispiel möchte ich hier nur die Ein-
führung von Verwendungs- und Expositionskategorien
nennen.

Die Bundesregierung tut also nichts, um dem Mittel-
stand im Falle REACH zu helfen. Inzwischen sind die
kleinen und mittleren Unternehmen sogar schon so weit,
dass sie auf die Straße gehen, um den Umweltminister
zu einem Einlenken zu bewegen,


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Zu Recht!)

nämlich die KPMG-Studie ernst zu nehmen und auf die
darin enthaltenen Vorschläge einzugehen. Leider treffen
Sie damit bei Herrn Trittin nicht auf offene Ohren.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Hört! Hört! So ist der Mensch! – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Völlig unverständlich!)


Wir werden es besser machen:

(Beifall bei der CDU/CSU)


Erstens. Wir werden unter anderen Vorzeichen in die
Ratsarbeitsgruppe gehen. Die deutsche Stimme hat hier
Gewicht. Wir werden die Möglichkeiten, die sich daraus
ergeben, auch nutzen.

Zweitens. Wir werden mehr Umweltschutz und mehr
Gesundheitsschutz bei REACH fordern; denn auch hin-
ter diesem Argument kann sich Rot-Grün nicht verste-
cken. Das derzeitig vorgeschlagene System knüpft die
Stoffbewertung nicht an die Gefährlichkeit eines Stoffes,
sondern allein an Mengen. Kleine Mengen eines gefähr-
lichen Stoffes können aber ungleich risikoreicher sein
als hohe Tonnagen einer ungefährlichen Chemikalie.
Nehmen Sie zum Beispiel Zyankali. Deswegen wird sich
die CDU/CSU dafür einsetzen, dass das Bewertungssys-
tem an solche Aspekte anknüpft, die für den Umwelt-
und Gesundheitsschutz ausschlaggebend sind, näm-
lich an das Risiko und an das Ausgesetztsein des Men-
schen gegenüber diesem Risiko.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Birgit Homburger [FDP])


Drittens. Wir werden darauf beharren, dass der Mit-
telstand durch REACH nicht stranguliert wird. Dafür
müssen die Registrierungskosten für kleinvolumige
Stoffe eingedämmt werden. Derzeit liegen sie in der
Größenordnung der Entwicklungskosten und stehen da-
mit in keinem angemessenen Verhältnis zum Umsatz.
Die Registrierung muss also unbürokratischer, flexibler
und kostengünstiger werden. Unser Vorschlag ist hier,
die Einführung von Verwendungs- und Expositionskate-
gorien endlich engagiert voranzutreiben und sich für
eine Stärkung der Rolle der europäischen Chemikalien-
agentur einzusetzen.

Viertens. Wir werden uns dafür einsetzen, dass der
Innovationsstandort Deutschland nicht unter REACH
leidet. Dabei ist die Zeit, die ein Stoff oder Produkt bis
zur Markteinführung benötigt, entscheidend. Wir wollen

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(C (D ermeiden, dass deutsche Hersteller ihre Produkte erst ann auf den Markt bringen können, wenn sich die chiesischen Konkurrenten schon monatelang im Markt tabliert haben. Ansatzpunkt ist auch hier wieder das Reistrierungsverfahren. Je unkomplizierter und schneller ie Registrierung ist, desto geringer ist der Innovationsorsprung der internationalen Mitbewerber. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Birgit Homburger [FDP])


Fünftens. Wir werden verhindern, dass REACH zu ei-
em Jobkiller wird. Wenn REACH nicht entscheidend
erändert wird, besteht die Gefahr, dass sich dies negativ
uf die Arbeitsmarktsituation auswirkt. Mit den Vor-
chlägen, die wir in unserem Antrag gemacht haben,
ollen wir genau das verhindern.
Meine Damen und Herren, mit unserem Antrag „Für

in umwelt-, innovations- und mittelstandfreundliches
EACH“ zeigen wir einen Rahmen auf, wie der Verord-
ungsvorschlag in den entscheidenden Weichenstellun-
en sinnvoll verbessert werden kann. Dabei verlieren
ir keine der Zielsetzungen aus den Augen, sondern
ringen Umwelt- und Gesundheitsschutz, Innovations-
olitik sowie Wirtschafts- und Mittelstandsaspekte in ein
usgewogenes Verhältnis.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: So macht man das!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518202600

Ich erteile das Wort Kollegin Antje Vogel-Sperl,

raktion Bündnis 90/Die Grünen.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst
öchte ich einige Fakten klarstellen: Einigkeit besteht
um einen in der Notwendigkeit der Neuordnung des
uropäischen Chemikalienrechts und zum anderen in der
ielsetzung. Wenn es aber um die konkrete Ausgestal-
ung geht, stellen wir fest, dass Sie, meine Damen und
erren von der Opposition, erstens die Chancen von
EACH völlig ausblenden


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Wie immer!)


nd zweitens immer wieder versuchen, den grundsätzli-
hen Ansatz von REACH, die Kombination aus men-
en- und risikobezogenem Ansatz, in einen expositions-
ezogenen Ansatz umzukehren.
Das hört sich zunächst einmal gut an.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Ist auch richtig!)


ei genauer Prüfung stellt man aber fest, dass dies nicht
ielführend ist. Ich sage Ihnen auch, warum:
Erstens. Die jeweilige Exposition ist für die Hersteller

iner Chemikalie nur schwer zu ermitteln.






(A) )



(B) )


Dr. Antje Vogel-Sperl

Zweitens. Die konkrete Exposition kennt in der Regel

meist nur der nachgeschaltete Anwender.
Drittens ist eine Exposition jederzeit veränderlich.
Ihre Vorschläge laufen darauf hinaus, die chemische

Industrie auf Kosten nachgeschalteter Industriezweige
zu entlasten


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist doch falsch!)


und auf Kosten des Umwelt- und Verbraucherschutzes
notwendige Prüfungen zu Langzeitgefahren einzuspa-
ren. Genau deshalb lehnen wir Ihre Anträge ab.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Was die Kosten betrifft, gibt es bemerkenswerte Er-
gebnisse der aktuellen KPMG-Studie, einer Studie, die
von der Industrie in Auftrag gegeben wurde: moderate
Kosten für die Wirtschaft, eben kein – wie vielfach pro-
klamiert – Stoffsterben, kein Wegbrechen ganzer Wert-
schöpfungsketten und vor allem ein allgemein anerkann-
ter geschäftlicher Nutzen. Das heißt nichts anderes, als
dass die EU hinsichtlich neuer Standards in der Tat zum
Vorreiter auf dem Weltmarkt wird. Die anderen Staaten
werden nachziehen müssen; denn die EU ist der größte
Binnenmarkt. Nicht zuletzt deshalb lehnen die USA
REACH so vehement ab.

Ausdrücklich weise ich darauf hin, dass wir im Ge-
gensatz zu Ihnen bereits im Jahr 2004 in unserem Antrag
das Prinzip „ein Stoff – ein Dossier“ aufgeführt haben,
um Kosten zu senken sowie Bürokratie und unnötige
Tierversuche zu vermeiden.

Damit bin ich beim Thema Tierschutz.

(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Tatsache ist, dass wir auch hier bereits in unserem An-
trag aus dem Jahr 2004 verbindliche Regelungen gefor-
dert haben: erstens zur Verhinderung doppelter Wirbel-
tierversuche, zweitens für eine gemeinsame Nutzung
von Daten und drittens für die Anwendung alternativer
tierversuchsfreier Testmethoden einschließlich der benö-
tigten Forschungsmittel.

Es ist sehr zu bedauern, dass sich insbesondere die
Union nun entschieden hat, von einem interfraktionellen
Antrag Abstand zu nehmen;


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Frau Vogel-Sperl, Sie haben zwei Jahre gebraucht, bis Sie die Problematik erkannt haben!)


denn ein fraktionsübergreifender Antrag hätte diesem
Thema in Brüssel größtmögliches Gewicht verliehen.
Bedauerlich ist der Rückzug auch deshalb, weil der An-
trag bereits abgestimmt war. Das zeigt: Wenn es an das
konkrete Handeln geht, ziehen Sie sich aus machtpoliti-
schen Gründen zurück. Ihnen ist Wahlkampf wichtiger
als Tierschutz. Das zeigt aber auch, wem der Tierschutz
tatsächlich am Herzen liegt.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Ich bitte Sie! Was hat Tierschutz mit Machtpolitik zu tun?)


Wir bringen diesen Antrag nun als Koalitionsantrag
in. Hier und heute müssen Sie Farbe bekennen, ob es
hnen mit dem Tierschutz wirklich ernst ist


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Frau Vogel-Sperl, darüber sprechen wir schon seit drei Jahren!)


der ob der Tierschutz von Ihnen nur als Vorwand ge-
utzt wird, um vor allem die großen Hersteller von Che-
ikalien zu entlasten.
Noch einige Bemerkungen zum Schluss: Hören Sie

uf, unseren Standort schlecht zu reden. Das ist unver-
ntwortlich.


(Beifall bei der SPD)

m Gegensatz zu Ihnen gehören für uns Grüne Ökologie
nd Ökonomie untrennbar zusammen. Wir sind der fes-
en Überzeugung, dass ökologische Innovationen Wett-
ewerbsvorteile schaffen, und dafür sind entsprechende
ahmenbedingungen, wie REACH, notwendig. Im Ge-
ensatz zu Ihnen setzen wir auf die Entwicklung neuer
toffe anstatt auf die Anwendung alter.
Ihre alten Antworten – die Verlängerung der Laufzei-

en der Atomkraftwerke usw. – bringen Deutschland
icht weiter, sondern bedeuten einen Rückschritt. Auf
ie eigentlichen Fragen, wie wir uns im globalen Wett-
ewerb behaupten können und wie wir unsere Abhän-
igkeit von fossilen Ressourcen reduzieren können, ha-
en Sie keine Antwort. Wir Grüne setzen auf eine
mstellung der Rohstoffbasis auf nachwachsende Roh-
toffe mit der Bioraffinerie-Technologie und der Weißen
iotechnologie gerade in der Chemieindustrie und bei
en Kraftstoffen. Dabei wird uns REACH helfen; denn
EACH setzt Innovations- und Substitutionsanreize.
eil wir kein Niedriglohnland sind, müssen wir bei der
ntwicklung neuer Technologien die Nase vorne haben.
Aus all dem folgt ganz klar: REACH ist gut und wir

rauchen REACH.
Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518202700

Ich erteile das Wort Kollegin Birgit Homburger, FDP-

raktion.

Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1518202800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

iskutieren heute zum wiederholten Male die REACH-
erordnung zur Neuordnung der europäischen Chemika-
ienpolitik. Ich sage noch einmal, was damit erreicht
erden soll: Ziel soll sein, die Sicherheit für Mensch
nd Umwelt im Umgang mit Chemikalien zu erhöhen,
leichzeitig allerdings die Wettbewerbs- und Innova-
ionsfähigkeit der europäischen Chemieindustrie zu er-
alten. Das steht in dieser Verordnung. Ich sage Ihnen






(A) )



(B) )


Birgit Homburger

klar und deutlich: Das wird mit dem, was bisher vorliegt,
nicht erreicht. Im Gegenteil, wir gefährden massiv Ar-
beitsplätze, vor allen Dingen in der deutschen chemi-
schen Industrie.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wir als FDP-Bundestagsfraktion haben seit vier Jah-

ren darauf hingewiesen, dass diese Ziele nicht erreicht
werden und dass die Regelungen, so wie sie jetzt ausge-
staltet sind, zu mehr Bürokratie führen. REACH führt zu
massiver bürokratischer Belastung. Wir müssen uns ein-
fach darüber im Klaren sein, dass Deutschland der
größte Chemiestandort in der Europäischen Union ist.
500 000 Arbeitsplätze nicht nur in der chemischen In-
dustrie, sondern auch in allen Industriezweigen, die Che-
mikalien und chemische Produkte herstellen, importie-
ren oder verarbeiten, hängen daran. Das heißt, von den
Regelungen sind sehr viele kleine und mittlere Betriebe
und vor allen Dingen sehr viele Arbeitsplätze betroffen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie berufen sich auf die KPMG-Studie. Es gibt inzwi-

schen eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft,
in der auch die bereits auf europäischer Ebene erfolgten
Veränderungen berücksichtigt werden. Diese Studie
kommt zu einem ganz anderen Ergebnis. Ich kann Ihnen
nur sehr deutlich sagen: Wir müssen den jetzt gewählten
Ansatz verändern und zu einer Risikobewertung kom-
men. Das fordern wir seit Vorlage des Weißbuches vor
vier Jahren, Herr Schmitt. Was in den Anträgen steht, ist
ja nichts Neues; darüber sprechen wir schon länger. Aber
bisher hatten wir damit bei Ihnen keinen Erfolg.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Es geht doch beim Umgang mit Chemikalien darum,

die Risiken bei der Herstellung, der Verarbeitung und
der Anwendung zu minimieren; darüber haben wir dis-
kutiert. Das Beispiel Lampenöl ist von der Kollegin Dött
gerade genannt worden. Ein anderes Beispiel ist der Toi-
lettenreiniger. Diese Substanzen sind nicht dafür geeig-
net, in die Hände von Kindern zu gelangen und getrun-
ken zu werden – das wissen wir alle –; denn sie sind
ätzend. Es hilft uns aber nicht weiter, wenn wir das wei-
ter untersuchen. Vielmehr müssen wir für eine entspre-
chende Sicherheit sorgen. Wir müssen endlich erreichen,
dass es zu mehr Sicherheit kommt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie stellen in Ihrem Verordnungsentwurf nach wie vor

auf Mengenschwellen ab. Die Produktionsmenge von
einer Jahrestonne sagt aber überhaupt nichts über die
Gefährlichkeit oder die Beherrschbarkeit eines Stoffes
aus.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Genau richtig!)


Deswegen ist es wichtig, dass wir hier auf die Risiken
abstellen und die Informations- und Prüfanforderungen
entsprechend auf Exposition und Risiken ausrichten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Wir wollen auch im Tierschutz ein hohes Schutziveau; das haben wir sehr deutlich gemacht. Herr Kolege Schmitt, Sie haben heute Morgen gesagt, die Daten ägen überwiegend vor. Das ist zwar richtig, aber mit ieser Verordnung wird es zu einem Mehr an Tierversuhen kommen. (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Absolut richtig!)


enau das wird das Ergebnis sein. Das wollen wir nicht.
eswegen wollten wir einen gemeinsamen Antrag vorle-
en. Aber die Sache ist doch, dass wir auch einmal mit
euen Ansätzen arbeiten müssen; das haben wir in unse-
en Anträgen immer wieder vorgeschlagen. Beispiels-
eise müssen wir die Informationen über Chemikalien,
ie wir heute schon haben – aus Sicherheitsdatenblät-
rn, aus arbeitsmedizinischen Datenblättern, aufgrund
xikologischer und pharmakologischer Erkenntnisse
nd in Form von Ergebnissen aus Altstudien –, verwer-
n. So werden wir dazu beitragen, auf der einen Seite
ie Sicherheit zu erhöhen und auf der anderen Seite die
ahl der Tierversuche zu minimieren. Dieses Ziel verfol-
en wir.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Es nützt uns überhaupt nichts, wenn der chemischen

ndustrie in Europa massive bürokratische Belastun-
en aufgebürdet werden, die eben nicht zu einem höhe-
en Umwelt- und Gesundheitsschutz führen. Wenn die
rbeitsplätze anschließend ins Ausland verlagert wer-
en, wo die Anforderungen deutlich unter dem Niveau
egen, das wir hier in Europa haben, dann haben wir
em Umwelt- und Gesundheitsschutz und im Übrigen
uch den Arbeitsplätzen in Europa einen Bärendienst er-
iesen. Genau das passiert mit der REACH-Verordnung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich möchte abschließend sagen: Wir können mit den
nträgen, die wir gestellt haben, nur zu einer Versachli-
hung der Diskussion und nur zu einer Weiterentwick-
ng im Bereich der REACH-Verordnung beitragen. Das
aben wir in den letzten Jahren auch erreicht. Wir kön-
en REACH allerdings nicht hinauszögern. Ich sage Ih-
en aber eines: Wenn wir nach dem 18. September 2005
ie Möglichkeit dazu haben – und wir werden die Mög-
chkeit dazu haben –,


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Sie nicht, keine Sorge!)


ann werden wir dafür sorgen, dass es eine Lösung gibt,
it der die Arbeitsplätze in diesem Lande erhalten blei-
en und gleichzeitig der Umwelt- und Gesundheits-
chutz vorangetrieben wird.
Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518202900


Ich erteile das Wort Bundesminister Jürgen Trittin.






(A) )



(B) )


Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-

schutz und Reaktorsicherheit:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man

den Debatten dieser Tage hier im Hause aufmerksam
lauscht, dann erfährt man Erstaunliches. Gestern bei-
spielsweise habe ich hier Frau Merkel erlebt, die uns zu
erklären versuchte, dass die europäische Verfassung in
Frankreich deswegen abgelehnt worden sei, weil
Deutschland zu sehr auf eine deutsch-französische Do-
minanz in Europa setze.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben es wieder nicht verstanden!)


Wahrlich eine erhellende Bemerkung!

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie haben es nicht kapiert!)

In der Fortsetzung der Debatte, wie man das überwinden
kann, wie man also die proeuropäische Stimmung in
Europa wieder herstellen kann, hat sie uns ein einziges
Argument genannt, nämlich, man müsse dafür sorgen,
dass zur europäischen Chemikalienpolitik nicht wieder
4 000 Änderungsanträge auf den Tisch kommen, das sei
der eigentliche Kern.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Sie haben nicht zugehört!)


Man kann sich über Europapolitik oder Umweltpoli-
tik streiten, aber es ist ein dermaßen erbärmliches Ni-
veau, auf dem Sie an seriöse Probleme des Kontinents
herangehen,


(Zuruf von der CDU/CSU: Das müssen gerade Sie erzählen!)


dass ich nur sagen kann: Es ist gut, dass Sie dieses Land
nicht regieren, und wir werden alles tun, damit es nicht
dazu kommt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie, Frau Dött, haben sich hier hingestellt und gesagt,
REACH sei eine Erfindung, die sozusagen aus der Kälte
Skandinaviens komme, Margot Wallström habe sie er-
funden.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Hat sie es geschrieben oder nicht?)


Sie irren sich, gnädige Frau. Wenn Sie erfahren wollen,
wann die Debatte über REACH angefangen hat, dann
müssen Sie in die Zeit vor 1998 schauen, zum Beispiel
in das Jahr 1997.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Bis 68!)

– Nein, 1997, gnädige Frau. – Damals fand sich in der
„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ein Aufsatz mit der
Überschrift: „Zum Handeln verpflichtet“. In diesem
Aufsatz geht es um die Spannung des Verhältnisses zwi-
schen Gefahrenabwehr im Rahmen des Umweltschut-
zes und der Notwendigkeit, nicht nur Gefahrenabwehr
zu betreiben, sondern vorbeugend tätig zu werden, also
bevor Schäden auftreten. In dem Beitrag wird zum Bei-
spiel geschildert, wie es in allen industrialisierten Län-

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(C (D ern zu einem massiven Anstieg von Prostatakarzinoen, von Brustkrebs und Hodenkrebs gekommen ist. Es ird der Zusammenhang zu der Frage hergestellt, ob das ielleicht damit zu tun hat, dass bestimmte hormonell irkende und erbgutverändernde Chemikalien verstärkt n die Umwelt kommen. Dann kommt die Autorin dieses ufsatzes zu der Auffassung, dass man nicht abwarten ann, bis man einen kausalen Zusammenhang zu diesen rankheiten gefunden hat, und schreibt: Sollte sich die Hypothese einer Schädigung von Mensch und Umwelt durch Umwelthormone in der Forschung erhärten, nicht: nachweisen – (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Mit Ängsten lässt sich gut Politik machen!)

wird die Bundesregierung entsprechend dem Vor-
sorgeprinzip handeln.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Wie handeln Sie jetzt?)


Dieser Aufsatz stammt von Dr. Angela Merkel.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch sage Ihnen an dieser Stelle: Frau Merkel hat Recht
ehabt. Damals hatte sie Recht, nicht gestern mit ihrer
olemik gegen REACH. Denn das ist der Grundansatz
ewesen, weswegen wir in Kontinuität dieses Verständ-
isses


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Sie machen aus allem, was Sie anfassen, Mist!)


on Vorsorgepolitik 1999 auf dem Umweltrat hier in
er Bundesrepublik Deutschland unter deutscher Präsi-
entschaft den Anstoß für REACH gegeben haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ir sind der Auffassung, dass wir Schluss damit machen
üssen, in der Chemiepolitik bei Problemen für die Ge-
undheit immer erst dann anzusetzen, wenn das Kind be-
eits in den Brunnen gefallen und die entsprechenden
achweise erbracht worden sind. Der Kern von REACH
esteht in der Vorsorge und der Umkehr der Beweis-
ast. Genau das, was Frau Merkel 1997 gefordert hat,
immt sie heute als Grund dafür, warum die Europäer
ie Verfassung ablehnen.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Niemals!)


bsurder geht es nicht!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Primitiver geht es nicht mehr! Das ist wahr!)


Erlauben Sie mir eine weitere Bemerkung. Sie haben
iel über den Mittelstand gesprochen. Reden Sie einmal
it Mittelständlern


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Das sollten Sie mal tun! Ich bin selber einer!)







(A) )



(B) )


Bundesminister Jürgen Trittin

darüber, was passiert, wenn sie wie ein großes mittel-
ständisches deutsches Chemieunternehmen, das in Lud-
wigshafen ansässig ist, den risikoorientierten Ansatz
übernehmen. Die Kosten, die ihnen für ihre kleinen
Mengen an Chemikalien entstehen, werden astrono-
misch hoch sein. Wer für den Mittelstand ist, muss sich
wie die Bundesregierung für eine Politik nach dem
Motto „ein Stoff – eine Registrierung“ einsetzen; denn
sie führt nicht nur zu einer drastischen Verringerung von
Tierversuchen, sondern erlaubt auch Mittelständlern,
entsprechend zu handeln.


(Birgit Homburger [FDP]: Das tun Sie aber nicht! Das ist doch das Problem!)


Wer für den Mittelstand ist, muss sich auch für standar-
disierte Verwendungskategorien einsetzen. All dies sind
Vorschläge der Bundesregierung in dieser Debatte.

Ich bin sehr dafür, in der Umweltpolitik immer auch
die wirtschaftlichen Auswirkungen zu berücksichti-
gen. Dafür gibt es die so genannten Impact Assessments.
Aber man muss deren Ergebnisse auch zur Kenntnis
nehmen. Es sind schließlich mittlerweile 35 Impact As-
sessments durchgeführt worden. Nach diesen Assess-
ments hat ein Workshop unter niederländischer Präsi-
dentschaft – wohlgemerkt: dort regieren keine Grünen –
stattgefunden. Das Ergebnis der gesamten Folgenab-
schätzung war: Der volkswirtschaftliche Nutzen von
REACH überwiegt bei weitem die volkswirtschaftlichen
Kosten. Nehmen Sie das endlich zur Kenntnis!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518203000

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Er hat seine Redezeit verdoppelt! Vier Minuten hat er, acht Minuten redet er!)


Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Weil Sie
das nicht zur Kenntnis nehmen wollten, wurde noch eine
weitere Studie in Auftrag gegeben. Von der Wirtschaft
beauftragt, hat die KPMG alle Vorurteile, dass Stoffe
wegfallen würden, überprüft. Auch dieses Gutachten
kommt zu dem Ergebnis, das Sie nicht akzeptieren wol-
len und das selbst der Wettbewerbskommissar, Herr
Verheugen, mit den Worten kommentiert hat: Die Be-
hauptung, dass REACH die Industrie ruiniert, ist damit
endgültig vom Tisch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das ist der Hintergrund, warum der Vorsitzende des
Wettbewerbsrats, dem übrigens auch die dänische Um-
weltministerin angehört, in der letzten Sitzung zu dem-
selben Ergebnis gekommen ist wie ich.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518203100

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

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(C (D Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Naturchutz und Reaktorsicherheit: Wir nehmen keine weiteren Folgenabschätzungen or; wir kommen in Sachen REACH zu Entscheidungen. achen Sie Schluss mit Ihrer Obstruktionspolitik in dieer Frage! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518203200

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem
ollegen Peter Paziorek.


Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1518203300

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Präsident! Liebe
olleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister, es ist
eider im höchsten Maße bedauerlich, dass Sie eine Äu-
erung unserer Fraktionsvorsitzenden, Frau Dr. Merkel,
n einer Art und Weise zitiert haben, die völlig falsch
iedergibt, was unsere Fraktionsvorsitzende gestern in
er Plenarsitzung gesagt hat.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Nein! Das stimmt nicht!)


Mir liegt das Protokoll vor. Sie hat zu der Frage der
irtschaftlichen Entwicklung in Europa erklärt:

Die Menschen machen sich Sorgen, wenn Sie sich
mit einer Chemikalienrichtlinie auseinander set-
zen, zu der allein 4 000 Änderungsanträge vorlie-
gen.

ie können Sie sich darauf berufen, dass das eine Pole-
ik sei, die sich gegen eine sinnvolle Chemikalienpoli-
ik richte? Frau Merkel hat darauf hingewiesen, dass in
eutschland ein Vorschlag der Europäischen Kommis-
ion auf der Tagesordnung steht – mit Ihrer Unterstüt-
ung, Herr Minister Trittin –, der große Besorgnis bei
rbeitnehmern, Behörden und den Menschen hervorruft,
eren wirtschaftliche Existenz von diesem Bereich ab-
ängt, und was zeigt, dass manchmal über die Interessen
er Menschen hinweggegangen wird.
Frau Merkel hat an keiner Stelle gesagt, dass die Che-
ikalienpolitik unnötig und überflüssig sei. Sie hat aber
afür plädiert – das war ihr Petitum –, eine Chemikalien-
olitik zu machen, die Ökonomie und Ökologie zusam-
enführt. Wir halten es deshalb für absolut unerträglich,
ass Sie diese Äußerung unserer Fraktionsvorsitzenden
ls Polemik gegen eine sinnvolle Umweltpolitik be-
eichnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Na, na!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1518203400

Kollege Trittin, Sie haben Gelegenheit zur Reaktion.

Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber
err Paziorek, ich lasse mir nur ungern nachsagen,






(A) )



(B) )


Bundesminister Jürgen Trittin

falsch zu zitieren. Ich habe das Protokoll der gestrigen
Sitzung vor mir liegen. Dort heißt es:

Die Menschen machen sich Sorgen, wenn sie erle-
ben, dass es Regelungstatbestände gibt, von denen
sie sagen, dass wir sie in Europa wirklich nicht
brauchen.

Was ist das anderes als eine Totalabsage an REACH!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist nicht wahr!)


Dann fährt sie fort:
Die Menschen machen sich Sorgen, wenn Sie sich
mit einer Chemikalienrichtlinie auseinander set-
zen, zu der allein 4 000 Änderungsanträge vorlie-
gen.

(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Darum geht es! – Georg Girisch [CDU/CSU]: Nichts anderes hat er gesagt! – Marie-Luise Dött [CDU/ CSU]: Dazwischen steht ein Punkt!)


Jetzt fragen wir uns doch einmal, woher diese Ände-
rungsanträge kommen. Sie wissen so gut wie ich, dass
der überwiegende Teil dieser Änderungsanträge auf ei-
nen beispiellosen Vorgang, wie wir ihn in der Geschichte
der europäischen Gesetzgebung in dieser Form noch
nicht erlebt haben, zurückgeht.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Der allergrößte Teil dieser 4 000 Änderungsanträge ist in
den Thinktanks von CEFIC und in den Labors der che-
mischen Industrie in Deutschland und in Europa ge-
schrieben worden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es ist unredlich, auf der einen Seite gegen Richtli-
nienvorschläge mit der Methode des Filibusterns hoch
bezahlter Lobbyisten vorzugehen und sich auf der ande-
ren Seite hier anschließend über die große Anzahl dieser
Anträge aufzuregen.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist doch Unfug!)


Das ist unredlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Eckart von Klaeden [CDU/ CSU]: Klassenkampf!)


Ich will noch einen Punkt hinzufügen. Wer in dieser
Woche aufmerksam die Zeitungen gelesen hat, der weiß:
Es liegen die neuen Befunde zur Zusammensetzung
der Muttermilch in diesem Lande vor. Die gute Nach-
richt ist, dass beispielsweise die Dioxinbelastung in der
Muttermilch deutlich gesunken ist. Dies ist eine Folge
ambitionierter Umweltpolitik Ihrer Umweltminister und

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(C (D ieser Regierung. Wir können uns gemeinsam darüber reuen. Was uns aber Sorgen machen sollte, ist, dass sich die usammensetzung des Chemiecocktails in der Mutterilch dramatisch verändert. Es geht um Belastung durch ormone und erbgutverändernde Substanzen. Es geht lso um genau das, worüber wir bei REACH reden. Die enschen befürchten – darüber machen sie sich Sorgen ngesichts Ihrer Chemiepolitik –, dass solche Belastunen zu schweren und schwersten Krankheiten gerade bei indern in einem Alter führen, in dem sie besonders mpfindlich sind. (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Was hat das mit REACH zu tun?)


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)


Es gilt daher, Vorsorge zu treffen. Vorsorge ist das
rundprinzip von REACH. Wer fundamental dagegen
rgumentiert, der argumentiert gegen Vorsorge in der
mweltpolitik.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Was hat das mit REACH zu tun?)


as werfe ich Frau Merkel in der Tat vor.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Peter Paziorek [CDU/ CSU]: Nein! – Georg Girisch [CDU/CSU]: Das ist falsch!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518203500

Das Wort hat nun die Kollegin Dr. Maria Flachsbarth,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1518203600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Herr Minister, wir diskutieren hier zu Recht des Öf-
eren – und heute wieder einmal – über ein zentrales um-
elt- und wirtschaftspolitisches Thema, nämlich
EACH. Dass Sie versuchen, die Angst der Menschen
ls Argument in diese Diskussion einzuführen, Herr
inister, ist absolut unangemessen. Es gilt, immer wie-
er eines zu betonen: In diesem Hause gibt es den frak-
ionsübergreifenden Konsens, die Sicherheit für Mensch
nd Umwelt beim Umgang mit Chemikalien zu erhöhen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Minister, es geht hier überhaupt nicht um die

rage des Ob, sondern um die Frage des Wie. Nachdem
eine Vorrednerin zu Recht auf die wirtschaftspoliti-
chen Auswirkungen eingegangen ist, möchte ich beto-
en: Es kann nicht sein, dass wir unsere Chemiewirt-
chaft einem Experiment unterziehen, im Verlaufe
essen Tausende von Arbeitsplätzen zur Disposition ste-
en könnten.
Ich möchte mich in meiner Rede nun vor allen Din-

en der tierschutzpolitischen Relevanz dieser Frage zu-
enden; denn auch hier gibt es noch Bereiche, die völlig
ngeklärt sind.






(A) )



(B) )


Dr. Maria Flachsbarth

Die tierschutzpolitische Problematik ist hinlänglich

bekannt und ist inzwischen auch von Ihnen erkannt wor-
den. REACH in der derzeitigen Form würde zu einem
dramatischen Anstieg der Zahl der Tierversuche führen.
In den Einschätzungen ist von über 10 Millionen zusätz-
lichen Tierversuchen die Rede. In unserem Antrag haben
wir deshalb detaillierte Vorschläge gemacht, aus denen
hervorgeht, wie wir die Zahl der durchzuführenden Tier-
versuche auf ein unabdingbares Mindestmaß begrenzen
können. REACH könnte bei sachgemäßer Ausgestaltung
sogar einen Paradigmenwechsel bei der Verwendung
von Methoden als Alternative zum Tierversuch einleiten,
wenn Tierversuche nicht mehr wie bislang automatisch
den letzten Ausschlag bei der Risikobewertung eines
Stoffes gäben, sondern wenn diese ausschlaggebenden
Untersuchungen im Rahmen von Alternativmethoden
durchgeführt werden könnten. REACH muss daher als
Chance, aber zugleich auch als Verpflichtung zu einem
umfassenden Einsatz von Alternativmethoden gelten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Leider weist der derzeitige Kommissionsentwurf

hierbei noch schwere Mängel auf. Lassen Sie mich ein
Beispiel nennen. Zellkulturverfahren zur Ermittlung
erbgutverändernder Wirkung lassen sich zwar heute
schon in REACH finden. Ihre Bedeutung für die Einstu-
fung eines Stoffes ist aber nach wie vor viel zu gering.
So müssen erbgutverändernde Wirkungen zunächst ein-
mal im Zellkulturverfahren überprüft werden. Wenn Ver-
änderungen gefunden werden, das heißt, wenn dabei he-
rauskommt, dass ein Stoff vermutlich krebserregend ist,
dann muss das im Rahmen von Tierversuchen noch ein-
mal überprüft werden. Wenn dabei herauskommt, dass
das Tier keine Veränderungen aufweist, dann heißt das,
dass der Stoff ungefährlich ist. Das ist doch völlig ab-
surd; denn dann nimmt man die Ergebnisse des Zellkul-
turverfahrens überhaupt nicht zur Kenntnis. Das zeigt
zugleich, dass Tierversuche noch immer der „Goldstan-
dard“ sind.

In unserem Antrag haben wir daher dezidierte Vor-
schläge gemacht, aus denen hervorgeht, wie wir das Ziel
erreichen können, einen Paradigmenwechsel herbeizu-
führen. Wir gehen hierbei wesentlich weiter als die
Regierungsfraktionen in ihrem Antrag. Insbesondere
fordern wir eine intelligentere Auswahl von Prüfungsan-
forderungen durch die Schaffung eines vorrangig risiko-
und expositionsbezogenen Prüfungsansatzes. Das be-
deutet, tatsächlich nur dann Stoffe zu untersuchen, wenn
ein Risiko besteht und wenn der Kontakt mit bestimmten
Stoffen erfolgt, also Brain versus Checklist. Sie lehnen
diesen Ansatz noch immer ab. Ich muss ehrlich sagen:
Das ist erstaunlich. Schließlich loben Sie im letzten Ab-
satz auf der ersten Seite Ihres Antrags die Studie „Ani-
mal testing and alternative approaches“ des Bundesinsti-
tuts für Risikobewertung, BfR, in den höchsten Tönen.
Wie die beteiligten Kollegen sicherlich wissen und beim
Lesen gemerkt haben, wird gerade in dieser Studie ein
expositionsbasierter Ansatz gefordert.

Das BfR hat darüber hinaus ein Positionspapier vor-
gelegt, das den Ansatz der risiko- und expositionsbezo-
genen Prüfung konkretisiert. Es stellt hierbei zu Recht

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(C (D est, dass auch geringe Mengen an Stoffen, verarbeitet in erbrauchernahen Produkten wie zum Beispiel in Kinerspielzeug, zu erheblichen gesundheitlichen Risiken ühren und dass der derzeitige Mengenansatz von EACH somit zwar zu mehr Tierversuchen und zu höeren Kosten führt, nicht aber zu einem Mehr an Sichereit. s stellt außerdem zutreffend fest, dass – egal welchen nsatz man wählt – ein Nullrisiko beim Umgang mit hemikalien niemals zu erreichen ist. Das stimmt, Herr inister, auch wenn Sie den Menschen etwas anderes orgaukeln. Wie sieht nun das Konzept des BfR aus? Für Chemi alien in verbrauchernahen Produkten soll ein Mindestatensatz unabhängig von der Herstellungsmenge erforerlich sein. Ziel ist hierbei, alle Basisinformationen ithilfe tierversuchsfreier Methoden zu gewinnen. Für ie weitere Bewertung eines Stoffes ist neben der inhäenten Toxizität die Exposition entscheidend. Hierzu erden Expositionskategorien gebildet. Das BfR bechreibt dabei für die weitere Stoffbewertung Alternativethoden, mit denen sich auch jenseits des Basisdatenatzes viele Tierversuche vermeiden lassen. Darauf will ch jetzt im Einzelnen nicht eingehen. Der Ansatz des fR zeigt jedoch, dass ein Paradigmenwechsel möglich st, wenn man es politisch tatsächlich will. Lassen Sie mich abschließend noch ein paar Worte zu em eingebrachten Antrag der Regierungsfraktionen saen. Die Wandlung von Bündnis 90/Die Grünen und PD ist hier in der Tat gewaltig. Nur zur Erinnerung: ir haben in dieser Legislaturperiode – über lange Zeit ls einzige Fraktion – mehrere vergebliche Versuche unrnommen, den Tierschutz im Rahmen der europäichen Chemikalienpolitik zu verbessern. Wir haben chon in unserem Antrag vom November 2003 mehr orschungsgelder für Alternativmethoden, eine gemeiname Nutzung von Datenmaterial nach dem Beispiel des 20 a des deutschen Chemikaliengesetzes sowie die usrichtung an Risiko und Exposition gefordert. er wurde von der Mehrheit dieses Hauses abgelehnt. (Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Zu Recht!)


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Genau!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Doch die bereits zitierte Expertenanhörung im No-
ember letzten Jahres hat die Ansicht von CDU und
SU bestätigt, dass es im Zusammenhang mit REACH
nd Tierversuchen doch noch nicht optimal läuft. Des-
alb haben wir im Januar dieses Jahres einen neuen An-
rag vorgelegt, den wir heute in zweiter Beratung debat-
ieren. Obwohl Sie ihm in der ersten Beratung ablehnend
egenüberstanden und ihn als überflüssig betrachteten,
urde schließlich doch vorgeschlagen, einen fraktions-
bergreifenden Antrag zu erarbeiten. Aufgrund der vom
undeskanzler nun angestrebten Verkürzung der Wahl-
eriode fehlt einfach die Zeit, einen solchen Antrag frak-
onsübergreifend und auch innerhalb der Fraktionen
usführlich zu beraten. Wir bedauern das ausdrücklich.






(A) )



(B) )


Dr. Maria Flachsbarth

Dass Sie nunmehr einen eigenen Antrag einbringen,

ist ohne Zweifel prinzipiell ein Schritt in die richtige
Richtung, doch es fehlt der explizite und zentrale Hin-
weis auf Risiko und Exposition. Ich habe im Rahmen
dieser Rede dargelegt, warum dieser Ansatz so zentral
ist und dass auch das Bundesinstitut für Risikobewer-
tung, ohne Zweifel einer der hervorragenden Experten
bei diesem Thema, inhaltlich völlig auf unserer Seite
steht.

Eine Überarbeitung ist leider kaum noch möglich, da
der Antrag in der vermutlich nur noch kurzen Zeit dieser
Legislaturperiode durch das Beratungsverfahren ge-
peitscht werden soll. Sie können daher unser grundsätz-
lich gemeinsames Ziel einfacher und besser erreichen,
meine Damen und Herren von Rot-Grün: Stimmen Sie
unserem Antrag zu, um damit die Bundesregierung, üb-
rigens ganz gleich welcher Couleur, zu einem nach-
drücklichen Handeln im Ministerrat aufzufordern und
damit den Tierschutz in Europa zu stärken. Lassen Sie
uns REACH gemeinsam besser machen und unterstützen
Sie unseren Antrag!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518203700


Ich erteile das Wort der Kollegin Doris Barnett, SPD-
Fraktion.


Doris Barnett (SPD):
Rede ID: ID1518203800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eu-

ropa ist ein Thema, das uns immer stärker begleitet,
nicht nur bei der Verfassung und den Grundrechten,
nein, auch das tägliche Leben und der Arbeitsplatz wer-
den zunehmend europäischer. Wir als Abgeordnete tra-
gen dabei eine große Verantwortung dafür, dass sich die-
ses Europa für seine Menschen und seine Wirtschaft
positiv entwickelt und ein starker, wettbewerbsfähiger
globaler Wirtschaftsraum wird. Nur so werden wir es
schaffen, dass Europa von seinen Menschen angenom-
men wird. Deshalb wird auf unser Betreiben hin zum
Beispiel auch die Dienstleistungsrichtlinie massiv verän-
dert, sodass Arbeitsmärkte eben keinen Schaden neh-
men. – Zumindest so viel zu der unerträglichen Legen-
denbildung von heute Morgen.

Jetzt steht ein Thema für Spezialisten auf der Tages-
ordnung. Aber in seiner Umsetzung betrifft dieses
Thema fast jeden. REACH ist, nebenbei gesagt, nicht
das Ergebnis von Unfällen mit Kloreinigern, sondern ist
auf die großen Rheinunfälle in den 80er-Jahren zurück-
zuführen, aufgrund deren sich die CDU/CSU verpflich-
tet fühlte, ein Umweltministerium einzurichten, von dem
sie heute nichts mehr wissen will.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Es geht in dem Zusammenhang um Altstoffe! Das ist sachlich falsch!)


Die CDU/CSU ist und bleibt reaktiv, während wir mit
dem Problem proaktiv umgehen.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


REACH als Teil des europäischen Chemikalienrechts
at Auswirkungen auf fast alle Unternehmen in unserem
and. In der deutschen Chemiebranche sind über
65 000 Menschen beschäftigt,


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: So ist das!)


ein großer Teil von ihnen in mittelständischen Unter-
ehmen.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Ganz genau!)


ie chemische Industrie ist und bleibt ein starkes Stück
eutschland.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Ihr macht sie kaputt!)


as ist der Grund dafür, dass wir uns in die europäische
esetzgebung gerade zu REACH massiv eingemischt
aben –


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Das ist gar nicht wahr! – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/ CSU]: Wann denn?)


m Interesse unserer Unternehmen, unserer Arbeitneh-
erschaft und unserer Verbraucher und Verbraucherin-
en; denn das Vertrauen in die Produkte ist doch das A
nd O auch für Innovationen in den Unternehmen und
amit für den Erfolg unserer Unternehmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist doch da!)


Dass diese Einmischung Früchte trägt, sieht man an
en Veränderungen, die die Kommission an dem Vor-
chlag bereits vorgenommen hat. Aber natürlich hat sich
uch bei unseren Unternehmen viel getan. So gibt es die
elbstverpflichtung, für die Stoffe einen aussagekräfti-
en Mindestdatensatz zum Schutz von Mensch und Um-
elt und zur Gefahrenabwehr für die Beschäftigten zu
rheben, aufgrund dessen auch bei Unfällen schnell und
achkundig reagiert werden kann.
Deutschland als der größte Chemiestandort in Europa

at erhebliches Interesse an einer Verordnung, die unsere
nternehmen, besonders den Mittelstand, stärkt. Des-
alb setzen wir beispielsweise auch darauf, in Europa zu
iner Datennutzung zu kommen, wie sie das deutsche
hemikaliengesetz in Bezug auf die Verwertung von
ltstudien kennt. Dabei haben wir auch die Unterstüt-
ung von Großbritannien und Ungarn, die das Prinzip
one substance, one registration“ und damit unsere Ziel-
etzung aufgreifen. Wir wollen allerdings die wirtschaft-
ichen Belange aller Unternehmen wahren. Die nutznie-
enden Unternehmen können auf vorhandene Daten
urückgreifen, brauchen den gesamten Prozess also
icht noch einmal zu durchlaufen. Allerdings sind sie
ann zur anteiligen Übernahme der Kosten der Daten-
rhebung verpflichtet. Das bietet Sicherheit, Schnellig-
eit und Kostengerechtigkeit – also eine Win-win-Situa-
ion für alle Beteiligten, gerade auch für den Mittelstand.






(A) )



(B) )


Doris Barnett

Der mittelständische Verwender von chemischen Er-

zeugnissen der Großindustrie wird Vorteile haben, selbst
dann, wenn er mit seiner Zubereitung der Chemikalien
von der vorgesehenen Verwendungsmöglichkeit abwei-
chen will. Denn er kann vom Hersteller verlangen, auch
diese abweichende Verwendung risikoseitig zu prüfen.
Wenn er Bedenken wegen der Geheimhaltung seiner
Verwendung hat, kann er diese direkt der zentralen Be-
hörde anzeigen.

Damit und mit anderen Änderungen hat die EU-Kom-
mission bereits den Versuch unternommen, in möglichst
vielen Punkten der betroffenen mittelständischen Wirt-
schaft entgegenzukommen. Die durch den jetzt vorlie-
genden Verordnungsvorschlag, der auch alternative Ver-
fahren vorsieht, entstehenden Gesamtkosten können so
für einen Zeitraum von circa 15 Jahren auf insgesamt 3
bis 5 Milliarden Euro gesenkt werden, nachdem ur-
sprünglich von weit höheren Kosten die Rede war. Das
ist unserer Meinung nach auch von der chemischen In-
dustrie zu schultern.

Mit dem bereits erwähnten Prinzip „one substance,
one registration“ kann das Registrierverfahren gestrafft
und können Doppelmeldungen verhindert werden. Das
ist gerade bei Tierversuchen – selbst wenn sie noch so
notwendig sind – ein entscheidendes Kriterium. Auch
der Vorschlag einer Vorregistrierung von Stoffen ist all-
gemein auf Sympathie gestoßen.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Warum hat der Minister das denn nicht vorgeschlagen?)


Entscheidend wird nun sein, ob EU-weit eine Eini-
gung über den Inhalt des dazu notwendigen Kundenda-
tensatzes zustande kommt. Wir kennen die Bedenken
insbesondere der mittelständischen Unternehmen, die ei-
nen zu hohen, wettbewerbsverzerrenden Aufwand bei
der Umsetzung von REACH befürchten. Wir sind aber
sicher, dass das System Gewinner hervorbringen wird.
Das werden diejenigen sein, die flexibel und proaktiv
auf die Neuerungen reagieren werden und die Abwei-
chungsangebote des REACH-Systems, zum Beispiel im
Einzelfall vom reinen Tonnenmaßstab zu einer mehr ri-
siko- oder expositionsbezogenen Bewertung überzuge-
hen, zu nutzen wissen.

Unsere Mittelständler, meine Damen und Herren,
können sicherlich mit den Regelungen von REACH bes-
ser umgehen als mit einer möglichen Alternative,


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Sagen Sie einmal, für welchen Antrag reden Sie eigentlich?)


die dann vielleicht so aussehen könnte wie das anglo-
amerikanische Haftungsrecht.


(Birgit Homburger [FDP]: Ist doch unglaublich, was hier abgeht! Eine Unterstellung nach der anderen!)


Dort werden am Anfang zwar Kosten eingespart, doch
ein Schadensfall kann eine unbezahlbare Lawine auslö-
sen und zum Ruin der Firma führen. Da haben wir in Eu-
ropa doch viel Besseres zu bieten.

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(C (D Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518203900


Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
ollege Dr. Wilhelm Priesmeier, SPD-Fraktion.


Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1518204000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Man könnte heute Morgen den Eindruck gewin-
en, dass Tierschutz und Strategien der Verbesserung
es Tierschutzes im Hinblick auf REACH ausschließlich
ine Erfindung der CDU/CSU wären.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist so!)


Dem ist mit Sicherheit nicht so.

(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Hat Herr Trittin doch gerade gesagt!)

ir haben, gerade was die Entwicklung alternativer Me-

hoden zu Tierversuchen angeht, in Deutschland eine Er-
olgsstory geschrieben, die auch international Anerken-
ung findet. Dass Sie daran nicht ganz unbeteiligt sind,
telle ich gar nicht in Abrede.
Wir haben 266 Forschungsvorhaben in diesem Be-

eich durch Investitionen in einer Größenordnung von
6 Millionen Euro aus Haushaltsmitteln unterstützt. Das
st international einmalig.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist wunderbar! Das ist großartig! Das steht in guter Tradition!)


us dem Grunde stehen wir auch international in einer
ntsprechenden Position. So wird auch der große inter-
ationale Kongress über Alternativen zu Tierversuchen
ier in Deutschland im August stattfinden. Ich kann je-
en nur auffordern, daran teilzunehmen. Auch die Ex-
erten können sich da vielleicht noch einige Anregungen
olen. Das kann man natürlich nicht losgelöst von der
ebatte zu REACH sehen. Dass aber heute Morgen wie-
er einmal versucht wird, den Tierschutz zu instrumenta-
isieren und hier letztendlich eine Stellvertreterdebatte
u führen, halte ich nicht für angemessen. Ich glaube, es
äre besser, wenn wir auf den Boden der Tatsachen zu-
ückkehren.
Es gibt einige Probleme, die es zunächst einmal zu

ewältigen gilt. Da ist die Frage der Evaluierungsver-
ahren auf der europäischen Ebene. Die 1991 gegrün-
ete europäische Einrichtung ECVAM ist in Bezug auf
ie Evaluierung von bereits vorhandenen alternativen
erfahren weitestgehend ungeeignet. Wir haben in
eutschland mithilfe der Förderung aus Steuertöpfen
ine ganze Reihe von Verfahren entwickelt, interessante
lternativen, die für die Industrie mit Sicherheit kosten-
ünstiger sind als herkömmliche Tierversuche. Es man-
elt aber an der Validierung.






(A) )



(B) )


Dr. Wilhelm Priesmeier


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Was hat die Bundesregierung dafür auf europäischer Ebene getan?)


Selbiges stellen wir im Rahmen der Validierungsver-
fahren auf der Ebene der OECD in Paris fest. Bereits
vorhandene Verfahren in dem Bereich kommen im Au-
genblick gar nicht zur Anwendung. Dagegen gilt es zu-
nächst einmal etwas zu tun.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Und was tun Sie?)


Dafür müssen wir uns einbringen und unseren Einfluss
in Brüssel geltend machen, auch im Rahmen der Debatte
über REACH.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Und was tun Sie? Und was tut Ihr Minister?)


Sie brauchen jetzt nicht davon zu reden, dass hier ein
Paradigmenwechsel vollzogen werden soll: Der ist an
sich längst vollzogen.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Leider nicht! Das müssen wir erst machen!)


In den Köpfen der Beteiligten, der Forscher an alterna-
tiven Methoden, ist dieser Paradigmenwechsel schon
lange vollzogen.

Schon bei der Debatte im Februar hatten wir, wenn
ich mich recht erinnere, eine relativ große Gemeinsam-
keit auch in den Schlussfolgerungen erreicht, gerade im
Hinblick auf den Tierschutz. Darum betrübt es mich ein
bisschen, dass wir diese Gemeinsamkeit in dem Antrag
nicht haben weiterentwickeln können.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Aber warum haben Sie Risiko und Exposition in dem Zusammenhang völlig ausgeblendet?)


Wir brauchen in dem Zusammenhang sicher einen men-
genbezogenen Ansatz plus – unter dem Aspekt der Risi-
kobewertung – eine expositionsbezogene Aussage; denn
nur beides gemeinsam macht Sinn.

Wir unterhalten uns hier über Mengen größer als
1Tonne. Das ist sicherlich relevant. Es wurde festge-
stellt, dass wir ungefähr 500 000 Tonnen Weichmacher
produzieren, die sich bis in das Fettgewebe der Robben
in der Antarktis nachweisen lassen. Anhand der Analy-
sen der Duftstoffe, beispielsweise Moschus, in der Mut-
termilch zum Beispiel kann man genau erkennen, wel-
che Duftstoffe im Augenblick am Markt erkennbar gut
verkauft werden.

Das ist doch eine sehr bedenkliche Entwicklung. Aus
diesem Grunde ist die Anforderung an die Unternehmen,
die Ungefährlichkeit einer Substanz nachzuweisen,
doch richtig. Das ist besser, als hinterher, wenn das Kind
in den Brunnen gefallen ist und die Schäden aufgrund
der Gefährlichkeit, die man dann feststellt, eingetreten
sind, diese Substanzen vom Markt zu nehmen.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Dagegen sagt doch keiner was! Das ist doch okay!)


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(C (D Dieser Grundsatz ist richtig und deshalb gilt es, ihn ielgerichtet weiterzuentwickeln. Das gilt auch und vor llem unter dem Aspekt des vorsorgenden Verbraucherchutzes; denn dieser ist bei vielen mit Blick auf die Prouktsicherheit noch nicht in den Fokus der Betrachngsweise gerückt. Eine Konsequenz aus REACH ist, erade in dem Bereich einen besonderen Schwerpunkt u setzen. Bei diesem Prozess müssen all die Verfahren und öglichkeiten, die wir haben – von Strukturwirkungsnalysen über die Alternativverfahren, die bereits entwikelt worden sind oder sich unmittelbar in der Entwickng befinden –, einbezogen werden. Die vermeintlichen osten für die Versuche – das kann man in der EU-Stuie nachlesen – (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Die können sogar sinken!)


ewegen sich beim Einsatz aller bislang schon bekann-
n Alternativverfahren in einer Größenordnung von
000 bis 12 000 Euro. Das ist eine Größenordnung, die
ür die Hersteller, auch für die mittelständischen Herstel-
r, durchaus bezahlbar ist, gerade vor dem Hintergrund,
ass es in diesem Bereich erträgliche Gewinnspannen
ibt.
In diesem Sinne appelliere ich an Sie: Kehren Sie zu-

ück zur Gemeinsamkeit und lassen Sie uns die positiven
nsätze, die wir haben, weiterentwickeln! Ich würde
ich freuen, wenn Sie unserem Antrag zustimmen wür-
en, weil er letztendlich konsequenter ist.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Wenn Sie heute erst mal unserem Antrag zustimmen, können wir ja nächste Woche noch mal gucken!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518204100

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der

raktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/5454 mit
em Titel „Für ein umwelt-, innovations- und mittel-
tandsfreundliches REACH“. Wer stimmt für diesen An-
rag? – Wer stimmt dagegen? – Wer möchte sich der
timme enthalten? – Der Antrag ist mit Mehrheit abge-
ehnt.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 17 b. Hier

eht es um die Abstimmung über den Antrag der Frak-
ionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf der
rucksache 15/5686 mit dem Titel „Alternativen zu
ierversuchen – REACH nutzen“.
Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage-

en? – Wer enthält sich der Stimme? – Der Antrag ist
it Mehrheit angenommen.
Tagesordnungspunkt 17 c: Abstimmung über die Be-

chlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit auf Drucksache 15/5720
u dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

„REACH als Chance für einen Paradigmenwechsel nut-
zen – Alternativmethoden statt Tierversuche“. Der Aus-
schuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/4656
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der
Stimme? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Zusatzpunkt 11: Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit auf Drucksache 15/5747 zu dem
Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel „Leistungs-
fähigkeit der Chemiewirtschaft in Deutschland und Eu-
ropa erhalten“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
Drucksache 15/5274 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich der Stimme? – Auch diese Beschlussemp-
fehlung ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 16:
– Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
… Strafrechtsänderungsgesetzes – §§ 303,
304 StGB (… StrÄndG)

– Drucksache 15/5313 –

(Erste Beratung 173. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Wolfgang Bosbach, Dr. Jürgen Gehb,
Daniela Raab, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs
eines … Strafrechtsänderungsgesetzes – Graf-
fiti-Bekämpfungsgesetz – (… StrÄndG)

– Drucksache 15/5317 –

(Erste Beratung 173. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Dr. Norbert Röttgen, Cajus Julius
Caesar, Dr. Wolfgang Götzer, weiteren Abge-
ordneten und der Fraktion der CDU/CSU ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Strafgesetzbuches – Graffiti-
Bekämpfungsgesetz –
– Drucksache 15/302 –

(Erste Beratung 22. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines … Strafrechts-
änderungsgesetzes – Graffiti-Bekämpfungs-
gesetz – (… StrÄndG)

– Drucksache 15/404 –

(Erste Beratung 28. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)

– Drucksache 15/5702 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Joachim Stünker
Daniela Raab
Jerzy Montag
Jörg van Essen

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(C (D Für diese Debatte ist nach einer interfraktionellen ereinbarung eine halbe Stunde vorgesehen. – Dazu öre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so vereinbart. Ich eröffne die Aussprache. Ich erteile das Wort zu ächst dem Kollegen Hans-Joachim Hacker für die SPDraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Heute ist ein guter Tag, Herr Gehb: Die Union at sich eines Besseren besonnen und sich unserem Geetz angeschlossen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/ CSU]: Das ist aber witzig! – Daniela Raab [CDU/CSU]: Das ist jetzt aber lustig!)

Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1518204200

o bleibt mir – ich hoffe, da spreche ich im Namen aller
eteiligten – nur ein Appell an die Länder, im Bundesrat
as Ihre zu tun, damit dieses Gesetz in Kraft treten kann.
enn uns das gelingt, dann sollten wir uns alle darüber

reuen. Heute leisten wir unseren Beitrag dazu.
Bereits nach geltendem Recht sind illegale Graffiti
das wird oft vergessen – keine Bagatelle. Strafrechtlich
roht den Sprayern nämlich schon heute eine Freiheits-
trafe bis zu zwei Jahren wegen Sachbeschädigung.
isher jedoch ist die Beweisführung in Prozessen zur
eststellung der Substanzbeschädigung – das war das ei-
entliche Problem – oft langwierig und mit kostenträch-
igen Gutachten verbunden. Deshalb ist eine Gesetzesän-
erung sinnvoll, durch die das Gericht dem Verdächtigen
ie Tat und die Sachbeschädigung besser nachweisen
ann. Genau dies bezweckt der von der Koalition einge-
rachte Gesetzentwurf. Er erleichtert die gerichtliche
eststellung der Sachbeschädigung. Das Erfordernis auf-
endiger Gutachten im Strafprozess wird nun in einer
ielzahl von Fällen entfallen können.
Mit diesem Gesetz wird außerdem klargestellt, dass

ünftig nur noch solche Veränderungen keine Sachbe-
chädigung mehr sind, die ohne Aufwand binnen kurzer
eit von selbst wieder vergehen oder entfernt werden
önnen, zum Beispiel Verhüllungen, Plakatierungen mit-
els ablösbarer Klebestreifen oder ein Kreide- bzw. Was-
erfarbenauftrag.
Strafrecht ist allerdings nur ein Instrument von meh-

eren, die zur Graffitibekämpfung erforderlich sind. Für
trafrecht ist der Bundesgesetzgeber – das sind wir – zu-
tändig. Es liegt also in unserem Verantwortungsbereich
nd wir müssen hier, wie man so sagt, unseren Job ma-
hen.


(Peter Götz [CDU/CSU]: Höchste Zeit!)

Prävention ist und bleibt bei der Graffitibekämpfung

orrangig. Hierbei sind Länder, Städte, Gemeinden, Ver-
ehrsbetriebe, Interessenverbände, Vereine und nicht
uletzt vor allem die Bürgerschaft gefordert. Wir alle
issen, dass es auch Vereine gibt, die sich vor allem in
iesem Bereich sehr engagieren. Ich habe in meiner
eimatstadt Schwerin, also in der Hauptstadt des Landes
ecklenburg-Vorpommern, ein solches Projekt angesto-






(A) )



(B) )


Hans-Joachim Hacker

ßen. Wir machen dort jetzt mobil: Aus der Bürgerschaft
heraus kommt eine Initiative zur Umsetzung von Prä-
vention im praktischen Leben.

Prävention muss bereits im Elternhaus und in den
Schulen anfangen: Lehrer und Eltern müssen über den
Wert und Nutzen öffentlicher Einrichtungen sprechen
und Respekt vor dem Recht anderer, auch vor dem
Eigentumsrecht, vermitteln. Das ist selbstverständlich.
Sie müssen deutlich machen, dass illegale Graffiti kein
harmloser Scherz sind. Erziehen und aufklären heißt,
klipp und klar zu sagen: Unbefugtes Sprayen verletzt an-
derer Leute Eigentum und ist eine strafbare Handlung.

Es muss ebenso deutlich gesagt werden, dass es für
den Nachwuchs nicht nur strafrechtliche, sondern auch
zivilrechtliche Konsequenzen gibt. Kinder und Jugend-
liche zwischen dem siebenten und dem 18. Lebensjahr
sind nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch für verursachte
Schäden grundsätzlich verantwortlich. Zivilrechtlich haf-
ten Täter für die gesamte Schadenshöhe, die durch das
Entfernen der Schmierereien und die daraus resultie-
rende Notwendigkeit der Schadensbeseitigung entsteht.
Das kann richtig teuer werden.

Können die Täter diese Schäden nicht begleichen,
kann der Geschädigte einen Schuldtitel erwirken, der
30 Jahre lang durch einen Gerichtsvollzieher vollstreck-
bar ist. Oftmals geht mit einer solchen Schuldtitelerklä-
rung auch ein SCHUFA-Eintrag einher. Dieser kann zur
Folge haben, dass Jugendliche, die Anträge auf die Er-
öffnung eines Girokontos stellen oder einen Handyver-
trag abschließen möchten, in Schwierigkeiten geraten.

Prävention ist von den Städten und Gemeinden ge-
fordert, vor allem wenn es darum geht, Nachahmungsef-
fekte zu verhindern. Tatsächlich ist die präventive Wir-
kung einer raschen Beseitigung der Farbschmierereien
nicht hoch genug einzuschätzen. Genau an dieser Stelle
muss angesetzt werden. So können wir einen Erfolg der
Sprayer vereiteln, die im Grunde genommen erreichen
wollen, dass ihr Werk von möglichst vielen Menschen
gesehen wird. Deshalb müssen Graffiti schnell beseitigt
werden. Dadurch wird der Erfolg der Sprayer infrage ge-
stellt oder, noch besser, gegenstandslos.

Meine Damen und Herren, es gibt zahlreiche Präven-
tionsmaßnahmen, die vor Ort realisiert werden. Nicht
zuletzt richtet sich mein Appell an die Bürgerinnen und
Bürger; sie müssen sich ebenso verantwortlich fühlen,
vor allem dürfen sie nicht wegschauen, wenn jemand öf-
fentliche Einrichtungen oder Privateigentum beschä-
digt. Sie müssen gemeinsam mit der Polizei und den
Ordnungskräften der kommunalen Verwaltung dafür
Sorge tragen, dass Graffitisprayer angezeigt werden. Das
ist die Konsequenz strafbaren Handelns.

Es gibt schon etliche kommunale Präventionsaktivitä-
ten, die bei der Verhinderung illegaler Graffiti vorbild-
lich sind. Dazu gehören Jugendprojekte, Öffentlichkeits-
arbeit in den Kommunen und Vernetzungsleistungen in
diesem Bereich. Ich möchte alle, zuallererst die Kommu-
nen, ermuntern, in diesen Bemühungen nicht nach-

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(C (D ulassen. Sie sind der beste Schutz gegen Graffiti, die ittlerweile die Stadtbilder in einer schlimmen Weise erunstaltet haben. Diesem Ziel wird unser Gesetzentwurf gerecht. Wir eisten damit das Notwendige für den strafrechtlichen ereich, für den – ich sagte es – wir zuständig sind. Ofenbar ist endlich auch die Unionsfraktion bereit, auf iesem Weg mitzugehen. (Daniela Raab [CDU/CSU]: Ach, Herr Hacker, bitte! Sie müssen schon selber lachen!)


assen Sie mich abschließend sagen: Ansichten ändern
ich durch Einsichten.

(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Das muss ge rade von der Seite kommen!)

er sich korrigiert, zeigt, dass er nicht unverbesserlich

st.

(Zuruf von der CDU/CSU: Es darf gelacht werden!)

n diesem Sinne wünsche ich den Kolleginnen und Kol-
egen der Union weiter gute Besserung.


(Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt wird’s kabarettistisch!)


Zu guter Letzt möchte ich Herrn van Essen ein Wort
idmen. Die FDP ist unserem Gesetzentwurf bislang
icht beigetreten. Das sollte sie heute nachholen, heute
aben Sie die Chance.


(Jörg van Essen [FDP]: Mit Sicherheit nicht!)

pringen Sie über den kleinen Bach. Dann könnten Sie
ich auch sehr schnell von Ihrem Vorschlag, der nach
ie vor den Tatbestand des Verunstaltens enthält, verab-
chieden.


(Jörg van Essen [FDP]: Wir sind schon längst davon weg! Das wissen Sie doch! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Sie sind gar nicht auf dem richtigen Stand!)


iesen hat die Union richtigerweise mittlerweile aufge-
eben.


(Jörg van Essen [FDP]: Wir sind mittlerweile davon weg!)


Wenn das so ist, Herr van Essen, dann stimmen Sie zu.
ann können wir den Gesetzentwurf heute gemeinsam
erabschieden.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Sie sind in der falschen Legislaturperiode!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518204300

Das Wort hat nun die Kollegin Daniela Raab, CDU/
SU-Fraktion.






(A) )



(B) )



Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1518204400

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Herr Hacker, bei Ihrem Eingangssatz, mit dem Sie
unsere vermeintliche Einsicht bezüglich der Graffiti be-
grüßt haben, mussten Sie berechtigterweise selber vor
sich hin lachen, wir auch. Es ist nämlich wirklich fast
frech, wenn Sie hier sagen, endlich sei die Union zur
Einsicht gekommen. Wer hat uns denn jahrelang, wenn
nicht sogar jahrzehntelang,


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es! Genau so ist es! – Zuruf von der CDU/CSU: Da drüben sitzen die Täter!)


im Ausschuss belehrt? Wer hat denn die Graffitibekämp-
fung blockiert? Das waren doch nicht wir, das waren Sie.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es war immer mit der Behauptung verbunden, es gebe in
diesem Bereich überhaupt kein Bedürfnis für eine Ände-
rung des Strafgesetzbuches. Die Grünen haben das
Ganze dann immer noch als Bagatelldelikte Jugendlicher
hingestellt


(Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU)


und gemeint, man sollte die Kirche im Dorf lassen. In
der Tat, Kabarett ist fast nichts gegen das, was Sie hier
aufführen.

Graffiti sind ganz klar – da sind wir Ihnen Jahre vo-
raus gewesen – kein Kavaliersdelikt, das man kleinreden
kann, sondern eine Straftat. Umgekehrterweise begrüßen
wir nun Ihre Einsicht auf diesem Gebiet. Wir von der
Union und der FDP haben schon immer die Notwendig-
keit erkannt, dass der gerichtlichen Praxis ein klar aus-
formulierter Straftatbestand an die Hand gegeben
werden muss. Denn bisher war es gewieften Sprayern
immer wieder möglich, sich allzu leicht ihrer Bestrafung
zu entziehen. So benutzten sie zum Beispiel für ihre Ak-
tionen schlicht Oberflächen, von denen die Schmiere-
reien mehr oder weniger leicht zu entfernen waren. Da-
mit entfiel die Substanzverletzung an der Sache und
somit auch die Strafbarkeit der Tat. Außerdem konnten
die Täter aufgrund dessen auch immer davon ausgehen,
dass es den Opfern oft zu umständlich und auch zu teuer
sein würde, ein Gutachten anfertigen zu lassen, um diese
Substanzverletzung, die für eine Bestrafung Vorausset-
zung war, letztlich zu beweisen.

Es ist ganz klar, dass durch die Ergänzung des Sachbe-
schädigungsparagraphen nicht zwingend mehr Sprayer
gefasst werden. Es geht uns aber schlicht und ergreifend
darum, dass diejenigen, die gefasst werden, eine ange-
messene Bestrafung erfahren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das kann eine Geldstrafe sein. Wirksamer ist es sicher-
lich – da sind wir uns sicher einig –, die Sprüher an die
Häuserwände zu schicken, die sie vorher besprayt haben,
und das Ganze wieder abkratzen zu lassen. In München
wurde das schon erfolgreich erprobt.

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(C (D Es geht uns auch darum, bereits im Vorfeld eine bschreckende Wirkung durch eine entsprechende geetzliche Regelung zu erzeugen. Polizeiliche Ermittlunen insbesondere in Berlin ergeben oft, dass die Täter it der jetzt noch geltenden Rechtslage überaus vertraut ind und ziemlich genau wissen, wann sie bestraft weren können und wann nicht. Außerdem wird uns berichet – auch dagegen müssen wir uns als Gesetzgeber wehen –, dass sich ganze Graffitibanden bilden, die bereit ind, ihre Sprühreviere, die sie vorher markant untereiander aufgeteilt haben, mit Gewalt zu verteidigen. Leen Sie dies in der „Berliner Morgenpost“ vom 26. Mai ieses Jahres nach! So ist es nämlich Ende Mai in Oraninburg geschehen, wo die Polizei eine ganze Sprayerruppe hochgehen lassen konnte. Zu alledem kommt natürlich hinzu – dazu wird Kol ege Götz nachher sicherlich etwas sagen –, dass eine geäufte Ansammlung von Graffiti-Tags an Häuserwänden ei den Bürgern den Eindruck der Verwahrlosung hinrlässt und auch zu einem Gefühl der Bedrohung führt. uch diesen Aspekt dürfen wir natürlich nicht vernachssigen. Ganze Viertel verlieren an Attraktivität und vor llem auch an Wohnwert. All das kommt Ihnen natürlich bekannt vor. Wir ha en es Ihnen vielfach vorgetragen. Auch der Bundesrat at eine Formulierung vorgelegt, die auf die nicht nur nerhebliche Veränderung einer Sache gegen den Willen es Berechtigten abstellt. Die Sachverständigenanhöung hat ein klares Votum für diesen Wortlaut ergeben, em wir uns von Unionsseite mit einem gleich lautenden esetzentwurf angeschlossen haben. Ihre Haltung blieb trotz all dieser Fakten, die man icht von der Hand weisen kann, jahrelang unerschütterch ablehnend. n mehreren Ausschussberatungen haben Sie wiederholt ine Abstimmung abgelehnt, während Ihre Frau Ministein Zypries in Interviews richtigerweise immer wieder etont hat, wie wichtig es sei, eine gesetzliche Regelung erbeizuführen. Ihr Innenminister wollte den Sprayern uch noch Hubschrauber hinterherschicken. Das, glaube h, brauchen wir hier nicht weiter auszudiskutieren. Der letzte Akt zu „Graffiti und kein Ende“ nahm dann nerwarteterweise eine sehr überraschende Wendung. Wenn Sie mir zugehört hätten, wüssten Sie, warum wir tzt so überrascht sind. (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Selbst dann wüsste er es nicht!)


(Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: So?)


urz vor der NRW-Wahl hat – dies hat Ihnen aber nicht
eholfen – auf Ihrer Seite ein geradezu rasanter Sinnes-
andel eingesetzt. Plötzlich gab es einen eigenen Ent-
urf von Rot-Grün.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das ist ein Wunder!)







(A) )



(B) )


Daniela Raab

– Es war wirklich ein Wunder. Es geschehen also noch
Wunder; das stimmt mich hoffnungsvoll. – Man hat jetzt
also erkannt: Es gibt in der Tat in der Praxis Probleme
bei der Auslegung des Sachbeschädigungsparagraphen.
Man schließt daraus Handlungsbedarf: Man möchte fast
sagen: „Auch schon auf?“ und die Frage aufwerfen, ob
vielleicht ein paar grüne Kollegen bei dieser Entschei-
dung gerade nicht im Raum waren.

Sei es, wie es sei: Ihr Gesetzentwurf wird uns nun als
großer Durchbruch verkauft. Strafbar macht sich nach
Ihrem Entwurf, „wer unbefugt das Erscheinungsbild ei-
ner fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur
vorübergehend verändert“. Ob sich diese Formulierung
in der Praxis bewährt, wird sich zeigen. Wir sind nach
wie vor der Meinung, dass unser Entwurf bzw. der Ent-
wurf des Bundesrates der bessere gewesen wäre,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

weil wir nur mit diesem Entwurf Auslegungsschwierig-
keiten weitestgehend vermieden hätten.

Deshalb bedauern wir immer noch sehr, dass Sie sich
nicht dazu durchringen konnten, unserem Gesetzentwurf
zuzustimmen. Aber Sie wissen ja, wie es manchmal ist:
Der Klügere gibt nach; das sind in diesem Fall wir.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Nicht so viel Eigenlob!)


– Immer wieder gern.
Ihr Gesetzentwurf begeistert uns wahrlich nicht.

(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Er soll Sie auch nicht begeistern! Begeisterung ist hier nicht gefordert!)


Er ist eine Last-Minute-Lösung. Aber er lässt auf Ihrer
Seite Einsicht erkennen. Deswegen stimmen wir ihm
heute zu.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Richtig so! Zustimmung statt Begeisterung!)


Das sind wir der Bevölkerung schuldig, die direkt oder
indirekt den Großteil der Kosten trägt, die entstehen,
wenn die Graffiti wieder entfernt werden müssen, und
wir sind es den Betroffenen schuldig, denen zu Recht
das Verständnis für die bisherige Rechtslage fehlte. Des-
halb – und nur deshalb – stimmen wir Ihrem Gesetzent-
wurf heute zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518204500

Das Wort hat nun der Kollege Jörg van Essen, FDP-

Fraktion.

Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1518204600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Rede, die die Kollegin Daniela Raab gerade gehalten
hat, war eine Rede, die sich klar gegen den Gesetzent-
wurf von Rot-Grün wandte. Ich war etwas überrascht
über die Volte, die sie zum Schluss geschlagen hat. Herr

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(C (D ollege Hacker, wir machen diese Volte nicht mit, weil ir uns seit vielen Jahren dafür einsetzen, dass bei der raffitibekämpfung eine offensichtlich bestehende ücke im Strafrecht wirksam geschlossen wird. Die vielen Beratungen, die wir dazu durchgeführt ha en, weil Sie immer versucht haben, alle Verbesserungen u verhindern, die in diesem Bereich möglich gewesen ären, haben zu einem Text geführt, der auch die Untertützung des Bundesrates – übrigens nicht nur die der egierungen von CDU, CSU und der FDP, sondern auch ie früherer rot-grüner Landesregierungen, zum Beispiel er von Nordrhein-Westfalen – gefunden hat. Das zeigt, ass diese Lösung vernünftig ist. Wir können Ihnen allein deshalb nicht zustimmen, eil die bisherige Lücke, die darin zum Ausdruck ommt, dass insbesondere die Substanzverletzung häuig nicht nachgewiesen werden konnte, zwar geschlosen wird, gleichzeitig aber eine neue Lücke aufgerissen ird, und zwar durch das „nicht nur vorübergehend“. as wird das Schlupfloch sein, durch das die, die geerbsmäßig Graffiti anbringen, versuchen werden, ihre trafrechtliche Verfolgung zu unterbinden. Genau dieses ignal können wir nicht gebrauchen. Es muss klar sein, ass derjenige, der das Eigentum anderer beschädigt, it einer strafrechtlichen Konsequenz rechnen muss. afür wird sich die FDP immer einsetzen. Auch andere Signale müssen völlig klar sein: Sie ha en zu Recht einige Vereine angesprochen – ich denke twa an den Verein „Nofitti“ in Berlin –, die in den letzen Jahren eine segensreiche Tätigkeit ausgeübt haben. arüber hinaus muss die Empörung der Öffentlichkeit eutlich werden, beispielsweise durch die von diesen ereinen entwickelten Aktivitäten. Aber wenn es dann ktionen gibt wie die, von der ich noch heute lesen onnte, dass die Bundesregierung mit Steuermitteln eien Workshop „Graffiti als Öffentlichkeitsarbeit“ finaniert hat, durch den genau das unterstützt wird, was wir u verhindern suchen, dann ist das, wie ich finde, ein unlaublicher Skandal. Wenn man sieht, dass einerseits Steuergelder aufgeandt werden müssen, um die vielen Graffiti zu entferen, die unsere Städte und öffentlichen Fahrzeuge wie usse und Bahnen verunstalten, und dass andererseits ine Bundesregierung mit Steuermitteln auch noch diejeigen ausbildet, die diese Graffiti anbringen, dann halte ch das wirklich für einen Skandal. Daher gibt die FDP ein klares Signal: Wir werden die em Gesetzentwurf nicht zustimmen. Wir setzen uns daür ein, dass der Text, den der Bundesrat und die Berichtrstatter in vielen Gesprächen erarbeitet haben und der ine vernünftige Lösung darstellt, in das Strafgesetzbuch ufgenommen wird, nicht aber ein Placebo, wie es die oalition verabschieden will. Da werden wir nicht mitachen. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







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(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518204700

Ich erteile dem Kollegen Jerzy Montag, Bündnis 90/

Die Grünen, das Wort.

(Zurufe von der CDU/CSU: Lasst doch mal den Ströbele zu diesem Thema reden! – Wir wollen Ströbele hören! – Ja, Ströbele!)



Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1518204800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollegin-

nen und Kollegen! Lieber Herr Kollege van Essen, an-
sonsten bin ich hier im Hause andere Beiträge von Ihnen
gewohnt. Wir kennen uns inzwischen seit Jahren. Seit
drei Jahren sind wir gemeinsam im Rechtsausschuss.
Dort habe ich Sie eigentlich als einen nachdenklichen
und differenzierenden Kollegen kennen gelernt. Aber
heute tragen Sie hier im Hause Nachhutgefechte aus und
betreiben Schaumschlägerei,


(Jörg van Essen [FDP]: Überhaupt nicht!)

offensichtlich nur auf die Außenwirkung bedacht, nicht
aber an der Sache selbst orientiert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es ist, lieber Kollege van Essen, keine Kamelle von ges-
tern, sondern ein Gesetzentwurf aus der 15. Wahlperiode
– Drucksache 15/63 –, der als ersten Ihren Namen trägt
und mit dem Sie dem Deutschen Bundestag und damit
der deutschen Öffentlichkeit vorgeschlagen haben, den
Sachbeschädigungsparagraphen insoweit auszuweiten,
als auch strafbar sein soll, wenn jemand

eine Verunstaltung vornimmt, die nur mit größerem
Aufwand beseitigt werden kann.

Eine unklarere Formulierung als „nur mit größerem Auf-
wand“ kann man überhaupt nicht wählen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Mit diesem Text haben Sie sich aus der Sachdebatte ver-
abschiedet und einen anderen Vorschlag von Ihnen ken-
nen wir nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben deswegen viele

Jahre über dieses Thema gesprochen, weil es bis dahin
keinen Gesetzentwurf gab, der die Mehrheit des Hauses
hätte finden können.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Es ist wirklich nicht zu glauben! – Jörg van Essen [FDP]: Das lag doch an Ihnen!)


– Es hat keinen Vorschlag gegeben, der die Mehrheit des
Hauses hätte finden können. Erst mit unserem jetzigen
Vorschlag, dem Sie – dafür danke ich Ihnen ausdrück-
lich, meine Damen und Herren von der CDU/CSU – bei-
pflichten, haben wir einen Gesetzentwurf auf dem Tisch,
der die überbreite Mehrheit des Hauses findet. Das ist
nicht schlecht, das ist gut für unser Parlament und es
zeigt, dass unser Vorschlag der richtige ist.


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(C (D (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das zeigt es nicht, Herr Montag! Er hat nur kurzen Bestand!)


Sie können gerne intervenieren, aber lassen Sie mich
etzt einmal ausreden, lieber Herr Kollege Gehb!


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Sie reden doch immer dazwischen!)


Frau Kollegin Raab, die Debatte der Vergangenheit
ar auch geprägt von Emotionalisierungen, die der
achdebatte überhaupt nicht gedient haben.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

amit dies auch heute ins Protokoll Eingang findet, will
ch Ihnen drei Kostproben davon geben: Ihr Kollege
osbach ist in der Debatte über die Sachbeschädigung
um Seuchenpolitiker geworden: Er hat gesagt, man
üsse eine „Graffitiseuche“ eindämmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kollegin Raab, Sie brauchen gar nicht zu klat-
chen; denn Sie haben das in Ihrer eigenen Rede infrage
estellt. – Dazu bräuchte es, so Bosbach, bundesweite
ubschraubereinsätze. Das ist die Dimension, mit der
ie arbeiten!
Ein anderer Kollege aus Ihren Reihen, Herr Henkel,

at erklärt, dass man im Zusammenhang mit Sachbe-
chädigungen von „Bandenkriminalität“ zu reden habe.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: So ist es doch!)

ie Strafrechtler unter uns wissen, was es bedeutet,
enn man von Bandenkriminalität redet: Das ist him-
elweit weg von dem Phänomen, mit dem wir uns im
ahmen des Vorwurfs der Sachbeschädigung durch
raffiti zu beschäftigen haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Daniela Raab [CDU/CSU]: Das haben doch Ihre eigenen Sachverständigen erzählt!)


Um schließlich ein drittes Zitat aus Ihren Reihen zum
esten geben: Christoph Stölzl hat im Zusammenhang
it der Bekämpfung von Graffiti geäußert:

Hier zeigt sich die hässliche Fratze der Durchset-
zungsgesinnung und der Freude am Rechtsbruch.

a Sie jahrelang die Debatte so geführt haben, haben Sie
uf diesen groben Klotz nur einen groben Keil bekom-
en und deswegen sind wir in der Sache auch nicht wei-
ergekommen. Ich habe in meinem letzten Redebeitrag
u dieser Frage gesagt: Lasst uns sachlich bleiben,


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Wir waren jahrelang sachlich!)


asst uns abrüsten! Wir haben jetzt einen vernünftigen
orschlag gemacht, der die Bestrafung der Sachbeschä-
igung nicht ausweitet, der keine neuen Straftatbestände
chafft, der lediglich in der Praxis der Strafjustiz in ei-
em Unterfall der Beweisschwierigkeiten Klarheit
chafft – ich stehe dazu, diese Klarheit zu schaffen –, in-
em es nicht nur auf die Substanzverletzung, sondern
uf erhebliche und dauerhafte Veränderungen des






(A) )



(B) )


Jerzy Montag

äußeren Erscheinungsbildes einer Sache ankommt.
Damit wird die Justiz zurande kommen. Dies ist ein
praktikables Gesetz, dies ist ein vernünftiges Gesetz, die
Ultima Ratio – und nicht das Überschäumende, das Sie
uns bisher geboten haben. Deswegen finden Sie jetzt fast
das ganze Haus hinter diesem vernünftigen Ansatz ver-
sammelt.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518204900

Für die Bundesregierung spricht jetzt der Parlamenta-

rische Staatssekretär Alfred Hartenbach.
Al
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1518205000

Herr Präsident! Sehr verehrtes Präsidium! Liebe Kol-

leginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich ja sagen:
Es ist schon alles gesagt worden, nur nicht von jedem. –
Nachdem mich Frau Raab aber als Blockierer bezeichnet
hat


(Peter Götz [CDU/CSU]: Stimmt ja!)

und da Herr van Essen nicht von seinem Irrglauben ab-
weicht, muss ich doch noch ein paar Takte dazu sagen.

Es liegen nun fünf Entwürfe vor und wir nähern uns
endlich dem Ziel, eine minimale – wenn überhaupt vor-
handene – Strafbarkeitslücke zu schließen, die der
Bundesgerichtshof Anfang der 70er-Jahre – ich war da-
mals noch Staatsanwalt – mit der Straffreierklärung des
Beklebens von Telefonkästen mit Plakaten – die Deut-
sche Bundespost war damals der heftigste Anzeigeerstat-
ter – offen gelassen hat, indem er gesagt hat, das sei
keine Sachbeschädigung. Danach hat sich eine Recht-
sprechung entwickelt, die in der Tat einiges offen gelas-
sen hat. Es ist aber nur wenig; denn die Rechtsprechung
hat deutlich gemacht, dass bereits heute selbst eine ge-
ringfügige Substanzverletzung – sei sie auch erst bei
der Reinigung entstanden – strafbar ist.

Dennoch glaube, dass es zwei gewichtige Gründe
gibt, den Straftatbestand so zu ergänzen, wie wir das
jetzt tun.


(Peter Götz [CDU/CSU]: Warum haben Sie denn sechs Jahre dafür gebraucht?)


– Ach, Herr Götz, Sie haben 18 Jahre lang nichts ge-
schafft.


(Peter Götz [CDU/CSU]: Oh!)

– Wissen Sie, das sind die dümmsten Sprüche, die es
gibt, Entschuldigung. –


(Beifall bei der SPD – Daniela Raab [CDU/ CSU]: Emotionalisierung der Debatte!)


Zum einen gehören Farbschmierereien auch dann be-
straft, wenn die Substanz der Sache einmal nicht, auch
nicht geringfügig, verletzt sein sollte. Zum anderen halte
ich es als Staatsanwalt und Richter für eine unnötige Be-
lastung der Justiz, wenn der Richter Sachverständige be-

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(C (D chäftigen muss, um zu klären, ob im Einzelfall die ubstanz einer Sache verletzt worden ist oder nicht. Wir kommen heute zu einem Ergebnis, welches unter em Strich besagt, dass das Merkmal einer wesentlichen eränderung des äußeren Erscheinungsbildes einer ache, die nicht nur vorübergehender Natur sein darf, orliegen muss. Ich halte dies für ein wichtiges Korrekiv. Wer zum Beispiel Wäsche auf dem Balkon aufhängt, in Spruchband anbringt, etwas mit Schulkreide aufmalt der – ganz modern – mit einem Laser Schriften oder ilder an die Wand malt, die das Äußere eines Gebäudes rheblich verändern, die hinterher aber wieder weg sind, er handelt doch nicht strafbar. Denken Sie doch einfach inmal an die Sternsinger, die mit Kreide Zeichen aufalen. Die wollen Sie strafbar machen? (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Peter Götz [CDU/CSU]: Das ist aber ein guter Vergleich! – Daniela Raab [CDU/CSU]: Was Sie sagen, ist doch unerheblich! – HansJoachim Hacker [SPD]: Die Union ist gegen die Sternsinger!)


Vorübergehend heißt, dass die Veränderung ohne ei-
en nennenswerten Aufwand – so hat es der BGH ge-
agt – an Mühe, Zeit oder Kosten wieder behebbar sein
uss. Ich weiß, dass die Praxis mit diesem Korrektiv
ehr gut umgehen kann. Es wird nicht lange dauern, bis
ie Rechtsprechung darauf eingetaktet ist und sagen
ird, was das bedeutet.
Ich möchte noch etwas zu dem politischen Theater sa-

en, das Sie nicht nur in den letzten sieben Jahren, son-
ern heute auch wieder durch Herrn van Essen veranstal-
et haben. Da könnte man, wenn man, wie ich, auf dieser
eite Rechtspolitik betreibt, noch manche Ballade zitie-
en.
Wir alle sind uns einig: Graffiti sind nicht nur eine

törende und unschöne Farbschmiererei, die die Men-
chen beeinträchtigt, nein, sie verursachen auch einen
inanziellen Schaden. Für viele Menschen sind Graffiti
ber noch etwas anderes. Sie sind für sie ein Zeichen für
erwahrlosung, Unordnung und das Überhandnehmen
on Kriminalität.


(Zuruf von der CDU/CSU: Richtig! – Jörg van Essen [FDP]: So ist es!)


enn in einem Viertel vermehrt Graffiti angebracht und
icht gleich beseitigt werden, befürchten viele Men-
chen, Staat, Justiz und Polizei hätten es aufgegeben, für
hre Sicherheit sowie für Recht und Ordnung zu sorgen.
ch kann das sehr gut nachempfinden.
Das, was Sie gemacht haben, halte ich aber für ver-
erflich. Sie haben nämlich mit den Ängsten der Men-
chen gespielt und versucht, damit Politik zu machen.
ie suggerieren ständig, dass es eine einfache Lösung für
as Graffiti-Problem gibt: einen Federstrich des Gesetz-
ebers.


(Jörg van Essen [FDP]: Die gibt es gar nicht!)

Das haben Sie sieben Jahre lang getan.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach


(Jörg van Essen [FDP]: Nein, wir nicht! Wir haben genau auf die Problematik hingewiesen!)


Genau das ist falsch; Sie wissen das genau. Wer weniger
Graffiti will – das predige ich auch seit sieben Jahren –,
muss mehr und vor allem anderes tun, als Strafgesetze
auszuweiten.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/ CSU: Da hat er Recht! – Jörg van Essen [FDP]: Deswegen haben wir von Graffiti gesprochen!)


Ich habe das bereits in meiner letzten Rede gesagt.
Nichts ist so wichtig wie Prävention und deshalb sind
jetzt auch die Länder am Zuge. Wir werden sehr genau
beobachten, was die Länder daraus machen und ob die
Landesfürsten der CDU/CSU-geführten Länder zukünf-
tig weiterhin nur tönen oder ob sie wirklich etwas gegen
die Graffiti unternehmen.

Noch ein Letztes: Union und FDP haben hier ständig
und immer wieder nach härteren Strafen gerufen. Ich
kenne von Ihnen auch ganz andere Töne, nämlich wenn
es etwa um Steuerhinterziehung oder Kontenabfragen
geht.


(Jörg van Essen [FDP]: Aha!)

Ich erinnere mich auch gut an unsere Diskussion zur
Ausweitung der Strafbarkeit der Abgeordnetenbeste-
chung – wo sind wir denn da? –


(Jörg van Essen [FDP]: Ich dachte, da hätte es eine einheitliche Ablehnung im ganzen Haus gegeben!)


und daran, wie vorsichtig man Ihrer Meinung nach mit
dem Strafrecht umgehen müsse. Wenn Sie die vielen
Skrupel, die Sie bei diesen Themen an den Tag gelegt
haben, bei Graffiti nicht völlig vergessen hätten, hätten
wir vielleicht schon früher eine vernünftige und für alle
tragbare Lösung finden können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU – Jörg van Essen [FDP]: Das ist aber unter Ihrem Niveau!)


– Herr van Essen, Sie erinnern mich heute ein wenig an
einen Schmierenkomödianten und nicht an einen Ober-
staatsanwalt außer Diensten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das, was Sie heute hier vorgeführt haben, hat mit sach-
licher Politik nichts zu tun.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das war eine vernünftige Rede!)


Ich bitte Sie wirklich ernsthaft: Kommen Sie wieder auf
die sachliche Basis zurück! Überzeugen Sie Ihre Leute,
dass dieses Gesetz richtig ist und dass man diesem Ge-
setz zustimmen darf.

Herr Präsident, ich bemerke Ihre Mahnung, die Sie
stumm hinter meinem Rücken aussprechen. Ich bedanke

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(C (D ich sehr herzlich, dass Sie mir alle zugehört haben, und reue mich, Frau Raab, über Ihren Beitrag, Herr r. Gehb, über die Ruhe, die Sie heute bei meiner Rede ewiesen haben, (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das ist schwer genug!)


nd vor allen Dingen dafür, dass wir den Menschen jetzt
n der Tat eine Kleinigkeit anbieten können, um die Situ-
tion zu verbessern.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jörg van Essen [FDP]: Eine Petitesse! – Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Aber wirklich eine Kleinigkeit!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518205100

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
ollege Peter Götz, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1518205200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zeichen
er Sternsinger mit Graffitischmierereien zu verglei-
hen, Herr Staatssekretär, ist unerhört. Sie sollten diesen
ergleich sofort zurücknehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die heute zu treffende Entscheidung – darüber sind
ir uns alle einig –


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alle nicht!)


ird das Graffitiproblem nicht lösen. Aber nach sechs
ahren rot-grüner Blockade ist sie ein klein wenig – ich
etone: nur ein ganz klein wenig – besser als nichts.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Ein Spatz in der Hand!)


enau deshalb werden wir Ihrem Gesetzentwurf zustim-
en; denn wir gehen davon aus, dass Sie unseren ableh-
en.
Jahrelang haben Sie alle Initiativen torpediert – die
ollegin Raab hat es ausgeführt –, weil Sie in dieser Ko-
lition untereinander heillos zerstritten sind. Das, was
etzt als Gesetzentwurf von Ihnen vorliegt, hätten Sie
chon vor Jahren präsentieren können. Vielleicht wären
ir heute dann schon ein Stück weiter. Die Zeit, die Sie
llein dafür gebraucht haben, bei der Graffitibekämp-
ung einen ganz kleinen Schritt weiterzukommen, macht
eutlich, wie ideologisch das Thema in Ihrer Koalition
elastet ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wer durch unsere Städte geht und das Ausmaß der
raffitischmierereien auf Denkmälern und fremdem Ei-
entum sieht, erkennt allein daran, dass sich in Deutsch-
and sehr schnell sehr viel ändern muss. Dabei bin ich






(A) )



(B) )


Peter Götz

mir sehr wohl dessen bewusst, dass der Graffitivandalis-
mus nur einen Aspekt einer fehlgeleiteten Entwicklung
darstellt.

Das Ausmaß und die finanziellen Folgen des Graffiti-
problems sind bekannt – ob bei der Bahn, beim öffentli-
chen Personennahverkehr, beim privaten Gebäudeeigen-
tümer oder vor allem auch bei den Kommunen. Wir
können es uns nicht erlauben, schulterzuckend zuzuse-
hen, wie Jahr für Jahr sinnlose Schäden von mehreren
100 Millionen Euro allein an städtischen Einrichtungen
angerichtet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir wissen: Die Tendenz ist seit vielen Jahren über-

proportional steigend. Das Geld, das für die Schadens-
beseitigung aufgewendet werden muss, fehlt dringend
an anderer Stelle. Es wäre besser im Bereich der Jugend-
förderung oder Jugendbetreuung angelegt.


(Jörg van Essen [FDP]: Sehr richtig!)

Öffentliche Einrichtungen der Kommunen wie Biblio-
theken und Jugendhäuser müssen geschlossen werden,
weil Sie durch Ihre Politik viele Städte und Gemeinden
an den Rand des finanziellen Ruins getrieben haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Eine vernünftige Regelung zur Graffitibekämpfung
kostet nichts, erspart aber viel. Von den negativen Kon-
sequenzen in beschmierten Stadtquartieren – Herr
Staatssekretär, Sie haben es angesprochen – und den
Auswirkungen auf die Bevölkerungsstruktur will ich gar
nicht reden. Es wäre höchste Zeit, dieses Thema allein
unter städtebaulichen Gesichtspunkten einmal zu vertie-
fen.

Nur so viel dazu: Bund, Länder und Gemeinden ste-
cken jährlich Millionenbeträge in Programme zur Besei-
tigung städtebaulicher Missstände, in Programme wie
die „Soziale Stadt“, um heruntergekommene Stadtquar-
tiere aufzuwerten und das Wohnumfeld zu verbessern.
So mancher Euro aus öffentlichen Steuergeldern könnte
eingespart werden, wenn mehr präventiv gedacht und
auch gehandelt würde. Das heißt, die Politik muss ein
Zeichen setzen.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das machen wir doch!)


Wir von der CDU/CSU sind nicht gewillt, Graffiti-
schmierereien einfach hinzunehmen und davor zu kapi-
tulieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir alle wissen: Allein eine Änderung im Strafrecht

wird dieses Thema nicht beenden.

(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Sehr richtig!)


Aber das Strafrecht gehört zur Abschreckung maßgeb-
lich dazu.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Auch das trifft zu! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das ist das Wesen des Strafrechts!)


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(C (D as Thema muss gesamtgesellschaftlich angegangen erden. Graffitischmierereien an fremdem Eigentum ind zunehmend auch ein Erziehungsproblem in unserer esellschaft. Lernen unsere Kinder überhaupt noch, mit remdem Eigentum rücksichtsvoll umzugehen, (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das tun sie!)


der ist das in unserer Gesellschaft den meisten inzwi-
chen vollkommen egal geworden?
Vor wenigen Tagen hat beispielsweise der Hauptver-

and des Deutschen Einzelhandels in einer Studie darge-
egt, dass im vergangenen Jahr Waren im Gesamtwert
on mehr als 2,2 Milliarden Euro gestohlen worden sind.
eidtragende waren neben dem Handel auch der Staat,
em durch unehrliche Kunden mehr als 230 Millio-
en Euro Einnahmen aus der Mehrwertsteuer entgingen.
uch dieses Geld fehlt an anderen Stellen dringend. We-
er Graffitischmierereien noch Ladendiebstahl dürfen in
eutschland zum Kavaliersdelikt herabgestuft werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Wer tut das denn?)


enn Sie schon nicht die Zusammenhänge zwischen Le-
ensqualität und Ordnung erkennen wollen, so sollten
ie wenigstens die finanziellen Auswirkungen gesell-
chaftlicher Fehlentwicklungen wahrnehmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird höchste

eit, gegen die rot-grüne Duldungskultur ein deutliches
eichen zu setzen.


(Marga Elser [SPD]: Das ist ja unglaublich!)

s wird höchste Zeit für eine neue Bundesregierung, die
ich frei von Ideologie eindeutig für Ordnung, Sicherheit
nd Sauberkeit in unseren Kommunen einsetzt. Es wird
öchste Zeit für einen Politikwechsel in Deutschland.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Sittsamkeit! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt müssen Sie noch sagen: Ich bin ein guter Deutscher!)


Ich kann verstehen, dass Sie das aufregt. Aber die
enschen in unserem Land wissen genau, was Sie sagen
ollen.
CDU und CSU wollen entschlossenes Handeln. El-

ern, Erzieher, die Menschen in unserem Land erwarten
om Gesetzgeber zu Recht klare Vorgaben darüber, was
ichtig und was falsch ist, was Recht und was Unrecht
st. Wir und auch der Bundesrat haben einen Vorschlag
emacht. Diese Vorschläge sind geeignet, das Graffiti-
roblem zu entschärfen, sofern man es überhaupt ent-
chärfen will. Sie lehnen unseren Gesetzentwurf leider
b. Ihr Vorschlag ist der untaugliche Versuch, mit diesem
hema politisch halbwegs über die Runden zu kommen.
ber ich sage Ihnen: Das wird Ihnen nicht gelingen.






(A) )



(B) )


Peter Götz

Wir brauchen und wollen eine echte Strafverschär-

fung und eine erleichterte Strafverfolgung.

(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Von einer Straf verschärfung war nie die Rede!)

Deshalb behalten wir uns vor, bei Übernahme der Regie-
rungsverantwortung auch auf diesem Gebiet Korrektu-
ren vorzunehmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg van Essen [FDP]: Das ist eine gute Nachricht!)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518205300

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zu den notwendigen Abstimmungen.

Hierzu liegen mir Erklärungen zur Abstimmung von den
Kollegen Hans-Christian Ströbele, Jutta Dümpe-Krüger
und Monika Lazar vor.1)

Wir stimmen zunächst über den von den Fraktionen
der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen eingebrach-
ten Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes auf
Drucksache 15/5313 ab. Der Rechtsausschuss empfiehlt
unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/5702, den Gesetzentwurf anzunehmen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist damit in zwei-
ter Beratung mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/
Die Grünen und CDU/CSU gegen die Stimmen der FDP
angenommen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und gegen meine!)


– Der Kollege Ströbele, dessen Erklärung zur Abstim-
mung ich ausdrücklich erwähnt habe, legt Wert darauf,
dass sein abweichendes Abstimmungsverhalten an pro-
minenter Stelle noch einmal ausdrücklich erwähnt wird,
was hiermit geschieht.

Wir kommen nun zur
dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erhe-
ben. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stim-
me? – Damit ist der Gesetzentwurf mit der gleichen, vor-
hin präzise erläuterten Mehrheit angenommen.

Wir stimmen nun ab über die Beschlussempfehlung
des Rechtsausschusses zu den von der Fraktion der
CDU/CSU eingebrachten Entwürfen eines Strafrechts-
änderungsgesetzes und eines Gesetzes zur Änderung
des Strafgesetzbuches auf den Drucksachen 15/5317
und 15/302. Unter Buchstaben b und c seiner Beschluss-
empfehlung empfiehlt der Rechtsausschuss auf der
Drucksache 15/5702, die genannten Gesetzentwürfe für
erledigt zu erklären. Ich gehe davon aus, dass wir über
die Buchstaben b und c gemeinsam abstimmen kön-
nen. – Das wird nicht bestritten. Dann verfahren wir so.

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1) Anlage 4

(C (D er stimmt für die genannte Beschlussempfehlung? – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Diese Bechlussempfehlung ist einstimmig angenommen. Wir stimmen ab über den vom Bundesrat eingebrach en Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes – Grafiti-Bekämpfungsgesetz. Unter Buchstabe d seiner Bechlussempfehlung empfiehlt der Rechtsausschuss auf er Drucksache 15/5702, den Gesetzentwurf auf Druckache 15/404 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeihen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dait ist dieser Gesetzentwurf in zweiter Beratung abgeehnt. Eine weitere Beratung entfällt damit nach unserer eschäftsordnung. Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b uf: a)


tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen
Rehabilitierungsgesetzes
– Drucksache 15/5244 –

(Erste Beratung 169. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Arnold Vaatz, Ulrich Adam, Günter
Baumann, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straf-
rechtlichen Rehabilitierungsgesetzes
– Drucksache 15/5319 –

(Erste Beratung 172. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)

– Drucksache 15/5701 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Joachim Hacker
Marco Wanderwitz
Hans-Christian Ströbele
Jörg van Essen

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Hartmut Büttner

(Schönebeck), Arnold Vaatz, Wolfgang Bosbach,

weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU
Jährliche Debatte zum Stand der Rehabilitie-
rung und Entschädigung der Opfer der SED-
Diktatur
– Drucksachen 15/2818, 15/5701 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Joachim Hacker
Marco Wanderwitz
Hans-Christian Ströbele
Jörg van Essen






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für

diese Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. –
Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so ver-
einbart.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält der Kol-
lege Hans-Joachim Hacker für die SPD-Fraktion.


Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1518205400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Der 17. Juni ist ein bedeutsames Datum.
Heute jährt sich zum 52. Mal der Volksaufstand in der
DDR. Es ist wichtig und richtig, an dieses Datum zu er-
innern; denn am 17. Juni 1953 haben sich die Menschen
in der DDR erhoben und für Freiheit, Demokratie und
die Herstellung der deutschen Einheit demonstriert. Vom
16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Ge-
meinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. In
weit über 1 000 Betrieben und Genossenschaften wurde
die Arbeit niedergelegt. Aufständische erstürmten über
250 öffentliche Gebäude, und vor Gefängnissen, in de-
nen politische Häftlinge saßen, versammelten sich De-
monstranten. Am Volksaufstand, der als Arbeiterauf-
stand im so genannten Arbeiter- und Bauernstaat
begann, war nach jüngsten Zählungen über 1 Mil-
lion Menschen beteiligt.

Der SED drohte die Macht zu entgleiten. Sie sah nur
noch eine Möglichkeit, den Volksaufstand zu unterdrü-
cken, nämlich mit Waffengewalt. Da die DDR damals
nicht über eine reguläre Armee verfügte, wurden in der
Nacht vom 16. zum 17. Juni 1953 die sowjetischen
Truppen mobilisiert. Die sowjetische Militäradministra-
tion verhängte über 167 der 217 Land- und Stadtkreise
und über Ostberlin den Ausnahmezustand. Am Mittag
des 17. Juni – viele von uns kennen die Bilder aus Fern-
sehdokumentationen – rollten die Sowjetpanzer in Ost-
berlin und walzten den Demonstrationszug, der von den
Bauarbeitern der Stalinallee ausging, blutig nieder.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir gedenken der
Opfer des 17. Juni 1953. Damit verbindet sich zugleich
die politisch-moralische Verpflichtung, die Bedeutung
dieses Ereignisses in der deutschen und – das sage ich
ganz bewusst – der europäischen Geschichte wach zu
halten. Den jungen Menschen in Deutschland muss
heute vermittelt werden, was es bedeutete, sich gegen
eine Diktatur mutig zu erheben.

Zum Erinnern gehört auch die Feststellung, dass die
SED zusammen mit der sowjetischen Besatzungsmacht
für die blutige Niederschlagung des Volksaufstandes
verantwortlich war, wofür sie gebrandmarkt werden
muss. Mit dem Unrecht und dem Leid der Menschen in
dem politischen System in der DDR wird ein Begriff
verbunden bleiben: das SED-Regime.

Die demokratische Volkskammer und der Deutsche
Bundestag haben durch gesetzliche Regelungen die
SED-Opfer rehabilitiert und materielle Ausgleichsleis-
tungen beschlossen. In den letzten Jahren haben ehema-
lige politische Häftlinge in weit über 170 000 Fällen Re-
habilitierungsanträge gestellt. Über 660 Millionen Euro
sind für die Opfer im Rahmen von Kapitalentschädigun-

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(C (D en und Ausgleichsleistungen bereitgestellt worden. ber auch im Bereich von Rentenanwartschaften und eiteren sozialen Unterstützungsleistungen sowie mitels Ansprüchen nach dem Beruflichen und dem Verwalungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz sind Leistunen gewährt worden. Diese materiellen Folgen – ganz abgesehen von dem icht wieder gutzumachenden Leid – gehören zu der rblast der SED. Uns allen ist bewusst, dass die gesetzlihen Ausgleichsmaßnahmen den Verlust von Freiheit nd Gesundheit in Gefängnissen und Benachteiligungen m Beruf nicht ausgleichen konnten. Ich will an dieser Stelle daran erinnern, dass die rot rüne Koalition mit der Novelle der Rehabilitierungsgeetze im Jahr 1999 deutlich bessere gesetzliche Leistunen für die Opfer verabschiedet hatte. Es ging dabei um ie Erhöhung und Vereinheitlichung der Kapitalentschäigung für politische Haft. Zuvor gab es zwischen Ost nd West Unterschiede. Es ging auch um Ausgleichsleisungen für Angehörige der aus politischen Gründen Hinerichteten, in politischer Haft Umgekommenen oder an er innerdeutschen Grenze oder der Berliner Mauer Erchossenen. Wir haben zudem die Leistungen für die ziildeportierten Deutschen aus den früheren deutschen stgebieten über das Häftlingshilfegesetz deutlich eröht – eine Tatsache, die oft nicht bekannt ist und anchmal auch falsch dargestellt wird. Für zivildeporierte Deutsche aus den ehemaligen deutschen Ostgebieen gibt es Ausgleichsleistungen für die Zeit der Verchleppung. Dass wir bei den bisherigen Regelungen die Einbezie ung der Angehörigen der Todesopfer bei der Niederchlagung des Volksaufstands am 17. Juni 1953 überseen haben, ist ein Fehler in der Gesetzgebung. Das muss an so eindeutig sagen. Diesen Fehler korrigieren wir it dem vorgelegten Gesetzentwurf. Die Hinterbliebeen dieser Todesopfer werden durch die Gesetzesändeung den nächsten Angehörigen gleichgestellt, die ihre amilienangehörigen in der politischen Haft oder an der hemaligen innerdeutschen Grenze verloren haben. An dieser Stelle will ich auf den Wortlaut der gemein amen Entschließung verweisen und auszugsweise daaus zitieren, weil mir das sehr wichtig erscheint: Der Deutsche Bundestag appelliert in diesem Zusammenhang an die Länder, sich dafür einzusetzen, dass die Rehabilitierungsbehörden die gesetzlichen Beweiserleichterungsmöglichkeiten nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz … zu Gunsten der Betroffenen ausschöpfen und dabei insbesondere auf vorhandene Dokumentationen zur historischen Aufarbeitung der Ereignisse im Zusammenhang mit der Niederschlagung des Aufstandes am 17. Juni 1953 zurückgreifen. Den zumeist hochbetagten Anspruchsberechtigten sollen durch langwierige Recherchen bedingte Verzögerungen der Rehabilitierungsverfahren erspart bleiben. Dass wir ein Verwaltungsverfahren in den Gesetzenturf aufgenommen haben, das gleichzeitig die Abwickung dieser Anspruchsstellung aufzeigt, ist, denke ich, Hans-Joachim Hacker ein vernünftiger Weg. Ich hoffe, dass dieser Appell an die Länder, den wir in unserer gemeinsamen Entschließung aufgenommen haben, die Köpfe und die Herzen der Verantwortlichen erreichen wird. Viele Menschen haben für ihren mutigen Einsatz für Freiheit und Demokratie in der DDR schwer bezahlen müssen, zum Teil mit ihrem Leben. Ihnen allen gelten unser Respekt und unsere Achtung; ihren Angehörigen gilt unser Mitgefühl. Deshalb wollen wir heute das Gesetz zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes verabschieden, mit dem wir eine Regelungslücke im geltenden Rehabilitierungsrecht schließen werden. Der Volksaufstand am 17. Juni 1953 in Ostberlin und in den anderen Städten der DDR endete tragisch. Dennoch ist das Vermächtnis der mutigen Frauen und Männer mit der friedlichen Revolution in der DDR im Jahre 1989 und mit der Herstellung der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 erfüllt worden. Danke schön. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518205500

Nächster Redner ist der Kollege Hartmut Büttner für

die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Hartmut Büttner (CDU):
Rede ID: ID1518205600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum

52. Mal jährt sich heute der Volksaufstand in der DDR
am 17. Juni 1953. Wir in ganz Deutschland haben den
mutigen Frauen und Männern, welche sich nicht von der
Diktatur haben brechen lassen, viel zu verdanken.

Heute steht ein Gesetzentwurf auf der Tagesordnung,
der von allen Fraktionen des Deutschen Bundestages ge-
tragen wird. Er bedenkt endlich die Hinterbliebenen von
Landsleuten, die im Zusammenhang mit dem 17. Juni zu
Tode gekommen sind, mit einer Entschädigungsleistung.
Zu den Einzelheiten werden meine Kollegen Marco
Wanderwitz und Günter Baumann Stellung beziehen.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich in meiner
höchstwahrscheinlich letzten Rede im Deutschen Bun-
destag ein wenig grundsätzlicher mit der Frage auseinan-
der zu setzen: Hat das vereinte Deutschland genug getan,
um den Opfern des SED-Regimes Gerechtigkeit wider-
fahren zu lassen? Seit 1990 bemühe ich mich sowohl um
die Belange von Opfern der SED-Diktatur als auch um
die Belange von Opfern des Zweiten Weltkriegs, die in
der DDR keinerlei Unterstützung bekommen haben.

In der Regierungszeit von Union und FDP ist auf die-
sem Gebiet einiges erreicht worden. So haben wir für die
1,3 Millionen Heimatvertriebenen, die in die sowje-
tische Besatzungszone vertrieben worden sind, eine
allein vom Bund aufgebrachte Einmalleistung in Höhe
von 4 000 DM pro Person auszahlen können. Die Ent-
schädigung summierte sich auf die immense Summe von
5,2 Milliarden DM. In diesem Zusammenhang wäre es

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(C (D uch möglich gewesen, statt 5,2 Milliarden DM ,29 Milliarden DM aufzubringen. Diese 90 Millionen DM hätten vor acht Jahren ausge eicht, um einer weiteren Gruppe von besonders leidgerüften Opfern des Zweiten Weltkriegs ebenfalls eine leine pauschale Entschädigung zukommen zu lassen. ch meine die Langzeitkriegsgefangenen, die nicht in ie westlichen Bundesländer, sondern in den Osten eutschlands entlassen worden sind. Im Gegensatz zu en sehr gut organisierten Heimatvertriebenen hatten die pätheimkehrer auch nach der Einheit Deutschlands eine vergleichbare kämpferische Lobby. Außerdem waen die Betroffenen besonders zurückhaltend und leise. Die Kriegsheimkehrer fühlten sich in der DDR zueist als Menschen zweiter Klasse. Häufig wurden sie ogar als Kriegsverbrecher hingestellt und mussten für ie Schandtaten des Nationalsozialismus ein weiteres al büßen. Im Kriegsfolgenbereinigungsgesetz von 992 wurden lediglich Leistungen der Heimkehrerstifung zur Linderung einer aktuellen sozialen Notlage uch für die Betroffenen in den neuen Bundesländern ereitgestellt. Die Hauptverantwortung dafür hatten wir, die Mit lieder der damaligen Regierungsparteien. Aber genauso erantwortlich war die damalige Opposition, bestehend us SPD, Grünen und PDS. Wir alle haben die Dimenion des persönlichen Zurückgesetztseins dieser Menchen nicht erkannt. Erst als die deutsche Gesellschaft ereit war, 10 Milliarden DM für ausländische Zwangsrbeiter zu zahlen, wurden diese mittlerweile hoch beagten Ostdeutschen wach und forderten zumindest anerennende Gerechtigkeit. Trotz vieler Anträge, Gesetzentwürfe und Anhörun en verweigerte sich die rot-grüne Mehrheit. Nicht – wie eute – das vergessene Opfer stand im Mittelpunkt, sonern nur reine parteipolitische Schuldzuweisung. Makaer, aber wahr: Jedes Jahr wird die mögliche Entschädiungssumme für den Finanzminister geringer. (Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das passt nicht zum Thema!)


Der Deutsche Bundestag sollte bald handeln, damit
umindest einige Betroffene die Gerechtigkeit des ver-
inten Deutschlands noch erleben können.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dabei war es nie leicht, ausreichende Entschädi-

ungszahlungen für Opfer der Diktaturen durchzusetzen.
pferentschädigungen wurden häufig als rückwärts ge-
andte Symbolpolitik desavouiert. Mit Geld verbundene
ntschädigungen sind natürlich gerade in Zeiten kata-
trophaler Staatsfinanzen immer schwerer aufzubringen.
ch appelliere deshalb an die nächste Bundesregierung
nd den nächsten Deutschen Bundestag: Haben Sie die
raft und die Größe, die durch die Urteile des Bundes-
erfassungsgerichts weiter geöffnete Schere zwischen
hemaligen SED-Tätern und ihren Opfern durch eine
pferpension wieder etwas mehr zu schließen! Dieser
ppell geht an alle Seiten des Hauses.






(A) )



(B) )


Hartmut Büttner (Schönebeck)


Die vier heute im Bundestag vertretenen Fraktionen

haben allesamt Verdienste, aber teilweise auch Defizite
und Unterlassungen auf diesem politischen Feld zu ver-
zeichnen. Aufseiten von Union und FDP war es ein De-
fizit, dass nicht sofort eine angemessene Entschädigung
für die Haft in den Kerkern von SBZ und DDR durchge-
setzt wurde. Wir, die wir das bereits damals wollten,
scheiterten an unserem Bundesfinanzminister. Dafür leg-
ten Union und FDP die gesamten Grundlagen der straf-
rechtlichen, der beruflichen und der verwaltungsrechtli-
chen Rehabilitierung der Opfer der SED-Diktatur.

Rot-Grün wiederum hat am Anfang seiner Regie-
rungszeit – das hat Herr Hacker bereits gesagt – mit un-
serer Zustimmung die Defizite behoben. Die Kraft, um
neu entstandene Probleme zu lösen, hatten Sie jedoch
auch nicht. So lehnten Sie eine Opferpension ab, obwohl
diese beispielsweise vom damaligen Bundespräsidenten
Johannes Rau am 50. Jahrestag des 17. Juni von dieser
Stelle aus angemahnt worden ist.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das gibt es in den alten Ländern aber auch nicht!)


Leider haben die Kolleginnen und Kollegen von SPD
und Grünen, die sich wie Herr Hacker nachdrücklich um
Verbesserungen zugunsten der Opfer und die Aufarbei-
tung der SED-Diktatur bemühen, immer mehr an politi-
schem Einfluss in ihrer Fraktion verloren.

Es ging sogar so weit, dass von der jetzigen Bundes-
regierung in einem abgestimmten Positionspapier eine
Abwicklung der Heimkehrerstiftung und der Stiftung für
ehemalige politische Häftlinge bis Ende dieses Jahres
verlangt wurde. Das wird es jetzt Gott sei Dank nicht ge-
ben. Die Heimkehrerstiftung sollte bis 2008 und die Stif-
tung für ehemalige politische Häftlinge bis zur Erfüllung
ihrer Aufgaben bestehen bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Keine Leistungskürzungen!)


Ich bin der Auffassung, dass sich der Deutsche Bun-
destag bemühen sollte, die Fragen nach der Bewältigung
der beiden deutschen Diktaturen möglichst gemeinsam
zu klären. Es gibt zahlreiche Beispiele, dass uns dies im-
mer wieder gelungen ist. Jetzt harren noch einige wenige
offene Baustellen einer Lösung. Über einige haben wir
bereits gesprochen. Die SED-Opfer-Problematik darf
nicht in das politische Museum, sondern muss auf der
Tagesordnung des Bundestages bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Heute haben wir alle die Möglichkeit, das sicherzu-

stellen. Unser Antrag, jährlich zum 17. Juni eine De-
batte zum Stand der Rehabilitierung und Entschädigung
von SED-Opfern zu führen, ist hierfür eine gute Grund-
lage. Da sich die Anforderung an die nächste Bundes-
regierung richtet, dürften auch die Abgeordneten von
SPD und Grünen unserem Antrag zustimmen können.

Ich danke Ihnen sehr.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


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(C (D Ich erteile das Wort der Kollegin Silke Stokar von euforn, Bündnis 90/Die Grünen. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518205700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einem

elativ überschaubaren Kreis – um nicht zu sagen: in
inem kleinen Kreis – reden wir heute, am 17. Juni, über
en damaligen Volksaufstand und gedenken der Opfer.
ch erinnere mich sehr gut, wie die Feierlichkeiten zum
0. Jahrestag hier gestaltet wurden. Wir müssen aber zur
enntnis nehmen, dass heute nicht nur die Prominenz
icht mehr so stark vertreten ist wie damals – das belegt
uch die Rednerliste –, sondern dass auch die öffentliche
erichterstattung und das Interesse der Öffentlichkeit
achgelassen haben. Ich habe der damaligen Rede des
undespräsidenten Rau sehr genau zugehört und an vie-
en Veranstaltungen zum 50. Jahrestag teilgenommen.
ber wir müssen feststellen, dass die kurz aufgekeimte
ebatte über die Bedeutung dieses historischen Ereig-
isses wieder abgenommen hat. Wir als Abgeordnete
ind in der Verantwortung – das möchte ich durchaus als
ritik verstanden wissen –, die großen Ankündigungen
n den Reden und die damit verbundenen Erwartungen
u erfüllen.
Ich möchte nicht noch einmal die Unterschiede zwi-

chen den Fraktionen hervorkehren; denn wir werden
eute einen Entwurf gemeinsam, fraktionsübergreifend
erabschieden. Ich möchte noch einmal darauf eingehen,
ie schwierig es für uns engagierte Abgeordnete, und
war in allen Fraktionen, unter allen Regierungen, gewe-
en ist, nach den großen Gedenktagen etwas für die Op-
er zu tun.
Herr Kollege Büttner, es ist einfach der Fairness ge-

chuldet, dass auch Sie sagen, dass damals im Eini-
ungsvertrag Fehler gemacht worden sind und dass Sie
n den 16 Jahren der Kohl-Regierung für die Opfer des
ED-Unrechts wesentlich weniger getan haben, als Rot-
rün danach in Gang gesetzt hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Das waren nach der Wiedervereinigung nur acht Jahre!)


Zur Glaubwürdigkeit gehört einfach hinzu – ich habe
as an anderer Stelle schon gesagt –, dass wir mit Opfern
nd mit Hinterbliebenen von Opfern nicht parteipolitisch
otiviert umgehen,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ass wir hier nicht das alte Spiel spielen: Aus der Oppo-
ition heraus werden Anträge gestellt, die – Herr Kollege
üttner, das wissen Sie auch sehr genau – von Ihrer
raktion dann noch nicht einmal entsprechend in den
aushaltsausschuss eingebracht werden.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Hört! Hört!)

Es werden finanzielle Forderungen aufgestellt. Wir

aben lange Debatten über die Frage der Ehrenpension






(A) )



(B) )


Silke Stokar von Neuforn

geführt. Was Sie dafür wirklich tun wollen, wird sich ir-
gendwann einmal zeigen; in einer Demokratie gibt es ja
immer wieder den Wechsel zwischen Opposition und
Regierung. Anträge, die Sie gestellt haben, hatten, als es
um die Finanzierung ging, oft keinen Bestand. Herr
Hacker und ich haben in vielen Gesprächen, die wir mit
dem Finanzministerium geführt haben, immer wieder er-
lebt, dass wir Erfolge nur in kleinen Schritten erreichen
können, dass es aber in der heutigen Situation, in der wir
wenig Geld haben, nicht möglich ist, große Haushalts-
beträge für Verbesserungen für Opfergruppen zur Verfü-
gung zu stellen.

Ich finde es richtig, dass wir heute, am 17. Juni, ins-
besondere für die Angehörigen derjenigen, die am
17. Juni 1953 ums Leben gekommen sind, noch einmal
eine sehr einfache, unbürokratische Hilfe ermöglichen.
Um das deutlich zu machen: Die rot-grüne Bundesregie-
rung, der Bund, trägt allein die Mittel, die eingesetzt
werden; es gibt keine Beteiligung der Länder. Wir haben
erreicht, dass über die Stiftung für politische Häftlinge
Leistungen ausgezahlt werden, ohne dass die wirt-
schaftliche Notlage nachgewiesen werden muss. Es ist
also ein einfacher, ein unbürokratischer Weg.

Den Hinterbliebenen und auch anderen Opfergruppen
geht es nicht immer nur darum – das haben wir in vielen
Gesprächen erfahren –: Wie hoch ist denn die Leistung?
Wie hoch ist denn die Entschädigung? Vielmehr geht es
um eine ideelle Anerkennung der Opfer, um eine ide-
elle Anerkennung auch der Gedenktage.

Ich denke, dass wir uns hier nicht nur über Eurobe-
träge und über Leistungsgesetze streiten sollten, sondern
überlegen sollten, wie wir weiterhin gemeinsam und
fraktionsübergreifend daran arbeiten – es ist noch viel zu
tun –, wie wir mit der Bewältigung des SED-Unrechts
und der Rehabilitierung, aber auch der ideellen Würdi-
gung der Opfer umgehen.

Es ist falsch, Erwartungen zu wecken, die man dann,
wenn man selbst in der Verantwortung steht, nicht erfül-
len kann. Das gilt für alle Fraktionen im Bundestag.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518205800

Nächste Rednerin ist die Kollegin Sibylle Laurischk,

FDP-Fraktion.


Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1518205900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor

52 Jahren war die Normerhöhung beim Bau der Stalin-
allee hier in Berlin Anlass für den landesweiten
Volksaufstand, den wir unter dem Stichwort „Aufstand
des 17. Juni 1953“ zu Zeiten der deutschen Teilung jähr-
lich als Gedenktag begangen haben. Damals war der
Name „Stalinallee“ Programm, heute steht die Straße un-
ter den Namen „Karl-Marx-Allee“ und „Strausberger
Platz“ unter Denkmalschutz. Wenn ich dort entlang-
komme, denke ich an den 17. Juni.

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(C (D Es ist für mich bezeichnend, dass die Vertreterinnen er Nachfolgepartei der SED in diesem Parlament eute nicht an dieser Debatte teilnehmen. Ich halte das ür einen Skandal, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU/ CSU)


ie drängen populistisch in dieses Parlament, aber mit
hrer eigenen Geschichte und der Unterdrückungsmaß-
ahme, die sie damals der deutschen Arbeiterschaft im
sten zugemutet haben, setzen sie sich nicht auseinan-
er. Das sollte uns in der politischen Debatte vor Augen
ein.
Die Verbesserung der Situation der Opfer von Ge-
altherrschaft und Diktatur und deren Entschädigung
at den Bundestag immer wieder beschäftigt. Diese spe-
ifischen Fragen von staatlichem Unrecht zwingen uns
mmer wieder, uns mit unserer eigenen Vergangenheit
useinander zu setzen. Auch die FDP hat sich immer für
ie SED-Opfer eingesetzt, sowohl in der Regierungsver-
ntwortung als auch in den vergangenen Jahren in der
pposition.
Es ist aus unserer Sicht bedauerlich, dass es bis heute

edauert hat, eine Entschädigungsregelung für die Hin-
erbliebenen der Opfer des Aufstands vom 17. Juni
953 zu schaffen, die im Zuge der Niederschlagung die-
es offenen und, wohlgemerkt, landesweiten Wider-
tands gegen das kommunistische Regime zu Tode ka-
en. Die Neuregelung der Entschädigungsleistungen
urde zuerst im Bundesrat vom Land Sachsen-Anhalt
orgeschlagen, die Bundesregierung schlägt vor, diese
och um das Verfahren aus dem Verwaltungsrechtlichen
ehabilitationsgesetz zu ergänzen. Dies erscheint uns
achgerecht, da diese Regelung auch bei den Hinterblie-
enen der Maueropfer angewandt wird und hiermit eine
ereits bewährte Regelung aufgegriffen wird.
Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, sich frak-

ionsübergreifend auf einen Entwurf zu einigen. Es hätte
ohl niemand im Land verstanden, wenn wir in dieser
ichtigen Frage nicht zu einer einvernehmlichen Lö-
ung, zumal am ehemaligen Tag der deutschen Einheit,
ekommen wären.


(Beifall im ganzen Hause)

Späte Entschädigungsansprüche wie diese – ich spre-

he hier auch von den Spätheimkehrern – hinterlassen
en etwas bitteren Geschmack der späten politischen
este, da die Hinterbliebenen der Opfer, selbst teilweise
adurch zum Opfer der SED-Diktatur geworden, diese
echtsansprüche natürlich viel früher gebraucht hätten.
Dennoch geben wir mit unserer heutigen Entschei-

ung ein wichtiges Signal: Der Deutsche Bundestag er-
ennt erneut an, dass deutsche Bürgerinnen und Bürger
inen historischen Beitrag für das politische Selbstbe-
usstsein im Nachkriegsdeutschland geleistet haben.
ie Aufständischen vom 17. Juni 1953 haben gezeigt,
ass in Deutschland der Wunsch nach Freiheit und
emokratie eben doch ein Fundament hatte, das die






(A) )



(B) )


Sibylle Laurischk

Nationalsozialisten nicht haben zerstören können. Die
Leistung der Opfer des 17. Juni ist uns auch heute ein
Vorbild.


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518206000


Das Wort hat nun der Parlamentarische Staatssekretär
Alfred Hartenbach.

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1518206100


Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-
gen! Ich war heute Morgen im Bundesrat, als der Präsi-
dent des Bundesrates in eindrucksvoller Weise an diesen
Tag erinnert und der Opfer gedacht hat. Ich bedanke
mich auch beim Kollegen Hacker, der heute im Deut-
schen Bundestag ebenfalls in eindrucksvoller Weise die-
ses Tages, der Opfer und der Leiden vieler Menschen ge-
dacht hat, die an diesem 17. Juni 1953 von dem
damaligen Regime und der damaligen Besatzungsmacht
getötet oder verletzt wurden. Ich richte an dieser Stelle
meinen besonderen Dank an dich, lieber Hans-Joachim
Hacker. Wir kennen uns seit 1994 und ich habe immer
wieder erlebt, mit welcher Kraft und Beharrlichkeit du
dich für die Opfer des SED-Regimes eingesetzt hast,


(Beifall bei der SPD)

auch, Herr Büttner, in Zeiten, als wir in der Opposition
waren. 13 000 Menschen, meine lieben Kolleginnen und
Kollegen – ich richte meine Stimme auch an die jungen
Menschen oben auf der Tribüne –, sind bei dem
Volksaufstand 1953 verhaftet worden. Es kam zu stand-
rechtlichen Erschießungen durch sowjetische Soldaten
und zu Hinrichtungen, die von DDR-Gerichten angeord-
net worden waren. Es kam auch zu anderen Tötungen,
auf die ich anhand eines Einzelfalles zu sprechen
komme.

Wir wissen heute nicht, wie viele Menschen wirklich
getötet worden sind. Seriöse Schätzungen gehen von 50
aus. Einer dieser Menschen war Edgar Krawetzke, der
nach Ermittlungen der Westberliner Kriminalpolizei am
Nachmittag des 17. Juni 1953 an einer Demonstration in
Berlin-Mitte teilnahm. Ein Zeuge berichtete, wie die
Volkspolizei am Leipziger Platz ohne jeglichen Grund
aus nächster Nähe in die Menschenmenge geschossen
habe. Edgar Krawetzke ist dort an den Folgen eines Lun-
gen- und Nierensteckschusses gestorben.

Um Schicksale wie das von Edgar Krawetzke und sei-
nen Hinterbliebenen geht es. Wir wollen die nächsten
Angehörigen der Todesopfer des 17. Juni finanziell un-
terstützen. Vor allem die Forschungsarbeiten zum
50. Jahrestag des 17. Juni 1953 haben den Anstoß für
diese Initiative gegeben. Sie kommt spät; das ist wahr.
Da sind wir uns alle einig. Aber ich bin froh, dass wir
uns heute immerhin auf diesen Gesetzentwurf einigen.
Auch wenn ich jetzt einige kritische Anmerkungen ma-
chen muss, möchte ich mich schon bei Ihnen allen be-
danken, die Sie diese Initiative mittragen.

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(C (D Man kann nicht unerwähnt lassen – auch wenn Sie, err Büttner, dankenswerterweise schon darauf eingeangen sind –, dass Sie von der rechten Seite sich als pferanwälte immer dann besonders hervortun, wenn ie, wie jetzt (Zuruf von der CDU/CSU: Sie können es einfach nicht lassen! – Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: So ein kleines Karo ist am heutigen Tag nicht nötig!)


Herr Büttner, hören Sie mir bitte einfach einmal zu! –,
n der Opposition sind und es Sie nichts kostet. Damit
eine ich zum Beispiel die von Ihnen angesprochene
pferrente. Das ist der Unterschied zu uns; denn wir
aben uns in den letzten Jahren, seit wir Regierungsver-
ntwortung tragen, in besonderem Maße um die Opfer
nd ihre Angehörigen gekümmert. Wir haben in den
etzten beiden Legislaturperioden die Rechte der Opfer
on Willkür und Unrecht des SED-Regimes gestärkt und
ie Leistungen nach den Rehabilitierungsgesetzen er-
eblich verbessert. – Wenigstens Herr Wanderwitz hört
u. – Ehemalige politische Häftlinge haben in weit über
70 000 Fällen von ihrem Antragsrecht auf Kapitalent-
chädigung und Unterstützungsleistungen nach dem
trafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz Gebrauch ge-
acht. Über 660 Millionen Euro haben Bund und Län-
er dafür zur Verfügung gestellt. Wir haben die Leistung
o erhöht, dass für viele ehemalige Häftlinge eine Ver-
oppelung der ursprünglichen Haftentschädigung dabei
erauskam. Auch die Bundesmittel, die der Stiftung
ährlich für ehemalige politische Häftlinge zur Unterstüt-
ung nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz
ur Verfügung gestellt werden, sind verdoppelt worden.
on einer Auflösung – Herr Büttner, Sie haben das ange-
prochen – kann hier überhaupt nicht die Rede sein.


(Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Sie wollten abwickeln!)


Vielmehr war von einer Umstrukturierung die Rede

(Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Abwickeln!)

nein! –,


(Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Wörtlich!)


ie dazu geführt hätte, dass eine andere Stelle dieselben
ufgaben in der gleichen Art und Weise und mit den
leichen Sachleistungen weiter erledigt hätte.


(Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Abwickeln!)


Durch Wiederholung wird es nicht richtiger, Herr
üttner.


(Günter Baumann [CDU/CSU]: Es war aber so!)


Nein, Herr Büttner. Ich selbst habe mitverhandelt. Sie
aren gar nicht dabei. Dabei waren: Herr Hacker, Frau
tokar, ein Vertreter des Innenministeriums und ich. Wir
aben ganz klar gesagt: Wenn diese Stiftung wirklich






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach

nicht weiter bestehen kann, dann muss eine andere Ein-
richtung – es gibt sie – diese Aufgabe übernehmen.
Wäre es dazu gekommen, wäre es genauso gut weiterge-
gangen. Letztlich haben wir allerdings auf die Empfind-
lichkeiten der Opfer, die sich bei der Stiftung besser auf-
gehoben fühlen, Rücksicht genommen. Mit einer
anderen Einrichtung wäre es dennoch kostengünstiger
gewesen und hätten wir mehr Geld für die Opfer zur Ver-
fügung gehabt. Hören Sie jetzt bitte damit auf, von „Ab-
wicklung“ und „Auflösung“ zu reden! Das, was Sie be-
haupten, mein lieber Kollege Büttner, ist einfach falsch.


(Beifall bei der SPD – Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Es stand bei Ihnen drin! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Soll ich einmal vorlesen?)


– Wir können uns hinterher noch einmal zusammenset-
zen; das ist vielleicht besser.

Erst unlängst sind die Rechte der in Bezug auf ihre
wirtschaftliche Lage besonders beeinträchtigten Opfer
beruflicher Verfolgung gestärkt und ihre monatlichen
Ausgleichsleistungen sind um circa 20 Prozent erhöht
worden. Schließlich: Die Antragsfristen in den Rehabi-
litierungsgesetzen wurden wiederholt, zuletzt bis zum
Jahr 2007, verlängert, um möglichst vielen, am besten
allen Opfern des DDR-Regimes die Möglichkeit zu ge-
ben, ihre Ansprüche geltend zu machen.

Sie haben immerhin gut daran getan – dafür danke ich
noch einmal –, sich unserem Gesetzentwurf anzuschlie-
ßen. Dieser Entwurf behandelt die Angehörigen von Op-
fern des 17. Juni genauso wie die Angehörigen anderer
Opfer. Mit der Vorlage einer entsprechenden Behörden-
bescheinigung erhalten die Angehörigen Unterstüt-
zungsleistungen von der Stiftung für ehemalige politi-
sche Häftlinge. Diese Unterstützungsleistungen sind von
der wirtschaftlichen Situation des nächsten Angehörigen
unabhängig. Der Verzicht auf die Bescheinigung, den
Sie von der Union zuvor forderten, ist praktisch nicht
umsetzbar. Ich bin froh, dass Sie auch eingesehen haben,
wie wichtig es ist, dass wir unbürokratisch vorgehen
können.

Ich finde es gut, dass der Deutsche Bundestag heute
gemeinschaftlich – so hoffe ich jedenfalls – an die Lan-
desbehörden appelliert, die Beweiserleichterungen und
das historisch aufbereitete Archivmaterial zu nutzen.
Auf diese Weise werden die zumeist hochbetagten
nächsten Angehörigen der Opfer der Niederschlagung
des Aufstandes am 17. Juni ihren Berechtigungsnach-
weis für die Unterstützungsleistungen unbürokratisch er-
halten können.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Sehr richtig!)

Nur auf diese Weise wird dem schweren Schicksal

derjenigen, die nicht nur den Tod ihrer Angehörigen ver-
winden, sondern zusätzlich in der ehemaligen DDR ge-
gen soziale Benachteiligungen kämpfen mussten, ausrei-
chend Rechnung getragen. Wir beseitigen damit ein
weiteres Stück des Unrechts, das die PDS-Vorgänger-
partei SED und das von ihr getragene Regime den Men-
schen angetan haben.

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(C (D Frau Laurischk, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie daauf hingewiesen haben, dass die beiden Einzelplätze ort oben von Abgeordneten, die immer wieder Wert arauf legen, dass sie als Abgeordnete der PDS angeseen werden, heute leer sind. Ich finde das bemerkensert. Ich denke, es ist sehr legitim, darauf hinzuweisen, ass sich die PDS als Nachfolgepartei der SED etabliert at. Große Teile dieser Partei verstehen sich noch heute ls Nachfolgepartei der SED. (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Man sollte ihr Vermögen dafür einsetzen!)


Herr Schauerte, da wäre ich sofort dabei.
Die Nachfolger der SED dürfen nicht so tun, als ginge

iese historische Schuld sie nichts an. Ich sage Ihnen:
uch diese historische Schuld verjährt nie.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


as Gesetz, das wir heute einstimmig – da bin ich mir si-
her – verabschieden, trägt dazu bei, diese Auffassung
ufrechtzuerhalten. Ich hoffe, Sie werden Ihre Parteigän-
er im Bundesrat instruieren, diesem Gesetz zuzustim-
en.


(Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Im Bundesrat gibt es nur Vertreter von Landesregierungen!)


Gut, Herr Büttner. – Dieses Gesetz muss kommen und
ein In-Kraft-Treten darf nicht verzögert werden, damit
ir hier ein Stück Unrecht wieder gutmachen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518206200

Marco Wanderwitz ist der nächste Redner für die
DU/CSU-Fraktion.


Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1518206300

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten
amen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Zu Be-
inn hat mein Kollege Hartmut Büttner – er ist einer der-
enigen Abgeordneten von unserer Seite, die die Bereini-
ung von SED-Unrecht im Deutschen Bundestag von
990, also quasi von Beginn an mitgestaltet haben – ein
aar grundsätzliche Überlegungen geäußert. Nun
öchte ich mich mit dem vorliegenden Gesetzentwurf
twas konkreter befassen.
Heute vor 52 Jahren – das ist bereits ausgeführt wor-

en – und auch in den Tagen danach ist in der DDR viel
nrecht an Menschen geschehen, die friedlich ihr Men-
chenrecht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen
ollten. Die DDR war ein Unrechtsstaat, das kann man
xemplarisch auch an diesen Geschehnissen erkennen.
ie war es von Anfang an und sie war es bis zum letzten
ag der Herrschaft der SED.
Gerade als einer der jüngeren Abgeordneten – Herr

taatssekretär Hartenbach hat es bereits angesprochen –






(A) )



(B) )


Marco Wanderwitz

freue ich mich, heute so viele junge Menschen auf der
Tribüne zu sehen; denn ich denke, gerade die jüngeren
Menschen in unserem Land – damit meine ich nicht nur
die jetzigen jungen Menschen, sondern auch die zukünf-
tigen Generationen – müssen wir davor bewahren – das
sollte unsere erste Pflicht als Demokraten sein –, an die-
ser Stelle einem geschichtlichen Zerrbild aufzusitzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Verbrechen, über die wir hier heute reden, die
exemplarisch für viele andere Verbrechen stehen, wa-
ren nicht eine unbeabsichtigte Nebenerscheinung der
ganzen sozialistisch-kommunistisch-stalinistischen Ex-
perimente, vielmehr waren sie integraler Bestandteil
solcher Unterdrückungssysteme.

Lange hat es gedauert, bis es uns gelungen ist, den
nächsten Angehörigen der Todesopfer des Volksauf-
standes vom 17. Juni 1953 auch finanzielle Unterstüt-
zungsleistungen zukommen zu lassen. Zu lange! Das ha-
ben wir alle gemerkt. Die Schuld dafür will ich nicht
zuweisen. Wir Parlamentarier hier im Deutschen Bun-
destag wissen, dass es der Bundesrepublik Deutschland
gut zu Gesicht gestanden hätte, wenn wir diesen Schritt
hätten früher gehen können.

Wichtig ist nun aber, dass wir an dieser Stelle eine
weitere Lücke bei der SED-Unrechtsbereinigung schlie-
ßen können. Wir wollen damit zum Ausdruck bringen,
dass das Beweisen von Mut und Zivilcourage in Zeiten
einer Diktatur für ein Volk insgesamt einen sehr hohen
Stellenwert hat.

Der Herr Kollege Staatssekretär hat zunächst den Ver-
such unternommen, dann aber doch noch die Kurve ge-
kriegt und das Thema nicht für parteipolitische Äußerun-
gen genutzt. Das freut mich sehr, ich muss allerdings an
dieser Stelle an die Kollegin Stokar von den Grünen die
Bemerkung richten: Wenn wir schon Regierungszeiten
aufrechnen, dann können wir erst 1990 beginnen. Von
daher hat der schöne Spruch von den 16 Jahren hier nicht
gepasst.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, gut! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorher hättet ihr auch etwas machen können!)


Unser Ziel war es, den hier betroffenen Personenkreis
mit dem der Hinterbliebenen der an der ehemaligen in-
nerdeutschen Grenze ums Leben gekommenen Men-
schen gleichzustellen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der da drüben hat mit den westdeutschen Spätheimkehrern angefangen! – Gegenruf des Abg. Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU] – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 1958 begannen die Gesetze!)


Der konkrete Impuls für das Gesetzgebungsverfahren
ging von einem Gesetzentwurf des Landes Sachsen-An-
halt im Bundesrat vom März 2005 aus. Die Fraktion der
CDU/CSU und die Regierungsfraktionen haben hier im

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(C (D ohen Haus schnell eigene Anträge vorgelegt. Unser ntwurf baut dabei direkt auf dem Bundesratsentwurf uf. In einem sehr konstruktiven, zügigen parlamentari che Verfahren, für das ich als Berichterstatter der CDU/ SU im Rechtsausschuss allen Berichterstatterkollegen nd auch den Vertretern der Länder und des Bundesinisteriums der Justiz ausdrücklich danken möchte, onnten wir uns darauf verständigen, den Gesetzentwurf er Regierungsfraktionen mitzutragen und mit einem geeinsamen interfraktionellen Entschließungsantrag zu ersehen. Ich freue mich über diesen Umstand und halte s in dieser Sache auch künftig für unabdingbar, dass wir ei solchen Themen den großen Konsens der Demoraten erreichen. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf müssen die nspruchsberechtigten – der Kollege Hacker hat es beeits ausgeführt – zunächst eine Behördenbescheiniung nach den Vorschriften des Verwaltungsrechtlichen ehabilitierungsgesetzes beantragen. Das klingt kompliierter, als es wirklich ist. Trotz alledem hätten wir es ern gesehen, wenn wir diesen Zwischenschritt hätten ermeiden können. Wir nehmen zur Kenntnis, dass wir einen anderen, ähnlich rechtssicheren, aber kürzeren eg haben finden können. Daher – auch das wurde chon gesagt – appellieren wir von der CDU/CSU-Frakion an die Bundesländer, die Arbeit der Rehabilitieungsbehörden der Länder im Rahmen des Möglichen zu eschleunigen; denn viele der Anspruchsberechtigten ind hochbetagt. Meine Damen und Herren, ich möchte nochmals für en Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „Jährlihe Debatte zum Stand der Rehabilitierung und Entschäigung der Opfer der SED-Diktatur“ werben. Der 7. Juni ist dafür sicher der richtige Tag. Mir erschließt ich auch nach den ablehnenden Einlassungen der Reierungsfraktionen im Rechtsausschuss nicht, wieso sie hn ablehnen. Handeln und Debatte schließen einander ach meiner Sicht nicht aus. Insbesondere unter den zu eginn meiner Rede ausgeführten Aspekten möchte ich iesen Themenkreis noch lange auf der Debattentagesrdnung des Deutschen Bundestages sehen. Ich bitte Sie ochmals um Zustimmung zu unserem Antrag. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518206400

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
ollege Günter Baumann für die CDU/CSU-Fraktion.


Günter Baumann (CDU):
Rede ID: ID1518206500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Es ist schon ein ermutigendes Zeichen, dass sich
lle Fraktionen dieses Hauses auf einen gemeinsamen
ntrag zugunsten der Hinterbliebenen der Opfer des
7. Juni 1953 geeinigt haben. Denn die historische Ver-
ntwortung vor der deutschen Diktaturgeschichte und






(A) )



(B) )


Günter Baumann

die Würdigung des Kampfes für Freiheit und Demokra-
tie sind gemeinsame Aufgabe aller demokratischen Par-
teien dieses Hauses.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Unsere gemeinsame Initiative wird aber nicht darüber
hinwegtäuschen, dass das wiedervereinigte Deutschland
gerade bei der Aufarbeitung des SED-Unrechts noch
gravierende politische und moralische Defizite hat. Ge-
rade an Gedenktagen wie dem heutigen tritt dies in den
Mittelpunkt. Dabei müssen wir immer wieder eine uner-
trägliche Diskrepanz feststellen. Wir alle loben in vielen
Veranstaltungen die antikommunistischen Dissidenten,
die Oppositionellen, für ihren Mut und ihre Freiheits-
liebe. Wir vergegenwärtigen uns das immense Leid, das
ihnen durch Verfolgung, Stasiterror, Knast und Folter zu-
gefügt worden ist.

Wir lassen es gleichzeitig zu, dass viele der politisch
Verfolgten ihren Altersabend auf Sozialhilfeniveau ver-
bringen müssen. Wir versagen den Opfern der kommu-
nistischen Gewaltherrschaft rentenrechtlich weitgehend
die Würde, die ihnen dank ihres Einsatzes für Freiheit
und Demokratie zweifellos zustehen würde.

Der Grund hierfür ist, dass sich das Berufliche Reha-
bilitierungsgesetz nur begrenzt als ein Instrument dafür
eignet, die Verfolgungsschäden zu beseitigen. Herr
Staatssekretär, so allgemein, wie Sie dies hier dargestellt
haben, kann man das nicht stehen lassen.

Das Gesetz gewährt den Verfolgten zwar einen Nach-
teilsausgleich, indem Verdienste vor der Verfolgung
während der Verfolgungszeit fiktiv fortgeschrieben wer-
den. Dadurch sollen Abstiegsschäden kompensiert wer-
den. Die überwiegende Mehrheit der SED-Opfer hat
aber keine Abstiegsschäden, sondern Aufstiegsschäden
erlitten. Das heißt, die meisten haben sich dem Regime
in einem Alter verweigert, in dem sie noch in der Ausbil-
dung standen. Das war während des Studiums bzw. der
Lehre oder aber im Berufsleben, das sie gerade erst be-
gonnen hatten.

Ich denke hier an ein Beispiel aus dem Petitionsaus-
schuss. Ein verfolgter Facharbeiter, Jahrgang 1940,
wurde am Meisterlehrgang nur deswegen gehindert, weil
er aufgrund seiner pazifistisch-christlichen Gesinnung
den Schießbefehl an der Mauer verweigerte. Neben der
Behinderung beim beruflichen Fortkommen führte die
Verfolgung zu schweren psychosomatischen, gesund-
heitlichen Schädigungen. Heute ist dieser Mann in Rente
und die politisch motivierten Gehaltseinbußen aus DDR-
Zeiten wirken sich natürlich auf seine Rente aus. Er
muss heute Grundsicherung beantragen.

Im Jahr 2001 haben wir parteiübergreifend eine Ver-
gleichsberechnung beschlossen, um in diesen Fällen zu
helfen. Ziel war es damals, die infolge des Bundesver-
fassungsgerichtsurteils von 1999 wachsende Kluft zwi-
schen staatsnahen Bediensteten und Opfern ein Stück zu
mildern.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich muss heute feststellen, dass diese Regelung in der
Praxis versagt hat. Nach der neuen Regelung von 2001,

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(C (D err Staatssekretär, erhalten 60 Prozent der Antragstelr einen Negativbescheid. 60 Prozent fallen durch. Von enjenigen, die einen Positivbescheid bekommen, sind 0 Prozent Bescheide bis zu 25 Euro. Das heißt, die Beoffenen empfinden die Bescheide als eine Verhöhnung rer Biografie. Es wäre zweifellos eine würdevollere Lösung gewe en, wenn sich die rot-grüne Koalition auf eine pauchale Opferpension für diese Betroffenen verständigt ätte, also unserem Antrag angeschlossen hätte. Die Operverbände fordern dies seit langem. Wir alle bekomen in unseren Büros Schreiben der verschiedenen Verände, in denen dies immer wieder angemahnt wird. Gestatten Sie mir, exemplarisch aus der aktuellen usgabe des „Stacheldraht“ zu zitieren, in der Frau eise vom Bund Stalinistisch Verfolgter Berlin-Branenburg erneut auf das Urteil des Bundesverfassungsgeichts zur angeordneten Rentenerhöhung für staatsnahe edienstete hinweist. Ich zitiere: ... wer aber nimmt Anstoß daran, dass keiner der Gesetzentwürfe für eine Opferpension bisher eine Mehrheit im Bundestag erhielt, die Forderungen der Opferverbände ignoriert werden und die ehemals politisch Verfolgten seit nunmehr 15 Jahren immer noch keinen der politischen Verfolgung angemessenen Nachteilsausgleich bei der Rentenberechnung ... erhalten? Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wäre olitisch und moralisch an der Zeit, genau daran heute nstoß zu nehmen. Auch wenn diese Wahlperiode voaussichtlich in Kürze endet, so denke ich, dass wir in er kommenden Sitzungswoche die Möglichkeit haben, och etwas zu tun. Im Petitionsausschuss liegen derzeit 60 entscheidungsreife Petitionen von Verfolgten des ED-Regimes bzw. der SED-Diktatur vor, in denen eine erbesserung der Rehabilitierungsgesetze gefordert ird, wobei zum großen Teil auf eine Opferpension geielt wird. Wir können diese Petitionen noch im Juli, also in der ächsten Sitzungswoche, positiv bescheiden. Ich denke, enn wir heute einen Erfolg haben und gemeinsam eien Antrag auf den Weg bringen wollen, sollten wir dies icht aus den Augen verlieren. Die CDU/CSU-Fraktion t bereit, nächste Woche noch ein Zeichen zu setzen. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den von den raktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen ingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des trafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes auf Druckache 15/5244. Der Rechtsausschuss empfiehlt unter uchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Druckache 15/5701, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich itte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wolen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer nthält sich der Stimme? – Der Gesetzentwurf ist damit n zweiter Beratung einstimmig angenommen. Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer möchte gegen diesen Gesetzentwurf stimmen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist der Gesetzentwurf vom Deutschen Bundestag einstimmig angenommen. Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung emp fiehlt der Rechtsausschuss auf Drucksache 15/5701, den Entwurf eines Gesetzes der Fraktion der CDU/CSU zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes auf Drucksache 15/5319 für erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Diese Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen. Unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Jährliche Debatte zum Stand der Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer der SED-Diktatur“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Diese Beschlussempfehlung ist mit Mehrheit angenommen. Unter Buchstabe d seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/5701 empfiehlt der Ausschuss, eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Alle, die sich an der Abstimmung beteiligt haben, waren dafür. Also ist die Beschlussempfehlung angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 20 a und 20 b auf: a)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518206600




(A) )


(B) )


(Beifall im ganzen Hause)


neten Olaf Scholz, Hermann Bachmaier, Sabine
Bätzing, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
der SPD sowie den Abgeordneten Irmingard
Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), Jutta
Dümpe-Krüger, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Um-
setzung europäischer Antidiskriminierungs-
richtlinien
– Drucksache 15/4538 –

(Erste Beratung 152. Sitzung)

aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-

schusses für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend (12. Ausschuss)

– Drucksache 15/5717 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Christel Humme
Renate Gradistanac
Hannelore Roedel
Markus Grübel
Irmingard Schewe-Gerigk
Ina Lenke

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schuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
Drucksache 15/5723 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Antje Tillmann
Otto Fricke
Bettina Hagedorn
Anna Lührmann

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit

(9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Dr. Michael Fuchs, Dagmar Wöhrl, Karl-Josef
Laumann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Kein weiterer Arbeitsplatzabbau – Antidiskri-
minierungsgesetz zurückziehen
– Drucksachen 15/5019, 15/5718 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Reinhard Göhner

Zu diesem Gesetzentwurf liegt ein Entschließungsan-
ag der FDP-Fraktion vor.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Dies ist of-
ensichtlich einvernehmlich. Dann ist das so beschlos-
en.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst

ie Kollegin Christel Humme für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)



Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1518206700

Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen!
eute ist ein guter Tag, denn wir verabschieden in der
weiten und dritten Lesung das Antidiskriminierungsge-
etz.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ina Lenke [FDP]: Gerade einmal eine halbe Stunde hat das Plenum heute Zeit dafür!)


s ist ein guter Tag, Frau Lenke: für die Ausländerinnen
nd Ausländer, für die Lesben und Schwulen, für die Äl-
eren, für die Menschen mit Behinderungen und natür-
ich für die große Gruppe der Frauen. Wir stellen uns an
ie Seite dieser Menschen und schützen sie mit unserem
esetz vor Benachteiligung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Während der Beratungen, die anderthalb Jahre gedau-
rt haben, haben wir sehr viel Unterstützung bekommen:
on Organisationen, von Verbänden, von zahllosen Bür-
erinnen und Bürgern. Dafür möchte ich mich an dieser
telle sehr herzlich bedanken. Auch der Deutsche Cari-
asverband – das sage ich ganz bewusst, zur rechten
eite des Hauses gewandt – hat uns vor zwei Tagen auf-
efordert, dieses Antidiskriminierungsgesetz rasch um-
usetzen.






(A) )



(B) )


Christel Humme


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber Sie, meine Herren und Damen von der Opposi-

tion, lehnen dieses Gesetz kategorisch ab

(Olaf Scholz [SPD]: Pfui! – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: So ist es!)


und haben in den Beratungen – das finde ich noch viel
schlimmer – nicht einen konstruktiven Beitrag geleistet.
Ich denke, Sie handeln an dieser Stelle sehr verantwor-
tungslos und das zeige ich Ihnen an einem konkreten
Beispiel auf: Ihrem Umgang mit der Frage der Gleich-
stellung von Männern und Frauen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sie schämen sich doch mittlerweile selbst für Ihren Entwurf! – Lachen bei Abgeordneten der SPD)


– Das ist doch Unsinn. – Wir wollen, dass Frauen glei-
che Löhne für gleichwertige Arbeit erhalten. Wir wollen
gleiche Aufstiegschancen für Frauen und wir wollen sie
wirkungsvoll vor sexueller Belästigung schützen. Das
sind unsere Forderungen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie lehnen das ab.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das können Sie doch nicht ernsthaft glauben!)

Sagen Sie doch Ihren Wählerinnen ganz ehrlich – Sie
strapazieren das Wort „Ehrlichkeit“ in der letzten Zeit ja
sehr häufig –, was Sie in der Frauenpolitik erreichen
wollen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Null! Doppelnull!)


Wo setzen Sie sich denn für die Frauen ein? Schauen wir
uns das doch einmal da an, wo Sie in den Ländern zur-
zeit Regierungsverantwortung haben!


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Beschimpfen Sie Herrn Clement nicht!)


– Sie brauchen nicht zu schreien; wer schreit, hat so-
wieso Unrecht!


(Hannelore Roedel [CDU/CSU]: Eben! – Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Warum schreien Sie dann selber so?)


Erst vor kurzem hat sich die Frauenkonferenz der Länder
auf Antrag der Union aufgelöst. Herrn Rüttgers erste
Ankündigung, nachdem er die Wahl in NRW gewonnen
hatte, war, das „Beauftragtenunwesen“ abzubauen, das
heißt auf Deutsch, die Gleichstellungsstellen in Nord-
rhein-Westfalen abzuschaffen.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Jawohl! Prima! Alles Quatsch! – Dr. Reinhard Göhner [CDU/ CSU]: 70 Beauftragte gab es in NRW! 70 verschiedene Bürokratien!)


Das ist Ihre Vorstellung von Frauenpolitik, von Gleich-
stellungspolitik; insofern sind Sie natürlich irgendwo
konsequent. Aber was soll man von einer Partei auch er-

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(C (D arten, deren Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westalen noch nicht einmal 11 Prozent Frauenanteil hat? Zurück zum ADG: Sie haben heute einen Antrag vor elegt, in dem Sie nicht nur geschrieben haben, dass Sie as ADG für überflüssig halten, mehr noch – das muss ch an dieser Stelle aufgreifen –: Sie fordern die anderen uropäischen Länder auf, die Antidiskriminierungsgeetzgebung zu überprüfen. it anderen Worten: Sie möchten, dass die Schweden, ie eine über 25-jährige Antidiskriminierungskultur haen, ihre Antidiskriminierungsgesetze abschaffen. as ist doch Arroganz höchsten Grades! (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Reinhard Göhner [CDU/CSU]: Euer Gesetz geht weit darüber hinaus!)


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Jawohl!)


(Dr. Reinhard Göhner [CDU/CSU]: Nein!)


Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, wir gehen einen
nderen Weg


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Ja! Ihr geht einen anderen Weg: Ihr geht jetzt erst mal den Weg in die Opposition!)


it dem ADG, einen besseren Weg. Was Sie von Europa
alten, haben wir ja gestern in der Debatte gehört. Wir
chließen uns der europäischen Gemeinschaft mit unse-
em Antidiskriminierungsgesetz an. Ich denke, wir brau-
hen dieses Gesetz, weil viele Menschen davon profitie-
en


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Warum ist Clement dann dagegen?)


nd viele dieses Gesetz erwarten.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Was ist mit Steinbrück? Fragen Sie doch einmal Herrn Steinbrück!)


enn Sie es mit der Gleichstellung aller Menschen ernst
einen, dann stimmen Sie heute zu und sorgen Sie ganz
chnell dafür, dass im Bundesrat ebenfalls zugestimmt
ird! Denn wir brauchen das ADG.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Nichts brauchen wir so wenig wie dieses Gesetz!)


etzt heißt es: Farbe bekennen. Ich möchte, dass unsere
esellschaft bunt bleibt.
Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518206800

Ich erteile Kollegin Hannelore Roedel, CDU/CSU-

raktion, das Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Hannelore Roedel (CSU):
Rede ID: ID1518206900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Die Diskriminierung eines Menschen auf-
grund eines äußeren Merkmals oder einer Veranlagung
– sei er jung oder alt, behindert oder nicht behindert,
Deutscher oder Ausländer, Mann oder Frau – ist etwas
zutiefst Unwürdiges, was jeder, der Anstand hat, verur-
teilen muss.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Insbesondere für uns, die CDU/CSU, ist das aufgrund
unseres christlichen Menschenbildes eine Selbstver-
ständlichkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Daher ist es richtig, dass sich eine Gesellschaft Re-

geln gibt, die deutlich machen, dass Diskriminierung
nicht toleriert und daher geahndet wird. Die derzeit be-
stehende Rechtsordnung gewährt jedoch bereits Rechts-
schutz und Schutz vor Diskriminierung. So gibt es in
sämtlichen Rechtsnormen beispielsweise über 90 Schutz-
vorschriften für Behinderte. Ihr vorliegender Gesetzent-
wurf ist gerade nicht geeignet, den Schutz vor Diskrimi-
nierung zu fördern. Stattdessen greifen Sie damit massiv
in das Eigentumsrecht der Bürger und in die Vertrags-
freiheit ein.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sämtlichen Betroffenen wird ein hoher bürokratischer
Aufwand auferlegt, was in Anbetracht von über 5 Mil-
lionen Arbeitslosen genau verkehrt und bei einer sta-
gnierenden Wirtschaft nicht zu rechtfertigen ist.

Das ganze Prozedere um Ihr Gesetz folgt rot-grünen
Traditionen. Zunächst gab es Streit über die Zuständig-
keiten innerhalb der Bundesregierung. Die Bundesmi-
nister Clement, Eichel und Schily lehnen das Vorhaben
wegen Bürokratie ab und, Frau Humme, Ihr Ex-Minis-
terpräsident Steinbrück hatte im Wahlkampf in NRW an-
gekündigt, das Gesetz im Bundesrat abzulehnen. Haben
Sie das schon vergessen?


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


Nachdem die umzusetzenden EU-Richtlinien schon
vor vielen Jahren erlassen wurden, hat der EuGH
Deutschland im April dieses Jahres wegen Fristverlet-
zung und Nichtumsetzung der Antirassismusrichtlinie
verurteilt. Dass Sie, meine Damen und Herren von der
Regierungsbank, in den letzten fünf Jahren mehr als
300 Fälle von Vertragsverletzungsverfahren zu verant-
worten haben, sei nur am Rande erwähnt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Leidtragende dieses unter diesen Umständen entstan-

denen Gesetzentwurfes sind nunmehr die Bürger in un-
serem Land;


(Christel Humme [SPD]: Das ist Ihre Sichtweise!)


denn anstatt den für den Aufschwung der Wirtschaft not-
wendigen Abbau der Bürokratie und die Deregulierung
des Arbeitsmarktes voranzutreiben und damit ein Signal

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(C (D ür mehr Beschäftigung zu setzen, schaffen Sie ein Büokratiemonster und ein Arbeitsplatzvernichtungsgesetz. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christel Humme [SPD]: Das ist Blödsinn! So ein Gesetz gibt es in Schweden, Frankreich, Großbritannien!)


us übertriebenem Misstrauen gegenüber der Eigenver-
ntwortung der Bürger setzen Sie lieber blind auf staatli-
he Regulierungswut. Damit wollen Sie jeden Lebensbe-
eich in den Griff bekommen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Haben Sie das Gesetz gelesen, Frau Roedel?)


Mit Ihrem Gesetzentwurf gehen Sie in jedem Bereich
ob Arbeitsrecht oder Zivilrecht – weit über die euro-
arechtlichen Regelungen hinaus.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dazu werde ich gleich was sagen!)


o ist die vorgesehene Einführung eines Verbandskla-
erechts beispielhaft – sie ist zwar gut gemeint, aber
icht gut gemacht;


(Christel Humme [SPD]: Sie haben das Gesetz im Ausschuss nicht gelesen und Sie haben es immer noch nicht gelesen! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Hannelore Roedel, Lesen bildet!)


enn Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, er-
ffnen Betriebsräten, Gewerkschaften und Antidiskrimi-
ierungsverbänden den Missbrauch ihrer Rechte. Wollen
ie wirklich eine Amerikanisierung des Rechts? Dort ist
ine regelrechte Klageindustrie entstanden, die die US-
olkswirtschaft jährlich über 250 Milliarden Euro kos-
et.


(Christel Humme [SPD]: Wie rechnen Sie das denn aus?)


Völlig inakzeptabel ist für uns die Betreibung eines
erfahrens für einen Betroffenen ohne dessen Zustim-
ung. Dies ist ein erheblicher Eingriff in das Persönlich-
eitsrecht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

er europäische Gesetzgeber hat das Beteiligungsrecht
ür Verbände sehr wohl an die ausdrückliche Zustim-
ung des Betroffenen gekoppelt. Sie machen aber etwas
öllig anderes daraus.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wo denn? – Christel Humme [SPD]: Sie kennen das Gesetz nicht! – Ina Lenke [FDP]: So ist das!)


m für die zu erwartende Flut an Prozessen gerüstet zu
ein, wird für die Arbeitgeber künftig ein beispielloser
okumentationsaufwand erforderlich, der neben Zeit-
erlust zu Mehrkosten für Personal und Rechtsberatung
ühren wird. Benachteiligt sind hier vor allem die klei-
en und mittleren Unternehmen, die diesen Aufwand






(A) )



(B) )


Hannelore Roedel

nicht so leicht wie große Unternehmen verkraften kön-
nen.


(Zuruf von der SPD: Sie brauchen sich nur nach dem Gesetz zu verhalten, dann brauchen sie überhaupt keinen Rechtsanwalt!)


Im Bereich des Zivilrechts greifen Sie massiv in die
Vertragsfreiheit ein. So ist als Rechtsfolge für eine Be-
nachteiligung unter anderem ein von den Richtlinien
wiederum nicht geforderter Kontrahierungszwang vor-
gesehen. Einen Zwang zum Abschluss von Verträgen
kennt unser bewährtes Zivilrecht aus gutem Grunde bis-
her nicht. Die Vertragsfreiheit hat sich in unserem Wirt-
schaftssystem bewährt und ist für das Funktionieren un-
serer Marktwirtschaft und für die freie Entfaltung der
Persönlichkeit eine unabdingbare Voraussetzung.


(Beifall bei der CDU/CSU – Christel Humme [SPD]: Wir wollen, dass Behinderte auf gleicher Augenhöhe wie die anderen auch sind!)


Unbestimmte Rechtsbegriffe in Ihrem Gesetzentwurf,
wie zum Beispiel das Massengeschäft, werden den
Rechtsverkehr erschweren.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Frau Roedel, Massengeschäft heißt: ohne Ansehen der Person!)


Nach wie vor – auch nach Ihren Änderungen – wird ein
privater Vermieter sehr unsicher sein, ob eine beabsich-
tigte Vermietung ein Massengeschäft darstellt oder nicht,
ob er also die Vorschriften beachten muss oder nicht.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Unsinn! Richtiger Unsinn, Frau Kollegin!)


Nach Ihrem Gesetzentwurf besteht zudem größte
Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Abgrenzung zwi-
schen einer unzulässigen und einer zulässigen Benach-
teiligung. Um ein Beispiel zu nennen: Darf etwa ein
Fernseh- oder Radiosender in einer Stellenanzeige für ei-
nen Nachrichtensprecher künftig noch schreiben, dass
ein Muttersprachler gesucht wird oder wenigstens je-
mand, der akzentfrei deutsch spricht? Wo liegt hier die
Grenze?


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Bayern schreibt so etwas kein Mensch! – Christel Humme [SPD]: Was für ein Beispiel! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Frau Roedel, Ihre geistigen Klimmzüge sind übersichtlich!)


Zum Schluss: Es ist sehr fraglich, ob die Errichtung
einer neuen Behörde und neue Vorschriften tatsächlich
der Königsweg sind, um Toleranz und Respekt gegen-
über Minderheiten zu fördern. Vielmehr sehen wir die
Gefahr, dass eine überzogene Antidiskriminierungspoli-
tik jeden, der von der Norm abweicht, ungefragt zu ei-
nem potenziellen Opfer, zu einem Menschen, der irgend-
wie geschützt werden muss, macht.

Nicht die Förderung potenziell Diskriminierter ist das
Ergebnis, sondern die ökonomische und gesellschaftli-
che Lähmung. Statt durch den Abbau von Überregulie-

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(C (D ungen Wachstumskräfte freizusetzen, legen Sie gerade em Mittelstand neue Fesseln an und verhindern die chaffung von Arbeitsplätzen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ies führt im internationalen Wettbewerb in Europa und
arüber hinaus zu weiteren Nachteilen für unser Land.
eswegen sind wir nicht in der Lage, Ihrem Gesetzent-
urf zuzustimmen. Wir versichern Ihnen, in der nächs-
en Wahlperiode die von uns gewünschte, sich streng an
en europarechtlichen Vorgaben orientierende Umset-
ung entsprechend vorzulegen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518207000

Das Wort hat nun die Kollegin Irmingard Schewe-
erigk, Bündnis 90/Die Grünen.

(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

erträgt sich nicht mit den Grundsätzen einer Demokra-
ie, wenn Menschen ausgegrenzt werden, und es verträgt
ich auch nicht mit denen der sozialen Marktwirtschaft,
err Kollege Göhner, wenn Menschen willkürlich vom
arkt ausgeschlossen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


airer Wettbewerb braucht Spielregeln; denn Vertrags-
reiheit gilt immer für zwei Seiten: für Arbeitgeber bzw.
rbeitgeberinnen und Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehme-
innen, sowohl für Anbieter als auch für Verbraucher
nd Verbraucherinnen.


(Dr. Reinhard Göhner [CDU/CSU]: Bisher ist alles richtig!)


ertragsfreiheit heißt: Menschen müssen am Markt teil-
ehmen können und dürfen nicht ausgegrenzt werden,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

eil sie eine dunkle Haut haben, weil sie eine Frau sind
der weil sie angeblich zu alt sind.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Dann sind wir uns ja einig! – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Das bestreitet kein vernünftiger Mensch!)


lle haben das Recht auf eine faire Chance.
Diskriminierungsschutz bedeutet mehr Freiheit. Das
DG ist ein Prüfstein für dieses Freiheitsverständnis.
ir verstehen Freiheit umfassend. Sie dagegen, meine
erten Kollegen von der CDU/CSU und auch von der
DP, haben einen ganz einseitigen Freiheitsbegriff. Für
ie zählt nur die Freiheit derjenigen, die schon etwas be-
itzen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Quatsch! Das glauben Sie doch selber nicht!)







(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

Sie stehen für Ellenbogenfreiheit. Wir wollen Freiheit
und gesellschaftliche Verantwortung, Freiheit und Ge-
rechtigkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Nicht umsonst unterstützt zum Beispiel der Deutsche
Caritasverband unser Antidiskriminierungsgesetz. Darü-
ber freuen wir uns.

Mit dem Antidiskriminierungsgesetz setzen wir vier
EU-Richtlinien mit Augenmaß um. Damit schließt
Deutschland endlich an europäische Bürgerrechtsstan-
dards an. Frau Kollegin Roedel, Sie behaupten, das Ge-
setz gehe weit über EU-Vorgaben hinaus. Das ist einfach
falsch.


(Hannelore Roedel [CDU/CSU]: Nein, das ist nicht falsch! Sie haben nicht zugehört!)


Alle arbeitsrechtlichen Maßnahmen liegen voll im Rah-
men der europäischen Richtlinien und der europäischen
Rechtsprechung. Wer etwas anderes behauptet, will die
Menschen bewusst in die Irre führen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Versuchen Sie es einmal mit der Wahrheit! – Hannelore Roedel [CDU/CSU]: Zuhören ist angezeigt!)


– Jetzt geht es weiter, Herr Schauerte.
Nur an einem wesentlichen Punkt im Zivilrecht gehen

wir über die aktuellen EU-Vorgaben hinaus, nämlich bei
Massengeschäften. Bei diesen beziehen wir auch Be-
nachteiligungen aufgrund der Religion oder Weltan-
schauung, des Alters, der sexuellen Identität oder einer
Behinderung mit ein; genauso wie im Versicherungswe-
sen. Warum machen wir das? Weil wir eine stimmige
Lösung wollen, die keine neuen Ungerechtigkeiten
schafft. Die EU-Mindestvorgaben zum Zivilrecht gelten
für ethnische Herkunft und Geschlecht. Aber kein
Mensch kann vernünftig begründen, warum die Abwei-
sung eines Menschen in einer Gaststätte wegen seiner
Hautfarbe zukünftig verboten ist, das Gesetz im gleichen
Fall für einen Menschen mit Behinderung aber nicht
greift. Erklären Sie mir doch einmal, wie Sie das machen
wollen!


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können die nicht erklären! Das blenden die aus! – Ina Lenke [FDP]: Das wollen wir auch nicht!)


Soll denn weiterhin gelten: Behinderte müssen leider
draußen bleiben? Das darf nicht sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden, steht schon im Grundgesetz!)


Frau Roedel, Ihre Parole „eins zu eins“ bedeutet im
Klartext: Sie wollen Behinderten, Juden, Homosexuellen
oder älteren Menschen gleichen Diskriminierungsschutz

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(C (D erweigern. Und das in Deutschland im 21. Jahrhundert! as ist für uns überhaupt nicht vorstellbar. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben dazu im Ausschuss eine gute Anhörung
urchgeführt. Danach haben wir eine Reihe von Verein-
achungen und Klarstellungen am Gesetzentwurf vorge-
ommen. Dabei sind wir vielen Anliegen der Wirtschaft
ntgegengekommen. Das müsste auch dem Hauptge-
chäftsführer der BDA aufgefallen sein. Dennoch ver-
reiten Sie hier weiterhin Schauermärchen. Schauen Sie
ich doch um: Viele Länder haben bereits Antidiskrimi-
ierungsgesetze, die noch viel weiter als das reichen,
as wir hier vorschlagen. Ich nenne nur Belgien, Frank-
eich, Schweden, Irland, die Niederlande und viele mehr.
iese Länder sind wirtschaftlich sehr positiv zu bewer-
en. Also können diese Gesetze keinen Schaden anrich-
en. Sie haben sich bewährt. Sie sind keineswegs büro-
ratisch oder für Wirtschaft oder Arbeitsplätze
elastend.
Niemandem wird vorgeschrieben, wen er einstellen

oll. Niemandem werden Dokumentationspflichten auf-
rlegt. Niemand muss sich vor ungerechtfertigten Kla-
en fürchten. Ihre Behauptung, das ADG verhindere Be-
chäftigung, ist wirklich abenteuerlich. Warum soll
usgerechnet die deutsche Wirtschaft ein Recht auf
iskriminierung brauchen, um Arbeitsplätze zu schaf-
en? Das ist doch aberwitzig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Diese Aussage ist bösartig!)


Das Gegenteil ist der Fall: Diskriminierung ist
chlecht für die Wirtschaft und schlecht für das Ansehen
eutschlands.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So viel Bosheit in fünf Minuten! Frau Schewe-Gerigk, das ist ein neuer Rekord!)


In einer globalisierten Welt ist die Anerkennung von
ielfalt – man sagt „diversity“ dazu – ein wichtiges Ele-
ent für den wirtschaftlichen Erfolg. Unternehmen wer-
en geradezu damit, dass sie Antidiskriminierungsleitli-
ien in ihrer Geschäftspolitik heranziehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das machen sie sowieso freiwillig!)


Warum schreien Sie eigentlich so? Sie können doch
leich reden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Weil Sie auch nicht gerade leise sind!)


ür die meisten Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen, Ver-
ieter und Vermieterinnen oder Dienstleister und
ienstleisterinnen wird sich durch das ADG rein gar
ichts ändern; denn sie praktizieren schon Antidiskrimi-
ierung. Wer aber willkürlich Menschen von vornherein
usgrenzt und herabwürdigt, dem müssen auch Schran-
en gesetzt werden.






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


– Vielen Dank für Ihren Beifall. – Das machen wir mit
diesem Antidiskriminierungsgesetz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ina Lenke [FDP]: Aber nicht mit diesem Gesetz!)


Unser Gemeinwesen lebt von der Vielfalt. Wir wollen
eine Gesellschaft, in der es möglich ist, ohne Angst an-
ders zu sein. Darum brauchen wir das Antidiskriminie-
rungsgesetz.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das wird die Ängste vergrößern!)


Besinnen Sie sich eines Besseren! Stimmen Sie diesem
Gesetz hier und im Bundesrat zu! Wir haben dieses Ge-
setz nötig. Es ist an der Zeit, es umzusetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Gesetz ist philanthropisch!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518207100

Nächster Redner ist der Kollege Heinrich Kolb, FDP-

Fraktion.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1518207200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

will zu Beginn meiner Rede wie schon in der ersten Le-
sung klarstellen: Die FDP-Bundestagsfraktion wendet
sich mit aller Entschiedenheit gegen Diskriminierung
und Intoleranz.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was tun Sie denn dagegen?)


Wir treten dafür ein, bestehende Diskriminierung zu be-
seitigen und die Rechte von Minderheiten zu stärken.


(Beifall bei der FDP)

Wir wollen die gleichen Rechte und auch die gleichen
Chancen für alle Menschen, unabhängig von ihrer Rasse,
ihrer ethnischen Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer Reli-
gion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Al-
ters oder ihrer sexuellen Identität; damit das klar ist.


(Zuruf der Abg. Christel Humme [SPD])

Wir glauben aber nicht, Frau Kollegin Humme, dass

der vorliegende Gesetzentwurf geeignet ist, diese Ziele
zu erreichen. Es scheinen fünf Monate nach der ersten
Lesung vor allen Dingen taktische Überlegungen im
Hinblick auf die vorgezogene Bundestagswahl die Ko-
alition dazu bewegt zu haben, diesen Gesetzentwurf auf
die Tagesordnung des Plenums zu setzen. Dass Sie damit
doch nicht richtig glücklich sind, zeigt die Tatsache, dass
Sie diesen Punkt Freitagnachmittag in nur 30 Minuten
abhandeln wollen,


(Ina Lenke [FDP]: 30 Minuten! Das ist das Allerletzte!)


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(C (D bwohl Ihnen, wenn man Ihnen Glauben schenken darf, ieses Thema so sehr am Herzen liegt. lar ist, dass der Gesetzentwurf, auch wenn er heute mit er Mehrheit der Regierungskoalition beschlossen weren sollte, nicht Gesetz werden wird. Dafür wird nämich der Bundesrat sorgen. Man ist versucht zu sagen: as ist auch gut so. Der ursprüngliche Gesetzentwurf vom Dezember etzten Jahres ist trotz der nach der Anhörung eingeareiteten rund 40 Änderungen nicht wirklich reifer georden. Nach wie vor stellen die Vorschriften zum Ziilund Arbeitsrecht einen schweren, nicht zu echtfertigenden Eingriff in den Grundsatz der Verragsfreiheit dar. Nach wie vor gehen die Regelungen es Gesetzes weit über eine Eins-zu-eins-Umsetzung, ie die FDP-Bundestagsfraktion im Übrigen für richtig ält, hinaus. uch dort, wo die Änderungen als sinnvoll zu bezeichen sind, kann man dies nur vor dem Hintergrund sehen, ass die Ursprungsregelung schlicht überzogen oder gar bsurd gewesen ist, wie das etwa bei der Haftung des rbeitgebers für das Verschulden Dritter, also § 16 des ntwurfs, der Fall gewesen ist. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


eilweise wird die abzulehnende Ursprungsfassung so-
ar noch verschlimmbessert, wenn ich etwa an die Ein-
ichtung einer Antidiskriminierungsstelle des Bundes
nd anderes denke, was Sie hier vorgesehen haben.
Auch in der neuen Fassung bleiben wesentliche Kri-

ikpunkte, die ich schon in der ersten Lesung benannt
abe, unverändert. Das gilt für die nach § 24 des Ent-
urfs vorgesehene Ermöglichung der Abtretung der For-
erung Benachteiligter auf Schadenersatz oder Entschä-
igung in Geld an Antidiskriminierungsverbände ebenso
ie für die Umkehr der Beweislast bei vermuteter Be-
achteiligung.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Tatsachen müssen glaubhaft gemacht werden! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/ CSU]: Abmahnverein!)


Nach alledem ist der Gesetzentwurf in der vorliegen-
en Fassung abzulehnen. Ich gehe davon aus, dass nach
iner möglichen vorgezogenen Bundestagswahl die neue
undesregierung und eine neue Regierungskoalition
ich unverzüglich an die Arbeit machen werden, einen
esetzentwurf vorzulegen,


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Täuschen Sie sich nicht! Wir kommen wieder!)


it dem die überfällige Umsetzung der Richtlinien dann
ins zu eins erfolgen wird.
Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518207300

Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegen Renate

Gradistanac das Wort.

(Beifall bei der SPD)



Renate Gradistanac (SPD):
Rede ID: ID1518207400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir von der SPD sind stolz auf unser Antidiskri-
minierungsgesetz, das wir heute in zweiter und dritter
Lesung beraten und verabschieden werden.


(Beifall bei der SPD)

Wir wollen Diskriminierungen wirksam entgegentreten,
Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts, der ethni-
schen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung,
der sexuellen Identität, aufgrund des Alters oder einer
Behinderung. Wir setzen vier EU-Richtlinien sachge-
recht und mit Augenmaß in deutsches Recht um, im Ar-
beitsrecht, im Zivilrecht und mit der Einrichtung einer
nationalen Antidiskriminierungsstelle. Im Zivilrecht und
bei der nationalen Antidiskriminierungsstelle gehen wir
über die EU-Vorgaben bewusst, nachvollziehbar und be-
gründet hinaus.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Also doch! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das wurde eben bestritten!)


– Natürlich. Behinderte und alte Menschen sind bei uns
aus gutem Grund mit dabei.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Jürgen Gehb [CDU/ CSU]: Es werden immer weniger!)


Wir haben seit 1998 erfolgreich Politik für Menschen
mit Behinderungen durchgesetzt, zum Teil haben Sie das
unterstützt. Karl Hermann Haack steht für unsere Politik.
Teilhabe und Selbstbestimmung statt Fürsorge stehen für
uns im Mittelpunkt. Mit dem Gleichstellungsgesetz für
Menschen mit Behinderungen haben wir die rechtlichen
Voraussetzungen dafür geschaffen. Dieses Gesetz erfüllt
im Arbeitsrecht bereits die Vorgaben der EU-Richtlinien.
Eine Klageflut konnten wir hier bisher genauso wenig
feststellen wie beim Merkmal Geschlecht.


(Hannelore Roedel [CDU/CSU]: Das Gesetz gibt es ja Gott sei Dank noch nicht! – Gegenruf der Abg. Christel Humme [SPD]: Aber natürlich gibt es das schon, Frau Roedel!)


Nun wollen wir Menschen mit Behinderungen zi-
vilrechtlich schützen. Das haben wir versprochen und
ich kann mich noch gut erinnern, dass auch Sie das ge-
macht haben, meine Damen und Herren von der CDU/
CSU.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Uwe Küster [SPD]: Leichte Vergesslichkeit!)


Einerseits bringen Sie einen Antrag mit dem Titel „Teil-
habe von Menschen mit Behinderungen am öffentlichen
Leben konsequent sichern“ in den Bundestag ein, ande-

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(C (D erseits wollen Sie diese Menschen vom Schutz des Anidiskriminierungsgesetzes ausschließen. Also ehrlich Sie sind doch jetzt für die neue Ehrlichkeit –, (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Welche Ehrlichkeit?)


as gilt denn nun? Sie wollen Menschen mit Behinde-
ungen und im Übrigen auch alte Menschen – der Ein-
ruck hat sich bei mir in vielen Diskussion verfestigt –
m Zivilrecht weiterhin ausgrenzen und diskriminieren.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das können Sie doch nicht ernsthaft glauben!)


opulistisch ist Ihr Spruch: Vorfahrt für Arbeit. –

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Es ist wirklich unanständig, so etwas anzunehmen!)

arum sollte zivilrechtlicher Schutz Arbeitsplätze ver-
indern? Das können Sie im Anschluss erklären.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie werfen dem Bundespräsidenten Populismus vor! Das sollten Sie nicht tun!)


Ich nenne zwei Beispiele dafür, warum ich Verbesse-
ungen für dringend notwendig halte. Erstens. „Blinden,
eh- und Gehbehinderten ist das Spenden von Blut nicht
estattet“. Mit diesem Satz aus der Dienstanweisung ei-
er privaten Blutbank wurde einer blinden Studentin das
lutspenden verweigert.
Zweitens. Eine Fluggesellschaft verlangte vom Haus-

rzt einer behinderten Frau folgende Auskunft:
Ist aufgrund der Verfassung des Patienten damit zu
rechnen, dass sich andere Passagiere gestört fühlen
könnten, durch A) Geruch – B) Aussehen – C) Ver-
halten?

Wir wollen mit unserem Gesetz die Antidiskriminie-
ungskultur in Deutschland stärken.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1518207500

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Reinhard Göhner,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Reinhard Göhner (CDU):
Rede ID: ID1518207600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu-

ück zu den Fakten dieses Gesetzes. Sie bemühen wieder
ie These, damit werde bis auf eine Kleinigkeit im Zivil-
echt das EU-Recht umgesetzt. Davon kann aber keine
ede sein. Was Sie als Gesetzentwurf vorlegen, ist keine
ins-zu-eins-Umsetzung; Sie schaffen vielmehr neues
echt, das weit über das EU-Recht hinausgeht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Renate Gradistanac [SPD]: Gott sei Dank nicht eins zu eins! – Christel Humme [SPD]: Wieder nicht zugehört!)







(A) )



(B)


Dr. Reinhard Göhner

– Wenn Sie sagen: „Gott sei Dank“, dann bekennen Sie
sich doch dazu!

Ich will einige Beispiele nennen.
Erstens. In keiner Richtlinie – das gestehen Sie selbst

ein – wird auch nur mit einem Wort erwähnt, dass im
deutschen Zivilrecht irgendeine Rechtsvorschrift zu den
Merkmalen Religion, Weltanschauung, Behinderung,
Alter oder sexuelle Identität zu schaffen wäre.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die wollen Sie alle diskriminieren!)


Davon steht kein Wort in irgendeiner Richtlinie. Das
heißt, dass Sie allein im Zivilrecht den Anwendungsbe-
reich verdoppeln wollen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Also war es richtig, was ich gesagt habe: Juden, Behinderte, Schwule sollen weiter diskriminiert werden!)


Zweitens. Sie schaffen unter bestimmten Vorausset-
zungen einen Kontrahierungszwang, also die Verpflich-
tung zum Abschluss eines Vertrages, der dann auch per
Klage durchgesetzt werden kann. Davon steht kein Wort
in irgendeiner Richtlinie.

Drittens. Sie schaffen eine völlig neue Behörde – die
Antidiskriminierungsstelle des Bundes –,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die auf bewährten Strukturen aufbaut!)


die nach dem EU-Recht nur für die Merkmale Rasse,
ethnische Herkunft und Geschlecht gefordert ist. Sie
schaffen diese Behörde zusätzlich für Religion, Weltan-
schauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität.


(Christel Humme [SPD]: Was machen Sie denn mit der Mehrfachdiskriminierung?)


Sie vervielfältigen damit den Zuständigkeitsbereich die-
ser Behörde und schaffen mit dieser Behörde neue büro-
kratische Verfahren und ein besonderes Streitbeilegungs-
verfahren. Das alles, was Sie hinsichtlich der neuen
Großbehörde vorhaben, wird in den Richtlinien mit kei-
nem Wort erwähnt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christel Humme [SPD]: Hier spricht der Lobbyist der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände!)


Viertens. Sie führen mit dem Gesetzentwurf neue
Klage- und Abtretungsrechte für Antidiskriminierungs-
vereine ein. Das ist im EU-Recht mit keinem Wort er-
wähnt. Die Bundesrechtsanwaltskammer stellt zu Recht
fest, dass damit das Eigeninteresse dieser Organisationen
an Forderungserwerb bzw. -handel und Inkassotätigkeit
geweckt werden soll. Darum geht es Ihnen, nicht um das
EU-Recht.


(Christel Humme [SPD]: Dummes Zeug!)

Fünftens. Sie schaffen neue Schadenersatz- und Ent-

schädigungsansprüche im Arbeitsrecht. Das EU-Recht

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(C (D ordert nichts über das geltende deutsche Recht bzw. ber § 611 a des Bürgerlichen Gesetzbuches hinaus. Ihr esetzentwurf dagegen erweitert den Anwendungsbeeich nicht nur im Zivilrecht, Frau Kollegin, sondern uch im Arbeitsrecht auf Weltanschauung, Religion, asse, ethnische Herkunft, sexuelle Identität, Alter und ehinderung. Sechstens. Das Gesetz sieht einen Entschädigungsan pruch gegen den Arbeitgeber bis zu einer Höhe von drei onatsgehältern vor, wenn jemand zum Beispiel wegen einer Weltanschauung oder ethnischen Herkunft nicht ingestellt worden ist, wobei dieser Entschädigungsanpruch kurioserweise selbst dann besteht, wenn der Beroffene auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht ätte eingestellt werden können, zum Beispiel weil ihm ie nötige Eignung oder Qualifikation fehlt. Die von Ihen vorgesehene Ausweitung geht über die dem EUecht entsprechende Regelung des § 611 a BGB hinaus. Siebtens. Sie verlangen trotz der Korrektur im Scha enersatzrecht nach wie vor vom Arbeitgeber Maßnahen gegen Benachteiligung Dritter, zum Beispiel durch unden, Besucher oder Mitarbeiter anderer Firmen. Das st eine völlig praxisferne Vorgabe, die in keiner EUichtlinie mit einem einzigen Wort erwähnt wird. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Achtens. Sie führen neue Klagerechte für Betriebsräte
nd Gewerkschaften sowie ein neues Leistungsverwei-
erungsrecht der Arbeitnehmer ein. Das wird im EU-
echt mit keinem einzigen Wort erwähnt. Ich könnte
iese Liste noch weiter fortsetzen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Dieses Gesetz hat mit dem EU-Recht nur noch zu ei-
em kleinen Teil zu tun. Das ist nicht eins zu eins EU-
echt, sondern fünf zu eins rot-grüne Ideologie.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie uns nicht glauben, dann schauen Sie sich

inmal die Meinungen anderer an. Der Deutsche Rich-
erbund, der Deutsche Anwaltverein, die Bundesrechts-
nwaltskammer, der Deutsche Städte- und Gemeinde-
und, die Chemiegewerkschaft, die IG BCE, sagen, das
ehe weit über das EU-Recht hinaus. Herr Schmoldt hat
emeinsam mit dem BAVC kritisiert, dass sich dieses
esetz eben nicht an die EU-Vorgaben hält, und hat des-
alb Korrekturen verlangt.
In einer Stellungnahme des Deutschen Richterbundes,

essen Präsident ebenso wie Herr Schmoldt Mitglied der
PD ist, wurde die Sache auf den Punkt gebracht. Dort
eißt es, dieses Gesetz verletze den Grundsatz der Ver-
ragsfreiheit und enthalte damit – ich zitiere wörtlich –

die Abkehr von einem grundlegenden Rechtsprin-
zip, das für unser Rechtssystem seit dessen Begrün-
dung maßgebend ist und dessen Geltung bisher
überwiegend zu ausgeglichenen und sinnvollen Lö-
sungen der anstehenden Lebenssituationen und der
damit verbundenen Rechtsfragen geführt hat.
)






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Göhner

So weit der Deutsche Richterbund.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Das ist deshalb auf den Punkt gebracht, weil Sie mit
Ihren vielfältigen Maßnahmen, mit denen Sie über das
EU-Recht hinausgehen, die Abkehr von unseren grund-
legenden Rechtsprinzipien, nämlich der Vertragsfreiheit,
betreiben, indem Sie hier aus ideologischen Gründen
eine Systemveränderung unseres Rechts vornehmen.
Das Fatale an diesen Regelungen ist nach meiner Ein-
schätzung nicht, dass das Gesetz sofort eine Prozessflut
verursachen wird, sondern dass es die Missbrauchsan-
fälligkeit des Rechts fördert. Sie schaffen ein höchst bü-
rokratisches Gesetz, welches in dieser Form vom EU-
Recht nicht verlangt wird


(Widerspruch bei der SPD – Zuruf von der SPD: Dass dem Arbeitgeberverband das wehtut, kann ich mir vorstellen!)


und mit dem Sie einen Beitrag dazu leisten werden,
Missbrauchsmöglichkeiten zu eröffnen. Damit werden
Sie das Gegenteil von dem erreichen, was Sie wollen.

Die Zielsetzung Antidiskriminierung teilen wir alle
im Haus.


(Zurufe von der SPD: Oh!)

Dass das EU-Recht eins zu eins umgesetzt wird, ist not-
wendig. Genau das werden wir tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518207700

Das Wort hat die Kollegin Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1518207800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie

wissen, die PDS im Bundestag hat vieles kritisiert, was
Rot-Grün in der ablaufenden Legislatur beschlossen hat.
Ich sage aber auch: Es war nicht alles schlecht. Das An-
tidiskriminierungsgesetz gehört zu den besseren Vorha-
ben. Es war seit langem überfällig.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt denn Oskar dazu?)


Obendrein drängt die EU darauf, dass europäisches
Recht endlich auch in Deutschland umgesetzt wird. Das
erwarten auch zahlreiche Verbände und Initiativen. Die
PDS im Bundestag wird dem Antidiskriminierungsge-
setz jedenfalls zustimmen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU] zu Abgeordneten der SPD gewandt: Da seid ihr ja in schöner Gesellschaft!)


Zugleich ist klar: Der CDU/CSU geht das Gesetz viel
zu weit. Sie will „Antidiskriminierung light“. Sie droht,
das Gesetz zu Fall zu bringen. Da die CDU/CSU es da-
mit offenbar ernst meint, sollte sie auch konsequent sein,
konsequent, indem sie aufhört, über große und hehre
Werte zu sprechen, ganz so als hätte Frau Merkel die
Bergpredigt geschöpft. Ginge es nämlich nach dem Wil-

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(C (D en der CDU/CSU, dann fielen aus dem Antidiskriminieungsgesetz genau jene Passagen heraus, die Homoexuelle, Menschen mit Behinderungen sowie Jüdinnen nd Juden vor Diskriminierungen schützen sollen. Ich offe sehr, Sie wissen wirklich nicht, was Sie tun. Die PDS im Bundestag war in diesem Bundestag viel ach mit der FDP-Fraktion eins, enn es um Bürgerrechte, um Datenschutz und um mehr emokratie ging. Wir waren da leider nicht allzu erfolgeich, weil von der CSU bis hin zu den Grünen allzu iele dagegen waren, die Bürgerrechte zu stärken und zu chützen. (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Heute ist der 17. Juni!)


(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)


Damit aber niemand auf die Idee kommt, FDP und
DS seien ein Zukunftsprojekt,


(Otto Fricke [FDP]: Keine Angst! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da werden wir schon entsprechende Signale aussenden!)


age ich ganz klar: Die Differenzen überwiegen. Das
eigt sich auch beim Antidiskriminierungsgesetz. Die
DP will es klein und fein haben, weil es angeblich die
reise der Wirtschaft stört. Die PDS will es umfassend
aben, weil es nur dann Menschen schützen kann.
Nun komme ich noch zum dümmlichsten Argument,

as gegen das Antidiskriminierungsgesetz vorgebracht
ird, nämlich das deutsche Gesetz schieße über die EU-
orderung hinaus. Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und
ollegen: Ja und?
Unentwegt wird hier gepredigt, Deutschland dürfe

ein Mittelmaß sein; Deutschland müsse Spitze sein.
och ausgerechnet wenn es um Art. 1 des Grundgeset-
es geht – „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ –,
ann ist plötzlich EU-Mittelmaß für Deutschland gut ge-
ug. Ich finde, das ist verquer.
Deshalb will die PDS ein gutes, ein umfassendes An-

idiskriminierungsgesetz, und zwar nicht aus Regelwut,
ie heute in diesem Haus behauptet wurde, sondern weil
ielfältige Diskriminierungen noch immer zum Alltag
ieler gehören und weil die Betroffenen davon ein Lied
ingen können, das ich gar nicht mag.
Danke schön.

(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Kommunisten und Freiheit, das war immer schon ein Problem!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518207900


Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt
ebe ich das Wort dem Kollegen Olaf Scholz von der
PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )



Olaf Scholz (SPD):
Rede ID: ID1518208000

Meine Damen und Herren! Die Avancen der PDS ge-

genüber der FDP sind völlig überflüssig.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie machen das mit Oskar!)

Sie hat schließlich schon beizeiten ihren Bedarf an
Blockflöten gedeckt. Hier ist alles gut gegangen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das war bösartig! Das sollten Sie zurücknehmen! Das ist sehr unkollegial!)


Die heutige Diskussion lebt ein bisschen davon, dass
diejenigen, die den Gesetzentwurf kritisieren, das meis-
tens völlig fern von ihm tun. Das war schon so, als die
erste Debatte über den Gesetzentwurf in diesem Parla-
ment stattfand. Das ist noch viel mehr so, nachdem wir
über 40 Änderungen vorgenommen haben und alle be-
rechtigten Einwände, ernst zu nehmenden Vorschläge
und Kritikpunkte aufgegriffen haben. Dies ist ein gutes,
ausgewogenes Gesetz. Man kann denjenigen, die uns zu-
hören, nur sagen: Kaum eine Kritik, die öffentlich geäu-
ßert wird, hat etwas mit dem Gesetzestext selber zu tun.
Es handelt sich um ideologisch gefärbte Meinungen und
Interessen, nicht aber um Kritik an dem, was in Zukunft
in Deutschland Gesetz werden soll.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ein Beispiel dafür ist das ständig bemühte Argument,
uns drohe eine Prozessflut. Nachdem wir herausgefun-
den haben, dass ähnliche Bestimmungen schon seit vie-
len Jahren Bestandteil der deutschen Gesetzgebung sind
und keine Prozessflut ausgelöst haben, weiß jeder und
jede: Es wird vielleicht zehn, 20 oder 30 Verfahren ge-
ben, aber keine Prozessflut. Deshalb kommt das Argu-
ment nicht mehr vor. Immerhin ein Stück Ehrlichkeit in
dieser Debatte! Herr Göhner hat sogar gesagt, vielleicht
gebe es keine Prozessflut. So viel Fortschritt zwischen
erster und zweiter bzw. dritter Lesung ist nicht immer zu
erwarten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In der jetzigen Zeit denkt man sicherlich über das
Verhalten der verschiedenen Seiten in Bezug auf die an-
stehende Bundestagswahl und das Gesetz nach. Da die
Umfragewerte für die SPD verbesserungsbedürftig
sind, habe ich mit Interesse beobachtet, wie Sie mit dem
Gesetzentwurf umgehen. Dabei ist mir etwas aufgefal-
len. Sie haben in dieser Debatte die ganze Zeit den Ein-
druck erweckt, als ob dieses Gesetz nicht weitgehend
– zu zwei Drittel bzw. drei Viertel – durch europäische
Vorgaben vorgeschrieben wäre. Diese tönerne Unwahr-
heit können Sie nur aufrechterhalten, wenn Sie sicher
sind, dass Sie nach der nächsten Bundestagswahl nicht
in der Regierung sind. Sie müssten zustimmen, wenn Sie
befürchteten, zu regieren. Das tun Sie offenbar nicht.
Das ist schon einmal ein schönes Ergebnis dieser De-
batte.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte noch eine Schlussbemerkung zu der
uintessenz Ihrer Kritik, die man in ein, zwei Sätzen zu-
ammenfassen kann, machen. Sie sagen ständig, auch
ie seien gegen Diskriminierung. Es gibt den alten Satz
Hic Rhodus, hic salta.“ Hier müssen Sie zustimmen und
ürfen nicht nur schöne Sätze sagen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie Menschen mit Behinderung – das sind fast
Millionen – und die älteren Menschen in diesem Lande
üssen wissen, dass sich hinter Ihrer Phrase, wir gingen
ber die EU-Bestimmungen hinaus, nur eines verbirgt:
DU/CSU und FDP wollen Menschen mit Behinderung
nd ältere Menschen nicht vor Benachteiligungen schüt-
en. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Das war eine bösartige Diskriminierung der Opposition!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518208100

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen

ürgen Koppelin das Wort.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1518208200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kol-

ege Scholz hat sich mit Blick auf die FDP-Fraktion und
m Zusammenhang mit der PDS eine nach meiner Auf-
assung bösartige Bemerkung erlaubt. Er sprach mit
lick auf die FDP von Blockflöten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

eder, der politisch interessiert und informiert ist, weiß,
as er damit gemeint hat.
Ich finde es übrigens sehr interessant, dass der Kol-

ege Scholz eine solche Bemerkung gegenüber der FDP
ei der Beratung eines Gesetzes macht, das „Antidiskri-
inierungsgesetz“ heißt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Und dann noch am 17. Juni!)


Herr Kollege Scholz, ich weise das für die FDP zu-
ück. Da Ihr ehemaliger Parteivorsitzender Oskar
afontaine gerade Bündnisse mit der PDS schmiedet,
ollten Sie sich sehr zurückhalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/ CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Allerdings!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518208300

Zur Erwiderung der Kollege Scholz.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Raus mit dem Mann!)







(A) )



(B) )



Olaf Scholz (SPD):
Rede ID: ID1518208400

Ich will zur Erwiderung nur ganz kurz sagen: Das

ehemalige Parteimitglied Oskar Lafontaine kann von mir
nicht mehr gerechtfertigt werden.


(Beifall bei der SPD)

Wir wollen das auch gar nicht. Er hat, wie wir finden,
eine richtige Entscheidung getroffen. Er hat sich aus
dem Kernbereich sozialdemokratischen Denkens ent-
fernt. Wer das getan hat, sollte sich politisch und partei-
politisch neu orientieren. Das ist in der Tat eine richtige
Entwicklung.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann läuft bei Ihnen ja die Hälfte der Mitglieder weg!)


Im Übrigen glaube ich, dass Sie, meine Damen und
Herren, schon in der Lage sein müssen, mit Kritik umzu-
gehen. Sie haben sich hier zur Sache in einer ganz be-
stimmten Weise verhalten, die mir wenig gefallen hat.
Schutz vor Diskriminierung ist etwas, für das man sich
einsetzen muss. Schutz vor Diskriminierung heißt aber
nicht, dass man sich keiner Kritik aussetzen muss. Das
sollten Sie sich gut merken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Jürgen Gehb [CDU/ CSU]: Verfassungsbrecher! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das war keine sachliche Kritik, sondern beleidigend und abschätzig!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518208500

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den

Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
eingebrachten Gesetzentwurf zur Umsetzung europäi-
scher Antidiskriminierungsrichtlinien auf Drucksa-
che 15/4538. Der Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 15/5717, den Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ihr Hand-
zeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Ge-
setzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von
CDU/CSU und FDP angenommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Damit kommen wir zur
dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis angenommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir stimmen nun über den Entschließungsantrag der
Fraktion der FDP auf Drucksache 15/5755 ab. Wer
stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist

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(C (D it den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die timmen von CDU/CSUund FDP-Fraktion abgelehnt. Tagesordnungspunkt 20 b: Abstimmung über die Be chlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und rbeit auf Drucksache 15/5718 zu dem Antrag der Frakion der CDU/CSU mit dem Titel „Kein weiterer Areitsplatzabbau – Antidiskriminierungsgesetz zurückzieen“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf rucksache 15/5019 abzulehnen. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der CDU/ SU-Fraktion und der FDP-Fraktion angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 sowie Zusatz unkte 8 und 9 auf: 21 Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Arzneimittelversorgung bei Kindern und Jugendlichen – Drucksache 15/5318 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung – Drucksache 15/5700 – Berichterstattung: Abgeordnete Petra Selg P 8 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Altersgrenze für Vertragsärzte beseitigen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Freie Wahl der Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenversicherung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Daniel Bahr Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wieder als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung verankern – Drucksachen 15/940, 15/3511, 15/3995, 15/5516 – Berichterstattung: Abgeordneter Dr. Hans Georg Faust Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms ZP 9 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Arzneimittelversorgung bei schwerwiegenden chronischen Erkrankungen gewährleisten – Drucksache 15/5688 – Die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt sollen zu Protokoll genommen werden. Es handelt sich um die Beiträge der Kollegen Gudrun Schaich-Walch und Klaus Kirschner, SPD, Michael Henrich und Dr. Wolf Bauer, CDU/CSU, Petra Selg, Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Heinrich Kolb, FDP, und Dr. Gesine Lötzsch, fraktionslos.1)


(Erste Beratung 172. Sitzung)


(13. Ausschuss)





(A) )


(B) )


Tagesordnungspunkt 21: Wir kommen zur Abstim-
mung über den von der Fraktion der CDU/CSU einge-
brachten Gesetzentwurf zur Sicherung der Arzneimittel-
versorgung bei Kindern und Jugendlichen auf
Drucksache 15/5318. Der Ausschuss für Gesundheit und
Soziale Sicherung empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 15/5700, den Gesetzentwurf abzu-
lehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zwei-
ter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
bei Zustimmung der CDU/CSU-Fraktion und Enthaltung
der FDP-Fraktion abgelehnt. Damit entfällt nach unserer
Geschäftsordnung die weitere Beratung.

Zusatzpunkt 8: Abstimmung über die Beschlussemp-
fehlung des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Si-
cherung auf Drucksache 15/5516 zu dem Antrag der
Fraktion der FDP mit dem Titel „Altersgrenze für Ver-
tragsärzte beseitigen“.

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-
schlussempfehlung, den Antrag auf Drucksache 15/940
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen und der Fraktion der CDU/CSU gegen
die Stimmen der FDP-Fraktion angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion
der FDP auf Drucksache 15/3511 mit dem Titel „Freie
Wahl der Kostenerstattung in der gesetzlichen Kranken-
versicherung“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen gegen die Stimmen der FDP-Fraktion bei
Enthaltung der CDU/CSU-Fraktion angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/5516 die
Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Druck-
sache 15/3995 mit dem Titel „Nicht verschreibungs-
pflichtige Arzneimittel wieder als Leistung der gesetzli-
chen Krankenversicherung verankern“. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den

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1) Anlage 6 2)

(C (D timmen der Koalitionsfraktionen und den Stimmen der DU/CSU-Fraktion gegen die Stimmen der FDP-Frakion angenommen. Zusatzpunkt 9: Wir kommen zur Abstimmung über en Antrag der Fraktionen der SPD und des ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 15/5688 mit em Titel „Arzneimittelversorgung bei schwerwiegenen chronischen Erkrankungen gewährleisten“. Wer timmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer nthält sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen der Kolitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSUraktion und FDP-Fraktion angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften – Drucksache 15/5315 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bauund Wohnungswesen – Drucksache 15/5706 – Berichterstattung: Abgeordneter Gero Storjohann Auch bei diesem Tagesordnungspunkt sollen die Reen zu Protokoll genommen werden. Es handelt sich um ie Beiträge von Heide Wright und der Parlamentarichen Staatssekretärin Iris Gleicke von der SPD, Gero torjohann von der CDU/CSU, Peter Hettlich von Bündis 90/Die Grünen und Horst Friedrich von der FDPraktion.2)


(Erste Beratung 172. Sitzung)


(14. Ausschuss)

Wir kommen zur Abstimmung über den von den

raktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
ingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Straßen-
erkehrsgesetzes und anderer straßenverkehrsrechtlicher
orschriften auf Drucksache 15/5315. Der Ausschuss für
erkehr, Bau- und Wohnungswesen empfiehlt in seiner
eschlussempfehlung auf Drucksache 15/5706, den Ge-
etzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
itte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-
chussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
eichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Ge-
etzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen der
oalitionsfraktionen und der CDU/CSU-Fraktion bei
nthaltung der FDP-Fraktion angenommen.

Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
st mit gleichem Stimmenverhältnis angenommen.

Anlage 7






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 23 a bis 23 c auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike

Flach, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Ressortforschung des Bundes umfassend eva-
luieren, neu ausrichten und fachliche Kompe-
tenz nutzen
– Drucksache 15/5267 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (17. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina
Reiche, Dr. Maria Böhmer, Thomas Rachel,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Forschungs- und Innovationsförderung für
die Arbeitsplätze der Zukunft

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach,
Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Deutschland muss aufholen – 2006 bis 2016 –
Dekade der Innovationen

– Drucksachen 15/5016, 15/5360, 15/5682 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Andrea Wicklein
Katherina Reiche
Hans-Josef Fell
Ulrike Flach

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Michael
Kretschmer, Katherina Reiche, Dr. Maria
Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Forschung an Hochschulen durch Vollkosten-
finanzierung verbessern
– Drucksachen 15/4721, 15/5374 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ute Berg
Michael Kretschmer
Hans-Josef Fell
Ulrike Flach

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die

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(C (D raktion der FDP fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile der Kollegin lrike Flach von der FDP-Fraktion das Wort. Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle en! Diese Debatte ist in dieser Wahlperiode wahrcheinlich die letzte Debatte über Forschung und Innoation, die wir führen. Deswegen ist es sicherlich ngebracht, an dieser Stelle zumindest einige Worte zur ilanz der Bundesregierung zu verlieren. Sie wissen aus den Erfahrungen der letzten Jahre, ass ich nicht zu denen gehöre, die grundsätzlich alles chlechtreden. (Jörg Tauss [SPD]: Doch! Sagen wir mal so: Es hätte besser sein können!)

Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1518208600

nsofern fange ich mit einem Thema an, mit dem ich
anz zufrieden bin, lieber Herr Tauss, nämlich mit der
essortforschung. Wir kämpfen als Liberale seit nun-
ehr 15 Jahren für eine Reform und eine Evaluierung
er Ressortforschungseinrichtungen. Insofern ist es gut,
ass es inzwischen Bewegung auf Ihrer Seite gegeben
at. Wir haben gestern im Ausschuss darüber gespro-
hen. Wir sind recht zufrieden damit, dass sich zumin-
est 13 von 53 Ressortforschungseinrichtungen im Eva-
uierungsprozess befinden.
Es wird eine aufgabenkritische Begutachtung geben.
as bedeutet für uns, dass das Ergebnis der Evaluierung
uch sein kann, dass die jeweilige Einrichtung als staatli-
he Forschungseinrichtung aufzulösen ist und die Auf-
aben, wenn sie denn dann noch notwendig sind, an
ochschulen oder andere Forschungseinrichtungen zu
ergeben sind. Kurzum, liebe Kollegen: Beim Thema
essortforschung sind wir einigermaßen zufrieden. Es
st zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung.


(Jörg Tauss [SPD]: In den letzten sieben Jahren!)


Damit wären wir beim zweiten Thema. Diese Zufrie-
enheit kann leider nicht für Ihr komplettes Handeln
um Ausdruck gebracht werden. In den letzten sieben
ahren ist Ihnen eben nicht sehr viel gelungen.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das kann man wohl sagen!)


ichtige Reformen wurden nicht angepackt oder umge-
etzt. Das ist zum Teil Ihre Schuld, zum Teil haben Ihre
abinettskollegen Sie auflaufen lassen und zum Teil
ind Sie an der Länderblockade gescheitert.


(Jörg Tauss [SPD]: An Ihrer Länderblockade!)

Sie kommen an den Fakten nicht vorbei. Unser Wis-

enschaftssystem ist nach wie vor unterfinanziert. Wir
aben bis zum heutigen Tag keine Antwort von Ihnen
uf die Frage bekommen, wie Herr Eichel den Etat für
ie nächsten Monate plant. Nach wie vor steht im Raum,
ass Sie bis zu 1 Milliarde Euro einsparen müssen. Viel-
eicht erfahren wir heute einmal etwas Neues dazu. Wir






(A) )



(B) )


Ulrike Flach

sind bei wichtigen Kennzahlen und Technologie-
rankings zurückgefallen und wir haben in der For-
schung restriktivere Gesetze als andere Nationen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, den Wissenschaft-
lern und den forschenden Unternehmen ist es ziemlich
gleichgültig, wer nun an welcher Stelle schuld ist: die
Ministerin, die Länder oder die Weltkonjunktur. Fazit
ist: Wir sind nach wie vor nicht die Spitze, wie es die
Ministerin immer gerne für uns in Anspruch nimmt. An-
dere Länder holen in der Forschung auf.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Aber trotzdem sind wir Spitze!)


Was angepackt wird, braucht lange. Es stockt und
läuft in der Umsetzung zäh. Damit sind wir bei dem, was
Sie gestern Abend zusammen mit Herrn Goppel vorge-
stellt haben: der Exzellenzinitiative und dem Pakt für
Forschung. Ich kann Ihnen an dieser Stelle ganz offen
sagen: Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen, dass wir
nach anderthalb Jahren hier endlich zu Potte gekommen
sind.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das müssen Sie nicht uns sagen! Das müssen Sie der anderen Seite sagen!)


Das Ergebnis ist zwar für den Wissenschaftsstandort gut;
aber es ist ein Armutszeugnis für die Innovationsfreude
unseres föderalen Staates. So etwas kann Ihnen bei je-
dem neuen Reformschritt wieder passieren.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das müssen Sie der anderen Seite sagen!)


Der Umstand, dass die beiden großen Fraktionen dieses
Hauses die Föderalismusreform gegen die Wand ge-
fahren haben, ist eine der großen politischen Niederla-
gen dieser Legislaturperiode.


(Beifall bei der FDP)

Innovation und Forschung sind die Topprioritäten für

die nächsten Jahre, und zwar im Bund wie in den Län-
dern. Wir können uns diesen aufreibenden Streit zwi-
schen Bund und Ländern nicht länger leisten. Wie Sie,
liebe Kolleginnen und Kollegen, ganz genau wissen, gibt
es das in keinem anderen Land der Welt. Das föderale
Gehacke ist im Prinzip zum Haupthindernis für den In-
novationsstandort Deutschland geworden.


(Beifall bei der FDP)

Die nächste Legislaturperiode muss hierzu Lösungen

bringen. Wir brauchen eine Reform der Kultusminister-
konferenz und wir brauchen eine Reform der Bund/Län-
der-Kommission.


(Jörg Tauss [SPD]: In fünf Ländern regiert ihr mit!)


Diese beiden Einrichtungen sind nicht mehr in der Lage,
unser Gesamtsystem zu steuern.

Aber es gibt natürlich auch hausgemachte Probleme,
lieber Herr Tauss. Dazu zählt sicherlich das schillernde
Bild Ihrer Bundesregierung

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(C (D (Jörg Tauss [SPD]: Sagen Sie einfach „glitzernd“!)


m Bereich Stammzellforschung, worüber wir in den
etzten Tagen so gern diskutiert haben. Der Kanzler ver-
ucht auf der einen Seite, den Menschen klar zu machen,
ie seien sehr fortschrittlich, während wir auf der ande-
en Seite Tag für Tag erleben, dass es in Ihren Reihen na-
ürlich keine Mehrheiten für die Route des Kanzlers gibt.


(Jörg Tauss [SPD]: Gewissensfrage!)

Denken Sie einmal an anderes, zum Beispiel an die

berzogene Regelung im Chemikalienbereich, an das
entechnikgesetz oder an die Energieforschung: Auch
ort haben Sie den Standort blockiert.


(Beifall bei der FDP)

Denken Sie auch an all das, was wir auf dem gesam-

en Gebiet der Gentechnik in den letzten Jahren zu ver-
eichnen hatten: Es ist Ihnen nicht gelungen, die Finan-
ierung der entsprechenden Fonds auf den Weg zu
ringen, auch wenn Sie uns in diesem Hause immer wie-
er Gegenteiliges sagen. In diesem Jahr flossen
Millionen Euro und nicht mehr. Mit diesem Fazit kön-
en wir nicht zufrieden sein.


(Beifall bei der FDP)

Für die FDP erkläre ich hier: Wir werden im Herbst

ine Dekade der Innovationen anstoßen.

(Jörg Tauss [SPD]: Oh, oh!)


ir haben Ihnen in Nordrhein-Westfalen gerade gezeigt,
ozu wir bereit sind: Wir kürzen die entsprechenden
ubventionen.


(Jörg Tauss [SPD]: Wo denn?)

as unterscheidet uns deutlich von den Kollegen von
en Grünen, die das seit Jahren zwar versprechen, aber
icht tun. Wir sehen mit Optimismus in die Zukunft. Ab
em Herbst wird es besser.


(Beifall bei der FDP)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518208700

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär
lrich Kasparick.
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Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1518208800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP
öchte im Herbst mit einer Dekade der Innovationen be-
innen. Wir haben damit schon 1998 begonnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ieses Land braucht nämlich dringend eine Mittel-
mschichtung für mehr Innovationen und Technologie.
as die Mittelaufwüchse im Haushalt angeht, sind wir
ei einem Plus von 35,7 Prozent. Die Studienanfänger-
ahlen in den Naturwissenschaften steigen zum Teil bis
u 70 Prozent. Die Absolventenzahlen steigen. Die Höhe
es BAföG ist praktisch verdoppelt worden. Die Aus-
andsinvestitionen der Wirtschaft in F und E in Deutsch-






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Ulrich Kasparick

land steigen. Das ist ein wichtiger Trend. Deutschland ist
nach Großbritannien das Land, in das die meisten aus-
ländischen Studierenden kommen. Das heißt, Deutsch-
land hat an Attraktivität für ausländische Studierende ge-
wonnen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das alles zeigt, dass der Weg, den wir 1998 eingeschla-
gen haben, erste Früchte zeitigt.

Mich freut besonders, dass der jetzige Vorsitzende der
Bund/Länder-Kommission diesen Trend im Ausschuss
für Bildung und Forschung ausdrücklich gelobt hat. Er
hat ausdrücklich gelobt, dass Deutschland nach Groß-
britannien das attraktivste Zielland für F-und-E-Investi-
tionen im Ausland tätiger US-Unternehmen geworden
ist.


(Beifall bei der SPD)

Wir stimmen mit der Einschätzung von Dr. Goppel voll-
kommen überein.

Die F-und-E-Aufwendungen der Wirtschaft seien, so
wird kritisiert, im Jahr 2004 um 1,7 Prozent gesunken.
Ich darf dazu ermuntern, sich einmal einen längeren
Konjunkturzyklus anzuschauen. Die Situation ist so,
dass die Investitionen der Wirtschaft in F und E von
2002 bis 2005 um 5,5 Prozent gewachsen sind. Das ist
ein Zeichen dafür, dass sich auch die Wirtschaft in wich-
tigen Technologiefeldern zusätzlich engagiert. Das ist
auch nötig, weil wir den Wechsel zu mehr F-und-E-In-
vestitionen nicht allein mit staatlichen Mitteln schaffen;
vielmehr brauchen wir das Engagement der Wirtschaft.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der Anteil der F-und-E-Ausgaben am BIP ist seit 1998
von 2,3 Prozent auf 2,5 Prozent gestiegen.

Was ich jetzt sage, werden Sie zwar ungern hören, ist
aber richtig: Wir wären gern noch viel weiter.


(Ulrike Flach [FDP]: Das ist wohl wahr!)

Wir wären gern noch viel weiter und hätten insbesondere
lieber deutlich mehr Geld im System. Leider kommen
wir bei den großen Themen viel zu langsam voran. Ich
teile die Freude von Frau Flach, dass wir mit der Exzel-
lenzinitiative offensichtlich vor einem erfolgreichen Ab-
schluss stehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe soeben mit Frau Wanka in Potsdam gesprochen,
sie ist zuversichtlich, dass das nun endlich gelingt. Wir
hätten diese Initiative und den Pakt für Forschung gern
schon vor einem Jahr


(Jörg Tauss [SPD]: Vor über einem Jahr!)

in Kraft gesetzt. Wir haben erheblich Zeit verloren. Wir
fordern dringend mehr Geld im System und haben daher
vorgeschlagen, alte Subventionstatbestände abzubauen
und die frei werdenden Mittel in Bildung und Forschung
zu investieren. Leider werden wir nach wie vor ausge-
bremst und kommen nicht mit dem Tempo voran, das

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(C (D ir dringend in Deutschland bräuchten; denn – hierin timme ich Ihnen zu, Frau Flach – der internationale ettbewerb ist nicht schwächer, sondern stärker und chärfer geworden. Ausländische Investitionen im FuEereich nehmen zum Teil schneller zu als die deutschen. Seit 1998 richtet die Bundesregierung ihren Fokus auf ie Spitzentechnologien. Ich nenne nur die Stichworte aser, optische Technologien, Werkstoffinnovationen nd Nanotechnologie. In diesen Bereichen sind große undesprogramme auf den Weg gebracht worden. Da mmer gesagt wird, Deutschland sei ein schlechter Forchungsstandort, möchte ich extra auf die Kompetenzetze der Medizin hinweisen. Hier sind wir weltweit ührend. Vor kurzem hat es dazu einen parlamentarichen Abend gegeben, bei dem das noch einmal ausrücklich belegt worden ist. Ich möchte einen zweiten Punkt ansprechen: Die Ge ehmigungsund Zulassungszeiten für neue Arzneiproukte werden mit der Umwandlung des Bundesinstituts ür Arzneimittel und Medizinprodukte in die Medizinrodukteagentur auf bis zu sieben Monate gekürzt. Das eißt, auch dort wird das System beschleunigt. Dieses empo brauchen wir dringend. Die Partner für Innovationen sind längst bei der Um etzung konkret verabredeter Projekte. Beispielsweise ühren Unternehmen unter dem Motto „Jugend der Zuunft“ Jugendliche an Zukunftstechnologien heran. Hier st ein Prozess in Gang gekommen, in dem wir sehr gut it der Wirtschaft kooperieren. Ich nenne das Stichwort Hightech-Gründerfonds“ und die Initiativen, die uns elfen, gemeinsam mit der Wirtschaft Wagniskapital zu erbessern. Mein letztes Stichwort lautet Ostdeutschland. Sie issen, dass ich an dieser Baustelle mit brennendem erzen mit meinen Kollegen engagiert bin. Wir haben or kurzem die vierte Fördersäule bekannt geben könen. 150 Millionen Euro gehen an besonders innovative unge Forschergruppen. Wir setzen auf Köpfe und nicht uf Beton. Wir setzen bei den Personen an, die in der age sind, Innovationsprozesse nach vorn zu bringen. Ich bin ganz zuversichtlich, dass dieser Weg der rich ige ist, allerdings sage ich noch einmal an die Opposiion gerichtet: Hören Sie auf zu bremsen! Wir könnten eiter sein, wenn Sie uns mehr Geld geben würden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist lächerlich!)


(Beifall des Abg. René Röspel [SPD])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518208900

Das Wort hat jetzt der Kollege Michael Kretschmer

on der CDU/CSU-Fraktion.


Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1518209000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Es ist traurig, dass es auch am Ende der Legisla-
urperiode






(A) )



(B) )


Michael Kretschmer


(Zuruf von der SPD: Immer noch Blockade gibt!)

nicht gelingt, einen ehrlichen Blick auf das zu werfen,
was Sie erreicht haben, Herr Staatssekretär.


(Jörg Tauss [SPD]: Dann bemühen Sie sich mal!)


Ich finde es schade, wenn Sie hier nur ausführen, wie gut
wir sind. Die Realität in unserem Land, gerade auch in
den Forschungsinstituten, in den Hochschulen und bei
den Unternehmern, die forschen wollen, sieht ganz an-
ders aus. Ich will nur wenige Beispiele nennen.

Ein Blick in den Bericht zur technologischen Leis-
tungsfähigkeit zeigt, dass wir weit zurückfallen, dass an-
dere rasant aufholen. Es gibt einen bemerkenswerten
Satz, der lautet: Wenn Deutschland die Automobilin-
dustrie nicht hätte, wäre dieses Land nicht als eines zu
bezeichnen, das im internationalen Wettbewerb auf den
Export hochtechnologischer Güter spezialisiert ist. – So
weit sind wir gekommen. Wir haben die Automobilin-
dustrie,


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Den Maschinenbau vergessen Sie!)


sie ist das Rückgrat, aber in vielen anderen Bereichen
liegen wir weit hinten.

Ich möchte nicht über die Grüne Bio- oder Gentech-
nologie reden, ich möchte auch nicht über die Atomkraft
reden, sondern Ihnen ausschließlich sagen, wie es ist,
wenn man als Unternehmer ein Forschungsprojekt mit
dem BMBF oder dem Wirtschaftsministerium zusam-
men umsetzen will: Vorlaufzeiten von bis zu einem Jahr
müssen einkalkuliert werden. Abgeordnete müssen
Briefe an den Minister schreiben, damit es endlich los-
geht. Haushaltssperren zu Beginn oder in der Mitte des
Jahres sorgen dafür, dass kein Geld mehr da ist. – Die
Realität ist: Wir könnten viel mehr tun, wenn Sie einen
seriösen Haushalt vorlegen und seriöse Politik betreiben
würden. Dann wären wir auch mit der Forschung we-
sentlich weiter.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Viele Technologieförderprogramme werden nach dem

Prinzip „Stop and go“ umgesetzt. Das ist das
Schlimmste, was man in diesem Bereich tun kann. Wir
brauchen Verlässlichkeit bei der Durchführung von Pro-
grammen und die Möglichkeit zu planen.

Sie haben die Fonds angesprochen. Es geht nicht um
einen; es geht mittlerweile um drei Fonds. Für alle mög-
lichen Bereiche werden Fonds gegründet. Nur, sie lau-
fen allesamt nicht. Der neue Dachfonds, der vor reich-
lich einem Jahr gestartet ist und in andere Venture-
Capital-Fonds investieren soll, ist eine Bauchlandung,
weil es gerade einmal zu zwei Beteiligungen kam – und
das bei zwei Venture-Capital-Gesellschaften, die es
wirklich nicht nötig hätten, weil sie selber gut genug da-
stehen. Klar ist doch: Die Rahmenbedingungen in die-
sem Bereich, die steuerlichen Anreize stimmen nicht.
Das Problem ist: Sie kurieren wieder an den Symptomen
herum, anstatt die Ursache zu heilen.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dann sollte man noch über die Exzellenzinitiative
prechen. Ja, sie ist jetzt unter Dach und Fach, sie geht
os – aber mit einem Jahr Verzögerung.


(Lachen bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Traurig, traurig!)


rst vor wenigen Stunden – so kann man sagen – haben
ie vom Bundesverfassungsgericht gesagt bekommen,
as geht und was nicht geht. Es ist nun einmal so, dass
ir ein föderal aufgebauter Staat sind und die Länder
erantwortung haben. Wenn die Ministerin in diesem
and eine gute Sache machen will, dann muss sie sich
iesen Gegebenheiten anpassen. Frau Bulmahn macht
ber einen Fehler nach dem anderen nach dem Prinzip:
Augen zu und durch“ bzw. „Mit dem Kopf durch die
and“ und merkt nicht, dass nach der ersten Wand die
weite kommt. Sie holt sich eine Beule nach der ande-
en – zum Schaden der Wissenschaftler, der Forscher
nd der Hochschulen in unserem Land.
Wenn Sie uns vorwerfen, wir seien unseriös, im glei-

hen Atemzug aber die Mittel für den Hochschulbau
ürzen und versuchen, das Geld in die Exzellenzinitia-
ive umzuschichten, dann kann man Ihnen das nicht
urchgehen lassen. Das ist unseriös und unredlich. Man
ollte den Hochschulen und allen auf der Straße sagen:
ot-Grün kürzt bei wichtigen Zukunftsausgaben. Die
ittel für den Hochschulbau, eines der zentralen Ele-
ente, sind in Ihrer Zeit massiv zurechtgekürzt worden.
ie sind damit für die baulichen Mängel und die Ausstat-
ungsmängel an unseren Hochschulen verantwortlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Diese Legislaturperiode geht mit zwei Erfolgen für

ns zu Ende. Ein Programm für die neuen Länder haben
ie gerade erwähnt; wir haben es in den letzten Haus-
altsverhandlungen durchgesetzt. Das andere ist, dass
ir in die Vollkostenfinanzierung einsteigen. Das er-
reut uns sehr, vor allen Dingen deshalb, weil Sie uns
och vor wenigen Wochen erklärt haben, wie unsinnig
ieser Vorschlag ist. Jetzt hat Ihre Ministerin unseren
orschlag mit unterschrieben. Wir kommen endlich
azu, dass die Hochschulen tatsächlich in angemessenen
rößenordnungen Forschung betreiben können und die
irklich Erfolgreichen nicht mehr die Dummen sind,
eil mit jedem eingeworbenen Drittmittelprojekt an der
rundausstattung gezehrt wird und sie immer größere
robleme bekommen.
Nein, wir kommen dazu, dass tatsächlich die vollen
osten für ein eingeworbenes Drittmittelprojekt finan-
iert werden. Das wird den Wettbewerb stärken. Das
ird unsere Forschungsleistung erhöhen. Wir freuen uns
arüber sehr. Mit diesem ersten Einstieg in die Exzellenz-
nitiative können wir Erfahrungen sammeln, die später
uf andere Bereiche ausgedehnt werden können.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Versprechen Sie das? Sagen Sie das zu?)


enn wir sehen, wie erfolgreich im angelsächsischen
aum und in Schweden mit diesem Modell gearbeitet






(A) )



(B) )


Michael Kretschmer

wird, wie dadurch Anreizstrukturen geschaffen und am
Ende sehr gute Erfolge erzielt werden.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Bringen Sie das Geld mit?)


Wir sehen die Vollkostenfinanzierung als einen zen-
tralen Baustein bei der Reform der Hochschullandschaft
bzw. des Wissenschaftssystems, zu dem auch andere Be-
reiche gehören. Wir brauchen mehr Wettbewerb; wir
brauchen leistungsfähige Hochschulen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Wir brauchen auch mehr Geld! Was sagen Sie dazu?)


Die Vollkostenfinanzierung ist ein Einstieg. Wir haben
wieder einmal bewiesen, dass wir den richtigen Weg
kennen.


(Jörg Tauss [SPD]: Oh, oh, oh!)

Sie mussten sich – auch Sie, Herr Tauss – korrigieren.
Das freut uns in der Tat.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518209100

Das Wort hat der Kollege Reinhard Loske vom Bünd-

nis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wenn wir jetzt zurückblicken, versuchen wir natürlich,
Bilanz zu ziehen; aber das ist mir in der Kürze der Zeit
natürlich nicht möglich. Wir wollen einmal sehen, ob
wir im Herbst neu wählen. Es sieht aber so aus, als sei
das heute die letzte Debatte zu diesem Thema.

Lassen Sie mich zu Beginn sagen, woran wir uns in
unserer Forschungs- und Innovationspolitik orientiert
haben – jedenfalls für meine Fraktion kann ich das
sagen –: Für uns war immer sehr wichtig, die Freude an
der Forschung zu fördern


(Beifall des Abg. René Röspel [SPD] – Helge Braun [CDU/CSU]: Warum haben Sie dann das Gegenteil gemacht?)


und die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass diejeni-
gen, die Lust haben, zu forschen und in der Wissenschaft
zu arbeiten, bessere Rahmenbedingungen vorfinden.


(Ulrike Flach [FDP]: Das ist Ihnen aber nicht gelungen!)


Ich glaube, das ist uns zu einem guten Teil gelungen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dass es noch besser hätte gelingen können, hat Ulrich
Kasparick zu Recht gesagt. Aber die Rahmenbedingun-
gen für Bildung und Forschung sind wesentlich besser
geworden. Ich will jetzt nicht, wie wir es vor der NRW-

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(C (D ahl getan haben, das alte Lied davon singen, dass die orschungsmittel damals unter Rüttgers gekürzt worden ind. Unter unserer Verantwortung sind sie um fast ein rittel gestiegen. Ich glaube, das ist schon ein gewaltiger nterschied. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Freude an Forschung war der erste wichtige Punkt.
er zweite sehr wichtige Punkt war für uns immer, dass
urch nachhaltige Entwicklung und innovative Energien
eue Arbeitsplätze entstehen können. Wir wollten die
ahmenbedingungen so setzen, dass das möglich wird.
etzt könnte man überprüfen, auf welchen Gebieten das
elungen ist.
Lassen Sie mich einige Bereiche einzeln betrachten

nd das, was wir erreicht haben, mit dem vergleichen,
as Sie vorschlagen. Im Bereich der Biotechnologie und
er Biomedizin haben wir die Forschungsmittel um
0 Prozent erhöht.


(René Röspel [SPD]: Eine Erfolgsgeschichte!)

as mich an Ihrer Argumentation, Frau Flach, beson-
ers stört, ist: Sie tun so, als lägen wir im Bereich der
iomedizin hinten, weil wir in Deutschland so hohe bio-
thische Standards haben. Das ist aber schlicht und ein-
ach falsch, und zwar auf der ganzen Linie.
In Sachen Biomedizin sind wir weltweit ganz vorn.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


nseren 17 Kompetenznetzwerken wird auch in interna-
onalen Journalen immer und immer wieder attestiert,
ass sie wirklich hervorragend sind. Im Bereich der Alz-
eimerforschung, der Krebsforschung, der Depressions-
orschung und in vielen anderen Bereichen sind wir
pitze. Das bedeutet, dass wir die Biomedizin nicht auf
ie Stammzellforschung und das Forschungsklonen ver-
ürzen dürfen.


(Ulrike Flach [FDP]: Aber wir dürfen das auch nicht ausblenden, Herr Loske!)


ber diese Themen streiten wir. Als Parlament haben
ir uns zu Recht dazu durchgerungen, zu sagen, dass
ier das Prinzip der Gewissensfreiheit gelten soll: Jede
nd jeder soll nach seinem Gewissen entscheiden. Aber
as ist zu trennen von der Frage, wie wir in der Biomedi-
in dastehen. In der Biomedizin stehen wir gut da. Dafür
inden wir weltweit Anerkennung.
Zum nächsten Bereich: der Biotechnologie. Auch

ier unterscheiden wir uns. Für uns ist Biotechnologie
in sehr weites Feld, das von den Bioenergien über Bio-
ohstoffe, die Biokatalyse bis hin zur Bionik reicht.
uch hier finde ich Ihre thematische Engführung nicht
ut. Wenn man sich die Situation bei den Bioenergien
nd den erneuerbaren Energien insgesamt ansieht, stellt
an fest: Seit wir 1998 die Regierung übernommen ha-
en, hat sich der Anteil der erneuerbaren Energien an der
esamten Energie von 5 auf 10 Prozent verdoppelt. Das
t weltweit einmalig.






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Aber zu welchen Kosten, Herr Loske?)


Diesen Anteil wollen wir bis zum Jahr 2020 – das haben
wir festgeschrieben – auf 20 Prozent erhöhen. Gleichzei-
tig haben wir sehr viel Geld in Energieeffizienz- und
Energieeinsparungstechnologien gesteckt.

So verhält es sich auch bei Entwicklungen in der
weißen Biotechnologie:

Wir wissen, dass wir bei der Grünen Gentechnik,
wenn sie im freien Feld stattfindet, besonders vorsichtig
sein müssen.


(Ulrike Flach [FDP]: Sie haben das ja auch verhindert!)


Wenn wir sie befürworten, müssen wir uns um ihre Ak-
zeptanz in der Bevölkerung bemühen. Wir sind da skep-
tischer als Sie. Wir sind der Meinung, dass es gute
Gründe gibt, dagegen zu sein. Was wir aber zumindest
sicherstellen wollen, sind Wahlfreiheit und Transparenz,
damit die Leute wissen, woran sie sind. Deshalb ist das
Gentechnikgesetz ein gutes Gesetz. Sie werden sich,
wenn Sie hier Änderungen vornehmen wollen, noch
wundern, wie groß der öffentliche Protest sein wird,
wenn Sie die Bevölkerung mit Gentechnik zwangsernäh-
ren wollen. Das wollen die Leute nämlich nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Das sind ja nur Unterstellungen, Herr Loske!)


Nun zum Thema Verkehrsforschung; denn darum
ging es auch. Eben hat der Kollege Kretschmer gesagt,
im Verkehrsbereich lägen wir weltweit vorn. Aber wenn
ich mir die Anträge der CDU/CSU anschaue, stelle ich
fest: Was die Verkehrsforschung betrifft, haben Sie kein
Wort gesagt zu den Fragen der Emissionen, der Effizienz
und der neuen Technologien, die dem Ziel der Ressour-
ceneinsparung dienen. In vielen Ländern, zum Beispiel
in China oder Japan – auch in Kalifornien –, werden
demnächst sehr anspruchsvolle CO2-Standards festge-schrieben. Darauf muss die deutsche Automobilindustrie
vorbereitet sein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen sage ich: Es ist sehr wichtig, im Bereich der
Verkehrsforschung auch die CO2-Vermeidungs- und Ef-fizienztechniken zu fördern und nicht so zu tun – das
klingt bei Ihnen immer so an –, als seien Ökologie und
Ökonomie Gegensätze. Nein, beides gehört zusammen!
Das ist für uns ein sehr wichtiger Punkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Was mich an Ihren Anträgen mordsmäßig stört – auch
das will ich Ihnen sagen –, sind Ihre Äußerungen zu
Themen, die sich nicht unmittelbar in Produkten nieder-
schlagen: Die Friedens- und Konfliktforschung zum
Beispiel war unter Ihrer Verantwortung vollkommen ab-
gestorben, bei uns allerdings ist sie wieder aufgelebt.
Darauf sind wir stolz; denn wir glauben, dass dieses
wichtige Thema bearbeitet werden muss.


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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Wir haben jede Menge zu tun gehabt, Herr Loske!)


Ja, das ist wahr. Sie und der Kollege Kretschmer haben
ber kritische Selbstreflexion geredet.
Im Bereich der Energieforschung finden wir heute

olgende Situation vor: Unter schwierigsten Bedingun-
en haben wir für einen deutlichen Aufwuchs bei den er-
euerbaren Energien und für einen moderaten Aufwuchs
ei den Effizienz- und Einspartechniken gesorgt. Aber
ir laborieren immer noch daran, dass wir im Bereich
er nuklearen Sicherheitsforschung wahnsinnig viel
eld dafür ausgeben müssen, weil Ihr Minister
iesenhuber es seinerzeit versäumt hat, darauf zu drän-
en, dass beim Abbau von Forschungsreaktoren – wie
eute in Karlsruhe – auch die Industrie ihren Anteil
rägt. Der Staat ist heute gezwungen, aus seinem For-
chungskorsett den Löwenanteil seiner Mittel für das
bwracken alter Forschungskernreaktoren aufzuwen-
en. Das ist nicht in Ordnung. Wenn hier über Selbstkri-
ik geredet wird, dann sollten Sie das auch auf sich be-
iehen!
Summa summarum sind wir ein gutes Stück vorange-

ommen, aber wir sind noch lange nicht da, wo wir im
ereich Bildung und Forschung hinwollen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Deswegen machen wir ja auch weiter!)


or allen Dingen müssen wir mehr Geld mobilisieren.
as muss ich schon einmal an Ihre Adresse sagen, Frau
lach: Ihre Partei ist an fünf Landesregierungen betei-
igt. Sie lamentieren darüber, dass der Föderalismus –


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518209200

Herr Kollege Loske – –

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

– ich bin sofort fertig; einen Satz noch – sozusagen

as Hauptproblem für die Forschung sei.

(Ulrike Flach [FDP]: Ist er ja auch!)


ann machen Sie doch endlich einmal etwas in den Län-
ern, in denen Sie mit an der Regierung sind! Davon
erkt man überhaupt nichts.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518209300

Das Wort hat der Kollege Helge Braun von der CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Herr Loske, vergessen Sie die neue Geheimwaffe Pinkwart nicht!)



Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1518209400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Noch ist die Legislaturperiode nicht zu Ende,
ber die Versuchung ist groß, schon jetzt zu reflektieren,






(A) )



(B) )


Helge Braun

was sich in sieben Jahren rot-grüner Forschungs- und
Bildungspolitik eigentlich getan hat.


(Jörg Tauss [SPD]: Sehr gut!)

Wenn man sich das überlegt, ist das Erste, was einem
auffällt, dass wir eine profilierte Forschungsministerin in
diesem Kabinett komplett vermissen – „Bundeskultus-
ministerin“ wäre wahrscheinlich die zutreffende Be-
schreibung für das, was Edelgard Bulmahn in diesem
Kabinett dargestellt hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Unverschämtheit!)


Das Thema Ganztagsschule hat in Ihrer Arbeit wesent-
lich mehr Bedeutung gehabt, als die Strukturen für For-
schung und Innovationen wirklich zu verbessern. Gerade
letzte Woche habe ich mit verschiedenen Wissenschaft-
lern der DFG gesprochen. Dort fiel der Satz: Strukturell
lebt die Forschungslandschaft in Deutschland bis heute
von der Ära Riesenhuber.


(Jörg Tauss [SPD]: Mit den Folgekosten! – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo war das?)


Das ist nach sieben Jahren rot-grüner Forschungspolitik
ein Armutszeugnis, meine Damen und Herren.

Vor wenigen Tagen hat der ehemalige Präsident der
Max-Planck-Gesellschaft gesagt


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Der ehemalige oder der aktuelle?)


– Herr Professor Markl, der ehemalige Präsident –,

(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Der ak tuelle lobt uns!)

er wünsche sich, dass Politiker das, was sie dauernd an-
kündigen, auch tun, so zum Beispiel die Erhöhung der
Ausgaben für Forschung und Bildung bis 2010 auf
3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.


(Jörg Tauss [SPD]: Nicht blockieren, mein Lieber!)


Wenn man sich überlegt, in welchen Zeiträumen For-
schungspolitik funktionieren muss, dann ist klar, dass je-
der Innovationszyklus eine gewisse Zeit braucht. Wir
reden hier nicht über ein Jahr, zwei Jahre oder drei Jahre,
sondern meistens über wesentlich größere Zeiträume.
Was wir in der Phase Ihrer Regierung erlebt haben, ist
die Überrollung der Haushalte der Forschungsorganisa-
tionen und jetzt die unsägliche Debatte über Kürzungs-
notwendigkeiten von bis zu 1 Milliarde Euro.


(Jörg Tauss [SPD]: Wo denn? Wann denn?)

Das sind alles Zeichen dafür, dass Forschungsorganisa-
tionen – –


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist unseriös: Ein Jahr später sind die wieder draufgekommen!)


– Ein Jahr später, ja, Herr Tauss. Das ist genau das Pro-
blem: Sie müssen lernen, dass Sie ein Forschungspro-
jekt, das Sie kaputtmachen, indem Sie in einem Jahr die
Haushalte überrollen, dieses im Jahr darauf nicht einfach

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(C (D ieder „anschalten“ können. An solchen Stellen geht xzellenz in Deutschland unwiederbringlich kaputt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – René Röspel [SPD]: Da war Rüttgers wirklich stetig! Der war kontinuierlich im Sinkflug! Das war verlässlich!)


Soeben hat Herr Loske vorgetragen, die Kompetenz-
etzwerke der Medizin seien beispielhaft und man sei in
eutschland deshalb gleich im gesamten Bereich Bio-
edizin und Biotechnologie ganz weit vorn. Die Wahr-
eit ist eine andere: Die Einzelmaßnahme Kompetenz-
etzwerk ist natürlich ein hervorragendes Instrument
nd Deutschland kann sich glücklich schätzen über jedes
ompetenznetzwerk, das wir haben. Wenn man sich
ber die Strukturen der Forschungslandschaft im Bereich
er Biomedizin insgesamt anschaut, ist die Bilanz sehr
rnüchternd. Wir haben auf der einen Seite – das ist eben
chon besprochen worden – unklare Rechtsverhältnisse.
erade von dieser Bundesregierung sind völlig unter-
chiedliche Ankündigungen zu hören: Während der
anzler am Mittwoch gesagt hat – vielleicht ist das alles
orbereitung für die Vertrauensfrage –, er wolle die Re-
elungen für die Stammzellenforschung entbürokratisie-
en, sagt die grüne Fraktionschefin Göring-Eckardt: Da
ann der Kanzler erklären, was er will. – Das ist doch
ichts, worauf man bauen könnte.


(Nicolette Kressl [SPD]: Und wie ist das bei Frau Reiche und Frau Böhmer? Ich lache mich tot!)


Ich will Ihnen eines sagen: In einer Regierung brau-
hen die Ankündigungen des Kanzlers eine gewisse Ver-
ässlichkeit. Und Verlässlichkeit ist exakt das, was nicht
ur Ihre Forschungspolitik, sondern Ihre Regierungspo-
itik insgesamt, auf der ganzen Linie, vermissen lässt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Abg. Jörg Tauss [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518209500

Herr Braun, einen Moment. – Herr Tauss, Sie haben

och gleich als nächster Redner das Wort. Warum müs-
en Sie sich jetzt zu Wort melden?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Na gut!)



Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1518209600

Ja, ich denke auch. Sie können gleich in sechs Minu-

en alles sagen, was Sie wissen.
Die Grüne Gentechnik ist das nächste Beispiel. Zu-

ächst kündigte der Kanzler in Bezug auf die Haftungs-
egelungen bei der Grünen Gentechnik an, dass gemein-
am mit dem ersten Gesetz ein vernünftiger
echtsrahmen für die Investitionen in diesem Bereich
orliegt. Wenige Tage später kündigt er an, dass es an
ieser Stelle noch Nachsteuerungen geben wird – Kor-
ekturen, die wir zumindest bis heute nicht gesehen ha-
en.






(A) )



(B) )


Helge Braun

Meine Damen und Herren, die Forschungspolitik in

Deutschland lässt insgesamt jegliche Struktur vermissen,
die dazu führen kann, dass wir einen wirklich verlässli-
chen Rahmen haben, um Deutschland im europäischen
und weltweiten Wettbewerb der Wissensgesellschaften
wieder nach vorne zu bringen.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: 1,9 Milliarden Euro wurden akzeptiert!)


Wir brauchen eine verlässliche Regierung und mehr
Freiheit in der Wissenschaft.

Die Ressortforschung ist einer der Punkte, bei denen
ich glaube, dass wir ganz mit der FDP zusammenkom-
men können. Frau Flach, Sie haben gesagt, dass jetzt
evaluiert wird. Das ist wahr und das ist ein guter Anfang.


(Ulrike Flach [FDP]: Das andere aber auch!)

Wir bedanken uns an dieser Stelle beim Wissenschaftsrat
auch ausdrücklich dafür, dass dies geschieht. Die Evalu-
ierung war aber noch nie so notwendig wie jetzt, weil
noch keine Bundesregierung so wie die aktuelle die Res-
sortforschungseinrichtungen dazu verwendet hat, ihre
ideologische Forschung nach vorne zu treiben und not-
wendige Projekte, die in diesen Forschungseinrichtun-
gen hätten durchgeführt werden können, zu behindern
oder sogar, wie es in Einzelfällen geschehen ist, zu ver-
bieten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin: So ein Quatsch!)


Ein freiheitliches Forschungssystem, das die Inno-
vationskraft schafft, damit es in Deutschland wieder
Wachstum gibt, ist zwingend erforderlich. Die For-
schungspolitik dieser rot-grünen Bundesregierung ist
kein gutes Beispiel. Sie hat dazu beigetragen, dass die
Zahl der Arbeitslosen in Deutschland in der Regierungs-
phase, die Sie zu verantworten haben, von 4 Millionen
auf 5 Millionen angestiegen ist. Wir werden alles dafür
tun, dass das beim nächsten Mal anders wird.

Wenn man sich die Exzellenzinitiative anschaut, dann
wird klar, dass auch dort die Freiheit der Forschung wie-
der ganz entscheidend ist. Wir haben nämlich dafür
gesorgt, dass die Mittel jetzt wirklich dort ausgegeben
werden, wo die Exzellenzen sind, während der An-
fangsansatz, den die rot-grüne Bundesregierung verfolgt
hat, wohl eher wieder ein Element der Strukturförderung
war.

Freiheit und Exzellenz in der Wissenschaft – das ist
der Kurs, den wir verfolgen.


(Jörg Tauss [SPD]: Nachlesen, nachlesen!)

In diesem Sinne würden wir uns freuen, wenn wir im
September andere Mehrheiten im Deutschen Bundestag
erhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Lesen bildet, mein Lieber!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518209700

Das Wort hat der Kollege Jörg Tauss von der SPD-

Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


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(C (D Lieber Herr Präsident! Leider haben Sie meine Zwi chenfrage nicht zugelassen. Ich kann die Frage, wo rau Merkel bei der Stammzellenforschung steht, nicht elbst beantworten. Das wollte ich von dem Kollegen er Opposition eigentlich nur wissen. Wahrscheinlich ilt aber auch hier, was der „Tagesspiegel“ gesagt hat: ie Macht des Ungefähren – um für Merkels Vorstellunen einmal einen präzisen Begriff zu bringen – verliert llmählich ihren Reiz. Der „Tagesspiegel“ hat Recht mit em, was er über Frau Merkel sagt. Frau Flach, das, was Sie gesagt haben, war verräte isch. Sie haben gesagt, dass Sie die Ressortforschung eit 15 Jahren evaluieren wollen. as war wirklich verräterisch. Von diesen 15 Jahren waen Sie sieben Jahre lang an der Regierung. In dieser Zeit st nichts geschehen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1518209800

(Beifall bei der SPD)


(Ulrike Flach [FDP]: Ja, natürlich!)


n den letzten sieben Jahren haben wir mit der Evaluie-
ung begonnen. Sie ist auf einem guten Weg, wie wir in
ieser Woche im Ausschuss gehört haben.
Frau Flach, ich finde es überhaupt nicht gut – das hat

hnen auch der Generalsekretär des Wissenschaftsrats
ns Stammbuch geschrieben –, was Sie in diesem Zu-
ammenhang gesagt haben. Die Evaluierung hat bei uns
ämlich nicht das Ziel, die Forschung zu verunsichern
nd mit der Schließung von Instituten zu drohen. Frau
lach, Sie sollten den Vorwurf, den Sie da heute erhoben
aben, zurücknehmen. Wir evaluieren, um aufgabenkri-
isch festzustellen: Können die Institute noch besser wer-
en, wo können wir ihnen helfen? Ich halte es für nicht
ut, als Ergebnis der Evaluation mit Schließungen zu
rohen, obwohl die Evaluation noch nicht einmal begon-
en hat.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518209900

Herr Kollege Tauss, erlauben Sie eine Zwischenfrage

er Frau Kollegin Flach?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1518210000

Da Sie die Zwischenfrage genehmigen, genehmige

ch sie selbstverständlich auch.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518210100

Nein, Sie haben sie zu genehmigen. – Dann lasse ich

ie zu. Bitte.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1518210200

Bitte schön, liebe Frau Flach.


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1518210300

Lieber Herr Tauss, ich wollte Sie nur fragen, an wel-

her Stelle meiner Rede Sie vernommen haben, dass ich






(A) )



(B) )


Ulrike Flach

mit Schließungen drohe. Ich habe an keiner Stelle mit
Schließungen gedroht.

Ich möchte Sie fragen, ob Sie genauso wie ich gehört
haben, was der Generalsekretär in der Ausschusssitzung
gesagt hat? Er hat nämlich deutlich gesagt: Wir evaluie-
ren und wenn sich am Schluss herausstellt, dass gewisse
Institutionen besser einen anderen Weg gehen sollten,
dann werden wir das auch empfehlen. Also bitte ich Sie,
mir das zu bestätigen, was wir beide gemeinsam gehört
haben.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1518210400

Liebe Frau Flach, ich verweise Sie auf das Protokoll.

Lesen Sie doch noch einmal nach, was Sie hier gesagt
haben. Hier war eindeutig von Schließung die Rede, und
zwar als Ergebnis von Evaluation. Wenn Sie es so ausge-
drückt haben wollten, wie es der Generalsekretär gesagt
hat, sind wir schon wieder näher beieinander. Wir waren
ja bei der gleichen Sitzung. Der Generalsekretär hat je-
doch eines hinzugefügt: Es wird keine wirksame Beteili-
gung derer, die evaluiert werden, geben, wenn von vorn-
herein ein Damoklesschwert darüber schwebt. Insofern
bleibe ich dabei, dass Sie hier für die beginnende Evalu-
ierung ein falsches Signal gegeben haben. Frau Flach, le-
sen Sie noch einmal nach, was Sie gesagt haben. Wir
können es ja gemeinsam gegenüber den Wissenschafts-
organisationen und den betroffenen Einrichtungen rich-
tig stellen.


(Ulrike Flach [FDP]: Wir machen uns einmal einen schönen Nachmittag!)


Ich möchte mich nun aber nicht länger der FDP zu-
wenden, die nun mit Herrn Pinkwart in Nordrhein-West-
falen mitregieren wird. Meine Kolleginnen und Kolle-
gen, Ihre Schwarzmalerei ist langsam, aber sicher
wirklich nicht mehr zum Aushalten.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Wir hatten diese Woche ein Gespräch mit dem Präsiden-
ten der Max-Planck-Gesellschaft. Ich hoffe, wenigstens
die Max-Planck-Gesellschaft findet vor Ihren Augen
noch Gnade, wenn schon die anderen Wissenschaftler
und Wissenschaftlerinnen in Deutschland dies nicht tun,
die Sie ja als so erfolglos beschimpfen. Herr Gruss hat
uns dargelegt, dass Deutschland im internationalen Ver-
gleich der Forschungsnationen wieder auf Platz zwei
vorgerückt ist.


(Beifall bei der SPD)

Bei der Zahl der Publikationen liegt allein die Max-

Planck-Gesellschaft – nur eine von vielen deutschen
Forschungseinrichtungen – vor Harvard und anderen
amerikanischen Spitzenuniversitäten. Statt auf dieses Er-
gebnis stolz zu sein


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und anzuerkennen, dass andere Nationen inzwischen
wieder sagen: „So macht man erfolgreiche Forschungs-
politik“, reden Sie mies und machen Sie kaputt. Das ist

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(C (D hre eigentliche Absicht und das ist das, was mich an eilen Ihrer Politik und Argumentation so anwidert. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Aus diesem Grund will ich die verbleibende Zeit nut-
en, um noch einmal deutlich zu machen: Ja, wir haben
inige Probleme im Bereich Wissenschaft und For-
chung. Dies gilt beispielsweise für den Bereich KMU.
ier werden wir ein neues Programm auflegen und dafür
orgen, dass es auch in diesem Bereich Verbesserungen
ibt. Wir haben Probleme im Bereich Risikokapital.
ber, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der
echten Seite dieses Hauses, Sie bemühen doch immer
ie Verantwortung der Wirtschaft an vielen Stellen. Wie
ann es denn in diesem unserem Lande sein, dass es
icht als Aufgabe der Finanzwirtschaft empfunden wird,
nnovationen zu fördern? Warum müssen wir staatliche
nnovationsprogramme und Dachkapitalfonds auflegen?
ehen Sie doch einmal zu den Leuten, die Sie finanzie-
en, hin und fordern Sie sie auf, hier mehr zu machen.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD] – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wo bekommen Sie Ihr Geld her?)


Wir bekommen es von Beiträgen, wie es sich gehört.
as ist auch richtig.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Da muss er selber lachen!)


Jetzt möchte ich noch kurz auf Ihre Fragen antworten.
ie haben gefragt: Was hat sich in sieben Jahren getan?
ie hatten den Etat runtergefahren; wir haben ihn in die-
en sieben Jahren um 30 Prozent erhöht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie haben bis 1998 die besten Köpfe aus Deutschland ins
usland gehen lassen; wir holen sie mit den intensiven
emühungen dieser Ministerin, ihrer Staatssekretärin so-
ie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministe-
ium zurück.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie haben die Mittel für die Hochschulbauförderung ge-
ürzt; wir haben sie erhöht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Thomas Rachel [CDU/ CSU]: Sie haben gekürzt!)


ie haben eine bessere Finanzausstattung für Bildung
nd Wissenschaft in diesem Lande verhindert; wir
ämpfen dafür, dass Ihre Blockaden beendet werden. Sie
aben das BAföG reduziert und wollen es ausbluten las-
en; Sie wollen es abschaffen. Hier liegen die Unter-
chiede zwischen uns und Ihnen.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Dummes Zeug! Sie sollten sich schämen!)







(A) )



(B) )


Jörg Tauss

– Herr Rachel, wenn Sie etwas nicht wissen, stellen Sie
eine Zwischenfrage. Die beantworte ich Ihnen dann
gerne.

Sie haben die Exzellenzinitiative blockiert und Ihren
eigenen Wissenschaftsminister vorgeführt – ich bin ge-
spannt, ob Sie sich jetzt gegen Herrn Koch durch-
setzen –; wir aber durchbrechen jetzt mit der Exzellenz-
initiative Ihre Blockade.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Ich sage Ihnen abschließend: Sie haben keinerlei mo-
ralische und fachliche Qualifikation im Bereich Wissen-
schaft und Forschung, um in diesem Land politische
Verantwortung zu übernehmen. Sie haben in Ihrer Re-
gierungszeit versagt und erst recht während Ihrer Oppo-
sitionszeit in den Bundesländern. Auch das muss an die-
ser Stelle einmal festgehalten werden. Aus diesem
Grund werden wir dafür kämpfen, dass es im Herbst zu
vernünftigen Mehrheiten kommt, die für Bildung, Wis-
senschaft und Forschung eintreten und nicht für über-
kommene Subventionen, wie Sie es tun.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518210500

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/5267 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung auf Drucksache 15/5682
zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel
„Forschungs- und Innovationsförderung für die Arbeits-
plätze der Zukunft“. Der Ausschuss empfiehlt unter
Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung, den Antrag auf
Drucksache 15/5016 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der Fraktion der CDU/CSU bei Enthaltung der Fraktion
der FDP angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion
der FDP auf Drucksache 15/5360 mit dem Titel
„Deutschland muss aufholen – 2006 bis 2016 – Dekade
der Innovationen“. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
fehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitions-
fraktionen bei Gegenstimmen der FDP-Fraktion sowie
des Kollegen Kretschmer und bei Enthaltung der CDU/
CSU-Fraktion angenommen.

Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung auf Drucksache 15/5374 zu dem Antrag der
Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Forschung an
Hochschulen durch Vollkostenfinanzierung verbessern“.

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(C (D er Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Druckache 15/4721 abzulehnen. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/ SUund FDP-Fraktion angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften – Drucksache 15/5213 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit – Drucksache 15/5694 – Berichterstattung: Abgeordneter Hubertus Heil Dazu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der DP vor. Die Reden sollen auch in diesem Fall zu Protokoll ge ommen werden. Es handelt sich um die Reden der Kolegen Hubertus Heil und Manfred Zöllmer, SPD-Frakion, Dr. Martina Krogmann und Johannes Singhammer, DU/CSU-Fraktion, Rainer Funke, FDP-Fraktion, soie Petra Pau, fraktionslos. Von den Grünen liegt mir och nichts vor.1)


(Erste Beratung 170. Sitzung)



(Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ist auf dem Weg!)


Können Sie mir sagen, um wen es sich handelt?

(Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Frau Höfken!)

Dann nehmen wir auch die Rede der Kollegin Höfken
u Protokoll.
Mir liegen einige Erklärungen nach § 31 der Ge-

chäftsordnung vor, nämlich der Kollegen Hubertus
eil, Ulrich Kelber, Jörg Tauss und anderer, die wir
benfalls zu Protokoll nehmen.2)
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

esregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
nderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften
uf Drucksache 15/5213. Der Ausschuss für Wirtschaft
nd Arbeit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 15/5694, den Gesetzentwurf in der Aus-
chussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
ollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
altungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
it den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
timmen von CDU/CSU- und FDP-Fraktion angenom-
en.

Anlage 8
Anlage 5






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit gleichem
Stimmverhältnis angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent-
schließungsantrag der Fraktion der FDP auf
Drucksache 15/5756. Wer stimmt für diesen Entschlie-
ßungsantrag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der
Entschließungsantrag ist mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen und der CDU/CSU-Fraktion gegen die
Stimmen der FDP-Fraktion abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Änderung des Vierten und Sechsten
Buches Sozialgesetzbuch
– Drucksache 15/5574 –

(Erste Beratung 178. Sitzung)

a)Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Gesundheit und Soziale Sicherung

(13. Ausschuss)

– Drucksache 15/5705 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Erika Lotz


(8. Ausschuss)

– Drucksache 15/5724 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Michael Luther
Otto Fricke
Waltraud Lehn
Anna Lührmann

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der
Kollegin Erika Lotz von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1518210600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Seit unserer Regierungsübernahme vor fast sieben Jah-
ren haben wir es geschafft, den Beitragssatz in der Ren-
tenversicherung merklich zu senken und in den letzten
Jahren sogar bei 19,5 Prozent zu stabilisieren.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Versprochen waren 18 Prozent bei Einführung der Ökosteuer!)


Davon konnten Sie in den letzten fünf Jahren Ihrer Re-
gierungszeit, Herr Kolb und Kolleginnen und Kollegen
vonseiten der CDU/CSU, doch nur träumen. Zuletzt lag

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(C (D r in Ihrer Regierungszeit bei sagenhaften 20,3 Prozent. er Trend wies nach oben, steil nach oben. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie hatten bei der Einführung der Ökosteuer von 18 Prozent gesprochen!)


Das ist so. Da können Sie noch so viel dazwischenru-
en.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Schwankungsreserve ist weg!)


as können und dürfen Sie nicht leugnen.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Beitragsbe messungsgrenze ist erhöht!)

In der Anhörung des Ausschusses am Montag hat Ih-

en Professor Ruland dieses wieder klar aufgezeigt.
hne die von uns beschlossenen und umgesetzten Refor-
en in der Rentenversicherung – nun möchte ich zitie-
en – „hätten wir bereits heute einen Beitragssatz von
ber 22 Prozent. Tatsächlich liegt er bei 19,5 Prozent, al-
erdings mit im Moment etwas steigender Tendenz.“


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Seit Jahren steigend!)


ber die herausragende Fachkompetenz von Herrn
uland brauchen wir hier doch wirklich nicht zu streiten.
Ihre Versäumnisse in der Renten- und Arbeitsmarkt-

olitik der 90er-Jahre haben noch heute große Auswir-
ungen auf die Finanzen der Rentenversicherung. Sie
sten wie eine riesige Hypothek auf unserer Gesell-
chaft. So ist es ein von Ihnen gepflegter Mythos, dass
rst in unserer Regierungszeit die Arbeitslosigkeit auf
ber 5 Millionen gestiegen ist. Würden wir die heutigen
erechnungsmethoden auf die damalige Zeit anwenden,
ämen wir auf einen vergleichbaren Wert. Ich erinnere
ur an die von uns erfolgte Einbeziehung der arbeitsfähi-
en Sozialhilfeempfänger in die Statistik.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Das stimmt auch nicht, Frau Lotz!)


Herr Meckelburg, Sie wissen ganz genau, dass das so
t.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Nein, alles falsch!)


Mindestens genauso gravierend ist die durch Sie ver-
ntwortete Fehlfinanzierung der deutschen Einheit. Die
eutsche Einheit wird und wurde in ganz großem Maße
urch die Sozialversicherungssysteme finanziert. Dies
äre aber eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft ge-
esen; sie hätte über Steuern finanziert werden müssen.
ies hätte dazu geführt, dass der Beitragssatz niedriger
äre. Es ist müßig, darüber zu diskutieren, ob er nun um
,7 oder 1,8 Prozentpunkte niedriger läge. Selbst bei
,7 Prozentpunkten hätten wir heute einen Beitragssatz
on 17,8 Prozent; dieser Beitragssatz wurde seit 1973
ur zweimal unterschritten.
Wer vor diesem Hintergrund behauptet, die gesetz-

che Rentenversicherung sei nicht belastbar und ein






(A) )



(B) )


Erika Lotz

Auslaufmodell, der hat nicht das Wohl der Gesellschaft
vor Augen. Es sind andere Gründe, die ihn antreiben.

Wer heute über Rentenfinanzen spricht, darf auch
eine weitere Belastung nicht verschweigen. Der seit Jah-
ren andauernde Umbau der Industriegesellschaft zu
einer Dienstleistungsgesellschaft wird zu einem ge-
wichtigen Teil aus Rentengeldern bezahlt. Kein anderes
System hätte es ermöglicht, die gewaltigen Frühverren-
tungsprogramme der Wirtschaft für die Beschäftigten so
sozial ausgewogen zu stemmen.

Wir sind aber finanziell und arbeitsmarktpolitisch an
einem Punkt angekommen, an dem wir uns dies nicht
mehr leisten können. Überhaupt: Hätten Sie von der
Union nicht ständig arbeitsmarktpolitisch notwendige
Gesetzgebungsverfahren blockiert, dann hätten wir
heute nicht ein so großes Beschäftigungsproblem. Ich er-
innere nur an die Handwerksrolle.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Was heißt das schon wieder? – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Nennen Sie nur eines!)


– Handwerksordnung.

(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Unsinn!)


Mit unseren Rentenreformen der letzten Jahre haben
wir es trotz dieser enormen Belastungen geschafft, die
gesetzliche Rentenversicherung mittel- und langfristig
auf einen guten Weg zu bringen. Diese Probleme haben
wir gelöst. Damit haben wir die Grundlage für eine auch
in Zukunft verlässliche und finanzierbare Alterssiche-
rung geschaffen. Die Bürgerinnen und Bürger vertrauen
darauf und dieses Vertrauen ist wichtig; denn ohne Ver-
trauen wird die Binnenkonjunktur nicht anspringen. Das
wäre für uns alle fatal. Es ist daher an der Zeit, werte
Opposition, dass Sie Ihre Verunsicherungskampagne
umgehend einstellen. Sie ist grundlos, allein machtpoli-
tisch motiviert und schadet unserem Land.

Unsere Maßnahmen können aber nur dann ihre volle
Wirksamkeit entfalten, wenn es uns gelingt, den Bei-
tragssatz in den nächsten Jahren stabil zu halten. Dies ist
uns bisher trotz ungünstiger wirtschaftlicher Rahmenbe-
dingungen gelungen. Die Beitragssatzstabilität wurde
aber vor allem durch die Opfer der Rentner und Arbeit-
nehmer finanziert. Um ein Ansteigen des Rentenbei-
tragssatzes im nächsten Jahr zu verhindern,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jetzt wird es spannend!)


ist es daher gerecht, wenn nun die Arbeitgeber in die
Pflicht genommen werden. Das dafür notwendige Vor-
ziehen der Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge um
zwei Wochen ist dabei alternativlos.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Erstens sind es fast drei Wochen und zweitens vernichtet ihr sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse!)


Dies ist sozial gerecht und wirtschaftlich vertretbar. Es
ist sozial gerecht, weil den Arbeitnehmern und Rentnern
in den letzten Jahren schon große Belastungen auferlegt

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(C (D urden und noch werden. Von ihnen noch mehr Opfer u verlangen wäre unzumutbar. Ich denke, hier ist das nde der Fahnenstange erreicht. Das Vorziehen der Fälligkeit ist auch wirtschaftlich ertretbar und alternativlos. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein! Wirklich nicht!)

ie Vorfinanzierungskosten in Höhe von
00 Millionen Euro werden die Unternehmer und Ar-
eitgeber sicherlich schmerzen; das sehe ich auch.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Liquidität ist das Problem!)


ber eine Beitragssatzerhöhung würde doch ein Vielfa-
hes dessen kosten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein!)

llein die Kosten für die privaten Arbeitgeber würden
ei rund 1 Milliarde Euro liegen. Die fiskalischen Folge-
osten – unter anderem der Bundeszuschuss und die
ehrausgaben bei Kindererziehungszeiten – würden
eitere 2 Milliarden Euro betragen. Zudem mindert eine
eitragssatzerhöhung die verfügbaren Arbeitnehmerein-
ommen. Das wäre fatal für den Konsum und damit für
ie Binnennachfrage.
Dass die Vorfinanzierungskosten für die Arbeitgeber

ine Belastung darstellen, bestreite ich nicht. Aber dies
ird keineswegs zu einem drastischen Anstieg der Insol-
enzen führen, wie Sie immer wieder behaupten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sagen Sie mal was zum Liquiditätsentzug, Frau Lotz!)


um einen haben die Arbeitgeber, wie Sie wissen, die
öglichkeit, die zusätzliche Zahlung über einen Zeit-

aum von sechs Monaten zu strecken. Zum anderen wer-
en die Arbeitgeber durch den von den Arbeitnehmern
u übernehmenden Sonderbeitrag zur Krankenver-
icherung um jährlich 4,5 Milliarden Euro entlastet. Das
aben wir beschlossen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das habt ihr doch gemacht, um zusätzliche Beschäftigung zu sichern!)


nsofern ist es doch möglich, diese 400 Millionen Euro
ro Jahr zu finanzieren. Seien Sie doch einmal objektiv!


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das bin ich!)

ei der derzeitigen Fälligkeitsregelung handelt es sich
m nichts anderes als um einen zinslosen Kredit. Man
ann es auch Subvention nennen, wenn Sie wollen. Es
ibt keinen vernünftigen Grund, warum die Arbeitgeber
ie Sozialbeiträge erst 14 Tage nach Ende des Lohnab-
echnungszeitraums überweisen müssen. Eine nicht ge-
echtfertigte Subventionierung der Arbeitgeber durch die
ozialversicherung gehört abgeschafft.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Unternehmen können das nicht finanzieren, Frau Lotz! Das ist ganz einfach!)







(A) )



(B) )


Erika Lotz

Es gibt keine Alternativen, wie der Rentenbeitrags-

satz kurzfristig stabilisiert werden kann. In der Renten-
politik sind die Stellschrauben nun einmal begrenzt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ihr habt die Renten vor die Wand gefahren!)


Es ist doch auch kein Wunder, dass die Union trotz viel-
facher Aufforderung bis heute keine wirksamen Alterna-
tiven benannt hat. Sie hat keine, weil es keine gibt.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Doch! Neuwahlen! Das ist die beste Alternative!)


Auch die von der Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände vorgeschlagenen Maßnahmen ha-
ben nun einmal so gut wie keine kurzfristigen Effekte.
Um es klar zu sagen: Bei der derzeitigen Arbeitsmarkt-
lage werden wir die Regelaltersgrenze nicht anheben.
Wir sind auch in keiner Weise bereit, in die Renten von
Witwen und Witwern einzugreifen. Das wäre sozialer
Kahlschlag.


(Beifall bei der SPD)

Wir werden auch auf keinen Fall die Sicherungsklau-

sel für die Rentenanpassungen streichen oder den Belas-
tungsanteil für die Rentner im Nachhaltigkeitsfaktor für
die Anpassungsformel erhöhen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Nein! Sie haben den Faktor Alpha drin! Damit können Sie alles machen!)


Wer – wie Herr Storm – diesen Weg gehen will, dem
stellen wir uns entschieden entgegen. Dies hat mit Gene-
rationengerechtigkeit nichts zu tun. Kommen Sie end-
lich einmal in der Realität an! Die Leipziger Beschlüsse
der Union sind unbezahlbarer Populismus. Allein die ab-
schlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren würde
die Rentenversicherung jährlich 2,5 Milliarden Euro
kosten. Die kindbezogene Mehrleistung würde die Bei-
tragszahler noch einmal rund 15 Milliarden Euro pro
Jahr kosten. Trotzdem wollen Sie langfristig den Bei-
tragssatz nicht über 20 Prozent steigen lassen. Warum
verschweigen Sie, dass hierzu Rentenkürzungen von
mehr als 15 Prozent nötig sind?


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: 10 Prozent! 15 Prozent! Jetzt überbietet euch aber nicht!)


So verhalten sich keine gewissenhaften Politiker.
Mit der von uns eingeführten Niveausicherungs-

klausel haben wir ein Zeichen für Verlässlichkeit ge-
setzt;


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Die Rente ist sicher!)


denn das Rentenniveau vor Steuern darf bis 2020
46 Prozent und bis 2030 43 Prozent nicht unterschrei-
ten. Ich denke, mehr ist den Bürgerinnen und Bürgern
auch nicht zuzumuten. Eine weitere Niveauabsenkung in
der Rentenversicherung wäre eine sozialpolitische Geis-
terfahrt. Wenn Sie diesen Weg gehen wollen, bezahlen
am Ende viele Bürger Ihren Machthunger mit Altersar-
mut.

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(C (D (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Aber Frau Lotz! Bei der letzten Rede muss das doch nicht sein!)


ies ist ein Weg, der für uns unannehmbar ist. Diesem
eg werden wir uns kompromisslos entgegenstellen.
Heute wurde schon einige Male über Neuwahlen ge-

prochen.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die wollen Sie doch, oder?)

ie sollten klar sagen, wohin die Reise in der Zukunft
eht. Sie sollten aber auch sagen, wie Sie Ihre Vor-
chläge finanzieren wollen. Diese Antwort sind Sie noch
chuldig. Für die nächste Legislaturperiode wünsche ich
ir, dass die großen Parteien, was die Rente angeht, wie-
er zu Kompromissen finden.
Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Es ist Ihre letzte Rede gewesen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518210700

Das Wort hat der Kollege Andreas Storm von der
DU/CSU-Fraktion.


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1518210800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit

em vorliegenden Gesetzentwurf soll der Fälligkeitster-
in für die Zahlung der Sozialbeiträge vorgezogen wer-
en. Was auf den ersten Blick nach einer bloßen techni-
chen Änderung aussieht, ist bei näherem Hinsehen eine
eitere Notoperation, mit der Rot-Grün einmal mehr ein
ewaltiges Finanzloch in der Rentenkasse schließen
ill.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Staatssekretär Thönnes hat vor vier Wochen im Bun-

estag kleinlaut einräumen müssen, am Jahresende
laffe in der Rentenkasse eine Lücke von 5 Milliarden
uro und ohne diese Maßnahme müsse im kommenden
ahr der Rentenbeitrag auf 20 Prozent angehoben wer-
en.
Die Wahrheit ist aber noch schlimmer: Die deutsche
entenversicherung steckt derzeit in der größten Krise
eit der großen Rentenreform des Jahres 1957. Was sind
ie Gründe? Meine Damen und Herren von Rot-Grün,
ber die gesamte letzte Wahlperiode haben Sie die Ren-
enversicherung strukturell unterfinanziert. Die Renten-
asse hat von ihren Reserven gelebt. Der stabile Renten-
eitragssatz, Kollegin Lotz, mit dem Sie sich so rühmen,
ar und ist in Wirklichkeit ein Trugbild.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Teuer erkauft!)

Am Jahresbeginn 2002 betrug die Rücklage noch

3,8 Milliarden Euro. Dann hat Frau Schmidt die Ver-
ntwortung für die Rente übernommen. Im letzten Jahr
aben Sie die Immobilienbestände der Rentenversiche-
ung verscherbelt und mittlerweile gehen die Rücklagen






(A) )



(B) )


Andreas Storm

der Rentenkassen gegen null. Bis zum Jahresende wird
die Rücklage der Rentenversicherung nahezu voll-
ständig aufgezehrt sein.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!)

Was früher für einen Monat gereicht hat, reicht im Mo-
ment nur noch für zwei Tage. Am Jahresende wird es
wahrscheinlich noch nicht einmal dafür reichen.

Der Grund für die Finanzmisere ist offenkundig: Es
ist die Arbeitsmarktkrise. Jeden Tag gehen in Deutsch-
land 500 sozialversicherungspflichtige Vollzeitarbeits-
plätze verloren. Davon betroffen sind nicht nur
500 Menschen mit ihren Familien. Mit jedem Arbeits-
platz, der verloren geht, wird auch ein neues Loch in die
Sozialkassen gerissen.

Das Eingeständnis des Staatssekretärs Thönnes ist
aber nur die halbe Wahrheit; denn mit dem Rentenloch
von 5 Milliarden Euro ist das Ende der Fahnenstange
noch nicht erreicht. Das, Frau Kollegin Lotz, hat nichts
mit Schwarzmalerei zu tun. Der Chef der Rentenversi-
cherungsträger, Professor Ruland, auf den auch Sie sich
bezogen haben, hat die Risiken für die Rentenfinanzen
in der Anhörung am Montag deutlich gemacht. Nach den
massiven Einbrüchen bei den Beitragseinnahmen in den
ersten fünf Monaten dieses Jahres ist es so gut wie si-
cher, dass die Prognose der Bundesregierung für die
Rentenkasse nicht mehr erreicht werden kann. Hinzu
kommt, dass die Annahme für den Beitrag zur Kran-
kenversicherung der Rentner mehr der Wunschvor-
stellung von Ulla Schmidt als der tatsächlichen Lage der
gesetzlichen Krankenkassen geschuldet ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Unterstellt man realistische Annahmen für die Entwick-
lung der Beitragseinnahmen und die Krankenversiche-
rung der Rentner, dann wird deutlich, dass der Renten-
beitrag im kommenden Jahr sogar auf deutlich über
20 Prozent ansteigen müsste. Liebe Kolleginnen und
Kollegen von Rot-Grün, diese Zahl macht das Ausmaß
Ihres Versagens in der Rentenpolitik deutlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Mit dem Gesetz, das als Entwurf vorliegt, wollen Sie

nun den drohenden drastischen Anstieg des Beitragssat-
zes in der Rentenversicherung verhindern.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das geht schief!)

Der Fälligkeitstermin für die Sozialbeiträge soll vorge-
zogen werden. Diese Buchungsänderung spült einmalig
9,6 Milliarden Euro zusätzlich in die Rentenkasse. Das
bedeutet, dass im kommenden Jahr der Beitrag stabil
bleiben kann. Aber – auch das hat die Anhörung am letz-
ten Montag gezeigt – wahrscheinlich schon ein Jahr
später, spätestens jedoch 2008 wäre ohne zusätzliche
Strukturmaßnahmen eine weitere Beitragssatzanhebung
vorprogrammiert.


(Erika Lotz [SPD]: Jetzt aber mal die Karten auf den Tisch!)


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(C (D Mit einer nachhaltigen Rentenpolitik, wie Sie sie tändig wieder fordern, hat diese Maßnahme nun wirkich gar nichts zu tun, Frau Lotz. m Gegenteil: Diese Maßnahme belastet massiv den irtschaftsstandort Deutschland, vor allem die mit elständischen Betriebe in unserem Land. as Vorziehen der Sozialbeiträge wirkt wie eine einmaige Sonderabgabe in einer Größenordnung von 20 Miliarden Euro. as hat – nur auf das kommende Jahr bezogen – eine irkung, als würden die Sozialbeiträge um etwa Prozentpunkte angehoben. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Richtig! Dann muss man es stoppen, wenn man das alles weiß!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es!)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ganz genau!)


auerhaft gibt es Zinsverluste in Höhe von 400 Millio-
en Euro pro Jahr, und das in einer Situation, in der die
inanzdecke in vielen mittelständischen Betrieben bis
um Bersten gespannt ist.
Hinzu kommt: Die Maßnahme ist mit einem erhebli-

hen bürokratischen Mehraufwand verbunden. Sie be-
eutet nicht nur für den Mittelstand eine Zumutung;
enn durch die zeitliche Trennung von Beitragszahlung
nd Entgeltabrechnung steigt der Abrechnungsaufwand
mmens an. Künftig sind 24 statt bisher zwölf Monatsab-
echnungen erforderlich. Von Bürokratieabbau haben
ie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, of-
enbar endgültig Abschied genommen. Auch für die
rankenversicherung bedeutet das einen Mehraufwand;
enn sie muss doppelt abrechnen. Bereits bei der Anhö-
ung hat der Vertreter der Spitzenverbände der Kranken-
assen deutlich gemacht, dass man deshalb mehr Geld
ur Deckung der Verwaltungskosten brauche.
Wenn man das alles bilanziert, dann wird deutlich:
ieser Buchungstrick hat enorme negative Auswirkun-
en auf die Unternehmen. Eine unionsgeführte Bundes-
egierung hätte diesen Weg nie und nimmer beschritten.
llerdings haben wir im Moment nur die Wahl zwischen
est und Cholera; denn um der desolaten Finanzlage der
entenversicherung Herr zu werden, müssten in den
ächsten Monaten eigentlich strukturelle Reformmaß-
ahmen auf den Weg gebracht werden. Angesichts der
evorstehenden Auflösung des Bundestages hat die Re-
ierung die Arbeit aber eingestellt. Kurz auf den Punkt
ebracht: Sie machen sich vom Acker. Zu mehr als zu
iesem Buchungstrick haben Sie keine Kraft mehr.
Wenn es bei dem angekündigten Wahltermin am

8. September bleibt, dann wäre eine neue Bundesregie-
ung erst Ende Oktober im Amt. Bereits in der ersten
ovemberwoche muss aber eine Entscheidung über die
öhe des Rentenbeitragssatzes für 2006 getroffen wer-
en. Im Hinblick auf dieses enge Zeitfenster hätte eine
nionsgeführte Regierung gar keine Chance, mit struktu-






(A) )



(B) )


Andreas Storm

rellen Änderungen das massive Finanzloch in der Ren-
tenkasse zu stopfen.


(Erika Lotz [SPD]: Wo waren denn Ihre Anträge?)


Die verbrannte Erde, die Rot-Grün nach sieben Jahren
bei den Rentenkassen hinterlässt, kann die Union nicht
innerhalb von sieben Tagen wieder aufforsten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Allein aus diesem Grund müssen wir wohl oder übel

die rot-grüne Kröte schlucken.

(Erika Lotz [SPD]: Sie hätten auch jetzt einen Antrag stellen können!)

Die Alternative, Frau Lotz, wäre, unmittelbar nach der
Bundestagswahl das dann unvermeidliche Ansteigen des
Rentenbeitragssatzes hinzunehmen; das hat auch der
Kollege Kolb von der FDP vorgestern in der Ausschuss-
sitzung zugegeben. Er will in dem Fall lieber einen Bei-
tragssatzanstieg in Kauf nehmen. Herr Kollege Kolb, ein
Anstieg des Rentenbeitragssatzes auf 20,3 Prozent im
kommenden Jahr – das wäre realistisch –, ohne die Mög-
lichkeit einer Entlastung für Arbeitnehmer und Wirt-
schaft bei den Lohnnebenkosten an anderer Stelle, wäre
von der Signalwirkung her aber eher noch schädlicher.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Aus diesem Grunde werden wir uns heute bei der Ab-

stimmung hier im Bundestag der Stimme enthalten und
den Gesetzentwurf im Bundesrat passieren lassen. Ich
möchte aber an dieser Stelle noch einmal betonen, vor
allem in Richtung Mittelstand, wie schwer uns diese
Entscheidung gefallen ist und noch fällt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Euch steht das Wasser bis zum Hals! Lasst den Kopf nicht hängen!)


Nach sieben Jahren steht Rot-Grün vor den Trüm-
mern einer gescheiterten Rentenpolitik. Sämtliche ren-
tenpolitischen Ziele werden meilenweit verfehlt. Die
Menschen wissen nicht mehr, woran sie sind. Die Jun-
gen wissen nicht, welche Beitragsbelastungen auf sie
zukommen, und die Älteren sind zutiefst verunsichert,
nachdem mit Nullrunden und Kürzungen eine Notmaß-
nahme an die andere gereiht worden ist. Die derzeitige
Sozialministerin hat in drei Amtsjahren drei Nullrunden
bei der Rente zu verantworten. Das hat es in der Ge-
schichte der deutschen Sozialpolitik noch nie gegeben.
Damit muss Schluss sein. Wir brauchen einen renten-
politischen Neubeginn. Wir müssen von der kurzatmigen
Rentenpolitik von Rot-Grün wegkommen,


(Erika Lotz [SPD]: Sie wollen doch senken!)

einer Rentenpolitik, die durch jährlich wiederkehrende
Finanzkrisen und willkürliche Eingriffe in das Leis-
tungsrecht gekennzeichnet ist. Wesentliche Faktoren für
die Rentenpolitik müssen wieder Verlässlichkeit und
Vertrauen sein.

Kollegin Lotz, lassen Sie mich eines zu der Frage sa-
gen, wie steht es um das Rentenniveau steht. Sie von
Rot-Grün haben im vergangen Jahr mit Ihrer Rentenre-

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(C (D orm und mit der Neuregelung der Rentenbesteuerung as Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicheung für die junge Generation in einem Maß gesenkt, (Erika Lotz [SPD]: Ihr habt euch nicht rangetraut! Das Bundesverfassungsgerichtsurteil war doch älter! Sie haben es liegen gelassen!)


ass bei einer weiteren Absenkung die Rentenversiche-
ung ihre Legitimation verlieren würde.
Das Rentenniveau, auf das sich jemand, der in
eutschland sein Leben lang mit einem durchschnittli-
hen Einkommen gearbeitet hat, in der Vergangenheit
erlassen konnte, lag bei etwa zwei Dritteln seines letz-
en Nettoeinkommens. Durch Ihre Reformen sinkt es für
ie junge Generation auf die Größenordnung von etwa
0 Prozent. Damit ist klar: Es gibt keinen Spielraum
ehr für eine weitere Senkung des Renteniveaus. Wer
ehauptet, irgendjemand in der Union wolle eine Kür-
ung des Renteniveaus, der sagt schlichtweg die Un-
ahrheit.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der entscheidende Punkt ist ein anderer. Wir brau-

hen eine neue Gewichtung zwischen der umlagefinan-
ierten gesetzlichen Rente und der zusätzlichen kapital-
edeckten Vorsorge. An dieser Stelle liegt ein weiteres
ersagen von Rot-Grün. So richtig Ihre Idee von der
iester-Rente war, so falsch war die handwerkliche Um-
etzung. Heute müssen wir feststellen: Sie ist geschei-
ert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Deswegen wird neben der Konsolidierung der Ren-

enfinanzen der flächendeckende Ausbau der kapital-
edeckten Altersversorgung die Hauptaufgabe der
entenpolitik in der nächsten Wahlperiode sein. Große
ufgaben liegen vor uns. In den letzten sieben Jahren
ind die Rentenfinanzen gegen die Wand gefahren wor-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518210900

Das Wort hat die Kollegin Birgitt Bender vom Bünd-

is 90/Die Grünen.

Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1518211000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein kon-

unkturbedingtes Loch in der Rentenkasse ist ein Pro-
lem, ein Problem, das die Opposition zu Triumphge-
eul anstatt zu Lösungen veranlasst.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir wollen, dass ihr das Problem nicht noch verschärft!)


ie haben keine Alternativen, kurzfristig nicht,

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Doch! Neu wahlen sind sehr kurzfristig!)

nd Sie haben auch langfristig kein Konzept.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Birgitt Bender

Es ist im Übrigen billige Polemik, Herr Storm, zu be-

haupten, dass die rot-grünen Rentenreformen kein kurz-,
mittel- und langfristiges Problem der Rentenversiche-
rung gelöst hätten. Wir haben in den letzten Jahren eine
Reihe von Strukturreformen realisiert und wir sind dabei
in der Anpassung der Rentenversicherung an die demo-
graphischen Veränderungen wesentliche Schritte voran-
gekommen. Hätten wir diese Reformen nicht gemacht,
läge der Beitragssatz heute wesentlich höher. Ohne diese
Reformen hätten wir schon heute einen Beitragssatz von
über 22 Prozent.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Hätten Sie Ende der 90er-Jahre nicht blockiert, stünden wir wesentlich besser da!)


Ich nehme an, das wollen auch Sie nicht.
Wir waren auch in den vergangenen Jahren immer

wieder in der Situation, dass wir sehr kurzfristig Maß-
nahmen ergreifen mussten, um den Beitragssatz zu stabi-
lisieren. Deswegen zahlen beispielsweise die Rentner
und Rentnerinnen inzwischen den vollen Beitrag zur
Pflegeversicherung.

Wir waren und sind uns einig – das möchte ich noch
einmal betonen –, dass eine Erhöhung des Beitragssatzes
Gift für die Konjunktur und den Arbeitsmarkt wäre.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber der Liquiditätsentzug ist auch Gift für die Konjunktur!)


Wir hatten, Herr Kollege Kolb, angesichts der aktuellen
Kassenlage die Frage zu beantworten, ob eine Erhöhung
des Beitragssatzes die konjunkturelle Entwicklung stär-
ker belasten würde als eine Maßnahme, bei der den
Unternehmen dadurch Kosten entstehen, dass wir den
Zahlungstermin für die Sozialversicherungsbeiträge vor-
verlegen. Wir hatten auch die Frage zu beantworten, ob
wir den Unternehmen die bürokratischen Belastungen
zumuten können, die ihnen durch das Gesetz unbestreit-
bar aufgebürdet werden. Das war und ist keine leichte
Entscheidung.

Wir haben die Argumente abgewogen und sind zu
dem Schluss gekommen, dass eine Anhebung des Bei-
tragssatzes das größere Übel wäre. Das ist uns im Übri-
gen gerade auch in Gesprächen mit mittelständischen
Firmen so bestätigt worden. Auch bei der Anhörung ha-
ben wir nicht wirklich etwas anderes gehört. Der Arbeit-
geberverband hatte nur anzubieten, dass man doch statt-
dessen langfristig wirksame Maßnahmen ergreifen sollte
wie die Erhöhung des Renteneintrittsalters. Wir alle wis-
sen: So berechtigt diese Diskussion auch ist, kurzfristig
lässt sich über solche Maßnahmen kein Problem der
Rentenkassen lösen.

Würde man den Beitragssatz anheben – das ist in der
jetzigen Situation realistischerweise die einzige Alterna-
tive –, dann würden auch die Kosten für die Arbeitgeber
steigen, sogar noch stärker. Im Übrigen – auch darauf sei
einmal hingewiesen – würde dann die Differenz zwi-
schen den Brutto- und Nettoeinkommen der Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer noch größer. Diese Diffe-
renz muss aber begrenzt werden. Sie muss insbesondere

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(C (D ei einfachen Arbeitsplätzen verringert werden, damit ich auch einfache Arbeit in Deutschland wieder lohnt. Die derzeitige konjunkturelle Lage zeigt doch deut ich, dass die Finanzierung der Sozialversicherungen llein über den Faktor Arbeit Probleme auf der Einnahenseite verursacht und gleichzeitig der Beschäftiungsquote schadet. So wird die Finanzierung nämlich bhängig von jeder Flaute. Das ist ein grundlegendes roblem, das wir lösen wollen. Deshalb diskutieren wir m Zusammenhang mit der Krankenversicherung über ie Bürgerversicherung. Wir sind davon überzeugt, dass ir uns auch in der Alterssicherung auf Dauer kein Sysem leisten können, das Beamte und Selbstständige auen vor lässt. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist doch eine Neiddebatte! Das muss nicht sein! Sie wissen doch, dass das nicht billiger wird!)


ch habe noch nicht gehört, dass Sie, meine Damen und
erren von der Union, überhaupt über so etwas nach-
enken.


(Beifall bei der SPD)

Natürlich ist es richtig, dass man Wachstum braucht,

m Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Wachstum aber kann
ich unterschiedlich intensiv auf die Beschäftigung aus-
irken. Man muss auch überlegen, was Wachstum
emmt oder fördert. Dazu kann ich nur sagen, dass ge-
ade die Belastung durch höhere Beitragssätze ganz be-
timmt nicht der richtige Weg ist.
Jetzt haben wir von Ihnen, meine Damen und Herren

on der Union, gehört, dass Sie dieses Gesetz nicht blo-
kieren wollen, anders als so viele andere Gesetze zuvor.
s fällt mir schwer, Sie dafür zu loben. Sie sagen, der
rund dafür sei, dass das Zeitfenster im Herbst zu kurz
ei und Sie das nicht mehr revidieren könnten. Ich
önnte Ihnen jetzt vorrechnen, dass das nicht unbedingt
in Problem ist; aber lassen wir das. Eigentlich verhält es
ich doch so, dass Sie bisher noch nicht einmal wissen,
it welchem Rentenkonzept die Union vor die Wähle-
innen und Wähler treten will.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wer regiert denn? – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir haben gerade eines verabschiedet!)


ach den bisherigen Beschlüssen von Union und FDP
oll es möglich sein, nach 45 Beitragsjahren abschlags-
rei in Rente zu gehen. Dieser Vorschlag kostet 5 Milliar-
en Euro: 5 Milliarden zulasten der Kassen, was sich in
öheren Beitragssätzen niederschlagen wird, 5 Milliar-
en zulasten des Arbeitsmarktes. Wollen Sie dafür ge-
ählt werden?
Oder: Die Union hat höhere Renten für Kindererzie-

ung und gleichzeitig niedrigere Beiträge im Jahr 2020
orgeschlagen, also die Quadratur des Kreises. Wollen
ie mit solchen Pseudokonzepten


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518211100

Frau Kollegin Bender!






(A) )



(B) )



Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1518211200

– ich komme zum Schluss, Herr Präsident – tatsäch-

lich vor das Volk treten?

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ehrlichkeit zahlt sich immer aus!)

Ich sage Ihnen jedenfalls: Wir sorgen mit diesem Ge-

setz dafür, dass im Herbst keine Beitragssatzerhöhung
ansteht. Ihnen von der Opposition fällt dazu nichts ande-
res ein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518211300

Das Wort hat der Kollege Dr. Heinrich Kolb von der

FDP-Fraktion.

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1518211400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit

einer Debattenzeit von gerade einmal einer halben
Stunde – manche hätten sogar gern ganz auf die Debatte
verzichtet –


(Erika Lotz [SPD]: Wer war das denn?)

soll heute ein Gesetz auf den Weg gebracht werden, das
in seiner negativen Wirkung auf die weitere gesamtwirt-
schaftliche Entwicklung überhaupt nicht überschätzt
werden kann. Denn, Frau Kollegin Lotz, die mit dem
Vorziehen des Fälligkeitstermins verbundene Zuführung
von 20 Milliarden Euro an Liquidität an die Sozialkas-
sen ist eben keine wundersame Geldvermehrung, wie
Sie glauben machen wollen, sondern wirkt sich in eben-
dieser Größenordnung als Liquiditätsentzug gerade für
mittelständische Unternehmen aus und wird sich damit
als ein überaus wirksames Konjunkturdämpfungspro-
gramm erweisen.


(Beifall bei der FDP)

Wenn man das erkannt hat – das haben Sie ja, Herr

Kollege Storm; Sie haben gesagt, der Grund für die jetzi-
gen Probleme der Rente sei die Arbeitsmarktmisere –,
dann darf man doch nicht Maßnahmen auf den Weg
bringen, die das Ganze noch verschärfen würden,


(Erika Lotz [SPD]: Kürzen, das wollen Sie!)

und wie ein Bauer handeln, der sich eine Melkmaschine
kauft, aber die Kuh dafür in Zahlung gibt.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Gutes Bild!)

Das kann doch wirklich nicht sein.

Um es konkret zu machen: Für einen Betrieb mit zehn
Beschäftigten ergibt sich bei einem Durchschnittsver-
dienst von nur 2 500 Euro, also einem Gesamtmonats-
brutto von 25 000 Euro, ein dauerhafter zusätzlicher Fi-
nanzierungsbedarf von 10 000 Euro.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wie hoch ist das bei einer Beitragssatzanhebung? – Dr. Uwe Küster [SPD]: In Mengenlehre waren Sie immer schon eine Null! 10 000 Euro, wie können Sie so was ausrechnen?)


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(C (D as ist ein Betrag, den ein mittelständischer Unterneher mit zehn Beschäftigten in den Zeiten von Basel II nd im fünften Jahr einer konjunkturellen Schwäche icht mehr ohne weiteres schultern kann. enn er von dem Direktor seiner Bank für dieses Voriehen eine Erweiterung seiner Kreditlinie verlangt, hat r ein massives Problem. Das ist eine Hürde, über die iele nicht hinwegkommen können und die für viele Unernehmen das Aus bedeuten dürfte. Dazu kommt, dass die Kosten der Finanzierung von hnen viel zu niedrig angesetzt werden. Auf das Ergebis von 400 Millionen Euro kommt man bei einem Zinsatz von 4 Prozent. Aber welcher Mittelständler hat denn ie Chance, sich mit 4 Prozent zu refinanzieren? 8 Proent sind realistischer; bei einer Kontoüberziehung eher 2 und mehr Prozent. Das heißt, die Kosten werden am nde eher bei 1 Milliarde Euro liegen als bei dem, was ie angegeben haben. Auch der bürokratische Aufwand ist unglaublich. ie reden in Sonntagsreden von Bürokratieabbau und leen dann einen solchen Gesetzentwurf vor. Künftig müsen regelmäßig – mindestens in Betrieben, die mit Stunenlöhnen arbeiten – zwei Abrechnungen durchgeführt erden: eine spätestens am drittletzten Bankarbeitstag es Monats in etwa der Größenordnung, die man erwaret, und eine Spitzabrechnung. Die Kassen müssen das oppelt verbuchen und haben dafür schon einen entsprehenden Mehraufwand in der Verwaltung angemeldet. as macht doch alles keinen Sinn. Nein, dieser Gesetzentwurf – ich sage das sehr deut ich, damit hinterher keiner sagen kann, das sei nicht klar ewesen – führt, wie auch die Vertreter der Verbände in er Anhörung bestätigt haben, zu einem weiteren Verlust n sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Er ämpft das ohnehin niedrige Wirtschaftswachstum in eutschland zusätzlich und wird die mit zuletzt 40 000 hnehin schon hohe Zahl an Unternehmenspleiten pro ahr deutlich ansteigen lassen, und das insbesondere im eschäftigungsintensiven Mittelstand. (Beifall bei der FDP – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Leider wahr!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


Ich sehe, weil das Geld nicht nur in die Rentenkassen,
ondern auch in die anderen Zweige der sozialen Siche-
ung fließt, die Gefahr, dass deshalb soziale Strukturre-
ormen nicht angegangen werden und sich die Probleme
päter umso verschärfter präsentieren werden. Deshalb
uss jeder, der einen stabilen Beitragssatz will, heute
afür sorgen, dass die Beruhigungspille nicht auf den
eg gebracht werden kann.


(Beifall bei der FDP)

Das ist auch mein Vorwurf an Sie, Herr Kollege

torm, und die Kollegen von der Union: Wenn wir nach
em 18. September zusammen regieren wollen,






(A) (C)



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Erika Lotz [SPD]: Das kann ja heiter werden!)


dürfen wir es uns nicht so einfach machen, solche Maß-

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung (f)

Rechtsausschuss
nahmen durchzuwinken, sondern wir müssen uns schon
ein bisschen mehr Mühe geben, als das heute hier offen-
kundig geworden ist. Es kann nicht sein, dass Sie bei der
gleichen Analyse zu so offenkundig anderen Ergebnis-
sen kommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1518211500

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den

Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Vierten
und Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, Drucksache
15/5574.

Der Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 15/5705, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wol-
len, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthal-
tungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stim-
men der FDP-Fraktion bei Enthaltung der CDU/CSU-
Fraktion angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit gleichem Stimmenverhältnis wie zuvor angenom-
men.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 sowie Zusatz-
punkt 10 auf:

27 Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Sechsundzwanzigsten
Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetenge-
setzes
– Drucksache 15/5671 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung (f)

Rechtsausschuss

ZP 10 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Änderung der Geschäftsordnung des Deut-
schen Bundestages – Verhaltensregeln für Mit-
glieder des Deutschen Bundestages
– Drucksache 15/5698 –

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2)

(D Die Reden der Kollegen Wilhelm Schmidt (Salzgiter)

alle SPD-Fraktion –, Dr. Norbert Lammert, CDU/
SU-Fraktion, Volker Beck (Köln), Bündnis 90/Die
rünen, und Jörg van Essen, FDP-Fraktion, werden zu
rotokoll gegeben.1)
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

en Drucksachen 15/5671 und 15/5698 an die in der Ta-
esordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
st die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten
Joachim Stünker, Christine Lambrecht, Hermann
Bachmaier, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion der SPD sowie den Abgeordneten Jerzy
Montag, Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe-
Gerigk, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Novellie-
rung der forensischen DNA-Analyse
– Drucksache 15/5674 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

Die Reden der Kollegen Joachim Stünker, SPD-Frak-
ion, Dr. Jürgen Gehb, CDU/CSU-Fraktion, Jerzy Mon-
ag, Bündnis 90/Die Grünen, Gisela Piltz, FDP-Fraktion,
nd der Bundesministerin Brigitte Zypries werden zu
rotokoll gegeben.2)
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 15/5674 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
st die Überweisung so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-

rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-

estages auf Mittwoch, den 29. Juni 2005, 13 Uhr, ein.
Ich wünsche Ihnen allen ein schönes Wochenende

nd gute Erholung bis zur vermutlich letzten Sitzungs-
oche dieser Legislaturperiode.
Die Sitzung ist geschlossen.