Protokoll:
15178

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 178

  • date_rangeDatum: 2. Juni 2005

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:49 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/178 zes zur Sicherung der Unternehmens- nachfolge (Drucksachen 15/5555, 15/5603) . . . . . . . Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . Heinz Seiffert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Schauerte (CDU/CSU) . . . . . . . . Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . . Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Steffen Kampeter (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Hans Eichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steffen Kampeter (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: 16708 D 16708 D 16711 C 16713 C 16715 D 16717 D 16718 B 16720 D 16722 D 16731 C 16736 D 16738 A 16739 C 16740 C 16743 D 16744 B 16744 D 16745 B 16746 D Deutscher B Stenografisch 178. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 26 . . . Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Martina Eickhoff . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Verbesserung der steuerlichen Standortbedingungen (Drucksachen 15/5554, 15/5601) . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- T a b D 16707 A 16708 C 16767 A 16708 C Jörg-Otto Spiller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Rzepka (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 16723 D 16725 D undestag er Bericht ung en 2. Juni 2005 t : agesordnungspunkt 4: ) Antrag der Abgeordneten Dietrich Austermann, Dr. Michael Meister, Steffen Kampeter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Verschuldungs- spirale stoppen – Nachtragshaushalt und Haushaltssicherungsgesetz umge- hend vorlegen (Drucksache 15/5331) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Andreas Pinkwart, Jürgen Koppelin, Otto Fricke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Prekärer Haushaltslage ent- gegentreten – Nachtragshaushalt und Haushaltssicherungsgesetz vorlegen (Drucksache 15/5477) . . . . . . . . . . . . . . . r. Michael Meister (CDU/CSU) . . . . . . . . . 16727 D 16728 A 16728 B a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 2. Juni 2005 Gesetzes zur Änderung des Binnen- schifffahrtsaufgabengesetzes (Drucksache 15/5557) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Gemeindefinanz- reformgesetzes und anderer Gesetze (Drucksache 15/5565) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zwan- zigsten Gesetzes zur Änderung des Um- satzsteuergesetzes (Drucksache 15/5558) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 31. Juli 2002 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und dem Obersten Rat der Europäischen Schu- len über die Europäische Schule in Frankfurt am Main (Drucksache 15/5517) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Volker Wissing, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion der FDP ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Drucksache 15/5494) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Joachim Günther (Plauen), Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Überregulierung des grenzüberschreitenden Schienengü- terverkehrs verhindern – Wettbewerbs- chancen privater Güterbahnen erhalten (Drucksache 15/5359) . . . . . . . . . . . . . . . . g) Antrag der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Birgit Homburger, Hans- Michael Goldmann, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Biologische Kohlenstoffsenken für den Klimaschutz nutzen (Drucksache 15/4665) . . . . . . . . . . . . . . . . h) Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Leistungsfä- higkeit der Chemiewirtschaft in Deutschland und Europa erhalten (Drucksache 15/5274) . . . . . . . . . . . . . . . . i) Antrag der Abgeordneten Angelika Brunkhorst, Cornelia Pieper, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Forschung und Entwicklung für innovative Energie- übertragungstechnologien voranbringen (Drucksache 15/5140) . . . . . . . . . . . . . . . . Z a b c d e f g h 16748 A 16748 A 16748 A 16748 B 16748 B 16748 C 16748 C 16748 C 16748 D usatztagesordnungspunkt 2: ) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Ergänzung des NS-Ver- folgtenentschädigungsgesetzes (Zweites Entschädigungsrechtsergänzungsgesetz – 2. EntschRErgG) (Drucksache 15/5576) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Si- cherheitsaufgaben (BDBOS-Gesetz – BDBOSG) (Drucksache 15/5575) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reorganisation der Bundesanstalt für Post und Telekom- munikation Deutsche Bundespost und zur Änderung anderer Gesetze (Drucksache 15/5573) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vier- ten und Sechsten Buches Sozialgesetz- buch (Drucksache 15/5574) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Abfallverbrin- gungsgesetzes sowie zur Auflösung und Abwicklung der Anstalt Solidarfonds Abfallrückführung (Drucksache 15/5523) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Straffung der Umweltstatistik (Drucksache 15/5538) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über das Zweckvermögen des Bun- des bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank und zur Änderung des Ge- setzes über die Landwirtschaftliche Rentenbank (Drucksache 15/5566) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Rainer Funke, Sibylle Laurischk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Selbstbestimmungsrecht und Autono- 16748 D 16749 A 16749 A 16749 A 16749 B 16749 B 16749 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 2. Juni 2005 III mie von nichteinwilligungsfähigen Pati- enten stärken (Drucksache 15/3505) . . . . . . . . . . . . . . . . i) Antrag der Abgeordneten Sören Bartol, Ludwig Stiegler, Uwe Beckmeyer, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln), Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Car-Sharing als innova- tive Verkehrsdienstleistung im Umwelt- verbund fördern (Drucksache 15/5586) . . . . . . . . . . . . . . . . j) Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Finanzierung der Künstlersozialversicherung sichern (Drucksache 15/5476) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 31: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Vor- schlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 382/2001 des Rates vom 26. Februar 2001 hinsichtlich des Zeitpunkts ihres Außer-Kraft-Tretens und bestimmter Regelungen betreffend die Ausführung des Haushaltsplans KOM (2004) 840 endg.; Ratsdok. 5992/05 (Drucksachen 15/4969 Nr. 1.27, 15/5371) b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Perspekti- ven für Deutschland – Nationale Strate- gie für eine nachhaltige Entwicklung Fortschrittsbericht 2004 (Drucksachen 15/4100, 15/5399) . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen – zu dem Antrag der Abgeordneten Heinz Paula, Karin Rehbock-Zureich, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Ingol- stadt), Volker Beck (Köln), Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Eisenbahn- magistrale für Europa zwischen Paris und Budapest d T B w B s S w d s f s d u m h g d M ( D C J D U K P S 16749 C 16749 C 16749 C 16749 D 16750 A – zu dem Antrag der Abgeordneten Eduard Oswald, Dirk Fischer (Ham- burg), Georg Brunnhuber, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Europäische Eisenbahnmagis- trale Paris–Budapest im deutschen Abschnitt voranbringen – zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Birgit Homburger, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ausbau der Schienenmagis- trale Paris–Karlsruhe–Stuttgart– München–Budapest (Drucksachen 15/4864, 15/3715, 15/5041, 15/5572) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ) – h) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 206, 207, 208, 209 und 210 zu Petitionen (Drucksachen 15/5470, 15/5471, 15/5472, 15/5473, 15/5474) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- ärtigen Ausschusses zu dem Antrag der undesregierung: Fortsetzung der deut- chen Beteiligung an der Internationalen icherheitspräsenz im Kosovo zur Ge- ährleistung eines sicheren Umfeldes für ie Flüchtlingsrückkehr und zur militäri- chen Absicherung der Friedensregelung ür das Kosovo auf der Grundlage der Re- olution 1244 (1999) des Sicherheitsrates er Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 nd des Militärisch-Technischen Abkom- ens zwischen der Internationalen Sicher- eitspräsenz (KFOR) und den Regierun- en der Bundesrepublik Jugoslawien und er Republik Serbien (jetzt: Serbien und ontenegro) vom 9. Juni 1999 Drucksachen 15/5428, 15/5588, 15/5608) . . r. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . hristian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU) . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . oseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . r. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . ta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . iegfried Helias (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 16750 B 16750 C 16751 A 16751 C 16752 C 16753 C 16754 A 16755 C 16756 C 16757 D 16759 A 16759 C IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 2. Juni 2005 Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Schwerer Störfall in der Wiederaufberei- tungsanlage Sellafield: Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martina Eickhoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Horst Kubatschka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Bietmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Michael Müller (Düsseldorf) (SPD) . . . . . . . . Kurt-Dieter Grill (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Monika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Stalking-Bekämp- fungsgesetzes (Drucksache 15/5410) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christean Wagner, Staatsminister (Hessen) Hermann Bachmaier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ Tagesordnungspunkt 7: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Fünf- ten Gesetzes zur Änderung des Dritten b D D D D A T G P R d v w ( C G D J C U T a b c 16760 C 16762 C 16760 D 16764 B 16766 A 16767 A 16768 C 16769 D 16771 B 16772 B 16773 C 16774 C 16775 B 16776 C 16778 A 16779 B 16780 C 16780 D 16782 A 16783 A 16783 D 16784 D 16785 D Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Drucksachen 15/5556, 15/5602) . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dirk Niebel, Rainer Brüderle, Birgit Homburger, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Lockerung des Verbots wiederholter Befristungen (Drucksache 15/5270) . . . . . . . . . . . . . . . oris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Reinhard Göhner (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: roße Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter aziorek, Cajus Julius Caesar, Dr. Christian uck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion er CDU/CSU: Auswirkung der Zerstörung on tropischen Regenwäldern auf das welt- eite Klima Drucksachen 15/4193, 15/5075) . . . . . . . . . . ajus Julius Caesar (CDU/CSU) . . . . . . . . . . abriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . ürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . hrista Reichard (Dresden) (CDU/CSU) . . . . lrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Lebenslagen in Deutschland – Zweiter Armuts- und Reichtumsbericht (Drucksache 15/5015) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationaler Aktions- plan für Deutschland zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung 2003 bis 2005 Strategien zur Stärkung der sozialen In- tegration (Drucksachen 15/1420, 15/3041) . . . . . . . ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationaler Aktionsplan für Deutsch- land zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung 2003 bis 2005 – Aktualisierung 2004 16787 B 16787 B 16787 C 16789 A 16791 C 16792 D 16793 C 16794 D 16794 D 16796 B 16797 C 16798 D 16799 D 16801 A 16802 C 16802 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 2. Juni 2005 V Strategien zur Stärkung der sozialen In- tegration (Drucksache 15/3270) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung zu dem Antrag der Ab- geordneten Ulrike Flach, Christoph Hartmann (Homburg), Cornelia Pieper, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Bildungs- armut in Deutschland feststellen und be- kämpfen (Drucksachen 15/3356, 15/4587) . . . . . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMGS . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Klaus Kirschner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . . Rolf Stöckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Storm (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: a) Antrag der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Dr. Karl Addicks, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Unterhaltsrecht sozial und verantwortungsbewusst gesell- schaftlichen Rahmenbedingungen an- passen (Drucksache 15/5369) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Große Anfrage der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Unterhaltsrecht auf dem Prüfstand (Drucksache 15/3117) . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ Rainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Bätzing (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T B s s – – – ( 1 A W R H A E T A D A C t ( C J H R 16803 A 16803 A 16803 B 16803 D 16806 A 16807 A 16808 C 16810 A 16811 A 16811 D 16813 D 16815 C 16815 D 16815 D 16817 A 16817 B 16818 D 16820 A 16820 C 16821 D 16823 C agesordnungspunkt 11: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswe- en zu dem Antrag der Abgeordneten Annette Faße, Uwe Beckmeyer, Gerd Andres, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Rainder Steenblock, Albert Schmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Verkehrssicherheit in der Seeschifffahrt verbessern – Alko- holmissbrauch konsequent bekämpfen zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Dr. Ole Schröder, Dirk Fischer (Hamburg), weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Promillegrenze in der See- schifffahrt zu dem Antrag der Abgeordneten Hans- Michael Goldmann, Daniel Bahr (Müns- ter), Horst Friedrich (Bayreuth), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Bessere Möglichkeiten im Kampf gegen Trunkenheitsfahrten in der Seeschiff- fahrt schaffen Drucksachen 15/4942, 15/4383, 15/3725, 5/5514) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nnette Faße (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) ainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . ngelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . nak Ferlemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 12: ntrag der Abgeordneten Claudia Nolte, r. Friedbert Pflüger, Peter Hintze, weiterer bgeordneter und der Fraktion der CDU/ SU: Für eine klare europäische Perspek- ive der Ukraine Drucksache 15/5021) . . . . . . . . . . . . . . . . . . laudia Nolte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . elena Hoffmann (Chemnitz) (SPD) . . . . . . . arald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . ainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16824 D 16825 B 16826 A 16827 C 16828 C 16829 C 16830 C 16830 D 16831 B 16832 D 16832 D 16834 A 16835 C 16836 B VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 2. Juni 2005 Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Jörg Vogelsänger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Ingrid Arndt-Brauer, Norbert Barthle, Veronika Bellmann, Lothar Binding (Heidel- berg), Renate Blank und weiteren Abgeordne- ten: Mehr Demokratie wagen durch ein Wahlrecht von Geburt an (Drucksachen 15/1544, 15/4788) . . . . . . . . . . Barbara Wittig (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beatrix Philipp (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Haupt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ilse Falk (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . . Rolf Stöckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Siche- rung der Unternehmensnachfolge (Drucksache 15/5604) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas Strobl (Heil- bronn), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU: Verbot des Führens von Anscheinwaffen (Drucksache 15/5106) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswe- sen – zu dem Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der FDP: Kapitalpri- vatisierung der Deutschen Flugsiche- rung abschließen – zu dem Antrag der Abgeordneten Norbert Königshofen, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Maß- – ( 1 T A B A w U ( ti D t ( T A m B F u h s ( T B s u o C A C g ( T A F A C T N ( 16837 A 16838 A 16838 D 16839 A 16841 C 16843 D 16844 C 16845 C 16846 C 16847 A 16848 A 16849 A 16849 B nahmen zur Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung GmbH zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Birgit Homburger, Hans-Michael Goldmann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Leitli- nien für die Privatisierung der Deut- schen Flugsicherung – Gesamtkonzept zur Neuordnung der Flugsicherung Drucksachen 15/5342, 15/4829, 15/4670, 5/5519) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: ntrag der Abgeordneten Holger Ortel, Sören artol, Dr. Herta Däubler-Gmelin, weiterer bgeordneter und der Fraktion der SPD so- ie der Abgeordneten Cornelia Behm, ndine Kurth (Quedlinburg), Volker Beck Köln), weiterer Abgeordneter und der Frak- on des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: ie Situation der Fischerei durch nachhal- ige Bewirtschaftung verbessern Drucksache 15/5587) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: ntrag der Abgeordneten Peter Weiß (Em- endingen), Dr. Christian Ruck, Dr. Ralf rauksiepe, weiterer Abgeordneter und der raktion der CDU/CSU: Mikrofinanzierung nd Finanzsystementwicklung zur nach- altigen Armutsbekämpfung und Mittel- tandsförderung ausbauen Drucksache 15/5455) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 18: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit nd Entwicklung zu dem Antrag der Abge- rdneten Peter Weiß (Emmendingen), Dr. hristian Ruck, Dr. Ralf Brauksiepe, weiterer bgeordneter und der Fraktion der CDU/ SU: Chance zum demokratischen Neube- inn in Haiti unterstützen Drucksachen 15/2746, 15/4973) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: ntrag der Abgeordneten Renate Blank, Dirk ischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer bgeordneter und der Fraktion der CDU/ SU: Zügige Verwirklichung der ICE- rasse Nürnberg–Erfurt (VDE-Schiene r. 8.1) Drucksache 15/5456) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16849 C 16850 A 16850 B 16850 C 16851 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 2. Juni 2005 VII Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Jürgen Koppelin (FDP) zur namentlichen Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht: Fortsetzung der deutschen Betei- ligung an der Internationalen Sicherheitsprä- senz im Kosovo zur Gewährleistung eines si- cheren Umfeldes für die Flüchtlingsrückkehr und zur militärischen Absicherung der Frie- densregelung für das Kosovo auf der Grund- lage der Resolution 1244 (1999) des Sicher- heitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Techni- schen Abkommens zwischen der Internatio- nalen Sicherheitspräsenz (KFOR) und den Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien und der Republik Serbien (jetzt: Serbien und Montenegro) vom 9. Juni 1999 (Tagesord- nungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Ursula Sowa, Ekin Deligöz, Irmingard Schewe-Gerigk, Friedrich Ostendorff, Albert Schmidt (Ingolstadt), Grietje Bettin, Thilo Hoppe, Kerstin Andreae, Hans-Josef Fell, Claudia Roth (Augsburg), Cornelia Behm, Petra Selg, Jerzy Montag, Peter Hettlich, Monika Lazar, Werner Schulz (Berlin), Ulrike Höfken, Anna Lührmann, Winfried Nachtwei, Marianne Tritz, Jutta Dümpe-Krüger, Volker Beck (Köln), Jutta Krüger-Jacob, Dr. Thea Dückert, Franziska Eichstädt-Bohlig, Fritz Kuhn, Christa Nickels, Silke Stokar von Neuforn, Anja Hajduk, Rainder Steenblock, Dr. Ludger Volmer, Alexander Bonde, Winfried Hermann, Undine Kurth (Quedlinburg), Hans-Christian Ströbele und Birgitt Bender (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung und den Bericht: Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der Internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo zur Gewähr- leistung eines sicheren Umfeldes für die Flüchtlingsrückkehr und zur militärischen Absicherung der Friedensregelung für das Kosovo auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Verein- t tä I u g S ( A Z d s G K D S E F A Z d – – – ( R D N A H I A Z d n g H G 16851 C 16851 C 16853 A 16853 B en Nationen vom 10. Juni 1999 und des Mili- risch-Technischen Abkommens zwischen der nternationalen Sicherheitspräsenz (KFOR) nd den Regierungen der Bundesrepublik Ju- oslawien und der Republik Serbien (jetzt: erbien und Montenegro) vom 9. Juni 1999 Tagesordnungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Verbot des Führens von An- cheinwaffen (Tagesordnungspunkt 14) abriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . ristina Köhler (Wiesbaden) (CDU/CSU) . . . orothee Mantel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ilke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rnst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . ritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: Kapitalprivatisierung der Deutschen Flug- sicherung abschließen Maßnahmen zur Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung GmbH Leitlinien für die Privatisierung der Deut- schen Flugsicherung – Gesamtkonzept zur Neuordnung der Flugsicherung Tagesordnungspunkt 15) einhard Weis (Stendal) (SPD) . . . . . . . . . . . irk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . orbert Königshofen (CDU/CSU) . . . . . . . . . lbert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . ris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMVBW nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Die Situation der Fischerei durch achhaltige Bewirtschaftung verbessern (Ta- esordnungspunkt 17) olger Ortel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . itta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 16853 C 16854 B 16855 B 16856 B 16856 D 16857 C 16857 D 16858 D 16860 A 16860 D 16861 D 16862 B 16863 A 16864 A 16866 A VIII Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 2. Juni 2005 Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Mikrofinanzierung und Finanz- systementwicklung zur nachhaltigen Armuts- bekämpfung und Mittelstandsförderung aus- bauen (Tagesordnungspunkt 16) Karin Kortmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Markus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Chance zum demokratischen Neubeginn in Haiti unterstützen (Tagesord- nungspunkt 18) Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Zügige Verwirklichung der ICE- Trasse Nürnberg–Erfurt (VDE-Schiene Nr. 8.1) (Tagesordnungspunkt 19) Heinz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Blank (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Volkmar Uwe Vogel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . 16868 A 16869 A 16869 D 16871 C 16873 B 16874 A 16874 D 16875 D 16877 A 16877 D 16878 B 16879 A 16881 A 16882 B 16882 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 2. Juni 2005 16707 (A) ) (B) ) 178. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    1) Anlage 9 Berichtigung 177. Sitzung, Seiten III und 16703, Anlage 7 und 8: Der Name „Marion Caspers-Merk“ ist durch „Franz Thönnes“ zu ersetzen. (D) (B) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16853 (A) ) (B) ) Wahrnehmung der Kosovo-Albaner, dass UNMIK sich mit der UN-Interimsverwaltung zur Abschiebung von Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Jürgen Koppelin (FDP) zur namentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung und den Bericht: Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der Internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo zur Gewährleis- tung eines sicheren Umfeldes für die Flücht- lingsrückkehr und zur militärischen Absiche- rung der Friedensregelung für das Kosovo auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Technischen Abkommens zwischen der Internationalen Si- cherheitspräsenz (KFOR) und den Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien und der Repu- blik Serbien (jetzt: Serbien und Montenegro) vom 9. Juni 1999 (Tagesordnungspunkt 5) Am 9. Mai 2001, vor über vier Jahren, beschloss der Deutsche Bundestag auf Antrag der Bundesregierung den Einsatz deutscher Soldaten im Kosovo. Wenn auch gewisse demokratische Fortschritte im Kosovo zu erken- nen sind, so trägt auch der Einsatz ausländischer Kräfte zu Spannungen im Kosovo bei. So ist zum Beispiel die p g d B d e s D s i E a k d l A s Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Andres, Gerd SPD 02.06.2005 Göppel, Josef CDU/CSU 02.06.2005 Koschyk, Hartmut CDU/CSU 02.06.2005 Laumann, Karl-Josef CDU/CSU 02.06.2005 Piltz, Gisela FDP 02.06.2005 Dr. Pinkwart, Andreas FDP 02.06.2005 Scharping, Rudolf SPD 02.06.2005 Dr. Scheer, Hermann SPD 02.06.2005 Scheffler, Siegfried SPD 02.06.2005 Dr. Schwanholz, Martin SPD 02.06.2005 Strothmann, Lena CDU/CSU 02.06.2005 Vaatz, Arnold CDU/CSU 02.06.2005 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht arteiisch auf die Seite der serbisch-orthodoxen Kirche estellt hat (siehe „Unterrichtung des Parlaments“ durch as BMVg vom 4. Mai 2005). Die Berichte der Bundesregierung an den Deutschen undestag geben außerdem nur Auskunft darüber, dass ie KFOR-Truppen Überwachungsaufträge zum Schutz thnischer Minderheiten und Kulturgüter durchführen owie die Grenzen zu den Nachbarstaaten überwachen. ie Bundesregierung erwähnt in ihrem Antrag – Druck- ache 15/5428 – nicht, in welchem Zeitraum der Einsatz m Kosovo beendet werden kann. Zur Beendigung des insatzes deutscher Soldaten im Kosovo gibt es keine usreichenden diplomatischen Aktivitäten und somit eine Perspektive zur Beendigung des Einsatzes für die eutschen Soldaten. Ich werde daher der Fortsetzung der deutschen Betei- igung an der internationalen Präsenz nicht zustimmen. nlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Ursula Sowa, Ekin Deligöz, Irmingard Schewe-Gerigk, Friedrich Ostendorff, Albert Schmidt (Ingol- stadt), Grietje Bettin, Thilo Hoppe, Kerstin Andreae, Hans-Josef Fell, Claudia Roth (Augs- burg), Cornelia Behm, Petra Selg, Jerzy Montag, Peter Hettlich, Monika Lazar, Werner Schulz (Berlin), Ulrike Höfken, Anna Lührmann, Winfried Nachtwei, Marianne Tritz, Jutta Dümpe-Krüger, Volker Beck (Köln), Jutta Krüger-Jacob, Dr. Thea Dückert, Franziska Eichstädt-Bohlig, Fritz Kuhn, Christa Nickels, Silke Stokar von Neuforn, Anja Hajduk, Rainder Steenblock, Dr. Ludger Volmer, Alexander Bonde, Winfried Hermann, Undine Kurt (Quedlinburg), Hans-Christian Ströbele und Birgitt Bender (alle BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht: Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der Internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo zur Gewährleistung eines sicheren Umfeldes für die Flüchtlingsrückkehr und zur militärischen Absicherung der Friedensregelung für das Ko- sovo auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch- Technischen Abkommens zwischen der Interna- tionalen Sicherheitspräsenz (KFOR) und den Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien und der Republik Serbien (jetzt: Serbien und Montenegro) vom 9. Juni 1999 (Tagesordnungs- punkt 5) Mit Unverständnis habe ich die Vereinbarung zwi- chen Bundesinnenministerium und den Bundesländern 16854 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 (A) ) (B) ) Angehörigen ethnischer Minderheiten in ein noch nicht befriedetes Kosovo zur Kenntnis genommen. Die getrof- fene Vereinbarung zwischen Bundesinnenministerium und UNMIK-Verwaltung vom 25. April 2005 steht im Gegensatz zum Beschluss der Bundesregierung vom 4. Mai 2005 über eine weitere Beteiligung der Bundes- wehr an der KFOR-Mission, alles für die Stabilisierung des Kosovo zu tun. Deutschland gibt allein für die nächsten zwölf Monate 202 Millionen Euro für einen Bundeswehreinsatz aus, der die Stabilität der Region si- chern soll. Die zwangsweise Rückführung insbesondere von Minderheitenangehörigen führt zu einer weiteren Desta- bilisierung der Region, da die Abgeschobenen keinerlei Perspektiven im Kosovo haben. Die Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme sind begrenzt und nur noch selten sind Familien vor Ort, von denen sie Unterstützung erwarten können. Die Stabilität des Kosovo ist nach wie vor durch hohe Kriminalität, ethnische Gegensätze und politischen Extremismus gefährdet. Die gewaltsamen Auseinander- setzungen im März vergangenen Jahres haben dies ein- deutig belegt. Die Sicherheitslage ist zerbrechlich und unberechenbar. Obgleich Fortschritte zu erkennen sind, sind die dort lebenden Minderheiten in ihren Lebensbedingungen und ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Angehörige von Minderheiten, deren zwangsweise Rückführung jetzt möglich ist, sind nach wie vor der Gefahr ethnisch moti- vierter Zwischenfälle und Repressalien ausgesetzt. Die politische Gestaltung des Kosovo ist in diesem Jahr in eine entscheidende Phase gekommen. Der lau- fende Prozess zur Klärung der Statusfrage für das Ko- sovo muss in einem sicheren und stabilen Umfeld statt- finden. Jede Form der Destabilisierung würde den fragilen und unberechenbaren Frieden im Land stören. Die Konsequenz sollte nunmehr – nach Jahren der Duldungen für den Personenkreis der Minderheitenange- hörigen aus dem Kosovo – die Gewährung eines recht- mäßigen Aufenthaltes in Deutschland und damit die Er- möglichung einer Zukunftsperspektive sein. Dies gilt insbesondere für die vielen Kinder und Jugendlichen, die in Deutschland geboren oder aufgewachsen sind. Die Vereinbarung zwischen Bundesinnenministerium und UNMIK vom April 2005 unterstreicht die Notwendig- keit, eine Altfallregelung für langjährig in Deutschland lebende Minderheitenangehörige aus dem Kosovo zu be- schließen. In diesem Sinne sollte sich der Bundesinnen- minister intensiv gegenüber seinen Länderkollegen und der Innenministerkonferenz einsetzen. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Verbot des Führens von Anscheinwaffen (Tagesordnungspunkt 14) Gabriele Fograscher (SPD): Gegenstand der heuti- gen Debatte ist der Antrag der CDU/CSU, das Führen von so genannten Anscheinwaffen zu verbieten. t b s w k W t I u w u a G V v r e k B n V z e d Z k m g S e D t d d l d i e W z d e E k m s r t i s d u 0 c (C (D Wir teilen Ihre Sorgen über die zunehmende Verbrei- ung dieser Anscheinwaffen. Allerdings wird dieses Pro- lem nicht allein durch ein Verbot aus der Welt ge- chafft. Aus Ihrem Antrag geht nicht hervor, was Sie nun irklich wollen: Wollen Sie ein Verbot von Anschein- riegswaffen oder auch von Imitaten ziviler Waffen? ollen Sie die Bundesregierung zu einer Gesetzesinitia- ive oder zu exekutivem Handeln auffordern? Auch ist hre Feststellung, die Novellierung des Waffenrechts sei rsächlich für das Wachsen des Marktes von Anschein- affen, falsch. Es ist richtig, dass Anscheinkriegswaffen nter das alte Waffengesetz fielen. Dieses Verbot wurde uch auf Forderung der Kriminalpolizei abgeschafft. rund dafür war, dass die praktische Anwendung der orschrift äußerst schwierig war. Nachahmungen von zi- ilen Waffen fielen auch nicht unter das alte Waffen- echt. Bei der Novellierung des Waffenrechts wurde über ine Ausweitung der Anscheinsregelungen intensiv dis- utiert, aber als unpraktikabel und kontraproduktiv im undesrat verworfen. Ich halte gesetzliche Führungsbeschränkungen für otwendig und richtig. Sie sollten sich allerdings auf das erbot von Anscheinkriegswaffen beschränken. Imitate iviler Schusswaffen gibt es schon sehr lange und wird s wohl auch immer geben. Dazu gehören zum Beispiel ie Spielzeugwaffen für Kinder beim Karneval oder die ierwaffen von Trachtenvereinen. Diese zu verbieten ann auch nicht in Ihrem Sinne sein. Sie begründen Ihre Verbotsforderung zum einen da- it, dass die Verwechselung mit echten Waffen sehr roß sei und es so zum Beispiel bei Polizeieinsätzen zu ituationen kommen könne, dass ein Polizist aufgrund iner angenommenen Notwehrsituation von seiner ienstwaffe Gebrauch macht, obwohl die auf ihn gerich- ete Waffe nur eine „Spielzeugpistole“ ist. Es bleibt in iesem Zusammenhang festzuhalten, dass die Verwen- ung einer Anscheinwaffe bei einer kriminellen Hand- ung sich bereits jetzt strafverschärfend auswirkt, weil iese Waffen als Nötigungsmittel anerkannt sind. Dabei st es unerheblich, ob es sich um eine „echte“ Waffe oder ine Attrappe handelt. Spielzeugwaffen, die echten affen zum Verwechseln ähnlich sind, können bei Poli- eieinsätzen zu Putativnotwehrlagen – Selbstgefähr- ungsituationen – führen. Dabei ist es jedoch völlig un- rheblich, ob die Anscheinwaffe mit einer geringen nergie zum Beispiel Plastikkügelchen verschießen ann oder ob die Waffe völlig schussunfähig ist. Würde an nun die Anscheinwaffen mit einer geringen Ge- chossenergie verbieten, so würde sich der Markt auf eine Attrappen im Militarylook verlagern. Das Drohpo- enzial und eine eventuelle Putativnotwehrgefahr bliebe mmer dieselbe. Zum anderen behaupten Sie, dass von diesen An- cheinwaffen ein erhebliches Verletzungsrisiko ausgehe. Ab einer Energieleistung von mehr als 0,5 Joule greift as Waffengesetz und stellt das Führen solcher Waffen nter einen Erlaubnisvorbehalt. Geschossspielzeug unter ,5 Joule, sogenannte Softairwaffen, haben kein erhebli- hes Verletzungsrisiko, so wie es in dem Unionsantrag Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16855 (A) ) (B) ) behauptet wird. Ernsthafte Gesundheitsbeeinträchtigun- gen sind hier nicht zu erwarten. Auch zu Zeiten des alten Waffenrechts waren diese Waffen nur im Spielzeugrecht – Spielzeugrichtlinie der EU vom 3. Mai 1988 – rege- lungsbedürftig. Waffen unterhalb von 0,08 Joule sind noch nicht einmal im Spielzeugrecht geregelt. Sowohl der Regierungskoalition als auch der Bundes- regierung ist bewusst, dass es beim Thema Anschein- kriegswaffen Handlungsbedarf gibt. Und die Bundes- regierung ist in diesem Bereich bereits vor Einbringung Ihres Antrags tätig geworden. Das Bundesinnenministe- rium prüft in Zusammenarbeit mit dem Bundesjustiz- ministerium ein ordnungsrechtliches Führungsverbot im Waffengesetz. Gleichzeitig laufen Gespräche mit den In- nenministern der Länder, die gefahrenabwehrrechtliche Einziehung dieser Waffen in das Polizeirecht aufzuneh- men. Bei der Innenministerkonferenz, die in diesem Monat stattfinden wird, wird dieses wieder auf der Tagesordnung stehen. Neben diesen rechtlichen Möglichkeiten, die Gefahr, die von Anscheinwaffen ausgeht, einzudämmen, bedarf es aber auch flankierender Maßnahmen der Öffentlich- keitsarbeit zur Sensibilisierung der Bevölkerung. Dazu hat die Bundesregierung bereits eine Ächtungskampagne gestartet. Sie verfolgt das Ziel, Waffen im Militarylook als Mittel der Gewaltverherrlichung zu ächten. Neben dem BMI und dem BMJ sind das BMWA, das BMFSFJ, das BMVEL und das BKA mit diesem Thema befasst. Auch werden die Hersteller-, Jagd- und Schießsportver- bände eingebunden. Um eine wirkliche Lösung der zunehmenden Verbrei- tung von Anscheinwaffen zu erzielen, bedarf es mehr als das im Unionsantrag geforderte Verbot. Deshalb fordere ich Sie auf, beteiligen Sie sich und vor allem Ihre Länderinnenminister konstruktiv an der Lösung des Problems der Anscheinwaffen und versu- chen Sie nicht wieder, mit unausgegorenen Vorschlägen Populismus zu betreiben. Kristina Köhler (Wiesbaden) (CDU/CSU): Das Massaker im Erfurter Gutenberg-Gymnasium liegt nun zwei Jahre zurück, das Entsetzen über diese Tat ist ge- blieben. Das Waffengesetz wurde daraufhin stringenter ausgestaltet. Nur frage ich mich: Weshalb qualifiziert eben dieses Waffengesetz, das eine Antwort auf die Bluttat von Er- furt sein sollte, bestimmte Waffen als Spielzeug, obwohl sie ganz offensichtlich in kein Kinderzimmer gehören? Ich rede hier von Anscheinwaffen, von so genannten Airsoftwaffen. Hinter dieser Bezeichnung verbergen sich halb- oder vollautomatische Kriegswaffen, Maschi- nenpistolen und Pistolen. Die Waffen sehen genau so aus wie ihr tödliches Ori- ginal, sie haben das gleiche Gewicht und die gleiche Funktionsweise. Lediglich die Kugel ist nicht tödlich – sie ist zumeist mit roter Farbe gefüllt, damit der Gegner wenigstens tödlich verletzt aussieht. s s d n c 2 d s w g r g h s D h O d g s z e w b A S w o j f e k f f f s G a F f u l d i g A u g e P m M (C (D Diese Waffen als Spielzeug zu kategorisieren, ist chlicht absurd. Es ist ebenso absurd wie das Parade- tück von Loriot, in dem ein Atomkraftwerk-Bausatz mit em Namen „Wir bauen ein Atomkraftwerk“ zu Weih- achten verschenkt wird, der auch tatsächlich ein biss- hen explodieren kann. Das Waffengesetz vom April 003 ist aber Realität und keine zur Belustigung er- achte Persiflage. Vor der Neufassung des Waffengesetzes waren An- cheinwaffen bereits verboten. Ihrer Gefährlichkeit urde früher im Waffengesetz ausdrücklich Rechnung etragen. Jetzt aber, nach der Novellierung des Waffen- echts, ist das Führen von den Airsoftwaffen erlaubt. Sie elten offiziell nicht als Waffen. Nun ließe sich argumentieren, ein Gerät, aus dem öchstens kleine rote Farbkügelchen zu erwarten sind, ei auch keine Waffe, ganz gleich, wie es aussieht. Die efinition einer Waffe würde einfach nicht passen, wes- alb das Waffengesetz für ein Verbot schlicht der falsche rt sei. Dieses Argument halte ich indes für nicht son- erlich scharfsinnig. Zweck des Waffengesetzes ist doch anz offenbar, einen verantwortlichen Umgang sicherzu- tellen und dadurch den Bürger vor fatalem Missbrauch u schützen. Das ist der Schutzzweck des Gesetzes. So in Missbrauch kann aber auch mit Airsofts betrieben erden. Daher gehört ihr Verbot in dieses Gesetz. Bereits Kinder können kleinere dieser Waffen erwer- en – übrigens auch für relativ wenig Geld. Und große irsofts mit einer extrem hohen Schussweite und chusskraft können mit achtzehn Jahren völlig frei er- orben und mit sich geführt werden – natürlich auch hne Waffenschein oder Waffenbesitzkarte. Es ist damit edermann möglich, mit einer solchen Waffe in der Öf- entlichkeit spazieren zu gehen. Wird die Waffe tatsächlich benutzt, besteht zum einen ine nicht zu unterschätzende Verletzungsgefahr. Die leinen Kügelchen, die verschossen werden, sind gerade ür den Gesichtsbereich und die Augen besonders ge- ährlich. Sie können zu schweren Augenverletzungen ühren – von Perforationen der Hornhaut, Netzhautablö- ungen und grünem Star bis zur Blindheit. Das Problem ist aber nicht nur die Gefährlichkeit der eschosse, sondern die gravierenden Gefahren, die sich us der Verwechslung solcher Waffen ergeben. Selbst achleute können Airsoftwaffen nicht von echten Waf- en unterscheiden. Die Verwechslungsgefahr ist damit nermesslich hoch. Das Szenario, das sich daraus ergibt, iegt auf der Hand. So kann es durchaus dazu kommen, ass der Polizist den Bankräuber erschießt, obwohl von hm keine tatsächliche Bedrohung ausging. Oder der zö- ernde Polizist vertraut auf die Verwendung einer irsoftwaffe, verteidigt sich entsprechend nicht richtig nd wird Opfer einer tödlichen Kugel. Es gibt mittlerweile genügend Beispiele, wo Derarti- es passiert ist: So ist in Nürnberg ein flüchtender Dieb rschossen worden. Er tankte, ohne zu bezahlen. Als die olizisten ihn daraufhin stellen konnten, bedrohte er sie it einer Airsoftwaffe. Die Polizisten erschossen den ann in Notwehr – der Unterschied zu einer echten 16856 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 (A) ) (B) ) Waffe war nicht erkennbar. Oder: Ein Mann ist auf einer Halloweenparty erschossen worden, nachdem Polizisten die Verkleidung mit einer Airsoftwaffe und seine Geste, auf die Polizisten zu zielen, als Bedrohung auffassen mussten. Wir reden hier nicht über die kleinen Streiche der kleinen Strolche. Ein Räuber- und Gendarm-Spiel mit Airsoftwaffen ist eben kein Spiel, weil Airsoftwaffen eben kein Spielzeug sind. Der Markt wird von diesen Waffen überschwemmt – ich empfehle Ihnen mal einen Blick ins Internet auf die einschlägigen Homepages. Was ist also zu tun? Initiativen mit Präventionskam- pagnen gibt es bereits. Sie sind ebenso gut gemeint wie fruchtlos. Natürlich ist es wichtig, an die Öffentlichkeit zu appellieren. Natürlich ist es wichtig, gerade an Schu- len die Schüler, Lehrer und Eltern über das „Spielzeug“ ihrer Kinder aufzuklären. Natürlich werden Empfehlun- gen immer auch bei einigen – wenigen – Gehör finden. Aber gutes Zureden allein erscheint mir hier doch ein wenig zu zaghaft, um diese Gefahr in den Griff zu be- kommen. Wir müssen das Führen von Anscheinwaffen, von Airsoftwaffen verbieten. Wir haben die Pflicht, durch sinnvolle Gesetze die Bürger dieses Landes zu schützen und vor Schaden zu bewahren. Daher haben wir hier die Pflicht, das Waffengesetz in diesem Punkt zu korrigieren. Mir ist bewusst, dass es gerade im Wahlkampf nicht besonders populär und auch nicht üblich ist, der Opposi- tion Recht zu geben. Aber dieser Antrag ist schlicht ver- nünftig. Ich bitte Sie daher, im Interesse der Sache zuzu- stimmen. Dorothee Mantel (CDU/CSU): Waffen, die den An- schein erwecken, echt zu sein, müssen dringend verbo- ten werden. Dringend, weil wir nicht warten können, bis eine solche Waffe zum Tod eines Menschen führt. Natür- lich können diese Waffen keinen Menschen direkt töten. Aber sie können zu gefährlichen und missverständlichen Situationen führen und so indirekt Menschenleben kos- ten. Zuallererst denke ich dabei an unsere Polizisten. Wir alle haben noch die schrecklichen Bilder von Erfurt vor Augen, als ein 19-jähriger Schüler zum Amokläufer wurde und 16 Menschen tötete. Ein ähnliches Bild hatten die Polizisten in Karlsruhe vor Augen, als sie im vergangenen Jahr von verängstig- ten Lehrern gerufen wurden. Auf dem Hof einer Berufs- schule befanden sich mehrere bewaffnete Jugendliche. Den herbeigerufenen Polizisten war es nicht möglich zu entscheiden, ob es sich bei den Waffen der Schüler um scharfe Waffen oder bloße Attrappen gehandelt hat. Wie sich später herausstellte, bedrohten die Schüler ihre Leh- rer mit Anscheinwaffen. Die Beamten müssten aber zu- nächst davon ausgehen, dass es sich um eine echte Waffe handelt. Wie sollen sich unsere Polizisten in einer solchen Si- tuation verhalten? Sie können darauf vertrauen, dass es sich um eine Waffe handelt, die nur wie eine echte aus- s O v W n g j s v w P k W m f f G s o m W S „ s i m b W a c d N s g S f b T w i v v m U B n d ti tr G S a (C (D ieht, und die Schüler ohne Waffengewalt überwältigen. der sie müssen davon ausgehen, dass sie sich selbst erteidigen müssen, und richten womöglich ihre eigene affe gegen die Schüler. Damit würde der Alptraum ei- es jeden Polizisten wahr: im Einsatz einen Unschuldi- en zu erschießen, im schlimmsten Fall einen minder- ährigen Jugendlichen. Gehen sie aber davon aus, dass es ich um eine solche Anscheinwaffe handelt, werden sie ielleicht mit einer echten Waffe von dem Täter verletzt, ahrscheinlich aber sogar getötet. Mir ist unerklärlich, dass wir zulassen, dass unsere olizisten in eine derartige Situation gebracht werden önnen. Diese Situation besteht mit der Änderung des affengesetzes nun schon seit über zwei Jahren. Daher uss zumindest das Führen solcher Waffen in der Öf- entlichkeit verboten werden. Das fordert selbst einer der ührenden Importeure dieser Waffen. Das Fälschen von eld ist schließlich auch verboten – da kann das Fäl- chen von Waffen nicht erlaubt sein. Mir ist auch unerklärlich, wozu Waffen überhaupt riginalgetreu nachgebaut werden müssen. Ich frage ich, was ein Mensch beabsichtigt, der eine solche affe kauft. Ein Spielzeug kann das wohl kaum sein. pielzeug ist ungefährlich. Aber wenn dieses angebliche Spielzeug“ in der Lage ist, Verletzungen wie zum Bei- piel den Verlust des Augenlichtes herbeizuführen, dann st die Bezeichnung „Spielzeug“ wohl völlig unange- essen. Um beispielsweise „Paintball“ zu spielen, raucht man eine solche Waffe ebenso wenig. Solche affen sind farblich gekennzeichnet und so von weitem ls Imitate erkennbar. Ich frage mich daher schon, ob jemand, der eine sol- he Waffe kauft, zu Straftaten verleitet wird, weil er sich amit mächtig fühlt. Über die Hälfte aller Raub- und ötigungsdelikte wurden bisher mit Gas- oder Schreck- chusspistolen begangen. Seit 2003 das Waffengesetz eändert wurde, nimmt der Verkauf dieser Waffen ab. eitdem ist für den Besitz dieser Waffen der Kleine Waf- enschein notwendig. Gleichzeitig steigt der Absatz der illigeren Softairwaffen. Offenbar weichen potenzielle äter auf diese Waffen aus. So war es möglich, dass ährend der letzten Weihnachtsfeiertage ein Mann hier n Berlin aus seiner Wohnung auf Passanten feuerte. Ich sehe daher nicht, wen es trifft, wenn diese Waffen erboten werden. Ich sehe aber, wem es hilft, wenn sie erboten werden: Kindern und Jugendlichen, die nicht ehr verletzt werden können, Polizisten, die nicht im nklaren gelassen werden und allen Menschen, die einer edrohung durch eine solche Waffe entgehen. Mir ist es wichtig, dass wir, die wir als Politiker in ei- er großen Verantwortung für Leib und Leben stehen, in iesem Fall einmal handeln, bevor es zu spät ist. Präven- on statt Reaktion, bevor es weitere Menschenleben ifft. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Das Verbot von Softairwaffen, das heißt pielzeugwaffen, die wie echte scharfe Schusswaffen ussehen, ist unbedingt erforderlich. Alarmierende Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16857 (A) ) (B) ) Berichte in den Medien und nicht zuletzt der Polizei zei- gen Handlungsbedarf an, der nicht ignoriert werden darf. Wir können es nicht zulassen, dass Leute ganz legal beim Einkaufsbummel ein Gerät mit sich herumtragen können, das wie eine Maschinenpistole aussieht. Aus gu- tem Grund sind Kriegswaffen gesetzlich noch strenger verboten als andere Waffen. Ausgerechnet bei den Nach- ahmungen sind diese Kriegswaffen aber der große Ver- kaufserfolg. Diese Waffen sind kein Spielzeug, sondern ein gefährlicher Unfug, der andere Menschen ängstigt und gefährdet. Bündnis 90/Die Grünen haben bei der Reform des Waffenrechts den Schutz der Menschen vor den Waffen immer höher bewertet als die Interessen derer, die Waf- fen besitzen. Ich hätte mir gewünscht, dass gerade auch Union und Bundesländer hier mitgezogen hätten. Der Bundesrat ist aber erst nach der Tragödie von Erfurt er- wacht. Bis dahin haben die Länder eine wenig konstruk- tive Rolle gespielt. Das gilt auch für die Unionsfraktion im Bundestag. So wäre bei der von uns immer wieder geforderten stärkeren Beschränkung bei Erwerb und Besitz von Gas- und Schreckschusswaffen mehr möglich gewesen. We- gen der Zustimmungspflicht des Gesetzes haben wir hier zulasten der Sicherheit der Menschen dem unionsgeführ- ten Bundesrat Zugeständnis machen müssen. Es ist schon ein wenig scheinheilig, wenn die Union jetzt versucht, einen Teilaspekt dieser von ihr selbstver- schuldeten Schwächen der Neuregelung des Waffen- rechts herauszugreifen. In der Sache selbst ist unsere Position völlig klar: Be- sitz und Gebrauch dieser nicht verbotenen Softairwaffen stellen eine große Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Aufgrund der technischen Entwicklung sind Nach- bildungen von scharfen Waffen, die unzutreffenderweise unter die Bezeichnung „Spielzeugwaffen“ fallen, so täu- schend echt, dass es überrascht, dass bisher noch nie- mand verletzt oder getötet wurde, weil ihn zum Beispiel ein Polizist irrtümlicherweise für einen schwer bewaff- neten Täter gehalten hat. Es genügt nicht, zu glauben, dass Anscheinkriegs- waffen eine kriminalistische Randerscheinung sind. Sie bergen ein erhebliches Gefahrenpotenzial wegen ihres kriminellen Missbrauchs. Sie sind wegen ihrer Größe und Beschaffenheit nicht nur für Laien schwer von scharfen Waffen zu unterscheiden. Das gilt gerade auch für Opfer in besonderen Stresssituationen. Das Drohpo- tenzial dieser Waffen ist eine nicht hinnehmbare Bedro- hung für Leib und Leben von Menschen. Ich habe Zweifel, ob der alte § 37 die geeignete Grundlage ist. Das Ziel ist aber ganz klar und unmissver- ständlich: Das Führen von Nachbildungen von Schuss- waffen soll verboten werden und an dieser Stelle wün- sche ich mir auch von unserem Bundesinnenminister mehr Entschlossenheit. Hier ist eine belegte Sicherheits- lücke und die grüne Fraktion hat das Bundesinnenminis- terium mehrfach angemahnt, diese Lücke durch eine Ge- setzesänderung zu schließen. t d M G r t d v r w A k g v s S n d f g P a n z r s k w z n z d n p t li d i u t w k f t A r s c e s (C (D Sicherheit muss gerade auch in der Alltagskriminali- ät ein hohes Gewicht tragen und wir sollten endlich auf ie Warnungen und Forderungen aus der Polizei hören. it meiner Fraktion ist hier jederzeit die erforderliche esetzesverschärfung machbar. Lassen Sie uns über den ichtigen Weg im Innenausschuss beraten. Ernst Burgbacher (FDP): Mit dem heute zu bera- enden Antrag verlangt die CDU/CSU-Fraktion die Än- erung eines Detailpunktes aus dem neuen Waffengesetz om 1. April 2003. Im Zuge der damaligen Rechtsände- ungen ist das Verbot von so genannten Anscheinwaffen eggefallen. Richtig ist, dass solche Scheinwaffen vom äußeren nschein her mit echten Waffen verwechselt werden önnen. Daher sind Situationen, wie sie im Unionsantrag eschildert werden, wonach Polizeibeamte sich einem ermeintlichen Angriff ausgesetzt sehen und sich ent- prechend verteidigen, obwohl es tatsächlich nur um cheinwaffen geht, nicht völlig auszuschließen. Den- och erscheint uns der Weg einer isolierten Behandlung ieses einen Themas nicht richtig. Denn das neue Waf- engesetz vom 1. April 2003 ist insgesamt nicht befriedi- end ausgefallen. Es enthält viel Bürokratie, ist für die raktiker schwer lesbar und damit auch nur schwierig nwendbar. Einige Bestimmungen haben zu ungerechten Ergeb- issen geführt. So ist es beispielsweise in Einzelfällen um Entzug der Jagderlaubnis gekommen, weil der Be- echtigte lange vor In-Kraft-Treten des neuen Waffenge- etzes sich eines Vergehens schuldig gemacht hat, das einerlei waffenrechtlichen Bezug gehabt hat. Damit urde praktisch eine Art Rückwirkung eingeführt, die war juristisch unangreifbar ist, aber dennoch nicht ganz achvollziehbar ist. Man sollte daran denken, den Ent- ug des Waffenscheins und des Jagdscheins künftig wie- er nur bei solchen Straftaten vorzusehen, die einen in- eren Bezug zur Benutzung von Waffen haben. Insgesamt wäre es besser, eine Gesamtauswertung der raktischen Erfahrungen mit dem seit zwei Jahren gel- enden neuen Waffenrecht vorzunehmen und nicht iso- ert einzelne Punkte herauszugreifen. Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun- esminister des Innern: Die Zielrichtung des Antrags ist m Grundsatz richtig. Allerdings ist es wichtig, ein klares nd zutreffendes Regelungsziel zu verfolgen. Der An- rag weist insofern einige Unklarheiten auf. Zunächst kommt es darauf an, sich zu verdeutlichen, orin genau der Handlungsbedarf besteht. Letztlich ann es nur um die Vermeidung von Störungen der öf- entlichen Sicherheit und Ordnung durch die Provoka- ion von Polizeieinsätzen durch das Zurschaustellen von nscheinwaffen in der Öffentlichkeit gehen. Alle ande- en im Antrag genannten Regelungsmotive und -ziele ind nämlich bereits durch das geltende Recht hinrei- hend und sachgerecht abgedeckt: Dem Drohpotenzial bei dem kriminellen Missbrauch iner Waffe als Nötigungsmittel wird mit dem Strafge- etzbuch begegnet. Dieses stellt die Verwendung von 16858 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 (A) ) (B) ) Scheinwaffen unter Strafe und führt – etwa im Rahmen des Raubes oder der räuberischen Erpressung – zu ent- sprechenden Strafschärfungen. Zudem sind die straf- rechtliche Einziehung und der Verfall als Tatmittel nach allgemeinen Bestimmungen möglich. Der Verwendersicherheit für Kinder trägt das Spiel- zeugrecht – differenziert nach starren oder elastischen Geschossen – Rechnung, indem das kindliche Hantieren mit Waffen von einer Geschossenergie unter 0,5 Joule und dadurch ein relevantes Verletzungsrisiko unterbun- den wird. Bei Softairwaffen mit 0,6 Joule und mehr rennt der Antrag bereits offene Türen ein, weil das Führen von Schusswaffen aller Art mit mehr als 0,5 Joule ohne Waf- fenschein bei Strafe verboten ist. Unklar bleibt der Antrag insofern, als er sich zwar im Wesentlichen auf Anscheinkriegswaffen bezieht. Er lässt aber offen, ob er auch die Imitate ziviler Schusswaffen erfassen soll. Hiervon kann nur abgeraten werden: Zum einen würde der Anwendungsbereich des Führensverbotes uferlos und unbestimmt. Zum anderen ist das Führen von Spielzeugpistolen und -revolvern in verschiedenen Lebenszusammenhängen gang und gäbe. Ich nenne nur den Karneval. Regelungen, die zu starr sind und auch so- zialadäquates Verhalten pauschal missbilligen oder durch x-fache Ausnahmen der Realität angepasst werden müssen, erzeugen Widerwillen in der Bevölkerung und unnötige Bürokratie. Auf den sinnvollen Kern zurückgeführt, müssen aber umgekehrt auch bloße schussunfähige Attrappen im Mi- litarylook einbezogen werden. Die Bundesregierung hatte das Anliegen des Antrags bereits vorher von sich aus aufgegriffen und eine Äch- tungskampagne gegen Anscheinkriegswaffen initiiert. Dabei geht es nicht nur darum, gesetzgeberischen Hand- lungsbedarf auszuloten und entsprechende Regelungs- vorschläge zu formulieren. Vielmehr bedarf es auch flankierender Maßnahmen zur Aufklärung der Bevölke- rung über die im Antrag genannten Gefahren bei Polizei- einsätzen, die sich aus der Zurschaustellung von An- scheinwaffen in der Öffentlichkeit ergeben können. Insgesamt gilt es aber auch, die merkwürdige Faszina- tion von Gegenständen im Militarylook zu hinterfragen und zur Bewusstseinsbildung vor allem bei jungen Men- schen beizutragen. In diesem Sinne wirken bereits jetzt alle betroffenen Bundesressorts zusammen, um unter Gesichtspunkten des Verbraucherschutzes und des Kinder- und Jugend- schutzes gegen die unbedachte oder missbräuchliche Verwendung von Anscheinkriegswaffen vorzugehen. Die Waffenhandelsverbände betreiben bei ihren Kunden Aufklärung über die Gefahr, sich in prekäre Situationen bei Polizeieinsätzen zu bringen. Diese positiven Ansätze sollen auch in den allgemeinen Einzelhandel, den Spiel- zeughandel und den Internethandel eingebracht werden. Multiplikatoren gerade auch im Kinder- und Jugend- schutzbereich werden angesprochen und sensibilisiert. n d F ß h d h B s u S v r w d h G s d L s K A v d m s d O ü t u D m n 2 D S h w d w P r (C (D Nicht zuletzt arbeitet das Bundesministerium des In- ern im Zusammenwirken mit dem Bundesministerium er Justiz an einem Gesetzgebungskonzept, mit dem das ühren von Anscheinkriegswaffen verboten und das Au- erverkehrziehen solcher Gegenständen bei Verstößen iergegen gewährleistet werden kann. Dabei ist Erfor- ernissen des Bestimmtheitsgrundsatzes und der Ver- ältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. Aus der Sicht der undesregierung ist vor diesem Hintergrund ein repres- iver Ansatz mit Strafandrohungen nicht angemessen nd zielführend, zumal er bei Kindern wegen fehlender trafmündigkeit ohnehin ins Leere laufen würde. Erfolg- ersprechend ist vielmehr ein ordnungsrechtliches Füh- ensverbot im Waffenrecht. Dieses muss aber flankiert erden von der Möglichkeit, diese Gegenstände unter em Gesichtspunkt der Störung der öffentlichen Sicher- eit und Ordnung endgültig einzubehalten. Hier sind die esetzgeber des Bundes und der Länder unter dem Ge- ichtspunkt der Gefahrenabwehr gleichermaßen gefor- ert. Die Bundesregierung wird die Zeit zwischen den egislaturperioden nutzen, die Ächtungskampagne ein- chließlich der Ausarbeitung der gesetzgeberischen omponente voranzutreiben. nlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsi- cherung abschließen – Maßnahmen zur Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung GmbH – Leitlinien für die Privatisierung der Deut- schen Flugsicherung – Gesamtkonzept zur Neuordnung der Flugsicherung (Tagesordnungspunkt 15) Reinhard Weis (Stendal) (SPD): Das ungeplante orzeitige Ende einer Legislaturperiode gefährdet wegen er Diskontinuität, der alle nicht abgeschlossenen parla- entarischen Vorgänge unterliegen, so manches politi- ches Projekt. Ich bin deshalb froh, dass wir das Projekt er Privatisierung der Deutschen Flugsicherung seit der rganisationsprivatisierung im Jahre 1992 als fraktions- bergreifendes Projekt nicht nur parlamentarisch beglei- en, sondern über die Grenzen von Regierungskoalition nd Opposition hinweg parlamentarisch vorantreiben. ie 10. und 11. Novelle des Luftverkehrsgesetzes und ehrere Entschließungsanträge machen dies deutlich, icht zuletzt auch unser interfraktioneller Antrag vom 0. April diesen Jahres. Wenn alle diese Beschlüsse des eutschen Bundestages von den Regierungen Kohl und chröder zeitnah umgesetzt worden wären, könnten wir eute wahrscheinlich sogar einen Schritt weiter sein. Ich ill aber nicht klagen. Meine Einleitung sollte eigentlich arauf hinweisen, wovon ich überzeugt bin: Trotz der ahrscheinlichen vorgezogenen Neuwahl wird dieses rojekt nicht scheitern und nicht stocken. So möchte ich begrüßen, dass unsere Bundesregie- ung diesen Weg jetzt konsequent angegangen ist. Ein Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16859 (A) ) (B) ) Gesetzentwurf, der sich kurz vor Abschluss der Ressort- abstimmung befindet, macht dies genauso deutlich wie das Bekenntnis zu einem straffen Zeitplan, der uns von der Bundesregierung und der Geschäftsführung der Deutschen Flugsicherung im Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vorgestellt wurde. Das Parlament wird sich wegen der aktuellen Ent- wicklungen um den angestrebten vorzeitigen Wahlter- min aus diesem Prozess vorübergehend verabschieden. Formal sind wir auch noch nicht in der Beratung des ge- nannten Gesetzentwurfes, weil dies ja erst nach einer Kabinettbefassung möglich sein wird. Diese Debatte zu unserem gemeinsamen Antrag und zur Beschlussemp- fehlung des federführenden Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen gibt mir daher die Gelegen- heit, noch einmal deutlich zu machen, welche Inhalte und Stoßrichtungen wir Parlamentarier in dem Gesetz- entwurf der Bundesregierung erwarten. Ich will damit auch deutlich machen, welche Richtung der Weiterbear- beitung des Projektes ich vom 16. Deutschen Bundestag erwarte. Ich hoffe, dass trotz des Wahlkampfes, den die Parla- mentarier führen müssen, die Sacharbeit in den Häusern weitergeht. Dies erwähne ich so ausdrücklich, weil die Fristen, die uns die EU gesetzt hat, ja unabhängig von der politischen Pause in Deutschland weiter bestehen. Der neue Bundestag und die neue Bundesregierung ste- hen deshalb in der Pflicht, bei der Umsetzung der Aufga- ben zur Schaffung des einheitlichen europäischen Luft- raumes, die Termine für die nationale Umsetzung zu beachten und den Prozess so zu steuern, dass unser inter- national anerkanntes deutsches Flugsicherungsunterneh- men gestärkt und unternehmerisch optimal positioniert in den Wettbewerb um die länderübergreifenden Flug- sicherungsaufgaben entlassen wird. Dazu gehört natürlich die gesetzliche Rahmensetzung für den Privatisierungsprozess, der übrigens auf dem Weg zur Stärkung der Wettbewerbsstellung der Deut- schen Flugsicherung ein entscheidenes Mittel zum Zweck ist. Privatisierung ist hier kein Selbstzweck und nicht in erster Linie ein Vorgang, bei dem einmalig für den Bundeshaushalt eine Einnahme generiert werden soll. Es geht um die nachhaltige Stärkung eines erfolg- reichen deutschen Unternehmens, das wir aus der staatli- chen Obhut und Bevormundung den Wettbewerb entlas- sen wollen. In dem Privatisierungsgesetz müssen die europäischen Vorgaben umgesetzt werden – und zwar in einer Zeitspanne, die verhindert, dass die EU uns das Heft des Handelns aus der Hand nimmt. Wir wollen den Prozess nach unseren Vorstellungen gestalten und wol- len auch darauf achten, dass wir der DFS als privatisier- tem Unternehmen nicht mehr aufbürden, als europa- rechtlich und zur Wahrung der nationalen hoheitlichen Aufgaben notwendig ist. Wir erwarten in dem Gesetzentwurf Festlegungen zum neuen Gebührensystem, weil dies eine wichtige Grundlage zur Abschätzung der wirtschaftlichen Per- spektiven für Investoren sein wird. Nach meiner Kennt- nis ist dieser Teil des Entwurfs –, der in der Ressorab- stimmung ist, noch nicht enthalten. Zu der Aufgabe, das U g s g u d m w s f B m w H l P b n t r m z s D z a w g e B w d a d b b d n t e E k d z v i w S E S n p D s j B (C (D nternehmen auch für Investoren attraktiv zu machen, ehört auch die Frage nach der Beleihung mit der Zu- tändigkeit für den ganzen deutschen Luftraum. Dabei eht es nicht um die Frage, ob das möglich ist, sondern m das Aufzeigen der Möglichkeiten für das wie und en denkbaren Zeithorizont. Wir wissen natürlich, dass it der Vorstellung zwischenstaatliche Verträge berührt erden, für deren Veränderung erst Voraussetzungen zu chaffen sind. Ich sprach von den zu schützenden Hoheitsrechten, ür deren Durchsetzung Eingriffsrechte zum Beispiel des undesministers der Verteidigung verankert werden üssen. Diese staaatlichen Vorgaben stellen möglicher- eise erhebliche Beeinträchtigungen unternehmerischen andelns dar und müssen deshalb kalkulierbar formu- iert werden. Überzogene Vorstellungen werden einen rivatisierungsprozess oder Erlöserwartungen erheblich eeinträchtigen. Wir erwarten deshalb einen ausgewoge- en Katalog für Eingriffsrechte mit akzeptablen Defini- ionen von Krisenszenarien, die dies rechtfertigen. Privatisierungsprozesse sind immer mit Verunsiche- ungen der betroffenen Belegschaft verbunden. Ich öchte deshalb für meine Fraktion ausdrücklich die ein- igartige Diskussionskultur der Belegschaft der Deut- chen Flugsicherung mit der Geschäftsführung würdigen. ie Belegschaftsstruktur ist wegen der Zusammenset- ung, zu der neben den „eigenen“ Mitarbeitern der DFS uch „dienstüberlassene“ Mitarbeiter aus der Bundes- ehr und eine Gruppe verbeamteter ehemaliger Anghöri- er der „alten Behörde“ Flugsicherung gehören, nicht infach. Umso berechtigter ist wegen der konstruktiven egleitung des Prozesses durch die Belegschaft deren Er- artung, dass zum Beispiel Mitbestimmungsfragen und ie Fortschreibung von Vorruhestandsregelungen für usscheidende Beamte fair geregelt werden. Wir werden ies ausdrücklich im parlamentarischen Verfahren bear- eiten, wenn der Gesetzentwurf hierzu noch keine Vorga- en macht. So viel zu dem Gesetzentwurf, mit dem der Rahmen er Privatisierung beschrieben sein wird. Es gibt aber och zwei andere Komplexe, deren kurzfristige Abarbei- ung wir parallel zur Gesetzgebungsarbeit erwarten. Da s hierbei um Verwaltungshandeln geht, sollten diese ntscheidungen, die das Unternehmen stärken, sogar urzfristig getroffen werden. Ich meine die Gründung er „Tower GmbH“ und die überfällige Entscheidungen ur Eröffnung weiterer Geschäftsfelder durch bereits orbereitete Beteiligungen an anderen Unternehmen, die ch aus Zeitgründen hier nicht noch einmal aufzählen ill. Gestatten Sie mir abschließend ein paar persönliche ätze. Wer aufmerksam zugehört hat, wird vielleicht den indruck gewonnen haben, dass da jemand gerade einen chlussstrich gezogen hat. Das ist richtig. Freunde und ahe Mitstreiter wissen, dass ich nach dieser Legislatur- eriode nicht mehr für den Bundestag kandidieren will. urch die wahrscheinlich vorgezogene Neuwahl ist die- er Zeitpunkt unerwartet früh gekommen und dies ist etzt meine letzte Rede vor dem Plenum des Deutschen undestages. Ich nutze deshalb die Gelegenheit, mich 16860 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 (A) ) (B) ) ganz ausdrücklich, für die gute Zusammenarbeit in unse- rem Ausschuss über die Grenzen der Fraktionen hinweg zu bedanken. Gerade in der Zeit, während der ich Vorsit- zender unserer Arbeitsgruppe in der SPD-Fraktion war, habe ich eine faire und freundschaftliche Zusammenar- beit mit unserem Ausschussvorsitzenden Eddi Oswald, mit Ali Schmidt, Dirk Fischer und Horst Friedrich erle- ben dürfen. Ich scheide ohne Groll und Wehmut aus dem Deutsche Bundestag, bedanke mich auch bei meinen Ar- beitsgruppenkollegen für die Zusammenarbeit und hoffe, dass ich eine kleine Spur hinterlassen habe, die ich mei- nen Wählern als Dank für ihr Vertrauen vorweisen kann. Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU): Der Luftver- kehr – und mit ihm die DFS – hat das Tal der Tränen durchschritten. Der terroristische Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001, die Lun- genseuche SARS, der Irakkrieg sowie die allgemeine konjunkturelle Entwicklung haben den internationalen Luftverkehr und damit auch das Geschäftsergebnis der DFS schwer beeinträchtigt. Nach zwei verlustreichen Jahren geht es seit dem Jahr 2003 für die DFS wieder deutlich aufwärts. Nun geht es darum, den nationalen Ordnungsrahmen für die DFS weiter zu verändern und die DFS fit für die Anforderungen eines einheitlichen Luftraums über Eu- ropa zu machen. Künftigen Anbietern von Flugsiche- rungsleistungen wird durch diesen Luftverkehrsmarkt die Grundlage für einen diskriminierungsfreien Markt- zugang geboten und eine Optimierung der Preis-, Quali- täts- und Kostengestaltung ermöglicht. Deswegen ist es notwendig, auch für die DFS die erforderlichen rechtli- chen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sie in die- sem Markt bestehen kann. Vor diesem Hintergrund ist die zügige Kapitalprivati- sierung der DFS ein wichtiger und begrüßenswerter Schritt und ich unterstütze die Absicht der Bundesregie- rung, die DFS in Höhe eines Anteils von 74,9 Prozent zu veräußern. Durch die Weiterentwicklung der Privatisie- rung wird es zu einer zusätzlichen Effizienzsteigerung bei der DFS kommen. Zudem kann der Bund einen wei- teren Bereich privaten Anbietern überlassen, den diese ebenso gut, wenn nicht besser erledigen können. Damit wird eine Politik fortgesetzt, die bereits 1992 mit der Or- ganisationsprivatisierung der Flugsicherung begonnen wurde. Im Rahmen des nunmehr bevorstehenden Transak- tionsprozesses sind zwei Punkte für die Zukunft der DFS von besonderer Bedeutung: Die ordnungs- und wirt- schaftspolitischen Rahmenbedingungen müssen für die DFS so gestaltet werden, dass ihre Attraktivität für In- vestoren erhöht wird. Die DFS muss für den liberalisier- ten europäischen Flugsicherheitsraum größtmöglich ge- stärkt werden. Die Voraussetzungen sind: Erstens. Als Herzstück der Kapitalprivatisierung muss Investitionssicherheit für zukünftige Investoren ge- schaffen werden. Die Grundsätze der ökonomischen Re- gulierung, aber auch die Eingriffs- und Durchgriffs- r m g i t g b H n q h D w D D n I Z d b V t – n 2 o f A E Z z n d p i D v k i w V s e g Z p d f l g (C (D echte der Aufsichtsbehörde oder der Bundeswehr üssen im Gesetz klar und transparent für beide Seiten eregelt sein. Der Investor muss wissen, auf was er sich m Einzelnen einlässt, ohne von nachfolgenden Verwal- ungsvorschriften zur Regulierung überrascht zu werden. Zweitens. Die DFS muss für einen angemessen lan- en Zeitraum und für den gesamten deutschen Luftraum eliehen werden. Dies schafft Planungssicherheit im inblick auf die langen Investitionszyklen des Unter- ehmens. Drittens. Die Kapitalprivatisierung muss sich konse- uent an den EU-Vorgaben orientieren, das heißt darüber inausgehende nationale Regelungen zulasten deutscher ienstleister darf es nicht geben. Viertens. Der DFS müssen Beteiligungen ermöglicht erden, um neue Märkte erschließen zu können, in eutschland ebenso wie im Ausland. Ziel der Gesetzgebung zur Kapitalprivatisierung der FS muss es also sein, einerseits größtmögliche unter- ehmerische Freiheit für die DFS und ihre zukünftigen nvestoren zu schaffen, sodass die DFS frei von rigiden wängen als „normales“ Unternehmen agieren kann, an- ererseits sicherzustellen, dass die hoheitlichen Aufga- en der DFS und die damit verbundenen internationalen erpflichtungen durch die Privatisierung nicht beein- rächtigt werden. Die Anforderungen aus dem „Single European Sky“ SES – an die Flugsicherheitsorganisationen und an die ationalen Aufsichtsbehörden gelten bereits ab Januar 006 verbindlich. Sind bis dahin die europäischen Ver- rdnungen nicht in deutsches Recht umgesetzt worden, ehlt es an Rechtssicherheit und -klarheit, würden die ussichten der DFS auf ein nationales und europäisches ngagement geschmälert und würde die internationale usammenarbeit der Flugsicherungsorganisationen ver- ögert. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird daher auch ach einer etwaigen Regierungsübernahme im Herbst ieses Jahres für die Einhaltung des ehrgeizigen Zeit- lans für die DFS-Kapitalprivatisierung eintreten. Dies st nicht nur im Interesse der Deutschen Flugsicherung. ie gesamte deutsche Luftverkehrswirtschaft wird da- on profitieren. Norbert Königshofen (CDU/CSU): Die Luftver- ehrswirtschaft ist in den letzten Jahrzehnten zu einem mmer wichtigeren Wirtschaftsfaktor geworden. Mittler- eile ist sie eine echte Schlüsselindustrie für unsere olkswirtschaft. Sie ist heute eine der wenigen Jobma- chinen, die wir in Deutschland haben. Das gilt in zwei- rlei Hinsicht: Zum einen schafft sie Jobs in ihrem urei- enen Umfeld, an Flughäfen und bei Fluggesellschaften. um anderen sichert sie mit ihren Kapazitäten Arbeits- lätze in unserer Exportwirtschaft, denn wertmäßig wer- en rund 40 Prozent der deutschen Ausfuhren per Luft- racht abgewickelt. Als Dienstleister für Flugsicherheit und Flugabwick- ung hat die Deutsche Flugsicherung mit dazu beigetra- en, die Voraussetzungen für das rasante Wachstum des Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16861 (A) ) (B) ) Luftverkehrs zu schaffen. Sie war in der Vergangenheit stets in der Lage, auf neue Herausforderungen des Mark- tes erfolgreich und flexibel zu reagieren. Auch interna- tional hat sie sich mit ihren Leistungen an der Spitze eta- bliert. Nicht umsonst bekam sie 2000 für ihre Leistungen bei Sicherheit, Pünktlichkeit und Kostenbewusstsein den „Eagle Award“ als beste Flugsicherungsorganisation der Welt verliehen. Gleichzeitig hat sich die Deutsche Flugsicherung mit diesen neuen Herausforderungen selbst gewandelt. Sie ist heute kein reiner Dienstleister für diesen Markt mehr. Sie ist mittlerweile ein aktiver Teil dieses dynamischen Luftverkehrsmarktes geworden. Sie ist integraler Be- standteil der „Schlüsselindustrie Luftverkehr“. Sie ist jetzt selbst Teil der so wichtigen „Jobmaschine Luftver- kehr“. Dass dies so ist, ist vor allem ein Verdienst des Deutschen Bundestages. Wir haben 1993 die Vorausset- zungen für den Markteintritt der Deutschen Flugsiche- rung geschaffen. Unter Führung der Union wurde mit der FDP die so wichtige Organisationsprivatisierung der Flugsicherung in Deutschland initiiert und – mit Zustim- mung der damaligen Oppositionspartei SPD – auch durchgesetzt. Die Union war es auch, die 2003 erneut die Initiative ergriff. Sie war es, die als Erste die Konsequenzen aus den sich rasant verändernden Marktbedingungen zog. Sie forderte als Erste, die Deutsche Flugsicherung durch eine Kapitalprivatisierung wirtschaftlich und organisato- risch neu aufzustellen. Dass es dann Anfang 2004 ge- lang, einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen zu for- mulieren, ist mittlerweile gute Tradition unter den Luftverkehrspolitkern dieses Hauses. Es ist ein wichti- ges gemeinsames Signal der Politik an den Markt, dass wir alles tun, um den Luftverkehrsstandort Deutschland weiter nach vorne zu bringen. Es liegt in der Natur der Sache, dass gemeinsame An- träge auch immer Kompromissanträge sind. Schließlich muss sich jede der hier vertretenen Fraktionen mit ihren Grundpositionen wiederfinden können. So ist es jetzt bei dem hier vorliegenden gemeinsamen Antrag in dem ge- fordert wird, die Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung abzuschließen. Auch er kam erneut auf Initiative der Union zustande. Erneut war sie es, die mit einem eigenen Antrag den Anstoß gab. Worum geht es konkret? Konkret geht es um die Ver- äußerung von 74,1 Prozent der Gesellschaftsanteile der bis heute zu 100 Prozent in Bundesbesitz befindlichen Deutschen Flugsicherung GmbH. Der Rest der Anteile soll als Sperrminorität beim Bund verbleiben, da die DFS auch weiterhin mit hoheitlichen Aufgaben befasst sein wird. Nur durch diese Kapitalprivatisierung – und hier sind wir alle vorbehaltlos einer Meinung – kann die DFS die aktuellen und künftigen Herausforderungen des Luftverkehrsmarktes meistern. Das gilt insbesondere für die Herausforderungen, die durch die EU-Verordnungen zum einheitlichen europäischen Luftraum – Single Euro- pean Sky – eingeleitet worden sind. Gleichzeitig soll die DFS nun leichter und konse- quenter als aktives Unternehmen am wachsenden Luft- verkehrsmarkt partizipieren können. Neben ihren Kern- a e k g m h n G g ti z h w e m Z L V h m w A d a r ti z „ e k r b a U v t B p I s T d a B u li G n m e F d (C (D ufgaben soll sie sich auch andere Geschäftsfelder rschließen, sich an anderen Unternehmen beteiligen önnen. Die Kapitalprivatisierung ist dafür die zwin- ende Voraussetzung. Wir freuen uns, dass das Finanz- inisterium mittlerweile unsere Meinung teilt. Umgekehrt erfolgt die Kapitalprivatisierung – und ier sollten wir alle ehrlich sein – natürlich auch aus ei- em haushälterischen Interesse. Sie soll natürlich auch eld in die klammen Kassen des Bundes bringen. Das eht nur, wenn man die DFS für Interessenten so attrak- v wie möglich macht. Investoren schauen auch auf die u erwartende Rendite. Mit Blick auf diese Tatsache ätte ich mir in unserem gemeinsamen Antrag eine et- as deutlichere Formulierung gewünscht. Ich hätte mir in deutlicheres Bekenntnis dazu gewünscht, die DFS it dem gesamten deutschen Luftraum zu beleihen. Die uständigkeit für die Kontrolle des gesamten deutschen uftraums ist nach unserer Auffassung eine wesentliche oraussetzung für ihren unternehmerischen Erfolg. Des- alb ist die hier im gemeinsamen Antrag gewählte For- ulierung nach unserem Geschmack etwas wachs- eich – auch wenn wir letztlich damit leben können. Das Gleiche gilt für den Beleihungszeitraum. Wie im ntrag steht, soll die „Aufgabenzuordnung der DFS we- er unbefristet noch endgültig sein“. Das würde sich uch nicht mit den Verordnungen zum Einheitlichen Eu- opäischen Luftraum vertragen. Dennoch ist für zukünf- ge Investoren die Dauer der Beleihung wichtig. Je kür- er sie ist, desto weniger ist man bereit, in die Infrastruktur“ zu investieren. Uns ist klar, dass man in inem Antrag keine abschließenden Aussagen machen ann. Uns geht es aber darum, hier bei der Bundesregie- ung für diesen nicht ganz einfachen Sachverhalt Sensi- ilität zu erzeugen. Letztlich entscheidend für einen Investor ist aber vor llem eine Frage: Wie wird die Einnahmesituation des nternehmens sein, in das ich mich einkaufe? Das wird or allem davon abhängen, welche kostenwirksamen Tä- igkeiten ökonomisch reguliert werden. Hier sollte jede undesregierung im dazugehörigen Gesetz über die Ka- italprivatisierung der DFS Regelungen finden, die für nvestoren kalkulierbare Bedingungen schafft. Mit unserem gemeinsamen Antrag zur Kapitalprivati- ierung der DFS bleiben wir Luftverkehrspolitiker einer radition treu: Wichtige Dinge bringen wir im Interesse es Landes gemeinsam voran. Als Vertreter der Fraktion, us deren Reihen in wenigen Monaten die erste deutsche undeskanzlerin hervorgehen wird, biete ich Ihnen unter mgekehrten Vorzeichen an, dieser Tradition nach Mög- chkeit auch zukünftig treu zu bleiben. Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Es kommt im parlamentarischen Geschehen icht häufig vor, dass sich alle Parteien unter einem ge- einsamen Antrag finden – selbst dann nicht, wenn sie igentlich einer Meinung sind. Der Antrag zur Kapitalprivatisierung der Deutschen lugsicherung, den wir heute abschließend beraten, bil- et insofern eine rühmliche Ausnahme. Das Thema 16862 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 (A) ) (B) ) eignet sich nicht für den Parteienstreit, selbst nicht in diesen politisch aufregenden und mitunter aufgeregten Tagen im Vorwahlkampf. Zum Thema: Wir sind uns als Verkehrspolitiker einig, dass der DFS im so genannten Single European Sky eine gute Wettbewerbsposition verschafft werden muss. Die Gesetzgebung muss daher den Weg für eine Kapitalpri- vatisierung der DFS freimachen. Das Unternehmen soll frei von den Zwängen der Bundeshaushaltsordnung am Markt agieren können, zum Beispiel durch die Grün- dung eines Tochterunternehmens, das auch im europäi- schen Ausland oder auch weiterhin auf deutschen Regio- nalflughäfen Flugsicherungsdienste anbieten kann. Der öffentlich gewidmete Teil der DFS-Aufgaben darf und wird darunter nicht leiden. Die ökonomische Regulierung der Kapitalprivatisie- rung muss sowohl den regulierten Unternehmen als auch ihren Nutzern gerecht werden. Die Grundsätze der Re- gulierung sollten bereits im Gesetz festgelegt werden, als Leitplanken für die durch die Nationale Aufsichtsbe- hörde zu gestaltenden Verordnungen. Die Vision europäisch integrierter Unternehmen nach dem Vorbild EADS, in denen die DFS als größter euro- päischer Dienstleister eine führende Rolle spielen kann, zeichnet sich am Horizont ab. Dies hilft Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern und neue entstehen zu lassen. Wir begrüßen diese Vision und wollen sie nach Kräften unterstützen. Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Nach längeren Verhandlungen und zwischenzeitlichen Irritationen ist es erneut gelungen, in Sachen der weiteren Privatisierung der Deutschen Flugsicherung einen fraktionsübergrei- fenden Konsensantrag auf den Weg zu bringen, der die Bundesregierung erneut auffordert, im Hinblick auf die sich abzeichnende Wettbewerbslandschaft auch inner- halb der Flugsicherungen die DFS maßgerecht in den Wettbewerb zu stellen. Wenn die FDP allein hätte ent- scheiden können, wäre dieser Antrag sicherlich in eini- gen Punkten konkreter gewesen. Das vorliegende ge- meinsame Papier verbaut aber zumindest nicht den Weg für weitere Schritte. Der Prozess der DFS-Kapitalprivatisierung ist be- kanntermaßen eingebettet in die Schaffung von Regelun- gen zur bestmöglichen Anwendung der Single-Euro- pean-Sky-Verordnungen. Diese Anforderungen gelten ab Januar 2006 verbindlich; die Durchführungsvor- schriften für Zertifizierung und Benennung sind voraus- sichtlich ab Oktober 2006 anzuwenden. Vor diesem Hin- tergrund ist es Aufgabe der nationalen Parlamente, Rechtssicherheit und Klarheit zu schaffen, damit die Aussichten der DFS GmbH auf ein diversifiziertes natio- nales und europäisches Engagement nicht geschmälert und die internationale Zusammenarbeit der Flugsiche- rungsorganisationen nicht weiter verzögert, wenn nicht gar gefährdet werden. Bereits die damalige Bundesregierung von CDU/CSU und FDP hat in einer elften Novelle zum Luftfahrtgesetz 1 u S G w d e c m m n s E h d d s s l v d n a l h d c k a d m t is l a h s i ü d d V d a d r B A w d G B D f d g g l t (C (D 998 Zwischenschritte zu einer weiteren Privatisierung nd Flexibilisierung der Flugsicherung aufgezeigt. Diese chritte sind leider bis heute von der ausführenden ewalt nicht – zumindest nicht ausreichend – umgesetzt orden. Jetzt wird die politische Hauptaufgabe sein, eutlich zu machen, dass die Deutsche Flugsicherung in inen hoheitlichen Teil und in einen privatwirtschaftli- hen Teil aufzutrennen ist. Der privatwirtschaftliche Teil uss die volle Flexibilität eines Wirtschaftsunterneh- ens am Kapitalmarkt haben. Das bedeutet für uns, dass icht durch ministerielle Entscheidungen unternehmeri- che Abläufe verzögert oder gar behindert werden, dass ingriffsrechte des Staates sich ausschließlich auf die oheitlichen Aufgaben der Flugsicherung beziehen und ass vor allen Dingen im leidigen Bereich der Gebühren ie mit dem letzten gemeinsamen Beschluss dieses Hau- es angemahnte Flexibilität für die Flugsicherung ge- chaffen wird. Private Investoren werden sich nur finden assen, wenn klar ist, zu welchen Bedingungen die In- estition sich rechnet bzw. mit welchen Eingriffsrechten es Staates der Investor rechnen muss. Davon hängt icht zuletzt auch der Preis ab, der für ein Unternehmen m Markt zu erzielen ist. Die Bundesrepublik Deutsch- and muss aus unserer Sicht zunächst ein Interesse daran aben, langfristige Investoren zu gewinnen. Dies ist nur ann zu gewährleisten, wenn die Flugsicherung entspre- hend lange für eine angemessene Kapitalrendite sorgen ann. Daraus abgeleitet ergibt sich dann zwangsläufig uch die Forderung nach einer Beleihung der DFS für en gesamten deutschen Luftraum während eines ange- essenen Zeitraums, um auch die entsprechenden Inves- itionszyklen des Unternehmens zu berücksichtigen. Wichtig zur Sicherung der Interessen eines Investors t in gleichem Maße, die Eingriffsrechte Dritter, vor al- em der Bundeswehr, berechenbar zu machen. Es sollte us unserer Sicht bereits jetzt aus dem Gesetz hervorge- en, welche Eingriffs- und Durchgriffsrechte die Deut- che Flugsicherung dem Bundesverteidigungsminister m Friedensfall zu gewähren hat. Aus Sicht der FDP sind ber die jetzigen, seit langer Zeit optimal funktionieren- en Regelungen hinaus stärkere Anforderungen nur ann notwendig, wenn offiziell der Spannungs- bzw. der erteidigungsfall ausgerufen wird. Es kommt für uns eshalb darauf an, dass die nationale Aufsichtsbehörde ls zwischengeschaltetes Korrektiv im Gleichrang auch ie verkehrspolitischen Belange des Verkehrsministe- iums sicherstellt, so wie es im Moment direkt durch das undesverkehrsministerium selbst gewährleistet wird. ngesichts der angekündigten Überlegungen zu Neu- ahlen zum vorgezogenen Zeitpunkt ist zu erwarten, ass der gemeinsame Antrag aller Fraktionen zwar als rundlage für die Gesetzesarbeit dient, aber vor der undestagswahl nicht mehr Eingang in Gesetze findet. ie bei der Bundestagswahl 2005 – soweit sie denn statt- indet – gewählte neue Mehrheit im Verkehrsbereich ist eshalb aufgefordert, dann unverzüglich an die Arbeit zu ehen, um die oben beschriebenen Zeitabläufe nicht zu efährden. Die hat die Flugsicherung als „Kind des Par- amentes“ in der Positionierung im europa- und weltwei- en Wettbewerb der Flugsicherungen verdient. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16863 (A) ) (B) ) Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin beim Bundes- minister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Es ist jetzt fast genau ein Jahr her, dass dieses Haus mit der Annahme des Antrags der Fraktionen von SPD, CDU/ CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gemäß Drucksache 15/2393 „Wirtschaftliche und organisatori- sche Strukturen der Deutschen Flugsicherung dauerhaft verbessern“ die Maßnahmen der Bundesregierung zur Durchführung der entscheidenden Phase der Kapitalpri- vatisierung der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH nachdrücklich unterstützt hat. Was waren die Beweggründe für den Schritt zur Kapi- talprivatisierung, nachdem die rein äußerliche Organisa- tionsprivatisierung von 1993 mit Gründung der DFS zu den bekannten Erfolgen der vergangenen 12,5 Jahre geführt haben? Ein wichtiger Auslöser sind die Verände- rungen im europäischen Umfeld. Dabei stellen die euro- päischen Verordnungen zur Einführung eines Einheitli- chen Europäischen Luftraums, die so genannten SES- Verordnungen – Single European Sky –, die absehbare Konsolidierung innerhalb des europäischen Luftraums, erwartete Effizienzsteigerungen und die Möglichkeit der DFS zu Beteiligungen im In- und Ausland die maßgebli- chen Einzelfaktoren dar. Ausgehend von ersten Überlegungen im Dezember 2003 hat die Bundesregierung im August 2004 eine ressortübergreifende Projektstruktur unter Leitung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungs- wesen eingerichtet. Nach umfangreichen Grundlagenar- beiten konnte die Bundesregierung bereits Mitte Dezem- ber 2004 die Eckdaten zur Kapitalprivatisierung verabschieden: 74,9 Prozent der Gesellschaftsanteile der DFS werden zum Verkauf angeboten. Die Kapitalpriva- tisierung wird auf der Grundlage eines Beleihungsmo- dells zur Durchführung der hoheitlichen Tätigkeiten um- gesetzt. Die erfolgreiche und nahezu einzigartige zivil- militärische Integration in der überörtlichen Flugsiche- rung wird fortgesetzt. Nach den Vorgaben der SES- Verordnungen wird eine unabhängige Aufsichtsinstanz, das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung, eingerichtet. Zusätzlich wird für die DFS vom Vollkostendeckungs- prinzip auf ökonomische Regulierung umgestellt, da die DFS im Streckenflugbereich auf absehbare Zeit – 20 Jah- re – Monopolanbieter bleiben wird und daher keine direkten Marktkräfte wirken können. Die Möglichkeit der Beleihung für den gesamten deutschen Luftraum wird hinsichtlich rechtlicher Vereinbarkeit mit bestehen- den internationalen Abkommen und Verträgen geprüft. Im Bereich der Flugplatzkontrolle soll die DFS an den 17 internationalen Verkehrsflughäfen im Interesse des Bundes für die nächsten 16 Jahre die Verantwortung behalten, damit sie die sich aus dem QTE-Lease erge- benden Verpflichtungen erfüllen kann. Wettbewerb wird es hingegen um die Flugplatzkontrolldienste, insbeson- dere an den Regionalflughäfen, geben, wo der Bund schon bisher den Anträgen der Flugplatzbetreiber ge- folgt ist. Die SES-Verordnungen machen hier lediglich Vorgaben, die zu organisatorischen Veränderungen füh- ren. r t u b t d s b 2 n i t w M d I t E d F s s c a d F a a A r e t h s r I i n c d n s u f H d n p w d z s A l A (C (D Seit Festlegung der Eckpunkte zur Kapitalprivatisie- ung ist es in nur fünf Monaten gelungen, den Referen- enentwurf für ein Flugsicherungsgesetz zu erarbeiten nd in die derzeit laufende Ressortabstimmung zu ge- en. Zentrales Element bilden die notwendigen Kon- rollrechte der Regierung, die Sicherheitsaufsicht und ie ökonomische Regulierung durch das Bundesauf- ichtsamt für Flugsicherung – BAF – mit circa 70 Mitar- eitern und geplanter Arbeitsaufnahme am 1. Januar 006. Zum Bereich der ökonomischen Regulierung kön- en wesentliche Erkenntnisse durch Vergleich mit dem n Großbritannien bereits seit einigen Jahren praktizier- en System gewonnen werden. Mit dieser Regulierung ird sicherzustellen sein, dass die Gewinne der DFS als onopolanbieter in einem vertretbaren Rahmen bleiben, ie Effizienz des Unternehmens gesteigert wird und die nteressen der Nutzer an marktgerechten Gebührenstruk- uren gewahrt werden. Im Verlaufe des Projektes waren und sind zu vielen inzelthemen umfangreiche Fragen zu klären. Insbeson- ere sind die nationalen hoheitlichen Interessen an der lugsicherung durch geeignete Durchgriffsrechte abzu- ichern und gleichzeitig die effizienzorientierte wirt- chaftliche Handlungsfähigkeit der DFS als wesentli- hem Kriterium für potenzielle Investoren in einem usgewogenen Verhältnis zu gewährleisten. Nach Abschluss des Gesetzgebungsprozesses wird er Transaktionsprozess mit Unterstützung durch einen inanzberater beginnen. Die Auswahl des Beraters ist ngelaufen. Für die Bundesregierung ist wichtig, dass uch eine geeignete Mitarbeiterbeteiligung geprüft wird. ls potenzielle Investoren kommen strategische Investo- en, Private-Equity-Gesellschaften und längerfristig ori- ntierte Infrastrukturfonds mit geringerer Renditeerwar- ung infrage. Auch Konsortiallösungen sind denkbar. Der Zeitplan war bisher sehr ehrgeizig und ist mit ho- em Engagement verfolgt worden. Er war auf einen Ab- chluss der Kapitalprivatisierung bis Juni 2006 ausge- ichtet und sollte keinesfalls unnötig verzögert werden. m Hinblick auf vorgezogene Neuwahlen dieses Hauses m September des Jahres bleibt ein Kabinettsbeschluss och im Sommer dieses Jahres möglich. Betonen möchte ich, dass unabhängig von den zeitli- hen Verschiebungen diejenigen Arbeiten unverändert urchzuführen sind, die das BAF wie geplant zum 1. Ja- uar 2006 seine Arbeit aufnehmen lassen. Die ökonomi- che Regulierung kann und soll ebenfalls unverändert nd unabhängig vom Gesetzgebungsverfahren einge- ührt werden. Hier wird es wesentlich auf den neuen aushalt ankommen, um mit größtmöglicher Flexibilität ie notwendigen Voraussetzungen zu gewährleisten. Vor einem Jahr musste ich bei dieser Gelegenheit och auf Verkehrseinbrüche und die gesunkene Eigenka- italquote der DFS eingehen. Heute sind wir wieder mit achsendem Luftverkehrsaufkommen konfrontiert und ie Gesundheit und Stärke der DFS spiegeln sich nicht uletzt an massiven Gebührensenkungen im Strecken- owie im An-/Abflugbereich von 2004 auf 2005 wider. uch alle Investoren betrachten die DFS als ein wertvol- es, exzellent gemanagtes Unternehmen, das eine hohe ttraktivität für Investoren besitzt. 16864 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 (A) ) (B) ) Ich bitte daher, der Beschlussempfehlung auf Druck- sache 15/5519 zu folgen, dass heißt Annahme des An- trags der Fraktionen SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gemäß Drucksache 15/5342 „Kapital- privatisierung der Deutschen Flugsicherung abschlie- ßen“ und Erledigterklärung des Antrages von Abgeord- neten der CDU/CSU-Fraktion gemäß Drucksache 15/4829 „Maßnahmen zur Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung GmbH“ sowie des Antrags von Abgeord- neten der FDP-Fraktion auf Drucksache 15/4670 „Leitlinien für die Privatisierung der Deutschen Flug- sicherung – Gesamtkonzept zur Neuordnung der Flug- sicherung“. Ich vertraue auf die breite Unterstützung dieses Hau- ses, jetzt und nach den Neuwahlen, die Kapitalprivatisie- rung der DFS – Deutsche Flugsicherung GmbH – so zügig wie möglich abzuschließen und damit die Rah- menbedingungen für den Luftverkehr in Deutschland weiter zu verbessern. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Die Situation der Fi- scherei durch nachhaltige Bewirtschaftung ver- bessern (Tagesordnungspunkt 17) Holger Ortel (SPD): Vor drei Wochen haben wir hier im Deutschen Bundestag beschlossen, die europäische Verfassung zu ratifizieren. Aus diesem Anlass haben wir eine Debatte erlebt, wie es um die Einflussmöglichkeiten des Bundestages auf europäische Politik bestellt ist. Viele finden es problematisch, dass wir hier im Parla- ment mehr und mehr nur noch Beschlüsse umsetzen, die aus Brüssel hier auf den Tisch flattern, ohne aber in vie- len Bereichen noch substanziell politisch Einfluss neh- men zu können. Heute reden wir hier über Fischereipolitik, seit den Kindertagen der europäischen Zusammenarbeit eine rein europäische Kompetenz. Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen legen hier einen Antrag vor, in dem wir die Grundsätze der Fischereipolitik für die nächsten Jahre aus deutscher Sicht benennen wollen. Dieser Antrag gibt der Bundesregierung ein klares politi- sches Mandat für die zukünftigen Verhandlungen im europäischen Rat. Wir zeigen damit, wie man den Ein- fluss des Deutschen Bundestages wahrt und konkret mit Leben erfüllt, wenn es darum geht, europäische Politik langfristig zu gestalten. Wir müssen somit meines Erachtens über zwei As- pekte reden. Der eine ist: Welche Anforderungen formu- lieren wir an die Gemeinsame Fischereipolitik der Euro- päischen Union? Die zweite Frage, die uns als nationales Parlament zu interessieren hat, ist: In welcher besonderen Situation findet sich die deutsche Fischereiwirtschaft wieder und wie beantworten wir sie? z F t h t j h s k f w d r B M G H g h d w s i t g G m K s M s d m g d n g n n g f f r z d m D d f g t j (C (D In Europa gibt es nach meiner Auffassung eine ein- ige Frage, die über allem steht: Wie erhalten wir die ischbestände in den Meeren? Denn diese sind drama- isch gefährdet. Dabei hat nicht nur der jahrzehntelange ohe Schadstoffeintrag zum Bestandsniedergang beige- ragen, sondern auch die Fischereiwirtschaft. Die Weltmeere sind gnadenlos überfischt. Der Kabel- au in der Nordsee, der Dorsch in der Ostsee, der See- echt in den westbritischen Gewässern – all diese Be- tände sind schon zusammengebrochen oder sie stehen urz davor. Aus biologisch-wissenschaftlicher Sicht ist eine ischereiliche Nutzung wie bisher nicht mehr zu verant- orten. Die Situation ist dramatisch. Deswegen besteht ie größte Herausforderung für die gemeinsame Fische- eipolitik darin, endlich zu einer wirklich nachhaltigen ewirtschaftung der Fischbestände zu kommen. Nun ist „Nachhaltigkeit" ja in den letzten Jahren zum odewort geworden und darf in keiner Rede fehlen. Die rundidee ist aber ebenso klug wie simpel: „Nicht mehr olz schlagen, als Bäume nachwachsen!“; denn der Be- riff kommt aus der Forstwirtschaft. Kluge Förster be- erzigen das Prinzip seit Jahrhunderten, weil sie wissen, ass sie ihre Lebensgrundlage bald verlieren werden, enn sie zu viele Bäume abschlagen. Deswegen wissen ie auch, dass es gar keinen Unterschied gibt zwischen hren Wirtschaftsinteressen und den Interessen des Na- ur- und Artenschutzes. Denn der Artenschutz von heute arantiert ihnen morgen ihr Einkommen. Das gleiche, so kluge wie simple Prinzip, muss die rundlage der gemeinsamen Fischereipolitik sein: Nicht ehr Fisch fangen, als nachwachsen kann. Die EU- ommission hat sich mit dem Grünbuch von 2001 die- em Ziel verpflichtet und beschreibt eine Reihe von aßnahmen, um zu einer wirklich nachhaltigen Bewirt- chaftung der Fischbestände zu kommen. Allerdings ist ie Umsetzung lange noch nicht so weit, wie sie sein üsste, und wir sind weit davon entfernt, Entwarnung eben zu können. Die SPD-Fraktion begrüßt daher, dass ie Bundesregierung sich in Brüssel zu einem Motor der euen, der Nachhaltigkeit verpflichteten Fischereipolitik emacht hat. Ich will hier nur vier Probleme herausgreifen, die wir achhaltig lösen müssen: Eine der größten Ursachen der egativen Bestandsentwicklung ist die noch immerzu eringe Selektivität der Fischerei. Häufig werden Jung- ische mitgefangen, die gar nicht angelandet werden dür- en. Für diese so genannten Discards besteht eine EU- echtliche Verpflichtung, diesen Fisch wieder über Bord u werfen; fatal; denn dieser Fisch ist meist tot oder ann nicht mehr überlebensfähig. Fatal ist auch, dass an die Menge der Discards nicht richtig erfassen kann. iese Zahlen fehlen bei wissenschaftlichen Erhebungen, ie wir wiederum dringend brauchen, um Empfehlungen ür die Zukunft zu erarbeiten. Es ist deshalb sehr wichtig, dass wir in der EU auf Re- elungen hinwirken, die dafür sorgen, dass durch Selek- iergitter, Fluchtfenster etc., der Fang von zu kleinen und ungen Fischen verhindert wird. Ganz gravierend sind Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16865 (A) ) (B) ) die Beifänge zum Beispiel bei Kiemennetzen in Vogel- schutzgebieten. In besonders sensiblen Gebieten muss man deshalb darüber nachdenken, den Einsatz solcher Geräte gänzlich zu verbieten. Außerdem muss man über ein Discardverbot nach- denken, das heißt gefangene Fische sollten allesamt an- gelandet und auf die jeweilige Quote angerechnet wer- den. Ein zweites großes Problem für den Rückgang der Fischbestände ist die illegale Fischerei und damit ver- bunden auch die Schwarzanlandungen. Die Kontrollen in vielen Mitgliedstaaten sind nach wie vor unzurei- chend, oft wird über die zugelassene Fangquote hinaus gefischt und angelandet. Auch das hat fatale Folgen: Der betroffene Bestand wir gefährdet, die Statistik wird ver- fälscht und, was besonders schlimm ist, der illegal ge- fangene Fisch wird zu Dumping-Preisen angeboten, und das schadet den Fischern und ihrem Einkommen. Auch hier muss europa- und weltweit etwas passie- ren. Wir unterstützen deshalb ein Kontrollverfahren, bei dem alle Staaten gleichermaßen die Fangmengen und Größen der an Land gebrachten Fische überwachen. Es müssen außerdem Sanktionen her, die Betrügern klar machen, dass sie damit nicht durchkommen. Ganz wich- tig dabei: Die Sanktionen müssen in allen Staaten gleich sein! Das ist leider noch nicht der Fall. Wir begrüßen es deshalb sehr, dass die Kommission damit begonnen hat, eine Fischereikontrollagentur ein- zurichten. Auch die Einführung der Satellitenkontrolle wird es Betrügern künftig deutlich schwerer machen, schwarz zu fischen. Was wir also brauchen ist nicht nur eine über Ländergrenzen hinweg einheitliche Verschär- fung der Sanktionen, sondern auch eine Harmonisierung der Kontrollen. Und hier sind wir auf dem richtigen Weg. Ich komme zu einem dritten großen Kernproblem: Die Fangflotte ist zu groß. Und auch das betrifft nicht nur Deutschland. Es ist ein europaweites, aber auch weltweites Thema. Grundsätzlich ist es zwar sehr erfreu- lich, dass sich auch die Technik immer weiter fortent- wickelt. Doch der technische Fortschritt hat die Fang- flotten derart verbessert, dass jährlich bis zu 5 Prozent mehr Fischereiaufwand betrieben werden kann. Wir unterstützen es deshalb sehr, dass Überkapazitä- ten nachhaltig abgebaut werden müssen. Eines ist klar: Das darf nicht zum Nachteil der Fischer geschehen. Schließlich dürfen wir bei der Betrachtung des schlechten Zustandes der Fischbestände die Umweltbe- lastungen nicht außer acht lassen. Denn Schuld an der negativen Bestandsentwicklung haben auch die Umwelt- belastungen in den Küstengewässern, der Lebensraum für die Fischbestände. Wir müssen uns deshalb nach- drücklich dafür einsetzen, dass – angesichts der weiter zurückgehenden Bestände – auf europäischer Ebene Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit uneinge- schränkt in den Vordergrund der politischen Entschei- dungen gerückt werden. Es ist wichtig, dass Maßnahmen ergriffen werden, die vor Havarien von Öl- und Gefahr- s s b s i u s t F d B c e h w P z i r z i P d r g n T F s d F f P d T s s r s n a r d g m w w k „ f t (C (D tofftankern schützen. Denn wir werden nur dann ge- unde Fischbestände haben, wenn wir das Meer als Le- ensraum der Fische vor Schadstoffen zu schützen. Nachdem wir unsere Anforderungen an die europäi- che Fischereipolitik formuliert haben, liegt es aber auch n unserer Verantwortung hier im Deutschen Bundestag, ns mit der spezifischen Situation der Fischereiwirt- chaft hier in Deutschland auseinanderzusetzen. Im Un- erschied zu anderen EU-Staaten ist die Bedeutung der ischerei in unserem Land ja eher begrenzt. Das darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass ieser Sektor, wenn man die vor- und nachgelagerten ereiche mit einbezieht, gerade in den strukturschwa- hen Küstenregionen an der Nord- und Ostsee durchaus ine wichtige wirtschaftliche Funktion hat. Die Politik at daher die Pflicht, den Strukturwandel in dem Bereich irksam zu unterstützen. Ich möchte zwei Beispiele herausheben, welche die otenziale im Fischereibereich deutlich machen. Da ist um einen der Bereich der Aquakulturen. Das Wachstum m Angebot von Fischprodukten geht in den letzten Jah- en fast ausschließlich auf die Zunahme der Aquakultur urück. Da die Nachfrage nach Fisch ungebremst ist und n einigen Ländern sogar steigt, ist hier noch erhebliches otenzial vorhanden. Schon jetzt übersteigt die Zahl der Arbeitsplätze hier ie Beschäftigtenzahl in der Hochsee- und Küstenfische- ei. Der von uns vorgelegte Antrag fordert die Bundesre- ierung auf, hier Schwerpunkte zu setzen und die geeig- eten Rahmenbedingungen zu schaffen. Der zweite, nicht zu unterschätzende Bereich ist der ourismus. Die Küstenregionen gewinnen durch die ischerei erheblich an Attraktivität. Vermutlich erwirt- chaftet ein Fischkutter sogar mehr indirekt dadurch, ass er Touristen anzieht, als durch die eigentliche ischerei. Touristen legen zudem großem Wert darauf, rischen Fisch und Meeresfrüchte als regionaltypische rodukte direkt vom Kutter zu erwerben. Indirekt trägt ie Fischerei also zum Erhalt von Arbeitsplätzen im ourismus bei. Die Fischerei hat also für die struktur- chwachen Küstenregionen eine große, nicht zu unter- chätzende wirtschaftliche Bedeutung. Wir fordern in unserem Antrag deshalb, die Küsten- egionen als komplexe ökologisch wertvolle Gebiete be- onders zu schützen. Das Integrierte Küstenzonenma- agement liefert hier einen guten Ansatz: Es fördert lternative Einkommensquellen zur Fischerei und ver- ingert damit die wirtschaftliche Abhängigkeit allein von er Fischerei. Ein guter Ansatz, wie ich meine; denn dies ibt den Familien die Möglichkeit, notwendige Schutz- aßnahmen wie Fangverbote oder Fangbeschränkungen irtschaftlich zu verkraften. Sie werden jetzt feststellen, dass das Thema „Angler“ eder im Antrag, noch in meinen Ausführungen vor- ommt. Das hat seinen Grund. Denn ich halte das Thema Angler" auch im Hinblick auf die soziale Komponente ür so wichtig, dass wir es in einem gesonderten Antrag hematisieren werden. 16866 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 (A) ) (B) ) Der von uns vorgelegte Antrag zur Situation der Fischerei bietet eine klare Orientierungslinie für die Zu- kunft. Unsere Forderungen lauten: Wir müssen in Europa Nachhaltigkeit durchsetzen. Gleichzeitig müssen wir in Deutschland den Strukturwandel intelligent und kreativ begleiten. Ich bitte Sie deshalb, diesen Antrag zu unterstützen. Gitta Connemann (CDU/CSU): „Manntje’ Manntje, Timpe Te, Buttje‘ Buttje in der See, Meine Frau, die Ilsebill, Will nicht so, wie ich gern will.“ So wie der Fischer in dem Märchen der Gebrüder Grimm müssen sich auch die Fischer heute in Deutsch- land fühlen, nur dass in diesem Fall nicht „Frau Ilsebill“, sondern „Frau Renate“ keine Rücksicht auf die Bedürf- nisse unserer Fischer nehmen will. Dies wird einmal mehr mit dem Antrag „Situation der Fischerei durch nachhaltige Bewirtschaftung verbes- sern“ unter Beweis gestellt, den die Koalitionsfraktionen hier in einer Nacht- und Nebel-Aktion vorgelegt haben. Dabei weckt der Titel des Antrages zunächst noch große Erwartungen. Man erwartet eine detaillierte Darstellung der Situation der Fischereiwirtschaft. Man erwartet eine genaue Beschreibung der Ausgangslage, eine Analyse der Probleme und daran anschließend das Aufzeigen möglicher Lösungen, kurzum: Man erwartet nichts we- niger als ein Konzept für die zukünftige Fischereipolitik. Doch was steht zur Situation unserer Fischer wirklich in ihrem Antrag? Nur einige wenige dürre Sätze auf immerhin zehn Seiten! Darunter Sätze wie, ich zitiere: „ …, die bestehende Förderpolitik für die Fischerei an- zupassen und dabei einen integrierten Gesamtansatz zu wählen, der gezielt ein zweites wirtschaftliches Stand- bein der Fischerei ermöglicht.“ – Allerhand! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, was sollen die Betroffenen von solch einem Satz halten? Ein Satz, der unter dem Strich nichts anderes bedeutet als: „Hier ist nichts mehr zu holen, such‘ Dir besser ei- nen anderen Job!“ Ist es das, was Sie den Menschen sa- gen wollen? Aber halt, ich muss mich korrigieren: Sie haben es ja bereits gesagt! Bundesministerin Künast hat ja den Fischern beispielsweise klar gemacht, dass sie für sie keine Zukunft mehr sieht. Sie hat in diesem Zusam- menhang ja auch schon empfohlen, Kutter zu Fremden- verkehrszimmern umzubauen. Zynischer kann man mit den ihr anvertrauten Menschen kaum umgehen. Wir haben es doch nicht nur mit Statistiken über Fangquoten und Bestände zu tun. Hier geht es um Exis- tenzen, um Menschen, die hart für ihren Lebensunterhalt arbeiten. Um diese Schicksale scheint sich die Koalition keine Gedanken gemacht zu haben. Dabei gäbe es eine Menge über die Lage unserer Fischereiwirtschaft zu be- richten – leider nicht nur Gutes. Denn vielen unserer Fischer steht das Wasser bis zum Hals. Allein die Küs- tenfischer in meiner ostfriesischen Heimat können ein Lied davon singen. Doch davon steht nichts in diesem Antrag. z lä F lä c tr d F S K d W f V r s ü g is k f m S z w D t „ d m K b K le ih a te g s g ti im r s 1 b n h d Z k im A s F (C (D Wir hätten aber gerne etwas über die Auseinanderset- ung der ostfriesischen Krabbenfischer mit der nieder- ndischen Kartellbehörde und der EU bezüglich der angquoten gelesen. Ostfriesische, dänische und nieder- ndische hatten in jahrelanger Zusammenarbeit Abspra- hen zur Bestandsschonung und zur Preisregulierung ge- offen. Diese Vorgehensweise war auf den Widerstand er niederländischen Kartellbehörde getroffen, unsere ischer wurden mit einem hohen Bußgeld belegt. Diese ituation bedrohte die heimische Fischerei in ihrem ern. Die Bundesministerin Künast hatte zwar vollmun- ig angekündigt, sie werde sich der Sache annehmen. er aber die Geschichte dieser Bundesregierung ver- olgt hat, der weiß, dass das mehr eine Drohung als ein ersprechen gewesen ist. Mittlerweile ist das Ministe- ium zwar tätig geworden, das Bußgeldverfahren chwebt aber immer noch wie ein Damoklesschwert ber unseren Fischern! Wir hätten gerne etwas über den Fortbestand der so enannten Schollenboxen in Ihrem Antrag gelesen. Dies t ein ganz aktuelles Problem. Die ostfriesischen Kutter- apitäne müssen hierbei wieder einmal um ihre Existenz ürchten. Vertreter von niederländischen Großkuttern achten bei der Europäischen Union einen Vorstoß, die chutzzone für Plattfische vor der deutschen Küste auf- ulösen. In dieser Schutzzone dürfen nur kleine Kutter, ie sie die Ostfriesen haben, Nordseekrabben fischen. ie Europäische Union hat diese Schutzzone eingerich- et, um die Schollen und Seezungen zu schonen. Die Schollenbox“ schützt aber auch die Fischer. Denn in er Schutzzone dürfen die niederländischen Großkutter it ihren starken Motoren nicht fischen. Die großen utter können mit ihrem schweren Geschirr den Meeres- oden regelrecht umpflügen. Für die kleinen deutschen utter, die ihre Haupterträge aus der „Schollenbox“ ho- n, wäre dann kein Platz mehr. Und für den Granat, der r Einkommen sichert, auch nicht. Das sehen übrigens uch die Besatzungen der kleinen niederländischen Kut- r so: Sie kritisieren ihre Landsleute scharf. Die Bundesregierung hat in dieser Angelegenheit an- ekündigt, sich für den Erhalt der „Schollenbox“ einzu- etzen. Wir werden sie an ihren Ankündigungen messen! Wir hätten auch sehr gerne etwas über die Vorverle- ung des Sommerfangverbotes für Dorsch in Ihrer Initia- ve gelesen. Dieser Entscheidung, die der Fischereirat Dezember 2004 gefällt hat, hatte die Bundesregie- ung auf Verlangen der südlichen EU-Länder zuge- timmt. Das Fangverbot gilt somit für die Zeit vom . März bis zum 30. April statt wie bisher vom 15. Juni is 15. August eines Jahres. Im Januar und Februar kön- en die in Holstein und Mecklenburg-Vorpommern be- eimateten Kutter witterungsbedingt nicht fahren. Und aran schließt sich nun unmittelbar diese zweimonatige wangspause an. Damit haben die Fischer 4 Monate eine Einnahmen. Die Tatsache, dass die Betriebe dafür Sommer durchfischen dürfen, bietet jedoch keinen usgleich. Die verarbeitenden Betriebe in Dänemark ind nämlich in diesem Zeitraum geschlossen. Von dieser Maßnahme sind mehr als 1 000 heimische amilienbetriebe betroffen, während in den östlichen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16867 (A) ) (B) ) Ländern immer noch keine wirkungsvollen Kontrollen stattfinden. Wir hätten auch gerne etwas von Ihnen über die in der ausschließlichen Wirtschaftszone – AWZ – vorgesehene Ausweisung von FFH- und Vogelschutzgebieten erfah- ren. In diesem Zusammenhang wäre es wichtig gewesen, wenn Sie sich zu dem zurzeit unter der Federführung des Bundesverkehrsministeriums laufenden Raumordnungs- verfahren für Nord- und Ostsee eingelassen hätten. Wie wollen Sie hier die Fanggebiete gegenüber den anderen Nutzungsarten sichern? Das Bundeslandwirtschaftsmi- nisterium ist ja an diesem Raumordnungsverfahren be- teiligt. Doch auch hierzu: Schweigen. Ich könnte noch weitere Beispiele anführen, die in Ih- rem Antrag gar nicht oder nur am Rande erwähnt wer- den, wie zum Beispiel die im Entstehen begriffenen Windparks für die Windenergiegewinnung oder die fort- gesetzten unkontrollierten Anlandungen von Dorsch in der östlichen Ostsee. Für unsere Fischer ist in all diesen Fällen nur eines si- cher: Auf diese Bundesregierung ist kein Verlass. Insbesondere die zuständige Fachministerin legt hier eine merkwürdige Teilnahmslosigkeit an den Tag. Wenn es aber darum geht, unsere Fischer in ihrer internationa- len Wettbewerbsfähigkeit zu beschränken, wird Frau Künast schwer aktiv. Bei solchen Gelegenheiten über- schlägt sich „Frau Renate“ geradezu, möglichst viele Regelungen und Verbote zur Belastung unserer Fischer „herauszuschlagen“. Durch die vielen Detailvorschriften und überbordende Bürokratie wird die Fischerei aber zu stark behindert. Die Fischereiflotten werden so in ihrer Wirtschaftlichkeit getroffen und ruiniert. Auch Binnenfischerei und Aquakultur leiden unter ei- ner Vielzahl von bürokratischen Hemmnissen. Erfolg versprechende Entwicklungen sind so nahezu ausge- schlossen. Wo ist das Engagement der Bundesregierung im Bereich Aquakultur, von dem in Ihrem Antrag die Rede ist? Ich kann es nicht erkennen. Innovationen ent- stehen in diesem Bereich nur im Ausland und können nur im Einzelfall durch die hiesige Wirtschaft eingesetzt werden. Die politische Ausrichtung auf die Kreislaufan- lagentechnologie hat beeindruckende Misserfolge er- zeugt. Dies ist auch das Ergebnis einer Ressortfor- schungspolitik, die zu einem großen Verlust von Forschungskapazitäten geführt hat. Im Bereich der mari- nen Aquakultur mangelt es in der gesamten Forschungs- landschaft an Auftragnehmern zur Verwertung bereitge- stellter Forschungsmittel. Traditionell erfolgreiche Zweige der Meeresaquakultur wie die Muschelwirt- schaft werden bundespolitisch nicht beachtet und sind nicht einmal Gegenstand der Ressortforschung. Darüber hinaus macht sich in allen Fischereisparten das Fehlen einer fischereibezogenen Forschung in Deutschland als Wettbewerbsnachteil bemerkbar. Ein weiterer Punkt betrifft die Angelfischerei. Diese bewirtschaftet mit über 1 Million Mitgliedern die über- wiegende Zahl der Binnengewässer in Deutschland. Un- sere Angler sind kompetente und zuverlässige Partner für den Schutz und die Pflege der aquatischen Lebens- r A t t t I D b u s g i s b i b b f D z n L T a k s w K w W e k w d V A w g e e u m i w s M k A W g r z s (C (D äume. Auch als Wirtschaftsfaktor ist die Bedeutung der ngelfischerei unübersehbar. Potenziale für den Angel- ourismus in Deutschland sind nicht zuletzt in den Küs- enländern noch entwicklungsfähig. Wo, frage ich Sie, auchen die Angler in Ihrem Papier auf? Sie spielen in hren Überlegungen offenbar keine Rolle. Im Gegenteil: ie Angelfischer werden von Gewässern in Schutzge- ieten in der Regel verdrängt. Das ist kontraproduktiv. Die Fischerei muss genügend freien Raum erhalten, m ihrem Gewerbe nachgehen zu können. Denn die Fi- cherei in Deutschland ist – vor allem für die Küstenre- ionen Nord- und Ostsee – von großer Bedeutung. Sie st in an Nordsee und Ostsee seit Jahrhunderten gewach- en. Generationen von Menschen haben diese harte Ar- eit im Einklang mit der Natur verrichtet. Die Fischerei st auch heute noch für die Wirtschaftskraft vieler Ge- iete sehr wesentlich. Sie bietet in vielen wirtschaftlich enachteiligten Küstengebieten Arbeitsplätze. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Zulie- erindustrie, auf Abnehmer und Verarbeiter und vor allen ingen auch auf den Tourismus. Die Fischerei gehört ur Landeskultur. Sie ist nicht Folklore, sie ist professio- ell, kompetent und bewegt sich im Umgang mit dem ebensmittel „Fisch“ auf höchstem Niveau. Auch die ouristen sind nicht an musealen Darbietungen, sondern n einer modernen, aktiven Fischereiwirtschaft in den leineren Fischereihäfen interessiert. Immerhin wird die wirtschaftliche Bedeutung der Fi- cherei für die Küstenregionen von Ihnen wenigstens er- ähnt. Aber was folgt für Sie daraus? Sie haben wenig onkretes vorzuweisen, das geeignet wäre, die Wettbe- erbsfähigkeit der deutschen Fischerei zu stärken. Immerhin haben Sie überhaupt eingeräumt, dass es ettbewerbsverzerrungen für die deutsche Fischerei im uropäischen Vergleich gibt. Ich gratuliere zu dieser Er- enntnis. Auch wenn Sie sich darüber ausschweigen, ie die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen sei, ist ies schon einmal ein Fortschritt. Von einem völligen erbot von Fischerei in FFH-Gebieten scheinen Sie auch bstand genommen zu haben. Na also, Sie können doch, enn Sie wollen! Wir nehmen dies allerdings mit einer ewissen Skepsis zur Kenntnis. Auch wir setzen uns für ine Nachhaltigkeit bei der Ressourcenbewirtschaftung in. Insoweit findet auch dieser Aspekt Ihres Antrages nsere Zustimmung. Ebenso wie das Bekenntnis zu ehr Kontrolle und Sanktionen in allen Mitgliedstaaten, mmerhin ein zarter Wink, wie ein Stück weit Wettbe- erbsfähigkeit wieder herzustellen sein könnte. Insgesamt aber ist Ihr Antrag eine einzige Enttäu- chung. Das ist nicht gut, noch nicht einmal gut gemeint! eine Damen und Herren von der Koalition, das war ein großer Fang. Die Seefischerei benötigt stabile, wettbewerbsfähige rbeitsplätze, damit die Küstenregion nicht weitere irtschaftskraft verliert und nur vom Tourismus abhän- ig ist. Wenn die deutsche Fischereiflotte durch eine estriktive Politik mehr oder weniger zur Aufgabe ge- wungen wird, entfallen diese Arbeitsplätze. Das wird ich jedoch mit Sicherheit nicht auf den Fischbestand 16868 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 (A) ) (B) ) auswirken. Die Fischereibetriebe der Nachbarstaaten wie Dänemark, Holland und Polen werden diese Lücke leicht ausfüllen können. Somit wird die Fischereipolitik nicht nur für die Fischer, sondern für alle Menschen in Küstenregionen zum Bumerang. Die deutschen Fischer haben von Ihnen ohnehin nichts Gutes zu erwarten. Das, was Sie hier heute vorgelegt haben, ist nur die Verwaltung des Niederganges. Tragfähige Zukunftsper- spektiven für unsere Fischerei haben Sie nicht. Oder um es mit dem Fischer zu sagen: „Manntje‘ Manntje, Timpe Te, Buttje’ Buttje in der See, Nicht mal die Frau Ilsebill Will, was Frau Renate will.“ Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem vorliegenden Antrag bekennt sich die rot-grüne Koalition zur Fischerei und zu den Arbeitsplätzen in der Fischereiwirtschaft. Wir bekennen uns zu einer wirt- schaftlich lebensfähigen Fischereiwirtschaft – von der Fischerei über die fischverarbeitende Industrie hin zum Fischhandel und zur Fischgastronomie. Eines muss den Akteuren dabei klar sein: Eine florie- rende Fischwirtschaft gibt es nur, wenn die Lebensräume der wirtschaftlich genutzten Arten vor schädlichen Ein- flüssen geschützt werden. Und nur eine bestandserhal- tende Fischerei sichert die Arbeitsplätze in Fischerei und Fisch verarbeitender Industrie. Aus diesem Grund setzen wir konsequent auf eine nachhaltige Fischereipolitik, die geleitet ist von der Grundüberzeugung, dass die Meeres- ressourcen nicht übernutzt werden dürfen. Tatsächlich aber ist ein Rückgang der Fehlbestände durch Meeresverschmutzung und Überfischung festzu- stellen. Es ist für alle neutralen Beobachter unfassbar, wie sich eine Branche selbst den Ast absägt, auf dem sie sitzt. Es ist kaum zu verstehen, warum die Fischerei- lobby in vielen EU-Mitgliedstaaten genau die Maßnah- men bekämpft, die den Erhalt der Fischbestände und damit der Lebensgrundlage für die Fischerei gewährleis- ten. Leider haben sie damit Erfolg: Die EU-Fischerei- politik weißt aufgrund des Agierens einiger pseudo- fischereifreundlicher Mitgliedstaaten nach wie vor er- hebliche Defizite auf. Mit unserem Antrag fordern wir eine deutlich stärkere Ausrichtung der EU-Fischereipolitik am Vorsorgeansatz und am Ökosystemansatz. Vorsorge heißt, die Fangmen- gen auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse recht- zeitig und vorsorglich niedrig anzusetzen. Die Beifänge von nicht genutzten Meerestieren sind zurzeit viel zu hoch. Wenn diese Tiere ins Meer zurück- geworfen werden, dann sind sie fast alle nicht mehr le- bensfähig. Wir sprechen uns daher für ein Verbot von Rückwürfen aus. Das heißt, dass alle Fische, die gefan- gen werden, zukünftig angelandet und auf die erlaubten Fangmengen angerechnet werden müssen. Um mög- lichst viel Fisch der Zielarten anlanden zu können, wird die Fischerei so ein Eigeninteresse an niedrigen Beifän- g s m g d V o m i m S D s r h n z d K b s w w d w e d g d s a g E e o r d d E s t t z d l t G S u z d a k t v (C (D en entwickeln. Außerdem erhalten wir dann eine bes- ere Datengrundlage, um zukünftig die erlaubten Fang- engen zuverlässiger festlegen zu können. Die EU-Fischereiflotte ist im Vergleich zu den be- renzten Fischbeständen viel zu groß. Deshalb bekommt ie EU das Problem der Überfischung auch mit strengen orschriften nicht in den Griff. Denn wenn die Schiffe ffiziell nicht mehr fischen dürfen, dann können sie im- er noch illegal fischen. Die Hinweise darauf, dass dies n erheblichem Umfang geschieht, verdichten sich. Wir üssen davon ausgehen, dass es illegale Fischerei und chwarzanlandungen in inakzeptablem Ausmaß gibt. aher brauchen wir sowohl effektivere Kontrollen und trengere Sanktionen als auch die deutliche Verkleine- ung der EU-Fischereiflotte. Die Regelungen, die die EU ier bisher beschlossen hat, reichen hinten und vorne icht aus. Wir brauchen weiterhin die Einrichtung von Schutz- onen und die Ausweitung von Schonzeiten, damit sich ie Fischbestände regenerieren können. Die rot-grüne oalition spricht sich daher für ein globales Schutzge- ietsnetz auf See aus. In den meisten Mitgliedstaaten ind noch keine marinen Natura-2000-Gebiete ausge- iesen. Die EU muss dafür sorgen, dass dies so schnell ie möglich nachgeholt wird. In Deutschland müssen in en ausgewiesenen Natura 2000-Gebieten zügig die not- endigen Maßnahmen zur Sicherung des Schutzstatus rgriffen werden. Konkret sind das die noch ausstehen- en Schutzgebietsverordnungen und Managementpläne. Und nicht zuletzt brauchen wir ein international gülti- es Verbot der Grundschleppnetzfischerei, das auch die ie internationalen Gewässer umfasst. Denn die Grund- chleppnetzfischerei zerstört den Lebensraum der Fische uf dem Meeresgrund total – nur um einmal Fisch fan- en zu können. Das ist alles andere als nachhaltig! Die U muss sich in den internationalen Gremien daher für in Verbot der Grundschleppnetzfischerei einsetzen – hne jede Einschränkung. Um die Ziele einer nachhaltigen Fischereipolitik er- eichen zu können, muss auch die bestehende Förderung er Fischerei angepasst werden. Dabei gilt es zum einen afür zu sorgen, den Einsatz der Fördermittel aus dem uropäischen Fonds für die Fischerei zukünftig aus- chließlich für die Entwicklung eines nachhaltig arbei- enden Fischereisektors einzusetzen. Nur noch Investi- ionen in tierschutz- und umweltgerechte Technik dürfen ukünftig förderfähig sein. Zum Zweiten ist im Einklang mit der Umorientierung er Förderpolitik im ländlichen Raum auf die integrierte ändliche Entwicklung auch bei der Förderung der Küs- enregionen und der Fischereiwirtschaft ein integrierter esamtansatz zu wählen. Dabei geht es darum, den trukturwandel in die Küstenregionen zu unterstützen nd den Fischern ein zweites wirtschaftliches Standbein u ermöglichen. Wer sich nicht mehr ausschließlich von en Erträgen aus dem Fischfang ernähren kann, braucht lternative Einkommens- und Beschäftigungsmöglich- eiten. Vielfach ist es der Tourismus, der diese Alterna- ive bietet. Aber auch die Verbesserung der Verarbeitung or Ort und die Entwicklung und Markteinführung neuer Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16869 (A) ) (B) ) Produkte können die Wertschöpfung in den Küstenregio- nen verbessern. Das zentrale strukturpolitische Instru- ment für diese integrierte Förderung ist das Integrierte Küstenzonenmanagement (IKZM). Fischerei und Fisch verarbeitende Industrie haben Zu- kunft, wenn die Politik die entsprechenden Rahmenbe- dingungen schafft und wenn die beteiligten Branchen die Spielregeln einhalten. Dazu gehört aber auch, dass die Arbeitnehmer in den Branchen eine gute, aktuelle Aus- bildung erhalten können. Nur eine auf den modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Ausbil- dung ermöglicht es, den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden. Und den Arbeitgebern sei ins Stammbuch geschrieben: Nur Mitarbeiter, die sich auf die Einhaltung der in Deutschland errungenen Sozial- standards verlassen können, sind motivierte Mitarbeiter. Und nur motivierte Mitarbeiter leisten auf Dauer Arbeit, die allen Qualitätsansprüchen genügt. Und die Qualität der Produkte und Leistungen wird in Zukunft zum ent- scheidenden Wettbewerbsvorteil werden. Wir Bündnisgrüne sind überzeugt, dass sich durch eine nachhaltige Bewirtschaftung nicht nur die Situation der Fischbestände verbessert, sondern auch die Situation der Fischerei. Daran sollte die deutsche und europäische Fischereipolitik gegen alle Widerstände weiterarbeiten. Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Die Koali- tionsfraktionen haben zum Ende der Legislaturperiode die vom Ministerium im Oktober 2003 veröffentlichten „Grundsätze einer neuen Fischereipolitik des BMVEL“ zu einem Antrag umgestrickt. Für die Entwicklung eige- ner Vorstellungen fehlten wohl Zeit und Lust. Der Antrag kann nicht verdecken, dass für die Regie- rung wie auch für die Koalitionsfraktionen die Fischerei nur eine nachrangige Bedeutung hat. Wichtige fischerei- politische Themen bleiben unerwähnt oder werden ober- flächlich behandelt. Das entspricht der Beobachtung, dass die Interessen der deutschen Fischer in Brüssel durch diese Bundesregierung schlecht vertreten werden. Es ist der Regierung nicht gelungen, die EU auf den Weg einer effizienten Durchführung einer kohärenten ge- meinsamen Fischereipolitik zu bringen. Diese ist erfor- derlich, um die Fischbestände gemeinsam nachhaltig zu bewirtschaften und der deutschen Fischereiwirtschaft mit den vor- und nachgelagerten Bereichen wirtschaftli- che Perspektiven zu eröffnen. Die Verfehlungen gegen EU-Recht sind nach den Be- richten der EU zahlreich, die Ahndung erfolgt in den einzelnen Ländern völlig unterschiedlich. Das ist für die Fischer völlig unbefriedigend. Immerhin ist mit dem Aufbau einer Fischereikontrollagentur durch die Kom- mission eine Verbesserung in Sicht. Das große Problem der Anpassung der Fischereiflot- ten an die Minderung der Fisch-Bestände in Nord- und Ostsee wird mit diesem Antrag nicht gelöst. Das Ziel der Wiederauffüllung der Kabeljaubestände ist wichtig und wird auch von der FDP unterstützt, aber die erforderli- chen Maßnahmen dürfen nicht einseitig die deutsche Fi- scherei belasten. Es muss darauf hingewirkt werden, d G t f m d A s E O d R u d f B g S r s W F F W s B t r b d d f m z S E A D s M d g V u (C (D ass sowohl der Verteilungsrahmen, in dem die zulässige esamtfangmenge auf die Länder verteilt wird – Rela- ive Stabilität –, erhalten bleibt und weiterhin der Bei- ang von Kabeljau in der Küstenfischerei auf Plattfische öglich ist. Der Abbau von Forschungskapazitäten im Bereich er Fischereiforschung ist dramatisch. Daher ist die im ntrag immer wieder erhobene Forderung nach Ent- cheidungen „auf der Grundlage wissenschaftlicher mpfehlungen“ bald nicht mehr erfüllbar. Für eine nachhaltig betriebene Fischerei in Nord- und stsee ist die Beendigung der Industriefischerei unab- ingbar. Die FDP hat dies mehrfach gefordert. Es ist der egierung nicht gelungen, sich in der EU durchzusetzen nd die noch immer in Nord- und Ostsee betriebene In- ustriefischerei zu beenden. Für die Fischerei in Deutschland ist auch die Binnen- ischerei von Bedeutung. Sie bleibt unerwähnt. Außer etrieben der Aquakultur gibt es in Deutschland eine re- ional unterschiedlich bedeutsame Teich-, Fluss- und eenfischerei. Die Umsetzung der EU-Wasserrahmen- ichtlinie verfolgt das Ziel, die Struktur der Fließgewäs- er naturnah zu gestalten. Dies ist von Bedeutung für die iederherstellung von Laichgewässern heimischer ischarten. Für verschiedene, auch fischereilich bedeutende ischarten gibt es Programme zu ihrem Schutz oder zur iederansiedlung, beispielsweise des Störs. Auf europäi- cher Ebene wird insbesondere die Stabilisierung der estände des europäischen Aals verfolgt. Die Problema- ik des Kormorans wird offensichtlich von den Regie- ungsfraktionen nicht erfasst. Der Artenschutz ist nicht etroffen, denn der Kormoran ist in Europa nicht gefähr- et. Durch die Politik der Bundesregierung ist dagegen er Fortbestand der schon stark zurückgegangenen Zahl ischereiwirtschaftlicher Betriebe in Gefahr. Die Über- otorisierung gerade der Niederländer in den Plattfisch- onen der Nordsee ist ein großes Problem, ebenso die chwarzanlandungen in Ostseehäfen durch die neuen U-Mitgliedsländer. Eine Lösung ist nicht in Sicht. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Mikrofinanzierung und Finanzsystementwicklung zur nachhaltigen Armutsbekämpfung und Mittelstandsförde- rung ausbauen (Tagesordnungspunkt 16) Karin Kortmann (SPD): Im Rahmen unserer letzten elegationsreise des entwicklungspolitischen Ausschus- es besuchten wir in Vietnam eine Bank zur Vergabe von ikrokrediten. Es war beeindruckend zu sehen, wie bei er regionalen Zusammenkunft die einzelnen Frauen- ruppen, die bereits Kredite erhalten haben, über ihre erwendung und Rückzahlung Rechenschaft ablegten nd mit welcher Verantwortung in den sieben- bis 16870 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 (A) ) (B) ) zehnköpfigen Frauengruppen über Neuvergaben ent- schieden wird: Bekommt Frau Jang einen Zuschuss, um endlich das Rind für das weitere Zuchtvorhaben kaufen zu können, erhält ihre Nachbarin das Geld, um den Schulbesuch für ihre Kinder finanzieren zu können, und unterstützt die Gruppe eine Bäuerin beim Aufbau einer kleinen Schweinezucht. Es wird geprüft, welche Möglichkeiten der Rückzah- lung gegeben sind. Bei Kreditzusage tritt die gesamte Gruppe in eine Bürgschaft ein, tritt wöchentlich zu Zins- rückzahlungsterminen zusammen und kann mit Efolg vermelden, dass es keine säumigen Kreditnehmerinnen gibt. Weltweit ist bei der Mikrofinanzierung eine 95-pro- zentige Rückzahlungsquote feststellbar. Es handelt sich um ein Erfolgsmodell, das seit vielen Jahren Schule macht. Die UN hat das Jahr 2005 zum Jahr des Mikrokredits erklärt und weist damit auf die große Bedeutung dieses Instruments in der Armutsbekämpfung hin. Circa 3 Mil- liarden Menschen müssen mit 2 US-Dollar pro Tag ihr Leben bestreiten. Sie brauchen Geld für Nahrung, Was- ser, Unterkunft, für Gesundheitsvorsorge und Bildung. Mit 2 Dollar sind sie aber bei keiner der herkömmlichen Banken kreditwürdig; Bürgschaften und Sicherheiten, die Banken einfordern, sind nicht vorhanden. Aruna Devi aus dem südindischen Dorf Kottupatti er- klärt: Früher kamen die Geldverleiher aus der Stadt mit Fahrrädern ins Dorf. Für einen Kredit verlangten sie 5 bis 10 Prozent Zinsen im Monat. Für uns war das die einzige Möglichkeit, an Geld zu kommen. Später kamen sie auf Motorrädern, denn sie wurden immer reicher und wir immer ärmer. Heute existieren in Indien mehr als 1 Million Selbst- hilfegruppen, die Mikrokredite vergeben. Mit rund 16 Millionen Mitgliedern, wovon die meisten Frauen sind, gehören sie mit zu den erfolgreichsten wirtschaftli- chen und sozialen Netzwerken – soziales Kapital, das so wichtig ist, um Entwicklung zu ermöglichen und zu steuern. Es hat sich bewährt, Frauen die Finanzverantwortung zu übertragen. Sie zahlen pünktlicher und zuverlässiger ihre Schulden zurück, tragen Sorge für ihre Familie und durch die Bürgschaft in der Gruppe auch für die anderen Teilnehmerinnen am Kreditprogramm. Durch die Kleinstkredite erhalten sie erstmals die Möglichkeit, sich selber eine Existenz aufzubauen und zum Einkommen der Familie beizutragen. Ihre soziale Stellung in der Fa- milie und in der Dorfgemeinschaft wird gestärkt. So gaben 60 Prozent aller Kreditnehmerinnen eines Projektes in Nepal an, dass dadurch das Bewusstsein der Bedeutung einer gleichberechtigten Behandlung von Töchtern gewachsen sei; 45 Prozent gaben an, Ehemann und Ehefrau würden besser zusammenarbeiten und das hätte entscheidend zu mehr Gleichberechtigung und Mit- verantwortung von Frauen beigetragen. Es sind kleine Kredite mit großer Wirkung! Die Bundesrepublik Deutschland hat sich als eines der ersten Geberländer der Förderung des Zugangs zu F m b B u s ü v K M A u w e d a d d b f d n t R B E c F s b M d d g t u b k s F w m g z F n n n m m n b (C (D inanzdienstleistungen über spezielle Banken für die Ar- en zugewandt und finanzielle und technische Hilfe eim Aufbau derartiger Finanzsituationen geleistet. Das undesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit nd Entwicklung unterstützt Mikrofinanzierung über die taatlichen Einrichtungen der KfW und der GTZ und ber den Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisen- erband und die Sparkassenstiftung. Studien belegen, dass dieses Geld gut angelegt ist: ommt es neben einem erhöhten Einkommen dank der ikrokredite zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur bfederung von Risiken und Ersparnisbildung, können nregelmäßige Einkommen und Ausgaben ausgeglichen erden und damit das knappe Haushaltsbudget besser ingesetzt werden. Es kommt damit nachweislich durch ie Mikrofinanzierung zu einer Armutsreduzierung, wie uch die Anhörung im AWZ im März dieses Jahres urch die Sachverständigen belegt hat. Die Sachverständigenanhörung hat deutlich gemacht, ass die Notwendigkeit einer staatlichen Regulierung zw. Schaffung rechtlicher Voraussetzungen für Mikro- inanzierung besteht. Ebenso wurde die Notwendigkeit er Bankenaufsicht betont. So ist ein Förderansatz der KfW die Stärkung von Fi- anz-NRO bzw. nicht lizensierten Mikrofinanzorganisa- ionen mit personeller Unterstützung, Eigenkapital und efinanzierung, sodass diese kleinen Institute eine anklizenz erhalten und dann in größerem Umfang zur rsparnismobilisierung beitragen können. Als erfolgrei- he Beispiele sind zu nennen: die Transformation der EFAD in die Pro-Credit-Bank in Albanien, die Unter- tützung der Mikrofinanzinstitution ACLEDA in Kam- odscha und die Stärkung der mongolischen Credit ongol in der Mongolei. In einigen Entwicklungs- und Transformationslän- ern kann bei den lokalen Geschäftsbanken Interesse an er Mikrofinanzierung geweckt werden und ist Interesse eweckt worden. Die Finanzielle Zusammenarbeit un- erstützt solche Institute mit Refinanzierungen in Lokal- nd Fremdwährung sowie personeller Unterstützung eim Aufbau eigener Mikrofinanzabteilungen oder Mi- rofinanzfilialen. Zur Weiterentwicklung fördert das BMZ intensiv For- chungen im Bereich der Mikrofinanzierung und der inanzentwicklung. Das betrifft Themen wie beispiels- eise Mikrofinanzierung und Informations- und Kom- unikationstechnologien, Mikroversicherungen, Kredit- arantieinstrumente und es geht um Forschungsarbeiten um Aufbau und zur Stärkung lokaler Finanzmärkte. Im vergangenen Jahr hat das BMZ das Sektorkonzept inanzsystementwicklung aktualisiert. Darin wird als in- ovatives Förderinstrument die Möglichkeit, Mikrofi- anzinstitutionen durch selbst verwaltete regionale oder ationale Fonds zu unterstützen, hervorgehoben. Ethisch otivierte private Investoren interessierten sich zuneh- end für Investitionen in privat und öffentlich getrage- en Mikrofinanzierungsfonds. Diese von EZ-Durchführungsorganisationen bzw. Ge- ern, NROs und Privatinvestoren getragenen Fonds Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16871 (A) ) (B) ) bieten lokalen Mikrofinanzinstituten vor allem Zugang zu dem für ein nachhaltiges Wachstum so bedeutsamen Eigenkapital. Dies gilt insbesondere für Länder, in denen der lokale Kapitalmarkt fehlt bzw. stark unterentwickelt ist. Lokale Mikrofinanzinstitutionen werden seit vielen Jahren über das BMZ als Vorbilder für die Entwicklung und Ausdifferenzierung des Finanzsektors gefördert. SEWA, CARD oder die Grameenbank sind zum Syno- nym für erfolgreiches Mikrokreditwesen geworden. Bei CARD hat sich im Auftrag des BMZ die Sparkassenstif- tung für internationale Kooperation über viele Jahre en- gagiert. Deren positive Erfahrungen aus den Philippinen werden heute in Vietnam angeboten. Der anfangs von mir erwähnte Projektbesuch in Vietnam wird von CARD und der Sparkasse in Essen unterstützt. Im Bereich deutscher nicht staatlicher Träger haben sich vor allem Institutionen hervorgetan, die mit dem deutschen Finanzsystem historisch verbunden sind: der Deutsche Genossenschafts- und Raiffeisenverband und die Sparkassenstiftung für internationale Kooperation. Kirchliche Hilfswerke und nicht kirchliche Nord-NROs sind, bis auf wenige Ausnahmen – Oikokredit –, nur be- grenzt aktiv. Die Professionalisierung von Mikrofinanzinstitutio- nen wird in dem zuvor erwähnten Finanzsektorkonzept des BMZ ausdrücklich als eines von vier identifizierba- ren Wegen zur Verbreitung und Vertiefung des lokalen Finanzsystems betont. Das so genannte „Upgrading“ von NROs in professionelle Mikrofinanzinstitutionen kam insbesondere in Lateinamerika und in Afrika zum Einsatz. Allerdings zeigte sich, dass nur eine begrenzte Anzahl von NROs in der Lage ist, in diesem Bereich tä- tig zu werden. Zu kritisieren ist die Ankündigung der EU vom Fe- bruar letzten Jahres, im Bereich der Mikrofinanzierung zukünftig keine Kreditlinien mehr zu unterstützen und sich stattdessen auf technische Beratung zu konzentrie- ren. Nach Protesten relativierte die Kommission bereits im vergangenen Jahr ihre Position und ist in einem inten- siven Dialog mit führenden NRO-Vertretern eingestie- gen. Wir unterstützen das und fordern, dass das Kriterium für die Wahl von Kooperationspartnern für EU-Pro- gramme in Zukunft nicht die Herkunft und absolute Größe der Organisation sein kann, sondern deren Fähig- keit, professionelle Beiträge zum nachhaltigen Ausbau von Finanzdienstleistungen für Arme, benachteiligte Be- völkerungsgruppen, Klein-, Kleinst- und mittlere Unter- nehmen zu leisten. Im Gegensatz zum CDU/CSU-Antrag sehen wir kei- nen Sinn darin, dass eine Förderung staatlicher und teil- staatlicher Mikrofinanzbanken grundsätzlich an kon- krete Zusagen der Regierung gekoppelt sein und der Finanzsektor insgesamt mit gesetzlichen Regelungen und Aufsichtsinstitutionen ausgebaut werden soll. Dies dürfte nur begrenzt wirksam sein, da weitere Geber be- reitstehen, die Erfolg versprechenden Institutionen auch ohne etwaige Regierungszusagen fördern. i t W F s d d S E s A s K S P I M d U d M t W z i h l g z d m c A z W g a E r m l E g E A m m t a l l T A (C (D Eine größere Hebelwirkung lässt sich dagegen über nternationale Programme, gegebenenfalls auch über un- er den Gebern vor Ort abgestimmte so genannte Sector ide Approaches erreichen, bei denen die Reform des inanzsektors in die Konditionalitäten aufgenommen ind. Vieles von dem, was die Union in ihrem Antrag for- ert, ist längst Praxis des BMZ. Ich freue mich darüber, ass das BMZ dem Mikrofinanzbereich diesen hohen tellenwert eingeräumt hat. Damit greift es auch die mpfehlungen aus der Enquete-Kommission „Globali- ierung“ und die gemeinsame Beschlussempfehlung des WZ aus der 13. Legislaturperiode auf. Ich möchte chließen mit einer Aussage des UN-Generalsekretärs ofi Anan: Mikrofinanzierung ist keine Wohltätigkeit. ie ist die Anerkennung, dass arme Menschen nicht das roblem, sondern die Lösung sind; ein Weg, auf ihren deen, ihrer Energie und ihren Visionen aufzubauen, eine öglichkeit, produktive Unternehmen zu schaffen und as Gemeinwesen zum Blühen zu bringen. Wenn sich nternehmen nicht entwickeln können, können die Län- er es auch nicht. Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU): Mit den illenniums-Entwicklungszielen der Vereinten Na- ionen haben sich die Staats- und Regierungschefs der elt die Aufgabe gestellt, die Armut auf der Welt bis um Jahr 2015 zu halbieren. Wie schwierig dieser Weg st, wissen wir alle. Das kann uns aber nicht davon ab- alten, ihn auch aufrichtig zu beschreiten. Der deutsche Beitrag zu den Millenniums-Entwick- ungszielen bleibt hinter den internationalen Erwartun- en und den Postulaten der Bundesregierung deutlich urück. Ich will den Fokus in der heutigen Debatte von er ewigen Standardausrede der Bundesregierung, dass an angesichts der beschränkten finanziellen Ressour- en nicht mehr machen könnte, zu der Frage des Wie der rmutsbekämpfung lenken. Wie füllen wir also den uns ur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraum aus? elche Ansätze und Instrumente stehen uns zur Verfü- ung und welche Entscheidungen treffen wir in Hinsicht uf deren Anwendung? Allein mit Blick auf die jüngsten Entscheidungen zur ntwicklungszusammenarbeit, die in der Bundesregie- ung gefällt worden sind, ist festzustellen: Wir haben es it Chaos und nicht mit Perspektive zu tun; es geht al- ein noch um Kosmetik und Beschwichtigung der in der ntwicklungszusammenarbeit Engagierten, die den rot- rünen Anspruch, das größere Herz für die Armen dieser rde zu haben, mittlerweile überwiegend nur noch als nmaßung empfinden. Das Ringen um einen zumindest arginalen Stellenwert des BMZ und der Entwicklungs- inisterin unter den anderen Ressorts und die Kompe- enzspielchen – jüngst mithilfe des Ankerländerkonzepts usgetragen – dürften uns immerhin aufgrund der aktuel- en politischen Entwicklungen bis zum Ende der Legis- atur weitgehend erspart bleiben. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion setzt diesem rauerspiel eine strukturierte Herangehensweise an die rmutsbekämpfung entgegen. Sie ist nicht vom 16872 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 (A) ) (B) ) Versteckspiel hinter den komplexen und langwierigen Mechanismen der internationalen Gemeinschaft gekenn- zeichnet. Sie setzt stattdessen auf den Gesamt-bezugs- rahmen der Armutsbekämpfung und der Entwicklung des politisch-ökonomischen Systems in den Ländern der Entwicklungszusammenarbeit. Daher haben wir im Frühjahr auch die Anhörung zu „Armutsbekämpfung durch nachhaltiges Finanzwesen und Mikrofinanzierung“ im Ausschuss für wirtschaftli- che Zusammenarbeit und Entwicklung initiiert, die be- stätigt hat, dass es notwendig ist, bei den politisch-öko- nomischen Rahmenbedingungen gemeinsam mit dem Instrument Mikrofinanzierung entwicklungspolitisch an- zusetzen. Warum eigentlich Mikrofinanzierung? Drei Milliarden Menschen haben nicht mehr als zwei Dollar am Tag, um zu überleben. Dürre, Überschwemmungen, Unfälle oder Krankheit bedrohen täglich ihre Existenz und lassen sie Gefahr laufen, das wenige, was sie haben, auch noch zu verlieren. Um sich aus der Armut zu be- freien und ihre Familien abzusichern, brauchen sie Geld, um zu investieren. Wer aber nur wenige Dollar am Tag verdient, bekommt üblicherweise keinen Kredit von ei- ner Bank. Denn selbst wenn ihre Einkommen ausrei- chend wären oder sie angemessene Sicherheiten bieten könnten, sind Kreditbeträge zwischen 5 und 10 000 Dol- lar für traditionelle Banken nicht attraktiv genug. Als einziger Ausweg bleiben häufig nur die örtlichen Geld- verleiher und Geldverleiherinnen mit ihren Wucherzin- sen. Der Kreislauf aus Armut, Verschuldung und noch mehr Armut kann somit kaum durchbrochen werden. Mikrofinanzierung bietet denjenigen Kredite an, die vom traditionellen Bankensektor vernachlässig werden. Dazu zählen etwa die Schneiderin in Thailand, die sich nun eine eigene Nähmaschine kaufen kann, der Bauer in Afrika, der den Kredit in eine Wasserzisterne investiert oder die Gemüseverkäuferin in Indien, die jetzt beim Großhändler eine größere Menge zu einem günstigeren Preis erwerben kann. Dadurch werden mehr Beschäfti- gungsmöglichkeiten geschaffen, zusätzliche Einkommen erzielt und eine breitenwirksame wirtschaftliche Ent- wicklung nachhaltig gefördert. Mikrofinanzierung kann aber noch mehr leisten. Durch einen einfacheren Zugang zu Bank- und Finanzdienstleistungen können Arme er- wirtschaftete kleine Beträge besser sparen, ihre Familien gegen Risiken versichern oder Geldüberweisungen von im Ausland lebenden Verwandten erhalten. Aus einer Untersuchung der Weltbank geht hervor, dass gerade extreme Armut durch Mikrofinanzierung sehr gut bekämpft werden kann und dass sich jährlich etwa 5 Prozent der an Mikrofinanzprogrammen beteilig- ten Haushalte aus der Armut befreien können. Aus Indo- nesien, Indien und Brasilien kennen wir hierfür beson- ders erfolgreiche Beispiele, darunter auch für die erfolgreiche Bekämpfung extremer Armut unter Frauen. Die Wohlfahrtswirkung von Mikrofinanzaktivitäten wirkt sich zudem auch auf den Kreis der nicht beteiligten Haushalte positiv aus – ein Aspekt, der gerade im Ver- gleich mit anderen Instrumenten der Entwicklungszu- sammenarbeit besonders zu begrüßen ist. d l t F w w t n D N a h a u B P v V b Z m k g F E d l s b m s w s a n m t m i P g d n F i i v J g d t b t e M d Z f (C (D Mikrofinanzierung ist aber auch deshalb ein beson- ers wichtiges und nachhaltiges Instrument der Entwick- ungszusammenarbeit, weil hierdurch lokale Finanzmit- el an unterschiedlichen Stellen, in unterschiedlichen ormen und durch unterschiedliche Akteure aktiviert erden. Mittlerweile sind so unterschiedliche Akteure ie Selbsthilfegruppen, Spar- und Kreditgenossenschaf- en, private und staatliche Banken, Nichtregierungsorga- isationen und Kirchen im Mikrofinanzbereich aktiv. ies ist nicht nur ein Ausweis der Tragfähigkeit und achhaltigkeit von Mikrofinanzaktivitäten, sondern uch für die Eigenständigkeit und das produktive Selbst- ilfepotenzial derjenigen, die diese Dienstleistungen be- nspruchen. Mikrofinanzierung ist Kleinunternehmer- nd Mittelstandsförderung und somit ein bedeutender eitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung in unseren artnerländern. Auch die Erweiterung des Spektrums on Dienstleistungen im Mikrofinanzbereich bis hin zu ersicherungen und der Aufbau eines Mikrofinanz-Ver- andswesens in einigen Ländern sind hier ein positives eichen. An diesem Punkt gilt es aber nicht stillzustehen. Viel- ehr muss zur Profilbildung der deutschen EZ im Mi- rofinanzbereich explizit die Förderung eines tragfähi- en Mikrofinanzwesens als integraler Bestandteil des inanzsystems in den entsprechenden Ländern gehören. ntsprechende Erfahrungen bringen wir hier ja von den eutschen kommunalen Sparkassen und genossenschaft- ichen Instituten mit, deren Dachverbände international chon eine erfreuliche Arbeit leisten. Es gilt hier, sich esonders bei der Entwicklung von informellen zu for- ellen Mikrofinanzinstitutionen zu engagieren, die wirt- chaftlichen Geschäftsprinzipien unterliegen. Denn auch enn die Zahl wirtschaftlich tragfähiger Mikrofinanzin- titutionen in den Ländern der Entwicklungszusammen- rbeit beträchtlich zugenommen hat, arbeiten weltweit ach wie vor viele Mikrofinanzeinrichtungen nicht kom- erziell, sondern werden privat oder öffentlich subven- ioniert. Was hier als Aufforderung an Unternehmen zu ehr Engagement im Mikrofinanzwesen zu verstehen st, bedeutet gleichzeitig aber auch, dass vonseiten der olitik geeignete ordnungspolitische Rahmenbedingun- en geschaffen werden müssen. Hierauf muss sich die eutsche EZ konzentrieren. Um den verstärkten Einsatz des Instruments Mikrofi- anzierung gemeinsam mit der Stärkung des formellen inanzsektors und der Entwicklung der Finanzsysteme n den entsprechenden Ländern zu erreichen, haben wir n unserem Antrag folgende Forderungen erarbeitet: das on den Vereinten Nationen ausgerufene internationale ahr der Mikrofinanzierung dazu zu nutzen, die Anstren- ungen zum Ausbau eines funktionierenden Finanz- ienstleistungssektors für ärmere Bevölkerungsschich- en in der Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen der ilateralen deutschen, der europäischen und der multila- eralen Entwicklungszusammenarbeit zu verstärken; auf uropäischer Ebene darauf hinzuwirken, dass im Bereich ikrofinanzierung tätige NRO wieder verstärkt Gelder er Europäischen Union (EU) erhalten können; zum wecke der Beteiligung am Eigenkapital und an der Re- inanzierung – auch durch Garantien – von Mikrofinanz- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16873 (A) ) (B) ) instituten die jährlichen Treuhandmittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau ohne Ausweitung des Gesamtplafonds zu verdoppeln; für seitens der KfW in Mikrofinanz-Ins- titute investierte Treuhand- oder Eigenmittel wohlwol- lend zu prüfen, ob auf Regierungsgarantien des Partner- landes dann verzichtet werden kann, wenn diese Mittel im Rahmen einer „Public-Private-Partnership, (PPP)“ investiert werden; in diesem Zusammenhang die Förde- rung staatlicher und teilstaatlicher Mikrofinanzbanken in den entsprechenden Ländern an konkrete Zusagen der Regierungen zu koppeln, den Finanzsektor insgesamt mit gesetzlichen Regelungen und Aufsichtsinstitutionen auszubauen; sich zur Stärkung des informellen Finanz- und Wirtschaftssektors bei den Regierungen der Partner- länder der Entwicklungszusammenarbeit stärker als bisher für die Schaffung bzw. Weiterentwicklung finanz- wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, vor allem gesetzlicher Grundlagen für Mikrofinanzinstitutionen und angepasster Regelwerke für unabhängige Zentral- banken einzusetzen; sich im internationalen Rahmen und gegenüber den Kooperationspartnern dafür einzusetzen, dass der Zugang zu Krediten nicht durch Zinsobergren- zen beschränkt oder durch Zinssubventionen untergra- ben wird; die Schaffung geeigneter internationaler und nationaler Rahmenbedingungen für ausländische Direkt- investitionen in den Entwicklungsländern voranzubrin- gen, damit diese Direktinvestitionen eine entwicklungs- fördernde Wirkung entfalten können; nach dem Vorbild der Hermes-Bürgschaften im Außenhandel auch Bun- des-Ausfallbürgschaften für politische Risiken bei In- vestitionen in Mikrofinanzinstitute zu übernehmen. Auf der internationalen Ebene wird der Mikrofinan- zierung großes Gewicht beigemessen, erinnert man sich etwa daran, dass die Vereinten Nationen 2005 zum Jahr der Mikrofinanzierung ausgerufen haben, um diesem In- strument den Auftrieb zu geben, den es verdient. Auch ein Teil unserer Kollegen im britischen Parlament hat bereits im vergangenen Jahr eine Aufforderung an den damaligen Weltbankpräsidenten Wolfensohn gerichtet, die Ausgaben von etwa 1 Prozent auf den doppelten An- teil an den Weltbankausgaben zu heben. Es geht darum, nun ein glaubwürdiges und wirksames Profil der Mikro- finanzierung durch die deutsche EZ herauszubilden. Lassen Sie uns das von der UN ausgegebene Internatio- nale Jahr der Mikrofinanzierung nutzen, um diesen wichtigen Beitrag zur direkten Armutsbekämpfung und zur Formung eines heimischen Mittelstandes in den Ent- wicklungsländern einen entscheidenden Schritt voran- bringen! Thilo Hoppe (BÜNDNIS/90 DIE GRÜNEN): Die große Bedeutung von Kleinkrediten zur Entwicklungsfi- nanzierung ist unbestritten. Vor allem für die Bevölke- rungsschichten, die keinen Zugang zu Banken haben, ja nicht mal über ein Bankkonto verfügen. Auch die Mikrofinanzierung von Klein- und Mittelbetrieben hat enorme Potenziale. Sie ist armutsmindernd, indem sie armen Menschen erlaubt ihr Einkommen zu erhöhen und neue Geschäfte aufzubauen. Über all dies besteht bei den Fachpolitikern aller Fraktionen kein Zweifel; dies hat auch unsere Anhörung z m b d J d S f a d g d b d t z c u M h k S W E b w s r l d A z a B B r z S u D d d z l s d k b g s m v f t m (C (D um Thema Anfang des Jahres ergeben. Nur ich frage ich, was dieser Antrag soll, wenn die Bundesregierung ereits Hervorragendes leistet und nicht erst seit Beginn es VN-Jahres der Mikrofinanzierung. Im laufenden ahr werden voraussichtlich über 110 Millionen Euro in iesem Bereich eingesetzt, mit jährlich zunehmenden teigerungsraten. Ich sehe keinen Anlass, einem über- lüssigen Antrag zuzustimmen, der darüber hinaus aber uch noch einige problematische Seiten hat, vor allem ie, die auf die Finanzsystementwicklung abzielen. Die Forderung nach Schaffung geeigneter Bedingun- en für ausländische Direktinvestitionen hat nichts mit er Mitfinanzierung im engeren Sinne zu tun. Es geht ei der Mikrofinanzierung ja vor allem darum, die Hin- ernisse zu überwinden, die durch Wucherzinsen priva- er Geldverleiher entstehen und das Fehlen des Zugangs u einer adäquaten institutionellen Finanzierung ausdrü- ken. Die Weiterentwicklung für Rahmenbedingungen von nabhängigen Zentralbanken ist ein weiteres Beispiel. üssen Zentralbanken generell und vollständig unab- ängig sein? Die Geschichte der britischen oder ameri- anischen Zentralbanken zeigt, dass es viele graduelle tufen von Einbindung in die staatliche Finanz- und irtschaftspolitik gibt, die sich auf die wirtschaftliche ntwicklung nicht negativ ausgewirkt hat. Die Bundes- ank oder die Europäische Zentralbank kann in ihrer eitgehenden Unabhängigkeit nicht Modell für alle die peziellen Bedürfnisse von Entwicklungsländern sein. Nicht nachvollziehbar für mich ist auch die Forde- ung nach einem Forschungsprogramm für die Entwick- ung des Finanzleistungssektors; hier scheint mir eine in- ividuelle Interessengruppe einen Spiegelstrich in diesen ntrag gebracht zu haben, der in vielen seiner Aussagen ur Mikrofinanzierung auf meine Zustimmung stößt, ber wie gesagt, leider vor allem das fordert, was die undesregierung bereits macht. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit hat im ereich der Mikrofinanzierung in den vergangenen Jah- en eine Menge geleistet. Das Thema ist für die finan- ielle Zusammenarbeit wichtig und auch für die TZ. Die parkassenstiftung und der Deutsche Genossenschafts- nd Raiffeisenverband sind auf diesem Gebiet aktiv. arüber hinaus gibt es eine große Zahl von revolvieren- en Fonds, die von NROs und Kirchen unterstützt wer- en. Die Zusagen für laufende Projekte erreichten zur- eit 400 Millionen Euro. Mikrokredite sind für das Kleingewerbe in Entwick- ungsländer dort besonders wichtig, wo sie arme Men- chen erreichen. International wird davon ausgegangen, ass im vergangenen Jahr 60 Millionen Arme mit Klein- rediten arbeiteten. Insbesondere im ländlichen Raum estehen aber noch viele Defizite, hier gilt es noch eine anze Menge in den Aufbau von Mikrofinanzierungs- ystemen zu investieren. Vor allem der Zugang von ar- en Frauen, die kein Land besitzen, sollte noch gezielter erfolgt werden. Es gibt weltweit vielversprechende Er- ahrungen mit der Finanzierung von Frauen als Kleinun- ernehmerinnen. Sie sind exzellente Kreditnehmerinnen it hervorragenden Rückzahlungsquoten. 16874 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 (A) ) (B) ) Die Mikrofinanzierung leistet einen wichtigen Bei- trag zur Erreichung der Millenniumsziele, weil sie das Vertrauen der Menschen in die eigenen Ersparnisse för- dert und wichtige Wachstumsimpulse setzt. Die Grenzen der Mikrofinanzierung sind aber auch stark von den Ma- krobedingungen von Wirtschaft und Finanzen vorbe- stimmt. Wenn die Verschuldung eines Landes hoch ist und die realen Zinssätze bei 30 Prozent liegen, dann wird die Kreditaufnahme in einem Land immer sehr be- schränkt bleiben. Die Mikrofinanzierung kann dann keine Abhilfe schaffen. Nur Entschuldung, zusätzliche Entwicklungsfinanzierung und Veränderung auf der Ebene von Handel und Finanzbeziehungen können die- sen Ländern und den Menschen, die in ihnen leben, aus der Patsche helfen. Deshalb plädiere ich auch hier noch mal ausdrücklich, von dem einfachen Argumentations- muster abzugehen und Mikrofinanzierung gegen zusätz- liche ODA-Mittel oder Entschuldung auszuspielen. Nur wenn wir an all diesen Fronten vorankommen, haben wir eine Chance, erfolgreich Entwicklung zu befördern. Markus Löning (FDP): Es freut mich, dass wir noch einmal die Chance haben, auf so ein wichtiges entwick- lungspolitisches Instrument wie die Mikrofinanzen ein- zugehen. Sehr geehrter Herr Weiß, ich weiß, wie viel Herzblut in Ihrem Antrag steckt. Er enthält auch vieles, was die FDP unterstützt; allerdings gehen einige der Forderun- gen in die falsche Richtung. Man muss auch die Grenzen eines entwicklungspolitischen Instrumentes sehen und darf es nicht überstrapazieren. Mikrofinanzsysteme sind letztlich nur erfolgreich, wenn sie privat initiiert und ge- tragen werden und wenn sie innerhalb einer gewissen Frist aus eigener Kraft Gewinne erwirtschaften. Nur dann können sie langfristig bestehen. Die staatliche Ein- mischung muss sich auf die Bereitstellung von Mitteln für den Start und auf die Beratung bei der Professionali- sierung von Strukturen beschränken. Die FDP-Bundestagsfraktion sieht in richtig konzi- pierten Mikrofinanzprogrammen ein hervorragendes marktwirtschaftliches Instrument zur Unterstützung von Entwicklung. Man muss allerdings die Entwicklungsge- schichte zur Kenntnis nehmen und einen ordnungspoli- tisch sauberen, privaten Ansatz unterstützen, wenn sie erfolgreich sein sollen. Erstens. Der Aufbau von Mikrofinanzprogrammen ist eine Reaktion auf ein ordnungspolitisches Defizit. Viele Entwicklungsländer haben den Finanzsektor entweder komplett verstaatlicht, wie zum Beispiel China, Indien oder Bangladesch, oder mit vielfaltigen Regulierungen überzogen und liberalisieren diesen nur zögerlich. Das hat dazu geführt, dass sich kleine dezentrale Banken nicht entwickeln konnten. Die verstaatlichten Banken hatten den perversen Effekt, dass sie Ersparnisse aus dem ländlichen Raum eingesammelt haben – etwa über Postbanken –; diese Mittel wurden aber gemäß politisch determinierten staatlichen Prioritäten ausgegeben. Das war nicht immer unbeabsichtigt. Sozialistische Entwick- lungstheorien forderten genau diese Abschöpfung ländli- chen Kapitals zur staatlichen Finanzierung einer forcier- t z s n s s f A d G d G b t n r n s f p g g A w e M m d S h s s R s l g e R r t A l k f t d s u m (C (D en Industrialisierung. Die Praxis hielt leider an, als die ugrunde liegende Theorie längst diskreditiert war; denn ie bot ein unübertroffenes Alimentierungs- und Patro- ageinstrument. So müssen staatliche Banken weiterhin taatliche Industrien alimentieren, die längst konkursreif ind, und sie werden zur Kreditvergabe an politisch ein- lussreiche Gruppen wie Großbauern gezwungen. Die rmen bleiben dabei auf der Strecke. Es ist kein Zufall, ass die Mutter der Mikrofinanzinstitutionen, die rameen-Bank, in Bangladesch entwickelt wurde, als er gesamte Finanzsektor in staatlicher Hand war. Die rameen-Bank war die erste Bank mit privater Kapital- eteiligung, die zugelassen wurde, und hat eine Vorrei- errolle in der Liberalisierung des Finanzsektors gespielt. Zweitens. Der Antrag der CDU/CSU ist leider ord- ungspolitisch nicht sauber konzipiert. Er unterstützt echt undifferenziert die Förderung staatlicher Mikrofi- anzprogramme. Diese sind aber sehr oft deutlich chlechter als NRO-Programme oder private Mikro- inanzinstitutionen. Sie werden in vielen Ländern als olitisches Patronageinstrument genutzt, bürokratisch eführt und sind von einem hohem Maß an Korruption ekennzeichnet. Dies gilt insbesondere für staatliche grarbanken. Diese sollten nur dann gefördert werden, enn ihre Autonomie erwiesenermaßen gesichert ist, sie ine privatwirtschaftliche Rechtsform haben und die itarbeiter nicht aus der staatlichen Bürokratie stam- en. Das Finanzwesen ist seiner Natur nach ein Bereich, er zu den Kernaufgaben des Privatsektors im weiteren inn, also inklusive NROen, Genossenschaften etc., ge- ört. Hier hat der Staat nur in Ausnahmefällen etwas zu uchen und bei der Förderung des Mikrofinanzwesens ollten das Setzen angemessener ordnungspolitischer ahmenbedingungen sowie die Förderung privater An- ätze im weiteren Sinne im Vordergrund stehen. Staat- iche Kreditprogramme sollten dagegen höchstens in be- ründeten Ausnahmefällen gefördert werden. Es ist mit diesem Antrag wie oft bei der CDU/CSU: ine ganze Reihe guter Ideen, die aber in keine klare ichtung weisen. Es bedarf einer ordnungspolitisch kla- en, liberalen Hand, damit die guten Ideen Kurs in Rich- ung Erfolg nehmen können. nlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Chance zum demo- kratischen Neubeginn in Haiti unterstützen (Ta- gesordnungspunkt 18) Dr. Sascha Raabe (SPD): „Deye mon, gen mon“, so autet ein haitianisches Sprichwort: „Wenn ein Berg er- lommen ist, wartet dahinter schon der nächste“. Ich inde, dass mit diesem Sprichwort die Stimmung in Haiti reffend beschrieben wird. Die Frauen und Männer, Kin- er und Alte auf Haiti sind nach immerwährenden politi- chen und sozialen Unruhen geprägt von Pessimismus nd Hoffnungslosigkeit. Sie sehen sich vor hohen, im- ensen, unbesteigbaren Konfliktbergen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16875 (A) ) (B) ) Diesem Zitat möchte ich aber an dieser Stelle gerne hinzufügen, dass sich Berge leichter gemeinsam bestei- gen lassen. Mit unserer gemeinsamen, interfraktionellen Beschlussempfehlung möchten wir den Menschen in Haiti zeigen, dass sie nicht alleine sind. Wir als Bundes- tagsabgeordnete im fernen Deutschland können die Gip- fel sehen, die es zu bewältigen gilt. Denn wir wissen, wie hoch sie sind. Rein geographisch hat das karibische Land keine so hohen Berge. Auch stellt man sich unter einer Karibik- insel normalerweise ein Touristenparadies vor – blaues Wasser, weiße Strande, exotische Früchte. Doch leider sieht die Wirklichkeit auf Haiti ganz anders aus. Seit Fe- bruar 2004 reißt die Welle der Gewalt in Haiti nicht ab. Die Übergangsregierung von Latortue hat den ersehnten Frieden nicht herbeigebracht. Noch immer liefern sich Anhänger des vertriebenen Präsidenten Aristide mit Polizisten, Rebellen und UN-Streitkräften Gefechte. Der Interimspräsident steht zwischen den Fronten. Auf der einen Seite fordern die Anhänger Aristides die Rückkehr des früheren Präsidenten. Auf der anderen Seite steht die Rebellengruppierung, die den Sturz Aristides hervorge- rufen hat. Die Mehrzahl der Haitianer lebt in Elend und bitterer, chronischer Armut. Laut UNDP-Daten lebt mehr als die Hälfte der Bevölkerung in extremer Armut. Die Ent- wicklungsindikatoren für Bildung, Gesundheit und Wirt- schaft haben sich in den letzten Jahren weiterhin ver- schlechtert: Von den acht Millionen Einwohnern ist fast ein Drittel unterernährt. Und sechs Prozent der Bevölke- rung sind mit dem HIV-Virus infiziert. Im Jahr 2015 werden es bei gleich bleibenden Bedingungen circa 10 Prozent sein. Fast ein Viertel der Kinder im Alter von sechs bis neun Jahren besuchen keine Schule. Während der lateinamerikanische Kontinent mit samt seinen Karibikstaaten im Jahr 2004 ein Wirtschafts- wachstum aufweisen konnte, ist hiervon auf der Halbin- sel nichts zu spüren. In ihrem letzten Jahresbericht be- richtet die Wirtschaftskommission der UN für Lateinamerika von einem durchschnittlichen Wachstum von 5,5 Prozent in Lateinamerika und Karibik. Das ist der höchste Wachstumswert der Region der letzten 25 Jahren. Diese gute Nachricht betrifft aber leider nicht Haiti. Im Gegenteil, Haiti hat eine rückläufige Wachs- tumsrate von 0,9 Prozent für das Jahr 2004 zu verzeich- nen. Vor diesem Hintergrund freue ich mich, dass es uns gelungen ist, eine parteiübergreifende Beschlussempfeh- lung zu finden. Grundtenor des Antrages ist es, ein deut- liches Zeichen zu setzen. Als deutsches Parlament möchten wir zeigen, dass uns die Zukunft Haitis wichtig ist und wir der Gewalt- und Armutsspirale ein Ende set- zen möchten. Konkrete Schritte sind schon unternommen worden. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit wurde trotz der schwierigen Rahmenbedingungen in Haiti fortge- führt. Allein im Krisenjahr 2004 hat das Bundesministe- rium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- lung 1,71 Millionen Euro an entwicklungsorientierter Nothilfe/Wiederaufbau bereitgestellt. v P s h ü f 2 h d r w g M M f d W m V s d p L e s s v v a P r t p g t h H p K G R u w n b C z i i w h e w (C (D Darüber hinaus ist das haitianische Land Empfänger on regionalen Vorhaben wie beispielsweise HIV/Aids- rävention in der Karibik mit 6 Millionen Euro und De- ertifikationsbekämpfung mit 1 Million Euro. Ergänzend ierzu sind auf multilateraler Ebene von deutscher Seite ber 11 Millionen Euro bereitgestellt worden. Zusätzlich ördert das BMZ nichtstaatliche Organisationen in etwa 0 Vorhaben, hauptsächlich in den Bereichen Gesund- eit, Grundbildung, Ernährungssicherung und Berufsbil- ung. Am Beispiel Haitis wird deutlich, dass die lateiname- ikanischen Staaten eigenständig und verantwortungsbe- usst ihre Probleme in der Region lösen wollen. Seit enau einem Jahr befindet sich die UN-Mission INUSTAH unter brasilianischer Führung im Land. Ihr andat sieht vor, die Übergangsregierung bei der Schaf- ung von Sicherheit zu unterstützen, aber insbesondere ie friedlichen Rahmenbedingungen für die anstehende ahl im November dieses Jahres zu schaffen. Brasiliens Rolle als zukünftige regionale Führungs- acht ist mit dem Gelingen dieser Mission verknüpft. on den 34 Ländern, die sich an der Mission beteiligen, ind sieben aus Lateinamerika. Diese UN-Mission kann en Beginn einer multilateral organisierten sicherheits- olitischen Zusammenarbeit der lateinamerikanischen änder markieren. Denn hier nehmen sich diese Länder igenverantwortlich einer Staatskrise in der Region an. Doch bis zu den geplanten Wahlen im November die- es Jahres ist es noch ein langer, steiler Weg. Beobachter ehen nur wenige Anzeichen der Besserung und warnen or einer Verschlechterung. Die neuesten Meldungen on heute dokumentieren weiterhin Mord und Totschlag uf der Insel. So ist der französische Honorarkonsul, aul-Henri Mourral, gestern Nacht an den Folgen meh- erer Schusswunden in der Hauptstadt gestorben. Wei- ere Schreckenszenarien werden von Landesexperten rognostiziert. Das Haupthindernis stellt zurzeit die Entwaffnung der ewaltbereiten Gruppierungen dar. Nachdem sich ges- ern der Einsatz auf Haiti gejährt hat, ist er vom Sicher- eitsrat der Vereinten Nationen verlängert worden. In aiti geht es erst einmal darum, praktische sicherheits- olitische Probleme zu lösen. Dabei müssen strukturelle onfliktursachen überwunden werden. Erst auf dieser rundlage werden andere Ziele wie Demokratisierung, echstaatlichkeit und Entwicklung – zu erreichen sein. Unser Antrag möchte einen Beitrag zur friedlichen nd demokratischen Entwicklung Haitis leisten. Wir ünschen den Haitianern, dass sie eines Tages von ei- em Berggipfel aus wieder optimistisch in die Zukunft licken können. Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU): Seit die DU/CSU-Bundestagsfraktion den Antrag „Chance um demokratischen Neubeginn in Haiti unterstützen“ m März 2004 erstmals eingebracht hatte, hat sich in Ha- ti einiges ereignet. Das Land droht nach wie vor noch eiter ins Chaos abzugleiten. Eine echte Entwicklung in zur demokratischen Stabilisierung hat noch nicht ingesetzt. Tatsächlich hat sich die Lage teilweise sogar eiter zugespitzt. 16876 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 (A) ) (B) ) Der Hurrikan „Jeanne“ hat im September 2004 etwa 2 000 Todesopfer gefordert und Zehntausende Men- schen obdachlos gemacht. Die humanitäre Situation in Haiti hat sich als Folge des Hurrikans noch einmal ver- schlechtert und die Bemühungen zur Stabilisierung der Versorgung der Haitianer und zur infrastrukturellen Ent- wicklung zurückgeworfen. Nach der Eskalation der poli- tischen Krise im März 2004 konnte die Lage trotz der Anwesenheit der UN-Friedenstruppe MINUSTAH und der Bildung einer Übergangsregierung nicht stabilisiert werden. Gewalt und Bandenterror haben seitdem zuge- nommen. Immer wieder kommt es zu bewaffneten Aus- einandersetzungen zwischen Aristide-Anhängern und der haitianischen Polizei bzw. der internationalen Schutztruppe und zu Schießereien zwischen kriminellen Banden. Das Auswärtige Amt befürchtet die Zunahme gewaltsamer Aktionen im Vorfeld der Kommunal-, Prä- sidentschafts- und Parlamentswahlen, die im Oktober und November dieses Jahres stattfinden sollen. Heute mussten wir in der Presse lesen, dass der fran- zösische Honorarkonsul der Stadt Cap-Haitien, Paul- Henri Mourral, in Port-au-Prince auf offener Straße nie- dergeschossen wurde und später seinen Verletzungen er- legen ist. Am selben Tag wurden in Port-au-Prince ein Kommissariat und ein Markt von Bewaffneten angegrif- fen. Dies alles verdeutlicht uns, wie notwendig es ist, das Land bei der demokratischen Stabilisierung zu unterstüt- zen. Der dieser Debatte zugrunde liegende Antrag wurde im März vergangenen Jahres durch die CDU/CSU-Bun- destagsfraktion in das parlamentarische Verfahren einge- bracht, weil dem Verfall Haitis nicht länger zugesehen werden konnte und das Land dringend vom Rand der Wahrnehmung durch die Weltgemeinschaft ins aktuelle politische Bewusstsein und Handeln gebracht werden muss. Ich freue mich, dass aus der Initiative der Union nach anfänglichen Widerständen und längeren Verhand- lungen nun eine gemeinsame Beschlussempfehlung der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und Grünen geworden ist. Der Bundestag setzt damit ein unmissverständliches Zeichen und formuliert klare Anforderungen an die Bun- desregierung. Angesichts der Schwierigkeiten bei der innenpoliti- schen Stabilisierung Haitis dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass die Situation auch nach außen schwierige Probleme mit sich bringt: Haiti gewinnt als internatio- naler Drogenumschlagplatz an Bedeutung, und das De- stabilisierungspotenzial, das von Haiti für die Region, insbesondere für die Dominikanische Republik ausgehen kann, muss eingegrenzt werden. Solange die Arbeit der humanitären Hilfsorganisatio- nen in Haiti besonders wegen der Verschärfung der Si- cherheitslage nur unter schweren Bedingungen möglich ist und auch das im Rahmen der internationalen Geber- konferenz für Haiti im Juni 2004 zugesagte Geld nicht abfließen kann, müssen sich die haitianische Regierung und die Geber in die Pflicht nehmen lassen, ihr Engage- ment für die Unterstützung der haitianischen Bevölke- rung deutlich zu erhöhen. n d v p s s u n M i d t Ü d E s i s d M s k m b t U a l f c B c d s d d W s d e K l W s U S V d d 2 e u E u L (C (D Die haitianische Übergangsregierung muss durch ei- en nationalen Koordinierungsplan, der insbesondere für en Bereich Landwirtschaft klare Planungen und Ziele erdeutlichen muss, und durch die Überwindung der Ka- azitätsengpässe bei der Mittelabfrage beweisen, dass ie alle Möglichkeiten der Unterstützung zur Stabili- ierung des Landes nutzt. Dazu gehören auch ein in nserem Antrag gefordertes umfangreiches Entwaff- ungsprogramm und die Einhaltung der Bürger- und enschenrechte. Nach Aussage von Hilfsorganisationen st es gerade die Verschärfung der Sicherheitslage, die ie Projektdurchführung auf dem Land, aber auch die Si- uation in den Städten ganz drastisch erschwert hat. Die bergangsregierung zeigt hier zu wenig Engagement für ie Verbesserung der Arbeitsbedingungen der vor Ort ngagierten und der allgemeinen humanitären Lage. Trotz der im Juli vergangenen Jahres gemachten Zu- agen der internationalen Geberkonferenz für Haiti ist nsgesamt noch nicht genug Wille zu erkennen, die Zu- agen auch einzuhalten. Dieses Problem leistet nicht nur enjenigen Vorschub, die aus eigenen durchsichtigen otiven ein internationales Engagement für die Stabili- ierung Haitis ablehnen und verhindern wollen, sondern ann auch die Glaubwürdigkeit der Internationalen Ge- einschaft in Hinsicht auf humanitäre Hilfe untergra- en. Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass rotz der aufwendigen Verfahren bei der Europäischen nion die bereits bewilligten Mittel für Haiti schneller bfließen. Zudem muss sie über die derzeitige Bereitstel- ung von Mitteln für die humanitäre Hilfe hinaus auch ür die längerfristige Zusammenarbeit eine entspre- hende Vorgehensweise entwickeln. Die CDU/CSU- undestagsfraktion hatte deshalb in ihrem ursprüngli- hen Antrag gefordert, dass Haiti wieder in die Gruppe er Kooperationsländer der deutschen Entwicklungszu- ammenarbeit aufgenommen wird, anstatt es ganz aus er deutschen Entwicklungszusammenarbeit auszuson- ern. Dieser Vorschlag war leider nicht mehrheitsfähig. ir fordern mit dem Antrag in der Fassung der gemein- amen Beschlussempfehlung zumindest, dass die Bun- esregierung nach einer demokratischen Konsolidierung ine längerfristige Zusammenarbeit mit Haiti anstrebt. Ebenso sind durch die Bundesregierung bei der EU- ommission Vorbereitungen für die Aufnahme der regu- ären Zusammenarbeit nach demokratisch legitimierten ahlen anzumahnen. Für das Erreichen einer demokrati- chen Stabilisierung Haitis ist es zudem wichtig, dass die N-Friedenstruppe auch tatsächlich in der vorgesehenen tärke in Haiti tätig sein kann. In diesem Jahr wird bei einer Sonderversammlung der ereinten Nationen im September eine erste Bilanz auf em Weg zur Umsetzung der Millenniumsziele erfolgen, ie eine Halbierung der extremen Armut bis zum Jahr 015 versprechen. Diese großartige internationale Ver- inbarung kann nach den jetzt vorliegenden Berichten nd Analysen aber nur verwirklicht werden, wenn die ntwicklungsländer ihre internen Strukturen reformieren nd stärken und wenn zudem gerade auch die ärmsten änder deutliche Entwicklungsfortschritte machen. Haiti Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16877 (A) ) (B) ) ist eines der ärmsten Länder Lateinamerikas. Es ist ein trauriges Beispiel, dass durch lang anhaltende politische Instabilität die Armut noch vergrößert wird. Wenn wir die Millenniumsziele ernst nehmen, ist Haiti auch ein Thema für uns, die wir diese Ziele mit unterschrieben haben. Mit Blick auf die Verpflichtungen aus den Millenniumszielen verdient auch Haiti unsere besondere Solidarität. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Lage in Haiti ist dramatisch und besorgniser- regend. Ich war noch nicht in Haiti, aber vor einiger Zeit in der Dominikanischen Republik auf derselben Insel. Die politische und soziale Lage in der Dominikanischen Republik ist im Vergleich zu Haiti stabil und die Men- schen scheinen geradezu wohlhabend zu sein, obwohl auch dieses Land noch längst nicht ausreichend entwi- ckelt ist. Das größte Problem der Bevölkerung in Haiti ist die allgegenwärtige Gewalt. Die Situation nach dem Hurri- cane Jeanne war katastrophal. Der Sturm forderte 2 000 Todesopfer und ließ Zehntausende obdachlos wer- den. Für kurze Zeit war das Land in den Schlagzeilen. Das Entsetzen war groß. Inzwischen ist das Leid der Be- völkerung aus den Schlagzeilen und der internationalen öffentlichen Aufmerksamkeit fast völlig verschwunden. Seit Jahren wird die Bevölkerung terrorisiert von Ban- den und Gangs, von Regierungsbefürwortern und Regie- rungsgegnern. Berichte über Folter, Entführungen und Vergewaltigungen durch die Polizei bzw. das Ex-Militär zeigen, dass die Bevölkerung hier auch kaum Schutz fin- det. Der letzte Jahresbericht von Amnesty International beklagt ausführlich das korrupte Justizsystem und die exzessive Polizeigewalt. Sogar die VN-Mission MINUSTAH, die seit dem 1. April 2004 helfen soll, Haiti zu stabilisieren, ist Vor- würfen ausgesetzt, Vergewaltigungen und Folter zu be- gehen. Die genaue Untersuchung dieser Vorwürfe gegen die UN-Mission ist notwendig, auch wenn dies Aufwand und Geld kostet. Der Ruf der Vereinten Nationen steht auf dem Spiel. Die UN müssen in Haiti – übrigens ebenso auch im Kongo – Untersuchungen durchführen und Konsequenzen ziehen. Sonst wird das Vertrauen in VN-Missionen langfristig erschüttert und die UN wer- den beschädigt. Besonders verwerflich ist, dass die katastrophale hu- manitäre und soziale Situation der Bevölkerung auch ökonomisch ausgenutzt wird. Die Mütter der Plaza de Mayo, die im Auftrag des VN-Sicherheitsrates die Situa- tion in den steuerfreien Gewerbezonen, besonders den Häfen, untersuchten, beschrieben die Arbeitszustände „sklavereiähnlich“. Die USA haben diese Regionen wie- derholt als ihren Hinterhof bezeichnet, und beansprucht, dass sie ihre Vorstellung von Ordnung dort durchsetzen. Aber in Haiti haben sie immer wieder eine unrühmliche Rolle gespielt, wie auch die Entwicklung des Präsiden- ten Aristide zeigt. Auf ihn hatte die Bevölkerung und die internationale Gemeinschaft zunächst große Hoffnungen gesetzt. Sie wurde bitter enttäuscht. Die USA tragen für diese Entwicklung Mitverantwortung, bis zuletzt, bis zu s s w a t f l S w s d s a e a h m m l F p L l W I a w K k d z d c l Z F r G b n M J t H a A t g H A o I s h (C (D einem „freiwilligen“ Absetzen ins Ausland. Deshalb ollte die Rolle der CARICOM und der OAS, die ebenso ie die EU die anstehenden Wahlen im November beob- chten werden, gestärkt werden. Der vorliegende Antrag benennt die katastrophale Si- uation in Haiti zutreffend. Im Antrag wird zu Recht ge- ordert, dass wir trotz der massiven Schwierigkeiten al- es tun sollten, um der Bevölkerung zu helfen. Die ituation des totalen Zerfalls darf kein Dauerzustand erden. Der Antrag geht dahin, den entwicklungspoliti- chen Faden nicht abreißen zu lassen, nicht trotz, son- ern gerade wegen der verheerenden Lage. Diese Inten- ion unterstützen wir. Diese Frage stellt sich auch in nderen Regionen für andere Staaten. Ist es richtig, mit iner Einstellung von Entwicklungsaktivitäten Druck uszuüben? Aber gegen wen? Wir würden nur die ohne- in leidende Bevölkerung treffen. Oder erreichen wir ehr mit der Fortsetzung bzw. in diesem Fall mit einer öglichst frühen Wiederaufnahme von entwicklungspo- itischer Aktivität zugunsten der Bevölkerung? Die rage kann nicht immer gleich beantwortet werden. In Haiti jedenfalls erreicht der Entzug entwicklungs- olitischer Aktivitäten de facto keine Verbesserung der age. Umgekehrt aber wird die Bevölkerung allein ge- assen. In Folge des totalen Zerfalles ist es bereits zum orst Case gekommen. Weder die Regierung noch eine nstitution ist auszumachen, auf die wir überhaupt Druck usüben könnten. Ich unterstütze deshalb den Antrag. Es ürde keinen Sinn machen, wegen parteipolitischer onkurrenz zu blockieren. In der Entwicklungspolitik ommt es immer mal wieder angesichts des Elends, mit em wir in vielen Gegenden der Welt konfrontiert sind, u übereinstimmenden Einschätzungen und Forderungen er Parteien. Der Antrag zu Haiti betrifft einen entspre- henden Fall. Deshalb ist es erfreulich, dass die Fachpo- itiker aller Parteien des Ausschusses für wirtschaftliche usammenarbeit übereinstimmend dafür plädieren, im alle Haitis ohne Vorbehalte so früh wie möglich und ealistisch umsetzbar aktiv zu werden. Bündnis 90/Die rünen stimmen dem Antrag zu. Dr. Karl Addicks (FDP): Seit September 2004 ha- en mindestens 400 Menschen bei gewaltsamen Ausei- andersetzungen zwischen Polizei, Rebellen und Ex- ilitärs in Haiti ihr Leben verloren – seit März diesen ahres gehören nun auch zwei UN-Soldaten zu dieser raurigen Bilanz. Es steht zweifelsfrei fest: Die Lage in aiti ist außer Kontrolle geraten. Das Land droht in An- rchie zu versinken. Nachdem Jean-Bertrand Aristide nach wochenlangen ufständen und vielen Todesopfern Ende Februar letz- en Jahres gestürzt worden ist, versucht nun die Über- angsregierung unter Premierminister Gerard Latortue, err der Lage zu werden, während Herr Aristide im usland die Fäden des gewaltsamen Aufstandes in Haiti rganisiert. Seit Anfang Juni 2004 sollte Haiti und die nterimsregierung Unterstützung von 6 700 Blauhelm- oldaten im Rahmen der Haiti-Mission MINUSTAH er- alten. 16878 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 (A) ) (B) ) Leider ist diese Friedenstruppe heute, fast ein Jahr später, immer noch nicht vollständig. Mich erschreckt die Meldung, dass Uruguay, Brasilien, Argentinien und Chile – sie stellen die Hälfte der UN-Soldaten – damit drohen, die Mission abzubrechen. Grund dieser Drohung sind die nicht freigegebenen Gelder der internationalen Gemeinschaft für den Wiederaufbau Haitis. Die Bundesregierung muss darauf hinwirken, dass diese Drohung nicht wahr gemacht wird. Die volle Stärke der Friedenstruppe muss endlich erreicht wer- den – wie es der vorliegende Antrag fordert. Nur so kann ein wirksames Tätigwerden dieser Truppe erreicht wer- den. Deutschland ist im Begriff, sich nach den jüngsten Ereignissen auf voraussichtlich im September stattfin- dende Neuwahlen vorzubereiten. Man kann sagen: Der Wahlkampf läuft. Auch in Haiti stehen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen an, im November dieses Jahres. Realisierbar sind diese Wahlen jedoch unter den heuti- gen Bedingungen unter keinen Umständen. Wie soll man einen Wahlkampf führen, solange das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht gilt und politische Konflikte nicht wie hier verbal, sondern per Waffengewalt ausge- tragen werden? Es ist dringend notwendig, dass diese eskalierte Lage in Haiti mit internationaler Hilfe verbessert und beseitigt wird. Nicht nur zugesagte Blauhelm-Soldaten, sondern auch zugesagte technische und finanzielle Hilfe muss gewährt und eingehalten werden. Die FDP-Fraktion un- terstützt die endgültige Fassung des Antrags. Offensicht- lich schafft es die Interims-Regierung aus eigener Kraft und ohne Hilfe nicht, das Land politisch und wirtschaft- lich zu stabilisieren. Um eine solche Stabilisierung her- beizuführen, die einen Wahlgang überhaupt erst möglich macht, braucht Haiti schnellstens internationale Unter- stützung in jeder Hinsicht. Dazu rufe ich die Europäer auf. Lassen Sie uns schnell und beherzt diese Unterstüt- zung bringen! Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Zügige Verwirkli- chung der ICE-Trasse Nürnberg–Erfurt (VDE- Schiene Nr. 8.1) (Tagesordnungspunkt 19) Heinz Paula (SPD): Es ist und bleibt unser erklärtes Ziel, die Schiene zu stärken – das gilt sowohl für den Aus- und Neubau als auch für Erhaltungsmaßnahmen. Dazu gehört der Neu- und Ausbau der Strecke Nürn- berg–Erfurt. Die Trasse ist Verkehrsprojekt Deutsche Einheit (VDE) Nr. 8.1, Ausbaustrecke/Neubaustrecke Nürnberg–Erfurt; ist im vordringlichen Bedarf des Bedarfsplanes des Bundesschienenwegeausbaugesetzes (SchWAbG) und im neuen BVWP 2003 als laufendes und fest disponiertes Vorhaben; ist Bestandteil eines der 14 spezifischen Vorhaben des Transeuropäischen Ver- kehrsnetzes, denen der Europäische Rat am 9./10. De- zember 1994 in Essen eine besondere Bedeutung beige- messen hat. j a N 1 a b d d J d B 2 f b F 1 g s E N N v s E s b h w F e b V B z d s s B h H d S F r W F t l w 2 p S m d (C (D Die Gesamtinvestitionskosten für dieses Verkehrspro- ekt betragen circa 4 Milliarden Euro, davon entfallen uf die Ausbaustrecke 1,615 Milliarden Euro und auf die eubaustrecke 2,330 Milliarden Euro. Im November 997 wurden die ersten Finanzierungsvereinbarungen bgeschlossen und die bestehende Finanzierungsverein- arung zur Neubaustrecke wurde natürlich hinsichtlich er Kosten und der Bauzeit fortgeschrieben. Für die Neubaustrecke besteht durchgehend Baurecht, as für Teilabschnitte zum Beispiel auf weitere fünf ahre verlängert wurde. Der „Baustopp“ wurde – bedingt durch immer wie- erkehrende Fragen der Wirtschaftlichkeit seitens der ahn oder großer ökologischer Bedenken etc. – im März 002 durch die Bundesregierung aufgehoben. Die Plan- eststellungsverfahren aller neun Abschnitte der Neu- austrecke Ebensfeld–Erfurt sind bereits abgeschlossen. ür die Ausbaustrecke Nürnberg–Ebensfeld wurden alle 3 Planfeststellungsverfahren bislang begonnen. Es lie- en jedoch bisher nur fünf Beschlüsse (Ebensfeld-An- chluss an Neubaustrecke, Nürnberg–Fürth, Stellwerk rlangen, Bahnübergang Strullendorf und Hauptbahnhof ürnberg) vor. Mit einem Baubeginn der Ausbaustrecke ürnberg–Ebensfeld ist nach derzeitigem Stand nicht or 2009 zu rechnen. Zusätzlich sollten für die Ausbau- trecke aus dem Anti-Stau-Programm 204 Millionen uro bereitgestellt werden, um die gemeinsame Reali- ierung der Ausbaustrecke und der S-Bahn Nürn- erg–Forchheim zu ermöglichen. Der Abschluss der ierfür erforderlichen Finanzierungsvereinbarungen so- ohl zwischen Bund und DB AG als auch zwischen reistaat und DB AG steht noch aus. So weit die Fakten. Nun fordern die Unionsfraktionen inen zügig viergleisigen Ausbau des Abschnittes Nürn- erg–Fürth der Trasse Nürnberg–Ebensfeld im Zuge des DE Nr. 81 (Nürnberg–Erfurt) und erwarten von der undesregierung verbindliche Aussagen zum Zeithori- ont des Projektes. Abgesehen davon, dass der Antrag an ie falsche Adresse gerichtet ist, ist eine konkrete Aus- age über den Zeitpunkt der Fertigstellung dieses Ab- chnittes nicht möglich. Das kann ihnen vielleicht die ayerische Staatsregierung sagen – beste Kontakte da- in hat die Opposition doch. Die Bayerische Staatsregierung muss erst einmal ihre ausaufgaben machen und unter anderem mit der Bahn ie überfällige Finanzierungsvereinbarung bezüglich des -Bahn-Baus abschließen. Schließlich bekommt der reistaat von der Bundesregierung dafür Regionalisie- ungsmittel. Aber die Staatsregierung muss sich beeilen. enn man Dirk Fischer glauben darf, will die CDU im alle eines Sieges bei der im Herbst geplanten Bundes- agswahl die Mittel für den Verkehrswegebau vornehm- ich in den Aus- und Neubau von Straßen fließen lassen, ie er gegenüber der „Berliner Zeitung“ am 31. Mai 005 versicherte. Und da könnten so wichtige Schienen- rojekte wie das VDE Nr. 8 und die damit verbundene -Bahn-Verbindung Nürnberg–Fürth auf den Sanktnim- erleinstag verschoben werden. Die Bundesregierung hat aufgrund der Bedeutung ieser Nord-Süd-Trasse im Zusammenhang mit dem Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16879 (A) ) (B) ) 2-Milliarden-Euro-Programm beschlossen, das Vorha- ben VDE Nr. 8 insgesamt mit 120 Millionen Euro zu verstärken. Die Mittelbereitstellung zum viergleisigen Ausbau des Abschnittes Nürnberg–Fürth wurde bereits im Rahmen der 66er-Liste und deren Zusatzvereinbarun- gen sichergestellt. Einer Bereitstellung weiterer Mittel aus dem 2 Milliarden Euro starken Investitionspro- gramm bedarf es deshalb für diesen Abschnitt nicht. Und dass wir nicht mehr Investitionsmittel zur Verfü- gung haben, hat unser Land vor allem der Blockadehal- tung der unionsgeführten Ländern im Bundesrat – zum Beispiel beim Abbau von Subventionen – zu verdanken. 17,5 Milliarden stehen dadurch jährlich dem Bundes- haushalt nicht zur Verfügung. Wären die im Bundesrat beschlossenen Kürzungen voll zulasten der Schiene umgesetzt worden, hätte allein im vergangenen Jahr für über 200 Millionen Euro weni- ger gebaut werden können. Wir haben das nicht zugelas- sen und dafür gesorgt, dass die Kürzungen nicht allein auf die Schiene umgelegt wurden, sondern auf alle Ver- kehrsträger. Nach Abschluss der notwendigen Finanzierungsver- einbarungen zwischen dem Bund und der DB AG zur Ausbaustrecke sowie zum Bau der S-Bahn in diesem Abschnitt zwischen dem Freistaat Bayern und der DB AG kann unter Umständen noch in diesem Jahr, also in 2005, mit dem Bau begonnen werden. Wir halten die Mittel für Schieneninvestitionen weiter auf hohem Ni- veau – das gilt auch für Bayern. Das schaffen wir unter anderem dadurch, dass die Einkünfte aus der LKW-Maut nicht nur der Straße, sondern auch der Schiene zugute kommen. Hier betreibt die Opposition reinen Populismus. Sie kann ihren Antrag nicht einmal als „Wahlkampfantrag“ für die Presse verwenden, denn sie will die Schienenin- vestitionen ganz entschieden zurückfahren. Dieser Antrag ist deshalb überflüssig, wir lehnen ihn ab. Renate Blank (CDU/CSU): Das Thema ICE-Trasse Nürnberg–Erfurt beschäftigt uns nicht nur wegen der Neubaustrecke sondern auch wegen der Ausbaustrecke schon viele Jahre, und es gab und gibt dazu von uns viele Anträge, die von Rot-Grün allesamt abgelehnt wurden. Heute legen wir erneut einen Antrag zu diesem wichti- gen Projekt vor. Erst kürzlich, bei der Einweihung des neuen ICE-Bahnhofs in Erfurt, hat sich Bundesverkehrs- minister Stolpe erneut positiv geäußert, weshalb ich ei- gentlich davon ausgehe, dass die SPD unserem Antrag zustimmen wird. Hier handelt es sich, wie Sie wissen, um ein wesentli- ches Teilstück im Programm „Transeuropäisches Netz“. Insoweit ist der Lückenschluss nicht nur von regionaler Bedeutung, sondern auch von europäischer Bedeutung. Die transeuropäische Magistrale Skandinavien–Berlin– München–Oberitalien läuft über Erfurt. Die ICE-Strecke Nürnberg–Erfurt ist ein fest eingeplantes Vorhaben im ansonsten völlig unzureichenden Bundesverkehrswege- plan 2003, der Anfang Juli 2003 von der Bundesregie- rung beschlossen wurde. Ich darf erwähnen, dass diese S w m R G D l d n m k t V t d E w t m B d d g f d b tr V D r P P a w B E d d B S l L f l l k (C (D trecke bereits in einem früheren Bundesverkehrs- egeplan, nämlich in dem von mir als Berichterstatterin itgestalteten aus dem Jahre 1992, enthalten war, von ot-Grün jedoch seit 1998 blockiert wird. Die ICE-Trasse Nürnberg–Erfurt, diese unendliche eschichte, droht zu einem Trauerspiel und vor allen ingen zu einem rot-grünen Verwirrspiel zu werden. Es ohnt sich angesichts schnelllebiger politischer Zeiten, en Leidensweg des ICE-Projekts Nürnberg–Erfurt ochmals zu skizzieren: 9. April 1991: Der ehemalige CDU-Bundesverkehrs- inister Krause legt dem Kabinett das Programm Ver- ehrsprojekte Deutsche Einheit mit 17 Projekten vor, un- er anderem das bewusste VDE-Projekt Nr 8. Dezember 1991: Der Bundestag verabschiedet das erkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz als wich- ige Voraussetzung für die Infrastrukturentwicklung in en neuen Bundesländern. 1992: Ausweisung der Verkehrsprojekte Deutsche inheit im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrs- egeplanes. Geplante Fertigstellung des Teilabschnit- es 8.1 Erfurt–Ebensfeld: 1999 15. November 1993: Der Bundestag verabschiedet it den Stimmen der CDU/CSU-FDP-Koalition das undesschienenwegeausbaugesetz mit der Anlage l, in em das VDE Nr. 8 als vordringlicher Bedarf des Bun- esverkehrswegeplanes festgestellt wird. Die Bundesre- ierung hat das VDE-Projekt Nr. 8 als deutschen Beitrag ür die Herstellung einer europäischen Hochgeschwin- igkeitstransversale Rom–Stockholm bei der EU einge- racht. 1994: Der Europäische Rat legt die Strecke als Teil der anseuropäischen Hochgeschwindigkeitsstrecke Nr. l erona–München–Erfurt–Leipzig–Berlin–Stockholm fest. iese europäische Vorgabe bindet die nationalen Regie- ungen. 6. Dezember 1994: Nach dreijähriger Planung erster lanfeststellungsbeschluss für einen Neubauabschnitt im rojekt Nr. 8 (Bündelungstrasse Erfurt–Arnstadt). 1996: Planfeststellungsbeschlüsse liegen für alle Teil- bschnitte des VDE 8 vor. 1997 sind alle Klagen abge- iesen; es liegt Baurecht für das gesamte Vorhaben vor. April 1996: Beginn der Bauarbeiten am so genannten ündelungsabschnitt auf der Neubaustrecke Erfurt– bensfeld (107 km). Für beide Neubaustrecken besteht urchgehend Baurecht. 7. Juli 1999: Verhängung des Baustopps durch den amaligen Verkehrsminister Franz Müntefering (der austopp ist aber pro forma bereits 1998 eingetreten). either beschränkten sich die Arbeiten auf die Fertigstel- ung begonnener Maßnahmen im sächsischen Abschnitt eipzig–Gröbers und im thüringischen Abschnitt Er- urt–Arnstadt. Der Weiterbau wird für 2010 geplant. Das etzte Baurecht verfällt 2005. 10. März 2002: Bundeskanzler Schröder hebt anläss- ich des Ostparteitages der SPD im Bundestagsvorwahl- ampf den Baustopp auf. 16880 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 (A) ) (B) ) September 2002: Spatenstich für den Augustusburg- Tunnel und die Geratal-Brücke im Abschnitt Erfurt– Arnstadt. 13. November 2002: Die Parlamentarische Staats- sekretärin Iris Gleicke, SPD, schätzt bei einer Frage- stunde im Deutschen Bundestag als Termin für die durchgehende Realisierung des VDE-Projektes Nr. 8 „nicht vor 2015“. Juli 2003: Abschluss der letzten Finanzierungsverein- barung zwischen Bund und Deutsche Bahn AG für die Strecke 8.2. Herbst 2003: Die Haushaltsansätze 2004 der Bundes- regierung für den Weiterbau der ICE-Neubaustrecke be- schränken sich zum großen Teil auf Baurecht erhaltende Maßnahmen. Bei den derzeitigen Finanzierungstranchen ist eine Realisierung vor 2020 nicht möglich. 26. November 2003: Bundesverkehrsminister Stolpe bestätigt „Angstliste“ in seinem Ressort, in dem Kürzun- gen, Streichungen und Baustopps für den Fall eines fi- nanziellen „Super-Gaus“ durchgespielt werden. 28. Januar 2004: Der Verkehrsexperte der Grünen Albert Schmidt rechnet mit „Begräbnis 3. Klasse“ für den ICE. 29. Januar 2004: Die Parlamentarische Staatssekretä- rin Iris Geicke: „Totgesagte leben länger – ICE steht nicht zur Disposition“2 und erteilt eine Absage an „grüne Profilierungssucht“. 7. Februar 2004: Bundesverkehrsminister Stolpe äu- ßert anlässlich eines Treffens mit Ministerpräsident Dieter Althaus in Südthüringen: „Die Strecke ist unver- zichtbar.“ 22. März 2004: Der Thüringer Verkehrsminister Jürgen Reinholz stellt ein Ultimatum an BM Stolpe, um bis Ende März 2004 Klarheit über den Weiterbau der Strecke zu bekommen. 23. März 2004: Die Bahn AG teilt dem Oberbürger- meister der Stadt Erfurt, Manfred Rüge, mit, dass die Ar- beiten am ICE-Bahnhof in zwei Wochen eingestellt wer- den, wenn es nicht mehr Geld vom Bund gibt. Laut SPD-Landesvorsitzenden Matschie haben Schröder, Müntefering und Stolpe noch am 21. März ihm den zügi- gen Weiterbau des ICE zugesagt. 26. März 2004: BMVBW-Staatssekretärin Gleicke verkündet: „Kein Baustopp für ICE-Strecke Nürnberg– Erfurt“, „die ICE-Strecke zwischen Nürnberg und Erfurt wird weitergebaut“. Für uns ist das ein unsägliches Gezerre um den Wei- terbau! Allerdings ist dies ein Spiegelbild der gesamten rot-grünen Politik, die von Wankelmut, Unzuverlässig- keit und mangelndem Durchsetzungsvermögen geprägt ist. Bayern ist als Verkehrsdrehscheibe in Europa auf diese leistungsfähige Hochgeschwindigkeitsstrecke an- gewiesen wie kein zweites Land. Diese Strecke ist aber verkehrs- und strukturpolitisch auch für die neuen Bun- desländer von enormer Bedeutung. Als Fränkin darf ich sagen: Sie rückt die Zentren Nürnberg, München und Berlin näher zusammen. Das Zukunftskonzept der DB AG, eine ICE-Ringlinie Berlin–Hamburg–Köln–Frank- f t L L m g i r 1 f d j B a H w s i s k n l s d w d w Z T E d s J G d s k B r m F k N t f E d D F i l s k b d g (C (D urt–Stuttgart–Nürnberg–Erfurt–Leipzig–Berlin zu be- reiben, macht doch erst dann Sinn, wenn auch die letzte ücke geschlossen ist. Deswegen brauchen wir diesen ückenschluss so früh wie möglich, lieber heute als orgen. Es ist oft geprüft worden; zu dieser Trasse gab und ibt es keine Alternative, weder in ökonomischer noch n ökologischer Hinsicht. Die amtierende Bundesregie- ung hatte zum Beispiel die Hochgeschwindigkeitstrasse 999 auf Eis gelegt, um eine Überprüfung der Überprü- ung anzuordnen. Wertvolle Zeit wurde so verschwen- et. Die Kosten-Nutzen-Analysen zeigen, dass das Pro- ekt Sinn macht und sinnvoll ist. Der Flächenstaat ayern ist als Verkehrsdrehscheibe in besonderer Weise uf ein leistungsfähiges Verkehrsnetz angewiesen. Die ochgeschwindigkeitsstrecke Nürnberg–Erfurt ist ein ichtiges und ein hierfür notwendiges Projekt. Es be- teht Baurecht, das keinesfalls verfallen darf. Unser Ziel st und bleibt, aus verkehrlichen und aus volkswirt- chaftlichen Gründen am Bau der Hochgeschwindig- eitsstrecke Nürnberg–Erfurt festzuhalten. Denn die ge- annten Alternativprojekte sind nicht geeignet, eine eistungsfähige Hochgeschwindigkeitsstrecke sicherzu- tellen. Trotz der knappen Haushaltsmittel des Bundes und er Bahn muss dieses Projekt Nürnberg–Erfurt forciert erden. Einen Baustopp wie von 1999 bis März 2002 arf es keinesfalls noch einmal geben; wir alle wissen, as dann passiert: Verfall des vorhandenen Baurechts. umal die EU ja auch die Verkehrsinfrastruktur des ranseuropäischen Verkehrsnetzes unterstützt. Der uropäische Fonds für regionale Entwicklung sieht För- ermittel ausdrücklich auch für diesen Bereich vor. So teht es schon in der EG-Verordnung Nr. 1783 aus dem ahre 1999. Zur Förderperiode 2007 bis 2013 sollen die emeinschaftszuschüsse im Rahmen der Investitionsför- erung angehoben werden, womit eine deutliche Baube- chleunigung für das VDE Nr. 8.1 erreicht werden önnte. Die Förderanträge sind durch die DB AG beim MVBW zu stellen! Für Großvorhaben mit einer Förde- ung über 50 Millionen Euro entscheidet die EU-Kom- ission auf Antrag des BMVBW. Der viergleisige Ausbau auf der Strecke Nürnberg– ürth ist Voraussetzung für die ICE-Trasse und einen zu- unftsfähigen S-Bahn-Verkehr in der Metropolregion ürnberg. Dieses wichtige Projekt muss zügig vorange- rieben werden. In der Mittelfristplanung bis 2008 sind ür die Strecke Nürnberg–Ebensfeld nur 10 Millionen uro enthalten. Außerdem ist für diese geringe Summe er Abschluss der Finanzierungsvereinbarung von der B AG noch nicht beantragt. Bahnchef Mehdorn hat im rühjahr gesagt, beim Abschnitt Nürnberg–Ebensfeld sei hm die Tinte eingetrocknet. Mit dem Betrag von 10 Mil- ionen Euro ist der notwendige viergleisige Ausbau zwi- chen Nürnberg und Fürth, der etwa 120 Millionen Euro ostet, erst einmal vom Tisch, weshalb es auf unabseh- are Zeit keine Verbesserungen im Schienennahverkehr er Region geben wird. Der S-Bahn-Bau ist damit aus- ebremst und Sie sind schuld! Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 16881 (A) ) (B) ) Diese Koalition hat zu verantworten, dass der Bau der S-Bahn Nürnberg–Fürth–Erlangen schon seit über einem Jahr gestoppt ist, weil diese S-Bahn-Strecke unabweis- lich mit der ICE-Trasse Nürnberg–Erfurt gekoppelt ist. Sie müssen sich zu Recht vorhalten lassen, dass Sie für den Schienenpersonennahverkehr – genauer: für den Bau einer S-Bahn – kein Geld zur Verfügung stellen, die zur Verfügung stehenden 10 Millionen Euro dienen le- diglich der Aufrechterhaltung der Maßnahme, damit keine Gelder an Europa zurückgezahlt werden müssen, die bisher für die Projekte im Rahmen der Transeuropäi- schen Netze geflossen sind. Ich fordere im Namen der Unionsfraktion die Bun- desregierung auf, sich in der ihr noch verbleibenden Zeit für einen zügigen viergleisigen Ausbau des bisher zwei- gleisigen Streckenabschnitts Nürnberg–Fürth im Rah- men der Umsetzung der ICE-Trasse Nürnberg–Erfurt mit S-Bahn Nürnberg–Forchheim einzusetzen. Den voll- mundigen Ankündigungen von Bundesverkehrsminister Dr. Manfred Stolpe in der Debatte vom 21. April 2005, den Verkehrsstandort Deutschland zu verbessern sowie beschlossene Projekte zügiger zu realisieren und der jüngsten Entscheidung der Ministerkonferenz für Raum- ordnung, die Region Nürnberg in den Kreis der Metro- polregionen Europas aufzunehmen, müssen konkrete Ta- ten folgen. Volkmar Uwe Vogel (CDU/CSU): Trotz der jüngs- ten Entwicklungen: Das ICE-Projekt Nürnberg–Erfurt ist keine Nebensächlichkeit. Vielmehr nimmt es eine Schlüsselstellung im Zusammenwachsen von alten und neuen Bundesländern ein. Die ICE-Trasse ist Teil eines Gesamtprojekts, das die Wirtschaftszentren Berlin, Leipzig/Halle, Erfurt, Nürn- berg und München verbinden wird. Als Hochgeschwin- digkeitsstrecke für den Reise- und Güterverkehr wird sie einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der Verkehrsin- frastruktur in Mitteleuropa leisten. Gerade aus diesem Grund brachte die Bundesregierung unter Helmut Kohl weitblickend dieses Schienenprojekt als deutschen Bei- trag für die Schaffung einer europäischen Transversale Palermo–Rom–Berlin–Stockholm bei der Europäischen Union ein. Ich muss vor diesem Hohen Hause nicht erklären, dass eine gut funktionierende Schieneninfrastruktur das Wirtschaftswachstum einer Region fördert. Dieser einfa- che Sachverhalt leuchtet jedem ein. Nicht so dem ersten der vier SPD-Verkehrsminister, die wir zwischen 1998 und 2002 erleben mussten: Franz Müntefering. Er stoppte 1999 den planmäßigen Weiterbau der ICE-Ver- bindung nach Erfurt bis Anfang 2002, obwohl das Vor- haben bereits auf gutem Weg war und obwohl er wusste: Für die neuen Bundesländer und besonders für meine Heimat Thüringen ist diese Hochgeschwindigkeitstrasse ein Standortfaktor von europäischer Dimension. Fast drei Jahre Baustopp. Das ist symptomatisch für die Stillstandspolitik seit 1998. Auch nach Jahren hat die Bundesregierung diese Fehlentscheidung – wie so viele andere – nicht revidiert. Was folgte, waren Ankündigun- gen – ebenfalls bezeichnend für den rot-grünen Regie- rungsstil. Im Wahlkampf 2002 versprach Bundeskanzler Schröder aus welchen Gründen auch immer die Fertig- s k E u r H u R W m v a a t B v d m S g Z n je r B b v H r b l a e b B h V n a v w B 2 h D d h z k (C (D tellung der Strecke. In der Folgezeit wollte sich Ver- ehrsminister Stolpe des Weiterbaus annehmen. Auf die inlösung dieser Versprechen warten wir in Thüringen nd in Mitteldeutschland noch heute. Versprochen – gebrochen. Von Weitblick der Regie- ung Kohl keine Spur und konzeptionsloses Hin und er, wohin man schaut. Das machen die Menschen in nserem Lande nicht mehr länger mit! Wie sonst, meine Damen und Herren leider noch in egierungsverantwortung, erklären Sie sich, dass Ihnen ählerinnen und Wähler und sogar die eigenen Partei- itglieder in Scharen davonlaufen? Wir durften es aus dem Munde des Kanzlers selbst ernehmen: Rot-Grün hat abgewirtschaftet. Der Mangel n Konzepten für den wirtschaftlichen Aufschwung liegt uf der Hand. Da ist die Verkehrs- und Infrastrukturpoli- ik nur eines von vielen! Beispielen für das Versagen der undesregierung. Und da hilft es auch wenig, wenn Sie ersuchen, die Verantwortungslast umzukehren und auf ie Union abzuwälzen. Nicht „die Politik“, wie es etwa Herr Benneter zu for- ulieren pflegt, muss Antworten und Lösungen finden. ie selbst, die Regierung, hätten dies in den zurücklie- enden Jahren ihrer Regierungszeit tun müssen! CDU und CSU – haben Konzepte geliefert, die den ug Deutschland aufs rechte Gleis hätten bringen kön- en. Wir können die von Ihnen verschuldete Talfahrt tzt nur noch stoppen und verhindern, dass die Bundes- epublik gänzlich international aufs Abstellgleis gerät! Die Untätigkeit dieser Bundesregierung ist Fakt. Die auverzögerung der dringend erforderlichen ICE-An- indung Nürnberg–Erfurt ist nur ein Beispiel dafür, dass erfehlte Politik unser Land Milliarden kostet. In meiner eimatregion bedeutet das, dass darüber hinaus wichtige egionale Verkehrsinfrastrukturprojekte und Verkehrsan- indungen beeinträchtigt werden: die Mitte-Deutsch- and-Schienenverbindung, die Sachsenmagistrale aber uch die S-Bahn-Verbindung Nürnberg–Forchheim. In diesem Zusammenhang ist der Bundesregierung ntgangen, dass sie auch wichtige regionale Bauvorha- en wie Brücken, Straßen und Ansiedlungen entlang der ahnlinien blockiert. Die Vorgängerregierung hat klug gehandelt: beste- ende Strecken müssen zügig eingebunden und neue orhaben zügig realisiert werden, damit das Baurecht icht verloren geht. Jetzt laufen wir massiv Gefahr, dass uf weiten Streckenabschnitten das Baurecht endgültig erloren geht. Millionen Euro Planungskosten müssten ir in den Wind schreiben. So muss beispielsweise der au des Blessbergtunnels im Thüringer Wald spätestens 005 beginnen. Wie soll es nun aus Sicht der CDU/ CSU weiterge- en? Erstens. Wir werden bedarfsgerecht investieren. eutschland ist Transitland. Es zeichnet sich bereits ab, ass das Verkehrsaufkommen im nächsten Jahrzehnt er- eblich ansteigen wird. Daher müssen Infrastrukturkapa- itäten aller Verkehrsträger nachfragegerecht und zu- unftsorientiert ausgebaut werden. (A) ) (B) ) Zweitens. Wir werden die Mittel für Investitionen wieder erhöhen. Vonseiten des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, BMVBW gibt es dazu nur Ankündigungen. Laut Pressemitteilung des BMVBW soll Anfang 2006 ein Maßnahmenpaket für ausgewählte Projekte geschnürt werden, das unter ande- rem die Strecke Nürnberg–Erfurt einschließt. Aber das jüngst aufgelegte 2-Milliarden-Programm besteht nur verbal. Nur erzählen reicht eben nicht. Das Erreichte zählt. Die Angleichung der Lebensverhältnisse in den al- ten und neuen Bundesländern erfordert Handeln. Drittens. Wir werden dafür sorgen, dass erzielte Ein- nahmen des Verkehrs in diesen zurückfließen. Schluss mit Zweckentfremdung der Mittel! Zu diesem Zweck wollen wir die schon bestehende Verkehrsinfrastruktur- Finianzierungsgesellschaft, VIFG, so umstrukturieren, dass Mauteinnahmen in Zukunft wirtschaftlich vernünf- tig verwaltet werden können. Wir werden Einnahmen zielgerichtet für die Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Verkehrssystems und der Verbesserung der Schnittstel- len zwischen einzelnen Verkehrsträgern einsetzen. Die VIFG muss außerdem genutzt werden, um Public-Private-Partnership-Modelle, PPP, beim Ver- kehrswegebau voranzubringen – auch auf der Schiene. Erfahrungen im In- und Ausland zeigen die Vorteile die- ser Zusammenarbeit: Die Umsetzung der Projekte er- folgt schneller und kostengünstiger. Leider hat es die Bundesregierung versäumt, der Finanzierungsgesell- schaft entsprechende Kompetenzen zu übertragen. Das werden wir ändern. Man verdeutliche sich die Zusammenhänge: Jede Milliarde Euro, die im Verkehrswegebau investiert wird, schafft bzw. erhält rund 24 000 Arbeitsplätze. Wir wer- den die Chancen, die sich daraus für die Ankurbelung des Arbeitsmarktes und für die Stärkung der Rolle Deutschlands als Wirtschaftsstandort in Europa ergeben, konsequent nutzen! Diese Bundesregierung steht vor einem Scherbenhau- fen: Sie erhält die Quittung dafür, dass sie Konzeptions- losigkeit zum Programm erklärt hat, dass sie Infrastruk- turfragen und Wirtschaftsthemen sträflich vernachlässigt hat – mit verheerenden Folgen. Es macht wenig Sinn, von einer Bundesregierung, die ihren eigenen Abgesang anstimmt, noch inhaltliche Schritte zu erwarten. Seit Rot-Grün steht der ICE Nürnberg–Erfurt auf hal- ber Strecke. Lassen Sie uns jetzt die Weichen richtig stellen, die Rot-Grün falsch gestellt hat! Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gestern verkündete der verkehrspolitische Sprecher der Union, dass die CDU/CSU künftig vorran- gig in den Straßenbau investieren will. Heute fordert seine Fraktionskollegin Renate Blank mit ihrem Antrag, die milliardenschwere und in ihrer verkehrspolitischen Bedeutung höchst fragwürdige ICE-Neubaustrecke Nürnberg–Erfurt umgehend weiterzubauen; Finanzbe- darf mindestens 5 Milliarden Euro. Beides passt nicht zusammen, so wie auch sonst in den diversen Wahl- kampfaussagen der Unionspolitiker nichts zusammen- passt. Der Antrag ist einfach nur Blank’scher Unsinn. f d v o p m s h b R w e 2 e g n S d v f v b d B f M d 3 l w t li o v n U E f S w d ü f s s P f D p M z d e b S s r g (C (D Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Zu nachtschla- ender Zeit berät der Deutsche Bundestag zum wie- erholten Male eine der im Sinne eines zügigen Fern- erkehrs sicherlich wichtigen Trassen, die aber ffensichtlich zur ungelösten Geschichte der Verkehrs- olitik Deutschlands werden soll. Diverse Verkehrs- inister haben sich schon für sie ins Zeug gelegt. Ver- chiedene Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG aben erklärt, wie notwendig die Strecke sei, andere ha- en sie als nicht notwendig bezeichnet. Die rot-grüne egierung hat die Strecke zunächst in einer ersten An- allung als für beendet im Ausbau erklärt, um dann mit inem mächtigen Kanzlerwort im Bundestagswahlkampf 002 die Strecke wieder als bedeutend und wichtig zu rklären. Wie man sieht, ist dieser Versuch fehlgeschla- en. Die Wähler in Thüringen haben das offensichtlich icht so ernst genommen. Im neuen Bundesschienenwegeausbaugesetz vom eptember 2004 ist das Projekt 8.1 in Verbindung mit en anderen Projektteilen 8.2 und 8.3 wiederum in den ordringlichen Bedarf eingestuft, sogar in der Einstu- ung „laufend und fest disponiert, Realisierung bis 2015 orgesehen“. So weit, so schlecht. Für eine Realisierung is 2015 würde ernsthaft nur dann etwas sprechen, wenn ie Finanzplanung des Bundes mit den Beschlüssen zum undesschienenwegeausbaugesetz einigermaßen kon- orm gehen würde. Tatsache ist, dass die noch gültige ittelfristplanung für die Jahre 2005 ff. ein Absinken er investiven Mittel für die Schieneninvestitionen von ,3 Milliarden Euro im Jahre 2005 auf nur noch 2,2 Mil- iarden Euro im Jahre 2007 vorsieht. Die tränen- und ortreichen Beteuerungen, dass diese Zahl nicht endgül- ig sei und man die Zusage habe, dass wenigstens 1 Mil- arde mehr ausgegeben werden wird, mag man glauben der auch nicht. Auch eine Aufstockung auf das Niveau on 3,3 Milliarden würde nicht ausreichen, auch nur an- ähernd den Verwirklichungshorizont 2015 zu erreichen. Wir unterstützen deshalb als FDP den Antrag der nionskollegen, für alle Beteiligten Klarheit zu erhalten. s wird höchste Zeit, Perspektiven aufzuzeigen, die inanziell und zeitlich realistisch hinterlegt sind. Der chienenweg zwischen Nürnberg und München wird ahrscheinlich im Jahre 2006, spätestens in 2007 für en Verkehr freigegeben. Die Verbindung von Berlin ber Leipzig nach Erfurt ist in weiten Bereichen eben- alls in Angriff genommen, auch wenn hier noch Verbes- erungsarbeiten nötig sind. Es wird zwingend geboten ein, auch zwischen Nürnberg und Erfurt nun endlich lanungssicherheit herzustellen. Das gilt für die betrof- enen Grundstückseigentümer genauso wie für die B AG, die nun wissen muss, auf welchen Schwer- unkttrassen sie ihren künftigen Schienenverkehr von ünchen nach Berlin konzentriert. Nur wenn die Fahr- eit auf diesem bedeutenden Schienenwege annähernd in er Lage ist, die Flugzeit von München nach Berlin zu rreichen bzw. auch dem PKW einigermaßen Paroli zu ieten, wird das politische Ziel, mehr Verkehr auf die chiene zu bringen, umgesetzt werden können, insbe- ondere im Schienenpersonenfernverkehr. Die Bundes- egierung bleibt also aufgefordert, ihren hehren Erklärun- en nun endlich Fakten und Taten folgen zu lassen. 16882 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnertag, den 2. Juni 2005 91, 1 0, T 178. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 2. Juni 2005 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1517800000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene

Tagesordnung um die folgende Zusatzpunktliste zu er-
weitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU:
Absichten der Koalition, die Beweisaufnahme des
2. Untersuchungsausschusses – Visa – vorzeitig zu been-
den

ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren

(Ergänzung zu TOP 30)

a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, der

CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und
der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Ergänzung des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes

(Zweites Entschädigungsrechtsergänzungsgesetz – 2. EntschRErgG)

– Drucksache 15/5576 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Bundes-
anstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organi-

Redet

(BDBOS-Gesetz – BDBOSG)

– Drucksache 15/5575 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

c) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Reorganisation der Bundes-
anstalt für Post und Telekommunikation Deutsche
Bundespost und zur Änderung anderer Gesetze
– Drucksache 15/5573 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sich

(C (D ung en 2. Juni 2005 0 Uhr d)

BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vierten und
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch
– Drucksache 15/5574 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrach-
ten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Abfall-
verbringungsgesetzes sowie zur Auflösung und Ab-
wicklung der Anstalt Solidarfonds Abfallrückführung
– Drucksache 15/5523 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrach-
ten Entwurfs eines Gesetzes zur Straffung der Umwelt-
statistik
– Drucksache 15/5538 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

g) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrach-
ten Entwurfs eines Gesetzes über das Zweckvermögen
des Bundes bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank
und zur Änderung des Gesetzes über die Landwirt-

ext
schaftliche Rentenbank
– Drucksache 15/5566 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Finanzausschuss

h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sören Bartol,
Ludwig Stiegler, Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Albert
Schmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln), Cornelia
Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Car-Sharing als in-
novative Verkehrsdienstleistung im Umweltverbund
fördern
– Drucksache 15/5586 –

eisungsvorschlag:
huss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

huss für Wirtschaft und Arbeit
huss für Umwelt, Naturschutz und
orsicherheit
erung

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Aussc
Aussc
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(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Heinrich L.

Kolb, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Ernst Burgbacher,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Finan-
zierung der Künstlersozialversicherung sichern
– Drucksache 15/5476 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael Kauch,
Rainer Funke, Sibylle Laurischk, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP: Selbstbestimmungsrecht und
Autonomie von nichteinwilligungsfähigen Patienten
stärken
– Drucksache 15/3505 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

ZP 3 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN: Schwerer Störfall in der Wieder-
aufbereitungsanlage Sellafield

ZP 4 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Aus-
schusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschät-
zung (17. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten
Ulrike Flach, Christoph Hartmann (Homburg), Cornelia
Pieper, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Bil-
dungsarmut in Deutschland feststellen und bekämpfen
– Drucksachen 15/3356, 15/4587 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ulrike Flach
Gesine Multhaupt
Werner Lensing
Grietje Bettin

ZP 5 Erste Beratung des von den Abgeordneten Rainer Funke,
Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster), weiteren Abgeord-
neten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Ersten Gesetzes zur Stärkung der Eigentümerrechte einer Ak-

(1. Eigentümerrechte-Stärkungsgesetz – EigStärkG)

– Drucksache 15/5582 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Annette Faße,
Renate Gradistanac, Bettina Hagedorn, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Undine
Kurth (Quedlinburg), Werner Schulz (Berlin), Volker Beck

(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-

NISSES 90/DIE GRÜNEN: Öffnungszeiten der Außengas-
tronomie während der Fußball-WM 2006 flexibel handha-
ben
– Drucksache 15/5585 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft

ZP 7 Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Infor-
mationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG)

– Drucksache 15/4493 –

(Erste Beratung 149. Sitzung)


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(C (D a)


(4. Ausschuss)

– Drucksache 15/5606 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Michael Bürsch
Beatrix Philipp
Silke Stokar von Neuforn
Dr. Max Stadler

b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung
– Drucksache 15/5610 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Susanne Jaffke
Klaus Hagemann
Alexander Bonde
Otto Fricke

Von der Frist für den Beginn der Beratung soll, soweit
rforderlich, abgewichen werden.
Die Tagesordnungspunkte 16 und 17 sollen getauscht,

er Tagesordnungspunkt 26 – Änderung telekommuni-
ationsrechtlicher Vorschriften – abgesetzt werden. Sind
ie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a und 3 b auf:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbes-
serung der steuerlichen Standortbedingungen
– Drucksachen 15/5554, 15/5601 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Siche-
rung der Unternehmensnachfolge
– Drucksachen 15/5555, 15/5603 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Bundes-
inister Hans Eichel das Wort.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Es klatscht schon gar niemand mehr! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Zu Recht! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist die Abschiedsrede!)



Hans Eichel (SPD):
Rede ID: ID1517800100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Lieber Herr Michelbach, Ihre Besetzung ist
uch relativ dürftig!


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wir sind da!)







(A) )



(B) )


Bundesminister Hans Eichel

Wie stark ist denn Ihr Interesse an diesem Thema? Wenn
ich mir überlege, wie das im Bundesrat gewesen ist,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


wäre ich da an Ihrer Stelle außerordentlich vorsichtig.

(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Wir sind mehr Leute als Sie!)

Wir haben heute zwei Gesetzentwürfe zu behandeln:

erstens das Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen
Standortbedingungen, zweitens das Gesetz zur Siche-
rung der Unternehmensnachfolge – beides Gesetze, in
denen Ergebnisse des Jobgipfels und der Regierungser-
klärung des Bundeskanzlers vom 17. März dieses Jah-
res umgesetzt werden.


(Beifall bei der SPD)

Im ersten Gesetzentwurf geht es um eine Senkung

des Körperschaftsteuersatzes von 25 auf 19 Prozent
und die Erhöhung des Anrechnungsfaktors bei der Ge-
werbesteuer von 1,8 auf 2,0 – bei kompletter Gegen-
finanzierung im Unternehmensbereich.


(Beifall bei der SPD)

Ich sage das mit allem Nachdruck, damit auch hier die
Verhältnisse klar sind. Dies ist ein Element in einer Per-
spektive der weiteren Umgestaltung der Unternehmens-
besteuerung, die ja – das ist jedenfalls die Position der
Bundesregierung – zur rechtsformneutralen Unterneh-
mensbesteuerung hinführen muss. Dies muss finanzie-
rungsneutral erfolgen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich darf Sie übrigens darauf hinweisen, dass die Bun-
desregierung bereits mit der Unternehmensteuerreform,
die wir im Jahr 2000 beschlossen haben, genau diesen
Weg vorgeschlagen hatte. Wir wollten schon damals
Rechtsformneutralität. Das heißt nichts anderes, als die
Personengesellschaften dem System der Körperschaft-
steuer zu unterwerfen. Wir hatten damals das Options-
modell vorgeschlagen, damit die Personengesellschaften
genau dies tun können. Damit würden wir uns in den eu-
ropäischen Geleitzug einordnen. Sie haben das damals
abgelehnt. Jetzt lese ich in der Zeitung als Vorschlag zum
Beispiel von Herrn Kollegen Stratthaus, genau das müsse
man jetzt tun: Man müsse das Optionsmodell – das Sie
damals abgelehnt haben – einführen. Ein bisschen spät
gemerkt, kann ich dazu nur sagen!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Aber nicht so, wie Sie es gemacht haben!)


Die Entwicklung ist ein Stück weiter gegangen: Es gibt
in der Zwischenzeit einfachere und bessere Modelle.
Deswegen sage ich: Das ist die Perspektive. Auf dem
Weg dahin gehen wir einen ersten Schritt.

Dieser erste Schritt – das muss klar sein – hat natür-
lich auch etwas damit zu tun, wie wir uns im europäi-
schen Umfeld bewegen. Da sind die Entwicklungen,

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(C (D achdem wir eine Reihe von Schritten gegangen sind, zwischen wieder weitergegangen: Wir haben in vielen ändern der Europäischen Union niedrigere Körperchaftsteuersätze, allerdings in sehr vielen Fällen mit reiterer Bemessungsgrundlage als bei uns. Deswegen st es richtig, den Weg in diese Richtung zu gehen, nämich auf der einen Seite die Steuersätze bei uns zu senken nd auf der anderen Seite die Gegenfinanzierung im Unernehmensteuerbereich zu suchen. Weil es nicht sein ann, dass es einen Steuersenkungswettlauf in Europa ibt – das macht für niemanden einen Sinn –, müssen ir allerdings auch zu einer Harmonisierung der Unterehmensbesteuerung in der Europäischen Union komen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie Bundesregierung hat als ersten Schritt dahin diese
nitiative gestartet, um zu einer gemeinsamen Bemes-
ungsgrundlage bei der Körperschaftsteuer zu gelangen.
as wird inzwischen von ungefähr 20 der 25 Mitglied-
taaten der Europäischen Union als richtiges Ziel aner-
annt. Auch die Kommission hat das an die Spitze ihrer
rbeit in diesem Bereich der Lissabon-Agenda gesetzt.
ch denke, das ist auch richtig.
In diesem Zusammenhang will ich aber ausdrücklich

eutlich machen, dass wir weiter gehen müssen. Damit
in ich bereits bei der Gegenfinanzierung. Wer die Verla-
erung des Steuersubstrats in Europa von einem Standort
um anderen verhindern will – es geht also darum, dass
er Gewinn nicht mehr an einem anderen Ort als dem
ersteuert wird, an dem er entstanden ist –, der kann das
chlussendlich nicht mit einem irrsinnigen Kontrollauf-
and erreichen – das würden wir nie schaffen –, sondern
ur dadurch, dass es die steuerlichen Anreize für die Ver-
agerung von Steuersubstraten nicht mehr gibt. Das ist
ie eiserne Logik dieser Entwicklung.
Wie gesagt, hiermit bin ich bei dem streitigen Punkt

er Gegenfinanzierung. Das Prinzip ist übrigens nicht
treitig; das ist auch von allen anerkannt worden. In dem
ugenblick, in dem man mit der Körperschaftsteuer he-
untergeht, wird der Anreiz, das Steuersubstrat zu verla-
ern, kleiner. Die einzige Frage ist, wie hoch man das
nsetzt. Wir haben das aus meiner Sicht sehr vorsichtig
ngesetzt. Deswegen stehe ich dazu, dass dies aufkom-
ensneutral geschieht. Wir gehen davon aus, dass ein
ewinn von 50 Milliarden Euro, der in Deutschland ent-
teht, hier nicht versteuert wird. Wir rechnen damit, dass
ünftig etwa 6,5 Milliarden Euro aufgrund dieser Steuer-
atzsenkung in Deutschland verbleiben. Die steuerliche
esamtbelastung nach dem neuen System, nach den
euen Steuersätzen, wird ein Drittel betragen. Somit
erden etwa 2,2 Milliarden Euro an Steuern anfallen.
Bei dieser Gelegenheit will ich noch auf etwas ande-

es hinweisen, weil von angeblichen Luftbuchungen die
ede war.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Immer! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Doppelte Luftbuchungen!)







(A) )



(B) )


Bundesminister Hans Eichel

Ich hatte die Höhe der Steuersenkungen – hören Sie ge-
nau zu – aufgrund der Steuersatzsenkung von 25 auf
19 Prozent mit 6,2 Milliarden Euro angesetzt. Die baye-
rische Rechnung ergab 5,2 Milliarden Euro. Nur so viel
möchte ich zu der Frage sagen, ob hier Luftbuchungen
enthalten sind oder nicht.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Eine Milliarde Euro! Das sind doch keine Peanuts!)


Eine nächste Bemerkung, die ich in diesem Zusam-
menhang machen will: Als ob das in Ihren Reihen nicht
abgestimmt war, gab es in der Union eine Diskussion
darüber, dass hier die Konzerne wieder begünstigt wür-
den und der Mittelstand wieder benachteiligt sei.

Erstens war das noch nie der Fall. Um das zu erken-
nen, müssen Sie sich nur die Gutachten des Sachverstän-
digenrates, der Deutschen Bundesbank und von Arthur
Andersen für das „Handelsblatt“ anschauen. Dann er-
kennen Sie, dass die Steuerreform genau das Gegenteil
beinhaltete, dass der Mittelstand und die Personenge-
sellschaften dabei nämlich deutlich besser weggekom-
men sind als die Kapitalgesellschaften.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens ist es auch falsch, zu behaupten, Kapital-
gesellschaften seien die Großen und Personen-
gesellschaften seien die Kleinen. Von den 15 Prozent
Kapitalgesellschaften sind nämlich über 90 Prozent Mit-
telständler und von den 85 Prozent Personengesellschaf-
ten sind 20 Prozent GmbH & Co. KGs. Sie wechseln
von einem Steuerregime ins andere, je nachdem, wie es
für sie günstiger ist. Auch insofern ist die Debatte, die an
dieser Stelle geführt wird, unsinnig.


(Beifall bei der SPD – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Wo wollen sie denn da wechseln?)


Ich hatte Herrn Kollegen Faltlhauser gesagt, worüber
man reden kann. Wenn man mit einzelnen Elementen der
Gegenfinanzierung nicht einverstanden ist, sollte man
sich daran erinnern, dass der Bundeskanzler am
17. März 2005 an dieser Stelle gesagt hat, dass ange-
sichts der Absenkung des Körperschaftsteuersatzes auch
eine Erhöhung der Dividendenbesteuerung als ein Fi-
nanzierungsinstrument erwogen werden könne.

Wir stehen nun vor folgender Situation: Sie sagen
zwar zum wiederholten Male – so haben Sie sich ja die
ganze Wahlperiode verhalten –, was Ihnen nicht passt,
Sie ziehen aber nie die Konsequenz aus Ihrem Teil der
Verantwortung, die Sie deshalb tragen, weil Sie den
Bundesrat mit einer Mehrheit dominieren. Sie sagen
nicht, was Sie an dieser Stelle wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Da sind Sie aber nicht hier gewesen! Steuerkonzept 21, Erbschaftsteuerrecht! Unmöglich!)


Damit werden Sie übrigens nicht mehr lange durch-
kommen, wenn es nach Ihrer Strategie geht. Sie fallen
jetzt nämlich aufgrund Ihrer eigenen Fesseln. Nach Ihrer

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(C (D trategie gewinnen Sie im Herbst Neuwahlen. Ich sage usdrücklich „nach Ihrer“. Da werden Sie sich aber noch undern. (Lachen bei der CDU/CSU – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Wer will denn Neuwahlen? Damit ist doch der Bundeskanzler gekommen!)


enn das so sein sollte, dann könnten Sie nicht nur die
älfte der Verantwortung übernehmen. Vielmehr müss-
en Sie dann endlich sagen, was Sie selber wollen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


enn Sie aber im Herbst in der Lage sein wollen, deut-
ch zu machen, was Sie selber wollen, dann können Sie
och schon in diesem Sommer wenigstens die Hälfte der
erantwortung, die Sie zurzeit haben, wahrnehmen. Um
iesen Sachverhalt geht es.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Ich schicke Ihnen die Drucksache!)


So ist es auch bei dem zweiten Gesetzesvorhaben.
abei war hinsichtlich der Regelung zur Sicherung der
nternehmensnachfolge verabredet, dass der bayerische
ntwurf eingebracht wird. Die Bundesregierung hatte
ich, wenn das gewünscht würde, bereit erklärt, ihrer-
eits diesen Entwurf einzubringen. Was habe ich bekom-
en? Einen Entwurf von Herrn Faltlhauser, der, so hat er
ir erklärt, im Kabinett noch gar nicht beraten wurde.


(Zuruf von der SPD: Wo ist der überhaupt? – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! Das ist doch peinlich! Der Bundesrat hat es beschlossen!)


eine Nachfrage, ob dies der Entwurf ist, hinter dem die
nion steht, wurde nie beantwortet. Auch meine zweite
rage nach der Gegenfinanzierung wurde nicht beant-
ortet. Wir haben dann einen Entwurf eingebracht, wo-
aufhin Bayern sehr schnell reagiert hat. Was ist in die-
em Entwurf als Gegenfinanzierung vorgesehen? Sie
ollen eine Landessteuer senken und dies mit Einnah-
en aus einer Gemeinschaftsteuer finanzieren. Das ist
oh Wunder – genau das, was der Bundeskanzler, wenn
s bei der Gegenfinanzierung für die Absenkung des
örperschaftsteuersatzes noch Probleme geben sollte,
ür uns erklärt hatte, nämlich zur Finanzierung dieser
enkung die Dividendenbesteuerung zu erhöhen. Meine
amen und Herren, merken Sie denn gar nicht, wie lä-
herlich Sie sich mit einem solchen Vorschlag machen?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU)


Damit sind wir bei dem Grundproblem. Angeblich
aben Sie den Jobgipfel gewollt. Man hat jedoch schon
age vorher lesen können, dass Sie über die Einladung
es Bundeskanzlers zu diesem Gipfel eher unglücklich
aren. Sie wussten nämlich nicht, was Sie auf diesem
obgipfel umsetzen wollten.






(A) )



(B)


Bundesminister Hans Eichel


(Zustimmung bei der SPD)


Genau so haben Sie sich hinterher verhalten. Die Einset-
zung einer Arbeitsgruppe mit einem Finanzminister ei-
nes sozialdemokratisch geführten Landes, einem Finanz-
minister eines unionsregierten Landes und mir war
verabredet. Ich habe Wochen gebraucht, um herauszu-
finden, wer denn mein Gesprächspartner war.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das liegt aber an Ihnen!)


Das war dann Herr Faltlhauser. Als wir uns das erste und
einzige Mal getroffen haben, hat er uns erklärt, dass er
erstens kein Verhandlungsmandat habe und es zweitens
keine Arbeitsgruppe gebe. So gehen Sie mit den Ergeb-
nissen des Jobgipfels um! Deswegen sind wir jetzt in der
Situation, dass wir diese Fragen im offenen parlamenta-
rischen Verfahren angehen müssen.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das ist aber etwas Besonderes, Gesetze im Parlament zu beschließen!)


Ich hoffe, dass jetzt eines aufhört – damit werden Sie
nicht durchkommen; denn das werden wir in dem anste-
henden Wahlkampf in aller Deutlichkeit sagen –: Diese
Art destruktiver Politik, alles abzulehnen und nicht zu
erklären, was Sie selber wollen, hat unser Land in eine
schwere Krise geführt. Das lassen wir Ihnen nicht durch-
gehen; darüber reden wir noch in der nächsten Debatte.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – CarlLudwig Thiele [FDP]: Wer regiert hier eigentlich?)


Wenn Sie – das finde ich als Finanzminister wunder-
bar, weil ich das genauso sehe – auf einer vollen Gegen-
finanzierung bestehen, dann sagen Sie einmal Herrn
Kauder – er ist jetzt nicht da –, dass die Sache mit dem
Selbstfinanzierungseffekt nicht funktioniert. Hier geht es
nur darum, ob ein vorhandenes Steuersubstrat im Lande
bleibt. Ich habe nämlich gelesen, die von der CDU/CSU
geplante Absenkung der Steuersätze in ihrem Konzept
könne unter anderem durch ein Anziehen des Wirt-
schaftswachstums und durch mehr Beschäftigung finan-
ziert werden. – Meine Damen und Herren, damit fallen
Sie auf Positionen zurück, die Sie zuletzt im Jahre 2000
vertreten und seither die ganze Zeit dementiert haben,
die Sie aber jetzt, um dem Volk Sand in die Augen zu
streuen, wieder ausgraben.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Bei Ihnen gibt es kein Wachstum und keine Beschäftigung!)


Das ist das genaue Gegenteil von dem, mit dem Sie ge-
genwärtig gegen diese beiden Gesetzentwürfe argumen-
tieren. Bei Ihnen passt nichts zusammen. So kann man
zu keinem gedeihlichen Ergebnis kommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Sie wollen doch gar nicht mehr regieren!)


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegen Heinz Seiffert, CDU/ SU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1517800200


Heinz Seiffert (CDU):
Rede ID: ID1517800300

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren!
err Minister Eichel, diese Vorstellung war eines Fi-
anzministers, der in Deutschland seit sieben Jahren
erantwortung trägt, nicht würdig; das will ich Ihnen in
ller Deutlichkeit sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ur die Opposition zu beschimpfen und für alles Unheil,
as man selbst angerichtet hat, verantwortlich zu ma-
hen ist schäbig und billig.


(Beifall des Abg. Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU])


Dabei haben Sie mit Ihrer Politik die Lage in
eutschland, die äußerst schwierig ist, ganz maßgeblich
it verursacht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


as gilt für das schwache Wachstum, den Arbeitsmarkt,
ie öffentlichen Haushalte, die sich in einer desaströsen
ituation befinden, und die sozialen Sicherungssysteme.
Wir haben die Bundesregierung zum Handeln drän-

en müssen.

(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Ja! – La chen bei Abgeordneten der SPD)

uf dem großen Jobgipfel am 17. März, der prächtig in-
zeniert worden ist,


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Lächerlich, diese Behauptungen!)


urde die Senkung der Körperschaftsteuer auf
9 Prozent sowie die Vereinfachung der Unter-
ehmensnachfolge bei voller Gegenfinanzierung be-
chlossen. Wir stehen nach wie vor zu diesen Plänen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Herr Minister Eichel, heute, am 2. Juni, 77 Tage nach
iesem Jobgipfel, legen Sie endlich Gesetzentwürfe vor,
ie offenbar in den rot-grünen Reihen heftig umstritten
ind. Warum haben Sie denn die Vorlage aus eigenen
tücken um drei Wochen verzögert? Doch nicht wegen
ns!


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)

un bleiben dem Parlament zur geplanten Verabschie-
ung am 1. Juli ganze 29 Tage. Ein angemessenes, gere-
eltes Verfahren ist in dieser knappen Zeit kaum mög-
ich. Wie man hört, wollen Sie angesichts der
treitereien in Ihren Reihen gar keinen Abschluss im
undestag. Laut einer dpa-Meldung vom 31. Mai sind
)






(A) )



(B) )


Heinz Seiffert

die Vorsitzenden von Rot-Grün, also Frau Roth und Herr
Müntefering, sehr skeptisch, dass es vor den Neuwahlen
noch zu einem Abschluss des Verfahrens kommt. Auch
der bedeutende Finanzpolitiker Kollege Poß hat dies
heute Morgen im Frühstücksfernsehen bestätigt.


(Joachim Poß [SPD]: Wegen Ihres Verhaltens! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Weil Sie blockieren! – Lachen bei der CDU/CSU)


Offenbar hat die rot-grüne Koalition beschlossen, die
Gesetze im Bundestag nur einzubringen und in den Aus-
schüssen zu beraten. Sie sind nicht wirklich an einem
Abschluss interessiert. Sie wollen sich über die Zeit ret-
ten und der Opposition den Blockadevorwurf anhängen.


(Zuruf von der SPD: Der ist berechtigt!)

So wollen Sie von Ihren Problemen ablenken, meine Da-
men und Herren von Rot-Grün.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das verwundert ja auch nicht. Im „Handelsblatt“ vom
31. Mai lehnt die SPD-Linke die Gesetzentwürfe ab.
Entweder wollen Sie diesen Streit verdecken oder der
Bundeskanzler will gar die Vertrauensfrage an diese Ge-
setze knüpfen. Sollen diese für den Wirtschaftsstandort
und die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer
Betriebe so wichtigen Gesetze zum Spielball Ihrer politi-
schen Interessen werden? Wieso beraten wir heute den
Gesetzentwurf, wenn die Spitzen der Koalition offenbar
gar nicht die Absicht haben, dieses Gesetz in das Gesetz-
blatt zu bringen? Wie stellen Sie sich unter solchen Um-
ständen eine Anhörung vor? Die Sachverständigen wer-
den sich doch missbraucht und verschaukelt fühlen, und
zwar völlig zu Recht.


(Beifall der Abg. Elke Wülfing [CDU/CSU])

Wie ernst ist es Ihnen mit der Senkung der Körperschaft-
steuersätze und mit der Reform der Unternehmensüber-
gaben wirklich? Haben Sie noch die politische Kraft,
das, was der Bundeskanzler beim Jobgipfel angekündigt
und versprochen hat, umzusetzen?


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Nein!)

Sie kommen mir vor wie ein Boxer in der zwölften
Runde, der sich stehend k. o. nach dem Schlussgong
sehnt und noch einige Luftlöcher schlägt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])


So können Sie dieses wichtige Thema doch nicht verbra-
ten, meine Damen und Herren von Rot-Grün.

Ich stelle für die Unionsfraktion noch einmal fest: Wir
wollen die Unternehmensteuerreform nicht nur anbera-
ten, sondern wir wollen sie in das Gesetzblatt bringen.
Wir werden wie immer konstruktiv mitarbeiten.


(Zurufe von der SPD: Oh!)

Wir werden selbst das enge und chaotische Verfahren in
29 Tagen mitmachen, wenn wir so für den Wirtschafts-
standort Deutschland ein wichtiges Signal setzen kön-
nen; denn mit dem Jobgipfel sind sowohl bei den Kapi-

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(C (D algesellschaften als auch beim Mittelstand große rwartungen geweckt worden. ir haben – Herr Eichel, das sage ich noch einmal – un ere Hausaufgaben gemacht. ir haben einen Gesetzentwurf – den hat das Land Bayrn erarbeitet – über die Erbschaftsteuerreform vorgeegt, und zwar mit voller Gegenfinanzierung. Bei Ihrem esetzentwurf zur Senkung der Körperschaftsteuer ist ie vorgeschlagene Gegenfinanzierung jedoch unzureihend, und zwar sowohl was die Maßnahmen als auch as die Höhe betrifft. Hier müssen Sie, Herr Eichel, chleunigst nachbessern, damit wir diese für den Wirtchaftsstandort so wichtigen Gesetze möglichst schnell n Kraft treten lassen können. In der Tat sind unsere Steuersätze im europäischen ergleich nicht konkurrenzfähig. Sie haben Recht: Die emessungsgrundlagen müssen innerhalb Europas ringend harmonisiert werden. (Dr. Uwe Küster [SPD]: Da hättet ihr längst mitmachen können!)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das stimmt!)


(Zurufe von der SPD: Wo denn? – Lächerlich!)


as Steuerrecht ist zu bürokratisch und zu kompliziert.
ein Wunder also, dass immer mehr Unternehmen ins
usland abwandern oder aufgeben müssen. In den letz-
en Jahren mussten jeweils 40 000 Unternehmen Insol-
enz anmelden. Im letzten Jahr wurden täglich 1 500 so-
ialversicherungspflichtige Arbeitsplätze ins Ausland
erlagert. So kann es und darf es doch nicht weitergehen.
nsere Kinder und Kindeskinder müssen doch in
eutschland auch im produzierenden Gewerbe noch
usbildungs- und Arbeitsplätze finden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dazu gehört auch, dass wir Unternehmensüber-
aben erleichtern müssen. Allein in diesem Jahr werden
ber 60 000 Unternehmen an die nächste Generation
bergeben. Es darf nicht sein, dass der Erbfall zum Sub-
tanzverlust führt. Wenn das Unternehmen fortgeführt
ird, darf nicht der Neid gegenüber den Erben im Vor-
ergrund stehen; vorrangig ist vielmehr der Erhalt der
rbeitsplätze. Hierbei darf die Erbschaftsteuer keine er-
rosselnde Wirkung entfalten. Deshalb muss die Reform
wie vorgeschlagen – gelingen. Besonders der Mittel-
tand mit seiner oft dünnen Kapitaldecke wartet drin-
end auf eine Lösung.
Die beiden Gesetzentwürfe sind insofern vom Grund-

atz her zu begrüßen. Sie entsprechen den Zielsetzungen
nd Ergebnissen des Jobgipfels. Die Stundung der
rbschaftsteuer bei Unternehmensübergaben und die
enkung der Körperschaftsteuer auf 19 Prozent sind
rundsätzlich richtig. Die Maßnahmen müssen jedoch
so lautet auch die Vereinbarung – voll gegenfinanziert
nd aufkommensneutral gestaltet werden.
In diesem Zusammenhang frage ich Sie noch einmal:
o bleiben Ihre Finanzierungsvorschläge, Herr Eichel?
iese vorzulegen war Ihre Aufgabe.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Heinz Seiffert

Bei der Senkung der Körperschaftsteuer verzichten

Sie zu einem guten Teil auf die Gegenfinanzierung und
bauen auf das Prinzip Hoffnung. Eine sorgfältige auf-
kommensneutrale Gegenfinanzierung wird nicht nur
von uns als Opposition, sondern auch von den Grünen
und mittlerweile sogar von Teilen der SPD-Fraktion ge-
fordert.

Sie, Herr Minister Eichel, rechnen mit erheblichen
Mehreinnahmen durch das zusätzlich in Deutschland zu
versteuernde Gewinnsubstrat. Wenn es denn so einfach
wäre, die Gewinne dorthin zu verschieben, wohin man
gerade will!


(Widerspruch des Bundesministers Eichel)

So einfach ist das aber nicht. Wenn es so einfach wäre,
dann hätten Sie längst die Finanzbehörden anweisen
müssen, dies erneut zu regeln.

Tatsache ist aber, Herr Eichel: Auch die Regierungs-
koalition glaubt mittlerweile Ihren Prognosen nicht
mehr. Sie haben mit Ihren verfehlten Prognosen alle
Glaubwürdigkeit verspielt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])


Sie bauen Ihre gesamte Haushalts- und Finanzplanung
allein auf das Prinzip Hoffnung. Wohin uns das geführt
hat, sehen wir jetzt.

Im Übrigen schadet es dem Wirtschaftswachstum
und dem Standort, wenn Sie die Senkung des Körper-
schaftsteuersatzes an Maßnahmen koppeln, die die um
das Überleben kämpfenden Mittelständler weiter belas-
ten. Ich denke dabei zum Beispiel an die Erhöhung der
Mindestbesteuerung, die systematisch und wirtschaft-
lich falsch ist. Deshalb können wir eine solche Maß-
nahme nicht mittragen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Ergebnisse des Jobgipfels sind vernünftige Ein-
zelbausteine, die es rasch umzusetzen gilt. Dabei ist auf
eine seriöse und aufkommensneutrale Gegenfinanzie-
rung zu achten. Alles andere ist angesichts der desolaten
Haushaltslage des Bundes und der Länder nicht zu ver-
antworten. Darin sind wir uns hoffentlich einig.

Die Senkung der Körperschaftsteuer und die unter-
nehmensfreundliche Reform der Erbschaftsteuer sind
wichtige Schritte zu einem besseren und gerechteren
Steuerrecht. Aber sie reichen längst nicht aus. Auch da-
rin sind wir uns sicherlich einig.

Angesichts eines dümpelnden Wirtschaftswachstums
sowie von 5 Millionen arbeitslosen Menschen brauchen
wir mehr, nämlich mutige Strukturreformen in allen
Bereichen. Ich bin mir sicher, dass Sie von Rot-Grün
diese nicht mehr schaffen. Dazu fehlen Ihnen der Wille
und die Kraft.


(Widerspruch bei der SPD)

Bei den vorliegenden Gesetzentwürfen sollten Sie

sich aber noch einmal zusammenreißen. Dazu fordere

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(C (D ch Sie auf. Zumindest bis September dieses Jahres sind ie gewählt und stehen in der Verantwortung. eshalb ist es Ihre Pflicht, diese beiden Gesetzentwürfe icht nur anzuberaten und Legenden zu bilden, sondern ie ins Gesetzblatt zu bringen. Sie sollten sich Ihrer Verntwortung bewusst werden. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Poß [SPD]: Heuchler!)


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Richtig!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1517800400

Ich erteile Kollegin Christine Scheel, Fraktion Bünd-

is 90/Die Grünen, das Wort.

(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Jetzt werden wir mal die Pirouetten beobachten!)



Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517800500

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Herr

eiffert, Ihre Äußerung, dass die Union bereit ist, die
nternehmensteuerreform und auch die vorgesehenen
nderungen in der Erbschaftsteuer ins Gesetzblatt zu
ringen, ist durchaus ehrenwert. Aber wenn Sie zu den
orschlägen des Jobgipfels stehen


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das tun wir!)

nd der Meinung sind, dass dabei eine vernünftige Ge-
enfinanzierung notwendig ist,


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Wie Sie auch!)

ann frage ich mich, warum Sie fast alle Vorschläge zur
egenfinanzierung, die von Rot-Grün und vom Minis-
er bislang vorgelegt wurden, ablehnen, aber bis heute
einen einzigen eigenen Vorschlag eingebracht haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Der Bundesrat hat mit der Mehrheit der unionsregier-
en Länder das Gesetz in einer ersten Stellungnahme als
nzureichend finanziert beurteilt.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Die haben das Gesetz beschlossen! – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Wie Sie auch!)


ie Länder haben im Bundesrat keinen einzigen Vor-
chlag für die Umsetzung der Vereinbarungen des Job-
ipfels unterbreitet.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Sie reden hier immer anders als in der Öffentlichkeit! Das ist das Problem!)


as gilt auch für Ihre Länder.

(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Die haben es doch am Freitag beschlossen!)

onseiten Ihrer Ministerpräsidenten gibt es in der De-
atte über dieses Thema die unterschiedlichsten Vor-
chläge. Der eine sagt: Die Eigenheimzulage muss jetzt






(A) )



(B) )


Christine Scheel

doch abgeschafft werden. Der Zweite sagt: Die Pendler-
pauschale wird reduziert. Der Dritte sagt: Die Sonntags-
und Nachtarbeitszuschläge werden in Zukunft nicht
mehr steuerfrei gestellt.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Konzept 21! Nicht einmal das haben Sie gelesen! Da steht alles drin!)


Der Vierte sagt: Wir müssen den Sparerfreibetrag ab-
schaffen. Der Fünfte sagt: Die Mehrwertsteuer muss um
4 Prozent angehoben werden. So wird die Debatte in
den unionsregierten Ländern geführt,


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


aber es wird keine ernsthafte Debatte darüber geführt,
wie die Unternehmensteuerreform ins Gesetzblatt kom-
men kann. Das ist die Wahrheit! Also muss man jetzt
auch einmal klipp und klar sagen: Stehen Sie als Union
zu diesen Vorschlägen und sorgen Sie im parlamentari-
schen Verfahren dafür – alle Menschen in diesem Land
wissen doch, dass die Vorschläge nur mit Zustimmung
des Bundesrates umgesetzt werden können –, dass die
Mehrheit im Bundesrat die Ergebnisse der Beratungen
hier im Deutschen Bundestag auch mittragen wird.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Der Bundestag braucht erst einmal eine Mehrheit! – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie brauchen erst einmal eine Mehrheit!)


Sie wissen alle – auch Sie, Herr Thiele, obwohl ich
manchmal denke, Ihr Gedächtnis ist verdammt kurz –,
dass wir uns keine weiteren Steuerausfälle erlauben
können, und zwar weder der Bund noch die Länder. Wir
müssen doch sehen, dass sich hier wirklich niemand aus
der Verantwortung stehlen kann.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Sagen Sie das mal Ihrem Bundeskanzler!)


Sie haben im Bundesrat – der Minister hat es zu
Recht angesprochen – den Subventionsabbau in Höhe
von 17 Milliarden Euro pro Jahr blockiert und Sie wis-
sen ganz genau, dass wir die derzeitigen Probleme in den
Haushalten des Bundes und der Länder nicht hätten,
wenn Sie sich in den letzten Jahren steuer- und finanz-
politisch konstruktiv und verantwortlich verhalten hät-
ten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Also ist die Opposition schuld! Die Opposition muss zurücktreten!)


Das weiß mittlerweile jeder in diesem Land.
Ich möchte noch etwas sagen zur Steuerbelastungs-

situation in der Bundesrepublik Deutschland, die von der
FDP immer so aufgeblasen wird. Die Steuerquote, also
die Summe der insgesamt gezahlten Steuern im Verhält-
nis zum Bruttoinlandsprodukt, ist in Deutschland im
Vergleich mit allen Ländern, mit denen wir uns in
Europa zu vergleichen haben, und auch im Vergleich mit
den USA, Kanada und Japan mit die niedrigste.

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(C (D (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist der falsche Vergleich! – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Rechnen Sie doch mal das Kindergeld und die Eigenheimzulage mit rein! Alles Märchenstunde!)


ir haben eine historisch niedrige Steuerquote und ste-
en im internationalen Vergleich sehr gut da.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das stimmt so nicht!)


a zeigt sich, dass die Steuerpolitik von Rot-Grün in den
tzten sieben Jahren, die vor allen Dingen die Entlas-
ng der kleinen und mittelständischen Unternehmen


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das Land jubelt! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Fragen Sie die mal!)


nd die Entlastung der Familien und der kleinen Ein-
ommen zum Ziel hatte, aufgegangen ist und dass eine
rhebliche steuerliche Entlastung auch wirklich stattge-
unden hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Lesen Sie mal den Armutsbericht! – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das Land jubelt! Sie können sich vor Dankbarkeit gar nicht mehr retten!)


Jetzt geht es um Strukturverbesserungen in unserem
teuersystem und um mehr Transparenz und Vereinfa-
hung.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das machen wir jetzt! Beschließen wir das Gesetz!)


ir müssen unsere Steuersätze bei den Unternehmen,
ie sich international messen lassen müssen, auf ein Ni-
eau setzen, das die internationale Wettbewerbsfähig-
eit gewährleistet. Hier müssen wir feststellen, dass die
teuersätze – es geht nicht um die Steuerbelastung, son-
ern um die Steuersätze, um die Optik – für die Unter-
ehmen in der Bundesrepublik Deutschland leider sehr
och sind. Deshalb sagen wir zu Recht: Wir müssen mit
iesem Gesetz den Körperschaftsteuersatz auf 19 Pro-
ent senken – die Gewerbesteuer und der Solidaritäts-
uschlag kommen noch hinzu –, damit wir ins westeuro-
äische Mittelfeld rücken. Diese Entscheidung
ugunsten des Standortes und der Arbeitsplätze in
eutschland ist richtig und notwendig, und zwar nicht
ur vor dem Hintergrund des Standortwettbewerbs, son-
ern auch im Hinblick auf die Erhöhung des Anreizes
ür Unternehmen, ihre Gewinne hier zu versteuern.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Machen Sie das!)


arauf hat der Minister bereits hingewiesen.
Das Ziel der Senkung der Unternehmensteuern ist

lso, Unternehmen, die bereits Gewinne am deutschen
iskus vorbei ins Ausland transferieren oder darüber
achdenken, weil andere Länder ihre Steuersätze sen-
en, in Deutschland zu veranlagen. Wir wollen dafür






(A) )



(B) )


Christine Scheel

sorgen, dass die Finanzierung dieser Reform auf eine so-
lide Grundlage gestellt wird.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Trauen Sie sich! Nur Mut!)


Sie haben sich ebenfalls dazu bekannt und gesagt,
dass Sie sich daran beteiligen werden. Frau Merkel hat
aber gesagt, die Unternehmensteuerreform gefalle ihr
nicht.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Sie wollen doch nur von Ihrer eigenen Zerrissenheit ablenken!)


Wir bräuchten stattdessen eine Senkung des Spitzensteu-
ersatzes auf 39 Prozent und diese Senkung solle mit ei-
ner Anhebung der Mehrwertsteuer finanziert werden.
Das akzeptieren wir nicht. Das wird mit uns nicht zu ma-
chen sein. Das muss man an dieser Stelle ganz klipp und
klar sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Der ehemalige Finanzminister von Schleswig-Holstein findet das richtig!)


Wir wollen mehr Anreize für Arbeitsplätze und
Investitionen am Standort Deutschland.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das glaubt Ihnen niemand mehr!)


Wir Grüne haben Vorschläge gemacht, aus denen her-
vorgeht, wie man in steuerlicher Hinsicht auf die Proble-
matik der Arbeitsplatzverlagerung reagieren sollte. Wir
befinden uns im Finanzausschuss in der Diskussion da-
rüber.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nicht im Finanzausschuss! Bisher nicht!)


Ich gehe davon aus, dass sich Union und FDP daran kon-
struktiv beteiligen werden.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wir kennen aber keine Vorschläge von Ihnen im Finanzausschuss!)


– Herr Thiele, wenn Sie behaupten, dass Sie keine Vor-
schläge von uns kennen, dann kann ich nur sagen: Wir
sind gerade am Anfang der Beratungen. Wir lesen heute
den Gesetzentwurf zum ersten Mal.

Morgen wird der Finanzausschuss erstmalig darüber
beraten. Danach werden wir im Rahmen des parlamenta-
rischen Verfahrens – ich hoffe: gemeinsam – für eine
vernünftige Finanzierung sorgen. Wenn Sie sich hier
aufblasen und sagen, Sie seien bereit, das Gesetz in Kraft
treten zu lassen, dann bitte ich auch um Vorschläge Ih-
rerseits. Sie können nicht nur ständig das, was Rot-Grün
vorschlägt, ablehnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wir hätten viel weiter sein können, wenn Sie nicht gewesen wären!)


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(C (D Ein weiteres Gesetz, das wir sehr positiv betrachten, etrifft die Regelung der Unternehmensnachfolge. Es st richtig, die Unternehmensnachfolge vor allen Dingen n mittelständischen Familienbetrieben zu erleichtern. er Vorschlag, nach zehn Jahren Betriebsfortführung die rbschaftsteuer auf das betriebliche Vermögen – gestafelt – entfallen zu lassen, ist richtig. Das ist für den tandort und die Planungssicherheit der Unternehmen ehr wichtig. (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das war doch unser Vorschlag!)


ür uns ist entscheidend, dass der Betriebsübergang für
leine und mittlere Unternehmen erleichtert wird, dass
rbeitsplätze dadurch langfristig gesichert werden, dass
s in diesem Zusammenhang keine neuen Steuerspar-
odelle gibt und dass die Finanzierung dieser Reform
uf eine solide Basis gestellt wird. Dazu wird es im Ge-
etzgebungsverfahren noch Vorschläge geben.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Dann fordern Sie den Finanzminister auf, nachzubessern, genauso wie ich es gemacht habe!)


Ich sage an die Adresse der Union: Wenn Sie sich ge-
en die Umsetzung unserer Vorschläge nicht sperren und
enn es Ihnen wirklich Ernst ist,


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Uns ist es Ernst!)

ass wir die Ergebnisse des Jobgipfels noch vor der
ommerpause in Gesetze umsetzen – Sie wissen, dass
ir die Zustimmung des Bundesrates brauchen –,


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Sie haben doch in den eigenen Reihen keine Mehrheit!)


ann kommt es nun darauf an, dass Sie im Bundestag
icht nur die Backen aufblasen, sondern die unions-
eführten Länder dazu motivieren, sich an einer soliden
inanzierung zu beteiligen.
Wir brauchen klare Signale aus den Ländern; sonst

ommt dieser Gesetzentwurf nicht ins Bundesgesetz-
latt. Das wissen Sie ganz genau. Wir warten auf Ihre
orschläge.
Ich bin sehr heiser. Meine Stimme war heute leider

icht so, wie sie sonst ist. Ich bitte um Entschuldigung.
Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Noch lauter brauchte sie wirklich nicht zu sein! Zum Rumeiern hat die Stimme gereicht!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1517800600

Ich erteile das Wort Kollegen Carl-Ludwig Thiele,

DP-Fraktion.


Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1517800700

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Herr Finanzminister Eichel, wenn
hre Politik wirklich so fantastisch ist, wie Sie sie hier






(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele

dargestellt haben, warum wollen Sie dann eigentlich
Neuwahlen


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

und warum droht der Bundeskanzler damit, die Vertrau-
ensfrage zu stellen? Das passt doch überhaupt nicht zu-
sammen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Frau Kollegin Scheel, nachdem Sie sämtliche von

Rot-Grün vorgenommenen Entlastungen hier vorgetra-
gen haben, frage ich Sie: Wer zahlt eigentlich die Öko-
steuer? Das sind doch die Leute, die Strom und Heiz-
energie verbrauchen und die tanken müssen. Das müssen
Sie doch zumindest bei der Steuerbelastung berücksich-
tigen.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Aber EEG und KWK sind viel schlimmer! – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wollen Sie denn mit der Rente machen?)


Die Gesetzentwürfe, die wir heute beraten – die Sen-
kung der Körperschaftsteuer und die Verbesserung bei
der Übergabe von Familienunternehmen –, sollten ei-
gentlich dazu beitragen, die Rahmenbedingungen für
Wachstum und Beschäftigung in unserem Lande zu ver-
bessern. Als Ausfluss der Regierungserklärung vom
17. März und als Ausfluss des so genannten Jobgipfels
sollte mit diesen Gesetzen eine Aufbruchstimmung er-
zeugt werden. Wir haben aber festgestellt: Durch die An-
kündigung dieser Gesetze haben wir das bisher nicht er-
reicht. Allerdings hat sich eines grundlegend geändert:
Es wird eine Aufbruchstimmung geben, weil sich ab-
zeichnet, dass die rot-grüne Lähmung unseres Landes zu
Ende geht. Wir nähern uns Neuwahlen und wir haben die
Chance auf einen Politikwechsel in Deutschland.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wir diskutieren diese Gesetze in einer Stimmung, die

vom Ende der rot-grünen Regierung geprägt ist. Die
Wähler in Nordrhein-Westfalen haben die letzte rot-
grüne Regierung abgewählt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Rot-Grün ist kein Modell für Deutschland mehr. Das
rot-grüne Reformprojekt ist gescheitert und die Partner
zerlegen sich: Der Bundeskanzler will Neuwahlen; die
Grünen sind dagegen. Die Grünen sind nicht gefragt
worden; sie sind auch nicht einbezogen worden. Das hat
allerdings seine Gründe: Die Grünen sind in keiner ein-
zigen Landesregierung mehr vertreten. Damit haben sie
über den Bundesrat in unserem Lande keinerlei Gestal-
tungsspielraum mehr.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Und das ist gut so!)


Die Bürger in unserem Lande wollen, dass die zentra-
len Probleme Deutschlands gelöst werden und dass man
sich nicht nur mit Orchideenthemen beschäftigt. Die
Bürger wollen, dass ihre Sorgen ernst genommen wer-

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(C (D en. Wir als Politiker haben angesichts 5 Millionen reistrierter Arbeitsloser die Aufgabe, die Weichen für ehr Arbeitsplätze in unserem Land zu stellen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Rekordarbeitslosigkeit ist die Folge rot-grüner
olitik. Wenn die Politik die Probleme nicht löst, dann
uchen sich die Probleme selbst ihre Lösungen. Der Weg
u Neuwahlen und zu neuen Mehrheiten im Deutschen
undestag ist deshalb richtig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Finanzminister Eichel, die FDP war nicht Ge-
enstand der von Ihnen geäußerten Kritik. Sie konnten
ie FDP auch nicht kritisieren, weil wir unsere Konzepte
mmer vorgelegt haben. Ich erinnere an unseren ausfor-
ulierten Steuerentwurf. In anderen Bereichen haben
ir für unsere Ideen sehr konkret geworben. Wir als Op-
osition haben auch dann konstruktiv gearbeitet, wenn
nsere Ideen nicht aufgegriffen wurden. Rot-Grün hat
gnoranz demonstriert; daher haben Sie das Scheitern
ieser Politik zu verantworten und nicht die FDP.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Und wir auch nicht!)


Auch die Union nicht, Herr Kollege Seiffert.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass alles getan wird,

amit in unserem Lande mehr Arbeitsplätze entstehen,
nd dass alles unterlassen wird, was Arbeitsplätze ge-
ährdet.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Die Grünen erst mal weg!)


Diese Gesetzentwürfe sollten zum Abbau der Arbeits-
osigkeit beitragen und eine Aufbruchstimmung erzeu-
en. Heute haben wir aber eine ganz andere politische
ituation. Diese Gesetzentwürfe erweisen sich als letztes
üdes Aufbäumen einer abgewirtschafteten Koalition,
ie den Schein einer Reformpolitik wahren will. Deshalb
erden wir im Finanzausschuss, insbesondere was Rot-
rün angeht, keine ernsthaften politischen Beratungen,
ondern nur Gesichtswahrungsübungen erleben.
Bis zum 1. Juli will kein Abgeordneter von Rot-Grün
efahr laufen, als Meuchelmörder des Bundeskanzlers
nd der rot-grünen Koalition zu erscheinen. Keiner will
en Dolch im Gewande führen. Sie, Frau Scheel, haben
azu beigetragen, dass es zu den Gesetzen keine Frak-
ionsentwürfe gibt. Diese hätten wir eigentlich benötigt.
ir hätten schon vor drei Wochen die erste Lesung ha-
en können. Dann wären wir heute weiter.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich sage Ihnen jetzt schon: Sie werden einknicken.

ie werden alles schlucken, was im Gesetzentwurf steht;
enn das Gesetzgebungsverfahren wird einfach von der
uche nach einem verfassungsgemäßen Weg zu Neu-
ahlen überlagert.






(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wie kom men sie hier raus?)

Der Bundeskanzler hat erklärt, dass er die Wundertüte,
aus der er einen verfassungsgemäßen Weg zu Neuwah-
len zaubern will, erst am 1. Juli öffnen wird.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Aus Respekt vor dem Parlament!)


– Aus Respekt vor dem Parlament. – Bis dahin dürfen
Herr Müntefering und Herr Fischer einmal in die Wun-
dertüte schauen. Der Rest der Abgeordneten wird vom
Bundeskanzler offiziell für dumm verkauft; denn er sagt,
dass die Abgeordneten die Ersten sein sollen, die erfah-
ren, auf welchem Weg er Neuwahlen herbeiführen will.

Das Ziel des Bundeskanzlers – vorgezogene Neuwah-
len – ist richtig; der Weg dahin ist schon jetzt skandalös
und an Frechheit und Dreistigkeit nicht zu überbieten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Was ist eigentlich das Thema?)


Die sauberste Möglichkeit, Neuwahlen zu erlangen,
wäre ein Rücktritt des Bundeskanzlers. Diesen Weg
wünschen wir uns. Das wäre der richtige Weg, um zu
Neuwahlen zu kommen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das wäre wenigstens ein bisschen ehrlich!)


Zu den Gesetzentwürfen. Mit dem Entwurf des Geset-
zes zur Absenkung der Körperschaftsteuer zeigt die
Koalition, dass wir Reformen brauchen und dass wir in-
ternational wettbewerbsfähiger werden müssen. Aber
der vorliegende Gesetzentwurf ist zu kurz gesprungen.
Dazu drei Punkte: Erstens. Da ausschließlich die Kör-
perschaftsteuer gesenkt werden soll, vergrößert sich die
Kluft zu den Personenunternehmen; das ist die logische
Folge. Deshalb ist dieses Konzept ordnungspolitisch
verfehlt.

Zweitens. Der Gesetzentwurf ist auch handwerklich
– bewusst oder unbewusst – schlecht gemacht. Denn
wenn in der Steuerschätzung ein Körperschaftsteuerauf-
kommen von 17 bis 18 Milliarden Euro unterstellt wird
und die Körperschaftsteuersätze um 24 Prozent sinken,
sinkt das Steueraufkommen um 24 Prozent und damit
um 4,3 und eben nicht um 5,3 Milliarden Euro. Sie gau-
keln den Bürgern also 1 Milliarde Euro mehr an Entlas-
tungswirkung vor.


(Joachim Poß [SPD]: Das ist ja eine abenteuerliche Rechnung!)


Drittens. Die Erhöhung der Mindeststeuer durch eine
weitere Einschränkung des Verlustvortrages lehnt die
FDP ab. Man kann doch insbesondere investierende Un-
ternehmen mit hohen Anlauf- oder hohen Projektkosten
nicht dadurch belasten, dass man Scheingewinne besteu-
ert. Genau das aber geschieht; dies soll verschärft wer-
den.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D iese Mindeststeuer ist der falsche Weg, Wachstum zu eschleunigen. Die Befreiung des betrieblich gebundenen Vermögens on der Erbschaftsteuer ist richtig. Das entspricht einer ahrzehntelangen Forderung der FDP, die wir – als einige Partei – schon im letzten Bundestagswahlkampf in nser Programm aufgenommen hatten. Hier allerdings ine Grenze von 100 Millionen Euro einzuziehen ist eine illkürliche Ungleichbehandlung und deshalb aus unseer Sicht verfassungswidrig. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sie soll ja noch niedriger sein!)


Wir brauchen im Rahmen der Politik für einen Auf-
ruch in Deutschland nicht mehr ein Klein-Klein und
icht mehr den Versuch, den Urwald mit einer Nagel-
chere zu roden. Wir brauchen einen Neuanfang, auch in
er Steuerpolitik.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eshalb sagen wir als Erstes: Die Sondersteuer auf Ar-
eit, die Gewerbesteuer, muss abgeschafft werden.
ußerdem brauchen wir eine Abgeltungsteuer auf Kapi-
alerträge. Dann kann das Bankgeheimnis wieder herge-
tellt werden.


(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, Herr

räsident, ich komme zum Schluss. Hermann Hesse
agte einmal: Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Wir
ls FDP wollen den Anfang, wir wollen einen grund-
egenden Neuanfang für unser Land und eine neue
ufbruchstimmung.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Neuanfang mit Herrn Westerwelle! Juchhe! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ir wollen mehr Freiheit für unsere Bürger und unser
and und wir wollen grundlegende Reformen als Vo-
aussetzung für eine neue Aufbruchstimmung. Wir wol-
en mehr Wachstum und mehr Beschäftigung in unserem
and, damit Deutschland nicht mehr im Bremserhäus-
hen sitzt, sondern wieder zur Lokomotive für mehr Ar-
eitsplätze wird.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Zaubern Sie sich mal weg!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1517800800

Ich erteile das Wort Kollegen Jochen Poß, SPD-Frak-

ion.

(Beifall bei der SPD)



Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1517800900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege

hiele hat sich heute wieder einmal als exzellenter Ver-
reter von faulem Zauber bewährt;






(A) )



(B) )


Joachim Poß


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

denn alles, was er hier geboten hat, hat mit einem jeden-
falls nichts zu tun: mit den Zahlen und mit der Wirklich-
keit.

Um es gleich vorweg zu sagen: Die SPD-Bundestags-
fraktion steht hinter den von der Bundesregierung be-
schlossenen steuerlichen Eckpunkten


(Lachen bei der CDU/CSU)

aus der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom
17. März 2005.


(Beifall bei der SPD – Heinz Seiffert [CDU/ CSU]: Sie sind von einer anderen Welt!)


Diese Koalition hat seit der Regierungsübernahme 1998
die Bedingungen für die Unternehmen in Deutschland
nachhaltig verbessert. Das wird uns zum Teil vorgewor-
fen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Genau! Aus den eigenen Reihen!)


Wir haben die Bedingungen nachhaltig verbessert. Das
gilt für die Personengesellschaften noch mehr als für die
Kapitalgesellschaften. Das ist die Wahrheit, meine Da-
men und Herren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Wahrheit ist, dass neben Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmern, Geringverdienern und Familien mit Kin-
dern die mittelständische Wirtschaft zu den Gewinnern
unserer Steuerpolitik zählt. Dazu waren Sie, meine Da-
men und Herren, bis 1998 nicht in der Lage.


(Beifall bei der SPD – Heinz Seiffert [CDU/ CSU]: Deshalb machen auch 40 000 Betriebe im Jahr zu!)


Gleichwohl müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass
die Entwicklung in Europa voranschreitet.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1517801000

Kollege Poß, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Schauerte?

Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1517801100

Aber gerne.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Herr Schaurig ist immer willkommen!)



Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1517801200

Herr Kollege Poß, wenn das Land so voller Gewinner

steckt, wie Sie das gerade beschrieben haben, dann be-
antworten Sie mir und den Zuschauern doch bitte eine
Frage: Warum will der Bundeskanzler nicht mehr wei-
termachen?


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


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(C (D Der Bundeskanzler und der SPD-Parteivorsitzende aben das sehr deutlich gemacht. Sie haben gesagt: Anesichts der Wahlergebnisse der letzten Jahre suchen wir ine neue politische Legitimation für unseren Kurs, der ichtig ist, nämlich Erneuerung in sozialer Verantworung. (Elke Wülfing [CDU/CSU]: Ihr habt doch eine Mehrheit!)

Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1517801300

er Kurs ist richtig.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Dann bleiben Sie doch hier!)


afür, dass er bestätigt wird, werden wir kämpfen, Herr
chauerte.
Bei dem, was Sie jetzt zu bieten beginnen – Herr

toiber hat sich gestern im Interview mit der „Zeit“ ge-
ußert –, wird sich noch mancher umgucken, Herr
chauerte. Den Menschen, insbesondere den Arbeitneh-
ern, die in Nordrhein-Westfalen CDU gewählt haben,
erden die Augen aufgehen


(Beifall bei der SPD)

ngesichts dessen, was auf sie zukommt, wenn Sie von
en vielen Versprechungen nur eines realisieren, näm-
ich Ihr Konzept des Bierdeckels. Das lautet in erster Li-
ie: Entlastung für wenige durch Senkung des Spitzen-
teuersatzes


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Warum treten Sie zurück?)


nd Mehrwertsteuererhöhung für alle. Das wird die Phi-
osophie sein, mit der Sie steuerpolitisch vorgehen, Herr
chauerte. Das werden wir noch klar machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP: Dann lassen Sie doch die Neuwahl!)


Wir machen im europäischen Zusammenhang weiter.

(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)


Ja, wir machen weiter. Sie werden sich noch wundern,
eine Damen und Herren.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Wir wundern uns jetzt schon! – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ich wundere mich schon die ganze Zeit!)


Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es in Europa
inen Standortwettbewerb über Steuersätze gibt. Wir
ollen aber keinen ungezügelten Steuersenkungswett-
auf. Alle Staaten, die sich daran beteiligen, werden ver-
ieren. Also müssen wir einen ruinösen Wettbewerb be-
ämpfen. Deshalb ist richtig, was der Bundeskanzler und
hirac vorgeschlagen haben: eine EU-weit einheitliche
emessungsgrundlage bei der Unternehmensbesteue-
ung.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Richtig! – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Und was habt ihr in den letzten Jahren dazu beigetragen?)







(A) )



(B) )


Joachim Poß

In diesem Kontext diskutieren wir die Gesetzentwürfe,
um die es hier und heute geht.

Das ist für alle Mitgliedstaaten von herausragender
Bedeutung. Nur auf dieser Grundlage, die im Übrigen
auch durch die Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs erzwungen wird, kann ein fairer Steuer-
wettbewerb stattfinden. Genau dafür steht meine Partei.
Die SPD steht für fairen Steuerwettbewerb in Europa.


(Beifall bei der SPD)

Die vom Bundeskanzler vorgeschlagene Steuersatz-

senkung ist keine pauschale Steuersenkung, wie überall
berichtet wird; es ist eine Senkung des Steuersatzes von
25 auf 19 Prozent, die Deutschland bei der nominalen
Belastung ins europäische Mittelfeld, in eine gute Mit-
telposition führt. Das hat uns übrigens kürzlich im
Finanzausschuss auch die OECD empfohlen. Das setzen
wir um. Damit sichern wir, technisch gesprochen, Steu-
ersubstrat, weil die international verflochtenen Konzerne
dann mehr Gewinne in Deutschland versteuern werden.
Die OECD hält die Anreize dafür, dass Unternehmen
steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten nutzen, um ihre
Gewinne – nicht die Produktion – ins Ausland zu verla-
gern, angesichts des derzeit geltenden Regelsteuersatzes
für Kapitalgesellschaften in Deutschland für zu groß. Es
geht hierbei also um Gewinn-, nicht um Produktionsver-
lagerung.

Das sage ich auch zu einem Streitpunkt, der uns in
den eigenen Reihen beschäftigt. Die OECD widerspricht
damit der Behauptung, dass es im deutschen Steuerrecht
Anreize für eine Arbeitsplatzverlagerung ins Ausland
gibt. Richtig ist aber, dass die in Deutschland erzielten
Gewinne nicht ausnahmslos hier versteuert werden. Aus
diesem Grund ist der Entwurf des Gesetzes zur Verbes-
serung der steuerlichen Standortbedingungen ein richti-
ger Ansatz und liegt im Interesse einer europäischen
Harmonisierung.

Das Gleiche gilt für den Entwurf des Gesetzes zur
Sicherung der Unternehmensnachfolge. Er greift
– das will ich einmal deutlich sagen – einen wichtigen
Punkt der Beschlüsse des SPD-Parteitages von Bochum
aus dem Jahre 2003 auf.


(Zuruf von der CDU/CSU: Was?)

Dort wurde gefordert, dass durch Freibeträge oder ver-
gleichbare Instrumente bei der Erbschaftsbesteuerung
die Fortführung von kleinen und mittleren Unternehmen
gesichert werden soll. Ich sage ausdrücklich: Das ist Be-
schlusslage der SPD.

In unserem Parteitagsbeschluss zur Erbschaftsbesteu-
erung werden aber noch weitere Forderungen aufge-
stellt, auf die meine Fraktion im weiteren Gesetzge-
bungsverfahren zurückkommen wird. Sie betreffen die
momentan gültige, aber verfassungsrechtlich bedenkli-
che niedrige Bewertung von Grundvermögen und die
Frage der Angemessenheit der Belastung von hohen
und höchsten Erbschaften. Diese Maßnahmen bieten
über ihre politische Rechtfertigung hinaus auch die
Möglichkeit einer Finanzierung der vorgeschlagenen Er-

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(C (D eichterung bei Betriebsnachfolgen im System der Erbchaftsteuer selbst. Der bayerische Gesetzentwurf enthält dagegen einen inanzierungsvorschlag, der diese Voraussetzung nicht rfüllt. Das muss man hier klar sagen. ayern will eine reine Ländersteuer mit einer Maßahme finanzieren, die sowohl Bund und Länder als uch Gemeinden betrifft. Das werden wir nicht akzeptieen. Es gibt nämlich vernünftige und sogar verfassungsechtlich gebotene Alternativen; diese habe ich gerade enannt. Die CDU/CSU hat entgegen der Zusage von Herrn toiber und Frau Merkel beide Gesetzentwürfe der Bunesregierung im Bundesrat abgelehnt – so viel zur Leendenbildung –, obwohl der Bundeskanzler in seiner egierungserklärung am 17. März nicht nur die Steuerrleichterung, sondern auch die von der Union jetzt kritiierten Finanzierungsmaßnahmen beim Gesetz zur Veresserung der steuerlichen Standortbedingungen schon onkret benannt hat. Die Union bleibt damit ihrer bisheigen Linie treu. Sie fordert ständig eine breitere steuerlihe Bemessungsgrundlage. Aber wenn es ernst wird, lockiert sie, weil sie darauf hofft, dass die Leute das omplizierte Zusammenspiel zwischen Bundestag und undesrat nicht durchschauen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


Das Gleiche gilt für Ihre Kritik bezüglich der Rück-
ührung von Steuersubstrat nach Deutschland. Die
ängige Formel von CDU/CSU in der Steuerpolitik be-
agt, dass die Steuersätze nur weit genug gesenkt werden
üssen, damit danach die Steuereinnahmen umso stär-
er fließen. Wird dieser Ansatz dann in einer für die öf-
entlichen Haushalte vertretbaren und verantwortbaren
eise aufgegriffen, will sie davon nichts mehr wissen.
abei geht sie bei ihren eigenen Beschlüssen, Herr
eiffert, von einer milliardenschweren Selbstfinanzie-
ung durch angebliche Wachstumseffekte in zweistelli-
er Höhe aus.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Durch Wirtschaftswachstum!)


0 Milliarden Selbstfinanzierung! Was Sie da machen,
st, vornehm ausgedrückt, Voodoo.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie gaukeln den Menschen ständig etwas vor. Ihre Poli-
k reduziert sich auf die systematische Täuschung von
ählerinnen und Wählern.
Herr Kauder hat zuletzt noch öffentlich behauptet,

ass die – unfinanzierbaren – Steuerversprechen der
nion trotz der leeren öffentlichen Kassen aufrechter-
alten werden können.
Frau Merkel kündigt weitere Steuersenkungen an.
eine Damen und Herren, was Sie da veranstalten, ist
ahlschwindel. Das muss man so deutlich sagen.






(A) )



(B) )


Joachim Poß


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Krista Sager Im Moment überholen sich die Vertreter der Union ja quasi mit Vorschlägen, die Entfernungspauschale oder andere steuerliche Vergünstigungen von Arbeitnehmern wie die Steuerfreiheit von Sonntagsund Schichtzuschlägen einzuschränken oder ganz abzuschaffen. (Elke Wülfing [CDU/CSU]: Es ist noch keine drei Wochen her, dass wir das Konzept besprochen haben!)


Frau Kollegin, die Katze ist jetzt für alle sichtbar aus
dem Sack. Die Arbeitnehmer, auch die, die zuletzt in
Nordrhein-Westfalen CDU gewählt haben, werden sich
– ich habe es schon gesagt – verwundert die Augen rei-
ben, wie schnell auf ihrem Rücken ein höheres Steuer-
aufkommen realisiert werden soll.


(Beifall bei der SPD)

Ich wiederhole, Herr Schauerte: Das Steuerkonzept

der Union ist wieder ganz einfach geworden. Es hat drei
Komponenten und passt sogar wieder auf einen Bier-
deckel: erstens Mehrwertsteuer für alle herauf, zweitens
steuerliche Vergünstigungen für alle Arbeitnehmer weg
und drittens Spitzensteuersatz für einige wenige herun-
ter. Das sind mittlerweile die drei simplen steuerpoliti-
schen Leitplanken der Union. Auf diese Bierdeckelsteu-
erreform wird es hinauslaufen, wenn CDU/CSU und
FDP bei einer vorgezogenen Bundestagswahl eine
Mehrheit erreichen sollten. Das hat Herr Stoiber gestern
in seinem Interview mit der „Zeit“ bestätigt. Klarer als
Herr Stoiber kann man das gar nicht auf den Punkt brin-
gen. Für die Klarheit, die er da geschaffen hat, bin ich
ihm sehr dankbar.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)


Entlarvend ist auch, was Herr Glos in diesem Zusam-
menhang gesagt hat. Herr Glos hat gesagt


(Zuruf der Abg. Elke Wülfing [CDU/CSU])

– hören Sie einmal zu, was Herr Glos gesagt hat –, es
werde sicher im Wahlprogramm eine Formulierung ge-
funden, die die Union einerseits ehrlich erscheinen lasse,
die andererseits aber den notwendigen Spielraum zur
Finanzierung der Staatsfinanzen biete.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Ja, was denn sonst?)


Das heißt im Klartext:

(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Jetzt kommt wieder Ihre falsche Interpretation, die poßsche!)


Sie wollen sich mit Täuschung an die Macht mogeln.
Herr Glos hat das hier offen gesagt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Vergessen hat Herr Glos nur zu sagen, dass auch ein
gewisser Spielraum für eine weitere Senkung des Spit-

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(C (D ensteuersatzes bestehen bleiben müsse. Wenn Herr los hinzufügt, dass auf dem Wege der Gesundung die ehandlung auch ein bisschen weh tun könne, dann trifft as sicher für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Deutschland zu. Ich kann nur sagen: Arbeitnehmerinen und Arbeitnehmer, zieht euch bei diesen Steuerpläen der Union warm an! Aber ich kann auch sagen: iebe Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ihr könnt uch darauf verlassen, dass es mit der SPD weiterhin ine sozial gerechte Besteuerung nach der wirtschaftchen Leistungsfähigkeit geben wird. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as ist der Verfassungsgrundsatz. Das ist der Grundsatz
ür die soziale Marktwirtschaft, der Grundsatz für einen
ozialstaat. Diesen garantieren wir. Er wird nicht durch
as garantiert, was Sie im Schilde führen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Ihr seid gescheitert!)


Auf die Union ist steuerpolitisch jedenfalls kein Ver-
ss, weder bei der Unternehmensbesteuerung, wie sich
tzt angesichts der Absprachen mit dem Bundeskanzler
m 17. März zeigt,


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Wollen Sie den Steuersenkungen jetzt zustimmen oder lehnen Sie sie ab?)


och bei der Einkommensbesteuerung, wie Ihre leeren
ersprechungen, die Sie seit vielen Monaten in der Steu-
rpolitik gemacht haben, belegen. Den Wählerinnen und
ählern werden jetzt die Augen geöffnet und sie werden
rkennen,


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Dass ihr die Besten seid!)


ass eine verlässliche und sozial gerechte Steuerpolitik,
b bei der Besteuerung von Arbeitnehmern oder bei der
esteuerung von Unternehmern, nur mit der SPD und
it dieser Koalition zu haben ist.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1517801400

Ich erteile das Wort Kollegen Hans Michelbach,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1517801500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Herr Poß, Sie kommen mir vor wie ein Ertrin-
ender, der ins tiefe Wasser gesprungen ist und feststellt,
ass er gar nicht schwimmen kann. Ich kann nur deutlich
agen: Die Tatsachen müssen noch einmal sachlich fest-
ehalten werden.


(Joachim Poß [SPD]: Seit wann reden Sie über Tatsachen? Sie täuschen doch bloß!)







(A) )



(B) )


Hans Michelbach

Die Vorsitzenden der CDU und der CSU sind ins Kanz-
leramt gegangen und haben dem Regierungschef die
Hand gereicht, um gemeinsam darüber nachzudenken,
wie wir in Deutschland mehr Wachstum und Beschäfti-
gung bekommen. Leider ist die dabei beschlossene steu-
errechtliche Initiative zu einem rot-grünen Trauerspiel
auf dem Rücken von Arbeitnehmern und Unternehmen
geworden.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: So ist das!)

Was ist in den letzten Wochen passiert, meine Damen

und Herren? Vor der NRW-Wahl war sich Rot-Grün
plötzlich nicht mehr einig.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)

Man hat sich außerstande gesehen, eine geschlossene
Haltung herzustellen. Die im Kabinett beschlossenen
Steueranträge wurden im Bundestag von der Tagesord-
nung genommen. Tatsache ist einfach: Die SPD ist in-
nerlich zerrissen zwischen Agenda 2010 und Kapitalis-
muskritik; hier passt nichts mehr zusammen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Grünen lehnen die Finanzierung von Herrn Eichel
als unseriös ab.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Zu Recht!)

– Da haben sie teilweise Recht. – Die SPD-geführten
Länder haben im Bundesrat die Verbesserung der Rege-
lungen zur Unternehmensnachfolge abgelehnt. Wie
kommen Sie eigentlich dazu, zu sagen, die SPD stehe
hinter diesen Steuergesetzen? Im Bundesrat haben Sie
diese Steuergesetze abgelehnt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir erleben blankes Regierungschaos. Die Linken der

SPD und der Grünen fordern heute sogar neue Steuer-
erhöhungen – nicht Steuererleichterungen, sondern Steu-
ererhöhungen! Das ist Tatsache und zeigt, dass bei Ihnen
nichts zusammenpasst.

Außerdem sollen diese Steuergesetze vielleicht – das
ist sehr bedenklich – als Vehikel für eine inszenierte
Vertrauensfrage herhalten. Der Bundeskanzler will
aber, so scheint es, vor dem 1. Juli mit seinen Abgeord-
neten nicht darüber sprechen.

Mit seriöser und verantwortungsvoller Politik hat das
alles nichts mehr zu tun, meine Damen und Herren. Das
ist ein politischer Offenbarungseid. Um mit einer be-
kannten Parole zu sprechen: Die Flasche ist leer, Sie ha-
ben fertig! Abtreten!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie sind ökonomisch gescheitert, aber haben noch nicht
einmal genug Charakter für einen sauberen Abgang.
Keine Regierungsfähigkeit, keine Abwicklungsfähig-
keit – das sind Tatsachen in diesem Lande, meine Da-
men und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Jetzt wollen die Oberstrategen von Rot-Grün die beim

Jobgipfel fest vereinbarten und für die Arbeitsplätze

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(C (D ringend notwendigen Steuergesetze noch manipulieren. ie Bundesregierung legt Gesetzentwürfe vor, weiß aber och gar nicht, ob sie auch wirklich umgesetzt werden ollen. (Zuruf von der CDU/CSU: Die gibt es gar nicht!)


ie Parlamentarier von SPD und Grünen sollen dabei
ewissermaßen zur strategischen Verfügungsmasse de-
radiert werden. Das, was wir hier erleben, ist eine Miss-
chtung des Parlaments und bedeutet einen Schaden in
ezug auf mehr Wachstum und Beschäftigung, für den
tandort Deutschland und für die Arbeitsplätze in
eutschland. Das haben Sie zu verantworten.
Die hier vorliegenden Entwürfe der Steuergesetze
erden für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Arbeits-
lätze dringend benötigt. Die CDU/CSU will Steuer-
rleichterungen noch vor den Neuwahlen durchsetzen.
ie Beschäftigungsfrage steht im Mittelpunkt unserer
olitik und muss im Mittelpunkt aller Politik stehen. Wir
ollen erneut eine Vertrauensbasis für den Standort
eutschland herstellen.
Unsere Leitlinie heißt: Arbeit braucht Wettbewerbsfä-

igkeit und Wettbewerbsfähigkeit braucht eben Steuerer-
ichterungen, nicht aber Steuererhöhungen. Für die
enschen muss es jetzt ein Signal für mehr Wachstum
nd Beschäftigung geben.
Ich lade Sie ein, Herr Eichel: Wenn Teile der SPD und

er Grünen nicht mehr wollen, dann setzen Sie die steu-
rrechtlichen Jobgipfelvereinbarungen im Bundestag mit
ns um! Wir sind bereit dazu. So können Sie beweisen,
ass Sie gar nicht die Vertrauensfrage damit verbinden
ollen, sondern dass es Ihnen um die Sache, um die Ar-
eitsplätze sowie um Wachstum und Beschäftigung in
eutschland, geht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, Selbstblockade einer
undesregierung kann sich Deutschland einfach nicht
ehr leisten. Es ist doch eine Tatsache: Wer im Juni
icht mehr weiter weiß, ist doch im September nicht klü-
er.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

eim Scheitern im Frühling kann man im Herbst keinen
weiten Frühling erwarten. Das ist doch paradox.
Das Argument, wir könnten uns Steuererleichterun-

en nicht mehr leisten, kann ich nicht gelten lassen. Wir
aben in unseren gesamten Steuerkonzeptionen eine voll
urchgerechnete Gegenfinanzierung vorgelegt. Alle
eile unseres Konzeptes 21 wurden vorgelegt. Sie be-
aupten, das sei nicht finanzierbar.


(Zuruf von der SPD: Luftnummer!)

as kann ich nicht gelten lassen. Wenn Sie so weiterma-
hen, können wir uns bald gar nichts mehr leisten. We-
en dieser Tatsache müssen wir auf eine neue Gesamt-
teuerkonzeption hinarbeiten, die das komplizierte
eutsche Steuerrecht als Standortnachteil ersten Ranges






(A) )



(B) )


Hans Michelbach

letzten Endes abschafft und eine Verbesserung der Rah-
menbedingungen für unsere Arbeitsplätze in Deutsch-
land herstellt.

Eine radikale Vereinfachung des Steuersystems mit
einem Gesamtkonzept und Rechtsformneutralität ist nun
einmal die Grundvoraussetzung für mehr Wachstum und
Beschäftigung. Die jetzige Senkung des Körperschaft-
steuersatzes und die Anhebung des Gewerbesteueran-
rechnungsfaktors sowie die erbschaftsteuerlichen Re-
formvorschläge sind geeignete Zwischenschritte, die
dem längerfristigen Ziel einer umfassenden Gesamtsteu-
erreform mit Unternehmensteuerreform nicht im Wege
stehen. Es ist ein wesentlicher Vorteil dieser Konzeption,
dass es in eine Gesamtsteuerkonzeption eingepasst wer-
den kann. Die geplante Absenkung des Körperschaft-
steuersatzes von 25 auf 19 Prozent entfaltet schon im
Voraus eine Signalwirkung und begünstigt insbesondere
die Investitionen. Dies nicht zu machen, entspräche ei-
nem Arbeitsplatz- und Investitionsvernichtungspro-
gramm.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir müssen jetzt handeln. Deswegen wollen wir, dass
diese Steuergesetze im Vorgriff auf eine Gesamtsteuer-
konzeption hier beschlossen werden, und zwar mög-
lichst schnell, möglichst in diesen Wochen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg-Otto Spiller [SPD]: Was tun Sie denn dafür?)


Deutschland würde damit zeigen, dass es den in der glo-
balisierten Welt verschärften Wettbewerb nicht scheut,
sondern fähig ist, seine Zukunft als Wirtschaftsstandort
aktiv zu gestalten. Vor allem mit Blick auf internationale
Investoren ist ein solches Aufbruchssignal dringend er-
forderlich.

Der Bundesfinanzminister spricht ständig davon, dass
er sich letzten Endes vorstellen kann, dass innerhalb der
EU in irgendeiner Form eine gemeinsame Bemessungs-
grundlage entsteht. Das ist richtig; dafür sind auch wir.
Aber man muss doch erst einmal selbst handeln und darf
nicht immer wieder warten, bis vielleicht am Sankt-
Nimmerleins-Tag eine solche Entwicklung eintritt. Wir
brauchen in Deutschland jetzt eigenverantwortliche Lö-
sungen in der Steuerpolitik.

Als aktiver Mittelständler, der viele Arbeitsplätze ge-
schaffen hat und erhält, möchte ich an dieser Stelle die
Wichtigkeit einer Generationenbrücke für die
Arbeitsplatzsicherung unterstreichen. Familienge-
führte Unternehmen sind nun einmal das Rückgrat der
deutschen Wirtschaft. Sie stellen mehr als 70 Prozent der
Arbeitsplätze und erwirtschaften etwa 65 Prozent des
BIP. Die Übergabe der Familienunternehmen an die
nächste Generation stellt angesichts von Hunderttausen-
den Betriebsübergaben in den nächsten Jahren eine der
größten Herausforderungen für das zukünftige Wachs-
tum in Deutschland und der europäischen Wirtschaft dar.
4,8 Millionen Arbeitsplätze in deutschen Familienunter-
nehmen können nach meiner Ansicht nur gesichert wer-
den, wenn der in den kommenden fünf Jahren anste-
hende Generationswechsel erfolgreich bewältigt wird.

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(C (D Hierzu braucht es dringlich unser Erbschaftsteuerodell. a dürfen wir keine Zeit verlieren. Kann die Erbschaftteuer nicht aus anderen Vermögenswerten bestritten erden, wirkt sie wie eine Substanzsteuer auf das Beiebsvermögen und gefährdet das Unternehmen in seier Existenz. Der große Fehler Ihrer Steuerpolitik ist, dass Sie zur ubstanzbesteuerung übergegangen sind. it den 50 Steuergesetzen, Herr Eichel, die Sie in den tzten sieben Jahren beschlossen haben, haben Sie das eutsche Steuerrecht wesentlich verwüstet. Es ist zwar errschendes Recht, aber trotzdem Unrecht, was Sie gechaffen haben, und zwar deshalb, weil Sie im Rahmen er Gegenfinanzierung immer wieder eine Substanznd Scheingewinnbesteuerung vorgenommen haben. amit haben Sie kontraproduktiv gearbeitet. Sie haben uf der einen Seite den Tarif gesenkt und sind auf der aneren Seite bei der Gegenfinanzierung kontraproduktiv orgegangen. Sie sollten sehr viel mehr auf die ökonoische Vernunft und die Effizienz der Steuergesetze chten. Dass Sie das nicht getan haben, ist Ihr Problemunkt. Meine Damen und Herren, wir von der CDU/CSU ollen jetzt die Senkung der Körperschaftsteuer und die inführung eines Erbschaftsteuerbetriebserhaltungsodells. Darauf kommt es jetzt an. Der Standort eutschland muss wieder attraktiv werden, damit Areitsplätze geschaffen und bestehende Arbeitsplätze eralten werden. Arbeit braucht Wachstum und Wachstum raucht Freiheit. Das ist der richtige Weg, den die CDU/ SU gehen muss. Herzlichen Dank. Ich erteile das Wort Kollegin Gesine Lötzsch. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Die ergänzt jetzt den Poß!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Hans Eichel, Bundesminister: Wo denn?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1517801600


Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1517801700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin
bgeordnete der PDS. Keine Bundesregierung hat die
nternehmensteuern so dramatisch gesenkt wie diese
ot-grüne Regierung. Hat der Bundesfinanzminister
och im Jahr 2001 rund 25 Milliarden Euro durch die
örperschaftsteuer eingenommen, musste er ein Jahr
päter 426 Millionen Euro an die Unternehmen zurück-
ahlen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf will der
inanzminister die Körperschaftsteuer noch einmal dras-
isch senken, nämlich von 25 auf 19 Prozent. Man muss
ich einmal vorstellen: Das entspricht einem Steueraus-
all von rund 25 Milliarden Euro in fünf Jahren.
Bei der Körperschaftsteuer liegen wir hier in
eutschland unter dem EU- und dem OECD-Durch-






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch

schnitt. Das Gleiche trifft auch für die Unternehmen-
steuer, die Umsatzsteuer und die Vermögensteuer zu.
SPD und Grüne haben vor der Wahl – die Grünen sogar
noch nach der Wahl – etwas anderes versprochen. Sie
wollten die Vermögensteuer wieder einführen. Doch sie
haben genau das Gegenteil getan. Sie haben nämlich die
Vermögenden dramatisch entlastet und die kleinen Leute
belastet. Ihre Steuerpolitik ist schlichter Wahlbetrug.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Ziel der ständigen Steuersenkungen war es angeblich,

die Investitionsbereitschaft der Unternehmen anzukur-
beln. Wir alle wissen: Es wurde viel gekurbelt; doch der
Motor ist nicht angesprungen. Die Steuersenkungen ha-
ben eben keine neuen Arbeitsplätze in unserem Land ge-
schaffen. Dafür mussten der Bund, die Länder und die
Kommunen auf Milliarden von Steuereinnahmen ver-
zichten. Sie sind immer weniger in der Lage, ihre
Pflichtaufgaben zu erfüllen und die Infrastruktur zu er-
halten.

Nun könnte man eigentlich annehmen, dass die Bun-
desregierung bereit wäre, aus ihren Fehlern zu lernen.
Spätestens nach der dramatisch verlorenen Wahl in
Nordrhein-Westfalen müsste der SPD und den Grünen
doch ein Licht aufgegangen sein, dass ihre Politik ge-
scheitert ist,


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

dass die Menschen diese unsoziale Politik nicht mehr ak-
zeptieren wollen.

Aber in guter alter deutscher Tradition führt die Bun-
desregierung ihre gescheiterte Politik bis zum bitteren
Ende fort. Die Grünen haben zwar zaghaft einige Beden-
ken geäußert, doch als die Machtfrage gestellt wurde,
scharten sich wieder alle brav um den Kanzler; natürlich
nur, um das Schlimmste zu verhindern. Doch, meine Da-
men und Herren, damit lügen Sie sich selbst in die Ta-
sche. Sie verhindern nicht das Schlimmste, sondern Sie
bereiten mit Ihrer Politik das Schlimmste vor.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Ich nenne Ihnen einmal einige Zahlen aus dem CDU-

Steuerkonzept. Die CDU möchte Ledige mit einem zu
versteuernden Einkommen in Höhe von 15 000 Euro um
787 Euro im Jahr entlasten. Das hört sich zunächst ein-
mal ganz gut an. Einem Gutverdiener jedoch mit einem
Einkommen in Höhe von 500 000 Euro sollen schon
31 000 Euro zurückgezahlt werden. Soziale Gerechtig-
keit sieht anders aus! Die FDP legt sogar noch etwas
drauf. Sie will einem besser verdienenden Single rund
36 000 Euro zurückzahlen. Das ist Ausdruck der Selbst-
bedienungsmentalität der Besserverdienenden!


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Die rot-grüne Regierung hat mit einer schlimmen

Politik einer noch weit schlimmeren Politik den Weg be-
reitet. Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, wis-
sen doch selbst, dass die Schwarzen häufig – nicht in
offiziellen Sitzungen, aber bei zwischendurch stattfin-
denden Besprechungen – zu Ihnen gesagt haben: Was ihr

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(C (D on Rot-Grün gemacht habt, das hätten wir uns nie geraut; das hätten wir nie durchgekriegt; es war gut, dass hr es getan habt. Diese Politik spaltet die Gesellschaft in Arm und eich. Sie wird dazu beitragen, dass die Lebensqualität ller Menschen sinkt, nicht nur die der ärmeren. Ob nun n São Paulo oder in Moskau: Dort, wo sich die Reichen mmer dreister Eigentum aneignen, müssen sie sich und hre Familien hinter hohen Mauern verstecken. Ein solhes Gesellschaftsmodell wollen wir als PDS nicht! Die PDS-Steuerpolitik ist klar: Wir wollen eine ge echte Unternehmensbesteuerung, die Wiedererhebung er Vermögensteuer und eine Reform der Erbschaftteuer. Die Umverteilung des Reichtums von unten nach ben auf Kosten der Bezieher von kleinen und mittleren inkommen, von Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänern muss endlich gestoppt werden. Am 18. September haben alle Wählerinnen und Wäh er in diesem Land dazu eine Chance. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Steht das schon fest?)


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

ie haben die Chance, eine echte Wahlalternative zu
PD, CDU/CSU und den beiden kleinen Parteien der
esserverdienenden zu wählen. Sie können am 18. Sep-
ember die PDS, eine starke linke Fraktion, in den Bun-
estag wählen.
Vielen Dank.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1517801800

Ich erteile das Wort Kollegen Jörg-Otto Spiller, SPD-

raktion.

(Beifall bei der SPD)



Jörg-Otto Spiller (SPD):
Rede ID: ID1517801900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Frau Kollegin Merkel, für Sie war es wahr-
cheinlich gut, dass Sie den Anfang dieser Debatte nicht
itbekommen haben;


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Jetzt nicht zu viel gegen Eichel! – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Was haben Sie gegen Eichel? – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


enn die Botschaft Ihrer Fraktion lautete: Sie sind für
ine Regierungsübernahme nicht reif.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das, was die Redner Ihrer Fraktion heute geboten ha-
en, war reine Polemik.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Ihre Flasche ist leer!)







(A) )



(B) )


Jörg-Otto Spiller

Sie haben nicht einen konkreten Vorschlag gemacht.
Herr Seiffert, ich kenne Sie aus dem Ausschuss eigent-
lich als richtig sachlichen Kollegen,


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das ist wahr!)

aber Sie durften offensichtlich nichts Konkretes sagen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Ich darf alles!)

Sie durften offenbar nichts Konstruktives beitragen.

Frau Merkel, Ihr in Aussicht genommener Koalitions-
partner – Herr Thiele hat ihn repräsentiert – hat die reine
Polemik noch übertroffen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Kann man Sie da überhaupt noch übertreffen?)


Wie Sie mit dem zusammen irgendetwas machen wol-
len, ist sehr fragwürdig.


(Beifall bei der SPD – Heinz Seiffert [CDU/ CSU]: Die Wahrheit tut manchmal weh! – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Münte will Schwarz-Gelb!)


Ich weiß, dass Sie eine lebhafte Debatte zwischen den
beiden Parteien und innerhalb der Parteien führen. Für
die deutsche Öffentlichkeit ist interessant, was Sie mit
der Mehrwertsteuer machen wollen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Was wollen Sie denn, Herr Kollege?)


Um wie viele Punkte wollen Sie die erhöhen? Was ma-
chen Sie mit der Entfernungspauschale für die Arbeit-
nehmer und was haben Sie sich sonst noch einfallen las-
sen?


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Was macht ihr denn mit den beiden Gesetzentwürfen? Kommen Sie einmal zur Sache!)


Herr Stoiber sagt, dass man die Steuerfreiheit von
Schichtzuschlägen abschaffen sollte. Sonst fällt Ihnen
nichts dazu ein, wie Sie die Finanzlöcher, die bei Durch-
führung Ihres Konzepts auftreten würden, schließen
können.

Der Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung
vom 17. März dieses Jahres zwei sehr konkrete Vor-
schläge gemacht, wie wir unseren Standort angesichts
des steuerlichen Wettbewerbs, in dem Deutschland nun
einmal steht, im Vergleich zu anderen Standorten inner-
halb und außerhalb Europas wettbewerbsfähiger für Un-
ternehmen machen können. Die SPD-Fraktion bekennt
sich aus ganzem Herzen zu diesen Vorschlägen zur Stär-
kung unserer Wettbewerbsfähigkeit.

Erstens. Mit der Senkung des Körperschaftsteuer-
satzes auf 19 Prozent setzen wir die Verbesserung der
Rahmenbedingungen in Deutschland fort, an der wir seit
1998 arbeiten. Wir werden allerdings auch darauf achten,
dass diese Senkung des Steuersatzes mit einer Stabilisie-
rung des Steueraufkommens einhergeht; denn der Staat
muss handlungsfähig bleiben und die öffentlichen Auf-
gaben müssen angemessen – und zwar nach dem Prinzip
der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit – durch
Steuern finanziert werden.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen haben wir von vornherein gesagt: Wir
rauchen eine saubere Gegenfinanzierung. Das haben
ie, Frau Merkel, in Ihrem Debattenbeitrag vom
7. Dezember letzten Jahres – rein theoretisch – bestä-
igt.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Ja, klar! Natürlich! Niemand sagt etwas anderes!)


ir haben gewartet, wie sich der Bundesrat, in dem Sie
ie Mehrheit haben, dazu verhält.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Und wir haben auf den Finanzminister gewartet!)


ie hat sich der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum
esetzentwurf zur Senkung der Körperschaftsteuer ge-
ußert? Er hat nur Nein gesagt, aber nicht einen einzigen
onkreten Vorschlag gemacht, wie die auch von Ihnen
theoretisch – gewünschte Aufkommensneutralität ge-
ichert werden kann.
Zweitens. Beim Thema Erbschaftsteuer waren wir

ns einig – der Bundeskanzler hat diese Auffassung vor-
etragen und Frau Merkel hat bestätigt, dass auch Sie
ies befürworten –, dass der Übergang eines Betriebes
uf die nächste Generation nicht durch die Erbschaft-
teuer erschwert werden soll. Deswegen haben wir uns
invernehmlich – so schien es zumindest – an einem
orschlag des Freistaats Bayern orientiert und uns dafür
usgesprochen, für jedes Jahr, das der Betrieb fortge-
ührt wird, 10 Prozent der Erbschaftsteuer zu erlassen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Machen wir es doch!)


arum wehren Sie sich nun dagegen?

(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Wir wehren uns doch nicht! Machen wir es doch!)

arum machen Sie keinen konkreten Vorschlag, wie
ies in die Tat umgesetzt werden kann?


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Wir haben doch den Gesetzentwurf vorgelegt! Herr Spiller, um Gottes willen! – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: So ein Quatschkopf! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


Entschuldigung, aber die Mehrheit des Bundesrates hat
azu lediglich gesagt, dass eine Gegenfinanzierung not-
endig sei.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die SPD-geführten Länder haben das abgelehnt!)


ber welche Gegenfinanzierung haben Sie – von der
rbschaftsteuer einmal abgesehen – vorgeschlagen? Sie
ollen eine Anhebung der Einkommensteuer, die eine
emeinschaftsteuer ist und nicht nur die Länder betrifft.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: So heben Sie das Niveau dieser Debatte aber nicht an! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Jörg-Otto Spiller

– Herr Kollege Seiffert, ich muss mir nicht viel Mühe
geben,


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das tun Sie ersichtlich auch nicht! – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nicht schon wieder gegen Eichel!)


um das Niveau dieser Debatte, wie sie von Ihrer Seite
bisher geführt wurde, anzuheben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Genau! Außer Tarnen und Täuschen ist da nichts gekommen!)


Leider haben wir erlebt, dass sich das Kuddelmuddel,
das sich bei Ihnen in der Vergangenheit gezeigt hat, in
den steuerpolitischen Vorschlägen, die heute vonseiten
der FDP und der Union vorgetragen worden sind, erneut
voll bestätigt. Reif zur Übernahme der Regierung sind
Sie nicht.


(Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Doch, sind wir! Und wenn nicht, dann müssen Sie wohl weiter an der Regierung bleiben!)


Die FDP ist voll in der Opposition.

(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Aber sehr konstruktiv!)

Die CDU/CSU allerdings ist durch ihre Position im Bun-
desrat für fast alle Steuergesetze, die wir in Deutschland
machen, mitverantwortlich. Denn es ist fast immer die
Zustimmung des Bundesrates erforderlich, wenn eine
Gemeinschaftsteuer oder eine Ländersteuer betroffen ist.
Aber ein konstruktiver Beitrag von Ihrer Seite ist nicht
gekommen. Deswegen sage ich – ohne noch die Hoff-
nung zu hegen,


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Ohne polemisch zu werden!)


dass sich Ihre Grundhaltung ändern wird –: Wir werden
am 18. September die Entscheidung haben,


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Woher wissen Sie das eigentlich alles schon? – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie sind doch gar nicht eingeweiht! Sie wissen doch angeblich gar nichts! – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Also werden Sie doch rechtzeitig informiert! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Es kann doch nicht sein, dass der 1. Juli schon heute wäre!)


ob die Mehrheit der Bevölkerung die Fortsetzung der
Reformpolitik der Regierung von Bundeskanzler
Gerhard Schröder unterstützt. Wir haben die doppelte
Herausforderung von globalisierter Wirtschaft und von
massiver Veränderung der altersmäßigen Zusammenset-
zung unserer Bevölkerung angenommen. Wir haben mit
der Agenda 2010, mit dem Umbau unserer sozialen Si-
cherungssysteme und mit unserer auf Wettbewerbsfähig-
keit zielenden Unternehmensbesteuerung einen kon-
struktiven Weg gewiesen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ihr habt schließlich die Mehrheit!)


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(C (D ie Bevölkerung muss sich entscheiden, ob sie einen eg der unsicheren Polemik, wie Union und FDP sie ihen bieten, gehen will (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein, nein, nein: Eine klare Alternative!)


der ob sie eine kontinuierliche, auf sozialen Ausgleich
nd wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abzielende Poli-
k,


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Rekordverschuldung und Rekordarbeitslosigkeit!)


ie Sicherung der Zukunft unseres sozialen Bundesstaa-
s, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verbunden mit so-
ialem Zusammenhalt, unterstützen will oder nicht.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das war der Durchbruch, Herr Kollege!)


Aber eines, Frau Merkel, muss aufhören: Sie dürfen
en Bundesrat nicht als reines Blockadeorgan nutzen,
hne irgendeine konstruktive Leistung für die notwen-
ige Modernisierung unseres Landes zu erbringen.


(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])

eswegen sage ich Ihnen: Wir gehen mit Zuversicht in
iese Bundestagsneuwahlen hinein.


(Beifall bei der SPD – Heinz Seiffert [CDU/ CSU]: Und viele von euch werden nicht mehr herauskommen! – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Bei euch regiert die Angst, nichts sonst!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1517802000

Ich erteile Kollegen Peter Rzepka, CDU/CSU-Frak-

on, das Wort.

Peter Rzepka (CDU):
Rede ID: ID1517802100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Eine zentrale Botschaft der Rede des Kollegen
oß war die Aussage: Wir machen weiter.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Ja! Welche Drohung! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das war eine Drohung!)


err Kollege Poß, ich glaube, Sie begreifen gar nicht,
ass das von der überwiegenden Mehrheit der Bevölke-
ung, der Bürgerinnen und Bürger, inzwischen als Dro-
ung empfunden wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

nd Ihr „Weiter so“ beweist doch, dass Sie angesichts
iner katastrophalen Staatsverschuldung und angesichts
on über 5 Millionen Arbeitslosen weder den Mut noch
ie Kraft haben, die notwendigen Reformen im Arbeits-
echt, in den Sozialsystemen und auch im Steuerrecht
irklich anzupacken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Steuergesetze müssen einfach und klar sein und sie
üssen Planungssicherheit gewährleisten, sowohl für






(A) )



(B) )


Peter Rzepka

Konsumenten als auch für Investoren. Beide Grundsätze
einer erfolgreichen Steuerpolitik hat diese Bundesregie-
rung sträflich missachtet.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)

Auch die vorliegenden Gesetzentwürfe tragen in vielen
Punkten nicht zur Vereinfachung und Planungssicher-
heit bei. Die Union hält zwar das Ziel, die Körperschaft-
steuer zu senken, als ersten Schritt zu einer durchgrei-
fenden Vereinfachung und Entlastung aller Unternehmen
unverändert für richtig. Auch die Sicherung der Unter-
nehmensnachfolge ist eine seit langem von der Union er-
hobene Forderung, über die offenbar inzwischen bei al-
len Fraktionen im Hause Einigkeit besteht.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ich habe da noch Zweifel!)


Dass wir Schritte in die richtige Richtung unterstützen,
heißt aber nicht, dass wir bei der Prüfung von unseren
Zielen der Steuervereinfachung und der Verlässlichkeit
steuerpolitischen Handelns Abstand nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es fehlt eine solide Gegenfinanzierung für die Steuer-
senkungen und vor dem Hintergrund der gegenwärtigen,
katastrophalen Lage der öffentlichen Haushalte stellt
sich die Frage, inwieweit das verantwortet werden kann.
Der Streit innerhalb der Regierungskoalition zeigt, dass
unsere Bedenken berechtigt sind und dass die Gesetzent-
würfe einer Überarbeitung und Korrektur bedürfen. Las-
sen Sie mich einige Beispiele nennen, wie diese Bundes-
regierung zum Chaos im deutschen Steuersystem
beigetragen hat: Im Rahmen der Unternehmensteuer-
reform wurde es Kapitalgesellschaften beim Übergang
vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfah-
ren ermöglicht, gezahlte Körperschaftsteuern auf in der
Vergangenheit einbehaltene Gewinne durch Ausschüt-
tungen vorzeitig zur Anrechnung zu bringen. Dadurch
wurde den Unternehmen unerwartet erhebliche Liquidi-
tät zugeführt, mit der Folge, dass das Körperschaftsteu-
eraufkommen, wie Sie alle wissen, dramatisch eingebro-
chen ist.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ja!)

Wenige Jahre später wurde mit der Einschränkung des
Verlustausgleichs, der so genannten Mindestbesteue-
rung, den Unternehmen unerwartet Liquidität entzogen
und die Krisenanfälligkeit der deutschen Wirtschaft er-
höht.

Nun soll die Mindestbesteuerung weiter verschärft
werden. Nach eigenen Aussagen des Bundesfinanzmi-
nisters bringt sie wenig, sie belastet jedoch risikoträch-
tige Unternehmungen zusätzlich und schreckt weiter von
Investitionen in Deutschland ab. Der Sachverständigen-
rat kommentiert Ihren Plan, den Verlustabzug auf
50 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte bei einem
Sockelbetrag von 1 Million Euro zu begrenzen, wie
folgt:

Verlustverrechnungsbeschränkungen diskriminieren
die gerade für eine dynamische Volkswirtschaft und
einen schöpferischen Wettbewerb bedeutsamen ris-

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(C (D kanten Investitionen. Eine dadurch bewirkte Mindestbesteuerung hat nicht nur schädliche allokative Folgen, von ihr können überdies negative konjunkturelle Effekte ausgehen. eiter wird darauf hingewiesen, dass die Mindestbeteuerung den Unternehmen liquide Mittel entzieht, wourch der Aufschwung nicht ermöglicht wird. em ist aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen. Diese teuererhöhung ist deshalb nicht mit uns zu machen. Bei der Änderung des Einkommensteuergesetzes ollen Sie eine neue Vorschrift – § 15 b Einkommenteuergesetz – zur Einschränkung der Verrechenbarkeit on Verlusten im Zusammenhang mit Steuerstundungsodellen einfügen. Die generelle Zielsetzung, Verlusterrechnungsmöglichkeiten zum Beispiel bei Medienonds zu begrenzen, findet unsere Zustimmung, der ortlaut ist aber noch zu unbestimmt. So ist nicht sihergestellt, dass volkswirtschaftlich notwendige Forchungsund Entwicklungsaufwendungen, die in der nfangsphase eines Unternehmens zu erheblichen Verusten führen können, ausgenommen sind. s gibt noch weitere Fragen: Wann genau liegt ein Steurstundungsmodell vor? Was ist eine modellhafte Getaltung? Der § 15 b Einkommensteuergesetz – wie er jetzt aus estaltet ist – führt zu einer weiteren Komplizierung der teuergesetzgebung und zu Planungsunsicherheit. Im eiteren Gesetzgebungsverfahren muss er deshalb nachebessert werden. Es wird auch zu prüfen sein, ob die orgesehene Rückwirkung im vorgesehenen Umfang erfassungsrechtlich zulässig ist. Vor dem Hintergrund er angespannten Haushaltslage müssen wir auf eine seiöse Gegenfinanzierung von Steuersenkungen bestehen. enn diese nicht vorgelegt wird, kann es eben nicht zu er Körperschaftsteuersenkung im vorgesehenen Umang kommen. Die Seriosität der Gegenfinanzierung wird übrigens uch in der Regierungskoalition bestritten. eshalb hat die Vorsitzende des Finanzausschusses, die bgeordnete Scheel vom Bündnis 90/Die Grünen, auch inen Beitrag zum Gelingen des Gesetzes einbringen ollen, indem sie über die Medien einen Vorschlag zum bbau von angeblichen Steuersubventionen in Höhe von Milliarden Euro für den Export von Arbeitsplätzen ancierte. (Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Die sind doch lächerlich!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Genau so ist es!)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)


uf einen Antrag oder Gesetzesvorschlag im Parlament
arten wir bis heute vergebens, Frau Kollegin.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Jetzt erklär ihr das mal!)







(A) )



(B) )


Peter Rzepka

Das ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Sie in der Öf-
fentlichkeit populistisch reden, im Parlament aber anders
handeln. Im Übrigen ist der Vorschlag eines Finanzpoli-
tikers selten auf größere Kritik in der Fachwelt gestoßen.

Lassen Sie mich nur aus einer Stellungnahme des
Bundesfinanzministeriums zitieren:

Die in der jüngeren Vergangenheit häufig vernehm-
bare Behauptung,

– Ihre Behauptung, Frau Scheel –
die Kosten einer Verlagerung von Arbeitsplätzen
ins Ausland würden steuerlich begünstigt, ver-
fälscht und verkürzt die tatsächliche Rechtslage.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Diese Aussage ist ausnahmsweise einmal richtig, Herr
Bundesfinanzminister.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Ehre, wem Ehre gebührt!)


Aber sie zeigt doch in ihrer vornehmen und zurückhal-
tenden Art, dass dies der diplomatische Versuch des
BMF ist, die Vorsitzende des Finanzausschusses nicht
völlig bloßzustellen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Obwohl sie es verdient hätte!)


Ich darf zum Schluss die Wertung des Bundesfinanz-
ministeriums zu den Vorschlägen der Kollegin Scheel
zusammenfassen: Eine Verschärfung des Betriebsausga-
benabzugsverbotes, wie immer sich die Kritiker das
auch vorstellen, hätte zudem nachteilige standortpoliti-
sche Wirkungen. Konzernzentralen würden sich dann
überlegen, ob sie künftig ihren Sitz in Länder verlegen,
die günstigere Regelungen für die Geltendmachung von
Beteiligungsaufwendungen haben. – So, meine Damen
und Herren von den Grünen, schädigen Sie den Standort
Deutschland weiter, insbesondere den Holdingstandort
Deutschland. Der Vorschlag von Frau Scheel wäre dem-
nach eine wirkungsvolle Maßnahme, Kapital aus
Deutschland zu vertreiben, Arbeitsplätze zu vernichten
und Steuermindereinnahmen zu bewirken. Er legt die
Axt an die Wurzeln des Erfolgs des deutschen Exports,
auf den Sie in den Regierungsfraktionen immer so stolz
hinweisen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dennoch dürfen die Gesetze zur Senkung der Unter-
nehmensteuerbelastung und zur Unternehmensnachfolge
nicht scheitern. Die Bundesbank warnt in ihrem Monats-
bericht für Mai eindringlich:

Neue Vertrauensprobleme würden freilich aufge-
worfen, wenn das Vorhaben jetzt noch scheitern
würde.

Weiter schreibt die Bundesbank zu positiven Effekten ei-
ner Steuerreform:

Dies wäre vor allem dann der Fall, wenn sie nicht
als Einzelmaßnahme, sondern als Schritt zu einer

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(C (D umfassenden Reform der Einkommenund Körperschaftsteuer verstanden werden kann. Wir teilen ausdrücklich diese Auffassung. Deutschand braucht eine tief greifende strukturelle Moderniierung des Steuerrechts. in solch großer Wurf würde psychologische Wirkung aben und eine Aufbruchstimmung erzeugen, die die achstumskräfte stärkt. (Joachim Poß [SPD]: Es kommt ja richtig Stimmung auf, wenn Sie das so leidenschaftlich vortragen!)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)


rst dann könnte auch auf einen Selbstfinanzierungsef-
ekt vertraut werden. Solange aber keine Verzahnung der
teuerpolitik mit Reformen am Arbeitsmarkt, bei der
ildung und den Sozialsystemen zu erkennen ist, so-
ange Sie sich in Einzelmaßnahmen verlieren, so lange
st keine wirtschaftliche Dynamik in Deutschland zu er-
arten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – CarlLudwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)


Solange dürfen Sie sich auch nicht wundern, dass Sie
ahr für Jahr neue Milliardenlöcher im Haushalt stopfen
üssen. Die „FAZ“ vom 12. Mai 2005 schreibt hierzu:

Die Einnahmeausfälle, die Rot-Grün jetzt wieder
beklagt, führt sie mit ihrer Politik vorsätzlich her-
bei.

emeint ist Ihre Politik, die auf mehr Staatstätigkeit und
eniger Freiheit für Unternehmen und Bürger setzt. Wir
agegen wollen weniger Staat, weniger Bürokratie, we-
iger Abgaben, mehr Freiheit für Unternehmen und Bür-
er und mehr Arbeit in Deutschland.
Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1517802200

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

en Drucksachen 15/5554 und 15/5601 sowie 15/5555
nd 15/5603 an die in der Tagesordnung aufgeführten
usschüsse vorgeschlagen. Gibt es dazu anderweitige
orschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann sind die Über-
eisungen so beschlossen.
Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 4 a und 4 b

uf:
4 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dietrich

Austermann, Dr. Michael Meister, Steffen
Kampeter, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Verschuldungsspirale stoppen – Nachtrags-
haushalt und Haushaltssicherungsgesetz um-
gehend vorlegen
– Drucksache 15/5331 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Finanzausschuss






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten

Dr. Andreas Pinkwart, Jürgen Koppelin, Otto
Fricke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Prekärer Haushaltslage entgegentreten –
Nachtragshaushalt und Haushaltssicherungs-
gesetz vorlegen
– Drucksache 15/5477 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Michael Meister, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Michael Meister (CDU):
Rede ID: ID1517802300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Diese Bundesregierung ist am Ende.

(Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Das hätte ich nicht gedacht! Da bin ich richtig fertig! Solche Feststellungen hier!)


Nachdem ein nicht mehr handlungsfähiger Bundeskanz-
ler als Folge der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen
seinen politischen Offenbarungseid geleistet hat, wollte
ihm Finanzminister Hans Eichel in dieser Woche nicht
nachstehen.

In einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters
vom 31. Mai wird erklärt – ich darf zitieren –:

Deutschland wird nach Worten von Bundesfinanz-
minister Hans Eichel (SPD) auch im kommenden
Jahr gegen den europäischen Stabilitätspakt versto-
ßen …

Mit diesem Eingeständnis des Finanzministers ist er end-
lich in der finanz- und haushaltspolitischen Realität an-
gelangt. Dies bedeutet im Klartext, dass wir nach 2002,
2003, 2004, 2005 im Jahr 2006 ein fünftes Mal gegen
europäisches Recht verstoßen werden. Wir werden zum
fünften Mal die Defizitgrenze des Maastricht-Vertrages
nicht einhalten – eine Folge rot-grüner Politik, eine
Folge der Politik des Finanzministers Hans Eichel.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


amit nicht genug: Wir werden nach 2002, 2003, 2004
nd 2005 auch im kommenden Jahr keinen verfassungs-
emäßen Haushalt von dieser Bundesregierung bekom-
en. Die Nettoneuverschuldung wird wieder oberhalb
er Summe für Investitionen liegen. Diese Bundesregie-
ung steht mit ihrer Finanzpolitik nicht mehr auf dem
oden des Rechts.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie keine andere Bundesregierung vor Ihnen setzen

ie sich über geltendes Recht hinweg, nur weil Sie nicht
en Mut und nicht die Kraft haben, die notwendigen Re-
ormen in Deutschland durchzuführen.


(Joachim Poß [SPD]: Was hat Ihnen der Herr Kampeter da aufgeschrieben?)


err Poß, die Rahmendaten der Haushaltspolitik von
ans Eichel sind verheerend. Er hat in den vergangenen
echseinhalb Jahren 160 Milliarden Euro neue Schulden
n Deutschland gemacht. Dabei sind die 50 Milliar-
en Euro, die er aus der Veräußerung der UMTS-Lizen-
en gewonnen hat, nicht berücksichtigt. Zusammenge-
ommen wären das über 200 Milliarden Euro neue
chulden,

(Joachim Poß [SPD]: Es hätten viel weniger sein können, wenn Sie nicht blockiert hätten!)

ie Sie von der SPD, Ihr Koalitionspartner und der Bun-
esfinanzminister zu verantworten haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Sie haben es gerade nötig!)


err Poß, jedes neugeborene Kind in Deutschland be-
ommt von Ihnen 10 500 Euro Bundesschulden aufge-
ürdet. Dafür tragen Sie die Verantwortung.


(Beifall bei der CDU/CSU – Walter Schöler [SPD]: Wie viel haben Sie denn davon gemacht? – Dr. Uwe Küster [SPD]: Wo ist denn Ihr Anteil? – Joachim Poß [SPD]: Wer so blockiert wie Sie, sollte vorsichtig sein!)


enn Ihre Regierung bleibt und Ihre Finanzpolitik so
eitergeht, dann kommen jedes Jahr mindestens
0 Milliarden Euro Schulden dazu. Hinzu kommt, dass
ei Ihren Planungen für die Zukunft, in der mittelfristi-
en Finanzplanung, die Wachstumsannahmen regelmä-
ig zu hoch angesetzt werden. Das heißt, Sie planen für
ie Zukunft regelmäßig mit zu hohem Wachstum, mit zu
ohen Steuereinnahmen und mit zu geringen Ausgaben
ür die Arbeitsmarktpolitik. Das bedeutet, dass Sie in der
ittelfristigen Finanzplanung die künftigen Defizite
assiv unterschätzen und damit das Volk, die Menschen
nd die Abgeordneten des Deutschen Bundestages nicht
ber die tatsächlichen Sachverhalte aufklären.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Poß [SPD]: Deswegen haben Sie eine Nettoentlastung in der Steuerpolitik, damit die Schulden weiter wachsen!)







(A) )



(B) )


Dr. Michael Meister

Herr Poß, Sie haben im Jahr 2005 ein strukturelles Defi-
zit


(Joachim Poß [SPD]: Wie wollen Sie Ihre Kopfpauschale finanzieren? Wie wollen Sie Ihre Steuersenkungen finanzieren?)


im Bundeshaushalt von rund 60 Milliarden Euro. Das ist
Ihr Defizit, 60 Milliarden Euro in einem einzigen Jahr.
Sie haben 22 Milliarden Euro Neuverschuldung ausge-
wiesen. Sie haben eine Finanzierungslücke, die jetzt of-
fen gelegt worden ist, in Höhe von 17 Milliarden Euro.
Ich nenne die Stichworte Rente, Bundesbank, Steuer-
schätzung, Hartz IV und Arbeitsmarktausgaben.


(Walter Schöler [SPD]: Das ist exakt Ihre Blockade!)


Sie haben Privatisierungserlöse von rund 22 Milliarden
Euro. Wenn Sie das addieren, dann ergibt das ein struk-
turelles Defizit von 60 Milliarden Euro. Darauf muss
von Ihnen eine Antwort kommen und sie muss lauten:
Nicht einfach jedes Jahr neue Schulden machen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich darf Sie daran erinnern, wie Sie 1998 gestartet

sind. Es wird einem Oppositionskollegen ja gestattet
sein, in Ihre Koalitionsvereinbarung vom 20. Okto-
ber 1998 zu blicken. Ich darf zitieren:

Solide Staatsfinanzen sind eine unverzichtbare
Grundlage für neue Arbeitsplätze,

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Stimmt!)


für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung
und für soziale Stabilität …

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Stimmt!)


Wir wollen die Schuldenanhäufung zu Lasten künf-
tiger Generationen verringern.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Richtig!)


Was ist aus dieser Ankündigung vom 20. Oktober 1998
bei Ihnen geworden?


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nichts!)

Das krasse Gegenteil.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


Aber Sie, Herr Poß, und Sie, Herr Eichel, haben nicht
nur eine Wahlperiode regiert, es gibt ja noch eine zweite
Koalitionsvereinbarung, aus dem Jahr 2002. Auch da-
raus darf ich zitieren:

Bis 2006 werden wir einen Bundeshaushalt ohne
neue Schulden vorlegen.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Solide Finanzen sind ein elementares Gebot der Ge-
nerationengerechtigkeit und unerlässlich für ein
nachhaltiges Wachstum von Wirtschaft und Be-
schäftigung gerade auch für die private Wirtschaft.

Nun versuchen Sie nicht, einen Haushalt 2006 ohne
Schulden vorzulegen, sondern Sie versuchen, keinen

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(C (D aushalt 2006 vorzulegen. Sie versuchen, sich aus der erantwortung zu stehlen. Wir fordern Sie auf: Legen Sie endlich den aushalt 2006 vor, beschließen Sie den Entwurf im Kainett (Joachim Poß [SPD]: Sie stehen doch für diese verantwortungslose Politik!)


nd beraten Sie ihn so, wie sich das gehört! Es ist das
ornehmste Recht des Parlaments, den Haushaltsentwurf
n einem geordneten Verfahren zu diskutieren.
An all diese Ziele und an Ihre damaligen Verspre-

hungen werden Sie heute sicherlich nicht gerne erin-
ert. Das ist verständlich; denn Sie sind von der Realität
hrer eigenen Finanzpolitik überholt worden. Schulden,
chulden, Schulden – das ist das Ergebnis von Hans
ichel.


(Walter Schöler [SPD]: 16 Jahre Unionspolitik! – Elke Ferner [SPD]: Gucken Sie sich einmal die Bilanz von Herrn Waigel an!)


ie sind von einem ausgeglichenen Bundeshaushalt so
eit entfernt wie von Ihrem Ziel, die Zahl der Arbeitslo-
en zu halbieren.
Jetzt stellt der Bundesfinanzminister fest, die Union

ei an dem Desaster schuld. Ich will diesen Vorwurf auf-
reifen, weil er falsch und irreführend ist. Die Union hat
n staatspolitischer Verantwortung den Subventions-
bbau im Deutschen Bundestag und im Bundesrat mit-
etragen.


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Selbstgefällig ist das! Unehrlich!)


ir haben die steuerlichen Subventionen um 12 Prozent
ekürzt. Wir haben die Eigenheimzulage um 30 Prozent
urückgeführt. Außerdem haben wir bei den haushalts-
irksamen Subventionstatbeständen Kürzungen in Höhe
on jeweils 4 Prozent über drei Jahre vorgenommen.
as ist mit unserer Mitwirkung und Zustimmung ge-
chehen. Ich glaube, es gab in der deutschen Geschichte
och nie einen Subventionsabbau mit einem ähnlichen
olumen, einen Subventionsabbau, der von der Opposi-
ion in Verantwortung gegenüber dem Land mitgetragen
orden ist.


(Beifall bei der CDU/CSU – Walter Schöler [SPD]: Das reicht alles nicht! Sie sagen doch selber: Das reicht alles nicht!)


Was wir allerdings verhindert haben, waren Ihre Steu-
rerhöhungspläne im so genannten Steuervergünsti-
ungsabbaugesetz. Damit wollten Sie isoliert die steuer-
iche Bemessungsgrundlage verbreitern.


(Walter Schöler [SPD]: Dafür wollen Sie die Mehrwertsteuer erhöhen!)


lles, was Sie zurzeit in der Diskussion aufgreifen, war
n Ihrem Steuervergünstigungsabbaugesetz vorgesehen,
hne dass beim Einkommensteuertarif eine Entlastung
rfolgt wäre. Was Sie hier betreiben, ist doch Heuchelei!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Michael Meister

Wir waren der Auffassung, zu reinen Steuererhöhun-

gen und Mehrbelastungen der Menschen an dieser Stelle
Nein zu sagen, weil sich sonst – das haben uns damals
alle Fachleute bestätigt – das wirtschaftliche Wachstum
und die Beschäftigungssituation noch schlechter entwi-
ckelt hätten, als es jetzt der Fall ist. Deshalb sollten Herr
Eichel und die Bundesregierung uns nicht kritisieren; sie
sollten sich vielmehr dafür bedanken, dass die Opposi-
tion dafür gesorgt hat, dass dieses Land nicht noch
schlechter dasteht, als es unter dieser Regierung ohnehin
der Fall ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir verfolgen eine relativ einfache Linie, um zu ent-

scheiden, was wir mittragen: Das, was für Wachstum
und Beschäftigung gut ist, trägt die Union mit und zu
dem, was dafür schädlich ist, sagen wir Nein. An dieser
Messlatte werden wir unsere Politik hinsichtlich des
Haushalts, der Steuern und in anderen Bereichen orien-
tieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie suchen allerdings die Schuld für das Desaster, in

das Sie Deutschland hineingeführt haben, nie bei sich
selbst. Sie suchen stattdessen die Verantwortung immer
bei anderen.


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind besonders glaubwürdig!)


Jetzt wird von Ihrer Seite sogar versucht, die europäi-
sche Währungsunion als Sündenbock für die anhal-
tende Wachstumsschwäche in Deutschland verantwort-
lich zu machen.


(Hans Eichel, Bundesminister: Quatsch!)

Sie versuchen auf billige Art und Weise, von den wahren
Problemen in unserem Land abzulenken,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Da werden Legenden gestrickt!)


ohne den Menschen zu sagen, welche Kosten mit dem
diskutierten Austritt aus dem Euro verbunden wären.
Weitere Wachstumseinbrüche und Arbeitsplatzverluste
sowie die Gefährdung von Arbeitsplätzen in Deutsch-
land sind die möglichen Folgen der von Ihnen entfachten
Diskussion. Sie schaden unserer Volkswirtschaft. Hören
Sie endlich auf, weiteren Schaden zu verursachen! Spie-
len Sie nicht mit den Menschen, sondern kehren Sie zur
Wahrheit und zu einer verlässlichen Politik zurück!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


Die Wahrheit ist: Ihre Politik ist gescheitert. Sie sind ge-
scheitert, Herr Bundesfinanzminister. Sie sind vom
„Spar-Hans“ zum „Schulden-Hans“ geworden. Der Bun-
desfinanzminister ist zu einer Karikatur seiner selbst ge-
worden: ein Finanzminister, der vollmundig angetreten
ist, dem aber Gestaltungskraft und ordnungspolitische
Fundierung fehlt und der schrittweise sein Versagen ein-
gestehen muss.


(Joachim Poß [SPD]: Die Beleidigungen könnten Sie aber frei formulieren! Dass Sie die – c A E W n d d N e d d h D e S d S V S o d h d d u B U d w (C (D Beleidigungen noch ablesen, ist eine Frechheit!)


Sehr geehrter Herr Poß, Sie können das alles mit Si-
herheit besser.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Der Poß ist nicht umsonst nichts geworden! Er kann es nicht besser!)


ber der Finanzminister ist zu einem Getriebenen im
ndzeitkabinett Schröder geworden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir fragen uns: Warum handeln Sie eigentlich nicht?
ir fordern Sie auf, zu handeln. Wir verlangen von Ih-
en erstens eine sofortige Haushaltssperre zur Senkung
es allgemeinen Staatsverbrauchs. Es gibt keinen Grund,
as Land weiter in die Schulden treiben zu lassen.
Zweitens fordern wir Sie auf, unverzüglich einen
achtragshaushalt 2005 in den Deutschen Bundestag
inzubringen,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

er die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben für
as laufende Jahr und auch die Neuverschuldung wahr-
eitsgemäß und realistisch abbildet.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Und zwar ehrlich!)


enn nur auf dieser Grundlage können wir Maßnahmen
rgreifen, um dagegen anzugehen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Handeln Sie endlich, Herr Bundesfinanzminister!

chauen Sie nicht zu, wie das Land weiter in die Schul-
en treibt! Werden Sie Ihrer Verantwortung an dieser
telle gerecht! Sie sind in der Regierung. Wenn Sie der
erantwortung nicht gerecht werden können, dann treten
ie heute zurück! Warten Sie nicht noch einige Wochen
der Monate, sondern beenden Sie Ihre Arbeit heute an
ieser Stelle!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Drittens verlangen wir die Vorlage des Bundeshaus-
alts 2006 und eine ordentliche Beratung im September
ieses Jahres hier im Deutschen Bundestag.
Viertens ist ein Haushaltssicherungsgesetz notwen-

ig,

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Eine Schluss bilanz!)

m tatsächlich Einsparungen auf der Ausgabenseite des
undeshaushaltes vornehmen zu können.


(Elke Ferner [SPD]: Was wollen Sie denn jetzt? Wollen Sie weniger oder mehr ausgeben?)


Deutschland kann es besser. Die Arbeitnehmer und
nternehmer in diesem Land können es besser. Es ist
iese Bundesregierung, die für die katastrophale Ent-
icklung verantwortlich ist, die eine eigene Leistung,






(A) )



(B) )


Dr. Michael Meister

eine Eigenanstrengung der Menschen hemmt. Sie, meine
Damen und Herren auf der Regierungsbank, sind verant-
wortlich für die hohe Arbeitslosigkeit und die drama-
tisch steigende Staatsverschuldung. Sie sind auch dafür
verantwortlich, dass nicht längst die notwendigen Struk-
turreformen in diesem Land angepackt worden sind, die
dazu führen würden, das strukturelle Defizit im Haushalt
endlich zurückzuführen und zu begrenzen.

Es fehlt Ihnen an Reformen im Arbeitsmarkt. Dazu
hatten wir Ihnen im „Pakt für Deutschland“ einen Vor-
schlag gemacht.


(Elke Ferner [SPD]: Klasse! – Walter Schöler [SPD]: Sehr gut!)


Wir haben Ihnen Vorschläge zur Reform des Gesund-
heitswesens, zur Reform des Rentensystems,


(Elke Ferner [SPD]: 23 Milliarden Euro!)

zum Thema Bürokratieabbau, zur Vereinfachung des
Planungsrechts und zur Vereinfachung des Steuerrechts
gemacht. Zu all diesen Themen gibt es in Anträgen und
Gesetzentwürfen von unserer Seite Vorschläge.


(Joachim Poß [SPD]: Alles ungerecht und unfinanzierbar!)


Aber Sie sind nicht handlungsfähig. Sie sind innerlich
zerstritten. Sie wissen nicht, wohin Sie das Land hinfüh-
ren wollen, und sind deshalb nicht in der Lage, dieses
Land ordentlich zu regieren, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb müssen Sie sich die Arbeitslosen und die Staats-
verschuldung anrechnen lassen und können nicht auf die
Opposition verweisen. Die Menschen in unserem Land
haben eine bessere Regierung verdient, eine Regierung,
die die Lösung der Probleme aufzeigt und nicht hilflos,
kopflos und ratlos agiert.

Meine Damen und Herren, mit der Ankündigung,
Neuwahlen herbeiführen zu wollen, gesteht Bundes-
kanzler Schröder das endgültige Scheitern seiner Regie-
rung ein. Er gesteht die innere Zerrissenheit der Koali-
tionsfraktionen ein. Er gesteht ein, dass Rot-Grün auf die
drängenden Fragen der Zeit und auf die Herausforderun-
gen keine Antworten hat. Sie haben kein Zukunftspro-
gramm und verteidigen lediglich das bisher Erreichte.
Das reicht nicht bei 6,5 Millionen Arbeitslosen. Es sind
nämlich nicht nur die in der öffentlichen Statistik erfass-
ten Menschen ohne Beschäftigung, sondern auch dieje-
nigen, die an Arbeitsmarktmaßnahmen teilnehmen.

Deshalb wäre es gut für Deutschland, wenn das Land
eine neue Regierung bekäme. Diese rot-grüne Regierung
hat versagt. Sie sind nicht regierungsfähig.


(Joachim Poß [SPD]: Was haben Sie denn eigentlich zum Thema zu sagen?)


Wir bieten eine Alternative und deshalb werben wir um
das Vertrauen der Menschen in Deutschland.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Ich erteile das Wort Bundesminister Hans Eichel. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Zunächst eine Bemerkung zu Ihnen, Herr eister: Normalerweise schätze ich Sie, wie Sie wissen, ls einen sachlichen Mann. (Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das war doch alles sachlich! Das ist die Wahrheit! – Gegenruf der Abg. Elke Ferner [SPD]: Haben Sie was mit den Ohren, oder was? – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das war ein sehr guter Redebeitrag!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1517802400
Hans Eichel (SPD):
Rede ID: ID1517802500

Was haben Sie für ein Durcheinander?

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wir haben kein Durcheinander! Sie haben eine intellektuelle Blockade!)


ach dieser Rede muss ich Ihnen allerdings sagen: Es
ar weit unter Ihrem Niveau,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as Thema Währungsunion und Euro in der Weise zu be-
andeln, wie Sie es hier gemacht haben.


(Joachim Poß [SPD]: Unverantwortlich!)

anikmache aufgrund eines Zeitungsberichts, an dem
ichts dran ist – Sie konnten genau nachlesen, was die
undesbank dazu erklärt hat und was ich dazu gesagt
abe –, ist unverantwortlich. Das ist tatsächlich die Art,
ie die Opposition in diesem Hause vielfach argumen-
iert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


n dem Bericht ist nichts dran und deswegen weise ich
hre Vorwürfe mit Nachdruck zurück. Das ist kein
iveau, auf dem man eine Debatte führen kann, Herr
eister.


(Franz Müntefering [SPD]: Wohl wahr!)

Nun komme ich zum Haushalt. Ja, ich habe gesagt:
ie Haushaltslage ist dramatisch oder äußerst prekär.
ie Wortwahl von Herrn Kampeter lautete: Sie ist ka-
astrophal.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Grauenhaft!)

ch will darüber nicht streiten, sondern ich will zunächst
ur auf eines hinweisen: Die Haushaltslage ist drama-
isch, nicht nur beim Bund, sondern beim Gesamtstaat.
ber Sie sind der absolut falsche Ankläger in dieser
rage, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie haben es in 16 Jahren im Jahresdurchschnitt auf
6,4 Milliarden neue Bundesschulden gebracht.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Und die Wiedervereinigung?)







(A) )



(B) )


Bundesminister Hans Eichel

Wir haben hingegen in sechs oder meinetwegen in sie-
ben Jahren – wenn Sie das siebte, das noch nicht abge-
schlossen ist, hinzuzählen wollen – insgesamt
160 Milliarden neue Schulden gemacht. Das sind im
Durchschnitt rund 23 Milliarden pro Jahr, während Sie
in 16 Jahren jedes Jahr 36,4 Milliarden neue Schulden
gemacht haben. Das wollen wir einmal festhalten. Sie
sind nicht diejenigen, die wissen, wie man die Staats-
finanzen in Ordnung bringt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie sind aber sehr wohl diejenigen, die wissen, wie man
die Staatsfinanzen durch Verweigerungshaltung durchei-
nander bringt.

Nun will ich ganz genau sagen, wie die Lage in die-
sem Jahr ist. Das Ergebnis der Steuerschätzung bedeu-
tet im Vergleich zum Haushaltsvoranschlag ein neues
Risiko in Höhe von 3,8 Milliarden Euro. Wir haben im
Hinblick auf den Arbeitsmarkt – der Wirtschaftsminister
ist hier möglicherweise ein bisschen optimistischer als
ich – mit einem zusätzlichen Risiko in Höhe von
7 Milliarden bis 8 Milliarden Euro zu rechnen. Wir ha-
ben außerdem einen niedrigeren Bundesbankgewinn zu
verzeichnen. Wenn ich die positiven Entwicklungen
berücksichtige und beispielsweise die höheren Dividen-
deneinnahmen und die Schuldenrückzahlungen etwa von
Polen gegenrechne, dann stelle ich fest, dass wir in die-
sem Jahr ein zusätzliches Risiko in Höhe von
10 Milliarden bis 12 Milliarden Euro zu verkraften ha-
ben.

Noch ein Wort zu Hartz IV. Sie haben hier alles mit
beschlossen und sich anschließend in die Büsche ge-
schlagen. Die unionsgeführten Länder lehnen nun eine
Revisionsklausel ab, obwohl die Kosten für die Unter-
kunft – alles spricht dafür, dass das stimmt – wesentlich
geringer ausfallen. Dabei geht es um eine Entlastung für
den Bundeshaushalt in Höhe von 2,4 Milliarden Euro.
Angesichts dessen müssen Sie sich fragen lassen, ob das
der richtige Umgang zwischen Bund und Ländern in ei-
nem föderalen Staat ist. Ich jedenfalls halte das für nicht
akzeptabel.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Damit die Bedingungen ganz klar sind: Einen Nach-
tragshaushalt werde ich nicht vorlegen. Das werde ich
Ihnen gleich begründen. Ich werde die hier entstehenden
Probleme durch Einmalmaßnahmen und notfalls durch
die Inanspruchnahme von Restkreditermächtigungen be-
herrschen können.


(Zuruf des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])

– Jawohl, Herr Koppelin, ich werde gleich präzise darü-
ber reden, was Sie alles nicht tun. Was wollen Sie jetzt
eigentlich?

Ich weise darauf hin, dass wir auf der Ausgabenseite
in einem bisher nicht gekannten Maße konsolidiert ha-
ben. Wir haben seit 1999 ein durchschnittliches Ausga-
benwachstum in Höhe von 0,4 Prozent pro Jahr. Wenn

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(C (D an die Inflationsrate berücksichtigt, dann bedeutet das ogar, dass es beim Bund einen realen Rückgang der öfentlichen Ausgaben gegeben hat. Dabei sind noch – das st wahr – die viel höheren Kosten für den Arbeitsmarkt egen der stagnierenden wirtschaftlichen Entwicklung nd die höheren Kosten für die Rentenversicherung das hat etwas mit der demographischen Entwicklung u tun – zu berücksichtigen. Überall sind die Ausgaben einzige Ausnahme ist der Bereich Bildung und Forchung; das haben wir ganz bewusst so gemacht – nicht ur real, sondern auch nominal drastisch zurückgefahren orden, sodass der Sachverständigenrat in seiner Beertung zu dem Ergebnis kommt, auf keinen Fall könne estritten werden, dass wir ausgabenseitig konsolidiert ätten. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Finanzhilen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Eine Hilfe waren Sie mir dabei nie. Ich erinnere mich
och gut: Als wir 1999 das 30-Milliarden-DM-Paket auf
en Weg gebracht haben und ich vorgeschlagen habe,
nter anderem die Beamtengehälter für eine bestimmte
eit einzufrieren, sind es die von Ihnen regierten Länder,
ie die Hauptnutznießer dieser Maßnahme gewesen wä-
en, gewesen, die mir das im Bundesrat kaputtgemacht
aben. So sieht einer Ihrer Beiträge zur Konsolidierung
er öffentlichen Haushalte aus. Nur Lobbypolitik!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zu den Leistungsgesetzen. Dazu möchte ich von
hnen Genaueres erfahren; das wollen wir einmal
urchbuchstabieren. Was haben wir denn in der Renten-
ersicherung gemacht? Wir haben einen Nachhaltig-
eitsfaktor eingeführt.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Aber erst, nachdem ihr unseren Faktor abgeschafft habt!)


ir haben außerdem für eine Nullrunde bei der Rente
esorgt.


(Zurufe von der CDU/CSU)

Rechnen Sie das doch nach! Sie wissen ganz genau
das ist leider wahr –, dass unser Nachhaltigkeitsfaktor
iel härter ist als Ihr demographischer Faktor. Das ist der
chlichte Sachverhalt.
Wir haben des Weiteren die Betriebsrenten dem vol-

en Krankenversicherungsbeitrag unterworfen und den
ollen Pflegeversicherungsbeitrag von den Rentnern
erlangt. Das alles sind Dinge, die zwar keinen Spaß ge-
acht haben, die aber unvermeidbar waren.
Wenn man hinnimmt, dass die demographischen Ver-

nderungen nicht in den ökonomischen Rahmenbedin-
ungen abgebildet werden – sie haben das 16 Jahre lang
etan –, dann ist eine solche Situation der sozialen
icherungssysteme die Folge. Wir mussten so handeln,
icht weil wir unsozial sind, sondern gerade weil wir so-
ial sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Bundesminister Hans Eichel

Mit jedem weiteren Jahr, das man wartet – das sage ich
auch in Richtung ganz anderer –, würden die Probleme
nur größer.

Was hat unsere Gesundheitsreform gebracht? Die
Wahrheit ist: Für viele Versicherte werden Leistungen
des Gesundheitssystems ab dem 1. Juli noch einmal teu-
rer werden. Herr Fricke, es tut mir sehr Leid, dass Kos-
tendämpfung durch mehr Wettbewerb aufseiten der
Leistungserbringer – das ist eine zentrale Frage – auf der
Strecke geblieben ist. Dafür sind Sie verantwortlich. Das
wissen Sie so gut wie ich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was Hartz IV angeht, sind einige von Ihnen schon
wieder dabei, umfangreiche Nachbesserungen zu for-
dern. Der Wirtschaftsminister hat darauf hingewiesen:
Wir werden über die neu entstandenen Missbrauchstat-
bestände in der Praxis reden müssen. Es gilt, zu klären,
warum wir plötzlich so viele Bedarfsgemeinschaften ha-
ben. Das kann so nicht sein. Ich möchte einmal wissen,
was die von der CDU regierten Kommunen bei der Um-
setzung dieses Gesetzes eigentlich machen. Darüber
wird zu reden sein und da schlagen Sie sich in die Bü-
sche.

Wenn Sie Eingriffe in Leistungsgesetze – sie würden
in diesem Jahr übrigens gar keine Auswirkungen haben;
insofern ist das ein völlig untauglicher Beitrag zur Haus-
haltssituation dieses Jahres – wollen, dann nennen Sie
doch bitte Ross und Reiter. Im Moment sind Sie diesbe-
züglich absolut sprachlos.

Ich kann Ihnen sagen, wo Geld zu holen ist – wenn
man das überhaupt will. Vieles ist verfügt: im Etat des
Verkehrsministeriums bei den Verkehrsinvestitionen, im
Etat des Verteidigungsministeriums bei den Beschaffun-
gen, im Etat des Ministeriums für Bildung und For-
schung und im Etat des Entwicklungshilfeministeriums.
Ich weiß ganz genau, was Sie sagten, wenn ich dort Kür-
zungen vornähme. Ich würde so aber nicht vorgehen,
weil es in dieser Phase konjunkturschädlich wäre. Ein
solcher Schritt würde die Probleme vergrößern und nicht
verringern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

… Das zu erwartende gesamtwirtschaftliche Wachs-
tum wird in erheblichem Umfang vom Export getra-
gen sein, während das Wachstum der Inlandsnach-
frage zunächst noch dahinter zurückbleiben dürfte.
Steuererhöhungen oder weitere drastische Ausga-
benkürzungen würden in dieser Situation die In-
landsnachfrage zu sehr dämpfen und damit die
Wachstumsdynamik beeinträchtigen und eine posi-
tive Beschäftigungsentwicklung in Frage stellen.

Mit dieser Begründung haben Sie im Jahre 1997 einen
Nachtragshaushalt abgelehnt. Damals erwarteten Sie ein
Wirtschaftswachstum von 2,2 Prozent. Wir erwarten im
Augenblick ein Wirtschaftswachstum von 1 Prozent.
Dennoch verlangen Sie solche Eingriffe. Wie unglaub-
würdig ist Ihre Position?!

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es stellt sich die Frage: Was bleibt eigentlich übrig?
ine Menge! Ganz unwahr ist, dass wir nichts gemacht
ätten. Herr Dr. Meister, ich komme jetzt zum Subven-
ionsabbau. Sie schieben immer die Kleckerbeträge, bei
enen Sie mitgemacht haben, vor, verschweigen aber,
ie viele große Vorhaben Sie verhindert haben, und
war systematisch und seit Beginn dieser Wahlperiode.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Zum Beispiel Kohle!)

Darauf komme ich zu sprechen; da können Sie ganz si-
her sein.
Ich habe in der Zeitung gelesen, Herr Röttgen habe

esagt, es werde zum Inhalt des Programms, das Sie am
1. Juli vorlegen wollen, gehören, die gegenwärtige fi-
anzielle und ökonomische Lage des Landes und die
erantwortung dafür uneingeschränkt darzustellen, weil
ich die Legitimation für den Neuanfang und die Not-
endigkeit der ersten Schritte der neuen Regierung erst
araus ergäben. Hervorragend!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Dabei kommen Sie nicht ganz gut weg!)


ch erwarte also, dass in Ihrem Programm, das Sie am
1. Juli vorlegen wollen, steht: Ja, wir übernehmen die
erantwortung


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Für den Neuanfang!)


afür, dass wir seit Ende 2002 systematisch blockiert ha-
en, dass Jahr für Jahr steuerliche Subventionen in Höhe
on 17,5 Milliarden Euro – insgesamt war der Abbau
on Subventionen in Höhe von 26 Milliarden Euro vor-
esehen – abgebaut werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as muss man dann ganz klar machen. Wenn Sie sich
em nicht stellen, dann sind Ihre sämtlichen Behauptun-
en, dass Sie die Verantwortlichkeiten in Ihrem Pro-
ramm offen legen wollen, hohles Gerede. In Wirklich-
eit stehlen Sie sich davon.
Jetzt wollen wir einmal über Steuern reden. Wenn Sie

icht in der Wirklichkeit ankommen – wir werden dage-
en kämpfen, dass der Wähler Ihnen sein Vertrauen
chenkt –, dann werden Sie in der Tat keine wirklich-
eitstauglichen Antworten geben können; das haben Sie
elber gesagt.
Wo sind wir mit der Steuerquote, meine sehr verehr-

en Damen und Herren? Wir sind mit der Steuerquote ge-
enwärtig bei 20,1 Prozent. Damit liegen wir um
Prozent unter dem jahrzehntelangen Durchschnitt der
lten Bundesrepublik.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)







(A) )



(B) )


Bundesminister Hans Eichel

Wir wollen festhalten: Das gilt auch für die Abgaben-

quote. Ich zitiere wörtlich den Sachverständigenrat. Er
nennt die internationale Vergleichsquote für 2003:

Mit 21,5 Prozent wies Deutschland im Jahr 2003 im
internationalen Vergleich eine der niedrigsten und
in der Europäischen Union sogar die niedrigste ge-
samtwirtschaftliche Steuerquote auf … Nie zuvor
in der Geschichte der Bundesrepublik waren Ein-
gangssteuersatz … und Spitzensteuersatz … der
Einkommensteuer so niedrig; auch im europäischen
Vergleich sind die Einkommensteuersätze eher mo-
derat. Aus diesen Zahlen kann für sich genommen
weder die Notwendigkeit einer generellen Steuer-
senkung abgeleitet noch auf eine unzureichende
steuerliche Attraktivität des Standorts Deutschland
geschlossen werden. Dies gilt auch, wenn die ge-
samtwirtschaftliche Abgabenquote als Summe von
Steuerquote und Sozialabgabenquote betrachtet
wird. Hier liegt Deutschland mit 36,2 Prozent im
europäischen Mittelfeld.

Mit anderen Worten: Wenn Sie sich nicht dem Sach-
verhalt öffnen, dass es eine weitere Steuerentlastung
nicht mehr geben kann und dass wir eine Verbesserung
der Einnahmesituation des Staates durch Subventions-
abbau brauchen, sind Sie nicht wirklichkeitstauglich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das wissen übrigens viele.
Was war denn die Strategie? Das wollen wir einmal

richtig auskämpfen. Von dem Augenblick an, als ich das
Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen einge-
bracht habe – beim Haushaltsbegleitgesetz für den Haus-
halt 2004 war es später ganz genauso –, war Ihre Strate-
gie: Wir lassen den Bund mit unserer Mehrheit im
Bundesrat in die Grube fallen. Dann werden wir sehen,
dass die anderen kaputtgehen, und wir kommen wieder
dran. – Das war Ihre Strategie vom ersten Tag der neuen
Wahlperiode an.


(Beifall bei der SPD)

Sie haben aber eines übersehen: Die CDU-geführten

Länder liegen längst in der Grube. Herrn Koch und
Herrn Wulff steht das Wasser doch längst Oberkante Un-
terlippe. Sie sollten den Mund nicht so weit aufreißen,
weil sonst das Wasser hineinschwappt. Das ist die Wirk-
lichkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Hessen hat einen verfassungswidrigen Haushalt auf-
gestellt. Herr Wulff tritt mit seiner Regierung an und er-
klärt, er werde in der ganzen Wahlperiode keinen verfas-
sungsgemäßen Haushalt vorlegen. Das Saarland,
Bremen und Berlin haben keinen verfassungsgemäßen
Haushalt. Nach der Steuerschätzung sind jetzt insgesamt
zehn Länder nach ihren Finanzplänen in der Verfas-
sungswidrigkeit. Es kann allerdings sein, dass es das
eine oder andere Land noch irgendwie schafft, die Ver-
fassungswidrigkeit für dieses Jahr durch Bewirtschaf-
tung zu vermeiden.

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(C (D Also: Sie wollten den Bund in die Grube fallen lassen. as wird, wenn Sie so weitermachen, auch gelingen. Aber die Länder liegen schon in der Grube – und Ihre igenen Länder zuallererst, meine Damen und Herren. as ist das für eine Politik: die eigenen Ministerpräsienten dazu zu zwingen, ihre Finanzen zu ruinieren, dait man die Sozialdemokraten und die rot-grüne Koaliion im Bund los wird? Das ist unverantwortlich. (Beifall bei der SPD – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Das ist dummes Geschwätz!)


(Beifall bei der SPD)


as ist Ihr Beitrag zur Föderalismusdebatte.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wer hat sie denn scheitern lassen? Herr Müntefering hat die Arbeit aufgegeben!)


Was machen denn die Länder? Sie machen dasselbe
ie ich. Ich habe – das ist ja richtig, Herr Meister – in
ohem Maße Privatisierungserlöse zur Finanzierung
es Haushalts eingesetzt. Das habe ich nie gewollt; das
st nicht die Finanzpolitik, die ich mir vorgestellt habe.
ir wollten – darüber gab es keinen Streit – privatisie-

en; aber wir wollten die Erlöse einsetzen, um damit alte
chulden abzubauen, nicht zur laufenden Finanzierung
es Haushalts.
Was passiert nun in diesem Lande?

(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Sie sind gescheitert! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


n Niedersachsen zum Beispiel gibt es Privatisierungen
n großem Umfang.


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Reden Sie doch einmal über sich und Ihre Politik!)


Hören Sie doch auf! Wenn die Länder keine Verant-
ortung für ihre Politik übernehmen müssen, geben Sie
en Föderalismus an der Garderobe ab. So ist es doch.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ntweder haben Sie eine Verantwortung – dann nehmen
ie sie wahr! –, oder Sie haben keine Verantwortung;
ann muss man das System ändern.
Hessen – der Ministerpräsident dort wurde auch ein-
al als Kanzlerkandidat genannt –


(Jörg Tauss [SPD]: Oh je!)

lant allein in diesem Jahr mit Einnahmen in Höhe von
50 Millionen Euro aus der Veräußerung von Behörden-
auten, die dann zurückgemietet werden. Zum Beispiel
ird das Finanzministerium verkauft. Vielleicht fällt Ih-
en so etwas auch noch ein. Verkaufen und zurückmie-
en – das bedeutet eine Verdoppelung der Kosten in der
ukunft und nur noch von der Substanz leben! Das ist
ngefähr so, als wenn jemand – das versteht jeder – sein
äuschen verkauft und den Verkaufserlös für Konsum
insetzt. Im Gegensatz zu vorher, als er das Häuschen
och hatte, muss er jetzt Miete zahlen, aber das Geld ist






(A) )



(B) )


Bundesminister Hans Eichel

weg. Da weiß man genau, wann das zu Ende geht. Das
kann überhaupt nicht gut gehen.


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Das ist die Politik Eichel! – Ilse Aigner [CDU/CSU]: Das ist Ihre Politik!)


– Das ist nicht meine Politik! Darauf komme ich noch
einmal zu sprechen.

Baden-Württemberg: Die Zinseinnahmen bis 2017
werden auf 2005 und 2006 vorgezogen, damit Baden-
Württemberg noch eben einen verfassungsgemäßen
Haushalt darstellen kann. Bayern wird uns erzählen, im
Jahr 2006 werde es einen Haushalt ohne neue Schulden
haben; nach der Verfassung ist das so. Wissen Sie, wie
man das da macht? Durch Privatisierungserlöse und
durch Entnahmen aus Rücklagen, die aus alten Krediter-
mächtigungen gebildet worden sind. Das ist in anderen
Ländern schon verboten. Das ist Ihre Finanzpolitik,
meine Damen und Herren! Das macht Ihr künftiger Su-
perminister für Wirtschaft und Finanzen, wie ich in den
Zeitungen lese!


(Beifall bei der SPD – Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Jetzt mal zum Bund!)


Keine Angst! Alle Zahlen für dieses Jahr sind auf
dem Tisch. Es kommen auch alle neuen Zahlen auf den
Tisch. Der Herr Söder meint, man müsse noch einen
Kassensturz machen. So etwas Ähnliches habe ich auch
von Frau Merkel gelesen. Die sind wohl nicht à jour.
Herr Stratthaus sieht das ganz anders und sagt: Wir brau-
chen keinen. Wir kennen alle Zahlen.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Legen Sie doch einen Haushaltsentwurf vor, wenn Sie die Zahlen kennen!)


Das ist auch richtig. Ich habe nämlich eingeführt, dass
jeden Monat in den Monatsberichten des Bundesfinanz-
ministeriums genau der Status, jeweils im Vergleich zum
Vormonat, veröffentlicht wird. Dreimal im Jahr gibt es
unsere Prognose, die auch veröffentlicht wird. Das ist
der schlichte Sachverhalt.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Aber keinen Haushaltsentwurf 2006!)


Meine Damen und Herren, was Sie durch Ihre Blo-
ckademehrheit im Bundesrat angerichtet haben, wird Ih-
nen selber auf die Füße fallen.

Da bleibt nur noch die Frage: Was ist denn nun ei-
gentlich mit der neuen Ehrlichkeit? Herr Glos wurde
schon zitiert. Das war nun wirklich eine der schönsten
Veranstaltungen, die wir erlebt haben. Aber ich habe
noch etwas anderes gelesen, wieder von Herrn Röttgen,
wieder zum Programm: Entscheidend sei überdies, dass
sich das Programm nicht erschöpfen dürfe in der Auf-
zählung einzelner Maßnahmen, sondern die programma-
tischen Leitplanken der künftigen Regierungspolitik be-
schreiben müsse.


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: Da hat er Recht!)


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(C (D s gehe nicht um die Aufreihung einzelner Aktionen, m die jeweils davon betroffenen Lobbygruppen zu moilisieren, sagte Röttgen. Es werde darauf ankommen, erständnis für Strukturveränderungen zu wecken, twa für die Abkopplung der Sozialkosten vom Lohn, tatt Hysterie über einzelne Maßnahmen zu erzeugen. Da bleibt nur noch eine Frage, verehrter Herr öttgen: Gibt es nun die Mehrwertsteuererhöhung in Ihem Programm, ja oder nein? ird die Eigenheimzulage gestrichen, ja oder nein? ird die Pendlerpauschale drastisch eingeschränkt, ja der nein? Wird die Steuerfreiheit der Sonntags-, Feieragsund Nachtarbeitszuschläge aufgehoben, ja oder ein? Das ist die Frage nach der neuen Ehrlichkeit. Ich habe eine Fülle von Vorschlägen unterbreitet. Die oalition hat sie mitgetragen. (Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Und was Sie jetzt machen, ist das Ergebnis!)


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Genau!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


ir haben eine Menge Prügel dafür eingesteckt, dass wir
esagt haben: In der Verantwortung für dieses Land
üssen wir solche unpopulären Maßnahmen treffen. –
ie waren immer dagegen. Jetzt, da Sie glauben, Sie
önnten im Herbst die Regierung stellen – ich wäre an
hrer Stelle vorsichtig –, treten die einen auf, die vertu-
chen wollen, weil sie sich sagen: „Dann kommen wir
esser bis zur Wahl“, und die anderen, die der Meinung
ind, es geht gar nicht weiter. Aber diejenigen, die wirk-
ich Verantwortung für ihr Land haben, die Ministerprä-
identen, wollen es genauso geklärt wissen wie die ande-
en, die Angst um ihre Wahlaussichten haben. Sie
erden das klären müssen.


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Wir werden das auch klären!)


Unsere Antworten, etwa zum Subventionsabbau, so
npopulär sie auch sind, liegen auf dem Tisch. Es gibt
ichts, verehrter Herr Röttgen, was nicht von Lobby-
ruppen bekämpft werden wird. Das ist die Wahrheit.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Legen Sie mal einen Haushalt vor!)


ie haben sich immer dahinter gestellt. Mit der 17-Mil-
iarden-Blockade sind Sie für die Probleme, die wir ha-
en, mit verantwortlich. Das ist nicht das Problem allein,
ber es ist Ihr Beitrag dazu. Darüber wird zu reden sein.


(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ilse Aigner [CDU/CSU]: Das war die Abschiedsrede!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517802600

Das Wort hat der Kollege Jürgen Koppelin, FDP-

raktion.






(A) )



(B) )



Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1517802700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Bundesminister, ich finde, Sie sind Ihrer Verant-
wortung nicht gerecht geworden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Widerspruch des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Sie sind als Bundesfinanzminister vereidigt worden und
haben eine Aufgabe übernommen. Sie hätten heute Stel-
lung zu den Anträgen nehmen und eindeutig sagen müs-
sen, warum Sie keinen Nachtragshaushalt vorlegen.


(Hans Eichel, Bundesminister: Das habe ich doch getan!)


Stattdessen beschimpfen Sie die Opposition.
Ja, es ist wahr, dass man vielleicht über die eine oder

andere Frage sachlich diskutieren kann. Wir als FDP ha-
ben zum Beispiel eine klare Meinung zur Mehrwert-
steuer, in der Union wird darüber diskutiert. Aber, lieber
Herr Eichel, diese Probleme sind doch sehr gering zu
den Problemen, die Sie in Ihrer eigenen Partei haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD)


– Ich weiß nicht, wer da gerade gelacht hat, aber es ist
doch Tatsache, dass vor kurzem einer Ihrer ehemaligen
Bundesvorsitzenden aus der Partei ausgetreten ist und
ein anderer ehemaliger Bundesvorsitzender, Herr
Scharping, gestern groß mit Ihrer Partei abgerechnet hat.
Diese Probleme haben Sie. Also beschimpfen Sie nicht
die Opposition, sondern kümmern Sie sich um Ihren ei-
genen Laden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das, was Sie hier gesagt haben, enthielt keinerlei

Stellungnahme zu der rot-grünen Haushaltspolitik, die
wir hier Jahr für Jahr erlebt haben. Es war immer das
Gleiche: erst zu optimistische Prognosen und dann zu
geringes Wachstum und zu geringe Steuereinnahmen.
Keine der Zahlen auf der Einnahmen- wie auf der Aus-
gabenseite hat gestimmt. Die Haushalte sind deshalb aus
dem Ruder gelaufen, weil sie immer von rot-grünen
Träumereien geprägt waren.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)

Sie jedoch haben diese Träumereien für Wirklichkeit ge-
halten. Das ist doch die Wahrheit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Ach, Herr Koppelin!)


Herr Eichel, Sie sind am Ende. Das ist auch eine Erfah-
rung, die Sie gemacht haben.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist unter Ihrem Niveau!)


Sie mögen guten Willens gewesen sein, Sie sind aber am
Ende vom Bundeskanzler zum Buchhalter dieses Bun-
deskabinetts degradiert worden. Sie konnten selber
nichts mehr gestalten. Das ist doch Ihr Problem. Ich bil-
lige Ihnen zu, dass Sie wirklich guten Willens gewesen
sind. Das wird gerade an Ihren ersten Reden als Bundes-

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(C (D inanzminister deutlich. Sie hatten natürlich auch einen orgänger, der Ihnen den Start leicht gemacht hat; das ar Oskar Lafontaine. Jedes Jahr sind aufgrund Ihrer Träumereien, Herr ichel, die Probleme größer geworden, auf der Einnahenwie auf der Ausgabenseite. Wenn Sie jetzt schon einen Nachtragshaushalt vorlegen wollen, sagen Sie enigstens etwas zu den gescheiterten Arbeitsmarkteformen und den geringen Bundesbankgewinnen und azu, dass die Reformen nicht greifen. Das liegt doch aran, dass sie handwerklich teilweise schlecht gemacht ind. Diese Probleme haben Sie doch geschaffen und icht die Opposition. Dafür tragen auch Sie die Verantortung. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Den Schwachsinn muss ich mir nun wirklich nicht anhören!)


Frau Präsidentin, so eine Bemerkung, dazu noch neben
em Rednerpult, ist unmöglich. Ich wäre dankbar, wenn
as gleich korrigiert würde.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517802800

Herr Kollege Tauss, es ist nicht gut, wenn Sie am
edner vorbeigehen und solch eine Bemerkung machen.
s wäre gut, wenn Sie sich anschließend noch beim Red-
er entschuldigen würden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das ist ein Flegel!)



Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1517802900

Liebe Kolleginnen und Kollegen, statt Ausgaben zu

enken, werden Steuern erhöht. Bei dieser Erhöhung
erden dann auch noch handwerkliche Fehler gemacht.
ch erinnere nur an die Erhöhung der Tabaksteuer.
Jedes Jahr hat Rot-Grün die gleiche Haushaltspolitik

etrieben: Einnahmen geschönt, Ausgaben unterschätzt
nd keinen Mut zu Einsparungen gezeigt. Herr Eichel,
ch sage es Ihnen sehr direkt: Sie haben erst den Haus-
alt gegen die Wand gefahren, nun wollen Sie in diesen
agen auch noch Fahrerflucht begehen. Genau das ha-
en Sie vor.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das Ergebnis Ihrer Politik ist, dass der Haushalt in
ine Schieflage geraten ist. So beanspruchen die So-
ialausgaben und Zinsausgaben etwa 86 Prozent der
teuereinnahmen. Allein an Zinsausgaben ist für das
aushaltsjahr 2005 mit einer Größenordnung von circa
0 Milliarden Euro zu rechnen. Das heißt konkret, liebe
olleginnen und Kollegen: Rund jeden fünften Euro,
en die Bürgerinnen und Bürger an Steuern zahlen, muss
er Bund für Zinsen bereitstellen. Das ist die Wirklich-
eit.


(Lothar Mark [SPD]: Wir haben 80 Milliarden DM 1998 übernommen!)







(A) )



(B) )


Jürgen Koppelin

Machen Sie sich einmal klar, lieber Kollege, was das für
kommende Generationen bedeutet – das Problem ist
greifbar –: Würde der Bund jedes Jahr 10 Milliarden
Euro für die Tilgung alter Schulden einsetzen, wäre er
erst in circa 85 Jahren schuldenfrei. Das ist unsere au-
genblickliche Situation.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was stammt denn aus Ihrer Regierungsverantwortung?)


Da muss man doch nun wirklich die Bremse ziehen,
egal, wo man sitzt und wofür man Verantwortung trägt.

Die Probleme liegen doch auf der Hand: Bei Hartz IV
– das wurde schon angesprochen – haben wir ein großes
Minus; wir müssen mit 7 bis 8 Milliarden Euro rechnen.
Die Steuereinnahmen vermindern sich. Die Bundesagen-
tur für Arbeit braucht mehr Geld. Der Bundesbankge-
winn fällt nicht entsprechend aus. Die Einnahmen aus
der Tabaksteuer fallen nicht so hoch aus wie geplant. Als
wir Ihnen vorhersagten, dass das so kommen wird,
wurde das abgestritten. Für die Rentenversicherung wer-
den Sie zusätzliches Geld brauchen. Das Sonderopfer
Südostasien, das wir alle gewollt haben, ist noch nicht
eindeutig finanziert. Die Beschlüsse aus dem Jobgipfel
sind noch nicht eindeutig finanziert usw. Die Liste ließe
sich fortsetzen. Sie aber sagen, einen Nachtragshaushalt
bräuchten Sie nicht. Was ist denn das für eine Haushalts-
politik, die Sie da machen? Es wäre doch ehrlich, zu sa-
gen, in welcher Situation wir uns befinden, und einen
Nachtragshaushalt vorzulegen.

Wir sind zwar auch für eine Haushaltssperre – das
sage ich an die Adresse der Kolleginnen und Kollegen
von der Union –, aber diese wird in dieser schwierigen
Situation längst nicht so viel bringen, wie wir brauchen.


(Otto Fricke [FDP]: Leider!)

Gemacht werden muss das, aber allein auf diese Maß-
nahme sollte man nicht setzen.

Wir als FDP wollen eine Doppelstrategie, um den
Haushalt zu konsolidieren. Natürlich muss bei den Aus-
gaben gespart werden; daran geht kein Weg vorbei. Aber
wir brauchen auch Reformen bei Steuern, Sozialversi-
cherung und Arbeitsmarkt. Nur so ist der Bundeshaus-
halt zu konsolidieren. Das wird nicht von einem Jahr
aufs andere funktionieren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben Ihnen, Herr Eichel, immer die Zusammen-
arbeit angeboten. Das war nicht nur so gesagt. Sie haben
das Angebot leider ausgeschlagen. Gerade aufgrund der
Verantwortung, die wir in den Ländern tragen – jetzt ja
auch noch in Nordrhein-Westfalen, was wir natürlich be-
grüßen –, wollten wir auch beim Bund solide Staats-
finanzen und einen ausgeglichenen Haushalt erreichen.
Wir waren daran interessiert, weil das natürlich auf die
Länder durchschlägt. Aber Sie haben unser Angebot ei-
ner haushaltspolitischen Zusammenarbeit ausgeschla-
gen.

Die FDP hat sich nicht vom Weg abbringen lassen.
Wir haben gehandelt; deshalb werfe ich das hier noch

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(C (D inmal auf: Wir haben zum Bundeshaushalt 2005 Sparorschläge gemacht, 437 Anträge mit Einsparungen in inem Umfang von circa 13 Milliarden Euro. Das sind eine Großprojekte, sondern viele einzelne kleine Maßahmen. Wir haben Streichungen vorgenommen: bei den ubventionen 20 Prozent, bei den Zuwendungen des undes 20 Prozent. All das muss gemacht werden. Das etrifft sogar – das sage ich sehr deutlich – unsere Klienl. Aber wenn alle gleichermaßen von 20 Prozent Kürungen betroffen werden, dann kann keiner jammern; ann sind alle gleich behandelt. Da kann man sich nicht infach die Eigenheimzulage heraussuchen, sondern es uss überall das Gleiche gemacht werden. as ist unser Ziel, um zu sparen. Rot-Grün hat alle unsere Anträge abgelehnt. Kommen ie jetzt nicht damit, dass wir nicht bereit gewesen wäen, zu handeln und mit Ihnen im Sinne der Sache zuammenzuarbeiten. Ich sage das auch mit Blick auf die Grünen, weil die ollegin Hajduk gleich spricht. Von den Grünen werden erade zum Thema Haushalt immer Reden gehalten, deen ich in manchem zustimmen könnte, weil das solide nd vernünftig klingt. Wenn es aber um Entscheidungen ing, dann haben Sie immer dieser unsoliden Politik zuestimmt. Liebe Kollegin Hajduk, da Sie gleich sprehen, sage ich es Ihnen sehr deutlich: Die Grünen haben it ihrem Marsch durch die Institutionen, wenn ich mich ichtig erinnere, beim Oberbürgermeister Hans Eichel in assel, der ersten rot-grünen Koalition in einer großen tadt, begonnen. Wissen Sie, wo Sie mit Ihrem Marsch urch die Institutionen gelandet sind? Beim Bundesfianzminister Hans Eichel in seinem Schuldenstaat. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hoffentlich ist er damit zu Ende, Herr Kollege! Damit ist er zu Ende!)


(Beifall bei der FDP)


nsofern haben Sie die Pleite des Bundeshaushaltes mit
u verantworten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir brauchen,
t eine neue Politik; darum kommen wir nicht herum.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

ir brauchen eine Politik, die sich der Verantwortung

ür kommende Generationen wieder bewusst ist, eine
olitik, die sich wieder darum kümmert, dass Arbeits-
lätze geschaffen werden können, und vor allem, dass
rbeitsplätze erhalten bleiben. Deshalb sage ich für die
DP: Ein weiteres Drehen an der Steuer- und Abgaben-
chraube wird es mit der FDP nicht geben; denn das be-
eutet eine weitere Vernichtung von Arbeitsplätzen. Mit
er FDP in einer kommenden Regierung wird es das ge-
en, was Deutschland dringend braucht: eine Kehrt-
ende, eine Kehrtwende zu einem Staat, der seine Ver-
ntwortung für die Menschen in unserem Land kennt,
or allem eine Kehrtwende zu einem Staat der Beschei-
enheit.
Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517803000

Das Wort hat die Kollegin Anja Hajduk, Bündnis 90/

Die Grünen.


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517803100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Herr

Koppelin, Sie haben mich gerade direkt angesprochen;
Sie haben gesagt, wo wir Grünen gestartet und wo wir
gelandet sind. Ich will zum Anfang meines Redebeitrags
zur Haushaltssituation – in einer Situation, in der wir uns
einem Wahlkampf und Neuwahlen nähern – allen deut-
lich sagen: Keine Seite hier im Parlament hat angesichts
der Situation, angesichts der Zahlen und Schwierigkei-
ten, die Sie hier benennen, Grund, selbstgefällig zu sein,
ausdrücklich auch Sie nicht. Denn wenn man in Ruhe
und mit inhaltlichem Interesse liest, wie begründet wird,
warum Deutschland in einer so schwierigen Lage ist,
dann stellt man fest, dass die wenigsten meinen, dass
dies Rot-Grün zuzuschreiben sei. Vielmehr liest man: In
den 90er-Jahren, als es vor dem damaligen wirtschaftli-
chen Hintergrund wichtig gewesen wäre, Reformthemen
in Deutschland mutig anzupacken, haben Sie über einen
längeren Zeitraum versagt, als wir bislang überhaupt re-
giert haben.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Da war die Wiedervereinigung mit ihren Problemen!)


Sie haben keinen Grund zur Selbstgefälligkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Zu den Themen Mut und Offenheit werde ich gleich

noch ein paar sehr deutliche Worte sagen. Zuvor will ich
einmal kurz beschreiben, was Rot-Grün in der Haus-
halts- und Finanzpolitik seit 1998 gemacht hat.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nichts Gutes!)


Wir haben die Steuern erheblich gesenkt. Dazu haben
wir auch die Zustimmung im Bundesrat erwirkt.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Jetzt stehen Sie plötzlich zu den Körperschaftsteuerausfällen?)


Ich weiß, dass Sie teilweise mit geballter Faust in der Ta-
sche zur Kenntnis genommen haben, dass wir Einkom-
mensteuertarife erreicht haben, die Sie nicht hinbekom-
men haben.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die Sie vorher blockiert haben, insbesondere dieser Mann da vorn! Der hat Petersberg blockiert!)


Wir haben die Finanzhilfen in Höhe von 12 Milliar-
den Euro bis heute, nach sieben Jahren, um die Hälfte
vermindert. Damit macht man sich nicht nur Freunde.
Wir haben die Ausgaben des Bundes in den letzten Jah-
ren trotz wirtschaftlich schwieriger Zeit absolut zurück-
geführt; von den Preissteigerungen in den letzten Jahren
habe ich dabei noch gar nicht geredet. Das wissen Sie
auch und das stimmt.

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(C (D Es gibt zwar – das will ich nicht leugnen – weiterhin ine große strukturelle Lücke im Haushalt, aber man uss sehen, dass wir trotz schwieriger wirtschaftlicher ituation die Ausgaben strikt konsolidiert haben. Veruracht wird die Lücke durch – das sagt jede Analyse – egbleibende Steuereinnahmen und zusätzliche Ausgaen für den Arbeitsmarkt aufgrund der Arbeitslosigkeit. (Zuruf von der CDU/CSU: Durch eine falsche Politik!)


ch werde auf den Bereich Arbeitsmarkt gleich noch zu-
ückkommen.
Jetzt aber zunächst zu den Stichworten Mut und Ehr-

ichkeit – schließlich stehen wir jetzt vor einem kurzen,
ber vermutlich knackigen Wahlkampf –: Auch wir sind
er Meinung, dass diejenigen, die Regierungsverantwor-
ung tragen, Vorschläge machen müssen. Wir haben dies
etan und dafür Mut und Konsequenz aufgebracht; das
at Herr Eichel gerade noch einmal in Zahlen ausge-
rückt. Wir haben uns bewusst der Kritik ausgesetzt, in-
em wir das Risiko eingegangen sind, Subventionsstrei-
hungen vorzuschlagen. Sie dagegen haben in diesem
unkt – Herr Meister hat vorhin davon gesprochen, man
rauche Mut in der Finanzpolitik – versagt. Sie mussten
icht die Verantwortung übernehmen, die Vorschläge
rfunden zu haben, aber Sie hätten in der Verantwortung
or der Situation der öffentlichen Haushalte, die Ihnen
ekannt war, wenigstens sagen müssen: Wir blockieren
as nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Fakt ist, dass Sie die öffentlichen Haushalte mit Ihrem
erhalten in die Enge getrieben haben; das Ganze macht
inen hohen zweistelligen Milliardenbetrag aus. Die
olge ist nicht allein, dass der Bundeshaushalt ein Pro-
lem hat, sondern dass fast allen Ländern die Puste aus-
eht. Wenn wir von Verantwortung reden und morali-
che Kategorien bedienen, dann frage ich Sie: Wiegen
igentlich Schulden in den Länderhaushalten für die
achfolgenden Generationen minder schwer als Schul-
en im Bundeshaushalt? Was maßen Sie sich eigentlich
n, nicht den Zusammenhang zu sehen, was Ihre Blocka-
epolitik den zukünftigen Generationen zumutet und
as der Reformstau in diesem Land an dieser Stelle lei-
er bewirkt?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Deswegen ist es schon absurd, dass sich die CDU-
inisterpräsidenten in den Ländern, die gegenüber der
undespolitik klagen und unter den Schulden stöhnen,
azu hergegeben haben, diesen Subventionsabbau we-
en einer Unionstaktik zu verhindern. Solche Politiker,
olche Ministerpräsidenten brauchen wir gewiss nicht
ier auf der Regierungsbank. Sie sind verantwortungs-
s.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nun komme ich zu den Vorschlägen der CDU und der
DP. Zwischen den Vorschlägen beider Parteien beste-






(A) )



(B) )


Anja Hajduk

hen Unterschiede, aber sie eint eines: Sie bringen die
Haushalts- und Finanzpolitik in Deutschland auf die to-
tale Abschussbahn. Das ist eine Geisterfahrt. Herr
Solms, der eine tragende Rolle in der Finanzpolitik der
FDP spielt, hat ausweislich eines Zeitungsberichtes ge-
sagt, weitere Steuernettoentlastungen seien unverzicht-
bar.


(Beifall bei der FDP)

Wer angesichts der Steuerquote, die wir in Deutschland
haben, ein solches Credo anstimmt, der ist, was die öf-
fentlichen Finanzen in Deutschland angeht, nicht reali-
tätstauglich. Offenbar ist das ganze Gerede von Genera-
tionengerechtigkeit, die Sie bei der FDP sich gern
anstecken wollen, reine Lüge und entbehrt jeder sachli-
chen Grundlage.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Herr Meister hat vorhin gesagt, die CDU/CSU habe
zu Reformen in den Sozialsystemen und auf dem Ar-
beitsmarkt Vorschläge gemacht. Dazu möchte ich Fol-
gendes sagen: Sie haben Vorschläge gemacht, die vor
noch nicht ganz einem Jahr – ich glaube, es ist ein halbes
Jahr her – in den Zeitungen mit „Das 100-Milliarden-
Risiko Frau Merkel“ betitelt wurden. Sie haben Ihre
Steuervorstellungen und Ihren Willen zur Reform der so-
zialen Sicherungssysteme noch gar nicht in Übereinstim-
mung gebracht. Ich sehe bei der CDU/CSU keinen Mut,
zu sagen, wie sie ihre Steuerreform gestalten will.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Ist doch alles schon vorgelegt!)


Wir befinden uns heute in der Situation, dass wir uns
Neuwahlen nähern. Sie werden sich nicht darauf ausru-
hen können – das werden wir Ihnen nicht durchgehen
lassen –, dass Sie uns nur kritisieren. Ich kann Ihre Kri-
tik gut ertragen; aber Sie müssen eigene Vorschläge dazu
machen, ob Sie im Gesundheitssystem noch eine Soli-
darfinanzierung vorsehen wollen.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Wo ist denn Ihr Vorschlag?)


Wenn Sie eine Kopfpauschale einführen wollen, dann
müssen Sie die Beiträge für Kinder gegenfinanzieren,
Herr Röttgen. Dazu fehlt Ihnen ein Steuervorschlag.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie meinen, Sie könnten Volksverdummung betrei-
ben: Sie senken die Einkommensteuer weiter und ver-
nachlässigen, zu welcher Steuernettoentlastung das
führt. Wenn Sie die Einkommensteuer dann gedanklich
nur zur Hälfte senken, soll das dafür reichen, ein anderes
virtuelles Loch in der Gesundheitspolitik zu stopfen. Das
ist absurd.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517803200

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Koppelin?

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(C (D Natürlich. Sehr geehrte Kollegin Hajduk, da ich befürchte, dass ie auf dieses Thema nicht mehr zu sprechen kommen, ill ich Ihnen dazu gern durch eine Zwischenfrage die elegenheit geben: Ich habe vor einiger Zeit im „Hanelsblatt“ gelesen, dass Sie für die Erhöhung der Mehrertsteuer sind. Sind Sie das nach wie vor und wird das on Ihrer Fraktion mitgetragen? (Elke Ferner [SPD]: Wird sie von Ihnen immer noch abgelehnt, Herr Koppelin?)

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517803300
Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1517803400


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517803500

Sehr geehrter Herr Koppelin, ich komme auf die di-

ekten und indirekten Abgaben noch zu sprechen. Ich
ege Wert darauf, dass dies in einem bestimmten Zusam-
enhang geschieht.


(Zurufe von der CDU/CSU: Ach so!)

eswegen seien Sie gewiss, dass Sie in meinem Rede-
eitrag dazu noch etwas hören werden.
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die Vor-

chläge, die aus der Union mit Blick auf den Staatshaus-
alt kommen, sowohl was den Subventionsabbau als
uch was die Finanzierung der sozialen Sicherungssys-
eme angeht, immer noch davon gekennzeichnet sind,
ass sie nicht zu einer Deckung führen. Auch das zeigt
ich, wie gesagt, in den Debatten der letzten Woche.
Abschließend möchte ich zum Thema Subventionsab-

au sagen: Es ist schon ziemlich verlogen – das muss Ih-
en irgendwie peinlich sein –, dass Sie angesichts der
chwierigen Haushaltslage in Bund und Ländern nicht
en Mut hatten, sich zum Beispiel hinter unseren Vor-
chlägen zu verstecken, sondern einen Beitrag dazu ge-
eistet haben, die Kompliziertheit des Steuersystems
her aufrechtzuerhalten. Das ist noch einmal deutlich ge-
orden, als Sie hier gesagt haben, es sei richtig gewesen,
as Steuervergünstigungsabbaugesetz abzulehnen. Das
ar billige Polemik. Mit diesem Gesetz hätte man eine
ereinfachung unseres Steuersystems erreichen kön-
en.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Steuererhöhungen waren das!)


Sie rufen jetzt schon wieder „Steuererhöhungen“. Man
erkt: Ihnen fehlt der Mut zu Einfachheit und Transpa-
enz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


enn Sie haben noch nicht einmal den Mut, gegenüber
leinsten Klientelgruppen für die Durchsetzung Ihrer
orschläge einzustehen. Das zeichnet Sie nicht für eine
egierungsübernahme aus.
Wir brauchen in Deutschland eine sehr ehrliche De-

atte. Vielleicht gelingt es ja trotz des Wahlkampfs, ein
isschen längerfristig und ehrlich zu diskutieren. Wir






(A) )



(B) )


Anja Hajduk

Roten und Grünen tun das auch vor dem Hintergrund,
dass uns manches nicht gelungen ist.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Nichts ist gelungen!)


Ich komme auf das Thema Zukunft zurück; hier su-
chen wir eine Entscheidung. Wie soll es in Deutschland
auf dem Arbeitsmarkt und im Hinblick auf die öffentli-
chen Finanzen weitergehen? Ich glaube, dass es nicht
richtig ist, zu meinen: Wenn die Staatsquote geringer ist,
wird alles besser. Wir haben zwar die Staatsquote ge-
senkt; aber man kann in Deutschland so oder so Reform-
optionen öffnen. Ich verstehe es so: Die FDP ist ziemlich
klar entschlossen, Risiken sehr weitgehend zu privatisie-
ren. Auch die CDU/CSU möchte vielleicht mehr dem
angelsächsischen Modell folgen.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Nein! Überhaupt nicht!)


Frau Präsidentin, ich komme gleich zum Ende.

(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Sie sind am Ende!)

Ich plädiere dafür, dass wir uns an Nachbarländern

orientieren. Ich blicke im Moment gern nach Norden,
und zwar nicht nach Hamburg – obwohl ich von dort
komme –, sondern in die skandinavischen Länder. Ich
glaube, dass es richtig ist, den Faktor Arbeit in Deutsch-
land deutlich zu entlasten, damit wir konkurrenzfähiger
werden und dadurch die Zahl der sozialversicherungs-
pflichtig Beschäftigten erhöhen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517803600

Frau Kollegin, Sie müssen jetzt wirklich zum Ende

kommen.


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517803700

Ich scheue nicht die Debatte – ich komme zum

Ende –, dass wir eine massive Verschiebung zwischen
direkten und indirekten Abgaben brauchen. Wir werden
Abgaben für ein solidarisch finanziertes Sozialsystem
brauchen und werden dieses System nicht so einreißen,
wie Sie es wollen. Wir werden ehrlich sein und auch den
Mut haben, –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517803800

Frau Kollegin, Sie wollten zum Ende kommen.

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517803900

– schwierige Entscheidungen zu treffen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517804000

Das Wort hat der Kollege Steffen Kampeter, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Der Bundesfinanzminister hat es für nötig beunden, der Opposition vorzuwerfen, sie stehle sich daon. as empfinde ich als ziemlich dreist. Da strebt das ganze undeskabinett an, kollektiv den Lafontaine zu markieen, aus der Regierungsverantwortung zu flüchten, und ann stellt sich der Bundesfinanzminister hier hin und agt, die Opposition stehle sich aus der Verantwortung. öllig wirklichkeitsfremd! Blöder geht es doch schon ar nicht mehr, meine sehr verehrten Damen und Heren! (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das war keine angemessene Formulierung! Das war sehr unparlamentarisch, Herr Kollege!)

Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1517804100

(Lothar Mark [SPD]: Stimmt!)


Herr Bundesfinanzminister, Sie haben hier dem Parla-
ent erklärt, Sie wollen für das Jahr 2005 keinen Nach-
ragshaushalt mehr vorlegen, weil Sie andere, kreative
inanzierungsmöglichkeiten sehen. Dazu kann ich nur
agen: Im laufenden Haushaltsjahr 2005 beläuft sich die
trukturelle Unterdeckung dieses Etats auf ungefähr
0 Milliarden Euro. Diesen Betrag geben wir mehr aus,
ls wir auf regulärem Wege einnehmen. Jetzt tut Um-
teuern Not und nicht Aussitzen. Wenn Sie wirklich
och handlungsfähig und gestaltungsstark sind, müssten
ie jetzt eigentlich der Bevölkerung klar und deutlich
ber das Ausmaß der Haushaltskrise im Jahr 2005 Aus-
unft geben. Sie jedoch verweigern diese Auskunft.


(Hans Eichel, Bundesminister: Nein!)

ie machen den Lafontaine auch beim Nachtragshaus-
alt 2005.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sehr geehrter Herr Kollege Beck, wenn Sie sich an-

tändigerweise vielleicht einmal hinsetzen würden, wie
s die Regeln im Parlament vorsehen, würde Ihnen das
ut anstehen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das müssen Sie nun gerade sagen! Dass gerade Sie über die Regeln im Parlament sprechen!)


Außer der Störung des Redners dokumentiert es nur
as schlechte Verhalten des Geschäftsführers von
ündnis 90/Die Grünen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ja, das ist so.
Gleichzeitig haben Sie hier, sehr geehrter Herr Bun-

esfinanzminister, einen Satz gesagt, den ich infrage
telle.


(Joachim Poß [SPD]: Sie stellen nur einen Satz infrage?)







(A) )



(B) )


Steffen Kampeter

Ich kenne die Zahlen. Jeden Tag entdecken wir ein neues
Haushaltsloch. Gestern haben Sie beispielsweise erklärt,
dass Sie die 2 Milliarden Euro aus dem ERP-Sonderver-
mögen aufgrund der zeitlichen Abläufe nun doch nicht
bekommen. Wenn es stimmt, dass Sie die Zahlen ken-
nen, dann erwarte ich von Ihnen, dass Sie auch Manns
genug sind, einen Etat für 2006 vorzulegen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Genauso ist es! Entweder – oder!)


Sie müssen dann auch in der Lage sein, der Bevölkerung
die Wahrheit mitzuteilen. Deswegen lautet unsere Forde-
rung heute, hier nicht nur den Nachtragsetat für 2005,
sondern auch den Etat für 2006 vorzulegen. Wir wollen
ihn gern im September hier debattieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Sonst täuscht er mit Vorsatz!)


Die Redner der Regierungskoalition haben an dieser
Stelle mehrfach darauf hingewiesen, die Opposition
habe sich nicht am Subventionsabbau beteiligt.


(Zuruf von der SPD: Zu Recht!)

Diese Mitteilung ist falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben sich sehr hasenfüßig beteiligt!)


Ich glaube, in der Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland hat es noch nie eine Opposition gegeben,
die sich so konstruktiv auch an unangenehmen steuer-
politischen Maßnahmen beteiligt hat wie die gegenwär-
tige.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Eichel, Sie sollten wissen, dass wir nur in zwei
Punkten, nämlich der vollständigen Abschaffung der
Entfernungspauschale


(Hans Eichel, Bundesminister: Die habe ich nie beantragt!)


und der vollständigen Abschaffung der Eigenheimzu-
lage, nicht mitgemacht haben. Darüber kann man unter-
schiedlicher Auffassung sein.


(Zuruf von der SPD: Da hört man aber etwas anderes!)


Es mag manche in Deutschland geben, die der Auffas-
sung sind: Ein Eigenheim zu haben ist etwas Gutes. Ich
persönlich teile diese Auffassung. Ich gönne den Leuten
ihr Eigenheim.


(Elke Ferner [SPD]: Unterste Kiste! – Weitere Zurufe von der SPD)


Wenn die Sozialdemokraten das anders sehen, können
wir gern darüber streiten. Ich will aber eines sagen: Was
wir nicht mitmachen werden, ist, steuerliche Ausnahme-
tatbestände oder – einfacher ausgedrückt – Steuererhö-
hungen zum Stopfen von Haushaltslöchern zu beschlie-

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(C (D en, weil Sie nicht in der Lage sind, die notwendigen eformen in Deutschland voranzutreiben. Das ist der entrale Unterschied zwischen Ihnen und der zukünftien Regierung. Mit Interesse habe ich vernommen, dass die Noch precherin von Bündnis 90/Die Grünen gesagt hat, sie ätten den Haushalt konsolidiert, also weniger ausgegeen. Ich war etwas überrascht und habe mir die Zahlen och einmal angeschaut, weil ich dachte, ich hätte mich eirrt. Frau Hajduk, ich will Ihnen die Zahlen noch einal nennen: Im Jahre 1998 haben wir 233 Milliarden uro ausgegeben. Wahrscheinlich werden wir im ahr 2005 265 Milliarden Euro ausgeben. Ich will mit hnen nicht über Details streiten, aber ich glaube schon, ass die deutsche Öffentlichkeit wissen wird, dass 65 Milliarden Euro mehr als 233 Milliarden Euro sind. inen Rückgang der Ausgaben kann ich nicht erkennen. ch muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Eine solche Täuchung der Öffentlichkeit sollten Sie unterlassen. Nun ist es also an uns; denn die Regierung hat sich ntschlossen, am 18. September dieses Jahres Neuwahen durchzuführen. Sie können zwar nicht regieren, aber it Ihrem Rückzug klappt es auch noch nicht so richtig. as ist von keiner höheren Qualität als Ihre Regierungsrbeit. Jetzt müssen wir die Politik, die Sie in den sieben Jah en Ihrer Regierungsverantwortung gemacht haben, im inblick auf den Haushalt bewerten. Lassen Sie mich ie nackten Fakten darstellen: Viermal in Folge gab es einen verfassungsgemäßen Haushalt, sondern eine verassungswidrige Kreditaufnahme; dass dies zum fünften al geschehen wird, ist bereits angekündigt. Viermal intereinander haben Sie die Maastricht-Kriterien gerisen. Das strukturelle Defizit beträgt heute 60 Milliarden uro; auch hier ist keine Besserung in Sicht. Mehr als in Fünftel unserer Ausgaben – jeder fünfte Euro, den ir ausgeben – ist nicht durch reguläre Einnahmen inanziert. Schaut man sich den Bundeshaushalt an, stellt man est, dass wir zu einem wesentlichen Teil auf Pump leen. Allein in den letzten drei Jahren hat der Bund chulden in Höhe von 110 Milliarden Euro gemacht. as ist die größte Schuldenexplosion, die wir bisher in er Geschichte der Finanzpolitik der Bundesrepublik eutschland erlebt haben. Herr Eichel, wenn Sie sich ier hinstellen, uns Ihre käsigen Bilder bzw. Ihre Kuhenbilder – dabei könnte es sich auch um einen Käseuchen handeln – zeigen und behaupten, das alles sei icht so schlimm, sage ich Ihnen: Die Menschen wissen, ass in diesem Bundeshaushalt leider kein Stein mehr uf dem anderen steht. Deutschland driftet unter Ihrer erantwortung in den Staatsbankrott. Allein die Ausgaben für den Arbeitsmarkt sind seit er Übernahme der Verantwortung durch die Regierung chröder/Eichel von 21,5 Milliarden Euro auf in diesem Steffen Kampeter Jahr wahrscheinlich über 45 Milliarden Euro gestiegen. Die Ausgaben für den Arbeitsmarkt haben sich somit um über 100 Prozent erhöht. (Elke Ferner [SPD]: Vergleich Äpfel mit Birnen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


Wäre Hartz IV von der Bundesregierung ordentlich
und nicht so schlampig, wie wir es in diesen Tagen er-
fahren, vorbereitet worden, könnte man davon ausgehen,
dass diese Zahl nicht weiter steigt. Aber es ist zu be-
fürchten, dass sich Hartz IV langsam und schrittweise
durch den Bundeshaushalt frisst und dadurch ein weite-
res milliardenschweres Haushaltsrisiko entsteht.


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: Leider wahr!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, hätten Sie

sich in den sieben Jahren Ihrer Regierungsverantwortung
wenigstens auch um die Zukunftsinvestitionen geküm-
mert und hätten wir den Eindruck, es handele sich nur
um eine vorübergehende Haushaltskrise, könnte die Be-
wertung etwas sanfter ausfallen. Tatsache ist aber, dass
die Investitionsquote in Deutschland seit der Über-
nahme der Verantwortung durch die Regierung
Schröder/Eichel von Haushalt zu Haushalt gesunken ist
und mit derzeit 8,9 Prozent einen historischen Tiefstand
erreicht hat.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ja!)

Das bedeutet, dass wir notwendige Zukunftsinvestitio-
nen zugunsten des Gegenwartskonsums unterlassen.
Auch das ist Ausdruck Ihres Scheiterns in der Finanz-
und Haushaltspolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Ursachen dieser Haushaltskrise liegen nicht nur

im Bereich der Finanzen im engeren Sinne, sondern vor
allem auch im zu schwachen Wachstum. Dort sitzt die
Fraktion, die die Grenzen des Wachstums entdeckt hat
und den Menschen erklärt, Wachstum sei für Deutsch-
land gar nicht so wichtig. Ich kann Ihnen sagen, dass mit
dem Wahlergebnis in Nordrhein-Westfalen vor allem ei-
nes gewachsen ist: die Freude auf eine bessere Zukunft.
Das wollen wir auch für Berlin erreichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Aber diese Freude auf eine bessere Zukunft muss erst
wachsen und von mehr Wirtschaftswachstum begleitet
werden. Grob gerechnet lässt sich die Lage wie folgt be-
schreiben: Die Wirtschaft unserer Nachbarstaaten
wächst in etwa doppelt oder sogar dreimal so schnell wie
unsere.


(Lothar Mark [SPD]: Die haben auch keine Blockierer!)


Im Rest der Welt wächst die Wirtschaft doppelt so
schnell wie in Europa insgesamt. In einem Land wie
China beispielsweise wächst die Wirtschaft zehnmal so
schnell wie in unserem Land.


(Lachen bei der SPD – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist Ihre volkswirtschaftliche Kompetenz, Herr Kampeter!)


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(C (D iele von uns – die Unruhe bei den Sozialdemokraten eigt, dass sie dazugehören – haben noch gar nicht beriffen, dass uns diese Entwicklung der Wachstumsdiffeenz zukünftig sehr stark berühren wird; denn gesamtirtschaftlich bedeutet das, dass wir im Vergleich zu ielen anderen Ländern immer ärmer werden. Nun könnten die Deutschen ja sagen, das sei nicht so chlimm, weil es uns insgesamt immer noch gut geht. ber seit der Übernahme durch die Regierung Kohl – – eit dem Übergang von der Regierung Kohl zur Regieung Schröder/Eichel sind die Realeinkommen der Areitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor allen Dingen ufgrund dieser Wachstumsdifferenzen nicht gestiegen. ot-Grün macht arm und arbeitslos, wie es Karl-Josef aumann von hier aus gesagt hat. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Poß [SPD]: Schwarz-Gelb macht bettelarm!)


(Lachen bei der SPD)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, was haben
ie Menschen zu erwarten, wenn die Politik wechselt?
ch glaube, im Hinblick auf die Finanz- und Haushalts-
olitik können sie vor allen Dingen eines erwarten: die
ückkehr zu Ehrlichkeit in der Finanzpolitik.


(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


err Eichel, Sie haben Täuschung zum zentralen Ele-
ent Ihrer Politik gemacht. Ich will daran erinnern, dass
ir zu Beginn dieser Legislaturperiode sogar einen „Lü-
enausschuss“ eingerichtet haben, der die falschen An-
aben, die Sie gegenüber dem deutschen Parlament ge-
acht haben,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Da ist nichts herausgekommen!)


berprüft hat. Er hat deutlich gemacht, dass Sie im Hin-
lick auf einen Wahltermin vor nichts zurückschrecken
nd alles verschleiern, um die Öffentlichkeit vorsätzlich
u täuschen.


(Joachim Poß [SPD]: Wer ist denn Spezialist in Sachen Täuschung?)


Ich will dazu einige Zitate aus Ihrer Rede zur Einbrin-
ung des Etats für 2003 bringen; das ist ja noch gar nicht
o lange her. Sie haben im Deutschen Bundestag erklärt,
lles, was Ihre Finanzpolitik auszeichne, sei für die
nion ein Fremdwort: Solidität, Nachhaltigkeit, Ausga-
enkontrolle und Rückführung der Neuverschuldung.


(Elke Ferner [SPD]: Genau!)

eine sehr verehrten Damen und Herren, das ist entwe-
er dreist oder komplette Wirklichkeitsverweigerung.
uf jeden Fall ist ein solcher Bundesfinanzminister nicht
ehr tragbar für Deutschland; er stellt ein großes Haus-
altsrisiko dar.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )


Steffen Kampeter

Ehrlichkeit dagegen schafft Vertrauen. Wir haben

deswegen – das hat der Kollege Meister hier vorgetra-
gen – unseren Dreiklang vorgeschlagen: Kassensturz
und damit Offenlegung der Wahrheit über die finanzielle
Situation Deutschlands. Die Regierung verweigert die-
sen Kassensturz, sonst würde sie einen Nachtragshaus-
halt für 2005 und einen Etat für 2006 mit anstrengenden
Konsolidierungsschritten vorlegen. Die Alternativen
sind klar:


(Elke Ferner [SPD]: Ja, die sind klar!)

Entweder marschieren wir in den Staatsbankrott


(Lothar Mark [SPD]: Wie in der Kohl-Zeit!)

mit Rot-Grün oder wir fangen endlich an, die Zukunft
Deutschlands durch eine ehrliche Konsolidierung unter
Schwarz-Gelb zu gestalten. Das sind die Alternativen,
um die wir in diesen Wochen werden ringen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir werden – ich will das klar sagen – für ein Mandat

für eine ehrliche und anständige Konsolidierung kämp-
fen. Wir müssen den Menschen deutlich machen: Es ist
nicht der Zeitpunkt für die Verteilung von Geschenken.


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])

Es ist vielmehr der Zeitpunkt, ehrlich Bilanz zu ziehen
und den Leuten klar zu sagen: Es wird zukünftig im
Haushalt nicht mehr so weitergehen wie bisher.


(Zuruf von der SPD: Wo sparen Sie denn?)

Wir sagen dies – anders als Sie, Herr Eichel – vor dem
Wahltermin und wir nehmen die Menschen in die
Pflicht, wir nehmen sie mit. Wir sagen: Wir müssen uns
gemeinsam anstrengen, wir müssen gemeinsam sparen –
oben wie unten. Aber wir dürfen die Leute nicht länger
belügen und ihnen die Wahrheit über die finanzielle Si-
tuation des Landes verschweigen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Herr Bundesminister, in diesem Zusammenhang ha-

ben Sie in diesen Tagen dafür gesorgt, dass der Außen-
wert des Euros in einer fundamentalen Art und Weise
heruntergekracht ist.


(Lachen bei der SPD)

Sie haben es für nötig befunden, in einem internen Zirkel
über das Ende der europäischen Währungsunion zu phi-
losophieren.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Unglaublich!)

Ich finde, Sie können über vieles diskutieren, aber eines
ist ausgesprochen bedrohlich: dass die Finanzmärkte
trotz Ihres Dementis offenbar so erschüttert waren, dass
es zu diesem Kurssturz des Außenwertes des Euros ge-
kommen ist.


(Lothar Mark [SPD]: Das kannst du doch selbst nicht glauben, was du da erzählst! – Elke Ferner [SPD]: Das ist die Reaktion auf die Kanzlerkandidatin!)


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(C (D as zeigt doch, dass Ihnen selbst die Auflösung der ährungsunion von den internationalen Finanzmärkten nd von vielen Entscheidern zugetraut wird. Sie schreken vor nichts, aber auch wirklich gar nichts zurück, eine sehr verehrten Damen und Herren in dieser Bunesregierung! (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So viel Unsinn in so kurzer Zeit!)


Ich schließe: Staatsbankrott mit Rot-Grün oder ehrli-
he, anständige Konsolidierung


(Lachen bei der SPD)

nter einer anderen Regierung, das ist die Entschei-
ungsalternative, die wir heute noch einmal deutlich ma-
hen können. Wir fordern Ehrlichkeit in der Finanzpoli-
ik


(Walter Schöler [SPD]: Guck mal in den Spiegel!)


tatt Lug und Trug, wie wir es von dieser Bundesregie-
ung bisher erlebt haben. Wir machen deutlich, dass
ieser Weg nicht ohne Anstrengung ist. Ich glaube aller-
ings, diese Anstrengung lohnt sich. Wir wollen Wei-
hen stellen: für mehr Beschäftigung, für einen konsoli-
ierten Haushalt und für eine gute Zukunft für unser
aterland.
Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517804200

Herr Kollege Kampeter, es ist Ihr gutes Recht, den
ollegen Beck zu kritisieren. Ich muss Ihnen aber sagen,
ass die Äußerung, es gehe nicht blöder, die Sie zur Aus-
age des Bundesfinanzministers gemacht haben, sehr un-
arlamentarisch ist.


(Lothar Mark [SPD]: Und von Lug und Trug hat er noch gesprochen!)


Das Wort zu Kurzinterventionen erhalten die Kollegin
nja Hajduk und anschließend der Kollege Hans Eichel.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Offensichtlich hat die Rede gesessen! Zwei melden sich schon!)



Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517804300

Herr Kollege Kampeter, wegen der Ausgabenent-
icklung des Bundes haben Sie mich direkt angespro-
hen. Ich möchte eine Bemerkung vorweg machen: Das
nde Ihrer Rede war weder von Anstand noch von Ver-
ntwortungsbewusstsein gekennzeichnet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


on dieser Art Politiker hat dieses Land die Nase voll.
ie können der Lust, anzugreifen, nicht widerstehen. Da-
ei verdrängen Sie den Kern der Politik nach hinten. Das






(A) )



(B) )


Anja Hajduk

ist ziemlich schade. Ich muss Ihnen sagen: Das hätten
Sie eigentlich gar nicht nötig.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das war doch ein guter Beitrag von ihm!)


Jetzt komme ich zum Thema Ausgabenentwicklung,
weil Sie zu Recht darauf hingewiesen haben. Wenn man
sich die Ausgabenentwicklung des Bundes von 1998 bis
2004 ansieht, dann kann man feststellen, dass es zu einer
Steigerung von ungefähr 230 Milliarden Euro auf über
250 Milliarden Euro gekommen ist. Ich wollte Sie oder
die Öffentlichkeit in keiner Weise irritieren, als ich hier
gesagt habe, dass wir die Ausgaben absolut gesenkt ha-
ben. Wenn man die Preissteigerungen herausrechnet, ha-
ben wir sie sogar erheblich gesenkt. Ich bin von den be-
reinigten Ausgaben ausgegangen. Das muss ich noch
einmal sagen.

Ich finde es auch richtig, dies zu tun, weil die berei-
nigten Ausgaben bezogen auf den Bundeshaushalt ver-
deutlichen, dass wir einen großen Teil der Rentenfinan-
zen umfinanziert haben. Dies geschah teilweise auch mit
Ihrer Unterstützung: Kindererziehungszeiten werden an-
gerechnet und wir haben den Beitragssatz durch die
Ökosteuer stabilisiert. Dadurch haben wir den Rentenzu-
schuss erhöht. Ich meine, zu wissen, dass Sie uns mit
Vorschlägen für einen ausgabenmindernden Eingriff bei
der Rente nicht überholt haben. Ich glaube, man kann
der Ehrlichkeit halber sagen – ich denke, das können Sie
zugeben, auch wenn Sie mit unserer Finanzpolitik insge-
samt vielleicht nicht zufrieden sind –, dass die somit be-
reinigten Bundesausgaben


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Was sind denn bereinigte Bundesausgaben?)


um diese erheblichen Änderungen bei den Rentenfinan-
zen zurückgegangen sind.

Wenn Sie das angreifen wollen, dann müssen Sie ent-
weder den Beitragszahlern sagen, dass Sie lieber die
Beiträge zur Rentenversicherung von 19,5 Prozent nach
oben erhöhen wollen, oder Sie müssen hier deutlich sa-
gen – das traue ich Ihnen ehrlich nicht zu –, dass Sie den
Rentnern Einsparungen im zweistelligen Milliardenbe-
reich zumuten wollen.

Ich glaube, wenn Sie diese kleine Erläuterung zu mei-
nen Zahlen zur Kenntnis nehmen, dann werden wir uns
in der Sache sehr schnell einig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Norbert Röttgen [CDU/ CSU]: Das sind aber sehr subjektive Zahlen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517804400

Das Wort zu einer weiteren Kurzintervention hat der

Kollege Hans Eichel.

(Zuruf von der CDU/CSU: Er hat doch schon genug geredet! Mein Gott!)



Hans Eichel (SPD):
Rede ID: ID1517804500

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Ich wiederhole das, was ich schon vorhin gesagt

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(C (D abe, jetzt für den Herrn Abgeordneten Kampeter: Ich inde es ungeheuerlich, dass Sie bei einer zentralen rage hier noch einmal einen haltlosen Vorwurf erhoben aben. Es hat zu keinem Zeitpunkt eine Diskussion über ine Auflösung der Währungsunion oder Ähnliches geeben, an der ich mich beteiligt habe. Es ist unverantortlich, dass Sie das hier wiederholt haben. (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie zündeln! Das ist alles!)


Dass durch solche falschen Nachrichten auch Märkte
eunruhigt werden, ist richtig. Ich würde Ihnen dringend
aten, sich anzusehen, wann die Abwärtsbewegung des
uro in den letzten Tagen angefangen hat. Dies geschah
ämlich nach dem französischen Referendum. Es lohnt,
arüber nachzudenken, warum sich die Bevölkerung in
wei Ländern mit einer konservativen Regierung gegen
ie europäische Verfassung gewandt hat. Vielleicht den-
en Sie darüber einmal ein bisschen nach.
Im Übrigen rate ich Ihnen: Wenn Sie noch einen Rest

on Verantwortungsbewusstsein und Anstand haben,
ann sollten Sie das, was Sie hier eben gesagt haben,
icht nur nicht wiederholen, sondern zurücknehmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517804600

Bitte schön, Herr Kollege Kampeter.


Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1517804700

Die Frau Abgeordnete Hajduk hat hier wortreich er-

lärt, dass die Behauptung, es sei falsch, dass in
eutschland mehr ausgegeben werde, worauf ich hinge-
iesen habe, richtig ist. Ich will deswegen noch einmal
ie Zahlen nennen. Frau Hajduk, wir können zwar berei-
igte, halbbereinigte, viertelbereinigte oder sonstige Fäl-
chungen der Statistik vornehmen. Ich aber verlasse
ich auf den Haushaltsplan und die Zahlen, die darin
tehen und die so auch der deutschen Öffentlichkeit be-
annt sind.
Laut dem Haushaltsplan des Bundes sind 1998

33,6 Milliarden Euro ausgegeben worden. Im Haus-
altsplan für 2005 stehen etwa 255 Milliarden Euro.


(Walter Schöler [SPD]: Das ist blamabel für einen Haushälter!)


ie Regierung hat allein für die Hartz-IV-Gesetze von
ehrausgaben in Höhe von 10 Milliarden Euro gespro-
hen. Das macht insgesamt 265 Milliarden Euro.
65 Milliarden sind mehr als 233 Milliarden. Ich be-
anke mich, dass Sie das noch einmal ausdrücklich be-
tätigt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Bundesfinanzminister oder auch Herr Abgeord-

eter Eichel, ich habe darauf hingewiesen, dass Beamte
hres Hauses – für dieses Haus tragen Sie persönlich nun
inmal die politische Verantwortung, solange Sie im
mt sind – in einem Diskussionspapier halböffentlich






(A) )



(B) )


Steffen Kampeter

darüber spekuliert haben, dass eine Option auf die Auf-
lösung der Währungsunion im Finanzministerium in
Deutschland erörtert worden ist. Wer wie Sie als verant-
wortlicher Fachminister in seinem Haus eine solche Dis-
kussion offenbar zulässt, wer ein windelweiches
Dementi vornimmt, als diese Diskussion in der Öffent-
lichkeit bekannt wird, der trägt für die Währungsturbu-
lenzen, die dadurch mit ausgelöst wurden, ein gerüttelt
Maß an Verantwortung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


Dies steht in einer gewissen Kontinuität. Herr Eichel,
unter Ihrer politischen Führung sollte der europäische
Stabilitätspakt weggewischt werden. Das war ihr politi-
sches Ziel.


(Abg. Hans Eichel [SPD] meldet sich zu einer weiteren Kurzintervention)


Sie wollen keine Stabilität in Europa. Schulden und In-
flation sind Ihr politisches Programm.


(Lothar Mark [SPD]: Das ist eine Unverschämtheit!)


Dass dann natürlich bei Ihnen über europäische Stabili-
tätskultur innerhalb eines gemeinsamen europäischen
Währungssystems streitig diskutiert wird, ist der zweite
Schritt. Er ist konsequent und zeigt, welcher währungs-
politischen und wirtschaftspolitischen Verantwortungs-
losigkeit Sie anheim gefallen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie sind ein Brandstifter!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517804800

Herr Kollege Eichel, es ist nicht üblich, eine Kurz-

intervention auf eine Kurzintervention zu machen. Die
Kurzintervention bezieht sich auf eine Rede.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Machen Sie eine Pressekonferenz und erklären Sie das!)


Das Wort hat die Kollegin Elke Ferner, SPD-Fraktion.


Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1517804900

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolle-

gen und Kolleginnen! Das, was Sie eben geboten haben,
Herr Kampeter, kann man wirklich nur noch unter dem
Stichwort abhandeln: Kampeter toppt Austermann. Mehr
kann man dazu nicht sagen. Ihre Lügen werden auch da-
durch nicht besser, dass Sie sie ständig wiederholen.
Herr Eichel hat den Sachverhalt eben klargestellt. Sie
sollten Manns genug sein, das zu akzeptieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Übrigen kann man Ihre Debattenbeiträge und das,
was Sie sich bisher im Bundestag und im Bundesrat ge-
leistet haben, nur noch unter das Motto stellen: Denn sie
wissen nicht, was sie tun!


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Andere Meinung des deutschen Volkes!)


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(C (D Die Finanzminister der Länder klagen ständig über innahmeprobleme, die so genannten Haushaltsexperten ier im Hause über Ausgabeprobleme. Die Finanzminisr der Länder mit ihren Einnahmeproblemen blockieren eit Jahr und Tag den Abbau von Steuersubventionen in öhe von mittlerweile jährlich 17 Milliarden Euro. Die innahmesituation der öffentlichen Haushalte ist so, wie ie ist, weil Sie sich weigern, dem Staat das zu geben, as er braucht, um die notwendigen Ausgaben auch tätien zu können. Sie haben mit den Anträgen, die Sie heute vorlegen, ieder das gemacht, was Sie schon in den letzten Jahren mer gemacht haben. Aber offenbar sind die Anträge Ihrer Fraktion in Abwesenheit der Fraktionsvorsitzenen und der Fachpolitiker beschlossen worden. Wie könen Sie es sonst erklären, dass Ihre Fraktionsvorsitzende mfangreiche Steuersenkungen in Aussicht stellt? Ihr onzept 21 würde Einnahmeausfälle von rund 10 Milarden Euro bedeuten. In den ersten beiden Jahren wäen das sogar 15 bis 16 Milliarden Euro. Wie sonst ist es u erklären, dass der verkehrspolitische Sprecher Ihrer raktion mal eben 3 Milliarden Euro mehr für Verkehrsvestitionen fordert? Wie ist es zu erklären, dass die opfpauschale, an der Sie offenbar immer noch festhaln, die öffentlichen Haushalte mit bis zu 23 Milliarden uro zusätzlich belasten würde? (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das alles stimmt nur leider nicht!)


enn man die Kosten dieser drei Vorschläge einmal zu-
ammenrechnet, und zwar ohne den ganzen Kram, den
ie sonst immer fordern, dann sind das 41 Milliarden
uro. Vor diesem Hintergrund reden Sie von Haushalts-
onsolidierung. Das kann ja wohl nicht wahr sein.


(Beifall bei der SPD)

Sie befinden sich in einem haushaltspolitischen
moklauf und merken es noch nicht einmal. Sie fordern
ns auf, Ausgaben zu kürzen, und Sie selbst wollen noch
ehr Geld, das nicht vorhanden ist, verteilen. Wie soll
as denn eigentlich funktionieren?
Ich glaube, wir sollten uns über Ihre Kürzungsvor-

chläge beim Haushalt unterhalten; denn andere Ideen
aben Sie bisher nicht aufgezeigt. Sie, FDP und Union
usammen, haben gefordert, die Steinkohlenbeihilfen
ür das Jahr 2005 um 1,645 Milliarden Euro zu kürzen.
s gibt aber einen rechtskräftigen Zuwendungsbescheid.
er interessiert Sie nicht. Diese Ausgaben wären über-
aupt nicht einzusparen.


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Wer hat denn den Zuwendungsbescheid gemacht? Das war der Bund!)


enn man das gemacht hätte, wären Massenentlassun-
en im Bergbau, im Kraftwerksbereich und in der Zulie-
erindustrie die Folge gewesen. Ist das die Arbeitsmarkt-
olitik, die Sie wollen? Verstehen Sie das unter
Vorfahrt für Arbeit“, liebe Kollegen und Kolleginnen
on der Union und der FDP?


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Elke Ferner

Dann haben Sie gefordert, die Arbeitslosenhilfe um

1 Milliarde Euro und den Bundeszuschuss an die Bun-
desagentur für Arbeit auch um 1 Milliarde Euro zu
kürzen. Der Vorschlag ist eine Luftnummer; denn die
Arbeitslosenhilfe war eine gesetzliche Verpflichtung.
Oder wollten Sie zum Gesetzesbruch aufrufen? Das an-
dere würde schlicht und ergreifend bedeuten: Entweder
man hat überhaupt keine Mittel mehr für die aktive Ar-
beitsmarktpolitik oder man muss das Arbeitslosengeld I
kürzen.


(Joachim Poß [SPD], zur CDU/CSU gewandt: Was wollen Sie?)


Aber dazu bedarf es auch einer Gesetzesänderung. Für
wie seriös halten Sie selbst denn Ihre Vorschläge eigent-
lich?

Herr Stoiber hat sich gestern auch wieder zu Wort ge-
meldet: Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenver-
sicherung um 1,5 Prozentpunkte. – Was bedeutet das
denn? Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen werden ge-
strichen. Das hat er ja auch gesagt. Es werden sich insbe-
sondere die Menschen im Osten freuen, dass da über-
haupt nichts mehr läuft.


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Es läuft anschließend mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt!)


Das bedeutet natürlich, dass über kurz oder lang die
Kosten für das Arbeitslosengeld II auch steigen würden,
weil nicht mehr so viele Menschen in den ersten Arbeits-
markt reintegriert werden können. Zum anderen würde
die Entlastung bei dem oder der Einzelnen bei einem Ge-
halt von 2 000 Euro brutto im Monat schlappe 15 Euro
betragen. Die Handwerkerstunde – das muss man sich
jetzt wirklich auf der Zunge zergehen lassen – würde um
sage und schreibe 10 Eurocent inklusive Mehrwertsteuer
billiger. Wenn das Ihre Vorstellungen von einer aktiven
Arbeitsmarktpolitik, von Wirtschaftsförderung und Wirt-
schaftswachstum sind, dann kann man Sie wirklich nur
zu Ihren Vorstellungen beglückwünschen. Das ist wirk-
lich das Papier nicht wert, auf dem es steht. Vor allen
Dingen verschleiert es die wirklichen Probleme, die wir
haben.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Sie haben noch andere Vorschläge gemacht. Die FDP
beispielsweise wollte die pauschale Abgeltung versiche-
rungsfremder Leistungen in der gesetzlichen Kranken-
versicherung streichen. Dann sollten Zinsausgaben um
mehrere Milliarden Euro gekürzt werden und es sollten
andere Pseudokürzungen, die nicht umsetzbar sind, er-
folgen. Ihre ganzen Vorschläge zur Ausgabenkürzung
waren Luftnummern.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Auch die Subventionen bei der Steinkohle?)


Hier gaukeln Sie der Öffentlichkeit, ohne selber Vor-
schläge zu machen, vor, man müsse nur die Ausgaben
reduzieren und dann komme das alles schon in Ordnung.
Beim Steuersubventionsabbau verweigern Sie sich. Sie
entziehen den öffentlichen Haushalten jedes Jahr

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(C (D 7 Milliarden Euro. Das ist Ihre Verantwortung, die Verntwortung dieser Seite des Hauses. Dieser Verantworung müssen Sie sich dann im September stellen. (Beifall bei der SPD – Jürgen Koppelin [FDP]: Bei der Subvention der Steinkohle haben wir Vorschläge gemacht!)


Herr Koppelin, wenn Sie einmal in Ihrem Leben zuhö-
en würden. Ich habe Ihnen eben erklärt, dass das
chlicht und ergreifend nicht gegangen wäre.
Man muss vielleicht noch einmal deutlich machen,
ie sich Ihre Haushalts- und Finanzpolitik auswirkt.
as wären massive Kürzungen bei Rentnern und Rent-
erinnen, bei den Arbeitslosen und bei den Kurzarbei-
ern, das wären Massenentlassungen im Bergbau, bei
en Zulieferern, im Kraftwerksbereich und im öffentli-
hen Dienst. Sie wollten so eben mal die Verwaltungs-
usgaben um 1,9 Milliarden Euro senken.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Wie sieht Ihre Bilanz aus?)


Stellen Sie doch eine Zwischenfrage, Herr Koppelin,
nd schreien Sie nicht dazwischen. Sie wollen mittler-
eile eine Mehrwertsteuererhöhung, die alle Konsumen-
innen und Konsumenten betrifft.


(Abg. Jürgen Koppelin [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517805000

Frau Kollegin, gestatten Sie die Zwischenfrage des
errn Kollegen Koppelin?


Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1517805100

Sehr gerne.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1517805200

Bevor Sie sich die Sorgen machen, die sich eine zu-

ünftige Koalition der CDU/CSU und der FDP machen
üsste, können Sie mir vielleicht sagen, wie es zurzeit
ei Ihnen aussieht. Ich nenne nur das Stichwort Arbeits-
osigkeit. Ich könnte zwar noch andere Bereiche anspre-
hen, aber es würde mir schon reichen zu erfahren, was
m Zusammenhang mit der Arbeitslosigkeit in den sie-
en Jahren geschehen ist, und zwar ausgehend von der
emerkung Gerhard Schröders, dass er die Arbeitslosen-
ahl senken wolle,


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Halbieren!)

onst solle man ihn nicht wiederwählen.


Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1517805300

Ein Blick auf die öffentlichen Haushalte über alle

benen zeigt, dass die Investitionstätigkeit des Bundes
elativ konstant geblieben ist, während bei den Ländern
nd Gemeinden die Investitionen dramatisch zurückge-
angen sind. Das hatte auch etwas mit Ihrer Steuerpoli-
ik zu tun.


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: Was ist jetzt mit den Arbeitslosen?)







(A) )



(B) )


Elke Ferner

Wir haben dann gegen Ihren Widerstand die Gewer-

besteuerreform auf den Weg gebracht. Seit letztem Jahr
fließt die Gewerbesteuer wieder. Sie aber wollen – zu-
mindest Ihren Parteitagsbeschlüssen zufolge – die Ge-
werbesteuer wieder abschaffen, das heißt den Kommu-
nen die Finanzgrundlage und damit den Boden für
eigene Investitionen entziehen.

Wie verhält es sich denn beispielsweise mit dem Ab-
fluss der Mittel aus dem 4-Milliarden-Euro-Ganztags-
schulprogramm in den unionsregierten Ländern, das
kleinteilige lokale Investitionen fördern und das lokale
Handwerk mit Aufträgen versorgen würde? Nichts da-
von ist zu erkennen.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Das mag das Volk an der Politik, dass sie Fragen beantwortet, die sich gar nicht stellen!)


– Sie können auch gerne eine Zwischenfrage stellen.

(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Sie beantworten sie ja nicht!)

– Sie müssen es schon mir überlassen, wie ich dem Kol-
legen Koppelin antworte.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Sie müssen es mir überlassen, wie ich das kommentiere!)


– Das können Sie gerne kommentieren, wie Sie möch-
ten. Ich weiß auch, wie die Bevölkerung Ihre Vorschläge
kommentiert, die Sie alle miteinander vorlegen. Sie ha-
ben ein stärkeres Wirtschaftswachstum blockiert, indem
Sie Steuereinnahmen blockiert und verhindert und damit
auch sinnvolle Investitionen verhindert haben. Insofern
können wir gerne darüber reden, was man alles hätte
besser machen können. Aber ständige Ausgabenkürzun-
gen und Steuergeschenke an die oberen Zehntausend
schaffen sicherlich keine Arbeitsplätze, sehr geehrter
Herr Koppelin.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Koppelin [FDP]: Schröder ist doch der Freund der Bosse!)


Ich war dabei, zu erläutern, welche Vorstellungen Sie
von Politik haben, was Sie aktuell diskutieren und wel-
che Vorschläge Sie haben. Zurzeit wird die Mehrwert-
steuererhöhung ins Spiel gebracht. Die FDP ist von ei-
nem klaren Nein über ein Vielleicht jetzt schon bei
einem Jein angelangt. Herr Koppelin hat sich eben in
seiner Rede schon gar nicht mehr getraut, etwas dazu zu
sagen.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Sie haben nicht zugehört!)


– Wenn Sie etwas dazu gesagt haben, dann bitte ich um
Entschuldigung. Ich habe das wohl überhört. Aber wir
werden hören, mit welchen Wahlaussagen Sie in den
Wahlkampf hineingehen werden.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Stegner heißt der Mann!)



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(C (D Herr Stegner ist im Gegensatz zu Ihrer Fraktionsvorsitenden kein Kanzlerkandidat der SPD. (Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Das weiß man ja bei euch nie! Das ist ja unsicher!)

hre Fraktionsvorsitzende hat Steuersenkungen angekün-
igt, die sie offenbar durch eine Mehrwertsteuererhö-
ung finanzieren will. Das bedeutet, dass die Konsumen-
en und Konsumentinnen die Entlastung der oberen
ehntausend finanzieren sollen, dass die unteren Ein-
ommen durch die Besteuerung der bisher steuerfreien
onn-, Feiertags- und Nachtschichtzuschläge zusätzlich
elastet werden und dass sie bei der Pendlerpauschale
usätzlich herangezogen werden, sodass im Ergebnis die
rankenschwester die Steuerentlastung für den Chefarzt
inanziert. Das ist Ihr Verständnis von Politik und sozia-
er Marktwirtschaft.


(Beifall bei der SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Klassenkampf statt Wirtschaftswachstum!)


Das alles – einer Ihrer Kollegen hat es eben bereits
ngedeutet – reicht Ihnen aber noch nicht aus. Sie wollen
uch noch de facto den Kündigungsschutz abschaffen,
en Jugendarbeitsschutz schleifen und in das Tarifrecht
nd die betriebliche Mitbestimmung eingreifen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Rot-Grün macht arm und arbeitslos!)


as verstehen Sie unter sozialer Marktwirtschaft. Wenn
hr Altbundeskanzler Erhard das wüsste, dann würde er
ich im Grab umdrehen.


(Beifall bei der SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der sozialdemokratische Kapitalismus mit über 5 Millionen Arbeitslosen!)


Zum Abschluss, sehr geehrter Herr Kampeter: Zurzeit
st überall von „neuer Ehrlichkeit“ zu lesen.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Neue Ehrlichkeit statt alter Unehrlichkeit! Lügenbold!)


as darunter zu verstehen ist, hat Ihr stellvertretender
raktionsvorsitzender Glos mit seiner Bemerkung deut-
ich gemacht, es werde sicher im Wahlprogramm eine
ormulierung gefunden, die die Union einerseits ehrlich
rscheinen lasse, die andererseits aber den notwendigen
pielraum für die Sanierung der Staatsfinanzen biete.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Entlarvend!)

Das ist keine neue Ehrlichkeit, meine Damen und
erren von der Opposition; es ist vielmehr die alte
cheinheiligkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ie hätten Ihre peinlichen Anträge am besten gar nicht
estellt oder sie wenigstens zurückziehen sollen. Das
este Haushaltssicherungskonzept, das ich mir vorstel-
en kann, besteht darin, dass Sie in der Opposition blei-
en und wir in der Regierung.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517805400

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 15/5331 und 15/5477 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 30 a bis 30 i sowie
die Zusatzpunkte 2 a bis 2 j auf:
30 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur
Änderung des Binnenschifffahrtsaufgabenge-
setzes
– Drucksache 15/5557 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Gemeindefinanzreformgesetzes und
anderer Gesetze
– Drucksache 15/5565 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Innenausschus
Haushaltsausschuss

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Zwanzigsten Geset-
zes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes
– Drucksache 15/5558 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 31. Juli 2002 zwischen der Regie-
rung der Bundesrepublik Deutschland und dem
Obersten Rat der Europäischen Schulen über die
Europäische Schule in Frankfurt am Main
– Drucksache 15/5517 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

e) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Volker Wissing, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuer-
gesetzes
– Drucksache 15/5494 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Haushaltsausschuss

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(C (D f)

Friedrich (Bayreuth), Joachim Günther (Plauen),
Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Überregulierung des grenzüberschreitenden
Schienengüterverkehrs verhindern – Wettbe-
werbschancen privater Güterbahnen erhalten
– Drucksache 15/5359 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Christel Happach-Kasan, Birgit Homburger,
Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP
Biologische Kohlenstoffsenken für den Klima-
schutz nutzen
– Drucksache 15/4665 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft

h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit
Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael
Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Leistungsfähigkeit der Chemiewirtschaft in
Deutschland und Europa erhalten
– Drucksache 15/5274 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

i) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Angelika Brunkhorst, Cornelia Pieper, Birgit
Homburger, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP
Forschung und Entwicklung für innovative
Energieübertragungstechnologien voranbrin-
gen
– Drucksache 15/5140 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

P 2 a)Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD,
der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN und der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Ergänzung des NS-Verfolgten-

(Zweites Entschädigungsrechtsergänzungsgesetz – 2. EntschRErgG)

– Drucksache 15/5576 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD

und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errich-
tung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk
der Behörden und Organisationen mit Sicher-
heitsaufgaben (BDBOS-Gesetz – BDBOSG)

– Drucksache 15/5575 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

c) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reorgani-
sation der Bundesanstalt für Post und Tele-
kommunikation Deutsche Bundespost und zur
Änderung anderer Gesetze
– Drucksache 15/5573 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

d) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung
des Vierten und Sechsten Buches Sozialgesetz-
buch
– Drucksache 15/5574 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Abfallverbringungsgesetzes sowie
zur Auflösung und Abwicklung der Anstalt
Solidarfonds Abfallrückführung
– Drucksache 15/5523 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Straf-
fung der Umweltstatistik
– Drucksache 15/5538 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

g) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das
Zweckvermögen des Bundes bei der Landwirt-
schaftlichen Rentenbank und zur Änderung
des Gesetzes über die Landwirtschaftliche
Rentenbank
– Drucksache 15/5566 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Finanzausschuss

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Bartol, Ludwig Stiegler, Uwe Beckmeyer, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Albert Schmidt (Ingolstadt),
Volker Beck (Köln), Cornelia Behm, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
Car-Sharing als innovative Verkehrsdienstleis-
tung im Umweltverbund fördern
– Drucksache 15/5586 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

i) Beratung des Antrags der Abgeordneten

(Frankfurt)

und der Fraktion der FDP
Finanzierung der Künstlersozialversicherung
sichern
– Drucksache 15/5476 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael
Kauch, Rainer Funke, Sibylle Laurischk, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Selbstbestimmungsrecht und Autonomie von
nichteinwilligungsfähigen Patienten stärken
– Drucksache 15/3505 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
en Verfahren ohne Debatte.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an

ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
berweisen. Der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/5517,
agesordnungspunkt 30 d, soll abweichend von der Ta-
esordnung federführend an den Ausschuss für Kultur
nd Medien überwiesen werden. Sind Sie damit einver-
tanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisun-
en so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 31 a bis 31 h auf.

s handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen,
u denen keine Aussprache vorgesehen ist.
Tagesordnungspunkt 31 a:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur
Änderung der Verordnung (EG) Nr. 382/2001
des Rates vom 26. Februar 2001 hinsichtlich






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

des Zeitpunkts ihres Außer-Kraft-Tretens und
bestimmter Regelungen betreffend die Aus-
führung des Haushaltsplans
KOM (2004) 840 endg.; Ratsdok. 5992/05
– Drucksachen 15/4969 Nr. 1.27, 15/5371 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Bartholomäus Kalb
Dr. Heinz Köhler

Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich-
tung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthal-
tungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
men des ganzen Hauses angenommen.

Tagesordnungspunkt 31 b:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss) zu der Un-
terrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über die Per-
spektiven für Deutschland – Nationale Strate-
gie für eine nachhaltige Entwicklung
Fortschrittsbericht 2004
– Drucksachen 15/4100, 15/5399 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Astrid Klug
Helge Braun
Winfried Hermann
Michael Kauch

Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich-
tung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthal-
tungen? – Die Beschlussempfehlung ist ebenfalls mit
den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Tagesordnungspunkt 31 c:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen (14. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Heinz Paula,
Karin Rehbock-Zureich, Sören Bartol, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD so-

(Ingolstadt)

Eichstädt-Bohlig, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN
Eisenbahnmagistrale für Europa zwischen
Paris und Budapest

– zu dem Antrag der Abgeordneten Eduard
Oswald, Dirk Fischer (Hamburg), Georg
Brunnhuber, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Europäische Eisenbahnmagistrale Paris–
Budapest im deutschen Abschnitt voran-
bringen

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(C (D – zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Ausbau der Schienenmagistrale Paris–Karlsruhe–Stuttgart–München–Budapest – Drucksachen 15/4864, 15/3715, 15/5041, 15/5572 – Berichterstattung: Abgeordnete Heinz Paula Eduard Lintner Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Bechlussempfehlung, eine Entschließung anzunehmen. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenrobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist it den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Unter Nr. 2 bis 4 seiner Beschlussempfehlung emp iehlt der Ausschuss, die Anträge der Fraktionen der PD und des Bündnisses 90/Die Grünen, der Fraktion er CDU/CSU und der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/4864, 15/3715 und 15/5041 zur Eisenbahnmagistrale aris–Budapest für erledigt zu erklären. Wer stimmt für iese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthalungen? – Diese Beschlussempfehlung ist ebenfalls mit en Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe itionsausschusses. Tagesordnungspunkt 31 d: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 206 zu Petitionen – Drucksache 15/5470 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 206 ist mit den Stimmen es ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 31 e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 207 zu Petitionen – Drucksache 15/5471 – Wer stimmt dafür? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – ammelübersicht 207 ist ebenfalls mit den Stimmen des anzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 31 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 208 zu Petitionen – Drucksache 15/5472 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Sammelübersicht 208 ist ebenfalls mit den timmen des ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 31 g: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 209 zu Petitionen – Drucksache 15/5473 – Wer stimmt dafür? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Sammelübersicht 209 ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 31 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 210 zu Petitionen – Drucksache 15/5474 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Sammelübersicht 210 ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU bei Gegenstimmen der FDP angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)





(A) )


(B) )

Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der
Internationalen Sicherheitspräsenz im Ko-
sovo zur Gewährleistung eines sicheren Umfel-
des für die Flüchtlingsrückkehr und zur mili-
tärischen Absicherung der Friedensregelung
für das Kosovo auf der Grundlage der Resolu-
tion 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Ver-
einten Nationen vom 10. Juni 1999 und des
Militärisch-Technischen Abkommens zwi-
schen der Internationalen Sicherheitspräsenz

(KFOR) und den Regierungen der Bundesre-

publik Jugoslawien und der Republik Serbien

(jetzt: Serbien und Montenegro) vom 9. Juni

1999
– Drucksache 15/5428 –

(Erste Beratung 175. Sitzung)

a) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-

wärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

– Drucksache 15/5588 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Uta Zapf
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
Marianne Tritz
Dr. Rainer Stinner


(8. Ausschuss)

– Drucksache 15/5608 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Alexander Bonde
Lothar Mark
Herbert Frankenhauser
Jürgen Koppelin

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(C (D Über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Auschusses werden wir später namentlich abstimmen. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Bundesinister der Verteidigung, Dr. Peter Struck. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten amen und Herren Kollegen! In den kommenden Monaen tritt der Prozess zur politischen Gestaltung des Koovo in eine bedeutende Phase. Die Chancen, den Status es Kosovo zu klären, haben deutlich zugenommen. Der icherheitsrat der Vereinten Nationen hat die Schritte azu in der vergangenen Woche erörtert und stützt die mpfehlungen des Generalsekretärs. Es zeichnet sich ab, ass die angestrebte Feststellung und Bewertung der biser erreichten grundlegenden demokratischen und echtsstaatlichen Standards im Kosovo Anfang Juli beinnen könnte. Darüber wird dem Sicherheitsrat ein Beicht vorzulegen sein, der bei positivem Ergebnis den tatusprozess einleiten könnte. Einen Automatismus ibt es dafür allerdings nicht. Die Erfüllung der Stanards bleibt nach wie vor eine zwingende Voraussetung. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Peter Struck (SPD):
Rede ID: ID1517805500

Erst am vergangenen Freitag hat der Chef der
NMIK in seinem Bericht an die Vereinten Nationen ei-
en andauernden Fortschritt bei der Entwicklung im Ko-
ovo festgestellt. Er hat aber gleichzeitig betont, dass zur
erwirklichung aller acht Standards noch erheblich mehr
nstrengungen unternommen werden müssen. Alle poli-
ischen Akteure im Kosovo wissen, dass von ihnen
auch im eigenen Interesse – konkrete und entschei-
ende Fortschritte erwartet werden. Es kommt jetzt da-
auf an – auch im Interesse unserer Soldaten dort –, bald
larheit für die Menschen und die Region zu schaffen.
ie Lösung der Statusfrage wird die jahrelange Unsi-
herheit beenden. Das wird positive Auswirkungen für
as Land, aber auch für die gesamte Region haben. Da-
ei steht in jedem Fall fest: Die politische Zukunft des
osovo muss langfristig in eine europäische Perspektive
er Region eingebettet sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir alle wissen, dass der laufende politische Prozess
ur Zukunft des Kosovo nur in einem sicheren und stabi-
en Umfeld erfolgreich gestaltet werden kann. Durch
ine Reihe von internationalen und nationalen Maßnah-
en ist es gelungen, eine Wiederholung der gewaltsa-
en Auseinandersetzungen wie im März des vergange-
en Jahres zu verhindern. Generalsekretär Kofi Annan
at am vergangenen Freitag die substanzielle Verbesse-
ung der Sicherheitslage im Kosovo positiv gewürdigt.
ber es gibt dort noch keine dauerhafte oder sich selbst
ragende Stabilität. Die gesellschaftliche und politische






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Peter Struck

Entwicklung des Kosovo ist unverändert gefährdet. Die
Gründe dafür sind vor allem die unbefriedigenden wirt-
schaftlichen Bedingungen, die hohe Kriminalitätsrate,
die fortbestehenden interethnischen Spannungen und der
politische Extremismus. Auch die anstehende Dezentra-
lisierungsdebatte und die Statusfrage sowie der
Haradinaj-Prozess in Den Haag können zum erneuten
Ausbruch von Gewalt führen. Die Anschläge auf Ein-
richtungen der internationalen Gemeinschaft und auf
Politiker wie der Sprengstoffanschlag auf Präsident
Rugova im März dieses Jahres unterstreichen darüber hi-
naus die Gefährdung der Sicherheitslage.

In der vor uns liegenden wichtigen Phase für das Ko-
sovo ist eine Fortsetzung der militärischen Unterstüt-
zung der politischen Bemühungen um Frieden und ge-
sellschaftliche Normalisierung unerlässlich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die KFOR-Truppe trägt zur Gewährleistung eines si-
cheren Umfeldes und zur Unterstützung der im Kosovo
tätigen Organisationen bei. Sie bleibt gemeinsam mit
UNMIK unverzichtbar für die Sicherheit im Kosovo.
Deutschland ist mit rund 2 500 Soldatinnen und Solda-
ten der Bundeswehr der größte Truppensteller für die
KFOR. Wir tragen damit eine herausgehobene Verant-
wortung. Wir sind aber beileibe nicht allein im Kosovo
engagiert. Die KFOR umfasst Streitkräfte von insgesamt
über 30 Nationen. Niemand wird bezweifeln, dass deut-
sche Soldatinnen und Soldaten seit 1999 ganz wesentlich
zur Stabilisierung der Region und zum Wiederaufbau
des Landes beigetragen haben. Ich bin stolz auf diesen
Dienst für den Frieden, den unsere Soldaten geleistet ha-
ben.


(Beifall im ganzen Hause)

KFOR muss auch weiterhin in der Lage sein, Gewalt-

tätigkeiten und den sich abzeichnenden Unruhen mit
größtmöglicher Flexibilität zu begegnen. Die bisher er-
reichten Ergebnisse des immerhin schon sechs Jahre an-
dauernden Einsatzes im Kosovo dürfen nicht gefährdet
werden. Deutschland hat, wie alle europäischen Staaten,
ein großes Interesse an der Fortsetzung einer friedlichen
und demokratischen Entwicklung im Kosovo. Deshalb
gibt es zur konsequenten Fortsetzung der Unterstützung
des Kosovo wie des gesamten Balkans auf deren Weg
zurück nach Europa überhaupt keine Alternative.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch deshalb ist es richtig, den Einsatz der Bundes-
wehr im Rahmen der KFOR-Mission auf bisherigem Ni-
veau fortzuführen. Gleichzeitig gilt es, in den kommen-
den Monaten alles zu tun, um bei der politischen
Kernfrage des Kosovo, dem künftigen Status, endlich
weiterzukommen. Das liegt sowohl im Interesse der
Menschen im Kosovo als auch der KFOR-Truppenstel-
lernationen.

Für die Zustimmung aller Fraktionen zum Antrag der
Bundesregierung, die in den folgenden Beiträgen deut-
lich werden wird, danke ich Ihnen sehr. Wir alle wollen

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(C (D emeinsam hoffen, dass sämtliche Soldatinnen und Solaten aus dem Einsatz im Kosovo unversehrt zurückommen werden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517805600

Das Wort hat der Kollege Christian Schmidt, CDU/
SU-Fraktion.

Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1517805700

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kol-

egen! Die Zeit im Kosovo wird knapp. Der gegenwär-
ige Zustand wird nicht halten. – Das schreibt die Inter-
ational Crisis Group, eine internationale Beratergruppe,
ie einen sehr verdienstvollen Vorschlag zur weiteren
olitischen Entwicklung der Fragen, die in der Resolu-
ion 1244 des UN-Sicherheitsrats nur vorläufig geregelt
orden sind, gemacht hat. Wie wird das Kosovo in Zu-
unft aussehen? Wird es autonom, also unabhängig,
ein? Wie wird es sich in die staatlichen Strukturen auf
em Balkan einordnen?
Diese Frage – sie wurde bereits gerade als Status-

ngelegenheit angesprochen – muss in diesem Jahr in
er Tat beantwortet werden, und zwar nicht nur deswe-
en, weil die Zeit knapp wird, eine allumfassend friedli-
he Lösung zu finden – wir haben im März letzten Jahres
inen Vorgeschmack bekommen, was passieren kann,
enn die Dinge stagnieren –, sondern auch, weil wir
icht wollen, dass aus dem Engagement von NATO,
FOR und Bundeswehr im Kosovo eine unendliche Ge-
chichte wird. Ein solches Engagement ist die Aus-
ahme und nicht die Regel.
Triebfeder zur Regelung des Status des Kosovos ist

uch der Wunsch, dass unsere Soldaten bald die Mög-
ichkeit haben, das Schicksal dieses Teils des Balkans
er Verantwortung albanischer, kosovarischer oder ser-
ischer ziviler Kräfte, also Polizeikräfte zu übergeben,
uch wenn sich Europa dort niemals politisch vollstän-
ig zurückziehen können wird. Wir werden auf politi-
cher Ebene ein gewichtiges Maß an Verantwortung be-
alten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Mit derzeit rund 2 600 Soldaten ist Deutschland einer
er größten Truppensteller im Kosovo. Unsere Soldaten
achen einen guten Job. Sie haben international einen
uten Ruf; ihr Engagement verdient Anerkennung. Wir,
ie CDU/CSU, stehen zur Fortsetzung der deutschen
eteiligung an der internationalen Kosovomission. Wir
tehen dazu, dass wir unseren Soldaten die entspre-
hende Unterstützung, Ausbildung und Ausrüstung ge-
en.
Unsere Fraktion ist auf die Statusfrage in einem aus-

ührlichen Antrag zum Westbalkan eingegangen. Wir
aben über dieses Thema bereits diskutiert und wir wer-
en es mit den Kollegen von und zu Guttenberg und
elias heute vertiefen. Wir müssen aber auch dort rea-






(A) )



(B) )


Christian Schmidt (Fürth)


gieren, wo sich die Dinge nicht gut entwickelt haben,
und wir müssen die entsprechenden Probleme anspre-
chen. So hatte man den Eindruck, dass sich nach der
Erfahrung des 17./18. März 2004, als gewalttätige De-
monstrationen insgesamt an die 30 Todesopfer gefordert
haben und der Kosovo in Aufruhr war, beim Einsatz der
Bundeswehr und der KFOR-Truppen einige Probleme
sehr deutlich gezeigt haben. Es war auffällig, wie selek-
tiv und beschönigend die Auswertung der März-Unru-
hen in Berlin in den ersten Wochen vorgenommen wor-
den ist. Es hat eines Anstoßes bedurft, damit man sich
parlamentarisch und auch publizistisch mit den Fragen
beschäftigt hat und zu einer nüchternen Betrachtungs-
weise der Probleme gekommen ist. Es hilft ja nieman-
dem, so zu tun, als sei alles geregelt, wenn die Probleme
knapp unter der Oberfläche liegen und jederzeit wieder
ausbrechen können.

Ich stimme der Befürchtung des Verteidigungsminis-
ters zu, dass die Verhandlungen über die Statusfrage,
wenn sie denn in diesem Jahr beginnen werden, ein er-
höhtes Risiko und ein Destabilisierungspotenzial im
Kosovo mit sich bringen werden. Die Verhandlungen
müssen ja nicht genau zu dem Ziel führen, das sich ei-
nige wünschen; es kann auch sein, dass es andere Über-
legungen gibt und dann mancher meint, mit gewaltsa-
men Mitteln versuchen zu müssen, die Verhandlungen
zu beeinflussen.

Deswegen müssen wir schnell reagieren und übrigens
mit der Zahl, mit der die KFOR jetzt im Kosovo vertre-
ten ist, dort bleiben. Man kann die Zahl nicht reduzieren,
solange die Probleme nicht reduziert sind. Deswegen
müssen wir dort bleiben.

Wir müssen darauf dringen, dass aus den Problemen
des Jahres 2004 Schlussfolgerungen gezogen werden.
Wir haben den Unterausschuss „Innere Führung/Ko-
sovo“ des Verteidigungsausschusses mit Fragen zu De-
tails beschäftigt und gefragt: Was ist im Kosovo vorge-
fallen? Da gibt es einige Punkte, die wir noch zu beraten
haben, die sich aber jetzt schon abzeichnen.

Es war nicht das Verschulden der Soldaten, dass das
Krisenmanagement nicht funktioniert hat. Wir haben
festgestellt, dass in einer internationalen Struktur schon
die Informationsgewinnung schwierig und verbesse-
rungsfähig, ja verbesserungsnotwendig ist. Wir haben
festgestellt, dass die Einsatzregeln nicht von verschiede-
nen nationalen Vorbehalten und Vorstellungen geprägt
werden können; das mindert die Einsatzfähigkeit. Wir
haben festgestellt, dass sich die Kooperation und die Ab-
stimmung auf der politischen Führungsebene, das heißt
zwischen dem Sonderbeauftragten der Vereinten Natio-
nen, dem Hauptquartier von KFOR und der Polizeistruk-
tur UNMIK, als unzureichend erwiesen haben.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517805800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Arnold?


Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1517805900

Bitte sehr.

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(C (D Herr Kollege Schmidt, ich möchte einfach eine Zwi chenfrage stellen: Ist Ihnen möglicherweise entgangen, ass uns im Verteidigungsausschuss nach den Unruhen m März von der politischen Leitung des Ministeriums, ber auch von der militärischen Führung sehr zügig sehr iele Punkte vorgetragen wurden, bei denen lesson leared, also die notwendigen Folgerungen tatsächlich vom aus aus selbst angegangen und Veränderungen eingeeitet wurden, oder sind Sie vielmehr der Meinung, es edurfte eines Drucks? Ich habe in Erinnerung, dass das inisterium die Dinge von sich aus vorgetragen und erändert hat. Herr Kollege, es wird die Mitarbeiter im Ministerium hren, wenn Sie sagen, alles wäre von selbst gekommen. atürlich hat man dort reagiert. Aber wir beide wollen ls Parlamentarier doch einmal unterstreichen, dass die rzeugung von politischem Aufklärungsdruck üblichereise die Aufgabe des Parlaments – ich sage: in diesem all auch der Medien – ist. Bezüglich „selektiv“ und „beschönigend“ muss ich ich entschuldigen, Frau Präsidentin. Ich habe vergesen, den Verfasser zu zitieren. Mit Genehmigung der räsidentin zitiere ich noch einmal einen Vermerk des ollegen Winfried Nachtwei von den Grünen von dieem Jahr, wo er sagte: Vor diesem Hintergrund war aufällig, wie selektiv und beschönigend in den ersten Wohen in Berlin die Auswertung der März-Unruhen auf em normalen Bundeswehrdienstweg war. Ich bedanke mich beim Kollegen Nachtwei für die urverfügungstellung dieses Berichts. Zu dem Problem der internationalen Strukturen und er Frage: Wie geht es weiter, wenn das in Polizeiaufgaen übergeführt wird? – Dass es zu viele Wege in Berlin egeben hat, ist das eine; dass die verkürzt werden und uch schon verkürzt worden sind, mag das andere sein. ass Polizei-, Gendarmeriefunktionen mehr gefragt sind ls die Funktionen einer hart kämpfenden Truppe und ass man seine Fähigkeiten auch anpassen muss, ist geauso wahr. Ich bedauere sehr, dass sich die Bundesreierung nicht dazu bereit erklärt hat, zur europäischen endarmerietruppe, die beim europäischen Verteidiungsministertreffen in Noordwijk beschlossen worden st, einen Beitrag zu leisten; denn das brauchen wir in er Zukunft. Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen. Frau Präsidentin, ich bin schon beim Ende und erkläre och einmal, dass wir diesem Antrag aus grundsätzichen Erwägungen zustimmen werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1517806000
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1517806100
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517806200
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1517806300






(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517806400

Das Wort hat der Bundesaußenminister Joschka

Fischer.


Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517806500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In weni-

gen Wochen jährt sich zum zehnten Mal das Massaker
von Srebrenica und dies ruft uns in Erinnerung, was in
Südosteuropa eigentlich auf dem Spiel steht. Vor diesem
Hintergrund ist unser Engagement im Kosovo zu sehen.
Unser gemeinsames Ziel – mit „uns“ meine ich die inter-
nationale Gemeinschaft, aber auch die regionalen Ak-
teure – bleibt der Aufbau eines multiethnischen, demo-
kratisch und rechtsstaatlich verfassten Kosovo, der in ein
enges Interessengeflecht mit seinen Nachbarn eingebun-
den ist.

Es geht darum, den Kosovo – ich denke, das ist für
die ganze Region wichtig – europafähig zu machen.
Wenn wir über Standards sprechen, dann geht es genau
um diesen Punkt. Erst wenn auf dem Weg zu diesem Ziel
hinreichende Fortschritte erzielt worden sind, sind die
Voraussetzungen gegeben, um die Statusfrage einer Lö-
sung zuzuführen.

Dennoch ist es sehr wichtig, dass die Diskussion der
Statusfrage jetzt gut vorbereitet begonnen wird und dass
das Überprüfungsdatum eingehalten wird. Es ist ein gro-
ßer Fortschritt, dass sich die internationale Gemeinschaft
darauf hat einigen können.

Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten
also vor entscheidenden Herausforderungen stehen. Ge-
rade angesichts der Erwähnung von Srebrenica möchte
ich aber nochmals darauf hinweisen, welche positiven
Veränderungen die vergangenen Jahre trotz aller großen
Probleme, die in der Region nach wie vor vorhanden
sind, gebracht haben.

Denken wir doch zurück: Srebrenica war die verbre-
cherische Konsequenz der Wiederkunft einer nationalis-
tischen Politik, die mit den Mitteln von Vertreibung,
Massenvergewaltigungen und Massenmord eine neue
politische Grenzziehung auf ethnischer Grundlage errei-
chen wollte – etwas, was in Europa in der ersten Hälfte
des 20. Jahrhunderts – gerade in diesem Jahr haben wir
besonders daran gedacht – nicht nur auf dem Balkan,
nicht vor allem auf dem Balkan zu finden war. Heute
gibt es eine Entwicklung der gesamten Region hin zum
Europa der Integration. Gestatten Sie mir, dass ich noch-
mals unterstreiche: Alles, was es an Lösungsansätzen
gibt, lebt letztlich von der festen Verankerung dieser Re-
gion in der europäischen Perspektive.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg [CDU/CSU] und des Abg. Dr. Rainer Stinner [FDP])


Ohne diese europäische Perspektive werden die tragen-
den Säulen abgeräumt, die eine langfristige Lösung der
Konflikte in dieser Region ermöglichen.

Deswegen ist es wichtig, zu begreifen, dass das Koso-
voproblem nicht allein aus sich heraus zu lösen ist. Die

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(C (D tatusfrage wird nur zu lösen sein, wenn die Region eng n eine stabile Gesamtregion eingebunden ist. Das Nacharland Mazedonien verdient dabei unsere erste Auferksamkeit. Dass es unter dem Einsatz von NATO und uropäischer Union gelungen ist, in Mazedonien eine hnlich katastrophale und furchtbare Entwicklung wie twa in Bosnien-Herzegowina zu verhindern, ist meines rachtens einer der wirklich großen Erfolge, die die euopäische Balkanpolitik erzielen konnte. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn wir über die Statusfrage nachzudenken begin-
en, müssen wir einige Dinge klar aussprechen. Das
rste: Es kann keine Rückkehr zum Status von vor 1999
eben. Wer eine solche Rückkehr anstrebt – aber Gott sei
ank scheint klar zu sein, dass das keiner von den Betei-
igten mehr will –, würde nicht die Lösung der Pro-
leme, sondern ihre Verschärfung erreichen.
Ein zweiter wesentlicher Punkt ist, dass die Entwick-

ung nicht in Richtung einer Teilung des Kosovo gehen
arf. Wer anfängt, die Grenzen auf dem Balkan infrage
u stellen, der kann nicht absehen, wo dieses Unterfan-
en enden wird. Eines ist allerdings gewiss: Er wird
icht Frieden und Stabilität kreieren, sondern genau das
egenteil.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)

Deswegen ist es drittens sehr wichtig, dass der multi-

thnische Charakter gewährleistet wird, dass Rück-
ehrmöglichkeiten geschaffen werden, dass das Pilot-
rojekt zur Dezentralisierung, das heißt zur kommunalen
elbstverwaltung auch dort, wo es serbische Mehrheiten
ibt, vorankommt. Wir brauchen über eine Europäisie-
ung nicht zu sprechen, wenn der multiethnische Cha-
akter infrage gestellt wird. Letzterer beinhaltet nämlich
m Kern, den europäischen Standard beim Minderheiten-
chutz zu erreichen. Ich denke, hier gibt es gerade in Ma-
edonien, aber auch in vielen anderen europäischen Re-
ionen hervorragende Erfahrungen mit Modellen, die
hne weiteres angepasst übernommen werden können.
Viertens ist festzuhalten, dass es keinen Weg in un-

onditionierte Unabhängigkeit geben wird, denn Unab-
ängigkeit muss auf solider Grundlage stehen, also auf
ie Interessen der Nachbarn in der gesamten Region
ücksicht nehmen.
Wenn man diese vier Ausschlusskriterien als Maßstab

immt, dann – das haben alle Gespräche gezeigt – stellt
an fest, dass die Positionen zwischen der kosovarisch-
lbanischen Mehrheit und der serbischen Minderheit
och weit auseinander liegen. Es besteht aber sozusagen
ur noch eine quantitative und keine qualitative Diffe-
enz mehr. Insofern denke ich, dass wir hier ein Mehr an
tabilität kreieren können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wahr ist aber auch, meine Damen und Herren: Das
und O ist die Garantie der Sicherheit, das heißt, dass
nsere Soldaten, eingebunden in die Anstrengungen von






(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

KFOR, Vereinten Nationen und UNMIK, von NATO
und Europäischer Union, dort präsent bleiben müssen.
Ich war erst jüngst in Prizren und konnte mich davon
überzeugen, welche hervorragende Arbeit dort gemacht
wird. Es wurden wirklich Konsequenzen aus den Erfah-
rungen vom März letzten Jahres gezogen und entspre-
chende Maßnahmen umgesetzt. Für eine positive Ent-
wicklung im Kosovo und damit der gesamten Region
sind unsere Soldaten zusammen mit den anderen natio-
nalen Einheiten von KFOR unverzichtbar. Deswegen ist
auch die Verlängerung dieses Mandats unverzichtbar.
Ich freue mich – dafür möchte ich mich bei allen bedan-
ken –, dass dieses Anliegen interfraktionell auf breitester
Grundlage steht. Das haben zumindest die Ausschussbe-
ratungen gezeigt.

Ein weiteres Mal erleben wir doch hier in einem Teil
Europas, dass es nicht mehr um traditionelle Machtpoli-
tik geht. Die Bundeswehr wird nicht auf dem Balkan
oder am Hindukusch aus traditionellen Gründen nationa-
len Interesses, aus traditionellen Gründen machtgestütz-
ter Außenpolitik eingesetzt, sondern sie ist dort, um kol-
labierten Staaten bzw. Regionen zu helfen, auf die
eigenen Beine zu kommen, um furchtbare Bürgerkriege
zu beenden, um Sicherheit und Stabilität vor allen Din-
gen für die Zivilgesellschaften zu garantieren und um
eine demokratische und positive wirtschaftliche Ent-
wicklung in der Zukunft zu gewährleisten. Dieser Auf-
trag verdient jede Unterstützung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Damen und Herren, wir stehen auf dem Balkan
vor einem entscheidenden Jahr. Wenn Europa aufgrund
seiner internen Probleme das Signal aussenden würde,
seine Haltung lockern zu wollen, würde das auf dem
Balkan umso stärkere Folgen haben. Das wäre also ein
falsches Signal. Deswegen rate ich dringend dazu, sau-
ber zu unterscheiden: Die Lösung der internen europäi-
schen Probleme ist nach den beiden Entscheidungen in
Frankreich und den Niederlanden schwer genug. Europa
wird sich aber aufgrund seiner internen Probleme keine
Auszeit bezüglich seiner geschichtlichen Verantwortung
nehmen können. Wenn wir meinen, die auf dem Balkan
eingegangenen Verpflichtungen auch nur ansatzweise in-
frage stellen zu können, weil der europäische Einigungs-
prozess stagniert, dann werden wir dafür einen hohen
Preis bezahlen. Das wäre unvernünftig und sollte unter-
lassen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren, ich möchte mich nochmals
für die fraktionsübergreifende Unterstützung unserer
Soldaten bedanken und mich dem Wunsch anschließen,
dass alle gesund und wohlbehalten nach Hause zurück-
kehren mögen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Nächster Redner ist der Kollege Dr. Rainer Stinner, DP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Herr Außenminister, Sie haben heute eine Rede ehalten, in der ohne jeden Zweifel vieles richtig geween ist. (Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Sogar alles!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517806600
Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1517806700

s war aber die Rede vom letzten Jahr. Bis auf den letz-
en Absatz hätten Sie diese Rede genauso gut vor einem
ahr halten können. Sie wäre auch damals richtig gewe-
en.


(Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Nächstes Jahr hält er sie nicht mehr!)


ber wir haben erwartet, dass in den letzten zwölf Mo-
aten von der Bundesregierung mehr gekommen wäre.
hre Rede war die Rede von vor einem Jahr und wir er-
arten von der Bundesregierung eben mehr.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die FDP-Fraktion wird heute dem Antrag auf Verlän-
erung des Kosovo-Mandats zustimmen. Wir wissen,
ass im Kosovo nach wie vor NATO-Soldaten gebraucht
erden und wir wollen als Deutsche dazu unseren Bei-
rag leisten. Aber seit Beginn der Diskussion über die
andatsverlängerung gab es immer wieder ein Credo:
ir brauchen dringend politische Perspektiven, eine
olitische Lösung dieses Problems. Das müssen wir vo-
antreiben. Wir dürfen nicht zulassen, dass Soldaten auf
auer als Ersatz für Politik gebraucht werden. Wir müs-
en politisch agieren und das verlangen wir von allen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind wir uns einig!)


Herr Nachtwei, wir sind uns alle einig; das freut mich
ehr.
Meine Fraktion, die FDP, hat dazu im Frühjahr letzten

ahres einen ganz konkreten Antrag eingebracht.

(Günther Friedrich Nolting [FDP]: So ist es! Den hat die Koalition abgelehnt!)

ir haben im Frühjahr letzten Jahres ganz konkret ge-

ordert, dass sich die Europäische Union stärker enga-
iert. Wir haben ein europäisches Treuhandgebiet ge-
ordert. Internationale Studien bestätigen uns in unserer
nschauung. Der Bericht des norwegischen Botschaf-
ers Eide für die Vereinten Nationen nach den Ereignis-
en im März 2004 geht eindeutig in unsere Richtung ei-
es stärkeren europäischen Engagements. Noch stärker
n dieselbe Richtung geht der Bericht der Balkan-Kom-
ission vom April dieses Jahres, die unter der Führung
es italienischen Exministerpräsidenten Amato stand
nd der auch Herr von Weizsäcker angehörte. Dort heißt






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Stinner

es: Die UNMIK muss durch die Europäische Union ab-
gelöst werden. Das ist eine klare Sprache, die wir auch
im Deutschen Bundestag verlangen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wir haben diese Forderung eingebracht. Die Bundes-

regierung sagt heute – deutlicher als vor einem Jahr; das
gebe ich zu –, dass die europäische Perspektive wichtig
ist. Trotzdem lehnt die rot-grüne Mehrheit unseren An-
trag ab. Auch hier schlägt Parteipolitik Sachpolitik. Das
ist für uns auf Dauer nicht akzeptabel.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch der Abg. Uta Zapf [SPD])


– Wir brauchen hier und heute konkretere Schritte, Frau
Zapf. Ich erinnere mich sehr gut an Ihre Rede vor genau
einem Jahr hier, in der Sie gesagt haben: Die Zeit rennt
uns davon, der Balkan brennt. Sie können nicht zufrie-
den sein mit dem, was im letzten Jahr erreicht worden
ist; Sie müssen einfach konkreter werden.

Herr Minister, sowohl das, was Sie heute hier gesagt
haben, als auch das, was Sie gestern im Ausschuss ge-
sagt haben, bleibt im Ungefähren, im Wolkigen, ist als
Perspektive zu wenig konkret.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Es geht um eine Mandatsverlängerung, Herr Stinner!)


– Herr Weisskirchen, wir wissen alle spätestens seit
Sonntag und seit gestern, seit den Volksabstimmungen in
Frankreich und den Niederlanden, wie wichtig es ist, die
Bevölkerung bei politischen Prozessen mitzunehmen.
Wir müssen jetzt auch dahin kommen, Herr
Weisskirchen, die betroffene Bevölkerung in Serbien
und im Kosovo bei dem Prozess mitzunehmen. Wo tun
wir das? Auch das muss getan werden.

Wir müssen konkreter werden. Dazu haben wir einen
Vorschlag gemacht. Wir erwarten von der Bundesregie-
rung und von der Europäischen Union, dass sie sich hier
stärker engagieren. Das ist der einzig richtige Weg. Wir
müssen unseren Soldaten sagen, dass wir an der politi-
schen Perspektive arbeiten. Die europäische Lösung ist
der richtige Weg. Arbeiten wir gemeinsam daran! Das
sind wir den Soldaten schuldig. Wir können nicht zulas-
sen, dass in den nächsten drei Monaten hier nur noch
Wahlkampf gemacht wird, statt dass dafür gesorgt wird,
dass die Soldaten sicher nach Hause kommen. Wir müs-
sen ihnen sagen: Die politische Lösung ist da und des-
halb können wir euren schweren Einsatz endlich been-
den.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Uta Zapf [SPD]: Das war auch die Rede vom letzten Jahr!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517806800

Das Wort hat die Kollegin Uta Zapf, SPD-Fraktion.

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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ch glaube nicht, dass wir hier die Reden vom letzten ahr halten. (Dr. Rainer Stinner [FDP]: Ich möchte aber gern Ihre Rede vom letzten Jahr hören!)

Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1517806900

Ich sage jetzt aber etwas anderes, Herr Stinner. Mir
ällt öfter einmal etwas Neues ein.
Wir alle wissen, dass die KFOR-Verlängerung drin-

end notwendig ist, dass wir wahrscheinlich nicht das
etzte Mal verlängern, aber dass wir fast alle einmütig
ustimmen, weil wir wissen, dass dies für die künftige
tabilität im Kosovo dringend erforderlich ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Sicherheitslage – so steht es in dem Bericht des
MVg – ist ruhig, aber nicht stabil. Was heißt das, liebe
olleginnen und Kollegen? Die Märzunruhen haben wir
mmer noch im Hinterkopf. Wir haben das Attentat auf
ugova in Erinnerung, die Ermordung des Bruders von
aradinaj und den Anschlag auf die Partei ORA von
eton Surroi. Das beängstigt uns; deswegen fürchten
ir, dass wieder Eruptionen auftreten.
Aber wir konnten im letzten Jahr auch positive Ab-

äufe beobachten: Die fairen Wahlen und die Regierung
aradinaj, die sich zu unserer großen Überraschung als
usgesprochen stabilisierend erwiesen hat; die Übergabe
on Haradinaj an Den Haag und die Regierungsübergabe
n Kosumi, die allesamt geklappt haben. Wir haben also
mmer auch Positives zu beobachten. Deshalb stelle ich
est, dass wir in diesem für den Statusprozess entschei-
enden Jahr 2005 ganz genau hinsehen müssen, was in
em Bericht von Kofi Annan an den Sicherheitsrat steht.
ch empfehle ihn wirklich zur Lektüre; Herr Stinner, ich
ehme an, Sie haben ihn gelesen. In ihm steht, dass es
ehr viele Fortschritte bei der Statusimplementierung ge-
eben hat, dass es natürlich noch Defizite gibt und dass
uch in den prioritären Bereichen – –


(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Sie meinen Standardimplementierung, nicht Statusimplementierung!)


Da habe ich mich versprochen; aber Sie verstehen ja
mmer, was ich sagen will. Das ist gut.
Innere Streitigkeiten bei den Kosovaren behindern be-

timmte Fortschritte. Sie betreffen zum Beispiel die
lüchtlingsrückkehr, bei der es noch Probleme gibt, die
ezentralisierung, die nicht vorankommt, und die Res-
itution der Flüchtlinge aus der Zeit der Märzunruhen.
Es wird einen weiteren Bericht geben, den wieder
arl Eide erstellen wird; er wird in etwa drei Monaten
orliegen. Aber ich glaube, dass es eine positive Per-
pektive gibt, die wir von uns aus unterstützen sollten.
ch habe heute mit Herrn Rücker gesprochen, der dort im
ereich der Wirtschaftssäule tätig ist. Er hat mir einen
ehr positiven Eindruck von der Entwicklung vermittelt.
Weitere Fortschritte sind selbstverständlich notwen-

ig. Dazu gehört insbesondere die Teilhabe der Kosovo-






(A) )



(B) )


Uta Zapf

serben an den politischen Institutionen und die Teil-
nahme an der Parlamentsarbeit. Ich denke, wir alle
haben ein Interesse daran, dass sich auch dieser Bevöl-
kerungsteil an der Entwicklung beteiligt. Wir sollten sie
ausdrücklich dazu auffordern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich noch auf ein paar positive Punkte
hinweisen. Zum Beispiel ist die Bewegungsfreiheit der
Serben verbessert worden. KFOR braucht also nicht
mehr so häufig bei irgendwelchen Bewegungen Schutz
zu gewähren. Als besonders gut erachte ich, dass sich die
Kooperation zwischen UNMIK und PISG, also der koso-
varischen Regierung, hervorragend entwickelt hat. Als
ich zum letzten Mal im Kosovo war und mit den Koso-
varen sprach, sagten sie, die Vertreter der UNMIK seien
schreckliche Diktatoren; die UNMIK sagte, die Leute
von der Regierung könnten es ja gar nicht. Mittlerweile
hat sich ein vertrauensvolles, kooperatives Verhältnis
entwickelt. Dies ist ein wichtiger Ansatz, den man nicht
unterschätzen darf.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch die Privatisierung ist auf einem besseren Weg; dies
hat große Bedeutung für die Wirtschaftsentwicklung.

Recht positive Entwicklungen gibt es aber auch in
Belgrad. Ich halte dies ebenfalls für einen sehr wichtigen
Punkt. Die Position ist flexibler geworden. Der Dialog-
prozess an den drei verschiedenen Tischen – Vermisste,
Kulturerbe, Transport, Verkehr und Energie – ist wieder
aufgenommen worden. Das sind noch keine Verhandlun-
gen, aber hier ist wieder ein Dialog in Gang gekommen.

Tadic hat ein Angebot zu Gesprächen an Rugova ge-
macht; leider hat Rugova abgelehnt. Aber Kosumi hat
das Angebot von Kostunica angenommen und wird dem-
nächst nach Belgrad reisen. Ich finde, das ist eine gute
Entwicklung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wer genau zuhört, hat bei allen Vertretern der demo-
kratischen Parteien – nicht der radikalen Parteien –, mit
denen man in Belgrad spricht, das sichere Gefühl, dass
Belgrad einen wichtigen Anreiz braucht, um diesen Pro-
zess weiterzuführen. Dieser Anreiz ist die EU-Perspek-
tive. Herr Stinner, es ist richtig: Nur, Sie haben perfekte
Rezepte vorgegeben, während sich die Strukturen noch
in der Entwicklung befinden und noch ausgearbeitet
werden müssen. Zum Beispiel hat das positive Ergebnis
der EU-Machbarkeitsstudie Belgrad einen ganz großen
Schub gegeben, sich mit dem Problem Kosovo in einer
positiven Richtung auseinander zu setzen. Das, was mit
dem Stabilitätspakt begonnen und 2003 in Thessaloniki
versprochen wurde, diese europäische Perspektive dür-
fen wir unter gar keinen Umständen stoppen.

Deshalb wiederhole ich, was ich schon im Ausschuss
gesagt habe: Wer wie die CDU/CSU in populistischer
Art und Weise an der europäischen Perspektive rüttelt,
versündigt sich in der Tat an dem Stabilisierungsprozess

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( H d d m d m (C (D n einer ganzen Region, zu dem die Bundesrepublik ereblich beigetragen hat. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


iesen dürfen wir nicht stoppen.
Herr von Guttenberg, ich möchte Sie, wie ich es

chon einmal getan habe, an Ihren Balkan-Antrag erin-
ern. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin,
us dem Antrag der CDU/CSU:

Die Europäische Union hat den Staaten des westli-
chen Balkan eine EU-Beitrittsperspektive gegeben,
die ein wichtiger Anreiz für die Entwicklung von
Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirt-
schaft in diesen Ländern ist.

em ist nichts hinzuzufügen.
Aber dann bitte ich Sie, Frau Merkel, Herrn Glos und

ndere Ihrer Kolleginnen und Kollegen aufzufordern,
ie wirklich gefährlichen Sprüche in Bezug auf eine zu-
ünftige Erweiterung der EU einzustellen und zu überle-
en, wie wir die gegenwärtige Krise, die natürlich auch
ir empfinden, so meistern können, dass wir die wichti-
en Aussichten, die die Erweiterungsperspektive von
hessaloniki und die Stabilitäts- und Assoziationsab-
ommen für die gesamte Region bieten, nicht leichtfer-
ig zerstören und damit unsere eigenen Sicherheitsinte-
essen nicht in Gefahr bringen.
Lassen Sie mich ein letztes Wort sagen. Herr von
uttenberg, in Ihrem Antrag steht, dass die Regierung
utlos im Status quo verharre. Hier könnte ich Ihnen in
er Tat Gedächtnisschwund nachweisen. Was diese Bun-
esregierung, angefangen bei der Initiative zum Stabili-
ätspakt, über die ganzen Jahre hin getan hat, um diese
egion zu stabilisieren, sollten Sie selbst im Wahlkampf
icht heruntermachen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, wir alle haben eine große Verantwortung
ür die Zukunft einer Region, die zu Europa gehört und
er wir dringend helfen müssen, sich zu stabilisieren.
Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517807000

Nächster Redner ist der Kollege Karl-Theodor

reiherr zu Guttenberg, CDU/CSU-Fraktion.

Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Frau Zapf, Ihre Verknüpfung der Erweiterung
er EU um Rumänien und Bulgarien mit den Fragen, vor
enen wir im Westbalkan stehen, ist – Herr Bundesaußen-
inister, auch Sie haben dies implizit angesprochen – in
er Form, wie Sie es tun, unseriös. Man kann nicht Äpfel
it Birnen vergleichen.






(A) )



(B) )


Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg


(Beifall des Abg. Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU])

Für die Westbalkanländer geht es um die Perspektive
Europa und die Wirkkräfte, die diese Perspektive entfal-
ten kann – das ist richtig –, bei Rumänien und Bulgarien
um den konkreten Beitrittstermin und die nicht ausrei-
chende Erfüllung entsprechender Kriterien. Auch wenn
sich das für Sie nicht unmittelbar erschließen mag: Das
sind zwei völlig unterschiedliche Paar Stiefel, verehrte
Frau Zapf und verehrter Herr Bundesaußenminister.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Harald Leibrecht [FDP] – Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Sie waren noch nie in Belgrad!)


Sie wollen doch nicht ernsthaft den Eindruck vermit-
teln, dass im Umkehrschluss ein Beitritt zur Europäi-
schen Union einem Durchmarsch gleichkommt. Herr
Bundesaußenminister, gerade diese Haltung kann sich
die Europäische Union momentan am allerwenigsten
leisten. Frau Zapf, die CDU/CSU unterstützt ganz aus-
drücklich die Gewährung einer europäischen Perspek-
tive für die Westbalkanländer. Nur müssen auch die
zum gegebenen Zeitraum ihre Hausaufgaben im Hin-
blick auf eine Vollmitgliedschaft, die derzeit noch gar
nicht im Raume steht, angehen. Sollten die Westbalkan-
länder dann einmal so weit sein – wir wünschen uns
schließlich alle, dass Beitrittsverhandlungen aufgenom-
men werden –, darf es für diese keinen Rabatt geben.
Diesen Rabatt gewähren Sie anderen Ländern derzeit je-
doch mit allzu leichter Hand.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Rahmen der Abwägung all dieser Aspekte ist für

Sie offensichtlich die Signalwirkung in Richtung dieser
Länder bei weitem gewichtiger als der innere Zustand
beitretender Länder und möglicherweise auch wichtiger
als die Kompensationsfähigkeit der Europäischen
Union. Auch dieser Zusammenhang ist zu sehen.

Wie oft haben wir in den vergangenen Jahren das
Wort Perspektive gebraucht? Kollege Stinner hat auch
darauf hingewiesen. Wie oft haben wir gebetsmühlenar-
tig – wenn auch zu Recht – unseren Soldaten gedankt
und mit dem Dank an die Soldaten auch die Notwendig-
keit von Veränderungen verknüpft? So oft, dass man
mittlerweile auch darauf achten muss, dass daraus keine
Routine lediglich erneuerter Hoffnungen erwächst.

Die schrecklichen Ereignisse im März 2004 waren ein
Wachrütteln, allerdings alles andere als ein Frühlingser-
wachen im Hinblick auf die Kernfragen im Kosovo.
Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass die
klamme Kälte, die die Stagnation auch danach noch aus-
zustrahlen wusste, immer noch in unseren politischen
Knochen steckt.

Meine Damen und Herren – das richtet sich insbeson-
dere an die Bundesregierung –, wo ist eigentlich der un-
bedingte Wille im Hinblick auf den Kosovo, den wir
1999 verspüren durften, der unbedingte Wille, den man
in die Region hinein und den man der Region selbst auch
vermitteln muss, Herr Bundesaußenminister? Er er-

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(C (D cheint nur noch schlagwortartig und schlaglichtartig in ebatten wie dieser, die wir heute führen. Er erscheint nnerhalb der internationalen Gemeinschaft, wenn es in er breiten Tagesordnung irgendwann einmal angesagt rscheint, sowie in der Reaktion auf unvorhersehbare eschehnisse. Dieser unbedingte Wille flaut dann ertaunlich schnell wieder ab. Das gilt auch für das Beürfnis, sich substanziell damit auseinander zu setzen, ie vorhersehbar solche Ereignisse gewesen sind. Der ollege Christian Schmidt hat darauf hingewiesen. Wir stehen vor einem entscheidenden Jahr. Auch da auf wurde hingewiesen. In der internationalen Gemeinchaft entwickelt sich eine gewisse Dynamik. Auch aus er Region selbst sind zumindest zaghafte Töne zu verehmen, dass ein Einigungspotenzial vorhanden ist. ieses Einigungspotenzial sollten wir aufgreifen und die rkennbare Verhandlungsbereitschaft sollten wir unterüttern. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


Dazu genügt es allerdings nicht, nur Kosmetik zu be-
reiben. Ein vernarbtes Gesicht schminkt sich weder
elbst noch will es sich von außen schminken lassen. Es
ewinnt – wenn überhaupt – durch die Wiedergewin-
ung von Selbstachtung und durch Anerkennung von au-
en. Diese Anerkennung ist nicht nur auf den Kosovo zu
bertragen, sondern auch auf die angrenzenden Länder,
nter gewissen Voraussetzungen auch auf Serbien. Auch
as ist angesprochen worden und ist in diesem Kontext
uch völlig richtig. Das heißt aber, dass wir keine Aus-
renzung betreiben dürfen. Demzufolge müssen wir Ser-
ien innerhalb dieser Voraussetzungen und Anforderun-
en mit ins Boot nehmen. Das bedeutet aber auch, dass
ir klar machen müssen, dass eine Zusammenarbeit mit
em Internationalen Strafgerichtshof in diesem Kontext
ntscheidend bleibt und auch die anderen Voraussetzun-
en erfüllt werden müssen.
Nun zur Statusfrage, Herr Bundesaußenminister. Wir
iederholen seit Jahren – meist ex negativo – all die As-
ekte, die die Statusfrage nicht umfassen darf. Aber wie
ehen Ihre positiven Konzepte aus? Es wurde zum Bei-
piel von einer konditionierten Unabhängigkeit gespro-
hen. Das wäre ein möglicher Ansatz. Aber auch dieser
nsatz muss irgendwann einmal seinen Kinderschuhen
ntwachsen. Dafür zu sorgen, das ist Aufgabe der Bun-
esregierung.
Ich schließe meine Rede und sage, dass wir für diesen

esamten Komplex ein willens- und handlungsfähiges
uropa brauchen, insbesondere im Lichte der beiden Re-
erenda, die in den letzten Tagen in Frankreich und in
en Niederlanden stattgefunden haben. Willens- und
andlungsfähig bedeutet, seine Kräfte nicht lediglich im
nspruch der Grenzüberschreitung zu verschleißen,
err Bundesaußenminister, sondern die Grenzen auch zu
assen wissen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517807100

Herr Kollege, ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie

hre Rede schließen wollten.






(A) )



(B) )


Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg


(CDU/CSU):

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.
Die Grenzziehung als solche umfasst den Westbalkan.

Überschätzen Sie Ihre Europapolitik nicht und fassen Sie
sie wieder in Muster, die für unsere Bevölkerung ver-
ständlich sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517807200

Das Wort hat die Kollegin Petra Pau.

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1517807300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das Mandat der Bundeswehr, das heute erneut verlän-
gert werden soll, reicht zurück in das Jahr 1999. Damals
begann der Krieg der NATO gegen Jugoslawien. Für
Deutschland wurde er zum Sündenfall. Die PDS im
Bundestag hat bereits damals gesagt: Das ist politisch
falsch und obendrein völkerrechtswidrig.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Damals war die Debatte aufgeheizt. Verteidigungsmi-
nister Scharping handelte mit Geheimplänen, die PDS
wurde als fünfte Kolonne Moskaus verdächtigt und Tau-
sende Friedensbewegte demonstrierten gegen den dro-
henden Krieg – vergebens. Kurzum, wir haben das Bun-
deswehrmandat 1999 abgelehnt und wir werden heute
auch seiner Verlängerung nicht zustimmen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Wie bei allen Auslandseinsätzen der Bundeswehr ver-
missen wir auch bei diesem Einsatz drei wesentliche
Leitplanken: ein tragfähiges politisches Konzept, eine
glaubwürdige Analyse und ein überschaubares Aus-
stiegsszenario. Stattdessen erleben wir, dass sich die
Lage im Kosovo zwar gewendet, nicht aber gebessert
hat. Hieß es anfangs „Serben kontra Albaner“, so heißt
es längst „Albaner gegen Serben“. Selbst wenn ich op-
portunistisch wäre und meinen würde, der Erfolg heilige
die Mittel, bliebe unter dem Strich das Fazit: Es gibt kei-
nen Erfolg.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Diese Region Europas ist ein Pulverfass, wodurch wie-
derum die dafür bereitgestellten Mittel zusätzlich in
Zweifel gezogen werden. Daher wird die PDS im Bun-
destag sie auch nicht nachträglich legitimieren.

Seit einigen Tagen gibt es bei Rot-Grün ganz offen-
sichtlich ein paar Abstimmungsprobleme. Aber auch in-
nerhalb der SPD-Ressorts scheint die eine Hand nicht zu
wissen, was die andere treibt. Verteidigungsminister
Struck, SPD, verlangt eine Verlängerung des KFOR-
Mandats. Seine Begründung: Die Lage im Kosovo ist
höchst instabil. Innenminister Schily, SPD, und die Lan-

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(C (D esinnenminister bereiten massenhafte Abschiebungen on Kriegsflüchtlingen vor, was allerdings voraussetzt, ass die Lage im Kosovo für die Betroffenen zumutbar t. Nach allen Regeln formaler Logik muss eine der zwei PD-Argumentationen falsch sein, entweder die des Inenministers oder die des Verteidigungsministers. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


ir lehnen beides ab, sowohl die Verlängerung des Krie-
es als auch die Abschiebung der Opfer. Auch deshalb
ird die PDS mit Nein stimmen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517807400

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

iegfried Helias, CDU/CSU-Fraktion.

Siegfried Helias (CDU):
Rede ID: ID1517807500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Den Soldatinnen und Soldaten ist zu Recht für
hre aufopferungsvolle Arbeit gedankt worden, und dies
icht nur gebetsmühlenartig, sondern vielmehr aus volls-
er Überzeugung. Ich möchte in diesen Dank auch die
itarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hilfsorganisatio-
en einbeziehen, die ebenfalls einen wesentlichen Bei-
rag zur Stabilität dieses Landes leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


So sehr sich die Sicherheitspräsenz auch bewährt hat,
leibt die Lage im Kosovo weiterhin von Kriminalität,
thnischen Konflikten und politischen Extremen ge-
ennzeichnet; der Verteidigungsminister hat dies zutref-
end festgestellt. Der Außenminister hat zudem einige
usführungen zum künftigen Status gemacht; dafür ist
hm zu danken. Umso bedauerlicher ist es, dass sich der
ntrag der Bundesregierung auf eine Stellungnahme
um Istzustand beschränkt und eigene Ideen zum politi-
chen und zum wirtschaftlichen Status des Kosovo ver-
issen lässt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Über den sicherheitspolitischen Aspekt wird hier
aum hinausgedacht. Mittlerweile hat sich sogar die
eutrale Schweiz mit eigenen Vorschlägen zu Wort ge-
eldet, doch auf eine Initiative der Europäischen Union
der der Bundesregierung, wie sie der Kollege Stinner
efordert hat und wie sie auch von unserer Fraktion er-
artet wurde, warten auch die Kosovaren leider verge-
ens.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Die Entsendung des Sondergesandten Kai Eide – Herr
inister Struck, Sie haben das angesprochen – durch
en UN-Generalsekretär zwecks Überprüfung des Min-
erheitenstandards ist der beste Beweis dafür, dass aber-
als die Vereinten Nationen das Heft in die Hand






(A) )



(B) )


Siegfried Helias

nehmen müssen. Trotz dieser begrüßenswerten UN-
Mission darf nicht vergessen werden, dass es im Kosovo
nicht nur um Standards und um den Status geht – es geht
vor allen Dingen um die Menschen, die in diesem Gebiet
wohnen und die eine Existenzgrundlage und eine Le-
bensperspektive benötigen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Im Ergebnis sieht sechs Jahre nach dem Krieg die Ge-
samtbilanz leider immer noch trostlos aus, nicht zuletzt
aufgrund des ebenso kostspieligen wie verfehlten Ma-
nagements der internationalen Gemeinschaft. Diese hat
– das müssen wir festhalten – mit ihren bisherigen Kon-
zepten schlichtweg versagt. Allein im Rahmen des Sta-
bilitätspakts für Südosteuropa wurden rund 2 Milliarden
Euro in den Wiederaufbau weitgehend fehlinvestiert.
Deutschland hat sich auf bi- und multilateraler Ebene am
Wiederaufbau beteiligt. Die verschiedenen Mittel flos-
sen in Infrastrukturprojekte, in den Aufbau mittelständi-
scher Strukturen sowie in die Selbstverwaltung der Ko-
sovaren. Das ist begrüßenswert. Doch wenn wir nach der
Verwendung der Gelder fragen, stellen wir fest, dass im
Kosovo Unvermögen auf Unfähigkeit trifft. Das Engage-
ment der internationalen Gemeinschaft, allen voran der
UNMIK, ist ein Trauerspiel.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

Es korrespondiert mit der Bilanz einer völlig überforder-
ten Selbstverwaltung, die immer noch in den Kinder-
schuhen steckt. Wir müssen feststellen, dass die Kosova-
ren immer noch keine Perspektive haben. Die Menschen
im Kosovo wollen aber nicht nur Empfänger von Hilfs-
leistungen sein und sich so empfinden, sondern gleich-
berechtigte Partner in der Entwicklungszusammenarbeit.

Obwohl sich die wirtschaftliche Situation des Ko-
sovo also nicht gebessert hat, drosseln die Geberländer
ihre Hilfsleistungen: Allein die EU hat ihre Mittel von
154 Millionen Euro im Jahr 2002 auf 50 Millionen Euro
im letzten Jahr abgesenkt. Die ausländischen Kapitalzu-
flüsse versiegen zu einer Zeit, in der eine Klärung der
Statusfrage völlig offen, aber dringend geboten ist. Mit
den von deutscher Seite in Rede stehenden weiteren
13 Millionen Euro für 2005 stellt sich die Frage, wie
Deutschland seine künftige Entwicklungszusammenar-
beit im Kosovo gestalten will, um den Menschen eine
Perspektive zu geben. Hier muss nach meiner Auffas-
sung das Umdenken beginnen: Wir müssen die Ursachen
der wirtschaftlichen Misere bekämpfen und nicht allein
die Symptome.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Zur Stabilisie-
rung des gesamten westlichen Balkans müssen dem Ko-
sovo nicht nur politische, sondern auch klare wirtschaft-
liche Perspektiven eröffnet werden. Dies, meine Damen
und Herren, hat die Bundesregierung bislang leider ver-
säumt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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1)
2)

(C (D Danke schön. – Ich schließe damit die Aussprache. Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auswärti en Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung ur Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der Interationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo. Es liegen eine ersönliche Erklärung des Abgeordneten Koppelin und ine persönliche Erklärung des Abgeordneten Winkler it insgesamt 36 Unterschriften von anderen Kollegen or, die wir zu Protokoll nehmen.1)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517807600
iehlt, den Antrag auf Drucksache 15/5428 anzunehmen.
s ist namentliche Abstimmung verlangt.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die

orgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind die Plätze an
en Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne damit
ie Abstimmung.
Ich denke, Sie sind damit einverstanden, dass wir

och zwei weitere Unterschriften unter der persönlichen
rklärung des Abgeordneten Winkler zu Protokoll neh-
en. – Dann tun wir das.
Wie sieht es aus? Ist ein Mitglied des Hauses anwe-

end, das seine Stimmkarte noch nicht abgegeben hat? –
ch höre keine Proteste. Dann schließe ich damit die Ab-
timmung und bitte die Schriftführerinnen und Schrift-
ührer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis
er Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.2)
ir setzen die Beratungen fort.
Ich rufe Zusatzpunkt 3 auf:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Schwerer Störfall in der Wiederaufbereitungs-
anlage Sellafield

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
er Herr Bundesminister Jürgen Trittin.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit:
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir ha-

en es hier mit einem sehr ernsten Vorgang zu tun. Es ist
icht das erste Mal, dass es in der Wiederaufarbeitungs-
nlage in Sellafield zu einem Störfall kommt. Es ist auch
icht das erste Mal, dass über diesen Störfall nur mit er-
eblicher zeitlicher Verzögerung berichtet wird. Erst
achdem dies der britischen und internationalen Presse
ekannt wurde, erst nachdem wir am 9. Mai schriftlich
nd mündlich bei den britischen Aufsichtsbehörden
achgefragt haben, sind wir schriftlich und mündlich in-
ormiert worden.
Nach diesen Informationen stellt sich der Vorgang
ie folgt dar: In der Wiederaufarbeitungsanlage wurde
m oder um den 19. April herum mithilfe einer Kamera

Anlage 2 und 3
Seite 16762 C






(A) )



(B) )


Bundesminister Jürgen Trittin

festgestellt, dass 83 000 Liter hoch radioaktive konzen-
trierte Salpetersäure aus einer vollständig abgerissenen
Rohrleitung in die Bodenwanne einer so genannten Hei-
ßen Zelle geflossen sind. 83 000 Liter Salpetersäure sind
in etwa 22 Tonnen abgebrannte Brennelemente. Man
kann es auch anders ausdrücken: 220 Kilogramm Pluto-
nium sind dort aufgelöst.

Gott sei Dank hat die Bodenwanne der Heißen Zelle
diese Menge aufgenommen und es ist nicht zu einer
Freisetzung gekommen. Gott sei Dank ist es zumindest
nach den Informationen, die die Briten uns übermittelt
haben, so, dass die Gefahr einer Kritikalität, das heißt
das Entstehen einer Kettenreaktion, zurzeit ausgeschlos-
sen ist.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zurzeit!)


Die Internationale Atomenergie-Behörde hat diesen
Störfall in Stufe 3, also als einen ernsten Störfall – a se-
rious incident –, eingeordnet. Dennoch wurde dieser
Vorfall gegenüber der Öffentlichkeit lange Zeit geheim
gehalten.

Ursache ist übrigens nach bisheriger Einschätzung
Materialermüdung. Es gibt ernste Hinweise darauf, dass
diese Materialermüdung schon im August 2004 festge-
stellt wurde. Es ist offensichtlich so, dass seit Januar
2005 kontinuierlich Flüssigkeitsvolumina ausgetreten
sind. Trotzdem wurde dort weiterbetrieben und dieser
Störfall lange verschwiegen. Ich sage mit allem Nach-
druck: Ich halte bei aller Kollegialität diese Art des Um-
gangs für nicht akzeptabel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Birgit Homburger [FDP])


Wir kennen solche Probleme aus vielen Fällen. Es ge-
hört bei solchen Anlagen, wenn man sie betreibt und et-
was passiert, zu einem verantwortungsbewussten Sicher-
heitsmanagement, schnell zu handeln und umfassend
und korrekt zu informieren. Leider ist das nicht der erste
Fall. 1950 ist in Sellafield der erste Störfall aufgetreten.
Inzwischen ist dies zum Symbol für die Achillesferse der
Nukleartechnik geworden, nämlich das Sicherheitsma-
nagement. Es ist oft gar nicht die Technik als solche,
sondern das Zusammenspiel zwischen Technik und
Menschen, das darüber entscheidet, ob es zu einem Un-
fall kommt und ob auf einen Unfall adäquat reagiert
wird.

Die Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennele-
menten ist, wie das Beispiel zeigt, technisch riskant. Sie
ist bereits im Normalbetrieb mit unverhältnismäßig ho-
hen Ableitungen von Radioaktivität in die Umwelt ver-
bunden. Sie können die Ableitungen von Sellafield noch
in den Lachsfarmen Norwegens nachweisen.

Die Wiederaufarbeitung ist auch ökonomisch ein au-
ßerordentlich fragwürdiges Unterfangen. Selbst in Groß-
britannien, wo diese Anlage betrieben wird, wird der Ge-
samtwert des hier erzeugten Materials mit 0,00 Pfund in
der Bilanz geführt.


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(C (D (Monika Griefahn [SPD]: Ich dachte, eher mit einem Minus!)


Das wäre ganz ehrlich, Frau Griefahn, aber ich habe
ich jetzt auf das, was ausgewiesen ist, bezogen.
Der Störfall in Sellafield zeigt, dass die Entscheidung

ieser Bundesregierung richtig war, die Wiederaufarbei-
ung deutschen Atommülls zu beenden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


brigens, die ökonomische Einschätzung, die ich Ihnen
ier vorgetragen habe, teilen auch die Betreiber unserer
tomkraftwerke. Weil wir heute über ein vernünftiges
onzept von dezentraler Zwischenlagerung verfügen,
aben sie die Zahl der möglichen Transporte drastisch
inimiert, fast auf die Hälfte. Anfang 2000 hatten sie
och vor, 500 Behälter in die Wiederaufarbeitungsanla-
en nach La Hague und Sellafield zu bringen. Tatsäch-
ich wurden jetzt nur noch 267 verbracht. Ich sage Ihnen
uch und gerade mit Blick auf die Diskussionen über
tomtransporte hier: Jeder Behälter, der nicht nach
ellafield geht, jeder Behälter, der nicht nach La Hague
eht, ist ein Behälter weniger, der zurück nach Gorleben
der Ahaus kommt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ie Praxis des Transportes unseres Atommülls in das
usland endet jetzt vollständig. Ab 30. Juni wird es
eine Transporte mehr geben. Der letzte Transport nach
ellafield, der von Vattenfall vorgesehen war, ist am ver-
angenen Freitag abgesagt worden. Ich begrüße außeror-
entlich, dass man sich so verhalten hat.
Der Störfall in Sellafield bestätigt auch, dass nicht nur

ie Beendigung der Wiederaufarbeitung, sondern auch
er Ausstieg aus der Atomenergie der richtige Weg ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ur durch einen Verzicht auf die Atomenergie können
ie Gefahren, die mit dieser Hochrisikotechnologie ver-
unden sind, nachhaltig beseitigt werden. Wer heute da-
über spekuliert, Laufzeiten zu verlängern, der vermehrt
icht nur die Menge hoch giftigen Atommülls, der ge-
ährdet nicht nur die Entscheidungen über Investitionen
n die Modernisierung des Kraftwerksparks in Deutsch-
and,


(Dr. Rolf Bietmann [CDU/CSU]: Das hat mit Sellafield nichts zu tun!)


ondern er verlängert auch das Risiko der Menschen, mit
olchen Störfällen wie in Sellafield leben zu müssen. Ich
alte das für verantwortungslos.
Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )


Marion Caspers-Merk Gerd Höfer Markus Meckel Karsten Schönfeld

Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Elvira Drobinski-Weiß
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Hans Eichel
Martina Eickhoff
Marga Elser

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Iris Hoffmann (Wismar)

Frank Hofmann (Volkach)

Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Renate Jäger
Klaus-Werner Jonas

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etra-Evelyne Merkel
lrike Merten
ngelika Mertens
rsula Mogg
ichael Müller (Düsseldorf)

hristian Müller (Zittau)

esine Multhaupt
ranz Müntefering
r. Rolf Mützenich
olker Neumann (Bramsche)

ietmar Nietan

Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Swen Schulz (Spandau)

Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Peter Danckert Jelena Hoffmann (Chemnitz) Ulrike Mehl Fritz Schösser
Vizepräsidentin Dr. Antje
Bevor ich den nächsten Re

Ihnen das Ergebnis der nam
über die Beschlussempfehlung
schusses zu dem Antrag der B
zung der deutschen Beteiligun
Sicherheitspräsenz im Kosovo
nes sicheren Umfeldes für die
zur militärischen Absicherung
das Kosovo auf der Grundla

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 582;
davon

ja: 575

Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr (Neuruppin)

Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Sören Bartol
Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury

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Vollmer:
dner aufrufe, möchte ich
entlichen Abstimmung
des Auswärtigen Aus-
undesregierung „Fortset-
g an der Internationalen
zur Gewährleistung ei-
Flüchtlingsrückkehr und
der Friedensregelung für
ge der Resolution 1244


( v A p b b A M g w ernot Erler etra Ernstberger arin Evers-Meyer nnette Faße lke Ferner abriele Fograscher ainer Fornahl ans Forster abriele Frechen agmar Freitag ilo Friedrich is Gleicke ünter Gloser we Göllner enate Gradistanac ngelika Graf ieter Grasedieck onika Griefahn erstin Griese abriele Groneberg chim Großmann olfgang Grotthaus arl Hermann Haack ans-Joachim Hacker ettina Hagedorn laus Hagemann lfred Hartenbach ichael Hartmann ina Hauer ubertus Heil einhold Hemker olf Hempelmann r. Barbara Hendricks ustav Herzog etra Heß onika Heubaum isela Hilbrecht abriele Hiller-Ohm J U D U H K L H A D D W F K R A E N V A D H H U D C C C W D E G G E D D T L C H 1999)


(Extertal)


(Wackernheim)

om 10. Juni 1999 und des
bkommens zwischen der Int
räsenz (KFOR) und den Regi
lik Jugoslawien und der Rep
ien und Montenegro) vom
bgegebene Stimmen 582. Mi
it Nein haben gestimmt 7.
en. Die Beschlussempfehlung
orden.

ohannes Kahrs
lrich Kasparick
r. h.c. Susanne Kastner
lrich Kelber
ans-Peter Kemper
laus Kirschner
ars Klingbeil
ans-Ulrich Klose
strid Klug
r. Bärbel Kofler
r. Heinz Köhler (Coburg)

alter Kolbow
ritz Rudolf Körper
arin Kortmann
olf Kramer
nette Kramme
rnst Kranz
icolette Kressl
olker Kröning
ngelika Krüger-Leißner
r. Hans-Ulrich Krüger
orst Kubatschka
elga Kühn-Mengel
te Kumpf
r. Uwe Küster
hristine Lambrecht
hristian Lange (Backnang)

hristine Lehder
altraud Lehn
r. Elke Leonhard
ckhart Lewering
ötz-Peter Lohmann
abriele Lösekrug-Möller
rika Lotz
r. Christine Lucyga
irk Manzewski
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(C (D der Vereinten Nationen Militärisch-Technischen ernationalen Sicherheitserungen der Bundesrepuublik Serbien (jetzt: Ser9. Juni 1999“ mitteilen. t Ja haben gestimmt 575. Es gab keine Enthaltun ist damit angenommen r. Erika Ober olger Ortel einz Paula ohannes Pflug oachim Poß r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe arin Rehbock-Zureich erold Reichenbach r. Carola Reimann hristel RiemannHanewinckel alter Riester ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth ichael Roth erhard Rübenkönig rtwin Runde arlene Rupprecht homas Sauer nton Schaaf xel Schäfer udrun Schaich-Walch ernd Scheelen iegfried Scheffler orst Schild tto Schily orst Schmidbauer lla Schmidt ilvia Schmidt agmar Schmidt ilhelm Schmidt einz Schmitt arsten Schneider alter Schöler laf Scholz Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer Dr. Cornelie SonntagWolgast Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Rita Streb-Hesse Dr. Peter Struck Joachim Stünker Jörg Tauss Jella Teuchner Dr. Gerald Thalheim Wolfgang Thierse Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Hans Georg Wagner Hedi Wegener Andreas Weigel Reinhard Weis Petra Weis Gunter Weißgerber Gert Weisskirchen Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Dr. Rainer Wend Hildegard Wester Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Jürgen Wieczorek Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Brigitte Wimmer Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Waltraud Wolff Heidi Wright Uta Zapf Manfred Helmut Zöllmer Dr. Christoph Zöpel CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Altmaier Artur Auernhammer Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Dr. Rolf Bietmann Clemens Binninger C R P A D W D K D H M G V H C G L H R A V T M M R A G Il D A E In H D A D K H D E J D H D N R E G M R D P D U K R H M M M K O H G arl-Eduard von Bismarck enate Blank eter Bleser ntje Blumenthal r. Maria Böhmer olfgang Bosbach r. Wolfgang Bötsch laus Brähmig r. Ralf Brauksiepe elge Braun onika Brüning eorg Brunnhuber erena Butalikakis artmut Büttner ajus Julius Caesar itta Connemann eo Dautzenberg ubert Deittert oland Dieckmann lexander Dobrindt era Dominke homas Dörflinger arie-Luise Dött aria Eichhorn ainer Eppelmann nke Eymer eorg Fahrenschon se Falk r. Hans Georg Faust lbrecht Feibel nak Ferlemann grid Fischbach artwig Fischer irk Fischer xel E. Fischer (KarlsruheLand)


(Tuchenbach)


(Nürnberg)





(A) )


(B) )


(Wiesloch)


(Wolmirstedt)


(Reutlingen)


(Schönebeck)

r. Maria Flachsbarth
laus-Peter Flosbach
erbert Frankenhauser
r. Hans-Peter Friedrich

(Hof)

rich G. Fritz
ochen-Konrad Fromme
r. Michael Fuchs
ans-Joachim Fuchtel
r. Jürgen Gehb
orbert Geis
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r. Reinhard Göhner
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r. Wolfgang Götzer
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ichael Grosse-Brömer
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laus-Jürgen Hedrich
elmut Heiderich
rsula Heinen
iegfried Helias
da Carmen Freia Heller
ichael Hennrich
ürgen Herrmann
ernd Heynemann
rnst Hinsken
eter Hintze
obert Hochbaum
laus Hofbauer
oachim Hörster
ubert Hüppe
usanne Jaffke
r. Peter Jahr
r. Egon Jüttner
artholomäus Kalb
teffen Kampeter
rmgard Karwatzki
ernhard Kaster

(VillingenSchwenningen)

olker Kauder
erlinde Kaupa
ckart von Klaeden
ürgen Klimke
ulia Klöckner
ristina Köhler (Wiesbaden)

anfred Kolbe
orbert Königshofen
homas Kossendey
udolf Kraus
ichael Kretschmer
ünther Krichbaum
ünter Krings
r. Martina Krogmann
r. Hermann Kues
erner Kuhn (Zingst)

r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

r. Norbert Lammert
elmut Lamp
arbara Lanzinger
era Lengsfeld
erner Lensing
eter Letzgus
rsula Lietz
alter Link (Diepholz)

duard Lintner
r. Klaus W. Lippold

(Offenbach)

atricia Lips
r. Michael Luther
orothee Mantel
rwin Marschewski

(Recklinghausen)

tephan Mayer (Altötting)

r. Conny Mayer (Freiburg)

r. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)

olfgang Meckelburg
r. Michael Meister
r. Angela Merkel
aurenz Meyer (Hamm)

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(C (D laus Minkel arlene Mortler tefan Müller ernward Müller r. Gerd Müller ildegard Müller ernd Neumann enry Nitzsche ichaela Noll laudia Nolte ünter Nooke r. Georg Nüßlein ranz Obermeier duard Oswald elanie Oßwald ita Pawelski r. Peter Paziorek lrich Petzold r. Joachim Pfeiffer ibylle Pfeiffer r. Friedbert Pflüger eatrix Philipp onald Pofalla uprecht Polenz aniela Raab homas Rachel ans Raidel r. Peter Ramsauer elmut Rauber eter Rauen hrista Reichard atherina Reiche ans-Peter Repnik laus Riegert r. Heinz Riesenhuber annelore Roedel ranz Romer einrich-Wilhelm Ronsöhr r. Klaus Rose urt J. Rossmanith r. Norbert Röttgen r. Christian Ruck olker Rühe lbert Rupprecht eter Rzepka nita Schäfer r. Wolfgang Schäuble artmut Schauerte r. Andreas Scheuer orbert Schindler eorg Schirmbeck ngela Schmid ernd Schmidbauer hristian Schmidt ndreas Schmidt r. Andreas Schockenhoff r. Ole Schröder ernhard Schulte-Drüggelte we Schummer ilhelm Josef Sebastian orst Seehofer urt Segner atthias Sehling arion Seib einz Seiffert ernd Siebert homas Silberhorn ohannes Singhammer Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE Simone Probst Ulrich Heinrich GRÜNEN Kerstin Andreae Marieluise Beck Volker Beck Cornelia Behm Birgitt Bender Matthias Berninger Grietje Bettin K C Ir R A W P U Jetzt hat das Wort in der D Klaus Lippold. (Beifall bei der C Dr. Klaus W. Lippold (Off Frau Präsidentin! Meine se Herren! Liebe Kolleginnen un der Rede von Minister Trittin sollte es sich hier um eine sac Themas handeln, die einem er zuräumen ist. (Horst Kubatschka [SP Aber zum Schluss wurde dann Aufhänger für die aktuelle Wa wurde und nichts anderes. (Beifall bei der CDU/CSU [SPD]: Jetzt wird es Das ist es nämlich, was hinter Michael Müller kommen wird ich heute gelesen habe: Angst auftakt und Angstmache mit Ke rista Sager hristine Scheel mingard Schewe-Gerigk ezzo Schlauch lbert Schmidt erner Schulz etra Selg rsula Sowa D M D H G S H I ebatte der Abgeordnete DU/CSU)





(A) )


(B) )


enbach) (CDU/CSU):
hr geehrten Damen und
d Kollegen! Der Anfang
sah ganz danach aus, als
hliche Behandlung eines
nsten Störfall immer ein-

D]: War doch!)
deutlich, dass hier nur ein
hlkampfsituation gesucht

– Dr. Uwe Küster
unsachlich!)
her auch beim Kollegen
, dessen Presseerklärung
mache zum Wahlkampf-
rnenergie, und zwar des-

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r. Werner Hoyer
ichael Kauch
r. Heinrich L. Kolb
ellmut Königshaus
udrun Kopp
ibylle Laurischk
arald Leibrecht
na Lenke

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alb, weil diese Koalition in al
agt hat.
Hier soll von der katastrop

eutschen Arbeitsmarkt abgele

(Horst Kubatschka [SPD Sellafield ier soll von dem Sachverhal ie Jugendarbeitslosigkeit zurz eicht hat und dass wir eine Re eichnen haben. (Dr. Rolf Bietmann [C wahr! – Monika Griefahn Wahlkampfrede!)


as lassen wir Ihnen nicht du
rittin!


(Beifall bei der C Jetzt hat sich die auseinand inen Moment wieder einmal unden. (D DP ürgen Koppelin raktionslose Abgeordnete r. Gesine Lötzsch etra Pau len anderen Feldern ver halen Situation auf dem nkt werden. ]: Sie lenken von ab!)

t abgelenkt werden, dass
eit eine Rekordmarke er-
kordverschuldung zu ver-

DU/CSU]: Wohl
[SPD]: Das ist eine

rchgehen, Herr Minister

DU/CSU)
er laufende Koalition für
halbwegs zusammenge-
GRÜNEN Claudia Roth (Augsburg) Birgit Homburger Hans-Christian Ströbele
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)

Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Winfried Hermann
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Michaele Hustedt
Jutta Krüger-Jacob
Fritz Kuhn
Renate Künast
Undine Kurth (Quedlinburg)

Markus Kurth
Monika Lazar
Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff

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(Cainder Steenblock ilke Stokar von Neuforn ürgen Trittin arianne Tritz r. Antje Vogel-Sperl r. Antje Vollmer r. Ludger Volmer osef Philip Winkler argareta Wolf DP r. Karl Addicks aniel Bahr ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher elga Daub örg van Essen lrike Flach tto Fricke orst Friedrich ainer Funke r. Wolfgang Gerhardt ans-Michael Goldmann oachim Günther r. Karlheinz Guttmacher r. Christel Happach-Kasan laus Haupt Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Dirk Niebel Günther Friedrich Nolting Hans-Joachim Otto Eberhard Otto Detlef Parr Cornelia Pieper Dr. Hermann Otto Solms Dr. Rainer Stinner Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Nein CDU/CSU Dr. Wolf Bauer Wolfgang Börnsen Manfred Carstens BÜNDNIS 90/DIE Dr. Klaus W. Lippold (Horst Kubatschka [SPD]: Das ist Wunsch denken!)


(Frankfurt)


(Bönstrup)





(A) )


(B) )

Aber man muss wissen, dass das, was hier gerade zum
Ausdruck kam – nämlich dass man in Deutschland aus
der Hochsicherheitstechnologie aussteigen muss, weil es
diese Technologie in anderen Ländern nicht gibt –, ein
völlig falscher Weg ist. Wenn andere Länder die deut-
sche Technologie hätten, dann wäre es nicht zu diesem
Unfall gekommen.


(Horst Kubatschka [SPD]: Meine Güte!)

Diejenigen, die in Deutschland aus der Hochsicher-

heitstechnologie aussteigen wollen, verhindern, dass wir
diese Technologie in den internationalen Gremien ein-
fordern. So einfach ist das.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das ist auch Ausdruck Ihrer Technologiefeindlichkeit.
Sie sind schließlich nicht nur gegen Kernkraft, sondern
auch gegen die Bio- und Gentechnologie. Das ist doch
das Entscheidende: Immer dann, wenn es um Fortschritt
geht, sind Sie dagegen.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das für ein Fortschritt?)


Die folgende Feststellung ist durchaus richtig:
Die Grünen haben den Hang, Investitionsmaßnah-
men, Planungsmaßnahmen und Innovationsmaß-
nahmen mit einer überbordenden Bürokratie zu be-
frachten, die uns daran gehindert hat, in
Deutschland Arbeitsplätze zu schaffen und zu si-
chern … Ich nenne nur das Thema Gentechnologie.

Das hat kein Unionsmann gesagt, sondern der frühere
Ministerpräsident des Landes Niedersachsen Gabriel in
Bezug auf die Grünen. Das sollten Sie sich hinter die
Ohren schreiben. Denn überall dort, wo Rot-Grün re-
giert, findet die Bio- und Gentechnologie genauso wenig
Berücksichtigung wie die Hochsicherheitstechnologie
im Kernkraftbereich.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517807700

Herr Kollege, bei der Aktuellen Stunde sind wir sehr

großzügig, aber ein bisschen zur Sache müssen Sie
schon sprechen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Uwe Küster [SPD]: Ein bisschen!)



Dr. Klaus W. Lippold (CDU):
Rede ID: ID1517807800

Verehrte Frau Präsidentin, mir steht keine Kritik zu,

aber wenn die Damen und Herren aus der Koalition hier
eine bestimmte Vorgehensweise wählen, dann muss es
mir als frei gewähltem Abgeordneten überlassen blei-
ben, was ich darauf antworte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)


Ich liege mit meiner Rede im Thema.

(Jörg Tauss [SPD]: Nein!)


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(C (D as macht auch das deutlich, was ich gerade über abriel gesagt habe. (Beifall bei der CDU/CSU – Monika Griefahn [SPD]: Sie haben noch nichts zum Unfall gesagt! – Weiterer Zuruf des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Sie waren so viel unterwegs, Herr Tauss. Das muss
an nicht jedes Mal mitbekommen.
Der Kernpunkt ist: Mit unserer Technologie – ich
iederhole es – wäre das nicht passiert.


(Zuruf von der SPD: Quatsch!)

ber das interessiert Sie ja nicht.
Wir müssen eines feststellen: Die Akzeptanz für
erntechnologie in der Bundesrepublik steigt. Eine Ta-
ung der Bürgermeister der Standorte der Kraftwerke
at noch einmal deutlich gemacht, dass gerade dort, wo
igentlich maximale Betroffenheit herrschen müsste,
aximale Zustimmung gegeben ist. Besuchen Sie doch
inmal diese Orte!


(Horst Kubatschka [SPD]: Wegen der Gewerbesteuern!)


ie Proteste kamen von denjenigen, die von außerhalb
erangekarrt wurden.
Ich verstehe zwar, dass Sie, nachdem Sie die Bürger-

echtsbewegungen als Ihre Hilfstruppen enttäuscht ha-
en, jetzt bei einer vorgezogenen Wahl versuchen, sie
öglichst schnell wieder hinter sich zu sammeln, aber
as ist der falsche Weg. Notwendig ist – dafür treten wir
in – Sicherheit. Deshalb erhalten wir die Option Kern-
nergie aufrecht, auch weil ohne die Option Kernenergie
ie Fragen des weltweiten Klimaschutzes nicht zu lösen
ären.


(Lachen bei der SPD)

Sie können ruhig lachen. Das zeigt nur, dass Sie nicht
n der Sache drin sind.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit Kernenergie sparen wir jährlich 2,8 Milliarden

onnen CO2 ein. Das ist wesentlich mehr, als nach denioto-Vereinbarungen weltweit eingespart werden soll.
enn Sie daraus aussteigen, blockieren Sie die Kioto-
ereinbarungen und sämtliche vernünftigen klima-
chutzpolitischen Maßnahmen. Diese Position tragen
ir so nicht mit.
Wir wollen Klimaschutz. Wir wollen die großen Risi-

en für diese Welt auch für die zukünftigen Generatio-
en abwenden. Deshalb müssen wir Ihnen mit Ihrer
leinkarierten Antitechnologiehaltung eine klare und
indeutige Absage erteilen, auch wenn Sie ausländische
orwände nutzen, um in Deutschland Stimmung zu ma-
hen.
Herr Müller, ich sage es Ihnen noch einmal: Jetzt mit
ngst und Panikmache zu kommen und davon zu spre-
hen, noch wüssten wir nicht, wie viele Tote und Betrof-
ene es in Sellafield gibt – obgleich Sie über die Nach-
ichten genau wissen, dass da nichts ist; sonst hätte






(A) )



(B) )


Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)


dieser Minister es ja auch gesagt –, das halte ich schon
für nicht verantwortlich. Sie wollen mit Angst Politik
machen und Angst ist ein falscher Ratgeber.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist wohl wahr! – Jörg Tauss [SPD]: Wie viele Tote wollen Sie? Wie viele Tote dürfen es denn sein?)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517807900

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Martina Eickhoff.


(Beifall bei der SPD)



Martina Eickhoff (SPD):
Rede ID: ID1517808000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Keine Frage, die Pressemel-
dungen vom 29. Mai 2005 zum Atomunfall in Sellafield
stimmen bedenklich. Dass 83 000 Liter hoch radioaktive
Flüssigkeit über neun Monate hinweg unbemerkt austre-
ten können, bereitet große Sorgen und stellt die Frage
nach den Sicherheitsvorkehrungen in den Vordergrund.

Meine Damen und Herren, unweigerlich schauen wir
auf die Situation in Deutschland. Das Ereignis in Sella-
field ruft die Gefahren für Mensch und Umwelt, die von
hoch radioaktiven Stoffen ausgehen können, wieder in
Erinnerung. Unmittelbar nach dem GAU von Tscherno-
byl waren die Risiken der Atomkraft deutlicher in der
Wahrnehmung der Menschen vorhanden als heute. Wir
müssen uns klar machen, dass die Folgen 19 Jahre da-
nach noch nicht überwunden sind. 40 Prozent der ukrai-
nischen Wälder gelten als kontaminiert und über
400 000 Kinder haben an den Folgen radioaktiver Ver-
strahlung zu leiden – ein Schicksal, das wir nicht gerne
selbst erleben und erleiden möchten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Mitarbeiter und Umfeld sollen laut Betreiber beim ak-
tuellen Ereignis in Sellafield nicht gefährdet gewesen
sein; dennoch bezeichnet die Internationale Atomener-
giebehörde den Unfall als ernst. Zu dieser Kategorie ge-
hört auch der Aspekt „akute Gesundheitsschäden beim
Personal“. Im Grundsatz gilt: Störfälle dieser Art müs-
sen durch geeignete Sicherheitsmaßnahmen verhindert
werden.

Der jüngste Bericht des BMU zu meldepflichtigen
Vorgängen in deutschen Atomkraftwerken und For-
schungsreaktoren verzeichnet erfreulicherweise kein
einziges Ereignis, bei dem akute sicherheitstechnische
Mängel aufzuzeigen waren. Trotz allem, die Gefahren
der Atomkraft können nicht ausgeschlossen werden.
Auch mögliche terroristische Angriffe auf Kernkraft-
werke schüren die Ängste der Menschen, und das nicht
erst seit dem 11. September 2001.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Ausstieg aus
der Atomenergie war eine richtige und notwendige Ent-
scheidung der rot-grünen Bundesregierung.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


it Interesse konnten wir in den vergangenen Tagen le-
en, dass Frau Merkel, sollte sie irgendwann einmal die
undestagswahlen gewinnen,


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Nein! Nein!)

er Atomwirtschaft bezüglich der Restlaufzeiten von
tomkraftwerken freie Hand lassen will. Bleibt zu hof-
en, dass sich die Risiken bei noch längerer Nutzung der
tomkraftwerke nicht potenzieren. Immerhin erteilt die
pposition dem Neubau von Atomkraftwerken – noch –
ine Absage. Man kann Zweifel haben, ob das so bleiben
ird.


(Monika Griefahn [SPD]: Die wollen ja Subventionsabbau machen! Dann geht das ja nicht!)


Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion steht
eiterhin zum Atomausstieg.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


atürlich bedeutet dieser Ausstieg, dass wir über die Ge-
ährleistung von Versorgungssicherheit im Energiesek-
or diskutieren müssen. Diese Diskussion hat mit dem
estern im Kabinett beschlossenen Energieforschungs-
rogramm konkrete Formen angenommen. Wir streben
inen ausgewogenen Energiemix an, der die Potenziale
nterschiedlicher Energieträger angemessen berücksich-
igt. Zu diesem Mix gehören fossile Energieträger ge-
auso wie die erneuerbaren Energien, die beachtliche
irtschaftliche Potenziale bieten.
Neben der angesprochenen Versorgungssicherheit
üssen wir auf die Steigerung der Energieeffizienz hin-
rbeiten. Positive Beispiele gibt es bereits bei den mo-
ernen Kraftwerkstechnologien, die erhöhte Wirkungs-
rade ermöglichen und gleichzeitig zum globalen
mweltschutz beitragen, indem sie den CO2-Ausstoßindern. Das Stichwort lautet hier auch „clean coal“.
eit Mitte Mai wissen wir, dass im brandenburgischen
premberg die weltweit erste Pilotanlage für ein CO2-reies Braunkohlekraftwerk gebaut wird.
Zurück zur Energieeffizienz: Moderne Kohlekraft-
erke hier in Deutschland erreichen Wirkungsgrade von
5 Prozent. Im Vergleich dazu ist die Atomkraft gera-
ezu verschwenderisch.


(Beifall bei der SPD)

KWs erreichen bei der Energieumwandlung in Strom
irkungsgrade von 30 Prozent.
Massiv an Energie sparen können wir aber auch durch

nergieoptimiertes Bauen bzw. durch die energiege-
echte Sanierung älterer Gebäude. Privathaushalte benö-
igen mehr als ein Drittel des Endenergieverbrauchs
eutschlands, noch vor den Sektoren Verkehr und In-
ustrie. Der Energieverlust durch schlechte Wärmedäm-
ung oder veraltete Heizungssysteme ist erschreckend
och. Die 2002 in Kraft getretene Energieeinsparverord-
ung hat bereits neue Akzente für die Energieeinsparung






(A) )



(B) )


Martina Eickhoff

im Gebäudebereich gesetzt. Diese Linie muss fortge-
führt werden.

Nur ein Ausstieg aus der Atomkraft kann Störfälle
wie in Sellafield verhindern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die rot-grüne Bundesregierung hat diesen Schritt gewagt
und damit Verantwortungsbewusstsein gegenüber
Mensch und Umwelt bewiesen. Das gestern im Kabinett
beschlossene Energieforschungsprogramm zeigt Alter-
nativen zur Atomkraft auf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517808100

Ich danke auch und möchte Ihnen, Frau Kollegin, zu

Ihrem heutigen Geburtstag im Namen des Hauses gratu-
lieren.


(Beifall)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Birgit Homburger.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Das Endlager kommt dann in Ihren Wahlkreis!)



Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1517808200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir diskutieren heute über einen Unfall in der britischen
Wiederaufbereitungsanlage Sellafield. Es ist absolut
richtig, dass wir hier darüber sprechen. Vor allen Dingen
will ich sehr deutlich machen: Ich halte es für richtig,
dass der Bundesumweltminister direkt die britische
Atomaufsicht um Aufklärung gebeten hat. Ich bitte da-
rum, das Ergebnis dieser Aufklärung auch dem Umwelt-
ausschuss des Deutschen Bundestages zur Verfügung zu
stellen.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Alle Euratom-Vertragspartner haben sich schließlich
dazu verpflichtet, die Sicherheit zu gewährleisten, und
zwar nach entsprechenden Standards. Darauf müssen wir
achten. Deswegen reicht es meines Erachtens nicht aus,
die britische Regierung um Aufklärung zu bitten. Viel-
mehr sollte man Gespräche darüber beginnen, wie in den
Euratom-Vertragsstaaten die Sicherheit gewährleistet
werden kann.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Herr Bundesumweltminister Trittin, es ist aber voll-

kommen unverantwortlich, dass Sie den Vorfall in Groß-
britannien nun nutzen, um alle Anlagen zur friedlichen
Nutzung der Kernenergie auf eine Stufe zu stellen. Das
ist nicht redlich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D as Sie hier tun, ist nichts anderes als der Missbrauch ines Vorfalls, um Angst zu schüren. Das ist nicht in rdnung. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eutschland hat schließlich völlig andere, höhere Si-
herheitsstandards, deren Einhaltung streng kontrolliert
ird. Wenn Sie behaupten, dass eine Verlängerung der
estlaufzeiten unverantwortlich sei, dann antworte ich
hnen: Herr Minister Trittin, Sie handeln unverantwort-
ich. Entweder ist ein Kernkraftwerk sicher – dann muss
s betrieben werden können – oder es entspricht nicht
en Sicherheitsanforderungen; dann muss es abgeschal-
et werden, und zwar sofort.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Horst Kubatschka [SPD]: Alterung, Versprödung kennen Sie nicht!)


err Minister Trittin, die Tatsache, dass Sie die Kern-
raftwerke in Deutschland nicht abgeschaltet haben,
eigt, dass sie den Sicherheitsanforderungen entspre-
hen. Deswegen muss es möglich sein, sie weiterzube-
reiben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich möchte aus dem Atomkonsens zitieren. Dort

teht:
Kernkraftwerke und sonstige kerntechnische Anla-
gen werden auf einem international gesehen hohen
Sicherheitsniveau betrieben.

as ist ein Zitat aus dem Atomkonsens, unterschrieben
on Bundesumweltminister, Bundeswirtschaftsminister
nd Bundeskanzler. Ich finde, man sollte das, was Sie
nterschrieben haben, für bare Münze nehmen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Herr Trittin, ich sage Ihnen ganz klar, was unverant-
ortlich ist: Ihre Politik. Es ist unverantwortlich, ohne
rgendein vernünftiges Argument die Genehmigung von
orleben und Schacht Konrad nicht voranzutreiben. Sie
aben gesagt, Sie wollten eine andere Lösung. Sie wol-
en statt zwei Endlagern nur noch ein Endlager haben.
ie haben dafür ein Gesetz angekündigt. Auf dieses Ge-
etz warten wir aber seit Jahren vergeblich. Sie verzö-
ern auf unverantwortliche Art und Weise die Beantwor-
ung der Endlagerfrage auf Kosten zukünftiger
enerationen. Das ist nicht akzeptabel, Herr Minister.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie selbst haben doch den so genannten Atomkonsens

nterschrieben. Darin steht, dass die bisherigen Befunde
icht gegen die Eignung von Gorleben sprechen. Die
ehandlung von Zweifelsfragen wird aber immer wieder
erschoben. Das Ergebnis ist, dass der Atommüll mitt-
erweile oberirdisch an den Kernkraftwerken zwischen-
elagert wird. Das ist meines Erachtens in keiner Weise
icherer als eine unterirdische Lagerung. Im Gegenteil:
s ist unsicherer.


(Horst Kubatschka [SPD]: Das sind Zwischenlager!)







(A) )



(B) )


Birgit Homburger

Herr Minister Trittin, nicht das, was wir sagen, ist unver-
antwortlich. Ihre Politik und Ihre Aktionen sind unver-
antwortlich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Horst Kubatschka [SPD]: Sie machen Panik!)


Ich sage Ihnen sehr deutlich: Genauso unverantwort-
lich ist es, die Entscheidung über Schacht Konrad als
atomares Endlager zu verzögern. Selbst wenn Sie sämtli-
che Kernkraftwerke in Deutschland abschalten, wird es
Atommüll geben, nämlich den, der in Forschungsein-
richtungen produziert wird. Dieser Atommüll muss end-
gelagert werden. Die Tatsache, dass die Entscheidung
über Schacht Konrad im Augenblick verzögert wird, be-
deutet, dass dieser Müll derzeit nicht dauerhaft gelagert
werden kann. Da dieser Müll nur eine bestimmte Zeit in
dieser Form gelagert werden kann, muss er in Zukunft
umkonditioniert, also umgepackt werden.


(Monika Griefahn [SPD]: Konrad ist nur für schwach und mittelradioaktiven Müll geeignet! Es ist der verkehrte Müll, von dem Sie sprechen!)


Dadurch werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
von Forschungsanlagen einer zusätzlichen Gefahr ausge-
setzt. Das ist unverantwortlich, Herr Minister.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich komme zum Schluss. Es ist absolut unverantwort-

lich, dass Sie sich hierhin stellen und erklären, der
Atomausstieg sei richtig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Das ist sehr verantwortlich!)


Bisher haben Sie überhaupt kein Konzept für den Ener-
giestandort Deutschland vorgelegt. Wir warten noch im-
mer auf ein Energiegesamtkonzept. Sie riskieren, dass
wir die Klimaschutzziele nicht erreichen, weil Sie keine
Antworten auf die Fragen geben, wie Sie die Kernener-
gie ersetzen wollen und wie Sie erreichen wollen, dass
Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Herr Minister
Trittin, ich sage Ihnen ganz klar und eindeutig: Sie haben
in Ihrer Amtszeit alles versäumt, was in diesem Bereich
zu tun nötig gewesen wäre.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Mitglied der LSP, Lautsprecherpartei!)


Deswegen ist es nicht unverantwortlich, Ihnen das zu sa-
gen; unverantwortlich ist vielmehr die Politik der Grü-
nen. Durch das, was Sie tun, sind Sie ein Sicherheitsri-
siko für Deutschland.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Horst Kubatschka [SPD]: Ihren Standardsatz haben Sie schon oft gesagt!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517808300

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Reinhard Loske.

(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt wird es wieder seriös! – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt können wir mal zur Sachlichkeit zurückkommen!)


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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ch möchte zunächst etwas zu Sellafield sagen. Der iriche Umweltminister Dick Roche hat auf die Nachricht, ass es dort ein Leck gibt, empört reagiert und gesagt, ies sei ein weiteres vernichtendes Urteil über die Siherheitsvorkehrungen in dieser Anlage. Er fordert, dass iese Anlage möglichst schnell ordnungsgemäß gechlossen wird, weil sie eine Gefahr für die Irische See t. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517808400

ir unterstützen diese Forderung ausdrücklich.
Im Februar 2005 gab es in Sellafield einen weiteren

all, als plötzlich 30 Kilogramm Plutonium fehlten. Man
ehauptete, es handele sich dabei um ein Problem der
uchhaltung. Ich glaube, auch das war eine Lüge, die
ir nicht akzeptieren können. Auch da erwarten wir
anz eindeutig Aufklärung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sellafield ist auch im Visier der EU-Kommission: Die
U-Kommission klagt seit Jahren darüber, dass es dort
rhebliche Kontrollmängel gibt und dass die Verseu-
hung der Luft und der Irischen See nicht mehr hin-
ehmbar ist. In einem Gutachten, das die EU in diesem
usammenhang selber in Auftrag gegeben hat, heißt es,
ein technisch sei Materialermüdung schuld an dem Mal-
eur – das wurde hier gerade schon angedeutet; es geht
irklich um die Versprödung von altem Material; bei ei-
er so gefährlichen Technologie ist das völlig inakzepta-
el –, vor allem aber sei die Gleichgültigkeit derjenigen
u tadeln, die dort Verantwortung tragen. Die Kombina-
ion aus Atomenergie und Gleichgültigkeit ist tödlich.
as dürfen wir nicht vergessen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Ich bin mit der Argumentation der Kollegin
omburger – hier die gute, sichere deutsche, dort die un-
erantwortliche ausländische Atomtechnologie – nicht
anz einverstanden. So sauber lässt sich die Scheidelinie
icht ziehen. Die Atomtechnologie ist sehr gefährlich.
ch muss in Erinnerung rufen, warum wir die Atomtech-
ologie für nicht zukunftstauglich halten und warum wir
en schrittweisen Ausstieg aus dieser Technologie wol-
en. Ausschlaggebend sind vor allen Dingen Sicherheits-
ründe. Ich verweise auf die Gefahr durch Niedrigstrah-
ung, auf die Unfallgefahr – haben wir Harrisburg und
schernobyl denn schon vergessen? – und auf die Miss-
rauchsgefahr, vor allem auf die Gefahr eines militäri-
chen Missbrauchs. Ich nenne die ungeklärte Endlage-
ung. Außerdem sind Nuklearbrennstoffe wie Uranium
enauso endlich wie die fossilen Energieträger. Das sind
iele gute Gründe, um aus der Atomenergie auszusteigen.
ie teilen sie nicht; wir hingegen halten sie für richtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske

Jetzt zur Position der Kollegin Homburger. Ich habe

heute den „Tagesspiegel“ gelesen. Ich weiß nicht, ob al-
les zutreffend ist. Hier steht, Frau Homburger, dass Sie
die Atomkraftwerke bis zum Jahr 2039 am Netz lassen
wollen.


(Birgit Homburger [FDP]: Nein, das ist schon berichtigt!)


Gut, bei Ihnen heißt das: Sie sollen so lange betrieben
werden, wie es die Betreiber wollen.


(Birgit Homburger [FDP]: Das habe ich nicht gesagt! Eine Berichtigung ist schon verschickt worden!)


Offensichtlich ist es ein gewaltiger Unterschied, wer
in diesem Land die Regierung stellt; denn seit wir an der
Regierung sind, sind die Atomkraftwerke in Stade und
Obrigheim abgeschaltet worden. In der nächsten Legis-
laturperiode wird sich die Frage stellen: Was ist mit
Biblis A? Wird Biblis A im Jahr 2008 abgestellt, ja oder
nein? Was ist im Jahr 2009 mit Biblis B, Brunsbüttel und
Neckarwestheim? Werden sie abgestellt, ja oder nein?
Sie sagen: Sie bleiben am Netz. Wir wollen sie vom Netz
nehmen. Darüber können die Leute bei der Wahl unmit-
telbar entscheiden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Zum Klimaschutz. Herr Kollege Lippold, Sie haben
über Klimaschutz gesprochen. Wenn man sich mit dem
Thema „Atomenergie, Weltenergiebedarf und CO2-Emissionen“ beschäftigt und sich die Lösungen an-
schaut, erkennt man, dass die Atomenergie absolut rand-
ständig ist. Was den Primärenergieverbrauch betrifft, lie-
gen wir im Weltmaßstab bei um die 5 Prozent. Da
können Sie doch nicht ernsthaft behaupten, das wäre die
Lösung des Problems. Das liegt völlig neben der Wahr-
heit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Noch eine Zusatzinformation: In allen durchgespiel-
ten Weltenergieszenarien, in denen die Atomenergie eine
größere Rolle spielt – das sind nämlich expansiv orien-
tierte, angebotsorientierte Szenarien –, gibt es auch einen
deutlichen Aufwuchs an Kohlendioxid. Das heißt: Das
ist eingebettet in eine Strategie, die sehr expansiv ist und
eben nicht auf Energieeinsparung und erneuerbare Ener-
gien setzt, wie wir es für richtig halten. Deswegen ist die
Zuspitzung „Klimaschutz oder Atomenergie“ schlicht
und einfach falsch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir als Koalition setzen als Antwort auf die drei E:
Wir setzen auf erneuerbare Energien; da hatten wir in der
Vergangenheit einen enormen Wachstumsschub und die-
sen wollen wir fortschreiben. Wir setzen auf Energieein-
sparung im Gebäudebestand und bei Strom. Wir setzen
auf Energieeffizienz, vor allen Dingen auf die gekop-
pelte Erzeugung von Strom und Wärme, weil wir damit

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(C (D irkungsgrade von beinahe 90 Prozent erreichen könen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


as ist unsere Antwort auf die Klimaschutzfrage. Sie
nterscheidet sich in der Tat fundamental von der Ihren.
Mein letzter Punkt. Wenn wahr wird, was Sie vorha-

en, nämlich die Nutzung der Atomenergie nach hinten
in offen laufen zu lassen, ist das nichts anderes als ein
erhinderungsprogramm von Investitionen in neue
echnologien.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


enn es ist völlig klar: Mit abgeschriebenen Atomkraft-
erken, die „im goldenen Ende“ laufen, kann keine neue
echnologie konkurrieren, weder die erneuerbaren Ener-
ien noch die Brennstoffzelle noch die Kraft-Wärme-
opplung noch moderne und hocheffiziente Gaskraft-
erke.
Wir haben die Rahmenbedingungen so gesetzt, dass

s jetzt einen Investitionsschub in den neuen Technolo-
ien geben kann. Wenn sich die Strategie des offenen
ndes durchsetzt, wird das im Ergebnis dazu führen,
ass Investitionen nicht getätigt werden, sondern die al-
en Möhren weiter betrieben werden. Das halten wir für
alsch. Das ist ein enormer Unterschied zu Ihrem Pro-
ramm. Darüber kann in der Tat in wenigen Monaten ab-
estimmt werden.
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517808500

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Peter Paziorek.


Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1517808600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Dis-

ussion hat gezeigt, dass in einem Punkt Einvernehmen
n diesem Hause existiert; das ist der Störfall in Sella-
ield. Wir alle sind der Ansicht, dass das, was dort pas-
iert ist, nicht verharmlost werden darf. Ich wiederhole,
as der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Klaus
ippold für uns gesagt hat: Das ist ein Vorfall, den man
berprüfen muss.
Es ist inakzeptabel, dass mehr als neun Monate lang

nbemerkt blieb, dass über 83 000 Liter uranverseuchte
alpetersäure in ein Tanklager ausgelaufen sind, und
ass man höchstwahrscheinlich im Januar nicht festge-
tellt hat, dass es Risse gibt. Wieso hat es bis April ge-
auert, bis man das festgestellt hat?
Das alles ist völlig inakzeptabel, darf nicht verharm-

ost werden und muss auch im Deutschen Bundestag an-
esprochen werden.
Aber warum haben Sie das nicht im Umweltausschuss

ur Sprache gebracht? Warum haben Sie sich dieser
rage erst jetzt, in einer Aktuellen Stunde, angenommen?






(A) )



(B) )


Dr. Peter Paziorek

Wir haben einmal nachgeprüft: Herr Trittin, Sie als Um-
weltminister haben am 9. Mai eine einzige kleine Presse-
erklärung ins Internet gestellt. Das war bis zum heutigen
Tag Ihre Reaktion auf all das Schlimme, was in Sella-
field passiert ist; es war in der Tat schlimm. Warum ha-
ben Sie nicht Wochen vorher reagiert?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Warum sagen Sie nicht, was Sie in Ihrem Ministerium
eventuell besprochen haben? Sie haben in der Frage
nichts gemacht.

Warum haben Sie im Umweltausschuss keinen Be-
richt vorgelegt? Weil das bei Ihnen politisch noch nicht
auf dem Radarschirm war! Das ist vielleicht erst auf dem
Radarschirm erschienen, als Frau Slomka dieses Thema
am Montagabend in der Moderation des „Heute-Jour-
nals“ angesprochen hat. Plötzlich war das ein Thema bei
Ihnen.


(Zuruf des Bundesministers Jürgen Trittin)

– Zwischenrufe von der Regierungsbank sind nicht er-
laubt. Ich freue mich aber, wenn Sie bei meinen Reden
dazwischenrufen, Herr Minister.


(Jörg Tauss [SPD]: Etwas Abwechslung in Ihren Reden!)


Deshalb können wir die kritische Frage stellen: Wa-
rum haben Sie das Thema heute politisch hochgezogen?
Wir wissen ganz genau, warum Sie das getan haben. Sie
unternehmen hier nämlich den fadenscheinigen Versuch,
aus Anlass einer Angelegenheit, die man massiv kritisie-
ren muss, Ängste zu schüren und aus Wahlkampfgrün-
den Ihrer Klientel zu sagen: Wir sind doch die Partei, die
in dieser Sache alles unternommen hat und richtig ge-
macht hat. – Sie haben in dieser Angelegenheit nicht al-
les unternommen und nicht alles richtig gemacht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir brauchen doch nur in die Zeitung zu schauen. Mit

Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, möchte ich zitieren aus
einem „FAZ“-Artikel über das, was sich in Ahaus, nur
wenige Kilometer von meinem Wahlkreis entfernt, zuge-
tragen hat. Darin heißt es:

Aus Düsseldorf war die amtierende Umweltminis-
terin Bärbel Höhn angereist –

– das war am Wochenende, und zwar zur
Demonstration –

im Dienstwagen und mit Verspätung. Sie wurde
nicht gerade freundlich begrüßt. Viele fragten sie,
wo sie

– Einschub von mir: als Grüne –
denn in den vergangenen sieben Jahren gewesen
sei.
Mit politischem Instinkt hat Frau Höhn sofort nach
Bekanntwerden der Transporte entschieden, nach
Ahaus zu kommen. Unbeabsichtigt hebt sie damit
das Dilemma der Grünen hervor. Sie

– die Grünen –

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(C (D haben das Vertrauen der Atomkraftgegner verloren. Doch auch bei der bürgerlichen Bevölkerung sind sie nicht wohlgelitten. (Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hättet ihr gern!)


as zur Beschreibung der Demonstration in Ahaus.
Sie versuchen jetzt künstlich, das, was Sie bei Ihrer
lientel verloren haben, wieder aufzuholen, indem Sie
älle wie den in Sellafield, die wir alle kritisieren, an-
prechen und so tun, als ob Sellafield ein Problem der
eutschen Atompolitik sei. Dieser Schluss ist unverant-
ortlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir bringen nichts mehr dahin!)


Das Hinbringen ist nicht das Thema.

(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch, das ist das Thema!)


ielmehr ist heute das Thema, das Sie in Ihren Reden
enannt haben; was in Sellafield passiert ist, ist unver-
ntwortlich und deshalb müssen wir auch in Deutschland
us der friedlichen Nutzung der Kernenergie aussteigen.


(Monika Griefahn [SPD]: Richtig!)

iese Schlussfolgerung ist falsch. Sie ist unberechtigt.
s ist nicht berechtigt, die deutsche Atompolitik und die
riedliche Nutzung der Kernenergie so zu beurteilen.


(Zurufe von der SPD: Warum?)

Ich sage Ihnen auch, warum. Weil unsere Sicherheits-
tandards


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Entwicklungsland Großbritannien?)


in solches Niveau haben, dass es in höchstem Maße un-
thisch wäre, weltweit unsichere Kernkraftwerke zuzu-
assen, aber aus der Nutzung sicherer Kernkraftwerke
ier in Deutschland auszusteigen.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Entwicklungsland Großbritannien, was?)


enn Sie sagen, dass Sie eine Politik machen, die
thisch begründet sei, dann sagen wir: Da liegen Sie
alsch.
Aus Ihrer Presseerklärung, Herr Müller, wird deut-

ich, warum heute hier diese Diskussion geführt werden
oll. Sie haben vor einer Renaissance in Sachen Atom-
olitik durch CDU/CSU und FDP gewarnt.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Ja!)

ir wollen keine Renaissance im Sinne von Neubau von
tomkraftwerken.


(Horst Kubatschka [SPD]: Das wollen Sie natürlich!)


ir wollen, dass sichere Atomkraftwerke weiterlaufen,
eil sie sicher sind.






(A) )



(B) )


Dr. Peter Paziorek


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Sie suchen den Einstieg!)

– Nein! Sie bauen jetzt einen Popanz auf.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Seien Sie wenigstens ehrlich!)


Wir können ganz klar und selbstbewusst sagen: Wer
eine Klimaschutzpolitik will, der muss die Bereitschaft
haben,


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Quatsch!)


sichere Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen.

(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Seien Sie doch mal ehrlich!)

Klimaschutzpolitik und friedliche Nutzung der Kern-
energie in Deutschland sind kein Widerspruch; sie be-
dingen sich. Das ist der richtige Weg.

Deshalb fordern wir Sie auf: Nehmen Sie Abstand
von Ihrer Ausstiegspolitik!


(Jörg Tauss [SPD]: Nein!)

Sagen Sie Ja zu der Aufhebung des Moratoriums in Gor-
leben! Sie zitieren immer nur Gorleben. Sie wollen ver-
hindern, dass wir in Deutschland weiter erkunden, und
sagen dann: Die Erkundung in Deutschland ist noch
nicht abgeschlossen. Was ist das für eine Argumenta-
tion? Das ist absolut unredlich.

Wir sagen: Die weitere friedliche Nutzung der Kern-
energie in deutschen Kraftwerken für eine Übergangs-
zeit ist verantwortlich. Wir fordern Sie auf: Heben Sie
das Moratorium in Gorleben auf! Das wäre ein Konzept,
das uns in der Klimaschutzpolitik weiterbringt. Hören
Sie auf, Vergleiche zwischen Sellafield und der deut-
schen Kernenergiepolitik zu ziehen! Das ist in höchstem
Maße unredlich.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517808700

Das Wort hat der Abgeordnete Horst Kubatschka.

Horst Kubatschka (SPD):
Rede ID: ID1517808800

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol-

legen! Dass ein Unfall in einer Wiederaufbereitungsan-
lage in Deutschland nicht passieren kann, verdanken wir
den Demonstranten von Wackersdorf; daran möchte ich
erinnern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Deutschland
träumen einige Lobbyisten samt CDU/CSU und FDP
den Traum von der Renaissance der Kernenergie. Wie
aber sieht die Realität aus? Die Hightechnation Großbri-
tannien – kein Entwicklungsland, wie Sie so tun, Herr
Lippold –


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D ann eine Wiederaufbereitungsanlage nicht beherrschen. ie Empfehlungen der Opposition lauten: Wir müssen ieder in die Kernenergie einsteigen. Die atomare Wirkichkeit aber sieht so aus: Der jetzige Unfall in Sellafield urde als Unfall der Stufe 3 eingeordnet; das ist ein rnster Zwischenfall. Durch einen Rohrabriss – verarmlosend heißt es in Deutschland: ein Leck – sind 3 Kubikmeter hoch konzentrierte, heiße Salpetersäure usgelaufen. In diesen 83 Kubikmetern waren 22 Tonen Brennelemente aufgelöst. Dies ist ein Menetekel, ber für Sellafield nichts Neues. In den 40 Jahren des etriebs dort sind über 300 Unfälle passiert. Übrigens hieß Sellafield früher Windscale. Im Reak or Windscale ist im Oktober 1967 in Feuer ausgebrochen; dadurch sind mehrere hundert uadratkilometer kontaminiert worden – ein Menetekel, as damals nicht wahrgenommen wurde. Wir lernen: Ein amenswechsel hilft nicht weiter. Das Einzige, was weierhilft, ist ein Ausstieg aus der Kernenergie, (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: 1957!)


in Ausstieg, der einen Einstieg in eine andere Energie-
utzung darstellt. Die CDU/CSU-Fraktion ist dagegen
icht lernfähig.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja!)

ie will den Wiedereinstieg in die Kernenergie.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Renaissance

er Kernenergie jetzt Wunschdenken oder Realität? Mit
iel Propaganda wird sie beschworen, den bekannten
obbyisten wird fraglos geglaubt und die Realität wird
bersehen. Die Realität aber sieht so aus: Nach vielen
ahren wird wieder ein Kernkraftwerk in Europa gebaut,
nd zwar in Finnland. Aber eine finnische Schwalbe
acht bekanntlich noch keinen Kernenergiesommer.
eiterhin ist Realität: Das schwedische Atomkraftwerk
arsebäck wird abgeschaltet; das war gestern. Vattenfall
ill dafür den größten Windpark in Nordeuropa bauen.
s erfolgt also auch woanders ein Umstieg in Europa.
Die vereinte Opposition dagegen will den Konsens

ufkündigen; die Oppositionsführerin Frau Merkel will
ie Kernkraftwerke unbegrenzt laufen lassen. Das ist
ückwärts gewandt. Die Euphorie der 50er- bis 70er-
ahre des letzten Jahrhunderts lebt in dieser Haltung fort.
ein Realist will ein Kernkraftwerk in Deutschland
auen.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Na also!)

agegen sprechen schon die Kosten. So sieht nämlich
ie Realität aus: Das 1969 bestellte Kernkraftwerk
iblis A kostete 750 Millionen DM, das 1982 bestellte
ernkraftwerk Neckar II 5 Milliarden DM – wahrlich
ine Kostenexplosion.


(Monika Griefahn [SPD]: Das Hundertfache!)







(A) )



(B) )


Horst Kubatschka

Neckar II ist übrigens das modernste und das zuletzt fer-
tig gestellte Kernkraftwerk in Deutschland. Seit 1982,
also seit 23 Jahren, wurde hier kein Kernkraftwerk mehr
bestellt.


(Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Auch kein Kohlekraftwerk!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Endlichkeit der
Ölvorräte ist vielen Bürgerinnen und Bürgern bewusst.
Über die Endlichkeit der Uranreserven spricht keiner.
Deswegen nenne ich hier einmal zwei Zahlen: Die gesi-
cherten Uranreserven betragen 3,9 Millionen Tonnen. Im
Jahr verbrauchen wir 65 000 Tonnen Uran. Damit be-
trägt die strategische Reichweite maximal 60 Jahre. Dies
sind nicht Zahlen von Gegnern der Atomenergie, son-
dern Zahlen von der Internationalen Atomenergie-Be-
hörde und der Agentur für Nuklearenergie der OECD.
Diese beiden Einrichtungen sind bekanntlich keine Ge-
gner der Kernenergie.

Die vereinte Opposition aus CDU/CSU und FDP will
den Konsens aufkündigen und Kernkraftwerke unbe-
grenzt weiterlaufen lassen. Sie empfiehlt die Kernener-
gie als Möglichkeit zum Klimaschutz. Durch Kernener-
gie werden 17 Prozent des weltweit produzierten Stroms
hergestellt; das entspricht 2,7 Prozent des weltweiten
Endenergiebedarfes. Für einen wirksamen Klimaschutz
müssten also Tausende von Kernkraftwerken gebaut
werden.

Kernkraftwerke sind in 31 Ländern in Betrieb. In
170 Ländern werden keine Atomkraftwerke betrieben.
50 Prozent der EU-Staaten kommen ohne Kernkraft aus.
Wer Kernkraftwerke unbegrenzt weiterlaufen lassen
will, spielt mit der Zukunft und geht an der Realität vor-
bei, wie ich sie gerade geschildert habe.

Ich danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517808900

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rolf Bietmann.


Dr. Rolf Bietmann (CDU):
Rede ID: ID1517809000

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Die Diskussion heute hat gezeigt, dass einige
Punkte unstreitig sind. Unstreitig ist, dass der Unfall in
Sellafield einer kritischen Sicherheitsanalyse bedarf.
Unstreitig ist, dass die Ursachen aufgeklärt werden müs-
sen.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Wohl wahr!)

Unstreitig ist, dass in Sellafield einiges auf unverant-
wortliche Schlamperei hindeutet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das muss man klarstellen.
Trotzdem bedarf es für diese unbestreitbar richtige

Erkenntnis nicht der für die heutige Bundestagssitzung
beantragten Aktuellen Stunde; denn aus all den Beiträ-

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(C (D en, die ich gehört habe, kann ich bisher nicht schlussolgern, was der Unfall in Großbritannien mit der deutchen Politik und den Sicherheitsstandards unserer nlagen zu tun hat. uswirkungen auf die Standards deutscher Kraftwerke der nuklearer Anlagen sind nicht ersichtlich. Unbetreitbar ist die Sicherheit der deutschen Anlagen interational auf höchstem Niveau. Auch Minister Trittin, essen Haus oberste Aufsichtsbehörde für den Betrieb er deutschen Kernkraftwerke ist, muss dies bestätigen. ie jährlich dem Umweltausschuss vorgelegten Berichte okumentieren den hohen Sicherheitsstandard der Anlaen für jedermann. Aber, meine Damen und Herren, wenn es um diese hemen nicht geht, dann geht es eben um andere Theen. Es geht darum, das Thema Sellafield für den Aufakt eines Antiatomwahlkampfes zu gebrauchen. (Monika Griefahn [SPD]: Wir haben den Unfall nicht bestellt, mein Lieber!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


s geht darum, Betreiber von Kernkraftwerken zu be-
chimpfen, und insbesondere darum, die Bürgerinnen
nd Bürger mit der Angst vor der Nutzung dieser Tech-
ologie zu konfrontieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Für mich ist das eine ganz billige Taktik, die nicht

ufgehen kann, und zwar aus einem ganz einfachen
rund nicht: Die rot-grüne Bundesregierung hat mit der
nergiewirtschaft einen Vertrag geschlossen, in dem sie
aufzeiten von Kernkraftwerken in der Bundesrepublik
eutschland bis über das Jahr 2020 hinweg festgeschrie-
en hat. Sie haben also die Nutzung der Kernkraft für
en Energiemix in Deutschland ausdrücklich vertraglich
kzeptiert. Wer das vertraglich akzeptiert, der kann sich
och dann nicht hinstellen und sagen, das sei alles Teu-
elszeug und zu gefährlich, das könne dem Bürger nicht
ugemutet werden. Eine solche Politik ist hochgradig
nehrlich.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ntweder kein Vertrag oder eine konsequente Politik.


(Horst Kubatschka [SPD]: Herr Kollege, das heißt, Sie sind für den Sofortausstieg?)


Ich sage Ihnen auch: Für mich ist es völlig unverant-
ortbar, die Frage offen zu lassen, wie Sie die fehlenden
9 Prozent des deutschen Stroms, der aus Atomkraft ge-
onnen wird, ersetzen wollen. Es kann doch nicht Ihre
rnste Antwort sein, dass Sie mit Windkraft und mit So-
arenergie bis zum Jahr 2020 29 Prozent des deutschen
trombedarfs ersetzen wollen.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Das sagt doch keiner! Wer sagt das denn?)


as wird nicht funktionieren, selbst wenn Sie die ge-
amte Landschaft der Bundesrepublik Deutschland mit
indrädern überziehen und sie damit in einer Weise ver-

chandeln würden, die völlig unverantwortbar und un-
ertretbar wäre.






(A) )



(B) )


Dr. Rolf Bietmann


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich sage Ihnen eines: Völlig verantwortungslos ist die
Offenhaltung der Endlagerung atomaren Mülls. Seit
Übernahme der Regierungsverantwortung durch Rot-
Grün ist in dieser Frage in Deutschland nichts mehr pas-
siert. Das geschieht ganz bewusst, Herr Loske. Sie wol-
len das Problem der Endlagerung bewusst nicht lösen,
um den Menschen draußen sagen zu können: Dieses
Zeug ist deshalb so gefährlich, weil wir nicht wissen,
wohin damit; wir haben ja keine Endlagermöglichkeit.
Damit diese Frage offen bleibt, kommen Sie jetzt auf die
verrückte Idee, oberirdische Zwischenlager in Deutsch-
land einzurichten. Verteilt über das gesamte Bundesge-
biet wird nun der hochradioaktive Müll in Zwischenla-
gern oberirdisch gelagert.


(Horst Kubatschka [SPD]: Und Sie wollen damit nach Sellafield gehen!)


Das wollen Sie nicht einmal für nur kurze Zeit, sondern
zumindest für 40 bis 50 Jahre tun.

Meine Damen und Herren, es kann doch nicht ernst-
haft Ihre Politik sein, den Ausbau von Gorleben zu ver-
hindern und die Fertigstellung von Schacht Konrad zu
hintertreiben, gleichzeitig aber den atomaren Müll im
gesamten Bundesgebiet oberirdisch zu verteilen. Diese
Politik glaubt Ihnen doch kein Mensch; das nimmt Ihnen
niemand ab.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Mit diesem Anti-Atom-Thema lassen sich die Men-

schen in Deutschland nicht für dumm verkaufen. Ich
weiß zwar, dass dies Ihr letzter verzweifelter Versuch ist,
doch noch irgendein Thema zu finden, um die Menschen
in diesem Lande zu verunsichern, zumal wir zurzeit kein
aktuelles Kriegsthema haben. Aber die Bürgerinnen und
Bürger in diesem Land – –


(Horst Kubatschka [SPD]: Das ist ja Hetze, was Sie sagen!)


– Nein, das ist doch keine Hetze. Wissen Sie, was Hetze
ist? Wenn man den Menschen erklärt, dass die Wälder in
der Ukraine verseucht seien und wir keine vergleichbar
verseuchten Wälder in der Bundesrepublik Deutschland
haben wollten. Das ist Hetze, meine Damen und Herren;
dieser Vergleich ist hochgradig unseriös.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen sage ich Ihnen: Hören wir mit dieser Poli-

tik der Emotionalisierung auf und kommen wir gerade in
der Energiepolitik wieder zu etwas mehr Vernunft zu-
rück. Die Vernunft sagt uns doch, dass die Vereinbarung,
die Sie mit der deutschen Energiewirtschaft geschlossen
haben, angesichts veränderter Rahmenbedingungen fort-
geschrieben werden muss. Nichts anderes diskutiert die
Union. Es geht um die Fortschreibung dieses Vertrags-
werks aufgrund veränderter Bedingungen. Nicht wir ha-
ben die Laufzeiten von Kernkraftwerken bis 2021 fest-
geschrieben; es war Rot-Grün. Deswegen sollten Sie
sich überlegen, was Sie vertraglich vereinbart haben, be-
vor Sie hier von Teufelszeug sprechen. Ihre Position ist

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(C (D icht schlüssig und deswegen nimmt Ihnen diese Posiion draußen auch niemand ab. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Winfried ermann. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/ SU! Eines vorweg: Wer selbst mitten im Wahlkampf teht – dies ist offensichtlich –, sollte anderen nicht vorerfen, dass sie auch Wahlkampf machen. Am besten äre es, wenn wir klarstellten, dass wir in den nächsten onaten Wahlkampf führen werden und daher in vielen erschiedenen Bereichen über unterschiedliche Konepte streiten werden. Heute streiten wir über unterschiedliche Konzepte eim Umgang mit der Atomenergie: wie man anders nergie erzeugt und dabei die Energieversorgung in eutschland sichert. Das ist die Grundfrage. (Franz Obermeier [CDU/CSU]: Sellafield ist in England!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517809100
Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517809200

Wir reden über Sellafield als Beispiel, genau. Sella-
ield liegt in der Tat nicht in Deutschland; das ist offen-
undig.
Niemand hat hier heute behauptet, eine solche Anlage
äre in Deutschland möglich. Es geht aber nicht nur da-
um, dass es diese Anlage bei uns nicht gibt, sondern
uch darum, dass bei uns andere Standards gelten und
ir ein anderes Rechtssystem haben. Trotzdem ist es
icht so einfach, wie Sie es sich machen. Sie sagen, wir
ätten damit nichts zu tun, bei uns sei alles in Ordnung.
an muss doch klar und deutlich sagen, dass die deut-
che Atomwirtschaft bis zum heutigen Tage auch davon
elebt hat, dass es Wiederaufarbeitungsanlagen wie in
ellafield mit genau diesen miesen Standards gibt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Franz Obermeier [CDU/ CSU]: Das war zu teuer!)


Über 800 Tonnen radioaktives Material aus deutschen
tomkraftwerken sind dort verarbeitet worden. Dies,
eine Damen und Herren, haben wir in diesem Monat
eendet. Tun Sie nun nicht so, als hätten Sie nicht immer
enau dies bekämpft. Sie waren nämlich nicht nur für
ie Fortsetzung der Atomenergie, sondern auch für die
ortsetzung der Wiederaufarbeitung. Das heißt, Sie
ollten in vollem Bewusstsein der Zustände in La
ague und in Sellafield weitermachen. An dieser Stelle
esteht zwischen uns der Unterschied.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


In der heutigen Debatte hat die Frage der Sicherheit
ine große Rolle gespielt. Mich hat gewundert, dass ge-
ade im Zusammenhang mit der Atomtechnologie in
eutschland die Frage der Sicherheit neu gedacht






(A) )



(B) )


Winfried Hermann

wurde, übrigens auch bei denen, die für Atomenergie
sind. Man hat nämlich gesagt, bei dieser Technologie
könne niemand perfekte Sicherheit garantieren. Man
könne allenfalls die Sicherheitsstandards erhöhen und
doppelte, dreifache und vierfache Sicherheit einbauen,
gleichwohl bleibe immer ein Restrisiko. Man spricht
eben nicht mehr einfach von Sicherheit oder Unsicher-
heit, sondern von Risiko und Risikominimierung.

Sie haben heute in all Ihren Beiträgen dargelegt, dass
Sie diese Debatte offenkundig verdrängen möchten. Sie
verdrängen, dass, obwohl man die Atomtechnologie im-
mer weiter verbessern und immer sicherer machen kann,
am Schluss ein großes Risiko bleibt. Dieses große Risiko
hat sich in zahlreichen Unfällen, in zahlreichen kleineren
und größeren Katastrophen niedergeschlagen. Wenn ich
mehr Zeit gehabt hätte, hätte ich Ihnen einmal vorgetra-
gen, welche größeren atomaren Zwischenfälle und Un-
fälle nahezu alle zwei Jahre allein in Sellafield passiert
sind und wie oft Menschen verstrahlt wurden. Inzwi-
schen ist das gesamte Umfeld verstrahlt. Die Irische See
ist verstrahlt. Die Tiere in dieser Region sind – das ist
aufgrund zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen
nachweisbar – hochgradig verstrahlt. Die Leukämierate
bei Kindern in dieser Region ist nachweislich mindes-
tens doppelt so hoch wie im Rest Großbritanniens. Es ist
nachgewiesen, dass je höher die Kontamination der Vä-
ter ist, desto höher das Risiko ihrer Kinder ist.

All das ist inzwischen Stand der Wissenschaft und ist
für uns eine Begründung dafür, dass wir sagen: Diese
Art der atomaren Wiederaufarbeitung muss beendet wer-
den. Die Deutschen können nicht auf ein solches System
setzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nun ist gesagt worden, Sellafield sei ein ganz anderes
System. Trotzdem gibt es in den verschiedenen Syste-
men gleiche Elemente mit ähnlichen Risiken. Sie haben
– ob aus Kreisen der CDU/CSU, aus der baden-württem-
bergischen Landesregierung oder aus der FDP – in den
letzten Tagen vorgeschlagen, die deutschen Kraftwerke,
die sehr sicher seien, länger laufen zu lassen. Dabei soll-
ten Sie sich eines bewusst machen – das gilt für das
Auto, für die Waschmaschine und erst recht für
Hochtechnologieanlagen –: Je länger eine Anlage läuft,
je älter sie ist, desto eher gibt es Probleme bei den Mate-
rialien. Der Unfall, der in Sellafield geschehen ist, ist auf
die Ermüdung von Materialien zurückzuführen. Man
nimmt also, wenn man Anlagen länger laufen lässt, 30,
40 oder 50 Jahre, das Risiko, das durch Alterung ent-
steht, bewusst in Kauf.


(Birgit Homburger [FDP]: Nein!)

Genau deswegen halte ich es für völlig fatal und völ-

lig falsch, dass Sie mit Ihrer Energiepolitik darauf set-
zen, ausgerechnet die Laufzeit der alten Anlagen zu ver-
längern. Damit erhöhen Sie das Risiko und tragen ein
Stück weit dazu bei, dass es gerade in Deutschland im-
mer riskanter wird, Atomenergie zu erzeugen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch Quatsch!)


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(C (D Das lehnen wir mit aller Deutlichkeit ab. Ich kann Ihen nur sagen: Wer die Laufzeiten von Atomkraftwerken erlängern will, ist technologisch einfältig und handelt olitisch unverantwortlich. Er treibt ein hochriskantes piel. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517809300

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Franz Obermeier.

Franz Obermeier (CSU):
Rede ID: ID1517809400

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! An der
ede soeben hat man gemerkt, wie schwer Sie sich tun,
ie Argumentationslinie Ihrer politischen Haltung zur
ernenergie überhaupt noch zu rechtfertigen. Es war ei-
iges Neues dabei: Die Kernenergiewirtschaft in
eutschland lebt von Sellafield. Das ist mir bislang noch
icht untergekommen. Bislang habe ich es immer so auf-
efasst, dass die Wiederaufarbeitung von abgebrannten
ernelementen viel zu teuer ist und es besser wäre, Zwi-
chenlager zu bauen und schließlich ein Endlager zu er-
ichten.
Mein Vorredner war wenigstens ehrlich; das muss
an ihm zugestehen. Er hat uns deutlich gesagt, um was
s geht: Es geht um den Wahlkampf und nicht um Sella-
ield; es geht auch nicht um Sicherheitsphilosophien. Für
ns in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion geht es aber
usschließlich um die höchstmögliche technische Si-
herheit der kerntechnischen Anlagen in der Bundesre-
ublik Deutschland und darüber hinaus.


(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau, Bayern vor!)


icherheitsdebatten werden von uns in gar keiner Weise
erdrängt. Wir verdrängen die Sicherheit in kerntechni-
chen Anlagen in gar keiner Weise.


(Horst Kubatschka [SPD]: Hoffen wir es!)

s ist im Gegenteil so, dass wir die internationale For-
chung und Entwicklung kerntechnischer Anlagen in
uncto Sicherheit deutlich beschleunigen wollen.
Es ist völlig unstrittig, dass wir die Vorfälle in Sella-

ield aufs Schärfste verurteilen. Es ist mehrfach gesagt
orden, dass es in Sellafield viele Störfälle gegeben hat.
ch möchte daher den verantwortlichen Minister dieser
undesregierung fragen, was er in den zurückliegenden
ieben Jahren in Europa bezüglich der Sicherheitsstan-
ards in Sellafield getan hat.


(Horst Kubatschka [SPD]: Er ist doch nicht der britische Minister!)


Er hat nichts getan. Gleichzeitig werden die Vorfälle
ier angeprangert.


(Marco Bülow [SPD]: Sie sind sich auch für nichts zu schade!)


Sie haben Alterungsschäden von alten Anlagen be-
usst in Kauf genommen. Wer mit technischen Dingen






(A) )



(B) )


Franz Obermeier

einigermaßen vertraut ist, weiß ganz genau, wie lange
technische Anlagen sowie Rohre und Ähnliches halten
und wann sie ausgetauscht werden müssen.

Hier wird häufig dargelegt, wir seien für eine Verlän-
gerung der Laufzeiten. Dazu sage ich: Ja, nach meiner
Auffassung ist das vertretbar. Es gibt jedoch einen
Orientierungsmaßstab, und zwar die Sicherheit der kern-
technischen Anlage. Es kommt nicht wie bei Rot-Grün
auf irgendwelche ideologischen Punkte an, sondern da-
rauf, ob es sicherheitstechnisch verantwortbar ist, Lauf-
zeiten von technischen Anlagen zu verlängern oder
nicht. Das ist das einzige Kriterium, über das wir mit Ih-
nen debattieren und das wir auch nach außen tragen wer-
den.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Horst Kubatschka [SPD]: Ihr Auto ist auch 35 Jahre alt!)


Sie haben mit Ihrer Energiepolitik in der Bundesrepu-
blik Deutschland nicht nur die drei E, sondern auch ein
großes A herbeigeführt. Dieses große A steht für Ar-
beitslosigkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrike Mehl [SPD]: Wie viele Arbeitsplätze gibt es denn bei Atomanlagen? – Weiterer Zuruf des Abg. Horst Kubatschka [SPD])


Wer vor wenigen Tagen beim Wirtschaftsverband Eisen,
Blech und Metall verarbeitende Industrie war, konnte an
allen Ecken und Enden von den Unternehmern hören,
was sie tun werden, wenn nicht bald eine Umkehr in der
Energiepolitik stattfindet. Ich weiß, dass eine ganze
Reihe von Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion
und der Grünen-Fraktion da waren. Auch Sie haben das
alles vernommen. Sie aber nehmen das hin und debattie-
ren nicht die Frage: Wo kommen wir in der Bundes-
republik Deutschland hin, wenn die Energiepreise,
sprich Strompreise, auf dem derzeitigen Niveau bleiben?
Dieses Niveau haben Sie durch eine völlig verfehlte
Energiepolitik in der Bundesrepublik Deutschland zu
verantworten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also geht es doch um billigen Atomstrom!)


Also wird es höchste Zeit, dass in der Energiepolitik in
der Bundesrepublik Deutschland wieder Vernunft und
Fakten zählen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517809500

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Michael Müller.


Michael Müller (SPD):
Rede ID: ID1517809600

Meine Damen und Herren! Der Tatbestand ist klar:

Über neun Monate lang sind mehr als 83 000 Liter hoch
radioaktive Flüssigkeit durch ein Leck in einen nicht ge-
nehmigten Tank gelaufen und haben die Umwelt ver-

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(C (D eucht. Interessant ist, dass dies in einem neueren Teil er Anlage passiert ist, einem Teil, der in den 90er-Jahen gebaut wurde. Dort wurden – so der Bericht – bereits rmüdungserscheinungen festgestellt. Sie können deshalb nicht einfach sagen: Na gut, eutschland ist das Hightechland und der Rest der Welt ntwicklungsland. Wir reden hier aber über Großbritanien. (Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


ber was reden Sie eigentlich, wenn selbst in Groß-
ritannien solche Dinge wie Ermüdungserscheinungen
erartig gravierende Auswirkungen haben? Da kann
an doch nicht so tun, als handele es sich um ein Zu-
allsereignis.


(Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Das hat doch gar keiner gesagt!)


an muss intensiv darüber nachdenken, welche Konse-
uenzen man generell daraus zieht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Kurt-Dieter Grill [CDU/ CSU]: Das ist eine billige Methode, uns zu unterstellen, wir wären für Sellafield!)


Ich nehme nur Ihre Worte wahr. Sie haben gesagt: In
em Hochsicherheitsland Bundesrepublik passiert so et-
as nicht. Das heißt doch im Umkehrschluss: Alle ande-
en Länder sind nicht hochsicher. Sagen Sie das doch
itte einmal den Briten, Amerikanern und allen anderen.
as ist das denn für eine Argumentation!


(Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Was tun Sie denn mit den Briten?)


Versuchen wir, über die technischen Probleme der
tomkraft zu reden. Das ist auch ein deutsches Problem.
ie wissen genau, dass bis zum Atomausstieg der Ent-
orgungsnachweis in Deutschland unter anderem an
ellafield gekoppelt war. Sie können doch nicht so tun,
ls ob es da keinen Zusammenhang gäbe. Das wissen Sie
och ganz genau.


(Beifall bei der SPD – Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Das ist er bis zum 1. Juli 2005 immer noch!)


ie tun so, als sei das weltfremd, Sellafield zu kritisie-
en. Das ist überhaupt nicht weltfremd, sondern ein Teil
es Atomverbundes, weswegen es auch die Bundes-
epublik berührt hat, was in Sellafield passiert ist.


(Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Völkerrechtlich abgesichert von der Regierung Schmidt!)


Die erste Forderung ist klar: Wir brauchen mehr
ransparenz und mehr Informationen. Auch will ich sa-
en: Wir haben kein Verständnis dafür, dass die britische
egierung diesen Unfall unter Wahlkampfgesichtspunk-
en nicht veröffentlicht hat. Weil man in Großbritannien
inen Wiedereinstieg in die Atomenergie will, hat man
hn geheim gehalten. Das ist unverantwortlich und das
uss man kritisieren. Es gibt keine Begründung dafür,
inen solchen Unfall nicht zu veröffentlichen.






(A) )



(B) )


Michael Müller (Düsseldorf)



(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Zweitens. Die irische Regierung hat Recht, wenn sie

sagt, dass die Atomanlage Sellafield geschlossen werden
muss; denn dort kam es immer wieder zu Unfällen und
gefährlichen Verstrahlungen. Das kann man ganz ein-
fach aufzeigen. Bevor ich dies tue, will ich noch darauf
hinweisen, dass die Kritik keine spezifisch deutsche Po-
sition ist, die wir nur aus Wahlkampfgründen vertreten.
In Großbritannien kam es zu einer Verurteilung der Be-
treiber wegen Geheimhaltungspolitik. Sie sind verklagt
worden und mussten hohe Geldstrafen zahlen. Auch die
EU-Behörde klagt gegen sie. Es ist nachweisbar, dass
mehrfach Daten über die Anlage gefälscht wurden.

Wie sieht die traurige Bilanz der 1951 in Betrieb ge-
gangenen Anlage aus? 1955 gab es dort 250 hochgradig
verstrahlte Arbeiter; deshalb, Herr Lippold, ist meine
Aussage richtig, dass es dort auch Tote und hochgradig
Verseuchte gegeben hat. 1957 kam es dort zum bis
Tschernobyl schwersten Atomunfall mit offiziell 33 To-
ten und 200 durch Schilddrüsenkrebs hervorgerufenen
„Langzeittoten“. 1973 wurden 35 Arbeitnehmer sehr
schwer verseucht. 1976 wurde ein Loch für atomare Ab-
wässer entdeckt, das mehrere Jahre lang nicht abgedeckt
worden war. 1986 wurden 250 Kilogramm Uran irrtüm-
lich ins Meer geleitet. 1993 wurde die Anlage aufgrund
hochgradiger Verseuchung evakuiert. 2004 kamen
29,6 Kilogramm Plutonium abhanden; das reicht für den
Bau von sieben Atombomben.


(Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Oh nein! Jetzt muss wieder die Atombombe herhalten!)


Hinzu kommt der jetzige Vorfall.
Es ist bekannt, dass jeden Tag unheimlich große Men-

gen radioaktiven Abwassers abgeleitet werden. Die Bo-
denproben weisen Verseuchungen aus, die weit über den
Grenzwerten liegen. Und der Anteil der Kinder, die an
Blutkrebs erkranken, ist zehnmal höher als im Rest
Großbritanniens. Das sind gravierende Vorfälle, über die
man reden muss. Darüber hinaus kann man sehr rational
begründen, warum man gegen eine bestimmte Technolo-
gie ist. Man kann nicht so tun, als gebe es diese Fakten
nicht oder als sei das Land, in dem diese Fakten passiert
sind, ein Entwicklungsland.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, wir kommen nicht an der
grundlegenden Auseinandersetzung vorbei, ob wir zu ei-
ner anderen Energiepolitik, die sicherer, umweltverträg-
licher und effizienter wäre, übergehen wollen oder nicht.
Zukünftig müssen wir eine Energiepolitik betreiben, die
vor allem auf die Vermeidung von Energieeinsätzen
setzt.


(Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Dazu haben Sie in den letzten Jahren ja wirklich unheimliche Beiträge geleistet!)


Das ist der Punkt, den Sie nicht wahrhaben wollen; denn
Sie glauben, dieses Grundproblem durch die Frage der

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(C (D nergieträger lösen zu können. Aber das ist eine Illuion. Allen Untersuchungen zufolge wissen wir – es sei enn, Sie wollen den Weg in die Plutoniumswirtschaft ehen –, dass wir beim Uran in kürzer Zeit große Resourcenprobleme bekommen werden; denn Uran ist napp. Das ist bekannt. Sie können nicht so tun, als sei em nicht so. Wenn die Ausbaupläne, die heute bekannt ind, verwirklicht werden, stellt sich in 20 Jahren die rage, ob wir generell in Richtung einer Plutoniumswirtchaft oder ob wir einen anderen Weg gehen wollen. Wir ollen lieber heute, da es noch möglich ist, einen andeen Weg einschlagen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as wäre richtig; denn dann wären wir Vorreiter einer
ffizienten, solaren Zukunft. Dabei geht es nicht nur um
indmühlen. Das Thema Windkraft gehört zwar dazu,
ber es geht vor allem um das Bündnis von Effizienz und
rneuerbaren Energien. Das ist der Weg, den wir in Zu-
unft gehen wollen. Da sehen Sie hübsch alt aus.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517809700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Kurt-Dieter Grill.


Kurt-Dieter Grill (CDU):
Rede ID: ID1517809800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erstens. Wenn
an die Debatte über die Geschichte von Sellafield bis
um jetzigen Zeitpunkt verfolgt und insbesondere das
ur Kenntnis genommen hat, was Herr Müller, aber auch
ndere vorgetragen haben, stellt sich eine einfache
rage: Was hat eigentlich die Regierung Schmidt dazu
ewogen, die Wiederaufbereitungsverträge in Sellafield
ölkerrechtlich abzusegnen?


(Ulrike Mehl [SPD]: Schmidt? Dann beziehen wir uns demnächst auf Adenauer!)


Entschuldigen Sie, Frau Mehl, Sie erzählen hier eine
eschichte über Jahrzehnte von Atomunfällen, lassen je-
och aus, dass eine von Ihrer Partei geführte Bundesre-
ierung die Wiederaufbereitungsverträge mit England
nd Frankreich völkerrechtlich abgesegnet hat.


(Beifall bei der CDU/CSU – Marco Bülow [SPD]: Ja, aber wir haben dazugelernt, ihr nicht!)


lso gibt es in diesem Lande sozialdemokratische Ver-
ntwortung für das, was Sie hier als großes Problem vor-
ragen.
Zweitens. Sie haben hier Zeitabläufe geschildert:
eun Monate ist das alles schon bekannt. Warum dann
eute eine Aktuelle Stunde? – Ich komme darauf zu-
ück. – Die Frage, die sich daraus ergibt, ist doch nicht
n die Opposition zu richten, sondern es muss doch die
rage der Opposition und dieses Parlaments sein: Was
at der Bundeskanzler, was hat der Außenminister, was






(A) )



(B) )


Kurt-Dieter Grill

hat der Umweltminister beim Genossen Blair in London
veranlasst, damit das, worüber wir hier heute diskutieren
– die Vorgänge in Sellafield –, aufgeklärt wird, und zwar
so, wie Sie es hier heute darstellen?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Monika Griefahn [SPD]: Das haben wir doch gemacht!)


– Gar nichts haben Sie gemacht, meine Damen und Her-
ren; das ist der Punkt.


(Horst Kubatschka [SPD]: Sie haben nicht zugehört!)


– Ich habe sehr gut zugehört.

(Horst Kubatschka [SPD]:Aber ohne Wir kung!)

– Bei Ihnen braucht man manchmal nicht mehr zuzuhö-
ren, Herr Kubatschka.

Drittens. Ich will Ihnen das einmal an einem Beispiel
beweisen: Sie reden hier über Schweden. Barsebäck ist
doch ein wunderbares Beispiel. Reden Sie doch einmal
darüber, was in Schweden tatsächlich passiert: In
Schweden wird die Laufzeit der Kernkraftwerke verlän-
gert, weil die Schweden keine Antwort auf die Kli-
mafrage haben. Der durch Volksabstimmung eingeleitete
Ausstieg aus der Kernenergie hat bis heute nicht stattge-
funden. Schweden taugt nicht als Beispiel für die deut-
sche Diskussion. Sie waren es, die am Anfang ihrer
Regierungszeit 1998 gesagt haben: Europa steigt mit uns
aus. Das können Sie nicht beweisen. Viele der Länder,
die selbst keine Kernkraftwerke betreiben, importieren
Strom aus Kernenergie, beispielsweise die Österreicher,
die Italiener und die Dänen. Deswegen ist diese Darstel-
lung eine statistische Verfälschung der realen Stromwan-
derungen und -lieferungen in Europa.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich will auf die Zeitabläufe eingehen – das hat der

Kollege Paziorek mit seinen Ausführungen zu Frau
Höhn eigentlich sehr deutlich gemacht –: Sie haben die-
ses Thema in der Sitzung im Mai, als Herr Trittin seine
Presseerklärung abgegeben hat, nicht als Aktuelle
Stunde auf die Tagesordnung des Bundestages gesetzt,
sondern erst nach der Nordrhein-Westfalen-Wahl. Vor
der Nordrhein-Westfalen-Wahl hätten Sie nämlich bei
der Darstellung, die Sie heute wählen, erklären müssen,
warum die Transporte nach Ahaus und nach Sellafield
stattfinden. Diesen Widerspruch hätten Sie nicht auflö-
sen können. Es ist geradezu klassisch und typisch, dass
Frau Höhn – kaum aus der Regierungsverantwortung –
wieder auf die Straße geht und da weitermacht, wo sie
vor der Regierungsverantwortung aufgehört hat. In der
Zwischenzeit haben von Sozialdemokraten und Grünen
geführte Landesregierungen und die Bundesregierung
die Transporte stattfinden lassen und die Zwischenlager
gebaut, die sie vor dem Regierungswechsel 1998 als un-
verantwortlich abgelehnt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Das Zwischenlager in Gorleben, das Frau Griefahn ls Blechhütte und bessere Tennishalle kritisiert hat, urde mittlerweile in Deutschland 13-mal nachgebaut, nd zwar unter Ihrer Verantwortung. Deswegen lasse ich ich von Ihnen, deswegen lassen wir uns von Ihnen in er Frage der Verantwortbarkeit, der Beachtung des öchsten Sicherheitsstandards, der möglich ist, um diese inge beherrschbar zur machen, nicht in die Ecke der nmoralischen und ethisch nicht verantwortbaren Politik rängen. Sie sind diejenigen, die das fortgesetzt haben, as Sie vorher als unverantwortlich kritisiert haben. Am nde Ihrer Zeit haben Sie keine – – (Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Das ist wieder Grill-Logik!)


Herr Müller, mit Ihnen halte ich in der Logik immer
och mit.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Das glaube ich aber nicht!)


Das schaffe ich locker. Wissen Sie, zu Ihren Ausfüh-
ungen über Energieeffizienz sage ich: Das ist der
chlechteste Teil Ihrer Bilanz, Energieeffizienz ist in die-
en sieben Jahren in Deutschland wirklich nicht voran-
etrieben worden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Herr Loske, weil auch Sie hier so trefflich argumen-
iert haben, sage ich Ihnen am Schluss eines: Wir werden
it der Verlängerung der Laufzeit der Kernkraftwerke
rotzdem nicht die Frage beantworten, wie der Restbe-
arf von etwa 20 000, 30 000 Megawatt neuer Kraft-
erkskapazität – etwa 300 000 Megawatt in Europa –
berhaupt vernünftig gestillt werden kann. Sie haben bis
eute kein Programm vorgelegt. Sie hinterlassen nach
ieben Jahren einen Einstieg in ausschließlich eine Rich-
ung, ohne die Kernfrage – den CO2-freien Ausstieg auser Kernenergie – überhaupt beantwortet zu haben.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517809900

Herr Kollege, denken Sie bitte an die Zeit. Letzter

atz.

Kurt-Dieter Grill (CDU):
Rede ID: ID1517810000

Ich komme jetzt gerade zum Schluss. – Der Vorgän-

er von Herrn Clement, Herr Müller, hat in seinem Gut-
chten dargestellt, dass der CO2-freie Ausstieg aus derernenergie 250 Milliarden Euro kostet.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Das ist doch Unsinn!)


ie Fragen, die damit verbunden sind, sind am Ende Ih-
er Regierungszeit nicht beantwortet. Das ist das
chwere Erbe, das wir übernehmen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Armes Deutschland, kann man da nur sagen!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517810100

Das Wort hat die Abgeordnete Monika Griefahn.






(A) )



(B) )



Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1517810200

Schauen wir es uns an: Ohne den Unfall sind dort in

der letzten Zeit 29,6 Kilogramm Plutonium verloren ge-
gangen. Das ist genug für den Bau von sieben Atombom-
ben. Dies geschah in einer Zeit, in der weltweit – auch in
Deutschland – in den Zeitschriften über die Renaissance
der Atomenergie diskutiert wurde.

Die Auguren aus der Wirtschaft und der CDU sagen,
alles sei sicher, obwohl in Sellafield in den Jahrzehnten
des Bestehens so viel passiert ist, dass 75 Prozent der ra-
dioaktiven Belastung der Irischen See von dieser Anlage
hervorgerufen werden. Das prangern nicht nur Umwelt-
organisationen, sondern auch die irische Regierung an.
Zu Recht wird die Schließung seit Jahrzehnten – nicht
erst seit heute – immer wieder deutlich gefordert.

Die EU-Kommission hat Großbritannien im Septem-
ber 2004 vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt,
gegen den Euratom-Vertrag zu verstoßen, weil wegen ei-
ner zu hohen Radioaktivität und schlechter Sichtverhält-
nisse im laufenden Betrieb keine Kontrollen in der An-
lage möglich sind. Ich weiß nicht, wie man trotzdem
davon reden kann, dass eine scheinbar relativ neue Tech-
nik, die scheinbar mit technisch viel höherwertigen Ma-
terialien gebaut wurde, fehlerfreundlich ist. Man sagt, in
allen anderen Anlagen könne das nicht passieren. Das
erscheint mir einfach unlogisch. Diese Technik ist nicht
fehlerfreundlich;


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


denn man kann überall immer mit Dingen konfrontiert
werden, die man nicht vorausgesehen hat. Das gilt für
neue Materialien, eine neue Technik und eine neue An-
lage gleichermaßen.

Schauen Sie es sich an: Die gefährlichsten Gamma-
strahler werden immer noch legal staatlich genehmigt.
Plutonium- und Technetiumpartikel – das sind Alpha-
strahler – gelangen ins Meer. Diese führen nicht nur
dazu, dass die Krebshäufigkeit in der Umgebung, in
Cumbria, angestiegen ist, sondern auch dazu, dass radio-
aktive Staubpartikel bei britischen Kleinkindern in Ge-
samtgroßbritannien nachgewiesen werden, die aufgrund
der Art der Partikel nur aus der Anlage in Sellafield
stammen können. Ich weiß einfach nicht, wie irgendje-
mand dazu kommen kann, zu sagen, dass man das be-
herrschen kann.


(Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Was hat denn die Bundesregierung getan?)


Wiederaufbereitung produziert eben neuen Müll.
Wenn man bedenkt, dass die Anlage in Sellafield ur-
sprünglich für die Wiederaufbereitung gedacht war
– Plutonium sollte für schnelle Brüter und für Atomwaf-
fen produziert werden –, dann wird klar, dass die Kon-
struktion bzw. die Idee der Anlage als solche schon dazu
ausgerichtet war, Unsinn zu produzieren.

Überlegen Sie einmal: Eine Mitbetreiberin der An-
lage, die Firma Westinghaus, die übrigens auch eine
Zweigstelle in Deutschland hat, versucht, weltweit neue
Atomkraftwerke zu bauen. Ich kann nur sagen: Kann ich

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(C (D irklich Vertrauen in die Firma Westinghaus haben, enn sie diese Anlage noch nicht einmal nach mehreren nläufen in den Griff bekommen kann? (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist Ihre Regierung! Der entziehen Sie gerade Ihr Vertrauen!)


ie gesagt: Das ist eine neue Technik.
Durch den Atomkonsens haben wir erstens die Ab-

opplung erreicht, sodass die Wiederaufbereitung nicht
ehr als Entsorgungsnachweis dient. Zweitens haben
ir erreicht, dass auch die Transporte zur Wiederaufbe-
eitung gestoppt werden. Herr Grill, Sie haben gerade
esagt, dass wir da nichts getan haben. Natürlich haben
ir etwas getan. Der Transport nach Sellafield ist abge-
agt worden. Ab 1. Juli 2005 werden wir überhaupt
eine Transporte mehr haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as ist das Entscheidende.
Ein Weiteres: Man spricht immer von der Wirtschaft-

chkeit. Ein Großteil der Kosten der Sanierungen und
eparaturen in Milliardenhöhe zahlt nicht der Betreiber,
ondern der Steuerzahler. Wenn wir das Gesetz so hinbe-
ommen hätten, wie wir das gewünscht haben, dass
tombetreiber nämlich unbegrenzt haften müssen, dann
ürde weltweit niemand eine neue Anlage bauen. Jetzt
t es so: Bei allem, was mit der Atomenergie zusam-
enhängt, zahlt im Zweifelsfalle immer der Steuerzah-
r. Er hat für die Subventionen zum Bau der jetzt beste-
enden Anlagen gezahlt und wenn weiter betrieben
ird, haften die Betreiber auch nur mit einer begrenzten
arge, wenn irgendein Schaden eintritt. Wenn man
chon nicht gesundheitliche oder andere Gründe ins Feld
ühren will, sollte man schon allein aus diesem Grund
ie Anlagen abschalten, um so die Gefahr zu reduzieren.
Herr Grill, Sie haben angeführt, dass die Zwischenla-

er nun bald an den Atomkraftwerken stehen werden.
elbst wenn man die Atomkraftwerke jetzt abschaltet,
üssen sie noch lange überwacht werden. Dann ist es si-
herer, ebenfalls dort den abgebrannten Müll so lange zu
ewachen, bis man ein sicheres Endlager gefunden hat.
as im Salzstock Gorleben eingelagert ist, kann – das
issen Sie – nicht mehr zurückgeholt werden.


(Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Darum geht es doch gar nicht! Das ist doch gar nicht die Frage!)


as heißt, der Salzstock Gorleben ist aufgrund der Tat-
ache, dass Brennelemente eingeschmolzen werden
üssen, nicht geeignet.


(Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Wir haben über das Zwischenlager geredet, Frau Kollegin!)


wischenlager heißt, dass dort etwas nur zwischengela-
ert wird. Man sucht weiterhin nach der besten Möglich-
eit einer Endlagerung. Diese Suche nach einem End-
ger – Sie kennen das Gutachten – haben wir
orbereitet. Es geht darum, die beste Lösung zu finden.






(A) )



(B) )


Monika Griefahn

Wir können es nicht in Gorleben einlagern, weil wir die
Brennelemente dort nie wieder herausbekommen. Das
ist der entscheidende Punkt.


(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Ein Argument mit Krücke!)


Wie Sie gesagt haben, sind auch Arbeitsplätze ein
wichtiger Aspekt. In der Branche der regenerativen
Energien sind inzwischen 140 000 Arbeitsplätze entstan-
den.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Beim Export dieser Technologien sind wir Weltmarkt-
führer. Selbst ein großer Energiekonzern wie zum Bei-
spiel RWE hat erklärt, dass man sich ein virtuelles Kraft-
werk vorstellen kann, bei dem Solarenergie und ähnliche
Energieformen zusammengeschaltet werden und die
Energie dorthin geschickt wird, wo sie gebraucht wird.
Das ist die Zukunftsperspektive. Solche neuen Techno-
logien bieten uns neue Möglichkeiten, nicht aber große
Anlagen, die zentral errichtet werden und deren Strom
man überallhin transportieren muss.

Die Gebiete, bei denen überlegt wird, dort neue
Atomkraftwerke zu bauen, sind politisch unsicher. Wenn
sie nicht politisch unsicher sind, dann sind es vielleicht
geographisch unsichere Gebiete. In Japan zum Beispiel
gibt es fast jeden Tag irgendwo ein Erdbeben.


(Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/ CSU]: In Finnland gibt es noch mehr Erdbeben!)


Vor diesem Hintergrund kann ich mir nicht vorstellen,
dass Sie im Ernst glauben, diese Technologie könne feh-
lerfrei genutzt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517810300

Denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1517810400

Lassen Sie uns gemeinsam für eine zukunftsfähige

Energieversorgung arbeiten. Dabei beziehe ich mich auf
die drei E: Energieeinsparung, erneuerbare Energien und
Energieeffizienz. Wir müssen diejenigen belohnen, die
wirklich etwas dafür tun und sich dafür eingesetzt haben.
Das heißt, wir müssen die Industriezweige unterstützen,
die Solarenergietechnologien und Ähnliches entwickeln.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517810500

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hans-Josef Fell.

Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517810600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Kollege Grill – wie ich sehe, ist er schon
gegangen; das ist schade – hat Exbundeskanzler Schmidt
vorgeworfen, es sei ein Fehler gewesen, dass er die
Atomenergie befürwortet hat. Es ist schon kurios, wenn
einem die Union einen Fehler vorwirft, den sie selber

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(C (D och heute begeht. Schon 1984 hat sich die SPD auf ihem Essener Parteitag von der Atomenergie verabschieet und diesen Fehler eingestanden. Sie dagegen stehen och heute hinter der Atomenergie, obwohl Ihnen der nfall von Tschernobyl und andere Unfälle längst geeigt haben müssten, wie gefährlich diese Technologie st. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und der SPD. ir müssen das historisch betrachten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es war gut, dass die rot-grüne Bundesregierung und
ie Mehrheit dieses Parlamentes den Ausstieg aus der
tomenergie beschlossen haben. Ansonsten hätten wir
och viel schwierigere Probleme mit größeren Mengen
tommüll, als wir sie schon heute haben. Es war zum
eispiel gut, dass in den 80er-Jahren die Anti-Atom-Be-
egung die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf
n Bayern verhindert hat, und zwar gegen Polizeistaats-
ethoden einer CSU-Regierung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ch selbst war bei diesen Protesten dabei und habe erlebt,
ie die Menschen niedergeknüppelt wurden. Wo wären
ir ohne diese Bewegung heute? Wir hätten sonst in Wa-
kersdorf die Probleme – die britischen Ingenieure sind
it Sicherheit nicht viel schlechter als die deutschen In-
enieure –, die heute in Sellafield auftreten. Das sollten
ie sich deutlich vor Augen führen. Es ist gut, dass wir
en Ausstieg aus der Atomenergie und aus der Wieder-
ufbereitung beschlossen haben.
Was überhaupt ist denn Wiederaufbereitung? Mit die-

em beschönigenden Namen soll angedeutet werden,
ass es bei Brennstoffen atomarer Art angeblich einen
reislauf gibt. Wenn wir genau hinschauen, dann sehen
ir, dass aus jeder Wiederaufbereitungsanlage mehr
tommüll herauskommt, als an Brennstoffen hineinge-
angen ist. Ein besserer Begriff für Wiederaufbereitung
äre eigentlich Atommüllvermehrungsanlage


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


der auch Giftchemieanlage. Was liegt denn in dieser
anne? 83 Kubikmeter hoch konzentrierte Salpeter-
äure, gemixt mit Plutonium und Uran. Ein Millionstel
ramm Plutonium reicht aus, um einen Menschen zu tö-
en. Das ist der giftigste Stoff dieser Welt. Allein die
enge Plutonium und Uran in dieser Wanne in Sella-

ield – Gott sei Dank im verbunkerten Bereich, aber den-
och relativ ungesichert – reicht aus, um die gesamte
enschheit zu vergiften.


(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Das ist unglaublich!)


an muss sich vorstellen, worüber man hier redet. Es ist
eine Kleinigkeit, von der wir bei diesem Unfall spre-
hen. Sie reden ihn klein und sagen, nur weil in Großbri-
annien schlechte Techniker seien, sei das ein Problem.
ein, es ist an sich ein Problem, mit der Plutoniumwirt-
chaft weiterzumachen.






(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell


(Birgit Homburger [FDP]: Hören Sie auf, Angst zu schüren!)

Nehmen wir die Kosten.


(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Da hilft nur abwählen!)


Der britische Betreiber der Anlage von Sellafield, der
wegen der Kosten – zum Glück – verstaatlicht wurde,
British Nuclear Fuels, hatte 40 Milliarden Pfund Sterling
an Schulden aufgehäuft und wurde dann verstaatlicht.
Der britische Staat hat ihn übernommen. Das, was in den
letzten Monaten in Sellafield gelaufen ist, war überhaupt
nicht finanzierbar. Niemand weiß, was das noch kosten
wird.

Schauen wir uns doch ein Beispiel in unserem eige-
nen Land an. Wir haben doch auch eine Wiederaufbe-
reitungsanlage in Deutschland, nämlich die Forschungs-
anlage Wiederaufbereitung im Forschungszentrum
Karlsruhe. An ihr merken wir schon, wie die Altlasten
dieser Technologie, die Sie zu verantworten haben, heute
große Kosten verursachen, obwohl das nur eine kleine
Forschungsanlage ist. Riesenhuber hatte den Vertrag An-
fang der 90er-Jahre gemacht. 1 Milliarde Euro sollte der
Abbau kosten. So hat er es mit den Betreibern verein-
bart, die riesige Gewinne machen im Gegensatz zum
Staat, der hoch verschuldet ist, jetzt aber die Kosten
übernehmen muss. Er hat gesagt, 1 Milliarde Euro über-
nähmen die Betreiber, den Rest der Staat.


(Horst Kubatschka [SPD]: Nicht Euro! D-Mark!)


– Nein, ich habe es in Euro umgerechnet. Natürlich wa-
ren es damals D-Mark.

Heute kostet der Abbau der Wiederaufbereitungsan-
lage bereits 2 Milliarden Euro. Das spüren wir schon im
Bundeshaushalt. 160 Millionen Euro müssen wir aktuell
im Etat des Bildungs- und Forschungsministeriums für
den Abbau von nuklearen Forschungseinrichtungen aus-
geben; der Löwenanteil geht an die Wiederaufberei-
tungsanlage in Karlsruhe. Das bindet Mittel, die wir für
Zukunftsprojekte ausgeben wollen, etwa für erneuerbare
Energien, insbesondere für deren Markteinführung.

Übrigens, schminken Sie sich einmal ab, dass es eine
Renaissance der Atomenergie geben könne und dass die
Atomenergie eine bedeutende Energiequelle sei.
Schauen Sie sich einmal die neuesten Zahlen an, die vor
wenigen Tagen von der Internationalen Energieagentur
veröffentlicht wurden. Da heißt es, 20 Prozent des welt-
weiten Energiebedarfs würden bereits von erneuerbaren
Energien gedeckt,


(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Das ist doch die Wasserkraft!)


77 Prozent von den klimaschädlichen fossilen Energie-
trägern und lächerliche 3,3 Prozent von der Atom-
energie. Das soll Klimaschutz sein? Wenn Sie wirklich
Klimaschutz betreiben wollen, dann müssen Sie endlich
in die erneuerbaren Energien einsteigen und Ihre Blo-
ckade beenden. Sie müssen aufhören mit Ihren Kampa-
gnen gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz und gegen

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(C (D ie Forschungsförderung bei erneuerbaren Energien und it vielem anderen mehr. Das ist die Zukunft, der Sie ich mit dem Beharren auf der Atomenergie verweigern. ellafield hat gezeigt, dass dies ein kolossaler Irrweg ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517810700

Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Stalking-Bekämpfungsgesetzes
– Drucksache 15/5410 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst

er Justizminister des Landes Hessen, Dr. Christean
achmaier.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Wagner! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt keine falschen Übertreibungen!)


Er heißt Wagner. Ich bitte um Entschuldigung. Das war
uf dem Sprechzettel falsch.


(Hermann Bachmaier [SPD]: Ein schmeichelhafter Vergleich!)



Hans Georg Wagner (SPD):
Rede ID: ID1517810800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Wie ich gerade bemerkt habe, war das ein Verse-
en Ihrer Mitarbeiter, Frau Präsidentin. Deshalb habe ich
eine Probleme damit, dass Sie zunächst meinen Namen
icht richtig genannt haben. Ein alter juristischer Grund-
atz – schließlich spricht hier der hessische Justizminis-
er – lautet: Falsa demonstratio non nocet.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das freut mich natürlich!)


Das Bundesland Hessen hat im Juli 2004 eine Geset-
esinitiative zur strafrechtlichen Verfolgung von schwe-
en Belästigungen – im bisherigen Sprachgebrauch Stal-
ing genannt – gestartet. Ich freue mich, dass diese
nitiative im Bundesrat von Erfolg gekrönt war, und ich
reue mich sehr darüber, dass wir heute im Deutschen
undestag die erste Beratung dieser Gesetzesinitiative
urchführen können.
Wir alle – das ist mein ernster Appell – sind aufgeru-

en, Stalkingopfer in Zukunft besser zu schützen. Es ist
eshalb notwendig, einen neuen Straftatbestand im
trafgesetzbuch zu schaffen, der die Grundlage für ein
rühzeitiges und auch konsequentes Einschreiten der
trafverfolgungsbehörden bietet.






(A) )



(B) )


Staatsminister Dr. Christean Wagner (Hessen)


Nach der geltenden Rechtslage sind Polizei und

Staatsanwaltschaft selbst bei intensiven Belästigungen
der Opfer oft die Hände gebunden. Die Strafverfol-
gungsbehörden müssen häufig tatenlos zusehen, weil es
im deutschen Strafrecht bislang keinen eigenen Straftat-
bestand für das so genannte Stalking gibt. Die Ermittler
können vielfach erst dann einschreiten, wenn es zu einer
Eskalation der Belästigungen – zum Beispiel zu Körper-
verletzungen – kommt.

Das Gewaltschutzgesetz aus dem Jahr 2002 – das
möchte ich klar und deutlich festhalten – hilft dabei nicht
weiter. Seine Strafdrohung hängt davon ab, dass das Op-
fer gegen den Täter zunächst eine zivilrechtliche Schutz-
anordnung erwirkt. Dieser Weg ist zeitraubend, um-
ständlich und für das Opfer auch häufig mit erheblichen
zusätzlichen Belastungen verbunden. Die geltende
Rechtslage ist deshalb nach meiner Einschätzung den
Opfern nicht zumutbar. Die bestehende Gesetzeslücke
muss dringend geschlossen werden.

Hinter dem abstrakten Begriff „Stalking“ verbergen
sich häufig beklemmende Einzelschicksale. Es geht um
erhebliche Belästigungen von Personen durch fortge-
setztes Nachstellen und Verfolgen. Nicht selten sehen
sich die Opfer zu einer gravierenden Veränderung ihrer
Lebensumstände gezwungen, um ihren Peinigern zu ent-
gehen. Sie haben Angst und leiden unter Schlaflosigkeit
und Albträumen. Eskalieren die Belästigungen – etwa
nach einer Trennung vom Lebenspartner –, droht den
Opfern nicht selten auch physische Gewalt, die in Ex-
tremfällen sogar bis zum Totschlag reichen kann, wie
wir vor einigen Monaten in Bremen sehr leidvoll miter-
leben mussten.

Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs des Bundesrates
steht die neue Bestimmung des § 238 Strafgesetzbuch,
die den Titel „Schwere Belästigung“ trägt. Danach sol-
len Personen, die andere unbefugt und nachhaltig beläs-
tigen, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren be-
straft werden können. Voraussetzung für die Strafbarkeit
ist, dass die Belästigung geeignet ist, den Betroffenen in
seiner Lebensgestaltung erheblich zu beeinträchtigen.
Die Freiheit der Lebensgestaltung ist das geschützte
Rechtsgut in dem neuen § 238 Strafgesetzbuch. Außer-
dem – das will ich noch anfügen – soll in qualifizierten
Fällen Untersuchungshaft angeordnet werden können,
um den Teufelskreis der Eskalation zu durchbrechen.

Die Bundesjustizministerin hat sich monatelang ge-
weigert, die schwere Belästigung strafgesetzlich neu zu
regeln. Vor sechs Wochen hat sie aber überraschend an-
gekündigt, einen eigenen Gesetzentwurf für einen Stal-
king-Straftatbestand vorzulegen. Bei dieser Ankündi-
gung ist es leider bisher geblieben. Die Presseerklärung,
mit der sie es am 15. April angekündigt hat, lässt aller-
dings einen Gesetzentwurf erwarten, der die Opfer we-
sentlich schlechter schützt, als es im Vorschlag des Bun-
desrates vorgesehen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bundesregierung will nur bestimmte Belästigun-

gen wie beispielsweise das Aufsuchen der räumlichen
Nähe unter Strafe stellen. Auf einen Auffangtatbe-

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(C (D tand, der alle schwerwiegenden Belästigungshandlunen erfasst, will die Bundesregierung verzichten. Eine olche Einschränkung würde es den Tätern leicht mahen, die Strafandrohung zu umgehen, indem sie nicht ie ausdrücklich im Gesetz geregelten Belästigungsforen wählen. Deshalb sage ich: Wer einen wirkungsvolen Schutz der Opfer vor Stalking will, muss eine offene ormulierung der Tathandlungen wählen, um auch der ielschichtigkeit des Handelns der Täter zu begegnen. ass hierbei auch unbestimmte Rechtsbegriffe Verwenung finden müssen, ist nichts Außergewöhnliches. chon jetzt gibt es im geltenden Strafrecht zahlreiche nbestimmte Rechtsbegriffe, die die Gerichte bei der echtsanwendung konkretisiert haben. Meine Damen und Herren, bedauerlich ist auch, dass er Vorschlag der Bundesregierung keinen eigenen Haftrund für schwere Stalkingfälle vorsieht. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre ja das Allerletzte!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


iese Lücke ist gefährlich. Sie verhindert, dass Eskala-
ionen rechtzeitig abgebrochen werden. Die Möglichkeit
er Inhaftierung des Täters ist in gravierenden Fällen ein
ichtiger und notwendiger Beitrag zur Deeskalation und
amit zum wirksamen Opferschutz.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, das Vorgehen in Sachen

talking ist symptomatisch für die Rechtspolitik der rot-
rünen Bundesregierung. Die Koalition hat sich in der
ergangenheit in vielen wichtigen rechtspolitischen Fra-
en einem rechtzeitigen gesetzgeberischen Handeln ver-
eigert. Zum Stalking – ich sagte es bereits – hat die
undesregierung noch bis vor kurzem wiederholt be-
auptet, die geltende Rechtslage sei nicht verbesserungs-
edürftig. Durch die späte Aufgabe ihrer Verweige-
ungshaltung hat die Bundesregierung wertvolle Zeit auf
em Weg zu einem wirkungsvollen Schutz vor Stalking
ergeudet.
Lassen Sie mich zum Schluss noch Folgendes sagen:
ie Diskussion über die Strafbarkeit von Stalking ver-
äuft, jedenfalls nach meiner Beobachtung, nach demsel-
en Muster, wie wir es bei den Themen Graffitibekämp-
ung, Erweiterung der DNA-Analyse und Einführung
er nachträglichen Sicherungsverwahrung erlebt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

uch hier hat sich die rot-grüne Koalition lange Zeit ge-
eigert, überhaupt tätig zu werden, und erst nach Jahren
nd wiederholten Initiativen des Bundesrates eigene un-
ureichende Vorschläge vorgelegt. Mit diesem Zickzack-
urs sind die berechtigten Interessen der Opfer, wie ich
inde, grob vernachlässigt worden. Ich gebe mich gleich-
ohl der Hoffnung hin, dass der von mir dargestellte
ringende gesetzgeberische Handlungsbedarf erkannt
nd unserer Initiative eine Mehrheit auch im Bundestag,
as heißt bei Ihnen, beschert wird.
Ich will in meinem letzten Satz noch einmal aus-

rücklich sagen: Das Gesetz erreicht Abschreckung der






(A) )



(B) )


Staatsminister Dr. Christean Wagner (Hessen)


Täter und bietet damit die Grundlage für einen wirksa-
men und konsequenten Opferschutz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517810900

Jetzt hat definitiv der Abgeordnete Hermann

Bachmaier das Wort.

Hermann Bachmaier (SPD):
Rede ID: ID1517811000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn

ich es richtig sehe, ist das heute die erste Debatte des
Deutschen Bundestages, in der wir uns mit der Frage der
Notwendigkeit eines neuen Straftatbestandes gegen das
so genannte Stalking befassen. Auch aus den Reihen der
Opposition kam bislang kein Antrag.

Denjenigen, die mit diesem Problem näher vertraut
sind, ist schon seit längerem klar, dass unsere Rechtsord-
nung auf dieses Phänomen bislang keine hinreichende
Antwort gefunden hat. Ich habe als Anwalt und als Justi-
tiar unserer Fraktion einige Stalkingfälle aus der Sicht
der Betroffenen näher kennen gelernt und weiß deshalb,
was Stalkingopfer ertragen müssen: Telefonterror, tag-
tägliche distanzlose und zum Teil bedrohliche Briefe,
stundenlanges Auflauern vor der Haustür oder vor der
Arbeitsstelle, ständiges Verfolgen und Abpassen, uner-
wünschte Ansprache des Opfers, Bedrohungen, Ver-
leumdungen im privaten und beruflichen Umfeld. Es ist
bedrückend, mitzuerleben – da sind wir uns von der
Ausgangslage her einig, Herr Wagner –, wie die Freiheit
und die persönliche Lebensgestaltung der Betroffenen
eingeengt werden, und das praktisch jeden Tag über oft
unabsehbar lange Zeiträume, in vielen Fällen sogar über
Jahre hinweg. Im Übrigen kann es nicht nur Prominente
treffen – das ist ein Irrglaube, der leider noch immer weit
verbreitet ist –, sondern jeden.

Wir Rechtspolitikerinnen und Rechtspolitiker der
SPD-Bundestagsfraktion haben vor einigen Monaten
eine Sachverständigenanhörung zu diesem Gesamtkom-
plex durchgeführt. In dieser Anhörung wurden uns er-
schreckende Fälle vorgetragen. So hat uns der Vorsit-
zende des Ersten Strafsenates des Bundesgerichtshofes
berichtet, dass eine nicht geringe Zahl der beim BGH an-
hängig gewordenen Fälle schwerster Verbrechen, also
von Mord und Totschlag, mit einem zunächst harmlos
erscheinenden Stalkingverhalten begonnen haben. Die-
sem Verhalten ist – weil es an einem entsprechenden
Straftatbestand leider bis heute fehlt; auch darüber sind
wir uns einig – oft nur unzureichend begegnet worden.
Reine Bagatellstrafen wegen Beleidigung, Hausfriedens-
bruch oder leichter Körperverletzung reichen nicht aus,
um einem Stalker rechtzeitig den kriminellen Gehalt sei-
nes Fehlverhaltens vor Augen zu führen. Wir müssen da-
von ausgehen, dass manche schlimme Gewalttat hätte
verhindert werden können, wenn Polizei und Gerichte
früher die Möglichkeit zu entschlossenem Eingreifen ge-
habt hätten.

Auf Länderebene hat es zwar vielfältige Versuche ge-
geben, den Opfern zu helfen und die Hilfsmaßnahmen
zu koordinieren. In Bremen zum Beispiel war der Anlass
für solche Maßnahmen – das ist gerade erwähnt wor-

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(C (D en – der Mord an einer Frau, die zuvor Stalkingopfer es Täters geworden war und die sich deshalb mehrmals rfolglos an die Behörden – diese konnten ihr nicht weierhelfen – gewandt hatte. Solche Projekte reichen aber das hat unsere Anhörung ebenfalls gezeigt – nicht aus. or allem hilft das Gewaltschutzgesetz in diesen Fällen eider nicht weiter. Ein Vorgehen nach dem Gewaltchutzgesetz birgt für das Opfer viel zu hohe Risiken. eschreiten die Betroffenen diesen Weg aber nicht, fehlt s Polizei und Ordnungsbehörden an einer hinreichenen Rechtsgrundlage. Es ist deshalb mittlerweile unbetritten, dass wir dringend einen eigenständigen traftatbestand benötigen. Der Gesetzentwurf des Bundesrates geht zwar in die ichtige Richtung, unterliegt aber in seiner konkreten assung erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken or allem im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot. ies hat der Deutsche Richterbund in seiner Stellungahme zum Bundesratsentwurf erschöpfend dargelegt. or diesem Hintergrund ist der Gesetzentwurf des Bunesrates nur eine Beratungsgrundlage. Über ihn werden ir genauso beraten wie über andere Vorlagen. Ich freue ich sehr, dass das Bundesjustizministerium mit seinem eferentenentwurf auf einem rechtsstaatlich besseren ege ist. Es ist gut, dass wir in Kürze mit einem Kabiettsentwurf zu rechnen haben, er nach einer Befassung durch den Bundesrat schon zu eginn der nächsten Legislaturperiode eine solide rundlage für die zügige Verabschiedung einer Bestimung mit einem entsprechenden Straftatbestand abgeen wird. Es ist sinnvoll und richtig, diesen Weg zu bechreiten; denn dieser Entwurf unterliegt nicht dem rinzip der Diskontinuität. Damit kann die durch Neuahlen entstehende Pause des Bundestages ohne chwierigkeiten überbrückt werden. Wir können also zu eginn der nächsten Legislaturperiode sofort zur Tat chreiten und einen entsprechenden Straftatbestand in as Strafgesetzbuch aufnehmen. Uns kann man nicht vorwerfen, dass wir nur wegen iner symbolischen Wirkung leichtfertig Straftatbetände schaffen. Hier waren wir immer behutsam und aben die entsprechende Vorsicht an den Tag gelegt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


iese Gefahr besteht hier nicht. Im Kampf gegen die
ielfältigen Formen, mit denen Stalker ihre Mitmen-
chen peinigen, ist die Schaffung eines eigenständigen
traftatbestandes vielmehr dringend vonnöten. Ich hoffe,
ass wir in Kürze den notwendigen Straftatbestand in
as Strafgesetzbuch aufnehmen werden.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517811100

Das Wort hat die Abgeordnete Sibylle Laurischk.






(A) )



(B) )



Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1517811200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Wir sprechen heute über ein gesellschaftliches
Phänomen, das uns anscheinend so fremd ist, dass wir
dafür nicht einmal einen deutschen Begriff haben. Stal-
king heißt „anschleichen“. Die deutsche Bezeichnung
„schwere Belästigung“ erscheint mir sehr viel deutlicher.
Die Opfer dieses kriminologischen Phänomens müssen
ernst genommen werden.

Gemäß einer Studie des Mannheimer Zentralinstituts
für Seelische Gesundheit waren 12 Prozent der
2 000 Befragten schon einmal Opfer von Nachstellun-
gen. Jedes vierte Opfer wurde länger als ein Jahr drang-
saliert; fast jedes dritte Opfer wurde persönlich angegrif-
fen. Die langfristigen traumatischen Auswirkungen auf
die Opfer sind vielfältig und man muss sie ernst nehmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Brauchen wir deshalb dieses Strafgesetz? Wir haben
das Gewaltschutzgesetz. Danach kann ein Zivilgericht
einem Stalker untersagen, sich im Umkreis seines Op-
fers aufzuhalten. Ebenso kann das Gericht anordnen,
dass der Täter es unterlässt, Verbindung zu verletzten
Personen aufzunehmen. Zudem ist der Gesetzgeber in
der 14. Wahlperiode davon ausgegangen, dass viele Stal-
kinghandlungen Straftatbestände wie Beleidigung, Nöti-
gung, Körperverletzung oder Hausfriedensbruch erfül-
len.

Erste Erfahrungen mit dem Gewaltschutzgesetz zei-
gen allerdings, dass diese gesetzlichen Regelungen aus
Opfersicht unzureichend sind. Eine sorgfältige, wissen-
schaftlich fundierte Evaluierung darüber, in welchen
Fällen sich das Gewaltschutzgesetz bewährt hat und in
welchen Fällen es Lücken gibt, wäre wünschenswert, um
eine sachliche Analyse des Sachverhalts vornehmen zu
können.

Bei näherer Prüfung des vorliegenden Gesetzentwurfs
zeigt sich, wie schwierig die Aufgabe ist, einen Straftat-
bestand zu schaffen, der die vielfältigen Belästigungs-
handlungen erfasst und sie gleichzeitig von normalem,
sozial adäquatem Verhalten abgrenzt. Es erscheint frag-
lich, ob der vom Bundesrat vorgeschlagene Tatbestand
wirklich konkret genug ist, um das unerwünschte Ver-
halten zu erfassen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Im Grunde zeigt das Phänomen der schweren Belästi-
gung, dass in einer Gesellschaft, die zunehmend verein-
zelt und vereinsamt, keine adäquate soziale Kontrolle
mehr gewährleistet ist und dass auswüchsiges Verhalten
befördert wird.

Ich persönlich bin durch einen Fall, den ich als An-
wältin bearbeitet habe, überzeugt worden, dass wir hier
Regelungslücken haben und dass eine strafrechtliche
Normierung notwendig ist. Ich denke an den ausgespro-
chen tragischen Fall, in dem ein Vater seinen Sohn beläs-
tigt hat. Es handelte sich dabei um ein elfjähriges Kind,
das sich nicht wehren konnte und das sogar in der Zei-

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(C (D ung falsche Darstellungen über sich ergehen lassen usste. Dieser Fall wurde letztendlich nicht strafrechtich, sondern umgangsrechtlich gelöst: Der Sohn lehnt en Kontakt zu seinem Vater mittlerweile ab. Das ist siherlich eine tragische Entwicklung. Ich glaube, dass ine klare strafrechtliche Stellungnahme hier sehr viel irkungsvoller und angemessen wäre. Besonders wichtig ist mir in diesem Zusammenhang, arauf hinzuweisen, dass es bei der Formulierung des esetzes gelingen muss, die Arbeit von Journalisten und amit die Pressefreiheit zu garantieren. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP)


eines Erachtens genügt es nicht, eine Klarstellung in
er Begründung des Gesetzes vorzunehmen. Der Geset-
estext selbst muss klar formuliert werden.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es ist absehbar, dass uns der Gesetzentwurf des Bun-
esrates in dieser Legislaturperiode nicht mehr beschäf-
igen wird.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, wer weiß?)


ir, die FDP-Fraktion, werden auch in der nächsten Le-
islaturperiode eine eindeutige Lösung dieses gesell-
chaftlich brisanten Problems vorschlagen.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517811300

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Irmingard

chewe-Gerigk.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

talking, also das fortgesetzte Verfolgen, Belästigen und
edrohen einer Person, hat in den letzten Monaten große
ffentliche Aufmerksamkeit erregt. Häufig wurden Fälle
eschrieben, bei denen Stars oder Sternchen die Opfer
aren. Natürlich ist es schockierend und bietet auch Ge-
prächsstoff, wenn ein obsessiver Fan in die Wohnung
on Jeanette Biedermann einbricht, um sich in ihr Bett
u legen.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Wie bei Inge Meysel damals! – Gegenruf der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war zumindest ein Anfangsverdacht von Stalking!)


Die meisten Stalkingfälle sehen aber anders aus: Stal-
ing findet überwiegend in sozialem Nahraum statt; Tä-
er und Opfer kennen sich bereits. Bei der Hälfte der
älle handelt es sich um bestehende oder ehemalige
artnerschaften. In den allermeisten Fällen sind die Be-
roffenen Frauen. Anders als beim Prominentenstalking






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

sind diese Stalker leider häufiger bereit, physische und
psychische Gewalt anzuwenden.

Im Gewaltschutzgesetz hat die rot-grüne Regierung
2002 erstmals die Möglichkeit geschaffen, gegen Stalker
vorzugehen. Handelt es sich auch nicht immer gleich um
physische Gewalt, so bedeutet Stalking für die Opfer
doch eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensfüh-
rung und oftmals auch ihrer Gesundheit. Die Opfer kön-
nen heute eine zivilgerichtliche Schutzanordnung erwir-
ken, wenn ihnen eine andere Person gegen ihren
ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder
sie mithilfe von Telefon und E-Mails verfolgt. Verstößt
der Täter gegen diese Anordnung, macht er sich strafbar.
Das Gericht kann eine Geldstrafe oder eine Freiheits-
strafe bis zu einem Jahr verhängen.

Damit haben wir erstmals in Deutschland eine straf-
rechtliche Handhabe gegen Stalking geschaffen. Das war
ein sehr wichtiger Schritt. Allerdings wurde auch deut-
lich: Die Notwendigkeit, vor dem Zivilgericht selbst die
Beweise sammeln und anführen zu müssen, bedeutet für
die Opfer eine sehr große Belastung, die ihnen in ihrer
schwierigen Situation häufig nicht zuzumuten ist. Meist
rät ja auch die Polizei von einer Anzeige ab. Schaue ich
mir die Darmstädter Studie an, so sehe ich: 70 Prozent
der Opfer fühlen sich von der Polizei nicht ernst genom-
men.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Es wäre sinnvoll, die typischen Verhaltensmuster des
Stalkings endlich auch als strafrechtlich relevantes Un-
recht festzuhalten; denn ohne geeignete gesetzliche
Grundlagen, Herr Justizminister, sind den Ermittlungs-
behörden oft die Hände gebunden. Für sich allein ge-
nommen liegen die Handlungen der Stalker oft unterhalb
der Strafbarkeitsschwelle. Erst ihre Langfristigkeit, ihre
Wiederholung und ihr Kontext machen die Bedrohlich-
keit für das Opfer aus.

Über die Notwendigkeit eines Straftatbestands – so
habe ich heute vernommen – sind wir uns einig. Nicht
einig sind wir uns über die Ausgestaltung. Wir können
dem vorliegenden Gesetzentwurf aus dem Bundesrat
nicht zustimmen. Der Tatbestand enthält vier unbe-
stimmte Rechtsbegriffe, deren Verhältnis zueinander
überhaupt nicht geklärt ist. Damit läuft er Gefahr, der
Bestimmtheitsanforderung des Grundgesetzes nicht
standzuhalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was wollen Sie denn?)


– Das sage ich gleich.
Zugleich wurden häufig vorkommende Belästigungs-

arten wie das Schalten von Anzeigen oder die Bestellung
von Waren und Dienstleistungen für das Opfer nicht auf-
genommen. Völlig inakzeptabel, weil unangebracht und
unverhältnismäßig, ist für uns eine Deeskalationshaft für
„gefährliche Täter“ des Stalkings.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Probleme lassen
sich auch nicht allein durch einen neuen Straftatbestand

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(C (D ösen. Bremen ist – das wurde gerade gesagt – bisher das inzige Bundesland, in dem Polizei, Justiz und Beraungsstellen zum Thema „Stalking“ gut vernetzt sind. ier spricht die Polizei die Stalker, sofern sie namentlich ekannt sind, direkt an. Ihnen wird verdeutlicht, dass hre Handlungen nicht toleriert werden, und Hilfsangeote werden unterbreitet. Mit diesem Konzept ist Breen sehr erfolgreich. Eine Deeskalationshaft ist dagegen ur von kurzer Dauer und würde vermutlich oftmals nur och zu weiterer Gewalt führen. Die anderen Bundesländer müssen jetzt nachziehen. olizei und Justiz müssen geschult werden, feste Anprechpartner und -partnerinnen und spezielle, standarisierte Abläufe sind notwendig. Wir wollen nicht das isiko eingehen, ein an sich sinnvolles Gesetz zu schafen, das keine Wirkung zeigt, weil die Bundesländer icht ihren Teil beitragen. Aber auch auf Bundesebene ind Verbesserungen notwendig. Wir müssen das rechtlihe Instrumentarium schärfen. Ich nenne nur Sonderzutändigkeiten und beschleunigte Verfahren bei den taatsanwaltschaften. Das wären zwei Instrumente, um irkungsvoller arbeiten zu können. Ich würde mich freuen, wenn es uns gelänge, den Op ern von Stalking bald einen besseren strafrechtlichen chutz zu geben. Wir werden demnächst einen Gesetzntwurf vorlegen. Recht herzlichen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517811400

Nächste Rednerin ist die Kollegin Ute Granold, CDU/
SU-Fraktion.


Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1517811500

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Ein Gesetz mit Wirkung, Frau Kollegin Schewe-
erigk, wurde vom Bundesrat vorgeschlagen. Der Bun-
esrat hat umfassend getagt; es gab eine Arbeitsgruppe,
n der sich die Bundesländer – auch SPD-regierte Bun-
esländer – beteiligt haben, und es gab ein Ergebnis und
inen breiten Konsens. Das Ergebnis wird heute disku-
iert. Ich denke, es ist eine gute Basis für uns, und wir
ollten auf diesem Weg fortschreiten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn ich höre, dass es einen Referentenentwurf

ibt, der gut sein soll, bin ich erstaunt. Uns liegt kein Re-
erentenentwurf vor; wir hätten ihn gerne gesehen. Denn
ie Thematik wird seit langer Zeit diskutiert. Der hessi-
che Justizminister hat seine Anliegen bereits vor mehr
ls einem Jahr eingebracht, und es hat lange Zeit die
öglichkeit bestanden, etwas auf den Weg zu bringen.
ber leider Gottes ist das nicht geschehen.
Ich unterstütze das, was die Kollegin Laurischk ge-

agt hat, nämlich dass wir nicht den Begriff „Stalking“
eranziehen, sondern von „schwerer Belästigung“ spre-
hen sollen; denn viele Menschen wissen gar nicht, was
talking ist. Wenn man es den Menschen erklärt, dann






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(B) )


Ute Granold

erkennen manche: Ja, das ist mir auch schon widerfah-
ren. Dagegen muss etwas gemacht werden. – Deshalb
sollten wir dazu übergehen, in der weiteren Diskussion
den Begriff der schweren Belästigung aufzunehmen.


(Sibylle Laurischk [FDP]: Es freut mich sehr, dass Sie das so aufgreifen!)


Etwa 18 Prozent der Frauen und 6 Prozent der Män-
ner sind schon einmal von Stalking betroffen gewesen.
90 Prozent der Täter und Opfer kennen sich. Es sind also
Beziehungen, die bestanden haben, wobei die Beziehun-
gen vielfältig sein können: Partnerschaften, Ehen, aber
auch Beziehungen zwischen Arbeitskollegen, zu Ge-
schäftsleuten, Politikern, Anwälten, Ärzten.

Vielfältig ist auch die Problematik, die bestehen kann:
Der Expartner möchte seinen Partner zurückhaben und
versucht, dies letztlich auch mit psychischer Gewalt zu
erreichen. Rache-Stalking kommt bei den Gruppen
„Kollegen“, „Anwälte“, „Politiker“ etc. vor. Das Thema
Prominente wurde schon angesprochen. Der Fall
Jeanette Biedermann hat damals Aufsehen erregt und
das Thema Stalking bei uns in Deutschland erst öffent-
lich gemacht.

Die Palette der Möglichkeiten, Menschen massiv zu
belästigen, ist sehr groß. Die Täter sind sehr erfindungs-
reich in der Frage, wie sie schikanieren können. Gerade
deshalb, wegen der Vielschichtigkeit des Täterhandelns,
ist es erforderlich, den Straftatbestand so weit zu fassen,
dass all das, was es an Belästigung der Opfer gibt, um-
fasst werden kann. Ein Straftatbestand, der in der Praxis
nicht greift, nutzt nichts. Deshalb ist der ominöse Refe-
rentenentwurf, der etwas von „Nähe zum Opfer“ sagt,
einfach nicht ausreichend.


(Beifall bei der CDU/CSU – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kennen den Referentenentwurf ja doch!)


In Amerika, auch in anderen Ländern, in Belgien, in
Japan, also quer über den Erdball, gibt es das Phänomen
Stalking schon lange. Dort gibt es Gesetze, die dem ähn-
lich sind, was hier vorliegt. Diese Gesetze haben gegrif-
fen. Es gibt jahrelange Erfahrungen. Warum sollen wir
das, was sich bewährt hat, nicht auch in Deutschland
aufgreifen?

Es gibt derzeit keinen wirksamen Schutz über das
Strafrecht, weil die möglichen Straftatbestände – Belei-
digung, Hausfriedensbruch, Körperverletzung, Nöti-
gung – manchmal nicht greifen. Es muss umfangreich
ermittelt werden. Wir hatten eine Veranstaltung mit der
Bremer Polizei, haben uns informiert und aus der Praxis
erfahren, dass dringend ein Straftatbestand, so wie er
jetzt in dem Entwurf gefasst worden ist, geschaffen wer-
den muss.

Das Gewaltschutzgesetz hilft mitnichten. Die Opfer
werden auf den Zivilrechtsweg gezwungen. Das heißt:
Antragsschriften verfassen, Beweise erheben, mit dem
Täter konfrontiert werden, noch einmal leiden. Es ist
sehr schwierig, den Weg zum Anwalt zu gehen, das Ge-
richt zu beauftragen.


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(C (D (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Vollstreckungsschwierigkeiten!)


Auch das. – Davor schrecken die Menschen zurück.
tatistiken sagen uns – das Mannheimer Institut wurde
chon angesprochen –, dass die Opfer im Schnitt zwei
ahre das Leid ertragen, bevor sie den Weg zu einem An-
alt oder zum Gericht wagen. Deshalb – wir sind es den
pfern schuldig – müssen wir endlich einen Straftatbe-
tand schaffen.
Auch die Interessen der Medien sind berücksichtigt.

n dem Gesetzesvorschlag heißt es klar und eindeutig:
er unbefugt die Belästigung vornimmt. – Die Presse-
rgane arbeiten im Rahmen des Presserechts, insofern
icht unbefugt. Von daher ist auch die Pressefreiheit ge-
ahrt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Argument der Unbestimmtheit können wir

icht gelten lassen. Es werden immer wieder irgendwel-
he Gründe dafür vorgetragen, dass das, was von der
nion oder auch vom Bundesrat vorgelegt wird,
chlecht ist. Überall wird ein Haar in der Suppe gefun-
en, weil es eine bestimmte Handschrift trägt. Die Erfah-
ung in den Nachbarländern hat gezeigt: Es ist mitnich-
n so, dass die Tatbestände unbestimmt sind und die
uristen sagen, es müsse eine andere Formulierung ge-
unden werden.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die Kollegin Laurischk hat das Haar in der Suppe auch gefunden!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517811600

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.


Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1517811700

Ja.
Mittlerweile ist in breitem Konsens eine Formulie-

ung gefunden worden, die tragfähig ist. Wir bitten Sie
m Interesse der Opfer herzlich, nicht durch die Partei-
rille zu sehen, sondern sich um die Opfer zu kümmern
nd dem Gesetzesvorschlag, der uns vom Bundesrat vor-
elegt wurde, zuzustimmen.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Sibylle Laurischk [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517811800

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär
lfred Hartenbach.

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1517811900

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! – Nun ist der Herr Dr. Wagner weg.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Der Minister musste gerade weg!)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach

– Okay. Ich teile ihm dann auf dem Hessen-Fest mit, was
ich ihm zu sagen habe.

Wir sind uns sicherlich einig darüber, dass wir etwas
gegen diese Nachsteller oder Stalker oder Verfolger, wie
immer man sie nennen mag, tun müssen. Allerdings ist
der Gesetzentwurf des Bundesrates nicht der richtige. Es
wird mit diesem Gesetzentwurf nicht gelingen, die Opfer
zu schützen.

Frau Granold, auch wenn Sie sich eben mit großem
Eifer für den Entwurf eingesetzt haben, ohne allerdings
Belege zu bringen, gilt: Der Entwurf ist verfassungs-
rechtlich nicht einwandfrei. Er enthält eine Vielzahl we-
nig bestimmter Rechtsbegriffe und wird wegen dieser
Häufung mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmt-
heitsgebot in Konflikt geraten. Der Entwurf wird eben
nicht mit dem schwierigen Problem fertig, das Gesamt-
phänomen Stalking normativ angemessen zu erfassen.

Stalking ist nicht eine bestimmte Handlung, sondern
hat ganz unterschiedliche Erscheinungsformen. Ein
Straftatbestand, der alle möglichen Tathandlungen in ei-
ner abstrakten Formulierung erfassen will, verliert seine
Konturen. Darauf haben inzwischen auch die Medien,
die in ihrer Mehrheit immer gefordert haben, Stalking
zum Straftatbestand zu erheben, hingewiesen, nicht ohne
eigenes Interesse. Der Bundesrat hat dieses Problem
auch gesehen und in die Entwurfsbegründung zu dem in
§ 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB vorgesehenen Auffangtatbe-
stand hineingeschrieben, dass sich der durch den Stalker
vollführte Terror einer abschließenden gesetzlichen Ein-
grenzung entziehe. Diese Einsicht hat man bei der For-
mulierung des Gesetzestextes aber wieder aus den Au-
gen verloren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die prozess-
rechtlichen Änderungen finden nicht unsere Billigung.
Die Ausweitung des Haftbefehls bei Wiederholungsge-
fahr billigen wir nicht. Die Vorschrift wird in der Praxis
nur Probleme bringen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Stalker begehen in der Regel Straftaten, die für sich ge-
nommen nicht zur Deliktsgruppe der schweren Strafta-
ten gehören. Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr
fordert aber zumindest mittelschwere Straftatbestände.
So steht es auch in der Begründung des Entwurfs des
Bundesrates. Sie sagen mit entwaffnender Deutlichkeit,
dass es sich bei einem Stalker zumeist „um eine ansons-
ten strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getretene
Person in geordneten sozialen Verhältnissen handelt“.
Aber auch diese Einsicht hat keinen Eingang in das Ge-
setz gefunden. Wenn Stalker dennoch ausnahmsweise
einmal massiver reagieren, langt das vorhandene Pro-
zessrecht aus, Herr Dr. Wagner, um eine Inhaftierung
vorzunehmen.

Der Bundesratsentwurf taugt vielleicht als politischer
Leistungsnachweis für Landespolitiker gemäß dem
Motto: Seht einmal her, Leute, wir haben etwas getan! –
Mit den Problemen und Defiziten hätten sich dann aller-
dings Polizei und Staatsanwaltschaft auseinander zu set-
zen, den Opfern würde es nichts helfen.

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(C (D Der von der Bundesministerin der Justiz im April vorestellte Gesetzesvorschlag, der mittlerweile als Refeentenentwurf vorliegt – hier habe ich ihn –, (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Frau Granold hatte ihn doch auch! Sie ist darauf eingegangen!)


ich in den Ressorts zur Abstimmung befindet und dem-
ächst auch dem hessischen Minister der Justiz vorlie-
en wird, fasst das alles sehr viel deutlicher. Unter der
berschrift „Nachstellungen“ verlangen wir, dass be-
traft werden: die physische Annäherungen an das Op-
er; alle unerwünschten Kontaktaufnahmeversuche über
elefon, schriftlich oder über Dritte; das Bestellen von
aren und Dienstleistungen; bestimmte gewichtige Dro-
ungen, wenn dadurch die Lebensgestaltung des Opfers
chwerwiegend und unzumutbar beeinträchtigt wird.
iese Tathandlungen sind dann auch für Polizei und
taatsanwaltschaft handhabbar und können bestraft wer-
en.
Strafrechtliche Maßnahmen allein, liebe Kolleginnen

nd Kollegen, können das Problem nicht lösen. Wir
rauchen weiterhin das Gewaltschutzgesetz und beglei-
ende polizeiliche und zivilrechtliche Möglichkeiten.
ier besteht noch erheblicher Informations- und Nach-
olbedarf. Unser Hauptaugenmerk sollte deshalb darauf
erichtet sein, dass neben der Verbesserung des straf-
echtlichen Schutzes, den wir mit diesem Gesetzentwurf
ich halte ihn noch einmal hoch, damit ihn alle sehen –
ewährleisten, noch weitere Maßnahmen ergriffen wer-
en. Dies ist – damit gebe ich den Ball an den Bundes-
at zurück – Aufgabe von Polizei und Staatsanwalt-
chaft sowie von sozialen Diensten. Hier sind dann die
änder gefragt. Sie möchte ich bitten, dem in dem Rah-
en nachzukommen, was sie tun dürfen.
Nun hat mich der Herr Staatsminister Dr. Christean
agner eben bis aufs Blut gereizt – das muss ich hier
inmal deutlich sagen –,


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)

ndem er behauptet hat, wir würden nichts tun.


(Dirk Niebel [FDP]: Das hat er richtig gesagt!)

Damit liegen Sie nicht richtig, Herr Niebel. Sie sollten
inmal Ihre Zunge ein wenig hüten, sie ist manchmal zu
chnell. Das hat er nicht richtig gesehen.


(Dirk Niebel [FDP]: Torschlusspanik!)

enn wir Gesetze machen – das schreiben Sie sich ein-
al hinter die Ohren; Sie sind ja kein Jurist, aber das
acht nichts –,


(Dirk Niebel [FDP]: Das spricht für mich!)

ann hören wir Vertreter aus Praxis und Wissenschaft an,
ann sprechen wir mit den Verantwortlichen in anderen
inisterien und mit den Verfassungsexperten bei uns.
rst dann trauen wir uns nach draußen; erst dann ist ein
olcher Gesetzentwurf auch diskutabel. Was wir in der
etzten Zeit aus dem Bundesrat auf den Tisch bekommen
aben, war – mit Ausnahme des Betreuungsrechts, das
ir auch noch verbessert haben – so schlimm, dass man
ie Zähne des Reißwolfs beleidigt hätte, hätte man dem
eißwolf diese Gesetze anvertraut.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: So ein Temperamentsausbruch! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Es ist ja gut, dass die CDU/CSU die Vorschläge macht!)


– Mein lieber Herr Grosse-Brömer, mit Ihnen arbeite ich
ja besonders gern zusammen.

Nun fordere ich Sie auf: Egal wie das Leben spielt, ob
wir uns nach dem 18. September wieder sehen oder nicht
und in welcher Form wir uns wieder sehen


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

– na ja, wenn ich mal so schaue, könnte der eine oder an-
dere auf der rechten Seite fehlen –, wir sollten dann ge-
meinsam darangehen, Frau Laurischk, Frau Granold,
Herr Dr. Wagner, lieber Hermann Bachmaier, liebe Frau
Schewe-Gerigk, und ein vernünftiges Gesetz machen.
Das, was ich hier in der Hand halte, sollten wir mit gro-
ßer Mehrheit verabschieden. Dann sind wir gute Men-
schen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Dr. Jürgen Gehb [CDU/ CSU]: Eine Abschiedsrede, Alfred!)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517812000

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-

wurfs auf Drucksache 15/5410 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 7 a und 7 b auf:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur
Änderung des Dritten Buches Sozialgesetz-
buch und anderer Gesetze
– Drucksachen 15/5556, 15/5602 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dirk
Niebel, Rainer Brüderle, Birgit Homburger, wei-
teren Abgeordneten und der Fraktion der FDP
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Lockerung des Verbots wiederholter Befris-
tungen
– Drucksache 15/5270 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

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(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle in Doris Barnett, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ie SPD hält Kurs, selbst in schwierigsten Zeiten. Heute erwirklichen wir weitere Teile dessen, was der Bundesanzler in seiner Regierungserklärung am 17. März voreschlagen hat. Unsere Arbeitsmarktgesetze bedeuten ine Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik und dieser aben Sie von der Opposition zum großen Teil zugetimmt. Es ist richtig: Wegen der schwierigen gesamtirtschaftlichen Lage in Deutschland und Europa haben ie Maßnahmen noch nicht so gegriffen, wie wir uns das orstellen. Deshalb – das zeichnet uns ja auch aus – pasen wir die arbeitsmarktpolitischen Instrumente an und erlängern ihre Laufzeit, damit sie jetzt, wo sie zu greien beginnen, ihre Wirkung entfalten können. Die Förderung der beruflichen Weiterbildung älte er und von Arbeitslosigkeit bedrohter Arbeitnehmer ürfen wir gerade jetzt nicht schleifen lassen. s ist doch ein Irrsinn, dass bei uns nicht einmal 0 Prozent der über 55-Jährigen noch in Arbeit sind. as für eine Vergeudung von Wissen, Erfahrung, Fähigeiten und Kreativität! Unsere Volkswirtschaft kann sich as überhaupt nicht erlauben, wo sie doch bereits seit geaumer Zeit über Fachkräftemangel jammert. Deshalb erlängern wir den Förderungszeitraum und konzentrieen auch unsere Vermittlungstätigkeiten verstärkt auf iesen Personenkreis. Dafür werden wir mehr als 50 Millionen Euro mobilisieren und das ist gut für die enschen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Doris Barnett (SPD):
Rede ID: ID1517812100

(Beifall des Abg. Klaus Brandner [SPD])


Aber wenn das alles im Einzelfall nicht greifen sollte,
erden die Betroffenen von uns nicht alleine gelassen,
eshalb die Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer
ntsprechend angepasst wird.
Wichtig – auch das hat der Kanzler am 17. März ohne
mschweife zum Ausdruck gebracht – ist uns, befris-
ete Beschäftigung zu erleichtern, ohne gleich wieder
em Missbrauch Tür und Tor zu öffnen. Die befristete
eschäftigung soll nicht mehr dem absoluten Verbot der
orbeschäftigung unterliegen, sondern dieses Verbot ist
uf zwei Jahre zu begrenzen. Damit werden die früher
blichen Kettenarbeitsverträge nicht mehr möglich sein.
er FDP-Antrag allerdings geht genau wieder in diese
ichtung.


(Dirk Niebel [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)


Doch.

(Dirk Niebel [FDP]: Nein!)







(A) )



(B) )


Doris Barnett

Die Ich-AG bzw. Existenzgründung hat sich für viele

Arbeitslose zu einer interessanten Alternative entwi-
ckelt. Allerdings hat sich gezeigt, dass die Selbstständig-
keit nicht immer mit den nötigen Kenntnissen angestrebt
wurde. Nun wollen wir alle, dass sich die Selbstständi-
genquote verbessert. Genauso wichtig ist aber auch, dass
die Verselbstständigung dauerhaft ist. Deshalb wird es
die Förderung zukünftig nur geben, wenn das Konzept
für die Existenzgründung stimmt. Hier sind jetzt die
Kammern gefordert, ihre zukünftigen Mitglieder so zu
beraten und zu betreuen, dass aus dem Plan auch eine
Existenz werden kann.

Mit den von uns gemachten Vorschlägen zur besseren
Feinjustierung der Instrumente für den Arbeitsmarkt hel-
fen wir den Menschen; wir fördern sie. Aber was ist Ihre
Alternative, welche Antwort gibt die Opposition den
Menschen? Außer dem Hoffen auf Arbeitsplätze haben
Sie für die arbeitende Bevölkerung nur „Knüppel im
Sack“.

Mit der Senkung des Beitragssatzes zur Arbeits-
losenversicherung sollen Arbeitsplätze preiswerter ge-
macht werden. Das hat Stoiber gestern fest versprochen.
Er sagte:

Im Gegenzug müssten bestimmte Fördermaßnah-
men

– ich sage: alle –
der BA reduziert werden.

Da wären wir auch wieder beim Lieblingsthema von
Herrn Niebel: Aufgabenreduktion der BA und damit
auch die Chance, die BA endlich zu zerschlagen.


(Dirk Niebel [FDP]: Aufzulösen!)

Das scheint jetzt auch die Überzeugung der CDU/CSU
zu sein, wenn das CDU-Mitglied Weise in der „Financial
Times Deutschland“ verkündet, für eine Privatisierung
der Aufgaben seiner Behörde offen zu sein.


(Dirk Niebel [FDP]: Den hat doch Ihre Regierung berufen, oder?)


Wenn aber den Arbeitslosen Mittel in Höhe von
11,2 Milliarden Euro für eine aktive Arbeitsmarktpoli-
tik, in diesem Falle für Weiterbildung und Eingliede-
rungsmaßnahmen, genommen werden, heißt dies, dass
damit auch die Mittel für Benachteiligte gestrichen wer-
den. Offensichtlich haben Sie all diese Menschen schon
abgeschrieben. Sind Ihnen diese Menschen nichts mehr
wert? Sind sie es Ihnen nicht wert, in die Lage versetzt
zu werden, eine Arbeit aufzunehmen? Wenn ja, wie soll
denn diese Arbeit aussehen? Qualifiziert?


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Sind wir hier im Wahlkampf?)


Nein, Sie brauchen die Nichtqualifizierten, um den Un-
ternehmen die Möglichkeit zu geben, einen Niedrigst-
lohnbereich aufzubauen und die Menschen mindestens
im ersten Jahr ihrer Beschäftigung unter Tarif zu entloh-
nen. Dabei begnügen Sie sich nicht mit den Tarifverträ-
gen, die das regeln, nein, Sie wollen das per Gesetz fest-
schreiben.

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(C (D Dies ist ein weiterer Nagel für den Sarg, den Sie im oment für die Gewerkschaften zimmern. Diesen Sarg asteln Sie systematisch zusammen: dort ein bisschen ntertariflicher Lohn per Gesetz, hier ein bisschen Bündis für Arbeit ohne Gewerkschaften. Ihr Anliegen ist icht „Vorfahrt für Arbeit“, Ihr Anliegen lautet: Arbeiten hne Rechte. (Beifall bei der SPD – Dirk Niebel [FDP]: So ein Quatsch!)


Deshalb soll auch der Kündigungsschutz rasiert wer-
en. Sie umschreiben das mit Lockern. Dabei konnte Ihr
etzter Kanzler schon beweisen, dass weniger Kündi-
ungsschutz nicht mehr Arbeitsplätze bringt.


(Dirk Niebel [FDP]: Warum hat dann Ihr Kanzler wortgleich dasselbe Gesetz wieder eingeführt? Auf Punkt und Komma!)


Was haben Sie speziell für junge Menschen übrig?
ort gehen Sie an den Arbeitsschutz. Arbeitsschutz
cheint für Sie ja ohnehin etwas aus der bürokratischen
ottenkiste des Sozialstaates zu sein. Deshalb wollen
ie auch keine Pflicht zur Bestellung von Fachkräften
ür Arbeitssicherheit oder Betriebsärzten. Dabei ist Prä-
ention – darunter verstehe ich sichere und gesunde Ar-
eitsplätze – doch die Voraussetzung für eine günstige
ersonalkostenentwicklung, denn gesunde Mitarbeiter
rauchen kein Krankengeld; sie sind produktiv.
Ihr Instrumentenkasten besteht hauptsächlich aus Ra-

ierklingen. Um dies etwas zu kaschieren, überlegen Sie
etzt laut, die Bezugszeiten für das Arbeitslosengeld zu
erlängern. Menschen mit 40-jähriger Beschäftigung
ollen Sie 24 Monate lang das Arbeitslosengeld I zah-
en. Dazu kann ich – sicherlich stellvertretend für viele
rauen meiner Generation – nur Danke sagen, aber:
ein, danke! Frauen mit ihren oft unterbrochenen Er-
erbsbiografien hätten davon nämlich nichts, außer dass
elbst in der Arbeitslosigkeit alte Rollenbilder wieder
ufleben. Schöne Aussichten, kann ich da nur sagen. Da-
ei habe ich nur einen ganz kleinen Teil Ihres Instrumen-
riums ausgepackt.


(Dirk Niebel [FDP]: Der Kollege Wend leidet schon richtig!)


Ich halte fest: Im Jahr 2005 brauchen wir eine Arbeit-
ehmerschaft, die gleichwertiger Partner in der Arbeits-
elt ist. Die Menschen sind Mitarbeiter und keine Kos-
enfaktoren, die man braucht oder nicht braucht und
ussortiert. Deshalb brauchen wir auch im Betrieb den
ufrechten Gang, also Tarifverträge, sowie ein demokra-
isches Mitwirken, also Betriebsverfassung. Diejenigen,
ie noch nicht im Betrieb, sondern noch auf Arbeitsuche
ind, müssen die notwendigen Chancen und Möglichkei-
en bekommen, sich für den Arbeitsmarkt fit zu machen
nd dort auch zu bestehen.
Danke.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517812200

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Reinhard Göhner,

CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Reinhard Göhner (CDU):
Rede ID: ID1517812300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Bundesregierung will mit diesem Gesetzentwurf
eine ganze Reihe von arbeitsmarktpolitischen Instru-
menten verlängern, darunter sinnvolle, darunter auch ei-
nige bis zu 20 Jahre alte; deren Erfinder heißen Blüm,
Riester, Hartz und Clement. Aus diesem Grunde sollten
wir trotz des nahenden Wahlkampfes, Frau Barnett, ganz
nüchtern und jenseits parteipolitischer Grenzen die
Frage aufwerfen: Wollen wir sie wirklich verlängern,
wollen wir wirklich ein „Weiter so!“ in der Arbeits-
marktpolitik?

Wir haben in den letzten zwei Jahren gemeinsam – je-
denfalls die Regierungsfraktionen und die CDU/CSU –
einige grundlegende Veränderungen auf den Weg ge-
bracht, zum Beispiel Hartz IV.


(Zuruf des Abg. Dirk Niebel [FDP])

– Ja, einige auch im großen Konsens in diesem Hause.

Nach den ersten Erfahrungen mit diesen neuen,
grundlegenden Änderungen kann es doch trotz allem
keinen Zweifel geben: Die Arbeitsmarktpolitik der jetzi-
gen wie der früheren Regierungen ist gescheitert – stei-
gende Rekordarbeitslosenzahlen und dramatisch weni-
ger Beschäftigte!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Der jüngste Beleg hierfür ist: Vorgestern wurde in Nürn-
berg ein Minus von 300 000 Arbeitsplätzen in den letz-
ten zwölf Monaten in Deutschland verkündet. Das zeigt:
Die Arbeitsmarktpolitik hat keine positiven Wirkungen
entfalten können.

Dass Rot-Grün jetzt ausgerechnet eine alte Frühver-
rentungsmaßnahme aus dem Jahre 1986 verlängern will,
erstaunt uns besonders. Nach der 58er-Regelung, die ur-
sprünglich schon Ende 2000 auslaufen sollte und von Ih-
nen bis Ende 2005 verlängert wurde, sollen Arbeitslose,
die älter als 58 sind, Arbeitslosengeld auch dann bekom-
men, wenn sie nicht mehr arbeiten wollen und sich ver-
pflichten, zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente
in Anspruch zu nehmen.


(Peter Dreßen [SPD]: Das haben wir von Blüm übernommen! – Gegenruf des Abg. Dirk Niebel [FDP]: Das wird deswegen nicht besser!)


– In der Tat, das haben Sie von Blüm aus dem Jahre
1986 übernommen. – Das Wichtigste an dieser Maß-
nahme ist, dass diejenigen Arbeitslosen, die 58 Jahre
oder älter sind, nicht mehr in der Statistik aufgeführt
werden. Das ist eine Erfindung, die in der Tat nicht von
Ihnen stammt. Aber das war und ist ein Anreiz zur Früh-
verrentung und zusätzlich Kosmetik in der Statistik.

Diese Frühverrentungspolitik hat sich längst als
gravierender Fehler herausgestellt.

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(C (D an muss daraus Konsequenzen ziehen. Kein einziger rbeitsplatz ist dadurch entstanden. Ich denke, das ist nstreitig; etwas anderes wird niemand ernsthaft beaupten. Im Gegenteil: Weil die Frühverrentungspolitik euer war, hat sie zahlreiche Arbeitsplätze gekostet. Sie erlängern die Gültigkeit von falschen Anreizen auf dem rbeitsmarkt und konterkarieren Ihre eigenen Bemühunen, die Beschäftigungsbedingungen für ältere Arbeitehmer zu verbessern. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen Sie im rbeitsrecht den Abschluss befristeter Arbeitsverträge or allem für Ältere erleichtern. Diese Absicht ist verünftig. Sie wollen damit das Kündigungsschutzgesetz ei Neueinstellungen ausschalten. Das ist Ihre erklärte bsicht. Übrigens, Frau Barnett: Hören Sie endlich dait auf, uns in Sachen Kündigungsschutz zu diffamieen! Keine Regierung hat jemals den Kündigungsschutz o stark eingeschränkt wie die jetzige. (Doris Barnett [SPD]: Na, na, na! Das ist doch gar nicht wahr!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb lassen Sie uns jenseits aller Partei- und Frak-
ionsgrenzen einmal überprüfen, wie wirkungsvoll eine
olche Maßnahme ist. Die Absicht, die Sie haben, folgt
er richtigen Erkenntnis, dass der Kündigungsschutz für
iejenigen, die Arbeit suchen, vor allem für ältere Ar-
eitslose, kein Schutz, sondern ein Hindernis ist.


(Peter Dreßen [SPD]: Das stimmt ja auch nicht!)


ut gemeint, aber schlecht gemacht! Denn Sie gestalten
iese Regelung so, dass sie für die älteren Arbeitslosen
rneut wirkungslos ist. Sie behaupten andauernd – Herr
lement macht das; der Bundeskanzler hat es neulich
etan –, das geltende Recht ermögliche die Einstellung
on Arbeitnehmern über 50, ohne dass der Kündigungs-
chutz gelte, weil unbegrenzt befristet werden könne.
iese Behauptung ist schlicht und einfach falsch. Nach
eltendem Recht geht das noch 18 Monate, nach dem
esetzentwurf noch 30 Monate.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gilt es oder gilt es nicht?)


kay, das wären sechs Monate mehr als nach dem
echt, das für alle Arbeitnehmer gelten würde.
Wenn heute ein älterer Arbeitsloser nach diesem Be-

ristungsrecht eingestellt wird, endet die gewollte Aus-
chaltung des Kündigungsschutzes faktisch Ende 2006,
ach dem Gesetzentwurf Ende 2007. Damit schaffen Sie
ur Rechtsunsicherheit, aber keine Verbesserung in der
eschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer.


(Peter Dreßen [SPD]: Sie müssen das Gesetz mal lesen!)


ie bisherige Befristung bis 2006 hat sich als wirkungs-
s herausgestellt. Die künftige Regelung wird wegen ih-
er Begrenzung auf 2007 ihre Wirkung genauso verfeh-
n wie die jetzige. Wenn Sie wirklich wollen, dass bei






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Göhner

Neueinstellungen älterer Arbeitnehmer Befristungen un-
begrenzt möglich sind – Sie tragen hier ja vor, dass Sie
das wollen –, dann dürfen Sie diese Regelung nicht er-
neut auf 30 Monate begrenzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Grundsätzlich vernünftig erscheint dagegen die vor-

gesehene Lockerung des Verbotes der wiederholten be-
fristeten Beschäftigung. Die Formulierung „Verbot der
wiederholten befristeten Beschäftigung“ in dem vorlie-
genden Gesetzentwurf sollte man sich auf der Zunge zer-
gehen lassen. Es wird höchste Zeit, dass Sie diesen gro-
ben Unfug, den Sie vor fünf Jahren eingeführt haben,
endlich abschaffen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dass Sie einem Arbeitslosen, der vielleicht einmal vor
zig Jahren anlässlich eines Ferienjobs oder eines Prakti-
kums in einem Betrieb gearbeitet hat, zehn oder 20 Jahre
später verbieten wollen, in dem gleichen Betrieb eine be-
fristete Beschäftigung anzunehmen, war immer gröbster
unsozialer Unfug zulasten der Arbeitslosen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Jetzt sagen Sie: Nach zwei Jahren darf er nun einen

solchen Job wieder annehmen. Das ist ein erster Schritt
der Korrektur, aber wieder halbherzig. Stellen Sie sich
doch einmal vor, ein arbeitsloser Jugendlicher bekommt
einen Praktikantenplatz im Rahmen des Ausbildungs-
paktes, einen der 30 000 zur Verfügung gestellten Plätze.
Ein halbes Jahr nach Ende des Praktikums ist in dem
Unternehmen ein Job frei, vielleicht ein Hilfsjob. Der Ju-
gendliche ist wieder arbeitslos. Der Unternehmer sagt:
Okay, du kannst befristet bei mir anfangen.

Nach Ihrem Gesetz geht das nach wie vor nicht.

(Doris Barnett [SPD]: Ein Praktikumsplatz ist doch kein Arbeitsplatz! Das ist eine Maßnahme!)


Der Arbeitgeber muss sagen: Schade, ich hätte dich
gerne eingestellt. In zwei Jahren ginge es wieder. Aber
jetzt darf ich dich nicht befristet einstellen.


(Doris Barnett [SPD]: Das ist doch Unsinn!)

Auch wir wollen keine Kettenbefristung. Der Bundes-

rat schlägt vor, spätestens vier Monate nach einer Vorbe-
schäftigung ein neues befristetes Arbeitsverhältnis zu er-
möglichen. Die FDP schlägt vor, das nach drei Monaten
zu tun. Ich halte das für vernünftig.


(Beifall bei der FDP – Doris Barnett [SPD]: Nein!)


Der Bundesrat schlägt im Übrigen vor, die Befris-
tungsmöglichkeiten von 24 auf 48 Monate auszudeh-
nen. Das sollte doch auch für Rot-Grün akzeptabel sein.
Denn für Existenzgründer haben Sie das selber – übri-
gens aus guten Gründen – geschaffen und ins Gesetz ge-
schrieben. Warum nur für den Existenzgründer? Warum
nicht für den Mittelständler, der zehn oder 20 Beschäf-
tigte hat und vor der Frage steht: Soll ich das riskieren?
Heute wird er vom Kündigungsrecht genauso abge-
schreckt wie der Existenzgründer, dem Sie mit der neuen

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(C (D egelung zu Recht helfen wollten. Folgen Sie deshalb iesem Vorschlag aus dem Bundesrat! Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf uriert die Regierung wieder halbherzig an Symptomen, chafft Ausnahmen von den Ausnahmen, befristet und erlängert, kompliziert und bürokratisiert in der Arbeitsarktpolitik. Was wir in Deutschland wirklich brauchen, st eine grundlegend neue Arbeitsmarktverfassung und icht das x-te Reparaturgesetz. (Peter Dreßen [SPD]: Weg mit den Arbeitnehmerrechten!)


Eine neue, moderne Arbeitsmarktverfassung muss
wei Säulen haben, erstens ein neues Arbeitsvertragsge-
etzbuch, in dem die zurzeit reichlich unverständlichen,
ur noch von einer kleinen Zahl von Experten überhaupt
berschaubaren 60 arbeitsrechtlichen Gesetze zusam-
engefasst, vereinheitlicht – wir haben 160 verschie-
ene Schwellenwerte nur im deutschen Arbeitsrecht; das
at Professor Junker gerade zusammengestellt –, ent-
ürokratisiert und verständlich gemacht werden.


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist ein Abbau von Arbeitnehmerrechten, Herr Göhner!)


Zweitens brauchen wir eine grundlegende Neuord-
ung der Arbeitslosenversicherung. Die Bundesagentur
uss sich wirklich auf die Kernaufgaben einer Arbeits-
osenversicherung konzentrieren können. Das haben wir
ls Gesetzgeber bisher systematisch verhindert. Die
ernaufgaben sind die Vermittlung, die Versicherung
also die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld – und
ine streng an der Vermittlung in den ersten Arbeits-
arkt orientierte Arbeitsförderung.
Heute ist die BA für alles Mögliche zuständig und

eshalb immer weniger kompetent und effektiv. Die BA
st zuständig für Schule – Nachholen des Hauptschulab-
chlusses –, Suchtberatung, Familienkasse und sozialpä-
agogische Betreuung. Jetzt haben wir ihr auch noch die
uständigkeit für viele Sozialhilfeempfänger gegeben.
a kann die BA sich nicht auf die eigentlichen Aufgaben
onzentrieren. Sie ist größer als je zuvor. Wenn wir die
itarbeiter aus den kommunalen Arbeitsgemeinschaf-

en, die ja nach den Anweisungen und Bedingungen aus
ürnberg arbeiten müssen, dazuzählen, haben wir heute
und 106 000 Mitarbeiter. Trotzdem ist es nicht möglich,
ich auf die Kernaufgaben zu konzentrieren.


(Klaus Brandner [SPD]: Unsinn! – Doris Barnett [SPD]: Lassen Sie die doch erst mal arbeiten!)


Es bleibt ein folgenreicher, schwerer Fehler der Bun-
esregierung, mit Hartz IV die Betreuung der Sozialhil-
eempfänger auf die Bundesagentur übertragen und auch
och eine neue Bürokratieebene geschaffen zu haben,
ämlich diese Mischebene der Arbeitsgemeinschaften
wischen Kommunen und Bundesagentur.


(Dirk Niebel [FDP]: Wir haben das Optionsgesetz als Einzige abgelehnt! – Klaus Brandner [SPD]: Göhner schießt gegen seine eigene Partei!)







(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Göhner

Das wird nie funktionieren. Herr Weise erklärt zu Recht:
Das ist ein Konstruktionsfehler. Das müssen wir korri-
gieren.


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Sie haben das doch so beschlossen, Herr Göhner!)


Wir sind gegen die Zerschlagung der Bundesagentur
für Arbeit. Es macht aus meiner Sicht auch keinen Sinn,
aus einer Behörde drei Behörden zu machen.


(Dirk Niebel [FDP]: Dann haben Sie es ja wieder nicht verstanden, Herr Göhner!)


Aber Konzentration auf die eigentlichen Kernaufgaben
und Entschlackung von all diesen zusätzlichen Aufga-
ben, die wir der Bundesagentur übertragen haben, das
scheint mir unverzichtbar zu sein, auch um die Beiträge
zur Arbeitslosenversicherung senken zu können.


(Dirk Niebel [FDP]: Ich habe Herrn Hundt den Antrag doch geschickt! Da müssten Sie es doch besser wissen!)


Die Bundesregierung sagt: 1 Prozentpunkt weniger
Lohnzusatzkosten sind 100 000 Beschäftigte. Einige
wissenschaftliche Institute schätzen den Effekt höher
ein. Lassen wir einmal die Zahlen weg! Einig sind sich
doch alle bis hin zu den Gewerkschaften, dass mit einer
Senkung der Lohnzusatzkosten mehr Beschäftigung er-
reicht werden kann. Deshalb muss eine Arbeitsmarkt-
reform in der Tat das Ziel haben, die Beitragsbelastung
zu senken. Deshalb bleibt es richtig, auf eine Absenkung
des Arbeitslosenversicherungsbeitrages hinzuwirken.
Der größte Konstruktionsfehler, der bei Hartz IV ge-
macht worden ist, ist in meinen Augen der Aussteue-
rungsbetrag. Natürlich ist mir klar: In Wahrheit werden
Beitragsgelder in Höhe von 7 Milliarden Euro aus der
Arbeitslosenversicherung zur Sanierung des Haushalts
herangezogen. Dass der Haushalt damit allerdings nicht
mehr zu sanieren ist, ist uns allen klar.

Ein Bestandteil einer neuen Arbeitsmarktverfassung
muss deshalb sein, die Kosten der Arbeitsmarktpolitik
zu senken. In keinem Land der Welt wird für den Ar-
beitsmarkt so viel Geld ausgegeben wie bei uns; das hat
Herr Clement vor einiger Zeit selbst eingeräumt. Gleich-
zeitig müssen wir feststellen, dass die Vergabe dieser
Mittel äußert ineffektiv ist. Deshalb verfolgen Sie in Ih-
rem Gesetzentwurf, in dem Sie im Wesentlichen nur Ver-
längerungen vorschlagen, den falschen Ansatz. Vielmehr
brauchen wir eine grundlegend neue Arbeitsmarktver-
fassung.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Angelika Krüger-Leißner [SPD]: Aber dazu haben Sie nichts gesagt!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517812400

Das Wort hat die Kollegin Thea Dückert, Bündnis 90/

Die Grünen.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr ollege Göhner, wenn ich den Rednern der CDU/CSU uhöre, dann schleicht sich bei mir der Eindruck ein, ass Sie sich langsam einmal entscheiden müssen, was ie eigentlich wollen. Ich habe erlebt, wie Sie durch das and gezogen sind und die Betreuung der Arbeitslosen us einer Hand gefordert haben. Heute sagen Sie wieder twas anderes. (Dr. Reinhard Göhner [CDU/CSU]: Nein! Im Gegenteil!)

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517812500

der Sie sagen – zu Recht –: Wir wollen die Möglich-
eiten der Befristung der Arbeitsverhältnisse älterer Ar-
eitnehmer und Arbeitnehmerinnen verlängern; das
chlagen wir heute vor. Entscheiden Sie sich doch, nicht
mmer dagegen, sondern auch einmal dafür zu stimmen.
an weiß nie, was Sie wollen. Das ist, als wolle man ei-
en Pudding an die Wand nageln.

(Dr. Reinhard Göhner [CDU/CSU]: Nein! Sie ma chen das mit der Befristung einfach falsch!)

Es ist so – das ist richtig –, dass in Deutschland die
rbeitslosigkeit von Älteren, Frauen und gering
ualifizierten hoch und die Erwerbsquote von Frauen
nd Älteren im europäischen Vergleich extrem niedrig
st. Ich denke – darüber müssen wir diskutieren –, dass
ir uns, wenn wir Arbeitsplätze für gering Qualifizierte,
ltere und Frauen schaffen wollen, von einem wirklich
atalen, über Jahrzehnte gepflegten Irrglauben verab-
chieden müssen. Ich meine den Irrglauben, dass man
urch Arbeitskräfteverknappung mehr Arbeit schaffen
önne: durch das Aussteuern von Älteren, zum Beispiel
m Rahmen der Frühverrentung, und durch das Konzept
Frauen zurück an den Herd“, demzufolge Frauen Platz
ür Männer machen müssen.
Das war ein großer historischer Irrtum, den unsere
achbarländer längst erkannt haben. Jetzt machen sie
ns vor, wie man durch eine Verbesserung der Verein-
arkeit von Familie und Beruf, durch verbesserte Kin-
erbetreuung und Ähnliches, die Möglichkeiten von
rauen erhöhen und ihre Erwerbsquote erhöhen kann


(Dirk Niebel [FDP]: Das steht doch alles in unserem Gesetzentwurf!)


nd wie man durch eine Kultur der Altersarbeit die Er-
erbsquote von Älteren steigern kann, statt genau das
egenteil zu tun. Diese Erhöhung der Erwerbsquote von
rauen und Älteren führt dazu, dass wir im Dienstleis-
ungsbereich neue Beschäftigungsmöglichkeiten für ge-
ing Qualifizierte schaffen können. Das ist in Zukunft
ichtig und muss von einer Senkung der Lohnnebenkos-
en begleitet werden; das ist völlig klar. Der Weg der
rühverrentung, den Sie angesprochen haben, war
rottenfalsch.


(Dirk Niebel [FDP]: Warum machen Sie es denn dann wieder?)


r ist in den 80er-Jahren eingeschlagen worden.

(Dirk Niebel [FDP]: Das muss man aber doch nicht noch verlängern!)







(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert

Herr Göhner, ich spreche das an, weil Sie durch das,

was Sie gemeinsam mit Herrn Pofalla vorschlagen, der
Fortsetzung der Frühverrentungspraxis erneut Tür und
Tor öffnen.


(Dr. Reinhard Göhner [CDU/CSU]: Im Gegenteil!)


Was Sie in Ihren Konzepten vorschlagen, bedeutet eine
Rolle rückwärts in die Vergangenheit. Sie lehnen alles
ab, was auf die Integration Älterer zielt. Wir schlagen
heute zum Beispiel vor, die berufliche Weiterbildung
und die Entgeltsicherung für Ältere zu verlängern und
die Sozialversicherungskosten für Ältere zu senken,
wenn sie als Langzeitarbeitslose eingestellt werden. All
das lehnen Sie ab, ebenso wie Existenzgründungshilfen.

Sie selbst schlagen über Herrn Pofalla – das sage ich
unter der Überschrift „Ehrlichkeit“ – eine Mogelpa-
ckung zur Verlängerung des Arbeitslosengeldbezuges
vor. Meine Damen und Herren, das hat mit Ehrlichkeit
nichts zu tun, sondern das ist ein sehr vergiftetes Ange-
bot. Das will ich Ihnen aufzeigen. Der Vorschlag richtet
sich an die Unwissenden, für die es gut klingt, wenn es
heißt: Wer länger zahlt, bekommt auch mehr. Das heißt
aber auch, dass wir die Risikoversicherung abschaffen
und durch eine Äquivalenzversicherung ersetzen. Das
heißt, dass ein heute 55-Jähriger 25 Jahre abhängig be-
schäftigt gearbeitet haben muss – seit dem 30. Lebens-
jahr – um 18 Monate Arbeitslosengeld zu beziehen.
Nach dem rot-grünen Konzept soll ihm das nach drei
Jahren Beschäftigung zustehen. Ein 55-Jähriger, der Ihr
Höchstangebot bekommen soll – 24 Monate Arbeitslo-
sengeld –, muss vom 15. Lebensjahr an durchgängig ab-
hängig beschäftigt gewesen sein, um da überhaupt hin-
zukommen.

Ich frage Sie: Welches Bild von Beschäftigung haben
Sie? Welche Frau soll das erreichen? Welcher Mann soll
das in Zukunft erreichen? Unsere Kinder, die heute eine
Beschäftigung aufnehmen, werden eine Erwerbs-
biografie haben, die unterbrochen ist, zum Beispiel
durch selbstständige Tätigkeit, durch Wechsel in ganz
unterschiedliche Beschäftigungsfelder. Was Sie hier ab-
geben, ist doch ein leeres Versprechen! Und es öffnet
Tür und Tor für eine neue Welle der Frühverrentung in
den Betrieben. Da haben wir doch den Salat: Wir haben
Betriebe, die keine Beschäftigten mehr haben, die über
50 Jahre alt sind. Das darf so nicht weitergehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Damen und Herren, dieses Angebot von Herrn
Pofalla ist vergiftet – ich habe es Ihnen gesagt –, und
zwar auch für die jungen Leute. Denn nur jemand be-
kommt ein Jahr Arbeitslosengeld, wenn er 10 Jahre gear-
beitet hat. Nach geltendem Recht sind es zwei Jahre.
Nach Ihren Vorschlägen wird es in der Zukunft so sein,
dass jemand mit Mitte, Ende 20 – in der Familiengrün-
dungsphase – gerade einmal eine ganz schwache Absi-
cherung haben wird. Das ist die Konsequenz Ihrer Vor-
schläge, meine Damen und Herren.

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(C (D Frau Kollegin, würden Sie bitte einmal auf die Uhr chauen. (Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Ja, bitte! – Johannes Singhammer [CDU/ CSU]: Die Zeit ist abgelaufen!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517812600


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517812700

Ja. – Sie blinkt. Ich komme sofort zum Schluss.
Es geht darum, eine Politik der Integration der Älte-

en, der Integration der Frauen, der Integration derjeni-
en, die außerhalb stehen, umzusetzen. Dazu brauchen
ir die Verlängerung der Elemente von Job AQTIV, wie
ir es hier vorschlagen. Ich würde Sie bitten, im Zusam-
enhang mit der neuen Ehrlichkeit, die Sie propagieren,
en Leuten reinen Wein einzuschenken: dass Sie alle
lemente der aktiven Arbeitsmarktpolitik schleifen wol-
en, dass Sie sie abschaffen wollen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517812800

Frau Kollegin, jetzt müssen Sie aber wirklich zum

chluss kommen.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517812900

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517813000

Das Wort hat der Kollege Dirk Niebel, FDP-Fraktion.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1517813100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Ihr Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang
lement hat vor einiger Zeit sinngemäß gesagt, dass wir
m OECD-Vergleich die höchsten Ausgaben für aktive
rbeitsmarktpolitik haben, auf der anderen Seite aber
it die geringste Effizienz. Ich kann ihm hier nur zu-
timmen. Vor diesem Hintergrund stellt sich schon nicht
anz unberechtigt die Frage, die der Kollege Göhner
ufgeworfen hat, warum Sie diese alte aktive Arbeits-
arktpolitik, die offenkundig – auch nach Ansicht Ihres
igenen Ministers – nicht erfolgreich war, fortsetzen
ollen, warum Sie sie verlängern wollen.


(Klaus Brandner [SPD]: Wer hat die denn eingeführt? Das waren doch Sie, Ihre Bundesregierung!)


Es ist ein Stück Endzeitstimmung in dieser Regie-
ung, was wir hier heute sehen: Man will – solange man
ie parlamentarische Mehrheit dafür gerade noch hat –
ie Geltungsdauer bestimmter, lieb gewonnener Instru-
entarien verlängern. Das bringt aber im Ergebnis
ichts für die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben hier einen Entwurf eingebracht, der es er-
öglichen soll, lieber eine Zeit lang befristet in Arbeit






(A) )



(B) )


Dirk Niebel

zu sein, als dauerhaft arbeitslos bleiben zu müssen. Auch
wir wollen keine Kettenarbeitsverhältnisse. Sehen Sie,
ich komme aus Heidelberg, einer großen Universitäts-
stadt. Dort ist es gang und gäbe, dass Studierende, aber
auch diejenigen, die ihr Studium abgeschlossen haben,
hier und da im Bereich der Universität befristete Be-
schäftigungsverhältnisse finden. Der Arbeitgeber ist
demnach das Land Baden-Württemberg. Sie alle wissen,
dass die öffentlichen Haushalte überall so angespannt
sind, dass Dauerbeschäftigungsverhältnisse kaum noch
angeboten werden. Nach der Regelung, die Sie jetzt vor-
gelegt haben, hat man innerhalb von zwei Jahren keine
Chance mehr, beim Land Baden-Württemberg irgendwo
noch einmal befristet beschäftigt zu werden. Das muss
man sich einfach einmal vor Augen führen.


(Klaus Brandner [SPD]: Das ist dummes Zeug! Das wissen Sie auch!)


Es gibt auch andere Landesregierungen – rote; die
Grünen sind zum Glück nirgendwo mehr dabei –, die aus
den gleichen haushälterischen Gründen nur noch befris-
tete Beschäftigungsverhältnisse anbieten.


(Klaus Brandner [SPD]: Das ist der Versuch der Verdummung!)


Sie nehmen mit dieser Regelung den Menschen die
Möglichkeit, mit einem anderen Beschäftigungsverhält-
nis aus der Arbeitslosigkeit zu kommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Das zeigt Ihr Sozialstaatsverständnis!)


Mit einem Beschäftigungsverbot beim ehemaligen Ar-
beitgeber für eine Frist von drei Monaten wollen wir
Kettenbefristungen verhindern, den Menschen aber
trotzdem die Chance geben, zumindest eine Zeit lang be-
schäftigt zu sein und nicht dauerhaft in der Arbeitslosig-
keit verweilen zu müssen.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. HansPeter Friedrich [Hof] [CDU/CSU])


Die so genannte aktive Arbeitsmarktpolitik, die Sie
hier fortschreiben wollen, war nicht erfolgreich, auch
nicht, als noch Schwarz und Gelb regiert haben.


(Klaus Brandner [SPD]: Kartoffelkäferfraktion!)


Deswegen müssen wir uns frei nach Hermann Hesse, der
gesagt hat, in jedem Neubeginn liege ein Zauber, Gedan-
ken darüber machen, wie wir die Massenarbeitslosigkeit
bekämpfen können. Wir können die Massenarbeitslosig-
keit nur bekämpfen, indem wir innovationsfreundlicher
werden, indem wir die Bundesagentur für Arbeit so or-
ganisieren, dass sie nach ihrer Auflösung den Ausgleich
am Arbeitsmarkt effizient schafft,


(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU])


indem wir die sozialen Sicherungssysteme in den Griff
bekommen, damit die Kosten des Faktors Arbeit gerin-
ger werden, und indem wir die lieb gewordenen alten

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(C (D öpfe des Klassenkampfes von Rot und Grün endlich bschneiden. (Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Wir erleben heute hier die Endzeitstimmung einer ab-
ewirtschafteten Regierung. Das ist schade. Hoffentlich
eht das bald vorbei.
Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517813200

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin
ngelika Krüger-Leißner, SPD-Fraktion.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1517813300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Wir befinden uns in einer sehr spannenden
eit. Gerade beim letzten Redner hier hat sich das schon
ehr nach Wahlkampf angehört.


(Klaus Brandner [SPD]: Das kann man wohl sagen! – Dirk Niebel [FDP]: Sie haben die Frau Barnett nicht gehört!)


In den nächsten Wochen und Monaten wird es für uns
arum gehen, unsere eingeleitete Reformpolitik zur
ahl zu stellen. Für Sie aus der Opposition wird es da-

um gehen, endlich einmal Alternativen klar zu benen-
en, sofern Sie dazu in der Lage sind. Heute habe ich
ichts dazu gehört.


(Peter Dreßen [SPD]: Können die doch nicht! – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Sie müssen mal zuhören! Unglaublich!)


Lassen Sie mich eines klarstellen: Unsere Reformpo-
itik ist durch die Agenda 2010 charakterisiert, deren
entraler Bestandteil die Strukturreformen am Arbeits-
arkt sind. Damit bildet sie auch eine gute Grundlage
ür Arbeitsplätze.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Für 5 Millionen offizielle Arbeitslose!)


eben vielem anderen haben wir hierzu im SGB III eine
eihe von Instrumenten festgelegt, die bis Ende 2005
der 2006 befristet sind. Angesichts der weiterhin gro-
en Probleme am Arbeitsmarkt, die niemand leugnen
ill, wollen wir diese Instrumente teilweise in modifi-
ierter Form bis Ende 2007 fortführen, was einfach Sinn
acht.
Lassen Sie mich auf zwei wesentliche Punkte einge-

en:
Ein erster Schwerpunkt ist für mich die Förderung

lterer Arbeitnehmer. In diesem Zusammenhang
öchte ich auf die Forderung der Lissabon-Strategie
erweisen. Die Europäische Union hat sich das Ziel ge-
etzt, die Erwerbsquote der älteren Arbeitnehmer zwi-
chen 55 Jahren und 64 Jahren bis 2010 auf 50 Prozent
u steigern. Das ist ein richtiger Weg. Zu diesem Weg
tehen wir.






(A) )



(B) )


Angelika Krüger-Leißner

Lassen Sie uns schauen, was wir auf diesem Weg be-

reits erreicht haben:
Zum einen hat die Bundesregierung die Attraktivität

von Vorruhestand und Frühverrentung vermindert. Das
war richtig. Erste Anzeichen einer Trendwende sind er-
kennbar. Zwischen 1998 und 2003 ist das durchschnittli-
che Renteneintrittsalter von 59,7 Jahre auf 60,7 Jahre um
ein Jahr angestiegen. Das durchschnittliche Rentenalter
liegt nun knapp unter 63 Jahren. In einem Punkt sind wir
uns doch einig: Wir brauchen die älteren Arbeitnehmer
mit ihren Erfahrungen und Fähigkeiten. Mehr als
1,2 Millionen Menschen über 50 Jahre sind arbeitslos.
Hier müssen wir tätig werden.

Zum anderen sollen unsere Maßnahmen dazu dienen,
Beschäftigungshemmnisse für ältere Menschen abzu-
bauen. Dazu zählen für mich drei Punkte:

Erstens. Für die älteren Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer selbst wird insbesondere der Zugang zu Fort-
und Weiterbildungsangeboten erleichtert.

Zweitens. Die Lohnkostenzuschüsse werden dazu
beitragen, Beschäftigung zu fördern.

Drittens. Die befristete Beschäftigung von Arbeitneh-
mern über 52 Jahre haben wir erleichtert. Wir wollen die
Gültigkeit dieser Regelung bis 2007 verlängern.


(Beifall bei der SPD)

Mit dem vorliegenden Gesetz wird ein wiederholtes

befristetes Beschäftigungsverhältnis ohne sachlichen
Grund möglich, wenn zwischen den Arbeitsverhältnis-
sen ein Zeitraum von mindestens zwei Jahren liegt. Las-
sen Sie mich dennoch eines klarstellen: Ich bin generell
keine Freundin dieser befristeten Arbeitsverhältnisse.
Aber wir müssen hier mit Augenmaß Flexibilisierungen
schaffen, die Neueinstellungen schneller ermöglichen.
Dass die Opposition das anders sieht, wird aus dem Vor-
schlag des Bundesrates deutlich, befristete Arbeitsver-
hältnisse bis zu vier Jahren im Prinzip auch als Kettenbe-
fristung zuzulassen. Da kann ich nicht mitgehen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Besser drin als draußen!)


Als zweiten Schwerpunkt wollen wir die Möglich-
keit der Ich-AG verlängern. In den Jahren 2003 bis
2004 haben insgesamt über 268 000 Arbeitslose mit-
hilfe des Existenzgründungszuschusses eine selbststän-
dige Tätigkeit aufgenommen. Die Ich-AG-Förderung
erreicht – das müssen Sie zugeben – besser als das Über-
brückungsgeld Problemgruppen wie Langzeitarbeits-
lose. Das ist unbestritten. Darüber hinaus ist die Ich-AG
für Frauen sehr attraktiv, weil diese häufiger als Männer
nur über geringe Lohnersatzansprüche verfügen.

Trotz mancher Skepsis, die mit der Einführung der
Ich-AG einhergingen, können wir feststellen: Wir brau-
chen diesen Weg aus der Arbeitslosigkeit in die Selbst-
ständigkeit. Aber wir wollen auf diesem Weg neue Maß-
stäbe setzen. Die Gründerinnen und Gründer müssen
künftig die Tragfähigkeit des Vorhabens nachweisen und
ihre unternehmerische Eignung und Fähigkeiten darle-
gen.

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(C (D Wir werden und wollen unsere Reformen weiterfühen. Die letzten Sitzungswochen vor den Wahlen sind für ns kein Grund zur Pause. ch sage ganz klar: Fördermaßnahmen im Bereich Arbeit ind weiterhin notwendig und geben auch denjenigen hancen, die sonst auf dem Arbeitsmarkt nur schwer ermittelbar sind. Die Ankündigung der Union, diese aßnahmen einschränken zu wollen, zeigt mir eines anz deutlich: Die Opposition wäre bereit, den Staatsaushalt auf Kosten der Arbeitslosen zu sanieren. in möglicher finanzieller Ausgleich einer Einkommenteuersenkung würde nach Stoibers Vorschlägen auschließlich zulasten der Arbeitnehmer und der Arbeitsloen gehen. Das wollen wir nicht – Ihr Herr Seehofer ieht das genauso wie wir – und setzen mit diesem Geetzentwurf ein klares Zeichen dagegen. Wir wollen den ozialstaat reformieren und ihn nicht zerschlagen. Auch ier hat Deutschland in den kommenden Wochen die ahl. Danke. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Dirk Niebel [FDP]: Ist das eine Drohung?)


(Klaus Brandner [SPD]: Hört! Hört!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517813400

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

en Drucksachen 15/5556, 15/5602 und 15/5270 an die
n der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
chlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Dr. Peter Paziorek, Cajus Julius Caesar,
Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Auswirkung der Zerstörung von tropischen
Regenwäldern auf das weltweite Klima
– Drucksachen 15/4193, 15/5075 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
ajus Julius Caesar, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall des Abg. Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU])



Cajus Julius Caesar (CDU):
Rede ID: ID1517813500

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Der Erhalt der tropischen Regenwälder ist für uns
ine zentrale Herausforderung und von großer Bedeu-
ung: für die Armutsbekämpfung der vor Ort lebenden
ndogenen Völker, aber natürlich auch für Klimaschutz
nd Artenvielfalt.






(A) )



(B) )


Cajus Julius Caesar

Die Situation verschlechtert sich stetig. Das belegen

ganz eindeutig die Daten, die die Bundesregierung auf
die Große Anfrage der Union geliefert hat. Deshalb for-
dern wir als Union die Bundesregierung auf, endlich zu
handeln, Maßnahmen zu ergreifen, und nicht durch
kleinkariertes Vorgehen im eigenen Land, durch mehr
Steuern, Abgaben, Gesetze, Verordnungen und vielerlei
mehr, die Dinge zu behindern.


(Ulrich Kelber [SPD]: Was haben die Steuern mit den Wäldern zu tun?)


Wir sehen, dass immer mehr Wälder verloren gehen.
Es sind im Jahr netto rund 12,5 Millionen Hektar; das ist
nicht zu vernachlässigen. Die Wälder haben eine enorme
Bedeutung für unsere Ökosysteme. Sie verhindern Ero-
sionen. Sie filtern Luft und Wasser und beherbergen eine
unermessliche Zahl von Heilpflanzen, Harzen, Ölen und
Früchten. Sie erhöhen die Luftfeuchtigkeit, sie bremsen
den Wind und sie sorgen für Temperaturausgleich – und
das weit über den eigenen Raum hinaus.

Die Tropenwälder sind zudem gigantische Kohlen-
stoffspeicher. Wenn wir betrachten, dass wir hier über
viele Monate Gesetzesvorlagen – beispielsweise zum
Emissionshandel – diskutieren und auch verabschieden,
dann wird deutlich, um welche Dimension es geht, wenn
beispielsweise Torfbrände in Indonesien auf Flächen
von zwei mal 4 000 Kilometern brennen und schwelen.
Hier tritt allein durch den CO2-Ausstoß eine Klimaver-schlechterung ein, die all das zerstört, was Deutschland
zehn Jahre nach dem Kioto-Abkommen in der gesamten
Zeit an Maßnahmen verabschiedet und umgesetzt hat.
Daran sieht man, welch schädliche Auswirkungen diese
Torfbrände und die Zerstörung der Wälder haben.

Urwaldschutz durch nachhaltige Holz- und Forst-
wirtschaft stärken – das war und ist eine Initiative der
Union, auch belegt durch die Drucksache 15/2747. Wir
als Union fordern, die Einfuhr illegal geschlagenen und
gehandelten Holzes aus Urwäldern sowie von Produkten
aus seiner Verarbeitung ohne Genehmigung zu unterbin-
den. Das ist eine zentrale Forderung von uns.


(Beifall der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Neben zu schützenden Kernzonen wollen wir, dass
auch vor Ort die nachhaltige Forstwirtschaft erlaubt
bleibt, somit die Länder die nötigen Einnahmen erhalten
und der Lebensstandard der Bürger vor Ort gewährleistet
wird. Es kann aber nicht sein, dass beispielsweise illegal
geschlagene Mahagonistämme vor Ort für 30 Euro in
Besitz genommen werden, dann für 3 000 Euro auf dem
Exportmarkt gehandelt werden und nach der Verarbei-
tung 128 000 Euro erzielen, wie das eine Berechung von
Experten ergibt.

Ein Weg in die richtige Richtung ist der europäische
Aktionsplan FLEGT. Es soll ein Genehmigungssystem
aufgebaut werden, mit dem gewährleistet werden soll,
dass nur legal geschlagenes Holz in die EU eingeführt
wird. Dazu sollen Partnerschaftsabkommen mit den
Holz erzeugenden Ländern und Regionen erfolgen. Dies
wird auch vor dem wirtschaftlichen Hintergrund sehr po-
sitive Auswirkungen haben, sowohl auf die Einnahmesi-

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(C (D uation der Partnerländer als auch auf die Holzpreistruktur in der EU und in Deutschland. Von der rot-grün geführten Bundesregierung vermis en wir praktikable Lösungen und den notwendigen achhaltigen Einsatz auch auf internationaler Ebene. ielmehr werden die Gelder für praktische Projekte in en Ländern vor Ort zurückgefahren und dagegen der erwaltungshaushalt und die Bürokratie hier ausgeweiet. Es muss uns um den Erhalt der Tropenund Urwäler im Sinne einer nachhaltigen Bewirtschaftung geen. Statt in Deutschland ein nicht handhabbares rwaldschutzgesetz vorzulegen, das dem einzelnen aldbesitzer das Leben noch weiter erschwert und ihm orschreibt, welches Pflänzchen er auf welchen Quaratmeter setzen soll, sollten wir dafür sorgen, dass unerbunden wird, dass in manchen Ländern teilweise ehr als 80 Prozent des Holzes illegal geschlagen und ieses ausgeführt und bei uns eingeführt wird. (Ulrich Kelber [SPD]: Man kann auch beides machen!)


Wir fordern die Bundesregierung auf, im Rahmen der
ereitstellung beispielsweise von Hermesbürgschaften
afür zu sorgen, dass nicht durch die zusätzliche Aus-
tattung mit Maschinen und Geräten Überkapazitäten
er Holzindustrie verstärkt werden, was wiederum dazu
ührt, dass der Druck auf den wertvollen Wald erhöht
ird.
Zertifiziertes Holz und damit Holz aus nachhaltiger

orstwirtschaft ist der richtige Weg. Das ist keine Frage.
s ist nach unserer Ansicht nicht richtig, ein System der
nternational anerkannten acht Systeme zu bevorzugen,
twa das FSC-System. Man soll sich vielmehr insbeson-
ere dafür einsetzen, dass in Ländern wie beispielsweise
alaysia, wo es das Zertifizierungssystem MTCC gibt,
ieses unterstützt wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])


Anstatt dass dieses Modellprojekt vorangebracht
ird, müssen wir feststellen, dass bei der Zusammenar-
eit des Hamburger Senats, der GTZ und der MTCC im
ahmen einer PPP Hürden aufgebaut werden. Das BMZ
ill sich einbringen, blockiert aber letztlich mehr, als
ass es sich einbringt. Wir müssen feststellen, dass es
tete Versprechungen im Monatsrhythmus gibt, man
ber nicht zum Erfolg kommt. Das hat das MTCC nicht
erdient. Dieses wäre zum Beispiel auch ein Weg der
ertifizierung, um damit zu gewährleisten, dass letztend-
ich nur noch zertifiziertes Holz aus legalem Holzein-
chlag in die Europäische Union und in die Bundesrepu-
lik Deutschland eingeführt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])


Wir wollen seitens der Union, dass in diesem Zusam-
enhang unbürokratische Regelungen getroffen werden.
eshalb sehen wir beispielsweise in der Selbstver-
flichtung der Holzindustrie eine Möglichkeit. Wir wol-
en nicht, dass in einem so genannten Urwaldschutzge-
etz in Deutschland Flächen von 10 Hektar festgelegt






(A) )



(B) )


Cajus Julius Caesar

werden und dass jeder Waldbesitzer für jede einzelne
dieser kleinen Flächen nachweisen soll, dass sie kein Ur-
wald ist, obwohl wir genau wissen, dass es in Deutsch-
land gar keinen Urwald gibt. Das trägt dem, was auf der
Tagesordnung steht, nicht Rechnung. Darüber hinaus der
Holzbranche ein überaus kompliziertes Nachweissystem
aufzubürden ist sicherlich ebenfalls nicht der richtige
Weg.

Wir wollen unbürokratische und praktische Regelun-
gen. Deshalb meinen wir – das hat auch die Anhörung
zum Urwaldschutzgesetz und zur vorgesehenen Ände-
rung des Bundesnaturschutzgesetzes gezeigt –, dass es
möglich ist, solche Regelungen zu finden. Wir sind der
Meinung, dass hierbei der Bundesumweltminister gefor-
dert ist. Beschimpfungen bringen uns aber in keiner
Weise voran. Wenn etwa der Bundesumweltminister,
Herr Trittin, die bei der Anhörung der Verbände anwe-
senden Vertreter des Holzhandels als Diebe beschimpft,
dann kann man nicht auf eine vertrauensvolle Zusam-
menarbeit setzen. Das ist jedenfalls nicht der Weg der
Union und das kann auch nicht der Weg zu einem Mit-
einander sein. Dieser Weg verhindert, dass in diesem
wichtigen Feld ein Erfolg für die Zukunft erzielt wird.

Ihre Aussage „Mit Dieben macht man keine Verträge“
ist verantwortungslos und bösartig, Herr Trittin. Sie trägt
nicht dazu bei, dass wir in diesem Thema vorankommen.
Es muss vielmehr darum gehen, den illegalen Holzein-
schlag in den betroffenen Ländern durch entsprechende
Partnerschaftsabkommen zu verhindern und gleichzei-
tig in Zusammenarbeit mit der Holzindustrie und der
Forstwirtschaft vor Ort Möglichkeiten und Regelungen
zu finden, die uns auf dem Weg des Erhalts des Tropen-
waldes und der Rahmenbedingungen für unsere eigene
Forstwirtschaft voranbringen.

Das sind wichtige Akzente für unsere Waldbesitzer,
aber auch weltweit für die Menschen in den betroffenen
Regionen, für den Erhalt unserer Tropenwälder und da-
mit für den Erhalt der Artenvielfalt, für ein weltweites
Vorankommen im Klimaschutz. In diesem Bereich wol-
len wir als Union die entsprechenden Akzente setzen
und unsere Ideen weiterhin einbringen.

In diesem Sinne setze ich auf die Zusammenarbeit,
damit wir gemeinsam erfolgreich sind. Nur so kann es
gelingen, diesen wichtigen Bereich voranzubringen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517813600

Das Wort hat die Kollegin Gabriele Hiller-Ohm, SPD-

Fraktion.


Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1517813700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der
CDU/CSU zeigt:

Erstens. Die Zerstörung der tropischen Wälder schrei-
tet voran.

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(C (D Zweitens. Wir brauchen dringend internationale Löungen, um den Urwaldtod zu stoppen. Drittens. Deutschland nimmt im Kampf gegen die ernichtung der tropischen Regenwälder mit ihren vereerenden Auswirkungen auf das weltweite Klima eine nternational führende Rolle ein. Innerhalb des 20. Jahrhunderts hat sich eine dramati che Abnahme der globalen Waldressourcen vollzogen. s ist kaum vorstellbar, aber seit 1950 hat sich die Reenwaldfläche auf der Erde halbiert. Die Konsequenzen sind fatal. Bodenerosion führt in iederschlagsarmen Gebieten zu Wüstenbildung. Leensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen wird zertört. Bodenverdichtung als Folge von Tropenwaldzertörung ist Ursache für katastrophale Fluten, wie sie in angladesch immer wieder auftreten. Die Zerstörung von Regenwäldern durch Brandro ung setzt große Mengen CO2 frei. Die Erhöhung diesernd anderer Treibhausgase wird den Treibhauseffekt eiter verstärken. Die globale Erwärmung führt zu eiterer Wüstenbildung und zu Naturkatastrophen. randrodung ist zudem häufig die Ursache für riesige aldbrände wie etwa 1998 in Indonesien. Das Ausmaß der Zerstörung und die folgenschweren uswirkungen auf unser Ökosystem sind bekannt. igentlich müssten jetzt alle sagen: Stopp! Aber das pasiert nicht; denn die Armut in den Entwicklungsländern st so groß, dass sie den Menschen zum nackten Überleen oft überhaupt keine andere Wahl lässt, als ihre Wäler abzuholzen. Die rücksichtslose Zerstörung der globalen grünen ebensader ist aber für einige ein profitables Geschäft. ährlich werden nach Schätzung der OECD über 50 Milliarden Euro im illegalen Holzhandel verdient. Wie sieht es bei uns in Deutschland aus? Auch eutschland wird mit illegal geschlagenem Holz belieert. Wir kennen die genauen Zahlen nicht. Umweltverände gehen aber davon aus, dass die Hälfte der Tropenolzimporte aus illegalem Einschlag stammt. Der Anteil llegaler Holzimporte liegt nach diesen Schätzungen in eutschland zwar nur bei einem Prozent unserer Geamteinfuhren. Wenn man aber bedenkt, dass dies einem egenwert von über 300 Millionen Euro entspricht, ist as schon ein ganz schön großer Brocken. Wir haben gehandelt und im letzten Jahr im Bundes ag einen Antrag beschlossen, mit dem wir dem Wahninn begegnen. Hierin zeigen wir auf, was schon alles äuft und was noch zu tun ist. Was machen wir schon? in Beispiel auf EU-Ebene: Die Bundesregierung hat ich für den Ausbau des FLEGT-Prozesses stark geacht. FLEGT ist das Kooperationsprogramm zwischen er EU und Holzerzeugerländern mit dem Ziel, Legalität icherzustellen und nachhaltige Waldbewirtschaftung oranzubringen. Seit Sommer 2004 liegt ein Verordungsvorschlag vor, mit dem ein freiwilliges Genehmiungssystem für Holzimporte in die EU eingeführt weren soll. Gabriele Hiller-Ohm Das ist ein großer Erfolg. Es gibt aber leider auch Schwachstellen. Die Teilnahme der Tropenholz exportierenden Länder ist freiwillig, das Einhalten der Vereinbarung schwer zu kontrollieren. Dennoch ist die FLEGTVereinbarung ein ganz wichtiger erster Schritt hin zu weltweit gültigen Richtlinien und Sanktionsmöglichkeiten. Ein weiteres Beispiel ist die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit im Waldsektor. Der aktuelle Fortschrittsbericht der Bundesregierung zeigt den hohen Stellenwert der internationalen Waldpolitik im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Im Jahr 2003 förderte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung etwa 170 Waldvorhaben in 50 Ländern. Mit diesen Maßnahmen schützen wir die Tropenwälder und bekämpfen die Armut in den Entwicklungsländern. Es muss gelingen, den Schutz der Wälder in Armutsminderungsstrategien einzubinden und den Menschen Einkommensalternativen anzubieten. Vieles haben wir angeschoben, aber es bleibt noch eine Menge zu tun. In der letzten Woche hat das UN-Waldforum in New York getagt. Die Ergebnisse sind niederschmetternd: trotz des vorbildlichen Engagements der Bundesregierung keinerlei Bewegung, wieder keine Einigung auf international verbindliche Standards zum Schutz der Wälder. Meine Damen und Herren, wir dürfen trotzdem nicht resignieren. Wir müssen sagen: Jetzt erst recht! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


In unserem Urwaldantrag zeigen wir auf, wo es lang ge-
hen muss: Fortsetzung der bilateralen Zusammenarbeit,
Schuldenerleichterung für Entwicklungsländer, die sich
zu Umweltschutzmaßnahmen verpflichten, Beibehal-
tung des vorbildlichen finanziellen Einsatzes Deutsch-
lands im Rahmen von UNO und Weltbank für globale
Umweltschutzprogramme, Schaffung eines internationa-
len Netzwerkes von Schutzgebieten zu Lande bis zum
Jahr 2010, Unterstützung weltweit anerkannter Zertifi-
zierungssysteme wie das FSC-Label sowie Voranbringen
des FLEGT-Prozesses mit dem Ziel, illegal geschlagenes
Holz und Holz aus Raubbau vom europäischen Markt
auszuschließen. Auch auf der nationalen Ebene prüfen
wir alle Handlungsmöglichkeiten zur Verbannung illegal
geschlagenen Holzes. Die Bundesregierung hat ihre Vor-
schläge in einem Urwaldschutzgesetz zusammenge-
fasst. Ich hoffe sehr, dass wir es schon bald im Bundes-
tag gemeinsam auf den Weg bringen werden.

Wir werden im Kampf gegen die Vernichtung der
letzten großen Regenwälder nur dann erfolgreich sein,
wenn es gelingt, dem illegalen Holzhandel das Hand-
werk zu legen und den Menschen in den Entwicklungs-
ländern endlich nachhaltige Überlebensperspektiven
zu geben. Deutschland nimmt im Kampf gegen die Ar-
mut in den Entwicklungsländern und für den Erhalt der
Tropenwälder eine vorbildliche Rolle auf internationa-
lem Parkett ein. Die anderen Länder werden unserem

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(C (D eispiel folgen, wenn wir diesen Weg fortsetzen. Das un wir. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517813800

Das Wort hat die Kollegin Dr. Christel Happach-
asan, FDP-Fraktion.


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1517813900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ropische Wälder sind faszinierend. Jeder Bildband
eigt das. Sie werden als Klimaanlage der Erde bezeich-
et. Ihre Zerstörung nimmt Tier- und Pflanzenarten den
ebensraum und schädigt das Klima. Wir alle sind uns in
iesem Hause immerhin einig, dass die weitere Zerstö-
ung der Wälder gestoppt werden muss. Deswegen ist es
eprimierend, festzustellen, dass die Bundesregierung in
hrer Antwort auf die Große Anfrage der CDU/CSU-
raktion zu dem Schluss kommt: Der Trend zur Wald-
erstörung konnte nicht gestoppt werden. Dies müssen
ir so feststellen. Daher, glaube ich, war Ihr Fazit, Frau
iller-Ohm, ein bisschen zu optimistisch.
In den meisten tropischen Ländern werden Wälder

erstört, um landwirtschaftliche Nutzflächen zu ge-
innen. Dies scheint unaufhaltsam zu sein. Gleichzeitig
ürfen wir nicht vergessen, dass auch unsere Wälder frü-
er einmal aus diesem Grund abgeholzt wurden. Weitere
ründe für die voranschreitende Zerstörung sind illega-
er Holzeinschlag und Feuer, aber auch die Armut der
evölkerungen, die zur Übernutzung führt. Die Debatten
n diesem Haus haben gezeigt, dass alle Fraktionen des
eutschen Bundestages den Erhalt der verbliebenen Ur-
älder als wichtige globale Aufgabe ansehen. Nicht nur
PD und Grüne, sondern auch die CDU/CSU-Fraktion
at einen Antrag vorgelegt, dem wir zugestimmt haben.
ir alle fühlen uns dieser Aufgabe verpflichtet. Deswe-
en ist es bedauerlich, dass ein gemeinsamer Antrag
icht zustande kam. Das bedeutet nämlich, dass der Er-
alt der Regenwälder einen geringeren Stellenwert hat
ls die eigene Profilierung. Das finde ich bei so viel Ge-
einsamkeit in dieser Frage beschämend.
Die FDP unterstützt den Erhalt der Primär- und Ur-
älder. Wir wollen, dass die Waldnutzung in den Ent-
icklungsländern im Wesentlichen der heimischen Be-
ölkerung zugute kommt. Das vielfach geforderte
erbot, Holz illegaler Herkunft zu importieren, kann
ach Aussage der Bundesregierung nicht erlassen wer-
en. Deswegen müssen andere Wege beschritten wer-
en. Den vom Umweltminister vorgelegten Entwurf ei-
es Urwaldschutzgesetzes bezeichne ich aber als eine
arce. Er soll gegenüber verschiedenen Verbänden als
andlungsnachweis dienen, ohne irgendwelche Reali-
ierungschancen zu haben. Der Kollege Caesar hat zu
echt darauf hingewiesen, dass 10 Hektar Wald, die in
iner halben Stunde zu durchqueren sind, sicherlich
icht das sind, was wir uns unter einem Urwald vorstel-
en. Der vorgelegte Gesetzentwurf ist ein Aufbaupro-
ramm für Bürokratie, das wesentlich mehr heimische






(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan

Betriebe in den Konkurs treibt, als es Bäume zu retten
vermag. Das kann es nicht sein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Es gibt immerhin einen erwähnenswerten Lichtblick.

Den Tropenholz exportierenden Ländern ist es gelungen,
die Wertschöpfungspotenziale im eigenen Land stärker
auszuschöpfen. Das heißt, die Hilfe zur Selbsthilfe ist
erfolgreich. Das sollten wir würdigen.

Deutlich ist aber auch, dass die Förderung des FSC-
Zertifikats durch die Bundesregierung, die immer mit
der Eindämmung des illegalen Holzeinschlags begründet
wurde, für den Erhalt der Wälder nichts gebracht hat.
Denn das Fazit bleibt: Der Trend zur Waldzerstörung
wurde nicht umgekehrt. Daher halte ich es für folgerich-
tig, dass sich die Bundesregierung davon verabschiedet
und inzwischen die gegenseitige Anerkennung der
Zertifikate für notwendig hält. Eine solche Anerken-
nung ist eine Forderung der FDP und daher unterstützen
wir die Bundesregierung in diesem Punkt.


(Beifall bei der FDP)

Wir freuen uns über diese späte Einsicht der Bundes-

regierung. Ich will aber hinzufügen: Es ist nicht glaub-
würdig, die gegenseitige Anerkennung zu fordern und
gleichzeitig ein Zertifikat zu fördern. Das ist unglaub-
würdig. Die FAO, die auch von der Bundesregierung als
eine der wichtigsten Organisationen im Waldbereich
angesehen wird, hat schon vor Jahren einen Kriterien-
katalog für Zertifizierungssysteme aufgestellt und die
gegenseitige Anerkennung gefordert. Der grüne Ökoko-
lonialismus ist völlig ungeeignet, die drängenden Pro-
bleme zu lösen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bemerkenswert ist, dass der Anspruch der Verbrau-
cher auf den „Ausschluss illegaler Herkünfte“ beim
Holzkauf thematisiert wird. Das macht doch sehr deut-
lich, wie sehr sich Rot-Grün bei der Behandlung dieser
Thematik an den Wunschbildern der Wohlstandsgesell-
schaft orientiert. Die FDP fordert dagegen, dass der
Waldschutz als eine zentrale Aufgabe einer auf Nachhal-
tigkeit ausgerichteten Politik angesehen wird. Die exis-
tenziellen Bedürfnisse der Menschen in den betroffenen
Ländern haben einen viel höheren Stellenwert als An-
sprüche der Wohlstandsgesellschaft.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In der Antwort der Bundesregierung auf unsere Große
Anfrage heißt es:

Vorhaben nachhaltiger Waldentwicklung sind für
den Privatsektor nur dann attraktiv, wenn ausrei-
chende Rechts- und Investitionssicherheit gegeben
ist, die eine langfristig selbsttragende Finanzierung
und eine regional- und wirtschaftspolitische Kon-
kurrenzfähigkeit zu anderen Landnutzungsformen
erlaubt.

Das ist richtig. Das hätte auch ein liberaler Minister
schreiben können.

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(C (D Es bedeutet aber auch, dass die staatlichen Institutioen auf dem Forstsektor in die Lage versetzt werden üssen, Recht und Gesetz durchzusetzen. Dazu ist ein indestmaß an Wohlstand erforderlich. Das heißt, wirk iche Fortschritte beim Schutz der Wälder können nur erielt werden, wenn die Armut erfolgreich bekämpft ird, wenn die Menschen Möglichkeiten erhalten, sich elbst zu versorgen. Daher sind die Ansätze der Bundesregierung, die auf ehr Bürokratie setzen – Kontrollen, Zertifizierungssyseme, Datenbanken etc. –, zu sehr aus dem Blickwinkel er Wohlstandsgesellschaft formuliert. Sie stärken das nsehen zu Hause, ohne den Menschen vor Ort zu helen und ohne die Wälder effektiv zu schützen. Diese Poitik können wir uns schon lange nicht mehr leisten. Einen Beitrag zur besseren Bekämpfung der Armut önnte die von der Weltbank entwickelte neue Strategie um Schutz der Wälder leisten. Die Weltbank will das otenzial der Wälder zur Verminderung der Armut einetzen, sie will Wälder in eine nachhaltige Entwicklung ntegrieren und sie will lokal und global bedeutsame älder schützen. Diesen Weg sollten wir beschreiten. Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517814000

Das Wort hat der Bundesminister für Umwelt, Natur-

chutz und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin.
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-

chutz und Reaktorsicherheit:
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Von al-

en Rednerinnen und Rednern hier ist darauf hingewie-
en worden, mit welch atemberaubendem Tempo die
etzten Urwälder der Erde vernichtet werden. Wenn man
ich klar macht, dass allein in den Tropen jedes Jahr eine
läche etwa von der Größe halb Italiens abgeholzt wird,
ann versteht man, warum die Vernichtung von Wald
ine wesentliche Ursache des Klimawandels ist. Circa
0 Prozent der anthropogenen CO2-Emissionen sindurch Landnutzungsänderungen entstanden. Dies ist
ber natürlich nur ein Aspekt.
Ein anderer Aspekt ist der unwiederbringliche Verlust

iologischer Vielfalt. An dieser Stelle – man versucht
ern, Naturschutz und Menschenschutz in Gegensatz zu-
inander zu bringen – muss gesagt werden: Damit ver-
unden ist häufig der Verlust der Lebensgrundlage dort
ebender indigener Völker. Das heißt, Waldschutz, ge-
ade der Schutz der tropischen Regenwälder, ist nicht
ur eine Frage des Naturschutzes, sondern auch prakti-
ierte Menschenrechtspolitik.
Wir wissen, dass dieses Problem nicht allein in Bezug

uf die Tropen besteht. Wir wissen, dass in Indonesien
twa 73 Prozent des Einschlages illegal ist. Aber auch in
ussland gibt es eine illegale Quote von 20 bis
0 Prozent. Wir wissen, dass wir dies alles nur gemein-
am und international bekämpfen können. Dazu zählen
ie Initiative der Europäischen Union und natürlich auch






(A) )



(B) )


Bundesminister Jürgen Trittin

unsere Bemühungen im Rahmen des UN-Waldforums.
Es ist eine Schande, dass man sich auf diesem Forum er-
neut nicht auf entsprechende Maßnahmen einigen
konnte.

Das ist ein schwieriger Prozess, und ich gehöre wirk-
lich zu denen in der Umweltpolitik, die sagen: Es gibt
gerade auf diesem Gebiet keine Alternative zu einem
multilateralen Prozess. Dennoch müssen wir auch die
Möglichkeiten nutzen, die wir heute schon vor Ort mit
unseren Mitteln haben können. Das sind keine Alternati-
ven zu multilateralen und europäischen Vereinbarungen,
und das sind auch keine Alternativen beispielsweise zum
FLEGT-Prozess, es ist aber eine sinnvolle und wirkungs-
volle Ergänzung.

Wir können uns nicht damit abfinden, dass ein großer
Teil des Holzes, das zu uns kommt, illegal geschlagen
wurde. Ich kann mich auch nicht damit abfinden, dass
wir, selbst wenn wir das wissen, faktisch keine Möglich-
keit haben, hier aktiv zu werden. Ich habe bei verschie-
denen Gelegenheiten das Beispiel gebracht, dass nach
einem Hinweis von Greenpeace das Bundesamt für Na-
turschutz Holz aus Brasilien vom Zoll hat beschlagnah-
men lassen. Anschließend ist der Holzeinschlag von der
Regierung in Brasilien kurzerhand für legal erklärt wor-
den, und wir mussten das unzweifelhaft illegal geschla-
gene Holz freigeben.

Unser Gesetzesvorschlag für ein Urwaldschutzgesetz
zielt auf die Ergänzung dessen, was wir im Rahmen der
Konvention über biologische Vielfalt, im Rahmen des
UN-Waldforums und im Rahmen der FLEGT-Initiative
der Europäischen Union machen wollen.

Ich habe Ihre Äußerungen, Herr Caesar, so verstan-
den, dass über den Grundgedanken hier im Hause ein
sehr breiter Konsens besteht. Ich finde, in der Zeit, in der
wir uns alle sozusagen für eine muntere, sportive und
hoffentlich faire Wahlauseinandersetzung rüsten, sollten
wir auch an dieser Stelle bei der vorhandenen Gemein-
samkeit bleiben.

Ich möchte Ihnen eines ganz deutlich sagen. Wir haben
ein klares Prä für FSC, weil es das einzige international
anerkannte Zertifikat ist. Wir haben aber nichts dagegen,
auch andere Zertifizierungssysteme zu akzeptieren. Wir
haben – das haben Sie richtig gesagt – die bewusste
Gleichbehandlung und die gegenseitige Anerkennung
gefordert, wenn auch nicht eine gegenseitige Anerken-
nung auf einem naturschutzfachlich und waldwirtschaft-
lich nicht akzeptierbaren Niveau. Vielleicht sollte man
sich darüber noch verständigen.

Wir haben kein Problem mit PFC; beide müssen ein-
fach zueinander kommen, und ich glaube auch, dass das
möglich ist. Die Standards sind in der Praxis nicht so
weit voneinander entfernt, und wenn beide Seiten auf-
einander zugehen, müsste man das hinbekommen kön-
nen.

Aber bei dem malaiischen System gab es gerade das
Problem, dass sie sich bei FSC beworben haben, aber
grauenvoll an dem gescheitert sind, was das Besondere
am FSC ist, nämlich dass es nicht nur um die natur-
schutzfachliche, sondern auch um die Frage geht, wie

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(C (D it der ortsansässigen Bevölkerung umgegangen wird nd welche Sozialstandards es gibt. Das ist der Grund. Ich finde, da muss man seine eigenen Regeln und eine eigene Überzeugung ernst nehmen. Wir wollen icht ein Siegel für alle, aber wir wollen einen Standard nd einen Nachweis entsprechender Initiativen haben. brigens ist hier alles privatwirtschaftlich organisiert. ier geht es nicht um eine staatliche Bürokratie. FSC ist eine staatliche Veranstaltung. Daher müssten wir eientlich zu einem Urwaldschutzgesetz kommen könen. Sie haben auf einen Punkt hingewiesen, bei dem wir, laube ich, auch ganz schnell zusammenkommen könen. In Deutschland gibt es keine Urwälder mehr, wie ir sie verstehen. Deswegen ist die Furcht der deutchen Waldwirtschaft unbegründet. Wir versuchen geade, der deutschen Waldwirtschaft zu vermitteln, dass iese Frage für sie gar kein Problem ist. Ich habe ein isschen den Eindruck, bei Prinz zu Salm-Salm ist das nzwischen auch angekommen – jedenfalls bei ihm als erson. Es geht um den Handel mit illegal eingeschlagenem olz aus Urwäldern. Es gibt in Deutschland wenig illealen Einschlag, wenn ich das so vorsichtig aussagen arf, und praktisch keinen Urwald nennenswerter Größe. enn Sie das an den 10 Hektar festmachen: Wir haben em Kollegen inzwischen 1 000 Hektar angeboten. Dait, finde ich, können auch die privaten Waldbesitzer leen. Lassen Sie uns nun in diesem Sinne gemeinsam da um bemühen, die Naturzerstörung durch die Vernichung der letzten Urwälder und auch die permanente enschenrechtsverletzung – Herr Caesar, in vielen ebieten geht es dabei leider nicht nur um Diebstahl, ondern auch um Mord und Vertreibung – zu verhindern! assen Sie uns gemeinsam die Möglichkeiten, die wir ier haben, nutzen und über ein solches Urwaldschutzesetz dafür sorgen, dass nur Holz aus nachweislich verünftig bewirtschafteten Wäldern hier auf dem Markt ehandelt werden kann! Das sollten wir eigentlich geeinsam hinbekommen, wenn wir schon so weit sind. enn ich die beiden Anträge übereinander lege, erkenne ch, dass das eigentlich zusammenpassen müsste. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517814100

Das Wort hat Christa Reichard, CDU/CSU-Fraktion.

Christa Reichard (CDU):
Rede ID: ID1517814200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Wir Deutschen haben ein wirtschaftspolitisches,
in ökologisches, aber auch ein sicherheitspolitisches In-
eresse am Erhalt der Tropenwälder. Das Abbrennen der
ropenwälder in Indonesien und die dadurch zu erwar-
ende Klimaveränderung verursachen auch bei uns
olkswirtschaftliche Kosten. Zudem führt der Verlust
on Tropenwäldern oft zur ökologischen Destabilisie-
ung ganzer Regionen. Der Verschlechterung der






(A) )



(B) )


Christa Reichard (Dresden)


Lebensbedingungen führt zu Migrationsströmen, die uns
auch bei uns zu Hause erreichen.

Vielen ist gar nicht bewusst, welche langfristigen
Folgen das Abholzen und das Abbrennen der Tropen-
wälder für die Menschen vor Ort wirklich haben. Tro-
penwälder und die darin enthaltene biologische Vielfalt
sind in vielerlei Hinsicht die Lebensgrundlage und die
Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung. In vielen
Regionen sind die Beseitigung der Armut, die Ernäh-
rungssicherheit, die Versorgung mit Trinkwasser, der
Schutz der Böden und die Gesundheitsversorgung un-
mittelbar mit dem Erhalt der Tropenwälder verbunden.
Die Existenzgrundlage gerade armer Bevölkerungs-
schichten in vielen ländlichen Regionen in Südostasien,
Lateinamerika und Zentralafrika hängt direkt vom Erhalt
der Wälder ab.

Besorgnis erregend ist die Geschwindigkeit, mit der
die Wälder verschwinden. Von den ursprünglich vorhan-
den gewesenen Tropenwäldern der Erde existieren heute
nur noch 20 Prozent. Weltweit gehen pro Jahr rund
15 Millionen Hektar Wälder verloren. Das ist etwa die
Fläche von Bayern, Hessen und Niedersachsen zusam-
men oder die Fläche von Italien, wie wir gerade gehört
haben. Mit dem Verlust derart großer Waldflächen ver-
siegen Flüsse und Bäche. Der Grundwasserspiegel sinkt.
Wertvolle Naturressourcen gehen verloren. Die Boden-
erosion nimmt zu und der Klimawandel verstärkt sich.

Natürlich ist es unsere gesellschaftliche Verantwor-
tung, uns für den Erhalt der Schöpfung einzusetzen und
ökologische Integrität wichtiger Ökosysteme für zukünf-
tige Generationen zu bewahren. Doch leider haben sol-
che Appelle in der Vergangenheit noch nie viel bewirkt,
vor allem nicht in Entwicklungsländern, in denen die Po-
litiker auch andere wichtige Probleme zu lösen haben.

Aber dank der Umweltökonomie, die den Wert des
Naturschutzes bzw. die Kosten der Umweltzerstörung
zumindest in Ansätzen monetär zu bewerten vermag,
wissen wir heute, dass die Naturzerstörung auch ein gro-
ßes ökonomisches Problem darstellt. Naturzerstörung,
ausgedrückt in volkswirtschaftlichen Kosten, bleibt viel
eher in den Köpfen der Entscheidungsträger hängen als
ökologische Appelle allein und hat in vielen Fällen
schon geholfen, die Vernichtung bedeutender Naturge-
biete zu verhindern.

Ich denke in diesem Zusammenhang auch an das
große Potenzial der Regenwälder für Forschung, Wis-
senschaft, Medizin und auch Tourismus, welches uns zu-
nehmend verloren geht. Moderne Nutzen-Kosten-Analy-
sen zur Bewertung des volkswirtschaftlichen Werts
wichtiger Naturressourcen sind heute gefragter denn je.
Sie helfen uns, den ökonomischen Wert oder die Kosten
ökologischer Veränderungsprozesse zu bewerten. Sie er-
leichtern uns die politische Entscheidungsfindung im
Umweltbereich. Natürlich kann der Wert der Natur nicht
auf Heller und Pfennig in Geldeinheiten ausgedrückt
werden. Wir bekommen aber mithilfe dieser Methoden
hilfreiche Anhaltspunke, die für politische Entscheidun-
gen unerlässlich sind.

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(C (D Die ganze Welt bedient sich inzwischen solcher Mehoden, allen voran die Weltbank, die OSZE, die Euroäische Union und viele europäische Entwicklungsorgaisationen. Umso erstaunlicher finde ich die Antwort der undesregierung auf die heute zur Debatte stehende roße Anfrage der Unionsfraktion. Ganz unverblümt ibt Rot-Grün zu, dass derartige Studien in dem heute ebattierten Kontext nicht unterstützt werden. Ich halte ies für dilettantisch und höchst unprofessionell. Lassen Sie mich folgendes Beispiel anbringen: Allein ie durch Walddegradierung provozierten Torfbrände im ndonesischen Teil der Insel Borneo im Jahr 1997 haben ine Kohlendioxidmenge freigesetzt, die mehr als dem ehnfachen dessen entspricht, was in Deutschland in en letzten zehn Jahren im Rahmen der Kioto-Vereinbaungen eingespart wurde. Kollege Caesar hat bereits daauf hingewiesen. (Ulrich Kelber [SPD]: Kollege Caesar behauptet etwas anderes! Sie unterscheiden sich von ihm um den Faktor zehn! Und beide Behauptungen aus derselben Fraktion!)


erechnungen haben ergeben, dass es für Deutschland
esentlich günstiger gewesen wäre, sich auch beim Tro-
enwaldschutz in Südostasien zu engagieren, als aus-
chließlich Treibhausgasemissionen in Deutschland ein-
usparen.
Ein weiterer viel versprechender Ansatz ist der Kauf

der die Pacht von Tropenwaldkonzessionen durch
estliche Naturschutz- oder Entwicklungsorganisatio-
en, um Kahlschlag und Brandrodung zu verhindern
zw. nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden einzufüh-
en. Dies kann, richtig ausgeführt, ein Ansatz sein, der
owohl von Partnerländern als auch von der lokalen Be-
ölkerung unterstützt wird. Aber auch dieses Konzept
ehnt die rot-grüne Bundesregierung ab, wie in ihrer
ntwort auf unsere Große Anfrage zu lesen ist.
Ich könnte in diesem Zusammenhang noch weitere

ersäumnisse der rot-grünen Bundesregierung aufzäh-
en. Stattdessen möchte ich sagen, dass das gegenwärtige
eutsche Engagement beim internationalen Tropenwald-
chutz wenig innovativ und wenig flexibel ist. Ange-
ichts der ohne Übertreibung als dramatisch zu bezeich-
enden Bedrohung lässt das Engagement von Rot-Grün
u wünschen übrig. Das gilt auch für die Entwicklungs-
inisterin, die offensichtlich an dieser Debatte kein Inte-
esse hat. Der schleichende Bedeutungsverlust des Sek-
ors Natur- und Ressourcenschutz in der deutschen
ntwicklungszusammenarbeit muss umgehend ein Ende
aben. Dafür werden wir sorgen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Ulrich Heinrich [FDP])


Meine Damen und Herren, uns allen sollte bewusst
ein, dass das derzeitige Engagement der Industrieländer
nd auch Deutschlands im Bereich des Tropenwald-
chutzes zu gering ist. Ich halte daher eine sofortige,
roß angelegte und international abgestimmte Initiative
um Schutz der Tropenwälder für erforderlich – nicht
ur aus Interesse am Naturschutz und an den Lebensbe-






(A) )



(B) )


Christa Reichard (Dresden)


dingungen der Menschen vor Ort, sondern auch aus glo-
baler ökonomischer Perspektive.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517814300

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Ulrich Kelber, SPD-Fraktion.

Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1517814400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Ich möchte zunächst der Frage stellenden Frak-
tion, der CDU/CSU, dafür danken, dass sie dafür gesorgt
hat, dass wir über dieses Thema diskutieren können. So-
wohl die Erstellung der Fragen als auch die der Antwor-
ten war angesichts der Vielzahl der Seiten sicherlich eine
Fleißarbeit.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Das war konzeptionelle Arbeit, keine Fleißarbeit!)


Ich fand es etwas schade, dass man sich auch bei die-
sem Thema nicht des Wahlkampfes enthalten hat. Herr
Kollege Caesar, Sie müssen mir nachher noch einmal er-
klären, wie Sie den Sprung vom Regenwald zur deut-
schen Steuerpolitik geschafft haben. Ich glaube, das
konnte außer Ihnen keiner nachvollziehen.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Außer Ihnen!)


Wir teilen die Einschätzung der Bedeutung des tropi-
schen Regenwaldes für das weltweite Klima. Wir sind
darüber hinaus der Meinung, dass die borealen Wälder
und die großen Urwälder Nordeuropas und Nordameri-
kas die gleiche Bedeutung haben. Insofern fand ich es
schade, dass in der Großen Anfrage darauf nur mit ei-
nem einzigen Satz eingegangen wurde. Wir müssen
nämlich darauf achten, dass bei den Ländern, die tropi-
schen Regenwald haben, kein falscher Eindruck entsteht.
Der Schutz der Wälder und der Schutz des Klimas bei
uns in den Industriestaaten müssen vorbildlich sein; erst
dann kann von anderen ebenfalls der Schutz wichtiger
Wälder eingefordert werden.

Deutschland spielt beim Schutz des tropischen Re-
genwalds eine positive Rolle. Das merkt jeder, der sich
vor Ort informiert und mit den Projektträgern und den
Einheimischen spricht. Das hat unter der Regierung
Kohl begonnen und ist unter der Regierung Schröder
fortgesetzt worden. Erlauben Sie mir als klimapoliti-
schem Sprecher auch das zu sagen: Es wäre schön gewe-
sen, wenn Sie in anderen Bereichen des Klimaschutzes
vor 1998 genauso konsequent gearbeitet hätten wie im
Bereich des tropischen Regenwalds.

Meine Kollegin Frau Hiller-Ohm ist schon detailliert
auf die Bedeutung des tropischen Regenwalds eingegan-
gen. Als klimapolitischer Sprecher möchte ich in diesem
Zusammenhang mehr auf die Fragen des Klimaschutzes
eingehen. Fakt ist: Die Zerstörung des Regenwalds führt
zu erheblichen Emissionen von klimaschädlichen Gasen.
Oft werden die durch die Zerstörung des Waldes gewon-

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(C (D enen Flächen nur sehr kurzzeitig genutzt; danach liegen ie brach oder es entsteht Sekundärwald. Auf jeden Fall erden sehr viel weniger Gase gebunden, als zuvor bei er Vernichtung des Primärwaldes freigesetzt wurden. Klimaschutz heißt in den Regionen des tropischen egenwalds noch mehr als anderswo auf der Welt, den enschen Alternativen zur Zerstörung der Wälder u geben. Ich konnte mich im Jahr 2001 zusammen mit em Kollegen Caesar in Brasilien vor Ort über Projekte um Schutz informieren und mir ansehen, was in den egionen geschehen ist, in denen der Primärwald schon ernichtet worden ist. Eine Gemeinsamkeit aller Regioen, die wir uns angesehen haben, war: Überall dort, wo ie Flächen nur kurzfristig genutzt wurden – nach Roung oder Brand –, ist die Region nicht nur ökologisch, ondern auch ökonomisch verarmt. Es entstanden Slums, s gab Erosion und Krankheiten. Dort, wo wir auf neue, ntegrierte, moderne, nachhaltige Nutzungsmethoden getoßen sind, war die Situation anders. Wir haben uns um Beispiel eine Region angeschaut, wo nur alle 5 Jahre sehr gezielt Stämme entfernt werden und der rimärwald erhalten bleibt, oder eine, wo es einen geeinsamen Anbau von Feldfrüchten und Bäumen zur iederaufforstung gab. Das erwies sich nicht nur als kologisch verträglich, sondern diese Regionen erlebten uch einen ökonomischen Aufschwung; denn es lohnt ich, vor Ort in Infrastruktur zu investieren, wenn man eine Wanderbewegung in der Wirtschaft haben will. as macht einen großen Unterschied. Wichtig ist: Entwicklung und Schutz des Regenwalds ind also nicht nur zu vereinbaren, sondern sie bedingen ich gegenseitig und gehören zusammen. Aber noch einmal zurück zu meiner Feststellung, dass ir mit gutem Beispiel vorangehen müssen. Das gilt um einen im direkten Zusammenhang mit dem tropichen Regenwald. Jeder Verbraucher kann sich zum Beipiel dafür entscheiden, Produkte aus einer nachhaltien Regenwaldnutzung und nicht aus Raubbau zu aufen. Man muss eben wissen, dass, wenn man betimmte Liegen für 49 Euro kauft, dafür Wald niedergeolzt und nicht nachhaltig genutzt wurde. Dafür gibt es ie Labels. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich der Überzeuung, dass FSC ein sehr erfolgreicher und moderner Anatz ist. Europa und Nordamerika müssen zum anderen vor ildlich vor der eigenen Haustür agieren. Deswegen gilt s, die verbliebenen großen Wälder zu schützen. Erst ann ist man glaubwürdig. Glaubwürdigkeit ist immer ntscheidend in den Diskussionen mit Vertretern des Süens. Sie fragen einen: Zeigt der Norden, dass Klimachutz und Entwicklung zu vereinbaren sind? Diese Frage ist auch für andere Gesetzgebungen, die ir machen, hochaktuell. Wir unterhalten uns zurzeit arüber, die in den Klimavereinbarungen zugesagte Reuzierung der Emission von Treibhausgasen auch durch echanismen in anderen Ländern zu erreichen, also icht nur zu Hause, sondern auch in den Schwellenlänern und Entwicklungsländern. Das ist eine wichtige Ulrich Kelber Frage, weil wir darüber den Technologietransfer fördern wollen, die Schwellenund Entwicklungsländer einbinden wollen und eines Tages vielleicht sogar die USA wieder in den Klimaschutz zurückholen wollen. Jetzt haben wir aber die Situation, dass einige Mitgliedstaaten der EU und die Opposition aus CDU/CSU und FDP fordern, mit diesen Mechanismen nicht den Klimaschutz zu Hause in Deutschland voranzutreiben, sondern sie in den Entwicklungsländern unbegrenzt zu erlauben, in Maximalposition also den gesamten Klimaschutz im Ausland zu betreiben. Dazu möchte ich sagen: Ich glaube, dies ist kurzsichtig. Es widerspricht nationalen deutschen Interessen und schadet der internationalen Zusammenarbeit. Nur eine Mischung aus Klimaschutz zu Hause und Technologietransfer in die Entwicklungsländer kann tatsächlich Wirkung erzielen. Ich werde das näher erläutern. Zuerst zur Frage des nationalen Interesses. Warum haben wir als Deutsche ein nationales Interesse daran, dass Klimaschutz auch in Nordamerika und in Europa betrieben und nicht nur in Ländern des Südens bezahlt wird? Deutsche Firmen sind führend bei Klimaschutztechnologien. Wenn Klimaschutz jetzt nur noch durch Billigstmaßnahmen in den Entwicklungsländern, in den Ländern des Südens betrieben wird, werden Exportchancen für unsere deutschen Unternehmen gefährdet. Das kann doch keiner wollen. Allein aus diesem Grund sollten Sie als CDU/CSU und FDP Ihre Position einmal überdenken. Zweites Argument: Die unbeschränkte Nutzung ist auch kurzsichtig. Wenn alles Geld für den Klimaschutz nur noch auf kurzfristige Billigmaßnahmen in Entwicklungsländern konzentriert wird, fehlen Geld und Anreiz für die Entwicklung neuer Technologien, die zusätzliche Schritte beim Klimaschutz ermöglichen. In Kürze gingen uns die bezahlbaren Maßnahmen aus und es fehlten uns die Technologien, um weitere Schritte beim Klimaschutz zu erreichen. Gerade Hightechländer wie Deutschland verlören damit einen sich sonst bildenden Weltmarkt. Drittes Argument, warum eine unbeschränkte Nutzung für die internationale Zusammenarbeit selbst schädlich ist: Ein Verzicht auf Klimaschutzanstrengungen in den Industriestaaten mit der Begründung, die Kosten für den Klimaschutz seien bei uns zu hoch, deshalb müsse er im Süden verfolgt werden, stärkt diejenigen in den Ländern des Südens, die sagen, Entwicklung und Klimaschutz seien nicht miteinander vereinbar. Sie lesen ganz genau, was in den Debatten in den Industrieländern gesagt wird, und ziehen daraus den Schluss, wir glaubten nicht, hier Klimaschutz und Wohlstandsentwicklung gleichzeitig vorantreiben zu können, und wollten dies lediglich auf die Menschen im Süden verlagern. Wenn man sich mit diesen Menschen unterhält, be k W z d S n K z R W l b m w S f Z (C (D ommt man genau dies zur Antwort. Daher wäre unser unsch, auch die Schwellenund Entwicklungsländer ur Übernahme von Klimaschutzzielen zu verpflichten, ann nicht zu erreichen. Auch weil die Vereinigten Staaten die Einbindung der chwellenund Entwicklungsländer als Voraussetzung ennen, um überhaupt selbst wieder dem internationalen limaschutz beizutreten, wäre eine unbeschränkte Nutung, wie Sie sie von uns fordern und die wir Ihnen zu echt verweigern, ein Fehler. Wir würden es auf diese eise nie schaffen, den größten Emittenten klimaschäd icher Gase in die internationale Zusammenarbeit einzuinden. Akzeptiert man diese Einschätzungen, dann kommt an zu folgendem Fazit: Deutschland muss sich am eltweiten Klimaschutz beteiligen, gerade auch am chutz des tropischen Regenwalds. Aber die Vorbildunktion findet vor der eigenen Haustür statt. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517814500

Ich schließe die Aussprache.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9 a bis 9 c sowie

usatzpunkt 4 auf:
9 a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-

gierung
Lebenslagen in Deutschland – Zweiter Ar-
muts- und Reichtumsbericht
– Drucksache 15/5015 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Gesundheit und So-
ziale Sicherung (13. Ausschuss) zu der Unterrich-
tung durch die Bundesregierung
Nationaler Aktionsplan für Deutschland zur
Bekämpfung von Armut und sozialer Aus-
grenzung 2003 bis 2005
Strategien zur Stärkung der sozialen Integra-
tion
– Drucksachen 15/1420, 15/3041 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Markus Kurth






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-

regierung
Nationaler Aktionsplan für Deutschland zur
Bekämpfung von Armut und sozialer Aus-
grenzung 2003 bis 2005 – Aktualisierung 2004
Strategien zur Stärkung der sozialen Integra-
tion
– Drucksache 15/3270 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

ZP 4 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach,
Christoph Hartmann (Homburg), Cornelia Pieper,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Bildungsarmut in Deutschland feststellen und
bekämpfen
– Drucksachen 15/3356, 15/4587 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ulrike Flach
Gesine Multhaupt
Werner Lensing
Grietje Bettin

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Bundes-
ministerin für Gesundheit und Soziales, Ulla Schmidt.


(Beifall bei der SPD)

Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und

Soziale Sicherung:
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der vorliegende Armuts- und Reichtumsbericht der
Bundesregierung füllt eine Lücke, die von der Regierung
Kohl mit Absicht hinterlassen worden ist. Die damalige
Regierung wollte die mit einem solchen Bericht verbun-
denen heißen gesellschaftlichen Eisen nicht anpacken.

Wer den Bericht genau liest, wird sehen, dass die
Frage, ob jemand arm ist oder zu denen gehört, denen es
in unserer Gesellschaft besser geht, eng damit verbunden
ist, welche Ausbildungschancen und welche Chancen
auf dem Arbeitsmarkt der Einzelne hat.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es!)

Deshalb ist eine der wesentlichen Folgerungen, die sich
aus diesem Bericht, aber auch aus der Politik ergeben
– und die die Bundesregierung vor allen Dingen mit der
Agenda 2010 auf den Weg gebracht hat –, für die Men-
schen einen Zugang zu Bildungsmöglichkeiten zu schaf-

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(C (D en und ihnen die Chance zu eröffnen, ihre Existenz und ie ihrer Familien zu sichern. Wir tun alles, um die Rahmenbedingungen für Arbeit nd Beschäftigung zu schaffen. Bei genauem Hinsehen eigt sich allerdings, wie entscheidend es ist, welche orm von Arbeitsplätzen und Teilhabemöglichkeiten anestrebt wird. Der Satz, sozial ist, was Arbeit schafft, ird von Ihrer Seite immer wieder gesagt. abei verschweigen Sie: egal unter welchen Bedingunen. Darin unterscheiden wir uns. Auch wir sagen, sozial st, was Arbeit schafft. Damit meinen wir aber Arbeit in ürde und Arbeit, die den Menschen Sicherheit ver chafft. Das ist ein entscheidender Unterschied. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Mit Recht!)

Zu allen notwendigen Reformen des Arbeitsmarktes

owie der sozialen Sicherungssysteme gehört es, dass
ir Arbeitsplätze schaffen, die den Menschen ein Ein-
ommen garantieren, von dem sie und ihre Familien le-
en können und bei denen die Schutzrechte der Arbeit-
ehmer und Arbeitnehmerinnen gewahrt bleiben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie haben doch die 1-Euro-Jobs geschaffen!)


enn die eigene Existenz zu sichern ist eine wesentliche
oraussetzung für die Freiheit von Menschen und die
ekämpfung von Armut.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517814600

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Kolb?
Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und

oziale Sicherung:
Immer.

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1517814700

Frau Ministerin, Sie haben die Notwendigkeit aus-

ömmlicher Arbeit sehr betont. Sind Sie bereit, einzu-
äumen, dass gerade jetzt wieder statistisch festgestellt
urde, dass 300 000 sozialversicherungspflichtige Be-
chäftigungsverhältnisse im Vergleich zum Vorjahr ver-
oren gegangen sind, und dass Sie Ihre beschäftigungs-
olitischen Erfolge – wenn es überhaupt welche gibt –
llenfalls auf dem Gebiet der 1-Euro-Jobs, der gering-
ügigen Beschäftigung und der Ich-AG, also bei nicht
uskömmlichen Beschäftigungsverhältnissen erzielen?
önnen Sie das bestätigen und wie würden Sie das ge-
ebenenfalls bewerten?
Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und

oziale Sicherung:
Es gibt heute neben den sozialversicherungspflichti-

en Arbeitsverhältnissen eine große Steigerung der Be-
chäftigungsfähigkeit. Selbstverständlich führen gerade
inijobs und Midijobs, deren Einführung vor allen Din-
en auf Ihre Empfehlungen zurückgeht,






(A) )



(B) )


Bundesministerin Ulla Schmidt


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

aus der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
heraus.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie bilden eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt!)


– Sie funktionieren aber nicht ohne weiteres als Brücke
in den ersten Arbeitsmarkt. Wir haben heute in den sozi-
alen Sicherungssystemen rund 1 Milliarde Euro weniger
Einnahmen, weil die Minijobs nicht dazu geführt haben,
dass die Betroffenen direkt in den ersten Arbeitsmarkt
zurückkehren.


(Peter Dreßen [SPD]: Ordentliche Arbeitsplätze werden aufgegeben!)


Sie decken vielmehr andere Formen der Beschäftigung
ab.

Wenn wir sagen, sozial ist, was Arbeit schafft, und al-
les andere hintanstellen, werden wir in Zukunft verstärkt
erleben, dass die Menschen vielleicht zwei, drei oder
vier Minijobs haben müssen, damit sie überhaupt exis-
tieren können. Das ist nicht unsere Politik. Wir setzen
darauf, in diesem Lande wirklich Sozialpolitik zu ma-
chen.

Wir wollen trotz der Reformen, die notwendig sind,
und trotz einer Veränderung bei der Erwerbstätigkeit
– denn heutzutage wechselt ein Mensch mehrmals zwi-
schen selbstständiger Arbeit, auch in Form der Ich-AG,
und einer Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt – Ar-
beitsplätze schaffen, bei denen die Rechte und die Si-
cherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ga-
rantiert sind.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: An dieser Front sind Sie nicht erfolgreich!)


Unser Ziel ist, Arbeit zu schaffen und gute Ausbildungs-
möglichkeiten für die junge Generation und gute Weiter-
bildungsmöglichkeiten anzubieten. Wir wollen die Ar-
beitnehmer- und Mitbestimmungsrechte und starke
Betriebsräte erhalten und dafür sorgen, dass die Men-
schen von ihrer Arbeit leben können


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber die Statistik spricht eine andere Sprache!)


und die sozialen Sicherungssysteme weiter Bestand ha-
ben.

Angesichts der Tatsache, dass es weniger sozialversi-
cherungspflichtige Arbeitsplätze gibt, müssen wir eine
Diskussion über die Reform der sozialen Sicherungssys-
teme führen, da die Anbindung allein an Lohn und Ge-
halt nicht ausreicht, um tatsächlich auf Dauer einen aus-
reichenden Schutz zu gewähren.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Kontraproduktiv!)

Unsere Forderung ist, die Bürgerversicherung einzufüh-
ren. Ihre Forderung ist, eine Privatisierung vorzuneh-
men. Die der CDU/CSU ist, eine Kopfpauschale einzu-
führen.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, anknüpfend an das, was
er Kollege Kolb angesprochen hat, möchte ich feststel-
en, dass wir mit unserer Politik den Sozialstaat erneu-
rn. Wir erneuern ihn, damit er auch unter schwierigeren
edingungen erhalten bleibt und auch in Zukunft für un-
ere Kinder und unsere Enkelkinder das leistet, was er
uch für unsere Generation geleistet hat, nämlich die
esentlichen Lebensrisiken der Menschen abzusichern
nd dafür zu sorgen, dass es in einer Gesellschaft, die
ielfältigen Veränderungen unterworfen ist, gerecht und
erlässlich zugeht.
Das ist keine einfache Aufgabe. Sie ist vielleicht da-
it vergleichbar, ein etwas schwerfälliges Schiff in stür-
ischer See um Klippen herum und an Sandbänken und
racks vorbei zu steuern.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn das Schiff leck ist, wird es besonders schwer!)


iese Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen ha-
en sich nicht gescheut, dieses Schiff zu besteigen, son-
ern sie haben gesagt: Wenn wir wollen, dass unsere
inder und unsere Enkelkinder in Sicherheit leben, dann
üssen wir heute notwendige, wenn auch manchmal
icht sehr beliebte Reformen anpacken. Denn wer heute
ichts tut, fährt den Sozialstaat gegen die Wand und das
chiff auf die Klippen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Euer Kompass ist kaputt, Frau Schmidt!)


Wir haben die Reformen angepackt und es geschafft,
as Schiff um die Klippen herumzuführen. Die sozialen
icherungssysteme sind nicht auf Grund gelaufen. Wir ha-
en konsolidiert, und zwar angefangen bei der Gesund-
eitsreform, die wir ja noch mit Teilen der CDU/CSU zu-
ammen gemacht haben. Der Unterschied ist: Als es
ann stürmisch wurde auf hoher See, waren wir fast al-
eine. Nur die Kollegen Seehofer und Zöller gingen nicht
on Bord. Die, die in den Verhandlungen am lautesten
ach Privatisierung gerufen haben, waren ja die, die als
rste vom Schiff gingen, als es ein bisschen brenzlig
urde. Aber da ist der Kollege Zöller ausgenommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Willkommen im Seenotrettungskreuzer, Frau Kollegin!)


Die Rentenreform werden wir wahrscheinlich alleine
achen können.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist keine Reform, die Sie da vorhaben!)


Wer den Armutsbericht und den Bericht über die Al-
erssicherung liest, der wird feststellen, dass Alter und
rmut heute nicht mehr so zusammengehören, wie das
rüher der Fall war. Vielmehr hat sich die Einkommens-
ituation der älteren Generation verbessert – ich bin
tolz darauf –,


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ändert sich aber in 20 Jahren of Bundesministerin Ulla Schmidt fenbar dramatisch! In 20 Jahren sieht das vollkommen anders aus! Das weiß man heute schon!)





(A) )


(B) )


unter anderem durch die Einführung der Grundsiche-
rung. Dass heute nur noch 1,8 Prozent der älteren Gene-
ration über 65 auf Sozialhilfe angewiesen sind, ist eine
Leistung und zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Wenn man allerdings sieht, was Sie vorhaben, kann
man sagen: In 20 Jahren ist das anders.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie brauchen nur in Ihre Gesetze zu gucken! Sie haben die Gesetze gemacht, nicht wir!)


Wir bauen die zweite Säule auf. Das ist notwendig. Die
CDU/CSU will mit ihren Beschlüssen den Rentnern und
Rentnerinnen die Renten um 10 Prozent kürzen. Ich
kann das hier nur noch einmal sagen. Ihre Beschlüsse
bedeuten 10 Prozent Rentenkürzung.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Ist das ein Märchen oder eine Wahlkampflüge?)


Mit Armutsbekämpfung und Sicherung im Alter hat dies
überhaupt nichts mehr zu tun.


(Beifall bei der SPD – Andreas Storm[CDU/ CSU]: Märchen! – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Wo steht das? – Erika Lotz [SPD]: Rentenklau!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Sozialpolitik
und Armutsbekämpfung gehört im 21. Jahrhundert auch
die Bildungspolitik. Investitionen in die Köpfe unserer
Jugend, Investitionen in Forschung und Wissenschaft
tragen dazu bei, dass unsere Produkte im weltweiten
Wettbewerb konkurrenzfähig bleiben. Wir wollen keine
Konkurrenz um billige Arbeitskräfte, sondern eine Kon-
kurrenz mit guten Arbeitsplätzen und zukunftsweisen-
den Produkten. Das ist unser Ziel.

Das ist auch das Ziel der Agenda 2010, die der Bun-
deskanzler auf den Weg gebracht hat. Sie hat zwei zen-
trale Punkte. Der erste Punkt ist, die Chancen für junge
Menschen zu erhöhen, eine gute Ausbildung zu erhalten.
Das ist in einer globalisierten Wissensgesellschaft das
Wichtigste. Deshalb nehmen wir Geld in die Hand und
investieren in Kinderbetreuung und Ganztagsschulen,
damit alle eine bessere Chance als heute haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der zweite Punkt sind die Reformen des Arbeits-
marktes. Wir wollen mit den Reformen des Arbeitsmark-
tes erreichen, dass die Menschen, die arbeitslos werden,
schneller in neue Arbeit vermittelt werden, dass Qualifi-
zierungs- und Weiterbildungsangebote erweitert werden.
Vor allen Dingen muss es gelingen, jungen Menschen
unter 25 in diesem Land eine Chance auf Ausbildung
oder Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt zu ge-
ben.

In den letzten Monaten konnten wir die Arbeitslosig-
keit der jungen Menschen unter 25 um 10 Prozent sen-
ken. Das ist ein Erfolg und spricht für die Maßnahmen,

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(C (D ie wir eingeleitet haben. Sie sind eine wesentliche Voaussetzung dafür, dass diese jungen Menschen überaupt die Chance haben, mit ihren Familien nicht in die rmut zu rutschen und ihren Weg in der Gesellschaft zu inden. Ich bin stolz darauf, dass wir das gemacht haben. as sind die richtigen Antworten auf den Bericht, der ier heute vorliegt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Diese Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen
aben zum ersten Mal in der Geschichte der Bundes-
epublik den Mut gehabt, die Ärmsten der Armen in die
örderung von Teilhabe und Chancen einzubeziehen.
ie mehr als 2 Millionen erwachsenen Menschen, die
isher von der Sozialhilfe leben, haben jetzt die Chance,
n den Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik teil-
unehmen und Weiterbildungs- und Qualifizierungsan-
ebote anzunehmen. Erstmalig sind sie rentenversichert,
flegeversichert, krankenversichert. Das ist der Weg aus
er Armut. Darüber wird leider viel zu wenig diskutiert,
enn es um Hartz IV geht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das funktioniert aber noch nicht!)


Offensichtlich hat sich unsere Gesellschaft mit
,5 Millionen Sozialhilfeempfängern ohne Chancen auf
em Arbeitsmarkt abgefunden. Wir tun das nicht. Wir
ollen Teilhabe, auch die Teilhabe der Kinder von Sozial-
ilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfängern. Das ist
nser Weg der Armutsbekämpfung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich kann Ihnen eines sagen: Bei uns sind Armuts-
ekämpfung und Sozialpolitik gut aufgehoben. Was uns
rohen würde, wenn Sie die Regierung stellen würden,
agt uns vielleicht Kollege Zöller, der nach mir reden
ird. Ich weiß nur von dem, was in den letzten Tagen
esagt wurde. Langsam lüftet sich, wie CDU/CSU und
DP ihre Vorschläge finanzieren wollen. Sie leisten aber
einen Beitrag zur Armutsbekämpfung, wenn dem-
ächst die Krankenschwester oder der Nachtschichtar-
eiter pro Monat erheblich weniger in der Tasche hat,
eil Sie die Steuerfreiheit für Nacht- und Wochenend-
nd Feiertagszuschläge abschaffen wollen.
Man muss wissen, dass Sie die Renten kürzen wür-

en. Dadurch, dass Sie im Gesundheitswesen eine Kopf-
auschale einführen wollen, würden zwei Drittel der
entnerhaushalte zu Bittstellern beim Staat.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nennen Sie doch einmal die Nummer der Drucksache, aus der Sie gerade zitieren!)


erschwiegen wird, dass in all Ihren Konzepten weder
ie Absicherung von Zahnbehandlungen noch das Kran-
engeld enthalten sind.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Reine Wahlkampffantasie!)







(A) )



(B)


Bundesministerin Ulla Schmidt

Lassen Sie uns jetzt darüber diskutieren, wie es in un-

serem Lande weitergehen soll! Ich weiß nur eines: Wenn
das, was in den letzten Tagen durch Vertreter Ihrer Par-
teien an die Öffentlichkeit geraten ist, wahr wird, dann
ist das kein gutes Zeichen für die Menschen in Deutsch-
land,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ihre Politik ist schon bittere Realität geworden, Frau Schmidt!)


dass Sie die Armut in diesem Lande bekämpfen können.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517814800

Nächster Redner ist der Kollege Wolfgang Zöller,

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1517814900

Grüß Gott, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Frau Kollegin Schmidt, ich habe eine große
Befürchtung: Wir wollen heute zwar über den Zweiten
Armuts- und Reichtumsbericht diskutieren,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie hat den Wahlkampf eröffnet!)


aber es scheint, als hätten Sie einen anderen Bericht be-
kommen als wir, die Opposition.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das, was Sie hier vorgetragen haben, hat mit den Inhal-
ten des Berichts nichts zu tun;


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Überhaupt nichts!)


dazu werde ich gleich ein paar Fakten nennen.
Es muss wohl an Ihrem schlechten Gewissen gelegen

haben, dass Sie die Diskussion im Bundestag ganz be-
wusst auf einen Termin nach der Landtagswahl in Nord-
rhein-Westfalen platziert haben.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Allerdings!)

Diese Taktik ging auch auf, bis zum Sonntagabend nach
der Wahl um 18 Uhr.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sonst wäre das Ergebnis noch schlechter gewesen!)


Dann allerdings hat Ihnen Kanzler Schröder dieses faule
Ei durch seine eigenmächtige Entscheidung etwas zu
früh wieder ins Nest gelegt; denn eigentlich sollte die
nächste Bundestagswahl erst in eineinhalb Jahren statt-
finden.


(Erika Lotz [SPD]: Sie wollten doch zum Bericht reden, Herr Zöller!)


Wenn der Inhalt des Berichts nicht so deprimierend
wäre, könnte man fast noch Schadenfreude empfinden.

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(C (D Wir beraten heute den Zweiten Armutsund Reichumsbericht. Mit diesem Bericht, der auf einen Antrag on Rot-Grün zurückgeht, wollen Sie eine qualifizierte atengrundlage über die Verteilung der Einkommen in eutschland schaffen. Gleichzeitig sei dieser Bericht ein nstrument zur Kontrolle der Wirksamkeit Ihrer Politik. is hierhin ist alles in Ordnung. Aber jetzt kommt es. Wie sieht das Ergebnis aus? ieser Bericht offenbart das absolute Scheitern der Reierung bei der Bekämpfung der Armut. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as Armutsrisiko hat unter Rot-Grün zu- und nicht ab-
enommen. Das allein allerdings ist für Rot-Grün noch
icht so schlimm. Viel schlimmer müsste für Sie sein,
ass der Abstand zwischen Arm und Reich zugenommen
at.
Das ist dadurch zu belegen – wenn man den Bericht

enau liest, stellt man das fest –, dass über 1 Million
inder Sozialhilfe beziehen, dass die Überschuldung der
rivaten Haushalte um über 13 Prozent gestiegen ist,
ass Alleinerziehende ein überproportionales Armuts-
isiko von 35,4 Prozent tragen, dass die Zahl der Men-
chen, die nicht mehr aus der Sozialhilfekarriere heraus-
ommen, steigt und dass die Rekordarbeitslosenzahl die
auptursache der Armut ist.
Was mich bei der Diskussion stört, ist die Argumenta-

ionslinie der Regierung: Schuld ist – so behaupten Sie
umindest – die Schwäche der Weltwirtschaft, die Sie
och durch den 11. September 2001 negativ beeinflusst
ehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Der Euro!)

it diesem Erklärungsversuch machen Sie es sich mei-
er Meinung nach viel zu einfach. Diese Erklärung ist
alsch, und zwar auch deswegen, weil Deutschland, was
as Wachstum angeht, unter den 25 EU-Staaten auf dem
5. Platz ist. Auf diese externen Bedingungen hatten die
brigen Länder doch keine andere Einflussmöglichkeit
ls wir.


(Erika Lotz [SPD]: Sagen Sie einmal etwas zur deutschen Einheit!)


n der Wachstumsschwäche in Deutschland ist einzig
nd allein die verquere Wirtschaftspolitik schuld – da
önnen Sie noch so viel dazwischenrufen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1517815000

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Kirschner?


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1517815100

Selbstverständlich. Ich hoffe, dass es nicht seine letzte

st; schade, dass er aufhört.
)






(A) )



(B) )


Wolfgang Zöller


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Klaus Kirschner (SPD):
Rede ID: ID1517815200

Herr Kollege Zöller, warum berücksichtigen Sie bei

Ihrer Kritik – die rein statistisch sicherlich richtig ist –
nicht, dass wir 1 Prozent Wachstum haben, und wieso
wird in der öffentlichen Diskussion und bedauerlicher-
weise jetzt auch von Ihnen nicht berücksichtigt, dass wir
4 Prozent des Bruttosozialprodukts ständig zum Aufbau
der neuen Länder benötigen?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ah, noch ein Entschuldigungsgrund! – Hildegard Müller [CDU/CSU]: Erst seit 1998 oder was?)


– Ich weiß nicht, warum Sie dagegen sind. – Das ist ein
West-Ost-Transfer, den man einmal viel deutlicher öf-
fentlich machen müsste und an dem Sie selber – ich
meine das im positiven Sinne – Ihren Anteil haben.
Wieso wird das in der öffentlichen Diskussion nicht be-
rücksichtigt? Warum stimmen Sie in diesen Chor mit
ein?


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1517815300

Herr Kollege Kirschner, ich bin Ihnen sehr dankbar,

dass sich jetzt auch die SPD endlich zur Wiedervereini-
gung bekennt


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


– ja, selbstverständlich –

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: War ja nicht immer so! – Gegenruf der Abg. Erika Lotz [SPD]: Das darf doch nicht wahr sein! Das haben wir immer getan!)


und dazu, dass sie nicht ohne zusätzliche Kosten zu fi-
nanzieren war. Was Sie ausgeführt haben, kann ich voll
und ganz unterstützen. Sie werden von mir aus gerne im-
mer wieder in Anspruch nehmen können, dass dies auch
ein Grund für diese Ausgabensteigerung ist; überhaupt
kein Problem.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Ich will Rot-Grün aber an einigen Beispielen zeigen,

warum sich die Armut entsprechend diesem Bericht
durch ihr ganz spezielles Handeln vergrößert hat. Der
kleine Mann ist nämlich der Verlierer von Rot-Grün.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


Beispiel eins: Ökosteuer. Die Ökosteuer ist so, wie
Sie sie eingeführt haben, ungerecht. Denn Rentner, Stu-
denten, Arbeitslose – die keine Sozialversicherungsbei-
träge zahlen – dürfen die volle Ökosteuer tragen, profi-
tieren aber nicht von der Senkung der Lohnnebenkosten.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


Daneben werden durch die Ökosteuer besonders Fami-
lien mit Kindern hoch belastet; denn sie verbrauchen
zwangsläufig mehr Energie.

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(C (D Beispiel zwei: Rentenpolitik. Noch im Jahre 1998 ieß es im SPD-Wahlprogramm, dass die Kürzung des entenniveaus von 70 Prozent auf 64 Prozent viele entner zu Sozialhilfeempfängern machen würde. So ürfe man mit Menschen, die ein Leben lang hart geareitet hätten, nicht umgehen. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann kam das RV-Nachhaltigkeitsgesetz!)


ies kann ich voll unterstreichen. Nur, so wie die Regie-
ung in den darauf folgenden Jahren mit den Rentnern
mging, muss man ganz offen von Wahlbetrug sprechen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ie Rentenversicherung hat durch diese Regierung einen
assiven Vertrauensverlust erlitten. Nur durch manches
ricksen und Täuschen haben Sie es geschafft, den Bei-
ragssatz stabil zu halten.


(Peter Dreßen [SPD]: Herr Zöller, wir haben den Rentenbeitragsatz gesenkt! – Erika Lotz [SPD]: Von 20,3 Prozent auf 19,5 Prozent!)


Beispiel drei: Auch die Witwen werden durch Ihre
egelung gleich mehrfach geschröpft.
Beispiel vier: Private Altersvorsorge. So wie sie ist,

st die private Altersvorsorge unsozial, da Gering- und
ormalverdiener nur unzureichend unterstützt werden,
ährend die Bezieher höherer Einkommen erhebliche
teuervorteile haben.
Beispiel fünf: Wohneigentum. Wohneigentum ist

ach wie vor die beliebteste und wirkungsvollste Form
er Vermögensbildung für das Alter, gerade für kleine
eute. Ausgerechnet diese Form der Altersvorsorge ist
on der Förderung praktisch ausgeschlossen.


(Peter Dreßen [SPD]: Sie wissen doch, warum!)


Beispiel 6: Familienpolitik. Die Bundesregierung hat
ei der Erhöhung des Kindergeldes Familien mit drei
nd mehr Kindern ausgeschlossen. Im von der Regie-
ung vorgelegten Armutsbericht heißt es aber, dass ge-
ade Familien mit zwei und mehr Kindern massiv von
irtschaftlicher Armut und verstärkter sozialer Ausgren-
ung betroffen sind.
Das siebte Beispiel betrifft die Alleinerziehenden.
ie rot-grüne Bundesregierung strich den Haushaltsfrei-
etrag für Alleinerziehende.
Warum habe ich diese Beispiele genannt? Ich habe es

etan, weil dies typische Beispiele dafür sind, wie durch
hr Handeln gerade der Personenkreis betroffen wurde,
er jetzt im Armutsbericht als besonders arm dargestellt
ird.


(Erika Lotz [SPD]: Bundesverfassungsgerichtsurteil!)


ie können also nicht sagen, dass es Wirkungen von au-
en waren.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!)







(A) )



(B) )


Wolfgang Zöller

Es waren viele Einzelmaßnahmen, die Sie hier zu vertre-
ten haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Erika Lotz [SPD]: Wir mussten das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umsetzen!)


Arm zu sein bedeutet in Deutschland aber nicht nur,
weniger Geld zu haben. Es heißt auch, in einem schlech-
teren Gesundheitszustand zu sein und eine geringere Le-
benserwartung zu haben als Personen mit einem höheren
Einkommen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb nehmen Sie auch Zahnersatz heraus!)


Menschen in Armut leiden vermehrt an Krankheiten
oder Gesundheitsstörungen und klagen häufiger über
starke gesundheitsbedingte Einschränkungen im Alltag.
Diese Tatsache stellt die Bundesregierung in ihrem eige-
nen Bericht fest. Der Sachverständigenrat bestätigt diese
Einschätzung. Zum Vergleich nur eine Zahl: Die Männer
in den einkommensstärkeren Bevölkerungsschichten
sterben zehn Jahre später als die in Armut lebenden; bei
den Frauen beträgt der Unterschied immerhin noch fünf
Jahre.

Der Sachverständigenrat bemängelt die unzurei-
chende Studienlage zum Thema Gesundheitschancen
von sozialen Schichten. Er regt an, die Gesundheitsbe-
richterstattung mit der Armuts- und Reichtumsbericht-
erstattung zu verknüpfen. Der Bundesregierung wird
vom Sachverständigenrat also bescheinigt, dass sie sich
nicht an den eigenen Beschluss gehalten hat, mit dem
eine umfassende Analyse gefordert wurde.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich glaube,
der Kanzler hat momentan ein ganz großes Problem.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Mindestens eines!)


– Er hat ein ganz großes. – Es geht darum, wie er die
Vertrauensfrage formulieren soll, damit man ihm das
Misstrauen auch aussprechen kann. Für mich ist das ein
sehr zweifelhaftes Vorgehen. Wir haben einen besseren
und rechtssicheren Vorschlag: Wer einen solchen Ar-
mutsbericht trotz vollmundiger Ankündigungen, alles
besser zu machen, zu verantworten hat, sollte – Charak-
terstärke vorausgesetzt – einfach seinen Rücktritt erklä-
ren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Erika Lotz [SPD]: Wen von uns wollen Sie denn dann haben?)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517815400

Danke schön auch für die Knappheit. – Das Wort hat

jetzt der Abgeordnete Markus Kurth.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! err Zöller, Tatsache ist: Die relative Einkommensarut hat sich zwischen 1998 und 2003 von 12,1 Prozent uf 13,5 Prozent erhöht. Wir können aber nicht allein auf die Einkommensarut schauen. Armut ist ein vielschichtiges Problem. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Vermögen sind auch nicht besser geworden!)

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517815500

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Stimmt!)


er ein geringes Einkommen hat, hat in der Regel auch
eitere Handicaps, zum Beispiel Probleme im Bildungs-
ereich, bei der Gesundheit oder auch Sprachprobleme
ufgrund der Herkunft bzw. eines Migrationshinter-
runds.


(Peter Dreßen [SPD]: So ist es!)

as heißt, wir müssen uns die Entwicklung getrennt
ach einzelnen Gruppen genau anschauen, um die not-
endigen Schlussfolgerungen ziehen zu können, wie
an die Armut am besten bekämpft.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das läuft auf Schönreden hinaus!)


Nein, das läuft nicht auf Schönreden raus, Herr Kolb
on der Opposition, sondern ich analysiere die Situation.
Besonders betroffen sind Alleinerziehende – das ist

ichtig –, Arbeitslose, junge Erwachsene zwischen
8 Jahren und 24 Jahren und betrüblicherweise, wie ge-
agt, Personen mit Migrationshintergrund.
Hier ist es in der Tat auch unter Rot-Grün zu einer
eiteren Zunahme der Armutsquote gekommen. Das
eschah aber nicht wegen der Politik von Rot-Grün, son-
ern trotz unserer Bemühungen: trotz der Erhöhung des
indergeldes, trotz der BAföG-Reform und trotz der
teuerreform.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Woran lag es denn? – Gegenruf des Abg. Peter Dreßen [SPD]: Weil ihr unsere Maßnahmen immer abgelehnt habt! – Gegenruf des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ihr habt immer mehr Leute in die Arbeitslosigkeit gebracht!)


Das zeigt: Obwohl wir Umverteilungsanstrengungen
nternommen haben, sind zielgerichtete Programme
ur Armutsbekämpfung notwendig. Geldleistungen
ind wichtig.
Die Sicherung des Existenzminimums ist in einem

ozialstaat natürlich die Grundvoraussetzung. Aber die
ransferleistung allein reicht nicht aus. Einem jungen
enschen, der nicht richtig deutsch sprechen kann, hel-

en 100 Euro pro Monat auf Dauer nicht weiter. Besser
äre es, das Geld in einen Deutschkurs zu investieren.






(A) )



(B) )


Markus Kurth

Wir brauchen also vor allen Dingen eine Infrastruktur,
die soziale Mobilität ermöglicht.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wer hat denn die Deutschkurse gestrichen?)


Politik wird – das sollten wir den Menschen klar sa-
gen – Armut nie vollständig abschaffen können. Die Po-
litik aber muss die Voraussetzungen dafür schaffen, dass
die Menschen die Armut überwinden und aus ihr heraus-
finden können. Da haben diese Regierung und die Koali-
tionsfraktionen eine Leistungsbilanz der letzten Jahre
vorzuweisen, die sich sehen lassen kann.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)


Wir haben zum Beispiel die finanziellen Vorausset-
zungen für die Kommunen geschaffen, die Tagesbetreu-
ung von Kindern zu organisieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wo ist denn das Geld? Wo sind denn die 3,5 Milliarden? Sie sind nicht angekommen!)


Wir haben mit dem Ganztagsschulprogramm die Mög-
lichkeit geschaffen, um über Bildung sozial aufzustei-
gen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben die Ausbildungsumlage initiiert und so die
Arbeitgeber dazu gebracht, den Ausbildungspakt zu be-
schließen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Peter Dreßen [SPD]: Von euch abgelehnt!)


Wir haben in die Hartz-IV-Gesetze zum ersten Mal für
Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren ei-
nen Anspruch auf ein Angebot aufgenommen. All das
haben wir gemacht. Das können Sie nicht in Abrede stel-
len. Wir müssen im Bereich der Migration noch mehr
tun; denn hier tickt in der Tat die größte soziale Zeit-
bombe. 36 Prozent aller jungen Menschen mit Migra-
tionshintergrund haben keine Berufsausbildung. Das ist
unsere Leistungsbilanz.

Kommen wir jetzt einmal zu Ihnen. Dazu muss man
gar nicht, wie das die Ministerin gemacht hat – das war
auch gut –, schauen, was Sie ankündigen, sondern wir
sehen ja, was Sie in den von Ihnen regierten Ländern
konkret für eine Politik machen. Ihr Wahlslogan ist
– Angela Merkel hat es bei ihrer Kandidatinnenkür
gesagt –: Wir wollen die Ich-AGs durch die Wir-Gesell-
schaft ersetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das hört sich so warm an. Weiter heißt es: Menschen
ohne Lobby, Bürger ohne organisierte Interessenvertre-
tung – so wird jetzt behauptet – werden von der Union
besonders gestützt und gestärkt.

Schauen wir uns einmal die Realitäten an. Nach einer
Zeitungsmeldung vom Vortag will Sozialminister Ren-

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(C (D er in Baden-Württemberg die Schuleingangsuntersuhung streichen. Die Schuleingangsuntersuchung ist peziell für Kinder aus sozialen Brennpunkten und für inder mit Migrationshintergrund oft die erste und einige Möglichkeit, zu erkennen, ob etwa Sprachstörungen orhanden sind. Der Schuleintritt bietet die Möglichkeit, m zu intervenieren und die Voraussetzungen für einen rfolgreichen Schulverlauf zu schaffen. Kinder sind sehr ohl Menschen ohne organisierte Lobby. Das machen ie in Baden-Württemberg. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Erika Lotz [SPD]: Hört! Hört!)


Ihr Herr Koch legt in Hessen mit der „Operation si-
here Zukunft“ das größte Sparpaket der Landesge-
chichte vor. Obdachlose werden künftig ohne beglei-
ende professionelle Hilfe arbeiten müssen. Waren im
etzten Jahr der rot-grünen Regierung in Hessen 1999 für
inderbetreuung, Sprachförderung im Kindergarten und
etreuungsplätze noch 59 Millionen Euro im Haushalt
ingestellt, so sind es jetzt – das ist beschämend – klägli-
he 17,3 Millionen Euro. Das ist die Politik für die Men-
chen ohne Lobby. Das ist Ihre Bilanz in Hessen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Peter Dreßen [SPD]: Hört! Hört!)


Gestern habe ich in einer Pressemitteilung Folgendes
efunden: Die hessische CDU-Fraktion kauft in Zeiten
napper Kassen für repräsentative Zwecke dem Erba-
her Grafen für 13 Millionen Euro sein Schloss ab.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ein sehr schönes Schloss! Es liegt in meinem Wahlkreis!)


afür geben Sie das Geld aus, aber für Kinderbetreuung
st kein Geld da.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Kommen Sie mal zur Sache!)


Die Caritas in Bayern hat aufgelistet, welche Sozial-
ürzungen Sie dort vornehmen. Im Etat für den Auslän-
ersozialdienst streichen Sie 1,7 Millionen Euro. Sie
ürzen die Mittel für die ambulante sozialpsychiatrische
etreuung. In Niedersachsen beabsichtigt Christian
ulff, der beliebteste Politiker Deutschlands, die voll-

tändige Streichung des Blindengeldes.

(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Warum denn?)

r plant den Ausstieg aus der Mitfinanzierung des Bund/
änder-Programms „Soziale Stadt“, das wir aufgelegt
aben, um den Ärmsten der Armen zu helfen. Außerdem
ill er die Mittel für die externe Drogenberatung in Jus-
izvollzugsanstalten streichen.
Das mag zwar nur nach einigen Details klingen. Das

ber betrifft genau die Menschen ohne Lobby, die auf
nsere Unterstützung angewiesen sind. Gleichzeitig aber
prechen Sie von der Wir-Gesellschaft. Sie lassen die
ergessenen dieser Gesellschaft im Stich. Mit genau die-
er Politik wird es Menschen unmöglich gemacht, Brü-
ken aus der Armut zu bauen, um aus ihrer Situation






(A) )



(B) )


Markus Kurth

herauszukommen. Das ist der Unterschied zwischen
Rot-Grün und Ihnen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517815600

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Heinrich Kolb.

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1517815700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst einmal zu Ihrer Bemerkung über den Mut,
heiße Eisen anzupacken, Frau Ministerin. Ihr Mut war
auch nicht sonderlich ausgeprägt. Sie haben zwar diesen
Armutsbericht beschlossen, ihn aber erst mit einem hal-
ben Jahr Verspätung und erst nach drängenden Fragen
der Opposition vorgelegt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Oh!)


Jedem, der diesen Bericht liest, wird relativ schnell klar,
warum Sie das getan haben, nämlich weil der Bericht
eine offizielle Dokumentation des Scheiterns rot-grüner
Sozial- und Wirtschaftspolitik ist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Er ist mehr als ein Armutsbericht, er ist ein Armutszeug-
nis für Ihre Regierung, Frau Schmidt. Deswegen ist es
verständlich und bezeichnend – da gebe ich dem Kolle-
gen Zöller Recht –, dass er erst heute diskutiert wird,
zehn Tage nach der Wahl in NRW. Fairerweise und ehrli-
cherweise hätten Sie ihn vorher diskutieren müssen.
Dann hätte das Ergebnis vielleicht noch anders ausgese-
hen.

Dabei ist die Lage in dem Bericht stellenweise sogar
noch günstiger dargestellt, als sie in der Realität aus-
sieht. So sagen Sie, zum Beispiel was die verdeckte Ar-
mut angeht, dass auf drei Sozialhilfeempfänger noch
einmal 1,5 bis zwei Anspruchsberechtigte kämen, die
ihre Ansprüche nicht geltend machten. Aber die Autoren
des Forschungsberichtes, der dem Bericht der Bundesre-
gierung zugrunde liegt, gehen davon aus, dass mindes-
tens zwei, eher aber drei weitere Berechtigte auf jeweils
drei Sozialhilfeempfänger kommen. Das ist die ganze
bittere Wahrheit und das Ergebnis Ihrer Politik.

Ich will noch einmal anhand von Fakten unterstrei-
chen und deutlich machen – Kollege Zöller hat damit
schon angefangen –, wie sich die Lage seit dem Regie-
rungsantritt von Rot-Grün verschlechtert hat. Die
Armutsrisikoquote ist von 1998 bis 2003 von 12,1 Pro-
zent auf 13,5 Prozent gestiegen. Das heißt, 2003 sind
rund 11 Millionen Menschen in diesem Land vom Ri-
siko der Armut betroffen.


(Rolf Stöckel [SPD]: Relative Armut!)

Das fiktive Armutsrisiko, das heißt die Einkommens-
situation vor öffentlichen Transfers, ist sogar von
38,5 Prozent auf 41,3 Prozent in 2003 gestiegen. Jede
siebte Familie muss mit einem Einkommen unterhalb
der Armutsgrenze auskommen. Das sind 13,9 Prozent in

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(C (D 003 gegenüber 12,6 Prozent in 1998. Die Zahl der Verraucherinsolvenzen stieg von 1 634 Fällen in 1999 auf 2 131 Fälle im Jahr 2003. Dabei ist sicherlich auch das eue Insolvenzrecht zu berücksichtigen, aber das ist uch zu einem guten Teil Ergebnis Ihrer Politik. Ganz ichtig: Die unteren 50 Prozent der Haushalte verfügen ber etwas weniger als 4 Prozent des gesamten Nettoermögens. Der Anteil des oberen Zehntels ist in 2003 egenüber 1998 um 2 Prozent gestiegen. Das alles – vor llem der letzte Punkt – zeigt: Die Schere zwischen Arm nd Reich ist unter der sozialdemokratisch geführten Reierung nicht etwa zu-, sondern sie ist weiter aufgeganen. Anspruch und Wirklichkeit, Frau Schmidt, klaffen ei Ihnen weit auseinander. Trotz des historisch höchsten Anteils der Sozialleisngen am Bruttoinlandsprodukt von 32,6 Prozent ist die rmutsrisikoquote bei nahezu allen gesellschaftlichen ruppen gestiegen. Das zeigt – das muss man doch zur enntnis nehmen –: Der Versuch, Armut mit immer ehr Umverteilung zu bekämpfen, ist gescheitert. (Rolf Stöckel [SPD]: Auch Sie haben den Bericht nicht gelesen!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich habe ihn gelesen, Herr Kollege Stöckel.

(Beifall bei der FDP)


er Bericht leistet immerhin – das will ich hier einräu-
en –, deutlich auf den Zusammenhang zwischen
rbeitslosigkeit und Armut hinzuweisen. Der Erhalt
on bestehenden und die Schaffung von neuen Arbeits-
lätzen ist eben doch die wirksamste Maßnahme zur Be-
ämpfung und Beseitigung von Armut. Aus eben diesem
runde ist es für die Betroffenen so bitter, dass die halb-
erzige Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der rot-
rünen Regierung keine Erfolge zeitigen kann.
Ich stelle fest: Unter der rot-grünen Bundesregierung
t die Armut mitten in der Gesellschaft angekommen.
ie trifft heute nicht mehr nur so genannte Randgruppen,
ondern in Zeiten eines von Rot-Grün zu verantworten-
en weiteren Anstiegs der Arbeitslosigkeit kann in
eutschland faktisch jeder von Armut betroffen sein.


(Erika Lotz [SPD]: Das sagen die, die immer für Niedriglohn kämpfen!)


as gilt auch für junge Menschen, deren Armutsrisiko-
uote besonders angestiegen ist. Hier besteht ein deut-
icher Zusammenhang zwischen Armutsrisiko und Bil-
ung. Je niedriger der Bildungsgrad, desto höher ist die
efahr der Arbeitslosigkeit. Deswegen muss uns doch
larmieren, Frau Kollegin Lotz, dass 2003 rund
0 000 Jugendliche eine allgemeinbildende Schule ohne
auptschulabschluss verlassen haben.


(Rolf Stöckel [SPD]: Das ist das Ergebnis Ihrer Politik während Ihrer Regierungszeit!)


Wir hätten uns gewünscht – dazu gab es einen FDP-
ntrag –, dass in diesem Armutsbericht der Zusammen-
ang zwischen Bildung und sozialer Lage deutlich aus-
eprägter dargestellt und nicht nur auf 20 von insgesamt






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

322 Seiten behandelt worden wäre. Aber Sie haben die-
sen Antrag abgelehnt.

Ich komme zum Schluss. Sieben Jahre Rot-Grün ha-
ben dazu geführt – das muss ich zusammenfassend fest-
stellen –, dass die Armut in Deutschland zugenommen
hat. Es ist unbestreitbar: Sieben Jahre Rot-Grün haben
dazu geführt, dass die Ungleichheit der Vermögensver-
hältnisse in Deutschland größer geworden ist.

Die Wahrheit ist: Die rot-grüne Bundesregierung ist
das größte Armutsrisiko für die Menschen in diesem
Land. Deswegen ist es gut, dass dieses Risiko in
108 Tagen beseitigt sein wird.

Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Rolf Stöckel [SPD]: Schauen wir mal! – Erika Lotz [SPD]: Dazu hat der Bundespräsident auch noch was zu sagen! – Gegenruf des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ach so! Ihr wollt gar keine Neuwahl?)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517815800

Das Wort hat die Abgeordnete Gesine Lötzsch.

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1517815900

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Ich bin Abgeordnete der PDS. – Wenn es einen
wichtigen Grund für Neuwahlen gibt, dann ist es die zu-
nehmende Armut in unserem Land.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Diese Regierung, die nicht alles anders, aber vieles bes-
ser machen wollte, hat es geschafft, die Politik von
Helmut Kohl fortzusetzen: Die Armen werden ärmer
und die Reichen reicher.


(Zuruf von der CDU/CSU: Im Gegenteil!)

Meine Damen und Herren von der SPD, das ist nicht

das Ergebnis von unbeherrschbaren Heuschrecken-
schwärmen; es ist vielmehr das Ergebnis der Politik von
SPD und Grünen.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

In Ihrem Bericht, der 320 Seiten umfasst, waren Sie
nicht in der Lage, auf den wichtigen Zusammenhang
von Armut und Reichtum hinzuweisen. Brecht hat es
so formuliert:

Reicher Mann und armer Mann standen da und
sah’n sich an. Und der Arme sagte bleich: Wär ich
nicht arm, wärst Du nicht reich.

Forbes zählt für das Jahr 2003 43 deutsche Milliar-
däre zu den Reichsten der Erde. In Deutschland kommt
auf sieben Arbeitslose ein Vermögensmillionär. Auch
das ist eine Leistung der Bundesregierung, auf die Sie im
Bundestagswahlkampf hinweisen sollten, vielleicht un-
ter der Überschrift „Die Bundesregierung produziert
nicht nur Arbeitslosigkeit, sondern auch Milliardäre“.

Doch eigentlich ist das Thema nicht zum Scherzen
geeignet. Im Gegenteil: Angesichts von 1,5 Millionen

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(C (D indern in Armut, besonders hoher Armutsrisiken für amilien mit mehreren Kindern und von Alleinerzieenden ist es ein Ausdruck von bestürzender Lebenserne und Ignoranz, wenn die Familienministerin chmidt in der „Bild am Sonntag“ vom 27. Februar diees Jahres über Armut in Deutschland zu bedenken gibt: Armut hat nicht nur mit Geld zu tun. Entscheidend ist, ob eine Familie es versteht, mit Geld gut umzugehen. rau Schmidt empfiehlt dann noch statt teurem Fast ood „Eintopf mit Saisongemüse. Kluge Mütter wissen, iese Mahlzeit lässt sich sogar für mehrere Tage im Voaus kochen … Manche Familie hat nicht gelernt, einen aushalt zu führen“. – So viel Inkompetenz und Zynisus kann man nur abwählen, je schneller, desto besser. „Der Sozialhilfesatz in Deutschland reicht bei einer amilie nur 20 Tage lang für eine gesunde Ernährung.“ u diesem Ergebnis gelangten Forscher der Universität ießen in einer Studie. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Und was macht man den Rest des Monats?)


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


us finanziellen Gründen verpflegten sich Sozialhilfe-
mpfänger für den Rest des Monats überwiegend mit
rot, Kartoffeln und Teigwaren, so die Ernährungswis-
enschaftlerin Lehmkühler, die diese Untersuchung
urchgeführt hat. Für ausreichend Obst und Gemüse rei-
he das Geld nicht. Die Ernährungswissenschaftlerin be-
ichtete von gravierenden Folgen, die diese Fehlernäh-
ung besonders bei Kindern hat. Mit dem Begriff
Streckphase“ beschreiben Betroffene, dass sie Geld und
ssensreste oft bis zur nächsten Geldüberweisung stre-
ken müssen, damit ihr Haushalt über die Runden bzw.
amit überhaupt etwas zu essen und zu trinken auf den
isch kommt. Das ist die Situation in einem der reichs-
en Länder der Welt!
Wir als PDS werden in unserem Wahlprogramm deut-

ich machen, dass wir gute Konzepte haben, um Armut
u bekämpfen und Reichtum zu begrenzen.
Vielen Dank.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517816000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rolf Stöckel.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das wird jetzt nicht so einfach sein, sich nach beiden Seiten zu verteidigen!)



Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1517816100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich
öchte mich zunächst einmal im Namen der SPD-Frak-
ion bei der Frau Ministerin und vor allem bei der Bun-
esregierung dafür bedanken, dass sie den Zweiten Ar-
uts- und Reichtumsbericht fristgerecht vorgelegt hat.






(A) )



(B) )


Rolf Stöckel


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein!)

– Vielleicht können Sie sich nicht mehr daran erinnern,
Herr Kolb. Sie haben hier den Beweis geliefert, dass Sie
den Bericht nicht richtig gelesen haben.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist doch Quatsch!)


Die Drucksache trägt das Datum vom 3. März 2005. An
diesem Tag wurde der Bericht eingebracht. Er ist auch
öffentlich zugänglich.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Er hätte Ende 2004 vorgelegt werden müssen! Da war er ja auch schon fertig!)


Die Bundesregierung hat eine Pressekonferenz gegeben.
Die SPD-Fraktion hat öffentliche Veranstaltungen mit
den Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und Kirchen
zu einer Problemlage durchgeführt, die uns alle angeht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Peter Dreßen [SPD]: Über 300 Leute! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist nach dem Motto „Schön, dass wir etwas geschrieben haben!“)


– Sie wollen hier Krawall machen. Mit diesen alten Poli-
tikritualen werden Sie den Betroffenen in keiner Weise
helfen. Das werde ich Ihnen gleich noch näher und kon-
kreter erläutern.


(Beifall bei der SPD)

Tatsächlich war es ein Antrag der Regierungsfrak-

tionen aus dem Jahre 1999, aufgrund dessen es über-
haupt zu einer konkreten Armuts- und Reichtums-
berichterstattung und zu einer wissenschaftlichen
Untersuchung dieser Problemlagen gekommen ist. Sie
haben sich während Ihrer Regierungszeit geweigert, ei-
nen solchen Bericht zu erstellen,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber durch Ihren Bericht ist doch nichts besser geworden!)


obwohl es EU-Beschlüsse und die Aufforderung an die
nationalen Regierungen gab, Instrumente zur Armutsbe-
kämpfung zu entwickeln. Sie, FDP und CDU/CSU, ha-
ben hier im Deutschen Bundestag gegen unseren Antrag
gestimmt und heute wettern Sie und weiden sich an den
Problemlagen. Diesen Bericht hätte es ohne unseren da-
maligen Antrag gar nicht gegeben


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Durch diesen Bericht hat sich für die Betroffenen überhaupt nichts verändert!)


und Sie hätten heute nicht die Möglichkeit, den Leuten
zu erklären, die Armut sei mit dem Raumschiff 1998
nach Deutschland gekommen, die habe es vorher, unter
Ihrer Regierung, nicht gegeben. Das ist lächerlich, Herr
Kolb.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir jubeln nicht über die Ergebnisse, die dieser Be-
richt aufzeigt. Die Zahlen bedeuten nämlich nicht weni-
ger, als dass 11 Millionen Menschen in Deutschland mit

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(C (D eniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Proopf-Haushaltsnettoeinkommens von 938 Euro leben üssen, um die Summe hier auch einmal ganz konkret u nennen. Entgegen den Darstellungen in den Medien hat die undesregierung den Bericht weder versteckt noch verögert. Wenn Sie glauben, dass Sie die Zahlen dieses Beichts und die Not der Betroffenen für Ihre Propaganda egen die Regierung ausschlachten können, dann sage ch Ihnen: Wir haben mit dem Bericht die Probleme endich offen gelegt, und zwar mit einer gegenüber dem ersen Bericht verbesserten Datenbasis. Es sind im Übrigen och weitere Verbesserungen erforderlich; das wird eine ufgabe für uns alle sein. Wir haben die Wahrheit gesagt und wir fühlen uns uch den anderen EU-Staaten gegenüber verpflichtet, rmut aktiv zu bekämpfen, gemeinsame Konzepte für ie soziale Integration und gegen die Ausgrenzung von illionen von Benachteiligten umzusetzen. Wir sind uns der großen Probleme bewusst und dass ich die Wirkung der Maßnahmen und Reformen, die zur ozialen Integration vor allen Dingen auf dem Arbeitsarkt beitragen, aber auch für bessere Bildungschancen orgen sollen, nicht bis zur nächsten Wahl einstellen ird, sondern dass man einen langen Atem braucht. Ich möchte Ihnen noch eines sagen. Sie haben sich ährend Ihrer Regierungszeit bis 1998 – das waren die 6 Jahre vor diesem Berichtszeitraum – trotz der Fordeungen von Kirchen, Gewerkschaften und Wohlfahrtserbänden immer geweigert, die EU-Beschlüsse und uch unsere Oppositionsforderungen zur Armutsund eichtumsberichterstattung umzusetzen. Sie haben wähend Ihrer Regierungszeit die Armutslage in Deutschand geleugnet und auf die Kinderarmut in der Dritten elt und auf die deutsche Sozialhilfe verwiesen, immer ach dem Motto „Bei uns gibt es das nicht, das ist ein roblem von Rot-Grün“. Ihre Kritik ist sicherlich berechtigt, wenn Sie sagen, ir hätten noch mehr tun können. Aber seit 1999 waren ie mit einer Bundesratsmehrheit zumindest mit in der erantwortung, Maßnahmen noch effizienter zu gestalen und nicht zu blockieren. Die Wahrheit ist aber, dass die strukturellen Gründe ür die heutige Situation in Ihrer Regierungszeit liegen, n den 16 Jahren bis 1998. Ich weiß, wovon ich hier rede. ie Gründe liegen nicht nur in der deutschen Einheit und er Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit, sondern uch in der Verweigerung der Anerkennung der Tatsahe, dass wir ein Einwanderungsland sind, und in unseen Defiziten in der Integrationspolitik, die wir vor allen ingen in Ihrer Regierungszeit hatten. Ich habe während dieser Zeit 15 Jahre in einem So ialamt als Schuldnerberater gearbeitet und dort genau itbekommen, wie die Langzeitarbeitslosen in die Soialhilfe geschoben wurden. Der Schaden durch das ohe Ausmaß von Frühverrentungen, übrigens auf Kosen aktiver Arbeitsmarktpolitik und von Bildung und ualifizierung, und die Finanzierung der deutschen Eineit auf Kosten der Sozialkassen wird für die Einkom Rolf Stöckel mensverteilung in dieser Bundesrepublik Deutschland auf Dauer ein Problem sein und nicht nur bis zum nächsten Wahltag wirken. Wenn ausgerechnet die FDP, die 29 Jahre mitregiert hat, hier einen Antrag zu den Defiziten der beruflichen Qualifikation vorlegt, dann nenne ich Ihnen auch die Zahlen für die Zeit von 1975 bis 1997, die zum größten Teil in Ihre Regierungszeit fällt: Der Anteil der unqualifizierten Arbeitslosen ist von 6 Prozent unter der damaligen sozialliberalen Koalition während dieser Zeit auf 24 Prozent gestiegen, die Arbeitslosenquote insgesamt von 4,7 auf 12,7 Prozent. Dass wir diesen Trend nicht umdrehen konnten, ist sicherlich ein Problem, dem wir uns offen stellen müssen. Ich habe schon gesagt, dass das kein Grund für Selbstgerechtigkeit ist. Aber in Ihrer Regierungszeit sind Sozialhilfedynastien und soziale Brennpunkte entstanden, die bisher mit allen unseren Instrumenten, etwa dem Programm „Soziale Stadt“, nicht so verändert werden konnten, dass Kinder und Jugendliche, die in den betreffenden Stadtvierteln wohnen müssen, tatsächlich wieder eine Perspektive haben. Ich will Ihnen klar sagen: Die Zahlen, die unter anderem Herr Zöller vorgetragen hat, sind alles andere als korrekt, gerade was die Beispielzahlen bei den Älteren betrifft. Im Gegensatz zu Ihrer Regierungszeit ist unter unserer Regierung der relative Anteil der von einem Armutsrisiko betroffenen Älteren von 13,3 Prozent auf 11,4 Prozent gesunken. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Was?)


Das gilt auch für Paare mit zwei Kindern. Dort ist die
Quote auf 8,6 Prozent gesunken. Die Zahl der Woh-
nungs- und Obdachlosen in Deutschland ist von über
500 000 im Jahr 1998, dem Ende Ihrer Regierungszeit,
auf rund 300 000 im Jahr 2003 gesunken. Das ist eine
eklatante Verbesserung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass vor allen
Dingen bei Familien mit ausländischer Herkunft und
Unqualifizierten die Armutsrisikoquote enorm hoch ist.
Darüber sind wir sicherlich nicht glücklich. Aber das ist
auch eine Folge einer langfristig verfehlten Integra-
tionspolitik.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bei alleinerziehenden Frauen beträgt die Armutsrisi-
koquote sogar 35 Prozent, und das trotz Mehrbedarfszu-
schlägen und der Tatsache, dass wir die Steuerfreibe-
träge etwa bei der Betreuung erhöht haben. Das ist ein
wirkliches Problem. Verweigern Sie sich nicht unserer
Politik zur Förderung der Ganztagsschulen und inte-
grierter Schulsysteme sowie vor allem nicht unserem
Ansatz, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei
Frauen, insbesondere bei alleinerziehenden, zu verbes-

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(C (D ern! Sie können es natürlich versuchen. Aber ich habe rößte Sorge, ob das, was Sie wollen, gelingt. Sie haben gestern im Ausschuss das KEG, einen Ge etzesantrag Bayerns, abgelehnt. Das Land Hessen und er Freistaat Bayern haben immer wieder versucht Herr Stoiber hat in den letzten Tagen noch Interviews azu gegeben –, gerade die Mittel, die wir in der Sozialilfe zur Bekämpfung der Armut noch haben, in Zukunft o zu gestalten, dass es sozusagen einen Dumpingwettewerb nach unten gibt. Wenn Sie aber dem Bund die ompetenz wegnehmen und den Ländern oder womögich sogar den Kommunen die Aufgabe übertragen, die ckregelsätze der Sozialhilfe, die ja Armut bekämpfen oll, festzulegen, dann liegt es auf der Hand, dass es eien Dumpingwettbewerb nach unten geben wird. Das ist o nach Adam Riese und dieser ist nicht Mitglied der PD. Sie wollen im Rahmen des Kinderund Jugendhilfe esetzes eine Umschichtung vornehmen. Sie wollen eine issbrauchskontrolle durch einen Nachtwächterstaat geen Rechtsansprüche und gegen einen Ansatz eines aktiierenden Sozialstaates setzen. Das werden wir den enschen in den nächsten Wochen und Monaten deut ich machen. Ich bin ganz sicher, dass die Menschen die ichtige Entscheidung im Hinblick auf Ihren und unseren ozialstaatsansatz treffen werden. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Das ist wahr!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517816200

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Andreas Storm.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1517816300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Rot-
rün war 1998 angetreten, zwar nicht alles anders, aber
ieles besser zu machen. Mehr Arbeitsplätze wollten Sie
chaffen und für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen.
roße Worte! Aber wie sieht die Wirklichkeit heute aus?
Millionen Arbeitslose, Wachstumsschwäche, Rekord-
erschuldung, geplünderte Sozialkassen,


(Rolf Stöckel [SPD]: Alles mit beschlossen!)

as sind die Fakten. Deutschland ist nach sieben Jahren
ot-Grün ausgezehrt und kein einziges Problem ist ge-
öst.


(Beifall bei der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Chefwahlkämpfer!)


ollege Kurth, in einer solchen Situation bauen Sie
uftschlösser.
Meine Damen und Herren von Rot-Grün, der Zweite
rmuts- und Reichtumsbericht, über den wir heute de-
attieren, ist nichts anderes als ein Offenbarungseid Ih-
er Arbeitsmarkt-, Sozial- und Familienpolitik, die Sie
eit 1998 betreiben.






(A) )



(B) )


Andreas Storm


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Erika Lotz [SPD]: Schreien Sie doch nicht so!)


Fakt ist: Erstens. Rot-Grün macht arm. Das Armuts-
risiko ist unter Ihrer Regierungsverantwortung massiv
gestiegen, und zwar von 12,1 Prozent 1998 auf
13,5 Prozent 2003.


(Erika Lotz [SPD]: Schwarz-Gelb macht dumm!)


Nach Ihrem Armuts- und Reichtumsbericht ist in den
neuen Ländern jeder Fünfte arm. Über 11 Millionen
Bundesbürger sind nach Ihrer eigenen Vorlage von Ar-
mut betroffen. Da nützt Ihnen auch der Blick ins Aus-
land nichts. Das Armutsrisiko mag in Deutschland klei-
ner sein als in vielen anderen Ländern in Europa. Aber
das ändert nichts daran, dass das Armutsrisiko in
Deutschland seit 1998 deutlich gestiegen ist.

Zweitens. Rot-Grün spaltet die Gesellschaft. Zwi-
schen 1998 und 2003 ist die Zahl der Armen größer ge-
worden; gleichzeitig haben die Reichen immer mehr.


(Peter Dreßen [SPD]: Diese Rede zeigt, dass Schwarz-Gelb dumm macht!)


Die Schere zwischen Arm und Reich ist noch weiter
auseinander gegangen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum wollen Sie den Spitzensteuersatz weiter senken!)


Kollege Stöckel, Sie haben gesagt, Sie hätten mit den
Gewerkschaften über diesen Bericht diskutiert


(Peter Dreßen [SPD]: Ja!)

und es gebe keine Probleme.


(Rolf Stöckel [SPD]: Ich habe nicht gesagt, dass es keine Probleme gibt!)


In den „Wirtschaftspolitischen Informationen“ von Verdi
des heutigen Tages heißt es – ich zitiere die Kernpassage
wörtlich –:

Bereits vor zehn Jahren war die Vermögensvertei-
lung extrem ungleich. Heute sieht es noch schlim-
mer aus.

Das ist die Beurteilung dieser Gewerkschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU – Erika Lotz [SPD]: Sagen Sie doch einmal was zur Mehrwertsteuer, Herr Storm! Sie sind doch immer dafür! Wie viel Prozent?)


Drittens – das ist mit das gravierendste Problem –:
Wer sich in Deutschland heute für ein Kind entscheidet,
trägt ein Armutsrisiko. Das ist ein gesellschaftspoliti-
scher Skandal. Kinder und Jugendliche stellen heute
mit 1,1 Millionen die größte Gruppe unter den Sozialhil-
feempfängern. Mehr als die Hälfte dieser Kinder und Ju-
gendlichen wächst in Haushalten von Alleinerziehenden
auf.


(Erika Lotz [SPD]: Sie wollen 4 Prozent Mehrwertsteuererhöhung!)


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(C (D ie Alleinerziehenden stellen mit fast 36 Prozent die eitaus größte Gruppe, die von Armut betroffen ist. (Peter Dreßen [SPD]: Das ist leider schon immer so gewesen!)


as Armutsrisiko der Familien ist seit 1998 stark ange-
tiegen. Sie sind 1998 mit dem Versprechen angetreten,
ie Situation der Familien zu verbessern.


(Rolf Stöckel [SPD]: Das haben wir auch gemacht! – Peter Dreßen [SPD]: Das haben wir geschafft!)


as Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Viertens. Das Hauptübel von Armut und sozialer Aus-
renzung ist die Massenarbeitslosigkeit. Vorgestern hat
ie Bundesagentur für Arbeit die neuesten Arbeitslosen-
ahlen bekannt gegeben: Über 4,8 Millionen Menschen
ind arbeitslos. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit,
err Weise, hat aber vor kurzem eingeräumt, dass es,
enn man diejenigen, die in Maßnahmen versteckt sind,
inzurechnet, in Wirklichkeit etwa 6,5 Millionen sind.
Doch auch da macht die Arbeitslosigkeit nicht Halt.

,5 Millionen Arbeitslose bedeutet, dass auch die Ange-
örigen betroffen sind: Über 10 Millionen Menschen lei-
en in Deutschland faktisch unter dem Schicksal der
rbeitslosigkeit. Deshalb ist die Bekämpfung der Mas-
enarbeitslosigkeit die Aufgabe Nummer eins, wenn es
arum geht, Armut in Deutschland zu bekämpfen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

In Wahrheit geht die Talfahrt auf dem Arbeitsmarkt

ngebremst weiter. Tag für Tag gehen 500 sozialversi-
herungspflichtige Arbeitsverhältnisse verloren.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist der eigentliche Skandal! – Peter Dreßen [SPD]: Das stimmt nicht mehr! Das ist die Zahl von 1997!)


enn es so weitergegangen wäre, wenn Sie nicht selber
ie Notbremse gezogen hätten, weil Sie erkannt haben,
ass Sie die Probleme nicht mehr in den Griff bekom-
en, hätte diese Entwicklung überhaupt nicht gestoppt
erden könnte.
Fünftens. Armut ist nicht nur ein aktuelles Problem.
urch die Massenarbeitslosigkeit und durch die zuneh-
ende Langzeitarbeitslosigkeit schafft Rot-Grün die
ltersarmut von morgen.


(Rolf Stöckel [SPD]: Der Bericht besagt das Gegenteil!)


ie haben gestern Zahlen zur Situation im Jahr 2003 vor-
elegt. Diese Zahlen machen deutlich, dass Deutschland
n den vergangenen Jahrzehnten bei der Vermeidung von
rmut im Alter sehr erfolgreich war. Aber diese Zahlen
erücksichtigen allesamt noch nicht die Kürzungen seit
en Hartz-Reformen. Zwei Nullrunden bei der Rente
nd die Pflicht der Rentner, den vollen Pflegebeitrag zu
ahlen, haben ihre Spuren hinterlassen.


(Peter Dreßen [SPD]: Was hätten denn Sie gemacht?)







(A) )



(B) )


Andreas Storm

Der entscheidende Punkt ist, dass die Rentenansprü-

che für Langzeitarbeitslose im Zusammenhang mit dem
Sparpaket des Jahres 1999 drastisch reduziert worden
sind.

Unter Walter Riester wurden die Rentenansprüche
für Langzeitarbeitslose faktisch halbiert; dies schlägt
sich in diesem Armuts- und Reichtumsbericht naturge-
mäß noch nicht nieder. Das bedeutet: Wer heute lange
Zeit arbeitslos ist, hat in Zukunft ein Problem bei der Al-
tersversorgung.

Eine zentrale sozialpolitische Aufgabe für die nächste
Wahlperiode wird es daher sein, das zweite Standbein
der Altersversorgung – neben der gesetzlichen Rente –
vor allen Dingen für Menschen mit niedrigem Einkom-
men aufzubauen. Wenn wir für Menschen mit niedrigem
Einkommen keine zusätzliche Altersversorgung schaf-
fen – an dieser Stelle sind Sie in dieser Wahlperiode
grandios gescheitert, Frau Schmidt –, ist die Altersarmut
ein Problem der nächsten Jahrzehnte. Deshalb muss hier
dringend vorgebaut werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Erika Lotz [SPD]: Deshalb wollen Sie die Mehrwertsteuer erhöhen! Um wie viel Prozent wollen Sie die Mehrwertsteuer denn erhöhen? 4 oder 5 Prozent?)


Das Fazit nach sieben Jahren Rot-Grün lautet: Ar-
mutsrisiko Nummer eins ist die Massenarbeitslosigkeit.
Armutsrisiko Nummer zwei – das ist ein gesellschafts-
politischer Skandal – ist, dass neben den Arbeitslosen
die Familien das größte Armutsrisiko tragen. Hier muss
eine Trendwende erfolgen.

Sie haben vor den Problemen in Deutschland kapitu-
liert. Sie haben Ihre Chance gehabt. Sie haben sie nicht
genutzt. Das spüren die Menschen. Deshalb ist es
höchste Zeit für eine Wende auch in der Sozialpolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517816400

Ich schließe damit die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/5015 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Gesundheit und Soziale Sicherung auf
Drucksache 15/3041 zu der Unterrichtung durch die
Bundesregierung über den Nationalen Aktionsplan für
Deutschland zur Bekämpfung von Armut und sozialer
Ausgrenzung für die Jahre 2003 bis 2005. Der Aus-
schuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrichtung eine
Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung des Ausschusses? – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der Opposition angenommen.

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(C (D Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 15/3270 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Schließlich kommen wir zur Beschlussempfehlung es Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikolgenabschätzung auf Drucksache 15/4587 zu dem Anrag der Fraktion der FDP mit dem Titel „Bildungsarmut n Deutschland feststellen und bekämpfen“. Der Auschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/3356 bzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Bechlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und ündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/ SU und FDP angenommen worden. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a und 10 b auf: a)



(Münster)

FDP
Unterhaltsrecht sozial und verantwortungsbe-
wusst gesellschaftlichen Rahmenbedingungen
anpassen
– Drucksache 15/5369 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

b) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Sibylle Laurischk, Daniel Bahr (Münster), Rainer
Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Unterhaltsrecht auf dem Prüfstand
– Drucksache 15/3117 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
DP fünf Minuten erhalten soll. – Widerspruch gibt es
einen. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst

ie Abgeordnete Sybille Laurischk.

Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1517816500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir be-

assen uns heute mit einem langjährig bekannten Thema,
as die FDP-Fraktion mit einem taufrischen Antrag un-
erlegt. Im Juni 2000 – Sie verhören sich nicht! – hat der
undestag erstmals eine Entschließung verabschiedet, in
er die Bundesregierung aufgefordert wurde, sich zügig
nd mit allem Nachdruck – im Jahr 2000: zügig und mit
llem Nachdruck! – mit dem geltenden Unterhaltsrecht
u befassen, es gründlich zu überprüfen und Vorschläge
u seiner Neuregelung einzubringen. Nachdem die Bun-
esregierung dieser Aufforderung fünf Jahre lang nicht
achgekommen ist – tatsächlich liegt mir erst seit ges-
ern ein Referentenentwurf vor –, kann man wohl nicht






(A) )



(B) )


Sibylle Laurischk

davon sprechen, dass hier zügig und mit Nachdruck ge-
arbeitet worden ist.


(Joachim Stünker [SPD]: Aber der Entwurf ist gut und besser als Ihr Antrag!)


Die FDP-Bundestagsfraktion ist der Auffassung, dass
das Unterhaltsrecht dringend einer Überarbeitung be-
darf. Es ist kompliziert und für die Betroffenen undurch-
sichtig. Unterhaltsrechtliche Regelungen finden sich
längst nicht mehr nur im Bürgerlichen Gesetzbuch, son-
dern auch im Sozial-, Renten- und Steuerrecht. Das gel-
tende Unterhaltsrecht wird den sehr verschiedenen Fa-
cetten der Lebensgestaltung und Lebensplanung in
unserer Gesellschaft nicht mehr gerecht. Die FDP-Bun-
destagsfraktion schlägt daher eine Anpassung des Unter-
haltsrechts mit folgenden Schwerpunkten vor:

Das Unterhaltsrecht ist grundlegend zu vereinfachen.
Wir müssen eine Übereinstimmung mit dem Steuer- und
Sozialrecht herstellen. Bestehende Widersprüche sind
aufzuheben, unterschiedliche Wertungen der Lebensum-
stände und nicht mehr zeitgemäße Privilegierungen sind
abzuschaffen.

Unbedingten Vorrang bei dieser Reform hat für uns
die Sicherung des Kindesunterhalts. Kinder sind in zu-
nehmendem Maße Sozialhilfeempfänger; wir haben es
schon in der vorausgegangenen Debatte gehört. Mittler-
weile sind über 1 Million Kinder tatsächlich von Sozial-
hilfe abhängig. Durch einen Vorrang des Kindesunter-
halts lässt sich dies ändern. Kinder erfahren dadurch
auch eine andere Wertung in ihrer rechtlichen Stellung.

Wir müssen auch hinsichtlich der Zahlungsmoral
eine andere Einstellung in unserer Gesellschaft schaffen.
Immer mehr Zahlungspflichtige kommen ihrer Unter-
haltspflicht nicht nach. Wer Kindesunterhalt nicht zahlt,
macht sich zwar strafbar, aber tatsächlich wird dies als
Kavaliersdelikt angesehen. Väter – in der Mehrzahl sind
Väter unterhaltspflichtig – sollten sich nicht nur als
Zahlväter verstehen; sie sollten sich in ihrer Verantwor-
tung auch den gesellschaftlichen Realitäten stellen. Ich
glaube, dass hier auch eine Debatte im sozialrechtlichen
Rahmen notwendig ist.

Unterhaltsansprüche müssen grundsätzlich befristet
werden. Unterhaltsverpflichtungen als lebenslange Be-
lastung sind nicht mehr zeitgerecht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dies wird von vielen Unterhaltspflichtigen geradezu als
Strafe verstanden. Deswegen wird Unterhalt auch in im-
mer weniger Fällen gezahlt.

Wenn neue Familien gegründet werden, gibt es bis-
lang immer noch eine Privilegierung der Erstehe und
der Ansprüche aus der Erstehe. Auch insofern ist das
Unterhaltsrecht zu reformieren, wobei wir natürlich da-
rauf achten müssen, dass bei Altehen, also solchen Ehen,
die noch unter dem geltenden Recht geschlossen worden
sind, ein gewisser Vertrauensschutz bestehen sollte;
diese Problemlage darf nicht einfach übergangen wer-
den.

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(C (D Ganz wichtig scheint mir auch zu sein, Alleinerzieende, egal ob sie nach einer Scheidung oder von vornerein als nicht eheliche Elternteile Erziehungsverantortung wahrnehmen, gleichzustellen, zumindest soweit ies verfassungsrechtlich möglich ist. Sicherlich müssen ir hierbei beachten, dass Art. 6 Grundgesetz Grenzen etzt. Aber die Tatsache, dass Alleinerziehende – sei es ach einer Scheidung, sei es, ohne je verheiratet geween zu sein – Verantwortung für Kinder tragen, muss unerhaltsrechtlich angemessen gewürdigt werden. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein anderes Stichwort ist die so genannte Sandwich-
eneration. Zur Sandwichgeneration gehören die Men-
chen, die Kinder großziehen und gleichzeitig auch für
lte Menschen Verantwortung tragen. Ihnen eine dop-
elte Unterhaltsverpflichtung aufzuerlegen erscheint mir
icht sachgerecht. Hierfür müssen wir angemessene Lö-
ungen schaffen, auch um die Motivation, nach wie vor
ür die Familie Sorge zu tragen, aufrechtzuerhalten.
Uns erscheint es im Übrigen wichtig, das Unterhalts-

orschussrecht zu straffen, zu modernisieren und dabei
nsbesondere die Kinder zu berücksichtigen, die zwölf
is 18 Jahre alt sind und derzeit keine Ansprüche aus
em Unterhaltsvorschussrecht ableiten können.
Wir haben auch einen umfangreichen Vorschlag im
ahmen unserer steuerrechtlichen Überlegungen einge-
racht. Wir sind der Meinung, dass Steuerrecht und
nterhaltsrecht in Deckung gebracht werden können.
ir sind bei dieser schwierigen Frage, der sich die Bun-
esregierung bislang nicht gestellt hat, gut aufgestellt.
Erlauben Sie mir noch ein Wort zur Großen Anfrage,

ie wir im Jahr 2004 mit insgesamt 86 Fragen gestellt
aben. Wir haben bisher keine Antwort darauf bekom-
en. Vielmehr gab es im November einen Antrag auf
ristverlängerung. Am 20. Mai gab es einen weiteren
ntrag auf Verlängerung vonseiten der Bundesregie-
ung; die Verlängerung wurde gewährt. Die Bundestags-
erwaltung hat eine Verlängerung der Beantwortungs-
rist bis zum – man höre – 23. September 2005 notiert.
s mag ja sein, dass sich manche Dinge durch Liegen-
ssen erledigen. Immer wieder erleben wir auch Bei-
piele für die Bestrafung dessen, der zu spät kommt.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat sich völlig unabhän-

ig von der weiteren politischen Entwicklung –


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517816600

Frau Kollegin, Sie wissen, dass Sie Ihre Redezeit

uch bei großzügigem Ermessen schon weit überschrit-
en haben.


Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1517816700

– die Reform des Unterhaltsrechts vorgenommen. Die

DP wird nicht lockerlassen. Die betroffenen Menschen
arten darauf.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517816800

Das Wort hat jetzt der Parlamentarische Staatssekretär

Alfred Hartenbach.

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1517816900


Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Die wesentlichen Inhalte der Reform des Unter-
haltsrechts hat Frau Ministerin Zypries im September
2004 der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Reaktionen wa-
ren positiv. Inzwischen liegt ein Referentenentwurf vor,
der den Ländern und Verbänden zugeleitet wurde. Auch
hier fallen die Rückläufe sehr positiv aus.

Wenn die FDP nun ein halbes Jahr später, nämlich im
April 2005, wesentliche Punkte dieses Vorschlags auf-
greift und uns damit weitestgehend zustimmt, ist das zu-
mindest für mich ein willkommener Anlass, Ihnen un-
sere Reform vorzustellen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich finde es etwas ärgerlich, liebe Frau Laurischk,
wenn Sie in einer Pressemitteilung schreiben, Ihr Fra-
genkatalog – diese 86 Fragen, die Sie angesprochen ha-
ben – hätte der Ministerin den Anstoß für die Reform
des Unterhaltsrechts gegeben. Sie dürfen mir glauben:
Am 5. Mai 2004, also an dem Tag Ihrer Anfrage, hatte
die Frau Ministerin bereits ihre grüne Tinte unter das
Konzept gesetzt.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Grüne Tinte?)

– Grüne Tinte, mein Lieber! Das erreichst du nie. – An-
dersherum wird ein Schuh daraus: Sie wussten genau,
was wir vorhatten.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517817000

Gestatten Sie, Herr Staatssekretär, eine Zwischen-

frage des Kollegen Funke?

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1517817100


Von Herrn Funke immer.


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1517817200

Vielen Dank. – Herr Staatssekretär, wenn Sie so gut

auf die Reform vorbereitet gewesen sind, warum dauert
es dann so lange, bis Sie die Fragen beantworten?


(Sibylle Laurischk [FDP]: Fünf Jahre! – Zuruf von der SPD: Das wissen Sie doch selber!)


A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1517817300


Herr Funke, Sie wissen aus Ihrer achtjährigen Tätig-
keit als Parlamentarischer Staatssekretär erst bei einer
Bundesministerin und dann bei einem Bundesminister
der Justiz, während der Sie im Familienrecht nichts ge-
tan haben


(Rainer Funke [FDP]: Das ist nicht wahr!)



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(C (D im Unterhaltsrecht nicht –, dass es sich hierbei um ein esonders schwieriges Problem handelt und dass man ehr genau prüfen muss, was man macht. Genau dies aben wir getan. Wir haben – so läuft das Gesetzgeungsverfahren ab – erste Vorstellungen erarbeitet, uns ngehört, was Praktiker dazu sagen, und mit Wissenchaftlern geredet; dann haben wir erste Formulierungsorschläge gemacht. (Sibylle Laurischk [FDP]: Ich habe andere Informationen!)


ch habe Frau Laurischk, Frau Granold und Frau Noll
arüber unterrichtet, was wir planen. Als ein guter Ver-
eter der Bundesregierung habe ich die Opposition im-
er wieder darüber informiert, was wir vorhaben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Sibylle Laurischk [FDP]: Sie haben bisher nichts vorgelegt!)


Nun ist es so, dass man ein Gesetzgebungsvorhaben
uch abstimmen muss, erst einmal im eigenen Haus und
ann mit den anderen Ressorts. Wenn 86 Fragen dazwi-
chenkommen, dann müssen diese 86 Fragen in der glei-
hen Weise verantwortlich abgestimmt werden. Das al-
s braucht seine Zeit; es ist eben ein schwieriges
roblem. Wir werden das bis zum 23. September erle-
igt haben; das verspreche ich Ihnen.


(Rainer Funke [FDP]: Herr Kollege, ist es nicht vielleicht doch eine – –)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517817400

Das war, glaube ich, eine sehr ausführliche Antwort.
aben Sie noch einen neuen Aspekt anzusprechen?


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1517817500

Ist es nicht eine Missachtung des Parlamentes, wenn

ine Große Anfrage anderthalb Jahre liegen bleibt und
ie parallel dazu ein Gesetz vorbereiten?

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1517817600

Ich kann mich erinnern, dass auch wir in unserer Op-

ositionszeit lange auf Antworten gewartet haben. Ich
ntschuldige mich hier bei Ihnen; das tue ich wirklich
it Bedacht und gerne. Ich weiß, dass es lange gedauert
at. Aber, Herr Funke, Sie wollen doch gute Gesetze und
ute Antworten haben und darum bemühen wir uns.


(Rainer Funke [FDP]: Anderthalb Jahre!)

as ist keine Missachtung des Parlamentes. Ich habe
ich habe es eben gesagt – die von mir sehr geschätzte
echtspolitikerin Laurischk


(Rainer Funke [FDP]: Von mir auch!)

mgehend informiert und dazu beigetragen, dass sie
6 Fragen stellen konnte. Ich halte das für eine richtig
ute Leistung der Bundesregierung.
Jetzt kann ich es mir sparen, darauf einzugehen, dass

ch Sie informiert habe und dass ich mir nicht sicher bin,






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach

ob eine anders gefärbte Bundesregierung so großzügig
mit der Opposition verfahren wäre.

Meine Damen und Herren, immer mehr Ehen werden
geschieden; immer mehr Menschen leben in so genann-
ten Zweit- und Drittfamilien zusammen. Sehr viele Kin-
der leben bei Alleinerziehenden. Viele Menschen sehen
in dieser Entwicklung das Resultat eines angeblichen
Werteverfalls der letzten Jahrzehnte. Gegen Mütter und
Väter, die nicht oder nicht mehr verheiratet sind, wird
dabei oft unausgesprochen der Vorwurf erhoben, sie
seien egoistisch und nähmen keine Rücksicht auf das
Wohl ihrer Kinder.

Ich möchte vor einer solchen Diskussion warnen. Sie
ist schon historisch falsch. Im 19. Jahrhundert wurden in
Deutschland mindestens 15 Prozent der Kinder nicht
ehelich geboren. Eine Statistik verzeichnet beispiels-
weise für das Bayern des Jahres 1826 20 Prozent nicht
eheliche Geburten.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Die haben es getrieben!)


Für München im Jahr 1860, dem Gründungsjahr der Lö-
wen, werden 50 Prozent nicht eheliche Geburten ver-
zeichnet. Bedingt durch die kürzere Lebenserwartung
haben Ehepaare früher faktisch nicht länger mit ihren
Kindern zusammengelebt als heute. Heute leben Kinder
länger in Gemeinschaft mit ihren leiblichen Bezugsper-
sonen als vor 100 Jahren. Der Erziehungswissenschaftler
Ladenthin hat darauf hingewiesen, dass sich die Men-
schen nicht scheiden lassen, um aus der Ehe zu flüchten
und alleine zu leben, sondern dass sie immer wieder die
Formen von Ehe oder Lebenspartnerschaft suchen.

Wir verfolgen daher mit unserer Reform zwei wesent-
liche Ziele: die Förderung des Kindeswohls und die Stär-
kung der nachehelichen Eigenverantwortung. Der wich-
tigste Aspekt ist für uns das Kindeswohl. Künftig soll
der Kindesunterhalt Vorrang vor allen anderen Unter-
haltsansprüchen haben. Aber hier bleibt unser Konzept
nicht stehen. Auch die weitere unterhaltsrechtliche
Rangfolge wird konsequent am Kindeswohl ausgerich-
tet. Deswegen sollen sich im zweiten Rang die Unter-
haltsansprüche aller Kinder betreuenden Elternteile
gleichberechtigt wiederfinden. Mütter sollen die Chance
haben, sich um ihre Kinder zu kümmern. Gleichgestellt
werden nur langjährige Ehegatten, da hier über viele
Jahre Vertrauen in die eheliche Solidarität gewachsen ist.

Das zweite wesentliche Ziel der Reform ist die Stär-
kung der nachehelichen Eigenverantwortung. Wir
wollen den Grundsatz der Eigenverantwortung daher
ausdrücklich im Gesetz verankern. Außerdem sollen die
Gerichte künftig mehr Möglichkeiten haben, den nach-
ehelichen Unterhaltsanspruch zeitlich zu befristen oder
der Höhe nach zu begrenzen. Der in der Ehe erreichte
Lebensstandard wird nicht mehr die entscheidende Rolle
spielen. Stattdessen wird es auf die persönliche Situation
der Betroffenen ankommen, etwa darauf, ob ein ausrei-
chendes Betreuungsangebot für die Kinder zur Verfü-
gung steht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Unterhalts-
rechtsreform führt zu mehr Verteilungsgerechtigkeit für

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(C (D iejenigen, die es nötig haben, nämlich für die Kinder. iemand kann das anders wollen; da darf natürlich auch ie FDP nicht fehlen. Aber es gibt einen wichtigen Unrschied: Anders als die FDP hat die Bundesregierung in familienpolitisches Gesamtkonzept. Diese Bundesregierung hat alle Anstrengungen unter ommen, um das Betreuungsangebot zu verbessern. ir haben dafür gesorgt, dass den Städten und Gemeinen seit dem 1. Januar 2005 jährlich 1,5 Milliarden Euro ehr für Betreuungsangebote zur Verfügung stehen. Bis 010 werden wir durch das neue Kinderbetreuungsausaugesetz 230 000 zusätzliche Plätze in Kindertagesstätn, in Krippen oder bei Tagesmüttern schaffen. Daneben stellt der Bund bis 2007 den Ländern Milliarden Euro für den Ausbau von Ganztagsschulen ur Verfügung. Dadurch haben Eltern bessere Möglicheiten, auch mit Kindern weiterhin ihren beruflichen eg zu gehen. Dies kommt in erster Linie den berufstägen Eltern und den allein erziehenden Müttern zugute. s ermöglicht uns aber auch, den Zweitfamilien mit Kinern zu helfen, die heute häufig durch hohe Unterhaltsahlungen an den ersten Ehegatten belastet sind. So geen wir den Unterhaltspflichtigen die Chance, trotz einer escheiterten Ehe einen familiären Neuanfang zu wagen. Meine Damen und Herren, Deutschland sollte zu ei em familienfreundlicheren Land werden. Dafür steht iese Bundesregierung, auch im Unterhaltsrecht. Wir chulden es den heutigen und den kommenden Generaonen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517817700

Ich habe die ganze Zeit gegrübelt, was im Jahr 1860

n München los war.

(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Da ist ein Fuß ballverein gegründet worden!)

Das weiß ich. Aber was war außerdem?


(Zuruf von der CDU/CSU: Stromausfall! – Heiterkeit)


s ist doch wirklich eine Frage, was der Fußballverein
it den vielen unehelichen Kindern zu tun hat.


(Heiterkeit – Rainer Funke [FDP]: Eine sehr gute Frage!)


Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Jürgen Gehb.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1517817800

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! In dieser Debatte geht es um einen Antrag und um
ine Große Anfrage der FDP-Fraktion zum Unterhalts-
echt. Das ist ein wichtiges Thema und eine Reform des
nterhaltsrechts ist schon lange überfällig. Das hat sich
uch aus den vorherigen Reden ergeben; es steht völlig
ußer Zweifel.






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb

Es war die CDU/CSU-Bundesregierung, die 1998 mit

der großen Kindschaftsrechtsreform den ersten Schritt
machte. Die zeitnahe Folge hätte eine Reform des Unter-
haltsrechts sein müssen, was die 1998 gewählte Bundes-
regierung allerdings offensichtlich als nicht so dringlich
einstufte.

Meine Damen und Herren von der FDP, Ihre Initiati-
ven gehen in die richtige Richtung; Sie stellen die richti-
gen Fragen, Fragen, die auch der Referentenentwurf der
Bundesregierung zur Änderung des Unterhaltsrechts,
über den wir in der Presse schon viel lesen durften, der
uns aber erst seit gestern Abend im Wortlaut vorliegt,
nicht vollständig beantwortet.

Dennoch möchte ich eines loswerden, bevor ich mich
zum Thema selbst äußere: Warum wir hier und heute im
Wortsinne debattieren sollen, ist mir – mit Verlaub, liebe
Kolleginnen und Kollegen von der FDP – nicht ganz
klar. Die Debatte im Parlament ist ein wichtiger Be-
standteil unseres parlamentarischen Verfahrens und sorgt
im Idealfall sogar für einen Erkenntnisgewinn. Sie sollte
doch so wenig wie möglich für reine Schauveranstaltun-
gen missbraucht werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

– Das ist jetzt allerdings verdächtig. Applaus aus dieser
Ecke bringt mir zu Hause Ärger, Herr Stünker.


(Heiterkeit)

Bei allem Respekt: Ihr Wunsch, heute über diese Ini-

tiativen zu debattieren, hat mit der Bedeutung und der
Funktion der Bundestagsdebatte im parlamentarischen
Verfahren wenig zu tun. Abgesehen davon, dass sich in
den vergangenen Wochen bereits ein breiter Konsens
über den Reformbedarf im Unterhaltsrecht gezeigt hat,
ist seit April – das Datum ist heute auch schon genannt
worden –, als Sie Antrag und Anfrage einbrachten, eini-
ges passiert, wie wir alle wissen. Wie es aussieht, wird
die jetzige Bundesregierung ihren Gesetzentwurf nun
nicht mehr auf den parlamentarischen Weg bringen – je-
denfalls habe ich bis heute nichts anderes gehört – und
wir werden uns mit diesem Thema zu einem späteren
Zeitpunkt ohnehin in der gebotenen Gründlichkeit und
mit der erforderlichen Akkuratesse beschäftigen müssen.
Ob die heutige Debatte als eine Debatte über Ihren An-
trag oder vielmehr als vorgezogene Debatte über die
Pläne der Bundesregierung zur Reform des Unterhalts-
rechts wahrgenommen werden wird, wird sich noch zei-
gen; es wird sich, wie wir in Kassel sagen, uswiesen.


(Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär: Das habe ich auch verstanden!)


Aber sei es drum: Sie haben sich die Arbeit gemacht,
Mühe investiert, die Anfrage und den Antrag zu formu-
lieren, und so soll dies wenigstens gewürdigt werden.

Dass das Unterhaltsrecht an die gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen angepasst werden muss, ist – ich
sagte es bereits – notwendig und überfällig. Die Bundes-
regierung nennt den Reformbedarf in ihrem Gesetzent-
wurf übrigens Anpassung an „geänderte gesellschaftli-
che Verhältnisse und den eingetretenen Wertewandel“,
meint damit aber wohl dasselbe. Man muss allerdings

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(C (D mmer vorsichtig sein, wenn die Bundesregierung anündigt, sie wolle irgendetwas an die neuen Verhältnisse npassen. Der Vorrang der Kinder, deren Unterhalt gesichert ein muss, die Änderung der Rangverhältnisse, das Prinip der nachehelichen Eigenverantwortung, all dies steht m Antrag der FDP. Es stand auch schon in den vom undesjustizministerium veröffentlichten Eckpunkten. s ist doch ganz klar – denn alle reden von Kindern, von inderreichtum, von Kinderaugen; Kinder seien ein Seen –: Wenn das nicht zum bloßen Lippenbekenntnis erkommen soll und wir nicht nur die Lippen spitzen, ondern auch pfeifen, dann muss man – angelehnt an das rundbuchrecht – bei der Behandlung der Rangfolge saen: Die Kinder müssen an bereitester Stelle stehen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


as wollen wir, das haben wir immer gesagt und das
ird auch so bleiben.
Um die finanzielle Absicherung der Kinder – nicht

helicher wie ehelicher – zu verbessern, sind klare ge-
etzliche Vorgaben erforderlich, an denen sich die Ge-
ichte auch orientieren können. Es reicht nicht, bloße,
age Vorgaben zu machen. Dann müssen wir wieder jah-
elang auf eine ständige, gefestigte Rechtsprechung war-
en. Allgemeine Vorstellungen sind zu wenig und die
echtsunsicherheit würde erhöht. Also bedarf es fester,
auberer Vorgaben.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Obwohl wir eigentlich nicht über den Gesetzentwurf

us dem Bundesjustizministerium reden wollen, will ich
ine Agenturmeldung von heute vorlesen. Heute Abend
ird dies in „Panorama“ dargestellt; diese Meldung ist
ber schon vorab veröffentlicht worden:

Die von Justizministerin Brigitte Zypries geplante
Reform des Unterhaltsrechts kann für die betroffe-
nen Familien … zum Teil drastische finanzielle
Nachteile bringen. Der Gesetzentwurf sieht vor, den
Unterhaltsansprüchen von Kindern gegenüber de-
nen geschiedener und aktueller Ehepartner Vorrang
einzuräumen. Allerdings könne der Hauptverdiener
gemäß dem Einkommensteuergesetz nur den an die
geschiedene Frau gezahlten Unterhalt steuerlich als
Sonderausgaben absetzen … Dadurch sinke das
Nettoeinkommen und damit auch die Unterhalts-
zahlungen, die daraus berechnet würden. Wie Pano-
rama anhand eines Modellfalls vorrechnete, würde
bei einer Familie mit zwei Kindern und einem Brut-
toeinkommen von 2 300 Euro der Unterhalt für
Mutter und Kinder von 665 auf 544 Euro sinken –
also ein Verlust von 121 Euro.

(Joachim Stünker [SPD]: Das stimmt nicht!)

Bei höherem Verdienst und mehr Kindern könne
der Verlust sogar mehr als 200 Euro betragen …


(Joachim Stünker [SPD]: Nein!)

„Einzige Profiteure der Reform sind die Finanz-
minister von Bund und Ländern“ …

enau das müssen wir verhindern.






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb

Deswegen sollten wir es nicht dabei bewenden lassen,

das Unterhaltsrecht zu verändern, sondern sollten eine
Harmonisierung des Sozialrechts und des Steuerrechts
flankierend mit erledigen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517817900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Ekin Deligöz.


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517818000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Im Vordergrund dieser Debatte heute steht das Kindes-
wohl. Es sind sich, wie ich heute zusammenfassen
würde, alle einig, dass dies auch so sein muss.

In der Tat gibt es gesellschaftlich veränderte Ver-
hältnisse und einen gewissen Wertewandel. Darauf
muss die Politik reagieren. Die Politik muss vor allem
im Bereich des Unterhaltsrechts darauf reagieren, dass
die Scheidungszahlen in Deutschland nach wie vor stei-
gen, es immer mehr Zweitfamilien bzw. Patchworkfami-
lien gibt, die Zahl der Kinder, die in nicht ehelichen Le-
bensgemeinschaften oder bei Alleinerziehenden leben,
täglich zunimmt und sich die Rollenbilder in dieser Ge-
sellschaft und die Verantwortungsaufteilung innerhalb
der Partnerschaft bzw. der Ehe verändert haben. Wir sind
gezwungen, im Bereich des Scheidungsrechts, des Un-
terhaltsrechts, überall dort, wo Familien betroffen sind,
darauf zu reagieren und richtige Antworten zu geben.

Was machen wir? Wir ändern die Rangfolge im Un-
terhaltsrecht; das wurde vom Staatssekretär vorgestellt.
Wir sagen: Kinder haben Vorrang im Sinne des Kindes-
wohls. Wir wollen sie stärken. Fraglos ist eines für uns
Grüne ganz wichtig: dass es bei langen Ehezeiten eine
gewisse Bestandsschutzgarantie geben muss. Dies ge-
hört dazu.

Genau dies ist im FDP-Antrag enthalten. Man braucht
nicht unter den Teppich zu kehren, dass Sie im Wesentli-
chen genau das wollen wie wir. Auch die CDU/CSU hat
bisher nicht widersprochen. Ich hoffe sehr, dass dieser
Teil des Gesetzentwurfes umgesetzt wird, egal wie die
Wahl ausgeht, wobei ich ziemlich zuversichtlich bin,
dass wir diejenigen sind, die das umsetzen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


An einem Punkt aber trübt sich das Bild, das die FDP
hier abgibt. Sie fordert nämlich, die Bezugsdauer von
Unterhaltsvorschussleistungen für Alleinerziehende
von 72 auf 24 Monate zu verkürzen. Wen erreichen Sie
damit? Das ist ein Schlag in die Gesichter der Familien,
die von diesen Zahlungen abhängig sind. Das ist ein
Schlag in die Gesichter alleinerziehender Mütter, die da-
von abhängig sind und ohnehin schon eine Mehrbelas-
tung hinnehmen müssen,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D ie ihre Kinder erziehen und Verantwortung dafür überehmen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage? Bitte schön. Frau Kollegin, Ihnen ist möglicherweise nicht aufge allen, dass wir den Vorschlag machen, den Unterhaltsorschuss für Kinder bis zum 18. Lebensjahr zu verlänern. Unser Vorschlag ist durchaus ein Plus und führt zu iner positiven Entwicklung im Unterhaltsvorschussecht. Das übergehen Sie bei Ihrer Bemerkung. Ich ürde gerne Ihre Einschätzung dazu hören. Frau Kollegin, Sie dürfen nicht vom Thema ablenken. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517818100
Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517818200
Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1517818300
Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517818400
ber eine Verlängerung bis zum 18. Lebensjahr kann
an debattieren. Das habe ich jetzt aber gar nicht ange-
prochen. Ich habe angesprochen, dass Unterhaltszah-
ungen nur noch 24 Monate lang vorgeschossen werden
ollen. Kommen Sie doch einmal in die Lebenswirklich-
eit von Müttern mit jüngeren Kindern!


(Sibylle Laurischk [FDP]: Ich kenne die Lebenswirklichkeit von Müttern, auch mit älteren Kindern!)


erade wenn die Kinder jünger sind, können sie oft
icht arbeiten. Einen 16-Jährigen kann man nachmittags
urchaus einmal ein, zwei Stunden alleine lassen. Bei ei-
em Zehnjährigen wird es schon schwieriger.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich bin keine Juristin, aber ich bin Familienpolitikerin
nd Mutter. Ich kenne die Lebenswirklichkeit. Ich kenne
uch die Situation der Alleinerziehenden.


(Sibylle Laurischk [FDP]: Wollen Sie denn Betreuungsleistungen nicht ausweiten?)


a brauchen Sie mir nichts zu erzählen. Die Frauen, die
uf Unterhaltszahlungen angewiesen sind, weil sie nicht
rbeiten können, weil der Kindergarten um 12 Uhr
chließt oder weil sie nur einen Teilzeitjob annehmen,
m für ihre Kinder da zu sein, dürfen Sie nicht alleine
assen.
Aber genau das machen Sie. Sie tun so, als wären die

rauen selber an ihrer Lage schuld, als hätten sie ge-
auso gut verheiratet bleiben können. Das ist ein Hohn
ür die Situation alleinerziehender Frauen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Sibylle Laurischk [FDP]: Ich habe eine Zusatzfrage!)







(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517818500

Wollen Sie eine Nachfrage stellen?

Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517818600

Ich freue mich.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517818700

Im Interesse aller bitte ich darauf zu achten, jetzt kurz

zu fragen. Ich habe jetzt sehr viele Zwischenfragen zu-
gelassen.


Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1517818800

Eine ganz kurze Frage. Ihren Ausführungen entnehme

ich, dass Sie die Kinderbetreuungsmöglichkeiten nicht
ausbauen wollen?


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517818900

Nein, Frau Kollegin. Das können Sie vielleicht in ei-

ner Gerichtssituation machen. Aber es ist Quatsch, aus-
gerechnet mir das vorzuwerfen. Ich war doch die Abge-
ordnete, die den Ausbau der Kinderbetreuung für
Kinder unter drei Jahren und der Ganztagsschulen ver-
handelt hat. Wir Grünen gehen ja noch viel weiter. Wir
haben Konzepte, die wir im Wahlkampf bringen wollen,
in denen es gerade darum geht, Kinderbetreuung zuver-
lässig auszubauen. Das ist nicht nur gut für die Eltern im
Sinne der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sondern
auch gut für die Kinder im Sinne der Frühförderung.

Dass ausgerechnet die FDP, die zum ersten Mal in
dieser Wahlperiode das Wort „Kinder“ in den Mund
nimmt,


(Lachen und Widerspruch bei der FDP)

jetzt einen solchen Vorwurf macht, finde ich in der Tat
zum Lachen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihre Re-
aktion ist da goldrichtig. Mehr haben Sie nicht zu bieten.


(Widerspruch des Abg. Ernst Burgbacher [FDP])


Da kann man nur sagen: Setzen! Das Einzige, was Sie zu
bieten haben, geht an der Lebenswirklichkeit der Men-
schen vorbei.


(Beifall des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Manfred Grund [CDU/CSU]: Dummes Getöse!)


Sie behaupten, ein sozial gerechtes und verantwor-
tungsvolles Unterhaltsrecht zu fordern. Was Sie machen,
ist das pure Gegenteil. Das ist ein Schlag in die Gesich-
ter der Mütter, in die Gesichter der Menschen, die Ver-
antwortung in der Erziehung übernehmen.

Im Jahr 2003 haben 500 000 Kinder Unterhaltsvor-
schussleistungen vom Staat bekommen. Ich will jetzt
nicht die Väter vorführen, aber es sind nun einmal in der
Tat die Väter, die nicht zahlen. Es ist vielleicht nicht so
bekannt, dass ein Drittel der Väter gar nicht zahlt und ein
weiteres Drittel unregelmäßig zahlt. Das heißt, sie sind
säumig.

Darunter sind auch diejenigen, die mittel- und arbeits-
los sind. Diese Personen nehme ich aus. Aber viele, die

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(C (D ahlen könnten, stehlen sich aus ihrer Verantwortung. ch will, dass sie ihre Verantwortung auch weiterhin traen. Wir setzen uns dafür ein, dass regelmäßig Unteraltszahlungen geleistet werden. Von der Reform, die wir vorschlagen – das ist die rundessenz –, erhoffen wir uns, dass über die Koppeung an die Kinder die Bereitschaft steigt, in Zukunft reelmäßig Unterhalt zu zahlen. Vom Anspruchsvorrang rhoffen wir uns auch, dass sich die Väter ihrer Verantortung gegenüber ihren Kindern bewusst werden. Wir rhoffen uns noch mehr: dass bei zukünftigen gerichtlihen Entscheidungen beiden Elternteilen stärker vereutlicht wird, dass sie eine gemeinsame Verantwortung ür ihre Kinder haben. Nicht zuletzt wollen wir die Komunen und die Länder dazu bewegen, sich stärker dafür inzusetzen, dass das Geld, das die Väter ihren Kinder chuldig bleiben, auch eingetrieben wird. Denn die ückholquote der Kommunen und Länder liegt derzeit ei nicht einmal einem Viertel; sie ist viel zu niedrig. Es geht darum, die Rechte unserer Kinder durchzuset en, die Verantwortung der Väter bzw. der unterhaltsflichtigen Menschen zu stärken und sie zu unterstützen, ie aber auch aufzufordern, sich ihrer Verantwortung zu tellen. Eine Verkürzung der Bezugsdauer ist der falsche eg. Der richtige Weg sind die Vorrangleistung für Kiner und alle Maßnahmen, die die Situation Alleinerzieender verbessern. Dafür stehen wir und dafür wird die olitik der Grünen auch in Zukunft stehen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517819000

Das Wort hat jetzt die Kollegin Ute Granold.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1517819100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kolle-

innen und Kollegen! Kommen wir zurück zum Thema:

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Sehr gut!)


eute geht es nicht um die Änderung des Unterhaltsvor-
chussgesetzes, sondern um den Antrag der FDP zur Än-
erung des Unterhaltsrechts.
Was zum Thema Untätigkeit gesagt wurde, kann ich

ur bestätigen: Jahrelang wurde nichts getan. Herr Kol-
ege Hartenbach, in der Tat waren die Kollegin Noll und
ch zu Beginn der Legislaturperiode 2002 bei Ihnen, al-
erdings nicht zu einer Unterrichtung, sondern, um anzu-
ahnen, dass speziell in den Bereichen Unterhaltsrecht
nd Versorgungsausgleich etwas getan werden muss.
as war das Thema, Kollege Hartenbach.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Kollege Gehb hat vorhin angesprochen, dass die
DU/CSU-FDP-Regierung 1998 die große Kindschafts-
echtsreform auf den Weg gebracht hat. Als Konsequenz
araus wäre es zwingend notwendig gewesen, das Un-
erhaltsrecht zu reformieren. Aber Sie lamentieren nur
nd beklagen sich über die Situation in Deutschland:






(A) )



(B) )


Ute Granold

dass die Unterhaltspflichtigen säumig sind und dass aus
den Unterhaltsvorschusskassen keine Zahlungen geleis-
tet werden. Aber es wird nichts getan.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Im Jahre 2000 hat der damalige Bundestag die Bun-

desregierung aufgefordert, das Unterhaltsrecht zu refor-
mieren. Nun schreiben wir das Jahr 2005. Erst gestern
Abend haben wir einen 56-seitigen Referentenentwurf
zu dieser Debatte bekommen, die wir heute auf Anstoß
der FDP-Fraktion führen. Ich denke, hätte die FDP die-
sen Anstoß nicht gegeben, hätten wir gestern Abend
auch keinen Referentenentwurf bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das Einzige, was damals unternommen wurde – das

ist unglaublich –, war, dass ein Eckpunktepapier mit
Datum vom 1. November 2004 erarbeitet wurde. Die
Vorschläge dieses Papiers gehen in die richtige Rich-
tung. Darin heißt es – das ist unbestritten –, dass die Pri-
vilegierung der Kinder und die Stärkung der Eigenver-
antwortlichkeit nach der Ehe notwendig sind. Dann wird
lange in die richtige Richtung diskutiert und angekün-
digt, dass man in Kürze einen ausgearbeiteten Entwurf
bekommen wird. Diesen Entwurf haben wir auch be-
kommen: am 6. Mai 2005.


(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie einmal etwas zur Sache!)


Man höre und staune: Es handelte sich wiederum um das
Eckpunktepapier, versehen mit dem Zusatz, dass diese
Reform im Jahre 2006 greifen wird. Mehr ist nicht ge-
schehen. Ich muss Ihnen sagen: Die Art und Weise, in
der angesichts der Bedeutung dieses Themas mit einem
umgegangen wird, ist schier unglaublich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Eine Blamage!)


Von den Betroffenen, den Verbänden und den
Gerichten wissen Sie: Es wurde angemahnt, dass das
Unterhaltsrecht dringend zu novellieren ist. Das Bundes-
verfassungsgericht hat sich mit dem Grundgesetz behol-
fen. Der Bundesgerichtshof hat fortlaufend neue Pflöcke
eingeschlagen. Die Oberlandesgerichte haben ihre Leit-
linien verfeinert, um den Familiengerichten auf der un-
tersten Ebene für ihre tagtägliche Arbeit einen Leitfaden
an die Hand zu geben. Es kam zu Handlungsaufforde-
rungen der obersten Gerichte, zum Beispiel zum Fami-
lienlastenausgleich und zum Ehegattensplitting. Aber bis
zum heutigen Tage wurde nichts getan. Kollege Gehb
hat vorhin zu Recht gesagt, dass das Sozialrecht – das
Steuerrecht flankierend – mit eingearbeitet werden muss.
Auch in dieser Hinsicht ist nichts geschehen.


(Joachim Stünker [SPD]: Das hättet ihr ja 16 Jahre lang machen können!)


Der Druck aus der Bevölkerung – –

(Joachim Stünker [SPD]: Ihr hättet ja 16 Jahre etwas machen können! – Weiterer Zuruf von der SPD: Reden Sie doch nicht so schnell!)



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(C (D Es reicht, ich kann es nicht mehr hören. Wissen Sie, ie sind sieben Jahre an der Regierung. Jetzt sind Sie och ein paar Monate dran und dann, Gott sei Dank, eg. Dann können wir das, was 1998 erforderlich geween wäre, für die Menschen in unserem Land weiterfühen. Die Scheidungsquote ist in den letzten zehn Jahren m 35 Prozent gestiegen. Eine zunehmende Zahl von weitehen mit Kindern hat doch heute kaum eine Exisnzchance. ir haben eine zunehmende Zahl von Alleinerziehenen, eine veränderte Verteilung der Rollen in der Famie, wirtschaftliche Engpässe durch die hohe Arbeitsloigkeit sowie rückläufige Kinderzahlen, auch wegen der nglaublichen Benachteiligungen und Ungerechtigkein im Unterhaltsrecht, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Joachim Stünker [SPD]: Das ist ja wohl der Hammer! Wo ist Ihr Entwurf? Das ist unglaublich!)


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Genau!)


nd vieles andere mehr.

(Dirk Manzewski [SPD]: Wo ist denn Ihr Entwurf?)

ie wissen es und haben trotzdem jahrelang nichts getan.
as gefordert wird, ist eine Vereinfachung des Unter-
altsrechts, transparent, einfach, gerecht und der Le-
enswirklichkeit entsprechend.
Der Antrag der FDP geht in die richtige Richtung. Ich

abe den Referentenentwurf – 56 Seiten – in der Kürze
er Zeit überflogen. Die Privilegierung der Kinder – sie
ollen den ersten Rang bekommen – steht außer Frage.
uch die Mütter und Väter, die Kinder betreuen, sollen
eschützt werden, wobei hier natürlich berücksichtigt
erden muss, wie die Betreuungslandschaft bei uns in
eutschland aussieht: hundsmiserabel. Nicht nur das:
enn wir keine gescheite Kinderbetreuung haben und
eine Arbeitswelt, die auf die Familien Rücksicht
immt,


(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie dann gegen den Ausbau der Kinderbetreuung gestimmt?)


ann ist es sehr schwierig, insbesondere den Frauen auf-
uerlegen, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen.
uch darüber müssen wir einmal nachdenken. Wir dür-
en nicht immer nur fordern, sondern müssen auch die
oraussetzungen dafür schaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Kollegin von der FDP hat etwas Wichtiges ange-

prochen: Die Sandwichgeneration – die heute 40- bis
0-Jährigen –, die auf der einen Seite eine Unterhaltsver-
flichtung gegenüber ihren Kindern haben, die in der
usbildung sind, aber auf der anderen Seite auch die
erpflichtung, ihre Eltern im Alter finanziell zu unter-
tützen, ist arg belastet. Auch hier muss dringend eine
egelung her.






(A) )



(B) )


Ute Granold


(Joachim Stünker [SPD]: Da bin ich ja gespannt, was kommt! Die Milliarden will ich sehen!)


Es gibt viele Punkte, viele Baustellen im Unterhalts-
recht, die geklärt werden müssen, die zum Teil im Refe-
rentenentwurf nicht enthalten sind. Das ist die Bemes-
sungsgrundlage des Unterhalts, das sind Maß, Höhe und
Dauer des Unterhalts und vieles andere mehr.


(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einmal die Luft anhalten! – Joachim Stünker [SPD]: Luft holen!)


Wenn Sie eine Akzeptanz in der Bevölkerung für das
Unterhaltsrecht wollen, müssen Sie die Voraussetzungen
dafür schaffen, dass die Menschen, wenn sie Unterhalts-
schulden haben, diese tatsächlich begleichen. Es ist ein
Skandal, dass heute mehr als 1 Million Kinder in der So-
zialhilfe leben. Es ist ein Skandal, dass nur 50 Prozent
der Unterhaltsschuldner ihre Leistungen erbringen und
der Rest gar nichts zahlt oder nur einen Teil des Unter-
halts. Die Unterhaltsvorschusskassen leisten 800 Millio-
nen Euro Unterhalt im Jahr. 22 Prozent davon werden
zurückgeholt. Das leisten der Bund, die Ländern und die
Kommunen. Das sind Steuergelder, obwohl normaler-
weise der Unterhaltsschuldner zahlen müsste. Darüber
müssen wir nachdenken.

Es ist schon richtig, wenn die Kollegin sagt, das Un-
terhaltsvorschussgesetz muss ein Stück weit geändert
werden, weil mit dem 12. Lebensjahr des Kindes die
Leistungen eingestellt werden. Was ist denn mit einem
13- oder 14-jährigen Kind?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Sie wollen ja wohl nicht behaupten, dass sie voll im Er-
werbsleben stehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Auch diese Kinder verdienen Schutz. Die Kinder brau-
chen einen Schutz, und zwar gerade dann, wenn die El-
tern sich trennen, wenn alles chaotisch ist, wenn die fi-
nanziellen Verhältnisse geregelt werden müssen. Dann
darf nicht differenziert werden zwischen einem neunjäh-
rigen Kind und einem zwölfeinhalbjährigen Kind. Das
kann nicht sein und wir kämpfen dafür, dass hier ein
Stück weit Ordnung einkehrt und insbesondere niemand
mehr auf den Unterhaltsvorschuss angewiesen ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Lassen Sie mich ganz am Schluss aus dem Referen-
tenentwurf – wir werden ihn in den Beratungen noch
eingehend zu prüfen haben – zitieren. Auf Seite 12 steht:

Das Unterhaltsrecht ist in besonderer Weise auf die
Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger angewie-
sen. Um diese Akzeptanz auf Dauer zu bewahren,
muss es zeitnah

– zeitnah! –

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(C (D auf gesellschaftliche Veränderungen und gewandelte Wertevorstellungen reagieren. ine sehr richtige Erkenntnis, nur leider viel zu spät: Ein andlungsauftrag besteht seit dem Jahre 2000. Wir haen jetzt 2005. Gestern endlich kam ein Papier. Was dait passiert, wissen wir aber alle selbst. Hoffen wir, dass die neue Regierung als erstes das nterhaltsrecht in Angriff nimmt und eine Regelung für ie vielen Menschen in unserem Land herbeiführt, die ngemessen und gerecht ist. Herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Sabine Bätzing. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Wenn ich mir den FDP-Antrag ansehe, muss ch schon sagen: Ich freue mich über das Ansehen – der arlamentarische Staatssekretär hat das auch zum Ausruck gebracht –, das unsere Bundesregierung bei den iberalen zu genießen scheint. Denn es entsteht schon in bisschen der Eindruck, dass der von Ministerin ypries vorgelegte Referentenentwurf zur Reform des nterhaltsrechts als Vorlage bei der Formulierung iente. (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das kann aber nicht sein: Der ist erst danach gekommen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517819200
Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1517819300

iebe Kolleginnen und Kollegen, das macht gar nichts;
enn wir sind froh, dass Sie anders als die Union wirk-
ich konkrete Vorschläge vorgelegt haben. Frau Granold,
ch wäre sehr gespannt, was Ihre kommunalen Spitzen-
erbände zu den Unterhaltsvorschussleistungen sagen
ürden, wenn Sie ihnen das einmal vorschlagen würden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ir dürfen also hoffen, dass der Gesetzentwurf der Bun-
esregierung besonders im parlamentarischen Verfahren
hre Zustimmung finden wird.
Lassen Sie mich die Gunst der Zustimmung nutzen

nd nochmals kurz erläutern, für wen und warum wir
iese Gesetzesänderung anstreben. Das bestehende Un-
erhaltsrecht ist fast 30 Jahre alt und entspricht weder
en heutigen Vorstellungen eines Familienlebens noch
er Wirklichkeit. Die Fakten – wir haben es mehrfach
ehört – dokumentieren die Notwendigkeit einer grund-
egenden Änderung beim Unterhaltsrecht zum Wohle
er Betroffenen. Darin sind wir uns hier in diesem Ho-
en Hause auch einig. Wir verzeichnen nämlich einen
tetigen Anstieg von Ehescheidungen und eine Zunahme
er Anzahl von Zweitfamilien. Wir haben auch schon
ehört, dass sich die Anzahl von Kindern, die in nicht
helichen Lebensgemeinschaften aufwachsen oder mit
hren alleinerziehenden Eltern zusammenleben, erhöht.
Mit der geplanten Unterhaltsrechtsreform möchten
ir auf die veränderten Wertevorstellungen und den






(A) )



(B) )


Sabine Bätzing

damit verbundenen Wandel der Lebensformen reagie-
ren. Dabei ist für uns eines klar: Familie ist dort, wo
Kinder sind. Das zentrale Anliegen unserer Reform ist
von daher die Stärkung des Kindeswohls. Darum muss
dem Anspruch auf Kindesunterhalt erstrangig vor sämt-
lichen weiteren Unterhaltsansprüchen Rechnung getra-
gen werden. Den zweiten Rang nach den Kindern neh-
men die Elternteile ein, die mit ihren Kindern
zusammenleben, und zwar unabhängig vom Familien-
stand. Damit steht die nicht verheiratete Mutter also
gleichberechtigt neben verheirateten oder geschiedenen
Müttern. Damit werden wir unserer Ansicht nach auch
dem veränderten Rollenverständnis der Frauen gerecht.
Sie wollen unabhängig sein. Das zweite Ziel unserer Re-
form ist deshalb auch die Stärkung der nachehelichen
Eigenverantwortung.


(Beifall des Abg. Dirk Manzewski [SPD])

Hinzu kommt, dass Zweitfamilien durch die kaum

vorhandene Möglichkeit der Befristung – wir haben es
erwähnt – oder Beschränkung von Unterhaltsansprüchen
über Gebühr belastet werden und die Gerichte – das
kommt noch hinzu – von den bestehenden Möglichkei-
ten kaum Gebrauch machen. Klar ist für uns von daher,
dass wir auch hier handeln müssen. Deswegen geben wir
den Gerichten mit unserem Entwurf stärker als bisher
Möglichkeiten an die Hand, den Unterhalt zu befristen
oder in seiner Höhe zu begrenzen.

Wir handeln mit diesem Referentenentwurf bestimmt,
aber mit Maß und Ziel; denn es gibt Lebensumstände
und Biografien, die eine besondere Berücksichtigung
und einen besonderen Schutz verdienen. Darum gehören
lange miteinander verheiratete Ehegatten, die auch nach
Beendigung ihrer Ehe auf die eheliche Solidarität ver-
trauen sollen, ebenfalls in den zweiten Rang. Bei den be-
sonderen Biografien haben wir auch an jene Ehegatten
gedacht, die sich mit ihrem Partner auf eine bestimmte
Rollenverteilung geeinigt und im Vertrauen darauf auf
eine Erwerbstätigkeit verzichtet haben.


(Beifall bei der SPD)

Die Detailfragen, die sich hieraus ergeben – darüber gibt
es sicherlich noch jede Menge Diskussionen –, werden
wir dann gemeinsam im parlamentarischen Verfahren er-
örtern.

Das dritte Ziel, das wir mit unserer Reform verfolgen,
ist die Vereinfachung des Unterhaltsrechts. Frau
Laurischk, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen
– auch in Ihrem Antrag –, dass das Unterhaltsrecht für
die Betroffenen nur schwer verständlich ist.


(Zuruf von der CDU/CSU: Kommen Sie bitte mal zum Thema!)


Von daher sieht das Bundesjustizministerium bei der Re-
form eine klare und plausible Regelung der Rangfolge
vor. Wir wollen die verstreuten Befristungsregelungen
zusammenfassen und das komplizierte Verfahren der Re-
gelbetragsverordnung ersetzen. Hier verweisen wir auf
das Steuerrecht. Damit entfällt auch die bisher notwen-
dige Fortschreibung. Schließlich wollen wir durch die
gesetzliche Definition des Mindestunterhalts für minder-


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(C (D hrige Kinder die Harmonisierung des Unterhaltsrechts it dem steuerund sozialrechtlichen Existenzminimum rreichen. Trotz dieser vielen Übereinstimmungen werden wir hren Antrag momentan aber noch ablehnen müssen, eil wir uns bei einigen Detailforderungen einfach noch u sehr unterscheiden. Wir sind aber sicher, dass wir im päteren Verfahren noch die eine oder andere Einigung inden werden. Ich möchte die Details noch kurz benennen. Wir kön en der vollständigen Harmonisierung des Unterhaltsechts mit dem Sozialrecht nicht zustimmen. Sie müssen infach sehen, dass die Bereitschaft zur Solidarität inneralb einer Familie höher ist als die der Gesellschaft geenüber den Bedürftigen. Diesen Umstand kann und arf der Gesetzgeber nicht ignorieren. Etwas anderes gilt ei der Festsetzung des Existenzminimums. Dem haben ir ja mit Blick auf die Kinder durch die Harmonisieung Rechnung getragen. Wie gesagt, Ihr Antrag kommt unseren Reformvor chlägen entgegen. Das eine oder andere Detail untercheidet uns noch. Aber aus den genannten Gründen erden wir Ihren Antrag heute leider ablehnen müssen. Bitte denken Sie an Ihre Redezeit. Gerade die Unterhaltsrechtsauseinandersetzungen be asten die am meisten, die wir am meisten beschützen ollen, unsere Kinder. Von daher bin ich mir sicher, dass ir hier im Hohen Hause im Sinne unserer Kinder und ines respektvollen Umgangs zwischen Menschen, die üreinander Verantwortung tragen, im Rahmen des paramentarischen Verfahrens auf der Basis unseres Refeentenentwurfs zu einer guten und pragmatischen Löung kommen werden. Danke schön. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Was?)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517819400
Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1517819500


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517819600

Ich danke auch und schließe damit die Aussprache zu

iesem Punkt.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/5369 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? –


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Natürlich!)

as ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlos-
en und die Vorlagen sind mit Begeisterung überwiesen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen (14. Ausschuss)







(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

– zu dem Antrag der Abgeordneten Annette
Faße, Uwe Beckmeyer, Gerd Andres, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Rainder Steenblock, Albert
Schmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln), wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Verkehrssicherheit in der Seeschifffahrt ver-
bessern – Alkoholmissbrauch konsequent be-
kämpfen
– zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang
Börnsen (Bönstrup), Dr. Ole Schröder, Dirk
Fischer (Hamburg), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU

Promillegrenze in der Seeschifffahrt
– zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-
Michael Goldmann, Daniel Bahr (Münster),
Horst Friedrich (Bayreuth), weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der FDP

Bessere Möglichkeiten im Kampf gegen Trun-
kenheitsfahrten in der Seeschifffahrt schaffen
– Drucksachen 15/4942, 15/4383, 15/3725,
15/5514 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Annette Faße
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)


Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
die Abgeordnete Annette Faße.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Annette Faße (SPD):
Rede ID: ID1517819700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Was für den Straßenverkehr zählt, soll künftig auch in
der Seeschifffahrt gelten. Die Beeinträchtigung der Fahr-
tauglichkeit durch Alkoholgenuss ist in der Seeschiff-
fahrt nicht anders zu beurteilen als im Straßenverkehr
oder in der Binnenschifffahrt.

Derzeit gilt für das Befahren deutscher Seeschiff-
fahrtsstraßen eine Promillegrenze von 0,8. Demgegen-
über liegt die Alkoholgrenze in der Binnenschifffahrt
und im Straßenverkehr bereits bei 0,5 Promille. Diese
unterschiedliche Regelung ist nicht zu rechtfertigen. Der
Handlungsbedarf ist unstrittig. Wir möchten mit unse-
rem Antrag unter anderem erreichen, dass die Alko-
holgrenze von 0,5 Promille generell für den Verkehr auf
See gelten soll. Die Herabsetzung der Promillegrenze
soll für Schiffsführungspersonal einschließlich der Be-
satzung während der Dienstzeit für das Befahren deut-
scher Seeschifffahrtsstraßen und weltweit für deutsche
Schiffe und für die Sportschifffahrt gelten.

Das Sicherheitskonzept der Bundesregierung beruht
zu einem wesentlichen Teil auf dem Präventionsgedan-
ken. Dazu gehört auch, dass Kriterien wie Zuverlässig-

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(C (D eit und persönliche Eignung für die Erteilung und Fortauer der Gültigkeit der Befähigungszeugnisse stärker erücksichtigt werden müssen. Es ist erfreulich, dass alle raktionen den Handlungsbedarf erkannt haben. Die iele und Wege waren bzw. sind allerdings unterschiedich. Ich begrüße nachdrücklich, dass wir heute einen geeinsamen Antrag von CDU/CSU, SPD und Grünen beaten. Zu den notwendigen Schritten unseres Präventions nd Sanktionskonzeptes zählen wir neben der generellen erabsetzung der Promillegrenze die Einführung der ullpromillegrenze für besonders gefährliche Gefahruttransporte. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


as sind Tankschiffe, die besonders gefährliche Stoffe,
um Beispiel flüssige Gase, flüssige Chemikalien sowie
mweltschädliche Güter, transportieren, und Schiffe, die
adioaktive Stoffe und Abfälle befördern.
Zurzeit darf zum Beispiel ein Kapitän nach einer Aus-

üchterung sein Schiff weiter führen, obwohl seine Al-
oholwerte darauf hindeuten, dass er alkoholabhängig
ein könnte. Hier ist eindeutig eine Regelungslücke.
ies räume ich klar und deutlich ein. Künftig soll es die
öglichkeit geben, ihm vorläufig das Patent zu entzie-
en. Ein Kapitän soll nach einem alkoholbedingten See-
nfall oder einer Trunkenheitsfahrt bis zu seiner Ver-
andlung nicht mehr am Ruder stehen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ein deutscher Kapitän!)


Die Grenzen zwischen einem Beinaheunfall, einem
eichten Unfall und einer reinen Trunkenheitsfahrt sind
äufig fließend. Wir wollen nicht warten, bis weiterhin
nglücke, die auf Alkoholkonsum zurückzuführen sind,
eschehen. Wir wollen bei Trunkenheitsfahrten auch
hne konkrete Gefährdung bereits einschreiten. Die pa-
entausstellende Behörde soll die Befugnis erhalten, das
orläufige Ruhen der Erlaubnis anzuordnen. Die WSD
ord wird den Führerschein bzw. das Berufspatent vor-
äufig beschlagnahmen können, wenn ein Schiff trotz al-
oholbedingter Fahrunsicherheit geführt wird und das zu
iner konkreten Gefährdung Dritter führt. Wir wissen,
ass wir damit einen tiefen Eingriff in die Berufsfreiheit
ornehmen. Es ist für einen Kapitän sehr schwierig,
enn ohne Patent darf er logischerweise seinen Beruf
icht ausüben.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das darf ein LKW-Fahrer auch nicht!)


ch hoffe hier auf die abschreckende Wirkung unserer
egelung.
Wir wollen diese Änderungen in einem Verfahren,

as keine Änderung des SUG nötig macht. Das möchte
ch hier ganz klar sagen. Wir wollen den präventiven Be-
eich durch regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen
eiter ausdehnen. Wir wollen auch verstärkte Kontrol-
en in den Häfen haben. Das halten wir für notwendig;
enn sonst brauchen wir keine verschärften Regelungen.






(A) )



(B) )


Annette Faße

Wir wollen das zentrale Überwachungsregister beim
BSH in Hamburg ermächtigen, vorläufige Patententzie-
hungen und Fahrverbote in die Kartei aufzunehmen. Mit
der IMO – wir befinden uns hier im internationalen Be-
reich – sind bereits Kontakte aufgenommen worden, da-
mit die Regelungen, die für Deutschland gelten sollen,
auch international auf fruchtbaren Boden fallen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Soll das ein Witz sein?)


Denn wir haben es nicht nur mit der nationalen oder EU-
weiten, sondern mit der internationalen Seeschifffahrt zu
tun.

Präventives Handeln hat für uns Vorrang. Dieser ge-
meinsame Antrag zeigt es. Wir handeln verantwortungs-
voll. Ich bitte um Ihre Unterstützung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517819800

Danke schön. – Das Wort hat jetzt der Abgeordnete

Wolfgang Börnsen.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1517819900

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und

Kollegen! Annette Faße hat das Ergebnis der sehr sorg-
fältigen Überprüfung eines Zustandes vorgetragen, der
nicht haltbar ist.


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Allein in den letzten drei Jahren hatten wir 126 Fälle von
Alkoholmissbrauch von Schiffsführern.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wie viele waren Deutsche?)


Der Eisberg der nicht kontrollierten Schiffe ist noch sehr
viel größer. 126 Mal


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wie viele deutsche Kapitäne?)


– alleine in Deutschland – sind wir an kleineren und grö-
ßeren Katastrophen auf See vorbeigeschrammt. 126 Mal
haben wir eine Situation gehabt, die dazu hätte führen
können, dass, ob in der Ostsee oder der Nordsee, große
Teile verwüstet worden wären, wenn es zu einem Unfall
gekommen wäre. Deshalb ist es richtig, dass wir, wenn
wir Menschen, See- und Lebensräume schützen wollen,
aufpassen, wo es Regelungsbedarf gibt. Er liegt jetzt vor.
Dass wir weitgehend zu einem gemeinsamen Antrag ge-
kommen sind, zeigt, dass die Problematik, auch wenn
die FDP in einigen Punkten unterschiedlicher Meinung
ist, von allen gesehen wird. Wir sind uns einig: Alkohol-
missbrauch am Ruder darf es nicht geben. Dem haben
wir den Kampf anzusagen – ohne Wenn und Aber.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


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(C (D Der gemeinsame Antrag, den wir vorgelegt haben, eigt aber auch den Kurs von Verantwortung und von ernunft. Wir haben in Europa unterschiedliche Regeungen in Bezug auf die Mitnahme bzw. den Konsum on Alkohol. Bei den Italienern gibt es zum Beispiel berhaupt keine Begrenzung. Die Engländer und Holänder haben eine 0,5-Promille-Grenze, aber in anderen ändern gelten Grenzen von 0,8 Promille und mehr. Es esteht insofern eine unterschiedliche Ausgangslage für ie Schiffsführer in Europa. Wir müssen zu einer Vereineitlichung kommen, damit auch Ungerechtigkeiten beeitigt werden können. Die Gründe, weshalb man jetzt in diesem Bereich onsequent vorgehen will, liegen auf der Hand. Wir könen es nicht zulassen, dass Menschen, die See und die mwelt dadurch beeinträchtigt werden, dass man nicht u einem vernünftigen Ergebnis kommt. Betrunkene geören nicht als Rudergänger auf ein Schiff! Einige von Ihnen werden sich an den schrecklichen nfall der „Exxon Valdez“ 1989 vor der Küste Alaskas rinnern, bei dem 40 000 Tonnen Erdöl ausgelaufen ind. Verursacht wurde der Unfall von einem alkoholiierten Schiffsführer. Das kann man nicht durchgehen assen. Dagegen muss etwas getan werden. Wir sind dabei, heute gemeinsam eine entsprechende orlage zu beschließen. Annette Faße hat darauf auferksam gemacht und mein Kollege Dirk Fischer hat on Hamburg aus immer wieder deutlich gemacht, wie otwendig dies ist. Bei Chemikalientankern, Öltankern nd Schiffen mit gefährlichen Stoffen darf es auch keine romillegrenze von 0,3 mehr geben. Wir müssen an dieer Stelle konsequent sein und die Null-Promillegrenze inführen. Das wird in der Vorlage gefordert. Es reicht nicht aus, nur darauf aufmerksam zu ma hen, dass sich die Lage hinsichtlich des Alkoholmissrauchs ändern muss, sondern wir müssen auch durch indeutige Maßnahmen zeigen, dass wir zum Handeln ereit sind. Man darf nicht vergessen, dass die Reeder in hren Verträgen mit der Crew sehr wohl vorschreiben, ass während der Arbeit an Bord nicht getrunken werden arf. Wenn aber schon – wie eingangs deutlich wurde – 26 Missbrauchsfälle bekannt wurden, dann heißt das, ass über die Verträge hinweggegangen wird. Insofern uss eine vernünftige Regelung für alle geschaffen weren. Das wollen wir tun. Richtig ist, dass das Seesicherheits-Untersuchungsesetz, das vor drei Jahren in Kraft getreten ist, nicht usreichend gewirkt hat. Das steht außer Frage. Es hat eine abschreckende Wirkung, wenn betrunkenen chiffsführern auch nach Unfällen nicht die Fahrrlaubnis entzogen wird, wenn sie erst Monate später elangt werden nd wenn im Falle eines Unfalls nicht als Konsequenz it dem Verlust der Fahrerlaubnis zu rechnen ist. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Genau das regeln Sie nicht, Herr Börnsen!)


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)







(A) )



(B) )


Wolfgang Börnsen (Bönstrup)


Es schreckt ebenfalls nicht ab – auch Rainder

Steenblock hat diesen Punkt immer wieder moniert –,
wenn entsprechende Verhandlungen hinter verschlosse-
nen Türen stattfinden. Vielmehr muss die Öffentlichkeit
dazu Zugang haben, um zu erfahren, wer andere gefähr-
det hat. Auch das muss in Zukunft zur Regel werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir glauben, dass es nicht ausreicht, wenn wie vor ei-
nem Jahr, als ein ukrainischer Kapitän sturzbetrunken
mit über 2 Promille in Bremen ankam – –


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Was passiert denn jetzt mit dem nach Ihrer neuen Regelung?)


– Das will ich ja gerade ausführen.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Gar nichts!)


Ihm wurde zwar durch das Seegericht die Fahrerlaubnis
für die Straße innerhalb Deutschlands entzogen, aber
nicht die Fahrerlaubnis für die See.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Natürlich nicht! Das stimmt überhaupt nicht! Da sind Sie falsch informiert!)


Er ist nach drei Wochen nach England gegangen, hat
sich dort wieder ein Schiff genommen und fährt weiter
über die Weltmeere.

Das geht nicht mehr an. Wir müssen sowohl auf na-
tionaler als auch auf internationaler Ebene zu einer Re-
gelung kommen, damit solche Auswüchse verhindert
werden und wir dazu beitragen, dass diese Verhaltens-
weise unterbunden wird.

Ich will noch zu zwei Punkten etwas anmerken. Zum
einen ist es richtig, dass wir nicht nur von der Verant-
wortung des Kapitäns ausgehen, sondern auch von der
der gesamten Crew. Es geht nicht an, dass zwar der
Kapitän nüchtern, aber der am Ausguck stehende Steuer-
mann stark betrunken ist. Alle haben im Dienst dem Ge-
bot der Nüchternheit zu folgen. Dafür ist der Schiffsver-
kehr viel zu schwierig.

Zum anderen ist es auch richtig, dass wir die Einrich-
tung eines zentralen Überwachungsregisters fordern,
durch das der Wasserschutzpolizei und anderen die
Möglichkeit geboten wird, festzustellen, ob gegen aus-
ländische Kapitäne – die ihr Fahrtenbuch nicht vorzei-
gen müssen, das auch nicht eingezogen werden kann;
auf diesen Punkt wird auch der Kollege Goldmann noch
näher eingehen – ein Fahrverbot verhängt wurde. Es
geht nicht an, eine Situation zu schaffen, die zu Beein-
trächtigungen der Eingriffsmöglichkeiten der Wasser-
schutzpolizei führt. Das darf nicht sein. Wir sind für ein
zentrales Register. Ich hätte mir gewünscht, wir hätten
das beim Kraftfahrtbundesamt ansiedeln können, weil
dort die Kompetenz vorhanden ist. Aber dazu ist es nicht
gekommen.

Ich appelliere an alle, die Freunde und Kollegen in
anderen Parlamenten haben: Sorgen Sie dafür, dass diese
Frage von Finnland bis Italien aufgegriffen wird. Wenn

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(C (D ei einer Kollision ein finnischer und ein italienischer apitän beteiligt sind, gilt zweierlei Recht. Hier sollte an zu einer Vereinheitlichung und zu einer für alle verretbaren Lösung kommen, damit ein Ausweichen auf ndere Länder unmöglich wird. Viele kennen das wunderschöne Lied „What shall we o with the drunken sailor?“ (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das könnten Sie jetzt doch mal anstimmen!)


Das haben einige schon überlegt; das ist ja auch nahe
egend.
Nicht weit von meiner Heimat hat vor etwa einem

ahr ein dänischer Kapitän im Großen Belt die
tützwand der Brücke gerammt. Er war sturzbetrunken.
nd was ist ihm passiert? Er wurde von Bord gefegt. So
ange sollten wir mit dem „drunken sailor“ nicht warten.
ch hoffe, dass wir jetzt in der Lage sind, unter Rück-
ichtnahme auf die Besatzung eine größere Seesicherheit
ür alle zu schaffen.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517820000

Eine wirklich interessante Debatte, auch für uns

andratten. Man lernt wirklich etwas dazu über die Ver-
ältnisse auf See.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rainder

teenblock.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ie Havarie des Öltankers „Exxon Valdez“ – der Kol-
ege Börnsen hat es angesprochen – vor der Südküste
laskas hat aus sehr vielen Gründen eine traurige Be-
ühmtheit erlangt. Einer der Gründe war der Alkohol-
issbrauch des Kapitäns; denn der betrunkene Kapitän
atte das Schiff einem völlig unerfahrenen Offizier über-
assen, der mit der Schiffsführung total überfordert war.
ie Havarie der „Exxon Valdez“ wurde zu einer der
rößten Umweltkatastrophen des 20. Jahrhunderts.
Betrunken war auch der Kapitän des Säuretankers

ENA 2“, der im letzten Jahr im Hamburger Hafen hava-
ierte. 960 Tonnen Schwefelsäure liefen in die Elbe.
ine Blutprobe des Kapitäns ergab einen Blutalkohol-
ert von 2,2 Promille.
Diese Beispiele zeigen, dass wir dringend den Alko-

olmissbrauch in der Seeschifffahrt bekämpfen müssen.
er Kollege Börnsen hat schon die Zahl von 126 festge-
tellten Alkoholmissbrauchsfällen genannt. Natürlich
ibt es noch eine riesige Dunkelziffer. Mich macht die
teigerung sehr besorgt. Diese Zahl 126 bedeutet eine
erdreifachung gegenüber dem vorherigen Berichtszeit-
aum. Diese Steigerung muss uns zum Handeln zwingen






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock

und ich bin sehr froh, dass wir das zusammen schaffen
werden.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Na!)

Alkoholmissbrauch ist kein Kavaliersdelikt, auch

nicht in der Seeschifffahrt. Das Bild vom „drunken
sailor“ mag für Seefahrerromantik und Nostalgie etwas
taugen; in der modernen Seeschifffahrt hat dieses Bild
jedenfalls nichts zu suchen. Das Risiko von Katastro-
phen durch Havarie von Schiffen ist gerade bei Öltan-
kern oder Chemietankern, wie „Erika“ oder „Prestige“
gezeigt haben, immens.

Zudem haben Schiffsunfälle gravierende Folgen für
die wirtschaftliche Situation der betroffenen Menschen
an den Küsten. Die Tourismusindustrie und die Fischerei
sind häufig über Jahre, manchmal über Jahrzehnte, ge-
stört und geschädigt und die Kosten für die Schadensbe-
seitigung – das haben wir gerade in Spanien erlebt – sind
gigantisch.

Die Bekämpfung des Alkoholmissbrauchs ist also ein
wichtiger Punkt für mehr Sicherheit im Seeverkehr in
ganz Europa. Denn alljährlich werden zum Beispiel
800 Millionen Tonnen Öl allein über die Häfen in der
Europäischen Union umgeschlagen. Zudem passieren
zahlreiche Öltanker die Hoheitsgewässer der Europäi-
schen Union, ohne überhaupt einen ihrer Häfen anzulau-
fen. Das betrifft insbesondere die russischen Öltanker,
die auf der Ostsee unterwegs sind. Das birgt bei der ho-
hen Verkehrsdichte auf der Nord- und der Ostsee ein er-
hebliches Gefahrenpotenzial und Unfallrisiko und macht
drastische Maßnahmen notwendig. Deshalb haben wir
uns für die Nullpromillegrenze bei Gefahrguttranspor-
ten mit hohem Risikopotenzial wie Tankschiffen und
Schiffen, die radioaktive Stoffe befördern, eingesetzt
und sie auch umgesetzt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für alle sonstigen Schiffe und Sportboote werden wir

eine Anpassung an die „normalen“ Werte im Straßenver-
kehr und in anderen Bereichen des Verkehrs vornehmen
und die Grenze von 0,8 auf 0,5 Promille senken. Auch
die präventiven Maßnahmen werden durch Kontrollen
in den Häfen und regelmäßige Blutuntersuchungen im
Rahmen der Seetauglichkeitsuntersuchung verbessert.
All dies ist notwendig. Schließlich müssen wir – das
haben wir bereits gemacht – die rechtlichen Vorausset-
zungen für die vorläufige Anordnung des Ruhens von
Fahrerlaubnissen zur Klärung von Eignungszweifeln
schaffen.

Trunkenheitsfahrten in der Seeschifffahrt müssen so
weit wie möglich verhindert werden. Wir wissen zwar
genau, dass wir nie 100 Prozent erreichen können. Aber
wir müssen zumindest das Drohpotenzial zur Verfügung
haben, das möglich ist, um die präventive Funktion der
Strafgesetzgebung zu realisieren. Wir müssen die Kon-
trollen verstärken. Die Grenzwerte, die wir nun festge-
legt haben, bedeuten einen vernünftigen Schritt hin zu
mehr Seesicherheit sowie mehr Schutz von Mensch und
Umwelt.

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(C (D Gerade weil es sich um einen fraktionsübergreifenden ntrag handelt, möchte ich mich zum Schluss bei der ollegin Annette Faße und dem Kollegen Uwe eckmeyer von der sozialdemokratischen Fraktion soie dem Kollegen Wolfgang Börnsen von der CDU/ SU für die sehr kollegiale Zusammenarbeit herzlich edanken. So haben wir es gemeinsam geschafft, ein ehr großes Problem der Seeschifffahrt zu lösen. Dass ie FDP außen vor war, mag kein Signal für das Ergebis bei der Bundestagswahl sein. Aber es ist ein bisschen chade; denn es wäre, glaube ich, gut gewesen, wenn wir lle an dieser Stelle gemeinsam gehandelt hätten und enn nicht Kleinigkeiten so hochstilisiert worden wäen, dass wir nicht zu einer gemeinsamen Entscheidung, ie von allen Fraktionen in diesem Hause hätte getragen erden können, gekommen sind. Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517820100

Jetzt hat der Abgeordnete Hans-Michael Goldmann

as Wort.

(Zuruf von der SPD: Jetzt kommt der Fachmann!)



Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1517820200

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol-

egen! „Jetzt kommt der Fachmann!“ Ich nehme das ein-
al so an; denn in dieser Sache habe ich hundertprozen-
ig Recht. – Herr Kollege von der SPD, nicht immer
leich brüllen!
Das Thema ist Alkoholmissbrauch in der Seeschiff-

ahrt. Es geht aber nicht um Promillegrenzen – darin
ind wir uns sicherlich einig –, sondern schlicht und er-
reifend darum, was wir mit demjenigen machen, der
etrunken ist und der eigentlich seinen „Lappen“ zu ver-
ieren hat. So simpel ist die Geschichte. Der jetzige
chaden ist bei der Änderung des SUG entstanden. Das
eiß Annette Faße genauso gut wie ich.


(Beifall bei der FDP)

er Schaden ist entstanden, weil es damals einen Minis-
erialbeamten gab, der das unbedingt noch vor seinem
uhestand durchsetzen wollte. Alle an der Küste sind
ich aber einig: Das neue SUG ist nicht gut genug, wenn
s darum geht, den Alkoholmissbrauch und seine Aus-
irkungen einzudämmen.
Wir waren uns eigentlich einig, die entsprechende Re-

elungslücke zu schließen und den Alkoholmissbrauch,
uch durch präventive Maßnahmen, besser zu bekämp-
en. Das hat der Kollege Börnsen – genauso wie der Kol-
ege Steenblock – vor nicht allzu langer Zeit dankens-
erterweise erklärt. Er hat gesagt: Nun machen wir uns
och gemeinsam auf den Weg und sorgen wir für Ab-
ilfe! Nun sagen Sie, Herr Börnsen: Ihr bösen Kapitäne,
26 von euch haben wir betrunken erwischt und eigent-
ich sind es ja noch viel mehr. – Herr Börnsen, was Sie






(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann

aber nicht sagen, ist, dass Sie mit der Regelung, die Sie
nun treffen, nur den deutschen Kapitän erwischen. Nur
bei einem deutschen Kapitän kann die Patentbehörde so-
zusagen einen Sofortvollzug vornehmen. Aber den
Ukrainer, den Sie eben als Beispiel angeführt haben und
den ich erwischen will, bekommt man so nicht. Das ist
der springende Punkt.


(Beifall bei der FDP)

Es geht hier nicht um 0,5 oder 0,8 Promille. Vielmehr

geht es im Grunde genommen darum, was in der interna-
tionalen Seefahrt an der Tagesordnung ist. Es gibt si-
cherlich viele vernünftige Kapitäne. Aber wir haben spe-
zielle Probleme mit dem einen oder anderen
ausländischen Kapitän, der betrunken ist oder der sein
Kapitänspatent allem Anschein nach im Lotterieverfah-
ren gewonnen hat. Sie wissen ganz genau, welche
Schwierigkeiten wir da haben.

Wir haben das Problem, dass Sie diese Personen mit
den Änderungen, die Sie heute auf den Weg bringen,
nicht erreichen. Eine Zeitung, die sich mit diesem
Thema intensiv beschäftigt, hat Recht, wenn sie schreibt
– Herr Börnsen, hören Sie wenigstens einen Moment
zu! –: „Erlaubt: Betrunken am Steuerrad“. Das schlimme
Signal, das von dem heutigen Beschluss der Koalitions-
fraktionen, also der SPD und des Bündnisses 90/Die
Grünen, und der CDU/CSU-Fraktion ausgeht, ist, dass
das zukünftig zumindest auf ausländische Kapitäne zu-
trifft.

Dem wollen wir mit unserem Antrag entgegenwirken.

(Beifall bei der FDP)


In unserem Antrag steht: Der „Lappen“ muss sofort
weggenommen werden, wenn jemand betrunken ist oder
deutlich zeigt, dass er im Grunde genommen nicht bereit
ist, sich an unsere Spielregeln zu halten. Dass deren Ein-
haltung dringend nötig ist, darüber besteht zwischen uns
Konsens. In punkto Seeschifffahrt ist in der Deutschen
Bucht eine Menge los. Auch was die Ostsee angeht, sind
wir uns einig. Um die dortigen Probleme zu lösen, müss-
ten Sie unserem Antrag eigentlich zustimmen. Das wis-
sen Sie auch ganz genau; da bin ich hundertprozentig si-
cher.

Wir bleiben dabei: Hier geht es nicht um einen Kom-
promiss, also darum, ob die Grenze nun bei 0,5 Promille
oder bei 0,8 Promille liegt. Hier geht es schlicht und er-
greifend darum, ob wir den ausländischen Kapitänen, die
sich auf unseren Gewässern bewegen, das Patent entzie-
hen können. Genau das können wir nicht, weil es nicht
von einer deutschen Patentbehörde ausgestellt worden
ist. Unterhalten Sie sich mit allen, die mit der Anwen-
dung des SUG zu tun haben, unterhalten Sie sich mit
dem BSH und mit anderen! Sie alle sagen Ihnen das
Gleiche: Die Lösung, die heute auf dem Tisch liegt, ist
unzureichend. Unsere ist besser und deswegen stellen
wir sie zur Abstimmung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP – Uwe Beckmeyer [SPD]: Das war hundertprozentig daneben!)


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(C (D Das Wort hat jetzt die Parlamentarische Staatssekretä in Angelika Mertens. An Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! s wäre schön, wenn wir „Fischköppe“ die Präsidentin uf den Geschmack gebracht hätten. Die Seeschifffahrt ucht gute Leute. Ich bin demnächst frei. An Es gibt auch Frauen in der Seeschifffahrt, zum Bei piel sehr erfolgreiche weibliche Kapitäne. Also: Nur u! Sicherheit in der Seeschifffahrt hängt nicht nur von er Einhaltung hoher technischer Standards ab, sondern atürlich auch von der Qualifikation und von der Zuverässigkeit der Schiffsführung. Gravierende Eignungsängel erhöhen das Unfallrisiko und haben oft verheeende Folgen für Mensch und Umwelt. Alkohol am uder ist deshalb konsequent zu bekämpfen. Wenn das eschieht, wird die Verkehrssicherheit insgesamt erhöht. as ist ein wichtiges nationales, aber auch ein internatioales Anliegen. Wie schon gesagt wurde, ist dieser Bereich im Stra enverkehr eindeutig geregelt: Wer einen Unfall unter lkoholeinfluss verursacht, der wird dafür zur Rechenchaft gezogen. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Der kriegt den „Lappen“ abgenommen!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517820300
Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1517820400
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517820500

(Heiterkeit)

Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1517820600

uch die, die keine Unfälle verursachen, sondern „nur“
etrunken fahren, müssen mit ernsten Konsequenzen
echnen, bis hin zum Entzug der Fahrerlaubnis.
Aber wie in vielen anderen Bereichen gibt es in der

chifffahrt Fälle von Alkoholmissbrauch. Alkoholmiss-
rauch ist ein Indiz für gravierende Eignungsmängel
eim seemännischen Personal. Ich will deshalb auf die
ckpunkte eingehen.
Die neue allgemeine Regelung, dass in der Seeschiff-

ahrt eine Grenze von 0,5 Promille gelten soll, wird an
ie Grenzwerte im Straßenverkehr und in der Binnen-
chifffahrt angeglichen. Das ist hierbei der größte Sank-
ionsfaktor.
Durch die Verschärfung der Kriterien der persönli-

hen Zuverlässigkeit schon bei der Erteilung von Paten-
en und von Fahrerlaubnissen tragen wir zu mehr Prä-
ention bei.
Die Bundesregierung wird in einem ersten Schritt auf

em Verordnungswege die allgemeine Promillegrenze
ür den Bereich der deutschen Seeschifffahrt und für den
ereich deutscher Seeschiffe, die weltweit unterwegs






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Angelika Mertens

sind, herabsetzen. Das folgt klaren Regeln, es dient der
Sicherheit und es ist gesellschaftlicher und rechtlicher
Konsens.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Jawohl!)

Aus Sicht der Bundesregierung ist es sehr erfreulich,

dass diese Beschlussempfehlung mit interfraktioneller
Übereinstimmung zustande gekommen ist. Sie behandelt
sehr viele Punkte, die auch wir in unserem Sanktions-
und Präventionskonzept aufgeführt haben.

Wir sagen auch eindeutig: Das gilt für alle, das gilt für
die gesamte Schiffsbesatzung während der Dienstzeit.
Jeder Bordarbeitsplatz, ob im Brücken-, Maschinen-
oder Deckbereich, ist für die Sicherheit des Schiffes von
Bedeutung.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Zusätzlich soll – das haben wir auch gesagt – für be-
stimmte Gefahrguttransporte auf deutschen Seeschiff-
fahrtstraßen künftig eine noch restriktivere Promille-Re-
gelung gelten. Frau Faße hat schon von Tankschiffen
und gefährlichen Gütern gesprochen; ich glaube, Herr
Börnsen hat das auch gesagt. Ich nenne noch radioaktive
Stoffe.

Wir nehmen übrigens eine Anregung des Bundesrates
auf und prüfen, ob diese Regelung auch für Fahrgast-
schiffe gelten sollte. Da sind wir im Moment in der Ab-
stimmung mit den Ländern.

Die neuen, verschärften Regelungen bedürfen einer
wirksamen Durchsetzung und Kontrolle. So werden wir
im Seeaufgabengesetz ein Fahrverbot auch außerhalb
konkreter Gefährdungen einführen. Vorläufige Maßnah-
men wie das Ruhen der Fahrerlaubnis oder des Patentes
oder sofort vollziehbare Fahrverbote gegenüber Auslän-
dern dienen nicht nur einer effektiven Sanktionierung,
sondern haben auch Abschreckungscharakter. Genau das
ist auch gewollt.

Dabei kommt es nicht, Herr Goldmann, zu einer
Kompetenzüberschneidung zwischen den Seeämtern
und den Wasser- und Schifffahrtsdirektionen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das habe ich auch nicht behauptet!)


Auch folgenlose Trunkenheitsfahrten, wie es so schön
heißt, ziehen die Eignung in Zweifel und müssen die An-
ordnung des Ruhens der Fahrerlaubnis als vorläufige
Maßnahme durch die patentausstellende Behörde nach
sich ziehen. Auch gegenüber Ausländern sollen vorläu-
fige Maßnahmen in Form eines Fahrverbots durch die
Schifffahrtspolizeibehörden angeordnet werden können.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das können sie gar nicht! Sie haben zwei getrennte Verfahren!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517820700

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Börnsen?

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(C (D A Ja, bitte. Bitte schön, Herr Börnsen. Frau Staatssekretärin, ich finde, Sie haben mit Recht uf einen Punkt aufmerksam gemacht, der von unserem ollegen Goldmann sehr stark diskutiert worden ist, die rage nämlich, ob wir mit unserer Regelung ausschließich deutsche Schiffsführer meinen, obwohl wir uns eientlich in dem Ziel einig sind – auch mit der FDP; desegen ist das mehr eine künstliche Diskussion –, dass uch ausländische Schiffsführer einbezogen werden solen, wenn wir jetzt zu einer neuen Regelung kommen. ch wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das verdeutlichen önnten. An Herr Börnsen, Sie haben absolut Recht. Ausländische chiffsführungen – so muss man sagen; es sind ja nicht ur die Kapitäne – sind auch betroffen. (Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage – Uwe Beckmeyer [SPD]: Wir müssen doch keinen Nachhilfeunterricht für Herrn Goldmann machen! Der erzählt uns hier einen Unsinn nach dem anderen!)

Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1517820800
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517820900
Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1517821000
Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1517821100

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen auf wirk-
ame Sanktionen und ein neues Präventionskonzept.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517821200

Frau Kollegin Mertens, erlauben Sie noch eine Zwi-

chenfrage des Kollegen Goldmann? – Bitte schön, Herr
oldmann.

Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1517821300

Danke schön, Herr Präsident! – Geschätzte Staats-

ekretärin, stimmen Sie mit mir darin überein, dass so-
ohl der Antrag von SPD und Grünen als auch der von
DU/CSU den Sofortvollzug der ausstellenden Patent-
ehörde zuweist? Ich meine, da Sie in Ihrem Antrag im
runde genommen eine Trennung der Verfahren in Eil-
ntscheidung und Hauptsacheverfahren vornehmen, ist
er Sofortvollzug bei einem ausländischen Kapitän, des-
en Patent nicht von einer deutschen Behörde ausgestellt
urde, nicht mehr möglich.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Die Wasserpolizei nimmt den Jungen von Bord!)


A
Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1517821400

Ich habe Ihnen das eben schon beantwortet: Die

chifffahrtspolizeilichen Behörden können auch gegen-
ber einem ausländischen Kapitän eine vorläufige Maß-
ahme ergreifen, das heißt, ein Fahrverbot aussprechen.


(Zuruf von der SPD: So ist das!)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Angelika Mertens

Das wissen Sie eigentlich auch.

Herr Goldmann, Sie wollen die SUG-Debatte wieder
eröffnen. Das steht Ihnen auch zu. Sie haben ja damals,
als wir das behandelt haben, eine klare Position bezogen.
Aber in diesem Fall irren Sie sich wirklich. Die schiff-
fahrtspolizeilichen Behörden haben die Befugnis, dieses
Fahrverbot auszusprechen.


(Beifall bei der SPD – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das stimmt nicht!)


Dann komme ich zum Schluss. Wir setzen auf wirk-
same Sanktionen und ein neues Präventionskonzept. Wir
werden uns logischerweise auch bei der IMO dafür ein-
setzen – vielleicht beantwortet das auch ein bisschen
das, was Sie gefragt oder gedacht haben, Herr
Goldmann –, dass weltweit verbindliche einheitliche Al-
koholgrenzwerte festgelegt werden.

Ich bedanke mich noch einmal für den sozusagen in-
terfraktionellen Antrag, bedanke mich also bei den
Koalitionsfraktionen und bei der CDU/CSU-Fraktion.
Was ich vorhin gesagt habe, gilt auch in diesem Fall,
auch in diesem Monat noch: Wir werden das zügig um-
setzen. Wir sind in dieser Angelegenheit mit dem Bun-
desrat schon sehr weit. Ich danke für die außerordentlich
nüchterne Debatte, die wir heute darüber geführt haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das ist richtig! Nüchtern sind wir!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517821500

Das Wort hat der Kollege Enak Ferlemann von der

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP] – HansMichael Goldmann [FDP]: Der ist Betroffener! Ich meine, nur von der Örtlichkeit her!)



Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1517821600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Kollege Goldmann, wir haben Ihnen diese
außerordentlich spannende und informative Debatte hier
heute Abend zu verdanken. Insofern sind wir tatsächlich
alle Betroffene dieser Angelegenheit.

Es stellt sich natürlich die Frage, ob Ihre Einlassun-
gen hier korrekt waren.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja!)

Sie wissen selbst, dass es sich zunächst einmal um einen
Antrag handelt, den wir hier beschließen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja!)

Es ist noch nicht das Gesetzgebungsverfahren. Wenn Sie
da etwas ändern wollen – –


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wollen Sie damit sagen, dass in Ihrem Antrag nicht steht, was ins Gesetz soll?)



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(C (D Darin steht genau das, was Gesetz werden soll. Aber enn wir eine Gesetzesänderung wollen, die Thematik lso nicht auf dem Verordnungswege geregelt wird, rauchen wir ein weiteres Verfahren. Insofern verstehe ch gar nicht, warum Sie hier den Teufel an die Wand alen. Im Man kann auch heute sofort den ührerschein entziehen. Das ist überhaupt keine Frage. enn die Wasserschutzpolizei das macht, dann ist der ührerschein weg und dann kann die Person das Schiff icht weiter führen, wenn die Regelungen so getroffen erden. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Der fährt am nächsten Tag weiter!)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1517821700

Zu diesem Thema ist heute im Grunde genommen
chon alles ausgeführt worden. Wir alle gemeinsam sind
n Sorge um die drastisch zunehmende Zahl von Trun-
enheitsfahrten in der Seeschifffahrt. Die Statistiken sa-
en aus, dass sich die Zahl etwa verdreifacht hat. Die
öglicherweise gravierenden Folgen für die Küsten und
ie Seeschifffahrtsstraßen sind drastisch geschildert
orden. Ich will nur an die Havarie der „ENA 2“ erin-
ern, bei der 960 Tonnen Schwefelsäure in die Elbe ge-
lossen sind. Das zeigt deutlich, welches Gefährdungs-
otenzial von alkoholbedingten Schiffsunfällen ausgeht.
Dass wir uns über die Promillegrenze haben einigen

önnen – eine große Debatte zwischen den Fraktionen
ar ja, wo man sie ansetzen soll –, halte ich für sehr gut.
ie gefundene Regelung, nach der bei besonderer Ge-
ährdung die Null-Promille-Grenze gilt, wie beim Flug-
erkehr, und für Normalfahrten die Grenze wie auf Stra-
en und Binnengewässern, nämlich 0,5 Promille, ist,
enke ich, eine gute Sache.
Auch der Fall des ukrainischen Kapitäns, der mit sei-

em Feederschiff MS Robert volltrunken – mit 2,4 Pro-
ille – auf der Außenweser gestoppt wurde, hat uns si-
herlich sehr zu denken gegeben.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wie ist das weitergegangen?)


uch dieser Fall war ein Hinweis darauf, dass bei der
esetzesänderung, die wir vor einigen Jahren beschlos-
en haben, ein Fehler gemacht worden ist. Wir als Union
aben schon damals kritisiert, das alte Seeunfalluntersu-
hungsgesetz sei besser gewesen als das nachfolgende
eesicherheits-Untersuchungs-Gesetz, das dann 2002 in
raft getreten ist. Auf diese Lücke haben wir mehrfach
ingewiesen. Ich finde es gut, dass die Koalition zugege-
en hat, dass damals ein Fehler unterlaufen ist,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Warum korrigiert sie es nicht?)


nd gesagt hat: Diesen Fehler wollen wir korrigieren.

(Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen Warum tut sie es nicht?)


(Bönstrup) (CDU/CSU) – Hans-Michael

Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1517821800






(A) )



(B) )


Enak Ferlemann

Darin sind wir uns einig. Das ist der richtige Ansatz.
Dass wir uns dabei auch über die Promillegrenzen haben
einigen können, halte ich für eine gute Sache.

Dass wir dann gemeinsam auch noch der Auffassung
sind, dass wir ein zentrales Überwachungsregister
brauchen, ist ebenfalls gut. Nur, auf nationaler Ebene al-
lein wird das nicht ausreichen. Das brauchen wir auf in-
ternationaler Ebene. Die IMO muss gebeten werden, das
konsequent fortzuführen, damit es nicht nur eine natio-
nale Regelung, sondern eine internationale Regelung
gibt. Zumindest EU-weit müssen wir dafür sorgen, dass
wir denjenigen, die mit solchen Trunkenheitsfahrten des
Öfteren auffallen, die Erlaubnisse dauerhaft entziehen
können, ähnlich wie das durch das Kraftfahrtbundesamt
möglich ist.

Das ist ein spannendes Thema, ein interessantes
Thema für alle diejenigen, die die Küstenschifffahrt und
die Seeschifffahrt nicht so kennen. Wir kennen diese
Problematik. Deswegen halte ich die gemeinsam gefun-
dene Regelung für sehr gut. Ich wundere mich, dass der
Kollege Goldmann da nicht mitmacht. Schließlich
kommt auch er, wie er sagt, von der Küste – obwohl Pa-
penburg sehr weit landeinwärts liegt und es dort nicht so
viel Küste gibt.


(Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU] – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ein Seehafen ist das!)


– Die nennen sich Seehafen, für uns ist das aber fast
schon ein Binnenhafen; das sage ich Ihnen ganz ehrlich.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: So große Schiffe, wie wir haben, habt Ihr in Cuxhaven noch nie gesehen!)


– So viele große Schiffe, wie bei uns in einer Stunde vor-
beifahren, seht ihr bei euch nicht einmal an einem Tag.

Dass Sie also nicht mitmachen, mag Profilierungs-
gründe haben, die mit dem bevorstehenden Bundestags-
wahlkampf zu tun haben.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Quatsch! Ändern Sie doch das SUG!)


Wir werden sicherlich danach in anderer Funktion sehen,
wie wir zu entsprechenden Regelungen kommen.

Ich darf mich bei den Fraktionen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen für die gute Zusammenarbeit
bedanken. Wir werden Ihren Antrag heute im Sinne der
Seeschifffahrt und der Menschen an den Küsten gemein-
sam verabschieden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517821900

Ich schließe die Aussprache.

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(C (D Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auschusses für Verkehr, Bauund Wohnungswesen auf rucksache 15/5514. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be chlussempfehlung, den Antrag der Fraktionen von SPD nd Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 15/4942 it dem Titel „Verkehrssicherheit in der Seeschifffahrt erbessern – Alkoholmissbrauch konsequent bekämpen“ in der Ausschussfassung anzunehmen. Wer stimmt ür diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dageen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist it den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der CDU/ SU-Fraktion gegen die Stimmen der FDP-Fraktion anenommen. Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss, den Antrag der raktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/4383 mit em Titel „Promillegrenze in der Seeschifffahrt“ für eredigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlussempehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Bechlussempfehlung ist einstimmig angenommen. Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 sei er Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags er Fraktion der FDP auf Drucksache 15/3725 mit dem itel „Bessere Möglichkeiten im Kampf gegen Trunkeneitsfahrten in der Seeschifffahrt schaffen“. Wer stimmt ür diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den timmen der Koalitionsfraktionen und der CDU/CSUraktion gegen die Stimmen der FDP-Fraktion angeommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Claudia Nolte, Dr. Friedbert Pflüger, Peter Hintze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Für eine klare europäische Perspektive der Ukraine – Drucksache 15/5021 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Damit eröffne ich die Aussprache und erteile als ers er Rednerin der Kollegin Claudia Nolte von der CDU/ SU-Fraktion das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In wischen ist es ein halbes Jahr her, als uns die Bilder aus iew erreichten, wo die Menschen mit viel Mut und usdauer in der orangen Revolution für demokratische Claudia Nolte Grundrechte demonstriert haben und den Respekt vor dem freien Willen der Wähler eingefordert haben. Die Menschen waren erfolgreich mit ihrem Protest. Seitdem bemühen sich der Präsident Juschtschenko und die Regierung Timoschenko um eine Neuausrichtung der Politik. Die Richtung ist eindeutig: Sie weist nach Europa. Nicht nur die politische Elite in der Ukraine richtet ihre Erwartungen auf uns, sondern gerade auch die Menschen in der Ukraine erhoffen sich Unterstützung und vor allen Dingen eine Verbesserung ihrer konkreten Lebenssituation durch die Europäische Union. Viele von uns mögen jetzt denken: zur Unzeit. Erst in den vergangenen Tagen haben die Franzosen und die Niederländer in Referenden zum EU-Verfassungsvertrag mit einem klaren Nein gestimmt. Nun mögen viele Gründe dafür die Ursache gewesen sein, aber ganz sicher auch der, dass man meint, die letzte Erweiterungsrunde war ein so großer Schritt, dass es jetzt erst einmal angebracht wäre, innezuhalten und sich über die Frage klar zu werden, welches Europa mit welchen Grenzen wir haben wollen. Das heißt, die EU ist aufgefordert, sich jetzt erst einmal zu konsolidieren. Aber die Ukraine ist unbestritten ein europäisches Land. Gerade in dem EU-Verfassungsvertrag, den wir Deutsche so verteidigt haben, ist ausdrücklich für jedes europäische Land der Weg in die EU prinzipiell eröffnet. Wir haben bei den ehemaligen Beitrittskandidaten und heutigen neuen Mitgliedsländern die Erfahrung gemacht, welch große Motivation gerade diese Perspektive für die Durchsetzung von Reformen, die erst einmal schmerzhaft für die Menschen und in dieser Zeit nicht gerade populär sind, schafft. Ich denke, auch für die Ukraine wird der Weg Richtung Europa schwer. Die Voraussetzungen dafür sind längst noch nicht vorhanden. Deshalb braucht die Ukraine ein Signal. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, weil die Sache so ist, wie sie ist – die EU ist noch nicht so weit, die Ukraine ebenfalls noch nicht –, haben wir in unserem Antrag ausdrücklich nicht von Beitrittsperspektive gesprochen. Jetzt ist nicht die Zeit, über einen Beitritt zu reden, sondern jetzt ist die Zeit, die Voraussetzungen für einen möglichen Beitritt zu schaffen. Nach meiner festen Überzeugung meint europäische Perspektive deutlich mehr als nur den Beitritt. Uns geht es ja nicht nur darum, dass die Ukraine in Europa liegt, sondern sie muss auch in ihrer inneren Verfasstheit ein europäisches Land sein, das heißt ein Land, das unsere Werte und Prinzipien teilt. Dazu gehören Demokratie, Achtung der Menschenrechte, Medienfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und eine funktionstüchtige Marktwirtschaft. Die Schaffung dieser Voraussetzungen trägt zur Annährung an die EU bei. Was aber noch wichtiger ist: Sie dient auch zur Verbesserung der Lebenssituation der Menschen. Aber es wird nicht einfach sein, dies alles in kurzer Zeit zu schaffen, schon gar nicht, wenn wir die nötige Unterstützung jetzt verweigern. Die Ukraine braucht vor allen Dingen unsere Hilfe, besonders vor dem Hintergrund, dass schon bald Parlamentswahlen stattfinden und man befürchten muss, dass manch schwieriges Re f W s A z te a w th n I w D M f L r d s k A e d ti s O d b n v E b u w ti d g v F r s U r G w b m b g m F d U (C (D ormvorhaben jetzt erst einmal brachliegen wird, bis die ahl vorbei ist. Natürlich ist in erster Linie die Ukraine elbst gefordert, die wichtigen Schritte zu unternehmen. ber wir bringen viel Expertise aus Transformationsproessen mit. Deswegen können wir eigentlich vieles leisn. Unser Eindruck ist, dass die derzeitige Zusammenrbeit von deutscher Seite, aber auch vonseiten der EU ie bisher läuft, nämlich sehr formalisiert und ohne Enusiasmus. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, reicht ach unserer Auffassung nicht. ch denke, das Mindeste ist, dass die EU das umsetzt, as sie selber zugesagt hat. Dabei denke ich vor allen ingen an die Anerkennung des Marktwirtschaftsstatus. an mag da viele Bedenken ins Felde führen; aber ich inde, man darf nicht vergessen, wie man bei anderen ändern verfahren ist. Wir wissen, dass in vergleichbaen Fällen eine politische Entscheidung getroffen woren ist. Deshalb hat auch die Ukraine darauf einen Anpruch. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Claudia Nolte (CDU):
Rede ID: ID1517822000




(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


Uns ist aber vor allem wichtig, unsere Hilfen sehr
onkret zu gestalten. Darauf haben wir uns in unserem
ntrag konzentriert. Damit meine ich den Aufbau von
ffizienten Strukturen in der Verwaltung – das ist in
iesen Transformationsländern wichtig – und in der Jus-
z. Das schaffen wir am besten, wenn Fachkräfte bei-
pielsweise direkt vor Ort arbeiten können, wenn wir vor
rt Präsenz zeigen können. Wir können in diesen Län-
ern vor allen Dingen Beratungstätigkeit leisten. Umso
edauerlicher finde ich, dass ausgerechnet jetzt die Fi-
anzierung der bisherigen Wirtschaftsberatung, die wir
orgenommen haben, so heruntergefahren wird, dass das
nde schon in Sicht ist. Mit Präsident Juschtschenko ha-
en wir jemanden, der marktwirtschaftlich orientiert ist
nd konzeptionell Wirtschaftsreformen durchführen
ill. Er wäre auf unsere Erfahrungen, auf unsere Exper-
se angewiesen. Deshalb halte ich die Einschränkung
er Finanzierung für einen Fehler; hier sollten wir ge-
ensteuern.
Neben der Verwaltung und der Wirtschaft gibt es

iele weitere Felder für eine mögliche Zusammenarbeit,
elder, von denen im Übrigen auch wir selber profitie-
en. Solidarität und Hilfe müssen ja keine Einbahnstraße
ein. Ich denke zum Beispiel an den Umweltbereich, die
msetzung des Kioto-Protokolls. Der große Modernisie-
ungsbedarf in der Ukraine – angesichts dessen, dass ein
roßteil der Energie vergeudet wird und viel geleistet
erden kann, um die CO2-Emission zu vermindern –ietet uns gute Felder der Kooperation und der Zusam-
enarbeit.
Ähnliches gilt sicherlich auch für die Zusammenar-

eit im Bereich der Streitkräfte. Auch dort gibt es einen
roßen Modernisierungsbedarf. Wir haben Erfahrungen
it der Verkleinerung unserer Streitkräfte sowie mit der
rage der Grenzsicherung gewonnen. Auf diesen Fel-
ern können wir der Ukraine die von ihr benötigte
nterstützung in ganz praktischer Weise geben. Nicht






(A) )



(B) )


Claudia Nolte

zuletzt könnte die Kooperation im Wissenschafts- und
Forschungsbereich beiderseitigem Nutzen dienen.

Ich wollte damit nur deutlich machen, dass es vielfäl-
tige Möglichkeiten der Unterstützung gibt, die sich auch
auf viele Schultern verteilen lassen. Es ist nicht nur Re-
gierungshandeln gefordert. Auch die Wirtschaft, kom-
munale Selbstverwaltungen und politische Stiftungen
können daran mitwirken. Dafür ist heute ganz sicher die
richtige Zeit.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517822100

Das Wort hat die Kollegin Jelena Hoffmann von der

SPD-Fraktion.

(Gernot Erler [SPD]: Jetzt kommt die Lenotschka!)



Jelena Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID1517822200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich gebe zu, es ist nach den Nachrichten aus
Paris und Den Haag nicht einfach, über klare europäi-
sche Perspektiven zu sprechen. Das Abstimmungsver-
fahren zur Verfassung muss aber weitergehen. Auch
muss uns klar sein, dass wir jetzt noch mehr auf die
Menschen und ihre Sorgen achten müssen und die Men-
schen von Helsinki bis Lissabon, von Dublin bis Athen
mitnehmen und von den Vorteilen des vereinten Europa
überzeugen müssen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Trotzdem freue ich mich als Vorsitzende der Deutsch-
Ukrainischen Parlamentariergruppe des Bundestages,
dass wir heute über die Ukraine sprechen. Ich weiß, dass
diese Debatte für uns in Deutschland wichtig ist, um die
strategische Bedeutung unseres europäischen Nach-
barn erneut in das Bewusstsein zu holen. Gleichzeitig,
Frau Nolte, weiß ich aber, wie sensibel wir mit dem
Thema umgehen sollen, weil alle unsere Aussagen, Be-
strebungen und Taten in der Ukraine sehr genau und auf-
merksam aufgenommen werden.

Ich freue mich sehr, dass in der letzten Zeit in unserer
Gesellschaft viel Gutes für das deutsch-ukrainische Ver-
hältnis geschehen ist: Gerade am Montag hat zum zwei-
ten Mal der Tag der Ukraine im Deutschen Bundestag
stattgefunden, worauf ich selbst sehr stolz bin, da diese
Veranstaltung unter der Regie der Deutsch-Ukrainischen
Parlamentariergruppe geplant und durchgeführt worden
ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


Abgeordnete aus dem Bundestag und dem ukrainischen
Parlament sowie Wissenschaftler der beiden Länder ha-
ben in Anwesenheit von 300 Gästen über Wirtschaftsre-

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(C (D ormen, Verfassungsreform und die europäische Perpektive der Ukraine diskutiert. Die ukrainische elegation wurde vom Minister für europäische Integraion, Oleg Rybatschuk, der gleichzeitig Vize-Premiermiister ist, geleitet. In Politik und Medien der Ukraine hat ie Veranstaltung eine sehr positive Resonanz gefunden. Nun zum Antrag der Union, der einen sehr an pruchsvollen Namen hat. Erlauben Sie mir aber, Kollein Nolte, Ihnen die Frage zu stellen, ob Sie selbst und hre Fraktion überhaupt eine klare europäische Perspekve haben. Bis jetzt habe ich eher den Eindruck gewonen, dass bei Ihnen die Linke nicht weiß, was die Rechte acht. Dabei spreche ich nicht einmal von der Türkei. inisterpräsident Peter Müller, CDU, hat Nachverhand ungen mit Rumänien und Bulgarien verlangt, die Anang 2007 der EU beitreten sollen. Ihr Fraktionskollege nd europapolitischer Sprecher Peter Hintze stellt dageen den EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens grundätzlich infrage. Auch über die europäische Perspektive der Ukraine ird in Ihrer Fraktion immer noch gestritten. In dem Anrag, den Sie am 8. März geschrieben haben, erwähnen ie ein EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. m selben Tag bezeichnete Ihr Fraktionskollege atthias Wissmann, der Vorsitzende des EU-Ausschuses, eine „privilegierte Partnerschaft“ als einziges Angeot in Richtung Ukraine. – So viel zur Klarheit Ihres Anebotes an die Ukraine, das, wie ich schon sagte, sehr enau in der Ukraine beobachtet wird. Noch etwas irritiert mich an Ihrem Antrag: Viele Ihrer orschläge gehen in die richtige Richtung. Doch Sie tun o, als ob Sie die Zusammenarbeit zwischen unseren beien Ländern erst gestern erfunden hätten, und fordern ie Bundesregierung auf, das zu tun, was sie längst acht. (Claudia Nolte [CDU/CSU]: Eben nicht! Das ist ja das Problem!)


(Gernot Erler [SPD]: Hört! Hört!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dann hätten Sie sich besser erkundigen müssen. – Da-
it tragen Sie Eulen nach Athen.
Entweder haben Sie sich nicht richtig informiert – Sie

ätten auch schriftliche oder mündliche Anfragen stellen
önnen – oder Sie haben diesen Antrag nur aus parteipo-
itischem Interesse, aus rein innenpolitischen Gründen
estellt.


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Natürlich!)


ußerdem hätte sich ein Blick in unseren Ukraine-An-
rag vom Oktober letzten Jahres für Sie gelohnt. Darin
ind die wesentlichen Forderungen Ihres Antrages be-
eits enthalten. Damals haben Sie unseren Antrag nicht
ittragen wollen.
Sie haben höchstwahrscheinlich vergessen oder nicht
itbekommen, dass sich die Bundesregierung schon seit
ängerem für Freiheit, Selbstbestimmung und demokra-
ische Standards in der Ukraine einsetzt.






(A) )



(B) )


Jelena Hoffmann (Chemnitz)



(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Auch haben Sie wohl nicht mitbekommen, welch wich-
tige Rolle die Bundesregierung bei der Erarbeitung des
Aktionsplanes der EU für die Ukraine und beim zehn
Punkte umfassenden so genannten Solana-Papier ge-
spielt hat.

Ich muss Ihnen daher wohl noch einmal erklären,
welche konkreten Maßnahmen unsere Bundesregie-
rung gegenwärtig unternimmt, um die europäische Per-
spektive der Ukraine zu verbessern: Schon Ende Januar
hat das Auswärtige Amt mit allen Ressorts die Intensi-
vierung der Zusammenarbeit mit der Ukraine abge-
stimmt. Anlässlich des Besuches von Präsident
Juschtschenko in Berlin sind mit der Bundesregierung
für das Jahr 2005 25 Millionen Euro für die Zusammen-
arbeit mit der Ukraine vereinbart worden.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Ja!)

Zum Schluss möchte ich doch noch einmal auf das

Solana-Papier eingehen, das auch Sie in Ihrem Antrag
erwähnen. In einem Punkt dieses Strategiepapiers wer-
den echte Verhandlungen über Visaerleichterungen ge-
fordert. Dazu kann ich nur sagen: Der von Ihnen initi-
ierte Visa-Untersuchungsausschuss lässt grüßen.


(Claudia Nolte [CDU/CSU]: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, Frau Hoffmann!)


Einerseits haben Sie von der orangen Revolution
geschwärmt; andererseits diffamieren Sie aus parteipoli-
tischen Gründen das ukrainische Volk für Ihre Zwecke
als Illegale, Schwarzarbeiter, Schwerkriminelle und
Zwangsprostituierte.


(Claudia Nolte [CDU/CSU]: Das machen Sie! Das ist ja nicht wahr!)


– Frau Nolte, ich sitze sehr häufig in diesem Untersu-
chungsausschuss. Ich weiß, wovon ich rede.


(Beifall bei der SPD)

CDU/CSU und FDP haben damit außenpolitisches

Porzellan zerschlagen und den Dialog zwischen unseren
Staaten schwer belastet. Es vergeht keine Unterhaltung
mit Ukrainern, ohne dass diese Frage angesprochen
wird. Dazu hätten Sie einen Antrag schreiben sollen.

Übrigens, mich haben schon heute Mittag ukrainische
Zeitungen angerufen. Sie haben sich dafür bedankt, dass
wir die Arbeit des Visa-Untersuchungsausschusses nun
beenden.

Was die Ukraine braucht, ist ein klares Signal. Mit Ih-
rem Antrag verfehlen Sie dieses Ziel.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517822300

Der nächste Redner ist der Kollege Harald Leibrecht

von der FDP-Fraktion.

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(C (D (Gernot Erler [SPD]: Der hat eine westukrainische Krawatte an!)



Harald Leibrecht (FDP):
Rede ID: ID1517822400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das
it der Liebe ist mitunter eine schwierige Sache: Wie
indet man den richtigen Partner fürs Leben? Und noch
chwieriger: Wie überzeuge ich meine Auserwählte,
ass ich der Richtige bin? So wie es sicherlich jedem
on uns im Leben ein- oder mehrmals geht, geht es im
oment auch der Ukraine. Die Ukraine hat sich verliebt.
ie hat sich in Europa verliebt. Das Dumme ist nur, dass
ie Auserwählte, Europa, nicht weiß, ob sie diese Liebe
rwidern will. Sie zögert und sie zaudert.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: So machen das Frauen manchmal!)


Vielleicht ist das Problem, dass die Ukraine derzeit
icht mit ausreichender Attraktivität und Ausstrahlung
ufwartet. Wie denn auch, nach all den Jahren des Kom-
unismus und dann der Jahre unterdrückter Demokra-
ie?
Was der Ukraine derzeit noch an Glanz zum Beispiel

m Bereich der Wirtschaft oder beim Aufbau demokrati-
cher Strukturen fehlt, macht sie durch Aufrichtigkeit
nd Zielstrebigkeit wett. Präsident Juschtschenko hat für
ein Land wiederholt und mit Nachdruck – auch hier im
eutschen Bundestag – zum Ausdruck gebracht, dass es
ine feste Beziehung mit Europa möchte und dass es da-
ür auch kämpft. Denn die Ukrainer sind Europäer.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Nun warten die Ukrainer zu Recht auf eine Reaktion
er Europäischen Union. Wir müssen mit der Ukraine
air umgehen. Wir müssen ihr klar machen, welche Er-
olgschancen es gibt. Alles andere wäre falsch und un-
hrlich. Warum aber zögert die Europäische Union? Hat
ie kein Vertrauen in wirkliche Veränderungen in der
kraine? Ist alle Begeisterung über die orange Revolu-
ion schon verflogen? Glaubt die EU nicht an den Erfolg
es neuen Kurses?
Mir scheint, dass die EU derzeit etwas müde ist: müde

om täglichen Kampf mit der ureigenen Bürokratie, aus-
ezehrt von der letzten Erweiterungsrunde, die sicher-
ich sehr viel Kraft gekostet hat, und jetzt zusätzlich ge-
chockt vom Ausgang der Referenden in Frankreich und
n den Niederlanden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, leider geht es bei

er EU-Perspektive der Ukraine nicht nur um Emotio-
en, sondern auch um so nüchterne Fragen wie Auf-
ahme- und Beitrittsfähigkeit. Deshalb kann das An-
innen der Ukraine jetzt noch keine sofortige und
bschließende Antwort erhalten. Das wäre übereilt. Zum
inen muss die Ukraine erst noch unter Beweis stellen,
ass sie wirklich willens und in der Lage ist, die euro-
äische Neuausrichtung des Landes durch- und umzuset-
en. Zum anderen muss die EU erst wieder Kraft






(A) )



(B) )


Harald Leibrecht

sammeln und nach innen wachsen, bevor sie an eine Er-
weiterung denkt.


(Beifall bei der FDP)

Aber es wäre verheerend, deshalb die Türe für die

Ukraine voreilig zuzuschlagen:

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


verheerend für die mutigen Reformer und die gleicher-
maßen reform- und europabegeisterten Menschen in der
Ukraine; verheerend aber auch für die EU, die ein großes
Interesse daran haben muss, die Reformen in der
Ukraine zu unterstützen, das Land einzubinden.

Was die Ukraine jetzt braucht, ist ein klares Ziel auf
dem Weg in die Zukunft und Geduld auf dem Weg dort-
hin. Geben wir ihr beides: eine klare europäische Per-
spektive und ausreichend Zeit, um die begonnenen Re-
formen umzusetzen. Dann – davon bin ich von ganzem
Herzen überzeugt – wird die Ukraine ein Teil der euro-
päischen Erfolgsgeschichte.

Ich danke Ihnen.

(Beifall im ganzen Hause – Gernot Erler [SPD]: Sie sollten Heiratsvermittler werden! – Heiterkeit)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517822500

Das Wort hat jetzt der Kollege Rainder Steenblock

von Bündnis 90/Die Grünen.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Ukraine ist flächenmäßig der größte rein europäische
Staat. Die Ukraine ist ein Land mit reichem kulturellen
Erbe, mit einem hohen wirtschaftlichen Potenzial. Es
liegt in unserem ureigenen politischen und ökonomi-
schen Interesse und es liegt natürlich auch im gesamt-
europäischen politischen und ökonomischen Interesse,
eine wirklich starke, politisch eigenständige und demo-
kratische Ukraine als engen Partner und guten Nachbarn
an unseren östlichen Grenzen zu haben.

Dieser Partner braucht eine Perspektive. Das ist
überhaupt keine Frage. Da sind wir uns in diesem Hause,
glaube ich, alle einig: Die Ukraine ist ein europäisches
Land und braucht auch eine Perspektive in die Europäi-
sche Union. Dafür streiten wir alle. Da sollten wir uns
nichts gegenseitig unterstellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, genauso klar
ist, dass die Entscheidung, ob diese Perspektive Realität
wird, heute nicht zu treffen ist. Das hat nichts damit zu
tun, irgendjemand in der Ukraine zu diskriminieren.
Vielmehr hat es etwas mit der Glaubwürdigkeit von Po-
litik der Europäischen Union zu tun. Denn der Beitritt
zur Europäischen Union ist an Kriterien geknüpft. Ge-
rade die Referenden, die wir jetzt erleben und erleiden
mussten und auf die wir eine Antwort finden müssen,

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(C (D achen sehr deutlich, dass wir mit den Kriterien für den eitritt zur Europäischen Union sehr sorgfältig umgehen üssen, um nicht bei den Menschen, den Bürgerinnen nd Bürgern in Europa, ein Glaubwürdigkeitsdefizit aufubauen. Deshalb schaden falsche Versprechungen, auch enn sie gut gemeint sind, mehr als sie nützen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Das gilt allerdings auch für die Türkei, Herr Kollege!)


Das gilt für alle Beitrittsländer, die an diesem Prozess
eteiligt sind. Das haben wir immer deutlich gemacht.
ie Einhaltung von Kriterien gilt für die Türkei in ganz
esonderem Maße,


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Natürlich!)


eil die Aufmerksamkeit an dieser Stelle natürlich sehr
roß ist.
Für meine Fraktion und, wie ich glaube, auch für die

esamte Koalition sage ich sehr deutlich: Als Politike-
innen und Politiker haben wir, insbesondere im Hin-
lick auf die aktuellen Ereignisse in der Türkei, die Ver-
ntwortung, diesen Prozess sehr kritisch zu beobachten
nd auch zu reagieren, wenn er sich in die falsche Rich-
ung entwickelt. Wir haben nie ein Hehl daraus gemacht,
ass wir diese Position vertreten.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Das ist etwas ernüchternder als vorher, aber gut!)


Nein, ich glaube, wir haben immer politisch begründet,
arum wir diesen Weg gehen und keine Illusionen oder
uphorischen Realitätsverleugnungen praktizieren wol-
en.


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Wir werden sehen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man sich an
ie Debatte zum Thema Ukraine erinnert, die wir vor
en dortigen Wahlen, im September oder Oktober letzten
ahres, in diesem Hause geführt haben, und sich vor
ugen führt, wie sich dieses Land seitdem entwickelt
at und welche Dynamik der Aufbruch nach Europa, den
uschtschenko symbolisiert, freigesetzt hat, dann kann
an die Bevölkerung und die Regierung der Ukraine nur
eglückwünschen und diesen Prozess mit der Solidarität
es Deutschen Bundestages unterstützen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir brauchen ein Instrument, um dies politisch hand-
abbar zu machen; das ist völlig in Ordnung. Das Instru-
ent, das dafür genutzt werden muss, ist die europäi-
che Nachbarschaftspolitik. Seit Februar dieses Jahres
st im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik
er Aktionsplan für die Ukraine in Kraft. In zwei Wo-
hen findet das Treffen des Kooperationsrates und im
ktober dieses Jahres der Gipfel statt. Diese Schritte






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock

müssen, wenn wir vorankommen wollen, vernünftig und
handwerklich sauber vorbereitet werden.

Die Ukraine, Deutschland, das diesen Prozess massiv
unterstützt, und die Europäische Union sind insgesamt
auf einem guten Weg. Allerdings muss auch klar sein:
Wir dürfen nach der orangen Revolution, die auch ein
Medienereignis war, nicht den Fehler machen, die Ukra-
ine jetzt in der Mühsal der Ebenen allein zu lassen.
Wenn nicht mehr jeder Besuch in der Ukraine von einem
großen Fernsehteam begleitet wird, ist dieses Land da-
rauf angewiesen, dass wir auch in diesem Hause unsere
praktische Solidarität in konkreten Projekten weiterhin
unter Beweis stellen. Dafür werbe ich.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517822600

Das Wort hat jetzt der Kollege Manfred Grund von

der CDU/CSU-Fraktion.


Manfred Grund (CDU):
Rede ID: ID1517822700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Europa

befindet sich in keiner besonders guten Verfassung. In
Frankreich und Holland ist der Verfassungsvertrag durch
Volksentscheide abgelehnt worden. Damit scheint die
Vertiefung der Europäischen Union vorläufig geschei-
tert zu sein. Auch wenn es unterschiedliche Ablehnungs-
gründe gegeben haben mag – in Frankreich waren sie
stärker innenpolitisch motiviert, in Holland hatte man
möglicherweise die Sorge, dass ein kleines Land in einer
großen EU untergehen könnte –, scheint es doch so, als
seien die Europäer ihrer selbst unsicher geworden und
als wollten sie zu den Zielen Europas – der Entwicklung
eines einheitlichen, freiheitlichen, wirtschaftlich dyna-
mischen und sozial verantwortlichen Europas – auf Dis-
tanz gehen.

In genau diesen Wochen und Tagen diskutieren wir
über einen Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
mit dem Titel „Für eine klare europäische Perspektive
der Ukraine“. Zu Recht stellt sich die Frage: Ist diese
Diskussion zeitgemäß? Auch wir haben einmal kurz in-
negehalten und uns gefragt: Wollen wir diese Diskussion
verschieben? Ich finde, die Tatsache, dass wir heute über
dieses Thema diskutieren – auch in dieser Breite der
Auffassungen –, ist ein Signal nach innen, also an uns
selbst, aber auch ein Signal nach außen.

Das Signal nach innen zeigt uns: Wir wollen an die-
sem europäischen Weg, an dieser EU und an dieser frei-
heitlichen, demokratischen, wirtschaftlich erfolgreichen
und sozialen Europäischen Union festhalten, und es
lohnt sich, daran zu arbeiten und dafür zu kämpfen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Es gibt auch keine Alternativen dazu.

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(C (D Das Signal an die Ukraine bedeutet: Es lohnt sich, den emokratisierungsprozess, die beginnende Integration n die europäische Gemeinschaft, den Weg zu Menchenrechten und Gewaltenteilung weiterzugehen. Wir üssen den Ukrainern aber auch sagen: Ihr müsst das icht unseretwegen leisten. Nicht der EU wegen habt ihr as zu leisten – und das ist kein Eintrittsbillet in die uropäische Staatengemeinschaft –, sondern ihr macht as in erster Linie für eure Menschen. Die Frage ist: Was können wir – was kann Deutsch and –, was kann Europa dabei leisten? Hilfestellungen ind angesprochen worden. Das, was vereinbart worden st, ist in Teilen bereits umgesetzt: der EU-Ukrainektionsplan vom Beginn dieses Jahres. Nach einem ahr wird gefragt werden: Was hat er gebracht, wie weit ind wir? Er müsste fortgeschrieben werden, immer mit em Ziel, die Annäherung der Ukraine an die EU zu bechleunigen. Wir selbst, in Deutschland, sind beim Beuch von Präsident Juschtschenko einige Vereinbarunen eingegangen. Am zweiten Tag ist im Parlament avon gesprochen worden, dass sich die Ukraine ünscht, dass wir durchaus mit mehr Herzenswärme daangehen, dass wir es etwas konkreter untersetzen. Ich laube, das Parlament kann ein bisschen dazu beitragen, ass diese Punkte untersetzt werden, Arbeitsgruppen ingesetzt werden und auch die Ukraine das Gefühl hat und nicht nur das Gefühl hat, sondern weiß –, dass sie icht allein gelassen wird. Wir müssen den Menschen in der Ukraine allerdings uch sagen: Seid nicht enttäuscht, wenn Europa euch einen Zeitpunkt für Beitrittsgespräche, für Annäheungsgespräche nennen kann. Wir haben eine gewisse erunsicherung: Bei manchen in Europa herrscht das efühl, dass sich die Europäische Union mit der Erweierung vor einem Jahr um zehn neue Mitglieder vieleicht überhoben hat, vielleicht etwas verhoben hat. Es esteht die Sorge – das kommt in diesen Referenden um Ausdruck –, dass die Erweiterung der Europäischen nion um Bulgarien und Rumänien möglicherweise etas zu früh kommt, obwohl natürlich die ganzen Fortchrittsberichte abzuwarten bleiben und es erst dann öglicherweise zur Ratifizierung von Beitrittsverträgen ommt. Klar sein muss aber auch: Bulgarien und Rumäien sind europäische Staaten, ebenso wie die Ukraine in europäischer Staat ist. Eine weitere Sorge, die durchaus da sein könnte, ist, ass wir mit der Erweiterung der Europäischen Union m die Türkei einen Automatismus bekommen, an desen Ende eine europäisch-asiatische, eine eurasische reihandelszone stehen könnte und eben nicht die politiche Union, diese politische Europäische Union, auf em Weg, zu der die Ukraine ist. Wir wollen die Ukraine ermutigen, ihren Weg der Deokratisierung im eigenen Lande, ihre Reformen zur ewaltenteilung, Rechtssicherheit und Unabhängigkeit on Justiz und Gerichten fortzusetzen. Dies ist eine der oraussetzungen für mehr Investitionen. Wir werden ämlich immer wieder gefragt: Warum gibt es so wenige nvestitionen aus Deutschland, warum ist Deutschland in Manfred Grund der industriellen Fertigung so wenig präsent? Rechtssicherheit ist eine der wesentlichen Voraussetzungen. Ich glaube, dass wir dann gemeinsam durchaus in der Lage sein werden, der Ukraine diese europäische Tür zu öffnen – wir sollten sie nicht zuhalten –, auch wenn wir heute nicht in der Lage sind, einen konkreten Termin dafür zu benennen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





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Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517822800

Das Wort hat der Kollege Jörg Vogelsänger von der

SPD-Fraktion.


Jörg Vogelsänger (SPD):
Rede ID: ID1517822900

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Derzeit macht Europa Schlagzeilen, die sich
bis auf einige Politiker von Union und PDS nur wenige
hier im Bundestag wünschen.

Engagiert haben wir gemeinsam parteiübergreifend
für die europäische Verfassung gekämpft. Diese ist mit
großer Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat verab-
schiedet worden. Der deutsche Hauptwiderstand kam
von der PDS in Mecklenburg-Vorpommern und von Tei-
len der Christlich Sozialen Union. Wir haben in
Deutschland den Weg freigemacht für eine moderne
europäische Verfassung, für ein modernes Europa. Lei-
der ist dies in den Niederlanden und in Frankreich noch
nicht gelungen. Trotz dieses Rückschlages ist in Europa
gerade seit 1989 Großartiges geschehen; das sollten wir
nicht vergessen.

Einen entscheidenden Anteil daran haben die friedli-
chen Revolutionen. Diese haben Diktaturen beseitigt.
Das trifft auf Deutschland genauso wie auf die Ukraine
zu. Unser größter Respekt gilt der friedlichen Revolution
in Orange unter Führung des jetzigen Präsidenten Viktor
Juschtschenko.

Die Ukraine ist auf unsere europäische Landkarte der
demokratischen Staaten zurückgekehrt. Sie braucht eine
europäische Perspektive. Hier haben die Antragsteller
durchaus Recht. Niemand kann heute aber sicher sagen,
wie sich diese Perspektive ganz konkret entwickeln
wird. Die Europäische Union hat der Ukraine Verhand-
lungen über einen Aktionsplan angeboten, dessen zehn
Punkte den Reformprozess politisch und wirtschaftlich
stabilisieren helfen sollen.

Der politische Neuanfang in Kiew erfordert jetzt ent-
schiedene Reformen und vor allem einen langen Atem.
So ehrlich muss man sein. Dies liegt auch in unserem ei-
genen Interesse; denn die Ukraine ist aufgrund ihres er-
heblichen wirtschaftlichen Potenzials als Partner für
Deutschland von großem Interesse. Dadurch können
auch in Deutschland Arbeitsplätze gesichert werden.
Herr Kollege Grund ist darauf schon eingegangen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Im Übrigen ist die heutige Situation in der Ukraine urchaus ein wenig mit der in Deutschland vergleichbar. s gilt, in einem Reformprozess für das Zusammenachsen der Landesteile zu sorgen. Das ist eine riesige erausforderung für die junge Demokratie in der Ukrane. Wichtig ist dabei, dass auch der bisher russisch orintierte Teil des Landes in diesem Prozess mitgenomen und integriert wird. Schon dieser Fakt zeigt, dass ie Ukraine einen langen und komplizierten Weg vor ich hat. Das Gleiche gilt auch für den Erweiterungsprozess er Europäischen Union. Die Integration der zehn neuen itgliedstaaten bleibt eine große Herausforderung beim usammenwachsen von Europa. Nicht zuletzt von dieem Prozess hängt es ab, ob es irgendwann zu einer Ereiterung der Europäischen Union über Rumänien und ulgarien hinaus kommen wird. Trotz all dieser Schwierigkeiten sollten wir eines icht vergessen: Unser Europa ist ein Kontinent des riedens und der Sicherheit geworden. (Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)


ir in Deutschland sind nur noch von Freunden umzin-
elt. Zu unseren Freunden gehört auch die junge Demo-
ratie in der Ukraine. Diese werden wir in ihrem
eformprozess – das kann man mit Sicherheit partei-
bergreifend sagen – entschieden unterstützen.
Vielen Dank.


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517823000

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/5021 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Ingrid Arndt-
Brauer, Norbert Barthle, Veronika Bellmann,
Lothar Binding (Heidelberg), Renate Blank und
weiterer Abgeordneter
Mehr Demokratie wagen durch ein Wahlrecht
von Geburt an
– Drucksachen 15/1544, 15/4788 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Barbara Wittig
Beatrix Philipp
Josef Philip Winkler
Klaus Haupt

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen, wobei
ie Fraktion der SPD 18 Minuten, die Fraktion der CDU/






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

CSU 18 Minuten, die Fraktion des Bündnisses 90/Die
Grünen sieben Minuten und die Fraktion der FDP sechs
Minuten erhalten sollen. – Ich höre keinen Widerspruch.
Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat die
Kollegin Barbara Wittig von der SPD-Fraktion das Wort.


Barbara Wittig (SPD):
Rede ID: ID1517823100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Lob-

byarbeit der Anhänger eines Wahlrechtes von Geburt an
ist bemerkenswert, ja, geradezu beeindruckend.

Nach meiner Rede zu diesem Thema im Rahmen der
ersten Lesung im Plenum habe ich viele Zuschriften aus
allen Teilen Deutschlands erhalten; denn ich hatte mich
ja bereits in der ersten Lesung als Gegnerin dieses Wahl-
rechtes von Geburt an geoutet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dorothee Mantel [CDU/CSU])


– Danke. – Viele haben meine Argumente für plausibel
gehalten, andere wiederum konnten sie nicht verstehen
oder einfach nicht akzeptieren. Das ist normal. Wir ha-
ben uns damit auseinander gesetzt.

Das hat mir aber auch gezeigt, dass viele Menschen
aus allen politischen Lagern eine noch stärkere Berück-
sichtigung der Interessen von Kindern, Jugendlichen
und Familien in unserer Gesellschaft für dringend gebo-
ten halten. Sie erwarten von den Abgeordneten des
Deutschen Bundestages, dass sie als Vertreter des gan-
zen Volkes, so wie es in Art. 38 unseres Grundgesetzes
festgeschrieben ist, in ihrem Zuständigkeitsbereich auch
im Sinne von Kindern, Jugendlichen und Familien han-
deln.

Dass wir gemeinsam mit der Bundesregierung auf
diesem Gebiet einiges erreicht haben, darf an dieser
Stelle nicht unerwähnt bleiben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der vom Bundesverfassungsgericht am 10. November
1998 festgestellten steuerlichen Benachteiligung von Fa-
milien wurde ein Ende gesetzt. Kinderfreibetrag, Kin-
dergeld und Kinderzuschläge beim Aufbau einer priva-
ten Rentenversicherung sind dabei die wichtigsten
Punkte.


(Ina Lenke [FDP]: Die Freibeträge haben Sie gekürzt!)


Länder, Landkreise und auch Kommunen müssen natür-
lich ebenfalls zur weiteren Verbesserung der Situation
von Kindern und Jugendlichen in Familien ihren Beitrag
leisten, und zwar mit dem, was ihnen als Aufgaben zuge-
wiesen wurden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zurück zu unserem Wahlrecht von Geburt an. Die Zu-

kunft unserer Gesellschaft zu sichern, eine familien- und
kinderfreundliche Politik durchzusetzen, Belange der
jungen Generation angemessen zu berücksichtigen sind

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(C (D lles Ziele, die jeder von uns richtig findet und sicher uch unterstützt. Die Frage ist nur, ob ein Wahlrecht von eburt an dorthin führt. Im Ziel bin ich mir mit den Beürwortern des Wahlrechtes von Geburt an einig. Das ittel halte ich allerdings aus den verschiedensten Grünen, auf die ich noch zu sprechen kommen werde, für alsch. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ina Lenke [FDP]: Was ist denn Ihre Alternative?)


„Was ist der Rechtsgewinn für Kinder, wenn unter
em Strich für sie ein symbolisches Recht herauskommt,
as ihnen eigentlich nichts bringt?“ „Familienwahlrecht
st auch kein Königsweg zur Erreichung wünschenswer-
er Ziele, sondern ein demokratietheoretischer Irrweg.“
ies sind nur zwei Zitate aus dem Expertengespräch, das
ir im Dezember 2004 durchgeführt haben. Viele von
hnen waren dabei; doch der Reihe nach.
Die Initiatoren des Gruppenantrages „Mehr Demo-

ratie wagen durch ein Wahlrecht von Geburt an“
ersprechen sich davon sehr viel. Mit ihrem Antrag
öchten sie erreichen, dass der Bundestag die Bundes-
egierung auffordert, einen entsprechenden Gesetzent-
urf vorzulegen, Art. 38 des Grundgesetzes zu ändern.
udem möge die Bundesregierung weitere Vorschriften
orlegen. Wie soll das aussehen? Kinder sollen von Ge-
urt an Inhaber eines solchen Wahlrechtes werden, das
ber bis zur Volljährigkeit treuhänderisch von den Eltern
zw. den Erziehungsberechtigten als den gesetzlichen
ertretern ausgeübt werden soll.
Die Initiatoren führen unter anderem zur Begründung

n, dass der Ausschluss der jungen Generation vom
ahlrecht ihre angemessene Berücksichtigung im politi-
chen Willensbildungsprozess vereitle. Sie führen außer-
em an, dass gemäß Art. 20 Abs. 2 unseres Grundgeset-
es die gesamte Staatsgewalt vom deutschen Volk
usgehe und deshalb alle dazu gehörenden Menschen in
as Wahlrecht einbezogen werden müssten. Schließlich
agen sie, der allgemein anerkannte Grundsatz der
öchstpersönlichkeit, auf den ich nachher noch einmal
u sprechen komme, sei zwar bei Wahlen von Geburt an
icht berücksichtigt, aber in der Verfassung stehe er auch
icht ausdrücklich. Überdies werde davon bei der Brief-
ahl sowieso abgewichen. Auch dazu sage ich später
och etwas.
Bei oberflächlicher Betrachtung klingen diese Argu-
ente vielleicht sogar schlüssig. Doch das bereits er-
ähnte Expertengespräch vom Dezember 2004 be-
euchtete schließlich die gesamte politische und
echtliche Dimension. Gemeinsam mit den Experten er-
rterten wir sowohl die von den Initiatoren erhofften
iele als auch eine Vielzahl von Problemen der prakti-
chen Umsetzung, vor allem der rechtlichen Aspekte ei-
es Wahlrechtes von Geburt an.
Einer der Experten stellte fest – ich zitiere wieder –:
Im Recht ist es üblich, dass ich von Rechten nur
spreche, wenn ich sie einklagen, wenn ich sie ir-
gendwie kontrollieren kann und wenn das Recht
verletzt wird, dass es auch Sanktionen gibt. Das
gibt es aber beim Elternwahlrecht nicht. Es gibt nur






(A) )



(B) )


Barbara Wittig

die Hoffnung, die Eltern werden schon im Interesse
des Kindes wählen.

Recht hat er.
Kommen wir aber nun zu diesen rechtlichen Ein-

wendungen. Die Befürworter eines Wahlrechtes von
Geburt an gehen davon aus, dass minderjährige Kinder
in zivilrechtlichen Angelegenheiten von ihren Eltern
vertreten werden. Diesen Sachverhalt kann man aber
nicht einfach auf eine Wahl übertragen; denn eine Wahl
ist kein Rechtsgeschäft. Bei Wahlen für ein Parlament
handelt es sich um eine politische Willensentscheidung
und nicht um ein spezielles Privatinteresse. Ein Wahl-
ausgang hat auch immer nachhaltige Auswirkungen auf
das gesamte Staatsvolk.


(Ina Lenke [FDP]: Das wollen wir ja auch!)

Eine zivilrechtliche Minderheitenvertretung kann dem-
nach nicht mit einer solchen bei öffentlichen Wahlen
gleichgesetzt werden. Nicht umsonst haben die Mütter
und Väter des Grundgesetzes für Wahlen Grundsätze
festgelegt. Hier ist noch einmal der Art. 38 zu erwähnen.

Sehen wir uns erstens an, was mit dem Wahlgrund-
satz der Unmittelbarkeit zusammenhängt. Wenn wir
von der Unmittelbarkeit, die im Grundgesetz festge-
schrieben ist, ausgehen, dann müssen wir feststellen:
Zwischen das an und für sich wahlberechtigte Kind oder
den Jugendlichen und dem Wahlbewerber wäre eine
dritte Person geschaltet. Es wäre außerdem überhaupt
nicht sichergestellt, dass der unverfälschte Wille des
Wahlberechtigten zum Durchbruch käme. Zudem stellte
sich die Frage, von welchem Willen der Kinder die El-
tern eigentlich ausgehen sollten.

Nehmen wir zweitens den Grundsatz der geheimen
Wahl. Auch der wäre verletzt, da sich der Wahlberech-
tigte und der Vertreter grundsätzlich austauschen müss-
ten. Die Initiatoren erwarten geradezu, dass sich die El-
tern mit den schon verständigen Kindern austauschen
und die Wahlentscheidung besprechen.

Es handelte sich drittens auch nicht um eine freie
Wahl, da sich die Eltern auch gegen den Willen der
schon verständigen Kinder und Jugendlichen an der
Wahl beteiligen oder vielleicht auch nicht beteiligen
könnten. Zudem ist überhaupt nicht auszuschließen, dass
im Rahmen dieser Eltern-Kind-Gespräche eine Beein-
flussung – womöglich im Sinne der Elternentschei-
dung – vorgenommen werden könnte.

In diesem Zusammenhang kann ich auch nur vermu-
ten, dass die Befürworter des Wahlrechtes von Geburt an
mit 14- bis 18-Jährigen entweder kaum oder vielleicht
gar keinen Kontakt hatten; denn sonst wäre ihnen wohl
des Öfteren gesagt worden, was diese jungen Leute von
einem Wahlrecht halten, das ihre Eltern stellvertretend
für sie ausüben sollen. Ich habe mich sehr viel umgehört.
Sie finden das unmöglich und halten überhaupt nichts
davon. Ich kann das verstehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Klaus Haupt [FDP]: Kommt darauf an, wie Sie es ihnen erklären!)


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(C (D Sofern Eltern für ihre Kinder zusätzliche Stimmen erielten, verfügten sie außerdem gegenüber anderen ahlberechtigten über ein wesentlich stärkeres Stimengewicht. Das wiederum wäre – viertens – ein Vertoß gegen die Gleichheit der Wahl. Der Gleichheitsrundsatz verlangt aber nun gerade, dass alle Wähler mit en Stimmen, die sie abgeben, den gleichen Einfluss auf as Wahlergebnis haben. Deshalb hat das Bundesverfasungsgericht auch klargestellt – ich zitiere das Bundeserfassungsgericht –: daß es angesichts der in der demokratischen Grundordnung verankerten unbedingten Gleichheit aller Staatsbürger bei der Teilnahme an der Staatswillensbildung gar keine Wertungen geben kann, die es zulassen würden, beim Zählwert der Stimmen zu differenzieren. Festzuhalten ist also: Ein Wahlrecht von Geburt an ist it den Grundsätzen der allgemeinen, der gleichen, der reien, der unmittelbaren und der geheimen Wahl, wie es er Art. 38 im Grundgesetz vorschreibt, überhaupt nicht u vereinbaren. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich muss noch auf Ihr Argument eingehen, bereits bei
er Briefwahl werde das Höchstpersönlichkeitsprinzip
urchbrochen. Ich kann Ihnen das leider nicht ersparen.
ie Briefwahl ist nämlich das allerschwächste Argument
ür Ihr Anliegen. Es ist nicht stichhaltig. Wer schon ein-
al an der Briefwahl teilgenommen hat – ich vermute,
as trifft auf einige von uns zu –, der müsste sich eigent-
ich daran erinnern, dass Briefwähler auf dem Wahl-
chein an Eides statt erklären müssen, dass der Stimm-
ettel persönlich gekennzeichnet wurde.
Bei Wählern, die des Lesens unkundig oder durch

örperliche Gebrechen gehindert sind, den Stimmzettel
u kennzeichnen, und sich deshalb bei der Urnen- oder
riefwahl eines Helfers bedienen, gilt grundsätzlich
ichts anderes. Es handelt sich dabei lediglich um eine
echnische Hilfeleistung bei der Kundgabe des Wähler-
illens. Das ist auch allgemein bekannt.
Das Gebot der höchstpersönlichen Stimmabgabe ist

war nicht ausdrücklich im Grundgesetz festgeschrie-
en, aber nicht umsonst heißt es in Art. 38 Abs. 3: „Das
ähere bestimmt ein Bundesgesetz.“ Genau das tut das
undeswahlgesetz. Es konkretisiert die in Art. 38 ge-
annten Grundsätze. Deshalb schreibt § 14 Abs. 4 des
undeswahlgesetzes vor, dass jeder Wahlberechtigte
ein Wahlrecht nur einmal und nur persönlich ausüben
ann und eine stellvertretende Stimmabgabe unzulässig
st.
Neben den rechtlichen Einwänden muss auch auf

ahe liegende technische Schwierigkeiten und den enor-
en bürokratischen Aufwand hingewiesen werden.


(Ina Lenke [FDP]: Wieso das denn? – Klaus Haupt [FDP]: Schauen Sie nach Fulda! Schauen Sie nach Aachen! Österreich!)


or jeder Wahl müsste behördlich festgestellt und doku-
entiert werden, wer zu der Zusatzstimmengruppe ge-






(A) )



(B) )


Barbara Wittig

hört. Welche Behörde oder welches Gericht sollte zum
Beispiel in Zweifelsfällen entscheiden? Ich vermute,
dass die Wahl vorbei wäre, ehe diese Frage geklärt ist.


(Beifall des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP])


Schließlich bleibt immer noch die sachliche Grundfrage,
ob nicht davon ausgegangen werden muss, dass Eltern
mit der zusätzlichen Kinderstimme einfach ihrer eigenen
Wahlentscheidung doppeltes Gewicht verleihen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP])


Einer der Experten brachte es in dem Gespräch im
Dezember auf den Punkt. Er bezeichnete ein Wahlrecht
von Geburt an als unpraktisch, unpraktikabel


(Ina Lenke [FDP]: Demokratisch!)

und verfassungswidrig. Es verstieße gegen die
Zählwertgleichheit und Kinder und Jugendliche hätten
keinen Rechtsgewinn durch ein Wahlrecht von Geburt
an. Das sagt ein Experte. Dem kann ich nur zustimmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


Interessant sind auch die Voten der Ausschüsse, die
über das Wahlrecht von Geburt an zu befinden hatten.
Sowohl die mitberatenden Ausschüsse – der Ausschuss
für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, der
Rechtsausschuss und der Ausschuss für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend – als auch der federführende In-
nenausschuss, für den ich als Berichterstatterin vortrage,
haben den Antrag fraktionsübergreifend mit deutlichen
Mehrheiten abgelehnt.


(Ina Lenke [FDP]: Deshalb muss es noch längst nicht richtig sein! Das sagt gar nichts!)


Doch zurück zum Ausgangspunkt, Frau Lenke: Für
mich ist es wichtig, Kinder und Jugendliche zu stärken,
ihnen mehr Möglichkeiten zu geben, ihre Anlagen zu
entfalten und sich für ihre eigenen Belange einzusetzen,
und sie zu ermuntern, sich selber aktiv zu beteiligen.


(Ina Lenke [FDP]: Wie denn? Wie ist denn Ihre Alternative? Immer nur Nein sagen!)


Meine Alternative besteht darin, ihnen Gelegenheit zu
geben, demokratische Verhaltensweisen einzuüben.


(Ina Lenke [FDP]: Wie denn?)

– Das habe ich doch gerade gesagt.

Aus der Überschrift des Antrages muss meiner Mei-
nung nach eine Frage werden: „Mehr Demokratie durch
ein Wahlrecht von Geburt an?“


(Ina Lenke [FDP]: Nein! Wir wollen das Ausrufezeichen!)


Meine Antwort ist einfach: Wir brauchen keine
Fremdbestimmung durch ein Stellvertreterwahlrecht,
sondern mehr Selbstbestimmung von Kindern und Ju-
gendlichen.

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(C (D (Beifall des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP] – Zuruf von der FDP: Dann müssen wir ihnen das Wahlrecht geben!)


ür die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an
olitischen Entscheidungen wäre das Wahlrecht von Ge-
urt an ein deutlicher Rückschritt und kein Fortschritt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517823200

Das Wort hat die Kollegin Beatrix Philipp von der
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Beatrix Philipp (CDU):
Rede ID: ID1517823300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich

ur, weil ich den, wenn auch leisen, Zwischenrufen habe
ntnehmen können, dass eine saubere Argumentation,
ass Fakten, dass die Meinungen von Sachverständigen,
ass die einschlägige Fachliteratur, dass namhafte
taatsrechtler usw. den von Ihnen vorgeschlagenen Weg
ls einen ungangbaren bezeichnen,


(Zuruf der Abg. Ina Lenke [FDP] – Klaus Haupt [FDP]: Das ist eine einseitige Wahrnehmung!)


nd weil diese Argumentation, so wie jetzt auch, Frau
enke, überhaupt nicht zieht, mache ich mir die Mühe,
och einmal, wenn auch mit ähnlichen Argumenten wie
ie Frau Kollegin, deutlich zu sagen, warum der hier
orgeschlagene Weg nicht gangbar ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Ina Lenke [FDP]: Sagen Sie aber auch das Positive!)


Frau Lenke, ich stimme Ihnen zu und ich stimme mit
er Intention des Antrages völlig überein, dass für die
amilie, für Familienpolitik insgesamt und insbeson-
ere für Familien mit Kindern mehr getan werden muss.


(Ina Lenke [FDP]: Und für Jugendliche!)

arin sind wir uns ganz schnell und völlig einig. Ich
inde das bemerkenswert in einer Zeit, in der man Besu-
hergruppen eigentlich immer erzählen muss, dass wir
ns hier nicht nur zanken, sondern dass es auch große
emeinsamkeiten gibt wie zum Beispiel in einem sol-
hen Fall.
Wir sind uns eigentlich auch schnell darüber einig,

ass die Familie das Fundament einer solidarischen Ge-
ellschaft ist, auch wenn wir unterschiedliche Auffassun-
en darüber haben, was wir unter Familie verstehen. So
timmen wir zum Beispiel der Definition der SPD über-
aupt nicht zu, die sagt: Familie ist da, wo Kinder sind.


(Ina Lenke [FDP]: Das sagen wir auch!)

amit kann ich mich überhaupt nicht einverstanden er-
lären. Wenn ich aus dem Fenster gucke und einen
andkasten sehe, in dem Kinder spielen, komme ich
icht auf die Idee zu sagen, das sei eine Familie.






(A) )



(B) )


Beatrix Philipp


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich glaube, dass Familie auf Dauer angelegt ist, etwas
mit Zuverlässigkeit und mit Verantwortung auf Dauer zu
tun hat, auch wenn ich natürlich weiß, dass das in der
Realität nicht immer so von allen eingehalten werden
kann.

Ich finde auch die Kolleginnen und Kollegen sowie
den amtierenden Präsidenten, der zu den unterzeichnen-
den Antragstellern gehört,


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

sehr sympathisch, aber Sympathie allein reicht leider
nicht aus. Wir können nicht das Grundgesetz ändern, nur
weil uns etwas sympathisch ist. Deswegen müssen Sie
sich jetzt der Mühe unterziehen, sich noch einmal anzu-
hören, warum wir diesem Antrag nicht zustimmen kön-
nen.

Ich zitiere aus der Begründung des Antrages, weil
diese Begründung richtig ist:

Immer noch sind Kinder, insbesondere mehrere, ei-
nes der größten Armutsrisiken in Deutschland, vor
allem für Alleinerziehende.

Die Begründung ist richtig, aber der Weg, den Sie be-
schreiten wollen, ist eben ein nicht gangbarer. Ich will
das noch mit ein paar Beispielen begründen.

Im Übrigen wäre ja auch einmal interessant darüber
nachzudenken, warum die Antragsteller glauben, diesen
Druck von außen aufbauen zu müssen. Ich sage für
meine Fraktion: Wir haben immerhin angefangen mit
der Anerkennung von Erziehungszeiten im Rentenrecht
und mit anderen familienpolitischen Initiativen. Viel-
leicht haben wir ja ab September ein bisschen mehr
Spielraum, um Familienpolitik wieder in den Mittel-
punkt zu rücken.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Trotzdem denke ich, dass sicherlich nicht alle diesen
Druck von außen, der hier aufgebaut werden soll, brau-
chen.

Ich würde auch gern Herrn Professor Kirchhof zitie-
ren, dem in meiner Heimatstadt Düsseldorf der „Bergi-
sche Löwe“ verliehen wurde und der in seiner Rede aus-
geführt hat:

Die veröffentlichte Meinung scheint den Verzicht
der jungen Menschen auf das Kind zum Wertewan-
del zu erklären. Dies ist eine normative Todsünde.
Im Übrigen ist die These von einer Verschiebung
der Werte in der Vorstellung der Beteiligten empi-
risch nicht belegt. Aktuelle Umfragen ergeben, dass
die jungen Menschen in der Liste ihrer dringlichs-
ten Wünsche an erster Stelle Kinder

– im Plural –
benennen und ältere Menschen wünschen sich am
dringlichsten Enkelkinder. Ich denke, diesen Men-
schen kann geholfen werden.

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(C (D iese Sätze stammen, wie gesagt, aus der Rede von errn Professor Kirchhof, in der er natürlich auch darauf ingewiesen hat, dass die Verschuldung unseres Staates, er Städte und Gemeinden sowie der Länder und des undes, eine unzulässige Verlagerung von Lasten auf ie kommenden Generationen ist. Ich teile also die Besorgnis der Initiatoren des An rags für mehr Generationengerechtigkeit und eine essere Familienpolitik von ganzem Herzen. (Ina Lenke [FDP]: Aber Sie haben keine Alternative und nur das Nein!)


Frau Lenke, wenn die ganze Fachliteratur und die Ex-
erten in der Anhörung der Meinung sind, dass es so
icht geht – Sie mussten ja hinnehmen, dass eigentlich
lle Vorschläge Punkt für Punkt von den Verfassungs-
ichtern auseinander genommen wurden –, dann muss
an sagen: Ich würde es gern so haben, aber es geht lei-
er nicht. Ich finde, dass das ebenfalls zur Lauterkeit
zw. zur Wahrheit gehört.
Erstens: zur Überschrift „Wahlrecht von Geburt an“.

s geht keineswegs um ein Kinderwahlrecht, sondern
m ein Mehrfachstimmrecht für Eltern, also um ein Plu-
alwahlrecht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


elbst wenn man dieses Mehrfachstimmrecht hinter ei-
er elterlichen Stellvertretung versteckt, ändert das
ichts an der Tatsache. Kinder sollen nicht einen Tag frü-
er wählen können als bisher. Sie haben auch keinerlei
ontrolle über das Wahlverhalten der Eltern. Wie soll
enn gewählt werden, wenn es in der Familie – das
önnte ja einmal sein; dafür gibt es prominente Beispie-
e – unterschiedliche Auffassungen über politische Rich-
ungen gibt? Ich könnte mir vorstellen, dass Kinder ab
4, also mit dem Eintritt der Religionsmündigkeit, eine
öglichkeit zur Kontrolle des Wahlverhaltens der Eltern
rhalten. Es ist ja möglich, dass sich Kinder von diesem
lter an schon selbst zu politischen Sachverhalten äu-
ern. Ich stelle jedenfalls fest: Der Antrag stellt keinen
chten Rechtsgewinn für Minderjährige dar.
Zweitens: der Verstoß gegen die Zählwertgleichheit.
er Grundsatz der Gleichheit der Wahl ist fundamental
it unserem Demokratieprinzip verbunden – darauf hat
ie Kollegin schon hingewiesen – und aufgrund der
wigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 des Grundgesetzes
iner Veränderung nicht zugänglich. Die Schaffung eines
aktischen Mehrfachstimmrechts für Eltern eröffnete
ber die Argumentation für ein neues Klassenwahlrecht
uch in anderen Bereichen, Frau Lenke. Warum sollten
ann zum Beispiel nicht auch Frauen eine zusätzliche
timme erhalten, um die zweifellos noch immer vorhan-
enen Benachteiligungen auszugleichen? Warum soll-
en zum Beispiel nicht Umweltaktivisten wegen der be-
onderen Bedeutung der Umwelt ein doppeltes
timmrecht erhalten? Das ist nicht albern, sondern das
eine ich ganz ernst. Immer dann, wenn man Benachtei-
igungen feststellt, kann man doch den Betroffenen nicht
in doppeltes oder dreifaches Stimmrecht einräumen.






(A) )



(B) )


Beatrix Philipp

Drittens. die Stellvertretungsfeindlichkeit des Wahl-

rechts. Das Wahlrecht ist ein höchstpersönliches Recht,
bei dem eine Stellvertretung absolut unzulässig ist. Der
Verweis auf die Briefwahl und auf Wahlhelfer für ge-
brechliche Personen ist nicht geeignet, diesen Vorbehalt
zu entkräften; denn dabei handelt es sich um technische
Hilfestellungen. Nun wird behauptet, dass das vielleicht
nicht immer so sei. Aber ein möglicher Missbrauch – das
lehrt uns ein bisschen die Lebenserfahrung – kann doch
kein Grund für einen Gesetzentwurf oder eine Änderung
des Grundgesetzes sein.

Viertens. Wählen ist kein Rechtsgeschäft. Darauf ist
schon hingewiesen worden. Wenn man sein Kind an ei-
ner Schule oder bei einem Sportverein anmeldet, dann
ist das nicht mit einer Bekundung im Rahmen der Staats-
willensbildung gleichzusetzen.

Fünftens. Bei der elterlichen Vertretung im Sinne des
Zivilrechts, etwa bei der Wahl der Religion, sind die
Wirkungen ausschließlich auf das einzelne Kind be-
schränkt. – Es ist wie in der Anhörung: Sie hören nicht
zu und folgen meiner Argumentation nicht. Das macht
es schwierig, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich befasse mich ja mit der Argumentation der Befür-
worter. Wenn Sie sich aber die Schuhe zumachen oder in
die Luft schauen, während ich jedes einzelne Argument
auseinander klamüsere und Ihnen sage, warum es nicht
möglich ist, dann kann ich mir das eigentlich sparen. Das
wäre aber schade; denn ich glaube, dass die Bevölkerung
zunächst aus dem Bauch heraus sagen wird: Da die Fa-
milien nach vorne gebracht werden müssen, ist es ei-
gentlich ganz logisch, dass derjenige, der viele Kinder
hat, viele Stimmen hat. Aber der Teufel steckt wie im-
mer im Detail. Das müssen Sie sich nun einmal anhören.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn man für seine Kinder entscheidet, welcher Reli-
gionsgemeinschaft sie angehören oder welche Schule sie
besuchen sollen, dann sind die Wirkungen dieser Ent-
scheidungen ausschließlich auf die eigenen Kinder be-
schränkt. Wenn man aber eine Wahlvertretung zuließe,
dann hätte das Folgen für die Allgemeinheit. Das darf
nicht sein.

Sechstens. Es gibt kein Grundrecht auf Wahlteil-
nahme von Geburt an. Es war für mich schon bemer-
kenswert, dass in der Anhörung argumentiert wurde, es
handele sich um ein „verfassungswidriges Verfassungs-
recht“, das geändert werden müsse. Die schwierigen
Ausführungen dazu überlasse ich gerne denjenigen, die
noch folgen werden.

Siebtens. die Diskursfähigkeit des Wahlberechtigten.
Auch das ist ein Grundsatz, von dem wir nicht abrücken
können.

Deshalb kann der Antrag von uns keine Unterstüt-
zung erfahren.

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(C (D Wir können zweifellos über die Absenkung des Wahllters reden. Auch damit hätte ich zwar meine Probleme. as steht hier aber nicht zur Debatte. Eine bessere Familienpolitik und die Vertretung der nteressen der Kinder und Jugendlichen sind angesichts nserer äußerst problematischen demographischen Enticklung von herausragender Bedeutung. Die Befördeung dieses Themas muss – völlig unabhängig von Ihrem ntrag – eine Selbstverständlichkeit für alle Abgeordnen sein. Ich wünschte mir in diesem Bereich mehr interraktionelle Gemeinsamkeit. Einer Grundgesetzändeung bedarf es hierzu nicht. Ich sage in aller Bescheidenheit: Meine Fraktion hat, ie ich eben schon erwähnt habe, zur Besserstellung der amilie erheblich beigetragen. Mir ist klar, dass diese esserstellung noch nicht ausreichend ist. Vielleicht haen wir ab September wieder mehr Entscheidungsspielaum. uf diese Zeit, Frau Kortmann, hoffen die meisten Menchen in unserem Lande, meine Fraktion und auch ich. Danke schön. Das Wort hat die Frau Kollegin Irmingard Scheweerigk vom Bündnis 90/Die Grünen. Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Lachen der Abg. Karin Kortmann [SPD])


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517823400
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
ehr Demokratie wagen, das wollen die Verfasserinnen
nd Verfasser des Gruppenantrages. Aber eine echte De-
okratieinnovation ist das nicht. Davon könnte man ei-
entlich nur sprechen, wenn es ein originäres Wahlrecht
ür Kinder gäbe, wie es zum Beispiel die Berliner Kin-
errechtsgruppe K.R.Ä.T.Z.Ä. fordert, aber nicht so.
Ihnen, liebe Antragstellerinnen und Antragsteller,

eht es eigentlich nicht um das Prinzip „Kinder an die
acht“; denn Sie wollen kein Wahlrecht für Kinder. Was
ie wollen, ist ein zusätzliches Wahlrecht für die Eltern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ür ihre Bereitschaft, Kinder zu bekommen, sollen sie
it einer zusätzlichen Stimme bei den Parlamentswah-
en belohnt werden, also mit einer Art parlamentari-
chem Kindergeld.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Da Sie aber kein originäres Elternwahlrecht fordern
önnen, fordern Sie eben ein abgeleitetes. Genau das ist
om Grundgesetz aber nicht gewollt. Der Grundsatz der
llgemeinheit und der Gleichheit der Wahl schließt es
us, ein Stimmengewicht von Gruppen verschieden zu
ewerten. Das Dreiklassenwahlrecht von Preußen mit






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

seiner unterschiedlichen Stimmengewichtung nach dem
jeweiligen Stand wurde bereits 1918 abgeschafft. Also
versuchen wir doch jetzt nicht, es für Eltern wieder ein-
zuführen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Für Kinder und Jugendliche ergeben sich durch ein
Wahlrecht ab Geburt keinerlei Rechte – das wurde in der
Anhörung sehr deutlich –; denn von Rechten kann man
nur dann sprechen, wenn man sie einklagen und bei ihrer
Verletzung Sanktionen durchsetzen kann. All das gibt es
bei einem Elternwahlrecht nicht.

Wer garantiert eigentlich dafür, dass die Eltern das
Wahlrecht „treuhänderisch für das Kind“ ausüben? Nie-
mand! Gerade bei älteren Kindern und Jugendlichen ist
es doch fast schon der Regelfall, dass die politische
Meinung der Eltern von der ihrer Kinder abweicht. Dass
sich die politische Meinung der Kinder tatsächlich im
Stimmverhalten der Eltern widerspiegelt, ist nicht mehr
als eine vage Hoffnung. Ich glaube, dass die Eltern die
Stimmen ihrer Kinder dazu benutzen, um so zu wählen,
wie sie es selbst für richtig halten; durch das Elternwahl-
recht haben sie dann eben mehr Stimmen. Das ist kein
Wahlrecht für Kinder.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Das Wahlrecht ist ein höchst persönliches Recht. Es ist
nicht übertragbar und es duldet keine Stellvertretung.

Der Vergleich mit dem Wahlhelfer bei Menschen mit
Behinderung zieht nicht. Zu diesem Vergleich muss ich
sagen: Dieser Vergleich hinkt; denn die Wahlhelfer sind
an die Weisungen des Wählers oder der Wählerin gebun-
den, Eltern sind das nicht.

Die Intention des Antrags ist und bleibt – auch das
wurde hier schon gesagt – richtig: Unser Land muss kin-
derfreundlicher werden. Jungen Menschen müssen Hin-
dernisse und Risiken aus dem Wege geräumt werden,
damit sie wieder mehr Freude haben, Kinder zu bekom-
men. Die Aufgabe der Politik ist, die entsprechenden
Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen.

Die rot-grüne Bundesregierung hat mit ihren Investi-
tionen in den Ausbau von Ganztagsschulen und Kinder-
tagesstätten ganz neue Maßstäbe gesetzt, und das ohne
ein Elternwahlrecht. Ein Elternwahlrecht ist der falsche
Weg zu mehr und besserer Familienpolitik. Es ist doch
hanebüchen, zu glauben, dass Eltern grundsätzlich mehr
als andere darauf achten, dass Politik die Interessen der
Kinder und der jüngeren Generation vertritt. Das ist eine
reine Hypothese. Genauso könnten wir behaupten, eine
weibliche Kanzlerin mache automatisch Interessenpoli-
tik für Frauen.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Interessant finde ich übrigens, dass Sie zum einen
mehr demokratische Rechte und eine andere Politik for-
dern, und in Ihrer Begründung zugleich kalkulieren, dass
diese Ausweitung keine Verschiebung innerhalb des po-

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(C (D itischen Spektrums bedeutet. Mehr Demokratie wagen, ber dabei bitte keine großen Veränderungen – das ist die onservative Grundhaltung, von der der Antrag geprägt st. Wenn wir die Interessen von Kindern und Jugendli hen tatsächlich mehr berücksichtigen wollen, sollten ir endlich das Wahlalter auf 16 Jahre absenken, wie ir Grüne das schon seit Jahren fordern. Die Einführung eines Familienwahlrechts ist in jeder insicht der falsche Weg. Er ist verfassungswidrig, leensfremd und unpraktikabel. Darum bitte ich Sie, der eschlussempfehlung zuzustimmen und den Antrag abulehnen. Recht herzlichen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517823500

Das Wort hat der Kollege Klaus Haupt von der FDP-

raktion.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1517823600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

rste Lesung des fraktionsübergreifenden Gruppenan-
rags für ein Wahlrecht ab der Geburt war für mich eine
leine Sternstunde des Parlaments. Wir haben damals
air und sachlich eine sicher mutig quer gedachte Initia-
ive jenseits von Fraktionsgrenzen und fest gefügten Ri-
ualen debattiert, was ich heute nicht ganz so beobachte.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


s handelt sich eben um kein parteipolitisches Thema,
rau Wittig, sondern um ein gesamtgesellschaftliches
hema.


(Beifall bei der FDP)

Die Bundestagsberatungen wurden von einer breiten
iskussion in Verbänden und Vereinen begleitet, die sich
orgen um die Zukunft unserer Gesellschaft machen.
er Deutsche Familienverband startete eine große Un-
erschriftenaktion. Der Verfassungsrechtler von Arnim
prach von einer echten Innovation für die deutsche De-
okratie. Die „Financial Times“, die ja nun kein sozial-
omantisches Blättchen ist, schrieb als Abschluss eines
reundlichen Kommentars: Worauf es jetzt ankommt,
ind der Mut und die Beharrlichkeit der Reformer. Recht
atte sie.


(Beifall bei der FDP)

In der Expertenanhörung erkannten auch die von den
ntragsgegnern nominierten Experten an, dass der An-
rag wesentliche Fragen für die Zukunft unserer Gesell-
chaft thematisiert, und unbestreitbar sehen heute Ver-
assungsjuristen die Kinder als Träger von Grundrechten






(A) )



(B) )


Klaus Haupt

von Geburt an. Wahlrecht ist ein entscheidendes Bürger-
recht. Kinder sind Bürger.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Unser Rechtssystem sieht, soweit Rechtsfähigkeit und
Geschäftsfähigkeit auseinander fallen, die Möglichkeit
der Stellvertretung vor und weist diese im Falle von
Kindern den geborenen Vertretern zu, die nun einmal die
Eltern sind. So wollen wir das auch beim Wahlrecht.
Selbstverständlich muss man darüber diskutieren, ab
wann junge Menschen das Wahlrecht selber ausüben.
Mir fehlt leider die Zeit, darauf näher einzugehen.

Das Kinderwahlrecht bringt nicht Privilegien für Fa-
milien oder für die Eltern, sondern beseitigt eine beste-
hende Diskriminierung und beendet die Benachteili-
gung der Kinder.


(Beifall bei der FDP)

Ich halte es für ungerecht, dass heute ein kinderloses

Paar an der Urne doppelt so viele Stimmen hat wie eine
Alleinerziehende mit zwei Kindern. Ich will: jeder Bür-
ger eine Stimme.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der von den Antragsgegnern, also der Gegenseite, nomi-
nierte Professor Dr. Pechstein – das ist interessant – hielt
dementsprechend den Vorwurf der Verfassungswidrig-
keit gegenüber unserem Antrag für eine Argumentation
auf, wie er sagte, schwankendem Boden. Das bestätigen
übrigens auch die zahlreichen renommierten Verfas-
sungsjuristen, die sich für eine solche Reform ausge-
sprochen haben. Frau Philipp, ich nenne die ehemalige
Justizsenatorin Frau Peschel-Gutzeit, ich nenne den Ver-
fassungsrechtler Professor Kirchhof,


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Nein, er distanziert sich davon!)


und ich nenne den ehemaligen Bundespräsidenten
Roman Herzog.

Meine Damen und Herren, solange sich unsere Ge-
sellschaft auf Pump finanziert und damit trotz Sonntags-
reden Belastungen in die Zukunft verschiebt, wird die
junge Generation um Zukunftschancen beraubt. Ich
glaube, wir können die Zukunft der Familien und damit
unserer ganzen Gesellschaft nur sichern, wenn wir das
politische Gewicht von Familien und Kindern ihrer ge-
sellschaftlichen Bedeutung entsprechend durch ein
Wahlrecht ab Geburt erhöhen.


(Beifall bei der FDP)

Mit einem Drei-Generationen-Wahlrecht geben wir

der Zukunft eine Stimme, verwirklichen wir das Prinzip
„Jeder Mensch eine Stimme“ und verändern wir die
Prioritäten in der Politik, und zwar nicht nur in der Fami-
lienpolitik, sondern auch in der Bildungs-, der Finanz-
und der Umweltpolitik – übrigens zum Wohl der gesam-
ten Gesellschaft.

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(C (D Hans-Olaf Henkel sagte dazu, er fände diese Idee icht nur richtig, sondern überfällig in einer Situation, o der Populismus auf Kosten der kommenden Generaion neue Triumphe feiert. Herr Haupt, kommen Sie bitte zum Schluss. Ich komme zum Schluss. Ich darf noch einmal Hans-Olaf Henkel zitieren: Wir eiden in Deutschland nicht an einem Zuviel so genanner Schnapsideen, sondern daran, dass zu vieles so beeichnet wird. Deshalb verlieren wir viel Zeit. Ich bitte Sie: Geben Sie der Zukunft eine Stimme! Danke. Das Wort hat die Kollegin Antje Vollmer vom Bünd is 90/Die Grünen. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! enigstens hat diese Debatte, so wie sie jedenfalls bis etzt verlaufen ist, den Vorteil, dass nicht Wahlkampfeden mit Blick auf den möglichen Wahltermin 8. September gehalten werden, wie wir das den Nachittag über erlebt haben, sondern dass es irgendwie zur ache geht. Trotzdem habe ich, als ich gerade die Kritiker dieses orschlags gehört habe, eine ganze Zeit lang etwas irriiert gedacht: Man merkt doch auch hier, dass wir uns aktisch schon ganz gut im Closedshop der älteren Geellschaft eingerichtet haben nd das Bohrende und auch Irritierende dieses Vorchlags kaum erkennen. Dass man bei aller gut gemeinen Familienund Kinderpolitik bisher so dramatisch chlechte Ergebnisse bekommen hat, sollte uns zu der rage führen, ob nicht doch etwas dramatischere Vorchläge gemacht und etwas grundsätzlichere Überlegunen angestellt werden müssten. (Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Mir können Sie das wirklich nicht unterstellen! Meine Tochter hat vier Kinder!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517823700

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1517823800

(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517823900
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1517824000

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Ein Gutteil der Argumente, die gegen diesen Vor-
chlag des Wahlrechts von Geburt an angeführt worden
ind, erinnert mich sehr an Argumentationen aus frühe-
en Phasen der Veränderung des Wahlrechts, zum Bei-
piel an die Debatten gegen oder für das Frauenwahl-
echt.


(Beifall bei der FDP)






)


(B) )


Dr. Antje Vollmer

Das miteinander zu vergleichen ist wirklich wunderbar.
Ich habe das mal sehr intensiv studiert.

In Wahrheit handelt es sich im Kern doch um die
Frage: Wer soll an der Formierung des politischen Wil-
lens und der Repräsentanz eines Gemeinwesens teilha-
ben? Das heißt, es geht im Kern um die Frage: Wen be-
trachten wir als Bürger dieser Gesellschaft? Das
wichtigste Recht von Bürgern, das wichtigste Bürger-
recht, ist eben diese Teilhabe an der Bildung der politi-
schen Machtrepräsentanz.

Da hat es immer genau diese Entwicklung gegeben.
Im alten Athen, der ersten Fast-Demokratie, waren alle
diejenigen ausgeschlossen, die keinen Besitz hatten. Es
waren die Frauen ausgeschlossen. Es waren die Kinder
ausgeschlossen. Es waren die Sklaven ausgeschlossen.
Es waren auch die Hetären ausgeschlossen. Es war also
ein sehr kleiner Kreis, der die Macht unter sich aus-
machte.

Nach der bayerischen Verfassung von 1818 – übri-
gens auch eine Verfassung! – verfügten nur männliche
Angehörige einer christlichen Konfession ab 30 Jahre
über das Wahlrecht. Auch ein sehr interessantes Modell.

Bis 1918 besaßen die Frauen kein Wahlrecht und in
der Schweiz, wie man weiß, hat der letzte Kanton das
Wahlverbot für die Frauen erst 1990 aufgehoben.

Bei all diesen Reformen der Verfassung, um das
Wahlrecht zu ändern, stand im Kern die Frage dahinter:
Wen betrachten wir als relevante Bürger unseres Ge-
meinwesens? Immer dann, wenn das Verhältnis nicht ge-
stimmt hat, immer dann, wenn sich unter der bestehen-
den Verfassungswahlrechtsordnung Ungerechtigkeiten
eingeschlichen haben, wurde am Ende das Wahlrecht
verändert. Über genau diese Ungerechtigkeiten reden
wir. Das ist Gegenstand der Initiative.


(Beifall bei der FDP)

Die Frage ist, ob die Gleichheit aller Staatsbürger

wirklich noch gewährleistet ist, wenn ein Fünftel des
Staatsvolkes – selbstverständlich sind Kinder Teil des
Staatsvolkes – an dieser Bildung des politischen Ge-
meinwesens nicht teilnehmen kann. Um diese Ungerech-
tigkeit aufzuheben, ist diese Initiative entstanden.

Ich wäre froh, wenn sich die Gegner dieser Initiative
etwas mehr anstrengen würden, um dann ihrerseits pro-
duktive Vorschläge zu unterbreiten,


(Ina Lenke [FDP]: Ja, genau!)

zum Beispiel das Wahlalter zu senken. Da hätten Sie
uns alle, die wir für das Wahlrecht von Geburt an sind,
sofort auf Ihrer Seite. Es wäre jedenfalls ein Schritt in
die richtige Richtung.


(Ina Lenke [FDP]: Keine Vorschläge! Immer nur Nein!)


Darüber, ab wann die Kinder dann selber wählen, ist
zu diskutieren. Ich finde den möglichen Streit in den Fa-
milien wunderbar, wenn die Kinder sagen: Ich will
schon ab zehn Jahre wählen. – Ich wäre jederzeit dafür.
Genau das ist offen gehalten. Aber man muss erst einmal

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(C (D nfangen, zu akzeptieren, dass Kinder Bürger sind. Ich laube, da besteht, jedenfalls in Bezug auf das Wahlecht, noch eine gewisse Unklarheit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach meiner Kennt is ist vereinbart, dass von jeder Fraktion ein Redner, der afür ist, und ein Redner, der dagegen ist, benannt urde. Ich höre jetzt, dass von der CDU/CSU-Fraktion wei Redner benannt wurden, die dagegen sind. (Klaus Haupt [FDP]: Das ist gegen die Spielregeln!)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517824100

as kann ich nicht zulassen. Wenn es bei der CDU/
SU-Fraktion einen Redner gibt, der dafür sprechen
ill, bitte ich ihn, das Wort zu nehmen. Ansonsten über-
pringe ich die nächste Rednerin.


(Dorothee Mantel [CDU/CSU]: Wo steht das?)

Das ist nach meiner Kenntnis so zwischen den Fraktio-
en vereinbart worden. Das ist im Übrigen fair. Ich bin
er amtierende Präsident und entscheide das so.
Zur Geschäftsordnung, bitte schön.


Ilse Falk (CDU):
Rede ID: ID1517824200

Herr Präsident, ich akzeptiere, dass Sie das Wort er-

eilen. Ich möchte aber doch darauf hinweisen, dass es
ier widersprüchliche Meinungen gibt. Uns gegenüber
urde ganz klar die Aussage getätigt, dass es eine solche
ereinbarung nicht gibt. Wir haben vor diesem Hinter-
rund die Rednerin, die jetzt dran wäre, gemeldet.
Ich möchte nur ankündigen, dass wir diese Frage im
ltestenrat klären lassen. Wir verzichten darauf, jetzt
ine Sitzungsunterbrechung zu beantragen und den Äl-
estenrat einzuberufen. Wir werden das dann aber bei der
ächsten Gelegenheit klären lassen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517824300

Selbstverständlich. Das ist Ihr gutes Recht.

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Nennen Sie doch einmal die Paragrafen der Geschäftsordnung!)


Bemühen Sie sich bitte selbst um die Geschäftsord-
ung. Da steht drin, dass der amtierende Präsident das
ort erteilt, je nach Meinungsäußerung. Im Übrigen ha-
en die anderen Fraktionen das ja auch so entschieden.
aran sollten Sie sich ein Beispiel nehmen. Außerdem
st es ein reiner Akt der Fairness, dass bei einer solchen
berparteilichen und überfraktionellen Debatte jeweils
in Redner, der dafür ist, und ein Redner, der dagegen
st, das Wort erhalten. In Ihrer Fraktion gibt es ja eine
anze Reihe von Abgeordneten, die sich dafür ausge-
prochen haben. Von diesen hätte sich ja einer zu Wort
elden können.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das ist nicht in Ordnung!)


(A)







(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Damit hat nun der Kollege Daniel Bahr von der FDP-

Fraktion das Wort.


Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1517824400

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Ich bedauere, dass das jetzt ein bisschen einen
Schatten auf die Debatte wirft. Ich bedauere auch, dass
diese Debatte in der Tat parteipolitischer geführt wird,
als es erfreulicherweise in der ersten Lesung der Fall
war. Ich würde mir wünschen, dass wir uns wirklich an
der Sache und an den Inhalten orientieren.

Ich möchte den Initiatoren dieses Antrages sehr herz-
lich danken. Ich bin Gegner dieses Antrages, aber ich
finde es gut, dass wir diese Debatte führen. Auch die Ini-
tiatoren weisen ja darauf hin, dass wir in Deutschland in
der Tat auf ein Problem zusteuern. Wenn die Alterspyra-
mide kippt und wir immer mehr ältere und immer weni-
ger jüngere Menschen haben werden, dann wird das
Auswirkungen auf fast alle Politikbereiche in Deutsch-
land haben. Insofern ist die Frage, die die Initiatoren hier
stellen, berechtigt. Sie gehen aber mit einem falschen
Ansatz an sie heran.

Die Initiatoren sagen – wenn das stimmte, wäre das
ein Armutszeugnis –, dass sich Politik allein an den Be-
völkerungsgruppen orientiert, die in der Alterspyramide
am stärksten vertreten sind. Sind wir Politiker in diesem
Hause denn wirklich so schwach, dass wir uns danach
richten, welche Altersgruppe besonders stark ist und
dementsprechend auch mehr Stimmen bei einer Wahl
bringt? Es ist doch heute schon so, dass die ältere Bevöl-
kerung stärker an den Wahlen teilnimmt. Es ist doch
heute schon so, dass die ältere Bevölkerung insofern
überrepräsentiert ist. Aber trotzdem bin ich doch als Po-
litiker und Abgeordneter für das ganze Volk verantwort-
lich. In Art. 38 des Grundgesetzes steht, dass wir Abge-
ordnete Vertreter des ganzen Volkes sind.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Insofern vertrete ich als Abgeordneter auch die Interes-
sen der Minderjährigen in diesem Parlament.

Herr Kollege Haupt, ich schätze Sie sehr. Aber auf Ih-
ren eben getätigten Ausspruch, Sie wollten verwirkli-
chen, dass jeder Mensch eine Stimme hat, muss ich Ih-
nen sagen: Das stimmt nicht. Eine Mutter oder ein Vater
eines minderjährigen Kindes bzw. Jugendlichen hätte
dann zwei Stimmen und nicht eine Stimme. Das heißt,
das Prinzip „Jeder Mensch eine Stimme“ wird hier ver-
letzt. Sie schaffen nicht ein Kinderwahlrecht, sondern
Sie schaffen ein Elternwahlrecht. Genau den Vorwurf
müssen Sie sich gefallen lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was machen wir denn, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen, wenn jemand wie in meinem Fall schon mit 15 oder
16 Jahren in einer politischen Jugendorganisation poli-
tisch aktiv wird, aber die Eltern, die für mich das Stimm-

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(C (D echt wahrnehmen, möglicherweise eine andere politiche Partei präferieren und nicht das Signal, was ich urch die Präferenz für eine politische Organisation geetzt habe, setzen wollen? Das heißt, hier wird nicht der olitische Wille von mir als Minderjährigem vertreten, ondern hier bestimmt in erster Linie der Wille der Elern. Insofern erreichen Sie damit Ihr eigentliches Ziel icht. (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, ich habe sehr viel Sympa-
hie dafür und kämpfe dafür, dass Minderjährige, Kinder
nd Jugendliche, politische Beteiligung erlangen. Des-
egen halte ich es für richtig, dass auf kommunaler
bene ein Wahlrecht ab 16 Jahren eingeführt wird,


(Beifall der Abg. Jutta Dümpe-Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ass wir in den Kommunen Jugend- und Kinderräte
chaffen, dass wir gerade dort vor Ort eine höhere Betei-
igung von Kindern und Jugendlichen erreichen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


a muss viel mehr geschehen. In meiner Heimatstadt
ünster wird das gerade erst aufgebaut, obwohl wir da-

über seit vielen Jahren diskutiert haben.

(Zuruf von der SPD)


In anderen Städten gibt es das schon länger; Sie haben
ollkommen Recht.
Aber wir müssten das Grundprinzip verankern. Dafür

st der Antrag gut. Wie schaffen wir es, mehr Nachhal-
igkeit in die Politik zu bekommen? Wie schaffen wir es,
u erreichen, dass die Interessen von nicht geborenen
enerationen, von kommenden Generationen berück-
ichtigt werden? Das schaffen wir nicht mit Ihrem Vor-
chlag, sondern das schaffen wir, indem wir uns als Poli-
iker selbst verpflichten, den Schuldenaufbau zu
eenden und Lasten nicht immer weiter auf kommende
enerationen zu verschieben, indem wir anfangen, die
robleme zu lösen, angesichts der demographischen
ntwicklung vor allem die der Sozialversicherungssys-
eme, und Familienpolitik in den Mittelpunkt zu stellen.
as ist nicht der Inhalt Ihres Antrages; aber ich danke
hnen trotzdem für Ihre Initiative, weil sie uns wieder
inmal Gelegenheit zu einer Debatte über diese Pro-
leme gegeben hat.
Ein letzter Satz. Die jungen Abgeordneten dieses Par-

amentes haben eine ähnliche Initiative geplant, nämlich
ie Verankerung der Nachhaltigkeit im Grundgesetz.
orgen hätten wir sie gerne vorgestellt; leider hat uns
ie Ankündigung der Neuwahlen einen Strich durch die
echnung gemacht. Aber heute ist nicht das Ende aller
age; wir kommen wieder, keine Frage. In der nächsten
egislaturperiode werden wir jungen Abgeordneten
iese Initiative einbringen und damit die Debatte voran-
ringen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.






(A) )



(B) )


Daniel Bahr (Münster)



(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517824500

Als letzter Redner hat der Kollege Rolf Stöckel von

der SPD-Fraktion das Wort.


Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1517824600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der In-

nenausschuss empfiehlt mit einer Gegenstimme einmü-
tig, weiterhin ein Fünftel des Staatsvolkes, nämlich die
dritte Generation, von der Geburt bis zum
18. Lebensjahr vom wichtigsten Recht in der Demokra-
tie, nämlich dem Wahlrecht, auszuschließen. Wir, die wir
als Sozialdemokraten mit insgesamt 41 Kolleginnen und
Kollegen dieses Hauses die fraktionsübergreifende Ini-
tiative ergriffen haben, respektieren selbstverständlich
die demokratische Mehrheit, die ein von den Eltern
wahrgenommenes Stellvertreterwahlrecht ablehnt. Aber
bei aller Ablehnung und auch allem Spott: Immerhin hat
der Ältestenrat die heutige, vorläufig abschließende Be-
schlussfassung nicht wie die erste Lesung vor über ei-
nem Jahr auf den 1. April gelegt.


(Klaus Haupt [FDP]: Das ist schon mal gut!)

Das ist ja schon ein kleiner Fortschritt. Wir werden be-
stimmt auch in der nächsten Wahlperiode wieder einen
Versuch starten.

Die kleine Expertenanhörung im Innenausschuss hat
übrigens, wie auch die Literatur zu diesem Thema, zu-
mindest ein ausgewogenes Verhältnis von Argumenten
gebracht. Die Argumente waren nicht, wie das hier zum
Teil dargestellt worden ist, eindeutig und sind es auch
nicht. Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
gerichts ist, etwa was das Stellvertreterwahlrecht angeht,
widersprüchlich.

Mehr als die klare Ablehnung enttäuscht mich per-
sönlich aber, dass keinerlei Initiativen vorgeschlagen
wurden, weder für eine Wahlalterssenkung, die das Pro-
blem allerdings nur teilweise lösen würde, noch für
praktische Verbesserungen und eine Ausweitung der
Partizipation von Kindern und Jugendlichen in den
Angelegenheiten, öffentlichen Räumen und Institutio-
nen, die sie direkt betreffen, mit und in denen sie auf-
wachsen, leben und lernen müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Es wird immer wieder auf die Partizipation in den Ju-

gendverbänden hingewiesen. Wir können heute Zu-
schauer und Zuschauerinnen aus den Jugendparlamenten
in Hattingen, Witten und Herdecke begrüßen,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


die wissen: Partizipation von Kindern und Jugendlichen
heißt, dass Erwachsene einen Teil der Macht an sie abge-
ben müssen, dass sie sie mit ihnen teilen müssen.

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(C (D (Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Das ist doch unbestritten!)


as wollen wir natürlich, wie der Kollege Bahr richtig
esagt hat, in dieser Demokratie flächendeckend veran-
ern.
Es gibt einige Modelleinrichtungen, Schulen und Kin-

ergärten, die etwa nach dem italienischen Reggio-Kon-
ept demokratische Beteiligung einüben. Aber das sind
ingeltauben. Ansonsten herrscht gegen besseres Wis-
en, was die sozialen Lernerfolge angeht, in den meisten
ildungsanstalten tote Hose in Sachen Partizipation.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Selbst das stimmt nicht!)

Ich sage damit nicht, dass diese Initiative keine Unter-

tützung bei der Mehrheit der Abgeordneten der Fraktio-
en finden würde, dass hier eine schlechte Jugend- oder
amilienpolitik gemacht würde. Vielleicht haben ich und
eine Mitunterzeichner da teilweise eine andere Mei-
ung. Aber es geht doch überwiegend um Geld und um
lternförderung. Die Frage der demokratischen Rechte
on Kindern und Jugendlichen ist aber eine zentrale
ertefrage in einer demokratischen Gesellschaft, die
ukunft gewinnen will.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der FDP)

eswegen bin ich dafür, dass alle Kinder und Jugendli-
hen, die dies wollen, wählen können und von Politikern
nd Parteien ernst und angenommen werden. Das stell-
ertretend von den Eltern wahrgenommene Wahlrecht
etrachte ich jedenfalls nur als einen Einstieg in eine sol-
he Entwicklung der Demokratie.
Wovor haben wir eigentlich Angst, meine Damen und
erren? Vor Missbrauch durch Eltern, vor Beeinflussung
on Kindern? Vor mangelnder Urteilsfähigkeit oder ein-
eitigen Vor- und Nachteilen für die eine oder andere
artei? Vor einer Übermacht der Familieninteressen? Ich
alte das eigentlich für Anmaßung und Bevormundung
es Staatsvolkes durch diejenigen, die in unserer Demo-
ratie genau zu wissen glauben, was für die Menschen
olitisch richtig und falsch ist.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der FDP)

ch halte dies sogar für Quatsch, weil die Realität eine
nvollkommenheit bei allen Wählergruppen zeigt. Die
isiken sowie die Vor- und Nachteile wären auf alle Par-
eien gleich verteilt. Liebe Kolleginnen und Kollegen,
uch Experten können irren.
Eine mutige Demokratie, die noch wachsen will,
ürde sich darüber freuen, dass in den Familien und
chulen altersgemäß und zunehmend über politische Zu-
ammenhänge und Interessen gesprochen würde und tat-
ächlich alle im Staatsvolk eine Stimme hätten.
Schade drum und auf ein Neues!

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der FDP)







(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1517824700

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Innenaus-

schusses auf Drucksache 15/4788 zu dem Antrag der
Abgeordneten Ingrid Arndt-Brauer, Norbert Barthle,
Veronika Bellmann und weiterer Abgeordneter mit dem
Titel „Mehr Demokratie wagen durch ein Wahlrecht von
Geburt an“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
Drucksache 15/1544 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesord-
nung um die erste Beratung des vom Bundesrat einge-
brachten Gesetzentwurfs zur Sicherung der Unterneh-
mensnachfolge, Drucksache 15/5604, zu erweitern und
diesen jetzt gleich als Zusatzpunkt 8 ohne Aussprache
aufzurufen. – Ich sehe, Sie sind damit einverstanden.
Dann ist so beschlossen.

Ich rufe den soeben aufgesetzten Zusatzpunkt 8 auf:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Un-
ternehmensnachfolge
– Drucksache 15/5604 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

Wir kommen gleich zur Überweisung. Interfraktionell
wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf auf Drucksache
15/5604 an die aufgeführten Ausschüsse zu überweisen.
Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der
Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas
Strobl (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Verbot des Führens von Anscheinwaffen
– Drucksache 15/5106 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

Die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt sollen zu
Protokoll genommen werden. Es handelt sich um die Re-
debeiträge der Kollegen Gabriele Fograscher, SPD,
Kristina Köhler und Dorothee Mantel, CDU/CSU, Silke
Stokar von Neuforn, Bündnis 90/Die Grünen, Ernst
Burgbacher, FDP, und für die Bundesregierung des Par-
lamentarischen Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper.1)

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1) Anlage 4 2)

(C (D Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 15/5106 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bauund Wohnungswesen – zu dem Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung abschließen – zu dem Antrag der Abgeordneten Norbert Königshofen, Dirk Fischer Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Maßnahmen zur Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung GmbH – zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich Michael Goldmann weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Leitlinien für die Privatisierung der Deutschen Flugsicherung – Gesamtkonzept zur Neuordnung der Flugsicherung – Drucksachen 15/5342, 15/4829, 15/4670, 15/ 5519 – Berichterstattung: Abgeordnete Reinhard Weis Norbert Königshofen Albert Schmidt Horst Friedrich Auch hier sollen die Reden zu Protokoll genommen erden. Es handelt sich um die Redebeiträge der Kolleen Reinhard Weis, SPD, Norbert Königshofen und Dirk ischer, CDU/CSU, Albert Schmidt, Bündnis 90/Die rünen, Horst Friedrich, FDP, und für die Bundesregieung der Parlamentarischen Staatssekretärin Iris leicke.2)


(14. Ausschuss)

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

chusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen auf
rucksache 15/5519. Der Ausschuss empfiehlt unter
r. 1 seiner Beschlussempfehlung die Annahme des An-
rags der Fraktionen der SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/
ie Grünen und FDP auf Drucksache 15/5342 mit dem
itel „Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsiche-
ung abschließen“. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
ehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
ie Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen.

Anlage 5






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss, den Antrag der

Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/4829 mit
dem Titel „Maßnahmen zur Kapitalprivatisierung der
Deutschen Flugsicherung GmbH“ für erledigt zu erklä-
ren. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
lung ist einstimmig angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 sei-
ner Beschlussempfehlung, den Antrag der Fraktion der
FDP auf Drucksache 15/4670 mit dem Titel „Leitlinien
für die Privatisierung der Deutschen Flugsicherung –
Gesamtkonzept zur Neuordnung der Flugsicherung“
ebenfalls für erledigt zu erklären. Wer stimmt für die Be-
schlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Holger
Ortel, Sören Bartol, Dr. Herta Däubler-Gmelin,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Cornelia Behm, Undine
Kurth (Quedlinburg), Volker Beck (Köln), weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN
Die Situation der Fischerei durch nachhaltige
Bewirtschaftung verbessern
– Drucksache 15/5587 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

Auch die Reden hierzu sollen zu Protokoll genommen
werden. Es handelt sich um die Reden der Kollegen
Holger Ortel, SPD, Gitta Connemann, CDU/CSU,
Cornelia Behm, Bündnis 90/Die Grünen, und
Dr. Christel Happach-Kasan, FDP.1)

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf
Drucksache 15/5587 zur federführenden Beratung an
den Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft und zur Mitberatung an den Ausschuss
für Wirtschaft und Arbeit, den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie an den Aus-
schuss für Tourismus zu überweisen. Gibt es anderwei-
tige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Peter
Weiß (Emmendingen), Dr. Christian Ruck,
Dr. Ralf Brauksiepe, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Mikrofinanzierung und Finanzsystementwick-
lung zur nachhaltigen Armutsbekämpfung
und Mittelstandsförderung ausbauen
– Drucksache 15/5455 –

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1) Anlage 6
2)
3)

(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Auswärtiger Ausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Haushaltsausschuss Die Reden hierzu sollen ebenfalls zu Protokoll geommen werden. Es handelt sich um die Reden der Kolegin Karin Kortmann, SPD-Fraktion, sowie der Kolleen Peter Weiß hilo Hoppe, Bündnis 90/Die Grünen, und Markus öning, FDP-Fraktion.2)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/5455 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Peter Weiß

(Emmendingen), Dr. Christian Ruck, Dr. Ralf

Brauksiepe, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Chance zum demokratischen Neubeginn in
Haiti unterstützen
– Drucksachen 15/2746, 15/4973 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Sascha Raabe
Peter Weiß (Emmendingen)

Thilo Hoppe
Markus Löning

Auch hier sollen die Reden zu Protokoll genommen
erden. Es handelt sich um die Reden der Kollegen

(Emmeningen)

ündnis 90/Die Grünen, und Dr. Karl Addicks, FDP-
raktion.3)
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

chusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
icklung auf Drucksache 15/4973 zu dem Antrag der
raktion der CDU/CSU mit dem Titel „Chance zum de-
okratischen Neubeginn in Haiti unterstützen“. Der Aus-
chuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/2746 in
er Ausschussfassung anzunehmen. Wer stimmt für
iese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
er enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
timmen aller Fraktionen mit Ausnahme der FDP-Frak-
ion, die sich enthält, angenommen.

Anlage 7
Anlage 8






(A) (C)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate
Blank, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Zügige Verwirklichung der ICE-Trasse Nürn-
berg–Erfurt (VDE-Schiene Nr. 8.1)

– Drucksache 15/5456 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Haushaltsausschuss

Die Reden hierzu werden zu Protokoll genommen. Es
handelt sich um die Reden der Kollegen Heinz Paula,
SPD-Fraktion, Volkmar Vogel und Renate Blank, CDU/
CSU-Fraktion, Albert Schmidt (Ingolstadt), Bündnis 90/

Die Grünen, und Horst Friedrich (Bayreuth), FDP-Frak-
tion.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/5456 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 3. Juni 2005, 9 Uhr,
ein.

Die Sitzung ist geschlossen.