Protokoll:
15135

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 135

  • date_rangeDatum: 28. Oktober 2004

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 21:51 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/135 weiterer Abgeordneter und der Frak- Tagesordnungspunkt 3: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Ta- gesbetreuung und zur Weiterentwick- lung der Kinder- und Jugendhilfe (Ta- gesbetreuungsausbaugesetz – TAG) (Drucksachen 15/3676, 15/3986, 15/4045) b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Maria Böhmer, Gerda Hasselfeldt, Maria Eichhorn, weiterer Abgeordne- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Ausbau von Förderungsange- boten für Kinder in vielfältigen Formen als zentraler Beitrag öffent- licher Mitverantwortung für die Bil- dung, Erziehung und Betreuung von Kindern – zu dem Antrag der Abgeordneten Ingrid Fischbach, Maria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Aus- bau und Förderung der Tagespflege als Form der Kinderbetreuung in der Bundesrepublik Deutschland – zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter 12280 C Deutscher B Stenografisch 135. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Begrüßung des Parlamentspräsidenten aus Norwegen, Herrn Kosmo . . . . . . . . . . . . . . . . Begrüßung der neuen Abgeordneten Hildegard Wester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benennung der Abgeordneten Kerstin Andreae als ordentliches Mitglied und der Abgeordneten Anja Hajduk als stellvertre- tendes Mitglied für den Verwaltungsrat bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs- aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benennung des Abgeordneten Dr. Hans- Ulrich Krüger als Schriftführer . . . . . . . . . . Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . c 12325 B 12279 A 12279 B 12279 B 12279 B 12280 B ter und der Fraktion der CDU/CSU: Elternhaus, Bildung und Betreuung verzahnen undestag er Bericht ung 28. Oktober 2004 t : – zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Klaus Haupt, Otto Fricke, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Solides Finanzierungskon- zept für den Ausbau von Kinderbe- treuungsangeboten für unter Drei- jährige (Drucksachen 15/3488, 15/3512, 15/4045) ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Caren Marks, Christel Humme, Sabine Bätzing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Ekin Deligöz, Irmingard Schewe-Gerigk, Jutta Dümpe-Krüger, 12280 D und der Fraktion der FDP: Tages- pflege als Baustein zum bedarfsge- rechten Kinderbetreuungsangebot – II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 Bessere Rahmenbedingungen für Tagesmütter und -väter, Eltern und Kinder – zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Haupt, Ina Lenke, Cornelia Pieper, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Faire Chancen für jedes Kind – Für eine bessere Bil- dung, Erziehung und Betreuung von Anfang an (Drucksachen 15/2580, 15/2651, 15/1590, 15/2697, 15/3036) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeord- neten Maria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer, Antje Blumenthal, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Frauen und Männer beim Wiedereinstieg in den Beruf fördern (Drucksachen 15/1983, 15/3035) . . . . . . . Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicolette Kressl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Peter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Klaus Haupt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . . Andreas Scheuer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Schäuble, Dr. Friedbert Pflüger, Peter Hintze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Für ein glaub- würdiges Angebot der EU an die Türkei (Drucksache 15/3949) . . . . . . . . . . . . . . . . b i Z A G H t K d ( D G D C D D P J P G D D D T a 12281 B 12281 B 12281 C 12284 A 12285 C 12288 A 12289 B 12289 C 12291 D 12292 D 12294 B 12295 A 12295 C 12296 C 12297 C 12298 C 12300 A 12300 B 12302 B 12303 B 12304 B 12307 B ) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Die Türkeipolitik der EU verlässlich fort- führen und den Weg für Beitrittsver- handlungen mit der Türkei frei machen (Drucksache 15/4031) . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 6: ntrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang erhardt, Dr. Guido Westerwelle, Dr. Werner oyer, weiterer Abgeordneter und der Frak- ion der FDP: Zu der Empfehlung der EU- ommission über Beitrittsverhandlungen er Europäischen Union mit der Türkei Drucksache 15/4064) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU) . . . . . . . ernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . laudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU) . . . . . r. Gerd Müller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Angelica Schwall-Düren (SPD) . . . . . . . . etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . oseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . eter Hintze (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . ünter Gloser (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Friedbert Pflüger (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: ) Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terroristi- sche Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des Art. 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolu- tionen 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Drucksache 15/4032) . . . . . . . . . . . . . . . 12307 C 12307 C 12307 C 12310 B 12312 D 12314 B 12315 C 12316 C 12318 A 12318 D 12321 B 12322 B 12325 C 12326 B 12328 C 12330 B 12332 C 12333 C 12334 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 III b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung von wegerechtlichen Vorschriften (Drucksache 15/3982) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Woh- nungseigentum und das Dauerwohn- recht (Drucksache 15/3423) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu den Änderungsurkunden vom 18. Oktober 2002 zur Konstitution und zur Konvention der Internationalen Fernmeldeunion vom 22. Dezember 1992 Drucksache 15/3879) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 30. Sep- tember 2003 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Bulgarien über die Zusammenarbeit bei der Be- kämpfung der organisierten und der schweren Kriminalität (Drucksache 15/3880) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 14. Mai 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Indone- sien über die Förderung und den gegen- seitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 15/3882) . . . . . . . . . . . . . . . . g) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Änderungsprotokoll vom 26. August 2003 zu dem Vertrag vom 28. Februar 1994 zwischen der Bundes- republik Deutschland und der Republik Moldau über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanla- gen (Drucksache 15/3883) . . . . . . . . . . . . . . . . h) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 10. Juli 2000 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und der Paläs- tinensischen Befreiungsorganisation zu- gunsten der Palästinensischen Behörde über die Förderung und den gegenseiti- gen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 15/3884) . . . . . . . . . . . . . . . . i) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Änderungs- und Ergän- j k l m n Z a b 12334 D 12335 A 12335 A 12335 A 12335 B 12335 B 12335 B zungsprotokoll vom 14. Mai 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und der Republik Polen zu dem Vertrag vom 10. November 1989 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 15/3885) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 27. März 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und der Republik Tadschikistan über die Förderung und den gegenseiti- gen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 15/3886) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Ehe- und Lebens- partnerschaftsnamensrechts (Drucksache 15/3979) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zum internationalen Familienrecht (Drucksache 15/3981) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Günther Friedrich Nolting, Helga Daub, Jörg van Essen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Angleichung der Ost- Besoldung an Westniveau (Drucksache 15/589) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Daniel Bahr (Münster), Horst Friedrich (Bayreuth), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Bessere Möglichkeiten im Kampf gegen Trun- kenheitsfahrten in der Seeschifffahrt schaffen (Drucksache 15/3725) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 2: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Dritten Zusatzprotokoll vom 4. Juni 2004 zum Abkommen vom 16. Juni 1959 zwischen der Bundesre- publik Deutschland und dem König- reich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Ge- biete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung an- derer Fragen auf steuerlichem Gebiete (Drucksache 15/4026) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Uwe Küster, Dirk Manzewski, Jörg Tauss, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD 12335 C 12335 C 12335 D 12335 D 12335 D 12335 D 12336 A IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 sowie der Abgeordneten Grietje Bettin, Jerzy Montag, Volker Beck (Köln), weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Wett- bewerb und Innovationsdynamik im Softwarebereich sichern – Patentie- rung von Computerprogrammen effek- tiv begrenzen (Drucksache 15/4034) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . Gert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung gemein- schaftsrechtlicher Vorschriften über die grenzüberschreitende Prozesskosten- hilfe in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten (EG-Prozesskostenhil- fegesetz) (Drucksachen 15/3281, 15/4057) . . . . . . . b) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Be- schluss der im Rat der Europäischen Union vereinigten Vertreter der Regie- rungen der Mitgliedstaaten vom 28. April 2004 betreffend die Vorrechte und Immunitäten von ATHENA (Drucksachen 15/3787, 15/4058) . . . . . . . c) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zum EU-Truppenstatut vom 17. November 2003 (Drucksachen 15/3786, 15/4059) . . . . . . . d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung von Ver- jährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Drucksachen 15/3653, 15/4060) . . . . . . . e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Ausschluss von Dienst-, Amts- und Versorgungsbezü- gen von den Einkommensanpassungen 2003/2004 (Anpassungsausschlussge- setz) (Drucksachen 15/3783, 15/3985, 15/4044) g) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unterrich- h i T a 12336 A 12336 B 12337 A 12337 B 12337 C 12337 D 12338 A 12338 B tung durch die Bundesregierung: Entwurf Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften für das Haushaltsjahr 2005 Ratsdok. 11445/04 (Drucksachen 15/3779 Nr. 1.57, 15/3874) ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen – zu dem Antrag der Abgeordneten Petra Weis, Siegfried Scheffler, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten Günter Nooke, Dirk Fischer (Ham- burg), Eduard Oswald, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/ CSU, der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Irmingard Schewe- Gerigk, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abgeordneten Joachim Günther (Plauen), Horst Friedrich (Bayreuth), Eberhard Otto (Godern), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Planung und städte- bauliche Zielvorstellungen des Bun- des für den Bereich beiderseits der Spree zwischen Marschallbrücke und Weidendammer Brücke vorle- gen – zu dem Antrag der Abgeordneten Günter Nooke, Dirk Fischer (Ham- burg), Eduard Oswald, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Planung und städtebauliche Zielvorstellungen des Bundes für den Bereich beiderseits der Spree zwischen Marschallbrücke und Wei- dendammer Brücke vorlegen (Drucksachen 15/2981, 15/2157, 15/3939) ) – m) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 153, 154, 155, 156 und 157 zu Petitionen (Drucksachen 15/3961, 15/3962, 15/3963, 15/3964, 15/3965) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Reform der beruflichen Bildung (Berufsbildungsreformgesetz – BerBi- RefG) (Drucksache 15/3980) . . . . . . . . . . . . . . . 12338 C 12338 D 12339 B 12339 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 V b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Berufsbildungsbericht 2004 (Drucksache 15/3299) . . . . . . . . . . . . . . . . Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Hartmann (Homburg) (FDP) . . . . . Dieter Grasedieck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Werner Lensing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, Veronika Bellmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Reibungslose Um- setzung von Hartz IV im Interesse der Be- troffenen sicherstellen (Drucksache 15/3803) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMWA . . . Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU) . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU) . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU) . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Karin Roth (Esslingen) (SPD) . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von den Abge- ordneten Joachim Stünker, Hermann Bachmaier, Sabine Bätzing, weiteren Abge- o A J t B b ä ( ( B S I J E U T B s u – – ( R G F D S D G A 12339 D 12340 A 12342 B 12344 C 12346 B 12347 D 12348 D 12350 D 12351 C 12354 A 12354 D 12355 A 12356 A 12356 B 12357 D 12358 D 12360 A 12361 D 12362 C 12363 C 12364 B 12364 C 12364 C 12364 D 12366 B 12368 A rdneten und der Fraktion der SPD sowie den bgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, erzy Montag, Hans-Christian Ströbele, wei- eren Abgeordneten und der Fraktion des ÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge- rachten Entwurfs eines … Strafrechts- nderungsgesetzes – §§ 180 b, 181 StGB StrÄndG) Drucksachen 15/3045, 15/4048) . . . . . . . . . . rigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . iegfried Kauder (Bad Dürrheim) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rika Simm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . te Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Verbraucherschutz, Ernährung nd Landwirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Hans- Michael Goldmann, Dr. Volker Wissing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Projekt des Umweltbundesam- tes zur so genannten verdeckten Feldbe- obachtung stoppen zu dem Antrag der Abgeordneten Gitta Connemann, Peter H. Carstensen (Nord- strand), Dr. Peter Jahr, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der CDU/CSU: Vertrauensvolle und konstruktive Zu- sammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz stärken Drucksachen 15/2668, 15/2969, 15/3545) enate Jäger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . itta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . riedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . imone Probst (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . ustav Herzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . rtur Auernhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 12368 D 12369 A 12370 A 12371 A 12372 C 12373 B 12374 A 12374 C 12375 D 12376 A 12377 A 12378 C 12379 D 12381 B 12381 C 12381 C 12383 A VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 Tagesordnungspunkt 9: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Deut- sche-Welle-Gesetzes (Drucksachen 15/3278, 15/4046) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien – zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Griefahn, Eckhardt Barthel (Berlin), Detlef Dzembritzki, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Claudia Roth (Augsburg), Volker Beck (Köln), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: 50 Jahre Deutsche Welle – Zukunft und Modernisierung des deutschen Auslandsrundfunks – zu dem Antrag der Abgeordneten Bernd Neumann (Bremen), Günter Nooke, Renate Blank, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: 50 Jahre Deutsche Welle – Perspektiven für die Zukunft (Drucksachen 15/1214, 15/1208, 15/4046) Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . . Bernd Neumann (Bremen) (CDU/CSU) . . . . Eckhardt Barthel (Berlin) (SPD) . . . . . . . . Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . . Monika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . Dr. Klaus Rose (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Arbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Funke, Dr. Werner Hoyer, Sabine Leutheusser- Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gegen eine Aufhe- bung des EU-Waffenembargos gegenüber der Volksrepublik China (Drucksachen 15/2169, 15/4047) . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: EU-Waf- fenembargo gegenüber der Volksrepublik China (Drucksache 15/4035) . . . . . . . . . . . . . . . . . . C D D D U D D T a b c i Z E e Ä s ( W D M G M K D 12384 A 12384 A 12384 C 12385 C 12387 B 12388 C 12389 C 12390 B 12391 D 12393 A 12393 A hristian Müller (Zittau) (SPD) . . . . . . . . . . . r. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Klaus Rose (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . r. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . ta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . r. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zwei- ten Gesetzes zur Neuregelung des Ener- giewirtschaftsrechts (Drucksache 15/3917) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, Dr. Joachim Pfeiffer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Klaren und funktionsfä- higen Ordnungsrahmen für die Strom- und Gasmärkte schaffen (Drucksache 15/3998) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Birgit Homburger, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für mehr Wettbewerb und Trans- parenz in der Energiewirtschaft durch klare ordnungspolitische Vorgaben (Drucksache 15/4037) . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 4: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur nderung des Erneuerbare-Energien-Ge- etzes Drucksache 15/3923) . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Clement, Bundesminister BMWA . r. Rolf Bietmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . ichaele Hustedt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . udrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Müller (Düsseldorf) (SPD) . . . . . . . urt-Dieter Grill (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12393 B 12394 A 12395 A 12395 D 12396 D 12397 C 12398 D 12399 D 12400 C 12400 C 12400 D 12400 D 12401 A 12402 D 12404 C 12406 B 12407 C 12409 B 12411 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 VII Kurt-Dieter Grill (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 (Finanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungs- gesetz) (Drucksachen 15/3641, 15/4049) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (Drucksachen 15/3782, 15/3921, 15/4024) . . Tagesordnungspunkt 14: Zweite und dritte Beratung des vom Bundes- rat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Verfahrensvorschriften zur Wahl und Berufung ehrenamtlicher Richter (Drucksachen 15/411, 15/4016) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtli- nien in nationales Steuerrecht und zur Än- derung anderer Vorschriften (Richtlinien- Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) (Drucksachen 15/3677, 15/3789, 15/3922, 15/4050, 15/4065) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lydia Westrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Georg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Frechen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . . T f A D H R D T A B k d ( T E e F A o A ( N A L 12411 C 12412 A 12413 C 12415 D 12416 A 12416 C 12416 D 12417 A 12418 C 12420 A 12421 C 12422 B 12423 C 12424 B agesordnungspunkt 28: ) – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Joachim Stünker, Hermann Bachmaier, Sabine Bätzing, weiteren Abgeordneten und der Frak- tion der SPD sowie den Abgeordneten Jerzy Montag, Irmingard Schewe- Gerigk, Hans-Christian Ströbele, Volker Beck (Köln), Katrin Göring- Eckardt, Krista Sager und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Rechtsbehelfe bei Ver- letzung des Anspruchs auf rechtli- ches Gehör (Anhörungsrügengesetz) (Drucksachen 15/3706, 15/4061) . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) (Drucksachen 15/3966, 15/4061) . . . . lfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Manzewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: ntrag der Fraktionen der SPD und des ÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für eine onsequente und vollständige Umsetzung es Ohrid-Abkommens in Mazedonien Drucksache 15/4033) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur ortentwicklung der Berufsaufsicht über bschlussprüfer in der Wirtschaftsprüfer- rdnung (Abschlussprüferaufsichtsgesetz – PAG) Drucksache 15/3983) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 12425 B 12425 B 12425 C 12426 C 12428 B 12429 B 12430 A 12431 A 12431 A 12431 C 12433 A VIII Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Deutsche-Welle-Gesetzes – Antrag: 50 Jahre Deutsche Welle – Zu- kunft und Modernisierung des deutschen Auslandsrundfunks – Antrag: 50 Jahre Deutsche Welle – Per- spektiven für die Zukunft (Tagesordnungspunkte 9 a und 9 b) Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinfa- chung und Vereinheitlichung der Verfahrens- vorschriften zur Wahl und Berufung ehren- amtlicher Richter (Tagesordnungspunkt 14) Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingo Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12442 D 12443 C Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 (Finanzkonglomeraterichtlinie-Umset- zungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 12) Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . Otto Bernhardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jutta Krüger-Jacob (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (Tagesord- nungspunkt 13) Petra Bierwirth (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Enak Ferlemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Franz Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . R A A Z d s in U S M D A Z d lu in p n C S W R G 12433 B 12434 A 12435 B 12436 C 12437 B 12438 A 12439 B 12440 A 12440 C 12441 B 12442 C ainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Für eine konsequente und voll- tändige Umsetzung des Ohrid-Abkommens Mazedonien (Tagesordnungspunkt 17) ta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iegfried Helias (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . arianne Tritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwick- ng der Berufsaufsicht über Abschlussprüfer der Wirtschaftsprüferordnung (Abschluss- rüferaufsichtsgesetz – APAG) (Tagesord- ungspunkt 16) hristian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . tephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . erner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erd Andres, Parl. Staatssekretär BMWA . . . 12445 C 12446 B 12446 D 12447 B 12448 D 12450 A 12450 D 12451 C 12452 D 12454 B 12454 D 12455 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 12279 (A) ) (B) ) 135. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    1) Anlage 6 2) Anlage 7 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 12433 (A) ) (B) ) gen. Der Sender ist nicht mehr reines Informationsin- fentlich-rechtlichen Sendern. Die sollten wir über das deutlich auch andere Perspektiven ausführlich zu würdi- e ffekt hat sich ja ergeben: die Kooperation mit den öf- Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Deutsche-Welle-Gesetzes – Antrag: 50 Jahre Deutsche Welle – Zukunft und Modernisierung des deutschen Aus- landsrundfunks – Antrag: 50 Jahre Deutsche Welle – Perspek- tiven für die Zukunft (Tagesordnungspunkt 9 a und b) Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben jetzt eine ganz schöne Weile an diesem Ge- setz gearbeitet. Nun ist es endlich soweit: Heute soll die Deutsche-Welle-Reform beschlossen werden. Uns liegt ein Gesetz vor, das dem deutschen Auslandssender auf- gibt, die Bundesrepublik in ihrer kulturellen Vielfalt und im europäischen Zusammenhang zu präsentieren und s d p l c D d s w m d s ß D v u g d R e W s n m L n W d t B u t a g a d d w I d Z b z r l m d a Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bonde, Alexander BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.10.2004 Dörflinger, Thomas CDU/CSU 28.10.2004 Hochbaum, Robert CDU/CSU 28.10.2004 Dr. Küster, Uwe SPD 28.10.2004 Leibrecht, Harald FDP 28.10.2004* Rauber, Helmut CDU/CSU 28.10.2004 Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 28.10.2004 Roedel, Hannelore CDU/CSU 28.10.2004 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 28.10.2004 Schröder, Gerhard SPD 28.10.2004 Schwanitz, Rolf SPD 28.10.2004 Veit, Rüdiger SPD 28.10.2004 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht trument, sondern soll den interkulturellen Dialog för- ern und seinen Beitrag zur Krisenprävention leisten. Die Deutsche Welle soll Zielgruppen und Schwer- unktregionen genau und für bestimmte Zeiträume fest- egen, um endlich ein klares und starkes Profil zu entwi- keln. So wird es möglich sein, dem Interesse an eutschland besser und zielgerichteter zu begegnen und arauf zu antworten. Das ist für diesen Sender mit seinen pezifischen Möglichkeiten lebenswichtig – eine welt- eite Berieselung ist einfach zu teuer und kommt nicht ehr infrage. Neben dem Fernseh- und Radioangebot ist jetzt auch er Internetauftritt als dritte Kommunikationsform ge- etzlich festgelegt. Das Internet ist von so besonders gro- er Bedeutung, weil es die Möglichkeit eines echten ialogs und die gleichzeitige Verwendung von beliebig ielen Sprachen zulässt. Das schon längst bestehende nd erfolgreiche Angebot im World Wide Web wird le- itimiert. Die Deutsche Welle wird künftig das Parlament und ie Bundesregierung durch einen neu eingeführten ückkopplungsmechanismus in ihre Aufgabenplanung inbeziehen. Die Erfahrung wird uns zeigen, ob dieser eg ernst genommen wird und zu fruchtbaren Diskus- ionen und Ergebnissen führt. Für den Deutschen Auslandsrundfunk stehen in ächster Zeit große Entscheidungen an. Soweit ich infor- iert bin, ist die Frage, ob das Spanisch-Programm in ateinamerika in Untertitelung umgestellt wird oder icht, noch immer ungeklärt. Hier kann die Deutsche elle gleich beweisen, ob sie den Mut hat, strategisch zu enken. Ich denke, wir dürfen diese große Region, die raditionell so großes Interesse an Europa und an der undesrepublik hat, nicht leichtfertig aufgeben bzw. mit nangemessenen Instrumenten bedienen. Ob eine Unter- itelung den Fernseh-Konsumgewohnheiten in Latein- merika entspricht und die spanischsprachigen Sendun- en ersetzen kann, sollte sehr genau geprüft werden. Zum Afghanistan-Projekt der DW möchte ich heute uch einmal zu bedenken geben, ob man dort nicht auf ie Dauer mehr Menschen über das Radio erreicht als urch Fernsehübertragungen in Dari und Paschtu. In einem Punkt allerdings wird immer deutlicher, dass ir bald eine Menge sparen können: beim German TV. ch denke, wir sollten der Tatsache ins Auge sehen, dass ie neuerdings 9 000 Abonnenten immer noch nicht die wischenetappe von 10 000 für Ende 2003 erreicht ha- en. Die Chancen, bis Ende 2005 den Plan von 70 000 u erfüllen, stehen absolut schlecht, zumal das Konkur- enzprojekt „Channel D“ von Harald Schmidt schon ängst gescheitert ist und dessen Abonnenten auch nicht ehr hinzukommen werden. Ich denke, es wird Zeit, arüber nachzudenken, wie wir dieses erfolglose Projekt m effektivsten aufhalten können. Ein positiver Neben- 12434 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 (A) ) (B) ) Ende von German TV hinaus retten und ausbauen. Viel- leicht ergibt sich aus den plötzlich frei werdenden Gel- dern bei sofortiger Einstellung noch eine Lösung für das spanischsprachige Publikum? Die Reform gibt der Deutschen Welle eine gute Grundlage, ihre journalistische Freiheit zu nutzen, ihre Qualität weiter zu verbessern und ihr Profil klarer zu for- mulieren und an die neuen Gegebenheiten in der Welt anzupassen. Wir freuen uns auf eine gute Zusammenar- beit! Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2002/87/EG des Euro- päischen Parlaments und des Rates vom 16. De- zember 2002 (Finanzkonglomeraterichtlinie- Umsetzungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 12) Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD): Nachdem wir letzte Woche bereits einvernehmlich das Versicherungsauf- sichtsgesetz beschlossen haben, erfolgt heute eine wei- tere wichtige Stärkung der Finanzmarktaufsicht: das Fi- nanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungsgesetz. Mit diesem Gesetz wird die Beaufsichtigung von Fi- nanzgruppen aus Banken, Sparkassen, Versicherungsun- ternehmen und Finanzdienstleistungsinstituten auf eine bessere Grundlage gestellt. Für eine Modernisierung der Finanzaufsicht sprechen vor allem drei Gründe: Erstens konkurrieren die Banken, Sparkassen, Versi- cherungsunternehmen und Finanzdienstleistungsinstitute zunehmend mit ähnlichen oder vergleichbaren Produk- ten im Kundengeschäft. Neue Angebote zur kapitalge- deckten Altersvorsorge haben diesen Trend verstärkt. Vor diesem Hintergrund ist eine sektorübergreifende Fi- nanzaufsicht angebracht. Zweitens gab es in jüngster Zeit Zusammenschlüsse von Banken, Finanzdienstleistungsinstituten und Versi- cherungsunternehmen zu komplexen Finanzgruppen. Dadurch werden Synergien ausgeschöpft und zusätzli- che Leistungskräfte freigesetzt. Allerdings wachsen zu- gleich die potenziellen Risiken infolge der engeren Kapitalverflechtungen und internen Geschäftsverbin- dungen. Damit diese Risiken lückenlos erfasst und au- ßerdem beherrschbar bleiben, ist die Aufsicht über die Finanzgruppen umfassend auszugestalten. Wenn zum Beispiel ein Mutterunternehmen eine Beteiligung an ei- ner ihrer Töchter auf der Aktivseite verbucht und die Tochter dieselbe Beteiligung als Eigenkapital, dann muss dies der Aufsicht mitgeteilt werden, damit die Ei- genmittel nicht größer erscheinen als sie sind. Drittens haben sich die Finanzmärkte weiterentwi- ckelt. Zum einen sind die europäische Dimension und die internationalen Bezüge gewachsen. Grenzüber- schreitende Geschäfte haben an Bedeutung gewonnen. Zum anderen gibt es zunehmend stärkere Verflechtungen d m u t s s g R e d t d t g e D d s g r D k t W w d g c b s F F s g d d t b d d t b t F l t z r s ü s w (C (D er regionalen Märkte und der einzelnen Marktseg- ente. All diese Entwicklungen haben sich im europäischen nd internationalen Kontext vollzogen. Die daraus resul- ierenden Herausforderungen verlangen daher eine Lö- ung auf transnationaler Ebene, wie sie die EU-Kommis- ion mit der Richtlinie, die wir heute umsetzen, efunden hat. Der große Pluspunkt der gemeinschaftsrechtlichen egelungen liegt in der Harmonisierung. Damit ist eine ntscheidende Voraussetzung für eine Gleichbehandlung er beaufsichtigten Konglomerateunternehmen gegeben. Lassen Sie mich das europäische Feld kurz beleuch- en: Nach ersten, bislang noch vorläufigen Mitteilungen er zuständigen Aufsichtsbehörden in den Mitgliedstaa- en dürften insgesamt ungefähr 80 bis 100 Finanzkon- lomerate unter die zusätzliche Aufsicht fallen. Davon ntfallen rund acht bis zehn auf Unternehmen mit Sitz in eutschland. Gemessen an den Bilanzsummen beträgt er Marktanteil der voraussichtlich betroffenen deut- chen Finanzkonglomerate rund 14 Prozent. Diese Kon- lomerate weisen insgesamt Eigenmittel in Höhe von und 66 Milliarden Euro auf. Gegenüber der Situation in eutschland nehmen in anderen Mitgliedstaaten Finanz- onglomerate noch stärkere Positionen ein. Bei der Beaufsichtigung dieser grenzüberschreitend ätigen Finanzkonglomerate müssen demgemäß neue ege beschritten werden. Der bisherige Zustand eines eitgehend unkoordinierten Nebeneinanders der zustän- igen Finanzaufsichtsbehörden in den einzelnen Mit- liedstaaten wird überwunden. Nur so können Anste- kungseffekte bei finanziellen Schwierigkeiten eines eaufsichtigten Konglomerates vermieden werden. Mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf- icht – BaFin – haben wir in Deutschland eine integrierte inanzaufsicht etabliert, welche für die Aufsicht über inanzkonglomerate bestens geeignet ist. Mit der BaFin teht den Unternehmen ein Ansprechpartner zur Verfü- ung. Diesen Vorteil dürften vor allem auch die auslän- ischen Finanzkonglomerate zu schätzen wissen. Soweit eutsche Konglomerate bzw. Konglomerate unter Lei- ung eines in Deutschland beaufsichtigten Unternehmens etroffen sind, wird diese Aufgabe als Koordinator urch die BaFin übernommen. Zu den Aufgaben des Koordinators zählen unter an- erem die Koordinierung der Sammlung und Verbrei- ung zweckdienlicher und grundlegender Informationen ei der laufenden Beaufsichtigung sowie in Krisensitua- ionen, die generelle Aufsicht und Beurteilung der inanzlage eines Finanzkonglomerats und die Beurtei- ung der Einhaltung der Vorschriften über die Eigenmit- elausstattung und der Bestimmungen über Risikokon- entrationen und gruppeninterne Transaktionen. Von der engen Zusammenarbeit der Aufseher in Eu- opa, welche in Zukunft noch weiter intensiviert werden oll, können alle Beteiligten nur profitieren: die grenz- berschreitend tätigen Finanzinstitute, weil die Unter- chiede bei den nationalen Aufsichtspraktiken abgebaut erden, und die Aufseher, weil sie einen besseren Ein- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 12435 (A) ) (B) ) blick in die europaweit ansässigen Unternehmen eines Finanzkonglomerats erhalten. Dies nützt der Stabilität des Finanzsystems insgesamt und vermindert Risiken für Sparer, Versicherungsnehmer und Anleger. Beweggrund für die neuen Arrangements bei der Be- aufsichtigung von Finanzkonglomeraten sind demgemäß Zweckmäßigkeitserwägungen, welche von praktischen Bedürfnissen geleitet sind. Eine Neuordnung der euro- päischen Finanzaufsicht ist damit nicht verbunden. Das Prinzip der nationalen Zuständigkeiten bleibt insgesamt unangetastet. Die neuen Aufsichtsregelungen für Fi- nanzkonglomerate begründen keine zentrale EU-Finanz- aufsicht. Allerdings: Die Beaufsichtigung grenzüberschreitend tätiger Finanzkonglomerate setzt klare Regelungen, ver- lässliche Arrangements und effiziente Vorkehrungen vo- raus. Mit der BaFin haben wir diesen effizienten Koordi- nator. Lassen Sie mich daher zusammenfassen: In der glo- balisierten Wirtschaft nehmen Finanzkonglomerate eine bedeutende Stellung ein. Sie tragen in einem entschei- denden Umfang zur Versorgung der Wirtschaft und der privaten Haushalte mit Bankprodukten, Versicherungs- policen und anderen Finanzdienstleistungen bei. Im Hin- blick auf die Stabilität des Finanzsystems und der Wirt- schaft insgesamt tragen sie eine hohe Verantwortung. Es ist sachgerecht, dass staatliche Aufsichtsregelungen flankierend hinzukommen. Diese Aufsichtsregelungen basieren auf gemeinsamen europäischen Standards. Sie sehen eine noch engere Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Aufsichtsbehörden in den einzelnen Mit- gliedstaaten vor. Von den neuen Arrangements werden letztlich auch die beaufsichtigten Unternehmen profitie- ren, da Reibungsverluste infolge von Doppelbelastungen so weit wie möglich abgebaut werden. Herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen der Opposition für die konstruktive Mitarbeit am Zustan- dekommen dieses Gesetzes. Otto Bernhardt (CDU/CSU): In zunehmendem Maße beschäftigt sich der Bundestag mit der Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht bezogen auf den Finanzsektor. Die Folge ist dadurch häufig eine sehr kurze Frist, die dem Deutschen Bundestag zur Umset- zung der entsprechenden Richtlinien verbleibt, so wie dies auch bei dem jetzt zu beratenden Gesetz der Fall war. Aufgrund des EU-Vertrages ist der deutsche Gesetz- geber gezwungen, EU-Richtlinien in nationales Recht umzusetzen. In der Regel hat der nationale Gesetzgeber, also der Deutsche Bundestag, nur einen verhältnismäßig geringen Spielraum. Das heißt, die eigentlichen Ent- scheidungen treffen das Europäische Parlament und der Europäische Rat. Ziel all dieser Maßnahmen ist es, einen europäischen Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen zu vollenden. Im Mittelpunkt all dieser Bemühungen steht die Frage, was kann bzw. muss getan werden, um sicherzu- stellen, dass der europäische Finanzmarkt insgesamt sta- b z i s s a z B z h i s s n d V m f t u h w i p m K n b z d s d R m t U V p n d g t e i l A M z u s e H (C (D il bleibt und möglichst noch stabiler wird. Dies ist eine wingende Voraussetzunge für wirtschaftliche Stabilität n Europa. Über diese Kernfrage gibt es innerhalb der im Deut- chen Bundestag vertretenden Fraktionen keine unter- chiedlichen Auffassungen. Folgende Aspekte sind bei llen Lösungen zu berücksichtigen: Erstens. Es ist nur so viel gesetzlich zu regeln, wie wingend erforderlich ist, um die Bürokratie in diesem ereich, die schon sehr fortgeschritten ist, nicht unnötig u erweitern. Mein persönlicher Eindruck ist, dass wir ier inzwischen eine kritische Grenze erreicht haben und n dieser Richtung ein Signal nach Brüssel geben sollten. Zweitens. Die entsprechenden EU-Richtlinien müs- en so umgesetzt werden, dass die deutsche Finanzwirt- chaft im Vergleich zu den anderen Ländern der EU icht benachteiligt wird. Wir Deutschen sind immer in er Gefahr, EU-Recht „verschärft“ umzusetzen, wie ein ertreter der Versicherungswirtschaft zutreffend ange- erkt hat. Drittens. Europa ist zwar ein wichtiger Teil des Welt- inanzsystems, es gibt aber auch andere wichtige Zen- ren, wie die Vereinigten Staaten und Japan, mit denen nsere europäischen Gesellschaften in Konkurrenz ste- en. Auch diese Überlegung muss immer berücksichtigt erden. Hintergrund des heute zu beratenden Gesetzes ist die m Jahre 1999 beschlossene EU-Richtlinie zum Aktions- lan für Finanzdienstleistungen der Europäischen Kom- ission. Im Rahmen dieses Aktionsplans kündigte die ommission zusätzliche Aufsichtsvorschriften für Fi- anzgruppen an, mit denen Lücken in den geltenden ranchenbezogenen Rechtsvorschriften geschlossen und usätzliche aufsichtsrechtliche Risiken abgedeckt wer- en sollten. Im Dezember 2002 hat dazu das Europäi- che Parlament die Richtlinie 2002/87/EG beschlossen, ie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf in nationales echt umgesetzt werden soll. Hintergrund ist die ver- ehrte Gründung von so genannten Finanzkonglomera- en, das heißt von Unternehmensgruppen, deren einzelne nternehmen Dienstleistungen und Produkte sowohl im ersicherungssektor als auch im Banken- und Wertpa- ierdienstleistungssektor und damit in verschiedenen Fi- anzbranchen anbieten. Vereinfacht ausgedrückt han- elt es sich um Gesellschaften, die sich in der Regel leichzeitig im Banken- und Versicherungsbereich betä- igen. Nach dem jetzigen Stand der Erkenntnisse dürften twa zehn Gesellschaften in Deutschland und knapp 100 n Europa von diesem Gesetz betroffen sein, darunter al- erdings so große Gesellschaften wie zum Beispiel die llianz, die DZ-Bank, die Wüstenrot-Gruppe und die ünchener Rück. Das heißt, es geht zwar nur um etwa ehn Unternehmensgruppen in Deutschland, aber doch m einen wesentlichen Teil des Finanzbereiches. Durch das Gesetz, das heute verabschiedet werden oll, ist vorgesehen, dass diese Unternehmensgruppen ine branchenübergreifende Beaufsichtigung erhalten. eute wird der Bankenbereich einer solchen Gruppe 12436 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 (A) ) (B) ) speziell nach dem Kreditwesengesetz beaufsichtigt und der Versicherungsbereich nach dem Versicherungsauf- sichtsgesetz. Durch eine zusätzliche Aufsicht sollen ins- besondere zwei mögliche Entwicklungen verhindert werden: Erstens, dass eine solche Firmengruppe vorhandenes Eigenkapital doppelt belegt, und zweitens, dass gruppen- intern Eigenkapital geschöpft wird. So etwas könnte ge- schehen, wenn eine Holding in diesem Bereich ein Dar- lehen aufnimmt und zum Beispiel ihren Töchtern als Gesellschafterdarlehen und damit als Eigenkapital im rechtlichen Sinne zur Verfügung stellt. Damit bleibt die vorhandene Eigenkapitalausstattung hinter dem eigentli- chen Risiko zurück. Letztlich hat die zusatzliche Aufsicht zu prüfen, ob durch die gleichzeitige Tätigkeit im Banken- und Versi- cherungsbereich zusätzliche Risiken entstehen und, wenn ja, sicherzustellen, dass diese entsprechend abgesi- chert werden. Darüber hinaus wird durch das heute zu beratende Gesetz klargestellt, inwieweit die beaufsich- tigten Finanzgruppenunternehmen sicherstellen müssen, dass ein angemessenes Risikomanagement und ange- messene Kontrollmechanismen, einschließlich ord- nungsgemäßer Geschäftsorganisation und Rechnungs- legungsverfahren, vorhanden sind. Ebenfalls werden die Anforderungen an die fachliche Eignung der Leitungsor- gane von Finanzholdinggesellschaften und gemischten Finanzholdinggesellschaften geregelt. Von den betroffenen Verbänden wird das Gesetz aus- drücklich begrüßt. In einem internen Anhörungsverfah- ren haben sich die Hauptbetroffenen zu dem vorliegen- den Gesetzentwurf geäußert. Es ist uns gelungen, im Kreis der Berichterstatter aller vier Fraktionen für alle kritischen Punkte einvernehmliche Lösungen zu finden. Für zwei Komplexe konnte aus rechtlichen Gründen keine optimale Lösung gefunden werden: Erstens. Kapi- talanlagegesellschaften: Unter Risikogesichtspunkten er- scheint eine Einbeziehung in dieses Gesetz nicht erfor- derlich. Die EU-Richtlinie verlangt dies nach Aussagen des Finanzministeriums aber zwingend. Das BMF hat angekündigt, diesen Punkt bei einer der nächsten Bera- tungen in Brüssel anzusprechen, um dann gegebenen- falls für eine Klarstellung zu sorgen. Zweitens. Behandlung von Industriegruppen, die nur im geringen Umfang im Finanzbereich tätig sind: Die EU-Richtlinie verlangt, dass diese als Finanzgruppe be- handelt werden und der entsprechenden Beaufsichtigung unterliegen, wenn der Anteil der Finanzunternehmen be- zogen auf die Bilanzsumme mehr als 40 Prozent beträgt. An der 40-Prozent-Grenze konnte keine Änderung vor- genommen werden, da diese in der Richtlinie zwingend vorgegeben ist. Das BFM hat ausdrücklich zu Protokoll gegeben, dass die BaFin diese Bestimmung flexibel aus- legen kann und wird. Insofern können wir heute – mal wieder – für den Fi- nanzbereich ein wichtiges Gesetz einstimmig verab- schieden. Dies ist für die Stärkung des Finanzplatzes Deutschland von großer Wichtigkeit. Abschließend ein Dankeschön an die Sachverständigen und Verbände, die u M F d N g b N d F w v d d D d u a F n b i E n s v r r d e G n s i F l F m l t f V h ä S t F F ü s B a D K (C (D ns ihren Sachverstand zur Verfügung gestellt haben. ein Dank gilt aber auch den Kollegen der anderen raktionen und den zuständigen Mitarbeitern des Bun- esfinanzministeriums. Jutta Krüger-Jacob (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Das Finanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungs- esetz wird von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen egrüßt. Heute Vormittag wurde angeregt, Gesetzen einfachere amen zu geben. Genau dasselbe hätte ich mir auch für ieses Gesetz gewünscht. Die neuen Regelungen zur Beaufsichtigung von inanzkonglomeraten stellen eine sachgerechte und not- endige Ergänzung der bisher bestehenden Aufsichts- orschriften dar. Sie sind geeignet, das Vertrauen sowohl er professioneller Anleger als auch der privaten Kun- en in die Stabilität unseres Finanzplatzes zu festigen. ie Stärkung des Anleger- und Verbraucherschutzes urch Schaffung zeitgemäßer Rahmenbedingungen ist nser zentrales Anliegen. Welchen Beitrag dazu liefert das heute zur Beratung nstehende Gesetz? Durch die europaweit harmonisierte inanzmarktaufsicht bei Finanzkonglomeraten sollen die ational und international agierenden Finanzgruppen ranchenübergreifend beaufsichtigt werden. Dies dient n erster Linie der Kontrolle einer risikoadäquaten igenkapitalausstattung und der Kontrolle gruppeninter- er Transaktionen. Damit werden die Lücken geschlos- en, welche aus der bislang getrennten Beaufsichtigung on Kreditinstituten, Wertpapierfirmen und Versiche- ungsunternehmen resultieren. Eine getrennte Aufsicht eicht nicht länger aus, um die Verflechtungen zwischen en Banken und Versicherungsunternehmen innerhalb ines Finanzkonglomerats und die damit einhergehenden efahrenpotenziale tatsächlich zu erfassen. Bislang och bestehende Schlupflöcher sollen nunmehr ge- chlossen werden. Dies wird eine Stärkung der Finanz- nstitute bewirken. Zugleich wird die Integrität des inanzsystems erhöht werden und all dies dient letztend- ich dem Schutz der Anleger. Mit der Ausdehnung der Aufsicht nunmehr auch auf inanzkonglomerate wird der Weg fortgeführt, der 2002 it der Errichtung der Bundesanstalt für Finanzdienst- eistungsaufsicht eingeschlagen worden ist. Die Errich- ung der BaFin erfolgte vor dem Hintergrund tief grei- ender Veränderungen auf den Finanzmärkten. Banken, ersicherungen und Wertpapierhäuser konkurrieren eutzutage am selben Markt um denselben Kunden mit hnlichen, oft sogar denselben Produkten. Die Zahl der chnittstellen zwischen den Produkten und deren Ver- rieb wächst. Organisation und Führung der einzelnen inanzinstitute sind heute vergleichbar strukturiert. Die unktionen der Bank- und Versicherungsleistungen berschneiden bzw. ergänzen sich in ihren finanzwirt- chaftlichen Kerndimensionen. Die Angleichung der ank-, Versicherungs- und Wertpapierprodukte ist vor llem bei der Gewährung von Hypothekenkrediten, im erivategeschäft, im Asset Management und bei der ombination von Anlagefonds zur Kapitalbildung be- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 12437 (A) ) (B) ) reits weit fortgeschritten. Der europäische Binnenmarkt und die mit der Reform der Alterssicherung einherge- hende Altersvorsorge wirken bei diesem Prozess als Ka- talysator. Die Verflechtung der Institute hat auch in Deutsch- land zur Herausbildung komplexer Finanzkonglomerate geführt. Ein bekanntes Beispiel ist der Zusammen- schluss von Allianz und Dresdner Bank. Diese Finanz- gruppen zeichnen sich durch eine gemeinsame Strategie und ein zentrales Management aus. Sie stellen ein breit gefächeltes Finanzdienstleistungsangebot aus einer Hand bereit. Die veränderten Strukturen haben Handlungsbedarf ausgelöst. Wenn Märkte sich ändern und branchenüber- greifend neu zusammensetzen, muss konsequenterweise auch die staatliche Aufsicht über Märkte neu geordnet werden. Mit dem Gesetz werden zusätzliche Aufsichts- regelungen für Finanzkonglomerate eingeführt. Die bisherigen Regelungen aus dem Kreditwesengesetz und dem Versicherungsaufsichtsgesetz werden miteinander verzahnt. Die BaFin ist nun auch federführend für die Aufsicht über die Finanzkonglomerate. Die neuen Regelungen ermöglichen dabei eine genauere aufsichts- rechtliche Behandlung von Solvabilität, also der Eigen- mittelausstattung in Relation zu den Risiken, Risikokon- zentration, gruppeninternen Transaktionen, dem internen Risikomanagement und der Zuverlässigkeit und fachli- chen Eignung der Geschäftsleitung. Zur Vermeidung übermäßiger Härten gelten die neuen Aufsichtsregelungen nur für solche Finanzkonglome- rate, bei denen bestimmte Schwellenwerte hinsichtlich ihrer Größe und weitere Voraussetzungen hinsichtlich der Geschäftsausrichtung erfüllt sind. Eine Unterneh- mensgruppe wird dann als ein Finanzkonglomerat einge- stuft, wenn sie vorwiegend in der Finanzbranche tätig ist. Zusätzlich wird verlangt, dass die am geringsten aus- geprägte Finanzaktivität innerhalb der Unternehmens- gruppe einen bestimmten Schwellenwert überschreitet. Die neuen Vorschriften sollen erstmalig ab dem 1. Ja- nuar 2005 gelten. Wie bereits eingangs ausgeführt, geht uns um eine Stärkung der Solidität und Integrität des Finanzsektors im Interesse eines wirksamen Anlegerschutzes. Der Ka- pitalmarkt gewinnt für die professionellen und privaten Kunden zunehmend an Bedeutung: Altersvorsorge, Un- ternehmensfinanzierung sowie internationale Attraktivi- tät und Wettbewerbsfähigkeit sind nur einige Stich- punkte. Aus diesem Grunde muss das Vertrauen der Anleger in den deutschen Finanzmarkt gestärkt und gesi- chert werden. Die neuen Regelungen zur Beaufsichti- gung von Finanzkonglomeraten werden die Wandlungs- möglichkeiten der Aufsicht erweitern und stärken. Dies dient nicht zuletzt dem Anleger- und Verbraucherschutz. Deshalb befürwortet die Fraktion von Bündnis 90/ Die Grünen den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Carl-Ludwig Thiele (FDP): Mit diesem Gesetzent- wurf wird die Finanzkonglomeraterichtlinie umgesetzt. Hinter diesem Begriff steht insbesondere, dass durch zu- s v g g V d d v V g d n l F n K m Z m s u z s s d k g g w b m P r R T m s u f R F U a g i i a B i n t (C (D ätzliche Aufsichtsregeln die gruppeninterne Schöpfung on Eigenkapital, aber auch die Doppelbelegung von Ei- enkapital verhindert werden soll. Bislang wird eine Bank allein nach dem Kreditwesen- esetz, die Versicherungswirtschaft dagegen nach dem ersicherungsaufsichtsgesetz beaufsichtigt. Künftig wird ie Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht iese übergreifende Funktion von Zusammenschlüssen on Banken und Versicherungen beaufsichtigen. Zum Glück hat es in dieser Angelegenheit keinen orfall gegeben, der den Gesetzgeber zum Einschreiten ezwungen hätte. Gleichwohl hält es auch die FDP bei er Änderung der Finanzdienstleistungen insgesamt für otwendig, das Vertrauen in den Kapitalmarkt Deutsch- ands zu stärken und eine einheitliche Aufsicht für diese inanzkonglomerate festzustellen. Diese Aufsicht soll auch sämtliche Stufen der Unter- ehmensgruppen erfassen. Die neue Aufsicht betrifft onglomerate, bei denen die Finanzdienstleistungen indestens 40 Prozent an der Bilanzsumme ausmachen. udem müssen sie mindestens 6 Milliarden Euro sowohl it Versicherungen als auch im Bankgeschäft erwirt- chaften. Kleinere Zusammenschlüsse fallen also nicht nter diese zusätzliche Kontrolle. Voraussichtlich werden deshalb in Deutschland bis zu ehn Finanzkonglomerate betroffen sein, bei denen es ich allerdings um große Unternehmen handelt. An die- er Stelle möchte ich noch einmal ausdrücklich betonen, ass alle diese Unternehmen über das notwendige Eigen- apital verfügen und der Gesetzgeber nicht etwa auf- rund eines konkreten Falles gezwungen ist, hier gesetz- eberisch tätig zu werden. Mit diesem Gesetz wird eine zusätzliche gruppen- eite Beaufsichtigung eingeführt. Dies führt zu einer esseren Beurteilung von Risiken im Zusammenhang it der Solvabilität, das heißt dem Verhältnis zwischen rämien und Schäden einerseits und Eigenkapital ande- erseits, zu einer besseren Beurteilung von Risiken bei isikokonzentrationen und auch bei gruppeninternen ransaktionen. Zusätzlich wird das interne Risiko- anagement stärker gefordert und überprüft. Auch wird ichergestellt, dass die Geschäftsleitung zuverlässig ist nd über entsprechende fachliche Qualifikationen ver- ügt. Für die FDP möchte ich auch begrüßen, dass als eaktion auf die Anhörung die Staatssekretärin im inanzausschuss zu Protokoll gegeben hat, dass von der msetzung dieser Richtlinie Industrieunternehmen, die uch über eine oder mehrere Banken und Versicherun- en verfügen, nicht unter dieses Gesetz fallen, wenn der ndustrielle Charakter wirtschaftlich weit überwiegend st. Damit soll der in der Anhörung beschriebene „unbe- bsichtigte Kollateralschaden“ vermieden werden. Trotz der zusätzlichen Beaufsichtigung durch die undesanstalt für Finanzdienstleistungesaufsicht freue ch mich darüber, dass aufgrund dieses Gesetzes keine euen Stellen geschaffen werden. Damit wird eine wei- ere finanzielle Belastung der Finanzinstitute vermieden. 12438 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 (A) ) (B) ) Für die FDP möchte ich mich auch für die gute Zu- sammenarbeit mit den anderen Fraktionen und der Bun- desregierung bedanken. Anregungen aus der Anhörung und auch aus den parlamentarischen Beratungen sind so aufgenommen und besprochen worden, dass dieses Ge- setz die Zustimmung der betroffenen Wirtschaftskreise erhalten hat. Die EU-Richtlinie wird eins zu eins umge- setzt. Auf darüber hinausgehende Regelungen ist ver- zichtet worden. Für die FDP gehe ich davon aus, dass dieser Geset- zesentwurf im Gesamtergebnis zu einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Finanz- und Versicherungsin- stitute unseres Landes, des Finanzsektors und damit des Standortes Deutschland insgesamt führt. Dr. Barbara Hendricks, Parlamentarische Staats- sekretärin beim Bundesminister der Finanzen: Ein star- ker und stabiler Finanzplatz stellt ein wichtiges Anliegen für diese Bundesregierung dar. Dazu gehört eine sachge- rechte Beaufsichtigung komplexer Finanzgruppen aus dem Kreditgewerbe, Versicherungssektor und Wertpa- pierbereich. Hierzu gibt es heute europaweit anerkannte Standards, die wir nunmehr in Deutschland einführen wollen. Diesem Zweck dient der vorliegende Gesetzent- wurf. Worum geht es dabei? Das Gesetz erweitert die beste- henden Vorschriften für die staatliche Banken-, Wertpa- pier- und Versicherungsaufsicht mit dem Ziel einer verbesserten Aufsicht über Finanzkonglomerate. Als Finanzkonglomerate werden Unternehmensgruppen aus dem Finanzdienstleistungsbereich bezeichnet, welche sowohl Bank bzw. Wertpapierdienstleistungen als auch Versicherungsprodukte anbieten. Solche Unternehmens- gruppen sind typischerweise grenzüberschreitend tätig. Die Beaufsichtigung der Finanzkonglomerate wird des- halb nach europaweit abgestimmten Regelungen erfol- gen. Mit dem Gesetz verfolgt die Bundesregierung vor al- lem drei Zielsetzungen: Erstens; die Verbesserung der Grundlagen für die Stabilität unseres Finanzsystems. Fi- nanzkonglomerate zählen auch international zu den größten Akteuren auf den Finanzmärkten, in Deutsch- land zum Beispiel Allianz/Dresdner Bank, die DZ Bank- Gruppe. Gerieten die Finanzkonglomerate, insbesondere die dazugehörigen Kreditinstitute, Versicherungsunter- nehmen und Wertpapierfirmen in finanzielle Schwierig- keiten, so könnte dies die Stabilität des Finanzsystems gefährden und Sparern, Versicherungsnehmern und An- legern Schaden zufügen. Wenn in diesem Zusammen- hang von Versicherungsunternehmen gesprochen wird, so sind diejenigen Versicherer gemeint, welche nach den Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes beauf- sichtigt werden. Dazu sollen später auch die Rückversi- cherer zählen, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen sind. Zweitens: die Stärkung unserer Finanzdienstleis- tungsaufsicht im europäischen Kontext. Mit der Bundes- anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – BaFin – hat diese Bundesregierung die Finanzaufsicht in Deutsch- land im Jahre 2002 modernisiert. Die BaFin ist aufgrund i c s s a s s s Z b a g H u d w e z t i M le r n b e h s R c n m N b k m Z E ü R A t g i w f U s g D S n e w ü (C (D hrer sektorübergreifenden Ausrichtung für die zusätzli- he Aufsicht über Finanzkonglomerate richtig aufge- tellt. Mit der BaFin steht den Unternehmen ein An- prechpartner zur Verfügung. Diesen Vorteil dürften vor llem auch die ausländischen Finanzkonglomerate zu chätzen wissen. Im Hinblick auf die zusätzliche Auf- icht wollen wir die Befugnisse der BaFin präzisieren. Wir wollen klare und verlässliche Regelungen für un- ere Finanzaufsicht, vor allem auch im Hinblick auf die usammenarbeit mit den europäischen Partnerbehörden ei der Aufsicht über die Finanzkonglomerate. Drittens: die Beschränkung der zusätzlichen Aufsicht uf ein sachlich gebotenes Mindestmaß. Die neuen Re- elungen gelten für die großen Finanzkonglomerate. ingegen sollen Unternehmensgruppen mit geringer und nbedeutender branchenübergreifender Tätigkeit von er zusätzlichen Aufsicht nicht erfasst werden. Damit ird sich der Anwendungsbereich in Deutschland auf ine kleinere Anzahl – voraussichtlich nicht mehr als ehn – Finanzkonglomerate konzentrieren, deren Bedeu- ung für die gesamte Finanzbranche allerdings erheblich st. Gemessen an den Bilanzsummen beträgt deren arktanteil rund 14,5 Prozent. Lassen Sie mich klarstel- n: Es geht nicht darum, industriell geprägte Konglome- ate unter die Finanzaufsicht zu stellen, Solche Unter- ehmensgruppen sind von den neuen Regelungen nicht etroffen. Lassen Sie mich die Eckpunkte des Gesetzes noch inmal kurz darstellen: Mit dem Gesetz sollen die beste- enden Lücken der bislang nur branchenbezogenen Auf- ichtsvorschriften geschlossen werden. Die bisherigen egelungen aus dem Kreditwesengesetz und dem Versi- herungsaufsichtsgesetz sind an die Kreditinstitute, Fi- anzdienstleistungsinstitute und Versicherungsunterneh- en gerichtet, nicht aber an Finanzkonglomerate. unmehr sollen die Regelungen mit dem Ziel einer ver- esserten Aufsicht über die Unternehmen eines Finanz- onglomerats ergänzt werden. Ein Finanzkonglomerat uss insgesamt angemessene Eigenmittel haben. Das iel der Regelungen besteht in der Sicherstellung einer igenmittelausstattung, die den Risiken einer branchen- bergreifend tätigen Unternehmensgruppe angemessen echnung trägt. Daher wird auf Konglomeratsebene für ufsichtszwecke die Mehrfachbelegung von Eigenkapi- al ebenso ausgeschlossen wie jede unangemessene ruppeninterne Eigenmittelschöpfung. Das übergeordnete Finanzkonglomeratsunternehmen st für eine angemessene Eigenmittelausstattung verant- ortlich und hat der Aufsicht die für die Überprüfung er- orderlichen Angaben einzureichen. Können für diese nternehmen die erforderlichen Angaben nicht be- chafft werden, soll die Aufsicht die Befugnis erhalten, eeignete Maßnahmen zur Abhilfe ergreifen zu können. amit etwaige Ansteckungseffekte bei finanziellen chwierigkeiten eines einzelnen beaufsichtigten Unter- ehmens innerhalb des Finanzkonglomerats frühzeitig rkannt werden, soll die Informationslage verbessert erden. Zu diesem Zweck werden Meldevorschriften ber gruppeninterne Finanzgeschäfte eingeführt. Dies Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 12439 (A) ) (B) ) dient einer verbesserten Erfassung von Kapitaltransfers zwischen den Unternehmen eines Finanzkonglomerats. Durch die Berücksichtigung von Risikokonzentratio- nen sollen Sachverhalte erfasst werden, bei denen das Gleichgewicht zwischen gebotener Spezialisierung und mangelnder Diversifikation der Risiken auf der Ebene des Finanzkonglomerats nicht gewahrt wird. Die betrof- fenen Unternehmen haben eine Anzeigepflicht gegen- über der Aufsicht. Die Beaufsichtigung grenzüberschrei- tend tätiger Finanzkonglomerate soll für alle Beteiligten effizienter ausgestaltet werden. Dazu wollen wir klare Regelungen, verlässliche Arrangements und geeignete institutioneile Rahmenbedingungen schaffen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wird künftig die Rolle des so genannten Koordinators bei der Aufsicht über Finanzkonglomerate übernehmen, soweit deutsche Konglomerate betroffen sind. Der Koor- dinator wird zu einer höheren Effektivität bei der Auf- sicht und außerdem zu einer stärkeren Vereinheitlichung der europäischen Finanzaufsicht beitragen, Mit den Regelungen für die zusätzliche Beaufsichti- gung von Finanzkonglomeraten werden die ordnungspo- litischen und aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen für den Finanzplatz Deutschland gestärkt. Mit Blick auf die erhebliche Bedeutung der Finanzkonglomerate für den hiesigen Finanzmarkt und für unsere Wirtschaft ins- gesamt sind die neuen Vorschriften angemessen. Für kleinere Finanzgruppen ohne systemweite Bedeutung gelten die bestehenden Vorschriften unverändert weiter. Nur die großen Finanzkonglomerate haben künftig die neuen Aufsichtsregeln zu beachten. Die zusätzliche Auf- sicht wird eng an die europäischen Standards ausgerich- tet werden. Damit werden etwaige Wettbewerbsbeein- trächtigungen vermieden. Diese Feststellung haben uns die Sachverständigen in der Anhörung des Finanzaus- schusses zu dem Gesetzentwurf bestätigt. Nachteilige Auswirkungen zulasten der deutschen Institute und Un- ternehmen sind nicht zu erwarten. Nach den umfangreichen und fraktionsübergreifenden Abstimmungen zu diesem Gesetzentwurf im bisherigen parlamentarischen Verfahren bitte ich nun um Ihre Zu- stimmung zu diesem Gesetzentwurf. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewer- tung und Bekämpfung von Umgebungslärm (Tagesordnungspunkt 13) Petra Bierwirth (SPD): In den letzten Jahren gab es die vielfältigsten Bemühungen der Lärmminderung, sei es durch passive Lärmschutzmaßnahmen wie zum Bei- spiel den Bau von Schallschutzwänden an Autobahnen und Schienenverkehrswegen oder den Einbau von Schallschutzfenstern. Lärm wurde auch durch techni- sche Verbesserungen an der Quelle reduziert. Auch der Bau von Umgehungsstraßen durch ehemals stark belas- t te v v D D k l Ä t g z t L q L B R n d b d L l o L s d d s r s w f d u g s s r b t L d L t t i d t L m m (C (D ete Ortschaften hat an der Lärmreduzierung seinen An- il. Trotz dieser vielen Bemühungen, die Bevölkerung or zu viel Lärm zu schützen, ist die Situation nach wie or nicht befriedigend. In Deutschland fühlen sich zwei rittel der Bevölkerung von Straßenlärm, mehr als ein rittel von Fluglärm, circa ein Fünftel von Schienenver- ehrslärm sowie ein Viertel von Industrie- und Gewerbe- ärm belästigt. Lärm ist aber weit mehr als nur ein reines rgernis. Er mindert die Lebensqualität und beeinträch- igt unsere Gesundheit. Lärm ist eine Belästigung. In § 3 BImSchG steht, dass der Mensch nicht nur vor esundheitlichen Gefahren durch Umwelteinwirkungen u schützen ist, sondern ebenfalls vor erheblichen Beläs- igungen und Nachteilen. Bei den Diskussionen zur ärmminderung ist es erforderlich, nicht einzelne Lärm- uellen separat zu betrachten, sondern verschiedene ärmquellen müssen einer gemeinsamen Bewertung und etrachtung unterzogen werden. Menschen sind in der egel nicht nur einer Lärmquelle ausgesetzt, sondern ei- er großen Anzahl verschiedener Lärmeinflüsse. Genau iese Tatsache wird auch in der Richtlinie zum Umge- ungslärm und im vorliegenden Gesetzentwurf der Bun- esregierung aufgegriffen. Mit der Umgebungslärm-Richtlinie bekommt die ärmschutzpolitik in Europa einen völlig anderen Stel- enwert. Erstmalig führt sie über eine allein emissions- rientierte Politik hinaus. Sie ist auf die Förderung von ärmqualitätszielen gerichtet, auch wenn keine Immis- ionsgrenz- oder Immissionsrichtwerte vorgegeben wer- en. Die Pflichten der Mitgliedstaaten gewährleisten, dass ie vorzulegenden Programme von einer gesamthaften ummativen Betrachtung der Belastungen der Bevölke- ung durch Umgebungslärm auszugehen haben. Im deut- chen Recht soll die Richtlinie im BlmSchG umgesetzt erden. Wir begrüßen das ausdrücklich, bietet sich hier ür uns doch die Chance, das schlimmste Defizit im eutschen Recht, die segmentierte Betrachtung und Be- rteilung der verschiedensten Lärmquellen, zu beseiti- en. Lärmquellen werden in Zukunft in einem Konzept ummativer akzeptorbezogener Bewertungen der Ge- amtlärmbetrachtung der jeweils betroffenen Bevölke- ung erfasst. Was sind zukünftig unsere Pflichten? Durch die Erar- eitung von Lärmkarten wird ein verbesserter Informa- ionsstand über Lärmbelästigung gewährleistet. Durch ärmaktionspläne auf lokaler und regionaler Ebene wird ie Information der Öffentlichkeit über bestehende ärmbelästigungen verbessert. Die Erarbeitung von Ak- ionsplänen für Hauptlärmquellen und für Ballungszen- ren und ihre Aktualisierung in festgelegten Zeiträumen st Pflicht. Für die betroffene Bevölkerung eröffnet sich ie Möglichkeit, sich aktiv mit einzubringen. Mit der Umsetzung dieser neuen Regelungen sind na- ürlich auch Kosten verbunden, die auf den Bund, die änder und die Kommunen zukommen. Um den Kom- unen hier entgegenzukommen, haben wir gemeinsam it den Verkehrspolitikern den Vorschlag in unsere 12440 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 (A) ) (B) ) Beratungen eingebracht, das Gemeindeverkehrsfinanzie- rungsgesetz dahin gehend zu ändern, dass unter anderem die Aufstellung und Überarbeitung von Lärmkarten und Lärmminderungsplänen gefördert werden können. Ich meine, dass wir die neuen Vorgaben zum Umge- bungslärm nicht nur durch die Brille der Mein-Gott-was- uns-das-schon-wieder-kostet-Diskussion sehen dürfen. Gesundheit ist nicht durch Geld aufzuwiegen. Auch die Krankheiten, die durch Lärm entstanden sind, werden durch uns alle finanziert. Jeder Aktionsplan, jede Lärm- karte, jede Schallschutzwand, überhaupt das Prinzip Vorsorge statt Nachsorge, ist auf Dauer billiger. Lärmschutz ist Gesundheitsschutz. Helfen wir bei der schnellen Umsetzung des vorliegenden Gesetzes mit und stimmen ihm zu. Enak Ferlemann (CDU): Wir reden und reden da- von, dass Deutschland dringend Bürokratie abbauen muss, die Verfahren beschleunigt und die Kosten redu- ziert werden müssen. Der Bundesrat hat das auch zum Maßstab seiner Stellungnahme gemacht. Wie der Bundesrat es gefordert hat, hätte die Umset- zung der Umgebungslärm-Richtlinie mit diesem Gesetz deshalb eins zu eins erfolgen müssen. Es kann bei der Lage, in der wir in Deutschland sind, nicht mehr hinge- nommen werden, dass wir in unseren nationalen Regel- werken über das hinausgehen, was EU-Richtlinien vor- geben. Eine andere Haltung können wir uns nicht mehr leisten. In diesem Gesetz finden sich aber Regelungen, die über die europäischen Vorgaben hinausgehen. Des- halb werden wir dem nicht zustimmen. Bund, Ländern und Gemeinden fehlt an allen Ecken und Enden Geld. Bürokratieaufwand durch lange, kom- plizierte Verfahren frisst Geld, das wir dringend für In- vestitionen brauchen. In dieser Situation wird mit die- sem Gesetz unter anderem durch ein überzogenes Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit an der Lärmminderungsplanung die nächste Bürokratiehürde geschaffen. Wenn wir in diesem Land wieder vorankom- men wollen, müssen wir mit dieser Behinderungspolitik aufhören, denn nichts anderes bedeuten diese aufwendi- gen Verfahren. Die dringend notwendigen Straßen- und Schienenbaumaßnahmen, die wir erst vor einigen Mona- ten beschlossen haben, kommen leider noch langsamer voran, wenn Lärmminderungsplanungen mit hohem Zeitaufwand gemacht werden müssen. Um das klar zu sagen: Ich stoße mich nicht an der Umgebungslärm- Richtlinie der EU, sondern daran, dass die gewählte Ver- fahrensart für die Öffentlichkeitsbeteiligung zu einer weiteren Behinderung missbraucht werden wird. Als Verkehrspolitiker sage ich Ihnen, dass dies für un- sere Verkehrsinfrastruktur Gift ist. Und als Bau- und Kommunalpolitiker sage ich Ihnen mit Blick auf die kom- munale Lärmminderungsplanung nach § 47 a BlmSchG, dass die Gemeinden sie bisher schon nicht willentlich, sondern wegen der fehlenden finanziellen Förderung ver- nachlässigt haben. Dieses Problem haben Sie, Kollegin- nen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, durch die von Ihnen beschlossenen Maßgaben ja auch nachzubessern v d g d S d f s d L L G w a n r r a F w l l d a e E w D w A g n n D s d s t U f r w s g a E R h V v g (C (D ersucht. Aber damit lösen sie das Finanzierungsproblem er Gemeinden nicht, da beim GVFG Anteilsfinanzierun- en der Kommunen erforderlich sind. Die Finanzlage der Kommunen ist so verheerend, ass für die Lärmminderungsmaßnahmen, die zum chutz der Gesundheit der Bevölkerung eingeleitet wer- en könnten, kein Geld da ist. Mit dem Beteiligungsver- ahren, wie das Gesetz es jetzt vorsieht, werden Wün- che und Ansprüche beim Bürger geweckt. Der Ärger in en Kommunen ist vorprogrammiert, wenn sie zwar ärmplanungen aufstellen, aber finanziell nicht in der age sind, auch effektiven Lärmschutz zu betreiben. Die Tatsache, dass materielle Fragen nicht durch das esetz selbst, sondern per Rechtsverordnung geregelt erden, bedeutet schlicht, dass wir als Parlamentarier ußen vor gelassen werden. Das ist nicht zu akzeptieren. Die Forderung des Bundesrates nach einer konzeptio- ellen Neuausrichtung des Gesetzes ist vollkommen ichtig und wird sicherlich zu einem Vermittlungsverfah- en führen, das hoffentlich ein besseres Ergebnis bringt ls der vorliegende Gesetzentwurf. Aus den genannten und weiteren Gründen wird meine raktion diesem Gesetz nicht zustimmen. Franz Obermeier (CDU/CSU): In Sachen Lärm ird nun auf die letzte Minute richtig Gas gegeben, al- erdings nach dem Motto „Augen zu und durch“; denn eider hat unsere Diskussion im Umweltausschuss nicht azu geführt, dass die vorhandenen Unzulänglichkeiten uch nur im Ansatz beseitigt worden sind. Das ist bedau- rlich, da es nicht um bloße Schönheitsoperationen geht. s geht um richtige Mängel, Mängel, die richtig teuer erden, teuer vor allem für den Wirtschaftsstandort eutschland. Die Kostenfrage, die Frage, wen die neue Verfahrens- eise was kosten wird, steht völlig losgelöst im Raum. llein die Information der Öffentlichkeit, die Messun- en, Kartographierungen und Minderungspläne lassen icht nur neue und hohe Kosten erwarten, sondern sind eue Bremsklötze für Investitionen und Arbeitsplätze. ie Kostenbelastung für die Unternehmen ist nicht ab- chätzbar. Es gibt keine Planungssicherheit für die In- ustrie. Das ist ein weiterer Standortnachteil! Und dann ollen die verschiedenen Verkehrsträger auch noch un- erschiedlich behandelt werden. Verkehrsflughäfen und nternehmen des Eisenbahnverkehrs sollen die Kosten ür Lärmkartierung selbst tragen, für andere Lärmkartie- ungen kommt der Steuerzahler auf. Wieso, weshalb, arum? BImSchG-Anlagen einbezogen. Die EG-RL ieht das nicht vor. Wieso tun Sie das? Genauso frage ich mich, warum Sie, verehrte Kolle- innen und Kollegen der Regierungskoalition, nicht uch beim Fluglärmgesetz endlich durchgestartet sind. s ist ein Unding, dass es bis heute nicht einmal zu einer essortabstimmung des Referentenentwurfs gereicht at. Dabei wäre es in punkto Fluglärm ein Gebot der ernunft, beide Bereiche zu koordinieren und irgendwie on Anfang an aufeinander abzustimmen. Schließlich eht es doch nur um die eine Frage: Was ist zu laut und Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 12441 (A) ) (B) ) wie kann das verhindert werden? Dazu bedarf es nicht der verschiedensten Verwaltungsverfahren in den unter- schiedlichsten Verästelungen und Überschneidungen. Wir leiden ja nicht gerade unter zu wenig Bürokratie und zu kurzen Verfahrensdauern. Das Gegenteil ist das Ge- bot der Stunde und das sind Abbau und Vermeidung überbordender Vorschriften. Warum geht der Regie- rungsentwurf auch hier noch immer über die EU-Richtli- nie hinaus und warum ist er mehr als reichlich bespickt mit komplizierten Verfahrensregeln und überzogener Regulierung? Ich weiß nur eine Antwort: Das kommt raus, wenn man bis zur letzten Minute zuwartet und dann mit der heißen Nadel stricken muss. Mir missfällt auch, dass weiterhin viel zu viele Be- griffe erst durch Rechtsverordnungen erläutert und gere- gelt werden sollen. Nun, es ist für die Regierung sicher nicht angenehm, wenn ihre Gesetzentwürfe im Parla- mentsverfahren immer Punkt für Punkt auseinander ge- nommen werden. Da lockt das Instrument der Rechts- verordnung sicherlich mit süßem Klang. Aber bei einem so zentralen Umweltproblem wie dem Umgebungslärm handelt es sich zugleich um einen klassischen Zielkon- flikt. Betroffen sind die unterschiedlichsten Ressorts; ich nenne nur Umwelt, Gesundheit, Wirtschaft. Gerade in der Festlegung der Messverfahren, der Festlegung der Grenzwerte, der kostentreibenden Ausgestaltung der Verwaltungsverfahren und in der Öffentlichkeitsbeteili- gung steckt die ganze Brisanz. Da sollte man doch den Sachverstand eines ganzen Parlaments nicht von vorn- herein ausblenden und durch großzügig eingeräumte Er- messensspielräume von Behörden ersetzen wollen. Ins- besondere für Flughafenstandorte muss es klare und einheitliche Lärmschutzstandards geben. Der heute vorgelegte Entwurf enthält gegenüber der ersten Beratung keine zufrieden stellenden Änderungen. Er geht nach wie vor über die EU-Richtlinie hinaus. Die Verfahrensweisen sind zu kompliziert, die Kosten nicht absehbar. Die vorgesehenen Ermessenspielräume für die Behörden sind zu groß. Der Weg über Rechtsverordnun- gen klammert die Mitwirkung des Parlaments in wichti- gen Bereichen aus. Deshalb lehne ich den Gesetzentwurf weiter ab. Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Europäische Kommission hat das Thema Lärm- schutz spät entdeckt. Erst 1996 wurde mit einem Grün- buch das Problemfeld Lärm thematisiert. Im Juli 2001 trat dann die Umgebungslärm-Richtlinie in Kraft. Mit der Richtlinie wird EU-weit ein erstes gemeinsames Konzept zur Bekämpfung der Belastung durch Umge- bungslärm eingeführt. Das ist ein Erfolg. Sie formuliert Vorgaben für die Kartierung, einheitliche Messverfah- ren, die Aufstellung von Lärmplänen, die Beteiligung und Information der Öffentlichkeit und Berichte der MS an die Kommission. Sie ist freilich nur ein erster Schritt, mit europäischem Recht auch Lärm zu erfassen; denn bei der Formulierung der Richtlinie ist es nicht gelungen, bereits Grenzwerte für Lärmbelastungen festzusetzen. Aber die Folge kann n m s E t w u w w a n i n s b n e e w ü a f u U D g s I d l H f p L z z b n D A D Ö I v w t d F d n d g a (C (D icht sein, dass man ohne Grenzwerte erst mal gar nichts acht. Was sind die Vorzüge der neuen Regelung? Bisher pricht das geltende Recht vor allem von „schädlichen inwirkungen durch Geräusche in bestimmten Gebie- en“. Die Umgebungslärm-Richtlinie geht von dem aus, as evident ist: Es gibt – fast – überall Lärm. Besonders nerträglich ist der Lärm in Ballungsgebieten, also dort, o viele Lärmquellen zusammenkommen. Erstmals erden alle Lärmarten erfasst. Wenn jemand in der Stadt n einer Hauptverkehrsstraße wohnt, nicht weit von ei- er Bahntrasse und im Einfugsbereich des Flughafens, st es wenig aussagekräftig, wenn man nur den Schie- enlärm misst. Deshalb ist ein integrierter Regelungsan- atz nötig. Management of Environmental Noise ist auf die Ver- esserung der Lärmsituation ausgerichtet und eben nicht ur auf eingreifende Maßnahmen dort, wo es schon un- rträglich laut ist. Schon der neue Begriff zeigt an, dass s um mehr geht: Umgebungslärm. Gemeint sind uner- ünschte Geräusche weit unter der Schwelle der bisher blichen „schädlichen Umwelteinwirkungen“. Er zielt uf Umweltqualität und den Schutz ruhiger Gebiete. De- inition und Konzept von Umgebungslärm sind einem nserer Grundprinzipien beim Schutz von Mensch und mwelt verpflichtet: dem Vorsorgeprinzip. Was wird das Gesetz für Lärmgeplagte verbessern? as Hauptziel ist es, Umgebungslärm deutlich zu verrin- ern bzw. zu vermeiden und damit einen Beitrag zur Ge- undheitsprävention zu leisten. Hierfür wird das Bundes- mmissionsschutzgesetzes geändert und erweitert. Mit em Gesetz werden Vorgaben gemacht für die Aufstel- ung von Strategischen Lärmkarten für Ballungsräume: auptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken, Groß- lughäfen. Die Aufstellung von Lärmkarten wird ver- flichtend. Bei zu hohen Lärmbelastungen müssen ärmminderungspläne erstellt werden mit Maßnahmen ur Bekämpfung des Umgebungslärms und Maßnahmen um Schutz ruhiger Gebiete. Die Information und Beteiligung der Bürger wird ver- essert. Künftig hat jeder Bürger und jede Bürgerin ei- en Anspruch auf Information, zum Beispiel über die aten der Lärmkarten. Die Öffentlichkeit ist bei der ufstellung von Lärmminderungsplänen zu beteiligen. ies folgt im Übrigen den umfangreichen Vorgaben zur ffentlichkeitsbeteiligung und zum besseren Zugang zu nformationen im Umweltrecht durch die Aarhus-Kon- ention. Der Bundesrat hat ein weiteres Mal einen Gesetzent- urf der Bundesregierung abgelehnt: Es sei zu bürokra- isch. Es sei zu teuer. Die Regelungskompetenz der Län- er sei verletzt etc. – Der Bundesrat bringt hier eine undamentalkritik am Konzept vor und formuliert For- erungen, die zu einer Umsetzung führen würden, die icht richtlinienkonform wäre. Nicht nur in diesem Fall stehen wir vor einer absur- en Situation: Erst fordert der Bundesrat die Bundesre- ierung damit implizit zum Bruch europäischen Rechts uf. Dann verzögert er mit Vermittlungsverfahren die 12442 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 (A) ) (B) ) Umsetzung. Später behindern und/oder verschleppen die in der Mehrheit unionsgeführten Länder den Vollzug und zum guten Schluss zeigt der Bundesrat mit dem Finger vorzugsweise auf den grünen Umweltminister und be- hauptet, Rot-Grün habe es mal wieder nicht hinbekom- men. Der Bundesrat muss aufpassen, dass er nicht zum Organ zur Verhinderung von europäischem Umweltrecht verkommt. Mit Blick auf die gemeinsame Lösung von Sachpro- blemen – hier: Lärmschutz für unsere Bevölkerung – müssen wir aufhören mit diesem Kinderkram. Wir wis- sen, dass auf die Länder und Kommunen mit der Kartie- rung und Erstellung von Aktionsplänen neue Aufgaben zukommen. Doch gab es schon vor der Richtlinie Vorga- ben zum Lärmschutz. Die Begründung zum Gesetzent- wurf zeigt eine Vielzahl von Vollzugsdefiziten auf, die wir beheben müssen, um einen wirksamen Schutz der Menschen vor Lärm zu gewährleisten. Wir als Parlament haben mit einem Änderungsantrag zum Gesetzentwurf den Kommunen den Zugriff auf Mit- tel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz – GVFG – ermöglicht. Wir versetzen die Gemeinden da- mit in die Lage, eine effektive Lärmminderungsplanung durchzuführen und die Planungen auch zu realisieren. Wenn die Lärmbelastung an Hot Spots zu hoch ist, kön- nen also nicht nur Umgehungsstraßen gebaut werden, um den Lärm aus den belasteten Gebieten zu verbannen, sondern auch Lärmminderungsmaßnahmen finanziert werden. Damit wird ein wichtiger kommunaler Kritik- punkt positiv abgearbeitet. Wir werden Verkehrslärm nicht abschaffen; denn alle wollen und müssen mobil sein. Aber wir können zum Beispiel Straßen mit leisen Belägen, mit Flüsterasphalt, oder Lärmschutzwände bauen und zudem leisere Fahr- zeuge fördern. Auch Kartierungen können die Kommunen aus die- sem Fonds bezahlen. Nachhaltige Mobilität heißt für uns nicht nur Investitionen in Umgehungsstraßen, sondern auch Lärmsanierung und die Planung von Lärmsanie- rung mittels Lärmkarten und Lärmminderungsplänen. Es wird noch einige Jahre dauern, bis die Messverfah- ren und Lärmindizes EU-weit harmonisiert sind. Aller- orten wird anders gemessen. Weil wir nicht Elle mit De- zibel vergleichen können, müssen wir hier zu einheitlichen Standards kommen. Das braucht Zeit. Da- her gibt es Übergangsregelungen und Fristen. Wir müs- sen aber aktiv werden und effektiver gegen den Lärm und die damit verbundenen Gesundheitsbelastungen vor- gehen. Mit dem Gesetzentwurf legen wir den Grundstein für weiter gehenden Lärmschutz in der EU; denn Sammlung und Veröffentlichung von Daten – EU-weite Datenbank – macht nur Sinn, wenn daraus weiter gehendes europäi- sches Recht wird, die Festsetzung von europaweit gülti- gen Grenzwerten. Das ist aber noch Zukunftsmusik. Mit Grenzwerten werden wir wieder einen Schritt weiterkom- men in dem Bemühen, unsere Menschen besser vor Lärm zu schützen. Sorgen wir erst einmal dafür, dass die Um- g z b l ü e D b d U K d t s d f f K s a d L E o f r s d w d D r D ö L g s t W s v s A Z (C (D ebungslärm-Richtlinie in Deutschland umgesetzt wird, um Wohle der lärmgeplagten Menschen. Michael Kauch (FDP): Die FDP-Bundestagsfraktion egrüßt weiterhin die Zielsetzung der EU-Umgebungs- ärm-Richtlinie, gesundheitsschädlichen Lärm quellen- bergreifend an Verkehrswegen und in Wohngebieten zu rfassen, als wichtigen Schritt zur Lärmbekämpfung. och auch nach der Beratung im Umweltausschuss ha- en sich unsere Bedenken gegen die Art und Weise der eutschen Umsetzung bestätigt. Dieser Gesetzentwurf ist komplizierter, als er nach der mgebungslärm-Richtlinie der EU sein müsste, und die osten werden nicht verkehrsträgerneutral erhoben. Bei er Lärmminderungsplanung wird die aufwendige Stra- egische Umweltprüfung zur Pflicht erklärt und – was am chwersten wiegt – zentrale materielle Fragen werden in iesem Gesetz erst gar nicht geregelt. Im Gesetzentwurf ehlt die Definition der Hauptlärmquellen, in deren Um- eld Lärmkarten erstellt werden müssen. Es fehlen die riterien, wann überhaupt Lärmminderungspläne aufge- tellt werden müssen. Und es fehlen Ziele und Zielwerte, n denen sich die Pläne orientieren sollen. Diese Punkte – und nicht die reinen Verfahrensfragen es Gesetzes – entscheiden aber über die Qualität des ärmschutzes für die Bürgerinnen und Bürger. Diese ntscheidungen werden nachträglich durch Rechtsver- rdnungen getroffen, ohne dass dann das Parlament ge- ragt werden muss. Das ist das politische Verständnis ot-grüner Regierungspolitik. Stichwort Fluglärm: Auch bei diesem Gesetz rächt ich die bisherige Untätigkeit der Bundesregierung bei er Novellierung des Fluglärmgesetzes. Der Gesetzent- urf verweist bei der Lärmminderung an Flughäfen auf ie Schutzziele des völlig überalterten Fluglärmgesetzes. ass Behörden nach Ermessen strengere Lärmminde- ungspläne aufstellen können, löst das Problem nicht. urch diese Regelung wird der Willkür Tür und Tor ge- ffnet. Die Folgen sind Rechtsunsicherheit und ein ärmschutzniveau an Flughäfen, das von Region zu Re- ion unterschiedlich ist, noch stärker als es bislang chon der Fall ist. Meine Damen und Herren von der Regierungskoali- ion, Sie haben es verpasst, bereits in diesem Gesetz die eichen für eine Verbesserung der Lärmbekämpfung zu tellen. Wir lassen uns aber nicht auf kommende Rechts- erordnungen vertrösten und werden daher Ihrem Ge- etzentwurf nicht zustimmen. nlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Ver- fahrensvorschriften zur Wahl und Berufung eh- renamtlicher Richter (Tagesordnungspunkt 14) Joachim Stünker (SPD): Ich begrüße, dass die in usammenhang mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 12443 (A) ) (B) ) des Bundesrates geführten zahlreichen Gespräche zwi- schen den Fraktionen nun endlich zu einem konkreten Ergebnis geführt haben. Man mag es nicht glauben: Nachdem der Entwurf bereits in der letzten Legislaturpe- riode der Diskontinuität anheim gefallen war, liegen auch nun zwischen erster Lesung und Verabschiedung exakt eineinhalb Jahre. Herausgekommen ist jedoch eine Fassung, die unsere Zustimmung findet. Der vorliegende Entwurf zielt zum einen auf eine Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen; ein Ziel, das die Koalition auch im Rahmen des Masterplans Bü- rokratieabbau verwirklichen möchte; ein Ziel, das auch in Zusammenhang mit den Überlegungen zur Zusam- menlegung der Gerichtsbarkeiten immer wieder disku- tiert wird. Vereinheitlichung ist kein Wert an sich, aber gerade im Bereich der hier zur Debatte stehenden Vor- schriften wird deutlich, wie willkürlich unsere Rechts- ordnung manche Differenzierungen trifft. So ist es zum Beispiel nicht nachvollziehbar, dass das Mindestalter für die Berufung zum ehrenamtlichen Richter bei den Ver- waltungsgerichten nach geltendem Recht 30 Jahre be- trägt, die Berufung zum Schöffen jedoch bereits mit 25 Jahren möglich ist. Doch jetzt zu den einzelnen Vorschriften: An erster Stelle ist hier die Vereinheitlichung der Amtsperioden ehrenamtlicher Richter auf fünf Jahre zu nennen. In der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit ist dies bereits jetzt der Fall, in den übrigen Gerichtsbarkeiten betragen die Amtsperioden vier Jahre. Wie auch meine Kollegen aus den anderen Fraktionen habe ich zunächst dafür plädiert, die Amtsperioden angesichts der mit dem Amt verbun- denen Belastungen auf vier Jahre zu vereinheitlichen. Wegen des mit Wahl und Berufung verbundenen hohen organisatorischen Aufwands bin ich dann jedoch zu der Überzeugung gelangt, die Dauer der Amtsperiode an der in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeiten geltenden Dauer von fünf Jahren zu orientieren. Die Frage, in welchem Verhältnis die Anzahl der in der Vorschlagsliste enthaltenen Personen zur Anzahl der Berufungen stehen muss, ist derzeit in den verschiede- nen Gerichtszweigen nicht einheitlich geregelt. Nach- dem der Entwurf ursprünglich eine Vereinheitlichung der Kandidatenzahl auf das eineinhalbfache der erforder- lichen Anzahl vorsah, haben wir uns in den Bericht- erstattergesprächen auf die zweifache Anzahl geeinigt. Damit ist gewährleistet, dass auch die Ergänzungswah- len während der laufenden Schöffenperiode auf Grund- lage der Vorschlagslisten stattfinden können und dies unter Wahrung demokratischer Grundsätze; denn je ge- ringer die Kandidatenzahl, desto weniger Auswahlmög- lichkeiten für die Schöffenwahlausschüsse. Der Entwurf zielt jedoch nicht nur auf Vereinheitli- chung, sondern auch auf Vereinfachung, indem er den Zugang zum Amt des ehrenamtlichen Richters durch den Wegfall formaler Hürden erleichtert. Auch dies ist ein Ziel, welches in Einklang mit den Bemühungen der Koa- lition um die Stärkung des Ehrenamtes steht. Zudem ist nicht vermittelbar, dass der Gesetzgeber einerseits die Mitwirkung des so genannten gesunden Menschenver- standes in den Gerichtssälen sichern will, andererseits n g G n K w s z B w e b B V s a b s w g w W a i r w a tu z c H e m V s e d is e d f t n f F b g m e s n (C (D icht nachvollziehbare Zugangshindernisse aufbaut. An- esichts von weit über 100 000 in den verschiedenen erichtszweigen tätigen ehrenamtlichen Richtern ist es icht verwunderlich, dass die Suche nach geeigneten andidaten große Schwierigkeiten bereitet. Umso not- endiger ist jedoch der Abbau formaler Zugangsvoraus- etzungen. Ich befürworte daher die Streichung des der- eit geltenden Erfordernisses, dass der oder die etreffende bereits seit einem Jahr in der Gemeinde ohnen muss. Auch das Mindestalter soll zukünftig auf inheitlich 25 Jahre herabgesetzt werden. Besonders begrüße ich die Erstreckung des im Ar- eits- und Sozialgerichtsgesetz formulierten Verbots der enachteiligung ehrenamtlicher Richter auf sämtliche erfahrensordnungen und die nun ausdrückliche Fest- tellung, dass die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ufgrund der Ausübung des Amts nicht zulässig ist. Der Entwurf ist ein weiterer Schritt in Richtung Ab- au von Bürokratie und findet daher meine volle Unter- tützung. Ingo Wellenreuther (CDU/CSU): Der Gesetzent- urf, der hier zur Debatte steht, enthält Änderungen der esetzlichen Regelungen über ehrenamtliche Richter, die ir insgesamt begrüßen. Denn damit wird sowohl deren ahl und Bestellung vereinfacht bzw. vereinheitlicht als uch deren Stellung gestärkt. Ehrenamtliche Richter sind n vielen Gerichtszweigen tätig: in der ordentlichen Ge- ichtsbarkeit als Schöffen in Strafsachen sowie beispiels- eise in der Kammer für Handelssachen. Es gibt sie aber uch in den anderen Gerichtsbarkeiten, also der Verwal- ngs-, Finanz-, Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit. Was sind die Neuerungen im Einzelnen? Ich möchte ehn Punkte anführen: Erstens. Der Kreis der Personen, die als ehrenamtli- he Richter berufen werden können, wird in zweierlei insicht erweitert. Dies erleichtert die Suche nach ge- igneten Personen. Zum einen muss die Person nicht ehr ein Jahr in der Gemeinde gewohnt haben. Eine ielzahl von Kandidaten musste seither allein aus die- em Grund abgelehnt werden, auch wenn sie sonst ge- ignet war. Die alte Regelung entspricht aber nicht mehr er heutigen Mobilität und Flexibilität der Menschen. Es t daher richtig, sie abzuschaffen. Zum anderen kann ein hrenamtlicher Richter dann wieder herangezogen wer- en, wenn er lediglich eine Amtsperiode ausgesetzt hat. Zweitens. Mit dem Gesetz wird das aufwendige Ver- ahren zur Wahl und Berufung von ehrenamtlichen Rich- ern in allen Gerichtszweigen nur noch alle fünf Jahre otwendig sein. Der Verwaltungsaufwand insbesondere ür die Kommunen wird damit deutlich verringert. Die olge wird eine Kosteneinsparung sein. Außerdem ha- en die Amtsträger so die Möglichkeit, dieses Amt län- er auszuüben und damit mehr Erfahrungen zu sam- eln. Drittens. Die Aufstellung der Vorschlagslisten für hrenamtliche Richter und die Besetzung der Wahlaus- chüsse werden erleichtert. Künftig können die dafür otwendigen Beschlüsse mit Zweidrittelmehrheit der 12444 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 (A) ) (B) ) anwesenden Ratsmitglieder gefasst werden. Mindestens ist aber die einfache Mehrheit der gesetzlichen Mitglie- derzahl des Rates erforderlich. Bisher war hierfür eine zweidrittelmehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl des Rates nötig. Bei Abwesenheit einzelner Ratsmitglieder waren oftmals mehrere Anläufe erforderlich, um die qualifizierte Mehrheit zu erreichen. Damit verbundene Verzögerungen werden durch die Neuregelung entfallen. Viertens. Bei der Schöffenwahl sind künftig nur noch sieben Vertrauenspersonen in den Wahlausschuss zu wählen. Dies führt zu einer Gleichstellung mit den Paral- lelbestimmungen aus der Verwaltungs- und Finanzge- richtsbarkeit. Fünftens. Die Aufgabe, Verwaltungsbeamte für den Wahlausschuss zu bestellen, kann die Landesregierung im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbarkeit schon jetzt auf oberste Landesbehörden übertragen. Dies soll künf- tig auch bei der Schöffenwahl möglich sein. Sechstens. Verlegt ein Schöffe seinen Wohnsitz aus dem Bezirk des Amtsgerichts, wird er künftig nicht mehr zwingend aus der Schöffenliste gestrichen, wenn er im Bezirk des Landgerichts wohnen bleibt. Die Streichung erfolgt nur noch auf Antrag. Siebtens. Das Verfahren zur Streichung von verstor- benen und verzogenen Schöffen wird vereinfacht: Am Amtsgericht muss der Richter in diesen eindeutigen Fäl- len nicht mehr die Staatsanwaltschaft und den anderen Schöffen anhören. Am Landgericht kann der Vorsitzende der Strafkammer hierüber allein entscheiden. Achtens. Das Gesetz schreibt eine angemessene Teil- habe von Männern und Frauen an der ehrenamtlichen Richtertätigkeit vor. Dies ist zu begrüßen, da es einen weiteren Beitrag zur Gleichstellung von Mann und Frau leistet. Neuntens. Das Benachteiligungsverbot wird im Deut- schen Richtergesetz fixiert. Danach darf niemand in der Ausübung oder der Übernahme des Ehrenamtes be- schränkt oder aufgrund dessen benachteiligt werden. Auch eine darauf gestützte Kündigung ist unzulässig. Dies entspricht zwar der ständigen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte. Das Niederschreiben des Grundsatzes ist aber aus zwei Gründen richtig: Zum einen hat es der Arbeitnehmer in der Praxis dadurch leichter, sich gegen- über seinem Arbeitgeber auf das Benachteiligungsverbot zu berufen. Zum anderen wird klargestellt, dass der Grundsatz für alle Gerichtszweige gilt und nicht nur in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit, in deren Verfah- rensordnungen das Benachteiligungsverbot schon jetzt vorgesehen ist. Zehntens. Auch in der Verwaltungs- und Finanzge- richtsbarkeit soll das Mindestalter wie sonst auch 25 Jahre betragen und nicht wie bisher bei 30 Jahren lie- gen. Auch hiermit wird eine nicht nachvollziehbare Dif- ferenzierung beseitigt. Das alles sind vielleicht keine revolutionären Neue- rungen. Darauf kam es aber auch nicht an und das war auch nicht notwendig. Entscheidend ist, dass es in der Summe der Änderungen zu einer spürbaren Vereinfa- c m b e S w k g w d g g k w D d h Ü k b f R Ö t b D B g u F m g a k r r U g n A t o t b f s g ß n d n z d (C (D hung und Vereinheitlichung der einschlägigen Bestim- ungen kommt. Das war das Ziel des Gesetzesvorha- ens und das wird mit dem vorliegenden Entwurf auch rreicht. Ich begrüße vor allem auch, dass mit dem Gesetz die tellung der ehrenamtlichen Richter hervorgehoben ird. In der Justiz ist deren Bedeutung anerkannt; ich ann das aus meinen eigenen Erfahrungen als Richter sa- en. Der Bevölkerung ist dies aber vielfach nicht be- usst: Ehrenamtliche Richter wirken beispielsweise bei er mündlichen Verhandlung und der Urteilsfindung mit leichen Rechten wie der Berufsrichter mit. Außerdem ilt auch für sie das Spruchrichterprivileg. Das heißt, sie önnen für ein Urteil nur dann haftbar gemacht werden, enn dies eine Pflichtverletzung und Straftat darstellt. es Weiteren unterliegt auch der ehrenamtliche Richter er richterlichen Unabhängigkeit. Das Amt stammt aus dem 19. Jahrhundert. Es gilt da- er bei manchen als überholt und nicht mehr zeitgemäß. ber ihre Rolle wird immer wieder gestritten. Von Kriti- ern werden sie oft als „überflüssig“ und „überfordert“ ezeichnet. Ich bin der Auffassung, diese Einschätzungen sind alsch. Sie verkennen die Bedeutung der ehrenamtlichen ichter, die wichtiges Bindeglied zwischen Justiz und ffentlichkeit sind. Sie sind fester, wertvoller Bestand- eil unserer Rechtspflege – und das zu Recht. Denn sie ringen eine Vielzahl von positiven Effekten mit sich: ie ehrenamtlichen Richter machen die Justiz für die evölkerung transparenter und verständlicher. Sie brin- en den so genannten „gesunden Menschenverstand“ nd Alltagserfahrung in die gerichtlichen Verfahren. Die älle werden neben dem juristischen Sachverstand auch it dem allgemeinen Rechtsempfinden beurteilt. Einen roßen Nutzen bringen die ehrenamtlichen Richter vor llem aber auch außerhalb des Gerichtssaals. Die Tätig- eit stärkt das Vertrauen in die Justiz. Sie sehen die Ge- ichtsabläufe von innen. Sie erkennen, dass auch schwie- ige, strittige Entscheidungen, die auf den ersten Blick nverständnis in der Öffentlichkeit hervorrufen, mit roßer Sorgfalt getroffen werden. Diese Einsichten kön- en sie dann nach außen tragen. Sie helfen daher mit, das nsehen der Justiz in der Bevölkerung zu stärken. Wenn man all diese gesetzlichen Neuerungen betrach- et, so geht es im Wesentlichen darum, die Abläufe zu ptimieren, also die Vorgänge hinsichtlich Qualität, Kos- en, Geschwindigkeit, Effizienz und Effektivität zu ver- essern. Man sollte meinen, dieser wünschenswerte Ef- ekt hätte so schnell als möglich herbeigeführt werden ollen. Der Bundesregierung fällt dies aber offensichtlich rundsätzlich schwer. Man merkt auch bei anderen gro- en rechtspolitischen Projekten, wie beim Antidiskrimi- ierungsgesetz, das bereits Ende 2003 vorliegen sollte, ass Rot-Grün nur schwer in die Gänge kommt. Der heute vorliegende Gesetzentwurf basiert auf ei- em Entwurf aus der 14. Legislaturperiode. Seit über weieinhalb Jahren wird nun an dem Vorhaben herumge- oktert. Am 22. März 2002 wurde der Entwurf erstmalig Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 12445 (A) ) (B) ) vom Bundesrat beschlossen und von der Mehrheit der Länder begrüßt. Weil der Entwurf erst gegen Ende der 14. Legislaturperiode eingebracht wurde, ist es noch ent- schuldbar, dass er der Diskontinuität anheim fiel. Nicht verständlich ist jedoch, dass der Gesetzentwurf nach ei- ner erneuten Einbringung in den Bundestag am 20. De- zember 2002 fast zwei Jahre verschleppt wurde. Dabei waren wir uns schon in einem Berichterstattergespräch im Juni 2003 darüber einig, dass es sinnvoll wäre, wenn das vereinfachte Wahlverfahren schon bei den Schöffen- wahlen im Jahre 2004 hätte angewendet werden können. Leider ist dies nicht gelungen. Diese Verzögerung ist be- dauerlich, denn die Wahlen erfolgen ja nur alle vier – zu- künftig alle fünf – Jahre. So lassen Reform und Effizienz auf sich warten und kommen frühestens in 2008 zum Tragen. Aber Kritik an Rot-Grün ist nicht nur wegen des ver- schleppten Verfahrens angebracht. Auch inhaltlich ist zu kritisieren, wie skeptisch sie der Verlängerung der Amts- periode auf einheitlich fünf Jahre gegenüberstanden. Lange haben sie sich gegen diese Änderung gewehrt. Auch die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme Bedenken geäußert, und zwar mit der Begründung, eine fünfjährige Amtszeit würde die Suche nach geeigneten Kandidaten erschweren. Aber es ist nicht vorrangig die Dauer der Amtszeit, weshalb Bürgerinnen und Bürger eine ehrenamtliche Richtertätigkeit nur zögerlich oder ungern annehmen. Dafür gibt es vielmehr zwei Hauptgründe: Es ist zum ei- nen die Unwissenheit über die Bedeutung des Amtes und die damit verbundene Verantwortung. Dieser Unkennt- nis muss vor allem mit einer besseren Informationspoli- tik entgegnet werden. Und es ist zum anderen vor allem die Sorge vor Benachteiligungen durch den Arbeitgeber. Diesem Problem wird aber mit der gesetzlichen Fixie- rung des Benachteiligungsverbots begegnet. Ich habe es vorhin erwähnt. Ich bin daher froh, dass es uns letztlich gelungen ist, uns in der Frage der Verlängerung der Amtsperiode durchzusetzen. Denn diese Neuerung ist die deutlich ef- fektivste aller Änderungen, mit denen der Verwaltungs- und Kostenaufwand gesenkt werden wird. In einer anderen Frage konnte dagegen keine Einig- keit erzielt werden. Im ursprünglichen Entwurf war vor- gesehen, dass einheitlich nur noch die eineinhalbfache Anzahl an Kandidaten vorgeschlagen werden muss, aus den später die ehrenamtlichen Richter ausgewählt wer- den. Bisher schwankt diese Zahl je nach Amt zwischen der eineinhalbfachen und der dreifachen Anzahl. Wir hätten diese Vereinfachung gerne gesehen. Auch hiermit wäre die Verwaltung erheblich entlastet worden. Die Regelung war aber nicht durchzusetzen. Insbeson- dere die Bundesregierung hat sich in ihrer Stellung- nahme eindeutig dagegen ausgesprochen. Ich begrüße aber, dass es zumindest gelungen ist, die Vorschlagsliste in der Finanzgerichtsbarkeit von der dreifachen auf die doppelte Anzahl der zu vergebenden Richterstellen zu verkleinern. Ich halte fest: Mit dem Gesetz werden erkennbare Vereinfachungen und Vereinheitlichungen erreicht und d s d G e B u W a R e l v g f e a r a A l d u k n z H I n m t m z h e J A s ä u d s ü ß G e w t l i R s c (C (D er ehrenamtliche Richter wird in seiner Position ge- tärkt. Das begrüßen wir. Zu bedauern ist allerdings, ass aufgrund der zögerlichen Handhabung von Rot- rün die Verwaltungen von den Vereinfachungen erst in in paar Jahren profitieren werden. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der undesrat hat mit dem Gesetzentwurf zur Vereinfachung nd Vereinheitlichung der Verfahrensvorschriften zur ahl ehrenamtlicher Richter ein wichtiges Anliegen ufgegriffen. Nach den notwendigen Änderungen des echtsausschusses des Deutschen Bundestages liegt nun ine insgesamt gute Lösung vor. Durch die Vereinheit- ichung der Vorschriften und Voraussetzungen in den erschiedenen Gerichtszweigen werden die Anforderun- en an die ehrenamtliche Richterschaft – insbesondere ür Nichtjuristen – durchschaubarer. Und genau dies gilt s zu erreichen. Nur wenn die Menschen verstehen und bschätzen können, was sie erwartet, werden sie Inte- esse und Bereitschaft entwickeln, gesellschaftliche Ver- ntwortung zu übernehmen und sich für dieses wichtige mt des ehrenamtlichen Richters zur Verfügung zu stel- en. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, ass ich die Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen nd Richter an gerichtlichen Entscheidungen auch zu- ünftig für sehr wichtig halte. Ehrenamtliche Richterin- en und Richter ergänzen die fachliche Sicht einer spe- ialqualifizierten Richterschaft um einen in mancher insicht unbefangeneren und lebenspraktischeren Blick. n Strafverfahren können sie, da sie zuvor mit der Sache icht befasst waren, noch stärker aus dem Eindruck der ündlichen Verhandlung heraus urteilen. In der Verwal- ungs- und Finanzgerichtsbarkeit, aber auch in den Kam- ern für Handelssachen, ist ihr Sachverstand unver- ichtbare Voraussetzung für die Sicherung eines fachlich och qualifizierten Verfahrens. Auf einige Punkte des Gesetzes will ich nun näher ingehen: Die Amtsperioden werden einheitlich auf fünf ahre festgesetzt. Damit werden die mit erheblichem ufwand verbundenen Wahlverfahren in zeitlicher Hin- icht reduziert. Auch wenn die gegen diese Regelung ge- ußerten Bedenken, die fünf Jahre könnten zu lang sein nd Menschen abschrecken, sich für so lange Zeit für ieses Amt zu verpflichten, nicht von der Hand zu wei- en sind, denken wir, dass die Vorteile die Nachteile berwiegen. Die Wohnsitzregelung wird vereinfacht. Wir begrü- en es, dass man nun nicht mehr ein ganzes Jahr in der emeinde wohnen muss, um sich für die Aufnahme in ine Vorschlagsliste zu qualifizieren. Diese Regelung ar nicht mehr zeitgemäß. Wer zum Zeitpunkt der Lis- enaufstellung in der Gemeinde wohnt und sich aufstel- en lassen möchte, den sollten wir nicht bremsen. Das Gesetz stärkt das Benachteiligungsverbot. Diese n Bezug auf die berufliche Tätigkeit der ehrenamtlichen ichter wirkende Schutzvorschrift wird nun im Deut- chen Richtergesetz zentral verankert. Dies ist ein deutli- hes Signal, mit dem die öffentliche Anerkennung für 12446 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 (A) ) (B) ) die wichtige Arbeit der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter gestärkt wird. Im Deutschen Richtergesetz wird die Geschlechterpa- rität in der ehrenamtlichen Richterschaft ausdrücklich als Zielvorgabe verankert. Auch wenn diese Vorschrift die Geschlechterparität nicht zwingend vorschreibt, son- dern nur die „angemessene Berücksichtigung“ fordert, begrüße ich gleichwohl die Tendenz, der Gleichstellung auch in diesem Bereich besonderes Augenmerk zu wid- men. Die Praxis ist hier, jedenfalls was die Schöffinnen betrifft, dank der neuen Bundesländer recht weit. Deren Anteil liegt bereits bei 48 Prozent. Einige Vorschläge des Bundesrates hat der Rechtsaus- schuss jedoch nicht befürwortet. So wollte der Bundesrat die Zahl der Personen für die Vorschlagslisten generell auf das Anderthalbfache der dann zu wählenden ehren- amtlichen Richter beschränken. Damit überging der Bundesrat die wichtige Funktion dieses Auswahlaktes. Erst die Auswahl sichert eine ausreichende demokrati- sche Legitimation der ehrenamtlichen Richterschaft. Die Vorschlagslisten sollten sich nicht zu Wahllisten ver- dichten. Ich bin mir der Schwierigkeiten der Praxis, aus- reichend Personen für die Vorschlagslisten zu finden, sehr wohl bewusst. Aber ich denke, dass man dieses Pro- blem nicht durch stark gekürzte Vorschlagslisten lösen darf, sondern durch Aufwertung des Amtes einerseits und Erweiterung des potenziellen Personenkreises ande- rerseits. Die Absenkung der Altersgrenze von 30 auf 25 Jahre bei ehrenamtlichen Richtern in der Finanzge- richtsbarkeit mag hier einen tauglichen Ansatz liefern. Das vorliegende Gesetz passt die Vorschriften bezüg- lich der Anforderungen an Wahl und Berufung der ehren- amtlichen Richter den Praxiserfordernissen an und stärkt gleichzeitig die Stellung der ehrenamtlichen Richter- schaft. Es bietet so einen guten Rahmen, damit sich auch in Zukunft viele motivierte Menschen für das Amt des eh- renamtlichen Richters oder der ehrenamtlichen Richterin begeistern. Ihnen allen möchte ich an dieser Stelle meinen Dank und meine Anerkennung für ihre engagierte Tätig- keit als Richter im Ehrenamt aussprechen. Rainer Funke (FDP): Der Gesetzentwurf zur Ver- einfachung der Wahl ehrenamtlicher Richter des Bun- desrates, den wir heute abschließend beraten, verfolgt in erster Linie das Ziel, die Stellung von ehrenamtlichen Richtern zu stärken, den Zugang zum Schöffenamt zu erleichtern und das Wahlverfahren einfacher zu gestal- ten. Die Länder haben im zurückliegenden Gesetzge- bungsverfahren deutlich gemacht, warum aus ihrer Sicht die in dem Gesetzentwurf vorgeschlagenen Regelungen notwendig sind. Wenn durch die vorgeschlagenen Maß- nahmen erreicht werden kann, dass bürokratischer Auf- wand bei den Wahlverfahren zukünftig abgebaut wird, so sollten wir uns als Bundesgesetzgeber diesen Maß- nahmen, die die Landesjustizverwaltungen entlasten werden, nicht verschließen. Aus Sicht der FDP ist eine Regelung des Gesetzent- wurfs von besonderer Bedeutung. Dies ist das ausdrück- lich genannte Benachteiligungsverbot. Es kann nicht sein, dass jemand, der sich ehrenamtlich für unser Ge- meinwesen engagiert, auf der anderen Seite Benachteili- g h w g K R w p d r Z h s v d A n f i f g D v t m o f D D D h k d B s b M e e E G v m i d b e D z K d b g v v (C (D ungen in seinem Arbeitsleben ausgesetzt ist. Es ist da- er zu begrüßen, dass mit dem Gesetzentwurf klargestellt ird, dass die Freistellung vom Dienst durch den Arbeit- eber für die Zeit der Amtstätigkeit sowie das Verbot von ündigungen wegen Übernahme und Ausübung des ichteramtes künftig eine Selbstverständlichkeit sein erden. Die Beteiligung ehrenamtlicher Richter in der Rechts- flege ist alte deutsche Rechtstradition. Lange Zeit galt ie Beteiligung von Schöffen in der Rechtspflege als Ga- ant für eine demokratische Gerichtsbarkeit. In letzter eit wird die Rolle der Schöffen mehr und mehr kritisch interfragt. Die Tatsache, dass wir heute gemeinsam die- en Gesetzentwurf verabschieden, entbindet uns nicht on der grundsätzlichen Diskussion über die Stellung er Schöffen. Oft wird geäußert, Schöffen seien mit ihrer ufgabe völlig überfordert. Daneben mangelt es oft am otwendigen Sachverstand, um einen Fall wirklich sorg- ältig beurteilen zu können. Darüber hinaus sind auch mmer wieder Fälle bekannt geworden, in denen Schöf- en wegen Befangenheit zurückgezogen werden oder wo robe Verstöße gegen die Schweigepflicht vorliegen. ies alles zeigt, dass im Einzelfall durch die Beteiligung on Schöffen eine erhebliche Mehrbelastung für die Jus- iz entstehen kann. Zu Beginn des Jahres hat auch die bayerische Justiz- inisterin öffentlich erklärt, es müsse überlegt werden, b es künftig noch sinnvoll sei, den Richtern in Strafver- ahren grundsätzlich Laienrichter an die Seite zu stellen. ie FDP ist in dieser Frage durchaus ergebnisoffen. ennoch sehen wir hier erheblichen Diskussionsbedarf. er vorliegende Gesetzentwurf des Bundesrates ist da- er eine gute Gelegenheit, dieses Thema vertieft zu dis- utieren. Ich hoffe, wir werden an anderer Gelegenheit azu ausreichend Gelegenheit haben. Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der undesministerin der Justiz: Der heute vorliegende Ge- etzentwurf ist ein sachgerechter und in jeder Hinsicht egrüßenswerter Schritt zu einer Vereinfachung und odernisierung des komplexen Verfahrens der Wahl der hrenamtlichen Richter. Der Gesetzentwurf macht das hrenamtliche Richteramt und damit bürgerschaftliche ngagements attraktiver und zeitgemäßer. Wir haben das esetz in bester Zusammenarbeit aller in diesem Hause ertretenen Fraktionen zustande gebracht und ich öchte mich nachdrücklich dafür aussprechen, dass es n seiner vorliegenden Form zum 1. Januar des kommen- en Jahres in Kraft treten kann. Lassen Sie mich nur einige Neuregelungen hervorhe- en: Die Amtsperioden der ehrenamtlichen Richter sollen inheitlich von vier auf fünf Jahre verlängert werden. amit erreichen wir einen Gleichlauf in allen Gerichts- weigen und insbesondere auch eine Entlastung der ommunen und der Justizverwaltungen. Die große Be- eutung, die wir auch dem ehrenamtlichen Richteramt eimessen, erfordert ein differenziertes und eben auch in ewisser Weise aufwendiges Auswahl- und Berufungs- erfahren. Es ist sachgerecht, dieses Verfahren nicht alle ier, sondern nur alle fünf Jahre durchzuführen. Den eh- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 12447 (A) ) (B) ) renamtlichen Richterinnen und Richtern gibt diese maß- volle Verlängerung die Möglichkeit verbesserter und in- tensiverer Eingewöhnung in das einmal übernommene Ehrenamt. Das Wahlverfahren wird darüber hinaus durch die Aufhebung des einjährigen Wohnsitzerfordernisses er- leichtert. Dieses Erfordernis hat in letzter Zeit die Rekru- tierung der Bewerber für das ehrenamtliche Richteramt immer wieder behindert. Um in das Ehrenamt ernannt werden zu können, genügt es in Zukunft, dass der Wohn- sitz in der jeweiligen Gemeinde überhaupt besteht. Positiv hervorheben möchte ich aber auch, dass die geltenden Regelungen, wonach grundsätzlich die dop- pelte Anzahl an Kandidaten aufgestellt werden muss, beibehalten wird. Die vom Bundesrat zunächst vorge- schlagene Absenkung der Kandidatenzahl auf das nur Eineinhalbfache wäre der demokratischen Grundlage des Laienrichteramtes einfach nicht gerecht geworden. Ein weiteres wichtiges Element des Entwurfs ist das Benachteiligunqsverbot (§ 45 Abs. 1). Niemand darf in der Übernahme oder Ausübung des Amtes als ehrenamt- licher Richter beschränkt oder wegen der Übernahme der Ausübung des Amtes benachteiligt werden. Wo der Einzelne eine staatsbürgerliche Pflicht erfüllt, darf es nicht sein, dass dieser Bürger oder diese Bürgerin gesell- schaftlich, beruflich oder anderweitig Benachteiligungen oder Zurücksetzungen in Kauf nehmen muss. Ehrenamt- liche Richter sind für die Zeit ihrer Amtstätigkeit von ih- rem Arbeitgeber von der Arbeitsleistung freizustellen. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen der Übernahme oder der Ausübung des Richteramtes ist un- zulässig. Diese Regelung war von Anfang an eines der zentralen Anliegen der Bundesratsinitiative; sie wird von der Bundesregierung voll unterstützt. Gleiches gilt für das vorgesehene Gebot einer gleichberechtigten Teil- habe von Männern und Frauen bei der Besetzung der eh- renamtlichen Richterstellen. Schließlich möchte ich es nicht versäumen, die nun- mehr möglich gewordene einheitliche In-Kraft-Tretens- Regelung für das neue Gesetz anzusprechen. Die in die- sem Jahr 2004 durchzuführenden Schöffenwahlen kön- nen und konnten ausnahmslos nach bestehendem Recht durchgeführt werden. Abgeschichtete In-Kraft-Tretens- und Übergangs-Regelungen, wie sie noch nach den Dis- kussionen des vergangenen Jahres erforderlich schienen, sind nun nicht mehr nötig. Das Gesetz kann einheitlich zum Beginn des neuen Jahres in Kraft treten. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Für eine konse- quente und vollständige Umsetzung des Ohrid- Abkommens in Mazedonien (Tagesordnungs- punkt 17) Uta Zapf (SPD): Wir haben Mazedonien als ein Bei- spiel für gelungenes Krisenmanagement auf dem Balkan und für deutsches und europäisches Engagement gelobt. D p E 2 k h ü m d U J s d U d d P n K g r p i m J ü d r P t d M d d d ( K m W p r R u v r w w i n F k z (C (D as Land hat erhebliche Fortschritte auf dem Weg zu olitischer Stabilität gemacht. Die Annäherung an die U verläuft weitgehend erfolgreich. Bereits am 9. April 001 wurde ein Stabilisierungs- und Assoziierungsab- ommen mit der EU abgeschlossen. Am 22. März 2004 at Mazedonien offiziell das Beitrittsgesuch an die EU bergeben. Mehrere Krisen konnten durch internationales diplo- atisches und militärisches Engagement beherrscht wer- en. Im Jahr 1993 verhinderte die Stationierung von N-Blauhelmen eine Eskalation eines Konfliktes. Im ahr 2001 brachen bürgerkriegsähnliche Kämpfe zwi- chen albanischer und mazedonischer Seite aus, die urch massiven diplomatischen Einsatz Europas und der SA und durch die Stationierung von Militärmissionen eeskaliert wurden. Heute ist die letzte Militärmission urch eine Polizeimission ersetzt worden. Der Abschluss des Abkommens von Ohrid, das alle arteien in Mazedonien unterschrieben haben, stellt ei- en Meilenstein zur Befriedung und Stabilisierung des onflikts in Mazedonien dar. Bisher ist die Umsetzung elungen – wenn auch nicht ohne Konflikte und Schwie- igkeiten. Jetzt ist die Umsetzung des letzten Schrittes zur Im- lementierung eines zentralen Teils dieses Abkommens nfrage gestellt. Das Abkommen sieht eine neue Ge- eindeverfassung vor. Das Rahmengesetz wurde im ahr 2002 verabschiedet. Umstritten ist jetzt das Gesetz ber die Gemeindegrenzen, den Status von Skopje und ie Finanzierung der Dezentralisierung. Kern dieses Vorhabens ist die Frage der Neugliede- ung der kommunalen Gebietskörperschaften. Ziel des rozesses ist eine effizientere und bürgernahe Verwal- ung. Die Dezentralisierung soll auch dazu beitragen, ass die kommunale Verwaltung die örtlichen ethnischen ehrheitsverhältnisse besser reflektiert. Wir begrüßen aher, dass die beiden Regierungsparteien – das Sozial- emokratische Bündnis für Mazedonien (SDSM) und ie albanische Demokratische Union für Integration DUI) – in einem schwierigen politischen Prozess einen ompromiss in der Frage der Neugliederung der kom- unalen Gebietskörperschaften gefunden haben. Leider hat sich in Mazedonien wegen dieses Gesetzes iderstand formiert. Die parlamentarische und außer- arlamentarische Opposition hat zur Ablehnung der ter- itorialen Neuaufteilung aufgefordert. Sie hat zu einem eferendum gegen dieses Gesetzesvorhaben aufgerufen nd die erforderlichen Stimmen gesammelt. Am 7. No- ember wird das Referendum über den Dezentralisie- ungsplan der Regierung abgestimmt. Die Kommunal ahlen mussten deshalb verschoben werden. Sollte dieses Referendum angenommen werden, so äre das ein herber Rückschlag für den Friedensprozess n Mazedonien. Darüber kann es keinen Zweifel geben. Es für mich unverständlich, dass die CDU/CSU dies icht genauso sieht und unseren Antrag nicht unterstützt. ür mich ist dies nur durch parteipolitische Motive er- lärlich. Offensichtlich ist der Opposition die Unterstüt- ung der VMRO-DPNE in dieser Frage wichtiger als die 12448 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 (A) ) (B) ) Zukunft des Friedensprozesses. Sachliche Gründe, die eine Ablehnung der Neugliederung der kommunalen Ge- bietskörperschaften rechtfertigen würden, kann ich je- denfalls nicht erkennen. Der Vorwurf, der Dezentralisierungsplan vertiefe eth- nische Grenzen, ist unzutreffend. Die Neuordnung der kommunalen Grenzen würde die Repräsentanz von Min- derheiten auf der Kommunalebene verbessern. Proble- matisch sind hier besonders solche Kommunen, in denen die Bevölkerung einer Ethnie mehr als 90 Prozent der Bevölkerung ausmacht. In diesen Gebieten ist die Min- derheit politisch meist nicht repräsentiert. Die angesehene International Crisis Group hat analy- siert, welche Auswirkungen die Umsetzung der Vor- schläge der Regierung auf die Situation von Minderhei- ten in den neuen Verwaltungsdistrikten haben würde. Von den neu zu schaffenden 80 Kommunen hätten nach Umsetzung des Dezentralisierungsplans nur noch 30 ei- nen Bevölkerungsanteil von 90 Prozent oder mehr einer einzigen Volksgruppe. Gegenwärtig gibt es in Mazedo- nien 123 Kommunen. In 65 von ihnen stellt eine einzige ethnische Gruppe 90 Prozent oder mehr der Bevölke- rung. Die Umsetzung der Vorschläge der Regierung zur Dezentralisierung hätte auf diese Frage also einen positi- ven Effekt. Die Umsetzung der Vorschläge wird keinen negativen Einfluss auf die so wichtige Wahl der Bürgermeister in den Kommunen haben. Gegenwärtig leben 92 Prozent der ethnischen Mazedonier in Gemeinden, in denen sie mehr als 50 Prozent der Bevölkerung – und damit in der Regel – den Bürgermeister stellen. 77 Prozent der ethni- schen Albaner leben in Gemeinden, in denen die eigene Volksgruppe den Bürgermeister stellt. Nach der Umset- zung der Dezentralisierungspläne würden 91 Prozent der Mazedonier und 70 Prozent der Albaner in Gemeinden leben, in denen die eigene Volksgruppe auch den Bürger- meister stellt. Dies ist keine signifikante Änderung und mit Sicherheit kein Argument für die Ablehnung des Dezentralisierungsplans. Deutlicher positiv hingegen wäre die Wirkung des Neugliederungsplans auf die Repräsentanz der albani- schen Volksgruppe in der Hauptstadt Skopje. Durch die Einbeziehung von zwei überwiegend albanisch bewohn- ten Gebieten wird der Anteil der albanischstämmigen Bevölkerung auf über 20 Prozent in Skopje steigen. Da- mit gewinnen Albaner zusätzliche Rechte. Zum Beispiel wird Albanisch zur zweiten Amtssprache. Auch ange- sichts der demographischen Entwicklung in Mazedonien ist eine solche Aufwertung der albanischen Minderheit eine kluge Entscheidung. Ich hoffe daher, dass das Referendum am 7. Novem- ber scheitert. Das Rahmenabkommen von Ohrid bleibt der Schlüssel für die Fortsetzung eines erfolgreichen Wegs von Mazedonien in die Europäische Union und in die NATO. Die Umsetzung des gefundenen Kompromis- ses, den die Regierungsparteien SDSM und DUI in der Frage der kommunalen Aufteilung erzielt haben, ist we- sentlich für den Frieden und die Stabilität in Mazedo- nien. h f z d l e d g k S S D d n m B n s s c p g s d s p n s d V u M s M g p m R A f M n g N s G t d S m n V (C (D Die Konsequenzen einer Annahme des Referendums ingegen sind noch nicht abzusehen. Ein Erfolg des Re- erendums würde aber mit Sicherheit die weitere Umset- ung des Ohrid-Abkommens erschweren. Im Rahmen er Implementierung dieses Abkommens sind in den etzten Jahren substanzielle Fortschritte auf dem Wege iner Annäherung Mazedoniens an die EU gemacht wor- en. Darunter fallen die erfolgte Volkszählung, die weit- ehende Nutzung der Minderheitensprachen, die Aner- ennung der albanischen Universität von Tetovo, die chaffung eines Ombudsmanns und die Besetzung von tellen durch albanische Mazedonier im öffentlichen ienst. Sollte das Referendum angenommen werden, droht ie weitere Umsetzung des Ohrid-Abkommens der in- enpolitischen Auseinandersetzung über den Umgang it dem Abstimmungsergebnis zum Opfer zu fallen. estenfalls muss der Kompromiss zur Dezentralisierung achgebessert werden. Schlimmstenfalls droht ein Still- tand oder gar ein Scheitern des Friedensprozesses. Eine solche Entwicklung ist angesichts der weiterhin chwierigen Lage in der Region das Letzte was wir brau- hen. Allein im Kosovo gibt es nach wie vor erheblichen olitischen Sprengstoff, dessen Entschärfung schwierig enug sein wird. Eine weitere Krise in der Nachbar- chaft würde Bemühungen zur Lösung der Statusfrage es Kosovo und der damit zusammenhängenden wirt- chaftlichen und politischen Fragen erheblich verkom- lizieren. Mazedonien ist ein positives Beispiel für Krisenma- agement auf dem Balkan und kann ein positives Bei- piel für Konfliktlösung in der Region werden. Wir wer- en uns daher weiterhin für die Stabilisierung des ersöhnungsprozesses zwischen ethnisch-albanischen nd ethnisch-mazedonischen Staatsangehörigen in azedonien engagieren. Wir werden außerdem die Um- etzung der im Ohrider Rahmenabkommen verabredeten aßnahmen zur Wahrung der Minderheitenrechte be- leiten und unterstützen. In diesem Zusammenhang wäre es auch ein Akt der olitischen Flurbereinigung, wenn die internationale Ge- einschaft endlich den verfassungsmäßigen Namen der epublik Mazedonien anerkennen würde. Auch dieses nliegen wollen wir mit unserem Antrag unterstützen, ür den ich Sie um Unterstützung bitte. Siegfried Helias (CDU/CSU): Mazedonien ist ein usterbeispiel für erfolgreiche Konfliktprävention in- erhalb der kriegs- und krisengeschüttelten Balkanre- ion. Wir erinnern uns: Im Frühjahr 2001 war es im ordwesten Mazedoniens zu bewaffneten Auseinander- etzungen zwischen albanischstämmigen bewaffneten ruppen und slawisch-mazedonischen Sicherheitskräf- en gekommen. Ein Bürgerkrieg konnte jedoch verhin- ert werden, als unter Vermittlung der Internationalen taatengemeinschaft im August 2001 das Ohrid-Abkom- en vereinbart wurde. Es sollte den Frieden in Mazedo- ien sichern und das Zusammenleben der verschiedenen olksgruppen neu regeln. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 12449 (A) ) (B) ) Das Ohrid-Abkommen wurde in Anwesenheit so hochrangiger Politiker wie dem EU-Sonderbeauftragten Solana, NATO-Generalsekretär Robertson und dem EU- Ratspräsidenten Michel unterzeichnet. Es sieht unter an- derem Folgendes vor: in der Präambel der Verfassung Mazedonien als Staat aller seiner ethnischen Gruppen zu bezeichnen; den christlich-orthodoxen, den katholi- schen und den muslimischen Glauben als gleichberech- tigt anzuerkennen; im Parlament alle Minderheiten pro- portional entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil zu beteiligen; Albanisch zur zweiten Amtsprache oder „of- fiziellen Sprache“ in Gemeinden zu erklären, in denen mindestens ein Fünftel der Bevölkerung Albaner sind. In diesen Gemeinden soll Bildung auch auf weiterführen- den Schulen in albanischer Sprache staatlich gefordert werden; in Landkreisen und Gemeinden mit albanischer Bevölkerungsmehrheit sollten albanische Polizeichefs eingesetzt werden; den Kommunen mehr Zuständigkei- ten einzuräumen. Keine Frage: Bei der Umsetzung des Ohrid-Abkom- mens haben die früheren Konfliktparteien Fortschritte gemacht. Rufen wir uns noch einmal in Erinnerung, dass die Parlamentswahlen vom September 2002 reibungslos verliefen und einen friedlichen Regierungswechsel ein- leiteten. Auch die notwendige Wahl eines Nachfolgers des tödlich verunglückten Präsidenten Boris Trajkovski war ein deutlicher Indikator für Funktionalität und Kon- tinuität rechtsstaatlicher Verhältnisse in Mazedonien. In- sofern sollten wir Mazedonien ein hohes Maß an politi- scher Reife zugestehen – insbesondere dann, wenn wir die besonnene Rolle bedenken, die das Land bei März- Unruhen im Kosovo gespielt hat. Eine völlige Normalisierung des öffentlichen Lebens ist in Mazedonien aber bislang noch nicht eingetreten. Daher bedarf es weiterer Anstrengungen, um dem „Geist von Ohrid“ zu entsprechen und die noch bestehenden Differenzen zwischen den beiden größten Volksgruppen beizulegen. Das Ohrid-Abkommen sollte insbesondere eine De- zentralisierung der Administration und mehr kommunale Selbstverwaltung unter ethnographischen Gesichtspunk- ten ermöglichen. Es sollte zu größerer Selbstständigkeit der Gemeinden und zu einer Chancengleichheit der un- terschiedlichen Volksgruppen führen. Eine umfassende Gemeindereform wurde per Gesetz auf den Weg gebracht, um so eine Autonomie von sla- wisch mazedonischen und albanisch mazedonischen Bürgern in ihren jeweiligen Siedlungsgebieten zu er- möglichen. Besehen wir uns die Gemeindereform jedoch im Detail, so wird eines deutlich: In Mazedonien droht in einigen Gebieten altes Unrecht durch neues Unrecht ersetzt zu werden. Dazu möchte ich einige Beispiele nennen: Durch die Reform soll die Zahl der Gemeinden von derzeit 124 bis zum Jahr 2005 auf 84 reduziert wer- den. Die Reduzierung allein ist jedoch nicht das Pro- blem. Denn dieser Neuzuschnitt der gesamten Kommu- nalstruktur des Landes beinhaltet zum Teil fragwürdige Regelungen; etwa jene, wonach die vorwiegend sla- wisch-mazedonisch bevölkerten Städte Struga und K m p s z f w m h s l t t G ü S T k m f s G „ 1 m w f d K t d t d n G E d k N s g r g s v m M p w n n d (C (D icevo durch den neuen Gebietszuschnitt albanisch- azedonische Mehrheiten erhalten sollen. Diese und andere Städte gelten schon jetzt wieder als otentielle Krisenherde. Denn der Streit um den Neuzu- chnitt der Gemeinden hat in den vergangenen Monaten u den größten Demonstrationen seit dem Jahr 2001 ge- ührt. In Struga gab es sogar Brandanschläge. Der sla- isch-mazedonische Bürgermeister von Struga drohte it zivilem Ungehorsam und einer so genannten „Unab- ängigkeitserklärung“. Die Frage muss schon erlaubt ein, ob die Gemeindereform dem Geist von Ohrid wirk- ich gerecht wird oder ob sie nicht in Teilen sogar kon- raproduktiv ist und die ohnehin labile staatliche Integri- ät Mazedoniens gefährdet. Am 7. November findet ein Referendum statt, das die emeindereform zu Fall bringen soll. Eine Reform, die brigens von der derzeitigen Regierungskoalition in kopje beschlossen wurde, ohne die Bedenken großer eile der Bevölkerung zu berücksichtigen. So konnte es aum verwundern, dass ein großer Teil der slawisch- azedonischen Mehrheit Front gegen die Gemeindere- orm machte: 150 000 Unterschriften wären nötig gewe- en, um laut Verfassung ein Referendum gegen die emeindereform zu erzwingen. Die Initiatoren vom Mazedonischen Weltkongress“ brachten auf Anhieb 80 000 Stimmen zusammen. Dem breiten Unmut vor allem innerhalb der slawisch- azedonischen Volksgruppe sollte Rechnung getragen erden, bevor neues Unheil entsteht. Insofern ist die Kernaussage des rot-grünen Antrages alsch, wonach diese Gemeindereform „wesentlich für en Frieden und die Stabilität in Mazedonien ist“. Viele enner der inneren Verhältnisse Mazedoniens befürch- en, dass die Reform nicht die Integration der verschie- enen Volksgruppen fördert, sondern das genaue Gegen- eil bewirkt. Überhaupt finden sich in der Fassung, die em Bundestag hier vorliegt, Pauschalaussagen, die mei- es Erachtens nicht haltbar sind. Tatsache ist, dass ein roßteil der slawisch-mazedonischen Volksgruppe es als rpressung ansieht, wenn ihnen die Implementierung es Ohrid-Abkommens trotz offenkundiger Unstimmig- eiten zur Bedingung für die Integration in EU und ATO gemacht werden soll. Von einem breiten gesell- chaftlichen Konsens, welcher der Gemeindereform ei- entlich zugrunde liegen sollte, kann keine Rede sein. Deshalb ist es richtig, dass das mazedonische Refe- endum auf der Tagesordnung des Deutschen Bundesta- es steht und wir die Diskussion auch weiterführen müs- en. Bedenken wir dabei, dass wir noch bis Ende ergangenen Jahres mit Bundeswehrsoldaten im Rah- en der CONCORDIA-Mission den Friedensprozess in azedonien unterstützt haben. Und wenn wir uns diesem Auftrag weiterhin ver- flichtet fühlen, so dürfen wir nicht tatenlos zusehen, enn altes Unrecht durch neues ersetzt werden soll. Ge- au dies würde aber geschehen, wenn wir dem rot-grü- en Antrag in seiner jetzigen Fassung zustimmen wür- en. Die CDU/CSU-Fraktion lehnt den Antrag daher ab. 12450 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 (A) ) (B) ) Marianne Tritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im April 2001 hat Mazedonien als erstes Land mit der EU ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen, SAA, unterzeichnet. Der erste Stabilisierungs- und Assoziie- rungsrat fand im September 2004 in Brüssel statt. Hier- bei spielten Themen wie die Durchführung der Wahlen 2005 und Umsetzung des Ohrider Abkommens eine wichtige Rolle Diese Entwicklung müssen wir nach wie vor intensiv unterstützen. Wie ist die Lage in Mazedonien? Mazedonien ist ein Land, dessen 23 ethnische Min- derheiten bereits vor dem Ohrider Abkommen Möglich- keiten und Rechte besaßen, wie sie in anderen Balkan- staaten kaum gewährt werden. Mazedonien bemüht sich seit dem Frühjahr 2002, eben dieses Abkommen als Bei- spiel interethnischer Befriedung in ganz Südosteuropa zu propagieren. Mazedonien ist ein immer noch gefährdetes und nach wie vor armes Land, und beide Bürden muss die interna- tionale Gemeinschaft durch ihre Sicherheitspräsenz und Wirtschaftshilfe erleichtern. Mazedonien ist momentan ein sehr nervöses Land, dessen mühsam restabilisierte Ruhe beinahe täglich durch neue Zwischenfälle gestört wird. Von entscheidender Bedeutung für die weitere Ent- wicklung ist die Umsetzung des Rahmenabkommens von Ohrid. Aber genau diese ist jetzt gefährdet durch das für den 7. November 2004 angesetzte Referendum gegen die Gemeindegebietsreform Mazedoniens. Mit diesem soll ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz aufgeho- ben werden, das die Zahl der Gemeinden um etwa ein Drittel auf 80 reduziert, die Stärkung lokaler Autonomie auf Gemeindeebene vorsieht, um eine Selbstregierung von Mazedoniern und Albanern in ihren jeweiligen Sied- lungsgebieten zu ermöglichen. Eine große Rolle in der Initiierung des Referendums spielen dabei die Oppositionsführer der größten Opposi- tionspartei, die offensichtlich nicht in der Lage sind, sich selbst und ihre Parteien auf eine konstruktive Rolle in der Opposition einzustellen. Nun spielen sie das Spiel, dass sie am besten beherrschen: nationalistische Polemik und Kritik an der internationalen Gemeinschaft. Über das Ohrider Rahmenabkommen jedoch herrschte bisher Konsens – es ist eindeutig –, die Kontrahenten auf bei- den Seiten sind nicht die Volksgruppen, sondern zwei Parteiblöcke. Allerdings hatte es die Regierung versäumt, die heikle Materie mit den betroffenen Lokalbehörden abzuspre- chen und das Gesetz durch Medienarbeit der mazedo- nischsprachigen Öffentlichkeit näher zu bringen. Das Referendum könnte den „Ohrider Prozess“ in Gefahr bringen und das Land sowie das sensible System in die- ser Krisenregion nachhaltig erschüttern. Wir halten die Schaffung leistungsfähiger mazedoni- scher Gemeinden für besonders wichtig, um lokale De- mokratie zu stärken, die wirtschaftliche Entwicklung zu fordern und eine den örtlichen Mehrheitsverhältnissen entsprechende politische Teilhabe aller ethnischen Grup- pen zu gewährleisten. w M z g S c i d S G w p Z w g z n s z S m e V Z c e d n i f s f S u D P n u b d t t K s n R d r w h n (C (D Mazedonien hat im Laufe dieses Jahres bei der Be- ältigung des Todes von Präsident Trajkovski und den ärzausschreitungen im Kosovo politische Reife ge- eigt. Es hat sich gezeigt, dass die Perspektive der Inte- ration in EU und NATO der beste Garant für die innere tabilität und eine positive Entwicklung der wirtschaftli- hen Rahmenbedingungen ist. Alle ethnischen Gruppen dentifizieren sich mit diesem Ziel. Eine Verzögerung er Dezentralisierung setzt erreichte Fortschritte aufs piel. Neue Grenzziehungen in einem Europa ohne renzen sind dabei sicherlich der falsche Ansatz und ürden bei der bisher eindeutigen Orientierung auf euro- äischen Werten eine Absage erteilen. Die Umsetzung des Abkommens hängt hinter dem eitplan zurück, war aber bislang auf gutem Weg. Es urden umfangreiche Verfassungsänderungen und ein roßer Teil der vereinbarten Gesetze verabschiedet, die ur Gleichberechtigung insbesondere der ethnisch alba- ischen Minderheit führen sollen – das begrüßen wir ehr. Inzwischen ist auch das Dezentralisierungsgesetz ur territorialen Neuordnung und das Gesetz über die tadt Skopje verabschiedet worden. Erhebliche Fortschritte sind im Bereich der Imple- entierung neuer gesetzlicher Regelungen erforderlich, twa bei der Teilhabe ethnischer Albaner in Politik und erwaltung. Das von der Regierung selbst gesteckte iel, bis Ende 2003 14 Prozent der Posten in der öffentli- hen Verwaltung und in staatlichen Unternehmen mit thnischen Albanern zu besetzen, ist nicht erreicht wor- en. Die Gründe hierfür liegen zumindest zum Teil in ei- em niedrigen Ausbildungsstand ethnischer Albaner und n der Tatsache, dass schon jetzt zu viel Personal im öf- entlichen Dienst beschäftigt wird. Ein weiteres Thema sind die griechisch-mazedoni- chen Auseinandersetzungen bezüglich der Namens- rage. Wir fordern beide Parteien in dem unter UN- chirmherrschaft anstehenden Gespräch auf, über die nterschiedlichen Positionen konstruktiv zu verhandeln. iese Frage ist für die Republik Mazedonien von hoher riorität, da es einen Teil ihrer Identität betrifft. Wir werden die politische Entwicklung in Mazedo- ien weiterhin mit großer Aufmerksamkeit verfolgen nd möchten unsere Unterstützung unterstreichen. Wir egrüßen die Fortschritte bei der Stabilisierung des Lan- es und der Annäherung an die euro-atlantischen Struk- uren. Diese Fortschritte sind das Ergebnis verantwor- ungsbewussten Handelns vor Ort sowie erfolgreicher onfliktprävention durch die internationale Gemein- chaft. Deutschland hat daran mit seinem hohen perso- ellen und finanziellen Engagement großen Anteil. Wir möchten uns im bilateralen und multilateralen ahmen weiter entschlossen für die Implementierung es Ohrider Abkommens einsetzen. Die Bundesregie- ung und die EU haben das Gesetz bisher unterstützt und ir drängen weiterhin auf einen schnellen Abschluss. Dr. Rainer Stinner (FDP): Das Ohrid-Abkommen at schon bisher eine segensreiche Wirkung für Mazedo- ien entfaltet. Ein Element dieses Abkommens ist die Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 12451 (A) ) (B) ) Dezentralisierung und die damit verbundene Verstär- kung der Minderheitenrechte. Das ist notwendig, das ist richtig. In Mazedonien gibt es ohne jeden Zweifel große Fortschritte. NATO-Offiziere betonen, dass die Reform des Militärischen Apparates so weit fortgeschritten ist, dass eine NATO-Mitgliedschaft schon in 2007 möglich ist. Und nun gibt es dieses Referendum. Es kann eine Falle für die Mazedonier sein. Es kann aber auch zu ei- ner Falle für die internationale Gemeinschaft werden. Wir wollen den Aufbau demokratischer Strukturen in Mazedonien. Dazu gehört nach der Verfassung dieses Landes auch die Durchführung von Referenden. Wir dürfen doch nicht ein Referendum per se ablehnen, nur weil uns vielleicht, ich sage vielleicht, der Inhalt nicht gefällt. Unbestritten ist, dass eine Dezentralisierung gemäß Ohrid durchgeführt werden muss. Mit dem vorliegenden Antrag wird so getan, als gebe es nur eine Art der De- zentralisierung. Es wird so getan, als sei jeder, der eine andere Art der Dezentralisierung will, damit automatisch ein Feind jeder Dezentralisierung, ein Feind der weiter- gehenden Einbeziehung der albanischen Minderheit in den politischen Gestaltungsprozess Mazedoniens. Das ist die Falle für uns. Wieso trauen wir uns zu, zu sagen, dass der regionale Zuschnitt in Struga und Kicevo sowie die Arrondierung in Skopje die einzig mögliche Lösung ist? Wieso trauen wir uns zu, zu sagen, die einzige Lö- sung sind 84 Gemeinden, wieso nicht 65 oder 123? Wer kann das von uns beurteilen? Vielleicht gibt es bessere Lösungen. Der Kompromiss ist unter den beiden Regie- rungsparteien zustande gekommen, die „kritischen Ge- meinden" sind dabei nicht einbezogen gewesen. Die Re- gierungskoalition hat die Bevölkerung nicht genügend über die Notwendigkeit der Dezentralisierung aufge- klärt, hat den Dialog mit der Bevölkerung und den Ge- meinden nicht gesucht. Auch dadurch ist das Referen- dum so populär geworden. Es ist aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass dieses Referendum Gefahren mit sich bringt. Für viele in Mazedonien ist das Referendum in der Tat der Ausdruck einer integrationsfeindlichen Haltung. Ist das Referen- dum erfolgreich, könnte die albanische Minderheit dies als Affront gegen sie ansehen. Genau aber gegen diese Folgen des Referendums müssen wir angehen. Wir müs- sen sagen, dass für uns der Prozess der Annäherung an Europa weitergehen soll. Dazu muss in jedem Fall eine Dezentralisierung gehören. Dieses Referendum hat in Mazedonien und in der in- ternationalen Gemeinschaft eine weit über den Inhalt des Referendums hinausgehende Bedeutung bekommen, die für uns gefährlich ist. Laufen wir nicht in die Falle, dass die Annahme des Referendums für uns quasi „das Ende der Geschichte bedeutet“. Wir können Mazedonier nur dann von demokrati- schen Verfahren und Minderheitenrechten überzeugen, wenn wir uns selber daran halten und auf legitime Weise zustande gekommene Entscheidungen respektieren. Da- her müssen wir Ihren Antrag ablehnen. A f b G s s p A n d p z v I s i d f r b O A A t u d ü z u k a d s s a r e s U n W f l g d (C (D nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Berufsaufsicht über Ab- schlussprüfer in der Wirtschaftsprüferordnung (Abschlussprüferaufsichtsgesetz – APAG) (Ta- gesordnungspunkt 16) Christian Lange (SPD): Die Bundesregierung ver- olgt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf das Ziel, ein erufsstandsunabhängiges und letztverantwortliches remium zu schaffen, das sich an internationalen Maß- täben orientiert und unter dessen Aufsicht der Berufs- tand der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buch- rüfer steht, die die gesetzlich vorgeschriebenen bschlussprüfungen der Unternehmen vornehmen. Wir reagieren mit diesem Gesetz auf die internatio- ale Entwicklung bei der Prüfung von Jahresabschlüssen er Unternehmen. Denn das Berufsrecht der Wirtschafts- rüfer und der vereidigten Buchprüfer befindet sich der- eit in einem starken Wandel. Wir wollen nationale, europäische und andere Initiati- en zur Verbesserung der Qualität, Unabhängigkeit und ntegrität des Prüferberufs berücksichtigen und – wo es innvoll und notwendig ist – auch umsetzen. Ich möchte nsbesondere die öffentliche Diskussion um die Qualität, ie Integrität und die Unabhängigkeit des Abschlussprü- ers ansprechen, die sowohl in den USA als auch in Eu- opa zu diversen Initiativen und Maßnahmen geführt hat zw. führen wird. Beispielsweise hat der Sarbanes- xley-Act in den USA einer berufsstandsunabhängigen ufsicht über Abschlussprüfer den Vorzug gegeben. Unabhängig davon hatte die Bundesregierung bereits nfang 2003, am 25. Februar 2003, in ihrem Zehnpunk- eprogramm zur Stärkung der Unternehmensintegrität nd des Anlegerschutzes angekündigt, unter anderem as nationale Aufsichtsrecht über Abschlussprüfer zu berprüfen und bis Anfang 2005 fortzuentwickeln und u konkretisieren. Die Bundesregierung reagiert damit nter anderem auch auf die Skandale und deren Auswir- ungen auf dem Kapitalmarkt. Der Gesetzentwurf orientiert sich außerdem an den bsehbaren Vorgaben der EU-Kommission im Rahmen er Novellierung der 8. Richtlinie, der so genannten Ab- chlussprüferrichtlinie. Die EU-Kommission verhandelt eit etwa einem Jahr über diese Richtlinie. Mit ihrer Ver- bschiedung können wir im Laufe des nächsten Jahres echnen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Einrichtung iner vom Berufsstand unabhängigen Aufsichtsinstanz etzen wir unsere Ankündigung um, eine Stärkung der nternehmensintegrität und des Anlegerschutzes vorzu- ehmen. Gleichzeitig handelt es sich dabei auch um eine eiterentwicklung des bisherigen Qualitätskontrollver- ahrens für den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer, das etzte Legislaturperiode durch die Bundesregierung ein- esetzt wurde. Die externe Qualitätskontrolle wird mit em vorliegenden Gesetzentwurf überarbeitet, sie wird 12452 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 (A) ) (B) ) transparenter und sachgerechter gestaltet. Selbstver- ständlich wurden dabei die wertvollen Hinweise des Qualitätskontrollbeirates aufgegriffen. Die Abschlussprüferaufsichtskommission erhält das fachbezogene Weisungsrecht über die Wirtschaftsprüfer- kammer, soweit diese Verwaltungsaufgaben in mittelba- rer Staatsverwaltung gegenüber Berufsangehörigen wahrnimmt. Ich freue mich, dass der Gesetzentwurf auch im Bun- desrat auf eine grundsätzlich positive Resonanz gestoßen ist. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2004 drei Änderungswünsche geäußert. Die Ergänzungsvorschläge betreffen die Einbezie- hung der Prüfungsverbände der Genossenschaften in das Qualitätskontrollverfahren über Abschlussprüfer bzw. es geht um die Berücksichtigung der spezifischen Situation der Sparkassen-Prüfungsstellen, wie auch der genossen- schaftlichen Prüfungsverbände, die Wert darauf legen, den Status als gleichwertige Abschlussprüfer zu behal- ten. Die zwei ersten Änderungsvorschläge werden akzep- tiert, der dritte Vorschlag befindet sich noch in der Prü- fungsphase. Dieser Punkt betrifft die Auswahl eines Prü- fers für die Qualitätskontrolle, der nach vorgesehener Gesetzesregelung durch die Kommission für Qualitäts- kontrolle aus triftigen Gründen abgelehnt werden könnte. Damit soll zum Beispiel künftig eine gegensei- tige Beauftragung der Abschluss- oder Wirtschaftsprüfer mit der Qualitätskontrolle verhindert werden. Mit dem neuen Aufsichtsgremium wollen wir keine staatliche Lösung einführen oder gar eine zusätzliche neue Behörde oder Verwaltungsstelle einsetzen. Das wäre im Zuge der Offensive für Bürokratieabbau weder sinnvoll noch zielführend. Daher schlagen wir eine so genannte modifizierte Selbstverwaltung vor. Das heißt, der Wirtschaftsprüfer- kammer wird, neben der Rechtsaufsicht durch das Bun- desministerium für Wirtschaft und Arbeit, eine neue „Abschlussprüferaufsichtskommission“ aufsichtlich vo- rangestellt werden. Damit halten wir auch weiterhin grundsätzlich an dem bewährten Prinzip der mittelbaren Staatsverwaltung fest. Für den Bundeshaushalt und auch für die Länder und die Kommunen entstehen keine zusätzlichen Kosten. Die Kosten, die durch die Abschlussprüferaufsichtskom- mission entstehen, werden ausschließlich von den Be- rufsangehörigen finanziert. Ich halte dies für eine vernünftige Lösung: Der bishe- rige Qualitätskontrollbeirat wird sowohl personell als auch inhaltlich erweitert und wird zukünftig als Abschluss- prüferaufsichtskommission firmieren. Das heißt, der jet- zige Qualitätskontrollbeirat wird entbehrlich bzw. geht in der Abschlussprüferaufsichtskommission auf. Die Abschlussprüferaufsichtskommission wird aus mindestens sechs und höchstens zehn ehrenamtlichen Mitgliedern bestehen, die in den letzten fünf Jahren vor ihrer Ernennung nicht persönliche Mitglieder der Wirt- schaftsprüferkammer gewesen sein dürfen; ebensowenig d n s v s b ü z f n W a r w s G A r A V t g s e o W g S d w S s u t t n R w u D B J b W v B s A R r p (C (D ürfen diese in den Bereichen Rechnungslegung, Fi- anzwesen, Wissenschaft oder Rechtssprechung tätig ein oder gewesen sein. Die Mitglieder der Kommission werden für die Dauer on vier Jahren ernannt, sie sind gegenüber der Wirt- chaftsprüferkammer unabhängig und nicht weisungsge- unden. Die Entschädigung der ehrenamtlichen Mitglieder ber die bisher bereits anfallenden Reisekosten und Sit- ungs- bzw. Tagegelder sowie über die bisher bereits an- allenden sonstigen allgemeinen Verwaltungskosten hi- ausgehende Kosten werden über den Haushalt der irtschaftsprüferkammer und damit durch Umlegung uf die Beiträge der Kammermitglieder geleistet. Das ist im Übrigen übliche Praxis bei der Finanzie- ung des bisherigen Qualitätskontrollbeirates, die wir, ie ich meine, beibehalten können. Denn aufgrund der achgerechten Umlage auf alle Berufsangehörigen und esellschaften dürften die unmittelbaren Kosten für die bschlussprüferaufsichtskommission zu keinen spürba- en Erhöhungen der Mitgliedsbeiträge führen. Negative uswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere auf das erbraucherpreisniveau, sind daher auch nicht zu erwar- en. Im Gegenteil: Der Markt für Prüfungsdienstleistun- en wird von der Einführung der Abschlussprüferauf- ichtskommission profitieren, denn wir leisten damit inen wichtigen Beitrag, um das Vertrauen der internati- nalen Kapitalmärkte zurück zu gewinnen. Die vorliegende WPO-Novellierung wird von den irtschaftsprüfern und der betroffenen Wirtschaft be- rüßt. Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat mir in einem chreiben vom 22. Oktober 2004 die positive Haltung es Verbandes bestätigt. Denn die Novellierung ist ein esentlicher, wenn auch nicht abschließender Schritt zur tärkung und Anerkennung der deutschen Berufsauf- icht auch im internationalen Rahmen. Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Jeder von ns kennt die Aussage Lenins: „Vertrauen ist gut, Kon- rolle ist besser“. Dennoch ist das Vertrauen für alle Un- ernehmungen das Betriebskapital, ohne welches kein ützliches Werk auskommen kann. Das Vertrauen der Jahresabschlussadressaten in die echnungslegung und teilweise in die Abschlussprüfung urde in der Vergangenheit durch zahlreiche nationale nd internationale Bilanzskandale erschüttert. Gott sei ank sind wir in Deutschland bisher von derartigen ilanzskandalen in dem Ausmaß, wie sie in den letzten ahren beispielsweise in den USA mit dem US-lmmo- ilienfinanzierer Fannie Mae, dem US-Telefonriesen old-Com oder dem großen Telekomkonzern Qwest orgekommen sind, verschont geblieben. Als eine Folge dieser Bilanzskandale wurden von der undesregierung die Entwürfe für das Bilanzkontrollge- etz, BilKoG, sowie das Abschlussprüferaufsichtsgesetz, PAG, und von der EU-Kommission Vorschläge zu ichtlinienmodernisierungen vorgelegt, die unter ande- em die Regelungen zur Berufsaufsicht der Wirtschafts- rüfer ändern sollen. Diese verstärkte Berufsaufsicht soll Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 12453 (A) ) (B) ) eine ordnungsgemäße Rechnungslegung gewährleisten und das Vertrauen in die Rechnungslegung wieder her- stellen. Der heute in erster Lesung vorgelegte Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Fortentwicklung der Berufsauf- sicht über Abschlussprüfer in der Wirtschaftsprüferord- nung, Abschlussprüferaufsichtsgesetz – APAG, ist Teil des von der Bundesregierung geplanten zweistufigen Enforcement-Systems zur Durchsetzung von Rech- nungslegungsstandards. Der Gesetzentwurf zielt auf Transparenz ab, das heißt er soll die Öffentlichkeit in die Überwachung einbeziehen, und darauf ab, den Berufs- stand der Abschlussprüfer und Abschlussprüferinnen in Deutschland unter eine letztverantwortliche, berufs- standsunabhänige Aufsicht zu stellen. Die einzurichtende Abschlussprüferaufsichtskommis- sion, APAK, soll die öffentliche Fachaufsicht über die der Wirtschaftsprüferkammer, WPK, als Selbstverwal- tungskörperschaft obliegenden Aufgaben wahrnehmen. Die APAK wird dabei ausschließlich aus berufsfremden Mitgliedern bestehen, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ernannt werden. Durch diese Be- rufsaufsicht, die vom Berufsstand unabhängig und von der Öffentlichkeit anerkannt werden soll, soll das Ver- trauen in die Arbeit der Wirtschaftsprüfer gefördert wer- den. Die APAK wird weitreichende Informationsrechte gegenüber der Wirtschaftsprüferkammer haben und ihr wird eine Letztverantwortlichkeit insbesondere im Be- reich der Berufsaufsicht und der Qualitätskontrolle zu- kommen. Die Kommission wird sich aus mindestens sechs und höchstens zehn ehrenamtlichen Mitgliedern zusammensetzen, die in den letzten fünf Jahren vor Er- nennung nicht Mitglieder der Wirtschaftsprüferkammer gewesen sein dürfen und die insbesondere in den Berei- chen Rechnungslegung, Finanzwesen, Wissenschaft oder Rechtsprechung tätig oder tätig gewesen sind. Diese berufsstandsunabhängigen Mitglieder werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit für vier Jahre ernannt. Sie sind unabhängig und nicht wei- sungsgebunden. Die APAK soll aus dem heute schon bestehenden Qualitätskontrollbeirat hervorgehen, der personell und inhaltlich erweitert wird. Das Gesetzes- vorhaben liefert damit grundsätzlich einen wichtigen Beitrag zur Begegnung des in der Öffentlichkeit festzu- stellenden Vertrauensverlustes in die Arbeit der Wirt- schaftsprüfer. Der Gesetzentwurf entwickelt darüber hinaus das System der Qualitätskontrolle weiter. Er greift dabei Er- kenntnisse auf, die der Qualitätskontrollbeirat aus den bisherigen Erfahrungen der Praxis gewonnen hat: Das Verfahren zur Benennung eines Prüfers für Qualitätskon- trolle soll transparenter und unabhängig ausgestaltet werden. Es soll eine Fortbildungspflicht im Bereich der Qualitätssicherung eingeführt werden. Die wesentlichen Berufspflichten zur Einführung, Unterhaltung und Kon- trolle eines Qualitätssicherungssystems sollen gesetzlich festgeschrieben werden. Die Vorgaben zu Inhalt und Aufbau des Qualitätskontrollberichtes sollen konkreti- siert werden. w v d z s e d d s t d a t d r h d B f m Z i 2 d O N s s s A P r a Ü e d A f g d e a d f s s W s z n k A g F u s s (C (D Der Gesetzesvorstoß der Bundesregierung wird so- ohl von der Wirtschaftsprüferkammer, WPK, als auch on dem Institut der Deutschen Wirtschaftsprüfer, IDW, ie über eine sehr hohe Mitgliederzahl von 87,45 Pro- ent verfügt, begrüßt. Das Institut Deutscher Wirt- chaftsprüfer hatte sich bereits vor geraumer Zeit für ine Verbesserung der Glaubwürdigkeit und Transparenz er Aufsicht über die Wirtschaftsprüfer, insbesondere urch die Einbeziehung unabhängiger Dritter in die Auf- ichtstätigkeit der Wirtschaftskammer, die Gesetzesinitia- ive zur Ausgestaltung der öffentlichen Aufsicht und die abei vorgesehene Einrichtung einer Abschlussprüfer- ufsichtskommission ausgesprochen, da sie im Eigenin- eresse des Berufsstandes liegt. Die geplanten Änderungen des APAG-E ändern die erzeit bestehende mittelbare Selbstverwaltung des Be- ufsstands der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buch- alter umfassend. Die Wirtschaftsprüferkammer verliert ie Letzentscheidungsbefugnis in der Organisation des erufsstands und ist einer neu eingerichteten berufs- remden Kommission zur Rechenschaft verpflichtet. Da- it bezieht die Bundesregierung aufbauend auf dem ehnpunkteprogramm zur Stärkung der Unternehmens- ntegrität und des Anlegerschutzes vom 25. Februar 003 unabhängige Dritte in die Aufsicht mit ein, ähnlich er US- Aufsichtsbehörde Public Company Accounting versight Board, PCAOB. Zugleich erfüllt sie Art. 31 r. 3 des Vorschlags der EU-Kommission zur Moderni- ierung der EU-Prüfrichtlinie, der von den Mitglieder- taaten eine berufsstandsunabhängige öffentliche Auf- icht fordert. Dennoch gebe ich hier zu Bedenken, dass die bschlussprüferaufsichtskommission mit einer breiteren ersonaldecke ausgestattet sein müsste, um den Forde- ungen nach einer berufsunabhängigen Überwachung us den USA, die mit dem PCAOB eine berufsfremde berwachung der Wirtschaftsprüfer verwirklicht haben, ntgegenkommen zu können und direkte Kontrollen urch das PCAOB zu verhindern. Der transparenten hndung der Pflichtverletzungen von Wirtschaftsprü- ern sind meines Erachtens die Möglichkeiten der auf- rund der geringen Zahl der Kommissionmitglieder und ie Tatsache, dass diese ehrenamtlich tätig sein sollen, nge Grenzen gesetzt. Ich möchte hiermit – gerade auch ls Befürworter von Bürokratieabbau – wahrlich nicht as künstliche personelle Aufblähen der Abschlussprü- eraufsichtskommission propagieren. Dennoch er- cheint mir angesichts der Zahlen von 12 194 Wirt- chaftsprüfern, 3 988 vereidigten Buchprüfern, 2 178 irtschaftsprüfgesellschaften und 148 Buchprüfungsge- ellschaften die Verhältnismäßigkeit gegenüber sechs bis ehn ehrenamtlich tätigen Kommissionmitgliedern als icht gegeben. Sicherlich wird auch die notwendige Glaubwürdig- eit dadurch erreicht werden, dass die Mitglieder der bschlussprüferaufsichtskommission, APAK, einschlä- ige Erfahrungen aus den Gebieten Rechnungslegung, inanzwesen oder Rechtsprechung mitbringen müssen nd zugleich seit mindestens fünf Jahren nicht mehr per- önliche Mitglieder der Wirtschaftsprüferkammer gewe- en sein dürfen. Damit sollte eine ausreichende Distanz 12454 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 (A) ) (B) ) zur Branche gewährleistet sein und Interessenskonflikte dürften vermieden werden. Aber es dürfte auch Schwie- rigkeiten bereiten, hinreichend qualifizierte Personen zu finden, die in den vorgenannten Bereichen tätig sind bzw. waren und in den letzten fünf Jahren vor ihrer Er- nennung nicht persönliche Mitglieder der Wirtschafts- prüferkammer waren. Zusammenfassend ist das Ziel der Bundesregierung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf das Vertrauen der Unternehmen und Unternehmern in die Abschlussprü- fung zu stärken und mit der Enforcement-lnstitution und einer strengeren Berufsaufsicht das Vertrauen des Kapi- talmarktes in eine hohe Qualität der Rechnungslegung wiederherzustellen, löblich. Dennoch kann weder eine gut ausgestattete Enforcement-lnstitution noch eine ver- schärfte Berufsaufsicht über gesetzliche Abschlussprüfer eine eindeutige Rechnungslegung garantieren. Es wäre vermessen, den Bericht der Prüfstelle bzw. die Veröf- fentlichung des Prüfungsergebnisses als umfassendes Gütesiegel für die Rechnungslegung des geprüften Un- ternehmens zu verstehen, da die Prüfbreite und -tiefe der Prüfung durch die Mitarbeiter der Prüfstelle nur sehr ge- ring sein kann. Die Prüfstelle muss dies kommunizieren, damit nicht eine Erwartungslücke in der Öffentlichkeit entsteht und zu guter Letzt das vielleicht wiedergewon- nene Vertrauen aufs Spiel gesetzt wird. In diesem Sinne kann ich mich nur der Aussage von Herrn Bundeswirtschafts- und -arbeitsminister Clement anschließen, dass die Novelle zwar ein weiterer wichti- ger, aber nicht abschließender Schritt zur Weiterentwick- lung der Berufsaufsicht ist. Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Mit dem heute zu beratenden Gesetzentwurf hat die Bundesregierung einen weiteren Baustein zur Ver- besserung des Anlegerschutzes und zur Stärkung der Unternehmensintegrität vorgelegt. Bereits im Zehnpunk- tepapier aus dem Jahre 2003 hatte sie angekündigt, das nationale Aufsichtsrecht über Abschlussprüferinnen und -prüfer bis Anfang 2005 fortzuentwickeln. Das Ab- schlussprüferaufsichtsgesetz sieht folgerichtig eine Stär- kung der berufsstandsunabhängigen Aufsicht über Wirt- schaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer vor. Damit soll jedoch weder eine staatliche Lösung ein- hergehen, noch wird eine zusätzliche neue Behörde oder Verwaltungsstelle dafür geschaffen. Diese Verbesserung führt also nicht zu einem neuen bürokratischen Mehrauf- wand. Vielmehr geht es um eine so genannte modifi- zierte Selbstverwaltung. Eine ausschließlich mit Berufs- fremden besetzte Abschlussprüferaufsichtskommission soll zukünftig die öffentliche fachbezogene Aufsicht ausüben. Diese Kommission wird weit reichende Infor- mationsrechte gegenüber der Wirtschaftsprüferkammer haben. Ihr wird praktisch eine Letztverantwortlichkeit insbesondere im Bereich der Berufsaufsicht und der Qualitätskontrolle zukommen. Auch wenn das Gesetz nicht zustimmungsbedürftig ist, hat die Bundesregierung doch die kleinen Einwände der Stellungnahme des Bundesrates gründlich bedacht und zum großen Teil übernommen. Im weiteren Gesetz- g w w e i d m s t E t g P h F s Q d h d i f g e Z w R t z z s t n d k ß s n W s O e w D s t P V R s k t a h (C (D ebungsverfahren wird zu prüfen sein, inwieweit die eiteren Vorschläge der Länder in das Gesetz einfließen erden. Auch über die Bedenken einzelner Verbände zu inigen Passagen des Entwurfs wird zu reden sein. Alles n allem gehe ich jedoch davon aus, dass größere Verän- erungen an diesem Regierungsentwurf nicht vorgenom- en werden, weil es dafür keinerlei Veranlassung gibt. Sehr positiv möchte ich noch bewerten, dass mit die- em Gesetz auch das System der Qualitätskontrolle wei- erentwickelt wird. Das zeigt, dass die praktischen rfahrungen und Erkenntnisse etwa des Qualitätskon- rollbeirats in relativ kurzer Zeit Eingang in die Gesetz- ebung finden. So soll das Verfahren zur Benennung von rüfern für Qualitätskontrolle transparenter und unab- ängiger werden. Und gerade vor dem Hintergrund der orderung nach lebenslangem Lernen sind die Vor- chläge zur Verbesserung der Fortbildung im Bereich der ualitätssicherung ausdrücklich zu begrüßen. Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass urch diese Verbesserungen für die öffentlichen Haus- alte keine zusätzlichen Kosten entstehen, angesichts er Kassenlage sollte dies deutlich betont werden. Alles n allem ist davon auszugehen, dass der Markt für Prü- ungsdienstleistungen von den vorgeschlagenen Neure- elungen profitieren wird. Weil im Gesetzentwurf auch uropäische bzw. andere internationale Initiativen im usammenhang mit dem Prüfungswesen berücksichtigt orden sind, ist das Gesetz auch mit europäischem echt vereinbar. Wir sollten – damit meine ich alle Frak- ionen in diesem Hause – zusehen, dass wir den Entwurf ügig beraten und das Gesetz somit möglichst schon um 1. Januar 2005 in Kraft treten kann. Rainer Funke (FDP): Das Vertrauen in die Ab- chlussprüfer hat aufgrund der Skandale in den Vereinig- en Staaten, aber auch in Deutschland in den vergange- en Jahren erheblich gelitten. Deshalb ist die Zielsetzung es vorliegenden Gesetzentwurfs, nämlich Unabhängig- eit und Integrität des Prüferberufs zu stärken, zu begrü- en. Auch ist die Einrichtung einer nicht staatlichen Ab- chlussprüferaufsicht und deren Ausstattung mit den otwendigen Kontrollbefugnissen grundsätzlich richtig. ahrscheinlich sind wir mittlerweile längst zu einem olchen Schritt gezwungen, weil nach dem Sarbanes- xley-Act in den USA die internationalen Kapitalmärkte ine solche Enforcement-Einrichtung auch von uns er- arten. Wie immer bei solchen Gesetzen steckt der Teufel im etail. Natürlich muss der Ordnungsrahmen für Ab- chlussprüfer nach den internationalen Vorfällen neu jus- iert werden. Natürlich müssen wir mit einer solchen rüferaufsicht klare Kante zeigen. Aber wir sollten der ersuchung nicht erliegen, mal wieder bei notwendigen egulierungen über das Ziel hinaus zu schießen. Wir sollten die bewährte Aufsichtsfunktion der Wirt- chaftsprüferkammer mit der Abschlussprüferaufsichts- ommission nicht konterkarieren oder doppeln. Wir soll- en vielmehr sehr eng und klar diese neue Einrichtung uf den Bereich der Pflichtverletzungen im Zusammen- ang mit gesetzlich vorgesehenen Abschlussprüfungen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 135. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 12455 (A) (C) (B) ) zuschneiden. Da scheint mir beim vorliegenden Gesetz- entwurf im ein oder anderen Fall eine Überbürokratisie- rung vorzuliegen. Das wollen wir in den anstehenden parlamentarischen Beratungen noch ausmerzen. Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister für Wirtschaft und Arbeit: Die Bundesregierung reagiert mit dem Abschlussprüferaufsichtsgesetz als Novellierung der Wirtschaftsprüferordnung auf die in- ternationale Entwicklung bei der Prüfung von Jahresab- schlüssen der Unternehmen. Diese Entwicklung betrifft insbesondere das berufliche Umfeld der Wirtschaftsprü- ferinnen bzw. Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüferinnen und vereidigten Buchprüfer, das sich schaftsprüferkammer nicht durch eine steuerfinanzierte, staatliche Lösung geschmälert wird. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung ist daher vor- gesehen, eine mit versierten Fachleuten besetzte Auf- sicht über die Wirtschaftsprüferkammer zu etablieren. Aufbau und Befugnisse dieser Aufsichtskommission werden sich an internationalen Maßstäben orientieren. Die Bundesregierung nutzt den Gesetzentwurf auch dazu, etliche Regelungen der so genannten externen Qualitätskontrolle zu überarbeiten, um sie transparenter und sachgerechter zu gestalten. Damit werden die wert- vollen Hinweise des Qualitätskontrollbeirates bei der Wirtschaftsprüferkammer aus der Vergangenheit aufge- zurzeit mit bemerkenswerter Dynamik verändert. Im Fo- kus stehen Qualität, Integrität und Unabhängigkeit der Abschlussprüfer und Abschlussprüferinnen. Bilanzskandale in der Vergangenheit in den USA und auch in Europa haben bereits zu diversen Initiativen und Maßnahmen geführt. So verhandelt seit etwa einem Jahr auch die EU-Kommission über die Reform der 8. EU- Richtlinie, der so genannten Abschlussprüferrichtlinie. Mit deren Verabschiedung ist im Laufe des nächsten Jah- res zu rechnen. Die Bundesregierung hatte unabhängig davon bereits Anfang 2003 mit ihrem Zehnpunktepapier zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes auf die Skandale und deren Auswirkungen auf die Kapital- märkte reagiert. Sie hatte angekündigt, unter anderem das nationale Aufsichtsrecht über Abschlussprüfer bis Anfang 2005 fortzuentwickeln. Die mit diesem Gesetz nun einzuführende berufs- standsunabhängige Aufsichtsstelle erfüllt in vollem Um- fang die avisierten Mindeststandards der demnächst no- vellierten 8. EU-Richtlinie. Zu betonen ist, dass die Aufsichtsstelle berufsstandsunabhängige Mitglieder ha- ben wird, die fachlich weisungsungebunden und letzt- entscheidend handeln. Es ist gemeinsame Überzeugung von Bundesregie- rung und Wirtschaftsprüfern in Deutschland, dass eine solche Aufsichtsstelle nicht zu einer Abschaffung der gewachsenen Strukturen der Selbstverwaltung führen darf, wie sie mit der Wirtschaftsprüferkammer in ihrer Funktion als mittelbare Staatsverwaltung bestehen. In der Konsequenz bedeutet das, dass die Position der Wirt- g f W a s t s m 2 z b n Q d s s s b r k d W e Z W f r z a p (D riffen. Die WPO-Novellierung wird von den Wirtschaftsprü- erinnen und Wirtschaftsprüfern sowie der betroffenen irtschaft ausdrücklich begrüßt. Insbesondere vor dem ktuellen Hintergrund der öffentlichen Diskussion wird ie helfen, das internationale Markt- und Anlegerver- rauen in die Qualität der Abschlussprüfung wieder zu tärken. Der Bundesrat hat zu dem Gesetz, das nicht zustim- ungspflichtig ist, im ersten Durchgang am 15. Oktober 004 mit drei Empfehlungen zu Ergänzungen des Geset- estextes Stellung genommen. Die Ergänzungsvorschläge etreffen die Einbeziehung der Prüfungsverbände der Ge- ossenschaften und der Sparkassenprüfstellen in das ualitätskontrollverfahren über Abschlussprüfer. Zwei er Vorschläge sind aus Sicht der Bundesregierung sehr innvoll und sollten im dafür einschlägigen Genossen- chaftsgesetz ihren Niederschlag finden. Der dritte Vor- chlag wird gegenwärtig noch daraufhin geprüft, welche esonderen Auswirkungen die Regelung auf die kleine- en Prüfungsverbände der Genossenschaften haben önnte. Hinsichtlich der Weiterentwicklung und Verbesserung er Berufsaufsicht über Wirtschaftsprüferinnen und irtschaftsprüfer sind die vorliegenden Ergänzungen in weiterer wichtiger, aber nicht abschließender Schritt. um Beispiel müssen die Ermittlungsbefugnisse der irtschaftsprüferkammer in berufsaufsichtlichen Ver- ahren, die Verwertung von Ergebnissen zwischen Be- ufsaufsicht und Qualitätskontrolle und das Verhältnis wischen Wirtschaftsprüferkammer und Generalstaats- nwaltschaft im Nachgang zu diesem Gesetz weiter ge- rüft werden. 135. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513500000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Zunächst eine ganze Reihe von Mitteilungen: Der

Kollege Jochen Welt hat am 22. Oktober 2004 auf seine
Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag verzichtet. Als
Nachfolgerin hat die Abgeordnete Hildegard Wester am
25. Oktober 2004 die Mitgliedschaft im Deutschen Bun-
destag erworben. Ich begrüße die Kollegin, die uns bereits
aus früheren Wahlperioden bekannt ist, sehr herzlich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat mit-
geteilt, dass die Kollegin Antje Hermenau als ordentli-
ches Mitglied aus dem Verwaltungsrat bei der Bundesan-
stalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ausscheidet. Als
Nachfolgerin wird die Kollegin Kerstin Andreae, die
bisher stellvertretendes Mitglied war, vorgeschlagen.
Neues stellvertretendes Mitglied soll die Kollegin Anja
Hajduk werden. Sind Sie damit einverstanden? – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann sind die Kollegin
Andreae als ordentliches Mitglied und die Kollegin
Hajduk als stellvertretendes Mitglied für den Verwal-
tungsrat bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-

Redet
aufsicht benannt.
Sodann teile ich mit, dass die Fraktion der SPD als

Nachfolger für den ehemaligen Kollegen Ernst Küchler
den Kollegen Dr. Hans-Ulrich Krüger als Schriftführer
benannt hat. Sind Sie damit einverstanden? – Ich höre
auch hier keinen Widerspruch. Dann ist der Kollege
Dr. Hans-Ulrich Krüger als Schriftführer gewählt.

Interfraktionell wurde vereinbart, die verbundene Ta-
gesordnung um die in einer Zusatzpunktliste aufgeführ-
ten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU
Haltung der Bundesregierung zur Einhaltung des europäi-
schen Stabilitätspakts und des Grundgesetze
neuer Finanzlöcher im Bundeshaushalt und
tenkasse sowie berichtete Begehrlichkeiten v
Eichel auf die höheren Einnahmen der Krank

(siehe 134. Sitzu (C (D ung 28. Oktober 2004 0 Uhr ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a)


(Ergänzung zu TOP 27)


ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Dritten Zusatzpro-
tokoll vom 4. Juni 2004 zum Abkommen vom 16. Juni
1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der
Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom
Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener
sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen
auf steuerlichem Gebiete
– Drucksache 15/4026 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Uwe Küster,
Dirk Manzewski, Jörg Tauss, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Grietje
Bettin, Jerzy Montag, Volker Beck (Köln), weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN: Wettbewerb und Innovationsdynamik im
Softwarebereich sichern – Patentierung von Compu-
terprogrammen effektiv begrenzen
– Drucksache 15/4034 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union

ext
Ausschuss für Kultur und Medien
ZP 3 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des

BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: EU-Waffenembargo ge-
genüber der Volksrepublik China
– Drucksache 15/4035 –

ZP 4 Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-
Energien-Gesetzes
– Drucksache 15/3923 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und

haft
für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
für Bildung, Forschung und
genabschätzung
für Tourismus
s angesichts
in der Ren-
on Minister
enkassen in-
ng)

Landwirtsc
Ausschuss
Ausschuss
Technikfol
Ausschuss






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Joachim Stünker,

Hermann Bachmaier, Sabine Bätzing, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Jerzy
Montag, Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN: Anwendung internationaler Rechnungsle-
gungsstandards in Deutschland sachgerecht und transpa-
rent fortentwickeln
– Drucksache 15/4036 –

(Aufruf Freitag, mit TOP 24)

Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

Ferner soll auch noch der Antrag der FDP-Fraktion auf
Drucksache 15/4064 aufgesetzt und mit der Türkei-
debatte aufgerufen werden. Von der Frist für den Beginn
der Beratung soll, soweit erforderlich, abgewichen wer-
den.

Des Weiteren sind folgende Änderungen vorgesehen:
Tagesordnungspunkt 7 soll mit Tagesordnungspunkt 11,
Tagesordnungspunkt 24 mit 26 sowie Tagesordnungs-
punkt 16 mit 17 getauscht werden. Nach Tagesordnungs-
punkt 15 soll der bisher ohne Debatte vorgesehene
Punkt 28 f – Anhörungsrügengesetz – mit 30 Minuten
beraten werden. Bei Tagesordnungspunkt 10 wird statt
des vorgesehenen Berichts gemäß § 62 Abs. 2 der Ge-
schäftsordnung die nunmehr vorliegende Beschlussemp-
fehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit bera-
ten.

Außerdem mache ich auf nachträgliche Überweisun-
gen im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerksam:

Der in der 132. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätzlich
dem Ausschuss für Tourismus zur Mitberatung über-
wiesen werden.

Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen
vom 18. November 2002 zur Gründung einer
Assoziation zwischen der Europäischen Ge-
meinschaft und ihren Mitgliedstaaten einer-
seits und der Republik Chile andererseits
– Drucksache 15/3881 (neu)
überwiesen:
Auswärtiger Ausschuss (f)


Der in der 133. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
zur Mitberatung überwiesen werden.

Antrag der Abgeordneten Reinhold Hemker,
Dr. Sascha Raabe, Dr. Herta Däubler-Gmelin und
der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten
Ulrike Höfken, Thilo Hoppe, Volker Beck

(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion

des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ernäh-
rung als Menschenrecht
– Drucksache 15/3956 –
überwiesen:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

I


(C (D Sind Sie mit den Vereinbarungen einverstanden? – ch höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a bis 3 d auf: a)


regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zum qualitätsorientierten und bedarfsgerech-
ten Ausbau der Tagesbetreuung und zur Wei-
terentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe

(Tagesbetreuungsausbaugesetz – TAG)

– Drucksachen 15/3676, 15/3986 –

(Erste Beratung 123. Sitzung)

Erste Beschlussempfehlung und erster Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend (12. Ausschuss)

– Drucksache 15/4045 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Caren Marks
Marlene Rupprecht (Tuchenbach)

Maria Eichhorn
Ekin Deligöz
Jutta Dümpe-Krüger
Ina Lenke

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (12. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Maria

Böhmer, Gerda Hasselfeldt, Maria Eichhorn,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Elternhaus, Bildung und Betreuung ver-
zahnen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke,
Klaus Haupt, Otto Fricke, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der FDP
Solides Finanzierungskonzept für den Aus-
bau von Kinderbetreuungsangeboten für
unter Dreijährige

– Drucksachen 15/3488, 15/3512, 15/4045 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Caren Marks
Marlene Rupprecht (Tuchenbach)

Maria Eichhorn
Ekin Deligöz
Ina Lenke

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (12. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Caren

Marks, Christel Humme, Sabine Bätzing,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD sowie der Abgeordneten Ekin Deligöz,
Irmingard Schewe-Gerigk, Jutta Dümpe-






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

Krüger, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Ausbau von Förderungsangeboten für Kin-
der in vielfältigen Formen als zentraler
Beitrag öffentlicher Mitverantwortung für
die Bildung, Erziehung und Betreuung von
Kindern

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ingrid
Fischbach, Maria Eichhorn, Dr. Maria
Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Ausbau und Förderung der Tagespflege als
Form der Kinderbetreuung in der Bundes-
republik Deutschland

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke,
Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Tagespflege als Baustein zum bedarfsge-
rechten Kinderbetreuungsangebot – Bes-
sere Rahmenbedingungen für Tagesmütter
und -väter, Eltern und Kinder

– zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus
Haupt, Ina Lenke, Cornelia Pieper, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Faire Chancen für jedes Kind – Für eine
bessere Bildung, Erziehung und Betreu-
ung von Anfang an

– Drucksachen 15/2580, 15/2651, 15/1590,
15/2697, 15/3036 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Caren Marks
Ingrid Fischbach
Ekin Deligöz
Ina Lenke

d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (12. Ausschuss) zu dem An-
trag der Abgeordneten Maria Eichhorn, Dr. Maria
Böhmer, Antje Blumenthal, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der CDU/CSU
Frauen und Männer beim Wiedereinstieg in
den Beruf fördern
– Drucksachen 15/1983, 15/3035 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Christel Humme
Maria Eichhorn
Irmingard Schewe-Gerigk
Ina Lenke

Zu dem Entwurf eines Tagesbetreuungsausbaugeset-
zes liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der
CDU/CSU vor. – Wieso heißt das eigentlich nicht Gesetz
zum Ausbau der Tagesbetreuung? Es wäre schöner,
wenn wir es so nennen würden; das könnte jeder sofort
verstehen.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Herr Präsident, Sie hätten sich in den Fraktionssitzungen dazu einmal melden sollen!)


Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile der Bundes-
inisterin Renate Schmidt das Wort.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Renate Schmidt, Bundesministerin für Familie,
enioren, Frauen und Jugend:
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten
erren! Meine sehr geehrten Damen! Wir wollen den
usbau der Tagesbetreuung nicht weiter verzögern. Des-
alb haben wir den Teil der Reform des SGB VIII vor-
ezogen, der den Ausbau der Betreuung für die unter
reijährigen sicherstellt, der die Tagesmütter besser ab-
ichert, ausbildet und damit aufwertet, der Kleinstkinder
uch unterhalb des dritten Lebensjahres ergänzend zur
amilie besser fördert und die Vereinbarkeit von Familie
nd Beruf erleichtert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ir haben diesen Teil vorgezogen, damit die Kommu-
en Planungssicherheit haben und dieses Gesetz gleich-
eitig mit Hartz IV in Kraft treten kann.
Im Bundesrat standen und stehen die Signale auf Ver-

inderung. Wir wollen den Bundesrat nicht umgehen.
ber wir können auch nicht zulassen, dass die Familien
n Westdeutschland in puncto Kinderbetreuung weiter-
in in einem Entwicklungsland leben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])


as sind wir nämlich mit einer Versorgungsquote von
,7 Prozent bei Plätzen in Einrichtungen und von rund
,5 Prozent in Tagespflege.
Der Versorgungsgrad hat sich im Zeitraum von 1994

is 2002, also in acht Jahren, um 1,5 Prozent verbessert.
enn wir keinen gesetzlichen Druck machen, würde es
20 Jahre dauern, um den französischen, 160 Jahre, um
en ostdeutschen, und 304 Jahre, um den dänischen Ver-
orgungsgrad in den alten Ländern zu erreichen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Einer der Sachverständigen fand, dass das im TAG
um Ausdruck gebrachte Misstrauen, dass ein bedarfs-
erechter Ausbau von selbst vonstatten gehe, mehr als
erechtigt sei. In Westdeutschland wurden drei Jahr-
ehnte lang Prioritäten zugunsten von Mehrzweckhallen
nd nicht zugunsten von Infrastrukturen für Kinder ge-






(A) )



(B) )


Bundesministerin Renate Schmidt

setzt. Dies rächt sich heute in den auch für Kommunen
finanziell angespannten Zeiten. Dennoch kann und darf
das Thema nicht wieder vertagt werden. In der Experten-
anhörung wurde ein eventuelles Scheitern als fatal be-
zeichnet.

Deshalb bitte ich herzlich darum, den Ausbau der Ta-
gesbetreuung nicht zu einer reinen Finanzfrage verkom-
men zu lassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es geht nämlich um weitaus mehr: Es ist eine wichtige
gesellschaftspolitische, eine zentrale familienpolitische,
eine wichtige gleichstellungs- und bildungspolitische
und nicht zuletzt eine ökonomische Frage. Denn nied-
rige Geburtenraten bedeuten schon heute ein geringe-
res Wirtschaftswachstum. Das jüngste Gutachten des
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung macht den
wirtschaftlichen Nutzen des TAG für Kommunen und
die öffentliche Hand deutlich.

Es ist ein wichtiges bildungspolitisches Thema; denn
eine unterbliebene frühe Förderung von Kindern, ergän-
zend zur Familie, bedeutet, dass bei uns weiterhin die
Herkunft eines Kindes mehr als irgendwo sonst in Eu-
ropa über seine künftigen Bildungschancen entscheidet.

Ich will natürlich auch etwas zu den Finanzen sagen.
Bitte strapazieren Sie ein klein wenig Ihre Erinnerung,
wenn es um diesen Bereich geht. Beim Rechtsanspruch
auf einen Kindergartenplatz hat die damalige Regierung
auf die Anfrage der damaligen Opposition, wie sie die
Kosten, die daraus entstehen, ausgleichen wolle, geant-
wortet – ich zitiere –:

Die Mehrbelastung der Kommunen muss nach der
Kostenaussage im Gesetzentwurf in die Neurege-
lung des Finanzausgleichs zwischen Bund und Län-
dern einfließen.

Ich betone: muss.

(Beifall bei der SPD)


Bis heute behaupten die Kommunen, damals nicht einen
Pfennig davon und auch weitestgehend nicht von dem
vorher beschlossenen höheren Mehrwertsteueranteil ge-
sehen zu haben.

Sie behaupten nun, das sei heute genauso wie zu Ihrer
Regierungszeit. Ich sage: Das stimmt nicht. Es stimmt
dann nicht, wenn die Länder ihre Zusage einhalten, ihre
Einsparungen durch Hartz IV, insbesondere beim Wohn-
geld, an die Kommunen weiterzugeben. Von dieser Zu-
sage wollen sie jetzt nichts mehr wissen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Man kann doch nicht dem Bund anlasten, dass Abspra-
chen auf der Länderseite nicht eingehalten werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Kosten sind im Übrigen seriös berechnet. Sie
werden nach einem Gutachten der TU Dresden, bezogen

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(C (D uf Westdeutschland, wahrscheinlich sogar noch ein weig niedriger ausfallen, als von uns berechnet. Ich gebe hnen dazu ein Beispiel. Sie, meine sehr geehrten Herren nd Damen von der Union, sagen in Ihrem Entschlieungsantrag, die Investitionskosten für einen neuen rippenplatz beliefen sich auf 42 000 Euro. Das stimmt ür eine neue Kinderkrippe mit einer Gruppe. Bei zwei ruppen betragen sie 36 000 Euro, bei der Erweiterung m eine Gruppe in einer bestehenden Einrichtung 0 000 Euro. Wir haben einen vernünftigen Mittelwert on 36 750 Euro angesetzt. Sie werden doch nicht ernstaft behaupten, dass westdeutschlandweit nur noch einruppige neue Krippen geschaffen werden. Das ist ein bsoluter Unsinn. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


o viel zur Seriosität Ihrer Berechnungen.
Die gesetzlichen Änderungen zur Weiterentwicklung

er Jugendhilfe, die wir nicht auf die lange Bank schie-
en wollen,


(Ina Lenke [FDP]: Das Gesetz haben Sie doch getrennt!)


erden den Kommunen noch einmal rund 220 Millionen
uro bringen. Insgesamt werden sie ab dem nächsten
ahr durch bundesgesetzliche Maßnahmen um 7 Milliar-
en Euro entlastet – und dies mit steigender Tendenz in
en Folgejahren. Hätten Sie bei unserer Gemeinde-
inanzreform mitgemacht, dann wäre diese Entlastung
eutlich höher.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


eshalb ist die Forderung nach einer umfassenden Ge-
eindefinanzreform in Ihrem Antrag schlicht und ein-
ach scheinheilig.
Den Entlastungen von 7 Milliarden Euro stehen im

rsten Jahr 620 Millionen Euro für den Ausbau der Be-
reuung der unter dreijährigen Kinder gegenüber. Das
üsste doch wirklich zu schaffen sein – auch vor dem
intergrund, dass wir zwar bis zum Jahr 2010 230 000
usätzliche Plätze für die unter Dreijährigen erreichen
ollen, gleichzeitig aber bis 2010 aufgrund der niedri-
en Geburtenrate 320 000 Plätze für die Drei- bis Sechs-
ährigen entfallen. Es ist doch absolut unseriös, die Ent-
astung durch die entfallenden Plätze nicht zu
erücksichtigen und sich dann darüber zu beklagen, dass
as TAG unfinanzierbar sei.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ch bin überzeugt: Wir werden es schaffen, dass West-
eutschland nicht Entwicklungsland in Sachen Kinder-
etreuung bleibt, und den guten Versorgungsstand in
stdeutschland erhalten.
An erster Stelle ist das TAG aber für die Kinder wich-

ig. Die dort verankerten Mindestbedarfe werden dazu
ühren, dass Kinder, deren Wohl es erfordert, eine
essere Förderung erhalten werden. Wir geben in
eutschland nicht nur zu wenig für Bildung aus, sondern






(A) )



(B) )


Bundesministerin Renate Schmidt

wir geben das Wenige auch noch falsch aus, nämlich vor
allen Dingen für die Oberstufen der Gymnasien und am
wenigsten für den vorschulischen Bereich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])


Aber in diesem Alter sind die Kinder am bildungsfähigs-
ten. Das ist kein Plädoyer – da sind wir uns fraktions-
übergreifend einig – für eine Verschulung des Alltags
von Kleinstkindern.


(Beifall der Abg. Jutta Dümpe-Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir wollen, wie es im TAG verankert ist, die Trias Be-
treuung, Bildung und Erziehung zum Nutzen der Kin-
der und der Familien praktizieren und mit Leben erfül-
len.

Ich möchte heute einmal mehr den Vorwurf zurück-
weisen, wir sähen das Allheilmittel der Familienpolitik
in der Kleinstkinderbetreuung. Diese schlichten Strick-
muster haben wir doch eigentlich nicht mehr nötig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir sollten in Deutschland endlich mit der Diskussion
über die einerseits angeblich verantwortungslose er-
werbstätige Rabenmutter und andererseits die angeblich
etwas depperte Nur-Hausfrau Schluss machen. Dies
dient den Betroffenen nicht, sondern nur denjenigen, die
mit Familie nichts im Sinn haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Für uns gilt: Die Politik hat den Menschen nicht vor-
zuschreiben, wie sie leben sollen, sondern hat ihnen zu
ermöglichen, dass sie so leben können, wie sie es wol-
len. Deshalb nehmen wir die Wünsche junger Menschen
ernst, die in ihrer erdrückenden Mehrheit eines wollen:
Sie möchten Erfolg im Beruf haben und sie möchten
Kinder haben. Das gilt für Männer und Frauen gleicher-
maßen.

Deshalb ist das TAG ein wichtiger – aber nicht der
einzige – Baustein, um diesen Wunsch zu erfüllen. Er ist
nicht der einzige, weil kein Elternpaar der Welt sein
Kind nach der Geburt in einer Krippe oder bei einer Ta-
gesmutter abgeben will, um es dann mit 18 Jahren mit
den vorher vereinbarten Qualitätsmerkmalen aus einer
Ganztagsschule abzuholen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Eltern wollen Zeit mit ihren Kindern verbringen und
Kinder brauchen Zeit mit ihren Eltern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deshalb gibt es die von mir gegründete Allianz für
die Familie mit der Zielsetzung einer besseren Balance
von Beruf und Familie. Deshalb gibt es meine Initiative
„Lokale Bündnisse für Familien“. Das 100. Bündnis
wird im November gegründet werden. Diese 100 re-

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(C (D räsentieren mehr als 15 Millionen Einwohner und Einohnerinnen in Deutschland. Familienfreundliche rbeitsbedingungen und mehr Familienund Kinderreundlichkeit vor Ort, das ist der zweite Baustein für ine erfolgreiche Familienpolitik. Sie, meine sehr geehrten Herren und meine sehr ge hrten Damen von der Union, glauben aber nach wie vor n das Allheilmittel Geld. Natürlich sind weiterhin geielte finanzielle bzw. materielle Leistungen notwendig, um Beispiel unser Kinderzuschlag für Geringverdieer. Solche gezielten materiellen Leistungen sind der ritte Baustein für eine erfolgreiche Familienpolitik. Bei den materiellen Leistungen sehen wir aber im eu opäischen Vergleich im Gegensatz zu den Kinderbereuungseinrichtungen, bei denen wir Schlusslicht sind, ar nicht so schlecht aus; wir befinden uns im europäichen Vergleich im oberen Drittel. Wir geben mehr Geld ls andere aus und sind dennoch weniger erfolgreich, eil wir zu sehr auf materielle Leistungen und zu wenig uf den Ausbau der Infrastrukturen gesetzt haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dass Kinderbetreuung hilft, Kinderwünsche zu erfül-
en, belegen diverse Umfragen, unter anderem die reprä-
entative Onlineumfrage „Perspektive Deutschland“ mit
50 000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen. All diese
mfragen kommen mit Zweidrittelmehrheiten der Be-
ragten zu dem Ergebnis, dass Deutschland mehr Betreu-
ngsmöglichkeiten für die unter Dreijährigen brauche
nd dies die Entscheidung für Kinder erleichtern würde.
Ihre Aussage, Sie stimmten unserem Anliegen zu,

önnten aber – ohne eine Alternative aufzuzeigen – un-
erem Gesetzentwurf nicht zustimmen, stellt Sie zu allen
esellschaftlich relevanten Gruppen in einen Gegensatz.
ie ist nicht nur fantasielos, sondern sie widerspricht
uch den Interessen von Kindern und Familien.
Wir werden Schritt für Schritt – das TAG ist ein wich-

iger und großer Schritt – erreichen, dass sich auch bei
ns junge Menschen ihre vorhandenen Kinderwünsche
rfüllen.
Zum Schluss meiner Rede mache ich eines deutlich:
nabhängig von all dem, was wir uns in der Familienpo-
itik vornehmen, bedarf es im Hinblick auf Kinder der
uversicht und des Optimismus. Wenn im Zusammen-
ang mit Kindern auch in der Politik nahezu ausschließ-
ch von materieller Last, von Armutsrisiko sowie von
ühsal und Plage geredet wird, dann dürfen wir uns
icht wundern, wenn vernünftige Menschen diese Las-
n und Risiken nicht auf sich laden wollen.


(Beifall des Abg. Klaus Haupt [FDP])

Daher appelliere ich an uns alle, die wir Kinder ha-

en, ein bisschen häufiger von Kindern als denen zu re-
en, die sie für mich und für uns alle an erster Stelle
ind: eine Freude, für die es sich lohnt, zu leben, zu ar-
eiten und Politik zu machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP und der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513500100

Ich erteile Kollegin Maria Eichhorn, CDU/CSU-Frak-

tion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1513500200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Ihr Umgang mit der Opposition ist unerträglich,
meine Damen und Herren von Rot-Grün. In einer Nacht-
und Nebelaktion haben Sie das ursprüngliche Gesetz in
zwei Teile aufgeteilt, um das Verfassungsorgan Bundes-
rat auszuhebeln.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ina Lenke [FDP])


Sie, Frau Ministerin, haben bereits am Dienstagnach-
mittag Interviews gegeben. Der Opposition, die am Mitt-
woch im Ausschuss darüber beraten sollte, ist die verän-
derte Sachlage jedoch erst nach 20 Uhr über einen
Änderungsantrag per E-Mail mitgeteilt worden. So kann
man mit uns nicht umgehen; unter Demokraten ist so et-
was nicht üblich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wenn Sie sonst keine Sorgen haben, Frau Eichhorn, dann kommen Sie doch mal zur Sache!)


Frau Ministerin, dies ist keine Basis für eine gute Zu-
sammenarbeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bereits im
Jahre 1996 hat die unionsgeführte Bundesregierung den
Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz durch-
gesetzt. Für uns war und ist wichtig, allen Kindern ab
drei Jahren einen Platz in einer Kinderbetreuungsein-
richtung zu sichern. Bereits damals hatten wir zusätzlich
formuliert, dass ein bedarfsbezogenes Angebot an Plät-
zen für Kinder unter drei Jahren und für Kinder im
schulpflichtigen Alter in Tageseinrichtungen vorzuhal-
ten sei.

Im Familienkonzept von CDU und CSU, das wir
2001 verabschiedet haben, heißt es:

Um Familie und Erwerbsleben besser miteinander
zu harmonisieren, wollen wir ein bedarfsgerechtes,
flexibles, qualitativ hochwertiges und bezahlbares
Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen für alle
Altersstufen …

Dieses Angebot soll nach unserer Auffassung bis hin zu
Ganztagsangeboten gehen. Dabei ist uns der Bildungs-
und Erziehungsaspekt ganz besonders wichtig. Großen
Wert legt unser Konzept auf die Ausweitung von Betreu-
ungsangeboten durch Tagesmütter sowie auf deren Qua-
lifikation und soziale Absicherung.

PISA hat bestätigt, wie wichtig die frühkindliche
Förderung ist. Daher ist neben dem quantitativen Aus-
bau der Tagesbetreuung ein Ausbau qualifizierter Ange-
bote dringend erforderlich. Dies hat nicht nur die Anhö-
rung Ende September gezeigt, sondern auch zahlreiche
Gespräche mit Fachkräften aus Einrichtungen der Kin-

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(C (D ertagespflege und der Kindertagesstätten bestätigen as. Unionsregierte Bundesländer wie Bayern, Hessen nd Niedersachsen haben im Bildungsbereich eine Voreiterrolle eingenommen. Sie haben zum Teil bereits vor en Ergebnissen von PISA Bildungsund Erziehungsläne entwickelt, die derzeit in der Erprobung sind. uch beim Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten ind unionsregierte Länder vorbildlich. Wir wollen Paaren die Entscheidung für Kinder er eichtern. Deshalb unterstützt die Union Eltern bei der ahrnehmung ihrer Erziehungsaufgaben und fördert die ereinbarkeit von Familie und Beruf. Damit kann em Wunsch insbesondere von Müttern nach Erwerbstäigkeit besser entsprochen werden. Wir haben mit der Einführung des Erziehungsgeldes, er Erziehungszeit und der Anrechnung der Kindererzieungszeiten in der Rentenversicherung bereits 1986 eue Weichen gestellt und diese Leistungen 1992 erhebich ausgebaut. Auch die finanziellen Leistungen in unerer Regierungszeit können sich sehen lassen. Wir haen sie in diesen Jahren auf rund 77 Milliarden DM erdreifacht. Sie haben, als Sie an die Regierung kamen, as Kindergeld abgeschafft. Der Ausbau von Betreuungsangeboten ist notwendig nd richtig. Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, dass er Beruf, wenn man kleine Kinder hat, nur dann unbeorgt ausgeübt werden kann, wenn man die Kinder in uten Händen weiß. Ich habe immer Beruf, Familie und olitik miteinander verbinden können und mich nie als abenmutter gefühlt. Ich hatte dabei allerdings das lück, auf Großeltern zurückgreifen zu können, die soar zu mir ins Haus kamen. Heute können sich die Eltern icht von vornherein auf ein familiäres Netz verlassen. aher ist ein vielfältiges flexibles Angebot an Kinderbereuungen vom Kleinstkindalter an erforderlich. Dafür tehen wir als Union. Wir stehen für Kinderbetreuung, ir wollen sie. (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Dann gibt es eine einfache Antwort: Stimmen Sie zu!)


(Widerspruch bei der SPD)


Die Betreuung durch Tagesmütter hat in den letzten
ahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Gerade für
ie ganz Kleinen ist dies die ideale Form der Betreuung.
ie ist flexibel und kann individuell nach den Wünschen
er Eltern gestaltet werden.
Zur Verwirklichung des Kinderwunsches sind jedoch

eben dem Ausbau der Kinderbetreuung auch die finan-
ielle Förderung von Familien sowie die Stärkung der
lternkompetenz unverzichtbar. Diese drei Säulen – Ver-
inbarkeit von Familie und Beruf, finanzielle Förderung
nd Stärkung der Elternkompetenz – haben wir in dem
ereits erwähnten Familienkonzept von 2001 festgelegt.
ieses Familienkonzept ist nach wie vor aktuell und gül-
ig.






(A) )



(B) )


Maria Eichhorn

Eine aktuelle Studie von Allensbach belegt: Fast die

Hälfte der Kinderlosen gibt die hohen Kosten als Grund
für ihren Verzicht auf Kinder an. Genauso viele haben
das Gefühl, dass sie den Anforderungen als Vater oder
Mutter nicht gewachsen sind. Deshalb dürfen wir nicht
beim Ausbau von Betreuungsangeboten stehen bleiben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Unterstützung von Frauen und Männern bei der Ver-
einbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit muss wei-
tergehen. Dabei müssen wir die Eltern im Blick haben,
die wegen der Kinder zunächst einige Zeit aus dem Be-
ruf aussteigen, später aber an ihre berufliche Karriere an-
schließen wollen. Dafür müssen wir genauso viel tun;
das dürfen wir nicht vergessen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Gerade vor dem Hintergrund der demographischen

Entwicklung und dem sich abzeichnenden Fachkräfte-
mangel kann man auf die gut ausgebildeten Frauen nicht
verzichten. Wir sind auf sie angewiesen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Notwendig sind daher nicht nur flexible Arbeitszeiten,
sondern auch die Möglichkeiten für Arbeitnehmer, wäh-
rend der Elternzeit Kontakt zum Betrieb zu halten. El-
tern brauchen individuelle Zeitsouveränität. Daher müs-
sen innovative, maßgeschneiderte Konzepte in
Zusammenarbeit mit Arbeitgebern entwickelt und geför-
dert werden, damit der Wiedereinstieg gelingt. Wir war-
ten auf Vorschläge von Ihnen, wie Sie Eltern beim Wie-
dereinstieg helfen wollen. Wir haben Ihnen unsere
Vorschläge dazu in unserem Antrag vorgelegt. Sie brau-
chen sie nur umzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Kernpunkt unserer Familienpolitik ist die Wahlfrei-

heit. In der Begründung des Gesetzentwurfes reden Sie
viel davon und verweisen auf Urteile des Bundesverfas-
sungsgerichts. Im Gesetzentwurf selber jedoch richten
Sie den Betreuungsbedarf einseitig auf Erwerbstätigkeit
aus.


(Nicolette Kressl [SPD]: Quatsch! Das ist eine Unterstellung!)


Aus unserer Sicht ist dies zu eng ausgelegt und schränkt
die Wahlfreiheit in erheblichem Maße ein.

Ein Ehepaar – er Arzt, sie Architektin – mit einem
Kind hat nach Ihrem Gesetzentwurf einen Anspruch auf
ein Angebot zur Kinderbetreuung. So weit, so gut. Das
Facharbeiterehepaar jedoch mit fünf kleinen Kindern,
bei dem die Frau zu Hause die Erziehungsarbeit leistet
und natürlich sehr belastet ist, hat nach Ihrem Gesetzent-
wurf keinen entsprechenden Anspruch. Das ist keine
Verwirklichung des Anspruchs auf Wahlfreiheit.


(Beifall bei der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Gibt es wohl!)


Deswegen haben wir im Ausschuss einen entsprechen-
den Änderungsantrag eingebracht, den Sie jedoch abge-
lehnt haben.

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(C (D Wir wollen eine quantitativ und qualitativ bessere Beeuung, die Eltern nicht über Gebühr finanziell belastet. oraussetzung hierfür ist eine verlässliche Finanzieungsgrundlage, die Sie, Frau Ministerin, im Ausschuss war versprochen, aber nicht sichergestellt haben. Auch enn Sie es noch so oft sagen: Es wird nicht wahrer. Die inanzierung ist nicht gesichert. Sie sagen jedes Mal, sie ei gesichert. Der Kollege Götz wird Ihnen nachher geau vorrechnen, dass dem nicht so ist. ie haben Ihr Wort gebrochen. Letztlich geht Ihr Finanierungsdefizit zulasten der Eltern; denn diese müssen ann über höhere Beiträge die Zeche zahlen. Wir wollen den Ausbau der Kinderbetreuung. Sie ist otwendig. Deswegen fordern wir Sie, Frau Ministerin, uf, ein solides Finanzierungskonzept vorzulegen; denn inder sind die nachhaltigste Zukunftsinvestition, die es berhaupt gibt Ich erteile der Kollegin Katrin Göring-Eckardt, Frak ion des Bündnisses 90/Die Grünen, das Wort. Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513500300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Liebe Frau Eichhorn, ich habe mir gerade vor-
estellt, wie sich wohl Mütter und Väter, die am Fernse-
er oder hier oben auf der Tribüne Ihre Rede gehört ha-
en, gefühlt haben.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das war gut!)

ie haben gesagt, was Sie alles schon gemacht haben.
ie haben ein bisschen kleinkrämerisch darüber geredet,
as wir getan haben, damit dieses Gesetz besonders
chnell in Kraft tritt.


(Ina Lenke [FDP]: Das ist Ihre Bewertung! – Nicolette Kressl [SPD]: Ein bisschen kleinkrämerisch?)


ie haben hier heute eine der üblichen Sonntagsreden
ehalten. Sie hatte mit der Lebensrealität derjenigen in
nserem Land, die Kinder und insbesondere kleine Kin-
er haben, überhaupt nichts zu tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Maria Eichhorn [CDU/ CSU]: Sie wissen doch, dass das so nicht ist! – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Unfug!)


Ich meine, wir sollten eines ganz klar sagen: Heute ist
in guter Tag für die Eltern und Familien, für die Kinder
Deutschland.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Hoffentlich!)


aran gibt es nichts zu deuteln. Das ist ein Tag, auf den
h lange gewartet habe und auf den viele viel zu lange
arten mussten.






(A) )



(B) )


Katrin Göring-Eckardt


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ina Lenke [FDP]: Auch unter Ihrer Regierung!)


– Ja, auch unter unserer Regierung. Das ist völlig richtig,
Frau Lenke. Sonst wäre es nämlich wieder nichts gewor-
den; sonst hätten wir uns wieder Jahr für Jahr die Sätze
von Frau Eichhorn anhören müssen.


(Ina Lenke [FDP]: Was haben Sie für Wahlversprechen gemacht, die Sie nicht eingehalten haben!)


Das ist ein Tag, der in eine Reihe von anderen Tagen
passt, an denen wir wichtige Dinge gemacht haben. Seit
1998 geben wir 20 Milliarden Euro mehr als 1980 für
Kinder aus.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Wir haben 1996 den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz eingeführt! Sie hätten das alles schon zwei Jahre danach haben können!)


Das bedeutet durchschnittlich etwa 1 000 Euro mehr pro
Kind im Jahr. Das ist auch unter Berücksichtigung der
finanziellen Transferleistungen eine große Leistung.
Deswegen lassen wir uns in dieser Hinsicht auch keine
Vorwürfe von Ihnen machen;


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


es wird auch nicht dabei bleiben.
Warum haben wir diesen Gesetzentwurf auf den Weg

gebracht? Was ist eigentlich das Problem? Die Gebur-
tenrate in Deutschland ist eine der niedrigsten. Die Er-
werbsquote von Frauen ist extrem niedrig. 1 Million
Kinder lebt in Deutschland immer noch von der Sozial-
hilfe. Schauen wir uns nur die Situation in Berlin an:
Dort ist im letzten Jahr ein Schultest durchgeführt wor-
den. Dabei kam heraus, dass ein Viertel der Kinder auf-
grund mangelnder Sprachkompetenz nicht fähig war, die
Schule zu besuchen und dem Unterricht zu folgen.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das durfte man ja jahrelang nicht ansprechen!)


Die Betreuungsquote von unter Dreijährigen stagniert
in Westdeutschland bei 2,7 Prozent. In Ostdeutschland
ist sie von 50 Prozent auf 37 Prozent gesunken. Um
diese Situation zu ändern, haben wir diesen Gesetzent-
wurf erarbeitet. Sie sagen zwar, dass er nicht helfen
wird. Aber ich sage Ihnen: Doch, er wird helfen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir wollen, dass jedes Kind eine Chance hat, egal woher
es kommt und wie dick das Portemonnaie der Eltern ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])


Es kann nicht sein – ich finde, das muss man wiederho-
len –, dass in Deutschland nur 10 Prozent der Kinder aus
Arbeiterfamilien, aber 70 Prozent der Kinder aus Akade-
mikerfamilien Abitur machen können. Dieser Zustand

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(C (D uss beendet werden. Dabei müssen wir bei den ganz leinen Kindern ansetzen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir wissen längst, dass bereits ganz kleine Kinder
prachkompetenz, motorische Kompetenz und
ozialkompetenz sehr früh einüben müssen. Natürlich
in diesem Punkt stimme ich vielem, was hier gesagt
urde, zu – geschieht dies am allerbesten innerhalb ei-
er Familie. Aber das Leben ist leider nicht so, dass das
n allen Familien funktioniert. Deswegen ist es für meine
egriffe eine zutiefst soziale Aufgabe, diese Chancen
uch denen zu geben, die sie von zu Hause nicht mitbe-
ommen. Daher ist die Betreuung der unter Dreijährigen
o wichtig. Dass viele bzw. immer mehr Kinder in
eutschland von Armut betroffen sind, hat auch damit
u tun, dass wir ihnen zu wenig Bildungschancen geben.
ir müssen aus dem Teufelskreislauf „Armut, zu wenig
ildung, Entstehung neuer Armut“ heraus. Mit diesem
esetz zum Ausbau der Betreuung der unter Dreijähri-
en wollen wir ihn durchbrechen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nun zum lieben Geld.

(Ina Lenke [FDP]: Ach ja! Jetzt ist es aber gut! Sie sagen: Wir machen ein Gesetz, aber das Geld kommt woanders her!)


s ist richtig, dass die Opposition dieses Thema an-
pricht. Seit 1991 ist das Recht auf Betreuung von unter
reijährigen Bestandteil des Kinder- und Jugendhilfege-
etzes. Wir haben sehr lange darauf gewartet, dass dieses
echt in die Realität umgesetzt wird. Sie haben es da-
als eingeführt und die entsprechende Kompetenz den
ommunen und Ländern zugewiesen. Was passiert ist,
issen wir. Die Realität zeigt uns: In Westdeutschland
eträgt die Betreuungsquote 2,7 Prozent. Renate
chmidt hat in einem Interview darauf hingewiesen,
ass es beim gegenwärtigen Tempo 175 Jahre dauern
ürde, bis wir eine bedarfsgerechte Betreuung erreicht
ätten. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Das dauert mir zu
ange.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


o lange, bis das erreicht ist, können auch wir weiß Gott
icht regieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Gemäß der Verabredung im Bundesrat sind 1,5 Mil-
iarden Euro für den Ausbau der Betreuung der unter
reijährigen zur Verfügung gestellt worden. Dieser Be-
rag von 1,5 Milliarden Euro steht allerdings nicht auf
em Papier.


(Ina Lenke [FDP]: Doch! Auf dem Papier! Aber natürlich!)







(A) )



(B) )


Katrin Göring-Eckardt

Vielmehr heißt es in der Revisionsklausel, dass der
Bund, wenn es zu höheren Ausgaben kommt, mehr Mit-
tel bereitstellen muss.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das ist gerade in diesem Fall auch richtig.

(Ina Lenke [FDP]: Aber doch nicht für die Kinder betreuung! Das ist doch ein Popanz!)

300 000 Kindergartenplätze werden frei. Schauen Sie
sich einmal an, was die Länder tatsächlich unternehmen.
Ich muss Ihnen sagen: Wir können wirklich nicht auch
noch dafür verantwortlich sein, dass dieses Geld in vie-
len Ländern nicht weitergegeben wird. Das ist das Pro-
blem, vor dem wir stehen. Frau Eichhorn, kümmern Sie
sich darum, dass dieses Geld in den Ländern weitergege-
ben wird;


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Maria Eichhorn [CDU/ CSU]: Kümmern Sie sich darum!)


denn in Thüringen und vielen anderen Ländern geschieht
das bisher nicht. Wenn die Länder das Geld weitergeben,
wird es auch bei den Kommunen ankommen.

Eines muss ich direkt an die Adresse der Kommunen
sagen: Ich glaube, es geht auch um Prioritätensetzung.
Das DIW hat ausgerechnet, dass es sich für die Kommu-
nen auch in finanzieller Hinsicht lohnt, in die Kinderbe-
treuung zu investieren, weil dann in vielen anderen Be-
reichen weniger Geld ausgegeben werden muss. Im
Grunde genommen wissen wir das. Auch in den Kom-
munen sollte man das wissen. Man sieht zwar landauf,
landab überall neue Feuerwehrhäuser. Aber es wäre ganz
schön, wenn nebenan auch einmal ein neuer Kindergar-
ten oder eine neue Kinderkrippe entstehen würde.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ina Lenke [FDP]: Das ist doch bloß wieder Polemik!)


Der dritte Grund, aus dem wir diesen Gesetzentwurf
erarbeitet haben, ist die Verbesserung der Vereinbarkeit
von Familie und Beruf. Es geht doch vor allen Dingen
um die Wahlfreiheit. Niemand möchte den Eltern vor-
schreiben, was sie tun sollen und wie sie leben sollen.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das habe ich aber schon ganz anders gehört!)


90 Prozent der Mütter sagen: Wir wollen berufstätig
sein. Bei den Vätern sind es 100 Prozent. Die Wahlfrei-
heit, das tun zu können, was man möchte, und Beruf und
Familie tatsächlich zu verbinden, sollten wir endlich her-
stellen. Deswegen ist dieses Gesetz so wichtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie haben von der Ungleichbehandlung geredet und
die Facharbeiterfamilie mit fünf Kindern erwähnt. Sie
müssen das Gesetz noch einmal lesen, den Passus, in
dem es um das Kindeswohl geht.

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(C (D (Nicolette Kressl [SPD]: Genau! – Zuruf von der CDU/CSU: Das haben die Fachleute aber komischerweise anders ausgelegt! Die sind anderer Meinung als Sie!)


elbstverständlich sollen auch Familien mit fünf Kin-
ern und einer Mutter, die nicht berufstätig ist, Plätze in
iner Kinderbetreuungseinrichtung zustehen. Es geht
ns ja gerade darum, dass alle diese Möglichkeit bekom-
en. Wir haben so hart gearbeitet und das Geld bereitge-
tellt, damit im Jahr 2010 bedarfsgerecht Plätze für die
etreuung unter Dreijähriger vorhanden sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Man kann es auch ganz ökonomisch sehen. Schauen
ie sich die Länder an, in denen die Quote der Frauen,
ie erwerbstätig sind, höher ist als bei uns: Dort gibt es
in höheres Wachstum. Sie sagen ja immer, wir bräuch-
n Wachstum, damit Arbeitsplätze geschaffen werden.
enn die Quote der Frauen, die erwerbstätig sind, steigt
nd Arbeitsplätze geschaffen werden, steigt auch das
achstum. Auch deswegen rechnet es sich.
In Ostdeutschland steuern Frauen 50 Prozent zum Fa-
ilieneinkommen bei, in Westdeutschland sind es
0 Prozent. Ich finde, da könnte sich der Westen einmal
em Osten angleichen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])


Zum Schluss: Auch wenn sie ein bisschen nach Zu-
unftsmusik klingt, möchte ich Ihnen eine Geschichte
rzählen, die ich neulich in Bielefeld gehört habe. Da hat
ine berufstätige Mutter in der Kindertagesstätte angeru-
en und gesagt: Entschuldigung, ich werde mich etwas
erspäten. Ich habe hier noch Stress und muss noch ein
aar wichtige Telefonate führen. Aber ich komme in ei-
er Viertelstunde. – Die Erzieherin am anderen Ende der
eitung sagte zu der Mutter: Wissen Sie was? Gehen Sie
och in Ruhe einkaufen und kommen Sie dann ungehetzt
ierher. Ich lese Ihrem Sohn so lange noch etwas vor. –
ie fand die beiden in trauter Eintracht auf dem Sofa
eim Vorlesen. Mutter und Sohn hatten noch einen sehr
chönen, sehr entspannten Abend.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Wunderbar!)


Ich glaube, das ist keine Zukunftsmusik, sondern das,
as wir anstreben sollten, nämlich dass es unseren Kin-
ern tatsächlich gut geht – in der Familie und in der Kin-
erbetreuungseinrichtung. Sie sollten aufhören, hier ge-
chäftsmäßig darüber zu reden, ob die Finanzierung
timmt oder nicht, sondern sich mit uns anstrengen und
or allen Dingen eines klar machen: Kinderbetreuung ist
ichtig für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands, sie ist
ine der zentralen Zukunftsaufgaben. Machen Sie mit
nd hören Sie auf, herumzumäkeln und vergangenheits-
erichtete Reden zu halten!
Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513500400

Ich erteile das Wort Kollegin Ina Lenke, FDP-Frak-

tion.

Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1513500500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau

Göring-Eckardt, seit 1998 sind Sie an der Regierung,
doch erst heute, im Jahr 2004, legen Sie diesen Gesetz-
entwurf vor. Von daher haben Sie das verzögert und nie-
mand anders. Sie haben die Mehrheit hier im Haus.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Dann stimmen Sie doch zu!)


Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion will
mehr Bildung, Betreuung und Erziehung von Anfang an.
Zustimmen werden wir dem Gesetz von Rot-Grün nicht,
weil die Finanzierung fehlt. Wir alle wissen, der Bedarf
an Betreuung unter Dreijähriger in den Städten und Ge-
meinden hätte nach dem KJHG, dem Kinder- und Ju-
gendhilfegesetz, gedeckt werden müssen. Aber noch ist
Bedarf vorhanden, er ist nicht gedeckt.

Wer hat heute als Mutter oder Vater schon das Glück
– sei es in Schleswig-Holstein, sei es in Hamburg oder
Bayern –, einen Krippenplatz zu ergattern?


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was ist mit Niedersachsen?)


Die Chancen dafür stehen ziemlich schlecht. Dies zu än-
dern ist Aufgabe von CDU- und SPD-geführten Bundes-
ländern; das muss man ganz deutlich sagen.


(Beifall bei der FDP)

Viele Eltern, insbesondere Alleinerziehende und Akade-
mikerinnen, die ihren Kinderwunsch realisieren wollen,
erwarten von uns eine bessere Infrastruktur. Kinderbe-
treuungsangebote – das wissen wir alle, darüber sind wir
uns einig – sind der Schlüssel für die bessere Vereinbar-
keit von Familie und Beruf.

Ein gezielter Ausbau der Kinderbetreuung bringt
langfristig ökonomisch mehr ein, als er kostet. Er bringt
Vorteile für Mütter und Väter, hinsichtlich der demogra-
phischen Entwicklung, für die Unternehmen und für den
Staat, der Mehreinnahmen an Steuern und Sozialversi-
cherungsbeiträgen hat, wenn Mütter berufstätig sind.
Diese Mittel fehlen heute in unseren Kassen. Die FDP
will ganz besonders viele allein erziehende Frauen mit
Kindern, die bisher auf Sozialhilfe angewiesen waren,
dabei unterstützen, ihren Lebensunterhalt für sich und
ihr Kind eigenverantwortlich zu verdienen, damit sie
nicht mehr von der Sozialhilfe abhängig sind.

Das Ministerium hat errechnet, dass
230 000 Betreuungsplätze für unter Dreijährige fehlen.
160 000 Krippenplätze sollen entstehen und 68 500 Plätze
sollen durch Tagesmütter und -väter angeboten werden.
Frau Ministerin, diese Aufteilung ist sehr vernünftig;
denn im ländlichen Raum werden wir kaum viele Krip-
pengruppen einrichten können.

Sie binden die Tagesmütter zwar in ihr Konzept ein,
haben es aber bis heute nicht geschafft, verlässliche

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(C (D ahmenbedingungen für Tagesmütter, -väter und -eltern orzulegen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie FDP hat hier und heute einen Antrag vorgelegt. Ich
itte Sie – das habe ich im Ausschuss schon gesagt –,
ich den Antrag noch einmal sehr genau anzuschauen
nd in Ihrem Ministerium mit ihm etwas anzufangen.
Erstens wollen wir für die Tagesmütter klare, einfa-

he, unbürokratische und bundeseinheitliche steuer- und
ozialversicherungsrechtliche Regelungen. Zweitens
ollen wir die Befreiung von der gesetzlichen Renten-
ersicherungspflicht, aber eine Pflicht zur Versicherung.
rau Ministerin, drittens wollen wir, dass Sie die Förder-
ücke zwischen dem zweiten und dem dritten Lebensjahr
chließen. Weder von den Grünen noch von der SPD
abe ich irgendetwas dazu gehört.


(Klaus Haupt [FDP]: Ja!)

is zum zweiten Lebensjahr des Kindes gibt es Erzie-
ungsgeld. Einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung
ibt es aber erst ab dem dritten Lebensjahr.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN]: Das machen wir doch gerade!)

Nein, das tun Sie nicht. – Viertens wollen wir – davon
abe ich heute auch nichts gehört – die Anerkennung der
inderbetreuungskosten für Arbeitnehmerinnen und Ar-
eitnehmer als Werbungskosten, wenn die Frauen bzw.
änner berufstätig sind. Schreiben Sie von uns ab und
bernehmen Sie die guten Vorschläge der FDP!


(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Bildung im vorschuli-

chen Bereich hat für die FDP eine große Bedeutung.
ein Kollege Klaus Haupt wird gleich noch darüber re-
en. Auch Kinder, die zu Hause gut gefördert werden,
rofitieren nachweislich von einer qualitativ hochwerti-
en außerfamiliären Betreuung. Ich habe selbst drei En-
elkinder und kann sehr gut nachvollziehen, dass das so
t. Die FDP will deshalb bundesweit Mindeststandards
ür Bildung und Betreuung. Ich glaube, wir alle sind uns
inig, dass wir das nicht den Ländern und Kommunen
berlassen sollten. Wir wollen, dass die Kinder beim
chuleintritt die gleichen Bildungschancen haben.
Warum stimmen wir dem TAG nicht zu, obwohl es
haltlich von uns sehr begrüßt wird und wir in vielen
eilen Gemeinsamkeiten haben?


(Nicolette Kressl [SPD]: Ja, das frage ich mich auch!)


Ich erkläre es Ihnen, da Sie es noch nicht wissen. – Die
on der Regierung konstruierte Finanzierung der durch
as Tagesbetreuungsausbaugesetz anfallenden Kosten
ber die erwarteten Einsparungen durch die Zusammen-
gung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im Rahmen
on Hartz IV ist für uns unseriös und unglaubwürdig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Ina Lenke

Die erforderlichen 1,5 Milliarden Euro werden nämlich
nicht aus dem Bundeshaushalt bezahlt, sondern über
Hartz IV; viele Bürgerinnen und Bürger wissen das
nicht. Heute weiß aber niemand, ob den Kommunen
Geld in der Höhe übrig bleibt, die Sie errechnet haben.
Das ist so, auch wenn Sie von der Regierungsbank sich
noch so sehr weigern, das anzuerkennen.

Erinnern wir uns: SPD und Grüne haben vor der
Bundestagswahl 2002 wie 1998 auch mit dem Verspre-
chen Hunderttausender neuer Betreuungsplätze ge-
glänzt. Hier reden Sie die Frage der Finanzierung he-
runter. Das finde ich nicht in Ordnung.


(Beifall bei der FDP)

Wer den Kommunen hier aus dem Bundestag konkrete
Aufgaben zuweist, der muss auch dafür sorgen, dass die
Finanzierung sichergestellt ist. Das ist der große Pferde-
fuß des Gesetzes. Diese Milchmädchenrechnung geht
nicht auf. Deshalb machen wir nicht mit.

Obwohl ich die Ministerin wirklich bei jeder Aus-
schusssitzung und bei jedem Gespräch gefragt habe, wo
die nachprüfbaren Berechnungen sind, hat sie sie bisher
nicht vorgelegt. Sie hat immer nur gesagt, sie könne die
Kosten quantifizieren, sie könne mir ganz genau sagen,
wie viel es kostet. Nun, das eine ist die Kostenseite und
das andere ist die Seite, wie die Kosten bezahlt werden.

Ich fasse zusammen: Inhaltlich stimmt die FDP dem
TAG zu. Da die Finanzierung nicht gesichert ist, werden
wir uns bei der Abstimmung aber enthalten.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513500600

Ich erteile das Wort Kollegin Nicolette Kressl, SPD-

Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1513500700

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir

entscheiden heute darüber, ob Eltern in Zukunft endlich
Wahlfreiheit haben werden, ob sie Berufstätigkeit und
Familie miteinander vereinbaren oder für eine gewisse
Zeit zu Hause bleiben wollen.

Frau Eichhorn, Sie haben in Ihrem Redebeitrag be-
hauptet, wir täten das Gegenteil. Was für eine veraltete
Vorstellung von Wahlfreiheit haben Sie denn?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wahlfreiheit heißt, dass Eltern, wenn sie sich für die Ver-
einbarkeit von Familie und Beruf entscheiden, ein ent-
sprechendes Angebot erhalten. Für uns heißt das, dass
wir für die Bereitstellung des Angebots sorgen müssen.
Das bedeutet aber nicht, dass wir den Eltern die Ent-
scheidung aus der Hand nehmen. Für mich ist es die
Aufgabe der Politik, ein Angebot zu machen. Behaupten
Sie nicht, wir würden uns nicht um die Wahlfreiheit
kümmern.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will Ihnen noch etwas zu dem sagen, was mir bei
hrer Rede aufgefallen ist. Sie haben sich hier hingestellt
nd erklärt, Wahlfreiheit würde vor allem durch mate-
ielle Leistungen geschaffen, die Sie in Ihrer Regierungs-
eit auf den Weg gebracht hätten. Habe ich mich verhört
der verlesen? Hat es nicht mehrere Urteile des Verfas-
ungsgerichtes gegeben, die sich auf die materiellen De-
izite in Ihrer Regierungszeit bezogen und die wir jetzt
msetzen müssen? Wo bin ich eigentlich?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513500800

Kollegin Kressl, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Eichhorn?

Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1513500900

Aber natürlich.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das verlängert die Redezeit! Das ist gut!)



Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1513501000

Frau Kollegin Kressl, würden Sie zur Kenntnis neh-
en, dass es in meiner Rede beim Thema Wahlfreiheit
berhaupt keine Unterschiede zu dem gibt, was Sie ge-
agt haben? Sie unterstellen mir, dass es unterschiedliche
nsichten gibt. Lesen Sie bitte unsere Konzepte nach!
ir gehen von der Wahlfreiheit für alle Familien aus.
as bedeutet, dass diejenigen, die einer Erwerbstätigkeit
achgehen wollen, diese Möglichkeit auch erhalten sol-
en. Daher setzen wir uns für eine bedarfsgerechte Kin-
erbetreuung ein.
Aber wir wollen auch, dass diejenigen, die sich dafür

ntscheiden, eine gewisse Zeit zu Hause zu bleiben, ähn-
iche Möglichkeiten haben und dafür die entsprechenden
oraussetzungen geschaffen werden. Daher brauchen
ir den Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten und
inanzielle Förderung. Genau das ist unser Konzept.
em können Sie nicht widersprechen; denn das können
ie jederzeit nachlesen.

Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1513501100

Sehr geehrte Frau Eichhorn, lassen Sie mich zu Ihrer

rage einige Bemerkungen machen:
Erstens. Wahlfreiheit für Eltern entsteht dann, wenn
irklich etwas getan wird und es nicht nur in Konzepten
teht. Das aber erleben wir bei Ihnen nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Wer war denn in den letzten Jahren an der Regierung?)


Zweitens. Sie haben in Ihrer Rede behauptet, mit un-
erem Konzept würden wir die Wahlfreiheit einschrän-
en. Ich habe nur klargestellt, dass für uns die Wahlfrei-
eit nur dann gegeben ist, wenn beides vorhanden ist:






(A) )



(B) )


Nicolette Kressl

die materielle Unterstützung, die wir in unserer Regie-
rungszeit von 1998 bis 2002 in einem Maße ausgebaut
haben, an das Sie nie gedacht haben, und die Infra-
struktur.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Bitte? Das stimmt doch gar nicht!)


Wahlfreiheit entsteht dann, wenn wir Eltern tatsächlich
beide Alternativen anbieten. Seien Sie so gut und reden
Sie nicht immer nur von Ihren Parteitagsbeschlüssen,
sondern sagen Sie Ihren Kollegen in den Ländern, dass
sie dem Ausbaukonzept zustimmen sollen!


(Ina Lenke [FDP]: Sie aber auch!)

Dann können wir miteinander darüber reden, wer wirk-
lich etwas für Familien tut.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Vielen Dank für die Frage!)


Wir wissen, dass frühkindliche Förderung ein ganz
wichtiger Bestandteil von Kinder- und Jugendhilfe so-
wie von Betreuungskonzepten ist. Auch da, Frau
Eichhorn, will ich auf einen Punkt eingehen, den Sie
vorhin angesprochen haben. Sie haben behauptet, mit
unserem Konzept sei es nicht möglich, dass Eltern von
fünf Kindern Tagesbetreuungsangebote für unter Drei-
jährige in Anspruch nehmen können.


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Das haben Sie doch gestern abgelehnt!)


Haben Sie vielleicht übersehen, dass als drittes Bedarfs-
kriterium das Kindeswohl im Vordergrund steht? Selbst-
verständlich wollen wir den Kommunen diesen Freiraum
geben. Ich bin davon überzeugt, dass in ganz vielen
Kommunen in diesem Fall für das Kindeswohl entschie-
den wird. Ich habe sehr viel Vertrauen in das, was die
Kommunen tun werden. Wenn Sie das nicht haben, ist
das Ihr Problem. Diese Freiheit wollen wir den Kommu-
nen geben; das Kindeswohl steht im Mittelpunkt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Drittens. Wir entscheiden heute auch darüber, dass in
Zukunft Alleinerziehende eine echte Chance haben wer-
den, einen Arbeitsplatz anzunehmen, weil sie die Kin-
derbetreuung erhalten.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wer entscheidet das?)


Schauen Sie sich den Armuts- und Reichtumsbericht an!
Dort wird deutlich, dass die Armutsfalle, in der Allein-
erziehende häufig sind, nicht darauf beruht, dass wir zu
wenig soziale Transferleistungen haben, sondern darauf,
dass die Alleinerziehenden keine Erwerbstätigkeit auf-
nehmen können. Wir müssen einen entscheidenden
Schritt in diese Richtung tun. Auch darüber entscheiden
wir heute mit den Bedarfskriterien des Gesetzes.


(Beifall bei der SPD – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist völlig unstrittig!)


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(C (D ür uns bedeutet dieser Weg einen gesellschaftlichen ortschritt. Lassen Sie uns ehrlich sein: Es ist nicht so, ass wir vorneweg marschieren, sondern wir erkennen ie gesellschaftlichen Veränderungen bei uns und beween uns endlich politisch. (Ina Lenke [FDP]: „Endlich“! Da haben Sie Recht!)


Frau Lenke, wenn Sie „endlich“ sagen, dann muss ich
arauf hinweisen, dass wir vier Jahre lang Ihre materiel-
en Defizite ausgleichen mussten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


Es gab ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, auf-
rund dessen wir das Kindergeld erhöhen mussten. Wir
ussten auch bei den Freibeträgen nachbessern. Wir
üssen dies Schritt für Schritt abarbeiten.
Wir entscheiden im Übrigen heute auch darüber, dass
ir nicht immer nur über Vereinbarkeit von Familie und
eruf reden, sondern dass endlich auch die gesetzlichen
ahmenbedingungen geschaffen werden.


(Ina Lenke [FDP]: Die fehlen!)

rau Ministerin Schmidt hat schon darauf hingewiesen,
ie langsam sich ohne gesetzlichen Druck die Rahmen-
edingungen zum Positiven verändern. Weil wir nicht
mmer nur reden wollen, haben wir uns für die Auftei-
ung des Gesetzes entschieden.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Ina Lenke [FDP]: Ach Gott!)


Was erstaunt Sie eigentlich daran? Was erstaunt Sie
aran, wenn uns in Meldungen angekündigt wird, dass
ie Union im Bundesrat verzögern und blockieren wird?


(Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Unsinn! – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Wie Sie mit Geld umgehen, spottet jeder Beschreibung!)


ir sind verpflichtet, uns darum zu kümmern, dass die
ltern die gesetzlichen Rahmenbedingungen bekom-
en. Das ist Verpflichtung und keine Trickserei.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Hätten Sie die Ablehnung nicht angekündigt, dann
ätten wir dieses Gesetz nicht aufteilen müssen.

(Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Das stimmt nicht, Frau Kressl! Das ist eine Unterstellung!)

Ich will den Kommunen deutlich sagen: Es war nicht

nser Wunsch, das Gesetz aufzuteilen. Wir hätten das
usammenfügen der beiden Teile für sinnvoll gehalten,
eil darin auch die Entlastung der Kommunen im Be-
eich des Kinder- und Jugendhilfegesetzes enthalten ist.
er zweite Teil des Gesetzes, der den Bereich des Kin-
er- und Jugendhilfegesetzes betrifft, wird von uns wei-
r verfolgt werden. Sowohl die Weiterentwicklung in
em Bereich als auch die finanzielle Entlastung der
ommunen ist uns wichtig. Wir werden das nicht liegen






(A) )



(B) )


Nicolette Kressl

lassen, sondern nach ausführlicher Beratung weiter da-
ran arbeiten. Wir hoffen, die Zustimmung des Bundesra-
tes zu erhalten.

Lassen Sie mich noch die Finanzierung ansprechen.
Die Entlastung in Höhe von 2,5 Milliarden Euro steht
nicht nur auf dem Papier; vielmehr hat der Vermittlungs-
ausschuss eine Revisionsklausel beschlossen, mit deren
Hilfe sichergestellt wird, dass die Nettoentlastung tat-
sächlich bei den Ländern ankommt. Die Länder müssen
diese Entlastung an die Kommunen weitergeben. Wir le-
gen Wert darauf, dass das geschieht; denn die Länder ha-
ben sich im Vermittlungsausschuss dazu verpflichtet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Besonders interessant ist, dass sich die Vertreterinnen
und Vertreter der Union hier hinstellen und uns etwas
von unseriöser Finanzierung erzählen.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: So ist es!)

Ich erwarte von allen, dass sie sich einmal das Ge-

samtkonzept der CDU/CSU anschauen:

(Zuruf von der SPD: Welches?)


Steuerentlastung, Streichung der Gewerbesteuer, Finan-
zierung der geplanten Kopfpauschale im Gesundheitsbe-
reich über Steuern in Höhe von 30 Milliarden Euro.


(Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Wer fährt den Haushalt denn ständig an die Wand?)


Ich erwarte, dass sich Ihre Familienpolitiker und Famili-
enpolitikerinnen, statt Insellösungen zu fordern, vor Au-
gen führen, was Ihr Gesamtkonzept für die Kommunen
bedeutet. Ich kann mir nicht vorstellen, wie Herr Götz
– er ist der nächste Redner – den Kommunen die massi-
ven milliardenhohen Steuerausfälle erklären will, zumal
gleichzeitig die Kinderbetreuung ausgebaut werden soll.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie sollten an dieser Stelle nicht heucheln. Wir wollen
wissen, wie Ihr Gesamtkonzept aussehen soll.

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen. Hinsicht-
lich der Gewerbesteuer und der Finanzierung der Kom-
munen wird deutlich, welche Entlastungen unsere Refor-
men in diesem Bereich auf den Weg bringen.


(Ina Lenke [FDP]: Ach nee! Erst belasten, dann entlasten!)


In meinem Wahlkreis habe ich kürzlich eine Zeitungs-
meldung über eine Stadt gelesen, die deutlich steigende
Gewerbesteuereinnahmen zu verzeichnen hat. Die Mel-
dung trug die Überschrift: Wir dürfen nicht zu schnell
euphorisch werden. Das ist sicherlich richtig – wir müs-
sen das in der Tat beobachten –, aber die Behauptung,
dass hier alles den Bach heruntergeht, ist absolut un-
wahr. Ich bitte Sie, im Interesse der Familien bei der
Wahrheit zu bleiben, um diese nicht zu verunsichern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Wir reden schon sehr lange über die Notwendigkeit er Kinderbetreuung; einige von Ihnen haben es auch chon angesprochen. Für mich ist es eine Frage der laubwürdigkeit, die gesetzlichen Rahmenbedingungen uf den Weg zu bringen. ir haben vier Jahre lang dem Kindergeld Priorität eineräumt; jetzt gilt unsere Priorität der Infrastruktur. Sie müssen uns erklären, wie sich Folgendes mitei ander vereinbaren lässt: Sie stellen auf der einen Seite est, dass Sie die Kinderbetreuung ausbauen wollen, ündigen aber auf der anderen Seite an, dass Sie unseem Gesetzentwurf nicht zustimmen können. Heute orgen konnten wir verfolgen, wie Frau Böhmer den asenpreis fürs Hakenschlagen verdient hat, als sie erlärte, warum ihre Fraktion unserem Gesetzentwurf icht zustimmen kann. Das ist völlig absurd. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Ina Lenke [FDP]: Das wird Zeit!)


Wenn wir wissen, dass der Ausbau der Kinderbetreu-
ng notwendig ist, dann sollten wir auch das Nötige tun
nd dem Gesetzentwurf zustimmen. Ich denke, Deutsch-
and hat eine solche Haltung nach dem Motto „Eigent-
ich wollen wir ja, aber wir können trotzdem nicht!“
icht verdient. Das haben die Familien nicht verdient.
ringen Sie die von Ihnen regierten Länder dazu, dem
esetzentwurf zuzustimmen! Geben Sie sich einen Ruck
nd stimmen Sie ebenfalls zu! Alle werden es Ihnen dan-
en.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513501200

Ich erteile Kollegen Peter Götz, CDU/CSU-Fraktion,

as Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1513501300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr geehrten Damen und Herren! Nach sechs
ahren Regierung hat Rot-Grün jetzt auch die Kinder
ntdeckt.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Jetzt machen Sie sich doch nicht lächerlich! – Zuruf von der SPD: Wo waren Sie denn in den sechs Jahren?)


er gesellschaftliche Wandel hat das Leben der Familien
n Deutschland geändert. Das hat auch Einfluss auf die
amilienpolitik. Es ist unstrittig, dass in Deutschland auf
ielen Gebieten Handlungsbedarf besteht. Das gilt auch
ür den wichtigen Bereich der Erziehung, Bildung und
etreuung unserer Kinder.


(Zuruf von der SPD: 16 Jahre haben Sie die Familien vergessen!)







(A) )



(B) )


Peter Götz

Wie wir alle wissen, ist eine gute Erziehung im Eltern-
haus die beste Grundlage für eine positive Entwicklung
unserer Kinder.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie ist durch nichts zu ersetzen. Durch eine frühzeitige
gute Erziehung und Bildung wird der Grundstein für das
spätere Leben gelegt.

Unstrittig ist auch, dass in einigen Bundesländern
beim Ausbau der Kinderbetreuungsangebote Nachholbe-
darf besteht. Die Anhörung im zuständigen Fachaus-
schuss des Deutschen Bundestags hat aber deutlich ge-
zeigt, dass einige Länder der Meinung sind, keine
bundeseinheitliche Regelung zu brauchen, da sie bereits
eigene Programme aufgelegt haben.


(Nicolette Kressl [SPD]: Sie waren doch gar nicht da!)


Wir sollten in der Diskussion berücksichtigen, welche
Unterschiede zwischen Ihrem Gesetzentwurf und unse-
rem Ansatz bestehen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Was für ein Ansatz?)

Sie setzen auf eine institutionelle Lösung, die auf Bun-
desebene organisiert und dann von den Kommunen um-
gesetzt werden soll. Wir hingegen wollen individuelle
Lösungen mit einer großen Wahlfreiheit für die Men-
schen, die Familie und Beruf vereinbaren wollen.


(Zuruf von der SPD: Der Garant dafür, dass nichts passiert!)


Wir wollen aber auch die Familien stärken, die ihre klei-
nen Kinder zu Hause erziehen wollen. Für uns steht ohne
Frage das Wohl des Kindes im Mittelpunkt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie versuchen, mit dem Gesetzentwurf auf untaugli-

che Weise Symptome zu kurieren,

(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist doch nicht zu fassen!)

ohne die Ursache für die fehlenden Betreuungsangebote
anzugehen. Frau Ministerin, die Fragen, die wir uns
vorab stellen müssen, lauten deshalb: Welches ist die
Ursache? Wo liegt die Wurzel für den unbefriedigenden
Zustand der Kinderbetreuung? Viele Städte und Gemein-
den engagieren sich seit Jahren im Rahmen ihrer finan-
ziellen Möglichkeiten für eine bessere Kinderbetreuung.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Viele? Viel zu wenige!)


Dort ist schon sehr viel geschehen, aber ohne Zweifel
noch lange nicht genug. Wir wollen familienfreundliche
Kommunen. Aber die Kommunen stehen finanziell mit
dem Rücken an der Wand. Durch Ihre kommunalfeindli-
che Politik seit sechs Jahren


(Widerspruch bei der SPD – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Immer die gleiche Leier!)


befinden sich die Kommunen in ihrer schwersten Fi-
nanzkrise seit Bestehen der Bundesrepublik Deutsch-
land. Das können Sie nicht leugnen.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Noch so eine Nummer!)


Die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpoliti-
er, die viel enger und direkter mit den Bürgerinnen und
ürgern im Austausch stehen, würden gerne eine quali-
ätsorientierte Betreuung der Kinder anbieten. Aber sie
önnen es einfach nicht mehr. Meine Damen und Herren
on der Regierungskoalition, Sie haben innerhalb von
echs Jahren den Kommunen durch Ihre Politik die Luft
um Atmen genommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

eit sechs Jahren verteilt die Bundesregierung Wahlge-
chenke im sozialen Bereich und lässt andere dafür be-
ahlen.


(Zurufe von der SPD: Was? – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist doch unglaublich! Dann sagen Sie doch mal, wo wir was streichen sollen!)


as ist unanständig, um mit den Worten Ihres Bundes-
anzlers zu reden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ir wollen, dass der Grundsatz, der im „normalen“ Le-
en gilt, auch in der Politik gilt: Wer bestellt, der be-
ahlt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513501400

Kollege Götz, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Humme?

Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1513501500

Ja.

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513501600

Frau Humme, bitte.

Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1513501700

Herr Götz, da Sie kommunalpolitischer Sprecher Ih-

er Fraktion sind, verwundert mich besonders Ihre Aus-
age, wir hätten sechs Jahre lang nichts für die Kommu-
en getan. Ich nenne Ihnen einmal ein paar Zahlen.
arum verschweigen Sie, dass wir die Kommunen
urch die Reform der Gewerbesteuer um 3 Milliarden
uro entlasten? Warum verschweigen Sie, dass wir die
ommunen durch Hartz IV um 2,5 Milliarden Euro ent-
asten?


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist überhaupt nicht wahr!)


arum verschweigen Sie, dass die Kommunen im
ächsten Jahr insgesamt um 7 Milliarden Euro entlastet
erden? Warum verschweigen Sie – das scheint mir viel
ichtiger zu sein –, dass Sie es waren, die im Vermitt-
ungsausschuss verhindert haben, dass den Kommunen
urch eine Mindestgewinnbesteuerung mehr Geld zuge-






(A) )



(B) )


Christel Humme

führt wird? Last, not least: Wenn wir zusammen mit Ih-
nen das Steuervergünstigungsabbaugesetz im Vermitt-
lungsausschuss durchbekommen hätten, hätten Bund,
Länder und Kommunen 25 Milliarden Euro mehr. Wa-
rum sollen wir es sein, die die Kommunen mit unserer
Politik alleine lassen? Wie sieht denn Ihre Politik aus?


(Beifall bei der SPD)


Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1513501800

Ich gebe Ihnen gerne eine Antwort. Die Kommunen

sind im Augenblick dabei, ihre Haushalte für das Jahr
2005 aufzustellen. Die Ausgaben für soziale Leistungen
steigen im kommunalen Bereich dramatisch,


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Leider wahr!)

und zwar auf ein Niveau, das es in Deutschland noch nie
gegeben hat, nämlich auf 30 Milliarden Euro in diesem
Jahr, Tendenz weiter steigend. In diesem Jahr haben die
kommunalen Kassenkredite das Rekordniveau von
18 Milliarden Euro erreicht, das heißt also, dass die
Kommunen in diesem Jahr ihr Konto um diesen Betrag
überziehen. Wenn Sie angesichts dessen behaupten, dass
das eine Ihrer tollen Leistungen sei, dann kann zumin-
dest ich das nicht nachvollziehen. Das ist die erste Be-
merkung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Irgendwie haben Sie die Frage nicht verstanden! Beantworten Sie doch einmal die Frage! – Zurufe von der CDU/CSU: Frau Humme, stehen bleiben!)


– Frau Humme, bitte bleiben Sie stehen. Ich möchte Ihre
Frage vollständig beantworten. Sie müssen Geduld ha-
ben.


(Christel Humme [SPD]: Bis jetzt habe ich noch keine Antwort!)


Zweite Bemerkung, zu der von Ihnen angesprochenen
Gewerbesteuer. Es ist richtig, dass wir nicht wollen, dass
diejenigen Unternehmen, die Probleme haben, die Kre-
dite aufnehmen müssen, weil sie kurz vor der Insolvenz
stehen, die Zinsen für diese Kredite bei der Gewerbe-
steuerschuld zusätzlich versteuern müssen. Das wollten
Sie, aber nicht wir. Deshalb haben wir das abgelehnt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir wollten auch nicht – deshalb haben wir das ebenfalls
abgelehnt –, dass Freiberufler zur Gewerbesteuerzah-
lung herangezogen werden. Das hätte nur dazu geführt,
dass die Freiberufler Steuerberater beauftragt hätten, um
dafür zu sorgen, dass keine Gewerbesteuer gezahlt wer-
den muss.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist immer noch nicht eine Antwort auf die Frage!)


Das wäre ein Nullsummenspiel bzw. ein Beschäfti-
gungsprogramm für Steuerberater gewesen. Sie haben
sich in diesem Bereich oft selbst widersprochen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



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(C (D Ich gehe nun auf eine Bemerkung von Frau Kressl ein vielleicht ist das eine Ergänzung meiner Antwort auf hre Frage, Frau Humme –, die die Stadt Gaggenau als eispiel genannt hat. Zufälligerweise kenne ich die Situaion dieser Stadt. Das hängt auch damit zusammen, dass ch vor meiner Zeit im Deutschen Bundestag dort Bürermeister war und insofern die Details ein bisschen enne. (Andreas Scheuer [CDU/CSU], an Abg. Nicolette Kressl [SPD] gewandt: Das war ein Schuss in den Ofen!)


Sie haben in Ihrem Beispiel verschwiegen, dass ein
roßes Unternehmen dieser Stadt über viele Jahre Ver-
stvorträge in Anspruch nehmen konnte und dass das
un beendet ist. Jetzt bekommt diese Stadt wieder Ein-
ahmen aus der Gewerbesteuer. Viele Jahre gab es von
iesem Unternehmen keine Gewerbesteuer. Das zeigt ei-
es der Kernprobleme der Gewerbesteuer: Wir brauchen
Bereich der Kommunalfinanzen Veränderungen, die

ine nachhaltige, verlässliche Finanzierung der Kommu-
en ermöglichen. Wenn das der Fall ist, haben die Kom-
unen eine Chance, die Kinderbetreuung auf den Weg
u bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Volker Kauder [CDU/CSU], an Abg. Christel Humme [SPD] gewandt: Frau Kollegin, versenkt!)


Die Grenze zur Handlungsfähigkeit ist in vielen Städ-
n und Gemeinden schon lange überschritten: Schäden
n Schulen werden nicht mehr repariert – ich weiß nicht,
o Sie in Ihren Wahlkreisen unterwegs sind –,
chwimmbäder werden geschlossen, das mittelständi-
che Handwerk bricht weg. Es ist für Wirtschaftsent-
icklung unseres Landes dringend notwendig, dass sich
ier etwas verändert, damit die Kommunen wieder in die
age versetzt werden, ihre Aufgaben eigenverantwort-
ch wahrzunehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

as ist die Realität vor Ort, mit der wir uns auseinander
etzen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Sagen Sie einmal was zum Thema Kinder! Was ist eigentlich mit den Kindern?)


Die Union will die Kinderbetreuung verbessern. Das
t die einhellige Meinung unserer Fraktion, in unseren
arteien, in CDU und CSU,


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das spürt man aber leider nicht!)


nd auf allen politischen Ebenen, angefangen im kleins-
en Rathaussaal über die Landtage bis in dieses Hohe
aus.
Nur: Die kommunalen Haushalte müssen die kommu-

alen Aufwendungen und Aufgaben bewältigen können.
in erneuerter Verschiebebahnhof zulasten der Kommu-
en löst das Problem nicht.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Revisionsklausel!)







(A) )



(B) )


Peter Götz

Die Folge der Umsetzung Ihrer unseriösen Finanzie-
rungsangebote wäre, dass die Kommunen gezwungen
wären, die Betreuungskosten auf die Eltern abzuwälzen,
weil sie das nötige Geld nicht haben.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: So ist es!)

Die Konsequenz wäre: Kinderbetreuung würde zu einem
Luxusgut privilegierter Besserverdiener. Wenn das Ihre
Politik ist, kann ich dies in keiner Weise nachvollziehen,
Frau Ministerin. Wir von CDU und CSU wollen das
nicht. Wir wollen einen Ausbau der Kinderbetreuung für
alle und nicht nur für Besserverdiener.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Menschen in unserem Land erwarten von uns al-

len zu Recht, dass wir ihre Bedürfnisse erkennen und
diese Erkenntnisse in politisches Handeln umsetzen. Sie
erwarten auch seriöse Berechnungen und sie erwarten
keine Tricksereien. Mehr Ehrlichkeit im Umgang mit
Zahlen, aber auch im Umgang untereinander schadet
niemandem in diesem Hause. Ihr Gesetzentwurf gaukelt
den Menschen eine Problemlösung bei der Kinderbe-
treuung vor. Ohne eine seriöse Finanzierung machen Sie
die Rechnung allerdings ohne den Wirt. Die Kommunen,
die Eltern und die allein erziehenden Frauen zahlen letzt-
lich die Zeche.

Wir haben eine andere Vorstellung von Politik.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen starke Städte und Gemeinden, die in der
Lage sind, eigenverantwortlich zu entscheiden. Wir wol-
len eine starke kommunale Selbstverwaltung, und zwar
ohne bürokratische Vorgaben aus Berlin. Wir setzen auf
die Menschen, die vor Ort kommunalpolitische Verant-
wortung tragen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513501900

Herr Kollege, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage

der Kollegin Marks von der SPD-Fraktion?


Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1513502000

Herr Präsident, ich würde meinen Gedanken gern

noch zu Ende bringen.
Die Menschen vor Ort sind sehr wohl in der Lage, die

Prioritäten richtig zu setzen und bei Bedarf Tagesbetreu-
ung für Kinder anzubieten. Sie tun es schon heute.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Jetzt bitte ich um die Zwischenfrage.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513502100

Kollegin Marks, bitte.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Bitte auch so eine schöne Zwischenfrage wie die von der Kollegin Humme!)



Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1513502200

Herr Kollege Götz, Sie verfehlen das Thema der heu-

tigen Debatte: Es geht um die Kinder in unserem Land.

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(C (D ei diesem so wichtigen Thema versuchen Sie, sich auschließlich hinter der Finanzfrage zu verstecken, (Volker Kauder [CDU/CSU]: Spielt das Geld keine Rolle? Eichel hat doch nichts!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


nd Sie schlagen mehr Haken, als es jemals ein Hase ge-
an hat. Nachdem Sie hier ausschließlich die Finanzfrage
ngesprochen haben, möchte ich einmal wissen, warum
ie nicht von Studien berichten – auch Sie kennen sie si-
herlich –, wonach sich jeder in den Ausbau der Kinder-
etreuung investierte Euro drei- bis vierfach rentiert, und
war durch höhere Steuer- und Sozialversicherungsein-
ahmen, durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze, insbe-
ondere für Frauen, und durch eine bessere Integration
er Kinder und Jugendlichen in diesem Land. Ich denke,
ie sollten auch dieses Thema einmal behandeln.
Danke.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1513502300

Frau Kollegin, ich bin für Ihre Frage dankbar.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Weil Sie nun endlich zum Thema reden können!)

ch weiß sehr wohl, dass Finanzierung bei Ihnen nicht
um Thema gehört.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


hr Kernproblem ist, dass Sie über Finanzierung nicht re-
en wollen.
Ich teile Ihre Einschätzung; die Ergebnisse dieser Un-

ersuchungen sind so, wie sie sind. Auch ich sehe die
uswirkungen dieses Verhältnisses von eins zu drei.
eshalb sind wir ja für den Ausbau der Kinderbetreu-
ng. Aber Sie müssen denjenigen, die den Ausbau der
inderbetreuung vorantreiben sollen, zunächst einmal
ie Chance geben, diesen einen Euro in die Hand zu neh-
en, damit er 3 Euro auslöst.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ie haben die Kommunen so weit gebracht, dass sie
eute dazu nicht mehr in der Lage sind.
Deshalb ist unser politischer Ansatz – das gehört sehr
ohl zum Thema –: Ja zur Kinderbetreuung, aber auch
a zur Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung,
amit die Kommunen wieder in die Lage kommen, diese
ufgabe eigenverantwortlich vernünftig und angemes-
en wahrzunehmen. Das ist unsere Zielvorgabe. Wenn
ie es mit dem Ausbau der Kinderbetreuung ernst und
hrlich meinen, dann sollten Sie auf unsere Vorschläge
ingehen.


(Kerstin Griese [SPD]: Sie machen keine Vorschläge! Welche denn? – Gegenruf der Abg. Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Wir haben Anträge vorgelegt!)







(A) )



(B) )


Peter Götz

– Doch. Ich habe Ihnen vorgeschlagen, die Kommunalfi-
nanzen zu verbessern. Sie müssen zuhören und dürfen
nicht weghören.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie uns gemeinsam die Situation der Städte

und Gemeinden verbessern! Dann verbessern wir – die
Prognose wage ich – auch die Kinderbetreuung in unse-
rem Land.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513502400

Ich erteile Kollegin Ekin Deligöz, Fraktion Bündnis 90/

Die Grünen, das Wort.

Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513502500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Götz, Sie waren in der Anhörung im Fachausschuss
leider nicht dabei. Wären Sie dabei gewesen, hätten Sie
zur Kenntnis nehmen können,


(Peter Götz [CDU/CSU]: Aber ich kann lesen!)


dass sowohl Bürgermeister Schimke als auch die Vertre-
ter der Kommunalverbände sehr wohl gesagt haben, sie
wollten die Kinderbetreuung,


(Peter Götz [CDU/CSU]: Aber wir doch auch! – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Ja natürlich! – Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Alle wollen die Kinderbetreuung! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Wo ist der Widerspruch?)


sie wollten alles tun, damit das Kinderbetreuungsgesetz
in Kraft tritt. Sie sehen es als einen Standortfaktor. Es ist
wichtiger denn je, dass dieses Gesetz so schnell wie
möglich in Kraft tritt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass die Gewer-
besteuereinnahmen in Deutschland im ersten Halb-
jahr 2004 um 1,5 Milliarden Euro gestiegen sind. Damit
sind wir voll im Plan. Das ist die Wahrheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Eltern wollen, dass wir die Kinderbetreuung aus-
bauen. Sie wollen es für sich. Sie wollen es für ihre Kin-
der und es geht auch um Hartz IV. Wir wollen Armut in
diesem Land bekämpfen. Wir wollen, dass auch Mütter
und Väter arbeiten können. Eine Grundvoraussetzung
dafür ist die Betreuung der unter Dreijährigen. Wir kön-
nen nicht von den Menschen verlangen, erwerbstätig zu
sein, ohne ihnen die dafür notwendigen Rahmenbedin-
gungen zu bieten.


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Richtig!)

Es geht um Förderung und um Bildung von Kindern.

Es geht auch um Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

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(C (D s geht um Integration von sozial Schwachen. Es geht chließlich um Menschen in der Ausbildungssituation. azu gab es einen Vorschlag von der Opposition, den ir aufgenommen haben. Heute sind Sie nicht einmal in er Lage zuzustimmen. Es geht selbstverständlich auch m Verbindlichkeit für Eltern. Wenn ich mir Ihre heutigen Debattenbeiträge vor Au en führe, dann muss ich feststellen, dass Sie immer ieder die Finanzen ansprechen, aber in Wirklichkeit einen, dass der Bund in diesem Bereich eigentlich keierlei Kompetenzen hat und nichts tun sollte. Sie wissen, ass es kein reguläres Verfahren gibt, nach dem der und direkt Mittel auf die Kommunen übertragen kann. inanzzuweisungen gehen nur über die Länder. Die änder, gerade die, in denen Sie regieren, wehren sich ber mit Händen und Füßen dagegen, überhaupt irgenetwas zu tun. Das ist die Realität. (Abg. Maria Eichhorn [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Bitte schön.

(Zuruf von der CDU/CSU: Frau Präsidentin!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513502600

Frau Kollegin nimmt mir die Arbeit ab. – Bitte schön,

rau Kollegin Eichhorn.


Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1513502700

Frau Kollegin Deligöz, würden Sie zur Kenntnis neh-
en, dass gerade in meinem Heimatland Bayern – die
ituation dort kennen Sie vielleicht auch – seit dem Jahr
002 313 Millionen Euro ausgegeben werden, um jähr-
ich 1 000 Krippenplätze und 5 000 Betreuungsplätze im
chulbereich neu zu schaffen? Und da sagen Sie, in den
nionsregierten Ländern geschehe nichts!
Sie werden gleich auf die Ausgangssituation hinwei-

en. Dazu kann ich Ihnen sagen, dass in Bayern die Be-
reuungsquote der unter Dreijährigen um 2 Prozent-
unkte höher ist als in Nordrhein-Westfalen, Frau
eligöz.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: So ist es! – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Nordrhein-Westfalen ist auch pleite!)



Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513502800

Frau Kollegin, Ihr Heimatland Bayern ist auch mein
eimatland; ich komme aus Bayern. Ich muss aber fest-
tellen, dass die Realität wohl doch eine andere ist. Ich
ehe jeden Samstag in München und Nürnberg die El-
ernverbände auf der Straße demonstrieren, weil die
usgaben für die Jugendhilfe und für die Schulen


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Thema!)

mmer weiter gekürzt werden.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Thema!)

s ist bei dem bayerischen Modell der Kinderbetreuung
avon die Rede, dass mehr Betriebswirtschaftlichkeit in
ie Strukturen muss.






(A) )



(B) )


Ekin Deligöz


(Ina Lenke [FDP]: Das ist wichtig!)


Es ist davon die Rede, dass in Bayern innerhalb der
nächsten zehn Jahre 9 000 Plätze in der Kinderbetreuung
eingespart werden sollen, weil es sich nicht mehr be-
triebswirtschaftlich rechnet.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Nein! 1 000 Plätze mehr!)


Das ist doch die Realität: Die Eltern in Bayern gehen auf
die Straße!


(Zuruf von der CDU/CSU: Wo denn?)

Sie wollen in Bayern die Lehrmittelfreiheit abschaf-

fen. Sie wollen die Eltern zur Kasse bitten. Sie sagen, die
Eltern sollen es selber finanzieren, wenn sie Geld haben.
All das läuft gerade in Bayern ab. Auch das sollten Sie
zur Kenntnis nehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Es gibt zufriedene Menschen in Bayern!)


Gehen Sie einmal nach München, gehen Sie einmal nach
Nürnberg! Dann werden Sie sehen: Die Eltern in Bayern
gehen auf die Straße für die Rechte ihrer Kinder.

Bezüglich des Ausbaus der Kindertagesbetreuung
möchte ich festhalten: Die Länder hatten die Kompetenz
dazu; sie hätten schon längst etwas tun können. Es ist
aber nichts passiert. Weil nichts passiert ist, bringen wir
jetzt dieses Gesetz ein. Weil die Quote im Westen nur bei
2,7 Prozent liegt – das ist verdammt wenig, meine
Damen und Herren –, bringen wir das Gesetz ein. Wir
wollen für Verbindlichkeit sorgen, indem es eine gesetz-
lichen Verpflichtung, öffentliche Debatten und regel-
mäßige Berichterstattung darüber gibt. Für uns ist es
wichtig, dass dabei am Ende Kinderbetreuungsplätze he-
rauskommen. Das ist unsere Botschaft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn der Bund keine Kompetenzen in diesem Be-
reich hätte, gäbe es kein Recht auf einen Kindergarten-
platz. Mit dem TAG haben wir unseren Willen demons-
triert, dass mehr Krippenplätze eingerichtet werden
sollen. Sie sollten hier keine Krokodilstränen über das
Verfahren oder Ähnliches vergießen; das ist gar nicht
notwendig. In Wahrheit wissen Sie doch, wie notwendig
das TAG ist. Es stellt einen wichtigen Bestandteil der
Familienpolitik dar. Sie selbst sprechen sich ja für mehr
Kinderbetreuungsplätze aus. Sobald es aber darum geht,
das Ganze anzupacken, ducken Sie sich weg; dabei wol-
len Sie nicht mitmachen und schieben irgendwelche Ar-
gumente vor.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Sie sind seit sechs Jahren an der Regierung, Frau Deligöz! Seit sechs Jahren haben Sie Verantwortung!)


Ich halte das nicht für ehrlich von Ihnen. Ich kann dazu
nur sagen: Sie sollten aufhören, darüber zu reden. Sie
sollten es zusammen mit uns anpacken. Darauf kommt
es nämlich an. Sie sollten etwas tun, um die Chancen
von Kindern in diesem Land zu verbessern.

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(C (D (Zuruf von der CDU/CSU: In unseren Bundesländern passiert dieses! In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel nicht!)


ie tun damit eher etwas für die Eltern in diesem Land,
ls wenn Sie auf irgendwelche fiktiven Konzepte ver-
eisen, die ich Ihnen nicht abnehmen kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513502900

Ich erteile das Wort Kollegen Klaus Haupt, FDP-

raktion.

(Zuruf von der CDU/CSU: Klaus, sage Ihnen die Wahrheit! – Gegenruf der Abg. Nicolette Kressl [SPD]: In Wahrheit würde er gern zustimmen!)



Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1513503000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

rhöhe die Männerquote.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

ildung von Anfang an muss das Motto sein, wenn wir
ie Zukunftsfähigkeit der hier in Deutschland aufwach-
enden Kinder sichern wollen. Die wichtigste Botschaft
er Expertenanhörung lautete für mich: Wir sind es un-
eren Kindern schuldig, endlich die frühkindliche För-
erung in unserem Land zu verbessern.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)


aire Chancen für jedes Kind – darum geht es in erster
inie.
Das Thema ist vor allem und zuallererst aus der Sicht

es Kindes zu sehen. Es geht um einen umfassenden
rozess der Entwicklung und Entfaltung der dem Kind
igenen Fähigkeiten. Die Weichen für den Bildungs- und
erufsweg werden früh gestellt, das Fundament für
ernmotivation und -fähigkeit wird in den ersten Le-
ensjahren gelegt. Kindliches Lernen beginnt nicht mit
ier Jahren und auch nicht mit drei, sondern sofort ab der
eburt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Eines der dramatischsten Ergebnisse der internationa-
en Vergleichsstudien der jüngsten Vergangenheit ist für
ich die Tatsache, dass in Deutschland wie in keinem
nderen Land Europas die soziale Herkunft über die
ebens- und Zukunftschancen eines Kindes entscheidet.
ir vernachlässigen frühkindliche Bildung, zementieren

o soziale Ungleichheiten und verengen damit die Zu-
unftsperspektiven unserer Kinder.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


inder, die schon durch die Hypothek schlechterer
tartchancen belastet sind, dürfen nicht durch die
chwerpunktsetzung staatlicher Bildungspolitik noch






(A) )



(B) )


Klaus Haupt

mehr belastet werden. Hier geht es um die Grundkompe-
tenz gesellschaftlicher Teilhabe. Alle Kinder müssen die
Chance haben, sich zu einer eigenständigen, selbstver-
antwortlichen und autonomen Persönlichkeit zu entwi-
ckeln.


(Beifall bei der FDP)

Dazu bedarf es neben dem liebevoll fördernden Eltern-
haus gerade angesichts der zunehmenden Zahl von Ein-
Kind-Familien auch der Sozialerfahrung im Kreis ande-
rer Kinder in Tagespflegegruppen, Krippen oder Kinder-
gärten.

In diesem Zusammenhang gilt der Satz, den auch Pro-
fessor Rauschenbach vom Deutschen Jugendinstitut in
der Anhörung zitierte und den ich zum goldenen Satz der
Anhörung erkläre: Vom Osten lernen heißt siegen ler-
nen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bei der Tagesbetreuung für unter Dreijährige müssen wir
im ganzen Land die quantitativen Ausstattungsstandards
erreichen, die wir im Osten früher einmal hatten und
zum Teil auch noch haben. In Europa einmalig ist die
Betreuungssituation in Sachsen-Anhalt, wo ein entspre-
chender Rechtsanspruch für Kinder von null bis
14 Jahren besteht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Unter einer SPD-Regierung eingeführt!)


Dieser ist vor 14 Jahren auf Initiative der FDP entstan-
den.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Warum haben Sie das in der bundespolitischen Regierungszeit nicht wiederholt?)


Das heißt, das TAG könnte ein Startschuss für die westli-
chen Bundesländer sein, ohne den östlichen Ländern zu
schaden.


(Nicolette Kressl [SPD]: Also stimmt die FDP zu!)


Den mit dem TAG angestrebten quantitativen Ausbau
und die qualitative Verbesserung der Kindertagesbetreu-
ung unterstützen wir; das hat meine Kollegin Lenke sehr
ausführlich und charmant dargestellt. Dass die FDP den-
noch nicht zustimmt, liegt allein an der aus unserer Sicht
ungelöst scheinenden Finanzierung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle
hätte ich gern auch etwas Freundliches zu den übrigen
vorgesehenen Änderungen des KJHG gesagt. Leider ha-
ben Sie, Frau Ministerin, das ursprüngliche Gesetzespa-
ket jetzt über Nacht aufgeschnürt. Das erweckt den Ein-
druck, als hätten diese Gesetzesteile nur als taktische
Manövriermasse gedient.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: So ist es!)


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(C (D ch sage ganz deutlich: Angesichts der gesellschaftlichen edeutung der Thematik bedaure ich dieses Vorgehen utiefst. enn es bleibt dabei: Faire Chancen für jedes Kind, insesondere durch Bildung von Anfang an, sind entscheiend für die Lösung der Zukunftsfragen unserer Gesellchaft. Danke. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513503100

Ich erteile das Wort Kollegin Marlene Rupprecht,

PD-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1513503200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eute Morgen haben alle zumindest verbal bestätigt:
inderbetreuung ist notwendig. Ich finde, das ist schon
in Fortschritt.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Daran hat es nie Zweifel gegeben!)


m letzten Jahrzehnt des letzten Jahrhunderts konnte
an da noch ganz andere Töne hören.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Da sind Kinder doch auch betreut worden!)


eshalb ist das ein Fortschritt.
Ich denke, einige von Ihnen haben § 1 des SGB VIII

elesen:
Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung
seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer ei-
genverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen
Persönlichkeit.
Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürli-
che Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen ob-
liegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die
staatliche Gemeinschaft.

So weit haben Sie gelesen; das waren die Aussagen
eute Morgen. Weiter haben Sie allerdings nicht gelesen.
urchhalten beim Lesen scheint nicht mehr modern zu
ein; das zeigen auch die PISA-Ergebnisse. In § 80
GB VIII, der sich mit der Jugendhilfeplanung befasst,
eißt es nämlich:

Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben im
Rahmen ihrer Planungsverantwortung … den Be-
stand an Einrichtungen und Diensten festzustellen,
… den Bedarf unter Berücksichtigung der Wün-
sche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Men-
schen und der Personensorgeberechtigten für einen
mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln …

nd so fort.






(A) )



(B) )


Marlene Rupprecht (Tuchenbach)


Dafür hat es anscheinend nicht mehr gereicht; denn

sonst müssten wir heute nicht über Kinderbetreuung re-
den, sondern würden uns auf diesen Paragraphen über
die Kinder- und Jugendhilfe im SGB VIII beziehen – das
ein sehr modernes Gesetz ist.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Wer hat das Gesetz gemacht? Wir haben es gemacht!)


– Das ist unter Ihrer Regierung entstanden. Meine Hoch-
achtung; da ist Ihnen ausnahmsweise einmal etwas wirk-
lich gut gelungen. Da stimme ich Ihnen voll und ganz
zu. Ich bin inzwischen so weit, dass ich das Gesetz adop-
tiert habe und es als meines ansehe. Deswegen kämpfe
ich auch dafür. Aber dieser Paragraph zur Kinderbetreu-
ung wird eben nicht umgesetzt.

Wir wissen, dass Kinderbetreuung für die Familien,
die Wirtschaft und den Standort Deutschland von Bedeu-
tung ist; das ist bereits gesagt worden. Wichtig ist die
Kinderbetreuung aber vor allem für die Kinder. Als Kin-
derbeauftragte meiner Fraktion muss ich das ganz deut-
lich herausstellen. Kinder brauchen Kinder. Denn unsere
Familienstrukturen und auch die gesellschaftlichen
Strukturen haben sich verändert. Kinder müssen unter
Kindern aufwachsen, um sprechen zu lernen und soziale
Kompetenz zu bekommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie sollten einerseits nicht so wie Erwachsene reden; sie
kommen nämlich nicht mit dem Abitur zur Welt. Wenn
sie andererseits nur vor die Glotze gesetzt werden, kön-
nen sie das Sprechen nicht lernen. Kinder müssen also
mit anderen Kindern aufwachsen, damit sie emotional
reifen und damit sie, wie es in § 1 SGB VIII heißt, ge-
meinschaftsfähige Persönlichkeiten werden.

Studien aus den USA, von denen wir in letzter Zeit
Kenntnis bekommen haben, haben bestätigt, dass sich
die Folgen der Betreuung noch nach drei Jahrzehnten
nachweisen lassen. Kinder, die eine qualitativ gute Be-
treuung erfahren hatten, hatten bessere Schulchancen,
haben weniger in der Schule versagt, sind im Jugendalter
weniger strafanfällig geworden, hatten eine bessere Be-
rufsausbildung und eine größere Kontinuität in der Er-
werbstätigkeit, waren seltener Bezieher von Transfer-
leistungen und – wenn wir schon über Geld reden –
stellten damit einen geringeren Kostenfaktor für die
Kommunen dar.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513503300

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Scheuer von der CDU/CSU-Fraktion?

(Nicolette Kressl [SPD]: Die vorherigen Zwischenfragen von Ihrer Seite waren nicht so erfolgreich! Ich würde es unterlassen! Ja natürlich. d d d g A T d d w m n d p e n i w m r w z P c n g s w m b w U g o w e o n g r s n e z K (C (D Verehrte Kollegin, herzlichen Dank, dass Sie mir iese Möglichkeit geben. Sie reden gerade über die Kinerund Jugendhilfe, einen Bereich, den Sie selber urch Tricksen, Tarnen und Täuschen von dem TAG abespalten haben. us meiner Sicht haben Sie somit in Ihrer Rede das hema völlig verfehlt. Würden Sie mir also zustimmen, ass Sie in den letzten Minuten über ein Thema reden, as gar nicht Gegenstand dieser Debatte ist? (Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Er hat nicht zugehört!)

Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1513503400
Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1513503500

(Zurufe von der SPD: Oh!)



Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1513503600

Herr Scheuer, ich finde Ihre Frage wunderbar. Ich
ollte nämlich gerade auf den Punkt zu sprechen kom-
en, dass Sie mit Zahlen, die Sie nicht nachweisen kön-
en, argumentieren. Sie müssen private Unternehmen,
ie Statistiken erstellen, fragen, wie es mit der Intensiv-
ädagogik in Bayern aussieht; denn bis jetzt liegen keine
ntsprechenden Zahlen vor. Sowohl das betreffende Mi-
isterium als auch das Landesjugendamt haben sich von
rgendwoher irgendwelche Zahlen beschaffen müssen,
eil sie nicht genau wissen, was Fakt ist.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Haben Sie Ihre Rede schon vor der Aufteilung geschrieben?)


Weil wir diese Krux sehen – das Gesetz, das Sie da-
als gemacht haben, ist in diesem Punkt nachbesse-
ungsbedürftig und muss präzisiert werden –, müssen
ir die Fälle statistisch genau erfassen. Dann können wir
ielgenau handeln. In Bayern darf keine polemische
olitik auf Kosten derer betrieben werden, die entspre-
hende Leistungen brauchen. Aus dem Grund – aus kei-
em anderen – haben wir das Thema Kinder- und Ju-
endhilfe abgespalten.


(Beifall bei der SPD)

Alle Untersuchungen zeigen: Starke Eltern werden

tarke Kinder haben und starke Kinder werden starke Er-
achsene werden. Das trägt sehr zur Stabilität der Kom-
unen und der gesamten Gesellschaft bei. Es ist die
este Investition, die man machen kann. Dazu müssen
ir nach intelligenten Lösungen suchen. Es muss ein
mdenken stattfinden. Die Kommunen müssen vom an-
ebotsorientierten Handeln weg und hin zum nachfrage-
rientierten Handeln kommen. Wir müssen überlegen,
as Kinder und Eltern brauchen. Man darf aber nicht
infach irgendein Angebot unterbreiten, egal ob es passt
der nicht. Das ist eine Herausforderung an die kommu-
ale Ebene. Ich denke aber, dass es sehr viele intelli-
ente Kommunalpolitiker gibt, die diese Herausforde-
ung meistern können.
Weil wir die finanziellen Belastungen der Kommunen

ehen, haben wir eine Aufteilung des Gesetzes vorge-
ommen. Genau das war der Grund. Sie könnten endlich
inmal aufhören, das Schauermärchen im Lande zu er-
ählen, die Kinder und Jugendlichen würden dank der
inder- und Jugendhilfe nur auf Kosten anderer leben






(A) )



(B) )


Marlene Rupprecht (Tuchenbach)


und die Betreuung sei ein Luxus. Kehren Sie zu einer
sachlichen Diskussion zurück!


(Beifall bei der SPD)

Darüber werden wir uns, nachdem dieses Kinderbetreu-
ungsgesetz verabschiedet worden ist, noch heftig ausei-
nander setzen.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Das ist praktisch schon die übernächste Debatte!)


Was machen Sie denn, Herr Scheuer? Im Bundesrat
wurde ein Gesetzentwurf eingebracht, das „KEG“ – das
ist wirklich keck –,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Hier aber „keck“ mit „ck“!)


„Kommunales Entlastungsgesetz“, heißt. Was steht da-
rin? Dass Sie nur noch dann Leistungen gewähren wol-
len, wenn das die jeweilige Kommune bezahlen kann.
Im Umkehrschluss heißt das: Wenn in einer Kommune,
in der es viele soziale Probleme gibt, kein Geld vorhan-
den ist, bekommen die Betroffenen nichts und werden
dahinvegetieren. Genauso läuft es bei Ihnen. Dieser Ge-
setzentwurf ist übrigens von der Bayerischen Staatsre-
gierung und nicht vom bayerischen Volk in den Bundes-
rat eingebracht worden.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Aber gewählt ist sie schon, oder?)


Der Herr Präsident hat vorhin unseren Gesetzentwurf
vom Titel her als umfangreich bezeichnet. Es gibt in
Bayern seit September einen Entwurf, der folgenderma-
ßen lautet: „Bayerisches Gesetz zur Bildung, Erziehung
und Betreuung von Kindern in Kindertageseinrichtungen


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Nicht vorlesen!)

und in Tagespflege und zur Änderung anderer Gesetze –
Bayerisches Gesetz für Kindertageseinrichtungen und
Tagespflege und Änderungsgesetz (BayKiTaG)“. Ich
kürze diesen Gesetzentwurf im Folgenden wie vorgese-
hen ab. Was haben Sie denn im BayKiTaG vor? Im
BayKiTaG haben Sie das vor, was wir mit dem TAG,
dem Tagesbetreuungsausbaugesetz, umsetzen wollen.
Ich finde es schön, dass Sie in diesem Punkt lernfähig
sind.

Als ich dann aber zu Punkt D „Kosten und Nutzen“
kam, fand ich folgenden Satz: „Die Umstellung des För-
dersystems erfolgt kostenneutral.“


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Aha!)

Da habe ich mir gedacht: Menschenskind, die Bayern
sind intelligent. Wie machen die das? Die wollen das
umsetzen, ohne einen Cent auszugeben, während wir
1,5 Milliarden Euro dazugeben und es Ihnen hier immer
noch nicht reicht. Ich verstehe das nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dann habe ich weitergelesen – denn Lesen habe ich
gelernt –:



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(C (D 2. Entlastung. Die Einschränkung der Förderpflicht auf bedarfsnotwendige Kindergärten führt zu Entlastungen bei den Gemeinden. Aha. Der Ausbau integrativer Kindergartenplätze führt zu einer Reduzierung der Nachfrage nach teuren Plätzen in heilpädagogischen Tagesstätten und dem Wegfall der Fahrtkostenerstattung. uerst habe ich mir gedacht: Mensch, „integrativ“ ist betimmt etwas Tolles. Aber dann habe ich festgestellt: So telligent sind sie auch wieder nicht; sie haben es nur esser verklausuliert, dass sie eigentlich den Kommunen ns Leder wollen und denjenigen, die Hilfe bräuchten, ichts geben. Dass es Sie jetzt ärgert, dass wir etwas machen, was ie nicht zusammengebracht haben, verstehe ich. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Oje!)

ie können dem ja fachlich nichts dagegenhalten, son-
ern sprechen nur von den Finanzen. Wenn ich kein Ar-
ument mehr habe, dann führe ich das Totschlagargu-
ent der Finanzen an.


(Ina Lenke [FDP]: Das ist doch Quatsch!)

Dazu sage ich Ihnen: Die Leute sind nicht so blöd,

ass sie Ihren Gesetzentwurf in Bayern nicht durch-
chauen und sehen, was dahintersteckt: Diejenigen, die
ilfe bräuchten, werden nicht entlastet und diejenigen,
ie dies bezahlen müssen, werden belastet. Aber uns
erfen Sie vor, wir würden die Kommunen belasten, ob-
ohl wir 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Das
t heuchlerisch.


(Beifall des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD] – Abg. Maria Eichhorn [CDU/ CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513503700

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?


Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1513503800

Ich bin gleich am Schluss meiner Rede, danach gern.
Die Menschen glauben Ihnen nicht, wenn Sie sagen:
inder sind unsere Zukunft. Im Abschlussdokument des
eltkindergipfels haben die Kinder gesagt: Ihr sagt im-
er, wir sind eure Zukunft. Aber wir sind auch eure Ge-
enwart. Schreibt euch das ins Stammbuch!
Ich denke, das ist heute das Wichtigste.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Dann macht nicht so viele Schulden!)


Die haben wir von euch übernommen.






(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513503900

Frau Kollegin, wollen Sie zum Schluss Ihre Redezeit

verlängern, indem Sie in diesem Fall eine Nachfrage zu-
lassen?


Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1513504000

Gern.

Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1513504100

Frau Kollegin, ich muss etwas richtig stellen; denn of-

fensichtlich haben Sie diesen Gesetzentwurf aus Bayern
nicht richtig gelesen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie müssen eine Frage stellen!)


Tatsache ist, dass Bayern gerade im Rahmen des von Ih-
nen zitierten Gesetzes 313 Millionen Euro zusätzlich
aufwenden will. Die dargestellte Kostenneutralität be-
zieht sich lediglich auf die Berechnung des für die neue
kindbezogene Förderung maßgebenden Basiswerts. Da-
bei geht es also um die Betriebskosten. Nur dies ist kos-
tenneutral und nicht die Auswirkungen des Gesetzes als
solche. Bayern gibt 313 Millionen Euro zusätzlich aus.
Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis!


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist schon etwas anderes!)



Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1513504200

Frau Eichhorn, diese Mehrkosten sind für die Bildung

und Fortbildung derer vorgesehen, die unterrichten und
für Bildung, Erziehung und Betreuung sorgen, nicht aber
für Betreuungsplätze und für Kommunen. Deswegen
kann man diese Summe in diesem Zusammenhang ver-
nachlässigen. Wenn Sie den Kommunen nichts geben,
dann ist Ihre „intelligente Lösung“ für uns nicht geeig-
net. Wir spielen gern mit offenen Karten, nicht mit ge-
zinkten Karten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513504300

Ich erteile das Wort Kollegin Maria Flachsbarth,

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1513504400

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eines der
brennendsten Probleme unserer Zeit. Dies gilt zum einen
vor dem Hintergrund, dass Gleichberechtigung nicht nur
auf dem Papier stehen darf, zumal wir gerade den zehn-
ten Jahrestag der Festschreibung der Gleichberechtigung
als Staatsziel im Grundgesetz begehen. Nach wie vor ist
die tatsächliche Beteiligung von Frauen, zudem von
Frauen mit Kindern, bei der Besetzung von Führungspo-
sitionen in Politik, Wirtschaft und Forschung noch völlig
unzureichend. Zum anderen gibt die demographische
Entwicklung Anlass zu ernster Sorge: 52 Prozent der

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(C (D kademikerinnen und 59 Prozent der Akademiker zwichen 30 und 35 Jahren haben keine eigenen Kinder. Bei inem Vergleich der Geburtenraten durch die Weltbank elegt Deutschland den 185. Platz unter 190 Staaten, obohl die 14. Shell-Jugendstudie aus dem Jahr 2002 aufeigt, dass es für eine Mehrheit der Jugendlichen erstreenswert sei, sowohl erwerbstätig zu sein als auch igene Kinder zu haben. Eine in der vergangenen Woche veröffentlichte Um rage des Allensbach-Institutes belegt, dass bei der Leensplanung der jungen Menschen in Deutschland eute ein Dreistufenmodell vorherrschend ist. Die erste hase beinhaltet die Lebensund Berufsplanung sowie ie Ausbildung, die zweite Phase den Einstieg ins Beufsleben; erst die dritte Phase ist die Familienphase. 5 Prozent der Befragten geben an, man solle zunächst ie Ausbildung abschließen, danach einige Jahre Berufsrfahrung sammeln und sodann Kinder bekommen. Die amilienphase kommt hierbei oft deutlich zu kurz. Das eitfenster für eigene Kinder wird immer kleiner und die iologische Uhr ist insbesondere bei uns Frauen oftmals chon weit fortgeschritten. Die Studie ergab aber zugleich, dass die Frage der inderbetreuung trotz ihrer Wichtigkeit nicht allentcheidend ist. Frau Kollegin, ich danke Ihnen für diese Zwischenrage. Wir leiden in diesem Hohen Hause nicht an einem berangebot von Frauen und vor allem nicht an einem berangebot von Frauen mit Kindern, die noch in der chule sind bzw. die ganz klein sind. (Renate Gradistanac [SPD]: Es gab gar keine Zwischenfrage!)


(Zuruf der Abg. Nicolette Kressl [SPD])


eshalb hat mich meine Fraktion gebeten, in dieser De-
atte Stellung zu nehmen. Ich bitte Sie, den parlamenta-
ischen Anstand aufzubringen, anzuhören, was ich Ihnen
us Sicht einer Frau sage, die weiß, was sie dazu zu sa-
en hat.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die von mir eben genannte Studie zeigte im Einzel-

en, dass nur für 14 Prozent der kinderlosen Frauen die
nzureichenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten der
rund sind, auf eigene Kinder zu verzichten. Zudem ga-
en 61 Prozent der Eltern an, dass sie das derzeitige An-
ebot an Kinderbetreuungsmöglichkeiten für ausrei-
hend hielten.
Was sind nun laut Allensbach-Studie die Gründe für

ine Kinderlosigkeit? Die Mehrheit gab an, dass man
ich für Kinder zu jung fühle, dass Kinder mit den beruf-
ichen Plänen unvereinbar seien und dass Kinder einfach
u teuer seien. Erlauben Sie mir dazu eine persönliche
emerkung:


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ihre ganze Rede ist doch sehr persönlich!)


ir brauchen neben vielen sinnvollen Lenkungsver-
uchen durch die Politik auch in unserer Gesellschaft






(A) )



(B) )


Dr. Maria Flachsbarth

wieder eine neue Einstellung zum Kind. Kinder sind
nicht nur künftige Beitragszahler in die sozialen Siche-
rungssysteme. Ich kenne keinen Vater und keine Mutter,
die sich aus diesem Grunde zu ihrem Kind entschlossen
hätten. Kinder und Jugendliche sind – weit über die
materiellen Aspekte hinaus – unsere Zukunft.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Kinder geben dem eigenen Leben eine neue Perspektive,
Kinder öffnen die Augen für Fragen, die eigentlich
schon längst beantwortet waren, und Kinder stecken mit
ihrem Wissensdurst und ihrer Lust auf Zukunft an. Ge-
nau dies brauchen wir in unserer Gesellschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Vielleicht stimmen Sie dann unserem Gesetz zu!)


Die Diskussion über den Geburtenrückgang darf da-
her, wie die Studie zeigt, nicht nur auf das Thema Kin-
derbetreuung verengt werden. Vielmehr geht es auch um
eine wirtschaftliche Besserstellung von Familien im
Rahmen des Familienlastenausgleichs. Daher sieht die
von uns vorgeschlagene Steuerreform die Einführung ei-
nes Grundfreibetrags von 8 000 Euro pro Person – also
auch für jedes Kind – vor.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wollen Sie das bezahlen?)


Es geht ferner um die Erleichterung des Wiederein-
stiegs von Männern und Frauen in den Beruf durch bes-
sere Teilzeitangebote, flexible Arbeitszeiten oder be-
triebsspezifische Weiterbildungsangebote. Dazu haben
wir einen Antrag vorgelegt.

Kernstück unserer Familienpolitik ist die Wahlfreiheit
der Eltern. Wir müssen aufhören, den Eltern vorschrei-
ben zu wollen, wie sie ihr Familienleben zu gestalten ha-
ben.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Will doch gar keiner!)


Weder die Vollzeitarbeit von Berufstätigen noch die sich
ganz ihrer Familie widmenden Mütter und Väter sollten
zum Idealbild erhoben werden. Wir sollten aufhören, die
Lebensentscheidung von Eltern mit Ausdrücken wie
„Rabenmutter“ oder „Nur-Hausfrau“ oder „Hausmann“
zu diskreditieren.

Aufgabe des Staates ist es, den Eltern möglichst viele
Handlungsoptionen für ihre Lebensgestaltung und für
die Erziehung ihrer Kinder zu eröffnen. Dabei steht es
für uns außer Zweifel, dass Eltern die Erst- und Haupt-
verantwortung für die Erziehung, Betreuung und Bil-
dung ihrer Kinder haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wollen keine „Lufthoheit des Staates über den Kin-
derbetten“, sondern wir sehen den Staat in der Pflicht,
Eltern zu beraten und bedarfsgerechte und bezahlbare
Angebote in der Kinderbetreuung zu bieten.

Die Kinderbetreuung darf nicht eine bloße Verwah-
rung von Kindern sein. Zahlreiche Studien wie TIMSS,
PISA und IGLU sowie neue Erkenntnisse der Erzie-

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(C (D ungswissenschaften, der Hirnforschung und der Lernsychologie belegen die große Bedeutung früher Lernnd Bildungsprozesse. Deshalb haben wir in unserem ntrag, der Ihnen vorliegt, dazu aufgefordert, eine Geamtstrategie vorzulegen, die die Bereiche Bildung und rziehung stärker verzahnt, Kinder früher und intensiver ördert und fordert. Die B-Länder kommen dieser Aufforderung nach. nter dem Motto „Auf den Anfang kommt es an“ erareitet zum Beispiel Niedersachsen derzeit einen Orienierungsplan für Bildung und Erziehung im Elementarereich für spielerisches Lernen und lernendes Spielen. esonderes Augenmerk liegt dabei auf der Förderung er Sprachkompetenz. Niedersachsen hat die Vorreiterolle bei der Sprachförderung ausländischer Kinder bernommen. (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Darum sind dort die Integrationsmittel so gestrichen worden, oder was?)


as Land fördert mit fast 8 Millionen Euro die Sprach-
örderung in Kindertagesstätten mit hohem Migranten-
nteil.
Besonders geeignet für die Betreuung von Kleinkin-

ern ist nach unserer Auffassung die Tagespflege. Sie
ommt der familiären Betreuung am nächsten. Es gibt
onstante Betreuungspersonen und individuelle Gestal-
ungsmöglichkeiten für die Eltern. Wir haben unsere
onkreten Vorstellungen dazu ebenfalls in einem eige-
en Antrag vorgelegt. Bayern hat als unionsgeführtes
undesland ein Modellprojekt mit Tagespflegestütz-
unkten aufgelegt.
Meine Damen und Herren von der Regierungskoali-

ion, wir sind inhaltlich eigentlich gar nicht so weit aus-
inander, sondern eher nahe beisammen, aber wir kön-
en Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen, weil wir auf
ar keinen Fall die völlig unseriöse Finanzierung ak-
eptieren können. Das ist bereits mehrfach gesagt wor-
en. Sie versprechen eine Entlastung in Höhe von
,5 Milliarden Euro, davon sollen 1,5 Milliarden Euro in
en Ausbau der Kinderbetreuung fließen. Nach überein-
timmenden Schätzungen der kommunalen Spitzenver-
ände und der Konferenz der Landesjugendminister ist
ie Summe von 1,5 Milliarden Euro völlig unzurei-
hend. Das hat auch die Anhörung im Ausschuss ge-
eigt.

(Nicolette Kressl [SPD]: Nein! – Christel Humme [SPD]: Nein! Sie waren nicht da!)

Ich kann aber lesen. – Die Revisionsklausel, die Sie
ehrfach genannt haben, gilt ausdrücklich nicht für den
ereich Kinderbetreuung. Selbst das SPD-regierte
chleswig-Holstein hat gemeinsam mit NRW in seinem
ntrag im Bundesrat die fehlende verlässliche Finanzie-
ung kritisiert und betont, dass Länder und Kommunen
ngesichts der angespannten Haushaltslage keine weite-
en Mehrbelastungen verkraften könnten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Was wir unseren Kindern nun wirklich nicht weiter

ntun dürfen, sind noch größere Schuldenberge für die






(A) )



(B) )


Dr. Maria Flachsbarth

Steuerzahler von morgen. Ein solches Vorgehen ist über-
haupt nicht nachhaltig, es ist in keinem Fall generatio-
nengerecht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn Sie schon unseren Warnungen keinen Glauben

schenken, dann setzen Sie sich doch mit den Bedenken
der SPD-geführten Bundesländer auseinander, damit
Kinderbetreuung nicht ausschließlich eine Sache für
Reiche wird. So ist es beispielsweise in Berlin, wo ein
Kita-Platz schon bis zu 460 Euro kostet und die Gefahr
besteht, dass Eltern aus Kostengründen ihre Kinder aus
der Betreuung abmelden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Damit allerdings stünde die Regierung vor einem wirkli-
chen Fiasko. Ein solches Verfahren auf dem Rücken der
Familien auszutragen ist schlechterdings ein Skandal.

Insgesamt stellt der vorliegende Gesetzentwurf keine
seriöse Basis für eine Verbesserung der Kinderbetreuung
in Deutschland dar. Die Chance hierfür wurde vertan.
Wir können dem Gesetzentwurf daher nicht zustimmen
und werden uns aufgrund der Vielzahl gemeinsamer
Ziele und respektabler Handlungsansätze – wenn man
von der Finanzierung absieht – bei der Abstimmung ent-
halten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513504500

Ich erteile das Wort der Kollegin Christel Humme,

SPD-Fraktion.

Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1513504600

Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! Liebe Kolle-

ginnen! Wer die heutige Debatte verfolgt hat, muss ei-
gentlich ratlos sein und feststellen, dass Sie, meine Da-
men und Herren von der Opposition, auf keinen Fall in
der Lage sind, die Zukunftsaufgaben unseres Landes zu
lösen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie sind offensichtlich nicht regierungsfähig; denn klar
Farbe zu bekennen ist nicht Ihre Stärke. Bei Hartz IV ha-
ben Sie sich in die Büsche geschlagen und jetzt, beim
Ausbau der Tagesbetreuung, schlagen Sie sich ebenfalls
in die Büsche. Bei der Gesundheitsreform schlagen Sie
sich die Köpfe ein. Ich denke, das ist keine zukunftswei-
sende Politik.


(Beifall bei der SPD)

Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, wir handeln und

geben die richtigen Antworten für mehr Bildung und Be-
treuung von Anfang an – das haben wir heute gehört –,
für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für den
Wirtschaftsstandort Deutschland. Herr Götz, das alles ist
solide finanziert. Ich freue mich auf das Ende des Mo-
nats. Dann nämlich wird eine Studie des Deutschen In-
stituts für Wirtschaftsforschung – sicherlich nicht SPD-

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(C (D ah – veröffentlicht. Dort wird belegt, dass Investitionen n den Ausbau der Kinderbetreuung Gewinn für die ommunen bringen. Jeder Cent, den die Kommune inestiert, wird dreibis viermal zurückkommen. (Beifall bei der SPD – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist ja prima!)


Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen von der Opposi-
ion, an anderer Stelle engagieren Sie sich zum Beispiel
tark für einen flexiblen Ladenschluss. Ihre Devise lau-
et: Einkaufen am besten rund um die Uhr.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

ber was sagen Sie den Frauen und Männern, die wäh-
end ihrer Arbeitszeit verlässliche Kinderbetreuung
rauchen?


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Wir fordern das!)


st etwa die von der baden-württembergischen CDU-ge-
ührten Landesregierung in Auftrag gegebene Umfrage
hre Antwort darauf? Frau Eichhorn und auch Frau
lachsbarth, Sie haben diese Studie zitiert. Dort wird
uggeriert, Eltern bräuchten persönliche, berufliche und
inanzielle Sicherheit, um sich für ein Kind zu entschei-
en. Betreuung spielt dort kaum eine Rolle. Ich sage Ih-
en: Genau umgekehrt wird ein Schuh daraus. Erst wenn
ie Betreuung gesichert ist, bedeutet das berufliche und
araus folgend finanzielle Sicherheit für die Familien.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Maria Eichhorn [CDU/ CSU]: Wir brauchen finanzielle Sicherheit und Betreuung! – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/ CSU]: Und berufliche Weiterbildung und Teilzeit!)


ch glaube, dass Sie eine solche Umfrage benutzen, um
hr eigentliches Ziel, nämlich die Betreuungsangebote
icht auszubauen, zu verstecken.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist doch nicht wahr!)


Was eindeutig fehlt – das haben wir heute von allen
eiten gehört –, sind familienfreundliche Strukturen
or Ort. Da könnten wir in der Tat, Herr Götz, schon viel
eiter sein; denn das KJHG schreibt seit 1991 vor, dass
ommunen zum bedarfsgerechten Ausbau verpflichtet
ind. In Westdeutschland hat sich da – das wissen wir
nd das haben wir heute Morgen gehört – leider viel zu
enig getan. Im Interesse der Kinder und jungen Fami-
ien müssen wir und werden wir daher handeln. Das ist
er eigentliche Grund, warum wir das TAG geteilt ha-
en. Der Beratungsbedarf, den wir bei der Jugendhilfe
aben, darf nicht zu einer Verzögerung des Ausbaus des
etreuungsangebotes führen. Ich habe kein Verständnis
afür, meine Kollegen und Kolleginnen von der Opposi-
ion, wenn Sie das als ein unseriöses parlamentarisches
erfahren bezeichnen. Wir haben das Bundesverfas-
ungsgericht voll auf unserer Seite;


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Es war eine Nacht-und-Nebel-Aktion, hat das Bundesverfassungsgericht gesagt!)







(A) )



(B) )


Christel Humme

denn im Falle des Lebenspartnerschaftsgesetzes hat das
Bundesverfassungsgericht die Trennung ausdrücklich
begrüßt und festgestellt – hören Sie an dieser Stelle ge-
nau zu –: Der Bundesgesetzgeber soll Gesetze trennen,
wenn er Regelungen in eigener Zuständigkeit umsetzen
kann und ansonsten befürchten muss, dass aufgrund ei-
ner Blockade im Bundesrat nichts passiert. Ich denke,
wir haben hier die richtige Entscheidung getroffen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie haben bisher nur Widersprüchliches von sich ge-
geben. Herr Kauder sagt: ablehnen.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Nein, nicht zustimmen, hat er gesagt!)


Frau Böhmer sagt: Enthaltung, aber eigentlich doch Zu-
stimmung.


(Kerstin Griese [SPD]: Die wollen echt gern zustimmen, dürfen aber nicht!)


Glauben Sie denn wirklich, meine Kollegen und Kolle-
ginnen von der Opposition, dass Ihre Politik von den
jungen Menschen noch verstanden wird? – Mit Sicher-
heit nicht. Die jungen Männer und Frauen wollen Lösun-
gen sehen und wissen, dass sie von Ihnen, der CDU/
CSU, nichts erhalten. Im Gegenteil. Von Ihnen, Frau
Eichhorn, hören wir wirre Vorwürfe, von Ihnen, Frau
Flachsbarth, „Nacht-und-Nebel-Aktion“, von Ihnen,
Herr Götz, „unseriöse Trickserei“. Wiederholt unterstel-
len Sie unseriöse Kostenrechnung.


(Peter Götz [CDU/CSU]: Das ist leider so!)

Gebetsmühlenartig kritisieren Sie die Finanzierung, ob-
wohl Sie es besser wissen müssten.

Ich sage Ihnen: Der Ausbau der Betreuungsangebote
kann nicht länger warten. Tragen Sie, meine Damen und
Herren von der Opposition, unser Projekt mit und schla-
gen Sie sich an dieser Stelle nicht wieder in die Büsche!

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513504700

Ich erteile der Kollegin Gesine Lötzsch das Wort.

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1513504800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Sehr geehrte Gäste, ich bin Abgeordnete der PDS.
Frau Ministerin Schmidt möchte die Länder und

Kommunen im Westen der Bundesrepublik dazu bewe-
gen, mehr Krippenplätze für Kinder unter drei Jahren an-
zubieten. Das ist gut und richtig. Denn alle, wirklich alle
Bundesregierungen haben die Kinderbetreuung in den
letzten 55 Jahren sträflich vernachlässigt. Ein Frauen-
bild, das von den drei K – Kirche, Küche, Kinder – ge-
prägt war, trug zu dieser Situation bei.

Seit 1990 steht die Bundesrepublik etwas besser da,
da es im Osten eine sehr gute Ausstattung mit Krippen-

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(C (D nd Kindergartenplätzen gab und gibt. Das soll auch so leiben. Meine Heimatstadt, das rot-rot regierte Berlin, ann in diesem Jahr fast jedem zweiten Kind unter drei ahren einen Krippenplatz anbieten. Das ist in Anberacht der katastrophalen Finanzlage der Stadt Berlin ine wirklich bemerkenswerte Leistung. Schade ist allerdings, dass die Bundesregierung mit hrem Gesetzentwurf hinter ihrer eigenen Koalitionsverinbarung zurückbleibt. Sie hatten sich doch eigentlich orgenommen, Quoten hinsichtlich der Versorgung mit rippenplätzen gesetzlich zu fixieren. Jetzt verzichten ie darauf, weil Versorgungsquoten angeblich den unterchiedlichen regionalen Verhältnissen nicht gerecht weren. Wir finden es schade, dass Sie sich nicht für Versorungsquoten entschlossen haben. Ebenso hätten wir höhere Erwartungen gehabt, was ie Qualität der Bildungsangebote betrifft. So wurde um Beispiel in Berlin ein Bildungsprogramm für Kinergärten entwickelt, das durch eine Qualitätsentwickungsvereinbarung mit den freien Trägern in allen Berlier Kindergärten verbindlich eingeführt werden soll. ieses Programm, das bundesweit Anerkennung findet, egt einen besonderen Schwerpunkt auf die so bitter nöige Sprachförderung. Meine Damen und Herren, der Bundesrat wollte die en Gesetzentwurf ablehnen. Daraufhin haben Sie ihn eteilt und den zustimmungspflichtigen Teil zurückgetellt. Das ist zwar keine besonders elegante, aus unserer icht aber eine akzeptable Lösung, um ein vernünftiges iel zu erreichen. Allerdings hatten Sie, Frau Ministerin, em Bundesrat wirklich eine Steilvorlage für eine Abehnung geliefert. Denn Sie forderten in Ihrem Gesetzntwurf, dass die Finanzierung der fehlenden Krippenlätze aus den Einsparungen erbracht werden soll, die ich aus der Zusammenlegung von Arbeitslosengeld und ozialhilfe ergeben. Auf einen solchen Kuhhandel kann man sich, glaube ch, nicht einlassen. Wer weiß denn, ob aus der Zusamenlegung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe wirkich 2,5 Milliarden Euro jährlich in die Kassen der Läner fließen werden? Ich erinnere mich noch gut an die innahmeerwartungen, die mit der Erhöhung der Tabakteuer verbunden waren: Diese Gelder hatte man bei der esundheitsreform vereinnahmt; die Erwartungen sind ekanntlich in blauem Dunst aufgegangen. Darüber hinaus riecht die Verknüpfung von Krippen lätzen und Hartz IV nach Wahlkampf. So entstand der atale Eindruck, dass es Ihnen nicht nur um die Schafung von Krippenplätzen, was ein gutes und richtiges iel ist, ging, sondern auch darum, die CDU/CSU als inderunfreundlich vorzuführen. Mit diesem Verketungskonzept sind Sie schon bei der Eigenheimzulage escheitert. Hier wollten Sie das eingesparte Geld in die orschung stecken. (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Eine super Koalition!)


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])







(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch

– Bleiben Sie doch ruhig und warten Sie auf das Ende
meiner Rede, Herr Schmidt.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ich bin immer ruhig!)


Wenn wir als PDS Vorschläge machen, zum Beispiel
die Friedensdividende für die Bildung zu nutzen, dann
erklären Sie uns gerne und oft, dass solche Verknüpfun-
gen haushaltstechnisch nicht möglich seien und dass un-
ser Vorschlag ohnehin populistisch sei. Ich würde vor-
schlagen, meine Damen und Herren von Rot-Grün:
Messen wir mit gleicher Elle. Unterstützen Sie unseren
Vorschlag, das Geld, das zum Beispiel für die nicht flug-
tauglichen Eurofighter bereitgestellt wird, lieber in die
Bildung unserer Kinder zu stecken. Die Eurofighter sind
bekanntlich nicht einsatztauglich. Sie sind vielleicht ge-
rade noch gut genug, um terroristische Schläfer aus dem
Schlaf zu schrecken. Dafür sind diese Geräte allerdings
wirklich zu teuer.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Das Geld wäre, wenn wir es in Bildung investierten, we-
sentlich besser angelegt.

Meine Damen und Herren, trotz unserer Kritik wer-
den wir diesem Gesetzentwurf unsere Zustimmung nicht
verweigern und Ja sagen. Diese Zustimmung verbinde
ich allerdings mit der Hoffnung, dass die Regierungs-
fraktionen bald unsere Konversions- bzw. Abrüstungs-
vorschläge aufgreifen werden.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513504900

Ich erteile das Wort Kollegin Ingrid Fischbach, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1513505000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und

Kollegen! Wenn man als Letzte in einer so enorm langen
Liste von Rednern das Wort bekommt, hat man einen
Vorteil: Man hat alle Reden gehört. Ich hätte mich ge-
freut, jetzt sagen zu können: Es ist alles gesagt worden.


(Peter Dreßen [SPD]: Aber nicht von mir!)

– Dumme Zwischenrufe kommen von Ihnen immer,
Herr Kollege Dreßen; das weiß ich, damit kann ich le-
ben. Wenn wir in Ihren Redebeiträgen wenigstens hören
würden, welche Antworten Sie geben, wenn es um die
notwendigen Bedürfnisse, die Familien heute haben, die
Frauen heute haben, geht, dann würde ich es noch ver-
stehen. Aber wir haben keine Antworten gehört.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Dann waren Sie irgendwie nicht ganz präsent!)


Sie haben leider – das macht mich betroffen – in allen
Ihren Redebeiträgen nur versucht, schwarz-weiß zu ma-
len. Frau Humme, wie oft haben allein Sie gesagt, wir

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(C (D ätten uns in die Büsche geschlagen! Ich muss es verasst haben, als Sie sagten, wann wir wieder herausgeommen sein sollen. (Christel Humme [SPD]: Sie sind ja immer noch drin!)


Geht doch nicht: Ich kann doch nur einmal hinein-
pringen, ohne wieder herauszukommen. Sie versuchen
ine Aufteilung in Gut und Böse: Die einen sind für Kin-
erbetreuung, die anderen sind dagegen. Das ist absolut
alsch.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ie familien- und kinderfreundlichen Entscheidungen
isher sind unter der CDU/CSU/FDP-Regierung einge-
ührt worden. Das können Sie drehen und wenden, wie
ie wollen; Sie können es abstreiten, aber es ist so. Wir
aben diese Politik nicht kontinuierlich fortgeschrieben,
a gebe ich Ihnen Recht. Aber die gute gesetzliche
rundlage etwa für den Rechtsanspruch auf einen
indergartenplatz geht auf uns zurück, nicht auf Sie.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Frau Ministerin, ich hätte mich gefreut, wenn wir uns
irklich einmal in der Sache auseinander gesetzt und ge-
chaut hätten, wo wir zusammenkommen, wo wir den
roblemen der Frauen und der Familien gerecht werden
nd uns zusammenfinden können; denn das wäre wich-
ig gewesen. Die Leute draußen, die Zuschauer und Zu-
örer in diesem Raum wollen nicht hören, was Sie uns
orwerfen und was wir Ihnen vorwerfen. Sie wollen wis-
en, welche Vorteile ihnen das bringt, die wollen Lösun-
en sehen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr gut, darum machen wir ja das Gesetz!)


Dann gehe ich jetzt im Folgenden einmal auf eine Ihrer
ngeblichen Lösungen ein.
Sie sagen: Wir streben – das ist heute mein Haupt-

hema – einen Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder
n. Frau Humme, ich weiß nicht, wie Sie durchs Leben
aufen, durch Ihren Wahlkreis, aber wie stellen Sie sich
enn die Realisierung des Ausbaus und die Weiterent-
icklung der Tagespflege ohne finanzielle Grundlagen
or?


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Christel Humme [SPD]: Hat keiner gesagt! – Zuruf von der SPD: Das ist schwarz-weiß!)


Mein Wahlkreis liegt in einer Kommune, in der man
chon ziemlich weit ist, aber trotzdem brauchen wir zur
kquirierung, zur Begleitung und zur Ausbildung der
agesmütter und zur Weiterentwicklung der Tagespflege
inanzielle Grundlagen. Die sind nötig. Deswegen ist es
nseriös, so zu tun, als würden wir nur auf die Finanzen
chauen. Es ist unseriös, den Leuten etwas zu verspre-
hen, was gar nicht finanziert ist; das muss man ehrlich
agen können.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach

Es besteht doch allseits Konsens darüber, dass die

frühkindliche Förderung wichtig ist; darüber sind wir
uns einig. Wir wissen auch, dass wir mehr Betreuungs-
angebote brauchen; darüber sind wir uns ebenfalls einig.
Denn es nützt nichts, den Eltern ein paar Mark mehr zu
geben, wenn entsprechende Angebote nicht vorhanden
sind. Genauso nützt es nichts, Frau Ministerin, zu sagen,
man wolle jetzt Infrastrukturangebote schaffen, wenn
man diese nicht bezahlen kann; das ist genauso unseriös.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das weiß sie auch ganz genau!)


Deswegen gehört beides zusammen: die Finanzen und
die Angebote. Das müssen wir hier ganz deutlich artiku-
lieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wenn wir den Schwerpunkt auf Tagesmütter setzen,
darf ich an dieser Stelle auch ganz deutlich sagen: Tages-
mütter sind nicht zum Nulltarif zu haben. Tagesmütter
leisten eine ganz wichtige Aufgabe im Rahmen der Be-
treuung, Erziehung und Bildung von Kindern. Diese drei
Dinge gehören zusammen. Es geht nicht um das reine
Verwahren, es geht darum, Kinder zu bilden, sie zu er-
ziehen, sie sich zu gemeinschaftsfähigen Persönlichkei-
ten entwickeln zu lassen.

Da klaffen in Ihrem Gesetz, Frau Ministerin, An-
spruch und Wirklichkeit leider auseinander.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Sie wollen mit Ihrem Gesetz die Ausbildung von Tages-
müttern fördern. Dafür bedarf es aber natürlich entspre-
chender Angebote. Das heißt, das, was Sie zu den Tages-
einrichtungen schreiben, § 22 a – „Die Träger der
öffentlichen Jugendhilfe sollen die Qualität der Förde-
rung in ihren Einrichtungen durch geeignete Maßnah-
men sicherstellen und weiterentwickeln“ –, müsste auch
für die Kindertagespflege, § 23, gelten. Hier sagen Sie
über die Tagespflegepersonen aber nur – ich zitiere jetzt
Ihren Gesetzentwurf –:

Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der
Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die
sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in
anderer Weise nachgewiesen haben.

Was heißt denn „vertiefte Kenntnisse“? Das kann al-
les und nichts heißen. Wenn man die Ausbildung wirk-
lich verbessern will, dann braucht man Standards, dann
muss man über Qualität, Angebote und Geeignetheit re-
den.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Tagespflege kann nur dann gleichwertig sein,

wenn dort auch Standards ähnlich denen der öffentli-
chen Einrichtungen eingeführt werden. Die Tagespflege
ist – ich sage es zum zweiten Mal – keine Billigversion
des Kinderbetreuungsangebots.


(Rita Streb-Hesse [SPD]: Deshalb verbessern wir sie doch auch!)





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(C (D Frau Streb-Hesse, davon steht doch nichts drin. (Rita Streb-Hesse [SPD]: Doch! Rentenversi cherung! Unfallversicherung)

Sie werden doch gar nicht konkret. „Vertiefte Kennt-
isse“ – das kann alles und nichts heißen. Werden Sie
och konkret!
Ich gehe auf den nächsten Punkt ein, bei dem Sie

icht konkret werden, nämlich auf die Sozialversiche-
ungs- und Steuerpflicht. Sie kennen die unterschiedli-
he Behandlung der Tagesmütter, die davon abhängig
st, ob sie im öffentlichen Auftrag oder privat arbeiten.
o ist denn hier Ihr Angebot? Wo gehen Sie denn auf
ie Bedürfnisse der arbeitenden Tagesmütter vor Ort
in? Dies wird unterschiedlich gehandhabt. Die Tages-
ütter sind nicht alle sozialversicherungspflichtig.
Sie können doch nicht von einem gleichwertigen An-

ebot sprechen und gleichzeitig sagen: Das interessiert
ns nicht, das sollen die klären, die es tun, das ist nicht
nsere Aufgabe. – Hier muss Tacheles geredet werden.
as Problem muss gelöst werden. Hier erwarte ich von
hnen detaillierte Lösungen für die Probleme, die es vor
rt gibt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Frau Ministerin, es reicht nicht, dass Sie sagen, bei

er Unfallversicherung werde ein bestimmter Betrag er-
tattet. Sie wissen doch, dass man heute mit einem Jah-
esbeitrag von 75 Euro dabei ist. Die Übernahme dieser
osten nützt wenig.
Wenn wir wollen, dass Frauen die Tagespflege nicht

ur in Anspruch nehmen, um die Familie und ihre Er-
erbsarbeit besser vereinbaren zu können, sondern dass
ie dies auch als Berufsangebot ansehen, dann müssen
ir natürlich auch dafür sorgen, dass ihre Altersversor-
ung gesichert wird. Hier müssen wir wirklich Antwor-
en auf die Fragen vor Ort finden.
Sie haben davon gesprochen, dass von den Vorsorge-

eiträgen für die Rente, die die Tagesmütter privat zah-
en, die Hälfte erstattet wird. Das ist ein richtiger Schritt,
r reicht aber nicht aus. In den Ausschusssitzungen hätte
ch mir eine intensive Diskussion über diese Sachfragen
ewünscht. Stattdessen wurde nur gesagt, dass die einen
as wollen und die anderen nicht. Es ist ganz wichtig:
ir beide wollen qualifizierte und ergänzende Ange-
ote.


(Christel Humme [SPD]: Dann stimmen Sie dem Gesetz doch zu!)


Frau Humme, ich gehe jetzt auf Ihren Zuruf, dass wir
och zustimmen sollen, ein. Vielleicht unterscheiden wir
eide uns in der Auffassung darüber, wie wir hier Politik
achen und mit welcher Verantwortung wir politische
ntscheidungen nach außen hin zu vertreten haben. Ich
nterschreibe keine Gesetzesvorlage, von der ich weiß,
ass deren Umsetzung schon jetzt gefährdet ist.
Frau Humme, lassen Sie uns jetzt doch einmal über
ordrhein-Westfalen reden. Sie haben im Ausschuss
och selbst schon vor Wochen mitbekommen, dass unser






(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach

beider Bundesland bezüglich der Herunterbrechung der
Finanzen, das heißt bei der Weitergabe des Geldes an die
Kommunen, im Moment ganz anders argumentiert als
früher. Nur dadurch, dass wir beide wach waren und uns
in die Gespräche eingemischt haben – ich habe gehört,
dass Sie das genauso wie ich getan haben –, überlegen
die Länder, wie sie das Geld an die Kommunen weiter-
geben.

Ich kann dem Kollegen Götz wirklich nur Recht ge-
ben: Es kann nicht sein, dass wir Gesetze verabschieden
und den Kommunen sagen, dass sie zusehen sollen, wie
sie umgesetzt werden. Das geht nicht. Sie wissen, dass
das eine Totgeburt ist. Frau Ministerin, Sie wollen das
nicht und die CDU/CSU-Fraktion will das auch nicht.
Wir wollen Lösungen und Angebote für die Menschen.
Diese müssen seriös finanziert sein. Das sind sie nicht.
Deswegen können und werden wir nicht zustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Frau Lenke hat es Ihnen bei dem qualifizierten Antrag

der FDP zur Tagespflege angeboten und wir bieten es Ih-
nen auch an: Sie dürfen ruhig aus unseren Vorlagen ab-
kupfern. Schreiben Sie ab, übernehmen Sie unsere Vor-
schläge! Sie tun Ihnen gut. Wir werden keine
Plagiatsklage einreichen. Wir würden uns freuen und
wären zufrieden, wenn Sie das anwenden würden; denn
bereits Neil Postman sagte:

Kinder sind die lebenden Botschaften, die wir einer
Zeit übermitteln, an der wir selbst nicht mehr teil-
haben werden.

Lassen Sie uns die bestmöglichen Botschaften über-
mitteln! Tun Sie es für uns, unsere Kinder und die Zu-
kunft unserer Kinder! Dann haben Sie uns im Boot.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513505100

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

desregierung eingebrachten Entwurf eines Tagesbetreu-
ungsausbaugesetzes, Drucksachen 15/3676 und 15/3986.
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/4045, den Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung mit der neuen Überschrift „Entwurf eines
Gesetzes zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten
Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder“ anzunehmen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der
Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen und der beiden fraktionslosen
Abgeordneten bei Enthaltung der CDU/CSU-Fraktion
und der FDP-Fraktion angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
mit den gleichen Mehrheitsverhältnissen angenommen.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent-
chließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf
rucksache 15/4063. Wer stimmt für diesen Entschlie-
ungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
ich? – Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen
er Koalitionsfraktionen bei Zustimmung der CDU/
SU-Fraktion und Enthaltung der FDP-Fraktion abge-
ehnt.
Wir setzen die Abstimmungen zur Beschlussempfeh-

ung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und
ugend auf Drucksache 15/4045 fort. Unter Nr. 2 seiner
eschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss den übri-
en, heute nicht abgestimmten Teil des Gesetzentwurfs
iner späteren Beschlussfassung vorzubehalten. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
agegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfeh-
ung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
ie Stimmen von CDU/CSU-Fraktion und FDP-Fraktion
ngenommen.
Tagesordnungspunkt 3 b: Der Ausschuss empfiehlt

nter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung
es Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf
rucksache 15/3488 mit dem Titel „Elternhaus, Bildung
nd Betreuung verzahnen“. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
ält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
en der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der
DU/CSU-Fraktion bei Enthaltung der FDP-Fraktion
ngenommen.
Unter Nr. 4 empfiehlt der Ausschuss die Ableh-

ung des Antrags der Fraktion der FDP auf Druck-
ache 15/3512 mit dem Titel „Solides Finanzierungs-
onzept für den Ausbau von Kinderbetreuungsange-
oten für unter Dreijährige“. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
nthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
timmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
on CDU/CSU-Fraktion und FDP-Fraktion angenom-
en.
Tagesordnungspunkt 3 c: Wir kommen nun zur Be-

chlussempfehlung des Ausschusses für Familie, Senio-
en, Frauen und Jugend auf Drucksache 15/3036. Der
usschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussemp-
ehlung die Annahme des Antrags der Fraktionen der
PD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Druck-
ache 15/2580 mit dem Titel „Ausbau von Förderungs-
ngeboten für Kinder in vielfältigen Formen als zentraler
eitrag öffentlicher Mitverantwortung für die Bildung,
rziehung und Betreuung von Kindern“.
er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschluss-
mpfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktio-
en gegen die Stimmen der CDU/CSU-Fraktion und der
DP-Fraktion angenommen.
Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung

es Antrags der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

15/2651 mit dem Titel „Ausbau und Förderung der Ta-
gespflege als Form der Kinderbetreuung in der Bundes-
republik Deutschland“. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der CDU/CSU-
Fraktion bei Enthaltung der FDP-Fraktion angenommen.

Weiterhin empfiehlt der Ausschuss für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend unter Nr. 3 seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 15/3036 die Ablehnung des
Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/1590
mit dem Titel „Tagespflege als Baustein zum bedarfsge-
rechten Kinderbetreuungsangebot – Bessere Rahmenbe-
dingungen für Tagesmütter und -väter, Eltern und Kin-
der“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktio-
nen gegen die Stimmen der FDP-Fraktion bei Enthaltung
der CDU/CSU-Fraktion angenommen.

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 4 seiner Be-
schlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Frak-
tion der FDP auf Drucksache 15/2697 mit dem Titel
„Faire Chancen für jedes Kind – Für eine bessere Bil-
dung, Erziehung und Betreuung von Anfang an“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfeh-
lung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
die Stimmen der FDP-Fraktion bei Enthaltung der CDU/
CSU-Fraktion angenommen.

Tagesordnungspunkt 3 d: Abstimmung über die Be-
schlussempfehlung des Ausschusses für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend auf Drucksache 15/3035 zu dem
Antrag der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel
„Frauen und Männer beim Wiedereinstieg in den Beruf
fördern“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
Drucksache 15/1983 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der CDU/CSU-Fraktion und der FDP-Fraktion ange-
nommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 a und 4 b sowie
Zusatzpunkt 6 auf:
4 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten

Dr. Wolfgang Schäuble, Dr. Friedbert Pflüger,
Peter Hintze, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Für ein glaubwürdiges Angebot der EU an die
Türkei
– Drucksache 15/3949 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

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und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Die Türkeipolitik der EU verlässlich fortfüh-
ren und den Weg für Beitrittsverhandlungen
mit der Türkei frei machen
– Drucksache 15/4031 –

P 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Wolfgang Gerhardt, Dr. Guido Westerwelle,
Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Zu der Empfehlung der EU-Kommission über
Beitrittsverhandlungen der Europäischen
Union mit der Türkei
– Drucksache 15/4064 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache 75 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei-
en Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-

er dem Kollegen Dr. Wolfgang Schäuble von der CDU/
SU-Fraktion das Wort.


Dr. Wolfgang Schäuble (CDU):
Rede ID: ID1513505200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gegen-

tand unserer heutigen Debatte ist in erster Linie eigent-
ich nicht die Türkei, sondern die Europäische Union
der genauer die Vorstellung, die wir mit der politischen
inigung Europas verbinden. Die europäische Einigung
efindet sich in einer schwierigen Phase. Das Ringen um
ie institutionelle Vertiefung, die Erweiterung auf
5 Mitgliedstaaten, der Bruch des beim Start der euro-
äischen Währung gegebenen Stabilitätsversprechens,
ie tief greifenden Meinungsunterschiede in zentralen
ußen- und sicherheitspolitischen Fragen – dies alles und
ieles mehr hat die Einstellung weiter Teile der Bevölke-
ung in den meisten Mitgliedstaaten zur europäischen In-
egration nicht eben gestärkt. Ich fürchte, dass auch die
useinandersetzungen um die Bestätigung der Kommis-
ion im Europäischen Parlament in diesen Tagen daran
ohl nichts verbessern werden.
Das europäische Einigungswerk bleibt aber auf die
ustimmung der Bevölkerung angewiesen. Wenn die
uropäische Union eine handlungsfähige politische Ein-
eit werden soll, dann geht das nicht ohne das Vertrauen
er Menschen. Sie müssen sich dieser neuen, allmählich
ntstehenden Einheit anvertrauen. Das setzt ein Gefühl
er Zusammengehörigkeit und der Zugehörigkeit zu Eu-
opa voraus, eine europäische Identität.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

uropäische Identität entsteht aus Gemeinsamkeit in Ge-
chichte und Kultur wie auch aus gemeinsamer Verant-
ortung in einer Welt der Globalisierung. Wer das ver-
achlässigt, der gefährdet die Vision eines politisch
eeinten und handlungsfähigen Europas.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Schäuble

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in

Deutschland, Bischof Huber, hat vor kurzem darauf hin-
gewiesen, dass ein Europa, bei dem die Erweiterung so
eindeutig den Vorrang vor der Vertiefung bekomme und
bei dem die Frage nach dem Verhältnis von kulturellen
Orientierungen zu politischen Mechanismen nicht mehr
gestellt werde, die Menschen nicht erreichen könne.

Die Türkei ist seit langem verlässlicher Partner des
Westens und sie ist mit Europa eng verbunden. Die Mit-
bürger türkischer Abstammung in unserem Land sind zu
einem großen Teil gut integriert und sie bereichern uns
vielfältig. Die Türkei hat große Fortschritte in wirt-
schaftlicher und politischer Hinsicht, als demokratischer
Rechtsstaat und in der Wahrung der Menschenrechte ge-
macht. Auch wenn vor allem beim Schutz der Minder-
heiten noch nicht alle Probleme gelöst sind, sollten wir
die erreichten Fortschritte und die Ernsthaftigkeit der
Bemühungen nicht in Zweifel ziehen.

Zutreffend ist auch, dass die Türkei seit den 60er-
Jahren nach der Mitgliedschaft in den Europäischen
Gemeinschaften strebt und dass solchen Erwartungen
vonseiten Europas nicht wirklich widersprochen wurde.
Es wurde aber auch immer gesagt, dass es keinen Auto-
matismus gebe, dass also die endgültige Entscheidung
offen bleibe. Auch jetzt übrigens werden unterschiedli-
che Botschaften ausgesandt. In die Türkei wird vermit-
telt, dass beim Europäischen Rat im Dezember die end-
gültige Entscheidung falle, auch wenn es bis zum
Vollzug noch dauern werde,


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Verhandlungen beginnen!)


wenn man nicht schon die Empfehlung der Kommission
als die eigentliche Entscheidung ausgegeben hat. Aber
genau dieser Kommissionsbericht legt dar, dass es sich
gerade nicht um Beitrittsverhandlungen in der bisherigen
Routine handeln könne, dass viele Fragen offen und Pro-
bleme noch nicht gelöst seien und dass das Ergebnis der
Verhandlungen offen bleiben müsse.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Klaus Hänsch, Sozialdemokrat und vor wenigen Jah-

ren allseits geschätzter Präsident des Europäischen Par-
laments, hat Ende August in einem Vortrag in Schloss
Neuhardenberg ausgeführt:

Die Fähigkeit der Union, neue Mitglieder aufzu-
nehmen, dabei jedoch die Stoßkraft der europäi-
schen Integration zu erhalten, stellt … einen sowohl
für die Union als auch für die Beitrittskandidaten
wichtigen Gesichtspunkt dar, hat der Europäische
Rat 1993 in Kopenhagen festgelegt. Dieses Krite-
rium hat 1997 beim Beschluss über die Aufnahme
von Beitrittsverhandlungen mit den mittel- und ost-
europäischen Staaten noch eine Rolle gespielt. Aus
den Beschlüssen der Regierungschefs 1999 und
2002 zur Türkei ist es jedoch verschwunden. Das
ist ein Fehler.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir sollten diesen Fehler nicht fortsetzen,

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(C (D ämlich den Fehler, in der Türkei den Eindruck aufrechtuerhalten, dass die Frage einer EU-Mitgliedschaft nur n der Türkei zu entscheiden sei, als ob es nicht auch auf ie Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union selbst ntscheidend ankäme. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


Man sollte das übrigens auch in Frankreich beden-
en. Die französische Bevölkerung äußert sich mit noch
iel größerer Mehrheit als die deutsche gegen eine Mit-
liedschaft der Türkei. In der französischen Nationalver-
ammlung plädieren Regierung wie Opposition für unser
odell einer privilegierten Partnerschaft. Der Präsident
er Französischen Republik hat angekündigt, dass er der
ufnahme von Beitrittsverhandlungen zustimmen
erde, dass aber am Ende der Verhandlungen eine
olksabstimmung in Frankreich über eine Mitglied-
chaft der Türkei entscheiden werde. Ob es für die Tür-
ei wirklich besser sein wird, wenn nach weiteren zehn,
5 Jahren ein Verhandlungsergebnis plötzlich abgelehnt
ürde?


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


äre dann nicht die Gefahr eines Bruchs viel größer,
en zu vermeiden im Interesse der Türkei genauso wie
m Interesse Europas liegt?


(Beifall bei der CDU/CSU – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie wollen den gerade jetzt!)


Frau Kollegin Sager, ich finde, wir schulden der Tür-
ei Offenheit. Dies heißt, dass wir unsere Überzeugung
icht verschweigen, dass eine privilegierte Partnerschaft
ie richtige Lösung ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

enn eine solche Partnerschaft gefährdet nicht die Chan-
en einer politischen Einheit durch Überdehnung der
renzen und ermöglicht zugleich eine enge Verbindung
er Türkei mit Europa. Das ist unsere Überzeugung.
uch darüber muss verhandelt werden, nicht nur über
en Wunsch der Türkei nach voller Mitgliedschaft.
Natürlich gehört die Türkei zu einem Teil zu Europa,

ber zu einem weitaus größeren Teil eindeutig nicht. Eu-
opa reicht nicht bis an die Grenzen des Irans oder des
raks. Keiner von uns würde sich dort in Europa fühlen.
uch die Menschen in diesem Teil der Türkei glauben
elbst nicht, dass sie in Europa sind. Russland gehört
brigens zu einem größeren Teil zu Europa und gewiss
n einem größeren Maße zur europäischen Geschichte.
ennoch ist wohl eine Europäische Union, die bis Wla-
iwostok reicht, als gelingende politische Einheit nicht
orstellbar. Ich denke, die Antwort, die wir heute für die
ürkei finden, muss auch halten, wenn eines Tages
ussland einen entsprechenden Wunsch äußern sollte.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Schäuble

Deshalb müssen wir für Staaten, die nur teilweise zu Eu-
ropa gehören und teilweise eben nicht, andere Lösungen
einer institutionellen Verbindung mit Europa finden als
die volle Mitgliedschaft.

Das so oft angeführte Argument der Brücke, die die
Türkei zwischen Europa und der islamischen Welt bil-
den soll, spricht ebenfalls für eine privilegierte Partner-
schaft. Eine Brücke gehört eben nicht nur zu einem Ufer.
Wer auf die Wirkung der Türkei in der islamischen Welt
als Vorbild auf dem Weg zu Demokratie, Rechtsstaat-
lichkeit, zur Achtung der Menschenrechte, zum Aufbau
von Zivilgesellschaften und dergleichen mehr setzen
möchte, sollte einmal darüber überlegen, ob durch eine
Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union
eine solche Wirkung in der islamischen Welt nicht
eher geschwächt als gefördert wird; denn wenn die Tür-
kei Teil Europas ist, wird sie in der islamischen Welt we-
niger als Vorbild angesehen werden, als wenn sie es
nicht ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Übrigen muss man bei diesem Argument zwi-

schendurch daran erinnern, dass die Türkei dies alles
– Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Achtung von Men-
schenrechten, Aufbau von Zivilgesellschaften – im
wohlverstandenen Eigeninteresse leistet und eben nicht
nur, um sich die Mitgliedschaft in der Europäischen
Union zu verdienen. Das gilt genauso für alle anderen
Staaten, auch in der islamischen Welt: Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Aufbau von Zivil-
gesellschaften sind aus Eigeninteresse richtig und nicht
nur, um dadurch Mitglied in der Europäischen Union
werden zu können.

Übrigens, wenn auch die anderen Staaten der islami-
schen Welt dem Vorbild der Türkei folgten, könnten sie
deswegen wohl nicht Mitglied der Europäischen Union
werden. Die Argumente sollten also ein bisschen ge-
nauer auf ihren logischen Gehalt überprüft werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Nun wird gesagt, in Zeiten der Bedrohung durch den

internationalen Terrorismus könne die Europäische
Union aus strategischen Gründen gar nicht groß genug
sein. Der Außenminister hat von seiner europapoliti-
schen Rede an der Humboldt-Universität sogar aus-
drücklich Abstand genommen. Damals, als Herr Fischer
diese Rede hielt, war er noch eher gegen eine Mitglied-
schaft der Türkei. Das war übrigens ausdrücklich auch
Herr Verheugen noch im November 2002. Wie unsicher
unser Außenminister in Wahrheit noch immer ist, hat er
in einem Gespräch, das in der „Frankfurter Allgemeinen
Zeitung“ vom 7. September 2004 wiedergegeben wurde,
verraten. Ich zitiere:

Er
– Fischer –

beteuerte ein weiteres Mal, die Entscheidung über
die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen sei nicht
gleichbedeutend mit der Entscheidung über den
Beitritt selbst.



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(C (D Hören Sie genau zu! In jedem Falle werde eines Tages eine europareife Türkei leichter mit der Entscheidung umgehen können, ob ein Beitritt vollzogen werden könne oder nicht. Ihr Kollege Cohn-Bendit, Mitglied der Fraktion der rünen im Europäischen Parlament, nennt dies – allerings bezogen auf Frankreich – eine „demagogische altung“. Wo er Recht hat, hat er Recht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Nina Hauer [SPD]: Das stimmt doch nicht!)


Dialog der Kulturen und Religionen, Partnerschaft
it den verantwortlichen Kräften in der islamischen
elt, Stärkung multilateraler Entscheidungsstrukturen,
ll das ist richtig und wichtig; aber es kann doch nicht
ie Einverleibung in Europa zur Voraussetzung haben.
ein, von strategischer Bedeutung in Europa ist das Ge-
ingen der politischen Einigung. Sie wird durch eine
berdehnung der Grenzen eher gefährdet als gefördert.
ie Entwicklung einer einigen und handlungsfähigen
uropäischen Union ist für uns Europäer unser entschei-
ender Beitrag zu mehr Stabilität, mehr Frieden und
ehr Entwicklung in dieser enger zusammenwachsen-
en und vernetzten Welt. Daran hat die Türkei ein wohl-
erstandenes Eigeninteresse. Besser ist, wenn die Türkei
it einem politisch geeinten Europa eng verbunden ist,
ls dass sie Mitglied in einer politisch handlungsunfähi-
en Europäischen Union ist.
Ich zitiere noch einmal Klaus Hänsch:
Wenn die Mitgliedschaft der Türkei mit der Erosion
der Union bezahlt würde, wäre das ein zu hoher
Preis – übrigens nicht nur für die Union, sondern
auch für die Türkei – und der darf nicht gezahlt
werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Joachim Günther [Plauen] [FDP])

„Abschied von Europa“ hat Stefan Ulrich in der „Süd-

eutschen Zeitung“ am Dienstag seinen Leitartikel zu
iesem Thema überschrieben. Die Europäische Union
ächst in der Fläche und schrumpft in der Tiefe. Egon
ahr schrieb vor kurzem im „Spiegel“:

Bayern Ministerpräsident Edmund Stoiber hat
Recht, wenn er erklärt: Nimmt man die Türkei auf,
dann ist das das Ende der Vision von der politischen
Union Europas.

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein solcher Schmarren!)


Das hat Egon Bahr geschrieben.

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber deswegen ist es nicht richtig!)


Ja, gut, ist ja in Ordnung. Frau Kollegin Roth, ich
laube, Sie machen einen schweren Fehler, wenn Sie
ertiefung gegen Erweiterung austauschen.






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Schäuble


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun wir doch gar nicht!)

Eine handlungsunfähige Europäische Union dient der
Türkei nicht, dient Europa nicht und dient der Stabilität
in der globalisierten Welt nicht. Deswegen ist das der
falsche Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Aus all diesen Gründen stellen wir, die CDU/CSU-
Fraktion, heute erneut, wie schon am 2. Dezember 2002
vor dem Kopenhagener Gipfel, den Antrag, sich bei Ver-
handlungen mit der Türkei nicht auf die Frage einer
Vollmitgliedschaft zu beschränken, sondern auch die
bessere Lösung einer privilegierten Partnerschaft einzu-
beziehen. Nur ein solches Verhandlungsmandat ist wirk-
lich ergebnisoffen. Ein solches Verhandlungsmandat
weist die Türkei nicht ab, beschädigt die Türkei nicht,
bewahrt aber Europa zugleich die Chance, sich zu einer
wirklichen politischen Einheit zu entwickeln. Darum
geht es. Es geht um die Zukunftsfähigkeit Europas und
es geht um die Zustimmung der Menschen zu diesem eu-
ropäischen Projekt.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513505300

Das Wort hat der Kollege Gernot Erler von der SPD-

Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1513505400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

SPD-Bundestagsfraktion unterstützt die Absicht des
Bundeskanzlers, am 17. Dezember in Brüssel für die
Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu
stimmen, und sie tut dies einmütig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir wünschen uns, dass diese Verhandlungen, die
lange dauern werden, erfolgreich sind. Ziel der Verhand-
lungen kann nur der Beitritt der Türkei zur EU sein.
Über etwas anderes, Herr Kollege Schäuble, wird am
17. Dezember nicht entschieden.

Eine Automatik auf dem Weg zu diesem Ziel – auch
das steht im Bericht der Kommission – kann es in der Tat
nicht geben. Der Entscheidung der europäischen Staats-
und Regierungschefs am 17. Dezember werden Tau-
sende von Einzelentscheidungen sowohl in der Türkei
als auch in der EU folgen. Jetzt wird ein langer Prozess
der Abwägung und der Vorbereitung abgeschlossen, zu-
gleich aber ein langer und anstrengender Prozess von
Reform und Transformation eröffnet. Er birgt nicht uner-
hebliche Risiken, aber auch große Chancen für die EU
und für Deutschland.

Wir wollen, dass der Weg für diese Beitrittsverhand-
lungen frei gemacht wird, weil diese Entscheidung im
Interesse Deutschlands und im Interesse der EU liegt.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


s liegt in unserem Interesse, dass die EU glaubwürdig
leibt. Es liegt in unserem Interesse, dass der Verände-
ungsprozess in der Türkei unumkehrbar gemacht und
m Zuge des Verhandlungsprozesses konsequent fort-
esetzt wird. Es liegt in unserem Interesse, dass die
esicherte Beitrittsperspektive den wirtschaftlichen Auf-
chwung dieses für Deutschland so wichtigen Wirt-
chaftspartners verstetigt und beschleunigt. Es liegt in
nserem Interesse, dass die 4 Millionen Türken in der EU,
on denen 2,5 Millionen in Deutschland leben, mit der
eitrittsperspektive ihre Integrationsbemühungen vertie-
en und verstärken.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


s liegt in unserem Interesse – Herr Kollege Schäuble,
h glaube, da haben Sie mit dieser Brücke etwas falsch
erstanden –, dass die Türkei als eine große islamisch
eprägte Gesellschaft vor aller Welt den Beweis dafür
rbringt, dass Islam und westliche Werte miteinander
ereinbar sind, weil dies die denkbar beste und wirk-
amste Antwort auf jene blutigen Strategen des Terroris-
us ist, die den Kampf der Kulturen predigen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte etwas zum Stichwort Glaubwürdigkeit
agen. Seit 81 Jahren gibt es die moderne, von Kemal
tatürk gegründete Türkei. Ich möchte schon jetzt von
ieser Stelle aus der türkischen Republik zum morgigen
ationalfeiertag, der in Berlin bereits heute gefeiert
ird, im Namen des ganzen Hauses herzlich gratulieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Seit 41 Jahren hat die Türkei ein Assoziationsabkom-
en mit Beitrittsperspektive. Seit neun Jahren hat die
ürkei eine Zollunion mit der EU. Seit fünf Jahren ist
ie Türkei offizielle Beitrittskandidatin. Vor zwei Jahren
at der Europäische Rat klare Bedingungen für die Auf-
ahme von Verhandlungen formuliert. Das hat ein-
rucksvolle Reformbemühungen in Ankara ausgelöst.
ch bin Ihnen dankbar, Herr Kollege Schäuble, dass auch
ie das anerkennen. Die Türkei hat in kürzester Zeit acht
eformpakete auf den Weg gebracht. Sie hat die Todes-
trafe abgeschafft. Sie hat Folter und andere Menschen-
echtsverletzungen verboten und verfolgt Verstöße dage-
en, die es nach wie vor gibt. Die Türkei hat die
taatssicherheitsgerichte abgeschafft. Die Türkei hat den
influss des Militärs auf Politik und Gesellschaft spür-
ar reduziert. Sie hat angefangen, Kurden und anderen
inderheiten kulturelle Rechte zu geben, und sie hat Be-
chränkungen bei der Meinungs- und Versammlungsfrei-
eit aufgehoben.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Ist ja toll! Das sind Selbstverständlichkeiten!)


Natürlich kann man sagen: Das reicht alles nicht. Na-
rlich kann man sagen: Da fehlt noch etwas. Natürlich






(A) )



(B) )


Gernot Erler

kann man sagen: Erlass eines Gesetzes bedeutet nicht
gleich Umsetzung. All das ist zulässig. So ist die Euro-
päische Kommission auch an die Sache herangegangen;
sie hat all das berücksichtigt und sorgfältig abgewogen.
Das Ergebnis ist in dem einen entscheidenden Satz der
Kommissionsempfehlung festgehalten, den ich hier zi-
tieren möchte. Da heißt es:

In Anbetracht der allgemeinen Fortschritte im Re-
formprozess und unter der Voraussetzung, dass die
Türkei die oben genannten, noch ausstehenden Ge-
setze in Kraft setzt, ist die Kommission der Auffas-
sung, dass die Türkei die politischen Kriterien in
ausreichendem Maß erfüllt, und empfiehlt die Er-
öffnung von Beitrittsverhandlungen.


(Beifall bei der SPD)

Wir sagen: Ja, das überzeugt uns. Das ist eine verantwor-
tungsvolle und faire Empfehlung am Ende einer Vorbe-
reitungszeit von 41 Jahren. Deswegen wollen und wer-
den wir dieser Empfehlung folgen.

Wenn die EU nach dieser endlosen Reihe des Aufzei-
gens von Perspektiven, der Unterbreitung von Zusagen
und des Erhebens von Forderungen und nach den ein-
drucksvollen Bemühungen von türkischer Seite, diesen
langen Weg mitzugehen und alle Forderungen zu erfül-
len, im letzten Moment sagen würde: „Nein, Entschuldi-
gung, jetzt treffen wir eine grundsätzlich völlig andere
Entscheidung“, dann stellt sich doch die Frage, wer
künftig dieser EU noch trauen und vertrauen soll.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich denke dabei nicht nur an die Türkei, deren Empö-
rung dann alle verstehen würden, sondern an alle Län-
der, denen die EU in der letzten Zeit Zusagen gemacht
hat: an die zehn neuen Beitrittsländer, an Bulgarien und
Rumänien, denen schon ein Beitrittstermin genannt
wurde, an Kroatien, mit dem ab 2005 verhandelt werden
soll, an die vier anderen Westbalkanstaaten, denen eine
Perspektive eröffnet wurde, sowie an die Ukraine und
13 andere Staaten, denen mit dem neuen Nachbar-
schaftskonzept auch bestimmte Zusagen gemacht, wenn
auch keine Beitrittsperspektiven eröffnet wurden. Wer
also sollte bei so einem Nein in letzter Minute nach
41 Jahren Vorbereitung der EU überhaupt noch etwas
glauben? Aber genau das, einen solchen Schwenk in
letzter Minute, Herr Kollege Schäuble, empfiehlt die
CDU/CSU der EU.

Da gibt es ein neues Zauberwort – auch Sie haben es
hier mehrfach bemüht –: privilegierte Partnerschaft.
Im Antrag der CDU/CSU, der ausgerechnet den Titel
„Für ein glaubwürdiges Angebot der EU an die Türkei“
trägt, sucht man vergeblich nach einer Definition oder
wenigstens einer Beschreibung von privilegierter Part-
nerschaft. Soll sie das umfassen, was die Türkei mit dem
Assoziationsabkommen seit 41 Jahren hat? Soll sie das
umfassen, was mit der Zollunion ausgedrückt wird, die
mit der Türkei seit neun Jahren besteht? Soll es das sein,
was im Rahmen des neuen Nachbarschaftskonzeptes an-
geboten wird? In Ihrem Antrag findet man dazu keinerlei
Auskunft. Stattdessen machen Sie es sich ganz leicht. In

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(C (D hrem Antrag für ein glaubwürdiges Angebot heißt es azu – ich darf das zitieren –: Seitens der EU sollte … auf dem Gipfel im Dezember der Türkei das Angebot einer privilegierten Partnerschaft mit der Europäischen Union gemacht werden. Der Europäische Rat sollte der Europäischen Kommission den Auftrag erteilen, in Kürze Möglichkeiten und Wege zu präsentieren, wie ein solches besonderes Verhältnis der Türkei und anderer Länder zu Europa in eine angemessene Form gebracht werden kann. Dabei können konzeptionelle Vorarbeiten aus den Reihen der EVP-Fraktion des Europäischen Parlaments entsprechend berücksichtigt werden. Was heißt das? as heißt auf Deutsch: Die CDU/CSU sagt, sie wolle eine Beitrittsverhandlungen und keinen Beitritt der ürkei, sondern stattdessen die privilegierte Partnerchaft. Man wisse zwar nicht, was das ist, aber es soll efälligst die Europäische Kommission definieren, was as eigentlich ist. (Dr. Angela Merkel [CDU/CSU]: Stimmt ja gar nicht!)


(Franz Müntefering [SPD]: Dünnbrettbohrer!)


lso etwas, von dem wir nicht wissen, was es ist, sollen
ie europäischen Staats- und Regierungschefs am
7. Dezember der Türkei empfehlen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, der Volksmund hat für ein
olches Angebot einen trefflichen Begriff: Mogelpa-
kung.


(Beifall der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


as Hantieren mit einer Mogelpackung passt zu allem,
as Sie in letzter Zeit im Zusammenhang mit der Tür-
eifrage tun.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Am vorletzten Wochenende war dem Kollegen Glos
was manchmal passiert – wohl langweilig. Deshalb hat
r eine Kugel ins Rollen gebracht: das Thema Unter-
chriftenaktion gegen den Türkeibeitritt. Parteichefin
erkel traute sich nicht, dieses Spiel mit dem Feuer
leich zu unterbinden, und erklärte es erst einmal für
ine ganz gute Idee. Dann brach quer durch die Repu-
lik, auch in Ihren Reihen, ein Sturm der Entrüstung los
nd nach drei Tagen war der ganze Spuk vorbei. Das ist
ahrlich Führungsfähigkeit, auf die Deutschland und
uropa warten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as ist ein wirklich verantwortungsvoller Umgang mit
iner Schicksalsfrage, wie Sie es neuerdings nennen.
an kann ja mal etwas andeuten, ins Rohr schieben, um






(A) )



(B) )


Gernot Erler

zu testen, wie die Reaktionen sind. Weltpolitik als Über-
raschungsei, das ist Ihr Umgang mit der Europäischen
Union.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Jetzt hat sich Herr Glos etwas Neues ausgedacht,
gestern nachzulesen in der „FAZ“. Die neue Parole
heißt: Bei einem EU-Beitritt der Türkei wird Deutsch-
land von Türken überschwemmt und dabei untergehen,
allerdings nicht aus Versehen, sondern ganz absichts-
voll, weil die Linken, die jetzt Deutschland führen, das
so wollen. Wörtlich, Herr Kollege Glos, werden Sie so
zitiert – ich darf das hier vortragen; Sie werden ja gern
zitiert –:

Diejenigen, die derzeit Deutschland führen, haben
mit Deutschland überhaupt nichts am Hut. Man
macht Deutschland für einmalige Verbrechen in der
Vergangenheit als Land verantwortlich. Daher rührt
auch so eine Art Deutschenhaß in manchen Krei-
sen, weshalb man in Teilen der Linken hofft, daß es
Deutschland nicht mehr gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich! – Zurufe von der SPD: Pfui! – Unverschämte Frechheit!)


Wenn schon keine Unterschriftenaktion, dann malt
man wenigstens die Pantürkisierung ganz Europas und
den Untergang Deutschlands als Folge des Selbsthasses
der linken Verhandlungsbefürworter an die Wand. Das
ist auch für Ihre Verhältnisse, Herr Glos, eine unglaubli-
che Entgleisung, die eigentlich Klärung fordert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sonst müssen Sie sich nicht wundern, wenn man Sie
demnächst fragt, ob mit Ihnen noch alles in Ordnung ist.

Oder, Herr Glos, liegt das etwa daran, dass Sie Ihre
eigene Vergangenheit aufarbeiten müssen? Manchmal
hilft ja ein gutes Archiv, um etwas zu erklären. Jeden-
falls haben Sie am 17. Dezember 1997, direkt nach dem
Europäischen Rat von Helsinki, eine interessante Pres-
seerklärung herausgegeben. Aus dieser möchte ich drei
Sätze zitieren.

Erster Satz:
Es ist nicht nur im deutschen, sondern im europäi-
schen Interesse, die Türkei an Europa zu binden.


(Beifall bei der SPD)

Zweiter Satz:
Es dient nicht europäischen Interessen, wenn die
Türkei auf ihrem Weg nach Europa durch Übertak-
tieren vor den Kopf gestoßen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Dritter Satz: Am Ziel darf es keinen Zweifel geben: Es ist vor allem im deutschen Interesse, die Türkei in Europa zu sehen! (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Peter Hintze [CDU/CSU]: Das stimmt doch alles!)


Sie waren also offenbar schon einmal weiter als
eute. Sie brauchten bloß Ihren eigenen Empfehlungen
u folgen. Lassen Sie das Übertaktieren mit der privile-
ierten Partnerschaft, machen Sie sich Ihren eigenen Rat
u Eigen, dann sind Sie unterwegs und wir können noch
offnung haben!
Auf jeden Fall, meine Damen und Herren, gehen wir
it den unbestreitbaren Risiken dieses Integrationspro-
esses und den daraus abgeleiteten Sorgen und Beden-
en vieler Menschen anders um. Wir und auch die EU-
ommission nehmen sie ernst. Das ist der Grund dafür,
ass die Kommission für eine neue Konzeption der Ver-
andlungen eintritt, mit einer viel strengeren Über-
rüfung der Reformfortschritte als bisher, mit Sonder-
egelungen bis hin zu eventuellen unbefristeten
chutzklauseln etwa bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit,
a sogar mit der Perspektive einer Aussetzung der Ver-
andlungen bei ernsthaften Rückschritten bei den Zielen
emokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Men-
chenrechte.
Das ist die seriöse Antwort auf die Fragen besorgter
enschen in unserem Land. Das sind genügend Leit-
lanken, um zu verhindern, dass der Integrationsgeleit-
ug vom Wege abkommt. Wir werden dafür sorgen, dass
iese Empfehlungen auch Beachtung finden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir teilen auch
ie Meinung der Kommission: Bei aller Schwierigkeit
es Weges, den wir die nächsten anderthalb Jahrzehnte
emeinsam mit der Türkei gehen werden – die Chancen
nd Vorteile für die EU und für unser Land überwiegen.
as muss den Ausschlag geben, wenn die europäischen
taats- und Regierungschefs am 17. Dezember ihre Ent-
cheidung treffen werden.
Wir unterstützen mit allem Nachdruck ein Ja für einen
eginn der Beitrittsverhandlungen im Jahr 2005.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513505500

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Guido Westerwelle

on der FDP-Fraktion.

Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1513505600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Die EU-Kommission hat für Beitrittsverhandlungen
it der Türkei plädiert und sie im Charakter als ergeb-
isoffen beschrieben. Diesem Vorschlag sollte sich der
eutsche Bundestag aus Sicht der Freien Demokraten






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle

anschließen. Wir sollten die Kommission beim Wort
nehmen.


(Beifall bei der FDP)

Es geht gegenwärtig um eine Entscheidung über Bei-

trittsverhandlungen und nicht – diesen Eindruck
konnte man nach den beiden vorherigen Reden bekom-
men – um einen Beitritt selbst. Erst am Ende der Ver-
handlungen kann die Entscheidung über die Aufnahme,
die Ablehnung oder auch eine differenzierte Position ste-
hen.

Wir sind mit beiden Haltungen, die bisher in den Re-
den zum Ausdruck gebracht worden sind, nicht einver-
standen. Der Antrag der Koalitionsfraktionen gibt letzt-
endlich eine Tendenz vor. Nach diesem Antrag sind die
Beitrittsverhandlungen quasi eine Übergangsstufe zu ei-
nem Ergebnis, das – politisch gewollt – schon jetzt for-
muliert wird. Die Unionsfraktion spricht sich in ihrem
Antrag gegen Beitrittsverhandlungen aus und unterstützt
von vornherein ein anderes Modell. Auch sie hat sich
schon ihre politische Meinung gebildet und das Ergebnis
vorweggenommen.

Wir Freien Demokraten sind der Überzeugung, dass
wir nur dann dem Votum der Europäischen Kommission
gerecht werden, wenn wir sie beim Wort nehmen. Ergeb-
nisoffen heißt, dass am Ende eines Verhandlungsprozes-
ses ein Ja, ein Nein oder auch eine differenzierte Posi-
tion, also vielleicht eine privilegierte Partnerschaft,
stehen kann. Aber niemand ist heute in der Lage, seriö-
serweise vorauszusagen, wie die Türkei in 15 Jahren
aussehen wird oder wie die Europäische Union in
15 Jahren aussehen wird.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Markus Meckel [SPD])


Wir haben von Ihnen, Herr Kollege Schäuble, eine
bemerkenswerte Rede gehört. Auch das, was Sie, Herr
Kollege Erler, gesagt haben, ist in weiten Teilen, was die
Analyse angeht – das ist oft so –, mit dem Wertekom-
pass, den wir gemeinsam in diesem Hause haben, de-
ckungsgleich. Letzten Endes geht es um die politischen
Schlussfolgerungen an dieser Stelle. Es wird niemanden
in diesem Hause geben, der beispielsweise die Men-
schenrechte in der Türkei nicht genauso einfordern
würde wie Verbesserungen hinsichtlich der ökonomi-
schen Entwicklung. Selbstverständlich wird auch die
Lösung der Zypernfrage eine Rolle spielen. Das alles
sind Punkte, die wir gemeinsam in diesem Hause bespre-
chen.

Wir Freien Demokraten warnen aber vor Folgendem.
Herr Kollege Schäuble, wenn Sie sagen, die Erweite-
rung dürfe nicht gegen die Vertiefung ausgetauscht
werden, dann haben Sie nach unserer Auffassung Recht.
Wir fügen aber hinzu: Die Erweiterung darf auch nicht
gegen die Vertiefung ausgespielt werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Beides muss uns gelingen, wenn wir den europäischen
Weg erfolgreich weitergehen wollen.

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(C (D Die Europäische Union ist in ihrer gegenwärtigen erfassung nicht aufnahmefähig. Die Türkei ist in ihrer egenwärtigen Verfassung nicht beitrittsfähig. Auch das ehört zur Wahrheit. Wir wollen aber fairerweise festalten, dass ein sofortiger Beitritt nicht die Erwartungsaltung der türkischen Regierung ist. Wir haben Gelegenheiten gehabt, das Gespräch mit er türkischen Seite – zuletzt in der vergangenen Woche it dem türkischen Außenminister – zu führen. Nieand in der Türkei, aber auch niemand in der Europäichen Union geht davon aus, dass es um eine Beitrittsntscheidung geht, die heute getroffen werden müsste. s geht auch nicht darum, dass die Türkei in ihrer gegenärtigen Verfassung schon beitrittsfähig wäre. Die Türei, wie sie heute ist, könnte nicht beitreten. Müssten wir eute über den Beitritt abstimmen, würden wir als Freie emokraten mit Nein votieren. Aber es geht heute eben icht um den Beitritt der Türkei zum jetzigen Zeitpunkt, ondern um einen ergebnisoffenen Verhandlungsprozess. eswegen ist es aus Sicht der Freien Demokraten ein ehler, dass das Wort der Ergebnisoffenheit im Antrag er Koalitionsfraktionen überhaupt nicht mehr vorommt. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Türkei ent-
prechende politische Entwicklungen und Reformen
ingeleitet und durchgesetzt hat. Wer wollte denn die
ortschritte der Türkei ernsthaft bestreiten? Die eingelei-
ten Reformen dürfen aber nicht nur auf dem Papier ste-
en, sondern müssen auch gesellschaftliche Realität
erden.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


s ist zwar gut, wenn das Parlament der Türkei ein Ver-
ot der Diskriminierung von Minderheiten verabschiedet
nd dies formale Rechtslage ist. Es ist zwar gut, wenn
as Folterverbot formale Rechtslage in der Türkei ist.
ber das reicht nicht aus. Nicht die formale Rechtslage
t das Kriterium. Vielmehr muss die gesellschaftliche
ealität das Kriterium für eine Überprüfung der Bei-
ittsentscheidung in zehn oder 15 Jahren sein.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Deswegen legen wir Wert darauf, dass die Ausgestal-
ng eines Verhandlungsmandates die Ergebnisoffenheit
etont, so wie es übrigens ausdrücklich auch in den
chlussfolgerungen der Europäischen Kommission vorge-
ehen ist. Dass dies so ist, wird ja regelmäßig unter den
eppich gekehrt. Es wird nachinterpretiert, was die Euro-
äische Kommission gemacht hat, um der eigenen Ten-
enz Vorschub und Nachdruck zu verleihen. Tatsächlich
at die Europäische Kommission eine sehr differenzierte
osition bezogen und ausdrücklich den ergebnisoffenen
harakter von Beitrittsverhandlungen unterstrichen. Das
t auch aus unserer Sicht richtig und notwendig.
Ich will noch auf das zu sprechen kommen, was im

orfeld dieser Debatte gesagt worden ist. Ich will






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle

niemanden darüber im Unklaren lassen, dass wir Freien
Demokraten es ausdrücklich begrüßen, dass die Unions-
parteien von den Überlegungen einer Unterschriftenak-
tion Abstand genommen haben.


(Beifall bei der FDP)

Ich will hier aber genauso klar sagen: Heute wird auch
eine Debatte darüber geführt – sie wird in Wahrheit ge-
führt, um die Innenpolitik zu prägen, und nicht, um über
den europa- und außenpolitisch richtigen Weg zu
diskutieren –, ob ein Referendum bzw. Volksabstim-
mungen beschlossen werden sollten. Wenn dies heute
die konkrete Forderung ist, dann sagen wir Freien De-
mokraten dazu: Das ist aus unserer Sicht nicht möglich
und in Wahrheit nur der innenpolitischen Auseinander-
setzung geschuldet. Niemand ist heute seriöserweise in
der Lage, die Entscheidung, die in zehn oder 15 Jahren
ansteht, vorwegzunehmen. Niemand kann heute sagen,
wie der konkrete Entscheidungsvorgang verfassungs-
rechtlich in zehn oder 15 Jahren stattfinden soll. Hier
findet also in Wahrheit eine innenpolitische Auseinan-
dersetzung und nicht eine Betrachtung der europäischen
Materie statt, um die es hier tatsächlich geht.


(Beifall bei der FDP)

Sie als Regierung werden – auch das müssen wir hier

festhalten – dem Antrag der Koalitionsfraktionen folgen;
Sie haben sich dazu erklärt und festgelegt. Dies ist
Regierungshandeln. Sie als demokratisch legitimierte
Bundesregierung werden im Dezember – daran gibt es
keinen ernsthaften Zweifel – der Aufnahme von Bei-
trittsverhandlungen zustimmen. Eines will ich dazu klar
sagen: Ganz egal wie man dann zu dieser Entscheidung
steht, diese Entscheidung bindet jede nachfolgende Re-
gierung.


(Zurufe von der SPD: Ja!)

Das sage ich deshalb, weil ich es für völlig falsch hielte,
wenn in Wahlkämpfen Nachhutgefechte stattfinden wür-
den. Wenn Europa entschieden hat, dass es Beitrittsver-
handlungen gibt, dann ist jede nachfolgende Regierung
daran gebunden und dann können noch so viele Unter-
schriften gesammelt oder Proteste organisiert werden.
Dann gilt die Zuverlässigkeit der deutschen Außenpoli-
tik, für die die Freie Demokratische Partei steht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513505700

Das Wort hat jetzt die Kollegin Claudia Roth, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Türkeidebatte, die wir gegenwärtig führen, ist im Kern
– hier gebe ich Herrn Schäuble Recht – eine Debatte
über die Frage, in welchem Europa wir leben wollen und
auf welche gemeinsamen Werte dieses Europa gründet.
Sie ist eine Debatte über die Frage, in welchem Deutsch-

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(C (D and wir leben und ob wir unsere multikulturelle und ultireligiöse Realität akzeptieren oder uns ihr verweiern. Sie ist in der Tat eine Debatte über die Glaubürdigkeit deutscher und europäischer Außenpolitik. ußerdem ist sie – dies sage ich gerade vor dem Hinterrund von populistischer Stimmungsmache und Brandtifterei – eine Debatte über die politische Kultur und en politischen Anstand in unserem Land. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich zitiere:
Die Türkei gehört zu Europa. Die Türkei soll voll-
berechtigtes Mitglied der Gemeinschaft sein. Dieser
Wunsch und die Tatsache, dass wir in ihm mit unse-
ren türkischen Freunden einig sind, sind der
stärkste Ausdruck unserer Gemeinsamkeit.

ies sagte nicht Romano Prodi vor zwei Wochen, son-
ern Walter Hallstein, der damalige Kommissionspräsi-
ent, anlässlich der Unterzeichnung des Ankara-Abkom-
ens am 12. September 1963. Damit war Europa klar
efiniert.
Gernot Erlers Zitaten, mit denen er in Erinnerung ge-

ufen hat, was Herr Glos dereinst sagte, füge ich einen
atz hinzu, nämlich die Überschrift seiner Presseerklä-
ung vom 17. Dezember 1997:

Die Türkei darf auf dem Weg nach Europa nicht
diskriminiert werden.

err Hintze, dazu müssten Sie jetzt auch klatschen. –
ber genau dies tun Sie jetzt: Sie diskriminieren die Tür-
ei.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Michael Glos [CDU/CSU]: Das ist sieben Jahre her!)


Herr Glos, erlauben Sie mir folgenden Satz – ich
omme ja auch aus Bayern –: Sie machen Politik nach
em Motto „Was schert mich mein Geschwätz von ges-
ern?“.


(Beifall der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


eute hört sich nämlich alles, was Sie sagen, ganz an-
ers an. Die CDU/CSU definiert die EU geographisch
nd kulturell ausgrenzend. Sie spricht von der nicht
ompatiblen Türkei. Aber die politischen Werte der Eu-
opäischen Union sind nicht an eine bestimmte Religion
der Kultur gebunden, sondern an die Achtung der Men-
chenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechts-
taatlichkeit sowie die Wahrung der Menschenrechte
nd der Minderheitenrechte.
Im EU-Verfassungsvertrag, Herr Glos und Herr

chäuble – Herr Schäuble weiß dies, er hat es heute nur
icht zitiert –, heißt es:

Die Union steht allen europäischen Staaten offen,
die diese genannten Werte achten und sich ver-
pflichten, ihnen gemeinsam Geltung zu verschaf-
fen.






(A) )



(B) )


Claudia Roth (Augsburg)



(Michael Glos [CDU/CSU]: Ja, europäischen Staaten! Das ist kein europäischer Staat!)


Also muss die Union auch einer demokratischen Türkei
offen stehen. Genau dies wollen und unterstützen wir.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Über 40 Jahre dauert der lange Weg der Türkei in die
EU. Immer wieder wurde versichert, bestätigt, beschlos-
sen und bekräftigt, dass das Ziel die Vollmitgliedschaft
sei. Was aber ist heute? War alles nicht so gemeint? War
es etwa nur so lange gemeint, wie die konkrete Perspek-
tive in weiter Ferne lag? Ihre privilegierte Partnerschaft,
Frau Merkel und Herr Bosbach, ist kein Angebot an die
Türkei, sondern eine Worthülse, wie Herr Rühe zu Recht
gesagt hat. Sie bedeutet Stillstand und die Festschrei-
bung des Status quo. Aus diesem Grunde kann die Tür-
kei diese Perspektive nicht ernsthaft akzeptieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Empfehlung der Kommission, Beitrittsverhand-
lungen aufzunehmen, ist dagegen ein historisches Si-
gnal, dem der Europäische Rat am 17. Dezember hof-
fentlich zustimmen wird. Sie ist das wichtige Signal,
dass die EU der Türkei die Tür nicht vor der Nase zu-
schlagen und die ungeheure Dynamik der Veränderung
nicht abbrechen darf. Dies riskieren Sie mit Ihrer privile-
gierten Partnerschaft ganz bewusst. Wir wollen diese
Dynamik fortsetzen, die natürlich vor allem etwas mit
einer glaubwürdigen Beitrittsperspektive zu tun hat. Die
Aufnahme von Verhandlungen, die zum Erfolg geführt
werden sollen, ist ein wichtiger Schritt; dies wissen Sie
ganz genau. Aber es gibt keinen Beitrittsautomatismus.
Das haben wir immer gesagt und dabei bleiben wir auch.

Lassen Sie uns wirklich von unseren deutschen Inte-
ressen sprechen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Glos [CDU/CSU]: Jawohl, von deutschen Interessen!)


– Ja, Herr Glos, Pawlow; wir reden jetzt von deutschen
Interessen. – Wir haben ein ganz vitales Interesse an ei-
ner demokratischen Türkei. Wenn wir dieses Interesse
haben, dann dürfen wir den Reformprozess doch nicht
abbrechen, wir dürfen kein Risiko eingehen,


(Michael Glos [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)

sondern wir müssen die Dynamik fortsetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Michael Glos [CDU/CSU]: So ein Unsinn!)


Vor kurzem – nicht heute –, Herr Schäuble, haben Sie
im Fernsehen von den Reformen in der Türkei als reine
Show gesprochen. Ich halte das für Zynismus, Herr
Schäuble. Ich finde es zynisch, davon zu sprechen, dass
die Abschaffung der Todesstrafe, das Folterverbot, das
Zurückdrängen des Militärs, der Beginn der Anerken-
nung der kurdischen Realität – all das, wovon Gernot
Erler gesprochen hat – Show sein soll.

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(C (D Frau Kollegin Roth, erlauben Sie eine Zwischenfrage es Kollegen Schäuble? Claudia Roth EN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513505800
Ja, gern.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513505900

Bitte schön, Herr Schäuble.

Dr. Wolfgang Schäuble (CDU):
Rede ID: ID1513506000

Würden Sie mir bitte eine Stelle nennen, die belegt,
o ich in irgendeiner Weise etwas von dem gesagt habe,
as Sie mir unterstellen? Nach meinem sicheren Wissen
abe ich nie etwas Derartiges gesagt.
Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Ich kann Ihnen das gern sagen. Es ist eine Agentur-
eldung nach einer Fernsehsendung bei Frau Illner, in
er Sie über die Türkei gesprochen haben.


(Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Ich habe es nicht gesagt!)


Wenn es nicht stimmt, Herr Schäuble, können Sie es
ern dementieren.


(Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Nein! Ich habe es nicht gesagt! Das ist eine Verleumdung! Sie können es nicht belegen! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Ich kann es Ihnen belegen. Ich reiche es Ihnen unmit-
elbar nach der Debatte nach, Herr Schäuble.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Sie sehen eine Frau, die mit Unwahrheiten arbeitet! – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Nehmen Sie zurück, was Sie gesagt haben! Was soll das denn?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513506100

Kolleginnen und Kollegen, bitte, Frau Kollegin Roth

at das Wort.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ja das Schlimme!)

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Was ist daran schlimm? Was regen Sie sich auf? Ich
erde es belegen. Es ist umso besser, wenn Herr
chäuble sagt, es ist keine Show. Dann muss man aber
uch diesen Prozess fortsetzen. Genau das wollen wir
uch,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


nd zwar in dem Sinne, wie es Guido Westerwelle ge-
agt hat. Nicht die Papierform der Gesetze entscheidet,
ondern das, was implementiert wird. Weil wir imple-
entieren wollen, unterstützen wir die Empfehlung der






(A) )



(B) )


Claudia Roth (Augsburg)


Kommission, in der gesagt wird, der Verhandlungspro-
zess verstärkt den Reformprozess und sichert die Demo-
kratisierung der Türkei ab. Es liegt genau in unserem In-
teresse, den Demokratisierungsprozess unumkehrbar zu
gestalten.

Wir sprechen von unseren Interessen. Ein fundamen-
tales deutsches Interesse ist gerade nach dem
11. September der Dialog der Kulturen und Religionen.
Eine demokratische, säkulare, pluralistische Türkei mit
einer muslimischen Mehrheitsbevölkerung, die in die
Europäische Union integriert ist, ist natürlich ein welt-
weites Signal, dass Islam und Demokratie kein Wider-
spruch sind. Sie wäre damit auch für uns ein enormer Si-
cherheitszugewinn.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Jetzt möchte ich noch etwas zum Wirtschaftsflügel in
der Union sagen. Die Heranführung der Türkei an die
Europäische Union liegt im unmittelbaren Interesse auch
und gerade der deutschen Wirtschaft. Es ist die deut-
sche Wirtschaft, die einen weiteren Ausbau der Bezie-
hungen, strategische Partnerschaften und die Öffnung
von neuen Märkten erwartet. Die deutsche Wirtschaft
sagt: Eine integrierte Türkei ist ein stabiler und sicherer
Ort für Investitionen. Hier liegt das Interesse der deut-
schen Wirtschaft. Ihre Ablehnung, werte Kollegen von
der Union, ist ein dramatischer politischer Fehler. Ich
halte Ihre Position nicht nur für außenpolitisch ignorant,
sondern auch für innenpolitisch polarisierend. Sie bringt
nicht ein Mehr an Sicherheit, sondern sie gefährdet im
Kern Ihre eigenen ökonomischen Interessen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich sage ihnen noch eines zum Abschluss: Herr Glos

von heute verbreitet den Mythos von der Andersartigkeit
und benutzt das bitterböse Bild der Überschwemmung.
Herr Schäuble, wenn Herr Glos solche Positionen äu-
ßert,


(Michael Glos [CDU/CSU]: Wo habe ich das schon wieder gesagt? Bringen Sie eine Fundstelle!)


ist das nicht das Ernstnehmen der Ängste der Menschen,

(Michael Glos [CDU/CSU]: Bringen Sie dafür einen Beleg! Sie sind eine Verleumderin!)


sondern das bewusste Schüren von Ängsten und Sorgen.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist die Un wahrheit!)

Das ist das Gegenteil von verantwortlicher Politik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513506200

Frau Kollegin Roth, kommen Sie bitte zum Schluss.

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(C (D Claudia Roth EN)

Sie betreiben nicht Integration, sondern Ausgrenzung.

ie können noch so viel hier herumschreien, das macht
hre Politik keinen Deut besser.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513506300

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Gerd Müller von

er CDU/CSU-Fraktion.

Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1513506400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit

chreien, Kreischen und Verleumden, Frau Kollegin
oth,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

erden wir der historischen Bedeutung der Entschei-
ung nicht gerecht, die hier zu treffen ist. Ich würde Ih-
en zurufen: Mehr Kompetenz und weniger Emotionen!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Kollegen haben doch die ganze Zeit gebrüllt wie die Affen!)


Hans-Ulrich Wehler, ein Historiker aus Bielefeld,
chreibt in der letzten Ausgabe der Zeitschrift „Aus Poli-
ik und Zeitgeschichte“ unter der Überschrift „Verblen-
etes Harakiri“: „Der Türkei-Beitritt zerstört die EU“.
rofessor Heinrich August Winkler spricht von „Selbst-
erstörung durch Überdehnung“.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Jawohl!)

ochen Hoenig ruft im „Handelsblatt“ dazu auf, das An-
ebot zu widerrufen, den Beschluss zu korrigieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

tefan Ulrich spricht vom „Abschied von Europa“. Wir
assen uns nicht in eine Ecke drängen, in die wir nicht
ehören, wie Sie das eben versucht haben, Frau Kollegin
oth.


(Beifall bei der CDU/CSU)

CDU und CSU sind gegen eine Vollmitgliedschaft

er Türkei in der Europäischen Union; denn ein solcher
eitritt würde Europa und die Türkei überfordern. Nicht
ur wir, sondern auch Egon Bahr, Helmut Schmidt und
iele andere prominente Sozialdemokraten im Land, in
uropa und in der Welt warnen vor dieser Entwicklung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

hr Eintreten für den EU-Beitritt der Türkei, Herr Kol-
ege Fischer, ist der Ausstieg aus der Integration, ist der
bschied von der Humboldt-Rede: Humboldt ade.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Welche Auswirkungen oder Folgen hat die Aufnahme

er Türkei für die Europäische Union? Vertiefung und
rweiterung, wie Sie es hier verkündet haben, gemein-
am voranzutreiben, ist eine politische Lebenslüge. Sie






(A) )



(B) )


Dr. Gerd Müller

können nicht beides haben: die Erweiterung der Europäi-
schen Union bis nach Kleinasien und die Vertiefung der
politischen Strukturen hin zu einer politischen Union, zu
einer politischen Regierung, zu einem politischen Sys-
tem, wie wir uns das vorstellen.

Professor Heinrich August Winkler bringt dies in ei-
nem Aufsatz auf den Punkt – Sie wissen, er ist der Lieb-
lingshistoriker von Bundeskanzler Schröder und seit
40 Jahren SPD-Mitglied –:

Wer glaubt, die EU könne neben dieser historischen
Herausforderung

– gemeint ist die Integration der neuen mittelosteuropäi-
schen Beitrittsstaaten –

auch noch die Integration der Türkei bewältigen,
gibt sich einer Illusion hin. Ein Großeuropa von
Lappland bis zu Euphrat und Tigris wäre ein Koloss
auf tönernen Füßen, räumlich groß, aber politisch
handlungsunfähig.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie sehen, international ist Ihr Kurs in Politik und Wis-
senschaft höchst umstritten und umkämpft.

Die Türkei ist unser Freund und Partner. Wir wollen
diese Freundschaft zu einer privilegierten Partner-
schaft weiterentwickeln. Wir wollen den Ausbau der
Wirtschaftsbeziehungen, den kulturellen Dialog, wir
wollen den Ausbau der Sicherheitspartnerschaft. Mit der
Türkei als NATO-Partner gibt es überhaupt keine Pro-
bleme.

Herr Außenminister, Sie haben ein neues Hilfsar-
gument, den D-Day. Ich denke bei D-Day an etwas an-
deres. Nach dem 11. September nehmen Sie jetzt den
D-Day als Sicherheitsargument. Es gibt überhaupt
keine Probleme bei der Zusammenarbeit mit der Türkei
bezüglich der Bekämpfung des Terrorismus im Inneren
und Äußeren. Dazu ist eine Vollmitgliedschaft nicht not-
wendig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Er hat es auch nicht verstanden!)


Die Türkei erfüllt weder heute noch morgen die poli-
tischen Kriterien,


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Aber vielleicht übermorgen!)


die in Kopenhagen festgelegt worden sind. Wir haben
uns eigentlich vorgegeben, dass es erst nach Erfüllen
dieser Kriterien zu Beitrittsverhandlungen kommen
wird. Die für die Währungsunion vorgegebenen Krite-
rien brechen Sie im Nachhinein. Hier brechen Sie die
Kriterien bereits im Vorhinein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn? In welchem Punkt?)


Die Türkei gehört weder geographisch noch kulturell
zur Europäischen Union.

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(C (D (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also, was ist das denn anderes?)


rau Roth, Ankara missachtet die Menschenrechte.

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von Ihnen muss ich mir nichts über Menschenrechte sagen lassen! Sie sind der Allerletzte, der mir etwas über Menschenrechte erzählt!)


er Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die
ürkei diese Woche in drei Fällen verurteilt. Liebe Frau
ollegin Roth, ich erinnere mich noch daran, wie Sie vor
inigen Jahren vor türkischen Gefängnissen geweint ha-
en.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie waren nie dabei!)


ngesichts der Berichte von Amnesty International wäre
iese Empörung jetzt angemessen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Lesen Sie das Interview, das die Generalsekretärin
on Amnesty International, Frau Lochbihler, in dieser
oche gegeben hat. Darin wurde Sie gefragt, in wel-
hem Ausmaß in türkischen Gefängnissen gefoltert
ird. Herr Außenminister, dazu haben Sie gesagt, dass
s in diesem Bereich wirklich große Erfolge gegeben
abe; denn es sei keine Systematik der Folter mehr er-
ennbar. Die Antwort von Frau Lochbihler allerdings
autete:


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat Sie doch sonst nie interessiert!)


Da gibt es nur Schätzungen. Aber wir von Amnesty In-
ernational wissen von 600 Fällen allein im vergangenen
ahr.“ Meine sehr verehrten Damen und Herren, über
iese Zustände sollten Sie sich empören!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür hat sich die CDU/CSU doch sonst nie engagiert!)


Nun komme ich auf einen weiteren Punkt zu spre-
hen. Seit dem Jahr 2003 kommen die meisten Asylbe-
erber in Deutschland aus der Türkei. Nach Auskunft
es Bundesinnenministeriums haben vom Jahr 2003 bis
um August dieses Jahres 12 000 Menschen aus der Tür-
ei Asyl in Deutschland beantragt. Ich frage Sie: Warum
st das so? Lehnen Sie diese Asylanträge ab? Schicken
ie die türkischen Asylbewerber ab Dezember zurück?


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: So ein Quatsch!)


enn es die von mir angesprochenen Verhältnisse nicht
ibt, dann bedarf es hier in Deutschland auch keiner
sylgewährung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Herr Außenminister, Sie haben nicht verhindert, dass
s durch die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft






(A) )



(B) )


Dr. Gerd Müller

dazu kam, dass heute 50 000 Türken illegal einen deut-
schen Pass besitzen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513506500

Herr Kollege Müller, einen Moment bitte. Frau Kolle-

gin Roth möchte gerne eine Zwischenfrage stellen. Er-
lauben Sie das?


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1513506600

Ja, bitte schön.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513506700

Bitte schön, Frau Roth.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Aber anständig! Nicht so bissig!)


Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Wir kennen uns ja schon lange. –
Herr Kollege Müller, haben Sie gehört, dass ich ge-

sagt habe, dass es zwar große Reformen gibt, dass sie
aber nicht ausreichen, wenn sie nur auf dem Papier ste-
hen? Jetzt geht es darum, sie auch zu implementieren.
Das Folterverbot muss bis in die letzte kleine Polizeista-
tion mit null Toleranz umgesetzt werden.

Ist Ihnen, Herr Kollege Müller, bekannt, dass sämtli-
che Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen – die
Menschenrechtsstiftung, der Menschenrechtsverein,
Amnesty International und andere – der Auffassung
sind, dass der weitere Prozess der Integration der Türkei
in die Europäische Union im Sinne einer Verbesserung
der Menschenrechtssituation dringend notwendig ist,
dass sie also genau das Gegenteil von dem sagen, was
Sie hier behauptet haben?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1513506800

Frau Kollegin Roth, ich habe Sie an Ihre Vergangen-

heit erinnert,

(Gernot Erler [SPD]: Sehr ehrenvoll, diese Vergan genheit! Das haben Sie nicht gesagt!)

als Sie vor türkischen Gefängnissen zu Recht geweint
haben.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Antwort! Antworten Sie mal!)


Ich würde mir wünschen, dass Sie auf die Wirklichkeit
in der Türkei, die ich beschrieben habe, auch heute auf-
merksam machen.


(Beifall des Abg. Michael Glos Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Das darf doch nicht wahr sein!)


Eines der Kopenhagener Kriterien ist die Einhaltung
der Standards der in der Europäischen Union gültigen
Menschenrechte. Dieses Kriterium ist eindeutig und
nachhaltig verletzt. Der Beschluss zur Aufnahme von

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(C (D eitrittsverhandlungen kann somit schon deshalb nicht Dezember erfolgen, weil das Kriterium der Einhal ung der Menschenrechte nicht erfüllt ist. (Beifall bei der CDU/CSU – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Antwort!)


Es ist der SPD zu trivial, über die Kosten des Bei-
ritts zu sprechen, die auf 30 bis 40 Milliarden Euro pro
ahr geschätzt werden. Aber die Menschen in unserem
and erwarten eine Antwort auf die Frage: Wer soll ei-
en möglichen Beitritt der Türkei bezahlen?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

arüber hinaus müssen wir auch die Migrationsängste
er Menschen berücksichtigen.
Zum Schluss möchte ich noch einen anderen Punkt

nsprechen. Herr Außenminister, es ist eine Legende
an der Sie bereits heute im zuständigen Ausschuss stri-
ken und an der Sie auch in Zukunft stricken werden –,
enn Sie vor die deutsche Bevölkerung treten und sa-
en, dass lediglich ein Beschluss zur Aufnahme von Bei-
rittsverhandlungen getroffen worden sei. Meine Damen
nd Herren, im Jahre 1999 hat der Europäische Rat der
taats- und Regierungschefs innerhalb von nur drei Mi-
uten – das stelle man sich einmal vor, Herr Bundes-
anzler – den Beschluss gefasst, der Türkei den Status
ines Beitrittskandidaten zu verleihen.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Weil es Schröder gewollt hat!)


ittlerweile sind fünf Jahre vergangen. Im Dezember
ird man nun den nächsten Schritt machen und dem
eutschen Volk verkünden: Es wird fünf, es wird zehn,
s wird 15, es wird 20 Jahre dauern, bis wir diesen
echsel einlösen wollen und müssen. Sie stricken da an
iner Legende! Wenn wir den nächsten Schritt gehen,
ann müssen wir auch glaubwürdig gegenüber der Tür-
ei bleiben; Herr Westerwelle hat dies angesprochen.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Glaubwürdigkeit hat Sie in dieser Frage doch gar nicht interessiert!)


ann steht in fünf oder in acht Jahren der Beitritt bevor.
ie können diesen Irrweg jetzt im Dezember noch stop-
en. Gehen Sie diesen Weg nicht!
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU – Günter Gloser [SPD]: Immer noch nichts verstanden!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513506900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Angelica Schwall-
üren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD):
Rede ID: ID1513507000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Die Koalitionsfraktionen begrüßen die Absicht
er Bundesregierung, am 17. Dezember 2004 im Euro-






(A) )



(B) )


Dr. Angelica Schwall-Düren

päischen Rat für den Beginn von Beitrittsverhandlungen
mit der Türkei zu stimmen, Beitrittsverhandlungen mit
dem eindeutigen Ziel, sie zum Erfolg zu führen.

Wie ist die Haltung der CDU/CSU in dieser Frage?
Sie bieten ein beschämendes Bild: widersprüchlich, po-
pulistisch, unverantwortlich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Trotz weitgehender Übereinstimmung in der strategi-
schen Begründung für einen möglichen Beitritt der Tür-
kei hat die CDU/CSU aus innen- und parteipolitischen
Gründen den gemeinsamen Weg verlassen. Der entschei-
dende Dissens besteht zwischen Vollmitgliedschaft und
dieser nebulösen „privilegierten Partnerschaft“. Dieser
Meinungswandel seitens der CDU/CSU ist nicht nur be-
dauerlich, er bedeutet auch die Aufkündigung des inner-
halb der Bundesrepublik bislang herrschenden europa-
politischen Grundkonsenses. Die CDU/CSU untergräbt
die Glaubwürdigkeit deutscher und europäischer Politik,
und das in einer Zeit, in der der wirtschafts- und gesell-
schaftspolitische Wandel der Türkei so stark ist wie nie
seit der Gründung der modernen Türkei durch Kemal
Atatürk.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die CDU/CSU verabschiedet sich endgültig von der
überzeugenden europapolitischen Argumentation des
ehemaligen Bundeskanzlers Kohl, der 1997 zum Ab-
schluss des Sondergipfels des Europäischen Rates in Lu-
xemburg ausführte – ich darf zitieren –,

dass wir, die Bundesrepublik Deutschland, sehr da-
mit einverstanden sind, dass die Türkei in der Per-
spektive der Zukunft eine Chance hat, der Europäi-
schen Union beizutreten.

Heute stößt die CDU/CSU ausgerechnet die türkische
Partei zurück, die die größten Reformschritte innerhalb
kürzester Zeit vollzogen hat und die als konservative
Partei der CDU/CSU nahe steht.

Ich will nicht verhehlen, dass die CDU/CSU in ihrem
Antrag auch auf Risiken aufmerksam gemacht und
durchaus berechtigte Sorgen ausgedrückt hat. Bei nähe-
rer Betrachtung können sie aber ausgeräumt werden.
Denn wenn man Risiken zu sehr betont, verhindert man,
dass man die Chancen nutzt. Die CDU/CSU vergisst die
Chancen. Der Antrag der CDU/CSU weist zudem Wi-
dersprüche auf. Aus Sicht der Opposition ist die Türkei
ein bedeutender und verlässlicher Partner des Westens,
ein wichtiges Mitglied der NATO und bereits heute eng
mit der EU verbunden, gleichzeitig eine wichtige Brücke
zur islamischen Welt und zum Nahen und Mittleren Os-
ten.

Es scheint die CDU/CSU gar nicht zu interessieren,
was sie in ihrem eigenen Antrag geschrieben hat. Sie
fordert, dass die Türkei anstelle der Vollmitgliedschaft
diese „privilegierte Partnerschaft“ bekommen soll. Wo
ist da die Logik? „Für den Fall, dass der Europäische Rat
die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen dennoch be-
schließen sollte“ – so die CDU/CSU –, sollen „diese

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(C (D erhandlungen im Sinne der Empfehlung der EU-Komission ausdrücklich ergebnisoffen geführt werden“. enau das ist doch der Punkt. Deswegen ist das, was Sie orschlagen, nämlich von vornherein eine Alternative nzubieten, ein billiger Trick, den die Türkei durchchaut und was Sie mit diesem unausgefüllten Begriff ja uch zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Kollegen und Kolleginnen, ich muss noch ein-
al auf Herrn Glos zurückkommen. Herr Glos hält eine
olksabstimmung zu diesem Thema für nötig,


(Michael Glos [CDU/CSU]: Ja!)

eil er meint, es handele sich um die Preisgabe dessen,
as wir unter Deutschland verstanden haben und verste-
en.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Wir wollen Hilfe vom deutschen Volk!)


eutschtümelnd malt er eine riesige Einwanderungs-
elle an die Wand und prophezeit eine noch raschere
erlagerung von Arbeitsplätzen in die Türkei.

(Michael Glos [CDU/CSU]: Ich habe Helmut Schmidt zitiert; ich kann auch andere zitieren!)

as ist eine Politik, die zur Verunsicherung führt und die
it der Angst der Menschen arbeitet. Herr Glos, das
üssen wir ganz entschieden zurückweisen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


er Kollege Erler ist auf diese Passage ja schon einge-
angen.
In diesen Minuten ging eine Ticker-Meldung über den
ther, in der sich Herr Glos zur morgigen Unterzeich-
ung des Verfassungsvertrages äußert.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, jetzt wird es hart!)


uch hier formuliert er:
Es ist beschämend, dass die Bundesregierung prak-
tisch keinerlei deutsche Interessen in die Verhand-
lungen eingebracht hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Glos [CDU/CSU]: Lesen Sie weiter! Lesen Sie alles vor!)


ie behaupten, der größte Mangel dieses Verfassungs-
ertrages bestehe darin, dass unklar sei, für wen er gelten
olle.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Jawohl!)

err Glos sagte weiter:

Wenn die Türkei … tatsächlich Mitglied der EU
wird, würde der Grundgedanke Europas verraten …


(Michael Glos [CDU/CSU]: Richtig!)

Ein EU-Beitritt der Türkei wäre der Untergang der
Europäischen Union, wie wir sie bisher kennen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Angelica Schwall-Düren

Herr Glos, das was Sie hier machen, ist unanständig und
schürt die Fremdenfeindlichkeit. Das ist Wasser auf die
Mühlen der Rechtsradikalen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] und der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


Was hat dagegen die Kommission getan? Die Kom-
mission hat genau das getan, wozu sie beauftragt war.
Ich glaube, wir sollten dem Kommissar Verheugen für
seine intensive Arbeit danken. Er hat den Fortschritts-
prozess in der Türkei mit seinen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern sorgfältig überprüft und ein sehr differen-
ziertes und abgewogenes Urteil zum Ausdruck gebracht.
Deswegen ist der qualifizierte Ja-Vorschlag der EU-
Kommission zu begrüßen, der drei Säulen beinhaltet.

Ich meine, dass insbesondere die dritte Säule sehr
wichtig ist, nämlich die Einbeziehung der türkischen und
der europäischen Gesellschaft in den wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Dialog; denn die bevorstehende
Entscheidung über die Aufnahme von Beitrittsverhand-
lungen bringt auch die Frage nach den Konturen und der
Substanz der Europäischen Union auf die politische
Agenda.

Herr Schäuble, die Kommission trägt mit ihrer Vor-
lage den Bedenken einer Überforderung seitens der EU
Rechnung. Worauf kommt es nämlich an? Es kommt in
der Tat nicht nur darauf an, dass die Türkei ihre Refor-
men durchführt, sondern es geht auch darum, dass die
EU unverzichtbare Veränderungen durchlaufen muss.
Die Kopenhagen-Kriterien schließen ja die Stoßkraft der
europäischen Integration ebenfalls mit ein.

Es ist aber auch wichtig, zu sagen: Die Verstärkung
der Integration der Europäischen Union ist zunächst völ-
lig unabhängig von einem möglichen Beitritt der Türkei
zu sehen; denn die Handlungsfähigkeit nach innen und
nach außen muss auch im Rahmen der jetzigen
25 Mitglieder gestärkt werden.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Deshalb brauchen wir die Ratifizierung des Verfassungs-
vertrages unbedingt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Verfassung ist aber nur die Grundvoraussetzung.
Sie allein entscheidet nicht darüber, ob es zu einer weite-
ren Integration kommt, geschweige denn, ob sich die EU
zu einer politischen Union weiterentwickelt. Wir stehen
nach 50 Jahren vor der Aufgabe, auf dem Weg zu einer
erneuten Erweiterung wieder eine Vertiefung zustande
zu bringen. Das wird uns sehr viel Kraft abverlangen.
Wir werden diesen Weg im klugen Handeln Schritt für
Schritt gehen müssen. Dazu braucht es die ungeteilte
Kraft der Europäischen Union und eines jeden Mit-
gliedstaates. Die Bundesregierung handelt hier in hohem
Maße verantwortungsbewusst und zukunftsorientiert.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die von der CDU/CSU anfänglich zögerlich, mittler-
eile aber brutal vorgetragene Ablehnung eines Türkei-
eitritts verhindert mehr und mehr die Herausbildung ei-
es politischen Wir-Gefühls. Dies kann aber nur
ntstehen, wenn große Herausforderungen gemeinsam
ngenommen werden. Frau Merkel, Herr Stoiber, Herr
los: Stehlen Sie sich nicht aus dieser Verantwortung!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Angela Merkel [CDU/ CSU]: Nein, das tun wir nicht!)


Auf das große deutsche und europäische Interesse
n einem Türkeibeitritt haben verschiedene Kollegen
nd Kolleginnen schon hingewiesen. Ich will noch ei-
ige wenige Punkte nennen. Der Beginn der Beitrittsver-
andlungen würde durch seine inklusive und nachbar-
chaftliche Symbolik auch den politischen Extremismus
chwächen, sowohl bei uns wie in der Türkei. Er würde
urch die ökonomische und soziale Entwicklung an Ort
nd Stelle den Migrationsdruck senken; denn bisher
aben alle Beitrittsperspektiven regelmäßig eher zu
ückwanderungs- als zu weiteren Zuwanderungstenden-
en geführt. Diese Entwicklung würde dem Entwest-
ichungstrend in Gestalt des neoosmanischen Islamismus
urch Stärkung des laizistischen Staates entgegenwir-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In diesem Zusammenhang ist Dan Diner zuzustim-
en, der 2002 formuliert hat:

Zudem würden mit dem Beitritt der Türkei jene
Elemente miteinander verwoben, für die das föde-
rierte Europa einmal stehen dürfte: Für die Säkula-
risierung historischer, einer kulturellen Tradition
verpflichteter Gemeinwesen auf der Grundlage uni-
verseller Menschenrechte, Pluralismus und Demo-
kratie; für eine sich zunehmend als unteilbar erwei-
sende Sicherheit; und natürlich für den alles
miteinander verknüpfenden Wohlstand.

Unsere Bevölkerung fragt sich, ob die Probleme mit
er Größe der Türkei, ihrer finanziellen Leistungsfähig-
eit und ihrer Fremdheit größer sind als die, die es im
mgang mit den jetzt beigetretenen Staaten zu lösen
ilt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513507100

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.


Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD):
Rede ID: ID1513507200

Ich komme zum Schluss. – Das ist natürlich heute

och nicht zu sagen. Aber die Mitgliedstaaten entschei-
en entgegen dem, was Sie immer wieder behaupten, ge-
einsam, wie viele Finanzmittel sie zur Verfügung stel-
en können und wollen, um die Türkei weiter an die EU
eranzuführen und die Unterschiede im Lebensstandard
bzubauen.






(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513507300

Frau Kollegin, ich hatte Sie gebeten, zum Schluss zu

kommen.

Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD):
Rede ID: ID1513507400

Ich bin wirklich bei meinem letzten Satz, Herr Präsi-

dent.

(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Aber das schon seit langem!)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513507500

Sagen wir einmal, dem auf der vorletzten Seite.

Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD):
Rede ID: ID1513507600

Die Türkei ihrerseits springt auf einen fahrenden Zug

auf. Am 17. Dezember wird zwar nicht die Entscheidung
über einen Beitritt fallen. Aber wir wollen, dass die Bei-
trittsverhandlungen erfolgsorientiert geführt werden.
Auf diesem Weg muss viel geleistet werden, in der Tür-
kei und in der EU.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Sie hört nicht auf!)


Machen wir uns an die Arbeit!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513507700

Das Wort hat jetzt die Kollegin Petra Pau.

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1513507800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

reden heute über einen möglichen EU-Beitritt der Tür-
kei. Wenn überhaupt, dann steht er real irgendwann zwi-
schen 2015 und 2020 auf der Tagesordnung, also in
15 Jahren. In 15 Jahren kann sehr viel passieren. Wer das
nicht glaubt, schaue doch einfach einmal 15 Jahre zu-
rück. Damals entfaltete die so genannte Wende im Osten
Deutschlands ihre Wirkung. Das war kaum vorhersehbar
und somit auch schwer kalkulierbar. Ein Beitritt der Tür-
kei zur EU aber wäre kalkulierbar und er wäre auch ge-
staltbar.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Deshalb verstehe ich auch gar nicht die künstliche
Aufregung, die von der CDU/CSU derzeit verbreitet
wird.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Ich bin erleichtert, dass Sie von der Union wenigstens
die Unterschriftenaktion gegen den Beitritt der Türkei
abgeblasen haben. Aber wir wissen auch alle: Die CDU
gehört zu den Rückfalltätern, wenn es darum geht, gegen
Ausländer Stimmung zu machen. Insofern stehen Sie un-
ter Bewährung.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Hinzu kommt: Wer A sagt, muss auch B sagen. Man ann nicht einerseits Volksabstimmungen in der Bunesrepublik ablehnen und zugleich andererseits eine olksabstimmung über den Beitritt der Türkei zur Euroäischen Union fordern. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Michael Glos [CDU/CSU]: Warum denn nicht?)


Die PDS im Bundestag fordert seit langem mehr De-
okratie. Insofern sind wir allerdings auch gespannt, ob
ot-Grün mit seinen jüngsten Ankündigungen zu diesem
hema diesmal Ernst machen wird.
Nun zurück zum Thema der heutigen Debatte: Es ist

olitisch legitim und auch üblich, dass die einen für ei-
en EU-Beitritt der Türkei plädieren – jedenfalls unter
estimmten Bedingungen – und dass andere – ebenfalls
egründet – dagegen sind. Nur eines geht nicht: Man
ann nicht alle Vierteljahre die Argumente wechseln, mit
enen man dagegen ist. Genau das aber machen CDU
nd CSU. Einmal ist die Türkei nicht europäisch genug,
ann ist sie nicht christlich; einmal sind die türkischen
erte falsch, ein anderes Mal die Geschichte. So ver-
eddern Sie von der Union sich immer wieder in Wider-
prüche.
Erinnern wir uns: Als die Bundesrepublik schnell bil-

ige Arbeitskräfte brauchte, da konnten die Türken nicht
chnell genug kommen. Als aber später die Ostdeut-
chen dazukamen, wurden die hier lebenden Kurden und
ürken in die dritte Reihe geschickt. Wenn es um die
ATO geht, dann ist die deutsch-türkische Wertege-
einschaft so groß und so inniglich, dass es völlig egal
st, nach welcher Konfession die jeweiligen Militärseel-
orger predigen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Wenn es aber um die EU geht, dann scheinen die kul-
urellen Differenzen unüberwindbar.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Diese Doppelzüngigkeit der CDU/CSU schafft nicht
ur außenpolitische Verstimmungen. Sie belastet auch
as Miteinander hierzulande. Sie signalisiert Millionen
ürkischen Bürgern – mit deutschem oder ohne deut-
chen Pass –: Ihr gehört eigentlich nicht dazu. Genau das
indet bei jenen Beifall, die Deutschland ohnehin über
llen und allem wähnen, schon wieder oder immer noch.
Natürlich gibt es handfeste Gründe, mit Skepsis auf

ie Türkei zu schauen. Die Missachtung von Bürger-
echten gehört nach wie vor dazu, ebenso die vielfache
eringschätzung von Frauenrechten oder ungelöste
onflikte mit dem kurdischen Volk. Ich finde, wir alle,
uch Rot-Grün, müssen uns davor hüten, diese Probleme
leinzureden.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Aber man darf nicht mit zwei Maßstäben wägen.
enn es hierzulande um Bürger- und Frauenrechte geht,






(A) )



(B) )


Petra Pau

dann sieht man die CDU/CSU ganz selten vorantraben,
übrigens auch in der EU nicht. Im Gegenteil! Im Übri-
gen hatte die Bundesrepublik einen CDU-Kanzler, als
vor nunmehr 40 Jahren der Türkei eine mögliche Mit-
gliedschaft in der EU zugesagt wurde. Auch damals lag
Istanbul am Bosporus und nicht irgendwo.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Wenn die Opposition zur Rechten nun sagt „Nicht mit
uns!“, dann wird sie wortbrüchig und schlägt ohne Not
eine historische Tür zu. Das will die PDS im Bundestag
nicht.

Bleibt noch das Angebot der privilegierten Partner-
schaft. Die CDU bietet sie der Türkei als Ersatz für eine
EU-Mitgliedschaft an. Seit sie damit hausieren geht,
stelle ich mir allerdings die simple Frage: Für welches
Land haben eigentlich CDU und CSU eine unprivile-
gierte Partnerschaft in petto? Wie soll es also in den Be-
ziehungen zu den Nachbarn weitergehen, ganz egal, ob
sie in der EU sind, hineinstreben oder auch nicht?


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Außerdem hätte ich heute gern einmal gehört, wie die
privilegierte Partnerschaft eigentlich aussehen soll.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen sie auch nicht!)


Frau Merkel, wenn dieses Modell wirklich so gut ist, wa-
rum probieren Sie es nicht einfach aus und leben es uns
vor, zum Beispiel mit Herrn Stoiber oder Ihrer Schwes-
terpartei CSU?


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Peter Hintze [CDU/CSU]: Das war mal witzig!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513507900

Das Wort hat jetzt der Bundesminister Joseph Fischer.

Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513508000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bun-

desregierung begrüßt den Bericht und die Empfehlung
der EU-Kommission, zu klar definierten Bedingungen
die Verhandlungen über einen Beitritt der Türkei zur
Europäischen Union aufzunehmen. Die Bundesregie-
rung wird auf dem Europäischen Rat im Dezember der
Aufnahme der Verhandlungen über den Beitritt der Tür-
kei zustimmen.

Wer den Bericht gelesen hat, weiß, dass dieser Bericht
allen Bedenken – vor allen Dingen, was die Schlussfol-
gerungen über das weitere Verfahren betrifft – Rechnung
trägt.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Das ist doch so bestellt worden! Ein Auftragsgutachten!)


Ich meine, dass die Kommission damit hervorragende
Arbeit geleistet hat, und möchte dem verantwortlichen

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(C (D ommissar, Günter Verheugen, auch namens der Bunesregierung nochmals unsere Hochachtung und unseren ank aussprechen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn man der Debatte sorgfältig folgt und die Pole-
ik beiseite lässt – auch wenn sich dazu vieles anmer-
en ließe –, wird deutlich, dass es einen Konsens über
ie Bedeutung des Themas, unbeschadet der Frage nach
öglichen Konsequenzen, gibt. Eigentlich bin ich davon
usgegangen, dass es auch mit der CDU/CSU einen
onsens über die Bedeutung der Türkei für Europa
nd die europäische Sicherheit gibt.


(Dr. Angela Merkel [CDU/CSU]: Natürlich! Trotzdem!)


Diese Bedeutung war die Grundlage für die 1963 in
er Regierungszeit von Konrad Adenauer getroffene
ntscheidung von Walter Hallstein – sie wurde damals
n einer beeindruckenden Rede dargelegt –, der Türkei
angfristig auch die Vollmitgliedschaft in der damali-
en Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu ver-
prechen. Es war Michael Glos, der 1997 darauf hinge-
iesen hat, dass sich nach dem Ende des Kalten Krieges
ichts an dieser strategischen Bedeutung geändert hat.


(Dr. Angela Merkel [CDU/CSU]: Das ist richtig!)


Nach dem 11. September 2001 bin ich davon ausge-
angen, dass wir gemeinsam die Position vertreten, dass
m Kampf gegen den Terrorismus nicht nur die Zerstö-
ung seiner Netzwerke im Zentrum stehen sollte, son-
ern dass es vor allem um die Transformation der
uslimisch-arabischen Welt geht, damit sie an den
rundwerten der Moderne und an der sich globalisieren-
en Weltwirtschaft teilhat und – statt sie als von außen
bergestülpt zu empfinden – einen eigenen Modernisie-
ungsweg einschlagen kann.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Ich war auch der Meinung, dass wir unbeschadet der
ntscheidung über die Vollmitgliedschaft hinsichtlich
er Bedeutung der zukünftigen Entwicklung der Türkei
ine gemeinsame strategische Position vertreten haben.
enn dies aber der Fall ist, dann müssen Sie sich fragen

assen, meine Damen und Herren von der Union und
rau Vorsitzende Merkel, warum Sie jetzt, nach
0 Jahren, in dem Wissen um die Konsequenzen eines
ein – ungeachtet dessen, wie Sie dieses Nein verpa-
ken werden; ob als privilegierte Partnerschaft oder wie
uch immer – diese Wende vornehmen, nachdem Ihre
artei vier Jahrzehnte lang eine ganz andere Politik ver-
olgt hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Lassen Sie mich auf die Konsequenzen dieser Hal-
ung eingehen. Kollege Schäuble hat sinngemäß ausge-
ührt – ich teile diese Auffassung nicht, aber ich akzep-
iere, dass sie durchaus ernst gemeint ist –: Die Türkei






(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

gehört nicht zu Europa; sie gehört weder kulturell noch
politisch und historisch zu Europa.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Geographisch!)

– Meinetwegen auch geographisch. – Das ist doch der
Kern Ihrer Position. Ich teile sie nicht, aber sie muss
ernsthaft diskutiert werden.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Vor allem über die Geographie!)


Herr Kollege Schäuble, Sie wissen doch genau, wel-
che Konsequenz es hätte, wenn wir Ihnen folgen wür-
den: Wir würden die Verhandlungen nicht aufnehmen.
Deswegen frage ich Sie noch einmal: Warum vertreten
Sie diese Position jetzt, nach 40 Jahren? Sie sprechen da-
von, dass es jetzt ein glaubwürdiges Angebot geben
sollte. Haben denn Konrad Adenauer und Helmut Kohl
keine glaubwürdigen Angebote vorgelegt?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Lassen Sie mich noch einmal auf die Geschichte zu-
rückkommen. Gerade die politische Geschichte, die im
Wesentlichen durch die Kontinuität der Haltung der
Bundesregierungen geprägt wurde, spielt in diesem Zu-
sammenhang eine entscheidende Rolle. Walter Hallstein
hat am 12. September 1963 gesagt:

Getragen von den gleichen Vorstellungen, werden
sie

– die beiden Parteien, nämlich die Europäische Wirt-
schaftsgemeinschaft und die Türkei –

gemeinsam überlegen, wie sie diese im Rahmen der
Assoziation verwirklichen können. Und eines Tages
soll der letzte Schritt vollzogen werden: Die Türkei
soll vollberechtigtes Mitglied der Gemeinschaft
sein. Dieser Wunsch und die Tatsache, daß wir in
ihm mit unseren türkischen Freunden einig sind,
sind der stärkste Ausdruck unserer Gemeinsamkeit.

Nun kommt das Argument, die heutige Europäische
Union sei eine andere. So wurde das von der Kollegin
Merkel vorgetragen, wenn ich mich richtig entsinne.
Kollegin Merkel, ich weiß zwar im Moment nicht, ob
Sie damals ad personam in der Regierung waren – das
kann durchaus sein –, aber es war die Regierung Kohl, in
deren 16 Jahren der Übergang von der EWG zur EU Ge-
stalt angenommen hat und wesentlich geprägt wurde.
Herr Schäuble war dabei in wechselnden Funktionen tä-
tig. Hat dieser Übergang zu einer Änderung Ihrer Hal-
tung geführt? Definitiv: Nein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Rabulistik! – Lachen bei der SPD)


– Nein, das ist keine Rabulistik.

(Zuruf von der SPD: Unbequem!)


Nach Aufforderung durch den Europäischen Rat von
Luxemburg vom Dezember 1997 – das fällt also noch in
die Zeit der Regierung Kohl – verabschiedete die Kom-

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(C (D ission die Mitteilung über eine „Europäische Strategie ür die Türkei“, in der nochmals unterstrichen wird, was etztendlich in der Kontinuität aller Bundesregierungen teht. In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates eißt es: Der Europäische Rat bekräftigt, daß die Türkei für einen Beitritt zur Europäischen Union in Frage kommt. Das Beitrittsersuchen der Türkei wird auf der Grundlage derselben Kriterien untersucht wie im Falle anderer Bewerberstaaten. Obwohl die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, auf Grund deren Beitrittsverhandlungen in Betracht gezogen werden können, nicht gegeben sind, hält es der Europäische Rat für wichtig, eine Strategie zur Vorbereitung der Türkei auf den Beitritt festzulegen, und zwar durch eine Annäherung an die Europäische Union in allen Bereichen. araufhin verfasste Herr Glos eine nun wirklich histoisch zu nennende Presseerklärung: Die Türkei darf auf em Weg nach Europa nicht diskriminiert werden. ortwörtlich heißt es in der Presseerklärung von ichael Glos: Es ist nicht nur im deutschen, sondern im europäischen Interesse, die Türkei an Europa zu binden. An der Schwelle Europas, im Schnittpunkt der Krisenregionen des Nahen und Mittleren Ostens, war die Türkei über Jahrzehnte ein verlässlicher Partner und Freund der Deutschen. Sehr gut! Klatschen Sie ruhig weiter. Weiter heißt es: Die Bedeutung der Türkei für die Sicherheit Europas besteht über das Ende des Ost-West-Konflikts hinaus. Es dient nicht europäischen Interessen, wenn die Türkei auf ihrem Weg nach Europa durch Übertaktieren vor den Kopf gestoßen wird. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

leich werden Sie, meine Damen und Herren von der
DU/CSU, hoffentlich wieder klatschen, wenn es heißt:

Für Europa und die Türkei muss klar sein, dass ein
türkischer Beitrittsantrag grundsätzlich an den glei-
chen Kriterien gemessen wird wie der jedes ande-
ren europäischen Staates.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Europäischen Staates!)


Weiter heißt es:
Angesichts der Dimensionen ist die Heranführung
der Türkei an Europa sicher eine größere und
schwierigere Aufgabe als in jedem anderen Fall.
Das kann aber nur bedeuten, dass die Anstrengungen





)


(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

größer, die Fristen großzügiger bemessen sein müs-
sen. Am Ziel darf es keinen Zweifel geben.

(Beifall der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Es ist vor allem im deutschen Interesse, die Türkei
in Europa zu sehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513508100

Herr Minister Fischer, darf ich Sie darauf hinweisen,

dass die vereinbarte Redezeit abgelaufen ist? Nach der
Verfassung und der Geschäftsordnung dürfen Sie natür-
lich länger reden. Dann haben aber die Fraktionen das
Recht, die Debatte wieder zu eröffnen.


Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513508200

Herr Präsident, ich weiß das.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513508300

Ich wollte Sie nur darauf hinweisen.


Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513508400

Herr Präsident, vielen Dank für diesen Hinweis.
Es geht aber weiter,


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


weil die Geschichte wichtig ist. Die „FAZ“ hat Bundes-
kanzler a. D. Dr. Helmut Kohl in einem Interview am
22. Januar 2004 gefragt:

Die eigentliche Frage aber bleibt die geographische
Grenze. Sie sagen, die Türkei könne Mitglied der
EU werden, vorausgesetzt, sie erfüllt die Kriterien.

(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Heute ist Vor lesetag!)

Antwort:

Das haben wir immer gesagt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Unruhe bei der CDU/CSU)

– Ich sehe, dass Sie, meine Damen und Herren von der
CDU/CSU, unruhig sind. Es bleibt aber dabei: Das sind
vier Jahrzehnte kontinuierlicher Türkeipolitik von CDU/
CSU und den von ihr gestellten Bundesregierungen.
Herr Kollege Schäuble, das ist keine Rabulistik. Viel-
mehr haben Sie die Voraussetzungen dafür geschaffen
– das ist wichtig –, dass die Türkei zu Recht die Frage
stellt: Wenn wir alle Bedingungen – die beiden Teile der
Kopenhagener Kriterien – erfüllen, haben wir dann ei-
nen Anspruch auf Vollmitgliedschaft oder nicht? Die Zu-
sagen, die Sie gemacht haben, können Sie nicht einfach
zurücknehmen. Das geht vielleicht in der Opposition.
Wenn aber die Bundesregierung und die sie tragende
Mehrheit dies machen würden, dann würde das Nein be-
deuten. Das hätte – das wissen Sie auch – fatale sicher-

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(C (D eitspolitische und strategische Konsequenzen. Das st der entscheidende Punkt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Frau Merkel, Sie könnten mit dem Vorschlag, den die
ommission gemacht hat, eigentlich leben.


(Zuruf von der SPD: Genau!)

ie können lediglich nicht damit leben, dass, was das
iel angeht, nicht ergebnisoffen verhandelt werden soll.
ass der Entscheidung kein Automatismus zugrunde
iegt, steht im Kommissionsbericht. Es sind genügend
afeguards eingebaut. Sie wissen: Es geht nicht nur um
as Verhandeln, sondern auch um das Umsetzen, das Im-
lementieren, das heißt um reale Veränderungen in den
öpfen und in der gesellschaftlichen Realität.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ie wissen: Es sind genügend Benchmarks eingebaut.
as heißt in Bezug auf die Finanzfragen: Es ist doch
öllig klar, dass man keine Eins-zu-eins-Übertragung
ornehmen kann, und das weiß die türkische Seite ange-
ichts der Größe der Herausforderung.
Es wird jährlich einen Bericht zur Erfüllung der
openhagener Kriterien geben. Durch diesen Bericht
ird bei der Umsetzung ein permanenter Druck, vor al-
n Dingen was die Bereiche Menschenrechte, Gleich-
tellung der Frauen, Justiz und gesellschaftliche Praxis
ngeht, ausgeübt. Es gibt also, was das Ergebnis angeht,
einen Automatismus; aber im Hinblick auf das Ziel
ind wir einig: Die Verhandlungen werden in Richtung
eitritt und nicht in Richtung privilegierte Partnerschaft
eführt. So steht es im Bericht der Kommission.
Wir haben diese Debatte oft genug geführt. Ich ver-

tehe, dass es ernsthafte Einwände gibt. Ich teile diese
inwände zwar nicht; aber man muss sich mit ihnen aus-
inander setzen. Sie können es sich allerdings nicht so
infach machen. Wenn ich die „FAZ“ heute richtig gele-
en habe, dann sehe ich ein neues Problem auf Sie zu-
ommen.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Auf Sie!)

Nicht auf uns.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Warten Sie einmal ab!)


ir werden für die Ratifizierung der EU-Verfassung
ine Zweidrittelmehrheit brauchen. Die Kollegin Merkel
at diese Verfassung und vor allen Dingen den Beitrag,
en Ministerpräsident Teufel und Herr Altmaier dazu ge-
istet haben, hier in verschiedenen Reden sehr gelobt.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Zu Recht!)

uch Sie – auch Herr Altmeier – haben diese Verfassung
elobt. Heute hören wir plötzlich, dass ein weiterer
urswechsel – sozusagen aus dem Überraschungsei –
evorsteht. Das werden wir uns in Ruhe anschauen.
Ich kann Ihnen an diesem Punkt nur sagen: Vertie-

ung und Erweiterung, das ist keine Frage des Entwe-

(A)







(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

der-oder. Die Tatsache, dass sich die gesellschaftliche
Realität im internationalen Staatensystem mit dem
11. September 2001 grundsätzlich verändert hat, ist jetzt
offensichtlich geworden. Wir stehen vor einer großen
Bedrohung durch den internationalen Terrorismus.
Nimmt man sämtliche Faktoren wie die Entwicklung im
Nahen und Mittleren Osten – im Iran droht eine neue
Krise – und die Entwicklung des Terrorismus im Irak zu-
sammen, erkennt man, dass ein Nein zum Beitritt der
Türkei in dieser Situation extrem kurzsichtig und gegen
die Interessen, auch die Sicherheitsinteressen, unseres
Landes und Europas gerichtet wäre.

Die Frage, ob Europa dies aushalten wird, werden wir
dann zu entscheiden haben, wenn wir die Integrations-
fortschritte Europas tatsächlich sehen. Eines ist aber
klar: Wenn Sie der Verfassung nicht zustimmen, dann
werden Sie sich schon von einer Perspektive der Integra-
tion der EU der 25 verabschieden. Deswegen glaube ich
nicht, dass Sie dieser Verfassung nicht zustimmen wer-
den. Die Fragen, die Sie hier aufwerfen, betreffen nicht
die Türkei, sondern die EU der 25. Sie müssen in diesem
Rahmen beantwortet werden.

Wie eine europafähige Türkei aussieht, ob die Ängste
von Herrn Glos, die er in maßloser Überziehung dar-
stellt, noch vorhanden sein werden, ob die Türkei zu Eu-
ropa passen wird und wie dieses Europa aussehen wird,
diese Fragen sind genau dann zu beantworten, wenn sie
sich stellen. Es gibt keinen Automatismus. Wir reden
hier über eine Perspektive von zehn bis 15 Jahren. Man
wird dann mit kühler Vernunft und auch auf der Grund-
lage der europäischen Zusagen zu entscheiden haben.

Ich persönlich bin mir sicher – das ist meine Überzeu-
gung –: Wenn die Türkei diese Reformfortschritte
macht, dann wird es am Ende ein Ja geben. Wenn der
Prozess stagniert, dann kann die Kommission mit Mehr-
heit beschließen, die Verhandlungen zu unterbrechen.
Wenn der Prozess in die Gegenrichtung läuft, dann kön-
nen die Verhandlungen sogar abgebrochen werden. Frau
Merkel, unterm Strich könnten Sie diesem Beschluss
doch klar zustimmen. Allerdings würde dann Ihr Laden
auseinander fliegen und deswegen tun Sie es nicht.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513508500

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Tribüne hat

soeben Herr Parlamentspräsident Kosmo aus Norwe-
gen mit seiner Delegation Platz genommen.


(Beifall)

Herr Präsident Kosmo, wir begrüßen Sie und Ihre Dele-
gation sehr herzlich, wünschen Ihnen einen aufschluss-
reichen Besuch im Deutschen Bundestag, auch wenn
dieser nur kurz sein wird, darüber hinaus einen schönen
Aufenthalt in Berlin und alles Gute für Ihr parlamentari-
sches Wirken in der Zukunft. Vielen Dank für Ihren Be-
such.


(Beifall)


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(C (D Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen nun mitteien, dass von den Fraktionen der CDU/CSU und der DP beantragt worden ist, die Debatte noch einmal aufunehmen. Ich schlage vor, dass jede Fraktion zusätzlich inen Redner mit fünf Minuten Redezeit stellen kann. (Widerspruch – Jörg Tauss [SPD]: Herr Glos soll mal seine Pressemitteilung vorlesen!)


Ich höre gerade, dass dies nicht auf die Zustimmung
er Geschäftsführer trifft. Dann bitte ich die Geschäfts-
ührer, eine Redezeitvereinbarung zu treffen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

ch kann das nicht von mir aus tun. Ich habe einen Vor-
chlag gemacht. Er wurde nicht akzeptiert.
Wir fahren dann zunächst in der Debatte fort. Das
ort hat der Kollege Peter Hintze von der CDU/CSU-
raktion. Bitte schön, Herr Hintze.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1513508600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Die Rede des Herrn Bundesaußenministers war
eute in jeder Hinsicht aufschlussreich.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie immer!)


m interessantesten fand ich die Zitate über unseren
ollegen Michael Glos;


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir auch!)


enn das, was Sie uns hier heute ausführlich vorgelesen
aben, lieber Herr Bundesaußenminister, dokumentiert
ichts anderes als die Europa- und Türkeifreundlichkeit
nseres Kollegen Michael Glos; die haben Sie damit
achgewiesen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie ja selber nicht!)


Es geht also in der Debatte nicht um die Frage, ob je-
and europafreundlich ist oder nicht, es geht nicht um
ie Frage, ob jemand türkeifreundlich ist oder nicht, son-
ern es geht um die Frage: Wie können wir für die Tür-
ei und für Europa den besten Weg zu einer guten Zu-
ammenarbeit, zu einer guten Partnerschaft finden?
arüber streiten wir uns, liebe Kolleginnen und Kolle-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Nun hat der Kollege Westerwelle eine interessante

inschätzung gegeben, die ich Ihrer Aufmerksamkeit
nempfehle. Er hat hier vorgetragen, die Türkei sei heute
icht beitrittsfähig und die EU sei heute nicht aufnahme-
ähig, aber man solle Beitrittsverhandlungen eröffnen.
r hat damit die Hoffnung verbunden, dass sich das zum
ositiven ändern werde. Habe ich Sie da richtig verstan-
en, Herr Kollege?






(A) )



(B) )


Peter Hintze


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Fast!)


– Gut.
Wenn aber die Türkei heute nicht beitrittsfähig ist und

wenn die Europäische Union heute nicht aufnahmefähig
ist,


(Jörg Tauss [SPD]: Eier, eier, eier!)

dann fehlt nach Geist und Buchstaben des EU-Vertrags
jede, aber auch jede Begründung dafür, sich in dieser Si-
tuation in Beitrittsverhandlungen hineinzustürzen;


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das stimmt nicht! – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Unsinn! Sie müssen doch wenigstens ein Ziel definieren! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was war mit den anderen Kandidaten?)


denn, verehrte Zwischenruferinnen Roth und Sager, die
Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union ist abso-
lut Voraussetzung für die Aufnahme von Beitrittsver-
handlungen. Es wäre ein gefährliches politisches Experi-
ment mit den Gefühlen der Türken und mit der realen
Situation der Europäischen Union, wenn man sich in
eine Verhandlung hineinbegäbe, an deren Anfang noch
nicht einmal die Grundvoraussetzung, nämlich die prin-
zipielle Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union,
stünde.


(Beifall bei der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Das stimmt so nicht!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513508700

Herr Kollege Hintze, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Westerwelle?


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1513508800

Gern.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513508900

Bitte schön, Herr Westerwelle.


Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1513509000

Herr Kollege Hintze, Sie waren so freundlich, auf

meine Ausführungen Bezug zu nehmen. Sie haben ge-
sagt, wenn heute die Beitrittsfähigkeit nicht gegeben sei,
so dürften auch die Beitrittsverhandlungen nicht aufge-
nommen werden. Da Sie das in einen Zusammenhang
mit meinen Ausführungen gestellt haben, erlaube ich
mir, in einer Frage einen Widerspruch anzumelden. Kön-
nen Sie mir irgendein Land nennen, das der EU beigetre-
ten ist, zum Beispiel in diesem Jahr, das bereits zum
Zeitpunkt der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen bei-
trittsfähig war?


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt muss er überlegen!)


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(C (D Liebe Kolleginnen und Kollegen, ihr jubelt zu früh, leibt einmal ganz entspannt. (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind nicht beim Du!)

Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1513509100
er Kollege Westerwelle hat sich nämlich leider verhört.
ch habe gesagt, die Aufnahmefähigkeit ist die Grundvo-
aussetzung für die Aufnahme von Beitrittsverhandlun-
en. Als wir mit Polen, Estland, Lettland, Slowenien und
ngarn verhandelt haben, war die Aufnahmefähigkeit
er Europäischen Union für diese Länder voll gegeben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Woher wissen Sie das? – Widerspruch bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eute sagen selbst Sie mit Blick auf die Türkei, die Auf-
ahmefähigkeit sei noch nicht gegeben. Genau da liegt
er Unterschied, Herr Kollege Westerwelle.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Konfusion pur!)


Jetzt kommt der Bundesaußenminister und beschwört
ie Kontinuität. Er hat uns dazu viel vorgelesen und sagt
n Richtung unserer Vorsitzenden, wir hätten eine Wende
ollzogen.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja!)

eine Damen und Herren, wenn eine politische Kraft in
iesem Hause in der Türkeifrage eine Wende vollzogen
at, dann ist das Rot-Grün, niemand anders. Das will ich
etzt erläutern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Ihr habt eine Rolle rückwärts gemacht!)


s wurden Adenauer und Kohl zitiert und es wurde auf
ahrzehntelange Kontinuität der Bundespolitik verwie-
en. Herr Schäuble, Frau Merkel und andere sind ge-
annt worden.


(Zuruf von der SPD: Herr Glos auch!)

as haben denn alle früheren Regierungen gemacht? All
iese Regierungen haben erkannt, dass wir gute und
reundschaftliche Beziehungen zur Türkei benötigen,
ass aber eine Vollmitgliedschaft eine Überdehnung dar-
tellen würde.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eswegen gilt von Adenauer bis Kohl und von Merkel
is Schäuble – –


(Zurufe von der SPD: Wo denn? – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ehe Sie hier schreien „Wo denn?“, lassen Sie mich erst
inmal die Frage beantworten.
In all den Jahrzehnten, die Sie für Ihre These der Kon-

inuität anführen, sind andere Formen der Zusammenar-






(A) )



(B)


Peter Hintze

beit gewählt worden, nämlich von der Assoziierung bis
zur Zollunion,


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit dem Ziel der Vollmitgliedschaft!)


und eben nicht die Vollmitgliedschaft. Die Ergebnisse
des Luxemburger Gipfels, die Herr Fischer zitiert hat,
hat er, wie bei ihm üblich, unvollständig zitiert. In Lu-
xemburg wurde 1997 ein Aufnahmeantrag in die Euro-
päische Union aus dem Jahre 1987 ablehnend beschie-
den, genau wie im Jahre 1963 der Mitgliedsantrag aus
dem Jahre 1957 abgelehnt wurde.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war 1989, Herr Hintze!)


– Frau Roth, zu Ihnen komme ich auch noch. – Die Kon-
tinuität deutscher Politik bestand darin, dass alle Regie-
rungen – Bundeskanzler Helmut Schmidt hat uns ja noch
einmal daran erinnert, ihr Lieben –


(Zurufe von der SPD: Na, na! – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


erkannt haben, dass eine Vollmitgliedschaft Europa
überfordert und dass eine gute Partnerschaft auf anderem
Wege zu suchen ist.

Das Modell einer privilegierten Partnerschaft – die
Kollegen von der SPD und den Grünen wollten ja wis-
sen, wie das aussieht; diesen Wissensdurst will ich gerne
stillen – liegt von uns übrigens ausbuchstabiert bis ins
Letzte vor, Herr Kollege Erler.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss ein kurzer Text sein! – Widerspruch bei der SPD)


– Da brauchen Sie doch nicht zu schreien. Erst zitiert
Frau Roth Herrn Schäuble falsch,


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird geklärt!)


dann schreien Sie, wenn ich es Ihnen richtig darstelle.

(Gernot Erler [SPD]: Weil Sie gar nicht wissen, was das ist! Denn Sie wissen nicht, was Sie tun!)


Wir haben in unserem Antrag die privilegierte Partner-
schaft als Verhandlungsziel genannt, aber darauf ver-
zichtet, dem Europäischen Rat ein bestimmtes Modell
vorzuschreiben, dass er eins zu eins übernehmen muss.

Sie können doch nicht übersehen, dass in vielen Staa-
ten Europas mittlerweile sogar Teile der politischen Lin-
ken sagen: Das, was die CDU/CSU in Deutschland vor-
geschlagen hat, ist für Europa und für die Türkei gut.
Wenn sich der Herr Bundeskanzler beim Besuch von
Herrn Erdogan hinstellt und ausdrücklich jede andere
Form der politischen Zusammenarbeit ausschließt und
beschwörungshaft formuliert, es dürfe nur um den Bei-
tritt und um nichts anderes gehen, dann handelt er unver-
antwortlich und schadet Deutschland.


(Gernot Erler [SPD]: Hat er gar nicht gemacht!)


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(C (D enn man nämlich die Brücken hinter sich abreißt, muss an sich fragen, wer in den Graben fällt, falls doch ein ückzug fällig ist. (Beifall bei der CDU/CSU – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie reißen doch Brücken ab! – Jörg Tauss [SPD]: Sie hocken schon im Graben!)


Ihre Rede, Frau Kollegin Roth, fand ich übrigens sehr
nteressant. In früheren Zeiten haben Sie in diesem
ause, wie ich finde, zu Recht darauf hingewiesen, dass
ich die Gesellschaft, die uns in der Türkei gegenüber-
ritt, und die Gesellschaft, die wir in Europa kennen,
rundlegend voneinander unterscheiden.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von Gesellschaft habe ich nicht gesprochen!)


ch bin auch sehr erstaunt darüber, dass heute über all
as, worüber immerhin die Medien in Deutschland noch
ankenswerterweise berichten, also über Zwangsverhei-
atungen, Ehrenmorde, über die Situation und die Stel-
ung der Frau, die Zahl der Folterungen auf Polizeistatio-
en und andere Dinge – Kollege Müller hat hierzu
nteressante Ausführungen gemacht –, praktisch gar
icht mehr gesprochen wird.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht wahr! Das Gegenteil ist wahr!)


Noch ein kurzer Hinweis zu dem Missverständnis des
ollegen Westerwelle: Die Beitrittsfähigkeit im wirt-
chaftlichen Sinne muss nach den vertraglichen Grund-
agen natürlich erst am Ende da sein; aber die Demokra-
iefähigkeit muss schon am Anfang vorhanden sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)

In diesem Zusammenhang spielt eine Rolle, dass es

ei uns Tausende von Anträgen türkischer Staatsbürger
uf Asyl gibt.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: 11 000 im letzten Jahr!)


ür die, die sich nicht ständig damit beschäftigen: Asyl
ird als Schutz vor staatlicher Verfolgung gewährt.
Außerdem gibt es andere Punkte, die in anderen De-

atten in diesem Haus angesprochen werden. Wir befin-
en uns zum ersten Mal in der Geschichte der Europäi-
chen Union in der Situation, dass ein Staat Mitglied der
uropäischen Union werden will, der mit seinen Solda-
en und seinen Truppen völkerrechtswidrig einen Teil ei-
es anderen Staates der Europäischen Union besetzt hält.


(Beifall bei der CDU/CSU)

enn die Türkei Mitglied der Europäischen Union wer-
en will, müsste das erste Kooperationszeichen der Ab-
ug der Truppen aus Nordzypern sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das ist richtig!)

)






(A) )



(B) )


Peter Hintze

– Ich freue mich, dass auch der Kollege Gerhardt im Na-
men der FDP diesen Gedanken unterstützt.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das hätten sie schon längst tun sollen!)


Meine Damen und Herren, vielleicht kann ich ja im
zweiten Teil der Debatte den zweiten Teil meiner Rede
vortragen.


(Jörg Tauss [SPD]: Nein! Nichts Neues! – Gernot Erler [SPD]: Sagen Sie es doch bitte noch mal!)


– Die SPD hat es offenbar noch nicht verstanden. Das ist
auch nicht verwunderlich. – Aber ich hoffe, schon im
ersten Teil meiner Rede ist deutlich geworden, dass
wir – –


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513509200

Herr Kollege Hintze, Ihre Redezeit ist aber abgelau-

fen.

(Beifall der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1513509300

Dann, Herr Präsident, danke ich denen, die mir zuge-

hört haben,

(Gernot Erler [SPD]: Das machen wir immer, Herr Hintze!)

und den anderen empfehle ich dringend, meine Rede
nachzulesen.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513509400

Zunächst weise ich Sie darauf hin, liebe Kolleginnen

und Kollegen, dass die Debatte um eine halbe Stunde
verlängert wird, wobei die Redezeitverteilung wie üblich
ist. Allerdings verzichtet die Union auf zwei Minuten
zugunsten der FDP, die dann fünf Minuten Redezeit hat.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: So liberal sind wir! – Gernot Erler [SPD]: Das spenden wir der Europäischen Kommission!)


Zweitens muss ich aufgrund des Protokolls feststel-
len, dass der Kollege Michael Glos die Kollegin Claudia
Roth während ihres Debattenbeitrages als „Verleumde-
rin“ bezeichnet hat.


(Zuruf von der SPD: Was? – Michael Glos [CDU/CSU]: Jawohl, dazu stehe ich!)


Ich sehe mich gezwungen, darauf hinzuweisen, dass es
unparlamentarisch ist, eine Kollegin oder einen Kolle-
gen des Hauses direkt herabzusetzen.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Auch wenn sie es vorher tut? – Gegenruf der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt reißen Sie sich mal zusammen, Herr Glos!)


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(C (D uch in einer emotionalisierten Debatte sollte man sich n den parlamentarischen Sprachgebrauch halten. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch wenn man Glos heißt!)


as gehört nun einmal zu der Disziplin, der wir uns alle
u unterwerfen haben. Ich bitte, das damit zu beenden.
Jetzt setzen wir die Debatte fort. Der nächste Redner

st der Kollege Günter Gloser von der SPD-Fraktion.


Günter Gloser (SPD):
Rede ID: ID1513509500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ieber Herr Kollege Hintze, wie hoch muss Ihnen das
asser stehen, dass Sie eine solche Debatte nutzen, um
erartige Drohszenarien zu entwerfen und mit Verun-
limpfungen und Unterstellungen zu arbeiten! Ich kann
as einfach nicht nachvollziehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn ich die Vorsitzende Ihrer Partei und Fraktion
ehe, wie sie da neben ihren Männern sitzt, habe ich
anchmal den Eindruck, dass sie denkt: Was soll ich da
igentlich? Was geht da für ein Spiel ab?
Das möchten wir heute demaskieren. Ich möchte hier

amens der SPD noch einmal Folgendes deutlich ma-
hen. Wir haben – wie bei allen anderen Prozessen der
U-Erweiterung in der Vergangenheit – gesagt: Am An-
ang können noch nicht alle Bedingungen erfüllt sein; es
st ein Prozess, in dem sich die Dinge entwickeln. So
ar es auch bei den osteuropäischen Ländern. In der
wischenfrage des Kollegen Westerwelle ist das vorhin
rwähnt worden. Sie erinnern sich, glaube ich, nicht
ehr an Nizza. In Nizza wollten wir eine nicht nur gra-
uelle, sondern eine sehr intensive Vertiefung erreichen.
u dem damaligen Zeitpunkt haben wir das leider nicht
eschafft. Trotzdem haben wir den osteuropäischen Län-
ern, um sie nicht länger hinzuhalten, eine Perspektive
ufgezeigt und ihnen als Datum das Jahr 2004 genannt.
adurch ist der Prozess beschleunigt worden. Das war
ie richtige Strategie.


(Beifall bei der SPD)

Alle hier im Hause – zumindest wir von der Koali-

ion – warten auf die Vorstellung des Modells einer pri-
ilegierten Partnerschaft.


(Zuruf von der SPD: Ja!)

as ist das eigentlich? Sie reden immer nur in Versatz-
tücken. In einem Autohaus kann ich mir Modelle an-
chauen. Sie aber stellen uns Ihr Modell nicht vor. Sie
eden nur über den Begriff „privilegierte Partnerschaft“.
ie Kollegin Pau hat vorhin zutreffend gesagt, dass Sie
it diesem Ausdruck vielleicht nur Ihre Beziehung un-
ereinander beschreiben wollen, aber nicht das, was Sie
n Bezug auf die Türkei konkret vorhaben.






(A) )



(B) )


Günter Gloser


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich wiederhole die Frage: Warum gab es während der
16-jährigen Regierungszeit von Herrn Kohl zu keinem
Zeitpunkt eine Veränderung Ihrer Position? All das, was
wir heute diskutieren, hat es damals in ähnlicher Form
gegeben. Plötzlich – aufgrund einer für Sie anderen Si-
tuation – greifen Sie dieses Thema auf.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Wir sagen ganz bewusst – ich will das deutlich he-

rausstreichen –: Wir wollen, dass die Türkei auf dem
eingeschlagenen Weg vorangeht und den Prozess der
Demokratisierung fortführt. Es kann von Ihnen doch in
keiner Weise geleugnet werden, dass sich im politischen
und im gesellschaftlichen Bereich vieles verändert hat.
Wenn Herr Müller immer davon spricht – Herr Müller
beschreibt sozusagen von der Alm aus bestimmte Szena-
rien; so kennen wir ihn mittlerweile


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts gegen die Alm! Da gibt es auch andere!)


– nein, nichts gegen die Alm im Allgemeinen, aber ge-
gen seine Alm –, was da alles noch passieren kann, dann
muss ich Sie fragen: Haben Sie nicht einmal zur Kennt-
nis genommen, wie viele positiven Veränderungen es
etwa im Bereich des Strafrechts in der Türkei gegeben
hat?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es hat in den letzten Monaten auch positive Veränderun-
gen hinsichtlich der Rolle der Frau und der Sanktionen
bei Ehrenmorden gegeben.

Wir sind uns doch alle darin einig, dass es in diesen
Bereichen eine Nachhaltigkeit geben muss. Es kann
nicht sein, dass man zu einem bestimmten Zeitpunkt ein
Gesetz beschließt und vielleicht auch kommentiert, es
aber nicht in die Praxis umsetzt. Ich denke, die Türkei
wird daran gemessen werden. Wir setzen die Hoffnung
darauf, dass es einen nachhaltigen Prozess gibt.

Ich kann Ihnen auch aufgrund von Gesprächen mit
türkischen Kolleginnen und Kollegen berichten – auch
mit Kolleginnen und Kollegen Ihrer vielleicht künftigen
Schwesterpartei AKP –, dass sie immer wieder betonen:
Wir gestalten den Prozess in Richtung mehr Menschen-
rechte für die Menschen in unserem Land und nicht in
erster Linie deswegen, um gewisse Kriterien der Europäi-
schen Union zu erfüllen. Denn auch die Bürgerinnen und
Bürger in der Türkei sollen Grundrechte besitzen. – Das
ist ein ganz wichtiger Fortschritt.


(Beifall bei der SPD)

Ich möchte noch auf einen Bereich zu sprechen kom-

men, der nicht nur bei uns, sondern auch in benachbarten
Ländern eine Rolle spielt. Wir verbinden mit diesem
Prozess eben auch die Hoffnung – das ist seit Helsinki
und Kopenhagen deutlich geworden –, dass die Regie-
rung der Türkei auch im Hinblick auf die Zypernfrage
weiterhin eine aktive Rolle einnimmt. Dass sie das bis-

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(C (D er getan hat, kann von keiner Seite geleugnet werden. ir hoffen, dass das weiterhin so bleibt. Es sind sicher ich noch weitere Zeichen der türkischen Regierung öglich. Ich denke, die Türkei ist flexibel genug, dies zu un. Es besteht weiterhin die Notwendigkeit, über die tür ischen Truppen auf Nordzypern zu sprechen. Ich will n dieser Stelle auch die Frage aufgreifen – diese Frage pielt weniger bei uns eine Rolle als bei unserem Partner rankreich –, wie sich die Türkei bezüglich der Verfolung der Armenier und des Genozids an den Armeiern verhält. Dies ist ein wichtiges Thema. Angesichts er Tatsache, dass sich in Kürze Vertreter der Türkei mit ruppen von Armeniern treffen werden, um über dieses hema zu sprechen, muss ich fragen: Was wollen wir eientlich mehr, als dass man sich zusammensetzt und sich er historischen Verantwortung bewusst wird? (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte in diesem Haus für das werben – man
uss die betreffende Stelle im Protokoll einmal nachle-
en, weil sie im Beifall vielleicht untergegangen ist –,
as Herr Schäuble vorhin gesagt hat. Ich habe seine Äu-
erung so verstanden, dass auch er eine Beitrittsperspek-
ive sieht. Er hat nur die Schlussfolgerung gezogen, dass
s möglicherweise eine wie auch immer ausgestaltete
rivilegierte Partnerschaft zwischen der Türkei und der
uropäischen Union geben kann, wenn diese Verhand-
ungen nicht zum Erfolg führen. Diese Haltung, den er-
ebnisoffenen Prozess mitzugestalten, unterscheidet sich
eines Erachtens wohltuend von den Äußerungen, die
on der CSU verbreitet worden sind.
Herr Glos, abgesehen von Ihrem Ausrutscher und der

erleumdung in der gestrigen „Frankfurter Allgemeinen
eitung“ frage ich mich manchmal: Warum haben Sie
enn heute nicht das Wort ergriffen und verkündet: „Ich
tehe zu dem, was ich 1997 gesagt habe“? Das ist näm-
ich genau die Politik, die heute von dieser Koalition auf
en verschiedensten Ebenen gemacht wird. Sie aber
ollen vergessen machen, was Sie vor wenigen Jahren
esagt haben. Es wäre natürlich ein Zeichen von Füh-
ung, wenn die Fraktionsvorsitzende sagen würde: Ich
ill, dass meine Fraktion bei diesem Thema einmütig ist
nd sich zu einem solchen Prozess bekennt, wie ihn die
uropäische Union begonnen hat. Aber dazu ist Frau
erkel nicht in der Lage.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, der Prozess, den die Europäische Union
er 25 am 17. Dezember dieses Jahres eröffnen wird, ist
in wichtiges Zeichen für die Türkei. Wir sollten, wie
ir das auch bei der letzten Erweiterung um zehn Länder
etan haben, innenpolitische Ängste – diese gibt es na-
ürlich – und Hinweise auf Risiken ernst nehmen. Aber
s ist Aufgabe der Politik, diese Ängste nicht noch durch
icht vorhandene Argumente zu verstärken, sondern klar
u sagen, was durch die Politik leistbar ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Günter Gloser

Herr Müller, Sie können noch so häufig in diesem

Parlament von Mehrbelastungen des EU-Haushaltes in
Höhe von 40 Milliarden bzw. 50 Milliarden Euro spre-
chen. Eindeutig ist – das wird immer wieder gefordert –,
dass sich die finanzielle Vorausschau der Europäischen
Union für die Zeit nach 2006 verändern wird, dass die
Sachpolitiken, zum Beispiel die Landwirtschafts- und
die Strukturpolitik, überprüft und andere Schwerpunkte
gesetzt werden müssen. Die Zahlen, die vorhin von der
CDU/CSU genannt worden sind, werden dann nicht zu-
treffen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Sicherlich müssen wir auch unseren türkischen
Freunden sagen – denn Sie schüren hier Zuwanderungs-
angst –:


(Michael Glos [CDU/CSU]: Das schürt doch Helmut Schmidt!)


Ihr müsst die Binnenwanderung im eigenen Land in den
Griff bekommen und genauso, wie wir es getan haben,
bestimmte Regionen, die heute unterentwickelt sind, för-
dern, damit die Wanderung innerhalb der Türkei nicht
nur in Richtung Westen, nach Ankara und Istanbul, von-
statten geht. Das ist eine wichtige Aufgabe. Dem ist
nicht mit Drohszenarien, Verleumdungen, Unwahrheiten
und Unterstellungen zu begegnen, sondern mit Informa-
tion und Aufklärung. Dazu wollen die SPD und die Ko-
alition auf jeden Fall ihren entscheidenden Beitrag leis-
ten.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Aber Sie sind dazu ungeeignet!)


– Sie, Herr Glos, haben nur eines im Sinn: zu vernebeln.
Das liegt Ihnen besonders.

Danke.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513509600

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Friedbert Pflüger.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Der hat ja noch gar nichts gesagt!)



Dr. Friedbert Pflüger (CDU):
Rede ID: ID1513509700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wis-

sen vom dänischen Ministerpräsidenten Rasmussen,
dass auch Joschka Fischer lange Zeit gegen eine türki-
sche Vollmitgliedschaft in der EU war.


(Peter Dreßen [SPD]: Das halte ich für ein Gerücht!)


Ohne die übrigen EU-Partner zu informieren, hatte
Rasmussen während der dänischen Präsidentschaft im
zweiten Halbjahr 2002 einem Fernsehteam erlaubt, bei
allen Gelegenheiten zu filmen. Fast immer trug er ein
kleines Mikrofon an seinem Revers.


(Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


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(C (D s war versteckt; niemand wusste davon. Die Gespräche urden aufgezeichnet. (Peter Dreßen [SPD]: Das ist sehr fragwürdig!)


Als der Beitrag darüber 2003 im dänischen Fernsehen
ief, war die Aufregung groß. Denn in dieser Fernsehsen-
ung fragt der dänische Außenminister Møller seinen
hef Rasmussen: Habe ich dir schon gesagt, dass
oschka Fischer innerhalb von zwölf Stunden zum
hema Türkei/EU drei verschiedene Meinungen verkün-
et hat?


(Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört! – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das meint Herr Møller!)


Weiter erfuhr die Öffentlichkeit, dass Fischer – jeden-
alls zeitweise – die Auffassung vertreten habe, dass un-
edingt die eine oder andere Form der Angliederung un-
erhalb der EU-Mitgliedschaft – wir nennen das
rivilegierte Partnerschaft – gefunden werden müsse.


(Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: So ist das!)


Herr Fischer, wenn wir heute eine privilegierte Part-
erschaft verkünden, Sie aber ausweislich des Mikro-
ons


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch gar nicht wahr, was Sie hier erzählen! Das ist kein Nachweis! Das Mikro war doch bei Herrn Møller und nicht bei Herrn Fischer angebracht!)


iese Aussagen damals gemacht haben, dann kann das,
as wir heute in dieser Debatte vertreten, nicht so ganz
umm sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, es ist doch eindeutig – da-

über besteht nirgendwo im Haus Streit; wir sollten ge-
enüber der Türkei auch nicht so tun, als gäbe es darüber
treit –: Wir alle wollen, dass die Türkei unser Freund
nd Partner ist. Wir alle würdigen, was sie für uns in der
eit des Kalten Krieges, aber auch jetzt bei der Stabili-
ierung des Südostens von Europa geleistet hat. Wir alle
ollen und müssen hier mit den Türken friedlich zusam-
enleben. Sie bereichern uns auf vielfältige Weise. Wir
ollen nicht polarisieren,


(Lachen bei der SPD)

ir wollen die Türkei nicht wegstoßen, sondern wir wol-
en sie im Gegenteil an uns, an Europa, anbinden, weil
ie geopolitische Stabilität, die von einer solchen Anbin-
ung ausgeht, für uns alle wichtig ist. Darüber besteht in
iesem Hause Einigkeit. Versuchen Sie nicht, hier einen
ünstlichen Streit über Dinge vom Zaun zu brechen, bei
enen wir alle einer Meinung sind! Diesen Eindruck der
ürkei zu vermitteln ist eine falsche Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das schaffen Sie schon alleine!)







(A) )



(B) )


Dr. Friedbert Pflüger

Wir alle wollen freundschaftliche Beziehungen mit

der Türkei. Die Frage ist nur, ob es der Maßstab einer
ehrlichen Freundschaft ist,


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass man ehrlich ist, ja!)


dass man möglichst bald für Verhandlungen über eine
Vollmitgliedschaft der Türkei eintritt. Dies scheint mir
nicht der Fall zu sein. Vielmehr heißt der Maßstab, ob
man der Türkei ehrliche, überschaubare und präzise An-
gebote für die nächsten Jahre macht. Jetzt anzubieten,
dass man verhandelt und abwartet, wie es in 15 Jahren
aussehen wird, ist keine faire Politik gegenüber der Tür-
kei. Dann werden nämlich 15 Jahre lang Erwartungen
aufgebaut.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch die ganze Zeit Erwartungen aufgebaut! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der Status quo!)


Anschließend gibt es in Frankreich ein Referendum und
die ganze Sache stürzt ab.

Wir haben demgegenüber ein Modell entwickelt, das
neben dem Scheitern und der von Ihnen angestrebten
Vollmitgliedschaft auch das Angebot einer privilegierten
Partnerschaft enthält. Warum nehmen Sie dieses Modell
nicht an? Nur, weil es von der CDU/CSU kommt?


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie von Anfang an sagen: Ihr könnt euch noch so anstrengen, ihr habt keine Chance!)


Inzwischen wird doch in ganz Europa darüber diskutiert.
Die gesamte französische Nationalversammlung ist da-
für. Schreiben Sie diesen Vorschlag doch in das Papier
hinein und machen Sie ihn sich zu Eigen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist wichtig, dass wir die Türkei nicht irgendwann

scheitern lassen. Vielmehr müssen wir sie auffangen.
Dafür brauchen wir Institutionen. Hierfür ist der Ge-
danke der privilegierten Partnerschaft genau der richtige.
Warum sind denn die französischen Sozialisten dafür?
Warum können nicht auch Sie dafür sein? Diese Politik,
die Türkei nicht ins Leere stürzen zu lassen, wird viel-
leicht einmal sehr wichtig sein, wenn wir nicht wollen,
dass sie sich den Islamisten zu- und von Europa abwen-
det. Daher sollten Sie die privilegierte Partnerschaft in
den Beschluss des Rates hineinschreiben.

Meine Damen und Herren, nicht nur wir von der
Union stellen kritische Fragen im Hinblick auf den bal-
digen Verhandlungsbeginn. Giscard, Egon Bahr, Helmut
Schmidt, Hänsch sowie aus Ihrer Fraktion Klose und
Meckel haben völlig legitime und wichtige Fragen ge-
stellt: Überfordern wir die EU mit dem, was wir hier
tun? Wolfgang Schäuble, Peter Hintze und Gerd Müller
haben dies vorhin schon zum Ausdruck gebracht.

Die EU muss in der globalisierten Welt handlungsfä-
hig sein. Wir wollen und müssen doch mit einer Stimme
sprechen, wenn wir in der internationalen Politik Ge-

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(C (D icht haben wollen. Tun wir dies? Wir tun es schon jetzt aum. (Jörg Tauss [SPD]: Mit „wir“ meinen Sie die Union!)


chon jetzt gibt es in der EU überall Desintegrations-
nd Überdehnungstendenzen. Der Stabilitätspakt wird
icht mehr eingehalten. Es ist fraglich, ob wir den Ver-
assungsvertrag in Europa unter Dach und Fach bekom-
en. So vieles ist inzwischen in der EU fragil geworden!
ir haben noch überhaupt keine Erfahrungswerte, wie

ich die Aufnahme der zehn neuen Länder auf den Inte-
rationsprozess auswirkt.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die werden wir in 15 Jahren aber haben!)


n einer so unklaren Situation nicht einem Land wie
itauen oder Luxemburg, sondern einem riesigen, stolzen
and wie der Türkei ein immerhin sehr weit reichendes
ngebot zu machen scheint mir eine nicht verantwort-
are Politik und ein schwerer Fehler zu sein.


(Günter Gloser [SPD]: Als ob nicht auch Luxemburg stolz ist!)


Wahrscheinlich helfen Sie damit Herrn Erdogan in
en nächsten ein, zwei Jahren. Es ist ein gutes Motiv,
m bei seinem Reformprozess zu helfen. Aber wir ha-
en die Sorge, dass sich die Türken langfristig enttäuscht
ühlen werden – spätestens nach dem französischen Re-
erendum – und wir damit islamistischen Tendenzen in
er Türkei Vorschub leisten werden. Der gesamte gut ge-
einte Prozess würde kontraproduktiv, wenn die Isla-
isten in der Türkei gestärkt und nicht geschwächt wer-
en sollten.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie stärken die doch jetzt schon!)


Sie wollen mit dem Prozess der Integration in die EU
en Reformprozess in der Türkei stabilisieren. Das ist
ür sich genommen ein gutes Argument, natürlich wol-
n wir das alle. Ist es aber auch ein ausreichendes Argu-
ent für die Vollmitgliedschaft? Müssen wir nicht auch
n unsere Interessen und an die Handlungsfähigkeit der
nion denken? Haben Sie vielleicht einmal darüber
achgedacht, ob der Integrationsprozess auch dazu füh-
en kann, Destabilisierungstendenzen in der Türkei zu
ördern?
Ich habe bei meinem Besuch in der Türkei im Mai

uch mit Islamisten gesprochen.

(Jörg Tauss [SPD]: Nein! Unglaublich!)


ie Islamisten in der Türkei haben sehr klar gesagt: Wir
ollen alle, dass die Türkei in die EU kommt, damit wir
ndlich den Kemalismus und das Kopftuchverbot in der
ürkei überwinden können. Herr Gül, der Außenminis-
r, verkündet das im türkischen Fernsehen und führt
us: Wenn wir Verhandlungen mit der EU führen, kann
ns niemand mehr eine islamistische Partei in der Türkei
erbieten.
Das heißt, es könnte – natürlich ungewollt – umge-

ehrt ablaufen. Der EU-Integrationsprozess könnte in






(A) )



(B) )


Dr. Friedbert Pflüger

der Türkei Auswirkungen haben, die wir nicht wollen, er
könnte den alten Laizismus in der Türkei, die Trennung
von Staat und Religion, erst infrage stellen. Deswegen,
glaube ich, ist es völlig legitim, dass wir besorgte und
kritische Fragen an Sie richten und nicht einfach sagen:
Wir sind gute Menschen, wir wollen die Türkei und wir
wollen Stabilität, deswegen nehmen wir sie auf. Wir
müssen sehr vorsichtig und verantwortungsvoll mit die-
ser äußerst wichtigen Sache umgehen.


(Jörg Tauss [SPD]: Machen Sie es mal!)

Das tut meine Fraktion und ich denke, das ist eine Auf-
gabe für uns alle in diesem Parlament.

Die Türkei ist unser Freund; daran wird nicht gerüt-
telt. Deshalb sollten Sie in Ihrem eigenen Interesse oder
in dem Interesse, das Sie zu haben vorgeben,


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir es oder geben wir es vor?)


nicht die Mär verbreiten, dass wir irgendjemanden weg-
stoßen und in Europa nicht dabeihaben wollen.


(Jörg Tauss [SPD]: Unterschriftensammlung!)

Das ist Unsinn, dagegen verwahren wir uns. Wir wollen
eine stabile, gute und europaorientierte Türkei. Deswe-
gen machen wir das Angebot der privilegierten Partner-
schaft.


(Peter Dreßen [SPD]: Warum werden dann Unterschriften gesammelt?)


Schreiben Sie es doch einfach hinein und tun Sie das,
was die Europäische Kommission sagt. Die Europäi-
sche Kommission gibt Ihnen in ihrem Bericht eine gute
Vorlage.


(Jörg Tauss [SPD]: Legendenbildung!)

Sie schreibt: Selbst wenn die Verhandlungen mit der
Türkei scheitern sollten, muss die Türkei in europäi-
schen Strukturen aufgefangen werden. Diese Aussage
kann man ebenfalls in privilegierte Partnerschaft über-
setzen. Die Türkei muss aufgefangen werden. Tun wir
das doch! Bereiten wir das jetzt schon für den Fall des
Scheiterns vor, sodass wir in diesem Fall ein eigenes
Modell haben. In diesem Sinne bitten wir Sie herzlich
darum, nicht zu polarisieren,


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das richtet sich an die rechte Seite des Hauses!)


sondern ganz vernünftig und sachlich das Thema zu be-
raten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Biedermann und Brandstifter! – Gegenruf des Abg. Michael Glos [CDU/CSU]: Das verdient einen Ordnungsruf, Frau Präsidentin!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513509800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ludger Volmer.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Wir, SPD und Grüne, haben in den 80erund 0er-Jahren alles daran gesetzt, die Regierung Helmut ohl abzulösen. Wir wollten Helmut Kohl ablösen, weil r reformunfähig war, (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513509900

eil er Probleme ausgesessen hat und weil er eine rie-
ige Staatsverschuldung aufgehäuft hat.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Davon musst du reden! Das war ein Eigentor!)


ir freuen uns darüber, dass wir dies 1998 geschafft ha-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir haben trotz der Fehler, die Helmut Kohl aus unse-
er Sicht gemacht hat – die Ablösung der Regierung
ohl war historisch überfällig –, eines immer anerkannt:
r war ein großer Europäer.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ir haben die Leistungen Helmut Kohls für Europa als
istorische Leistungen anerkannt. Die Türkeipolitik,
ber die wir heute sprechen, war Teil der europäischen
olitik Helmut Kohls.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eshalb reden wir heute auch über das Vermächtnis
on Helmut Kohl und ich kann die heutige Debatte nur
n einem Sinne begreifen: Die CDU/CSU erbt den nega-
iven Anteil der Ära Kohl, nämlich die Reformfeindlich-
eit, und Rot-Grün erbt den positiven Anteil, nämlich
ie vorwärts weisende Europapolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ies ist eine der Lehren dieser Debatte.
Ich frage mich, warum es jetzt zu diesem Kurswech-

el innerhalb der Union kommt. Er ist angesichts der In-
ensität, mit der die Union 40 Jahre lang die richtige Po-
itik betrieben hat, eigentlich gar nicht zu begreifen. Ich
ann mir das nur psychologisch erklären,


(Jörg Tauss [SPD]: Tiefenpsychologisch!)

ämlich in dem Sinne, dass der Übervater in jeder Hin-
icht in den Hintergrund gedrängt werden und man sich
amit auch krampfhaft von den Politiken absetzen muss,
ie eigentlich richtig gewesen sind. Warum geben Sie
as positive historische Vermächtnis von Helmut Kohl
reis und betreiben diese – letztlich auch innenpolitisch
otivierte – Politik gegen die Türkei? Das ist völlig un-
erständlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Ludger Volmer

Sie geben sie preis unter dem Scheinargument, mehr Op-
tionen und mehr Verhandlungsoffenheit haben zu wol-
len.

Es mag ja sein – wir wissen um die Risiken des
Verhandlungsprozesses –, dass sich zu irgendeinem Zeit-
punkt herausstellt, dass es nicht geht. Dann sind viel-
leicht Notlösungen gefragt. Wenn man aber bereits heute
über Notlösungen und Trostpreise redet, ist das nichts
anderes, als dass man eine sich selbst erfüllende Prophe-
zeiung in Gang setzt, und zwar mit dem heimlichen Wil-
len, dass die Verhandlungen scheitern. Ich unterstelle Ih-
nen: Sie wollen, dass der Verhandlungsprozess scheitert.
Deshalb reden Sie sein Scheitern heute herbei. Deshalb
reden Sie heute über Notlösungen und Trostpreise und
tun so, als seien dies positive Perspektiven.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir werden uns dieser sich selbst erfüllenden Prophe-
zeiung entgegenstellen. Wir sind für einen hinsichtlich
des Ergebnisses festgelegten Prozess. Wir wollen, dass
die Türkei Mitglied der Europäischen Union wird. Wir
wissen aber um all die Risiken. Darüber braucht uns nie-
mand zu belehren. Gerade wir Grünen haben uns mit der
Menschenrechtslage in der Türkei in den letzten
20 Jahren, seit wir im Bundestag sind, sehr intensiv und
kritisch auseinander gesetzt. Wir haben aber auch ge-
lernt: Es bringt nichts, ein solches Land in die Isolation
zu treiben.

Es ist das Ergebnis einer integrativen Außenpolitik,
dass die Türkei dabei ist, sich mit außerordentlich be-
merkenswerten Schritten in Richtung Demokratie zu
entwickeln. Diese Tendenz wollen wir weiter unterstüt-
zen. Wir wollen dies auch im Hinblick auf Sicherheitsin-
teressen, die nach dem 11. September 2001 stärker ge-
worden sind. Dies ist nicht das prioritäre Motiv für den
Beitritt der Türkei; aber es ist eine zusätzliche Motiva-
tion. Wir können doch nicht über die desaströse Lage im
Irak, über die Gefährdungen, die vom Iran ausgehen,
über den immer noch ungelösten Nahostkonflikt reden,
ohne uns Gedanken darüber zu machen, ob nicht die Eu-
ropäische Union endlich eine dritte Dimension, eine
strategische Dimension braucht, die sie in die Lage ver-
setzt, als strategisch handelnder Akteur Einfluss auf
diese Regionalkonflikte zu nehmen. Wenn man über
diese dritte Dimension der europäischen Politik nach-
denkt, über die strategische Dimension, begreift man so-
fort, dass der Türkei dabei eine Schlüsselrolle zukommt.

Deshalb gehört es zu den Schlüsselprojekten auch der
deutschen Sicherheitspolitik, die Türkei so weit in den
europäischen Kontext bis hin zur Vollmitgliedschaft in
der Europäischen Union zu integrieren, dass sie ihre
Scharnierfunktion, nämlich ein laizistischer, gleichwohl
islamisch geprägter Staat und eine entsprechende Gesell-
schaft zu sein, zwischen dem so genannten Westen und
der arabisch-islamischen Welt wahrnehmen kann. Eine
Türkei an unserer Seite, eine Türkei eng verzahnt mit
uns, hat für uns unschätzbare sicherheitspolitische Vor-
teile.

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(C (D Wenn wir die Türkei heute brüskieren, wie die Union as mit ihrem Nein machen will, treiben wir sie ins Nieandsland. Wir Rot-Grünen werden verhindern, dass ie Ängste, die hier geschürt werden, dazu führen, dass an die Chancen aus dem Auge verliert. Wir finden, geade angesichts des internationalen Terrorismus ist es öchste Zeit, dass wir die Chancen ergreifen, die zum ialog der Kulturen wirklich bestehen. Das ist der Fall nd dafür setzt sich Rot-Grün ein. Danke. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513510000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Werner Hoyer für

ie FDP-Fraktion.


Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1513510100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ch möchte, da wir schon die Gelegenheit haben, einige
inuten länger darüber zu diskutieren, auf einige Punkte
ingehen, die in dieser Debatte eine Rolle gespielt ha-
en. Es ist über die Beitritt- und Aufnahmefähigkeit ge-
prochen worden. Wer würde behaupten wollen, dass die
ürkei heute beitrittsfähig wäre? Das ist weder unter
olitischen noch unter wirtschaftlichen Kriterien der
all.
Betrachten wir die letzte Erweiterungsrunde, als zehn

änder der Europäischen Union beitraten, und seien wir
hrlich: Waren wir uns, aus heutiger Perspektive, zu Be-
inn der Verhandlungen immer sicher, dass die Beitritts-
andidaten alle politischen und wirtschaftlichen Krite-
ien erfüllen? Die wirtschaftlichen Kriterien waren
owieso nicht immer erfüllt, die politischen allerdings
uch nicht immer.
Zur Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union
auf dieses Kriterium hat auch mein Kollege
esterwelle aufmerksam gemacht – ist zu sagen, dass
ie Europäische Union heute insbesondere aus zwei
ründen zweifellos nicht aufnahmefähig ist: Erstens.
ir arbeiten noch immer auf der Basis des Vertrages von
izza. Auf dieser Basis ist eine Mitgliedschaft der Tür-
ei eindeutig nicht möglich. Deswegen – nicht nur, aber
uch deswegen – brauchen wir die Verfassung. Zwei-
ens. Ohne eine Reform der Europäischen Union an
aupt und Gliedern, insbesondere hinsichtlich der Ge-
einschaftspolitiken, ist die Europäische Union nicht
ufnahmefähig.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Michael Glos [CDU/CSU])


aher müssen wir diese Reform der Europäischen Union
it Engagement, Kraft und Ambition angehen.
Meine Damen und Herren, wenn man Beitrittsver-

andlungen aufnimmt, muss man ehrlich sein. Wenn die
edingungen, die man selbst stellt, erfüllt sind, und
enn die Verhandlungskapitel erfolgreich abgeschlossen
erden können – es mag viel Skepsis geben, ob das gelin-
en wird –, dann darf man nicht die mentale Reservation






(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer

haben, dass man den Beitritt trotzdem nicht will. Aus
diesem Grunde heißen die Verhandlungen Beitrittsver-
handlungen und nicht etwa Sondierungsverhandlungen
über die zukünftige Zusammenarbeit.


(Beifall des Abg. Markus Meckel [SPD])

Jetzt ist es entscheidend, wie das Verhandlungsman-

dat ausgestaltet wird. Ich hätte mir gewünscht, die Bun-
desregierung könnte uns dazu schon etwas mehr sagen,
denn das Verhandlungsmandat wird diesen Prozess in
den nächsten 15 Jahren bestimmen. Wir werden uns da-
ran orientieren müssen, wenn wir diesen Prozess beglei-
ten.

In diesem Zusammenhang sind mir folgende Aspekte
wichtig: Es müssen einige Bedingungen erfüllt sein, die
selbst dann relevant sind, wenn alle Verhandlungskapitel
abgeschlossen sind. Die Themen Verfassung und Ge-
meinschaftspolitiken habe ich bereits genannt. Aus-
drücklich nenne ich auch das Thema Zypern; denn es ist
völlig undenkbar, dass ein Land Mitglied der Europäi-
schen Union wird, das in einem anderen Mitgliedsland
gegen dessen Willen militärisch präsent ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich glaube, in diesem Punkt sind wir uns völlig einig.
Das müssen die Türken wissen. Die Türkei kann sich
noch so demokratisch und marktwirtschaftlich entwi-
ckeln, aber solange sie die völkerrechtswidrige Beset-
zung Nordzyperns nicht aufgibt, wird es keinen Beitritt
zur Europäischen Union geben.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Zusätzlich zur Erfüllung dieser Bedingungen brau-

chen wir einen Prozess des Monitoring. Mir reichen die
Fortschrittsberichte der Kommission, die eher ein Routi-
neprozess sind, nicht aus. Das hat nichts mit ungleicher
Behandlung zu tun; denn der Gleichheitsgrundsatz be-
sagt, dass Ungleiches auch ungleich behandelt werden
muss. Ich wünsche mir, dass das Europäische Parlament
und die Parlamente der Mitgliedstaaten in einen solchen
Monitoringprozess einbezogen werden, damit wir am
Ende der Verhandlungen nicht plötzlich vor unangeneh-
men Überraschungen stehen.

Lassen Sie mich noch etwas zur Ergebnisoffenheit
sagen. Auf die Türkei kommen, wie auf jeden Beitritts-
kandidaten, erhebliche Herausforderungen zu. Diese He-
rausforderungen sind auch dann noch vorhanden, wenn
man eines Tages Mitglied der Europäischen Union ist.
Ich glaube, darauf müssen wir die Beitrittsländer besser
vorbereiten. Das ist auch beim Beitritt der letzten zehn
neuen Mitgliedstaaten nicht immer gut gelungen; das ha-
ben wir im letzten Jahr, als es um die Verfassung ging,
gemerkt.

Meine Damen und Herren, die Europäische Union de-
finiert sich nicht als ein Endzustand, in den man eintritt,
sondern als ein Prozess, der weitergeht. Ein neues Mit-
gliedsland darf sich selbst daher nicht als Garantie zur
Blockade der Vertiefung der Integration in der Europäi-
schen Union verstehen.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Ruprecht Polenz [CDU/ CSU])


ch glaube, wir müssen unseren türkischen Freunden
lar machen, dass sie, wenn sie Mitglied der Europäi-
chen Union werden, wenn also alle Bedingungen erfüllt
ind und wenn wir glauben, einen Beitritt der Türkei ver-
ntworten zu können, Mitglied in einem Prozess sind,
er seit den Römischen Verträgen als „ever closer union“
eschrieben wird. Wir wollen nicht, dass dieser Prozess
ufgrund der Aufnahme eines einzelnen Mitglieds ab-
richt. Diese Erwartung sollten wir gegenüber unseren
rkischen Freunden, mit denen wir ergebnisoffen ver-
andeln sollten, klar zum Ausdruck bringen, damit es
icht eines Tages auf der türkischen Seite unangenehme
berraschungen gibt.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513510200

Damit schließe ich die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
rucksache 15/3949 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Interfraktionell wird
uch Überweisung der Vorlagen auf den Druck-
achen 15/4031 und 15/4064 an dieselben Ausschüsse
ie bei Tagesordnungspunkt 4 a vorgeschlagen. Sind Sie
it diesen Überweisungen einverstanden? – Das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 27 a bis 27 n sowie

ie Zusatzpunkte 2 a und 2 b auf:
27 a) Beratung des Antrags der Bundesregierung

Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deut-
scher Streitkräfte bei der Unterstützung der
gemeinsamen Reaktion auf terroristische An-
griffe gegen die USA auf Grundlage des
Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen
und des Art. 5 des Nordatlantikvertrags sowie
der Resolutionen 1368 (2001) und 1373 (2001)
des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen
– Drucksache 15/4032 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss
gemäß § 96 GO

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung von wegerechtlichen Vorschriften
– Drucksache 15/3982 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Rechtsausschuss






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

c) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten

Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ge-
setzes über das Wohnungseigentum und das
Dauerwohnrecht
– Drucksache 15/3423 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Rechtsausschuss

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Än-
derungsurkunden vom 18. Oktober 2002 zur
Konstitution und zur Konvention der Interna-
tionalen Fernmeldeunion vom 22. Dezember
1992
– Drucksache 15/3879 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 30. September 2003 zwischen
der Regierung der Bundesrepublik Deutsch-
land und der Regierung der Republik Bulga-
rien über die Zusammenarbeit bei der Be-
kämpfung der organisierten und der schweren
Kriminalität
– Drucksache 15/3880 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 14. Mai 2003 zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und der Republik
Indonesien über die Förderung und den ge-
genseitigen Schutz von Kapitalanlagen
– Drucksache 15/3882 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Auswärtiger Ausschuss

g) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Än-
derungsprotokoll vom 26. August 2003 zu dem
Vertrag vom 28. Februar 1994 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Repu-
blik Moldau über die Förderung und den ge-
genseitigen Schutz von Kapitalanlagen
– Drucksache 15/3883 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Auswärtiger Ausschuss

h) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 10. Juli 2000 zwischen der Re-
gierung der Bundesrepublik Deutschland und
der Palästinensischen Befreiungsorganisation
zugunsten der Palästinensischen Behörde über

(C (D die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Drucksache 15/3884 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Auswärtiger Ausschuss i)

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Än-
derungs- und Ergänzungsprotokoll vom
14. Mai 2003 zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und der Republik Polen zu dem
Vertrag vom 10. November 1989 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Volksre-
publik Polen über die Förderung und den ge-
genseitigen Schutz von Kapitalanlagen
– Drucksache 15/3885 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Auswärtiger Ausschuss

j) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver-
trag vom 27. März 2003 zwischen der Bundes-
republik Deutschland und der Republik
Tadschikistan über die Förderung und den ge-
genseitigen Schutz von Kapitalanlagen
– Drucksache 15/3886 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Auswärtiger Ausschuss

k) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än-
derung des Ehe- und Lebenspartnerschafts-
namensrechts
– Drucksache 15/3979 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

l) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum inter-
nationalen Familienrecht
– Drucksache 15/3981 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

m) Beratung des Antrags der Abgeordneten Günther
Friedrich Nolting, Helga Daub, Jörg van Essen,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Angleichung der Ost-Besoldung an West-
niveau
– Drucksache 15/589 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Haushaltsausschuss

n) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Michael Goldmann, Daniel Bahr (Münster),






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Horst Friedrich (Bayreuth), weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der FDP
Bessere Möglichkeiten im Kampf gegen Trun-
kenheitsfahrten in der Seeschifffahrt schaffen
– Drucksache 15/3725 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss

ZP 2a)Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Dritten Zusatzprotokoll vom 4. Juni 2004 zum
Abkommen vom 16. Juni 1959 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und dem König-
reich der Niederlande zur Vermeidung der
Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der
Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur
Regelung anderer Fragen auf steuerlichem
Gebiete
– Drucksache 15/4026 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Uwe
Küster, Dirk Manzewski, Jörg Tauss, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Grietje Bettin, Jerzy Montag,
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN
Wettbewerb und Innovationsdynamik im Soft-
warebereich sichern – Patentierung von Com-
puterprogrammen effektiv begrenzen
– Drucksache 15/4034 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
ten Verfahren ohne Debatte.

Die Kolleginnen Petra Pau und Dr. Gesine Lötzsch
haben zu dem Antrag der Bundesregierung zur Fortset-
zung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte
bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf
terroristische Angriffe gegen die USA auf Druck-
sache 15/4032 gemäß § 80 Abs. 4 der Geschäftsordnung
beantragt, vor der Ausschussüberweisung eine Ausspra-
che durchzuführen. Zu diesem Antrag erteile ich der Ab-
geordneten Dr. Gesine Lötzsch das Wort.


Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1513510300

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Die Bundesregierung hat gestern in ihrer Kabi-
nettsitzung beschlossen, dem Bundestag einen Antrag
über die Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deut-

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(C (D cher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsaen Reaktion auf terroristische Angriffe gegen die USA orzulegen; die Präsidentin hat es ja schon vorgetragen. ir, die PDS im Bundestag, beantragen eine Debatte ber die Verlängerung dieses Mandats. Ich gehe davon aus, dass gestern im Bundeskabinett ine sehr gründliche und ausführliche Debatte über diese ngelegenheit stattgefunden hat. Allerdings war diese ebatte nicht öffentlich. Ich denke, es ist die Pflicht des eutschen Bundestages, diese Debatte auch hier, vor der ffentlichkeit der Bundesrepublik, zu führen; denn es eht schließlich darum, Menschen in sehr gefährliche Siuationen zu schicken mit einem Auftrag, dessen Ende icht abzusehen ist. Erinnern Sie sich bitte mit mir gemeinsam: Als im ahr 2001 auf Antrag der Bundesregierung zum ersten al über den Einsatz der Bundeswehr im Rahmen des andates, das jetzt verlängert werden soll, abgestimmt urde, gab es eine breite öffentliche Debatte in Funk, ernsehen und vor allen Dingen selbstverständlich im eutschen Bundestag, in den Fraktionen. In der SPDraktion gab es Widerstände. Der Bundeskanzler, erhard Schröder, sah sich gezwungen, diese Abstimung sogar mit einer Vertrauensfrage zu verbinden. ach Meinung der PDS im Bundestag ist es erforderlich, ber die Mandatsverlängerung wiederum öffentlich zu ebattieren, damit sich in dieser Angelegenheit keine bstimmungsroutine einschleicht. Nun werden vielleicht einige Kolleginnen und Kolle en einwenden, dass der Bundesminister der Verteidiung, Herr Dr. Peter Struck, gestern im Rahmen der Reierungsbefragung über die Kabinettsitzung berichtet abe. Ich denke, zumindest diejenigen, die sich an der itzung gestern beteiligt haben, werden mir aber zustimen können, dass die Fragen und die spärlichen Antworen darauf gerade die Notwendigkeit einer öffentlichen ebatte deutlich gemacht haben. Insbesondere die Kolegen von der CDU/CSU, die ja zahlreiche Fragen haten, müssten unserem Antrag auf Debatte zustimmen. Übrigens: Selbst die Fragerunde gestern blieb der Öf entlichkeit weitgehend verborgen. Sie wurde wegen der nstimmigkeiten in Brüssel nicht auf Phoenix übertraen – das nur nebenbei, sozusagen als Klammerbemerung. Ich bitte Sie also herzlich: Stimmen Sie unserem ntrag auf Durchführung einer Debatte zu, damit sich ezüglich der Einsätze der Bundeswehr im Ausland eine Abstimmungsroutine einschleicht! Vielen Dank. Zur Antwort auf diese Antragstellung erteile ich dem bgeordneten Gert Weisskirchen das Wort. Frau Präsidentin! Liebe Kollegin, Sie haben gestern an der Fragestunde teilgenommen und mit dem Verteidigungsminister diskutiert. Im Namen des Hauses kann ich sagen: Natürlich werden wir eine solche Debatte führen, und zwar in der übernächsten Sitzungswoche, auch im Ausschuss. Wir laden noch einmal ausdrücklich dazu ein. Sie haben für Ihre Gruppe im Ausschuss teilnehmen können. Ich bin überzeugt: Wenn Sie es möchten, werden wir Sie sicher im Auswärtigen Ausschuss und auch im Verteidigungsausschuss anhören. Hier findet also nichts im Geheimen statt und es gibt keinen Schleier, der vor Enduring Freedom gezogen wird. Wir werden diese Debatte führen, aber nicht heute. Darauf haben wir uns verständigt. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag auf Aussprache. Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen des ganzen Hauses gegen die Stimmen der Abgeordneten Petra Pau und Dr. Gesine Lötzsch abgelehnt worden. Somit können die Vorlagen wie interfraktionell vorgeschlagen an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse überwiesen werden. Sind Sie mit diesen Überweisungen einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 28 a bis 28 e und 28 g bis 28 m auf. Es handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist. Tagesordnungspunkt 28 a: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe in Zivilund Handelssachen in den Mitgliedstaaten – Drucksache 15/3281 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 15/4057 – Berichterstattung: Abgeordnete Dirk Manzewski Michael Grosse-Brömer Jerzy Montag Rainer Funke Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/4057, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist da m w u S m g t w D I w e a s d s (C (D it in zweiter Beratung einstimmig angenommen orden. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn ie dem Gesetzentwurf in der dritten Beratung zustimen wollen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Der Gesetzentwurf ist damit auch in dritter Beraung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen orden. Tagesordnungspunkt 28 b: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Beschluss der im Rat der Europäischen Union vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 28. April 2004 betreffend die Vorrechte und Immunitäten von ATHENA – Drucksache 15/3787 – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses – Drucksache 15/4058 – Berichterstattung: Abgeordnete Markus Meckel Dr. Andreas Schockenhoff Marianne Tritz Dr. Rainer Stinner Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt auf rucksache 15/4058, den Gesetzentwurf anzunehmen. ch bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen ollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Gibt s Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig ngenommen worden. Tagesordnungspunkt 28 c: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum EU-Truppenstatut vom 17. November 2003 – Drucksache 15/3786 – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses – Drucksache 15/4059 – Berichterstattung: Abgeordnete Uta Zapf Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg Marianne Tritz Dr. Rainer Stinner Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt auf Druckache 15/4059, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte iejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, ich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen worden. Tagesordnungspunkt 28 d: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts – Drucksache 15/3653 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 15/4060 – Berichterstattung: Abgeordnete Dirk Manzewski Michael Grosse-Brömer Jerzy Montag Rainer Funke Der Rechtsausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/ 4060, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung einstimmig angenommen worden. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen worden. Tagesordnungspunkt 28 e: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Ausschluss von Dienst-, Amtsund Versorgungsbezügen von den Einkommensanpassungen 2003/2004 (Anpassungsausschlussgesetz)


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513510400




(A) )


(B) )

Gert Weisskirchen (SPD):
Rede ID: ID1513510500

(Beifall bei der SPD)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513510600

(Erste Beratung 114. Sitzung)


(Erste Beratung 129. Sitzung)


(Erste Beratung 129. Sitzung)





(A) )


(B) )


(Erste Beratung 126. Sitzung)

– Drucksachen 15/3783, 15/3985 –

(Erste Beratung 129. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)

– Drucksache 15/4044 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Peter Kemper
Clemens Binninger
Silke Stokar von Neuforn
Dr. Max Stadler

Der Innenausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 15/4044, den Gesetzent-
wurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-

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(C (D ung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegentimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist dait in zweiter Beratung mit den Stimmen von SPD, ündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen er CDU/CSU angenommen worden. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich zu erheben, enn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Geenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist amit in dritter Beratung mit den Stimmen von SPD, ündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen er CDU/CSU angenommen worden. Tagesordnungspunkt 28 g: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Entwurf Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften für das Haushaltsjahr 2005 Ratsdok. 11445/04 – Drucksachen 15/3779 Nr. 1.57, 15/3874 – Berichterstattung: Abgeordnete Bartholomäus Kalb Dr. Heinz Köhler Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrichung durch die Bundesregierung eine Entschließung anunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung es Ausschusses? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen orden. Tagesordnungspunkt 28 h: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bauund Wohnungswesen – zu dem Antrag der Abgeordneten Petra Weis, Siegfried Scheffler, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten Günter Nooke, Dirk Fischer (Hamburg)

und der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeord-
neten Franziska Eichstädt-Bohlig, Irmingard
Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordne-
ten Joachim Günther (Plauen), Horst Friedrich

(Bayreuth), Eberhard Otto (Godern), weiterer

Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Planung und städtebauliche Zielvorstellun-
gen des Bundes für den Bereich beiderseits
der Spree zwischen Marschallbrücke und
Weidendammer Brücke vorlegen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Günter
Nooke, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Oswald, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Planung und städtebauliche Zielvorstellun-
gen des Bundes für den Bereich beiderseits
der Spree zwischen Marschallbrücke und
Weidendammer Brücke vorlegen

– Drucksachen 15/2981, 15/2157, 15/3939 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Petra Weis
Günter Nooke

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-
schlussempfehlung die Annahme des Antrags der Frak-
tionen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen, der
CDU/CSU und der FDP auf Drucksache 15/2981 mit
dem Titel „Planung und städtebauliche Zielvorstellun-
gen des Bundes für den Bereich beiderseits der Spree
zwischen Marschallbrücke und Weidendammer Brücke
vorlegen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die
Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen wor-
den.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss, den Antrag der
Fraktion der CDU/CSU, Drucksache 15/2157, der den
gleichen Titel trägt wie der Antrag, über den zuvor abge-
stimmt wurde, für erledigt zu erklären. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Auch diese Beschlussempfehlung ist ein-
stimmig angenommen worden.

Wir kommen jetzt zu den Beschlussempfehlungen des
Petitionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 28 i:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 153 zu Petitionen
– Drucksache 15/3961 –

Wer stimmt dafür? – Stimmt jemand dagegen? – Ent-
haltungen? – Die Sammelübersicht 153 ist einstimmig
angenommen worden.

Tagesordnungspunkt 28 j:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 154 zu Petitionen
– Drucksache 15/3962 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 154 ist ebenfalls einstim-
mig angenommen worden.

Tagesordnungspunkt 28 k:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 155 zu Petitionen
– Drucksache 15/3963 –

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(C (D Wer stimmt dafür? – Gibt es Gegenstimmen? – Entaltungen? – Die Sammelübersicht 155 ist einstimmig ngenommen worden. Tagesordnungspunkt 28 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 156 zu Petitionen – Drucksache 15/3964 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es nthaltungen? – Die Sammelübersicht 156 ist mit den timmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen ie Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen orden. Tagesordnungspunkt 28 m: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 157 zu Petitionen – Drucksache 15/3965 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 157 ist mit den Stimmen on SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die timmen der CDU/CSU angenommen worden. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a und 5 b auf: a)


gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform

(Berufsbildungsreformgesetz – BerBiRefG)

– Drucksache 15/3980 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung
Berufsbildungsbericht 2004
– Drucksache 15/3299 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Tourismus

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Wi-
erspruch höre ich nicht. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst

ür die Bundesregierung die Frau Bundesministerin
delgard Bulmahn.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung

und Forschung:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

Herren und Damen! Heute debattieren wir die umfas-
sendste Modernisierung des Berufsbildungsgesetzes seit
mehr als 30 Jahren. Wir stellen damit die berufliche Bil-
dung auf eine neue Grundlage, die die Berufsausbildung
qualitativ verbessert und sie zukunftssicher macht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Eine der wichtigsten gesellschaftspolitischen Aufga-
ben ist es, jungen Menschen eine qualifizierte Erstaus-
bildung zu ermöglichen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nur so sichern wir Jugendlichen gute Beschäfti-
gungschancen und eine Teilhabe am Arbeitsleben. Eine
qualifizierte Berufsausbildung ist aber auch deshalb so
wichtig, weil sich Unternehmen nur mit gut ausgebilde-
ten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im internatio-
nalen Wettbewerb behaupten können.

Wir müssen schon heute aufgrund der demographi-
schen Kerndaten davon ausgehen, dass uns in zehn bis
15 Jahren bis zu 3,5 Millionen Fachkräfte fehlen wer-
den, wenn wir nicht gegensteuern. Das heißt, die Ju-
gendlichen, über die wir heute sprechen, spielen für den
Erhalt der Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft eine
ganz besonders wichtige Rolle.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Daher haben sich die Bundesregierung und die Wirt-
schaft im nationalen Ausbildungspakt verpflichtet, zu-
sätzliche Ausbildungsplätze für junge Menschen in
Deutschland bereitzustellen und ihnen damit die Chance
zu eröffnen, eine gute Ausbildung zu erhalten.

Angesichts der zum 30. September dieses Jahres noch
fehlenden 31 000 Ausbildungsplätze steht der Pakt jetzt
vor der entscheidenden Bewährungsprobe. Es müssen
nun alle Potenziale für die Nachvermittlung genutzt wer-
den,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


damit es uns bis zum Jahresende gelingt, wirklich allen
Jugendlichen ein Ausbildungsplatzangebot machen zu
können, ihnen so eine qualifizierte Ausbildungschance
zu ermöglichen. Die Wirtschaft – ich will das noch ein-
mal ausdrücklich sagen – ist auch in ihrem eigenen Inte-
resse gefordert, alles dafür zu tun, damit dieses Ziel er-
reicht wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundesregierung hat ihrerseits erhebliche An-
strengungen unternommen, um die Ausbildungschancen
der Jugendlichen zu erhöhen. Speziell für die neuen
Länder haben wir gemeinsam mit den Ländern das Aus-
bildungsplatzprogramm Ost 2004 auf 14 000 Ausbil-

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(C (D ungsplätze erhöht. Dafür stellt mein Haus rund 95 Milionen Euro zur Verfügung. Die Bundesministerien und ie Bundesbehörden werden ihre Ausbildungsleistung m circa 20 Prozent ausbauen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


uch die Bundesagentur für Arbeit bietet 500 Ausbil-
ungsplätze mehr an.
Die Bundesregierung unterstützt das neue Instrument

er Einstiegsqualifizierung durch einen Zuschuss zum
ebensunterhalt der Jugendlichen und die Übernahme
es pauschalierten Gesamtsozialversicherungsbeitrages
it rund 270 Millionen Euro während der dreijährigen
usbildungszeit. Darüber hinaus verdoppeln wir die För-
erung des Programms „STARegio“, mit dem wir regio-
ale Initiativen zur Verbesserung der Ausbildungsstruk-
uren und des Angebots betrieblicher Ausbildungsplätze
n den besonders schwierigen Regionen unterstützen.
afür stellt mein Haus eine ganze Menge Mittel zur Ver-
ügung.


(Beifall bei der SPD)

Die Kammern – hier geht es um die beiden großen
usbildungsbereiche Industrie und Handel, aber auch
m das Handwerk – haben im Vergleich zum September
003 rund 13 200 Ausbildungsverträge mehr registriert.
as ist ein Plus von 3,1 Prozent.


(Jörg Tauss [SPD]: Immerhin!)

as zeigt, dass der Ausbildungspakt bereits in diesem
ahr eine erhebliche Dynamik entfaltet hat und erste
ichtige Erfolge erzielt werden konnten.


(Werner Lensing [CDU/CSU]: Weil er freiwillig war!)


Ich will an dieser Stelle ausdrücklich das außerge-
öhnliche Engagement der Wirtschaftsverbände, insbe-
ondere der Kammern, und der Unternehmen sowie der
usbildungsverantwortlichen vor Ort anerkennen.


(Beifall bei der SPD und der FDP)

Sie haben gezeigt, dass es möglich ist, einen negati-

en Trend umzukehren und deutlich mehr Ausbildungs-
lätze zu mobilisieren, wenn wirklich alle engagiert mit-
achen und an einem Strang ziehen.


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Die Gesellschaften sehen das etwas anders!)


ie aktuellen Probleme auf dem Ausbildungsmarkt be-
euten nicht, dass sich das System der dualen beruf-
ichen Ausbildung überlebt hat. Ganz im Gegenteil.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as System der dualen beruflichen Bildung ist weltweit
u Recht anerkannt. Es bietet im Kern allen jungen Men-
chen die Chance, eine qualifizierte Beschäftigung auf-
unehmen und damit ihr Leben selbstverantwortlich zu
estalten. Gleichzeitig sichert das System der dualen Be-
ufsausbildung der Wirtschaft die Fachkräfte der Zu-
unft und trägt damit wiederum entscheidend zur Wett-






(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

bewerbsfähigkeit und zum Wohlstand Deutschlands bei.
Damit das so bleibt, muss sich die duale Berufsausbil-
dung den neuen Herausforderungen stellen. Der Gesetz-
entwurf, den wir heute in erster Lesung beraten, tut ge-
nau dieses.


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Da fällt selbst dem Tauss nichts mehr ein!)


Ziel der Reform ist es, die Verbesserung der Ausbil-
dungschancen der Jugendlichen sicherzustellen sowie
eine hohe Qualität der beruflichen Ausbildung für alle
Jugendlichen unabhängig von ihrer sozialen oder regio-
nalen Herkunft zu gewährleisten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir geben mit diesem Gesetzentwurf keine Königs-
wege vor, sondern wir bauen Flexibilität aus und ver-
stärken sie. Diesem Leitgedanken folgt der von uns vor-
gelegte Entwurf. In Zukunft können die Akteure vor Ort
eine stärkere Kooperation der betrieblichen und der
schulischen Systeme vereinbaren, um die Ausbildungs-
qualität zu steigern, alle Ausbildungskapazitäten optimal
zu nutzen und damit auch strukturellen Veränderungen
in der Wirtschaft besser gerecht zu werden.

Durch die neue Kombination von betrieblicher und
schulischer Ausbildung kann sowohl ein regionaler
Mangel an betrieblichen Ausbildungsplätzen besser aus-
geglichen werden als auch auf den in vielen Ausbil-
dungsberufen steigenden Theorieanteil angemessener re-
agiert werden. Dies wird dadurch möglich, dass das neue
Gesetz den Ländern die Möglichkeit eröffnet, sicherzu-
stellen, dass schulische Berufsausbildungszeiten in aner-
kannten Ausbildungsberufen genauso zählen wie be-
triebliche Ausbildungszeiten.


(Beifall bei der SPD)

Das entspricht im Übrigen auch dem Wunsch der Lan-
desregierungen, und zwar unabhängig von der Parteizu-
gehörigkeit. Von einem Paradigmenwechsel weg von der
betrieblichen hin zur schulischen Ausbildung, wie es ei-
nige von Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren
von der Opposition, gelegentlich unterstellen, kann hier
nicht die Rede sein.


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das ist die nackte Wahrheit, keine Unterstellung!)


Ein solcher Paradigmenwechsel findet nicht statt.

(Beifall bei der SPD)


Rund 500 000 Jugendliche befinden sich in schuli-
schen Berufsausbildungsmaßnahmen, davon rund
200 000 in vollzeitschulischen Berufsbildungsgängen,
die zu einem beruflichen Abschluss führen.

Mit der Novelle des Berufsbildungsgesetzes eröffnen
wir den Ländern die Option, diesen Jugendlichen über
Vereinbarungen mit den Kammern die Zulassung zur
Kammerprüfung zu erleichtern. Denn die Kammerprü-
fung ist eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgrei-
chen Berufseinstieg. Die Länder haben diese Überlegun-
gen im Bundesrat ausdrücklich begrüßt.

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(C (D Die zügige Modernisierung der Ausbildungsberufe st ein Herzstück der Berufsbildungspolitik der Bundesegierung. Wir haben seit 1999 rund 160 Berufsbilder odernisiert bzw. neu geschaffen. Allein 2004 sind ehr als 30 neue Berufsbilder entstanden; im Jahr 2005 erden es 21 sein. Die Hälfte aller Jugendlichen wird mittlerweile in odernisierten oder neu geschaffenen Berufsbildern usgebildet. Ich denke, das zeigt nachdrücklich, wie akuell und modern eine berufliche Ausbildung ist und wie ichtig und erfolgreich sie sowohl für Unternehmen als uch für Jugendliche ist. Das neue Berufsbildungsgesetz unterstützt die rasche odernisierung durch die Verringerung der Zahl der geetzlichen Beratungsgremien. Zudem wird mit einer moifizierten Stufenausbildungsregelung zum Beispiel die ortsetzung einer zweijährigen Berufsausbildung in anpruchsvolleren Ausbildungsberufen ohne Zeitverlust rleichtert. Diesem Ziel dient auch die in dem Gesetz usdrücklich verankerte Möglichkeit, einschlägige Vorualifikationen berufsspezifisch anzurechnen. Wir wollen Ausbildungschancen für alle schaffen. it neuen Förderstrukturen und einer stufenweisen Qua ifizierung in anschlussfähigen Ausbildungsangeboten erbessern wir aus diesem Grund gezielt die Chancen uch für benachteiligte Jugendliche. Mit der letzten Novelle haben wir bereits vor einein alb Jahren die Möglichkeit geschaffen, Jugendlichen it ihren unterschiedlichen Voraussetzungen beispielseise über Praktika oder sechsmonatige Qualifikationsausteine auch unterschiedliche Einstiegswege in eine rfolgreiche berufliche Ausbildung zu eröffnen. Wir veressern zudem die Chancen für differenzierte Wege in er Berufsausbildung durch klarere Regelungen zur Stuenausbildung und zur Anrechnung einer zweijährigen erufsausbildung auf eine anschließende Ausbildung in inem Beruf mit dreijähriger Ausbildung. Inzwischen ibt es vier neue Berufe mit zweijähriger Ausbildung, ie diesem Modell bereits entsprechen. Dieser von uns beschrittene Weg wird sowohl den Ju endlichen mit ihren unterschiedlichen Voraussetzunen und Anforderungen als auch der Wirtschaft gerecht. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall des Abg. Dieter Grasedieck [SPD])


Das neue Berufsbildungsgesetz sieht außerdem vor,
ass Ausbildungsabschnitte, die im Ausland absolviert
erden, zu einem integralen Bestandteil der Berufsaus-
ildung im dualen System werden.


(Beifall bei der SPD)

as ist die logische Konsequenz der Entwicklung Euro-
as zu einem einheitlichen Wirtschaftsraum. Deshalb
üssen wir auch dafür Sorge tragen, dass die Anteile der
erufsausbildung, die im Ausland absolviert werden, in
ollem Umfang anerkannt werden.
Ebenfalls neu ist die Möglichkeit, Zusatz- oder Auf-

tiegsqualifikationen in Zukunft bereits während der






(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

Erstausbildung zu erwerben. Damit eröffnen wir leis-
tungsstarken jungen Menschen neue Perspektiven für ihr
berufliches Fortkommen und reagieren zugleich auf die
steigenden Qualifikationsanforderungen in einer globali-
sierten Welt.

Die Neuerungen im Bereich des Prüfungswesens
ermöglichen nunmehr die Durchführung von Abschluss-
prüfungen in zwei Teilen. Prüfungsleistungen aus der
Berufsschule können in die Bewertung der Prüfung mit
einfließen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die neu gestaltete Erprobungsklausel eröffnet außerdem
Wege, Ausbildungsberufe an aktuelle Entwicklungen zü-
giger anzupassen.

Das neue Berufsbildungsgesetz knüpft an die bewähr-
ten Strukturen des Berufsbildungsgesetzes von 1969 an.
Es integriert aber auch die neuen und modernen Erkennt-
nisse der Berufsbildungsforschung und passt den ord-
nungsrechtlichen Rahmen an die Entwicklung der Be-
rufsausbildung in den letzten Jahren an. Kurz gesagt:
Die gesetzliche Grundlage stimmt also endlich mit den
Anforderungen und Zielstellungen in der beruflichen
Ausbildung vollständig überein.


(Beifall bei der SPD)

Wir haben zudem die Regelungen zur fachlichen Eig-
nung in einem einheitlichen und transparenten System
für alle zusammengefasst.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Sicherung
einer hochwertigen beruflichen Bildung eine wichtige
Aufgabe bleibt. Mit der heute von uns vorgelegten No-
velle machen wir in diesem Sinne einen weiteren wichti-
gen Schritt. Ich möchte alle – die Betriebe, die Regio-
nen, aber auch die Länder sowie die jungen Frauen und
Männer – auffordern, sich dieser Aufgabe, dieser He-
rausforderung kreativ und mit Mut zur Verantwortung zu
stellen. Das gilt natürlich genauso für den Deutschen
Bundestag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513510700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Uwe Schummer.


Uwe Schummer (CDU):
Rede ID: ID1513510800

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine

Herren! Die duale Ausbildung ist ein Standortvorteil
Deutschlands. Sie ist eng an der betrieblichen Praxis
orientiert und ein idealer Einstieg in die Arbeitswelt. So
ist die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland um etwa
6 Prozent geringer als in den Ländern der Europäischen
Union, die eine verschulte Berufsausbildung haben. Das
bedeutet, die praktische Ausbildung ist von großem Vor-
teil.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D ast 70 Prozent aller Schulabgänger wünschen sich eine uale Ausbildung. Die Union hat – um sie zu stärken – m Frühjahr 2003 als erste Fraktion Eckpunkte für eine odernisierung der Berufsausbildung in den Deutschen undestag eingebracht. Wir haben im März dieses Jahes eine entsprechende Gesetzesnovelle nachgereicht. ch begrüße, dass Sie heute nachkommen. Über das Thema können wir sicherlich streitig disku ieren, aber Sie haben ein halbes Jahr durch die unsinige Debatte über eine Ausbildungsplatzabgabe vertan. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordne ten der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Umlage!)


(Jörg Tauss [SPD]: Na ja!)

Was Sie umlegen wollen, müssen Sie den Betrieben
rst einmal abnehmen. Deshalb handelt es sich um eine
bgabe.
Die Zeit, die Sie vertan haben, hätten wir mit einer

chnelleren Berufsbildungsreform besser genutzt. Die
1 200 Schulabgänger, die momentan unversorgt sind,
lso keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, sind die
eidtragenden einer Politik der langen Bank, auf die Sie
ie Novelle zum Berufsbildungsgesetz erst einmal ge-
choben haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Bereits 1998 kündigte Bundeskanzler Schröder in sei-
er Regierungserklärung eine Initiative zur Flexibilisie-
ung und Modernisierung der Berufsausbildung an.


(Jörg Tauss [SPD]: Damals schon!)

echs Jahre ist nichts passiert. Nachdem wir mit unseren
nitiativen das Tempo beschleunigt haben, können wir
un produktiv diskutieren. Doch der Ausbildungspakt
edarf der Ergänzung durch ein modernisiertes Berufs-
ildungsgesetz. Das ist die andere Seite der Medaille.
ie Reform muss vor allem die weitere Verschulung
toppen und stattdessen die betriebliche Ausbildung stär-
en. Die Erosion der betrieblichen Ausbildung muss be-
ndet werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Jörg Tauss [SPD] – Jörg Tauss [SPD]: Die Wirtschaft!)


elbst ein mäßiger betrieblicher Ausbildungsplatz ist
esser als die schönste Ersatzmaßnahme.


(Jörg Tauss [SPD]: Wunderbar!)

Das Berufsbildungsgesetz war 1969 – Herr Tauss, Sie
issen das sicherlich aus Ihrem reichhaltigen Leben –
ines der letzten Projekte der großen Koalition von
nion und SPD. Wir haben in letzter Zeit oft eine partei-
bergreifende Regelung angeboten. Sie wäre auch in der
radition des Berufsbildungsgesetzes. Wir wollen sehr
achlich eine gemeinsame Linie herstellen. Aber Sie
üssen sich erst einmal bewegen und vor allem Wider-
prüche in Ihrem Gesetzentwurf beseitigen. So fordern
ie in Ihrem Gesetzentwurf die Verschlankung von Gre-
ien und Bürokratieabbau. Gleichzeitig fordern Sie
edoch die flächendeckende Gründung regionaler






(A) )



(B) )


Uwe Schummer

Berufsbildungskonferenzen ein. Wie Sie beide Ziele
– Entbürokratisierung und neue Strukturen – gleichzeitig
erreichen wollen, bleibt ein Mysterium Ihrer Politik.


(Jörg Tauss [SPD]: Subsidiarität, Herr Kollege! Regionale Verantwortung!)


Erst gestern schrieb Ihnen der Hauptausschuss des
Bundesinstitutes für Berufsbildung folgenden Beschluss
ins Stammbuch – ich zitiere –:

Die im Gesetzentwurf vorgesehenen regionalen
Bildungskonferenzen sind nicht erforderlich, da de-
ren Aufgaben von bestehenden Gremien und Insti-
tutionen … wahrgenommen werden können.

Auch das Stimmrecht der Lehrerseite in den Berufsbil-
dungsausschüssen lehnt der Hauptausschuss, bestehend
aus Vertretern des Bundes, der Länder, der Wirtschaft,
der Wissenschaft und der Gewerkschaften, mit dem ges-
trigen Beschluss eindeutig und klar ab. Es würde die Pa-
rität zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern
zu einer Drittelparität verändern.


(Werner Lensing [CDU/CSU]: Genau das ist die Wahrheit!)


Wenn 50 Prozent von Politik und Wirtschaft Psycho-
logie ist, dann frage ich, ob es klug ist, dass bei der be-
trieblichen Ausbildung die Arbeitgeberseite – zumindest
theoretisch – weitgehend ausgehebelt werden kann. Die
Motivation zur Ausbildung wird hierdurch in den Betrie-
ben sicher nicht steigen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es macht Sinn, die Berufsschulergebnisse beim theo-

retischen Teil der Kammerprüfung zu berücksichtigen

(Jörg Tauss [SPD]: Ach ja!)


oder zu überlegen, ob die Berufsschule den Theorieteil
ganz übernimmt. Nötig ist eine Langzeitbewertung, die
nicht nur die dreitägige Kammerprüfung, sondern auch
die drei Jahre in der Berufsschule berücksichtigt.

Ob und wie dies geschehen kann, das sollten wir nach
der Expertenanhörung besprechen.


(Jörg Tauss [SPD]: Machen Sie mal einen Vorschlag!)


Baden-Württemberg hat dank seiner Abstimmung mit
den Kammern die größte gemeinsame Prüfungserfah-
rung. Generell gilt, dass die Prüfungen insgesamt ver-
schlankt und auch entrümpelt werden müssen.

Frau Bulmahn, bei der Stufenausbildung haben Sie
sich bewegt, aber leider zu wenig.


(Beifall der Abg. Katherina Reiche [CDU/ CSU])


Vor dem Hintergrund von 1,2 Millionen Schulabgängern
bis 29 Jahre, die keine berufliche Ausbildung haben, ist
eine Zwischenzertifizierung überfällig. Wir, die Union,
sagen ein klares Ja zum Berufskonzept und zur dafür
notwendigen Breitenausbildung. Wer sagt: „Drei Jahre
oder kein Abschluss, alles oder nichts“, der lässt zu, dass
jährlich 100 000 junge Menschen vor dem beruflichen

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(C (D ichts stehen. Das ist nicht nur eine Vergeudung von irtschaftlichen Ressourcen, sondern auch zutiefst unenschlich. So grenzen Sie praktisch Begabte systemaisch aus. (Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Herr Schummer, wir würden Sie nie ausgrenzen!)


Wir wollen deshalb, dass die Stufenausbildung von
er Ausnahme zur Regel wird. In der Bauwirtschaft hat
ie nicht zur Schmalspurausbildung geführt, sondern
azu, dass ein Einstiegskorridor für praktisch Begabte
eschaffen wurde. Das saarländische Beispiel der Stu-
enausbildung im Pflegebereich zeigt ebenso, dass über
0 Prozent der Auszubildenden auch die zweite Stufe er-
olgreich abschließen. Wer die erste Stufe schafft, der
ommt automatisch in die zweite Stufe und hat am Ende
einen Vollabschluss. Hauptschüler würden auch dort
ieder zugelassen, wo heute die mittlere Reife oder das
bitur zwingend gefordert werden. Uns geht es hier um
ifferenzierung und Flexibilisierung.


(Werner Lensing [CDU/CSU]: Die sind dringend erforderlich!)


ötig ist, eine stärkere Betrachtung des Menschen so,
ie er ist, und nicht, wie er nach Ihrem Bild sein sollte.
Über Ausbildungsmodule könnte die zweite Stufe
das ist ein weiteres Charakteristikum – auch zu einem
päteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Eine stärkere
ernetzung von Aus- und Weiterbildung ist überfällig.
m Zusammenhang mit dem europäischen Ausbildungs-
ass, der ab 2005 in den Staaten der Europäischen Union
ingeführt werden soll, würden diese Module auch die
egenseitige Anerkennung der Berufsausbildung in der
uropäischen Union erleichtern.
Ihr Entwurf hat die berufliche Weiterbildung kaum

estreift. Frau Bulmahn, ich habe das Gefühl, Sie haben
diesem Punkt vor Herrn Clement, der im Kabinett für
ie Weiterbildung zuständig ist, kapituliert. Wir sind
ern bereit, Sie zu unterstützen, wenn auch bei der Wei-
rbildung endlich neue Prioritäten gesetzt werden sol-
n. Beraten Sie ruhig weiter; auch im Kabinett muss Ei-
igkeit erzielt werden.
Wir sind ebenfalls dafür, die Probezeit auf sechs Mo-

ate zu verlängern, wenn es gewünscht wird. Das wäre
in gegenseitiger Schutz vor den Folgen einer Fehlent-
cheidung. Nach dem Berufsbildungsbericht gibt es
5 Prozent Ausbildungsabbrecher. Ein Drittel dieser Per-
onen nennt für den Abbruch persönliche Gründe: Man
abe den falschen Beruf oder den falschen Betrieb ge-
ählt. Der Zeitraum der Probezeit von drei Monaten
wobei in dieser Zeit noch ein sechswöchiger Block-
nterricht absolviert werden muss – kann für beide Sei-
en zu kurz sein, um zu entscheiden, ob die Ausbildung
zw. der Auszubildende richtig ist.
Zwei Drittel der Betriebe, die nicht ausbilden, tun

ies aus Kostengründen. Der größte Kostenfaktor sind
ie Ausbildungsvergütungen.


(Jörg Tauss [SPD]: Na, na, na!)







(A) )



(B) )


Uwe Schummer

Es gibt eine große Spannweite: Während beim Friseur-
handwerk in Sachsen monatlich 250 Euro Ausbildungs-
vergütung gezahlt werden, werden beim Bankgewerbe in
Hessen 900 Euro Ausbildungsvergütung gezahlt. Die
durchschnittliche Ausbildungsvergütung im Monat liegt
bei 600 Euro.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Da sehen Sie, wie flexibel das ist!)


Das zeigt, dass der größte Teil der Ausbildungsvergü-
tungen im oberen Segment liegt. Die Definition einer
„angemessenen Ausbildungsvergütung“ soll den Gestal-
tungsspielraum für Tarif- und Betriebsparteien vergrö-
ßern, Bündnisse für mehr Ausbildung einzugehen; Ab-
weichungen von einem Drittel nach unten sollen
möglich sein. Richterrecht erlaubt den Tarifpartnern und
Betriebsparteien heute schon, um bis zu 20 Prozent ab-
zusenken. Wir wollen den Tarif- und Betriebsparteien
letztlich mehr Spielraum geben.

Es gibt ähnliche Tarifverträge in der Chemieindustrie,
im Bauhauptgewerbe sowie im Metall- und Elektrobe-
reich, die die Schaffung von weit über 1 500 neuen
Ausbildungsplätzen angereizt haben. Wer an die Kosten
herangeht, sorgt also letztlich dafür, dass mehr Ausbil-
dungsplätze bereitgestellt werden.


(Ute Kumpf [SPD]: Man muss auch die Schule ändern!)


Wir wollen den Tarif- und Betriebsparteien etwas
mehr Spielraum einräumen, als Sie das derzeit wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Letztlich nehmen wir an den Tarifen Maß – das ist
entscheidend –, aber Spielraum muss auch sein, damit
verstärkt betriebliche Bündnisse für Ausbildung ge-
schaffen werden.


(Jörg Tauss [SPD]: Sie haben den Spielraum doch gerade geschildert!)


Der Regierungsentwurf macht aus der Not eine Tu-
gend. Sie setzen damit im Kern auf eine stärkere Ver-
schulung der Berufsausbildung.


(Jörg Tauss [SPD]: Quatsch! – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Leider wahr!)


Das Gegenteil ist notwendig. Wir brauchen eine stärkere
Konzentration, um neue betriebliche Ausbildungsplätze
zu schaffen. Hier müssen Sie nacharbeiten.


(Ute Kumpf [SPD]: Das sehen die Handelskammern aber etwas anders! – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Herr Tauss muss nachsitzen!)


Wenn Sie nicht auf uns hören wollen oder dürfen,
liebe Kolleginnen und Kollegen, dann hören Sie zumin-
dest auf den Hauptausschuss des Berufsbildungsinstituts.
Das Institut hat in ähnlicher Form wie wir argumentiert.
Gestern hat man einen Beschluss im Hauptausschuss her-
beigeführt. Die Vertreter von Wissenschaft, Gewerk-
schaften, Wirtschaft, Bund und Ländern in diesem Insti-
tut haben den richtigen Weg gewiesen. Wir sind bereit,

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(C (D arteiübergreifend mit Ihnen etwas zu bewegen, aber daür müssen Sie sich bewegen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christoph Hartmann [Homburg] [FDP])



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513510900

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Grietje Bettin.

Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513511000

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! Nach den langen und hitzigen Debatten über die
usbildungsplatzumlage bin ich ganz froh darüber, dass
ir mit der Modernisierung des Berufsbildungsgesetzes
nd dem vorliegenden Berufsbildungsbericht heute zu-
indest zwei politisch weniger umstrittene Punkte zum
hema Ausbildung auf der Tagesordnung haben.


(Ulrike Flach [FDP]: Gott sei Dank!)

Das geschieht allerdings in einer Zeit, in der sich das
ompetenzgerangel um Bildungszuständigkeiten auf ei-
em Höhepunkt befindet. Ich hoffe, dass die Macht-
ämpfe um Kompetenzen in diesem Bereich nicht zulas-
en der Jugendlichen in unserem Land gehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Genauso wenig dürfen Partikularinteressen der Ar-
eitnehmer- oder der Arbeitgeberseite für unsere Reform
usschlaggebend sein. Deswegen begrüße ich, dass die
ot-grüne Bundesregierung an dem politischen Ziel fest-
ehalten hat, das Berufsbildungsgesetz zu modernisie-
en. Ich appelliere an die Länder, Jugendliche und Be-
riebe nicht als Faustpfand zu benutzen, wie sie es
erzeit mit den Hochschulen machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ie von der Opposition wollen den Hochschulen lieber
nvestitionen vorenthalten, als die Eigenheimzulage ab-
uschaffen. Diese Blockadepolitik kann ich beim besten
illen nicht verstehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wie dringend Reformen sind, zeigt die Lage auf dem
usbildungsmarkt. Der Ausbildungsbericht weist ein-
eutig darauf hin, dass immer weniger Jugendliche einen
latz in der dualen Berufsausbildung, einen Platz in ei-
em Betrieb mit begleitendem Berufsschulunterricht,
inden. Ein modernisiertes Berufsbildungsgesetz soll
ier Entlastung und mehr Flexibilität bringen.
Auch benachteiligte Jugendliche – sie sind mir in

ieser Diskussion ganz besonders wichtig – sollen durch
ie Reform eine Chance erhalten. Sie sollen mit Teilqua-
ifikationen Schritt für Schritt in ihrem individuellen
empo einen vollen Beruf erlernen können.


(Beifall des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Eine weitere Leitfrage ist dabei für uns: Wie kann die
chleichende Auswanderung aus dem dualen System






(A) )



(B) )


Grietje Bettin

beendet werden? Der freiwillige Pakt könnte ein Bau-
stein dazu sein. Er muss aber erst noch Erfolg zeigen.
Daher bleibt für uns Grüne weiterhin die „Stiftung Be-
triebliche Bildungschance“, kurz „StiBB“ genannt, ein
wichtiges Angebot, das kreative und unbürokratische
Lösungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern
ermöglichen soll. Wir wollen eine solche Stiftung im
Rahmen des Pakts gründen. Sie soll nach unserer Auf-
fassung besonders regionale und branchenspezifische Ini-
tiativen unterstützen und in einem modernisierten Be-
rufsbildungsgesetz integrieren.


(Beifall des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Unsere Ziele dabei sind für die Auszubildenden nicht
nur mehr, sondern auch bessere Ausbildung. Für die
Ausbilder und Ausbilderinnen an beiden Lernorten wol-
len wir Unterstützung bieten. Wir wollen sie praktisch
unterstützen, ihnen Fortbildungsmöglichkeiten eröffnen
und damit ihren Beruf grundsätzlich attraktiver machen.
Unser Ziel für die Arbeitgeber ist ganz klar: Sie sollen
geschulte und motivierte Auszubildende bekommen.
Auch dem Standort hilft es: Wir wollen alle motivierten
und fähigen Menschen in Bildung und Beruf bringen.

Ein weiteres wichtiges Element für uns Grüne ist
– das war ein Problem beim Umlagegesetz – die Koope-
ration zwischen den Lernorten Betrieb und Schule.
Diese Zusammenarbeit muss gerade auf regionaler
Ebene erleichtert und verbessert werden. Auch Berufs-
schulen müssen die notwendige Autonomie erhalten, um
mit den Betrieben und den Jugendlichen vor Ort mög-
lichst optimale Lernbedingungen schaffen zu können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wie auch in allen anderen Bildungsbereichen wollen wir
für die Berufsschulen Erfolgsorientierung statt Input-
steuerung. Bildungsstandards müssen in diesem Bil-
dungsbereich eingeführt, genauso muss eine Qualitätssi-
cherung etabliert werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen außer-
dem eine stärkere Einbindung der Lehrerinnen und Leh-
rer als Ausbildungsbegleiter. Der Übergang von der
Schule in Betrieb und Berufsschule oder schulische Aus-
bildung muss, auch im Interesse der jungen Menschen,
fließender gestaltet werden. Eine positive Grundeinstel-
lung zum Lernen, eine Bereitschaft, sich mit verändern-
den Arbeitsbedingungen permanent weiterzuentwickeln –
das ist das, was unser Bildungs- und Ausbildungssystem
der jüngeren Generation unbedingt vermitteln muss.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Bedingung dafür ist für uns, dass gleiche Qualität und
bundesweite Einheitlichkeit der Qualifikationen gesi-
chert bleiben. Es spricht hier einiges dafür, eine natio-
nale Qualitätsagentur einzurichten, aber bitte nicht an
den Parlamenten vorbei. Diese Aufgabe per Staatsver-
trag der KMK, die sich doch gerade verschlanken will,
aufs Auge zu drücken, halten wir für keine gute Idee.


(Heiterkeit des Abg. Jörg Tauss [SPD])


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(C (D uch dürfen wir auf keinen Fall einen Rückfall in die leinstaaterei zulassen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


as würde der Qualität der Ausbildungen massiv scha-
en und die Mobilität einschränken. Auf mittlere Sicht
äre dies das sichere Aus für die duale Ausbildung.
Um es zu klar zu sagen: Ich finde es gut, wenn sich

ie Spielräume der Länderparlamente vergrößern. Schu-
ische Modellversuche zum Beispiel sollten nicht mehr
on der KMK abgesegnet werden müssen. Auch die
usgestaltung der Ausbildung zwischen Betrieb und
chule kann in den Ländern geregelt werden. Unabding-
ar sind für mich nur bundeseinheitlich gestaltete Be-
ufsbilder.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Grüne wollen in

achen Ausbildungsplatzlücke endlich eine dauerhafte
ösung finden. Der Vorschlag, nur vorübergehend schu-
ische Ausbildungsgänge zu stärken, indem man die
ammerprüfung befristet zulässt, ist meiner Meinung
ach nicht zielführend. Es ist nicht etwa so, dass es nur
orübergehend einen Berg von Ausbildungswilligen
ibt, den wir in den nächsten Jahren mit besonderen
aßnahmen untertunneln könnten, um danach wieder in
en alten Trott zu verfallen. Die Geburtenrate allein ist
ämlich kein Maßstab für den Bedarf an Ausbildung in
eutschland. Wir müssen umgekehrt schauen, wie viele
ut ausgebildete Menschen uns fehlen. Da müssen wir
acharbeiten und sowohl die Weiterbildung im Beruf
tärken, als auch junge Menschen aus den unsäglichen
arteschleifen holen.
In den letzten Jahren – wenn nicht Jahrzehnten – ha-

en Zehntausende von Jugendlichen keine qualifizierte
erufsausbildung bekommen. Das müssen wir jetzt so
chnell wie möglich nachholen – ohne Abstriche bei der
ualität. Deswegen halten wir die im Gesetzentwurf
orgesehene dauerhafte Zulassung vollzeitschulischer
ildungsgänge zur Kammerprüfung für einen wichtigen
nd richtigen Schritt, der vor allem auch der Durchläs-
igkeit unseres Bildungssystems dient.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen von
nfang an unsere Reform einer strengen Überprüfung
nterziehen. Das Bundesinstitut für Berufsbildung soll
ach unserer Vorstellung die Folgen für Jugendliche, Be-
riebe und das gesamte System kritisch bewerten, am
esten noch unterstützt durch eine internationale Institu-
ion. Wir als Grüne wollen die Akzeptanz des dualen
ystems in Deutschland dadurch bewahren und europa-
auglich machen, dass wir – wie ich schon gesagt habe –
erufsbilder auch zukünftig bundesweit einheitlich re-
eln. Neue Berufsbilder müssen schneller als bisher ent-
ickelt werden. Daher muss das bisherige Anerken-
ungsverfahren verschlankt werden. Gleichzeitig darf es
ach unserer Vorstellung nicht zu einer schleichenden
ntschulung der Ausbildung kommen. Die Forderung
ach mehr Flexibilität und Eingehen auf betriebliche Er-
ordernisse darf nicht zu Schmalspurausbildungen füh-
en. Auch die Unternehmen profitieren doch von einer
oliden betrieblichen und schulischen Berufsausbildung.






(A) )



(B) )


Grietje Bettin

Das kann man, wie ich finde, gar nicht oft genug wieder-
holen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das schließt sich doch gar nicht aus!)


Wir hoffen, dass die guten Ansätze des Entwurfs nun
nicht durch Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und
Ländern ausgebremst werden,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


sondern dass sich alle miteinander in einen konstrukti-
ven Wettbewerb zur Verbesserung der betrieblichen Bil-
dung stürzen, sodass mehr Jugendliche eine bessere
Ausbildung bekommen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513511100

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Christoph

Hartmann, und zwar zu seiner vorerst letzten Rede hier,
weil er ins Saarland zurückgeht.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Wenn wir jetzt klatschen, ist es seine letzte Rede! – Gegenruf des Abg. Dirk Niebel [FDP]: Der kommt wieder, keine Sorge!)



Christoph Hartmann (FDP):
Rede ID: ID1513511200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich freue mich, heute hier über ein Thema reden
zu können, bei dem weitgehend Einigkeit herrscht: die
Notwendigkeit der Modernisierung des Berufsbil-
dungsrechts. Deswegen bin ich dankbar, dass es diesen
Gesetzentwurf gibt. Er ist angesichts einer Lehrstellenlü-
cke von über 31 000 notwendiger denn je. Es ist richtig,
dass die Bundesregierung diesen Gesetzentwurf vorlegt.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Teile des Gesetzentwurfes gehen folglich in die rich-
tige Richtung. Erleichterung von Teilen der Ausbildung
im Ausland, Möglichkeit gestreckter Abschlussprüfun-
gen, verbesserte Verwertbarkeit von erreichten Teilquali-
fikationen und nicht zuletzt die Ermöglichung, die Aus-
bildung in aufbauenden Stufen zu absolvieren – all das
sind richtige und überfällige Schritte.


(Jörg Tauss [SPD]: Bleiben Sie doch mal versöhnlich zum Abschluss!)


Aber, lieber Herr Tauss, Sie müssen sich ins Stamm-
buch schreiben lassen, dass dieser Gesetzentwurf zu spät
kommt und dass er nicht weit gehend genug ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bereits vor Monaten hat es einen Entwurf der CDU/CSU
und einen Entwurf der FDP gegeben, aber Sie bringen

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(C (D hren Gesetzentwurf erst jetzt ein, und zwar deswegen, eil Sie sich im ersten Halbjahr lieber mit der Ausbilungsplatzabgabe als mit der Modernisierung des Beufsbildungsrechts beschäftigt haben. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Werner Lensing [CDU/CSU]: Außerdem haben sie unserer Anregung bedurft!)


er Weg war falsch; das wussten Sie damals schon. Sie
ind nach dem Motto vorgegangen: Der Weg ist zwar
alsch, aber wir gehen ihn konsequent bis zum Ende. –
s wäre besser gewesen, Sie hätten sich wirklich um die
odernisierung des Berufsbildungsrechts gekümmert,
tatt Populismus zu betreiben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Das haben wir parallel gemacht! – Dirk Niebel [FDP]: Außerdem können die nicht so schnell abschreiben wie wir!)


Der Gesetzentwurf ist nicht ausreichend, weil er zu
urz greift. Er erlaubt richtigerweise die Stufenausbil-
ung.


(Jörg Tauss [SPD]: Das war schon 69 drin!)

r erlaubt; es ist eine Kannbestimmung. Warum machen
ie die Stufenausbildung, wenn sie richtig ist, nicht zur
egel?


(Jörg Tauss [SPD]: Herr Niebel will drei Jahre, finanziert durch die Bundesagentur!)


Herr Tauss, nun hören Sie doch wenigstens ein einzi-
es Mal zu, und wenn es bei meiner letzten Rede ist!


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Drei Jahre!)


Die regionalen Berufsbildungskonferenzen führen zu
ehr Bürokratie statt zu weniger. Sie führen theoriege-
inderte Berufe ein, aber das sind bisher nur Trippel-
chritte, denn das betrifft nur etwas mehr als 10 Prozent
er Berufe. Das ist zu wenig. Gerade schwächere Ju-
endliche brauchen eine Chance. Da müsste die Bundes-
egierung schneller und konsequenter vorgehen als bis-
er.
Wir brauchen einen Bildungspass für jeden Auszubil-

enden, in dem lebenslang die Berufsbildung und die
eiterbildung erfasst werden. Diesen Bildungspass for-
ern übrigens nicht nur wir Liberale, sondern auch das
undesinstitut für Berufsbildung.
Es fehlt der eindeutige Vorrang der betrieblichen
usbildung. Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass Ab-
olventen vollzeitschulischer Ausbildung sogar einen
echtsanspruch auf die Zulassung zur Kammerprüfung
rhalten sollen. Das ist äußerst bedenklich, auch im Hin-
lick auf die mögliche Abwertung der dualen Ausbil-
ung. Unsere Meinung wird auch in diesem Fall vom
undesinstitut für Berufsbildung geteilt.


(Beifall bei der FDP)

Es gibt Ausbildungshemmnisse, an die Sie nicht he-

angehen. Ein Beispiel ist die Angemessenheit der Aus-
ildungsvergütung. Tarifungebundene Betriebe und






(A) )



(B) )


Christoph Hartmann (Homburg)


Auszubildende sollen die Vergütung doch, bitte, frei ver-
einbaren können. Denn – ich bleibe bei meiner Mei-
nung – es ist besser, für 500 Euro ausgebildet zu werden,
als für 700 Euro nicht ausgebildet zu werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Es gibt auch Ausbildungshemmnisse außerhalb des

Berufsbildungsrechts, an die wir heranmüssen: die
Pflicht zur Übernahme von Angehörigen der Jugend-
und Auszubildendenvertretung, die mangelnde Flexibili-
sierung der Beschäftigungszeiten, insbesondere im Hin-
blick auf das Hotel- und Gaststättengewerbe.


(Jörg Tauss [SPD]: Ach!)

Die Bildungspolitik, lieber Herr Tauss, muss verbessert
werden. Jedes Jahr gibt es 90 000 Schüler ohne Ab-
schluss, selbstverständlich auch im Saarland. Nach Aus-
sage des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks
sind 15 Prozent eines Jahrgangs nicht in der Lage, die
Grundvoraussetzungen wie Lesen, Schreiben und Rech-
nen zu erfüllen.


(Dirk Niebel [FDP]: Wie die Regierung! Zumindest was das Rechnen angeht!)


Nicht zuletzt muss auch die Wirtschaftspolitik verbessert
werden, vor allem angesichts des drohenden Rekords bei
den Insolvenzen im dritten Jahr hintereinander. Da kann
ich nur sagen: Wer pleite ist, kann nicht ausbilden.


(Beifall bei der FDP)

Es wäre fatal, wenn man der Meinung wäre, mit der

Modernisierung des Berufsbildungsrechtes hätte man
seine Hausaufgaben gemacht und den Jugendlichen bzw.
den Auszubildenden geholfen. Nein, das reicht nicht.
Die Modernisierung des Berufsbildungsrechts kann nur
ein Schritt sein, jedem Jugendlichen in Deutschland eine
Ausbildungsstelle zu verschaffen.

Die FDP-Bundestagsfraktion hat einen eigenen Ge-
setzentwurf vorgelegt, der die Mängel Ihres Gesetzent-
wurfs behebt und in dem weitere Vorschläge gemacht
werden. Wir werden am 22. November eine Expertenan-
hörung haben. Die Experten werden Ihnen sagen, dass es
gut ist, dass Ihr Gesetzentwurf vorliegt, dass es aber
deutliche Nachbesserungen im Sinne und im Interesse
der Auszubildenden und der Ausbildung geben muss.


(Beifall bei der FDP – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Warten wir doch erst die Anhörung ab!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Frau

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1513511300
Dies ist heute meine
vorerst letzte Rede im Deutschen Bundestag. Am
5. September gab es Landtagswahlen im Saarland. Die
FDP hat den Wiedereinzug in den Landtag geschafft.


(Jörg Tauss [SPD]: Da klatschen wir nicht!)

– An dieser Stelle brauchen Sie auch nicht zu
klatschen. – Wenn man gewählt ist, dann muss man den
nächsten Schritt gehen. Deswegen nehme ich das Man-
dat an, auch wenn es mir – das gebe ich gerne zu –
schwer fällt.

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(C (D Ich bin gerne Bundestagsabgeordneter gewesen. Ich edanke mich herzlich für die gute Zusammenarbeit, nsbesondere bei den Mitgliedern des Ausschusses. Obohl wir teilweise große inhaltliche Differenzen gehabt aben, ist es immer fair zugegangen. Ich bedanke mich uch ganz herzlich bei meiner Fraktion, die mir zwei ahre lang politische Heimat gewesen ist. Jetzt will ich im Saarland mit meinen Kolleginnen nd Kollegen dafür sorgen, dass es etwas mehr Farbe nd eine etwas bessere Politik gibt. Herr Tauss, jetzt düren Sie klatschen. (Beifall bei der SPD – Heiterkeit und Beifall bei der FDP)


(Jörg Tauss [SPD]: Sie können hier bleiben!)


Danke schön.

(Jörg Tauss [SPD]: Aber ob ihr es schafft, ist eine andere Frage!)

Ich habe jetzt die Aufgabe, eine Drei-Mann-Land-
gsfraktion zu führen. Ich drohe hiermit eines an: Wenn
ir das zu unübersichtlich oder zu schwierig wird, dann
omme ich wieder. Ihnen alles Gute.
Vielen Dank.


(Beifall im ganzen Hause)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513511400

Ich wünsche Ihnen auch im Namen des Hauses alles
ute für Ihre Zukunft. Wir wissen, dass drei Liberale
chwieriger zu regieren sind als andere.


(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


lles Gute für Sie.

(Beifall)


Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dieter
rasedieck.


(Beifall bei der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Das ist nicht mehr zu toppen!)



Dieter Grasedieck (SPD):
Rede ID: ID1513511500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten
amen und Herren! Herr Hartmann, auch ich wünsche
hnen alles Gute für Ihre Arbeit in der Dreierfraktion.
Herr Schummer, Sie haben in Ihrer Rede viele Berei-

he aufgezeigt, in denen wir mit Ihnen übereinstimmen
nd in denen die großen Fraktionen den gleichen Weg
ehen. Aber man muss doch feststellen, dass Sie etwas
chwarz gemalt haben.
Zum einen lehnen Sie das Stimmrecht der Berufs-

chullehrer im Berufsbildungsausschuss ab. Sprechen
ie einmal mit Ihren Kolleginnen und Kollegen vom
undesrat, die bekanntlich dort die Mehrheit haben! Sie
nterstützen diesen Vorschlag ausdrücklich und haben Ja
azu gesagt.
Zum anderen fordern Sie bei der Festlegung der Aus-

ildungsvergütung mehr Spielraum für die Tarifpartner.






(A) )



(B) )


Dieter Grasedieck

Herr Schummer, die Tarifpartner haben bei uns den
größten Spielraum. Sie bestimmen das ganz alleine.


(Beifall bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Jeden Spielraum!)


Wir wollen die Tarifhoheit natürlich nicht abbauen.
Jeffrey Immelt, der Chef-Manager von General Elec-

tric, sagte in der Fernsehsendung „Christiansen“:
Unsere Firma ist nach Deutschland gekommen,
weil die Deutschen sehr gut ausgebildet und inno-
vativ sind.

Ferner sagte er, dass er hier gut ausgebildete IT-Fach-
leute findet. Deshalb sei seine Firma nach Deutschland
gekommen.


(Beifall bei der SPD)

Das sind natürlich positive Aussagen. Das ist eine Re-
klame von einem Amerikaner. Auch die Opposition
sollte das einmal zur Kenntnis nehmen.


(Beifall bei der SPD)

Das Institut der deutschen Wirtschaft ergänzt diese

Aussage. Das duale Ausbildungssystem ist absolute
Spitze, so schreibt es. Betrachten Sie einmal die Un-
terschiede: 70 Prozent in der Altersgruppe der 20- bis
30-Jährigen haben entweder eine Berufsausbildung ab-
geschlossen oder das Abitur. In Amerika sind es 47 und
in Spanien 28 Prozent. Das sind natürlich enorme Unter-
schiede. Genau deshalb sieht bei uns die Lehrstellen-
und Arbeitsmarktsituation der Jugendlichen besser aus
als die in anderen europäischen Staaten. Herr Schummer,
genau darauf haben Sie hingewiesen. Bei uns ist die
Jugendarbeitslosigkeit am geringsten. Man muss zu-
dem feststellen: Seit 1998 wird sie geringer. Die Situa-
tion heute ist besser als die vor 1998.


(Beifall bei der SPD)

Diesen Standortvorteil will die Frau Ministerin mit

ihrem Gesetzentwurf ausbauen. Denn jeder von uns
weiß: Der Beruf ist das Rückgrat des Lebens. Gerade
deshalb brauchen wir in einer globalisierten Welt gute
Angebote sowohl für leistungsschwächere Jugendliche
als auch für leistungsstärkere Auszubildende. Daran
sollte die Industrie ein starkes Interesse haben.


(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen die Facharbeiter, heute und in der Zukunft.
Die Industrie müsste das begleiten und weiter unterstüt-
zen; denn der demographische Wandel – die Frau Minis-
terin hat es vorhin angesprochen – wird sich auch in
diesem Bereich auswirken. Die Zahl der sozialversiche-
rungspflichtig Beschäftigten nimmt dramatisch ab. Das
muss gesehen werden. Genau deshalb ist unsere duale
Ausbildung eine Zukunftsinvestition in die Industrie,
aber natürlich auch in unsere Gesellschaft.


(Beifall bei der SPD)

Ich sagte es vorhin schon: Angesichts steigender Qua-

lifikationserfordernisse – nicht jeder Jugendliche schafft
das – brauchen wir ein gutes Angebot auch für die leis-
tungsschwachen Auszubildenden. Schon in den 70er-

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(C (D ahren gab es eine zweijährige Ausbildung; Teilezuricher war zum Beispiel ein solcher Ausbildungsberuf. Dait haben wir eigentlich eine gute Erfahrung gemacht. ie Menschen, die in diesen Berufen arbeiten, haben ine gute Basis, um sich weiterzubilden. Ich begrüße es deshalb, dass wir neue Ansätze schaf en. Fachlagerist, Maschinenführer und Änderungschneiderin sind einige Beispiele für interessante Berufe. ir brauchen eben auch Angebote für leistungsschwähere Jugendliche. chon heute haben wir hier einige Veränderungen. Zum anderen brauchen wir natürlich auch für Leis ungsstärkere gute Angebote. Vieles haben wir im Laufe er letzten Jahre verändert; Herr Tauss hat vorhin darauf ingewiesen. Neue Ausbildungsberufe wie Elektroniker, ysteminformatiker und IT-Kauffrau bzw. -Kaufmann ind in der letzten Zeit hinzugekommen. Hier haben biturienten sowie gute Realschüler und Gesamtschüler ine Chance. Aber eines ist ganz sicher interessant: Auch der Über ang zur zweiten Schwelle ist hier bei uns in Deutschand äußerst günstig. Fast 80 Prozent der Auszubildenen erhalten im Ausbildungsbetrieb eine Chance und rbeiten dort weiter. Das gibt es natürlich in ganz Europa icht. 80 Prozent sind eigentlich der beste Beweis dafür, ass wir ein gutes Ausbildungssystem haben. Dieses Ausbildungssystem soll durch den vorliegen en Gesetzentwurf gestärkt und verbessert werden. Wie lexibel wir arbeiten, um Ausbildungsplätze zu schaffen, acht die Verschiebung der Ausbildungseignungsprüung besonders deutlich. Denn viele Kleinunternehmer aben sich beklagt und gesagt: Es ist auf der einen Seite u teuer und auf der anderen Seite zu problematisch und u aufwendig, eine solche Prüfung vor der Industrieund andelskammer oder der Handwerkskammer machen zu assen. Die Bundesregierung hat ganz flexibel reagiert nd den Nachweis der Ausbildungseignungsprüfung für ünf Jahre ausgesetzt. Durch all diese Maßnahmen der Bundesregierung soll er Standort Deutschland gestärkt werden. Die Menchen in Deutschland sind innovativ und sehr gut ausgeildet, sagte der von mir bereits zitierte amerikanische nternehmer. Unser Gesetz fördert und unterstützt diese ussage. Lasst uns gemeinsam zu einer guten Lösung ommen! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Jörg Tauss [SPD]: Gibt es heute schon!)


(Beifall bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513511600

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Werner Lensing.


Werner Lensing (CDU):
Rede ID: ID1513511700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den
usführungen, die heute gemacht worden sind, beginne






(A) )



(B) )


Werner Lensing

ich mit einer persönlichen Bemerkung. Frau Ministerin
Bulmahn – entschuldigen Sie, dass ich Ihren Dialog
störe –, es wird Sie vermutlich nicht treffen, aber es trifft
und betrifft mich: Ich bin traurig.


(Ute Kumpf [SPD]: Sie sehen aber gar nicht so aus!)


Jawohl, ich bin traurig über das, was Sie heute in Ihrem
Gesetzentwurf nach unserer Vorgabe vorgelegt und
mündlich dargestellt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Dann können Sie ja zustimmen!)


Es reicht einfach nicht, um den aktuellen Herausforde-
rungen gerecht zu werden.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ihre Vorlage reicht nicht, ja!)


Die Novellierungsvorschläge von CDU/CSU und FDP
boten Ihnen Anlass, unser gutes Gedankengut in den Ge-
setzentwurf einzubringen. Was jetzt allerdings im Detail
daraus geworden ist, reicht – zumindest zum Teil – nicht
aus.

Ich nenne einen weiteren Grund, warum ich unter die-
ser Situation leide: Bereits vor 2 200 Tagen haben wir
erfahren, dass die SPD „in einer Ausbildungsoffensive
die Modernisierung und Verbesserung der Attraktivität
der beruflichen Bildung vorantreiben“ will. Zuvor wollte
Kanzlerkandidat Schröder sogar ein „Deutschland als
Ideenfabrik durch Verdoppelung der Investitionen in Bil-
dung, Forschung und Wissenschaft“.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Was ist daraus geworden? Gerade so viel, dass ein

Mitglied des Bundestages, das die wesentlichen Aussa-
gen meistens nicht versteht, an dieser Stelle noch
klatscht.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)


Es gibt keine ausreichende Handlungsoption, lediglich
viel Gejammer in hoher Tonlage und immer wiederkeh-
rende Versuche, eigene Verantwortung auf andere abzu-
schieben.

Dokument dieses augenscheinlichen Versagens,
meine Damen und Herren, ist der jährlich wiederkeh-
rende und uns gerade vorgelegte Berufsbildungsbe-
richt, der auf entlarvende Weise dokumentiert, dass auf-
grund der inzwischen sechs Jahre andauernden
Politikpleite der rot-grünen Bundesregierung die Wirt-
schaft – hier vor allem der Mittelstand – trotz größter
Anstrengungen nicht mehr in der Lage ist, eine ausrei-
chende Zahl von Ausbildungsplätzen für die Jugend zur
Verfügung zu stellen. Dies ist nicht allein eine Frage gu-
ten Willens.


(Nicolette Kressl [SPD]: Wir sind auch traurig, aber wegen Ihrer Rede!)


Der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufs-
bildung hat nicht von ungefähr dies in aller Deutlichkeit

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(C (D n einer Stellungnahme formuliert. Ich zitiere aus ihr etzt nicht im Einzelnen, zumal Herr Kollege Schummer arauf verwiesen hat. Für besonders wichtig halte ich es ber, die „Empfehlung zur Schaffung neuer anerkannter usbildungsberufe mit weniger komplexen Anforderunen für qualifizierte Fachkräfte“ dieses Instituts aufzureifen. Hierbei handelt es sich um eine Forderung, die ie Union schon seit Jahren stellt und mit dem eigenen esetzentwurf zur Reform der Berufsbildung bereits vor ängerer Zeit in den Bundestag eingebracht hat. Von Ihnen, meine Damen und Herren der Regierungs raktionen, kam, wie Sie zugeben müssen, jahrelang ichts. ies nenne ich einen Dornröschenschlaf im traumatisch estimmten Märchenland rot-grüner Bildungspolitik. Falls der heute von Ihnen eingebrachte Entwurf Ihre atsächliche Auffassung zu einer Ausbildungsoffensive arstellen sollte, werden wir die vermeintlichen Früchte er von Ihnen propagierten Innovationsoffensive verutlich erst mit den Kindern unserer Enkel genießen önnen. Zu unserem eigenen Entwurf möchte ich Folgendes agen: Wenn dieser Entwurf, der bei der ersten Lesung o manchen Zuspruch gefunden hat, Einfluss auf Gepräche zwischen unseren Fraktionen nehmen kann und enn das, was Frau Bettin soeben im Sinne der Annäheung erdeutlich hat, ebenfalls Niederschlag findet, sollten ir uns Gedanken darüber machen, wie wir vor oder ach der Anhörung zu einem bestimmten Abgleich zwichen den Entwürfen kommen könnten. Für uns ist aber wichtig, dass folgende Punkte aus un erem eigenen Antrag anerkannt werden: Erstens. chnellere Berufsbildung durch ein Schlichtermodell. weitens. Gestreckte Abschlussprüfung als Regel bei reijährigen Ausbildungen. Drittens. Ausbildungsverrdnungen auf dem Boden des Hauptschulabschlusses, eswegen – viertens – die Stufenausbildung als Regelusbildung. Fünftens. Unmittelbare Aufnahme der Beufsschulleistungen in das Abschlusszeugnis. Dies sind allesamt Punkte, die seit langem bekannt ind und den ausbildenden Betrieben, aber auch den chulen weiterhin auf den Nägeln brennen. Eines ist onnenklar: Die Verzögerungstaktik von Rot-Grün verinderte während der letzten Jahre die Schaffung neuer usbildungsplätze (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Oh, nein!)


(Jörg Tauss [SPD]: Was?)


(Jörg Tauss [SPD]: Das sind die Urenkel!)


(Ute Kumpf [SPD]: Was? Sie nähern sich an?)


nd verbaute so vielen jungen Menschen den Zugang zu
iner ordentlichen Ausbildung. Ich nenne das unverant-
ortlich und traurig.


(Jörg Tauss [SPD]: Das glauben nicht mal Sie!)







(A) )



(B) )


Werner Lensing

Ich gebe Dieter Grasedieck, dem Kollegen der SPD,

Recht, der gesagt hat, dass eine solide Ausbildung die
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Teilhabe am
Arbeitsmarkt darstellt.


(Jörg Tauss [SPD]: Hätten Sie mal eine Lehre gemacht!)


Sie, Frau Ministerin Bulmahn, haben seinerzeit er-
klärt, unser Gesetzentwurf sei zu „schlicht“. Das mag
aus Ihrer Perspektive so richtig sein, gleichwohl ist es
falsch, und zwar total falsch; denn wer wie Rot-Grün al-
les nur von oben regeln will, dem ist unser kompakter,
auf Eigenverantwortung gestützter und an der konkreten
Basis orientierter Entwurf natürlich zu schlicht.

Welche Überregulierung hingegen der Regierungs-
entwurf betreibt, kann ich Ihnen mindestens anhand von
drei Punkten nachweisen. Ich mache das aber in aller
Kürze, weil wir auf diese Themen schon im Laufe dieser
Debatte zwangsläufig eingegangen sind. Es geht zum
Ersten um die Kammerprüfung. Dazu will ich nur zi-
tieren, was der Hauptausschuss des Bundesinstitutes für
Berufsbildung gestern in einer gemeinsamen Stellung-
nahme von Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Vertretern
der Länderseite formuliert hat – der Kollege Schummer
hat bereits darauf hingewiesen –:

Entscheidungen über die Gleichstellung von Bil-
dungsgängen müssen im Einvernehmen mit den zu-
ständigen Stellen und Sozialpartnern getroffen wer-
den. Entscheidend sind die inhaltliche und zeitliche
Gleichwertigkeit des schulischen Bildungsganges
mit einem anerkannten Beruf und die Einbeziehung
der betrieblichen Praxis.

Wenn das keine neutrale Stellungnahme ist! Genau das
war auch immer unsere Auffassung.

Ein zweites Thema ist der Gestaltungsspielraum bei
der Vergütung. Dieses Thema taucht wiederholt auf,
weil es existenziell notwendig ist. Dazu möchte ich sa-
gen, dass der meist verehrte – nicht: der am meisten ver-
ehrte, sondern: der ab und zu verehrte – Kollege Brase
das letzte Mal erklärt hat: Er glaube nicht daran, dass die
Ausbildungsvergütungen einen Einfluss auf die Anzahl
der zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze hätten.


(Jörg Tauss [SPD]: Das hat die Anhörung ergeben!)


Das ist ein Irrtum.

(Jörg Tauss [SPD]: Ergebnis der Anhörung!)


Das ist deswegen ein Irrtum, weil sich nach der Befra-
gung vieler Betriebe dieses herausgestellt hat: Grund für
die rückläufigen Ausbildungsstellenangebote sind für
73 Prozent der Betriebe die hohen Ausbildungskosten.
Deswegen müssen wir an dieser Stelle etwas machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das gilt natürlich, drittens, auch für die regionalen

Bildungskonferenzen. Warum eigentlich? Diese sind
unsinnig, weil sich die jeweils relevanten Akteure in den
Regionen bereits kennen und ohnehin seit langem er-
folgreich zusammenarbeiten. Darüber hinaus kann kon-

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(C (D truktive Zusammenarbeit nicht staatlich verordnet weren. Deswegen bleiben wir auch hier bei unserer Kritik, ie wir aber im Einzelnen gerne bereit sind, im Rahmen er Anhörung, vor allen Dingen aber in den Ausschusseratungen zu aktualisieren. Einen bestehenden Konsens möchte ich auch nicht ugnen. Ich gestehe Ihnen zu, dass wir in einigen Punkn nicht total auseinander liegen. Drei nenne ich exemlarisch: zum Ersten die Anrechnung beruflicher Qualiizierung auf die Ausbildungszeit, zum Zweiten die esetzlichen Grundlagen verschiedener Verbundausbilungen und zum Dritten die Zertifizierung von Teilquafikationen. Meine Herren und Damen von der Koalition, wenn as alles so bleiben sollte, wie Sie glauben, dass es aufrund Ihrer Gesetzesvorlage bleiben könnte, muss ich alrdings feststellen: Wieder einmal haben Sie sich von mverteilungsgedanken leiten lassen, wo Werteschöpung hingehört. Wieder einmal verordneten Sie staatche Kontrolle und verhindern damit sinnvolle Eigenerantwortung. Wieder einmal setzten Sie auf einungsbildung im Kollektiv, statt persönlichen Initiaven zu vertrauen. Das Ergebnis liegt auf der Hand: mehr Staat, weniger usbildung. Ich bedauere das. Das ist traurig. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Petra Pau. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ir diskutieren über ein Berufsbildungsreformgesetz. Es eht um Jugend und Bildung, also um die Zukunft der esellschaft insgesamt. Das Gesetz war überfällig, denn as alte hat 35 Jahre auf dem Buckel. Die Reform war brigens auch schon lange versprochen und die Versprehen waren sehr anspruchsvoll. Die PDS im Bundestag egrüßt, dass es nun endlich konkret wird, und wir beauern, dass die Reformen nicht weiter gehen als von ot-Grün beschrieben. Bevor ich über einige Pro und Kontra spreche, nenne ch einen zentralen Punkt in diesem Zusammenhang: das uale Ausbildungssystem. Alle Beteiligten gehen daon aus, dass es eine bewährte Marke made in Germany st. Es soll gestärkt werden. So steht es auch als Ziel im esetzentwurf. Praktisch erleben wir seit Jahren jedoch eine andere ntwicklung: Immer mehr Betriebe, insbesondere große, ilden immer weniger aus. Immer mehr Jugendliche eichen auf schulische Ausbildungsgänge, oft ohne ollwertigen Berufsabschluss, aus müssen, weil eben nicht ausgebildet wird –, werden in erufsvorbereitende Maßnahmen gedrängt, die für viele ur Warteschleifen sind, oder werden gar nicht ausgebil Petra Pau det. Deshalb bleiben wir dabei: Wer das duale System stärken will, muss es vor dem weiteren Verfall retten. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
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Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1513511900

(Jörg Tauss [SPD]: Müssen!)





(A) )


(B) )


Auch deshalb waren wir übrigens für eine gesetzliche
Ausbildungsumlage und nicht für einen fragwürdigen
Ausbildungspakt.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Wenn wir nun den gesetzlichen Rahmen für die Be-
rufsausbildung erneuern, dann natürlich mit klaren An-
sprüchen. Wir wollen Chancengleichheit für alle Ju-
gendlichen, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer
Konfession oder ihrer sozialen Lage. Wir wollen eine
qualifizierte Grundausbildung, die gute Arbeitschancen
und Weiterbildungswege eröffnet. Wir wollen Fachleute,
die im Leben bewandert, sozial kompetent und demokra-
tisch engagiert sind. Wir wollen schließlich Abschlüsse,
die in allen Regionen – daheim, aber auch in anderen
Ländern Europas – anerkannt werden.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Davon sind wir in der Bundesrepublik bisher weit ent-
fernt.

Der DGB spricht sogar von einer Ausbildungskrise.
Er meint damit nicht nur die fehlenden Ausbildungs-
plätze und die damit fehlende Chancengleichheit für viel
zu viele Jugendliche. Er meint auch die inhaltlichen Sei-
ten der Berufsausbildung. Ich finde, zu Recht.

Das führt uns zwangsläufig zu der Frage, ob die vor-
geschlagenen Reformen gut und weit reichend genug
sind, um aus der Krise herauszukommen. Die PDS im
Bundestag glaubt, dass das nicht der Fall ist. Das will ich
zum Schluss an einem Streit illustrieren, der im Bundes-
rat stattgefunden hat. So reklamieren die Bundesländer
mehr Kompetenzen für sich. Zugleich wollen sie die Ko-
ordinierungsrechte des Bundes beschneiden. Vielfalt
kann gut und förderlich sein. Sie kann aber auch zu ei-
nem babylonischen Sprachgewirr verkommen, das nie-
mand mehr versteht. Ich will, dass ein Ausbildungsab-
schluss aus Mecklenburg-Vorpommern auch in Bayern
gilt und dass ein Zeugnis aus Bremen auch „sachsen-
tauglich“ ist. Das gehört zur angestrebten Chancen-
gleichheit.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Derselbe Anspruch hat auch seine internationale Ent-
sprechung. Es ist gut, wenn Ausbildungsabschlüsse
wechselseitig anerkannt werden und wenn Jugendliche
Teile ihrer Berufsausbildung auch im Ausland absolvie-
ren können. Aber die Angleichung internationaler
Standards darf nicht nach unten erfolgen. Sie muss mo-
dernen Anforderungen genügen.

Ausbildungsabschnitte sollen künftig als Module an-
geboten werden, die sich zu einer Komplettausbildung
summieren. Das kann gut sein und Jugendlichen, denen
ihre Ausbildung schwerer als anderen fällt, zusätzliche

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(C (D nreize schaffen. Es darf aber nicht dazu führen, dass enerationen von Teilgebildeten ausgebildet werden, die war zwei oder drei Module absolviert, aber keine volltändige Berufsausbildung erhalten haben. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Das betrifft übrigens auch die praxisnahe Vorberei-
ung auf die Berufsausbildung. Auch hier wünschen sich
ie Bildungspolitikerinnen und -politiker der PDS weiter
ehende Reformen. Das betrifft übrigens auch die
leichbehandlung spezifischer und dennoch beachtli-
her Gruppen. Ich nenne nur Jugendliche mit Migra-
ionshintergrund oder Jugendliche mit Behinderungen.
er DGB hat den Gesetzentwurf in diesen Fragen als
nttäuschend bezeichnet. Es bleibt also noch viel zu tun;
enn, wie eingangs gesagt, mit der Umsetzung dieses
esetzentwurfs geht es um die Jugend, um Bildung und
amit um Zukunft.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513512000

Danke schön. – Das Wort hat jetzt der Abgeordnete
illi Brase.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1513512100

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

iebe Kolleginnen und Kollegen! Das Berufsbildungs-
esetz, über das wir heute reden, ist 35 Jahre alt. Alle
edner haben betont, dass seitdem einiges passiert ist.
ir begrüßen ausdrücklich die Novellierung des BBiG.
benso ausdrücklich begrüßen wir, dass die Bundesre-
ierung dies zu einem bildungspolitischen Schwerpunkt
emacht hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das duale System ist immer noch eine Erfolgsstory.
lle EU-Länder mit dualer Berufsausbildung können auf
ine niedrige Jugendarbeitslosigkeit verweisen.
eutschland ist hier durchaus Vorbild. Ganz kurz sei er-
ähnt: In Ländern mit dualer Ausbildung gibt es weni-
er arbeitslose Jugendliche und diese sind zudem we-
entlich kürzer arbeitslos.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Trotzdem führen wir eine Debatte, in der von einer
rise und von Symptomen der negativen Veränderung
es dualen Systems gesprochen wird. Seine Attraktivität
at teilweise gelitten. Welche Symptome sind also zu be-
bachten? Nur noch 25 Prozent aller Unternehmen bil-
en aus. Vor 20 Jahren waren es noch 35 Prozent. Ge-
tatten Sie mir die Randbemerkung: Es war durchaus
ichtig, dass wir über diese Frage im Frühjahr an anderer
telle intensiver diskutiert haben.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Willi Brase

Die Ausbildungsquote ist auf 5 Prozent gesunken.

Wenn wir uns den Berufsbildungsbericht 2004 ansehen,
können wir das nachlesen. Das Durchschnittsalter der
Jugendlichen im dualen System hat sich von 16 auf
19 Jahre erhöht. Die Konjunkturabhängigkeit der beruf-
lichen Bildung ist in den letzten Jahren ständig gestie-
gen. Das, was man als „Krise der dualen Ausbildung“
beschreibt, hat also konjunkturelle und strukturelle Ursa-
chen.

Lassen Sie mich etwas zu den strukturellen Ursachen
sagen: Erstens. Es findet eine Spezialisierung der Be-
rufe statt. Die Folge ist, dass die Breite der Ausbildungs-
berufe abnimmt. Es gibt immer mehr überspezialisierte
Ausbildungsberufe. Ich glaube, dass solche Berufe nicht
die Zukunft haben, die wir dringend brauchen. In einem
für das Bundeswirtschaftsministerium erstellten Gutach-
ten wurde eine Liste von 30 neuen Berufen dargestellt,
zum Beispiel der Beruf der Fachkraft für Sonnenstudios.

Ich halte dies nicht für zielführend und meine, wir
müssen die Vielzahl von Ausbildungsberufen reduzieren
und schrittweise moderne – weil flexible und dynami-
sche – Kernmodule schaffen, mit einer hinlänglichen
Bandbreite der Kompetenzen. Ich glaube, das ist wichtig
für die Wirtschaft und für die Jugendlichen.

Zweitens. Nicht zuletzt aufgrund des internationalen
Konkurrenzdrucks konnten vor allem kleine und mittel-
ständische Betriebe immer häufiger das notwendige
Ausbildungsspektrum nicht mehr vollständig anbieten.
Das ist der tiefere Grund, warum wir viel stärker als bis-
her Verbundausbildung und Ausbildungspartnerschaften
fördern müssen. Ich plädiere dafür, diesen kooperativen
Formen der Ausbildung im BBiG einen eigenen Stellen-
wert beizumessen. Wir brauchen eine Offensive für Ver-
bundausbildung, für Ausbildungsmanagement und Aus-
bildungspartnerschaften, und zwar über die gesamte
Breite der Akteure, nicht nur aufseiten des Bundes, der ja
mit dem STARegio-Programm den Startschuss dazu ge-
geben hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Drittens. Der große Vorteil des dualen Systems, die
Nähe zum Arbeitsprozess, wird in doppelter Weise ge-
fährdet. Einerseits durch stärker verschulte Elemente in
der betrieblichen Ausbildung selbst: Das Lernen im Ar-
beitsprozess ist auch im Betrieb in der Defensive. Ich
verweise hier nur auf die wachsende Kritik an den Aus-
bildungs- und Lehrwerkstätten, die von den konkreten
Arbeits- und Geschäftsprozessen weitgehend losgelöst
sind. Andererseits durch die wachsende Konkurrenz
vollzeitschulischer Ausbildung: Die staatliche Form der
Berufsausbildung hat in den letzten Jahren drastisch zu-
genommen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Leider!)

Dies ist meist nur eine Reaktion auf fehlende Ausbil-
dungsplätze in den Betrieben


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und – ich will es deutlich sagen – auf eine mangelnde
Ausbildungsleistung der Unternehmen. Sie können im

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(C (D erufsbildungsbericht nachlesen, dass wir wesentlich ehr Unternehmen haben, die ausbilden könnten, dies ber nicht tun. Das rechtfertigt unser Handeln vom Frühahr. Zur Funktion der vollzeitschulischen Ausbildungs änge findet nun eine durchaus heftige Debatte statt. azu einige Bemerkungen: Peter Glotz hat den Spruch ormuliert – ich zitiere –: 5 Prozent Wissensarbeiter sind die, die den Kapitalismus am Laufen halten. m Gegensatz zu diesem Elitenkonzept hat Horst eumann, Personalvorstand bei Audi, vor wenigen Taen berichtet, dass in seinem Unternehmen in den letzten 0 Jahren der Facharbeiteranteil von 20 auf 70 Prozent ngestiegen ist; dies sei zugleich mit einem starken Antieg ihres Qualifikationsniveaus verbunden. Damit berühre ich die Grundsatzfrage bezüglich der ukunft des dualen Systems: Ist der Übergang zur so geannten postindustriellen Gesellschaft, zur Wissensgeellschaft, zwangsläufig mit einem Rückgang der Zahl er dual ausgebildeten Facharbeiter, Fachangestellten, eister und Techniker zugunsten der Beschäftigten mit chulischem oder akademischem Abschluss verbunden? it dem IAB halte ich dagegen, dass sich der Anteil der ual ausgebildeten Mittelqualifizierten bis 2010 stärker rhöhen wird als der Anteil der Hochqualifizierten. In der wissenschaftlichen Debatte über die Berufsbil ung ist die Rede vom notwendigen Paradigmenwechsel om dualen zu einem pluralen Berufsbildungssystem, on einem Trend zur Modernisierung der Berufsbildung urch Akademisierung und Verschulung. Ich kann vor inem solchen Systemwechsel nur warnen. Wer diesen ystemwechsel will, betreibt nach meiner Auffassung tandortschädigung. r gefährdet außerdem die berufliche Zukunft des wichigsten Teils unserer Arbeitnehmerschaft. Wenn man eute richtig zugehört hat, kann man, glaube ich, festhalen: Er wird keine Mehrheit im Deutschen Bundestag inden. Die Alternative kann nur gehen einerseits in Richtung er arbeitsorientierten Wende, in Richtung der Stärkung es Arbeitsprozesswissens der Ausbildung und entlang onkreter Arbeitsund Geschäftsprozesse, sowie andeerseits in Richtung dynamischer Kernberufe, also der eduzierung der Zahl der Ausbildungsberufe; darüber aben wir hier in der Vergangenheit schon debattiert. Duale Berufsausbildung zeichnet sich, im Unter chied zur schulischen Berufsbildung, wesentlich daurch aus, dass sie zur Berufsfähigkeit führt. Bewirkt ird dies durch das Zusammenspiel reflektierter Areitserfahrung in beruflichen Arbeitszusammenhängen nd einer darauf bezogenen systematischen Vertiefung Willi Brase und Verallgemeinerung des beruflichen Arbeitsprozesswissens in der Berufsschule. Ich glaube, dass die Vorschläge der KMK für den Ausbau der dynamischen Kernberufe und gegen noch mehr Spezialberufe, gegen die weitere Verstaatlichung des dualen Systems richtig sind und dass wir zukünftig diese Berufsfähigkeit der jungen Menschen brauchen. In diesem Zusammenhang will ich den schon mehr fach zitierten Beschluss des Hauptausschusses des Bundesinstitutes für Berufsbildung noch einmal bemühen. Darin sprechen sich die Sozialpartner und eine klare Mehrheit der Länder im Verhältnis von 38 zu 22 Stimmen für eine sehr restriktive Ausdehnung der Verschulung aus, die im Übrigen im Einvernehmen mit den zuständigen Stellen und den Sozialpartnern zu regeln ist. Ich fürchte auch, dass durch die im vorliegenden Ge setzentwurf enthaltene Öffnung des dualen Systems für vollzeitschulische Ausbildungsgänge und seine beabsichtigte gleichberechtigte Stellung neben der dualen Ausbildung die strukturellen Probleme noch verschärft werden könnten. Ich wünsche mir, dass wir im Gesetzgebungsverfahren hierüber gemeinsam zu einer Vertiefung der Diskussion gelangen. Richtig ist das Bemühen der Bundesregierung, eine Lösung für die Jugendlichen in den Warteschleifen zu finden. Für mich macht ein anderer Weg allerdings ebenfalls Sinn, um diesen Jugendlichen zu helfen, nämlich die stärkere Dualisierung der vollzeitschulischen Ausbildungsgänge. Hier sollten noch weitere Ideen entwickelt werden, nicht zuletzt mit Blick auf die dazu notwendigen Ressourcen aufseiten der Länder. Das sollten wir nicht vergessen. (Beifall bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Und der Wirtschaft!)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)


– Und der Wirtschaft.
Lassen Sie mich noch drei kurze Bemerkungen ma-

chen. Zum Stichwort Föderalismus nur dies: Wer die
Zuständigkeit für die berufliche Bildung sozusagen auf
dem Basar den Ländern übergeben will, muss mit ent-
schiedenem Widerstand der Koalitionsfraktionen rech-
nen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Man kann nicht auf der einen Seite bei den Bundeskom-
petenzen in Bildungsfragen nichts abgeben wollen und
auf der anderen Seite den Ländern die Regelung der
vollzeitschulischen Ausbildung übertragen. Ich finde, es
würde Sinn machen, nach der Anhörung in Ruhe darüber
zu diskutieren, wie wir damit umgehen.


(Ulrike Flach [FDP]: Wer will das denn?)

Zur Berufsausbildungsvorbereitung und damit zum

Thema Warteschleifen. Hier haben wir ebenfalls Diskus-
sionsbedarf. Manche stehen kritisch zum Ausbildungs-

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(C (D akt. Es scheint sich aber doch abzuzeichnen, dass bei er Einstiegsqualifizierung – so eine Pressemitteilung er Bundesagentur für Arbeit vor zwei Tagen – einiges ewegt wurde. Ich glaube, dass wir mit den Einstiegsualifizierungen den richtigen Weg in die zukünftige beriebliche Berufsausbildungsvorbereitung gehen. Das ollten die Koalitionsfraktionen ebenso wie die Bundesegierung ausdrücklich. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Dank Umlagegesetz!)


Mit Blick auf die Attraktivität des Berufsbildungssys-
ems für die Jugendlichen geht es schließlich auch um
ine wesentlich verbesserte Durchlässigkeit des Systems
ach oben. Hier sind wir ganz originär auch auf die Län-
er angewiesen. Herr Schummer, wenn wir es schaffen,
ier im Bundestag gemeinsam zu beschließen, dass diese
urchlässigkeit des dualen Systems gerade auch für die
acharbeiterinnen und Facharbeiter und für die ausgebil-
eten jungen Menschen gilt, dann müssen wir auch
ruck auf die Länder machen, dass sie das entsprechend
msetzen.
Bildung und Forschung sind die zentralen Standort-

ualitäten im Hochlohnland Deutschland. Deshalb
uss die Auszehrung des dualen Systems gestoppt wer-
en. Das duale System ist kein Relikt der Industriege-
ellschaft und schon gar nicht der korporatistischen Inte-
essen der Sozialpartner. Bei allen notwendigen
nstrengungen im Bereich Hochschulen und Forschung:
enn wir der weiteren Verlagerung von Betriebsstand-
rten ins Ausland begegnen wollen, dann müssen wir die
ualifikation der so genannten Mittelqualifizierten kräf-
ig ausbauen und der Ausbildung im Arbeitsprozesswis-
en sowie der Durchlässigkeit des dualen Systems nach
ben eine viel größere Bedeutung zuweisen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513512200

Herr Kollege, Sie denken bitte an die Redezeit.


Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1513512300

Herr Präsident, ich denke daran. – Die Modernisie-

ung der beruflichen Bildung muss zentrales Moment
er Innovationsoffensive der Bundesregierung werden.
Ich hoffe, dass wir uns in der kommenden Anhörung

m Ausschuss und mit dem Bundesrat darüber austau-
chen können und dass wir zu einem Gesetz kommen,
as den Innovationsanforderungen in unserem Lande ge-
echt wird und den Jugendlichen eine vernünftige Zu-
unftsperspektive bietet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513512400

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
ollege Alexander Dobrindt, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1513512500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr ge-

ehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin
Bulmahn, lassen Sie mich Ihnen erst einmal dafür dan-
ken, dass Sie heute die richtigen Worte gewählt und der
Wirtschaft sowie den Unternehmen für die Ausbil-
dungsleistung und die Nachbesetzung der Ausbildungs-
plätze gedankt haben.


(Jörg Tauss [SPD]: Teile der Wirtschaft!)

Diese wichtige Leistung müssen wir hier immer wieder
hervorheben. Als wir vor einiger Zeit über die Ausbil-
dungsplatzabgabe diskutiert haben,


(Jörg Tauss [SPD]: Umlage!)

hat es sich noch etwas anders angehört. Wir sind daher
auf einem halbwegs guten Weg.


(Jörg Tauss [SPD]: Schon damals hatten wir die, die ausbilden, und die, die nicht ausbilden, also die Anständigen und die Trittbrettfahrer!)


– Ich hoffe, dass auch Sie froh sind, Herr Tauss, dass die
Wirtschaft


(Jörg Tauss [SPD]: Teile der Wirtschaft!)

unter großen Anstrengungen noch immer bereit ist, Aus-
bildungsplätze bereitzustellen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Viel zu wenig!)


Hätten Sie sich schon vor Monaten mehr an das ge-
halten, was wir Ihnen gesagt haben, dann wären wir ei-
nen großen Schritt weiter. Das wäre auch für die Wirt-
schaft und die Ausbildungsplätze in Deutschland gut
gewesen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Werner Lensing [CDU/CSU]: Das ist die Wahrheit!)


Wir haben Ihnen schon vor Monaten gesagt, dass die
Schaffung von Ausbildungsplätzen allein nicht ausrei-
chen wird. Wir müssen die Rahmenbedingungen ent-
sprechend gestalten, das Berufsausbildungsgesetz än-
dern und es an die Anforderungen der Wirtschaft
anpassen.

Mehr Ausbildungsplätze für die jungen Menschen in
Deutschland zu schaffen ist die Aufgabe, die wir erledi-
gen müssen. Das heißt in erster Linie: Die Ausbildung
muss in hohem Maß flexibler und kostengünstiger wer-
den. Neue Berufsbilder müssen schneller entwickelt
werden. Auch muss die Anzahl der ausbildungsfähigen
Betriebe gesteigert werden. Das sind die richtigen Lö-
sungsansätze, um aus der Ausbildungsmisere herauszu-
kommen. Die Forderung, die die IG Metall und Verdi
heute wieder vertreten, die Ausbildungsumlage einzu-
führen, hilft uns nicht weiter.


(Dirk Niebel [FDP]: Wie ist denn da die Ausbildungsquote?)


Anstatt die von uns dargelegten Maßnahmen zu prü-
fen, legen Sie einen Gesetzentwurf vor, der zu nachhalti-
gen Qualitätsverlusten in der Berufsausbildung, zusätzli-

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(C (D her Bürokratie, zusätzlichen Kosten, einer Verschulung er Berufsausbildung und zwangsläufig zu steigender ugendarbeitslosigkeit führen wird. Das sind die Realitäen der Politik, die Sie vertreten und die wir zur Kenntnis ehmen müssen. Das eigentlich ausschlaggebende Qualitätsmerkmal es deutschen Bildungssystems und der entscheidende orteil gegenüber anderen Systemen ist die Integration n die berufliche Praxis. Die duale Ausbildung lebt daon, dass die Ausbildung in den Betrieben stattfindet, lso praxisbezogen und anwendungsorientiert ist. Die in hrem Gesetzentwurf vorgesehene Gleichstellung zwichen der dualen und der schulischen Berufsausbildung ird die Qualität der Ausbildung in Deutschland daueraft gefährden. Sie beklagen in diesem Hause regelmäig, dass zu wenig Betriebe ausbilden. Sie machen den nternehmern und Handwerkern pauschale Vorhaltunen, dass diese zu wenig Ausbildungsplätze bereitstelen. Stattdessen sollten Sie sich die spezielle Situation ieser Betriebe einmal ansehen. (Jörg Tauss [SPD]: Siemens mache ich Vorhaltungen! Dazu können Sie auch einmal etwas sagen!)


Jetzt wollen Sie den Weg gehen, die schulische Be-
ufsausbildung zur Kammerprüfung zuzulassen. Ich
age Ihnen: Das ist der Anfang vom Ende des dualen
ildungssystems. Das führt zu einer fortlaufenden Aus-
öhlung dieses Systems. Im Ergebnis machen Sie es den
etrieben leicht, ihre Verantwortung, die die Betriebe in
eutschland zweifelsohne in hohem Maße für unsere
ngen Menschen haben und der sie auch nachkommen
ollen, Zug um Zug an den Staat abzugeben.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513512600

Herr Kollege Dobrindt, der Kollege Tauss möchte

hre Redezeit durch eine Zwischenfrage gerne verlän-
ern.


Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1513512700

Darüber freue ich mich.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513512800

Bitte schön, Herr Tauss.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1513512900

Herr Kollege, Sie tun gerade so, als ob es für den

taat ein Vergnügen wäre, 200 000 Jugendliche in über-
etrieblichen Ausbildungsgängen zu schulen. Würden
ie freundlicherweise zur Kenntnis nehmen, dass es mir
nd, wie ich hoffe, allen hier im Raum am allerliebsten
äre, wenn der Staat überhaupt keine schulische Ausbil-
ung anbieten müsste, aber dass denjenigen, die aufgrund
er Verantwortungslosigkeit von Teilen der Wirtschaft
ich rede nicht von denen, die ihrer Verantwortung
achkommen – keinen Ausbildungsplatz haben und in
olchen Ausbildungsgängen sind, keine Steine in den
eg gelegt werden sollten? Würden Sie nicht auch die
uffassung teilen, dass wir uns gemeinsam bemühen
ollten, für diese Jugendlichen etwas zu tun?






(A) )



(B) )



Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1513513000

Herr Tauss, Sie machen nicht das, was Sie hier for-

dern. Sie fördern die schulische Berufsausbildung und
weigern sich, festzustellen, dass Sie dadurch eine klare
Fehlsteuerung innerhalb des Wirtschaftssystems verursa-
chen.


(Jörg Tauss [SPD]: Wer macht das denn? Herr Kretschmer fordert doch ständig mehr!)


Die Menschen werden nach einer solchen Ausbildung
keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben und müssen
danach von der Bundesagentur für Arbeit für viel Geld
weitergebildet oder umgeschult werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513513100

Darf nun auch der Kollege Niebel eine Zwischenfrage

stellen?

Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1513513200

Bitte schön.

Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1513513300

Vielen Dank. – Nachdem der Kollege Tauss, der frü-

her hauptamtlich bei der IG Metall gearbeitet hat, über
Anspruch und Wirklichkeit gesprochen hat,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

frage ich Sie: Wenn Sie die Ausbildungsquote des DGB
von 0,3 Prozent, von Verdi von 0,4 Prozent und IG Me-
tall von 0,9 Prozent zur Kenntnis nehmen, sind Sie dann
mit mir der Meinung, dass Anspruch und Wirklichkeit
zwischen der Forderung und der praktischen Wahrneh-
mung der Ausbildungsverpflichtung etwas auseinander
klaffen, selbst wenn wir uns nicht unbedingt wünschen
sollten, dass die jungen Menschen bei den Gewerkschaf-
ten ausgebildet werden?


(Widerspruch bei der SPD – Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Was wollen Sie denn jetzt?)



Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1513513400

Herr Niebel, das klafft nicht nur etwas auseinander,

sondern eklatant. Sie haben ebenso wie ich die Gewerk-
schaftsfunktionäre in der Diskussion über die Ausbil-
dungsplatzabgabe gehört. Damals hieß es: Wir sind
keine Unternehmen, wir müssen uns daran nicht beteili-
gen. Für uns gilt das alles nicht. – Das ist die Wirklich-
keit derer, die dort drüben sitzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Sie haben den Gewerkschaften erspart, eine Umlage zahlen zu müssen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513513500

Ab sofort hat hauptsächlich der Kollege Dobrindt das

Wort.

(Jörg Tauss [SPD]: Okay, soll er machen, aber auf höherem Niveau!)


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(C (D Ausbildung muss für unsere Unternehmen wieder at raktiver werden. Das heißt im Besonderen, dass wir die edingungen für die Ausbildung deutlich verbessern üssen. Es muss auch möglich sein, dass eine Abweihung vom Ausbildungsplan erfolgen kann, wenn die uständigen Stellen zustimmen und wenn es für den Berieb notwendig ist. Das heißt auch, dass die Ausbildung ostengünstiger werden muss. Wir haben das mehrmals ngesprochen. Bei der Ausbildungsvergütung müssen inschränkungen vorgenommen werden können. Sie ist eute ein entscheidender Kostenfaktor. Frau Ministerin Bulmahn, bei der letzten Debatte über nseren Vorschlag zur Novellierung des Berufsbildungsesetzes haben Sie uns vorgeworfen, dass unser Gesetzntwurf viel zu bürokratisch ist. Ich darf Sie wörtlich ziieren: „Wir brauchen nicht mehr Bürokratie, sondern ehr Flexibilität in der beruflichen Bildung.“ Darüber ind wir uns relativ einig. Über Entbürokratisierung könen wir uns jederzeit verständigen. Besser wäre es allerings gewesen, Sie hätten Ihre Ratschläge selber in Ihem Gesetzentwurf befolgt. Ich darf aus dem Entwurf es Berufsbildungsreformgesetzes zitieren. Dort heißt es n § 82 – Herr Tauss, es rentiert sich zuzuhören –: In jedem Bezirk der Agentur für Arbeit wird eine regionale Berufsbildungskonferenz … errichtet … In § 83 heißt es: Der regionalen Berufsbildungskonferenz gehören an: 1. acht Beauftragte der Arbeitgeber, acht Beauftragte der Arbeitnehmer und acht Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen … 2. vier Beauftragte der Gemeinden …, vier Beauftragte sonstiger Berufsbildungseinrichtungen … sowie ein Beauftragter … der Agentur für Arbeit … Ich erspare mir jetzt das weitere Zitieren. Man muss ich direkt wundern, dass es berufliche Bildung in eutschland überhaupt gegeben hat, bevor Sie die geetzlichen Regelungen zur regionalen Bildungskonfeenz geschaffen haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1513513600

(Jörg Tauss [SPD]: Lehrgeld!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Jörg Tauss [SPD]: Fachleute!)


Sie schaffen überflüssige Bürokratie. Die Betroffe-
en arbeiten in aller Regel hervorragend zusammen, und
war besser, als wenn Sie dies gesetzlich verordnen.
Ich fordere Sie deswegen auf: Prüfen Sie doch ein-
al, ob Sie wirklich das wollen, was in diesem Gesetz-
ntwurf steht. Herr Tauss, ein Wunsch an Sie persönlich:
olen Sie doch die Ministerin aus diesem Bürokratie-
schungel heraus!


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Das ist Subsidiarität, Herr Kollege!)







(A) )



(B) )


Alexander Dobrindt

Es reicht schlichtweg nicht, immer wieder zu sagen,

dass die nicht vorhandenen Ausbildungsplätze von heute
die nicht vorhandenen Fachkräfte von morgen sind. Die
Bundesregierung hat die Verantwortung dafür, dass die
jungen Menschen in Deutschland eine Zukunft und eine
Chance auf Ausbildung und Arbeit haben. Dazu gehört
der Ausbildungspakt. Das ist richtig. Dazu gehören aber
vor allem ausreichende Rahmenbedingungen. Die Ände-
rung des Berufsbildungsgesetzes ist eine der notwendi-
gen Rahmenbedingungen. Gehen Sie einen gemeinsa-
men Weg mit uns! Dann haben wir eine echte Chance,
Flexibilisierung, weniger Bürokratie und mehr Lehrstel-
len in Deutschland zu schaffen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513513700

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 15/3980 und 15/3299 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist offensichtlich
der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Karl-
Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, Veronika
Bellmann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Reibungslose Umsetzung von Hartz IV im In-
teresse der Betroffenen sicherstellen
– Drucksache 15/3803 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Haushaltsausschuss

Nach einer Vereinbarung der Fraktionen ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Dazu
gibt es offensichtlich keinen Widerspruch. Dann haben
wir das so vereinbart.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Johannes Singhammer für die CDU/CSU-
Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1513513800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Wir, die Union, wünschen dem Großprojekt der Zu-
sammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe viel
Erfolg. Deshalb haben wir dieser Reform zugestimmt.


(Gerd Andres, Parl. Staatssekretär: Sehr gut!)

Für die pünktliche und gerechte Umsetzung dieses Vor-
habens trägt allerdings alleine die Bundesregierung die
Verantwortung.


(Gerd Andres, Parl. Staatssekretär: Falsch!)


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(C (D Nicht nur von den Spitzen der Bundesagentur und on Verbänden, sondern auch von den Aufsichtsgremien erden zunehmend Zweifel daran geäußert, ob alle rotrünen Zeitpläne eingehalten werden können. Ich zitiere eispielsweise den Chef des Aufsichtsgremiums der BA, es Verwaltungsrates, Herrn Clever (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr Parteifreund!)


hören Sie zu, Frau Dückert! –, der vor zwei Wochen
rklärt hat,


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich weiß, was er erklärt hat! Das ist Ihr Parteifreund!)


ber die Software sei eine richtige Ausrechnung der An-
prüche auf das Arbeitslosengeld II derzeit nicht mög-
ich.
Andere Mitglieder dieses Aufsichtsgremiums äußern

ich ähnlich. Selbst der Chef der Bundesagentur, Herr
eise, räumt mittlerweile nicht nur ein, dass andere Re-

ormbaustellen – er meint beispielsweise Hartz III – erst
inmal zu kurz kommen, sondern auch, dass die Vermitt-
ungsquoten Anfang nächsten Jahres zurückgehen wer-
en.
In diesen Zusammenhang passt eine Agenturmel-

ung, die uns vor wenigen Stunden erreicht hat. Danach
agte ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit am heu-
igen Donnerstag, die Hälfte der 180 Arbeitsagenturen
abe am Mittwoch nicht mehr auf die Datenbank zugrei-
en können. Das Computerprogramm sei erstmals abge-
türzt. Die Computerexperten der Bundesagentur hätten
en Fehler allerdings in einer Nachtschicht beheben kön-
en.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erzählen Sie doch einmal, dass es wieder läuft! Das ist die Meldung von heute!)


Von Sozialamtschefs werden bereits Notfallpläne
iskutiert. In Berlin beispielsweise spricht der Neuköll-
er Sozialstadtrat Michael Böge von Notfallplänen, nach
enen die künftigen Hilfeempfänger möglicherweise
bschlagszahlungen bekommen könnten.
Fast 3,5 Millionen Menschen sind in Sorge, ob sie tat-

ächlich zum 1. Januar Arbeitslosengeld II erhalten wer-
en. Viele verzweifeln beim Ausfüllen des 16-seitigen
ragebogens, der völlig missglückt ist. Zudem hat die
nsägliche Diskussion zwischen Rot und Grün darüber,
b im Januar kommenden Jahres bei der Auszahlung ein
onat übersprungen werden soll, das Vertrauen man-
her in die Umsetzung des Programms erschüttert.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Bundesregie-

ung, Herr Staatssekretär – die Menschen in Deutschland
ollen das wissen –: Erstens. Besteht die Gefahr einer
ruchlandung, ja oder nein? Ich fordere Sie auf, heute
ier im Deutschen Bundestag eine Garantieerklärung
bzugeben: Können die 3,5 Millionen betroffenen Men-
chen und ihre Familienangehörigen damit rechnen, dass
ie zum 2. Januar kommenden Jahres die Auszahlungen
rhalten? Welche Einschätzungen lassen die Erfahrun-






(A) )



(B) )


Johannes Singhammer

gen mit dem neuen Computerprogramm zum gegenwär-
tigen Zeitpunkt – Ende Oktober – zu? Trifft es beispiels-
weise zu, dass statt der 40 000 Mitarbeiter der
Bundesagentur, die eigentlich Zugriff auf das neue Sys-
tem haben sollten, derzeit nur 16 000 darauf Zugriff ha-
ben, weil das Programm immer noch nicht in der Lage
ist, größere Kapazitäten zu bewältigen? Wie viele An-
träge sind derzeit gestellt worden? Wie viele Anträge
müssten in der verbleibenden Zeit – das sind 47 Arbeits-
tage – bis zum Januar kommenden Jahres täglich bear-
beitet und beschieden werden, um alle Anträge abzu-
arbeiten?

Zweitens. Kann die Bundesregierung garantieren,
dass den Kommunen und den Landkreisen alle zuge-
sagten Finanzmittel auch tatsächlich zur Verfügung ge-
stellt werden?


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Die stellen ja keine Haushalte auf!)


Drittens. Hat die Bundesregierung alles getan, damit
die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen, Land-
kreisen und der Arbeitsverwaltung reibungslos funktio-
nieren kann? Es gibt zunehmend Meldungen, dass es um
die Zusammenarbeit nicht zum Besten bestellt ist. Zum
einen sollen die Landkreise unter Druck gesetzt werden,
sich den von den Arbeitsagenturen zentral gesteuerten
Arbeitsgemeinschaften zu unterwerfen. Zum anderen er-
reichen uns Meldungen, dass die Zugriffsmöglichkeiten
der Sozialverwaltungen auf die Datensätze der Arbeits-
agenturen nicht gegeben seien, dass Stellungnahmen der
Datenschutzbeauftragten geltend gemacht würden, dass
dies alles zu einer Verzögerung des Abgleichs der Daten-
sätze führe und dass letztlich die Arbeit nicht in dem ge-
wünschten Maße vorankomme.

An dieser Stelle möchte ich den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern der Arbeitsagenturen, der Arbeitsgemein-
schaften und der Sozialbehörden, die mit der Umsetzung
von Hartz IV, diesem gewaltigen Programm, beschäftigt
sind, ein großes Kompliment für ihre Einsatzbereit-
schaft, für den Verzicht auf Urlaub und für viele Über-
stunden aussprechen. An den Mitarbeitern all dieser
Ämter und ihrer Einsatzbereitschaft liegt es nicht, wenn
es zu Problemen bei der Umsetzung kommt.

Nun komme ich zum entscheidenden Punkt.

(Gerd Andres, Parl. Staatssekretär: Oh! Erst jetzt?)

– Es gibt viele Punkte. – Können den erwerbsfähigen
Anspruchsberechtigten tatsächlich Jobangebote unter-
breitet werden? Das ist das eigentliche Anliegen von
Hartz IV und der Ausgangspunkt der ganzen Reform. Es
soll ja besser werden. Mehr Menschen sollen die Chance
haben, wieder in Arbeit zu kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Auch im Osten!)


Hartz IV kann nur gelingen, wenn es auch Jobs gibt, in
die Arbeitslose vermittelt werden können. Wenn zwar
die Mitarbeiter der Arbeitsagenturen künftig wie die
Weltmeister vermitteln, aber die politischen Akteure der
Bundesregierung amateurhaft vorgehen und die Jobma-

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(C (D chine nicht in Gang bringen, dann wird Hartz IV kein rfolg. Ich nenne Ihnen ein Beispiel. In der Arbeitsagentur tralsund in Mecklenburg-Vorpommern wird derzeit mit und 21 000 Arbeitslosengeld-II-Empfängern allein aus er bisherigen Arbeitslosenhilfe gerechnet. Hinzu komen die Empfänger von Arbeitslosengeld I. Voraussichtich wird es im Januar kommenden Jahres insgesamt und 55 000 Arbeitsuchende im Bereich der Arbeitsgentur Stralsund geben. Dem stehen derzeit etwa 200 offene Stellen gegenüber. Das heißt, auf jede ofene Stelle kommen mittlerweile fast 44 Arbeitsuchende. as ist die Realität. Solange jeden Tag in Deutschland 000 Arbeitsplätze abgebaut anstatt neue geschaffen erden, werden die mit dem gesamten Programm artz IV verbundenen Erwartungen kaum zu erfüllen ein; denn die Haupterwartung der Arbeitsuchenden ist, ass die Arbeitsagentur sie an die Hand nimmt, betreut nd hilft, einen Job zu bekommen. Aber wo es keine obs gibt, wo die Zahl der Jobs Tag für Tag abnimmt, ann die Rechnung nicht aufgehen. Herr Bundesminister Clement hat wiederholt sein po itisches Schicksal mit der erfolgreichen Einführung des rbeitslosengeldes II verknüpft. Er hat gesagt: Ich habe dafür den Kopf hinzuhalten, dass am 2. Januar die Auszahlung fristgerecht erfolgt. (Dirk Niebel [FDP]: Das ist ein Sonntag! Dann muss er schon einmal die Koffer packen!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

ch fordere die Bundesregierung auf: Sorgen Sie dafür,
ass das Arbeitslosengeld II pünktlich im Januar kom-
enden Jahres ausgezahlt wird! Stellen Sie den Kom-
unen und den Kreisen die zugesagten Finanzmittel zur
erfügung! Sorgen Sie für eine reibungslose Koopera-
ion der Arbeitsagenturen mit den Kommunen und den
reisen! Kümmern Sie sich vor allem darum, dass die
rbeitslosen endlich wieder eine Chance auf einen Job
aben!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513513900

Für die Bundesregierung hat nun das Wort der Parla-
entarische Staatssekretär Gerd Andres.
G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1513514000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Herr Singhammer, der von Ihnen vorgelegte An-
rag „Reibungslose Umsetzung von Hartz IV im Inte-
esse der Betroffenen sicherstellen“ stellt eines klar – das
inde ich gut –: Die größte Oppositionsfraktion steht
hne jeden Vorbehalt hinter dieser Reform. Es ist wich-
ig, das festzuhalten, weil es im Sommer schon einmal
nders klang.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Es haben mehr von Ihren Leuten dagegen demonstriert, als von uns dabei gewesen sind!)







(A) )



(B) )


Pa
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1513514100
Wir wer-

den am 2. Januar keine Leistungen auszahlen, weil das
ein Sonntag ist. Ich möchte noch etwas klarstellen
– dazu brauchen wir weder diese Debatte noch eine Ak-
tuelle Stunde noch Ihre, wie ich persönlich finde, etwas
dürftige Rede –: Die Bundesregierung wird sicherstel-
len, dass jeder seine Leistung erhält. Ich sage es ganz
drastisch – ich habe es schon gestern in einer anderen
Veranstaltung so gesagt –: Notfalls zahlen wir die Leis-
tungen per Hand oder mit dem Hammer aus.


(Dirk Niebel [FDP]: Wie zahlt man mit dem Hammer aus?)


Jeder bekommt seine Leistung. Daran gibt es überhaupt
keinen Zweifel.

Ich halte es für angemessen, mich mit einigen Positio-
nen dieses Antrages auseinander zu setzen. Dieser An-
trag ist eigentlich überholt. Wenn man sich ihn einmal
genauer anschaut, erkennt man, dass er außerordentlich
dürftig ist.

Erstens: der Zeitdruck. Für den von Ihnen angeführ-
ten Zeitdruck trägt nicht allein die Bundesregierung die
Verantwortung. Wir sitzen hier alle im gleichen Boot.
Letztlich waren zwei Vermittlungsverfahren notwendig,
um die gesetzlichen Voraussetzungen für die von Ihnen
gewünschte kommunale Option zu schaffen. Deshalb lag
die Einigung erst Ende Juni, Anfang Juli vor. Seitdem ist
die Umsetzung in vollem Gang.

Sie haben gesagt, bei uns liege die alleinige Verant-
wortung. Daher will ich gleich hinzufügen: Auch das ist
Unsinn.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Doch, das stimmt!)


Manche Kommunen – es sind genau 69 – haben sich ent-
schieden, dieses Vorhaben allein zu schultern. Dement-
sprechend liegt die Verantwortung nur bei ihnen. Gerade
weil ich weiß, was das im Einzelnen bedeutet und was
das mit sich bringt, nötigt mir diese Entscheidung gro-
ßen Respekt ab. Ich wiederhole: Ich habe großen Re-
spekt vor denen, die optiert haben.

Anerkennen möchte ich auch den Einsatz von Kom-
munen und von den örtlichen Arbeitsagenturen zur Bil-
dung von Arbeitsgemeinschaften. Sie alle wissen, dass
im Regelfall örtliche Arbeitsagenturen und die Kommu-
nen in Form von so genannten Arbeitsgemeinschaften
kooperieren. Vielleicht ist dieses Vorhaben sogar noch
schwieriger als die Option; denn es geht hier um die Fu-
sion zweier völlig unterschiedlicher Kulturen.

Zur reibungslosen Umsetzung sind wir also alle auf-
einander angewiesen. Wir alle stehen in der Verantwor-
tung. Gerade Sie, die Unionsparteien, waren es doch, die
für eine eigene Verantwortung der Kommunen gestritten
haben: eine eigene Verantwortung, die wir jetzt in Form
von Arbeitsgemeinschaften und zugelassenen kommu-
nalen Trägern verwirklichen.

Damit das – Zitat aus Ihrem Antrag – „enorm wich-
tige Reformprojekt“ gelingt, sollten wir alle Kraft auf
die Umsetzung konzentrieren und nicht in Schwarzer-

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(C (D eter-Spielen und Schuldzuweisungen verharren. Herr inghammer, wenn Sie meinen, Sie könnten hier mit asserstandsmeldungen, die sich auf irgendwelche ressemeldungen beziehen, Stimmung machen, dann ntgegne ich Ihnen: Auch das gehört dazu. Sie tragen ine ähnliche Verantwortung wie wir und die sollten Sie uch wahrnehmen. Angesichts der Größe dieses Projektes kann ich auf ommende Sorgen darüber verstehen, dass die Umstelungsphase ungewünschte Nachteile für die Betroffenen it sich bringt. Wir nehmen das ernst und wir wollen so twas ausschließen. Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage es Kollegen Dr. Bergner? G Herr Präsident, wenn Sie meine Redezeit anhalten, erne. Wie immer. G Gut, allerdings lief die Uhr weiter, während Sie frag en. Es ging also schon etwas von meiner Redezeit ab. Herr Bergner, bitte. Herr Staatssekretär, Sie unterstellen uns, dass wir Ih en den schwarzen Peter zuspielen wollen. Außerdem erfen sie uns vor, dass wir uns vor der Übernahme von erantwortung drücken. Das verführt mich dazu, Ihnen ine Frage zu stellen, die mir von vielen, die vor Ort mit er Umsetzung beschäftigt sind, gestellt wird. In 13 SGB II wird der Bundesregierung hinsichtlich der ostenberechnung und der Kostenerstattung eine umängliche Verordnungsermächtigung erteilt. Ich werde mmer wieder mit der Frage konfrontiert: Wann wird die undesregierung diese Verordnungsermächtigung endich wahrnehmen und wann ist damit zu rechnen, dass ir mit verbindlichen Verordnungen rechnen können? G Herr Abgeordneter, ich war gerade dabei, klarzustel en, dass das ein enorm wichtiges und gewaltiges Reormprojekt ist. Wir arbeiten eine Position nach der aneren ab. Ich kann Ihnen hier ganz verbindlich sagen wir haben mit den Kommunen lange verhandelt –: Die osten, die der Bund zu tragen hat, wird er tragen. Die osten, die die Kommunen zu tragen haben, werden sie Parl. Staatssekretär Gerd Andres tragen. Wir arbeiten die Verordnung gegenwärtig Punkt für Punkt ab. Auch diese Verordnung wird kommen. Natürlich wird es knirschen im Gebälk. Das ist im Übrigen nicht anders als bei jeder derartigen Umstellung in der freien Wirtschaft. Schon jetzt aber das Scheitern an die Wand zu malen, wie es Herr Singhammer – er telefoniert gerade interessiert – eben getan hat, ist eher ein Beispiel für Wankelmütigkeit als für Standfestigkeit. (Dirk Niebel [FDP]: Er fragt nach, wann die Verordnung kommt!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513514200
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1513514300
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513514400
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1513514500
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513514600
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1513514700

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1513514800




(A) )


(B) )


– Er schaut gerade im Kalender nach, ob der 2. Januar
wirklich ein Sonntag ist. Ich traue ihm auch das zu.

Zum Punkt 2: Zusammenarbeit mit den Kommu-
nen. Viele notwendige Dinge sind auf den Weg ge-
bracht. Ich habe bei der Beantwortung der Zwischen-
frage gerade einiges genannt. Für die zugelassenen
kommunalen Träger haben wir verlässliche Rahmenbe-
dingungen geschaffen, um eine reibungslose Zusammen-
arbeit zwischen Kommunen und Arbeitsverwaltung si-
cherzustellen. Per Rechtsverordnung wurden Ende
September die kommunalen Träger zugelassen. Im Rah-
men einer Informationsveranstaltung in der vorigen Wo-
che in unserem Ministerium wurde mit ihnen über alle
offenen Fragen diskutiert. Wir leisten alle Unterstützung.

77 Prozent der Kommunen wollen eine Arbeitsge-
meinschaft gründen und 25 Prozent haben dies zusam-
men mit der Bundesagentur bereits schriftlich fixiert.

Punkt 3. Das ist auch Gegenstand Ihres Antrags und
war ebenfalls Gegenstand der Rede vorhin. Wir sind bei
der Bereitstellung der zugesagten Sach- und Verwal-
tungskosten auf einem guten Weg. Die notwendige Ver-
ordnung soll nach Verabschiedung des Haushalts end-
gültig in Kraft treten. Auch was die Kosten der
Unterkunft angeht, ist gewährleistet, dass sich der Bund
mit mindestens 29,1 Prozent beteiligt. Wohlgemerkt: Die
Kommunen bleiben hierfür selbst zuständig. Über die
Beteiligung wollen wir aber sicherstellen, dass die Kom-
munen die zugesagte Entlastung von 2,5 Milliarden Euro
pro Jahr auch wirklich erhalten. Wir haben zwei Revi-
sions- oder Überprüfungstermine für das kommende
Jahr vorgesehen.

Ich will gleich hinzufügen: Auch die Länder sind ver-
pflichtet, ihre Entlastungen beim Wohngeld an die Kom-
munen weiterzugeben. Sie hier können sich darum küm-
mern, dass das auch in den von Ihnen regierten Ländern
geschieht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Mittel stehen bereit. Gleiches gilt auch für das
Personal. Es gibt keine Defizite bei der Personalbereit-
stellung zur Organisation der Datenerhebung, wie im
Antrag behauptet wird.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch nicht wahr!)


Uns liegen keine Anfragen nach zusätzlichem Personal
vor. Die seit langem eingeplanten Zusatzkräfte sowie das
Stammpersonal sind längst mit der Dateneingabe be-

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(C (D chäftigt, seit dem 18. Oktober unter Einsatz der neuen oftware A2LL. Damit bin ich beim nächsten Punkt – dazu haben ie auch die Wasserstandsmeldung bemüht, Herr inghammer –: A2LL ist nicht mehr und nicht weniger ls das bisher größte E-Government-Projekt in Europa. atürlich wird dabei wie bei der Einführung jeder neuen oftware nicht alles glattlaufen können. Systemausfälle üssen einkalkuliert werden und dürfen nicht für Panikache und Verunsicherung benutzt werden. Ich will hier einmal klarstellen, dass die Umsetzung ines solchen Vorhabens Mut braucht, Mut nämlich, in alkuliertem Rahmen den Fachleuten etwas zuzutrauen. iese Bereitschaft der öffentlichen Verwaltung zum kalulierten Risiko entspricht modernen unternehmerischen ührungsmethoden. Angesichts der Verantwortung, die ir gemeinsam tragen, gehört dazu natürlich auch das orhalten von Rückfallpositionen. Bisher jedoch war as Vertrauen in die Fachleute gerechtfertigt. Auch wenn s gestern gehakelt hat – Sie haben darauf hingewieen –, läuft die Software allen Unkenrufen zum Trotz reativ geräuschlos, übrigens auch bei der Eingabe von omplexeren Fällen. Dieses Vertrauen in die Fachleute ürde ich mir manchmal von einigen Vertretern von erbänden der deutschen Wirtschaft erhoffen, auch etas deutlicher, und ganz besonders von denen – Herr inghammer, das will ich Ihnen sagen –, die im Verwalungsrat der BA sitzen. Sie haben Herrn Clever angeprochen, der Ihr Parteibuch hat und früher Mitarbeiter on Herrn Blüm war. Was er und einige Mitglieder der erwaltungsorgane öffentlich bekunden, um gegen die igene Institution Stimmung zu machen, (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht!)


alte ich für unter aller Würde; das sage ich Ihnen hier
anz offen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Nehmen Sie die Warnungen ernst!)


Zur rechtzeitigen Auszahlung habe ich schon etwas
esagt.
Jetzt komme ich zum letzten Punkt, weil ich nur noch

ine Minute Zeit habe. – Ihren Antrag müsste man in al-
en Zeitungen abdrucken.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das ist die übliche Masche, Steuergelder!)


r ist so was von dürftig! Er ist von Frau Merkel, Herrn
los und anderen unterschrieben. Man muss sich ihn ge-
au anschauen. Er ist sozusagen nicht mehr up to date.
an benutzt ihn, um hier eine Debatte zu veranstalten.

ch kann Ihnen sagen: Vorhin waren der Vorstand, der
inister, eine ganze Riege von Leuten im Haushaltsaus-
chuss und haben über alles berichtet, was mit der Um-
etzung zusammenhängt.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Der hätte kurz herüberkommen können!)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres

Wir berichten regelmäßig, wir berichten immer, wenn
Sie das möchten.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Was blasen Sie sich hier denn so auf?)


Wir führen hier auch jeden Tag eine Parlamentsdebatte.
Ich würde Ihnen nur empfehlen, das mit besseren Argu-
menten als denen zu tun, die Sie hier vorgetragen haben
und die, wie ich finde, außerordentlich dürftig waren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Er bläst sich auf, das ist ja unglaublich! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU – G Ich weiß, wovon ich rede – im Gegensatz zu Ihnen!)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1513514900


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513515000

Das Wort hat der Kollege Dirk Niebel für die FDP-

Fraktion.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1513515100

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Lieber Herr Staatssekretär Andres,
Sie hätten gestern von den Vorgängen im Europäischen
Parlament lernen können, dass nur ein begrenztes Maß
an Arroganz gegenüber einem Parlament sinnvoll und
hilfreich ist, um zum Ziel zu kommen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Freien Demokraten haben bereits vor vier Jahren

hier in diesem Hause die Zusammenlegung von Arbeits-
losen- und Sozialhilfe beantragt, weil es aus vielen guten
Gründen, über die wir oftmals diskutiert haben, sinnvoll
ist, diese beiden steuerfinanzierten Leistungen zusam-
menzulegen. Das Entscheidende an dieser notwendigen
Reform ist aber, dass sie funktioniert. Deswegen sage
ich mit gutem Recht: Alle Risiken, die im Antrag der
Union aufgeführt werden, sind durchaus realistisch und
ernst zu nehmen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Leider wahr!)

Ich sage dazu aber auch: Die Einzigen, die sich hier da-
rüber aufregen könnten, sind die Freien Demokraten.
Dass die Union versucht, sich klammheimlich aus der
Verantwortung zu stehlen, ist nämlich überdeutlich.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Die einzige Partei, die dem Optionsgesetz in diesem
Hause nicht zugestimmt hat, ist die Freie Demokratische
Partei gewesen. Wir waren und sind nämlich überzeugt,
dass dieses so genannte Kommunale Optionsgesetz in
der jetzigen Form nicht greifen kann. Genau dieses Pro-
blem werden die Menschen im nächsten Jahr ausbaden
müssen.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Die Zeitverzögerung hat in erster Linie diese Bundesegierung zu vertreten. Wir haben im Dezember 2003 eien klassischen Kompromiss im Vermittlungsverfahren efunden: Grundsätzlich ist die Bundesagentur zustänig und es sollen dazu Arbeitsgemeinschaften gebildet erden; die Kommunen jedoch, die es möchten und es ich zutrauen, bekommen die Möglichkeit, diese Aufabe eigenständig durchzuführen. Dann kam ein Satz ich werde in keinem Vermittlungsverfahren mehr zuassen, dass so etwas durchgeht –, der da lautete: Das ähere regelt ein Bundesgesetz. Das entsprechende Bundesgesetz, das erst im Mai Herr Staatssekretär Andres, ich bitte um Aufmerksameit – (Gerd Andres, Parl. Staatssekretär: Ich kann Herrn Niebel zuhören und mit anderen reden!)

ich traue Ihnen nicht zu, Herr Andres, dass Sie multi-
askingfähig sind; Ihnen nicht, dem Rest der Regierung
ielleicht – von der Bundesregierung diesem Hause vor-
elegt wurde, hat kein Optionsgesetz beinhaltet. Es han-
elte sich um ein Organleihegesetz, auf dessen Grund-
age die Kommunen, die optieren wollen, als Organ, also
ls Bestandteil der Bundesagentur, diese Aufgabe hätten
urchführen sollen. Als kommunaler Mandatsträger, der
in bisschen was auf sich hält, sage ich Ihnen: Kein
ommunaler Mandatsträger, der ein bisschen was auf
ich hält, würde sich freiwillig in die Fänge der Bun-
esagentur begeben und sich von ihr sagen lassen, wann
er Laden auf- bzw. zugemacht werden müsste. Deswe-
en hatte dieses Bundesgesetz im parlamentarischen
erfahren keine Chance.
Es kam ein neues Vermittlungsverfahren, für das Sie

ie Verantwortung tragen, weil Sie den Vermittlungs-
pruch nicht umgesetzt hatten. In diesem neuen Vermitt-
ungsverfahren hat die Union – deswegen sagte ich zu
eginn, sie stiehlt sich klammheimlich aus der Verant-
ortung für dieses Optionsgesetz – wider besseres Wis-
en einem billigen Kompromiss zugestimmt. Wir alle,
uch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
nion, wissen, dass die Bundesagentur nicht geeignet
nd nicht kompetent genug ist, um Aufgaben für Sozial-
ilfeempfänger wahrzunehmen – das hat selbst der ehe-
alige Vorstandsvorsitzende Herr Gerster im Vermitt-
ungsverfahren gesagt –, nicht etwa, weil die Mitarbeiter
umm wären, sondern weil sie noch nie zuvor diesen
ersonenkreis betreuten. Hierbei sind nämlich Dinge zu
eachten, die über Fragen des Verlustes des Arbeitsplat-
es hinausgehen. Sie von der Union haben diesen Kom-
romiss mitgemacht. Jetzt haben wir ein Sammelsurium:
uf der einen Seite Arbeitsgemeinschaften und auf der
nderen Seite Kommunen, die im Rahmen einer Experi-
entierlösung dafür optiert haben, in alleiniger Träger-
chaft ihre eigenen Aufgaben wahrzunehmen.
Es gibt ein EDV-Programm, Herr Staatssekretär, bei

em von den geplanten 40 000 Zugriffen gerade nur ma-
imal 16 000 gleichzeitig möglich sind. Ich bin Stadtrat
n Heidelberg. Wir streben eine Arbeitsgemeinschaft an.
ir wollen, dass diese notwendige Reform umgesetzt
ird. Wenn wir aber von 35 beantragten Zugriffsberech-
igungen, um die Daten einzupflegen, nur acht aus der






(A) )



(B) )


Dirk Niebel

Angst heraus genehmigt bekommen, dass das System
abstürzen könnte, dann bekommen wir allein aufgrund
der Zahlen bis zum 31. Dezember die Daten nicht in die
EDV eingepflegt, selbst wenn wir im Zweischichtver-
fahren und am Wochenende arbeiten. Deswegen wird
unser Sozialamt wie auch andere Sozialämter nach ei-
nem Notplan vorgehen. Auch die Bundesagentur wird
n
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1513515200
Zur Not zahlen wir bar aus oder mit dem
Hammer. Ich würde gerne einmal sehen, wie Sie, Herr
Staatssekretär, mit dem Hammer auszahlen. Auf solche
Weise ist kein geordnetes Verfahren mehr möglich.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es geht hier um die Existenz von Millionen von Men-
schen. Das Problem ist doch nicht, dass der politische
Wille zu dieser Reform fehlt; das Problem ist, dass diese
Regierung die Menschen von Anfang an nicht anständig
informiert hat, obwohl sie in anderen Fragen die Propa-
gandamaschine sofort anwirft. Das Problem ist, dass ein
Wust an Anträgen, die eine Vielzahl von Menschen aus
dem betroffenen Personenkreis gar nicht verstehen
konnten, viel zu spät verschickt wurde.

Sie haben auch andere Fragen nicht geklärt. Ich be-
kam vom Wirtschaftsministerium die Auskunft, ich solle
in zwei Wochen noch einmal anrufen, weil man sich bis
dahin vielleicht eine Meinung gebildet habe. Wie verhält
es sich denn mit den über 58-Jährigen, mit denen Sie
einen Vertrag geschlossen haben, dass sie nicht mehr ar-
beiten müssen und ihre Arbeitslosenhilfe bis zum Ren-
teneintritt bekommen? Sie müssen zwar auch in Zukunft
nicht mehr arbeiten, bekommen aber dann nur das
ALG II. Als sie den Vertrag geschlossen haben, sind sie
von einem Betrag in Höhe der Arbeitslosenhilfe ausge-
gangen. Das Bundeswirtschaftsministerium sagt, dazu
habe man sich abschließend noch keine Meinung gebil-
det; rufen Sie doch in zwei Wochen noch einmal an. So
kann ich in diesen schwierigen Fragen doch nicht mit
den Menschen umgehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Menschen haben Angst, was ich auch verstehe. Wir
haben die Aufgabe, ihnen diese Angst zu nehmen. Das
können wir nur, indem wir den Verfahrensablauf ver-
nünftig gestalten und zumindest alle möglichen techni-
schen Fehler und Gefahrenpunkte von vornherein aus-
merzen.

Deshalb glaube ich immer noch: Wenn Sie es nicht
schaffen, Herr Staatssekretär, dafür zu sorgen, dass das
Ganze reibungslos funktioniert – es wird irgendwo ha-
ken, das ist klar, aber zumindest im Großen und Ganzen
reibungslos funktioniert –, sollten Sie überlegen, ob es
nicht gefährlicher und auch demokratiegefährdender ist,
ein schlechtes System einzuführen, das die Reformbe-
reitschaft breiter Bevölkerungsschichten auf lange Zeit
gen null tendieren lässt, als drei oder sechs Monate zu
warten, bis alle personellen, technischen und rechtlichen
Voraussetzungen für die Umsetzung dieser Reform ge-
schaffen sind.

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(C (D ie sollten darüber nachdenken, ob Sie Ihrer Verantworung damit nicht eher gerecht werden würden. Vielen Dank. Das Wort hat die Kollegin Thea Dückert, Bündnis 90/ ie Grünen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben s hier mit einem Unionsantrag zu tun. Ich sage Ihnen anz ehrlich: Nur der Respekt vor diesem Hause nötigt ns, uns mit diesem Antrag eine Weile zu beschäftigen. hr Antrag ist schlichtweg inhaltsleer und auch die Rede, ie Herr Singhammer hier abgeliefert hat, ist im Grunde icht der Auseinandersetzung wert. Ich finde, Sie hätten sich das sparen können. Stattdes en hätten Sie sich an eine Ratschlag von Weihbischof engsbach – der Ihnen näher stand als mir – orientieren ollen, der Folgendes kundgetan hat – ich zitiere mit der rlaubnis des Präsidenten –: Habe ich ohne wichtigen Grund durch eine Wortmeldung man könnte auch sagen: einen Antrag – eine Sitzung verlängert und somit mich und andere von der Familie ferngehalten? Lieber Gott, hilf mir, meinen Mund zu halten, bis ich weiß, worüber ich rede! (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513515300
Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513515400
as trifft genau auf Ihren Antrag zu.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513515500

Frau Kollegin, darf ich nur der Vollständigkeit halber

inzufügen, dass es sich bei dem zitierten Herrn
engsbach nicht um einen Weihbischof, sondern einen
eibhaftigen Kardinal gehandelt hat, was man an der
ualität des Zitats auch mühelos erkennen kann.


(Heiterkeit im ganzen Hause – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513515600

Ich danke, Herr Präsident. Ich weiß, dass ich Ihnen

icht widersprechen darf, obwohl es natürlich darauf an-
ommt, wann er diese Worte gesagt hat.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich will aber zu dem Antrag kommen, denn wir müs-
en uns damit auseinander setzen. Was wird dort festge-
tellt? Erste Feststellung: Die Zusammenlegung von
rbeitslosenhilfe und Sozialhilfe ist ein notwendiger
chritt. – Das ist richtig. Guten Morgen, meine Damen






(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert

und Herren von der Union! Dass dieses Hartz-Gesetz,
diese Zusammenlegung eine der größten Sozialreformen
und Arbeitsmarktreformen ist, das wissen wir doch alle.
Wir haben lange darüber diskutiert. Es war notwendig
– das haben wir über Jahre gesagt –, die Betreuung der
Langzeitarbeitslosen in eine Hand zu legen, es ist wich-
tig, dass die Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfe-
empfänger bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik nicht
weiterhin außen vor bleiben, und viele andere Dinge.
Auch das ist richtig. Ich bin froh, dass Sie das merken.

Sie stellen zweitens fest, dass eine große Mehrheit die-
sem Gesetz zugestimmt habe. Auch das ist richtig; es
musste ja im Bundesrat und im Bundestag verabschiedet
werden. Der Zwang, es mit Ihnen zusammen zu verab-
schieden, hatte allerdings seinen Preis für die Langzeit-
arbeitslosen. Zum Beispiel wurden die Zumutbarkeitsre-
gelung und die Zuverdienstmöglichkeiten verschlechtert.
Davon liest man in Ihrem Antrag nichts.

Ich denke, dass der Hinweis auf die große Mehrheit
etwas ganz anderes bedeuten soll: Er soll wieder einmal
verschleiern und einen schwarzen Mantel des Schwei-
gens über die Tatsache decken, dass Ihre Ministerpräsi-
denten, zum Beispiel Herr Milbradt oder auch Herr
Böhmer, im Sommer durch die Lande gezogen sind und
glauben machen wollten, dass sie nicht zugestimmt hät-
ten.


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Haben sie ja auch nicht!)


– Sehen Sie, da bekommen wir diese Fehlmitteilung
schon wieder!


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Die haben genauso wie Herr Niebel nicht zugestimmt!)


Sie haben im Dezember, als es um die Verabschiedung
der Zumutbarkeitsregelung, der Zuverdienstregelung
usw. ging, zugestimmt. Im Juli, als es um die Finanzver-
teilung ging, haben sie allerdings dagegen gestimmt. Ge-
nau das ist Ihre Politik und das machen Sie auch in Ih-
rem Antrag: Sie stehlen sich aus der Verantwortung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Schlimmer noch: In Ihrem Antrag unterstellen Sie
zum Beispiel – lesen Sie es einmal nach; man glaubt es
kaum –, dass die Wahlerfolge der Rechtsextremisten
direkt von der Informationspolitik der Bundesregierung
abzuleiten seien. Angesichts der Wahlergebnisse für die
Rechtsextremisten – 9,2 Prozent für die NPD in Sachsen
und 6,1 Prozent für die DVU in Brandenburg – frage ich
Sie: Wo waren Ihre Oberwahlkämpfer, Herr Milbradt
und Herr Schönbohm, als es darum ging, gegen die Paro-
len „Hartz muss weg“ und „Hartz ist ein Griff in die Ta-
sche von jedem“ Stellung zu beziehen?


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Herr Ströbele hat das Plakat herumgetragen! Wo waren da Ihre eigenen Leute?)


Ich frage Sie: Wo waren Sie, als den Menschen Angst
gemacht wurde, indem ihnen beispielsweise gesagt

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(C (D urde, ihnen würde ihre Wohnung weggenommen weren und sie müssten in ihre alten Wohnblocks zurückehren? (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Weggeduckt haben sie sich! So sind sie!)


err Milbradt wollte sogar noch an diesen Demonstra-
onen teilnehmen. Sie machen sich einen schlanken
uß.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513515700

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Kollegin?

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513515800

Ja, gerne. Bitte schön.

Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1513515900

Frau Kollegin, ehe Sie sich jetzt in Ihrer Schelte gegen

ie Ministerpräsidenten der neuen Bundesländer, die be-
anntermaßen ein unterschiedliches Parteibuch haben –

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513516000

Herr Platzeck hat es anders gemacht.

Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1513516100


und die im Bundesrat aus guten Gründen dem Kom-
unalen Optionsgesetz nicht zugestimmt haben, weiter
reifern, möchte ich Sie fragen: Wie gehen Sie eigentlich
it den Gegnern der Hartz-IV-Reform in Ihren eigenen
eihen um?
Der Kollege Ströbele hat an der Montagsdemonstra-

ion in meinem Wahlkreis in Halle nicht teilgenommen.
ch weiß zwar nicht, warum das so gewesen ist. Aber der
logan „Hartz IV muss weg“ ist verglichen mit seinen
ußerungen, die im Vorfeld kolportiert wurden und die
ine fundamentale Kritik an der Hartz-IV-Reform waren,
in zahmer Ausdruck. Da Sie sich in Ihrer Kritik an den
ewählten Ministerpräsidenten der neuen Bundesländer
o ereifern, würde mich einfach einmal interessieren,
ie Sie mit den Leuten in Ihren eigenen Reihen umge-
en.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513516200

Wie gesagt, Herr Platzeck hat sich anders verhalten,
as sich übrigens im Wahlergebnis niedergeschlagen
at.


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Ich habe nach Herrn Ströbele gefragt!)


Gemach, gemach. Ich bedanke mich ausdrücklich für
hre Frage. Ich will Ihnen gerne schildern, wie ich zum
eispiel mit meinem Kollegen Christian Ströbele oder
uch mit Montagsdemonstranten umgehe. Ich habe mit
hnen geredet und diskutiert.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Ah ja!)

Hören Sie zu! Seien Sie nicht so aufgeregt! – Christian
tröbele hat mir versichert, dass er erstens mit den Men-
chen auf den Montagsdemonstrationen darüber geredet
at, dass die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe






(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert

und Sozialhilfe kommen muss. Er hat ihnen zweitens
dargelegt, dass sich unsere gesamte Fraktion und auch
der Koalitionspartner mit Schwierigkeiten und Proble-
men bei der Umsetzung auseinander zu setzen haben.
Wir mussten beispielsweise auf die verschärften Zumut-
barkeitsregeln, die Ihre Partei und Ihre Fraktion ins Ge-
setz hineingebracht haben, Antworten finden, damit die
Langzeitarbeitslosen darunter nicht leiden müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Da bin ich aber anderer Meinung!)


Ich möchte noch auf andere Punkte Ihres Antrages
eingehen. Sie haben zum Beispiel die Verunsicherung
der Menschen beklagt. Es ist richtig, dass dies ein großes
Problem gewesen ist. Aber wir haben eine sehr intensive
Informationsarbeit geleistet. Was Herr Singhammer
eben gesagt hat und was man in Ihrem Antrag nachlesen
kann, ist nichts anderes als eine Fortsetzung der Verunsi-
cherung der Menschen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie, Herr Singhammer, sprechen hier und heute davon,
dass Millionen von Menschen damit rechnen müssen, im
Januar ihre Leistungen nicht zu bekommen. Sie wissen,
dass das falsch ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie wissen auch, dass nur Menschen, die ihre Anträge
nicht rechtzeitig abgeben, Probleme bekommen können.
An dieser Stelle möchte ich Sie, Herr Singhammer und
viele andere Kollegen von der CDU/CSU, fragen: Wo
waren Sie in den letzten Monaten, als Initiativen Sozial-
hilfeempfänger aufgefordert haben, ihre Anträge nicht
abzugeben, obwohl es sich um Menschen handelt, die
bedürftig sind und die ihr Geld brauchen? Wir müssen
diese Menschen informieren. Da sind Sie aber nicht her-
vorgetreten, Herr Singhammer. Sie setzen nur die Politik
der Verunsicherung fort.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Abg. Johannes Singhammer [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513516300

Sie müssen bitte zum Schluss kommen, Frau Kollegin

Dückert.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513516400

Das sehe ich genauso. Ich habe aber den Eindruck,

dass Herr Singhammer das anders sieht.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513516500

Den Eindruck habe ich zwar auch. Aber da ich die

Verlängerung angemeldeter Redezeiten nach abgelaufe-
ner Redezeit nicht durch Zwischenfragen mutwillig be-
fördern will, kann ich diese Zwischenfrage selbst dann
nicht zulassen, wenn Sie sie gerne beantworten würden.


(Heiterkeit bei der SPD)


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(C (D Schönen Dank, Herr Präsident. Das ist sehr geschickt. Ich komme zum Schluss. Auf eines möchte ich noch inweisen: Wenn Sie von uns fordern, dafür zu sorgen, ass die Kommunen ihr Geld bekommen, (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Sehr guter Punkt!)

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513516600

ann kann ich dazu nur sagen: Wir haben eine Revi-
ionsklausel eingebaut. Sie ist sicher; das haben Ihre ei-
enen Leute gesagt. Bitte sorgen Sie dafür, dass die von
er Union geführten Landesregierungen in Baden-
ürttemberg, Niedersachsen und Sachsen – und wo sie

onst noch alle sind – nicht ihre klebrigen Finger auf das
ohngeld halten und es den Kommunen nicht zukom-
en lassen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513516700

Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege

tröbele.

(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Herr Kollege Bergner, erstens bestätige ich, dass die
ollegin Thea Dückert weder gesagt noch gemeint hat,
ass in unserer Fraktion Auseinandersetzungen per Ba-
kenstreich ausgetragen werden.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Zweitens möchte ich mich noch einmal beim DGB
alle dafür bedanken, dass ich zur Montagsdemonstra-
ion eingeladen war. Ich bin deshalb nicht hingegangen,
eil ich als Abgeordneter leider Pflichten hier im Hause
atte – es war ja eine Sitzungswoche – und nicht fehlen
onnte.
Aber ich kann Sie drittens darüber informieren, was

ch dort gesagt hätte; das hätten Sie sich dann in Halle
uf der Straße anhören können. Es trifft zu, dass ich zu
ast allen Montagsdemonstrationen, die bisher in Berlin
tattgefunden haben, gegangen bin und dass ich den De-
onstranten das gesagt habe, was ich auch in meiner
raktion im Deutschen Bundestag immer wieder erkläre:
ch halte die Hartz-IV-Reform, insbesondere die Zusam-
enlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, so wie
ie gestaltet worden ist, grundsätzlich für notwendig und
ichtig. Daran kommen wir nicht vorbei. Ich habe aller-
ings auf den Demonstrationen auch erklärt, dass es in
en Hartz-IV-Gesetzen einige Punkte gibt, die unter an-
erem durch die Union in der Auseinandersetzung im
ermittlungsausschuss bzw. über den Bundesrat in diese
esetze hineingezwungen worden sind, und dass ich
eshalb im Deutschen Bundestag mit einigen anderen
einer Kollegen gegen diese Gesetze gestimmt habe.
Das heißt, ich stehe für Wahrheit und Klarheit und für

ie direkte Auseinandersetzung mit der Bevölkerung auf
er Straße. Ich bedauere es außerordentlich, dass keine
ertreter Ihrer Fraktion auf den Montagsdemonstrationen






(A) )



(B) )


Hans-Christian Ströbele

waren und sich dieser Auseinandersetzung gestellt ha-
ben. Insbesondere haben Sie den Menschen auf der
Straße nicht erklärt, wie es kommen kann, dass Sie im
Deutschen Bundestag und im Vermittlungsausschuss,
der zwischen Bundestag und Bundesrat vermittelt, mit
erheblichem Druck und zum Teil nach Mitternacht dafür
sorgen, dass diese Gesetze zulasten vieler sozial
schwach gestellter Personen erheblich verschärft worden
sind, und dass Sie sich dann in der Öffentlichkeit er-
dreisten, dagegen vorzugehen und zu versuchen, auf eine
allgemeine, populäre Meinung in der Bevölkerung zu
setzen. Sie drücken sich vor der Verantwortung, scheuen
die Verantwortung und tun dann noch so, als seien Sie
gegen diese Gesetze gewesen.

Das ist nicht hinnehmbar und unanständig. Das ist un-
parlamentarisch und unverantwortlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513516800

Herr Kollege Bergner, wenn Sie antworten wollen,

haben Sie sofort die Möglichkeit dazu. Dann hat der
Kollege Singhammer um eine Kurzintervention gebeten.

Ich bitte darum, insgesamt ein bisschen zu berück-
sichtigen, dass, wann immer in einer Debatte irgendje-
mand persönlich angesprochen wird, was für parlamen-
tarische Debatten nicht völlig unüblich ist, das nicht
gleich zur Inanspruchnahme des gesamten Instrumenta-
riums der Geschäftsordnung genutzt werden muss.


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD])

Den Präsidenten beschwert dies eigentlich am allerwe-
nigsten. Nur, anschließend kommen die Kollegen und
beklagen sich über das maßlose Überziehen der vorher
angemeldeten Redezeiten.

Bitte schön, Herr Kollege Bergner.


Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1513516900

Herr Kollege Ströbele, wenn die Betroffenen eine De-

batte, wie wir sie hier führen, beobachten würden, würde
es sie zunächst einmal wenig interessieren, ob Sie den
Vorwurf, es sei im Vermittlungsausschuss durch die
Union zu einer Verschärfung gekommen, oder wir den
Vorwurf machen, Sie würden sich davonschleichen und
würden den Eindruck erwecken, als ob die Grünen ge-
wissermaßen frontal gegen Hartz IV gewesen seien.

Ich habe übrigens nach Demonstrationen – bewusst
nicht in Demonstrationen – auf einer großen Veranstal-
tung im Magdeburger Dom zusammen mit SPD-Kolle-
gen den Demonstranten zur Verfügung gestanden. Dort
hatte ich den Eindruck, dass man für meine Position, die
sich gar nicht an der Frage der Zumutbarkeit festmacht,
wie Sie uns immer vorwerfen, Verständnis hatte. Vor
dem Hintergrund des ostdeutschen Arbeitsmarktes ist Ihr
Vorwurf geradezu irrelevant; denn es ist mit großer Ge-
schwindigkeit und mit großem Zeitdruck eine Operation
durchgezogen worden, die sehr viel mehr Sorgfalt erfor-
dert hätte. Diese Kritik hat auch in dem Antrag, der
heute diskutiert wird, ihren Niederschlag gefunden.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Koch hat zum Boykott aufgerufen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513517000

Herr Kollege Singhammer.

Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1513517100

Frau Kollegin Dückert, Sie haben in Ihrem Beitrag

ehauptet, ich erwartete, dass die Bezieher von
rbeitslosengeld II die ihnen zustehenden Leistungen
icht bekämen. Dies ist völlig falsch. Vielmehr habe ich
arauf hingewiesen, dass 3,5 Millionen Menschen in
orge darüber sind, ob sie diese Leistungen bekommen.
eil wir diese Sorgen aufgreifen, führen wir diese De-
atte. Wenn Sie sich hier als die Sauberfrau des Deut-
chen Bundestages, als die Deutsche im weißen Kleid,
ebärden, sollten Sie zumindest das Erinnerungsvermö-
en der Beteiligten nicht allzu sehr strapazieren. Ihre
arstellung war jedenfalls schlichtweg falsch.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513517200

Frau Kollegin Dückert.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513517300

Herr Kollege Singhammer, ich halte es für einen Ihrer

ophistischen Tricks, die Sie offenbar auf Ihrer Partei-
edeschule lernen, wenn Sie zitieren, dass sich andere
eute Sorgen machten, ob sie die ihnen zustehenden
eistungen auch ausgezahlt bekämen. Damit stehlen Sie
ich sogar für dieses Argument aus der Verantwortung.
enn nach Ihrer Ansicht Schwierigkeiten für die Bezie-
erinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II zu erwar-
en sind, dann sollten Sie, Herr Singhammer, bitte dabei
elfen, die Menschen dahin gehend zu beraten, dass sie
ie Anträge gut ausfüllen können, die Sie in Ihrer Rede
orhin als völlig unausfüllbar klassifiziert haben. So, wie
ie gerade auf die Debatte geantwortet haben, haben Sie
iederum Nebelkerzen geworfen. Hilfreich wäre es,
enn Sie zu Ihrer Verantwortung stünden.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513517400

Das Wort hat die Kollegin Veronika Bellmann, CDU/
SU-Fraktion.

Veronika Bellmann (CDU):
Rede ID: ID1513517500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Zunächst gehe ich auf die Ausführungen von
rau Dückert ein. Klebrige Finger haben unsere Landes-
egierungen ganz bestimmt nicht. Beispielsweise gibt es
n Sachsen bereits Vereinbarungen mit dem Städte- und
emeindetag und mit dem Landkreistag im Hinblick auf
ie Weitergabe der entsprechenden Gelder. Dies kann
an von der Bundesregierung ganz und gar nicht sagen;
enn der Entwurf des § 13 SGB II wurde mitnichten mit
en kommunalen Spitzenverbänden abgesprochen.
Dann sind Sie wieder mit Ihrer alten Leier von Argu-
enten und Inhalten gekommen. Heute reden wir aber
ber die Umsetzung, die viele Fragen aufwirft, wie wir
lle wissen.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Veronika Bellmann

Wahrscheinlich hat man sich in den Kreisen der Bundes-
regierung schon an Umsetzungsprobleme gewöhnt, da es
seit dem Antritt der rot-grünen Regierung an der Tages-
ordnung ist, dass die Umsetzung von Gesetzen ziemlich
mangelhaft abläuft.

Ich stelle klar, dass die Union die Arbeitsmarktreform
mitgetragen und damit konstruktive Oppositionsarbeit
geleistet hat. Auch wenn viele Abgeordnete Bedenken
gegen die Reform hatten und haben, war uns bewusst,
dass dieser Schritt prinzipiell notwendig ist. Für die kon-
krete Umsetzung sind aber nicht wir Parlamentarier ver-
antwortlich – gleichwohl helfen wir den Menschen beim
Ausfüllen ihrer Anträge –, sondern einzig und allein die
Bundesregierung und die beauftragten Behörden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Heidi Wright [SPD]: Die Agenturen und die Kommunen!)


– Hätten Sie richtig zugehört, meine liebe Kollegin, hät-
ten Sie bemerkt, dass ich gesagt habe: und die beauftrag-
ten Behörden.

Neben Kommunikationsfehlern gab und gibt es auch
faustdicke handwerkliche Fehler, mit denen zum einen
die Hilfeempfänger, zum anderen aber auch die Mitar-
beiter der Bundesagentur und der betroffenen Kommu-
nen zurechtkommen müssen. Sie müssen die Versäum-
nisse der Regierung ausbaden, und zwar innerhalb
kürzester Zeit.

Die zentralistische Führung der BA ist manchmal fast
unerträglich. Über sämtliche Arbeitsschritte muss Nürn-
berg informiert werden. Alle Vereinbarungen der Ar-
beitsgemeinschaften müssen mit Nürnberg abgeglichen
werden, was die Zusammenarbeit unendlich verzögert.
Laut Städtetag scheint die BA zwar ihre bisherige Blo-
ckadehaltung, vor allem den optierenden Kommunen ge-
genüber, etwas aufzuweichen; aber eine reibungslose
Zusammenarbeit im Sinne der Hilfe für Langzeitarbeits-
lose ist das leider noch lange nicht. Die Kooperation
der Bundesagentur für Arbeit mit den Kommunen –
ob in der Option oder in einer so genannten Arge, also
einer Arbeitsgemeinschaft – ist aber unerlässlich. So
stellt denn auch der Landrat des Kreises Düren zu Recht
fest, dass mangelnde Zusammenarbeit „Chaos für die
Betroffenen“ bedeutet.

Die Bundesagentur sollte sich nicht zum Handlanger
der Regierung aufschwingen. Dass die Regierung die
Option nicht will und schon gar nicht deren Erfolg, zeigt
sich deutlich beim Thema „Datenerhebung und -vermitt-
lung“. Unter dem Vorwand des Datenschutzes war die
Bundesagentur bisher nur sehr zögerlich bereit, den op-
tierenden Kommunen mehr Informationen zuzugeste-
hen.

Das Programm A2LL, das heute schon angespro-
chen wurde, ist zwar seit dem 18. Oktober hochgefahren.
Aber selbst BA-Chef Weise gibt zu, dass

die Zeit für die Einführung der Software eigentlich
zu kurz ist, dass wir Tests, die man üblicherweise
macht, nicht machen konnten.

Es sei mit mehr Fehlern als üblich zu rechnen. Nun
könnte ich sagen: Auf die Tests können wir getrost ver-

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(C (D ichten; die hatten wir bei der Maut schon – mit dem ntsprechenden Erfolg. Aber es handelt sich hier eben icht um LKWs oder Dosenpfand, sondern um Menchen. Gleiches gilt für den Personaleinsatz. Es fehlt Perso al, das gezielt zur besseren Vermittlung der Arbeitsloen eingesetzt werden sollte. Deshalb gibt es den großpurig versprochenen Betreuerschlüssel von 1 : 75 nicht ehr, sondern nur einen von 1 : 150, und den auch erst b April 2005. Nur bei der Betreuung Jugendlicher wollen Sie etwas tensiver zur Sache gehen. Aber auch das können Sie etrost vergessen; denn der Schwindel mit Ihren semanschen Spielchen fällt den jungen Leuten längst auf. Gechickt gewählte, positiv belegte Begriffe wie „Bürgerersicherung“ oder „Jeder Jugendliche erhält ein ngebot“ führen die Leute in die Irre und halten längst icht das, was sie versprechen. Sie suggerieren den junen Leuten, dass sie garantiert irgendwo unterkommen. as Sie für die Jugendlichen haben, ist aber nur ein Anebot. Das können sie sich auch getrost aus dem Internet olen und sich dann in die Schar der 250 plus x Bewerer einreihen. Zurück zum Personal. Weil die Daten manuell einge eben werden müssen, wird zusätzliches Personal geraucht. Berlin vermeldet zum Beispiel 70 zusätzliche itarbeiter. Die Kommunen fragen sich nun, ob sie die osten dafür tatsächlich vom Bund erstattet bekommen. ie müssen dafür in Vorleistung treten. Wie verhält es sich mit der Erstattung beim Ein liederungsbudget? Der Bund hat hier auf der Basis es Datenmaterials aus dem Vermittlungsausschuss ,65 Milliarden Euro bereitgestellt. Die Zahlen vom Deember 2003 treffen aber längst nicht mehr zu. Denn in ieser Republik steigt dank der rot-grünen Regierung icht das Wirtschaftswachstum, sondern nur die Arbeitssigkeit. (Beifall bei der CDU/CSU – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Ganz müder Beifall!)


eshalb ist die Fallzahl um mindestens 200 000 Arbeits-
senhilfeempfänger zu gering bemessen. Das heißt, der
urchschnittliche Betrag für aktive Eingliederungsmaß-
ahmen von bislang 160 Euro pro Kopf und Monat redu-
iert sich auf 132 Euro, die Verwaltungspauschale von
03 Euro auf 70 Euro. Der vorgesehene Betreuerschlüs-
el kann so nicht gewährleistet werden. So ist das Kern-
iel der verbesserten Vermittlung und Förderung nicht zu
rreichen.
Die Bundesregierung muss den Kommunen endlich

lanungssicherheit geben und die Budgets für 2005
achhaltig erhöhen, und zwar nicht erst mit Beschluss-
assung über den Bundeshaushalt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ie so genannte Revisionsklausel, die noch zu erarbeiten
t und die sich auf den Bundesanteil an den Kosten der
nterkunft bezieht, damit zu überfrachten wäre meines
rachtens nicht sachgemäß, ganz zu schweigen von den






(A) )



(B) )


Veronika Bellmann

noch zu liefernden Rechtsverordnungen zu dem berühm-
ten § 13 SGB II.

Ich habe hier nur einige Probleme ansprechen kön-
nen, die sich jedoch nicht auf den Inhalt, sondern auf die
Umsetzung beziehen. Aber selbst dieser kurze Überblick
zeigt, dass es trotz der kurzen Zeit noch ein langer Weg
bis zur praktischen Einführung des Arbeitslosengeldes II
ist. Diesen Weg können wir als Parlamentarier allenfalls
begleiten. Für die Ausführung und Umsetzung können
wir uns nicht in Haftung nehmen lassen,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

was aber nicht heißt, dass wir den ganzen Prozess un-
kontrolliert und unkommentiert lassen; wir im Osten oh-
nehin nicht, da Probleme bei der Umsetzung der Reform
in Regionen mit hoher Langzeitarbeitslosigkeit beson-
ders schwerwiegende Konsequenzen haben. Wir müssen
also in den neuen Bundesländern bei den laufenden Ver-
fahren besondere Sorgfalt aufwenden, um einen gesell-
schaftlichen Kollaps zu vermeiden.

Deshalb fordern wir in unserem Antrag neben der
pünktlichen Auszahlung der Hilfen im Januar 2005, der
Sicherstellung der Finanzierung gegenüber den Kommu-
nen, den angemessenen Kooperationen zwischen der
Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen unter an-
derem einen umfassenden Bericht der Bundesregierung
zum Stand der Umsetzung von Hartz IV, und zwar nicht
nur im Haushaltsausschuss, sondern vor dem gesamten
Parlament; denn das sind Sie der Demokratie schuldig.


(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Oh, là, là!)


– Sie nehmen das so leicht und sagen „Oh, là, là“. Das ist
sehr wichtig.

Ich hoffe, dass die Bundesregierung diesen Bericht
nicht etwa zurückhält, weil er möglicherweise ähnlich
unangenehme Wahrheiten wie der Bericht des Rech-
nungshofes zur LKW-Maut enthält. Eine dieser unange-
nehmen Wahrheiten könnte zum Beispiel sein, dass Sie
mit den 400 000 bis 600 000 1-Euro-Jobs nur die Ar-
beitslosenstatistik bereinigen. Wenn Ihnen in diesem Be-
richt Fehler, Fahrlässigkeiten oder gar Vorsätzlichkeiten
nachgewiesen werden, haben Sie auch dafür geradezu-
stehen, nicht die Opposition und schon gar nicht die
Hilfebezieher, die auf Gedeih und Verderb Ihrem Regie-
rungshandeln ausgeliefert sind.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513517600

Zum Schluss dieser Debatte erhält die Kollegin Karin

Roth für die SPD-Fraktion das Wort.


Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1513517700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Es ist schon sehr merkwürdig, Frau Bellmann,
dass Sie, bevor das Gesetz in Kraft getreten ist, prognos-
tizieren, wie wir mit diesem Gesetz umgehen werden.

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(C (D ch halte das für anmaßend und einer sachlichen Auseiandersetzung nicht würdig. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Diese Regierung ist ein Sicherheitsrisiko!)


Wir alle wissen ganz genau, dass die Zusammenle-
ung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe nicht einfach ist.
as steht auch in Ihrem Antrag. Wir wissen auch, dass
ehr viele Menschen davon betroffen sind, nämlich mehr
ls 4 Millionen. Dass das eine große Verantwortung für
ns alle bedeutet, ist auch klar. Es geht aber nicht, Herr
inghammer, dass Sie hier den Eindruck erwecken
auch mit Ihrem Antrag –, dass die Regierung nicht in
er Lage ist, Hartz IV umzusetzen.
Wir haben im Ausschuss und auch hier im Parlament

argelegt, in welchen Schritten und in welcher Weise wir
ies tun werden. Deshalb wird es nicht besser, wenn Sie
mmer wieder sagen: Die Reform ist gut, aber die Um-
etzung ist schlecht.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Es wäre schön, wenn es anders wäre!)


ie Umsetzung funktioniert und – was wichtig ist – auf
llen Ebenen wird mit Hochdruck gearbeitet. All die
enschen, die zurzeit an der Umsetzung beteiligt sind,
eben ihr Bestes.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


s ist nicht angemessen, diesen Menschen zu unterstel-
en, dass sie nicht in der Lage sind, mit komplexen Ma-
erien umzugehen.


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Herr Singhammer hat genau das Gegenteil gesagt! Er hat seinen Respekt vor ihnen bekundet!)


Ja, das war die Variante nach dem Motto „Da war noch
as“.
Deshalb habe ich ein wenig Zweifel daran, ob Sie in

er Lage sind, nachzuvollziehen, was in diesem Gesetz
irklich verankert worden ist. Sie haben offensichtlich
n der Zwischenzeit erkannt, dass das, was wir vorberei-
et haben, auch funktioniert. Denn es kann doch wohl
icht wahr sein, dass wir in diesem Parlament das Gesetz
emeinsam beschließen, im Vermittlungsausschuss eini-
es zu unseren Lasten umformuliert wurde, wir aber
rotzdem nicht abtauchen, wenn es so weit ist, und Sie
ich dann kurz vor In-Kraft-Treten des Umsetzungsplans
ier hinstellen und sagen: Wir haben die große Befürch-
ung, dass das alles nicht klappt. Das ist scheinheilig


(Beifall bei der SPD)

nd verunsichert die Menschen. Außerdem wird dadurch
as nötige Vertrauen in die Umsetzung der Reformen,
as wir brauchen, unterlaufen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich mahne Sie also auch ein Stück weit, Herr

inghammer, Ihren Populismus, den Sie hier gerne ver-






(A) )



(B) )


Karin Roth (Esslingen)


breiten, ein wenig zurückzunehmen; denn am Ende
schadet das der Glaubwürdigkeit des ganzen Hauses und
nicht nur der Opposition.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin froh, dass die Bundesregierung in der Zwi-
schenzeit im Rahmen einer sehr sachlichen Informa-
tionskampagne deutlich gemacht hat, welche Leistungen
die Menschen bekommen. Sie hat die Fehlinformationen
ausgeräumt, die auch von Ihrer Seite verbreitet worden
waren. Ich freue mich auch, dass nun das geschieht, was
geschehen muss: Die Menschen geben ihre Anträge bei
der Agentur für Arbeit ab, weil sie wissen, dass sie,
wenn sie das nicht tun, am 1. Januar nächsten Jahres
kein Geld bekommen. Das ist, wie ich meine, eine gute
Botschaft.

1,8 Millionen Menschen haben ihre Anträge inzwi-
schen abgegeben. Das entspricht 73 Prozent aller ver-
schickten Anträge. Jetzt können sie bearbeitet werden.
Ich bin davon überzeugt, dass in den nächsten Tagen ein
Großteil der noch nicht abgegebenen Anträge eingehen
wird. Aber wir müssen vor Ort dafür werben, dass die
Menschen ihre Anträge abgeben. Wir dürfen diese Re-
form nicht durch überflüssige Bedenken blockieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Um es auch in diesem Haus klar zu sagen: Wer seinen
Antrag nicht oder nicht rechtzeitig abgibt, der wird am
Ende auch keine Leistung bekommen und schneidet sich
sozusagen ins eigene Fleisch. Das wollen wir nicht. Aber
wir müssen damit aufhören, die Menschen zu verunsi-
chern. Deshalb ist es notwendig, den Betroffenen von
hier aus zu sagen: Geben Sie Ihre Anträge rechtzeitig ab,
damit Sie am 1. Januar 2005 Ihre Leistung bekommen!
Das liegt in der Verantwortung der betroffenen Men-
schen.

Die Bildung von Arbeitsgemeinschaften ist ein gro-
ßes Thema. Immer wieder haben sich von allen Seiten
Bedenkenträger geäußert. Heute kann man feststellen:
Auch hier gibt es Fortschritte. Allerdings weiß ich, dass
viele Landesregierungen auch in diesem Bereich Sand
ins Getriebe gestreut haben. Immerhin haben sich
77 Prozent aller Kommunen für Arbeitsgemeinschaften
ausgesprochen. Darüber hinaus gibt es 79 so genannte
optierende Kommunen.


(Dirk Niebel [FDP]: 69!)

Die Vorbereitungen sind also in vollem Gange. Ich habe
den Eindruck, dass das Thema Anträge inzwischen ge-
klärt ist.

Hinzu kommt – das ist für uns wichtig –, dass wir die
Schaffung von Arbeitsgelegenheiten vorziehen und be-
reits jetzt über 100 000 Eingliederungsmaßnahmen für
die Menschen realisiert haben. Wir machen mit dieser
Sache Ernst. Indem wir in diesem Jahr diese zusätzli-
chen Arbeitsgelegenheiten schaffen, geben wir den Men-
schen die Chance, wieder in Arbeit zu kommen.

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(C (D Herr Singhammer, für mich ist es gar kein Wunder, ass Sie im Zusammenhang mit den Stellen die Stralsuner Arbeitsmarktstatistik angeführt haben. Wenn Sie die ahlen aus Bayern genannt hätten, hätten Sie schlecht usgesehen. Denn es ist zu lesen, dass die Zahl der geeldeten Stellen in Bayern in diesem Monat um 0,1 Prozent gesunken ist, während sie bundesweit nur m 16,1 Prozent zurückgegangen ist. Sie haben in Bayrn ein viel größeres Problem, als dass Sie sagen können, dass Bayern Spitze ist. Im Gegenteil, auch in Bayern ibt es ein Strukturproblem. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Darum ziehen wohl auch so viele nach Bayern!)


Lassen Sie mich noch ganz kurz etwas zur Finanzie-
ung sagen. Wir haben deutlich gemacht, dass wir rund
,35 Millionen Euro für Eingliederungsmaßnahmen zur
erfügung stellen. Für Personal werden wir
,3 Millionen Euro zur Verfügung stellen, um, Frau
ellmann – sie redet gerade ganz intensiv mit ihrem
achbarn –, auch die notwendige Betreuung zu gewähr-
eisten.


(Dirk Niebel [FDP]: Frau Kollegin, ein Gespräch mit dem Chef ist immer wichtig!)


as versuchen wir. Wichtig ist dabei Folgendes: Wir
üssen jetzt das Ziel erreichen, das wir auch mit
artz IV verbunden haben: die Umverteilung der Mittel
in zu den Kommunen. Es kann nicht sein, dass der
und die kommunale Ebene um 2,5 Millionen Euro ent-
astet und die Landesregierungen dieses Geld einste-
ken, um damit ihre Haushalte zu sanieren. Das geht
icht. Das kann nicht sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Petzold [CDU/CSU]: Das ist doch eine glatte Unterstellung! Wie kommen Sie darauf?)


Das bedeutet, bezogen auf die Revisionsklausel, ohne
rage, dass der Bund verantwortlich ist. Beim Bund
eiß man, was Sache ist. In Baden-Württemberg wird
eispielsweise Ministerpräsident Teufel um 132 Millio-
en Euro entlastet. Davon leitet er aber nur 33 Millionen
uro an die Kommunen weiter. 99 Millionen Euro ver-
endet er für seinen Haushalt. Das ist nicht in Ordnung.
ieses Geld brauchen wir für Betreuung und Kinderer-
iehung. Dieses Geld ist notwendig, um auch dieses Ge-
etz, das wir heute im Bundestag verabschiedet haben,
u realisieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513517800

Frau Kollegin, lassen Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Niebel zu?


Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1513517900

Ja, klar. Von Herrn Niebel immer, der ist ja für Ver-
ischtes zuständig.






(A) )



(B) )



Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1513518000

Vielen Dank, Frau Kollegin. Das heißt wohl, dass ich

ziemlich vielseitig einsetzbar bin.
Frau Kollegin, Sie haben gerade die baden-württem-

bergische Situation angesprochen. Tatsächlich werden
Baden-Württemberg vom Bund 133 Millionen Euro zu-
geordnet, weil die Regelungen des Bundesgesetzge-
bers – –


(Zurufe von der SPD: Frage!)

– Die Frage kommt gleich. Ganz locker bleiben!

Baden-Württemberg bekommt also 133 Millionen
Euro vom Bund.


Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1513518100

132 Millionen Euro, aber das macht nichts.

Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1513518200

Ja. Weil der Bundesgesetzgeber mit seinem Gesetz

die ostdeutschen Bundesländer aufgrund der Erwerbs-
biographien der Menschen mehr belastet hat als die
westdeutschen, haben sich die Bundesländer entschie-
den, dies dadurch zu kompensieren, dass 1 Milliarde
Euro zusätzlich an die ostdeutschen Länder geht. Wür-
den Sie mir zugestehen, dass gemäß dem Schlüssel des
Bund-Länder-Finanzausgleiches 100 Millionen Euro von
dieser Zuweisung nicht im baden-württembergischen
Haushalt verbleiben, sondern den ostdeutschen Ländern
zugeführt werden, weil der Bund dieser Verpflichtung
nicht nachkommt?


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Karin Roth (SPD):
Rede ID: ID1513518300

Herr Niebel, es ist ganz einfach: Im Vermittlungsaus-

schuss sind die so genannten A- und B-Länder – in dem
Fall Baden-Württemberg auf der einen Seite und Sach-
sen und die anderen auf der anderen Seite – vertreten. Im
Rahmen des Vermittlungsausschusses wurde von allen
Ministerpräsidenten akzeptiert, dass eine solche Lösung
hinsichtlich der Verteilung vorgenommen wird. Die Mi-
nisterpräsidenten wussten also, dass damit der Transfer
von 1 Milliarde Euro von Westen nach Osten verbunden
ist.

Wenn nun Solidarität eingefordert wird – die ostdeut-
schen Ministerpräsidenten haben zu Recht darauf hinge-
wiesen, dass die Situation im Osten anders ist –, dann
kann man als westliches B-Land im Vermittlungsaus-
schuss zu diesem Vorschlag entweder Nein sagen oder
aber man steht zur Solidarität mit dem Osten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber man kann in dieser Republik nicht auf der einen
Seite ständig die Solidarität mit den neuen Bundeslän-
dern proklamieren, wenn es Ernst wird, aber sagen: Das
interessiert uns nicht, das holen wir uns von unseren
Kommunen zurück. So geht es nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Die Ministerpräsidenten wissen, wie der Finanzausleich funktioniert. Baden-Württemberg – wahrlich kein rmes Land, aber arm an Kinderbetreuungsmöglichkeien: nur 3,5 Prozent – ist offensichtlich nicht in der Lage, ieses Geld weiterzugeben. Ich kann Ihnen sagen: Der rfolg von Hartz IV und die Antwort auf die Frage, ob ir die Frauen, die arbeitslos sind, in den Arbeitsmarkt ntegrieren können, hängen davon ab, ob genügend Kinerbetreuungsmöglichkeiten vorhanden sind. Das steht brigens im Gesetz. Auch das ist unser politischer Anpruch: Wir wollen von den Menschen etwas fordern, ber wir wollen sie auch fördern. Zum Fördern gehört, enügend Betreuungseinrichtungen für Kinder bereitzutellen, auch im Rahmen von Hartz IV. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zum Schluss: Ich gehe davon aus, dass die Kreise und
ommunen diese Mittel bei ihren Ländern einfordern
erden. Ich gehe davon aus, dass die Länder und die
andkreise und Kommunen auf der Hut sind und dieses
eld auch einsetzen werden. Ich hoffe und wünsche,
ass es uns gelingt, in den ersten Monaten nach dem
. Januar 2005 mit Hartz IV eine bessere und positivere
timmung im Land zu erzeugen, und dass die Miesma-
her, die heute gesprochen haben, dann verstummen
erden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513518400

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/3803 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu stelle ich
invernehmen fest. Dann ist die Überweisung so be-
chlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Joachim Stünker, Hermann Bachmaier,
Sabine Bätzing, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion der SPD sowie den Abgeordneten
Irmingard Schewe-Gerigk, Jerzy Montag, Hans-
Christian Ströbele, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN eingebrachten Entwurfs eines … Straf-
rechtsänderungsgesetzes – §§ 180 b, 181 StGB

(StrÄndG)

– Drucksache 15/3045 –

(Erste Beratung 109. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)

– Drucksache 15/4048 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Erika Simm
Ute Granold
Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)

Irmingard Schewe-Gerigk
Jörg van Essen






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die

Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Dazu höre
ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst
für die Bundesregierung die Bundesministerin Brigitte
Zypries.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1513518500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Bei der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs,
am 7. Mai dieses Jahres, haben die Vertreter aller Par-
teien in diesem Haus deutlich gemacht, wie wichtig die
Bekämpfung des Menschenhandels und der Zwangs-
prostitution ist. Ich möchte in Anbetracht der knappen
Zeit gerne darauf Bezug nehmen und das alles nicht
noch einmal ausführen. Wir leisten mit diesem Gesetz-
entwurf einen Beitrag dazu, diesen internationalen Ver-
brecherringen – in der Regel auch Bordellbesitzern und
dem Zuhältermilieu – Einhalt zu gebieten.

Zum einen enthält dieser Gesetzentwurf neue Straf-
vorschriften, vor allen Dingen gegen den Menschenhan-
del, durch den die Arbeitskraft ausgebeutet wird; zum
anderen setzen wir damit den Rahmenbeschluss zur Be-
kämpfung des Menschenhandels des Rates der Europäi-
schen Union um. Auch darüber war schon in der ersten
Lesung die Rede. Das ist nämlich auch der Grund dafür,
weshalb dieser Gesetzentwurf von den Koalitionsfrak-
tionen eingebracht wurde. Die Zeit läuft uns davon.

Wir haben die gesamten Strafvorschriften sehr viel
übersichtlicher gestaltet und hoffen, dass sie auch des-
halb in Zukunft für die Praxis sehr viel leichter handhab-
bar sein werden. Die verschiedenen Strafrahmen sind
ebenfalls neu geordnet worden. In Zukunft gibt es nur
noch zwei Strafrahmen: Bei Grundfällen beträgt er zwi-
schen sechs Monaten und zehn Jahren und bei schweren
Fällen haben wir die Verbrechenstatbestände mit einem
Jahr bis zu zehn Jahren belegt.

Mit diesen Verbrechenstatbeständen werden vor al-
lem die Fälle erfasst, in denen der Täter das Opfer nicht
nur zur Prostitution zwingt, sondern es auch noch
schwer misshandelt oder in Todesgefahr bringt oder
wenn er auch noch im Rahmen der organisierten Krimi-
nalität handelt. Zu diesen Verbrechenstatbeständen ge-
hören aber auch die leider nicht seltenen Fälle, in denen
ein Kind das Opfer ist, mit anderen Worten: wenn es sich
bei den Opfern um Personen unter 14 Jahren handelt. Es
liegt uns ganz besonders am Herzen, gerade die Kinder
und die jungen Frauen zu schützen. Deswegen haben wir
auch das allgemeine Schutzalter bei 21 Jahren belassen.

Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf
fassen wir auch die Zwangsheirat strafrechtlich eindeu-
tiger. Das Strafgesetzbuch wird so erweitert, dass in Zu-
kunft eine Strafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren
droht, wenn man einen anderen zur Eheschließung nö-
tigt. Das ist gerade auch bei uns erforderlich; denn wir
alle wissen, dass es auch in Deutschland noch zahlreiche
Fälle von Zwangsheiraten gibt. Es ist keineswegs so,
dass das etwas mit Tradition zu tun hat und deshalb zu

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(C (D chützen ist. Das ist eine Straftat und muss auch als solhe geahndet werden. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Der Gesetzentwurf liegt Ihnen heute in einer Fassung
or, die das Ergebnis der Sachverständigenanhörung be-
ücksichtigt. Ich möchte das gerne deutlich sagen, weil
ir mit den zahlreichen Änderungen aufgrund der Sach-
erständigenanhörung auch den häufig geäußerten Vor-
urf widerlegen können, dass Sachverständigenanhö-
ungen immer nur l’art pour l’art sind und dass nichts
abei herauskommt. Ganz im Gegenteil: Hier hat sie
irklich etwas gebracht.


(Jörg van Essen [FDP]: Ja, sehr richtig!)

as möchte ich gerne positiv hervorheben.
Zum einen haben wir einen noch besseren Aufbau

er Strafvorschriften erreicht, zum anderen haben wir
eim Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung auf das
inschränkende Tatbestandsmerkmal „seines Vermö-
ensvorteils wegen“ verzichten können. Das heißt, es
ällt künftig weg. Das bedeutet, dass sich jemand nicht
ur strafbar macht, wenn er sich einen materiellen Ge-
inn davon verspricht, sondern auch dann, wenn er bei-
pielsweise nur eine billige Haushaltshilfe sucht.
Schließlich werden Handlungen, mit denen der Men-

chenhandel gefördert wird, aufgrund der Vorgaben, die
m Rahmenbeschluss gemacht werden, künftig in einer
esonderten Vorschrift erfasst. Das heißt, dass man nicht
rst dann, wenn ein Werbeversuch erfolgreich war und
ie Person nach Deutschland transportiert wurde, be-
traft werden kann, sondern bereits dann, wenn man An-
erbeversuche unternimmt, ohne am Ende erfolgreich
u sein.
Zunächst nicht aufgegriffen haben wir den Antrag

er CDU/CSU, auch für Freier, die vorsätzlich oder
ichtfertig ein Opfer des Menschenhandels sexuell
issbrauchen, einen Straftatbestand einzuführen. Dazu
uss natürlich auch etwas gesagt werden. Ich halte das
ür einen wichtigen Ansatz, den wir unbedingt weiter
iskutieren müssen. Dem will ich mich überhaupt nicht
erschließen. Ich meine jedoch, dass wir sorgfältig dis-
utieren müssen. Damit würden wir nämlich zum ersten
al so etwas wie eine Fahrlässigkeit bei den Sexualde-
kten einführen. Das kennen wir derzeit nicht. Wir müs-
en darüber mit den Sachverständigen sorgfältig disku-
eren. Das ist der eine Gesichtspunkt.
Der andere Gesichtspunkt ist der: Ich meine, dass wir

nbedingt die Praxis dazu anhören müssen; denn es
acht überhaupt keinen Sinn, Straftatbestände einzufüh-
en, die man hinterher nicht verfolgen kann. Damit
ürde man das Strafsystem diskreditieren. Aus diesem
rund haben wir so etwas auch an anderer Stelle nicht
etan. Ich meine, das gilt hier ebenfalls.
Wir sollten das also weiter besprechen und uns über-
gen, wie wir das sinnvoll tun können. Das heißt nicht,
ass wir uns diesem Antrag als solchem vollständig ver-
eigern.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries

Lassen Sie mich noch einen Aspekt kurz ansprechen.

Das Strafrecht ist ein wichtiger Punkt, um den Men-
schenhandel zu bekämpfen; das ist überhaupt keine
Frage. Es ist aber eben nur ein Punkt, um Menschenhan-
del, Zwangsprostitution, sexuelle Ausbeutung und Hei-
ratstourismus in den Griff zu bekommen. Wir müssen
insbesondere ausländische Mädchen und Frauen wirk-
sam schützen. Dafür ist es vor allen Dingen erforderlich,
dass wir die Prävention und den Opferschutz stärken, die
internationale Strafverfolgung verbessern, die internatio-
nale Zusammenarbeit sicherstellen und die Hilfs- und
Beratungsangebote für betroffene Frauen in einem aus-
reichenden Maße bereitstellen.

Ich meine, dass wir gerade in diesem Bereich weiter
zusammenarbeiten sollten, und zwar interdisziplinär.
Das machen wir in dieser Art und Weise auch in den
Gremien der Europäischen Union, ein Aspekt, der ge-
rade durch die Erweiterung der Europäischen Union um
die Staaten Osteuropas ganz besonders wichtig gewor-
den ist.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513518600

Das Wort hat der Kollege Siegfried Kauder, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Siegfried Kauder (CDU):
Rede ID: ID1513518700

Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Wieder einmal oder, besser gesagt, wie
immer behandeln wir ein wichtiges rechtspolitisches
Thema unter Zeitdruck. Ein Rahmenbeschluss des Rates
der Europäischen Union vom 19. Juli 2002 ist umzuset-
zen und die Umsetzungsfrist ist seit August 2004 abge-
laufen.

Wir wissen aus den Verhandlungen im Rechtsaus-
schuss, dass wir in dem einen oder anderen Punkt durch-
aus noch Diskussionsbedarf gehabt hätten. Ich erwähne
hierzu die Vorschrift des neuen § 233 a StGB, in dem
Beihilfehandlungen zu einem eigenständigen Straftatbe-
stand erhoben worden sind. Ich glaube, nicht nur wir von
der CDU/CSU sind der Auffassung, dass damit die Tür
für die Strafbarkeit viel zu weit aufgemacht wird. Hinzu
kommt, dass die Versuchsstrafbarkeit eingeführt wurde.

Uns wurde entgegengehalten, dass man daran nichts
ändern kann, weil wir europäisches Recht umzusetzen
haben. So einfach ist das nicht. Es geht nicht darum, eu-
ropäisches Recht umzusetzen, das gottgewollt von oben
kommt. An diesen europäischen Richtlinien und Rah-
menbeschlüssen hat die Regierung im Rat Teilhabe. Be-
schlüsse im Rat sind einstimmig zu fassen. Nicht Sie,
Frau Ministerin, sondern Ihre Vorgängerin war bei der
Diskussion in Brüssel dabei, als diese Richtlinie verab-
schiedet worden ist. Das heißt, wir haben nun auf natio-
naler Ebene das auszubaden, was die Regierung auf
europäischer Ebene nicht richtig gemacht hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Dass Diskussionsbedarf besteht, wissen wir aus einer eiteren Richtlinie auf europäischer Ebene, die aus dem ahr 2004 stammt und bis zum Jahr 2006 umgesetzt sein uss, nämlich die Richtlinie, dass man Opfern von Menchenhandel die Möglichkeit geben muss, dann ein Bleierecht zu erhalten, wenn sie mit der Polizei kooperieren nd Angaben machen. Sie sehen also: Diskussionsbedarf st noch genügend gegeben. Der Themenkomplex ist ichtig genug, um auch inhaltlich noch einmal darüber u diskutieren. Ich möchte Ihnen das an einem kleinen Beispiel vor tellen. Wenn ein über 21-jähriger Drogenhändler einen nter 18-Jährigen dazu bringt, Drogenhandel zu betreien, beträgt die Mindeststrafe nach § 30 a Betäubungsittelgesetz – hören Sie bitte genau zu – fünf Jahre. ringt ein über 21-Jähriger eine unter 21-jährige auslänische Frau unter Druck dazu, in Deutschland der Prostiution nachzugehen, beträgt die Mindeststrafe nicht fünf ahre, sondern gerade einmal sechs Monate. Ist dieses unge Mädchen 14 Jahre alt, beträgt die Mindeststrafe in Jahr. Auch darüber muss man einmal sprechen. So ganz gesetzestechnisch sauber sind die Vorschrif en, die wir jetzt zum Menschenhandel verabschieden erden, nicht. Da gibt es ein Konkurrenzverhältnis zwichen § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB und § 240 Abs. 4 StGB, em Nötigungstatbestand. Keiner kann mir erklären, wie iese Konkurrenzverhältnisse gelöst werden sollen. Soweit es um die Ausnutzung der Arbeitskraft geht, esteht ein Konkurrenzverhältnis zu § 406 Sozialgesetzuch IV. Auch dazu kann mir keiner etwas sagen. Desegen ist die Forderung, die alle Rechtspolitiker beim eutschen Juristentag in Bonn gestellt haben, dass wir bgeordnete eine eigene Interessenvertretung in Brüssel rauchen, gerechtfertigt. Dieses Beispiel belegt es wieer einmal sehr gut. Es gibt nach groben Schätzungen – exakte Zahlen lie en nicht vor – in Europa etwa 500 000 junge Frauen, ie der Zwangsprostitution zugeführt worden sind, 00 000 menschliche Schicksale, die es zu beachten gilt. s existiert ein Markt, der zu erheblichen Einnahmen ührt, die nicht abgeschöpft werden können. Wir von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sind der einung, dass man die Strafbarkeit auf dem Nachfrageektor einführen muss. Das bedeutet, dass man auch den reier, der eine durch Menschenhandel herbeigeführte ituation ausnutzt, bestrafen muss. Es wird eingewendet, as lasse sich alles gar nicht kontrollieren und es werde u wenige Beweismöglichkeiten geben. Nein, meine Daen und Herren, Menschenhandel ist ohnehin ein Konrolldelikt. Wir haben im Jahre 1993 mit dem 7. Strafrechtsänderungsgesetz einen Paragraphen eineführt, nämlich den über den Besitz von kinderpornoraphischen Schriften, der auch schwer nachzuweisen st. Auch da wurde gesagt, das sei ein Kontrolldelikt und ur schwer nachweisbar, aber – da schließt sich der reis – das sei genau der Grund, warum man den Besitz trafbar mache; denn man müsse auch auf der Nachfraeseite eingreifen und nicht nur auf der Angebotsseite. Siegfried Kauder Also der, der kinderpornographische Schriften für sich verwende, müsse bestraft werden und nicht nur der, der sie herstelle. Deswegen bin ich der Meinung, dass wir das Thema Freierstrafbarkeit noch einmal ernsthaft diskutieren müssen und dass wir die Frage der Umsetzung der Richtlinie zum Bleiberecht von jungen Mädchen, die bei der Polizei Angaben machen, diskutieren müssen. Ich lade Sie dazu ein, mitzumachen. Sie haben bereits angezeigt, dass Sie bereit sind, mit uns darüber zu diskutieren. Wir werden diesem Gesetzentwurf zum Menschenhandel zustimmen, weil wir sonst eine Situation in Europa hätten, die unerträglich wäre, aber optimal ist die Lösung nicht. Vielen Dank. Die nächste Rednerin ist die Kollegin Irmingard Schewe-Gerigk, Bündnis 90/Die Grünen. Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513518800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Kollege Kauder, es ist bekannt, dass die CDU/CSU
immer etwas langsamer ist. Sie sprechen von Zeitdruck,
aber es liegt ein halbes Jahr zwischen der ersten und der
dritten Lesung dieses Gesetzentwurfs. Ich glaube schon,
dass ein halbes Jahr eine ausreichende Zeit ist.


(Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: Drei Monate Umsetzungsfrist!)


Allen bayerischen Unkenrufen zum Trotz liegt der
Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes im Bereich
des Menschenhandels und der Zwangsverheiratung
heute vor. Insbesondere durch die Änderungsanträge, die
Rot-Grün als Folge der Sachverständigenanhörung for-
muliert hat, wird der EU-Rahmenbeschluss umfassend
in deutsches Recht umgesetzt. Die Zahlen sind hinläng-
lich bekannt – Sie haben sie gerade erwähnt –: Bis zu
500 000 Frauen werden jährlich aus Osteuropa nach
Westeuropa verbracht. Das Geschäft ist lukrativ, das
Risiko, als Täter verurteilt zu werden, ist gering.
Menschenhandel ist ein Ermittlungsdelikt. Dort, wo
wegen Personalmangels nicht ermittelt wird, kann auch
nicht angeklagt und nicht verurteilt werden. Hinzu
kommt, dass vielfach Verfahren eingestellt werden
mussten, oft aufgrund von mangelnden Beweisen, aber
auch weil Opferzeuginnen aus Angst die Aussage ver-
weigerten, häufig aber auch wegen der bisherigen Defi-
nition.

Mit dem heutigen Strafrechtsänderungsgesetz verbes-
sern wir den strafrechtlichen Schutz der Opfer von
Menschenhandel, wir erleichtern die Strafverfolgung
und schließen Strafbarkeitslücken. Wir geben auch eine
Antwort auf die Tatsache, dass der Menschenhandel fa-
cettenreicher ist, als er vom Gesetz bisher erfasst wurde.
Zwar stellt die Zwangsprostitution das häufigste Delikt
dar, aber die Ausbeutung findet auch in anderen Berei-
chen statt, etwa in Peepshows, zur Herstellung pornogra-

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(C (D hischer Darstellungen, bei der Zwangsverheiratung und ei der Zwangsarbeit. Daher haben wir die Tatbestände erweitert und in den bschnitt über die Straftaten gegen die persönliche Freieit gestellt. Ein Tatbestand des Menschenhandels zur usbeutung der Arbeitskraft wurde neu geschaffen. Die Idee, den Zwang zur Ehe ausdrücklich in das trafgesetzbuch aufzunehmen und damit ein wirksames ignal gegen Zwangsverheiratung zu setzen, haben wir ängst in unseren Gesetzentwurf aufgenommen, bevor aden-Württemberg die Bundesratsinitiative gestartet at, die jetzt erst einmal vom Bundesrat gestoppt wurde. ünftig gilt die Zwangsverheiratung als besonders chwerer Fall der Nötigung und kann mit einer Freiheitstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden. Wer aber den Opfern wirklich helfen will, muss vor llem dafür sorgen, dass sie im Falle einer Rückkehr ihen Aufenthaltsstatus nicht nach sechs Monaten verlieen. Das ist mit Ihnen, meine Damen und Herren von der DU/CSU, offensichtlich nicht möglich; es ist aber raktizierter Opferschutz, für den Sie sich sonst immer ehr intensiv einsetzen, Herr Kauder. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Doch zurück zum Menschenhandel: In der Sachver-
tändigenanhörung wurde eine Reihe von Verbesse-
ungsvorschlägen gemacht, die sich in den Änderungs-
nträgen wiederfinden. Durch den neuen Tatbestand
Förderung des Menschenhandels“ werden nun auch
eihilfeartige Handlungen wie das Beherbergen oder Be-
ördern von Opfern erfasst. Erst dadurch können wirt-
chaftlich profitierende Hintermänner bzw. Personen aus
em kriminellen Umfeld bestraft werden, denen bisher
ein Menschenhandel im engeren Sinne nachzuweisen
ar. Ich halte das für einen sehr wichtigen Schritt.
Ich bin auch sehr froh darüber, dass für den Tatbe-

tand der sexuellen Ausbeutung nicht länger die Vo-
aussetzung gelten soll, dass der Täter durch die Tat ei-
en Vermögensvorteil erlangt. Wie wir wissen, muss das
äterverhalten nicht immer durch Vermögenswerte mo-
iviert sein.
Das Schutzalter, bei dem Menschenhandel auch ohne

as Ausnutzen einer Zwangslage strafbar ist, wird wei-
erhin bei 21 Jahren liegen, auch wenn dies in rechtssys-
ematischer Hinsicht vielleicht keine saubere Lösung ist.
ir meinen aber, dass dadurch ein wirksamerer Schutz
er Opfer gegeben ist, die überwiegend der Altersgruppe
er 18- bis 21-Jährigen angehören und deren Unerfah-
enheit ausgenutzt wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Diese Änderungen werden den strafrechtlichen
chutz der Opfer stärken und die Täter und Täterinnen
vereinzelt handelt es sich auch um Frauen – zur Ver-
ntwortung ziehen. Um aber eine effiziente Verbesse-
ung zu erzielen, sind weitere Schritte nötig. Dabei spielt
as Zeugnisverweigerungsrecht für Fachberatungsstellen






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

eine zentrale Rolle. Das werden wir im Rahmen der
Strafprozessordnungsreform regeln.

Ich glaube, wir wären gut beraten, eine prozentuale
Beteiligung an den eingezogenen Gewinnen als Unter-
stützung für die Arbeit der Fachberatungsstellen vorzu-
sehen. Auch aufenthaltsrechtliche Änderungen trügen
im gleichen Maße zum Opferschutz und zur Ermittlung
der Täter bei. Dabei handelt es sich um einen Knack-
punkt, über den wir gerne mit der CDU/CSU diskutieren
würden.

Lassen Sie mich noch etwas zu der von Ihnen gefor-
derten Freierbestrafung anmerken, Herr Kauder. Es ist
wirklich sehr schade, dass die Union ihre Zusage aus
dem ansonsten sehr guten Berichterstattergespräch nicht
eingehalten und den Antrag jetzt doch zur Abstimmung
gestellt hat. Wir waren uns darin einig, eine genaue Prü-
fung möglicher Strafbarkeitslücken vornehmen zu wol-
len. Wir wollen auch verhindern, dass Freier die Hilflo-
sigkeit der Opfer von Menschenhandel ungestraft
ausnutzen können. Der Antrag der Union hat sich aber
nicht ausreichend mit den praktischen und juristischen
Schwierigkeiten dieses Vorhabens auseinander gesetzt.


(Abg. Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513518900

Für diesen Wunsch nach einer Zwischenfrage gilt lei-

der das Gleiche, das ich vorhin schon angeführt habe: Da
Ihre Redezeit bereits überschritten ist, kann ich sie nicht
zulassen.


(Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: Ich stand aber schon vor dem Ende der Redezeit!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dann werde ich mich nach meiner Rede à deux mit
dem Kollegen Kauder zusammensetzen, um diese Frage
zu besprechen.

Gestatten Sie mir einen letzten Satz: Wir werden ju-
ristisch, aber auch mithilfe von Fachleuten aus der Pra-
xis prüfen, ob und wo es noch Lücken gibt und wie wir
sie schließen können. Daneben müssen wir aber die Ge-
sellschaft und insbesondere die Männer weiter sensibili-
sieren. Denn Gesetze alleine helfen nicht weiter. Wir als
Gesetzgeber und Gesetzgeberinnen wollen das Unsere
dazu tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513519000

Frau Kollegin Schewe-Gerigk, ich nehme den Vor-

schlag zur bilateralen Beilegung vermeintlicher Mei-
nungsverschiedenheiten als innovativen Beitrag zur Ver-
kürzung unserer Parlamentsdebatten dankbar auf


(Beifall bei allen Fraktionen)


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(C (D nd rege an, dass die Parlamentarischen Geschäftsführer elegentlich die Einbeziehung dieses Instruments in unere Geschäftsordnung prüfen. Nun hat der Kollege Jörg van Essen für die FDP raktion das Wort. Herr Präsident, ich glaube, dass wir dafür keine ge chäftsordnungsrechtliche Regelung brauchen; denn der esunde Menschenverstand sagt einem schon, dass man as kann. Wir Liberale sind selbstverständlich immer geen Bürokratie und werden dafür sorgen, dass es hier eine zusätzliche Bürokratie gibt. (Beifall bei der FDP sowie der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Zuruf von der SPD: Selbstlob!)

Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1513519100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der
ollege Kauder hat sehr viele – wie ich finde: berech-
igte – kritische Bemerkungen zu dem heute zu verab-
chiedenden Gesetzentwurf gemacht. Frau Kollegin
chewe-Gerigk, er hat auch berechtigte Kritik daran ge-
ußert, dass die zeitliche Frist zur Umsetzung über-
chritten worden ist. Das Parlament hat zwar schnell
eraten. Aber die Bundesregierung hat einen entspre-
henden Gesetzentwurf viel zu spät eingebracht.


(Zuruf von der CDU/CSU: Die Bundesregierung hat wieder geschlafen!)


Trotzdem denke ich, dass heute ein außerordentlich
ositiver Tag ist, und zwar deshalb, weil sich gezeigt hat,
ass die parlamentarischen Beratungen zu einer erhebli-
hen Verbesserung geführt haben. Ich bin wie die Kolle-
in Schewe-Gerigk der Meinung, dass das Schutzalter
on 21 Jahren genau richtig ist; denn wir wissen aus der
raxis, dass die Gruppe der 18- bis 21-Jährigen beson-
ers häufig Opfer von Menschenhändlern ist.
In der Debatte ist bereits mehrfach – zu Recht – da-

auf hingewiesen worden, dass es nicht allein bei straf-
echtlichen Vorschriften bleiben darf, sondern dass viele
ndere, zusätzliche Anstrengungen notwendig sind. Ich
öchte einen Aspekt ansprechen, der mir besonders
ichtig ist. Wir alle wissen, dass es insbesondere einen
enschenhandel mit jungen Frauen von Osteuropa
ach Westeuropa gibt. Durch den Wegfall von Grenzen
st das Ganze zusätzlich erleichtert worden. Mir bereitet
abei erhebliche Sorge, dass in vielen osteuropäischen
taaten noch immer Korruption in der politischen Elite,
ber auch in der Polizei ganz wesentlich dazu beiträgt,
ass solche Machenschaften möglich sind. Wir sollten
das gehört für mich zum Thema der heutigen Debatte
azu – die Regierungen insbesondere der Staaten, die
er Europäischen Union vor kurzem beigetreten sind,
uffordern, hier durchzugreifen und dafür zu sorgen,
ass diese schrecklichen Praktiken nicht länger mit staat-
icher und insbesondere nicht mit polizeilicher Unter-
tützung möglich sind.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Jörg van Essen

Ich bin sehr froh, dass wir in den letzten Wochen und

Monaten sehr viel intensiver über das Thema „Zwangs-
verheiratung“ sprechen. Die Diskussion hat gezeigt, dass
sie gerade in unserem Land sehr viel häufiger üblich ist,
als es von uns akzeptiert werden kann. Wir haben heute
Vormittag über die Aufnahme von Beitrittsverhandlun-
gen mit der Türkei gesprochen. Ich denke, dass eine Be-
endigung der unerträglichen Praxis der Zwangsverhei-
ratung zu den Forderungen gehört, die wir an diejenigen
Staaten stellen müssen, die Mitglied der Europäischen
Union werden wollen. Auch das ist nach meiner Auffas-
sung ein ganz wichtiges Signal, das von der heutigen
Debatte ausgeht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)


Herr Präsident, ich glaube, ich habe gerade eine
Punktlandung hingelegt und meine Redezeit genau ein-
gehalten.

Es gäbe zwar noch viele Punkte anzusprechen. Aber
ich denke, es ist ein gutes Zeichen, dass alle Fraktionen
des Bundestages dem Gesetzentwurf zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513519200

Das Wort hat nun die Kollegin Erika Simm, SPD-

Fraktion.

Erika Simm (SPD):
Rede ID: ID1513519300

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Im Laufe des Beratungsverfahrens hat sich
– darauf ist schon hingewiesen worden – eine Reihe von
Änderungen an dem Gesetzentwurf ergeben, den wir
heute, wie ich hoffe, gemeinsam verabschieden werden.
Sie folgten aus dem Ergebnis der Sachverständigenanhö-
rung. Es gibt aber noch einen anderen Aspekt, den Sie,
Herr Kauder, heute schon angesprochen haben und auf
den ich in den Beratungen des Rechtsausschusses auch
bereits hingewiesen habe. Wir hatten ein gewisses Pro-
blem mit der Umsetzung des Rahmenbeschlusses des
Rates der Europäischen Union; denn dieser ist so de-
tailliert und geradezu perfektionistisch formuliert, dass
wir von Sachverständigen mahnend darauf hingewiesen
wurden, an der einen oder anderen Stelle hätten wir die-
sen Beschluss nicht zu 100 Prozent – ich erlaube mir zu
sagen: zu 150 Prozent – umgesetzt. Das hat die Sache
nicht gerade leichter gemacht. Ich erwähne das nur, um
meinem Wunsch einen gewissen Nachdruck zu geben,
dass man in Zukunft den nationalen Gesetzgebern etwas
mehr Spielraum einräumt. Man sollte sich von dem
Misstrauen gegenüber den nationalen Gesetzgebern frei
machen, wenn es um die ordnungsgemäße Umsetzung
europäischer Beschlüsse geht. Dieses Misstrauen kommt
für mich in dem Versuch zum Ausdruck, möglichst alles
auf europäischer Ebene zu regeln.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D ch sehe ein großes Problem, wenn man so perfektionisisch ins Detail gehende Regelungen in ein gewachsenes ationales Strafrecht mit seiner gewachsenen Systemaik, Dogmatik und vor allem seiner eigenen Begrifflicheit umsetzen soll. ir diskutieren noch darüber, aber ich hoffe, dass wir nsere Vertretung auf europäischer Ebene verbessern ich meine die Vertretung und Präsenz des Parlamenes –, damit wir eine Chance haben, in dieser Richtung rüher wirksam zu werden. Das Problem der Zwangsheirat ist mehrfach ange prochen worden. Herr van Essen, vielleicht vermitteln ie dies Ihren Parteifreunden in Berlin. Ich habe heute m Berliner „Tagesspiegel“ gelesen, dass es eine Initiaive im Abgeordnetenhaus gibt, die Initiative von Badenürttemberg im Bundesrat zu unterstützen. Wir haben it unserem Gesetzentwurf in § 240 Abs. 4 die Zwangseirat als besonders schweren Fall der Nötigung unter trafe gestellt. Dadurch erübrigt sich diese Initiative. (Jörg van Essen [FDP]: Das Problem ist vielschichtiger! Es muss auch im Zivilrecht angegangen werden!)


(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)


(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)


Das ist natürlich etwas anderes. Man muss es an der
ichtigen Stelle tun.


(Jörg van Essen [FDP]: Richtig! Aber auch die baden-württembergische Initiative ist vielschichtiger!)


Noch ein Wort zur Freierbestrafung: Auch wenn die
DU/CSU ihren Änderungsantrag formal nicht zurück-
enommen hat – ich habe ein gewisses Verständnis da-
ür, weil ein Berichterstatter so etwas nicht immer allein
ntscheiden kann –, so hat es doch eine Verständigung
arüber gegeben, dass sich daran in den Beratungen im
usschuss kein Konflikt entzünden soll, weil wir uns
ehr oder weniger stillschweigend darüber einig sind,
ass wir es mit einem schwierigen Vorhaben zu tun ha-
en, wenn wir versuchen, die Freier strafrechtlich zu fas-
en.
Im Prinzip bin ich der Meinung, dass die Ausnutzung

er Zwangslage von Opfern des Menschenhandels
in strafwürdiges Verhalten ist. Ich weiß aber auch, dass
ir ein Legalitätsprinzip im Bereich der Strafverfolgung
aben mit dem Ergebnis: Wenn wir Strafgesetze ma-
hen, muss die Polizei verfolgen, muss umsetzen und
ersuchen, der Täter habhaft zu werden. Wir befinden
ns hier in einem schwierigen Bereich hinsichtlich der
eweisführung. Denn natürlich werden die Täter be-
treiten, gewusst zu haben oder eine Möglichkeit gehabt
u haben, zu erkennen, dass die Prostituierte, mit der sie
s zu tun hatten oder zu tun haben wollten, Opfer eines
enschenhandels ist.
Von daher ist uns nicht sehr geholfen, wenn wir auf

en Leichtfertigkeitstatbestand ausweichen, zumal die-
er – Frau Ministerin hat das schon gesagt – unserem Se-
ualstrafrecht fremd ist. Dennoch bin ich der Meinung,






(A) )



(B) )


Erika Simm

dass wir uns die Mühe machen sollten, dies sorgfältig zu
prüfen. Wir sind bereit – für die Kollegen von der SPD-
Fraktion kann ich dies sagen –, an dem Versuch, eine ad-
äquate Lösung zu finden, mitzuwirken.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513519400

Frau Kollegin Simm, darf der Kollege Kauder Ihnen

eine Zwischenfrage stellen?


Erika Simm (SPD):
Rede ID: ID1513519500

Gern.


Siegfried Kauder (CDU):
Rede ID: ID1513519600

Frau Kollegin Simm, sind wir uns darüber einig, dass

die Menschenhandelsvorschriften nicht in die Sexualde-
likte eingegliedert sind, sondern dass Menschenhandel,
so, wie die Regierung ihn formuliert hat, auch die Aus-
nutzung der Arbeitskraft bedingt und somit eher ein Ge-
waltdelikt und weniger ein Sexualdelikt ist, sodass sich
die Frage nach einer fahrlässigen Bestrafung unter dem
Gesichtspunkt eines Sexualdeliktes so nicht stellt?


Erika Simm (SPD):
Rede ID: ID1513519700

Sie haben Recht. Wir haben es jetzt in den Bereich

des 18. Abschnittes eingeordnet. Dieser beinhaltet die
Straftaten gegen den freien Willen. Aber durch die An-
knüpfung bei der Prostitution besteht schon ein doppel-
ter Bezug. Ganz außerhalb des Bezuges zu den Sexual-
straftaten bewegen wir uns also nicht.

Für mich ist das auch nicht das Entscheidende. Für
mich ist entscheidend, eine Strafvorschrift zu formulie-
ren, die für die Polizei und für die Strafverfolgungsbe-
hörden handhabbar ist und tatsächlich zu Verurteilungen
führen kann, wenn es mit der nötigen Sorgfalt und mit
Nachdruck verfolgt wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Ich komme zum Schluss. – Als ostbayerische Abge-
ordnete, die relativ nah an der tschechischen Grenze
wohnt, weiß ich aus eigener Anschauung, was dort in
Grenznähe im Bereich der Prostitution passiert. Ich
würde mir ganz dringend wünschen, dass die tschechi-
schen Behörden nachdrücklicher versuchen würden, die
Vorgänge dort, jedenfalls soweit sie kriminellen Bezug
haben, zu unterbinden. Dann täten wir uns bei Diskus-
sionen, wie wir sie zum Beispiel über die Bestrafung der
Freier führen, ein Stück leichter.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513519800

Letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist

die Kollegin Ute Granold, CDU/CSU-Fraktion.

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(C (D Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! ir müssen einmal festhalten, dass der Rahmenbe chluss, der hiermit umgesetzt werden soll, bereits vom uli 2002 stammt und dass seitdem lange nichts getan urde. Erst im Mai dieses Jahres wurde ein Entwurf vorelegt, der dann im Schnellverfahren beraten werden ollte und nun zur Verabschiedung ansteht. Insofern ann ich nicht ganz nachvollziehen, dass ausreichend eit zur Verfügung gestanden haben soll. Was die Anhörung ergeben hat – es war eine sehr gute nhörung –, wurde umgesetzt. Als wichtigen Punkt enne ich das Schutzalter bei der sexuellen Ausbeuung, das bei 21 Jahren geblieben ist. Es war das Verienst der Union, dass das erreicht wurde. Der FDP auch. – In diesem ganz wichtigen Punkt onnte der Entwurf also noch verbessert werden. Meine Kollegen und ich hätten uns gewünscht, dass ie Koalitionsvorlage auch etwas zu der von uns geforerten Freierbestrafung enthalten hätte. Wir haben das m Rahmen der Anhörung im Rechtsausschuss eingeracht und zu diskutieren versucht. Leider wurde eine anze Reihe von Gründen dagegen vorgetragen. Es urde auf die Beweisproblematik hingewiesen und daauf, dass der Vorschlag nicht ausreichend ausgearbeitet st. Man hat sich nicht mit dem Inhalt befasst, sondern ffenbar versucht, das, was von der Union eingebracht orden war, nicht weiter zu verfolgen, obwohl wir uns n späteren Gesprächen in der Bewertung, dass hier eine trafbarkeitslücke besteht, die geschlossen werden ollte, relativ nahe waren. Wir haben auch darüber gesprochen, dass der Frei taat Bayern im Bundesrat selbst einen Entschließungsntrag eingebracht hat, um die Vorschriften zum Menchenhandel, die in der Vorlage unzureichend waren, zu erbessern und die Freierbestrafung bei Zwangsprostituion auf den Weg zu bringen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie haben ange oten, mit uns zusammen ein Gesetz auf den Weg zu ringen. Wir nehmen dieses Angebot auch dankbar an. ch möchte hier zwei Sachverständige zitieren, die im ahmen der bereits durchgeführten Anhörung zur Freirbestrafung Stellung bezogen haben, nämlich Professor r. Renzikowski, der von der SPD benannt worden war, nd den Generalstaatsanwalt beim OLG Bamberg. Beide aben gesagt: Es besteht eine Strafbarkeitslücke. Der esetzgeber ist aufgefordert, diese Lücke zu schließen. ie Freier, die zwar nicht selbst auf das Opfer einwiren, aber die Zwangslage und die auslandsspezifische ilflosigkeit ausnutzen, müssen bestraft werden. Warum besteht diese Situation? Weil es eine Nach rage gibt. Deshalb meinen wir, dass wir bei der Nachrage anknüpfen und dafür sorgen müssen, dass die reier, die Kunden, die die Frauen nachfragen – das sind ie wahren Ausbeuter; sie tragen durch ihr Verhalten azu bei, dass Frauen in dieser Zwangslage unsägliches eid erfahren –, bestraft werden und die Opfer geschützt erden. Ute Granold Insofern ist hier doch eine andere Situation gegeben. Es wird immer eingewandt, wir hätten mit dem Prostitutionsgesetz eine Entpönalisierung erreicht und wollten nun die Freier bestrafen. Da muss man doch unterscheiden. Beim Prostitutionsgesetz geht es um diejenigen, die freiwillig in der Prostitution tätig sind. Bei der Freierbestrafung geht es um die Kunden, die Frauen ausnutzen, die in einer Zwangslage sind. Insofern ist hier auch kein Wertungswiderspruch festzustellen. Man muss im Übrigen sagen, dass die Freier, wenn sie ihre Augen und ihre Ohren aufmachen, sehr wohl bemerken können, ob sich eine Frau in einer Zwangslage befindet oder nicht. Ich habe mich sehr gefreut, als ich vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken und vom Verein der evangelischen Frauenarbeit gehört habe, dass sich beide Kirchen in die Diskussion über die Änderung der Menschenhandelsvorschriften eingebracht und dem Grunde nach gefordert haben, dass die Freierbestrafung bei Zwangsprostitution auf den Weg gebracht wird. Meine Damen und Herren Kollegen aus den Regierungsfraktionen, wir haben uns bei dem Vorschlag, den wir eingebracht haben, sehr wohl Gedanken gemacht und auch die Beweisproblematik gesehen. Wir haben im Vorfeld mit Betroffenen, mit der Polizei, mit Staatsanwaltschaften und mit Hilfsorganisationen wie SOLWODI gesprochen; Frau Simm, wir waren an der tschechischen Grenze und haben dort mit JANA gesprochen, ebenfalls eine Opferschutzeinrichtung. Sie alle haben uns ermutigt, diesen Gesetzesvorschlag auf den Weg zu bringen. Wir meinen, dass wir die Probleme, die jetzt diskutiert werden, lösen könnten. Wir haben schon Mitte der 90er-Jahre etwas auf den Weg gebracht, indem wir das Sexualstrafrecht geändert und die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe gestellt haben. Wir wissen, dass der Menschenhandel eine Form der Sklaverei im 21. Jahrhundert – dabei geht es insbesondere um Sexund Arbeitssklaverei – und mittlerweile das weltweit profitabelste Geschäft mit einem jährlichen Umsatz von 60 Milliarden Euro ist. Wir sind uns einig, dass die katastrophalen Arbeitsund Lebensbedingungen in den Herkunftsländern dringend geändert werden müssen und dafür auch unsere Unterstützung nötig ist. Wir sollten aber auch den Frauen helfen, die sich in Deutschland aufhalten – Sie haben gehört, von den 500 000 bis 600 000 Menschen in Europa leben eine ganze Menge in Deutschland; es gibt keine gesicherten Zahlen, deshalb möchte ich auch keine nennen – und zum größten Teil durch Gewalt oder Repressalien ihnen persönlich oder ihren Familien gegenüber zur Prostitution in Deutschland gezwungen werden. Auch viele Minderjährige erleiden dabei unsägliches Leid. Wer heute die Zeitung aufschlug, konnte lesen, dass in Brasilien ein Deutscher zusammen mit seiner Ehefrau verhaftet wurde, der in großem Umfang Mädchen der Zwangsprostitution in Deutschland zugeführt hat. Dieser Mädchenhändlerring, der jetzt zerschlagen wurde, ist nur einer von vielen. Daran sehen wir, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Ich würde mich freuen – Frau Justizministerin, Sie haben schon gesagt, dass Sie froh darüber wären –, wenn auch die Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen mit uns im Sinne der Sa c W d r a W v F e z c B s b s s w u G W e n d (C (D he an einem Anti-Freier-Gesetz arbeiten und es auf den eg bringen würden. Wir können den Vorschlag, den ie CDU/CSU hier unterbreitet hat, gerne in einer weiteen Anhörung diskutieren. Wir sollten uns dann aber uch gemeinsam darum bemühen, ein Gesetz auf den eg zu bringen und umzusetzen, damit den Frauen, die iel Leid erfahren, geholfen werden kann. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den von den raktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen ingebrachten Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetes – §§ 180 b und 181 Strafgesetzbuch – auf Drucksahe 15/3045. Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner eschlussempfehlung auf Drucksache 15/4048, den Geetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich itte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in dieser Fasung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzenturf ist damit in zweiter Beratung angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Wer möchte sich der Stimme nthalten? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angeommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann, Dr. Volker Wissing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Projekt des Umweltbundesamtes zur so genannten verdeckten Feldbeobachtung stoppen – zu dem Antrag der Abgeordneten Gitta Connemann, Peter H. Carstensen Dr. Peter Jahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz stärken – Drucksachen 15/2668, 15/2969, 15/3545 – Berichterstattung: Abgeordnete Gustav Herzog Gitta Connemann Friedrich Ostendorff Dr. Christel Happach-Kasan Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für iese Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei Vizepräsident Dr. Norbert Lammert die FDP fünf Minuten erhalten soll. – Dazu stelle ich Einvernehmen fest. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Renate Jäger für die SPD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute über zwei Anträge der Opposition zu befinden, die sich mit dem Thema der so genannten verdeckten Feldbeobachtung beschäftigen. Da die meisten Erscheinungen in der Gesellschaft in eine Kette von Ursache und Wirkung eingebettet sind, stellt sich hier natürlich die Frage, wie es dazu kommt, dass die beiden Oppositionsparteien Anträge solcher Art stellen. (Zuruf von der CDU/CSU: Weil Sie so etwas gemacht haben!)

Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1513519900

(Jörg van Essen [FDP]: Von uns auch!)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513520000




(A) )


(B) )

Renate Jäger (SPD):
Rede ID: ID1513520100

Wir Umweltpolitiker haben über Partei- und Frak-
tionsgrenzen hinweg ein gemeinsames Ziel, das kurz ge-
sagt darin besteht, die uns umgebende Natur in all ihren
Facetten, in Form von Pflanzen und Tieren, Landschaft,
Wasser und Luft, für uns und unsere Nachkommen sau-
ber, gesund und lebenswert zu erhalten. Es ist ein Stück
Verantwortung vor Gott und den Menschen, wie es in
unserem Grundgesetz heißt.

Auf den Wegen hin zu diesem Ziel kommen wir aller-
dings recht schnell zu unterschiedlichen Auffassungen.
Wir müssen die Wege in das demokratische System
einpassen und sie in Abwägung und Relation zu Wirt-
schaftlichkeit, Effektivität, Kosten usw. umsetzen. Die
Hauptfrage aber entscheidet sich in der Regel an dem
Parameterpaar Ökonomie und Ökologie. Diese kann
man zum einen als eng verbundene Einheit sehen oder
zum anderen als weit auseinander liegende gegensätzli-
che Pole. Zwischen den beiden gibt es einen breiten
Spielraum unterschiedlicher Nähe zur Ökologie auf der
einen Seite bzw. zu den ökonomischen Wirkungen auf
der anderen Seite.

Bei der Beratung der Oppositionsanträge ist zunächst
zu erwähnen, dass das Pflanzenschutzgesetz mit all sei-
nen Auflagen unter der Ägide der CDU/CSU im
Mai 1998 im Bundestag beschlossen wurde. Es ist ein
Bundesgesetz und für die Kontrolle seiner Einhaltung
sind die Pflanzenschutzämter der Länder zuständig.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Richtig!)

Bundesseitig haben wir das Umweltbundesamt, das un-
ter anderem auch für die Weiterentwicklung des Um-
weltschutzes zuständig ist, das Wege für die Lösung von
Umweltproblemen aufzeigen und dem BMU und auch
anderen Ministerien diesbezügliche fachliche Konzepte
vorschlagen soll.

Im Rahmen dieser Aufgaben sah es das Umweltbun-
desamt als notwendig an, Daten zu sammeln, um die
Praktikabilität der Anwendung des Pflanzenschutzgeset-
zes zu überprüfen und gegebenenfalls zu verbessern. Da
die Daten der Pflanzenschutzämter der Länder dem Um-
weltbundesamt nicht vorlagen, griff das UBA auf den
Weg der verdeckten Feldbeobachtung zurück, der viel-
leicht besser als Ausweg zu bezeichnen ist. Gedacht sind

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(C (D ie Kontrollen zur Datenerhebung, aber nicht, um den andwirt mit Sanktionen zu belegen, ondern, um ihm Hilfe zu geben. In ihrem Antrag macht die FDP den destruktiven Vor chlag, das Projekt der Feldbeobachtung sofort und ganz u stoppen. (Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das sagen sogar Herr Priesmeier und Herr Ostendorff! Das sagen auch Ihre Kollegen!)


(Gustav Herzog [SPD]: Sehr richtig!)


onnte man das Pferd nicht auch von der anderen Seite
ufzäumen? Konnte man das nicht konstruktiv angehen,
um Beispiel indem Sie über den Bundesrat – Sie sind ja
n einigen Regierungen beteiligt – die Länder aufgefor-
ert hätten, dem UBA die gesammelten Daten der Pflan-
enschutzämter zur Verfügung zu stellen?


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Kann das UBA das nicht selber machen? – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Hätte das UBA nicht fragen können?)


Es kann doch wohl nicht sein, dass die Länder die
aten auch nach Aufforderung nicht herausgeben, ob-
ohl der Bund für die Lebensmittelsicherheit verant-
ortlich ist.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Sie geben sie doch inzwischen heraus!)


iegen dem UBA ausreichend Daten vor, braucht keine
erdeckte Feldbeobachtung durchgeführt zu werden. Bis
ergangenen Montag lagen weder dem Umweltministe-
ium noch dem Ministerium für Verbraucherschutz, Er-
ährung und Landwirtschaft gelieferte Daten vor.
Besonders kess geht die CDU/CSU in ihrem Antrag

or. Sie nimmt die Feldbeobachtung zum Anlass, wirk-
ame Kontrollen gleich ganz auszuhebeln. Das Pflanzen-
chutzgesetz soll ihrer Meinung nach dahin gehend ge-
ndert werden, dass eine Kontrolle nur nach vorheriger
echtzeitiger schriftlicher Ankündigung in angemessener
rist durchgeführt werden darf. Was hier „angemessen“
eißt, lassen Sie aber offen. Auf alle Fälle wollen Sie
em Landwirt reichlich Zeit geben, alles, was eine Er-
enntnis über ein eventuelles ungesetzliches Ausbringen
on Pestiziden und Düngemitteln bringen könnte, weg-
uräumen und zu sortieren.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das ist eine ganz infame Unterstellung!)


a Sie auch die Wohnräume zum Tabu erklären wollen,
st das noch leichter zu bewerkstelligen. Dort, wo Ge-
chäfts- und Wohnräume zusammenliegen, dürfte gar
icht kontrolliert werden.
Für wen betreiben Sie eigentlich Lobbypolitik?

(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Denken Sie an Ihre Diskussion zum großen Lauschangriff!)


en Landwirten, die ihren Grund und Boden geset-
estreu, kostenbewusst und ökologisch vernünftig






(A) )



(B) )


Renate Jäger

bewirtschaften, dienen Sie mit diesem Antrag bestimmt
nicht, im Gegenteil.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie schüren dadurch Misstrauen im gesamten Berufs-
stand, als ob es hier eine ganze Menge zu verbergen
gäbe.

Wir lehnen diese beiden Anträge ab.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513520200

Das Wort hat nun die Kollegin Gitta Connemann,

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1513520300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Stellen Sie

sich einmal vor: Sie sind zu Hause, vor sich eine Tasse
Ostfriesentee – so wäre es jedenfalls bei uns –, sicher in
dem Gefühl „My home is my castle“. Plötzlich steht ein
Team von Ermittlern vor Ihrer Tür und verlangt den Zu-
tritt zu Ihrer Wohnung, um zu überprüfen, ob Sie Ihren
Blumendünger vorschriftsmäßig verwahrt haben. Sie
sind natürlich aufgebracht und pochen – „Meine Woh-
nung ist unverletzlich“ – auf Art. 13 Grundgesetz. Die
Ermittler weisen darauf hin, dass dieses Grundrecht für
Sie nicht greift. Also: Türen auf, Schränke auf.

Unmöglich, sagen Sie? Weit gefehlt, meine Damen
und Herren. Genau diese Szene kann für unsere Land-
wirte jeden Tag Wirklichkeit werden.


(Zuruf des Abg. Gustav Herzog [SPD])

– Ich komme noch darauf zu sprechen, Herr Kollege
Herzog. – Denn § 38 Pflanzenschutzgesetz macht es
möglich. Die zuständigen Behörden dürfen die Räume
besichtigen und untersuchen, und zwar ohne dringenden
Tatverdacht. Dabei handelt es sich nicht nur um die Be-
triebsräume, nein, auch um die Privaträume. Denn für
landwirtschaftliche Betriebe ist das Grundrecht auf Un-
verletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt.

Diese Regelung – das ist richtig – wurde 1986 einge-
führt.


(Gustav Herzog [SPD]: Wer war denn da Landwirtschaftsminister?)


Zielrichtung war der Betriebsinhaber, der gegen das Ge-
setz verstößt. Denn niemand von uns will einen Missetä-
ter schützen. Die damalige Bundesregierung konnte aber
sicher sein, dass die zuständigen Landesbehörden von
dieser Ermächtigung nur im Verdachtsfall Gebrauch ma-
chen würden.


(Gustav Herzog [SPD]: Und die Länderbehörden haben sich geändert?)


Wer aber hätte ahnen können, dass es jemals einen Mi-
nister Trittin geben würde? Sein Klimabeitrag besteht

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(C (D arin, immer wieder Eiszeiten zwischen Umweltschutz nd Landwirtschaft auszulösen. Das letzte – wirklich allerletzte – Beispiel ist das Pro ekt, das in der Öffentlichkeit den Titel „Bauernspione“ rhalten hat. Dieser Titel macht deutlich, dass hier ein anzer Berufsstand unter Generalverdacht gestellt wird. m Oktober 2003 schrieb das dem Umweltministerium nterstellte Umweltbundesamt diese Leistung aus: „Mitels verdeckter Feldbeobachtung“ – Ende des Zitats – (Gustav Herzog [SPD]: Zitieren Sie doch weiter!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


oll die Einhaltung der Anwendung von Pflanzenschutz-
itteln erfasst, Landwirte und Gärtner beobachtet wer-
en.
Mittel und Ziel des Vorhabens lassen an einen Film

m Geheimdienstmilieu eines John le Carré etwa nach
em Motto „Der Spion, der aus der Uni kommt“ denken.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

enn mit der Beobachtung sind Studenten beauftragt.
enntnisse über Pflanzenschutzmittel und Geräte, die
andwirte und Gärtner in sehr zeitintensiven Pflichtlehr-
ängen erlernen, sollen den Studenten der Kunstge-
chichte, der Jurisprudenz etc. im Crashkurs vermittelt
erden. Dann auf zur Feldbeobachtung!
Es ist nicht so, dass es dafür keine Experten geben
ürde, Frau Jäger. Aber wen interessiert schon, dass es
afür Mitarbeiter bei Landesbehörden gibt, die die not-
endige fachliche Qualifikation und Eignung haben?
en interessiert schon, dass der Bund gar nicht zustän-
ig ist? Jedenfalls nicht diese Bundesregierung. Da
acht es dann auch nichts, dass Planung und Vorberei-
ung des Projekts bereits 300 000 Euro verschlungen ha-
en.


(Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Dafür habt ihr Geld!)


ir haben’s ja!
Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man über diese

osse beinahe lachen.

(Gustav Herzog [SPD]: Auch über Ihre Rede!)


ber sie trifft einen ganzen Berufsstand ins Mark. Land-
irte und Gärtner werden kriminalisiert. Denn ihnen
ird per Generalverdacht unterstellt, Vorschriften zu
issachten. Dabei sollte dieser Berufsstand eigentlich
ohes Ansehen genießen. Die deutschen Bauern und
ärtner versorgen uns mit hochwertigen gesunden Le-
ensmitteln. Sie pflegen und umsorgen unsere Kultur-
andschaft. Dabei stehen sie mit dem Rücken an der
and.
Wenn der Herr Minister, die Frau Ministerin und auch

ie, Herr Kollege Herzog und Frau Kollegin Jäger, sich
eute die Mühe gemacht hätten, die Demonstration der
essischen Milchbauern vor dem Brandenburger Tor zu
esuchen, hätten Sie einmal bemerkt, wie verzweifelt die
age unserer Bauern ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Gitta Connemann

14 Betriebe sterben pro Tag in Deutschland. Anstatt den
Bauern Hilfe zuteil werden zu lassen, werden ihnen
Beobachter aufs Feld geschickt.


(Gustav Herzog [SPD]: Sie verhöhnen die Landwirte!)


Das finde ich unerträglich.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir, die Opposition, und die Öffentlichkeit stehen mit
dieser Kritik nicht allein. Ich zitiere aus der „Bild am
Sonntag“ vom 13. Juni 2004 den Kollegen Friedrich
Ostendorff, einen Parteifreund des Ministers:

Welcher Teufel reitet die Verantwortlichen eigent-
lich? Das Projekt gehört schleunigst abgeblasen!

Der Kollege Wilhelm Priesmeier, übrigens ein Mitglied
der SPD-Fraktion, stellt fest:

Trittin muss das ganze Verfahren sofort stoppen.
Wie wahr, meine Damen und Herren von der Koali-

tion. Beenden Sie endgültig dieses Drama! Nehmen Sie
zur Kenntnis: Unsere Landwirte leben von der Natur.
Die Vorstellung, jeder Bauer verfahre beim Pflanzen-
schutzmitteleinsatz nach der Methode „Viel hilft viel“,
ist völlig absurd.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie schon den Landwirten jede Moral abspre-

chen, lassen Sie sich vielleicht von Kostenargumenten
überzeugen. Mein Bruder hat einen Hof. Der Pflanzen-
schutzmitteleinsatz bei Getreide kostet ihn aktuell circa
170 Euro pro Hektar. Er kann 6 bis 10 Tonnen pro Hek-
tar bei einem Preis von circa 100 Euro pro Tonne ernten.
Glauben Sie denn im Ernst, dass er es sich bei diesen
Margen überhaupt leisten könnte, Pflanzenschutzmittel
über Bedarf einzusetzen?

Das weiß auch das Umweltbundesamt und fühlt sich
offensichtlich nicht wohl bei diesem Projekt. So erklärte
Präsident Troge vor dem Bauernverband vor zwei Wo-
chen, am 11. Oktober 2004 – ich zitiere –:

Die Landwirtschaft hat im Umweltschutz bei Luft,
Wasser und Boden in den vergangenen Jahren eine
Menge getan und viel erreicht …

Der Zustand der Gewässer habe sich dank des Einsatzes
der Landwirtschaft enorm verbessert. Weitere Anstren-
gungen müssten gemeinsam angegangen werden.

Gemeinsam, das ist das Zauberwort. Selbst Ministerin
Künast hat das inzwischen erkannt. Morgen wird ihr
Ministerium ein Reduktionsprogramm zum chemi-
schen Pflanzenschutz vorstellen. Diese Reduktion ist
– um es hier ganz klar zu sagen – im Interesse aller, ins-
besondere auch im Interesse der Bauern. Für dieses Pro-
gramm wurde der Dialog mit allen Beteiligten, also mit
den Landwirten, den Behörden auf Landesebene und den
Herstellern von Pflanzenschutzmitteln, gesucht. Offen-
bar waren die Gespräche auf dieser Ebene durchaus po-
sitiv. Allerdings bleibt abzuwarten – das ist dann der
Überraschungseffekt –, ob sich die am Dialog Beteilig-
ten tatsächlich in dem Programm wiederfinden werden.

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(C (D In diesen Dialog muss auch Minister Trittin eintreten. ir wollen keinen Überwachungsstaat. ir wollen keine Bauernstasi. Stellen Sie Ihre Jagd ein! eenden Sie die verdeckte Feldbeobachtung! Ändern ie das Pflanzenschutzgesetz für eine vertrauensvolle nd konstruktive Zusammenarbeit von Landwirtschaft nd Umweltschutz! Vielen Dank. Ich erteile das Wort dem Kollegen Friedrich stendorff, Bündnis 90/Die Grünen. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513520400
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Zu dem Antrag der CDU/CSU mit dem Titel „Ver-
rauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit zwi-
chen Landwirtschaft und Umweltschutz stärken“
öchte ich sagen: Dieser Titel ist gut; der Rest ist Mist.


(Beifall der Abg. Gabriele Hiller-Ohm [SPD])

ie wissen, dass ich mich zu dem in dem Projekt der ver-
eckten Feldbeobachtung des Umweltbundesamtes ge-
lanten Verfahren sehr ablehnend geäußert habe. Denn
ch halte es für den Dialog, den wir mit der Landwirt-
chaft im Rahmen des Pflanzenschutzreduktionspro-
rammes führen wollen, für nicht dienlich. Deshalb
ände ich ein Verfahren falsch, das Heckenschützenmen-
alität und Denunziation möglicherweise fördern könnte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Aber Sie wissen auch, dass das Umweltbundesamt

ach längerem Streit bereit ist, auf die eigene Erhebung
u verzichten,


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ach!)

enn die Länder die Ergebnisse der Anwendungskon-
rollen liefern. Die Pflanzenschutzämter sind jetzt gefor-
ert. Mögliche wissentliche oder unwissentliche Anwen-
ungsfehler beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
üssen untersucht werden. Ich weiß nicht, was dagegen
inzuwenden wäre.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ich auch nicht!)


Frau Connemann, man muss zwischen dem Ziel des
orhabens und dem Verfahren differenzieren. Das tun
ie leider nicht. An dem Ziel kann man nichts aussetzen.
der wollen Sie den Menschen allen Ernstes erklären,
ass es der Landwirtschaft leider nicht zuzumuten sei,
ass der Umgang mit immerhin giftigen Substanzen ge-
au kontrolliert werde, weil das, wie Sie in Ihrem Antrag
chreiben, „den Leistungen und Verdiensten der Land-
irtschaft in Deutschland in keiner Weise gerecht
ird“?






(A) )



(B) )


Friedrich Ostendorff

Sie behaupten, schon die Überprüfung der Einhaltung

von Gesetzen sei eine Kriminalisierung des gesamten
Berufsstandes. Meine Damen und Herren, was ist denn
das für ein Rechtsverständnis? Sie plädieren dafür, gar
nicht zu kontrollieren,


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das ist nicht wahr! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


und begründen das damit, dass ein deutscher Bauer we-
der wissentlich noch unwissentlich etwas tun würde, was
nicht erlaubt ist.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Sie müssen den Antrag lesen!)


Kollegin Connemann hat in der ersten Lesung dieses
Antrages wörtlich gesagt:

Niemand will denjenigen schützen, der wissentlich
gegen Gesetze verstößt.

(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Habe ich gerade auch gesagt!)

Aber gerade die Landwirte tun dies nicht und haben
deshalb unser Vertrauen verdient.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ja!)

Woher, Frau Connemann, wissen Sie das?


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Weswegen machen Sie dann die verdeckte Feldbeobachtung?)


Haben Sie vielleicht eigene, heimliche Kontrollen
durchgeführt? Gerade weil es um Vertrauen geht, ist es
doch wichtig, mögliche Anwendungsfehler einzugren-
zen. Das schwächt das Vertrauen nicht, sondern stärkt es.

Eine Kriminalisierung stellte es dar, mögliche Fehler
unter den Tisch zu kehren oder gegen alle wenden zu
wollen. Es ist kein Angriff auf alle Berufskollegen, wenn
man offen ausspricht, dass es Verstöße gibt. Warum
sollte es ausgerechnet unter uns Landwirten keine
schwarzen Schafe geben? Auch wenn Ihr Weltbild damit
zusammenbricht, Frau Connemann: Natürlich gibt es
Verstöße, wissentlich wie unwissentlich begangene.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ja, natürlich!)

Wir haben nach wie vor Probleme mit der richtigen An-
wendung von Pflanzenschutzmitteln. Allein im Regie-
rungsbezirk Unterfranken mussten in diesem Jahr
20 Verfahren im Zusammenhang mit der Nutzung von
Pflanzenschutzmitteln eingeleitet werden. Daran müssen
wir arbeiten.


(Marlene Mortler [CDU/CSU]: Das wird doch schon kontrolliert!)


Dies tun wir bereits, zum Beispiel mit dem Pflanzen-
schutzreduktionsprogramm, das die Ministerin mor-
gen vorstellen wird. Hier geht es um einen konstruktiven
und sachlichen Dialog, der von Anwendern, Kontrollin-
stanzen, Naturschützern und anderen kritischen Gruppen
geführt wird. Sie hingegen tragen mit Ihrem Antrag die
Diskussion in eine falsche und, wie ich meine, schädli-

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(C (D he Richtung. Sie reden wie kein anderer unentwegt von isstrauen, Diskreditierung und Kriminalisierung. (Artur Auernhammer [CDU/CSU]: So ist es doch!)


issen Sie, was Sie damit herbeireden, Frau
onnemann? Nichts als Misstrauen, Diskreditierung und
riminalisierung. Ich kenne außer Ihnen niemanden, der
as Pflanzenschutzgesetz, das übrigens in der Dienstzeit
er Ex-Umweltministerin Angela Merkel entstanden ist,
ür einen Ausdruck tiefen Misstrauens gegenüber der
andwirtschaft hält. Aber ich kann Sie beruhigen: Nicht
de Kontrolle in diesem Land ist Ausdruck eines
chlechten Charakters des Kontrolleurs. Vielmehr ist
ine Kontrolle in der Regel ein ganz normaler Vorgang.
Dieser Antrag der CDU/CSU ist ein typisches Bei-

piel Ihrer bekannten Politik der großen Allgemein-
lätze, die wörtlich so klingen:

Dies wird den Leistungen und Verdiensten der
Landwirtschaft in Deutschland in keiner Weise ge-
recht.

önnen Sie mir dies erklären? Ich bin gern bereit, die
irklichen Leistungen und Verdienste der Landwirt-
chaft gebührend zu würdigen. Wir von Rot-Grün tun
ies im Übrigen in einer Art und Weise, von der die Bäu-
rinnen und Bauern viel mehr als von Ihren Sprüchen
aben: durch aktive Förderung der besonderen Leistun-
en der Landwirtschaft, etwa beim Erhalt der Kultur-
ndschaft. Aber ich bin nicht bereit, die Kollegen der
pposition hier wegen jeden Kleinkrams im Kostüm des
ächers der unterdrückten Bauern und Bäuerinnen zu er-
agen, der mit gespielter Entrüstung gegen den bösen
olf zu Felde zieht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Marlene Mortler [CDU/ CSU]: In welcher Welt leben Sie eigentlich?)


Frau Mortler, ich muss Ihnen sagen: Das ist albernes
heater, das bei den Zuschauern nur Kopfschütteln aus-
st.


(Ute Kumpf [SPD]: Schlechter Komödienstadel!)


Meine Damen und Herren, wir befinden uns beim
hema Pflanzenschutzmittel auf einem sehr vernünfti-
en Weg. Sie sind herzlich eingeladen, diesen Weg mit-
ugehen. Wenn Sie ihn nicht mitgehen, werden wir ihn
llein gehen; auch dies werden wir aushalten. Aber be-
stigen Sie uns bitte nicht weiter mit Anträgen wie die-
em.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513520500

Ich erteile das Wort der Kollegin Dr. Christel
appach-Kasan für die FDP-Fraktion.

Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1513520600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ollege Ostendorff, das Projekt „Bauernspione“ oder






(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan

„Verdeckte Feldbeobachtung“, wie es in der Aus-
schreibung hieß, ist kein Kleinkram gewesen. Es war ge-
rechtfertigt, dass die FDP sich dagegen gewandt hat, und
ich bin stolz darauf, dass wir damit insoweit Erfolg ge-
habt haben, als dieses Projekt nicht in der ursprünglich
geplanten Form durchgeführt wird. Dies ist ebenso gut
für die Bauern wie für das Umweltbundesamt, das damit
gezeigt hat, dass es einsichtsfähig ist, was die Vorausset-
zung dafür ist, dass es weiterhin gute Arbeit leisten kann.
In einem Gespräch mit Hans-Michael Goldmann und
mir hat Herr Troge zugesichert, dass keine Bauernspione
über die Felder der Landwirte streifen werden. Ich setze
darauf, dass das Wort des UBA-Präsidenten gilt.

Zugleich fordert die FDP die Bundesregierung auf,
das Schwarzer-Peter-Spiel zwischen Minister Trittin,
Ministerin Künast und UBA-Präsidenten Troge zu been-
den und die politische Verantwortung zu übernehmen.
Ministerin Künast ist gefordert, sich endlich einmal vor
die Bauern zu stellen und die weit überwiegende Mehr-
heit, die in hoher Verantwortlichkeit ihre Felder bewirt-
schaftet, vor ungerechtfertigten Vorwürfen zu schützen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Erinnern wir uns: Als die Ausschreibung des Um-

weltbundesamtes bekannt wurde, waren wir alle scho-
ckiert. Heute bin ich dankbar, feststellen zu können, dass
sich alle Kolleginnen und Kollegen im Agrarausschuss
davon distanziert haben. Dies gilt sowohl für Herrn
Ostendorff, der diesen Vorgang eben noch einmal öffent-
lich gemacht hat, als auch für den inzwischen verstorbe-
nen Matthias Weisheit und für Peter Harry Carstensen.
Aber es ist ein Trauerspiel, dass Rot-Grün offensichtlich
von Februar bis heute gebraucht hat, um diesen Skandal
zu beenden, und dass sich keiner der Verantwortlichen
bis jetzt von dem Projekt distanziert hat. Die Reputation
des Umweltbundesamtes und seines Präsidenten hat er-
heblich gelitten. Wir von der FDP-Bundestagsfraktion
fordern ihn auf, sich zu entschuldigen.

Es gibt nur wenige Alternativen zur Anwendung von
Pflanzenschutzmitteln. Eine Alternative sind krank-
heitsresistente Pflanzen. Rot-Grün hat gerade mögliche
Fortschritte bei der Züchtung resistenter Sorten durch
Anwendung gentechnischer Methoden per Gesetz ver-
hindert. Sie haben damit die Verminderung des Einsatzes
von Pflanzenschutzmitteln verhindert. Die Züchtung re-
sistenter Sorten wäre das beste Programm gewesen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Methoden des Ökolandbaus sind nicht flächende-
ckend umsetzbar. Denn es gibt keinen Markt für die Pro-
dukte. Im Übrigen darf ich daran erinnern, dass die Ver-
wendung von Kupferhydroxiden anstelle von modernen,
schnell abbaubaren Fungiziden, die von Betrieben des
Ökolandbaus praktiziert wird, zum Eintrag von Schwer-
metallen ins Grundwasser führt. Auch das ist bekannt;
die Umwelt wird geschädigt – nichts öko.


(Beifall bei der FDP – Gustav Herzog [SPD]: Aber auch im konventionellen Landbau zugelassen!)



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(C (D Nein, Kupferhydroxid ist ein klassisches Mittel des kologischen Pflanzenbaus. Konventionelle Betriebe haen es nicht nötig, sich auf solche vorsintflutlichen Mitel zurückzuziehen. Fazit: Chemischer Pflanzenschutz ist unverzichtbar. ber der sachgerechte Umgang mit Pflanzenschutzmiteln liegt im Interesse aller: im Interesse der Landwirte, ie Kosten sparen; im Interesse des Naturschutzes, weil elastungen vermieden werden; im Interesse einer hoen Qualität der Lebensmittel. Aufgrund des Lebensmittelmonitorings wissen wir, ass unsere Lebensmittel gut und sicher sind. Im Statusericht des Senats der Bundesforschungsanstalten wird estgestellt: Bis heute gibt es damit letztlich keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass der ausschließliche oder überwiegende Verzehr von ökologisch erzeugten Lebensmitteln direkt die Gesundheit des Menschen fördert. agen Sie doch einmal, was in Ihren wissenschaftlichen tudien festgestellt wurde! Oder sind Sie der Meinung, ass sie alle für den Papierkorb sind? Gleichwohl werden, wenn auch mit rückläufiger endenz, Rückstände von Pflanzenschutzmitteln im rundwasser gefunden. Das muss abgestellt werden. a sind wir uns, glaube ich, alle einig. Nach mündlicher itteilung von Präsident Troge sind zwei Ursachen da ür verantwortlich: unzureichende Vorschriften zur Anendung von Pflanzenschutzmitteln und falsche Anendung durch die Landwirte. In Beantwortung einer nfrage hat mir die Bundesregierung gesagt, im Wesentchen sei nur die Verantwortung der Landwirte zu überrüfen. Ich meine, die aufgeworfene Fragestellung muss ntersucht werden. Man sieht jedoch sehr leicht, dass mit der Methode er Bauernspione eine solche Untersuchung überhaupt icht getätigt werden kann. So können gar nicht die Dan erhoben werden, die gebraucht werden, um tatsächch etwas herauszufinden. Wir brauchen nämlich Daten, ie die notwendige Differenzierung nach Regionen und ach Kulturarten erlauben. Das ist mit der Methode der auernspione nicht möglich. Das heißt, mit einer die andwirte pauschal kriminalisierenden Methode sollten aten erhoben werden, die zur Beantwortung der angeebenen Fragen völlig ungeeignet sind. Das ist unverantortlich: Geld herausschmeißen und einen Berufsstand den Dreck ziehen. Inzwischen hat das Umweltbundesamt festgestellt, ass es doch auf die Daten des Pflanzenschutzmittelienstes der Länder zurückgreifen kann. Nach Aussage on Präsident Troge gibt es eine Vereinbarung zwischen en Ländern. Ich bin zuversichtlich, dass die Länder der undesregierung diese Daten zur Verfügung stellen weren. Dr. Christel Happach-Kasan (Renate Jäger [SPD]: Sie hätten es schon längst tun müssen!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )

– Sie hätten sich einmal durchsetzen können! Sie können
doch nicht verlangen, dass ich von der Opposition Ihre
Regierungsgeschäfte betreibe. Was soll das denn? Das
hätten Sie doch endlich einmal machen können. Warum
machen Sie das denn nicht? Sie sind doch wohl Manns
genug, so etwas in die Wege zu leiten. Das müssen Sie
nicht von einer einzelnen Oppositionsabgeordneten ver-
langen. Das ist doch wohl Blödsinn.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513520700

Frau Kollegin, Ihnen ist wahrscheinlich entgangen,

dass Ihre Redezeit inzwischen zu Ende ist.


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1513520800

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.
Damit können wir festhalten: Erst der massive Ein-

spruch der FDP hat das Anliegen des Umweltbundesam-
tes auf einen Erfolg versprechenden Weg gewiesen,
nämlich die Daten der Länder heranzuziehen. Ich habe
Präsident Troge vorgeschlagen, uns zu loben. Ich finde,
Sie könnten das auch tun.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513520900

Um das Wort zu einer Kurzintervention hat die Kolle-

gin Probst gebeten. Bitte schön.


Simone Probst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513521000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Der Beitrag der Kollegin Happach-Kasan war
dazu angetan, dass Missverständnisse im Raum stehen
bleiben. Deshalb möchte ich richtig stellen, dass es bis-
her wirklich keinen Grund gibt, von der Konzeption die-
ses Projektes abzuweichen.

Es ist richtig, dass wir ein großes Interesse daran
haben, Doppelarbeiten zu vermeiden und qualifizierte
Daten, die den Ländern vorliegen, mit auszuwerten.

Bis heute aber hat kein einziges Land Daten geliefert.
Jetzt sind die Länder – das hat Herr Ostendorff richtig
gesagt – am Zuge. Solange keine qualifizierten Daten
bzw. überhaupt keine Daten vorliegen, werden wir an
unserem Vorhaben festhalten. Es geht uns nicht darum,
die Landwirte in irgendeiner Weise zu kriminalisieren
oder in die Ecke zu stellen, wie Sie das in den Raum ge-
stellt haben. Es geht vielmehr um eine vernünftige An-
wendung der Pflanzenschutzmittel im Sinne des Gewäs-
ser- und des Umweltschutzes. An diesem Ziel werden
wir festhalten.


(Beifall der Abg. Renate Jäger [SPD])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513521100

Zur Beantwortung, Frau Happach-Kasan.

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(C (D Frau Probst, Präsident Troge hat uns gestern in dem espräch mitgeteilt, dass es eine Vereinbarung zwischen em Umweltbundesamt und den Ländern dahin gehend ibt, diese Daten zur Verfügung zu stellen. Ich darf Sie aran erinnern, dass es nach Aussage des Umweltbunesamtes eine solche Vereinbarung zum Zeitpunkt der usschreibung noch gar nicht gegeben hat und die Läner somit damals gar nicht verpflichtet waren, solche aten zu übermitteln. Ich möchte gleichzeitig noch einmal herausstellen, ass es sich nicht um vergleichbare Daten handelt. Die aten, die den Pflanzenschutzämtern flächendeckend undesweit vorliegen, sind wesentlich besser geeignet, as Vorhaben, das Sie uns geschildert haben, umzuseten, als die Daten, die dadurch ermittelt werden, dass pione auf die Felder geschickt werden, wie Sie das vorehabt haben, die nachschauen sollen, ob sie hier oder da twas finden. Ich glaube, mit der Methode können wir nser Grundwasser nicht vor Einträgen durch Pflanzenchutzmittel schützen. Die Methode, die sich der Daten er Pflanzenschutzämter bedient, ist die deutlich besere. Nun hat der Kollege Gustav Herzog für die SPD raktion das Wort. Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! ordergründig geht es in dieser Debatte um zwei Anräge der Opposition, tatsächlich aber geht es um Ihren eißreflex, wenn Sie die Begriffe UBA oder Öko hören. eswegen diese ganze Aufregung. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1513521200
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513521300
Gustav Herzog (SPD):
Rede ID: ID1513521400

s ist schon interessant zu hören, wie Sie das immer
anz geschickt verknüpfen können.
Der Antrag der FDP beinhaltet ein Verbot der Unter-

uchung von Defiziten bei der Anwendung von Pflan-
enschutzmitteln. Der Antrag der CDU/CSU beinhaltet
in Verbot von unangekündigten und damit effektiven
ontrollen. Der Ausschuss empfiehlt in beiden Fällen
indeutig Ablehnung und das ist eine gute Empfehlung.
Eigentlich haben wir bereits in der Debatte vom

. Mai dieses Jahres alles Wesentliche gesagt. Die Oppo-
ition hat es aber offenbar nicht geschafft, sich in dieser
eit etwas mehr mit den Fakten auseinander zu setzen,
och einmal nachzulesen und endlich aufzuhören, ihren
nsinn zu verbreiten. Da Sie das heute wieder gemacht
aben, Frau Kollegin Connemann, will ich einmal aus
hrem Antrag zitieren:

Durch diese Maßnahme scheint das Umweltbun-
desamt die Einhaltung der guten fachlichen Praxis
der Land- und Forstwirte grundsätzlich infrage stel-
len zu wollen. Denn nur wer glaubt, dass Recht und
Gesetz unterlaufen werden …






(A) )



(B) )


Gustav Herzog

Frau Kollegin Connemann, das ist keine Frage des

Glaubens. Wir wissen, dass es Verstöße gibt, sei es beab-
sichtigt oder unbeabsichtigt. Das werden Sie wohl nicht
in Abrede stellen.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Die aber von den Pflanzenschutzdiensten der Länder aufgenommen werden!)


Wir wissen, dass die gute fachliche Praxis hinsicht-
lich der Abstandsregelungen, der Wartezeit, der Indika-
tion und zum Beispiel auch der Reinigung der Feld-
spritze auf dem Acker – das wird noch zu häufig auf
dem Hof gemacht – nicht immer eingehalten wird. Es
gibt sogar eine gemeinsame Initiative von Umweltbun-
desamt und Bauernverband, die versucht, das Problem
durch Information und Beratung zu beseitigen.

Das sind keine Erfindungen von Rot-Grün. Sie alle
wissen, dass es Fälle von Überschreitungen der Höchst-
mengen gibt. Sie wissen auch, dass nicht zugelassene
Mittel verwendet werden. Sie kennen auch die Ergeb-
nisse der Analysen von Proben aus Oberflächengewäs-
sern und Grundwasser. Manchmal reicht auch ein einfa-
cher Spaziergang, um festzustellen, dass nicht immer am
Ackerrand Schluss war, sondern der Bauer noch ein
Stückchen weiter gefahren ist.

Wir wissen auch, dass unser Bemühen um mehr Ein-
zelfallgerechtigkeit zu einem nahezu unanwendbaren
Regelwerk geführt hat. Darin stimmen wir, glaube ich,
überein. Deswegen sollte es unser gemeinsames Ziel
sein, das Regelwerk einfacher zu gestalten und es da-
durch besser zu machen. Für die SPD-Fraktion sage ich
noch einmal sehr deutlich: Nach unserer Auffassung
kann der Großteil der deutschen Landwirtschaft nicht
auf chemischen Pflanzenschutz verzichten.

Ein Motiv des UBA war, die Landwirte bei der Be-
obachtung zu fragen, warum sie eventuell gegen die eine
oder andere Regelung verstoßen haben. Es ist einfach
fortgesetzte Böswilligkeit, wenn hier von einer Krimina-
lisierung gesprochen wird. Es wird kein Acker betreten,
ohne zu fragen. Das ist kein Hausfriedensbruch. Es wer-
den keine Stasimethoden angewendet. Das UBA hetzt
keine Nachbarn gegeneinander auf und es findet keine
Denunziation statt.

Frau Kollegin Connemann, Sie haben aus der Aus-
schreibung zitiert. Daher werde auch ich daraus zitieren,
was das Betreten eines Ackers betrifft: Dies kann nur
nach Absprache mit dem Landwirt erfolgen. – Sie soll-
ten in Kürschners Volkshandbuch über den Deutschen
Bundestag eine zusätzliche Angabe zu Ihrer Person auf-
nehmen lassen: Märchenerzählerin. Für eine Partei, von
der ich es gewohnt bin, dass sie in der Regel jeden Bahn-
hof und jede Straßenecke per Videoüberwachung kon-
trollieren will, ist es schon verwunderlich, dass Sie hier
solch eine Aufregung verursachen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gitta Connemann [CDU/CSU]: In welcher Ausschreibung soll das stehen, Herr Kollege Herzog?)


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(C (D Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist mehrfach anesprochen worden, dass die Länder jetzt in der Pflicht ind. Nach meiner Kenntnis ist es in Niedersachsen leier so, dass dort nicht mehr Rot-Grün das Sagen hat, ondern, Frau Connemann und Frau Happach-Kasan, ass Ihre Parteifreunde dort regieren. Sorgen Sie also uch dafür, dass die benötigten Daten geliefert werden; enn entgegen Ihrer Vorstellung hat Herr Trittin keinen ugriff auf die Daten der Länderbehörden. Ich glaube icht, dass die KoMbO daran etwas ändern wird. Ich möchte diese Debatte nutzen, um einen weiteren spekt aufzugreifen. Lassen Sie mich etwas zu dem vereintlichen Skandal sagen, über den wir in dieser Wohe auch im Ausschuss diskutiert haben und der mit dieer Thematik durchaus etwas zu tun hat: die reenpeace-Studie „Pestizide am Limit“. Diese Studie alte ich für wissenschaftlich schlecht bis untauglich. ie ist eine unglückliche und unsachliche Verknüpfung on Messergebnissen und gesetzlichen Vorschriften, im runde genommen ein giftiges Gebräu von Halbwahreiten. (Beifall der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])


Es ist bedauerlich, dass eine solche Studie in unserer
edienlandschaft eine derartige Aufregung verursachen
ann. Konstruktive Kritik ist zwar immer willkommen.
ber diese Studie ist nicht geeignet, die Verbraucher
ufzuklären oder das Verhalten der Landwirte zu verbes-
ern.


(Beifall der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])


m schlimmsten Fall können solche Schlagzeilen sogar
azu führen, dass es dem Verbraucher letztendlich egal
st, was er isst, weil er denkt, dass sowieso alle Nah-
ungsmittel versaut sind. Dieser Fatalismus ist eine Be-
trafung all jener Landwirte, die verantwortungsvoll
ochwertige Nahrungsmittel in einer ökologisch intakten
mwelt produzieren.
Mehrfach angesprochen wurde bereits das Reduk-

ionsprogramm, das die Frau Ministerin morgen vor-
tellen wird. Dabei handelt es sich um einen umfassen-
en Katalog von Vorschlägen und Maßnahmen. Ich kann
ir die Kritikpunkte, die vonseiten der Umweltverbände
agegen vorgebracht werden, schon vorstellen. Diesen
erbänden sage ich: Liebe Freunde, es kommt nicht da-
auf an, die radikalsten Forderungen und die schärfsten
uflagen in die Welt zu setzen, sondern es geht darum,
ür uns alle auf breiter Front konkrete Erfolge zu erwir-
en.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513521500

Das Wort hat nun der Kollege Artur Auernhammer,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







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Artur Auernhammer (CSU):
Rede ID: ID1513521600

Verehrter Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich von
der Ausschreibung des Umweltbundesamtes gehört
habe, war ich praktizierender Landwirt. Zu diesem Zeit-
punkt war ich noch kein Mitglied dieses Hohen Hauses.
Als es um die so genannte verdeckte Feldbeobachtung
ging – ich finde den Begriff „Bauernspionage“ wirklich
treffend –, habe ich mich gefragt: Bin ich eigentlich
Landwirt oder Mitglied einer kriminellen Vereinigung?


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie sieht

das in der Praxis aus? Im kommenden Frühjahr werde
ich Pflanzenschutzmaßnahmen durchführen und meine
Weizen- und Braugerstenbestände mit Pflanzenschutz-
mitteln behandeln, wie ich es seit Jahrzehnten mache.


(Zuruf von der SPD: Seit Jahrzehnten? Sie sind doch noch gar nicht so alt!)


– Sie werden es nicht glauben, verehrte Kollegin, aber
ich betreibe den Beruf des Landwirts seit meinem
15. Lebensjahr.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sehen Sie, das ist eben der Unterschied: Es reden hier
viele mit, die von der Praxis keine Ahnung haben. Jetzt
redet einer, der aus der Praxis kommt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn ich die Pflanzenschutzmaßnahmen dann durch-

führe, fahre ich mit meinem Schlepper über das Feld – in
Zukunft wahrscheinlich mit noch teurerem Agrardiesel –
und muss befürchten, dass hinter jeder Hecke, hinter je-
dem Baum ein kleiner Trittin sitzt, der mich mit dem
Feldstecher bei der Arbeit beobachtet und beim gerings-
ten Verdacht eines Fehlverhaltens mit aller Härte des Ge-
setzes durchgreift. „Verdeckte Feldbeobachtung“ nennen
Sie das


(Gustav Herzog [SPD]: Das ist ein wissenschaftlicher Ausdruck!)


– wird diese Vorgehensweise in der Fachsprache ge-
nannt –, für mich ist und bleibt es Bauernspionage.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Mit dieser Ausschreibung des Umweltbundesamtes

dokumentiert die Bundesregierung, welches Vertrauen
sie in unsere Landwirtschaft hat: nämlich überhaupt
keins. Mich als Landwirt und all meine Berufskollegen
– auch die Berufskolleginnen und -kollegen aus Hessen,
die heute um Mitternacht zur Demonstration vor dem
Brandenburger Tor losgefahren sind – betrifft es sehr,
wie diese Bundesregierung mit uns umgeht, auch wenn
bereits von einer Rücknahme gesprochen worden ist.
Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube;
denn der Gedanke sitzt tief und fest.

Wen wundert es, dass mehr als 50 000 Landwirte in
unserem Land von heute auf morgen ihren Betrieb
schließen würden, wenn sie einen außerlandwirtschaftli-
chen Arbeitsplatz fänden? Über die arbeitsmarktpoliti-

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(C (D che Situation in unserem Land brauche ich mich hier icht näher zu äußern. Die Konsequenz ist, dass Areitsplätze – auch wenn Sie es nicht glauben: die Landirtschaft bietet Arbeitsplätze – ins Ausland verlagert erden. Der Verbraucher wird nicht danach gehen, woer die Nahrungsmittel kommen; er entscheidet nach em Preis. Ob Landwirtschaft in Deutschland betrieben ird, entscheidet die Bundesregierung. Solche Maßnahen führen dazu, dass Arbeitsplätze abgebaut und die auern zur Aufgabe ihrer Betriebe gezwungen werden. (Zuruf von der CDU/CSU: Das verstehen die doch nicht!)


Ich frage mich: Wenn wir auf den Import von Nah-
ungsmitteln angewiesen sind, wo bleiben dann die
ontrollmaßnahmen von Frau Künast und Herrn Trittin?


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Dann ist alles erlaubt!)


ann ist wahrscheinlich alles erlaubt, Hauptsache, der
reis stimmt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die deut-

chen Bäuerinnen und Bauern gehen verantwortungsbe-
usst mit der Natur um, auch beim Umgang mit Pflan-
enschutzmitteln. Der Einsatz von Pflanzenschutz-
itteln ist in Deutschland nach den strengsten Vorschrif-
en geregelt. Anwender, sprich Landwirte – auch ich –,
üssen ihre Sachkenntnis nachweisen. Pflanzenschutz-
eräte werden regelmäßig einer TÜV-Untersuchung un-
erzogen. Die Landwirtschaftsämter führen Kontrollen
urch. Ich habe den Eindruck, in der Landwirtschaft
ird schon mehr kontrolliert und überwacht als produk-
iv gearbeitet. Ich finde, wir sollten uns in Deutschland
ieder etwas mehr auf das Produzieren zurückbesinnen
nd nicht nur kontrollieren und überwachen.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513521700

Herr Kollege Auernhammer, das war Ihre erste Rede

m Deutschen Bundestag, zu der ich Ihnen herzlich gra-
uliere. Alle guten Wünsche für Ihre weitere Arbeit!


(Beifall)

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

chusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-
irtschaft auf Drucksache 15/3545. Der Ausschuss emp-
iehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die
blehnung des Antrages der Fraktion der FDP auf
rucksache 15/2668 mit dem Titel „Projekt des Um-
eltbundesamtes zur so genannten verdeckten Feldbe-
achtung stoppen“. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
ehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
ie Beschlussempfehlung ist mehrheitlich angenom-
en.
Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung

es Antrages der Fraktion der CDU/CSU auf
rucksache 15/2969 mit dem Titel „Vertrauensvolle und






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

konstruktive Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft
und Umweltschutz stärken“. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich der Stimme? – Auch diese Beschlussempfeh-
lung ist mit der Mehrheit der Koalition gegen die
Stimmen der Opposition angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9 a und 9 b auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-

gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Deutsche-Welle-Gesetzes
– Drucksache 15/3278 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Kultur und Medien (21. Ausschuss)

– Drucksache 15/4046 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Monika Griefahn
Bernd Neumann (Bremen)

Dr. Antje Vollmer
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)


b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Kultur und Medien

(21. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Monika
Griefahn, Eckhardt Barthel (Berlin), Detlef
Dzembritzki, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten
Dr. Antje Vollmer, Claudia Roth (Augsburg),
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN
50 Jahre Deutsche Welle – Zukunft und Mo-
dernisierung des deutschen Auslandsrund-
funks

– zu dem Antrag der Abgeordneten Bernd
Neumann (Bremen), Günter Nooke, Renate
Blank, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
50 Jahre Deutsche Welle – Perspektiven für
die Zukunft

– Drucksachen 15/1214, 15/1208, 15/4046 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Monika Griefahn
Bernd Neumann (Bremen)

Dr. Antje Vollmer
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)


Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Dazu
höre ich keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst der
Staatsministerin für Kultur und Medien, Frau Dr. Weiss,
das Wort.

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(C (D D Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Novalis verdanken wir eine Erkenntnis, die gut as Motto für das Gesetz sein könnte, das wir heute in weiter und dritter Lesung beraten: Ohne vollendetes elbstverständnis wird man nie andere wahrhaft versteen lernen. Wir haben viele Jahre gebraucht, um nunmehr dieje ige Fassung des Deutsche-Welle-Gesetzes zu erhalten, ie dem deutschen Auslandssender zu Beginn des dritten ahrtausends wirklich entspricht. Eines der modernsten ediengesetze Europas und sicherlich das modernste in eutschland liegt dem Bundestag heute zur Beschlussassung vor. Darüber bin ich sehr froh; denn für mich ist ie Novellierung des Deutsche-Welle-Gesetzes nicht irendein Vorhaben, sondern ein fundamentales Anliegen, as Auskunft gibt über das Selbstbewusstsein, mit dem ir in der Bundesrepublik Deutschland Rundfunk orgaisieren, und über die Leitideen, die wir damit befolgen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. HansJoachim Otto [Frankfurt] [FDP])

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1513521800

Die Deutsche Welle soll die Stimme Deutschlands in
er Welt sein, eines modernen Deutschlands, eines
eutschlands, das wir als europäische Kulturnation
benso verstehen wie als freiheitlich-demokratischen
echtsstaat. Ich bin den Fraktionen des Deutschen Bun-
estages sehr dankbar, dass sie sich insbesondere auf
iesen wichtigen Passus der Generalklausel des Geset-
es verständigt haben; denn die Angebote der Deutschen
elle, also Hörfunk, Fernsehen und Internet, sind kein
elbstzweck und die Deutsche Welle ist kein bloßer
achrichtensender. Sie soll die Kulturnation Deutsch-
and in all ihren Facetten abbilden. Das wollen wir mit
iesem Bundesgesetz bewirken. Dies ist ein Novum mit
edien- und kulturpolitischer Bedeutung.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


assen Sie mich auch sagen, dass es sehr gut zum Auf-
akt des Schiller-Jahres 2005 passt.
Vor wenigen Wochen hat sich die Enquete-Kommis-

ion „Kultur in Deutschland“ dafür ausgesprochen, Kul-
ur als Staatszielbestimmung ins Grundgesetz aufzu-
ehmen. Dieses Bekenntnis zur Kultur erfordert ein
elbstbewusstwerden im Sinne von Novalis, auch im
inne der deutschen Aufklärung. Wir müssen in unserem
and einen neuen Dialog darüber beginnen, was uns als
eutsche eigentlich ausmacht und wie weit der ideenge-
chichtliche Bogen reicht. Dieser Dialog muss jedoch
ie Geschichte unseres Landes genauso im Blick behal-
en wie unsere Gegenwart im vereinten Europa. Das
eutsche-Welle-Gesetz hat also für die geistige und de-
okratische Verfasstheit unseres Gemeinwesens eine
esondere Bedeutung, auch wenn der Sender in erster
inie im Ausland zu hören ist.
Meine Damen und Herren, mit dem neuen Gesetz prä-

isieren und befestigen wir die Autonomie des Senders
ls staatsunabhängiger Sendeanstalt. Wir haben uns die-
er Frage gemeinsam besonders zugewandt; denn das






(A) )



(B) )


Staatsministerin Dr. Christina Weiss

neue Gesetz ist Ausdruck unseres freiheitlichen Staates
und somit unseres kulturellen Selbstverständnisses.

Der Sender ist aber nicht auf sich selbst gestellt. Er
wird verpflichtet, seine Vierjahresplanungen transparent
zu machen und von Jahr zu Jahr zu präzisieren. Im Dia-
log mit den beiden Verfassungsorganen Bundestag und
Bundesregierung wird der Intendant gemeinsam mit dem
Rundfunkrat und dem Verwaltungsrat die Zielgebiete,
die Zielgruppen, die Verbreitungswege und die Ange-
botsformen darstellen und mit einer Kalkulation der Be-
triebs- und Investitionskosten verbinden. In einem darf
es allerdings keine Kompromisse geben – da sind wir
uns sicherlich einig –: in der Unabhängigkeit und in der
Freiheit des Journalismus, der dem Impetus der General-
klausel vorangeht.

Das Innovative an dem neuen Gesetz ist, dass die
Selbstverpflichtung des Senders vor der Öffentlichkeit
jedem Einblick in seine Relevanz und Arbeitsweise gibt.
Vor allem ist die Öffentlichkeit in den Sendegebieten auf
allen Kontinenten aufgefordert, sich an der Diskussion
der Aufgabenplanung des Gesetzes und dessen Effekti-
vität zu beteiligen.

Ich bin sicher, dass der Bundeszuschuss, der vom Par-
lament im jährlichen Haushaltsgesetz zur Verfügung ge-
stellt wird, den globalen Anforderungen dieses moder-
nen und weltweit geschätzten Senders zunehmend
präziser entsprechen wird. Die Probleme bei der Finan-
zierung der Deutschen Welle sind bekannt. Für Bun-
desregierung und Bundestag geht es einmal mehr darum,
die Kunst des Möglichen zu praktizieren und die Hori-
zonte des Wünschbaren nicht aus dem Blick zu verlie-
ren. Im Haushaltsausschuss wurde ein Antrag der CDU/
CSU, die Finanzausstattung um 5,1 Millionen Euro zu
senken, zum Glück abgelehnt.


(Monika Griefahn [SPD]: Das ist der Hammer! – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das ist ja nicht zu glauben!)


Ich bin allen Fraktionen im Deutschen Bundestag
dankbar, dass sie noch einmal zum Ausdruck gebracht
haben, die seit 1999 praktizierte Bereitstellung der Bun-
desmittel zur Selbstbewirtschaftung fortsetzen zu wol-
len. Dies entspricht der besonderen rundfunkrechtlichen
Stellung des deutschen Auslandssenders. Zu danken
habe ich auch dem Intendanten der Deutschen Welle, der
hier der Debatte folgt, und seinen Aufsichtsgremien,
dass es möglich war, in einer langen Periode der Abstim-
mungen und der Kooperationen ein Gesetz zu entwi-
ckeln, das im Wesentlichen im Konsens mit dem Sender
entstanden ist.

Die Deutsche Welle ist eine Angelegenheit aller Frak-
tionen im Deutschen Bundestag und aller Bürgerinnen
und Bürger in unserem Land. Uns kann nicht gleichgül-
tig sein, wie diese wichtige ARD-Sendeanstalt aus Bonn
und aus Berlin berichtet. Der Sender bedarf der weiteren
politischen und auch finanziellen Unterstützung. Er be-
darf der Ermutigung und der konstruktiven Begleitung
seines Sendeauftrages. Im Kosovo, in Afghanistan und
in anderen Brennpunkten der Welt ist die Deutsche
Welle eine wichtige Stimme der Freiheit. Der Sender

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(C (D acht deutlich, für was Deutschland steht, für welche ultur als Medienanstalt und von welchem Freiheitsnd Humanitätsideal es sich leiten lässt, nämlich von en besten Geistestraditionen aus Europas Mitte, von chiller, Goethe, Herder und Heine, wie es in der Beründung des Gesetzes heißt. In diesem Sinne danke ich dem Deutschen Bundestag ür die konstruktive Beratung dieses Gesetzes. Ich freue ich, dass es zum 1. Januar 2005 in Kraft treten kann nd dass es damit dem deutschen Auslandssender eröglicht wird, in eine neue Phase des medienund kulurpolitischen Interesses zu gelangen, in das Interesse on uns allen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513521900

Das Wort hat der Kollege Bernd Neumann, CDU/
SU-Fraktion.


Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1513522000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dieser

egislaturperiode findet nun zum dritten Mal eine De-
atte über die Deutsche Welle statt. Heute wird zum
weiten Mal über den von der Bundesregierung vorge-
egten Gesetzentwurf debattiert. Ich hatte bereits in der
ebatte zur ersten Lesung am 17. Juni unsere Position
argestellt, eine insgesamt positive Bewertung der Ziel-
etzung des Gesetzentwurfs vorgenommen und gleich-
eitig vier Änderungsvorschläge unterbreitet. Ich
öchte heute Wiederholungen weitgehend vermeiden
nd deshalb zum Abschluss eines langen Diskussions-
rozesses – Sie haben diese Novellierung schon 1998 in
hrer Regierungserklärung versprochen; sie ist jetzt nach
echs Jahren vollzogen – noch einige grundsätzliche Be-
erkungen zum Stellenwert der Deutschen Welle gene-
ell und zu ihrem Stellenwert in der rot-grünen Regie-
ungskoalition machen.
Die Deutsche Welle ist die einzige wahrnehmbare
ediale Stimme Deutschlands in allen Teilen der Welt.
ie Einzigartigkeit dieser Rolle begründet gleichzeitig
ie Unverzichtbarkeit der Deutschen Welle, insbeson-
ere wenn man bedenkt, dass Deutschland die zweit-
rößte Industrienation in der Welt und das bedeutendste
and in der EU ist.
Die Frage lautet: Wird die Politik der Bundesregie-

ung diesem Stellenwert der Deutschen Welle gerecht?
ie, Frau Staatsministerin Weiss, wird nicht verwundern,
ass wir diese Frage mit einem klaren Nein beantworten.
ch komme gleich auf Ihre Einlassung zum Antrag der
DU/CSU zurück. Dass nun gerade Sie, die Sie diese
undesregierung, wenn auch erst seit zwei Jahren, ver-
reten, eine mögliche Reduzierung von Mitteln für die
eutsche Welle in einer Größenordnung von 5,1 Millio-
en Euro beklagen, andererseits aber den Etat der
eutschen Welle seit 1999 um 17 Prozent – das sind






(A) )



(B) )


Bernd Neumann (Bremen)


75 Mil-lionen Euro – ohne Aufgabenveränderung redu-
ziert haben, ist in der Tat ein Stück Scheinheiligkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Monika Griefahn [SPD]: Sie haben doch gerade das Gegenteil gesagt, oder?)


Wie sehen andere den Stellenwert, den die Deutsche
Welle bei der rot-grünen Bundesregierung hat? Ich
könnte mehrere Zitate bringen, beziehe mich aber auf ei-
nen Artikel aus der „FAZ“ vom Juli dieses Jahres. Dort
heißt es:

Ihre erste Regierungszeit verbrachten SPD und
Grüne damit, die Deutsche Welle schlechtzureden
… Das diente nicht zuletzt dem Kampf mit und ge-
gen einen der CDU angehörenden Intendanten, …
Nun, da dieses „Problem“ durch die Neubesetzung
des Intendantenpostens „gelöst“ ist, geht die Politik
mit der Deutschen Welle freundlicher um … Aber
man könnte meinen, die Bundesregierung wisse
Prioritäten zu setzen. In der Außenpolitik hat sie in
den vergangenen … zwei Jahren so getan, als er-
finde sie die Rolle Deutschlands in der Welt gerade
neu. Heute ist sie „wild entschlossen“, für Deutsch-
land einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu
erreichen: Dieses Vorhaben unterstreiche die ge-
wachsene internationale Bedeutung unseres Lan-
des.

Sie merken da indirekt den Ton von Außenminister
Fischer.

Es heißt weiter in diesem Artikel mit der Überschrift
„Deutschlands Stimme flüstert“:

Die deutsche und die mit ihr verwobene europäi-
sche Politik der übrigen Welt zu erklären ist jedoch
die vornehmste Aufgabe der Deutschen Welle. Das
sieht die Bundesregierung genauso … Die Deut-
sche Welle solle also viel tun, heißt es immerzu.
Doch mit welchen Mitteln soll sie das tun?

Wie die Entwicklung der Mittel ist, habe ich eben ge-
sagt.


(Monika Griefahn [SPD]: Sollen wir noch mehr kürzen, oder was?)


Deswegen auch die zusammenfassende Bewertung in
der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“:

Substanz wird in dem Sender jetzt zerstört, ist in
den vergangenen Jahren schon zerstört worden, vor
allem bei den Kernkompetenzen eines Auslands-
senders, den Fremdsprachenprogrammen.

(Monika Griefahn [SPD]: Und Sie setzen noch einen drauf, oder was? – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Und Ihr Antrag?)


– Hören Sie ganz ruhig zu! –
Die Bundesregierung scheint dies nicht begriffen zu
haben. Man kann nicht einerseits von wachsender
Bedeutung und Verantwortung reden, andererseits
aber Instrumente deutscher Außenpolitik systema-
tisch schwächen.

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(C (D as haben Sie seit der Regierungsübernahme systemaisch getan. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Jetzt komme ich zu dem Punkt, den Frau Weiss wahr-
cheinlich meinte. Er betrifft die Diskussion über ein
rojekt, welches im Jahr 2002 gestartet wurde.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: German TV!)


ch meine den von der Bundesregierung mit bisher
5 Millionen Euro unterstützten zusätzlichen Auslands-
anal German TV, den Deutsche Welle, ARD und ZDF
emeinsam betreiben. Leider ist dies kein Erfolg gewor-
en. Die Abonnentenzahlen kommen nicht annähernd in
en Bereich, in dem sich – wie geplant – das Programm
inanziell selbst tragen kann. Deshalb ist es nicht vertret-
ar, weitere Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen,
or allem wenn man weiß, dass es beendet wird. Das gilt
nsbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass die Deut-
che Welle schon jetzt unterfinanziert ist und ihre origi-
ären Aufgaben reduzieren muss.
Mir liegt der von Ihnen zitierte Antrag vor. Ich kann

erstehen, wenn Haushälter, die mit unseren Ausgaben
ritisch umgehen müssen, für ein Projekt, das als ge-
cheitert gilt, keine weiteren Mittel bewilligen wollen.
er Antrag, der im Haushaltsausschuss eingebracht wor-
en ist, bezieht sich ausschließlich auf diesen Sachver-
alt.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: So ist es!)

arüber hinaus wird in der Begründung des Antrags An-
rkennung für die Arbeit der Deutschen Welle ausge-
rückt und festgestellt, dass die finanziellen Mittel für
ie Deutsche Welle in ihrem originären Auftrag nicht zu
eeinträchtigen sind. Das kann ich verstehen. Wer sonst,
enn nicht die Haushälter, soll die kritische Messlatte
nlegen, um misslungene Experimente zu erkennen?


(Beifall bei der CDU/CSU)

nsofern ist in dem Punkt keine Kritik vorzubringen.
Ich möchte abschließend noch etwas zu dem Gesetz-

ntwurf anmerken. Ich habe bereits ausgeführt, dass wir
ie Zielsetzung des Gesetzentwurfs, der sich übrigens
ngenehm von den vielfältigen Entwürfen abhebt, die in
en vergangenen Jahren aus Ihrem Hause vorgelegt wur-
en, positiv bewerten. Ich hatte in der letzten Debatte an-
ekündigt, dass wir zu vier Punkten Änderungsanträge
tellen werden. Dies ist inzwischen geschehen. Drei die-
er Anträge schienen nach den Debattenbeiträgen insbe-
ondere der Kollegin Griefahn konsensfähig zu sein, zu-
al sie sich auf den Referentenentwurf aus dem BKM
ezogen, also die eigentliche Meinung der Staatsminis-
erin Weiss darstellten.
Die Kollegen von SPD und Grünen – insofern war

ies die Konsequenz Ihres Debattenbeitrags – verschick-
en vor der betreffenden Sitzung des Ausschusses für
ultur und Medien Änderungsanträge zur Unterzeich-
ung an CDU, CSU und FDP. Entscheidende Inhalte wa-
en die Anträge, die ich in der Tendenz auch angekün-






(A) )



(B) )


Bernd Neumann (Bremen)


digt hatte. Darin ging es um folgende Punkte: erstens
Verankerung des Prinzips der Selbstbewirtschaftung
für die Deutsche Welle, also flexible Wirtschaftsführung
und überjährige Verfügbarkeit der Mittel, und zweitens
finanzielle Planungssicherheit über mehrere Jahre. Das
ist in Anbetracht der Erfahrungen aus zurückliegenden
Legislaturperioden fürwahr ein wichtiger Punkt.

Unmittelbar vor der Sitzung zogen die rot-grünen Ab-
geordneten ihre eigenen Anträge zurück; das ist schon
bemerkenswert. Aber als wir dann seitens der CDU/CSU
genau die gleichen Anträge einbrachten, stimmten sie
sogar dagegen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist unglaublich!)


Das war peinlich und wirft ein bezeichnendes Bild auf
Ihre Courage und Standfestigkeit beim Einsatz für die
Deutsche Welle.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513522100

Herr Kollege Neumann, darf der Kollege Barthel eine

Zwischenfrage stellen?


Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1513522200

Ja, mit dem üblichen Zusatz, dass sie nicht auf meine

Redezeit angerechnet wird.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513522300

Dieser Zusatz ist ebenso üblich wie unnötig.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht in der Geschäftsordnung!)


Bitte schön, Herr Kollege Barthel.


Eckhardt Barthel (SPD):
Rede ID: ID1513522400

Herr Kollege Neumann, Sie haben vorhin die Haus-

hälter dafür gelobt, dass sie aus ihrer Sicht Streichungen
vorgenommen haben, die wir als Kultur- und Medienpo-
litiker nicht wollten. Stimmen Sie mir zu, dass in der
Frage der Selbstbewirtschaftung die Punkte, über die
wir diskutieren und in denen es in der Tat einen Konsens
zwischen den Kultur- und Medienpolitikern gab, von
den Haushaltspolitikern – und zwar nicht nur vonseiten
der Regierungskoalition, sondern auch von Ihrer Frak-
tion – teilweise sozusagen mit Schaum vor dem Mund
abgelehnt wurden? Stimmen Sie mir zu, dass Sie ein fal-
sches Spiel spielen, indem Sie feststellen, dass wir dies
abgelehnt haben, obwohl Ihre Haushälter, wie Sie wis-
sen, dasselbe getan haben? Insofern ist es keine Angele-
genheit zwischen den Regierungsfraktionen und der Op-
position, sondern eine Entscheidung der jeweiligen
Ausschussmitglieder.


(Beifall bei der SPD)



Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1513522500

Herr Kollege Barthel, Sie kommen den nächsten Sät-

zen meines Redebeitrages zuvor; denn darauf wollte ich

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(C (D ingehen. Aber zunächst stellt sich die Frage, was Sie eientlich wollen. Was wollen wir als Kulturund Medienolitiker? Wenn wir selbst schon vorzeitig kneifen, dann rauchen wir uns gar nicht zu wundern, dass sich die osition der Haushälter in den Fraktionen durchsetzt. Ich fahre mit meiner Rede fort, die genau die von Ih en gestellte Frage beantwortet, Herr Barthel. Natürlich eiß ich – deswegen haben Sie erst einmal abgelehnt –, ass Ihnen in diesem Fall die Haushälter im Nacken saen. Ich sage offen – hören Sie genau zu! –, dass es auch n meiner Fraktion Kollegen gibt, die permanent der Veruchung ausgesetzt sind, sich mit Ihren Haushältern zu erbünden. (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie bei der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ber warum versuchen wir, die wir Mitglieder des Kul-
urausschusses sind und von der Sache mehr verstehen,
icht, den Oberbuchhaltern eine ebenso geschlossene
ront entgegenzusetzen und gleichzeitig unsere Fraktio-
en von unseren Positionen zu überzeugen?


(Beifall des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP] – Monika Griefahn [SPD]: Zu Ihrer Zeit gab es keine Selbstbewirtschaftung, Herr Neumann!)


Wir dürfen die Argumente, die Sie in die Knie ge-
wungen und die Ihnen sämtlichen Mut genommen ha-
en, nicht akzeptieren. Das gängige Argument der Haus-
älter ist, mit solchen Regelungen werde ein Präjudiz für
lle anderen Zuwendungsempfänger im öffentlichen Be-
eich geschaffen. Dieses Argument ist nicht tragfähig
nd lässt auf Unkenntnis der Aufgabe und der Funktion
iner Rundfunkanstalt schließen.


(Monika Griefahn [SPD]: Vor 99 gab es keine Selbstbewirtschaftung, Herr Neumann!)


ine Rundfunkanstalt wie die Deutsche Welle ist nicht
it einer „normalen“ Behörde oder einer anderen öffent-
ichen Einrichtung gleichzusetzen, wie zum Beispiel
em Bundesamt für Karthographie und Geodäsie oder
em Ausgleichsamt. Eine Rundfunkanstalt arbeitet unter
anz anderen, journalistischen Kriterien, die Meinungs-
reiheit und Staatsferne als oberstes Gebot beinhalten.
erfassungsrechtlich ist entschieden, dass diese natür-
ich auch für die Deutsche Welle gelten. Den öffentlich-
echtlichen Rundfunkanstalten ist Planungssicherheit in
orm einer Bestands- und Entwicklungsgarantie sogar
om Bundesverfassungsgericht ausdrücklich zuerkannt
orden.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Wenn man die Maßstäbe, die für ARD und ZDF gel-

en – einschließlich ihrer finanziellen Entwicklung in
en letzten Jahren –, mit denen für die Deutsche Welle
ergleicht – Frau Griefahn, hierfür hat die rot-grüne
oalition Verantwortung –,


(Monika Griefahn [SPD]: Die nehmen wir auch wahr! Mit Freude!)







(A) )



(B) )


Bernd Neumann (Bremen)


kommt man leider zu dem Ergebnis, dass der deutsche
Auslandsfunk von Rot-Grün in den letzten Jahren mehr
als stiefmütterlich behandelt wurde. Von der rot-grünen
Mehrheit wurden, wie gesagt, Ihre Anträge abgelehnt,
weil Sie sozusagen kein Stehvermögen in der eigenen
Fraktion hatten. Positiv bewerte ich, dass wir, die Abge-
ordneten, in dem Bericht des Ausschusses, der auch
Gegenstand der Debatte ist, interfraktionell unsere Über-
zeugung zum Ausdruck gebracht haben – das ist schon
etwas –, dass die Selbstbewirtschaftung auch in Zu-
kunft unverzichtbar ist und dass die Deutsche Welle Pla-
nungssicherheit braucht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich gehe davon aus, dass das auch alle anderen Abgeord-
neten des Parlaments nicht nur zur Kenntnis nehmen,
sondern auch befürworten.

Letzter Satz: Nach Abwägung aller Argumente pro
und kontra haben wir uns entschlossen, dem Regierungs-
entwurf zuzustimmen. Das soll weniger eine Geste an
die Regierungskoalition sein, die sich in diesen Fragen
in der Vergangenheit weiß Gott nicht mit Ruhm bekle-
ckert hat, als an die Deutsche Welle und ihre Mitarbei-
ter, –


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513522600

Herr Kollege, letzter Satz!


Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1513522700

– die trotz widriger Umstände, mit denen sie in der

Vergangenheit zu kämpfen hatten, ihre Arbeit vorbild-
lich geleistet haben und für die es im Prinzip eine Unter-
stützung ist, –


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513522800

Herr Kollege, ein Satz, bitte!


Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1513522900

– wenn dieses Haus mit breiter Mehrheit ein sie be-

treffendes Gesetz beschließt.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513523000

Danke schön. – Ich frage Sie, ob Sie damit einver-

standen sind, dass wir die Rede der Abgeordneten Antje
Vollmer zu Protokoll nehmen.1)


(Heiterkeit – Bernd Neumann [Bremen] [CDU/ CSU]: Nein, wir wollen Sie hören!)


Ich denke, Sie sind damit einverstanden.
Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete

Hans-Joachim Otto.

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1) Anlage 2

(C (D Liebe Frau Präsidentin, ich bedaure es zutiefst, dass ie Abgeordnete Frau Dr. Vollmer nicht sprechen wird; enn ich streite mich mit Ihnen – das haben wir heute chon getan – in der Sache so gerne. Ich möchte auf folenden Punkt eingehen – das muss ich jetzt leider tun, hne Ihre Rede gehört zu haben –: Ich erinnere mich ehr wohl daran, dass wir alle, die wir die Deutsche elle stärken wollen, in zahlreichen Podiumsdiskussioen unter anderem bei der Friedrich-Ebert-Stiftung beont haben, wie wichtig Selbstbewirtschaftung und fianzielle Planungssicherheit für die Deutsche Welle ind. Wir waren uns über alle Fraktionsgrenzen hinweg inig, (Monika Griefahn [SPD]: Wir haben sie ja auch! Seit 1999! Nicht zu Ihrer Zeit!)

Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1513523100

ass das ein Kernelement der Reform sein sollte.
Ferner waren wir uns darüber einig, liebe Frau
riefahn – das hat Kollege Neumann gerade völlig zu
echt dargestellt –, dass wir dies auch im Gesetz fest-
chreiben wollen. Deswegen gab es gemeinsame An-
räge aller vier Fraktionen. Sie sind von diesen Vorstel-
ungen abgerückt, obwohl es nach wie vor mutmaßlich
hierbei spreche ich auch die Frau Vorsitzende als Ab-
eordnete an – in der Sache bei den Kulturpolitikern bis
um heutigen Tage Übereinstimmung gibt. Das wäre ein
irksamer Beitrag gewesen, um die Deutsche Welle zu
tärken.


(Beifall bei der FDP)

Darum geht es. Es nützt nichts, wenn wir große deut-

che Denker und Dichter zitieren und einen riesigen An-
pruch formulieren. Die nüchternen Zahlen und der Um-
ang mit der Deutschen Welle sprechen eine andere
prache. Im Jahr 1999 gab es noch einen Etat von umge-
echnet 325 Millionen Euro für die Deutsche Welle. Für
as Haushaltsjahr 2005 sind es nur noch 261 Millionen
uro. In einer Zeit, in der ARD und ZDF rund
Milliarden Euro Einnahmen erhalten und diese fast
erdoppelt haben, ist der Etat der Deutschen Welle von
25 auf 261 Millionen Euro zurückgegangen. An diesen
ahlen sollte man es messen.
Weil die Deutsche Welle so hat bluten müssen – sie

at auch unter dem Privatkrieg von Herrn Naumann ge-
en den damaligen Intendanten Weirich gelitten –, haben
ir es für notwendig angesehen, dass jetzt mit diesem
esetz ein Beitrag zur Stärkung des deutschen Aus-
andsrundfunks geleistet wird. Deswegen kann ich mich
ollegen Neumann nur anschließen. Ich bedaure es zu-
iefst, dass die Kulturpolitiker trotz besseren Wissens
eine Auseinandersetzung mit den Haushaltspolitikern
ewagt haben und nicht gesagt haben: In diesem einen
unkt ist es notwendig, dass man die finanzielle Unab-
ängigkeit und Flexibilität des Senders steigert.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Monika Griefahn [SPD]: Sie ist da! Das ist einfach falsch! – Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: So viel Falschheit auf einem Haufen!)







(A) )



(B) )


Hans-Joachim Otto (Frankfurt)


– Lieber Herr Kollege Barthel, Sie wollen doch nicht die
Zustimmung der FDP-Fraktion zu diesem Gesetzentwurf
riskieren. Ich muss Ihnen sagen: Ich persönlich habe
mich wirklich sehr schwer getan, diesem Gesetzentwurf
die Zustimmung zu erteilen, weil das, was von uns ge-
meinsam als Kern der Reform angesehen wurde, heraus-
gestrichen wurde. Ich will ganz deutlich in Anwesenheit
des Intendanten sagen – er möge das an seine Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeiter weitergeben –: Wir stimmen ei-
nem amputierten Gesetzentwurf zu. Wir tun es, weil es
uns um die wichtige Funktion der Deutschen Welle geht
und weil ein mit allen Stimmen des Hauses angenomme-
ner Gesetzentwurf einen Beitrag dazu liefern soll, die
Stimme Deutschlands in der Welt und die Deutsche
Welle zu stärken.

Einen letzten Satz möchte ich noch zu German TV
anfügen. Es wäre von der Natur der Sache sehr viel bes-
ser und überzeugender, wenn es nicht dieses Nebenein-
ander eines gebührenfinanzierten Inlandrundfunks und
eines steuerfinanzierten Auslandrundfunks geben würde.
Das Nebeneinander zeigt sich darin, dass das, was für
viel Geld und hohe Gebühren für den Inlandsrundfunk
produziert wird, aus urheberrechtlichen und sonstigen
Gründen für den Auslandsrundfunk praktisch nicht ver-
wendet werden kann.

Die Idee von German TV war gut und wir haben sie
am Anfang getragen. Da dies jetzt nachhaltig gescheitert
ist – die Anzahl der Abonnenten ist desaströs –, sehen
auch wir keine andere Möglichkeit, als dieses Experi-
ment einzustellen.

Folgende Perspektive nenne ich: Wir müssen uns da-
rüber Gedanken machen, wie die aufwendig produzier-
ten Sendungen für ARD und ZDF in höherem Maße als
bisher genutzt werden können, um sie im Programm von
Deutsche Welle TV zeigen zu können. Wir haben bisher
geglaubt, dass wir das nur über das Projekt German TV
machen können. Das ist jetzt gescheitert. Auch wir sind
der Auffassung, dass wir das Projekt beenden sollten.

Das heißt, ein neuer Reformschritt ist notwendig. Ich
appelliere an Sie, die Kolleginnen und Kollegen von den
Fraktionen der SPD und der Grünen, dass wir uns jetzt
Gedanken darüber machen, wie wir der Deutschen Welle
helfen und die Programme von ARD und ZDF leichter
und in höherem Umfang als bisher im regulären Pro-
gramm von Deutsche Welle TV zeigen können.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Jawohl!)

Das wäre, glaube ich, ein guter Beitrag.

Wir sind uns im Ziel einig. Wir wollen die Deutsche
Welle stärken. Aber dieses Gesetz können wir wirklich
nur mit sehr großen Bauchschmerzen, mit sehr großen
Bedenken mittragen. Wir tun dies allein zugunsten der
Deutschen Welle.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513523200

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Monika Griefahn.

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(C (D Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolle innen und Kollegen! Ich muss mich erstens über einige er Beiträge, die wir hier gehört haben, ein bisschen undern. ider besseres Wissen behaupten Sie, wir hätten die elbstbewirtschaftung nicht hinbekommen. (Günter Nooke [CDU/CSU]: Das stimmt doch! – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Im Gesetz nicht!)

Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1513523300

(Günter Nooke [CDU/CSU]: Na, na, na!)


ir haben sie eingeführt. Seit 1999 wird sie de facto
urchgeführt.


(Bernd Neumann [Bremen] [CDU/CSU]: Warum haben Sie denn einen Antrag gestellt?)


ie bleibt erhalten. Wir haben im Ausschuss zum Aus-
ruck gebracht, dass das auch unser gemeinsamer
unsch ist. Der Ehrlichkeit halber sollte man hier doch
inmal zugeben, dass das bei uns eingeführt wurde.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Bernd Neumann [Bremen] [CDU/CSU]: Warum haben Sie denn einen Antrag gestellt?)


Zweiter Punkt. Wenn 5,1 Millionen Euro gestrichen
erden sollen, lieber Herr Neumann, dann müssen Sie,
enn Sie Ihrer Systematik folgen, gleichzeitig den An-
rag stellen, diese 5,1 Millionen Euro zusätzlich für die
eutsche Welle bereitzustellen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das sehe ich so ähnlich!)


en Antrag habe ich nicht gesehen. Was Sie sagen, ist
lso ein bisschen scheinheilig, wenn gleichzeitig ein An-
rag auf Kürzung gestellt wird.


(Beifall bei der SPD – Zurufe)

Ich bin ja freundlich, lieber Eckhardt.
Dritter Punkt. Wenn wir uns über German TV und die
ooperation mit ZDF und ARD unterhalten, dann kann
ch nur sagen: Gott sei Dank haben wir durch das Projekt
erman TV jetzt endlich die Kooperation mit ARD
nd ZDF.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ach du meine Güte!)


ie ist denn die Situation? Die Deutsche Welle hat vor-
er für Produktionen von ARD und ZDF, weil diese ge-
ührenfinanziert sind, Lizenzgebühren zahlen müssen
das ist zum Teil auch jetzt noch so –, und das nicht zu
napp, nämlich über 600 Euro die Minute.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: So ist es! 613!)

ie ist es in der Kooperation mit German TV? Weil
RD und ZDF mit dabei sind und man das gemeinsam
acht, zahlt man nur 2,20 Euro die Minute. Da kann
an doch nicht einfach sagen, das sei nichts. Das ist
och ein tolles Ergebnis.






(A) )



(B) )


Monika Griefahn


(Beifall bei der SPD – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: German TV ist gescheitert!)


Natürlich ist die Frage: Wie bekommt man es hin, das
eine auf das andere zu übertragen? Jedes Geschäft – das
ist doch ganz klar – ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit.
Natürlich haben ARD und ZDF ein Interesse daran ge-
habt, auch im Ausland präsent zu sein. Das sind sie mit
German TV. Da muss man natürlich schauen, wie die In-
teressen von beiden zu verwirklichen sind, und da kann
man nicht einfach sagen: Wir schaffen das jetzt ab; es
wird sich schon ergeben, dass wir von ARD und ZDF
auch weiterhin Programme für 2,20 Euro die Minute
kaufen können. – So einfach, denke ich, wird das nicht
sein.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wir haben German TV doch gemeinsam zeitlich limitiert! – Bernd Neumann [Bremen] [CDU/ CSU]: Sie haben 20 Millionen in den Sand gesetzt!)


Wir müssen damit natürlich sehr sorgfältig umgehen.

(Günter Nooke [CDU/CSU]: Wir sind uns darüber einig, was wir wollen!)

Wir müssen sehen, dass wir da nicht irgendwelches Por-
zellan zerschlagen. Ich bin wirklich dafür, dass wir es
versuchen.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Aber mit Druck versuchen!)


Zu sagen: „Jetzt schaffen wir das ab und es wird schon
so weitergehen“ – so einfach wird das nicht gehen. Wir
müssen ein bisschen schauen, wie sich die Zusammenar-
beit in Zukunft gestaltet.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513523400

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Otto?


Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1513523500

Natürlich, gern.


Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1513523600

Liebe Frau Kollegin Griefahn, wollen Sie nicht zur

Kenntnis nehmen, dass wir alle gemeinsam, alle Fraktio-
nen dieses Hauses, German TV nur zeitlich begrenzt zu-
gelassen haben und dass die Frist jetzt ausläuft? Wie
können Sie uns da sagen, wir wollten dieses Projekt zer-
schlagen? Das Projekt ist von vornherein nur zeitlich be-
grenzt gewesen. Die Frist läuft jetzt aus. Es wäre also ein
Beschluss notwendig, um das Projekt zu verlängern.
Diesen Beschluss wollen wir nicht fassen.


Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1513523700

Ich habe den Antrag der CDU/CSU so verstanden,

dass man es sofort, auf der Stelle, beenden will. Dann
wäre es nicht möglich, einen Übergang zu schaffen, um
das hinzubekommen, was alle wollen, nämlich dass die
Kooperation mit ZDF und ARD tatsächlich weiterläuft,
und zwar in einer anständigen Form der Zusammenar-

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(C (D eit. Da muss man nämlich wirklich gedeihlich miteiander umgehen. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Sie wollen also verlängern?)


Nein, die CDU/CSU will es vorzeitig beenden.

(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Meine Frage ist, ob Sie verlängern wollen! – Gegenruf des Abg. Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Das wird doch jetzt geprüft!)


Wir müssen das doch jetzt auswerten, wie wir es uns
orgenommen haben. Das machen wir zu dem Zeit-
unkt, zu dem wir es uns vorgenommen haben, nämlich
or Ablauf der Frist.
Wir sollten noch einmal auf das Gesetz eingehen. Wir

aben wirklich ein tolles Gesetz hinbekommen, finde
ch. Es ist ein modernes Gesetz. Es ist ein großer Wurf.
s hat sich gelohnt, dass wir lange darüber diskutiert
aben. Die Arbeit des Intendanten und aller rund
500 Mitarbeiter aus der ganzen Welt trägt dazu bei,
ass zu verschiedenen Zeiten in rund 30 verschiedenen
prachen Informationen aus Deutschland und aus Eur-
pa, eben aus einer europäischen Kulturnation, in die
elt gebracht werden. Mit dem neuen Gesetz kommen
ir darüber hinaus – wie in der auswärtigen Kulturpoli-
ik – viel stärker zu dem Modell der Zweibahnstraße, in-
em wir in ihm zum Beispiel die Telemedien verankert
aben. Durch sie wird es möglich, tatsächlich auch in ei-
en Dialog mit den Menschen zu treten.
Die Deutsche Welle hat es darüber hinaus bewerkstel-

igt, in Afghanistan einen Fernsehsender aufzubauen und
m Kosovo Familien zusammenzuführen. Das heißt,
urch sie wird wirklich Informationsfreiheit in vielen
ändern garantiert, also ein Stück Demokratie und Men-
chenrechte durch Informationsmöglichkeiten gesichert,
ie in diesen Ländern ansonsten nicht existieren. Das ist
as Positive, was wir gemeinsam feststellen können. Da-
um werden wir – dafür bin ich sehr dankbar – das Ge-
etz hier gemeinsam verabschieden. Es leistet einen
ichtigen Beitrag dazu, dass sich Deutschland in verän-
erter Form in der Welt präsentiert. Ich bin sehr glück-
ich darüber, dass nicht wie im alten Gesetz nur die Prä-
enz Deutschlands in der Welt als Aufgabe definiert ist,
ondern dass wir jetzt auch in den Dialog mit den
enschen treten können. Auch dass die seit 1999 prakti-
ierte Mittelzuweisung zur Selbstbewirtschaftung wei-
erhin durchgeführt wird, wird der rundfunkrechtlichen
tellung der Deutschen Welle gerecht und schafft Pla-
ungssicherheit. Das war ja unser gemeinsames Anlie-
en. Wir setzen dieses am besten um, wenn wir das
esamtpaket, also das Gesetz zusammen mit der Be-
chlussempfehlung und dem Bericht, verabschieden;
enn das, was alle angemahnt haben, ist darin enthalten.
Für wichtig halte ich auch, dass es dank des neuen
esetzes möglich wird, dass wir auch die Ansichten der
nderen erfahren und gleichzeitig unsere Sichtweise im
ialog vermitteln können. So stelle ich mir modernen
uslandsrundfunk vor. Hierzu trägt insbesondere die
erankerung der Telemedien bei. Dieses Vorgehen ist
uch wegweisend für die öffentlich-rechtlichen Medien,






(A) )



(B) )


Monika Griefahn

die ja sehr darum ringen müssen, um über Telemedien
mit ihrem Publikum in Kontakt zu treten. Indem wir das
in diesem Gesetz realisieren, geben wir der Rundfunk-
anstalt ein zeitgemäßes, der Lebenswirklichkeit nahe
kommendes Image; alles andere wäre nur ein verstaubtes
Image, mit dem wir junge Leute nicht erreichen. Gerade
mit ihnen und auch mit Multiplikatoren in den Ländern
müssen wir in Kontakt treten. Hierfür ist der Auftritt in
Telemedien wie dem Internet sehr wichtig. Das ist näm-
lich die Informationsquelle und das Dialogmedium vie-
ler junger Leute, und zwar in allen Ländern der Welt.
Alle Kolleginnen und Kollegen, die sich in der Welt
umgeschaut haben, konnten das sehen. Selbst im Iran
strömen junge Frauen in Internetcafés, um sich dort zu
informieren. Hier eröffnen sich uns also ganz neue Per-
spektiven.

Für die krisenpräventive Arbeit der Deutschen Welle
ist nicht nur der Hörfunk von Bedeutung, sondern auch
das Internet, denn darüber ist der direkte Austausch
möglich. So können Informationen aus einer Region für
eine Region, aber verbunden mit deutscher oder europäi-
scher Sichtweise, vermittelt werden. Auch das ist, wie
ich finde, eine ganz wichtige Sache, weil das die starre
Berichterstattung der nationalen Sender in vielen Län-
dern aufbricht.

Von entscheidender Bedeutung für die zukünftige Ar-
beit der Welle – dieser Punkt betrifft insbesondere uns
hier – ist die engere Zusammenarbeit mit den Verfas-
sungsorganen. Das Beteiligungsverfahren wird neu ge-
ordnet. Bisher war es so, dass die Deutsche Welle ihre
Aufgabenplanung dem Deutschen Bundestag zukommen
ließ. Damit war der Prozess auch schon beendet. Jetzt
wird dieser Prozess transparenter: Wir erhalten einen
Vorschlag bezüglich Zielgruppen, Aufgabenplanung,
Sendegebiete und Vertriebswege und unterbreiten dazu
nach Konsultationen im Bundestag und mit der Bundes-
regierung unsere Anregungen. So kann ein Diskussions-
prozess in der Öffentlichkeit stattfinden. Ich halte das für
zielführend und wünschte mir, dass woanders ähnlich
verfahren würde. Ich bin sehr froh, dass wir so etwas In-
novatives mit der Deutschen Welle praktizieren.

Die Deutsche Welle soll die notwendigen Mittel be-
kommen. Das Parlament wird ihre Arbeit weiter wohl-
wollend begleiten und noch stärker in die politische Dis-
kussion mit dem Sender einsteigen. Es steht außer Frage,
dass wir einen leistungsfähigen Auslandsrundfunk brau-
chen. Dessen Aufgaben werden nicht weniger, sondern,
wenn wir die Krisenregionen in den Blick nehmen, eher
mehr. Da sind die Vermittlung von Demokratie und
Menschenrechten und die praktische Umsetzung gerade
in medialer Hinsicht ganz besonders wichtig. Bei den
Wahlen in Afghanistan zum Beispiel war es wichtig,
dass überhaupt über die Wahlen und die Kandidaten in-
formiert wurde. Dazu braucht man die Medien.

Mit der Umstellung auf die digitale Kurzwelle wird
ein ganz neues Feld eröffnet. Der Empfang wird nicht
immer unterbrochen und man kann vielleicht sogar das
Autoradio benutzen, um sich zu informieren. Auch das
ist sicherlich ein wichtiger Punkt, der in Zukunft eine
Rolle spielt.

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(C (D Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit der eutschen Welle, auch in den Beteiligungsverfahren. Ich inde das sehr spannend. Ich glaube, dass wir die Diskusion in der Zukunft fortsetzen müssen, gerade bezüglich er Zukunft von German TV und der Frage, wie wir den uftritt von Deutsche Welle TV in diesem Sinne optiieren können. Ich denke, das finanzielle Engagement at sich gelohnt, wenn die angesprochene Verflechtung abei herauskommen sollte. Wenn wir es hinbekommen, ass die Deutsche Welle aufgrund der Selbstbewirtschafung und der eigenen Gestaltungsmöglichkeiten – diese ntwicklung ist in den letzten fünf Jahren eingeleitet orden; unter Ihrer Regierung war das noch nicht mögich – flexibel und adäquat auf Krisen reagieren kann, ird sich das Ganze positiv entwickeln. Frau Kollegin! Ich freue mich auf die Zusammenarbeit und darüber, ass wir im Parlament eine so gute und konstruktive Deatte hatten, dass wir das Gesetz heute gemeinsam verbschieden und auch in Zukunft gemeinsam für die eutsche Welle streiten werden. Das ist sehr positiv. Danke schön. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513523800
Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1513523900


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513524000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Klaus Rose.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1513524100

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Mir bleibt zum Schluss nur eine Redezeit von
ünf Minuten, die ich auch ohne Manuskript bewältigen
ann. Ich möchte vor allen Dingen noch einmal betonen,
ass wir wirklich darum bemüht waren, eine gemein-
ame Verabschiedung des Gesetzentwurfes zustande zu
ringen, und zwar nicht um der Bundesregierung bei ih-
en zum Teil schwierigen Versuchen zu helfen, sondern
eil wir Respekt vor der Arbeit der Deutschen Welle
nd deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben und
eil uns ihre Aufgabe wichtig und richtig erscheint.
eshalb wollten wir die Deutsche Welle stärken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich erinnere daran, dass es vor gut 50 Jahren – wir ha-

en ja im vergangenen Jahr den 50. Geburtstag der Deut-
chen Welle gefeiert – eine CDU/CSU-geführte Bundes-
egierung war, die sich um die Auslandskulturarbeit
emüht und diese in die Tat umgesetzt hat.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: CDU/ CSU und FDP, lieber Herr Dr. Rose!)


Die FDP nehme ich noch hinzu. Ich habe gesagt:
DU/CSU-geführte Bundesregierung, lieber Herr Kol-
ege von der FDP. – Wenn man ein Kind in die Welt
etzt, dann sollte man sich anschließend nicht von ihm






(A) )



(B) )


Dr. Klaus Rose

distanzieren. Wir haben die Deutsche Welle über die
Jahrzehnte auf ihrem Weg begleitet. Wir haben mit
Schmerzen festgestellt, dass die rot-grüne Bundesregie-
rung in ihrer ersten Legislaturperiode der Deutschen
Welle und vor allen Dingen ihrem Intendanten gegen-
über nicht immer vornehm aufgetreten ist.

Weil Herr Bettermann da ist, möchte ich ihm sagen:
Sie haben Glück; da wir uns schon sehr lange kennen,
haben Sie die Unterstützung der Opposition. Geben Sie
unseren Dank an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
weiter! Wir möchten der Deutschen Welle helfen, damit
sie eine gute Zukunft hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Was im Gesetzentwurf steht, führt allerdings – das hat

die Debatte gezeigt – doch zu gewissen streitigen Über-
legungen, auch wenn wir alle zustimmen werden. Vor
dem Hintergrund der Beratungen des Auswärtigen Aus-
schusses möchte ich sagen: Wir haben zwar am Schluss
insgesamt zugestimmt, aber uns auch über die Kürzun-
gen informiert, sowohl bei den Stellen wie auch beim
Geld; die 17 Prozent sind heute schon einmal erwähnt
worden, aber es sind auch zahlreiche Stellen eingespart
worden. Wir haben uns über die neue Zielrichtung der
Deutschen Welle, vor allen Dingen die notwendige Kon-
zentration auf gewisse Regionen der Welt, unterhalten.
Wir haben uns natürlich auch über die Veränderung in
der modernen Medienwelt unterhalten, wo es nicht nur
um Radio und Fernsehen geht, sondern auch das Internet
eingesetzt wird. Dabei spielt auch die sprachliche Um-
setzung deutscher Sendungen eine Rolle. Wir haben
Wert darauf gelegt – das möchte ich noch einmal beto-
nen, weil es sonst vielleicht nicht beachtet wird –, dass
in diesem Gesetzentwurf zum ersten Mal der Begriff der
Kulturnation auftaucht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Das ist gegen große Widerstände erfolgt. Wir sind der
Meinung, dass wir Deutschen nicht schlechter dastehen
sollten als die Briten oder die Franzosen, die sich auf für
sie charakteristische Weise in der Welt darstellen. Das
sollten auch wir tun.

Ich könnte als ehemaliger langjähriger Haushälter na-
türlich Verständnis für Haushaltskollegen zeigen, die
Geld für ein Projekt streichen wollen, wenn sie entde-
cken, dass es gescheitert ist. Wenn es kein neues Projekt
gibt, dann muss man dieses Geld zunächst einmal weg-
nehmen. Ich könnte sarkastisch hinzufügen: Man kann
nicht ohne weiteres gutes Geld einer schlechten Sache
nachwerfen.

Im Übrigen trifft das auf die Inhalte der Bundespolitik
insgesamt zu. Die Deutsche Welle soll die Bundesrepu-
blik Deutschland im Ausland gut verkaufen. Das tut sie
mit ihren Mitteln. Aber wenn die Politik in Deutschland
nicht stimmt, dann ist es natürlich sehr schwierig, ein
positives Deutschlandbild in der Welt zu zeichnen. Auch
das muss einmal gesagt werden.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wohl wahr!)


Weil von der Frau Kollegin Griefahn stolz erwähnt
urde, dass die Selbstbewirtschaftung bzw. die flexible
udgetierung von Ihnen eingeführt wurde, will ich sa-
en: Ja, es ist richtig, dass sie 1999, als wir nicht mehr
egiert haben, eingeführt worden ist. Aber das Instru-
ent der flexiblen Budgetierung war Jahre vorher schon
n verschiedenen anderen Ministerien von uns eingeführt
orden. Ich kann das aus eigener Erfahrung von dem
inisterium sagen, in dem ich gearbeitet habe. Das ist
lso nichts Neues.
Lassen wir diesen Streit aus zurückliegenden Zeiten

nd schauen wir lieber in die Zukunft! Wir brauchen die
eutsche Welle. Es gibt eine große Konkurrenz in der
elt. Wir können mit neuen Instrumenten und mit vielen
enschen, die uns positiv gewogen sind, etwas Gutes

ür unser Land erreichen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513524200

Vielen Dank. Ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Ände-
ung des Deutsche-Welle-Gesetzes. Der Ausschuss für
ultur und Medien empfiehlt unter Buchstabe a seiner
eschlussempfehlung auf Drucksache 15/4046, den Ge-
etzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
itte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-
chussfassung zustimmen wollen, um das Handzei-
hen. – Stimmt jemand dagegen? – Gibt es Enthaltun-
en? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung
instimmig angenommen worden.

Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich zu erheben,
enn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Gibt
s Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-
ntwurf ist damit in dritter Lesung mit den Stimmen des
esamten Hauses angenommen worden.
Wir setzen die Abstimmung zu der Beschlussempfeh-

ung des Ausschusses für Kultur und Medien auf Druck-
ache 15/4046 fort. Der Ausschuss empfiehlt unter
uchstabe b seiner Beschlussempfehlung, den Antrag
er Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grü-
en auf Drucksache 15/1214 mit dem Titel „50 Jahre
eutsche Welle – Zukunft und Modernisierung des deut-
chen Auslandsrundfunks“ für erledigt zu erklären. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstim-
en? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
ngenommen worden.
Unter Buchstabe c empfiehlt der Ausschuss, den An-

rag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/1208
it dem Titel „50 Jahre Deutsche Welle – Perspektiven
ür die Zukunft“ ebenfalls für erledigt zu erklären. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Gibt es Ge-
enstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

lung ist damit mit den Stimmen des ganzen Hauses ange-
nommen worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 sowie den
Zusatzpunkt 3 auf:

10 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit

(9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Rainer Funke, Dr. Werner Hoyer, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der FDP
Gegen eine Aufhebung des EU-Waffen-
embargos gegenüber der Volksrepublik China
– Drucksachen 15/2169, 15/4047 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Michael Fuchs

ZP 3 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
EU-Waffenembargo gegenüber der Volks-
republik China
– Drucksache 15/4035 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Christian Müller.


Christian Müller (SPD):
Rede ID: ID1513524300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich will vorausschicken: Die Ereignisse von Peking vom
4. Juni 1989, die letztendlich zu dem bekannten Em-
bargo führten, waren natürlich auch für unsere ostdeut-
sche Demokratiebewegung besonders im Herbst 1989
ziemlich bedeutsam. Aber nicht nur deshalb war die Ver-
hängung eines Waffenembargos in der Folge des EU-
Ratsbeschlusses vom 26./27. Juni 1989 eine notwendige
Reaktion. Es gab in dieser Zeit vor 15 Jahren Tage, an
denen zu befürchten war, interessierte Kreise könnten
auch in der im Aufbruch befindlichen DDR eine Art
chinesische Lösung bevorzugen. Aber das ist eine an-
dere Geschichte.

15 Jahre danach ist es sicher angemessen, dass die
Maßnahme gegenüber China in der Europäischen Union
einer Überprüfung unterzogen wird; denn China befin-
det sich seit einiger Zeit in einem tief greifenden Prozess
der wirtschaftlichen Umgestaltung und bestimmt auch in
einem gesellschaftlichen Veränderungsprozess, bei dem
ebenfalls Anzeichen für politische Reformen sichtbar
sind. Inwiefern dies zu einer durchgreifend verbesserten
Menschenrechtssituation führt oder bereits geführt hat,
muss beurteilt und an den in Europa gültigen Kriterien
gemessen werden, die unter anderem im EU-Verhaltens-
kodex festgehalten werden. Die Situation ethnischer
Minderheiten oder die politischen Verhaltensmuster im
Umgang mit Taiwan sind darin eingeschlossen.

Daher ist unsere Aufforderung an die Bundesregie-
rung, nachlesbar im vorliegenden Antrag der Koalition,

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(C (D ie Aufhebung des Embargos an Fortschritten in diesen ereichen und bei der friedlichen Konfliktbewältigung u messen, der richtige Weg. Dies gilt ebenso für die ortentwicklung des EU-Verhaltenskodex, der durchaus ergleichbar restriktive Maßstäbe für Waffenexporte etzt. Allerdings darf bei dieser gesamten Diskussion nicht bersehen werden, dass die Aufhebung des Embargos hnehin nur in der Folge eines einstimmigen Beschluses aller EU-Mitgliedstaaten erfolgen kann. Dies wird erzeit in und zwischen den Ländern erörtert, wobei das rgebnis noch offen ist. Daher hat es wenig Sinn, diesen rozess zu sehr auf einer politisch-spekulativen Ebene uszuloten. In diesem Zusammenhang will ich jedoch deutlich nterstreichen: Die eventuelle Aufhebung des Waffenmbargos würde in der Bundesrepublik keineswegs dazu ühren, dass automatisch jede Lieferung von Rüstungsütern oder Waffen in die Volksrepublik China genehmiungsfähig wäre. Dieses zum Teil auch öffentliche Misserständnis will ich hiermit eindeutig ausräumen. Alle estimmungen des EU-Verhaltenskodex – auch in eier weiterentwickelten Qualität – und die politischen rundsätze der Bundesregierung für die Genehmigung erartiger Exporte gelten selbstverständlich, ob mit oder hne Embargo. Daher gibt es auch keinen in Antragsorm auszudrückenden Zweifel daran, dass sich die Bunesregierung etwa nicht an diese Grundsätze und die gelenden gesetzlichen Bestimmungen halten würde. Übrigens sind die politischen Grundsätze jederzeit achlesbar. Mit ihnen wird das von uns allen als verünftig erkannte Ziel verfolgt, den Frieden zu sichern, onflikten möglichst im Ansatz vorzubeugen und zu erhindern, dass aus Deutschland stammende Waffen twa im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzunen angewendet werden. Ich weise also nochmals darauf hin: Die Ausfuhr von affen und Rüstungsgütern unterliegt nach den geltenen gesetzlichen Ausfuhrbestimmungen des Kriegswafenkontrollgesetzes und des Außenwirtschaftsgesetzes enerell einem umfassenden Genehmigungsvorbehalt. abei wird besonders hinsichtlich der Lieferung von üstungsgütern an Drittländer, also an Länder jenseits on EU und NATO und an gleichgestellte Länder wie ustralien, Japan, Neuseeland oder die Schweiz, eine estriktive Genehmigungspolitik verfolgt. Also würden uch im irgendwann eintretenden Fall der Aufhebung es Embargos eventuelle Exportgenehmigungsanträge eutscher Rüstungsunternehmen unter strenger Beachung dieser gesetzlichen und politischen Bestimmungen nd Richtlinien geprüft und entschieden. Ausfuhrvorhaben, deren Relevanz in Menschen echtsfragen bedeutsam wäre oder die das militärische räfteverhältnis zwischen der Volksrepublik China und aiwan berührten, würden folglich besonders sorgfältig eprüft werden. Gegebenenfalls wäre dies auf der Ebene es Bundessicherheitsrates zu entscheiden. Über den vorliegenden Antrag der FDP-Fraktion ha en wir bereits im Ausschuss entschieden; wir haben ihn Christian Müller abgelehnt. Wir haben heute einen eigenen Antrag eingebracht und werden diesen im Zuge der weiteren parlamentarischen Behandlung durchbringen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513524400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hans-Peter Uhl.

Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1513524500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Im Jahre 1989 haben sich die Staaten der
heutigen Europäischen Union auf ein striktes Waffenem-
bargo gegenüber China verständigt. Jetzt scheint ausge-
rechnet die rot-grüne Bundesregierung entschlossen zu
sein, dieses Waffenembargo auf europäischer Ebene an-
zutasten. Bundeskanzler Schröder hat im Dezember
vergangenen Jahres bei seinem Staatsbesuch in China
sogar offen erklärt, er trete für eine Aufhebung dieses
Embargos ein. Dieses Embargo sei ein „Relikt des Kal-
ten Krieges“ und heute „nicht mehr zu rechtfertigen“.
China habe sich die Aufhebung „verdient“.

Dies ist wirklich verwunderlich, zumal es zuvor kei-
nerlei erkennbare Abstimmung mit den Partnern der Eu-
ropäischen Union gegeben hat. An dieser Stelle erinnere
ich nur an die schrillen Angriffe, die hochmoralische Po-
litiker von Rot-Grün auf Bundeskanzler Kohl gerichtet
haben, als dieser 1995 einen Staatsbesuch in China ab-
hielt. Zum Protokoll gehörte damals auch ein Besuch bei
einem Infanterieregiment. Angelika Beer warf ihm da-
raufhin unter anderem vor, „zur Imagepflege einer Un-
terdrückungsarmee“ beigetragen zu haben. Auch kann
ich Ihnen in Erinnerung rufen, wie sich der Oppositions-
abgeordnete Joschka Fischer 1996 zu diesem Thema ge-
äußert hat:

Wir werden eine friedliche Entwicklung Chinas
nicht bekommen, wenn wir vor allen Dingen auf
das Geschäft setzen. … Deswegen müssen wir mit
den Chinesen unnachgiebig über Menschenrechte,
über tibetische Kultur und über den Schutz von
Minderheiten in China sprechen. Wenn das Auf-
träge kostet, dann kostet es eben Aufträge.

So sprach 1996 der stramme Menschenrechtler Joschka
Fischer. Zugegeben, es ist acht Jahre her. Wer will schon
gern an Reden von vor acht Jahren erinnert werden, vor
allem dann, wenn er solche Wandlungen durchgemacht
hat, wie es bei Joschka Fischer der Fall ist?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Uta Zapf [SPD]: Es gibt da auch andere!)


Meine Damen und Herren, nach einem zunächst pein-
lichen Schweigen im rot-grünen Lager in Bezug auf die
Auftritte von Bundeskanzler Schröder im Dezember hat
man sich jetzt wohl formiert. Einzelne Politiker von SPD
und Grünen drohten sogar, dem FDP-Antrag zuzustim-
men.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das haben sie im Auswärtigen Ausschuss auch getan!)


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(C (D Um dieses Unglück in letzter Minute abzuwenden, aben nun die Koalitionsfraktionen gemeinsam einen ntrag zum selben Thema eingebracht. Die Überzeuungskraft dieses Antrags verfehlt jedoch möglichereise ihre Wirkung auf die Bundesregierung; jedenfalls aben wir daran erhebliche Zweifel. Der Bundeskanzler ieß den rot-grünen Antrag nämlich über seinen Regieungssprecher Anda bereits kommentieren: Einerseits oll der Antrag in die Meinungsbildung der Regierung infließen. Andererseits wird der Bundeskanzler jedoch ei seiner einmal geäußerten Meinung bleiben. Basta! (Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Uta Zapf [SPD]: „Basta“ stammt von Ihnen!)


Ich gebe zu, das Wort „basta“ stammt nicht von Anda,
ondern von Schröder und wurde von mir in diesen Zu-
ammenhang gestellt.
Das Verfallsdatum dieses Antrags ist vorhersehbar. Es
ird mit dem 5. Dezember anzusetzen sein, denn dann
ird Schröder erneut nach China reisen und wiederum
ie Aufhebung des Waffenembargos – in welcher Form
uch immer – fordern. Dann wird er sich möglicher-
eise an diesen Antrag nicht mehr erinnern können.

(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Wir waren da mals bei Kohl mutiger, kann ich nur sagen!)

Doch lassen Sie mich kurz auf die Sache eingehen. In

er Tat ist China eine Weltmacht, die auch in der Welt-
irtschaft eine immer bedeutendere Rolle einnimmt und
ür Deutschland ein wichtiger Handelspartner ist. Wir
ollten natürlich die Wirtschafts- und Wissenschaftsko-
peration mit China fortsetzen.
Wir sollten auch anerkennen, welche Entwicklung
hina durchgemacht hat. Auch sollten wir als Europäer
it einer gewissen Offenheit feststellen, dass es im Rah-
en der universellen Menschenrechte verschiedene
ege zur Demokratie gibt und dass auch China seinen
igenen Weg dorthin finden muss.
Wir sollten uns aber davor hüten, mit ausgestrecktem

eigefinger die chinesische Politik sozusagen auf dem
arktplatz an den Pranger zu stellen. Wir sollten also
anz klar sagen, dass wir in der Europäischen Union ei-
en Verhaltenskodex zum Umgang mit Waffenexporten
eschlossen haben, und hinzufügen, dass wir neben die-
em europäischen Kodex auch eine nationale Regelung
aben, die zu dem gleichen Ergebnis führt. Bei diesen
eiden Entscheidungsparametern wollen wir bleiben.
Aus diesem Grunde passt es überhaupt nicht in die

etzige Zeit – in der die Taiwan-Frage wieder auf gefähr-
iche Weise eskaliert –, durch Waffenexporte einen deut-
chen Beitrag zu leisten. Ich halte dies für falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


ch meine, wir sollten bei unserer Linie bleiben. Wir
ollten auch unter den europäischen Partnern keine fal-
chen Signale aussenden und keinen falschen Wettlauf
ei Rüstungsexporten nach China auslösen.






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Uhl

Wir meinen, dass der Antrag von SPD und Grünen

durch seine bewusst weichen und schwammigen Formu-
lierungen eher irritiert. Deswegen wollen wir diesen An-
trag ablehnen. Wir müssen uns vor falschen Signalen hü-
ten: gegenüber dem Bundeskanzler, gegenüber den
europäischen Freunden, aber auch gegenüber China.

Als Helmut Kohl 1995 aus China zurückkam, sagte
Rudolf Scharping – Sie erinnern sich an ihn –,


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Er ist selten hier!)


bei dem Truppenbesuch in China sei Kohl erneut zum
„Meister der falschen Symbole“ geworden. Ich meine,
wenn jemand zum „Meister der falschen Symbole“ ge-
worden ist, dann ist es der amtierende Bundeskanzler
mit seiner Äußerung zu Rüstungsexporten. Diese lehnen
wir ab.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513524600

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ludger Volmer.

(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Jetzt sind wir aber gespannt, was für einen Slalom der Kollege Volmer fährt!)



Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513524700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der An-

lass für das EU-Waffenembargo war das Massaker auf
dem Platz des Himmlischen Friedens.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Tiananmen!)

Das ist lange Zeit her, aber damit nicht vorbei. Man kann
keinen Schlussstrich ziehen. Wir sind auch nicht der
Meinung, dass Argumente, wie man sie manchmal aus
China hört, nämlich dass die Angelegenheit verjährt sei,
akzeptabel sind.

Dennoch muss es erlaubt sein, hin und wieder zu
überprüfen, ob dieses Embargo noch Sinn macht. Die
heutige Führung in China zumindest trägt keine unmit-
telbare Verantwortung mehr für das Massaker vor
15 Jahren. Aber sie trägt Verantwortung dafür, dass
China ab sofort und in aller Zukunft eine demokratische
Entwicklung nimmt, die die Menschenrechte berück-
sichtigt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Wenn man die chinesische Führung mit dieser Frage
der Menschenrechte konfrontiert, hält sie sofort umfang-
reiche Referate darüber, dass sie es geschafft hat, die so-
zialen Menschenrechte zu erfüllen, und zwar vielleicht
besser als so manches andere Land. Dieses Argument
kann man nicht ohne weiteres von der Hand weisen.
Man muss anerkennen, dass China es geschafft hat, ein
Sechstel der Weltbevölkerung aus dem absoluten Elend,
aus der absoluten Armut herauszuführen und dem größ-
ten Teil dieses Riesenvolkes zumindest das Existenzmi-
nimum zu sichern. Das ist eine Erfüllung von sozialen

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(C (D enschenrechtsstandards. Das muss man einmal anerennend aussprechen. Allerdings kann man sich mit der Erfüllung der sozia en Menschenrechte nicht dafür entschuldigen, dass es mmer noch massive Defizite bei den politischen Menchenrechten gibt. Auch in unserem Sicherheitsinteresse agen wir: Wir haben großes Interesse daran, dass China, as wirtschaftlich immer stärker wachsen und in der gloalen Politik eine immer größere Rolle spielen wird, uch immer demokratischer wird. Nur dann kann es für ns langfristig ein Partner sein, mit dem gemeinsam wir icht nur Handel treiben, sondern auch versuchen, gloale und regionale Probleme zu lösen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


n diesem Sinne ist es nicht besserwisserisch, sondern
infach der Ausdruck unseres eigenen Interesses, dass
ir einen intensiven Dialog über die Menschenrechtsfra-
en mit China begonnen haben. Wir begrüßen und
öchten daran erinnern, dass es die rot-grüne Bundesre-
ierung war, die den Rechtsstaatsdialog mit China auf-
enommen hat, einen Dialog, der viele positive Ergeb-
isse gebracht hat.


(Beifall der Abg. Uta Zapf [SPD])


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513524800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Rose?

Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513524900

Immer.

Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1513525000

Herr Kollege, da Sie gerade von der – von uns sehr

ewünschten – demokratischen Entwicklung in China
esprochen haben: Bezeichnen auch Sie es als unver-
tändlich bzw. als unter Demokraten sogar nicht akzep-
abel, dass an der Südküste des chinesischen Festlandes
00 Raketen gegen Taiwan – zweifellos ein friedlicher
achbar, denn Taiwan greift nicht an – gerichtet sind?
m Sinne der von uns vertretenen Ein-China-Politik
üssen wir konstatieren, dass diese Raketen sogar gegen
in eigenes Land gerichtet sind. Wie stellen Sie sich
azu, dass man dort eine solche Drohkulisse aufbaut?

Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513525100

Lieber Herr Rose, genau darum geht es in der

chlusspassage meiner Rede. Ich möchte Sie bitten, sich
och etwas zu gedulden. Ich bin mir sicher, wir sind uns
n der Frage völlig einig.


(Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Ich würde sogar stehen bleiben, dann können Sie diese Passage ohne Anrechnung auf die Redezeit halten!)


Gut, nehmen wir die Taiwan-Frage vorweg.
Wir haben in unserem Antrag deutlich gemacht: Be-

or es zu einer Aufhebung aller Restriktionen und zu ei-
er völligen Normalisierung der Beziehungen kommen






(A) )



(B) )


Dr. Ludger Volmer

kann, müssen mehrere Kriterien erfüllt sein, und zwar
auch auf europäischer Ebene, nicht nur auf der Ebene
der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Ein we-
sentliches Kriterium ist die Taiwan-Frage.

Erinnern wir uns zurück an die Zeit vor dem 11. Sep-
tember 2001: Im ersten Jahr der Amtszeit von Präsident
Bush – ich will das jetzt aber nicht Präsident Bush zu-
schreiben – hatten wir hier öfters Debatten über sich stei-
gernde transpazifische Dispute. Wir alle hatten Angst,
dass diese Dispute zu einem massiven Konflikt eskalie-
ren könnten. Im Zentrum der Dispute stand die Taiwan
Frage. Von daher ist es auch in unserem Sicherheitsinte-
resse, dass keine Waffen an China geliefert werden, ers-
tens damit der transpazifische Konflikt nicht eskaliert
und zweitens damit wir uns nicht durch europäische
Waffenlieferungen in eine Gegend, die möglicherweise
wieder spannungsgeladen sein könnte, in einen Interes-
sengegensatz zu unserem Partner und NATO-Freund
USA begeben. Das ist für uns ein ganz wesentlicher
Punkt, den wir auch in unserem Antrag so formuliert ha-
ben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/ CSU] – Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Für diese Aussage bin ich gerne stehen geblieben!)


– Ich glaube, in diesem Punkt sind wir uns auch einig.
Ich hoffe, wir sind uns auch in den anderen Punkten

einig. Kollege Müller hat schon darauf hingewiesen,
dass wir jetzt natürlich nicht einen riesigen Katalog von
Einzelforderungen, die wir an die chinesische Politik
stellen, zur Voraussetzung für eine Normalisierung ma-
chen können. Es gibt viele Punkte, die uns nach wie vor
Sorgen machen: die extensive Anwendung der Todes-
strafe, die Lagerhaft, die Administrativhaft, das Fehlen
von Parteiendemokratie. Was wir aber von der chinesi-
schen Seite fordern können, ist, dass endlich der VN-
Pakt für die politischen und bürgerlichen Rechte ge-
zeichnet und ratifiziert wird. Vor allen Dingen dies steht
aus. Darüber werden wir mit der chinesischen Seite noch
reden wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Genauso werden wir mit der chinesischen Seite noch
darüber reden wollen, dass die weit reichenden Verfas-
sungsänderungen, die vorgenommen worden sind und
die wir sehr begrüßen, auch in Verwaltungshandeln
umgesetzt werden. Das betrifft etwa die Einführung de-
mokratischer Strukturen und des Privateigentums.

Der dritte wesentliche Prüfungspunkt ist der Umgang
mit den ethnischen und regionalen Minderheiten in
China selber. Die Stichworte kennen Sie: Tibet,
Xinjiang. Es muss darauf hingewirkt werden, dass diese
Ethnien, dass diese Völker ein Großmaß an substanziel-
ler Autonomie bekommen. Modernisierungsstrategien,
die von Peking aus dort vorangetrieben werden, mögen,
was die Infrastruktur usw. angeht, ihren Sinn machen;
wenn diese Strategien aber dazu führen, dass diese tradi-
tionellen Kulturen, die mit zum Beeindruckendsten ge-
hören, was die Menschheit auf diesem Globus im Mo-

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(C (D ent zu bieten hat, beeinträchtigt werden oder erschwinden sollten, dann wäre das ein enormer Schaen. Davor wollen wir China – das eine China, das wir ls Einheitsstaat akzeptieren – bewahren. Deshalb lautet unser Plädoyer, dass die Überprüfung, b das Waffenembargo noch Bestand haben kann, auf uropäischer Ebene vorgenommen werden muss. Wir offen, dass dieser Überprüfungsprozess in einen für alle U-Mitgliedstaaten verbindlichen Kodex einmündet, as Waffenexporte im Allgemeinen und Waffenexporte ach China im Speziellen angeht. Die zu prüfenden unkte, die in unserem Antrag enthalten sind, wollen wir uf der Ebene der Europäischen Union als Essentials unerer Politik deutlich machen. Für uns Grüne und, wie ich denke, auch für viele an ere ist völlig klar: Wenn man die vier Kriterien, über ie wir gerade diskutiert haben, zugrunde legt, dann ommen Waffenexporte an China im Moment nicht inrage. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Friedbert Pflüger [CDU/ CSU]: Das muss jetzt nur noch beim Bundeskanzler durchgesetzt werden!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513525200

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Werner Hoyer.


Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1513525300

Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kollegin-

en und Kollegen! Ich finde, heute ist ein guter Tag für
as Parlament. Gestern hat das Europäische Parlament
eutlich gemacht, dass es nicht die Absicht hat, als Tiger
u starten und als Bettvorleger zu landen. Heute zeigt
er Deutsche Bundestag Flagge. Das ist für manche si-
herlich schmerzhaft; das anerkenne ich. Aber es ist
eutlich geworden, dass der Bundeskanzler für seine
affenexportpolitik und für seine Menschenrechtspoli-

ik gegenüber China im Deutschen Bundestag keine
ehrheit hat. Ich finde, das ist ein großer Fortschritt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Das zeigt auch sein Parlamentsverständnis!)


ch weiß, dass es für Abgeordnete der Koalition sehr hei-
el ist, in einer so wichtigen Frage eine andere Position
ls die Regierung einzunehmen. Davor habe ich Res-
ekt.
Dieser Vorgang hat einen Vorlauf, an den zu erinnern

st. Der Bundeskanzler hatte seine Ankündigung vor gut
inem Jahr in China gemacht, und zwar zum großen Er-
taunen und zur Verärgerung vieler Kolleginnen und
ollegen hier im Hause wie auch von Regierungschefs
n der Europäischen Union. Das Europäische Parlament
at dann noch im Dezember 2003 klar Position bezogen
nd die Forderung des Bundeskanzlers abgelehnt. Die
DP-Fraktion hat im Dezember 2003 einen Antrag in
en Deutschen Bundestag eingebracht, in dem sie sich
ufgrund der Punkte, die hier schon genannt worden






(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer

sind, gegen eine Aufhebung des Waffenembargos gegen-
über China ausgesprochen hat.

Dieser Antrag ist dann in den mitberatenden Aus-
schüssen behandelt worden. Er hat im Ausschuss für
Menschenrechte und im Auswärtigen Ausschuss – mit
den Stimmen einer Reihe von Kolleginnen und Kollegen
der Koalition – eine Mehrheit bekommen. Dass er dann
im Wirtschaftsausschuss, der federführend war, nicht
aufgerufen und dass seine Behandlung immer wieder
verschleppt worden ist, hatte natürlich gute Gründe.
Deswegen haben wir die Möglichkeiten der Geschäfts-
ordnung bemühen müssen, um diese Debatte heute hier
stattfinden zu lassen. Ich freue mich, dass die Abgeord-
neten der Koalition daraufhin einen Ausweg gefunden
haben.

Natürlich bleiben wir bei unserem Antrag; denn er ist
klarer und präziser.


(Ute Kumpf [SPD]: Wir sehen das anders! – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Eindeutig!)


Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung über den
Antrag der Koalition enthalten. Aber als im Plenum die
Blamage für die Koalition drohte, haben die Kollegen
aus den Koalitionsfraktionen ihre Linie, die sie in Men-
schenrechtsfragen immer geradezu wie eine Monstranz
vor sich hergetragen haben, beibehalten. Das anerkenne
ich.

Meine Damen und Herren, im Antrag der Koalitions-
fraktionen werden, ebenso wie auch im Antrag der FDP,
die Kriterien genannt, von deren Erfüllung man die
Aufhebung des Embargos abhängig machen müsste. Das
gilt übrigens für eine europäische Betrachtung genauso
wie für eine nationale Bewertung dessen, was der Bun-
deskanzler im Europäischen Rat zu tun gedenkt. Es geht
also um die Menschenrechtslage und um die Minderhei-
ten in China, um die Lage in und um Tibet und um die
Frage der Konfliktentschärfung an der Straße von Tai-
wan. Ich denke, wir sind uns einig, dass gegenwärtig
keines dieser Kriterien erfüllt ist und dass eine Aufhe-
bung des Waffenembargos gegenüber China daher nicht
infrage kommt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Ich schließe mit einem Zitat. Kollege Uhl hat ja be-

reits ein hinreißendes Zitat genannt. In derselben De-
batte ist gesagt worden:

Sie müssen sich vorwerfen lassen, daß die Bundes-
regierung beim Besuch des Bundeskanzlers in
China, im Umgang mit der chinesischen Führung
den Eindruck erweckt hat, daß sie zwar an den Prin-
zipien der Menschenrechte festhält, daß sie diese
aber im Zusammenhang mit der Geschäftsentwick-
lung zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und China weit in den Hintergrund rückt.

So äußerte sich der jetzige Außenminister Joseph
Fischer in der diesbezüglichen Debatte im Jahr 1996.


(Jörg Tauss [SPD]: Damals hat es gestimmt!)


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(C (D as war damals ziemlich daneben. Aber heute ist das, ie ich glaube, sehr passend. Danke schön. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513525400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Uta Zapf.

Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1513525500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich muss erst einmal Herrn Hoyer an zwei Stellen be-

ichtigen: Erstens. Sie haben gesagt, Bundeskanzler
chröder habe für seine Menschenrechtspolitik keine
ehrheit bei der Koalition.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Im ganzen Hause!)

as ist schlicht und ergreifend nicht richtig. Hier ist
chon mehrfach zitiert worden, dass der Menschen-
echtsdialog zum Rechtsdialog hinzugekommen ist, also
ören Sie mit dieser Argumentation auf! Dass es andere
onflikte in der Frage der genauen, differenzierten Ein-
chätzung des EU-Waffenembargos gegenüber China
eben mag, hat sich ja erwiesen. Nur glaube ich, dass
an nicht so dramatisieren und von einem Konflikt spre-
hen sollte: Wir führen einen ernst zu nehmenden Dis-
urs über Fragen, bei denen wir ein großes Maß an Ei-
igkeit haben. Ich werde nachher noch auf ein paar
unkte kommen, bei denen Sie sich doppelbödig verhal-
en haben.
Außerdem ist Ihr Antrag nicht besser und das werde

ch jetzt gleich am Anfang begründen.

(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Sie haben ihm doch im Auswärtigen Ausschuss zugestimmt!)

Ich habe ihm im Ausschuss zugestimmt.


(Gudrun Kopp [FDP]: Aha!)

Das ist doch ein offenes Geheimnis, ich bitte Sie!
Trotzdem ist Ihr Antrag nicht besser. Unser Antrag ist

ifferenzierter; die Kriterien sind sehr viel konkreter auf-
eführt. Das äußert sich nicht etwa in vorangestellter Ly-
ik, sondern findet seinen Niederschlag auch hinten bei
en Forderungen.
Was ich an Ihrem Antrag bemerkenswert finde, ist,

ass Sie die Bundesregierung auffordern,
das EU-Waffenembargo gegenüber der Volksrepu-
blik China als verbindlich zu betrachten, keine Al-
leingänge vorzunehmen und nur im Einvernehmen
mit den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen
Union in dieser Frage zu handeln.

(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das Einvernehmen ist doch nicht da!)

ieser Satz ist eigentlich eine Frechheit, lieber Herr
oyer, und das müssten Sie wissen. Schließlich waren
ie einmal an verantwortlicher Stelle im Ministerium tä-
ig und wissen sehr wohl, dass EU-Ratsbeschlüsse für






(A) )



(B) )


Uta Zapf

alle so lange bindend sind, bis sie wieder einstimmig
aufgehoben werden. Antworten dieses Inhalts sind in
Fragestunden hier im Plenum mindestens fünfmal wie-
derholt worden. Sie haben es nicht akzeptieren wollen.
Jetzt scheint darüber möglicherweise Konsens zu herr-
schen; wir haben es ja oft genug gesagt.

Natürlich ist es richtig, dass China eine Großmacht ist
und ein sich stürmisch entwickelndes Land, gerade in
wirtschaftlicher Hinsicht, ein Land, das sich öffnet und
Reformen einleitet, ein Land, um das sich nicht nur Bun-
deskanzler Schröder – aus gutem Grund – bemüht, son-
dern um das sich auch frühere Bundeskanzler bemüht
haben. Wir führen seit 1998 einen Rechtsstaatsdialog,
der jetzt um einen Menschenrechtsdialog erweitert
worden ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist
doch kein Pipifax, sondern das ist ein großer Schritt nach
vorne, wenn man die Bemühungen anderer – in der Ver-
gangenheit – um Menschenrechte betrachtet.


(Beifall des Abg. Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


– Ja, da kann man ruhig einmal klatschen, eine solche
Ermunterung ist ja immer ganz nett.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


China ist ein politischer Faktor in der internationalen
Politik und China öffnet sich auch hier. Ich finde, auch
das muss einmal bemerkt werden: China ist nicht mehr
nur das Land mit der Großen Mauer, sondern China
nimmt beispielsweise zum ersten Mal an internationalen
Missionen der UNO teil und beteiligt sich an der Gestal-
tung im Rahmen des UNO-Sicherheitsrates. Wir bemü-
hen uns um dieses Land, um es in seiner demokratischen
Entwicklung zu unterstützen. Wir bemühen uns um die-
ses Land natürlich auch, weil es ein wichtiger Wirt-
schaftspartner ist. Wenn der Kanzler das nicht täte, dann
würde er diese Kritik verdienen. Aber einen potenziell
guten Wirtschaftspartner wird man ja wohl pflegen dür-
fen!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich sage noch etwas dazu, was ich mit „Doppelbödig-

keit“ meine: Herr Ramsauer von der CSU

(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Guter Mann!)

hat in der Aktuellen Stunde zum Verkauf der Hanauer
Plutoniumanlage nach China am 10. Dezember 2003 ge-
sagt, dass China „weltpolitisch und strategisch“ ein
wichtiger Partner sei, „eines unserer wichtigen Partner-
länder“ – in dieser Doppelung! Anschließend hat er uns
gescholten, dass wir die Lieferung der Hanauer Anlage
nicht einhellig begrüßt haben. Sie haben sich in diesem
Zusammenhang nur auf Klimaschutz und Entwicklungs-
politik bezogen und bejammert, dass wir diese Techno-
logie nicht transferieren wollen, obwohl sie doch so
wichtig sei. Den Aspekt der Proliferation genau dieses
Handels haben Sie mit keinem Wort erwähnt. Das nenne
ich doppelbödig.

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(C (D (Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


ir schulden es uns – insofern nehme ich auch Ihr Lob
n, Herr Hoyer –, dass wir so etwas im Bundestag zwi-
chen den Fraktionen, aber auch im Dialog strittig, öf-
entlich und kontrovers diskutieren, wenn wir unter-
chiedliche oder abgestufte Meinungen haben.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Ich möchte noch etwas zur EU sagen. Auch innerhalb
er EU gibt es sehr unterschiedliche Anschauungen über
en Umfang und die Empfängerstaaten von Rüstungs-
xporten. Herr Hoyer, das wissen Sie ganz gut, weil Sie
as jahrelang mitgemacht haben. Sie wissen auch, dass
ieser Beschluss nur einstimmig aufgehoben werden
ann und dass er an die restriktiven Kriterien unserer
üstungsexportlinien sowie an die Kriterien des Verhal-
enskodex der EU, bei dem die Menschenrechte und
uch die Spannungsgebiete eine große Rolle spielen, ge-
unden ist.
Es ist richtig, dass wir darüber diskutieren. Umso
ichtiger ist es aber, dass wir die Forderungen, die auch
n unserem Antrag mit aufgeführt sind, nämlich bürgerli-
he und politische Rechte gemäß dem UN-Übereinkom-
en, die Einhaltung der Menschenrechte und die fried-
iche Lösung der Taiwan-Frage, verfolgen und
nterstützen. Auch müssen wir die zivilen Entwicklun-
en, die es in China erfreulicherweise gibt, unterstützen,
o immer wir das können.
Ich glaube, das wäre eine vernünftige Politik. Ich be-

reife, dass die Opposition so etwas natürlich aufgreift.
as hätten wir genauso getan. Lassen Sie uns aber lieber
ational darüber reden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513525600

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
r. Michael Fuchs, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1513525700

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Frau Präsi-
entin, ich erlaube mir, gleich aus dem noch unkorri-
ierten Protokoll des Bundespresseamtes von gestern an-
ässlich der Pressekonferenz von Herrn Anda zu zitieren.
err Kollege Müller und vor allem Herr Kollege
olmer, als ich mir das gestern ein wenig angeschaut
abe, habe ich wirklich nicht mehr verstanden, worüber
ir heute diskutieren.
Auf eine Frage von Herrn Middel – wer auch immer

as ist –:

(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Er schreibt für die „Welt“! Ein guter Mann!)

Herr Anda, der Bundeskanzler hat in der jüngsten Ver-
angenheit häufig gesagt, dass er sich für die Aufhebung






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs

des Waffenembargos gegen China aussprechen werde.
Wie reagiert der Kanzler auf die Entscheidung der Ko-
alitionsfraktionen, das Waffenembargo nicht aufzuhe-
ben?“ sagte Staatssekretär Anda: „Sie spielen auf einen
Antrag der Bundestagsfraktion an, der einige Kriterien
feststellt, was die Aufhebung des Waffenembargos anbe-
langt. Diese Kriterien werden in die Meinungsfindung
einfließen.“ Schön. Aber dann: „Was den Bundeskanzler
anbelangt: Sie haben seine Haltung richtig wiedergege-
ben. Die Auffassung ist bekannt und er wird sie auch
nicht ändern.“

Das heißt also, der Bundeskanzler hat eine völlig an-
dere Auffassung, als Sie, meine Damen und Herren, sie
hier gerade darstellen.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Welch ein Respekt vor dem Parlament!)


Dies sollten wir einmal sagen. Ich finde es eigenartig,
dass der Bundeskanzler so wenig Respekt vor seiner ei-
genen Bundestagsfraktion hat. Oder war das wieder ei-
ner der üblichen Schröder-Chinakracher bzw. -Chinaböl-
ler? Seine Fraktion distanziert sich öffentlich von ihm.
Da sollte dem Bundeskanzler eigentlich eine rote Warn-
lampe angehen. Anscheinend ist ihm das egal.

Dieses Herumlavieren in der Menschenrechts- und in
der Außenwirtschaftspolitik, das wir von Ihnen immer
wieder erleben, ist wieder einmal ein Beweis für die
große Diskrepanz zwischen Ihrem Anspruch und der
Wirklichkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Schwätzer!)


– Herr Tauss, beweisen Sie mir das Gegenteil! Es tut mir
Leid, wenn Sie nicht in der Lage sind, dieser Debatte zu
folgen. Sie wären besser früher gekommen, dann hätten
Sie von Ihren eigenen Kollegen gehört, dass Sie in dieser
Frage eindeutig in Distanz zum Bundeskanzler stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

China ist selbstverständlich ein großes und dynami-

sches Weltwirtschaftszentrum und wahrscheinlich die
dynamischste Volkswirtschaft, die es zurzeit auf der
Welt gibt. Es ist klar, dass wir eine Gratwanderung zu
machen haben. Es ist ebenso selbstverständlich, dass wir
kühl und pragmatisch vorgehen müssen. Bitte verhalten
Sie sich aber nicht wieder so, wie wir das von Ihnen ge-
wohnt sind.

Wenn die FDP – dafür ist ihr zu danken – diesen An-
trag nicht gestellt hätte, dann hätte diese Debatte nicht
stattgefunden; denn damit hatten Sie schon genug Pro-
bleme.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir finden, dass der FDP-Antrag deutlicher und kla-
rer als Ihrer formuliert ist. Frau Zapf, da können Sie mir
erzählen, was Sie wollen. Das erkennt man schon an der
Überschrift. Die Überschrift Ihres Antrags lautet: „EU-
Waffenembargo gegenüber der Volksrepublik China“.
Aufheben oder verstärken? Die Überschrift des FDP-
Antrags heißt: „Gegen eine Aufhebung des EU-Waffen-

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(C (D mbargos gegenüber der Volksrepublik China“. Darin ird sofort eine deutliche Position bezogen, was Sie in hrem Antrag von Anfang an vermeiden. Dass in China nach wie vor erhebliche Menschen echtsverletzungen stattfinden, können Sie nicht beieite schieben. Niemand, der sich ernsthaft mit diesem hema beschäftigt, kann das beiseite schieben. Der Kolege Uhl, aber auch der Kollege Rose haben das angeprochen. Die Taiwan-Frage ist alles andere als geklärt, err Kollege Volmer. Ich meine, das sollten Sie auch zueben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich doch die ganze Zeit erklärt!)


Erstens. Die SPD und die Grünen setzen meiner Mei-
ung nach völlig falsche Zeichen. Ich halte es für richtig,
hina unter Druck zu setzen. Zwar ist das Massaker auf
em Tiananmenplatz 1989 gewesen, aber solche Dinge
erjähren für mich nicht in 15 Jahren. Eine Aufhebung
es Embargos, wie sie der Bundeskanzler bereits vor ei-
em Jahr öffentlich gefordert hat, würde die Menschen-
echtslage in China nicht verbessern, sondern eher das
egenteil bewirken; davon können Sie ausgehen.
Zweitens. Die Bundesregierung betont, bei Aufhe-

ung des EU-Embargos würden Exporte nach deut-
chen Richtlinien weiterhin unmöglich sein. Daher
ann ich nun wirklich nicht nachvollziehen, warum sich
er Bundeskanzler, der auch die Interessen der deut-
chen Wirtschaft zu vertreten hat, dafür einsetzt, dass
as EU-Embargo aufgehoben wird. Will er nur seinem
reund Chirac helfen, damit die Franzosen mehr nach
hina exportieren können? Er möchte das EU-Embargo
ufheben, aber aus Deutschland darf nach wie vor nichts
ach China exportiert werden? Der Bundeswirtschafts-
inister muss mir einmal erklären, welche Logik dahin-
er steckt. Ich habe sie nicht verstanden. Entweder ganz
uropa kann nicht exportieren – damit auch wir nicht –
der alle dürfen es, was dann die logische Konsequenz
äre.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513525800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Volmer?

Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1513525900

Das gibt mir mehr Redezeit. Danke.

Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513526000

Herr Kollege, da Sie sich am Beispiel der Taiwan

rage als Sicherheitspolitiker darzustellen versuchen,
öchte ich Sie etwas fragen. Sie haben bemängelt, dass
ie Politik des Bundeskanzlers nicht deutschen, sondern
ranzösischen oder Waffenexporten anderer Länder die-
en könnte.
Würden Sie bitte Folgendes zur Kenntnis nehmen:
ie chinesische Seite – das versicherte der Auswärtige
usschuss aus China, der letzte Woche hier war – will
ar keine Waffen importieren. Falls China Waffen






(A) )



(B) )


Dr. Ludger Volmer

brauche, wolle es diese selber herstellen, sodass es nicht
abhängig werde. China komme es auf die politische
Geste an, nämlich ob es auf der Embargoliste stehe oder
nicht. Es geht also gar nicht um materielle Lieferungen.
Von daher kann der Bundeskanzler, bezogen auf diese
Frage, keine falsche Politik machen.


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1513526100

Herr Kollege Volmer, ich halte das, was Sie dem Par-

lament weiszumachen versuchen, für sehr blauäugig.
Wenn wir das EU-Waffenembargo aufheben, bedeutet
das in der Konsequenz, dass die Chinesen jederzeit An-
träge auf Waffenlieferungen stellen können. Es kann
zwar sein, dass sie heute keine Waffen brauchen. Aber es
kann morgen jederzeit passieren, dass sie irgendeine
Technologie benötigen. Herr Kollege, so blauäugig soll-
ten wir mit diesem schwierigen und vor allem für die
Menschenrechte wichtigen Thema nicht umgehen.

Für mich stehen die Äußerungen des Bundeskanzlers
im klaren Widerspruch zu den Äußerungen der Koalition
und dem, was wir heute von allen Kollegen gehört ha-
ben. Für mich ist es erstaunlich, dass Sie auf einmal
ohne große Probleme über diese Dinge hinweggehen
können. Ich kann das nicht nachvollziehen. Deswegen
halte ich Ihre gesamte Einstellung zu diesem Thema für
sehr widersprüchlich. Das gilt gerade für Sie, Herr Kol-
lege Volmer, der Sie nun lange Staatsminister gewesen
sind und vorher eine völlig andere Haltung vertreten ha-
ben.

Drittens. Es ist wieder einmal erstaunlich, dass der
Bundeskanzler das Handeln im Geiste Europas völlig
durcheinander wirft.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In Europa sind weit mehr als die Hälfte der Länder ge-
gen eine Aufhebung des EU-Embargos. Was machen
Sie? Sie versuchen, mit Frankreich eine bilaterale Al-
lianz zu bilden, und wollen darüber die gesamte EU in
eine Richtung bringen. Das halte ich für falsch. So etwas
sollten wir auch nicht tun. In meinen Augen ist das, was
hier gelaufen ist, Scharlatanerie. Wir sollten gemeinsam
immer im Blick auf die Menschenrechte solche Regelun-
gen nicht dulden. Das Embargo muss bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513526200

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-

empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit
auf Drucksache 15/4047 zu dem Antrag der Fraktion der
FDP mit dem Titel „Gegen eine Aufhebung des EU-
Waffenembargos gegenüber der Volksrepublik China“.
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache
15/2169 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalition
gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP ange-
nommen.

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(C (D Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der raktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen uf Drucksache 15/4035 mit dem Titel „EU-Waffenemargo gegenüber der Volksrepublik China“. Wer stimmt ür diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltunen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der Koalition geen die Stimmen der CDU/CSU bei Enthaltung der FDP ngenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 7 a bis 7 c sowie usatzpunkt 4 auf: 7 a)


gebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur
Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts
– Drucksache 15/3917 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dagmar
Wöhrl, Karl-Josef Laumann, Dr. Joachim
Pfeiffer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Klaren und funktionsfähigen Ordnungsrah-
men für die Strom- und Gasmärkte schaffen
– Drucksache 15/3998 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun
Kopp, Rainer Brüderle, Birgit Homburger, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Für mehr Wettbewerb und Transparenz in der
Energiewirtschaft durch klare ordnungspoliti-
sche Vorgaben
– Drucksache 15/4037 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

P 4 Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
– Drucksache 15/3923 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Bundes-
minister für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement.


(Beifall bei der SPD)


Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Wir wollen heute Abend in erster Lesung ein
außerordentlich wichtiges Gesetzesvorhaben beraten,
nämlich den neuen Rechtsrahmen, den nach den europäi-
schen Binnenmarktvorgaben die Strom- und Gasversor-
gung in Deutschland erhalten soll und erhalten muss. Es
geht darum, 1 700 Betreiber von Strom- und Gasnetzen
einer staatlichen Aufsicht zu unterwerfen und – das ist
unstreitig – die Regulierungsbehörde für Telekommuni-
kation und Post mit dieser zusätzlichen Aufgabe zu
betrauen. Wir wollen diesen Weg gemeinsam mit aller
Entschlossenheit gehen. Es geht darum, einen diskrimi-
nierungsfreien und effizienten Zugang zu den Netzen zu
schaffen, und zwar zu Bedingungen, die für jedermann
transparent und durchschaubar sind.

Wir handeln unter hohem Zeitdruck. Wie auch die
meisten anderen Mitgliedstaaten der Europäischen
Union werden wir von Brüssel gemahnt und gedrängt.
Ich denke aber, dass auf der anderen Seite klar ist, dass
es sich hier um ein sehr komplexes und sehr anspruchs-
volles Gesetzesvorhaben handelt.

Der Gesetzgeber steht heute und die Regulierungsbe-
hörde steht später vor der Aufgabe, den Weg für nied-
rige Netzentgelte zu ebnen, ohne das in Deutschland ge-
wohnte hohe Niveau der Versorgungssicherheit und
Zuverlässigkeit zu gefährden. Diese Sicherheit der
Stromversorgung gibt es natürlich nicht zum Nulltarif.
Für die Netzbetreiber müssen sich Investitionen in den
Unterhalt und den Ausbau von Netzen auch in Zukunft
rechnen. Dabei stellen beispielsweise der weitere Aus-
bau der Windkraft und der grenzüberschreitende Aus-
tausch die Netzbetreiber vor neue, auch finanzielle He-
rausforderungen.

Ich kann sagen, dass die Bundesregierung mit ihrer
gestern beschlossenen Gegenäußerung zu der Stellung-
nahme des Bundesrates die Signale auf Grün gestellt hat,
um dieses Gesetzesvorhaben in einem möglichst breiten
Konsens zum Abschluss bringen zu können. Ich habe
schon bei der Beratung des Regierungsentwurfs im Bun-
desrat und bei anderen Gelegenheiten betont, dass wir
für Änderungsvorschläge offen sind und dass wir Ände-
rungsvorschläge ideologiefrei allein unter dem Gesichts-
punkt der Effektivität und der Funktionsfähigkeit einer
solchen Regulierung prüfen werden.

Wir haben angekündigt, Gespräche mit den Län-
dern zu führen, und haben das eingehalten. Das Ergeb-

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(C (D is ist, wie Sie der Gegenäußerung der Bundesregierung ntnehmen können, dass wir bei den Kontrollkompetenen der Regulierungsbehörde deutliche Veränderungen, nd zwar im Sinne von Verschärfungen vorschlagen. Angesichts der Ankündigungen aus der Energiewirt chaft, jedenfalls von Teilen davon, die Netzentgelte urzfristig und teilweise kräftig anzuheben, war es auch us meiner Sicht unumgänglich geworden, zu reagieren. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ir schlagen deshalb nunmehr vor, dass solche Netzent-
elterhöhungen, wie sie angekündigt worden sind, von
er Regulierungsbehörde nachträglich – das heißt ex
ost – überprüft werden müssen. Ab In-Kraft-Treten des
esetzes soll nach unseren Vorstellungen gelten, dass je-
er Netzbetreiber künftig im Vorhinein – das heißt ex
nte – von der Regulierungsbehörde grünes Licht für
ine Erhöhung seiner Entgelte bekommen muss. Diese
x-ante-Prüfung soll sich nach unserem Vorschlag
uf beabsichtigte Erhöhungen von Tarifen beziehen; es
eht dabei nicht um die Überprüfung aller
700 Netzbetreiber von Anfang an. Ich hatte immer
ieder darauf hingewiesen, dass der bürokratische Auf-
and für diese Überprüfung zu groß wäre; ich habe aber
uch gemeint, dass eine Überprüfung sinnvoll ist, wenn
in entsprechender Anlass gegeben ist. Dementspre-
hend sehen wir in unserem Gesetzentwurf im Falle be-
bsichtigter Erhöhungen der Entgelte eine Überprüfung
or.
Ich denke, das neue Maßnahmenpaket trägt dazu bei,

erechtigte Verbraucherinteressen in der Übergangs-
nd Startphase der Regulierungsbehörde zu sichern. Ich
abe den Eindruck, dass wir damit den Netzbetreibern
eutliche Signale geben können, sodass sie – das gilt für
ie gesamte Branche – dies bei ihrem weiteren Vorgehen
eachten und insbesondere davon absehen werden, in
eiten des Umbruchs noch rasch Preiserhöhungen
urchzusetzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Im Übrigen bleibt es dabei: Die Regulierungsbehörde
ird kurzfristig eine kompakte und starke Missbrauchs-
ufsicht aufbauen und hierfür ein neues Benchmarking,
in Vergleichssystem, für die Netzentgelte erarbeiten.
ieses Benchmarking bietet die Grundlage, um ein har-
es Vergleichsverfahren durchführen zu können. Das bie-
et der Regulierungsbehörde die Möglichkeit, schwarze
chafe sehr rasch zu identifizieren. Netzbetreiber, die
öhere Entgelte als der Durchschnitt vergleichbarer Un-
ernehmen verlangen, bekommen dann sofort ein Pro-
lem mit der Regulierungsbehörde. Ich bin davon über-
eugt, dass dies die effektivste und am schnellsten
insetzbare Form der Missbrauchskontrolle ist, um eine
eruhigung im Bereich der Preisgestaltung zu erreichen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zentraler Punkt der Gegenäußerung der Bundesregie-
ung ist, dass wir den Fahrplan bis zur Einführung der






(A) )



(B) )


Bundesminister Wolfgang Clement

von uns allen gewollten Anreizregulierung verbindlich
festlegen. Unser Ziel ist, mit der Anreizregulierung spä-
testens zwei Jahre nach In-Kraft-Treten des Gesetzes zu
beginnen. Zu den vorrangigen Aufgaben der Regulie-
rungsbehörde wird es gehören, rasch ein für die deut-
schen Verhältnisse taugliches System der Anreize zu ent-
wickeln.

Als Anreiz zur Effizienzerhöhung des Netzbetriebs
legt die Regulierungsbehörde nach Anhörung der Netz-
betreiber nach unseren Vorstellungen für eine bestimmte
Dauer, längstens für fünf Jahre, bestimmte Vorgaben
für die Netzentgelte fest. Die Bundesregierung wird
dazu im weiteren Gesetzgebungsprozess noch einen Ver-
fahrensvorschlag unterbreiten.

Wir haben, wie ich meine, mit unserer Gegenäuße-
rung das Tor für einen breiten Konsens in den materiel-
len Fragen der Netzregulierung geöffnet. Ich denke, das
ist ein sehr wichtiger Schritt. Es liegt mir daran, dass bei
allen sonstigen Auseinandersetzungen zur Kenntnis ge-
nommen wird, dass es auch möglich ist, aufeinander zu-
zugehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich bin nämlich davon überzeugt, dass es nicht im Inte-
resse des Standorts Deutschland läge, wenn wir uns in
diesem Bereich noch eine lange Hängepartie leisten wür-
den. Deshalb haben wir meiner Meinung nach rasch auf
die Einwände des Bundesrates und andere Einwände re-
agiert.

Damit die Vorgaben möglichst effizient umgesetzt
werden, haben wir vorgeschlagen, die Aufsicht über die
Energieversorgungsnetze bundesweit bei einer Behörde,
nämlich der Regulierungsbehörde in Bonn, zu konzen-
trieren. Sie hat bei der Telekommunikation und der Post
bereits nachgewiesen, dass sie dazu in der Lage ist und
die Instrumente beherrscht. Das spricht dafür, ihr auch
die Aufsicht über die Strom- und Gasnetze anzuver-
trauen.

Wir haben die Position, die Aufsicht bei einer Bun-
desbehörde einzurichten, im Lichte des anders lautenden
Votums der Mehrheit der Länder nochmals überprüft.
Aber wir sind in diesem Punkt zu keinem anderen Er-
gebnis gekommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch als ehemaliger Wirtschaftsminister eines Bundes-
landes, und zwar nicht des unwichtigsten, der für die
fachliche Aufsicht verantwortlich war, kann und will ich
nicht bestreiten, dass in den Ländern durchaus fachliche
Kompetenz vorhanden ist. Ich bin aber ebenso über-
zeugt, dass jetzt im Zuge der europäischen Entwicklung
eine eindeutige Zuweisung dieser Aufgabe notwendig
ist. Nur durch eindeutige Zuweisung an eine Behörde
kann nach unserer Überzeugung sichergestellt werden,
dass in der Regulierungspraxis die Netzbetreiber und
ihre Kunden tatsächlich mit einer Elle gemessen werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D ir müssen uns sehr ruhig und nüchtern fragen – das ollten auch die Länder tun; das meine ich kollegial –: ie sollten wir im Konzert der anderen europäischen egulierungsbehörden vermitteln können, wenn demächst in Deutschland insgesamt 17 Regulierungsstellen orhanden wären und ihre Arbeit tun würden? Das würen wir kaum jemandem erläutern können. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Strom- und Gasversorgung in der Europäischen
nion wird in Zukunft noch stärker durch europäische
orgaben geprägt werden. In dieser Situation wäre es
us meiner Sicht nicht mehr angemessen, wenn wir bei
er Aufsicht über den Netzbetrieb gewissermaßen in
ine Regionalisierung gehen würden. Wir brauchen eine
egulierung aus einem Guss und aus einer Hand, um auf
uropäischer Ebene zu bestehen. Ich sage das übrigens
uch ein bisschen mit Blick auf die Föderalismusdis-
ussion in Deutschland. Es wäre kaum verständlich zu
achen, warum wir eine Aufsplittung der Aufsicht über
en Netzbetrieb in Kauf nähmen, obwohl wir gleichzei-
ig – zu Recht – über eine Entzerrung der Aufgaben in
eutschland diskutieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Gudrun Kopp [FDP])


ch sage das mit aller Vorsicht, weil ich weiß, dass das
in sensibles Thema ist. Die Kompetenzen beispiels-
eise im nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministe-
ium, in meinem früheren Verantwortungsbereich, und
m bayerischen Wirtschaftsministerium sind, wie gesagt,
ehr unterschiedlich entwickelt. Ich weiß, dass es hier
mpfindlichkeiten gibt. Aber ich bitte die Landesregie-
ungen, den jetzt eingeschlagenen Weg mitzugehen.
Insgesamt haben wir mit unserem Gesetzentwurf und

en Vorschlägen in der Gegenäußerung der Bundesre-
ierung ein Konzept vorgelegt, das im Sinne der spezifi-
chen deutschen Interessen eine schlanke und effiziente
egulierung der Strom- und Gasnetze ermöglicht. Der
eg zur Anreizregulierung wird nach unserem Vor-
chlag konsequent beschritten. Das wird im Ergebnis be-
euten, dass die Netzkosten sinken. Davon werden die
ndustrie sowie die gewerblichen und die privaten Ver-
raucher in gleichem Maße profitieren.
Meine Bitte ist, dass wir gemeinsam alle Anstrengun-

en unternehmen, das Gesetz möglichst zügig in Kraft
u setzen, damit es rasch seine Wirkung entfalten kann.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
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Das Wort hat der Kollege Professor Dr. Rolf
ietmann, CDU/CSU-Fraktion.

Dr. Rolf Bietmann (CDU):
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Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und
ollegen! Herr Minister, Sie haben mit Recht darauf






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(B) )


Dr. Rolf Bietmann

hingewiesen, dass man für Änderungsvorschläge offen
sein muss. Die Union hat eine Vielzahl von Änderungs-
vorschlägen präsentiert. Sie haben sich im Ansatz unse-
ren Änderungsvorschlägen angenähert, wenn Sie sagen,
dass bei Preiserhöhungen eine Ex-ante-Prüfung erfolgen
muss. Wir stimmen mit Ihnen darin überein und hoffen,
dass Sie die Richtigkeit weiterer Änderungsvorschläge
der Union nachvollziehen und sich auf den Weg bege-
ben.

Das, was bisher als Entwurf eines Energiewirtschafts-
gesetzes vorgelegt wurde, reicht aber bei weitem nicht
aus, um der deutschen Wirtschaft das zu geben, was sie
braucht, nämlich einen rechtlich hinlänglich klaren Rah-
men für das Wirtschaften sowie für Netznutzung und
Festsetzung der Netzentgelte. Mit Ihrem Energiewirt-
schaftsgesetz wollen Sie den Netzzugang verbessern und
einer staatlichen Kontrolle unterstellen. Sie wollen wirk-
samen Wettbewerb auf den vor- und nachgelagerten
Märkten im Netzbereich ermöglichen. Aber die Begriffe
„Entflechtung“, „Netzzugang“ und „Netzzugangsent-
gelte“ bedürfen hierzu einer klaren Definition im Gesetz.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Um die dringend notwendige Rechtssicherheit her-
zustellen, ist eine hinreichend präzise, normative Ausge-
staltung der gesetzlichen Vorgaben notwendig. Dem
wird der vorliegende Gesetzentwurf in keiner Weise ge-
recht. Statt eindeutige inhaltliche Vorgaben für die Ent-
flechtung und die Kontrollbefugnisse des Regulierers zu
formulieren, weichen Sie im Gesetzentwurf auf Verord-
nungen aus. Bezeichnend ist § 21 des geplanten Energie-
wirtschaftsgesetzes – schauen Sie sich den einmal genau
an! –, der die Bedingungen und die Entgelte für den
Netzzugang regelt. Nach Abs. 2 sollen die Entgelte auf
der Grundlage einer energiewirtschaftlich rationellen
Betriebsführung gebildet werden. So lautet der Geset-
zestext. Dieser Grundgedanke wird dann aber sofort
wieder eingesammelt, weil in einer Rechtsverordnung
nach § 24 eine Abweichung von der kostenorientierten
Entgeltbildung bestimmt werden kann. Über den Weg
der Rechtsverordnung wird der Versuch gestartet, am
Parlament vorbei Inhalte verwaltungstechnisch zu re-
geln, die eigentlich unmissverständlich im Gesetz stehen
müssten.

Bis heute, Herr Minister, liegen die wesentlichen Ver-
ordnungen für Netzzugang und Netzregulierung im Gas-
bereich nicht vor. Eine ordnungsgemäße Beratung des
vorliegenden Entwurfs ist aber nur möglich, wenn auch
die Verordnungsentwürfe in Gänze vorgelegt werden.
Denn ohne diese macht die Beratung überhaupt keinen
Sinn.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die für die deutsche Energiewirtschaft entscheidende

Frage nach den Maßstäben für die Bewertung der
Netznutzungsentgelte wird im Gesetzentwurf nicht
beantwortet. Bereits der Bundesrat hat in seiner
Stellungnahme darauf hingewiesen, dass eine an Kosten-
gesichtspunkten orientierte Festsetzung von Netznut-
zungsentgelten in die falsche Richtung geht. Eine solche

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(C (D egelung wird die Energieversorger geradezu provozieen, weitere Kosten zu produzieren, um dadurch bei ihrer ndkalkulation vertretbare Gewinnmargen zu erreichen. ie Regulierung der Netzentgelte muss deshalb künftig icht nur unter Berücksichtigung der Kostenkalkulation, ondern auch durch eine im Gesetz zu definierende Aneizregulierung erfolgen. In Ihrer Gegenäußerung zu der Stellungnahme des undesrates erklären Sie für die Bundesregierung, dass ie die Einführung einer Anreizregulierung bei Prüfung er Netznutzungsentgelte in den Gesetzestext aufnehen wollen. Die Bundesregierung wird, so heißt es, im aufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens Vorchläge unterbreiten, die die baldige Einführung der Aneizregulierung ermöglichen. Erfreulich daran ist, dass ie Bundesregierung aufgrund der Kritik von CDU und SU eine Kehrtwende macht. Katastrophal ist jedoch, ass diese Kehrtwende nach Einbringung des Gesetzenturfs erfolgt und dass Sie heute wieder nichts zur Aneizregulierung gesagt haben. (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nicht zugehört!)


as zeigt doch, dass mit sehr unterschiedlichen Argu-
enten operiert wird, aber gesetzestechnisch nicht zu-
ässig gearbeitet wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Schreiben Sie einmal wieder ein Gutachten!)


Auf welcher Grundlage soll eigentlich beraten wer-
en? Vor dem Hintergrund dessen, was wir heute wissen,
st der vorliegende Entwurf Makulatur und einer ab-
chließenden Bewertung nicht zugänglich. Angesichts
er Bedeutung der Energiewirtschaft für den Standort
eutschland ist dieser Entwurf Ausdruck einer politi-
chen Hilfs- und Konzeptionslosigkeit, wie ich sie lange
icht erlebt habe.
Wir können uns eine solche Politik am Standort
eutschland im Interesse Hunderttausender Arbeits-
lätze nicht länger erlauben. Die Bundesregierung ist da-
er aufzufordern, ihre neuen Überlegungen unverzüglich
n Gesetzesform zu präsentieren, damit eine ordnungsge-
äße Beratung durch den Deutschen Bundestag und
eine Ausschüsse überhaupt möglich wird.
Wer glaubt, durch Entflechtung und Regulierung von
etzzugang und Netzentgelten werde automatisch für
ine Kostensenkung bei den Energiepreisen gesorgt, der
rrt ebenfalls gewaltig. Natürlich ist Entflechtung unbe-
ingt notwendig, um Wettbewerb im Bereich des Netzes
öglich zu machen. Andererseits werden durch diese
ntflechtung Unternehmensstrukturen verändert und Sy-
ergien, die erfolgreich erzielt wurden, aufgehoben. Die
olgen hiervon können höhere Kosten und damit ein An-
tieg von Netznutzungsentgelten sein.
Ein weiterer Anstieg wird auch durch die von der Re-

ierung geplante Kostentragungspflicht erfolgen. Die
osten der Regulierungsbehörde sollen den beauf-
ichtigten Unternehmen im Wege einer Sonderabgabe






(A) )



(B) )


Dr. Rolf Bietmann

auferlegt werden. Dies ist ein klassisch falscher Weg an-
gesichts der Höhe der Energiekosten in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Neben verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen Be-
denken vor allem dagegen, dass die Regulierungsbe-
hörde ihre Kosten selbst festsetzt – das muss man sich
einmal vorstellen! – und dann von den Netzbetreibern
erhebt.


(Gudrun Kopp [FDP]: Ohne Deckelung!)

Dies weckt Begehrlichkeiten, sodass selbst ein schlank
gestarteter Regulierer über die Jahre schwerfällig und
träge werden kann. Mit der Union ist das nicht zu ma-
chen. Das ist systemwidrig, ordnungspolitisch falsch und
verfassungsrechtlich problematisch.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit Erstaunen habe ich zur Kenntnis genommen, dass

über § 32 Abs. 2 des EnWG-Entwurfs – Art. 1 des Re-
gierungsentwurfs – heimlich ein Verbandsklagerecht
aufgenommen worden ist. Die Einführung der Verbands-
klage unter anderem durch Verbraucherschutzverbände
wird dazu führen, dass die Gerichte zunehmend zum Er-
satzregulierer werden. Im Ergebnis werden die Gerichte
– und nicht der Regulierer – die Netzentgelte festsetzen.
Damit wird die Unsicherheit in der Energiewirtschaft
weiter geschürt. Dass die Gerichte aufgrund der Unfä-
higkeit des Gesetzgebers zu klarer Formulierung nun
auch im Bereich des Energiewirtschaftsrechts zum Er-
satzgesetzgeber werden, kann vom Deutschen Bundes-
tag doch nicht ernsthaft gewollt sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich warne davor, durch den Verzicht auf klare Rege-

lungen und den Einbau von Verbandsklagebefugnissen
die Gerichte an die Stelle des staatlichen Regulierers zu
setzen. Dass der Bundesgerichtshof zum Hauptregulierer
des Energiewirtschaftsrechts wird, wäre ein folgen-
schwerer Fehler.

Mit dem vorgelegten Entwurf zur Novellierung des
Energiewirtschaftsrechts hat die Bundesregierung ihre
Hausaufgaben nicht gemacht, Herr Minister. Einem sol-
chen Gesetzentwurf können wir unsere Zustimmung
nicht geben. Die Bundesregierung ist vielmehr aufzufor-
dern, die Tatbestände, um die es geht, im Gesetz und
nicht in einer Fülle von nicht prüfbaren Verordnungen
konkret zu regeln, um Rechtssicherheit zu gewährleis-
ten. Wir können es uns in Deutschland nicht länger er-
lauben, die Handlungsfreiheit der Energiewirtschaft
ohne einen klaren Ordnungsrahmen zu beschränken.
Eine solche Politik schadet der Wirtschaft, der Umwelt
und den Verbrauchern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513526500

Das Wort hat die Kollegin Michaele Hustedt,

Bündnis 90/Die Grünen.

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(C (D Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und erren! Herr Bietmann, ich fand Ihre Rede, ehrlich geagt, ein bisschen albern. Der Gipfel der Albernheit war hre Aufforderung an die Bundesregierung, jetzt zügig nderungsvorschläge vorzulegen. (Dr. Rolf Bietmann [CDU/CSU]: Sie sollten schon zum 1. Juli 2004 fertig sein! – KurtDieter Grill [CDU/CSU]: Wer hat im Sommer dem Bundesrat vorgeworfen, er würde verzögern? Sie haben Ihre Arbeit nicht gemacht!)

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513526600

Es ist so selbstverständlich, dass das jetzt gemacht
ird, dass wir also die Vorschläge bald auf den Tisch be-
ommen und sie im Zuge des parlamentarischen Bera-
ungsverfahrens einarbeiten, dass eine Aufforderung
azu wirklich ziemlich albern ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir brauchen mehr Wettbewerb im Energiebereich.
ir brauchen ihn, weil das Netz ein natürliches Mono-
ol ist und deswegen die Tendenz vorherrscht, dass die
urchleitungspreise zu hoch sind. Deshalb brauchen wir
ine neue Behörde, die als starker Schiedsrichter hin-
chaut und die Interessen der Verbraucher und der Indus-
rie vertritt.
Wir brauchen mehr Wettbewerb im Energiebereich,
eil wir eine Phase vor uns haben, in der die Hälfte der
raftwerkskapazitäten in Deutschland ersetzt werden
uss. Die Voraussetzung dafür, dass in Deutschland in-
estiert wird, und zwar nicht nur von den vier Großen,
ondern auch von ausländischen Investoren oder von an-
eren Industrieunternehmen, ist natürlich der freie Zu-
ang zu den Netzen und die Möglichkeit, zu fairen und
erechten Preisen durchzuleiten.
Wir brauchen auch Wettbewerb im Gasbereich. Wenn
ir die Abhängigkeit von Russland und Norwegen redu-
ieren wollen und perspektivisch auch auf LNG setzen
ollen, dann muss der freie Zugang zu den Gasnetzen
ewährleistet sein. Das ist die beste Voraussetzung, um
ei den Möglichkeiten der Gasbeschaffung zu diversifi-
ieren.
Nachdem wir gesehen haben, dass die Verbändever-

inbarung gescheitert ist, war es längst überfällig, jetzt
en Paradigmenwechsel vorzunehmen, eine Wettbe-
erbsbehörde als starken Schiedsrichter einzuführen,
as Marktgeschehen zu fördern und das Unbundling
och deutlich zu verschärfen.
Natürlich müssen wir den Gesetzentwurf nach der
egenäußerung der Bundesregierung weiter entwi-
keln. Das werden wir im parlamentarischen Verfahren
uch tun. Der Entwurf ist, glaube ich, die richtige Ant-
ort der Bundesregierung auf die zurückliegenden Er-
ignisse gewesen. Die Stromkonzerne wollten das Va-
uum ausnutzen. Sie haben die Preise deutlich erhöht.
ie waren nicht bereit, zu warten, bis ein Regulierer tat-
ächlich kontrollieren kann, ob die Preiserhöhung ge-
echtfertigt ist. Deswegen ist der Weg richtig, der jetzt
egangen wird. Es wird eine nachträgliche Kontrolle






(A) )



(B) )


Michaele Hustedt

stattfinden. Für jede Preiserhöhung wird eine Ex-ante-
Genehmigung notwendig. In zwei Jahren wird es eine
Anreizregulierung, wahrscheinlich mit flächendecken-
der Ex-ante-Genehmigung, geben. Dieser Weg ist gut
und richtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich warne davor, jetzt sozusagen zu radikalisieren und

zu fordern, man wolle sofort eine Anreizregulierung.
Es ist, wie ich glaube, völlig richtig, der Wettbewerbsbe-
hörde zunächst einmal zwei Jahre Zeit zu geben, um die
entsprechenden Methoden zu entwickeln. Niemand, we-
der die FDP noch die CDU noch die Länder bzw. der
Bundesrat, kann ein konsistentes Konzept einer Anreiz-
regulierung vorlegen, wodurch sichergestellt wird, dass
einerseits die Netze effizient betrieben werden und nicht
die durchschnittliche, sondern die effizienteste Nutzung
den Maßstab darstellt, und andererseits nicht überzogen
wird, sondern genug Spielraum gelassen wird, damit
weiter investiert wird. Hier muss man punktgenau lan-
den. Das ist die Herausforderung bei der Umsetzung des
Konzeptes einer Anreizregulierung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Da reicht es nicht, einfach Schlagworte in den Raum zu
werfen. Die neu zu schaffende Behörde, die auf tolle
Fachleute zurückgreifen kann – das zeigt sich schon jetzt
anhand der Bewerbungslage –, ist genau der richtige Ort,
um in Gesprächen mit der Wirtschaft, der Industrie und
den Verbraucherverbänden eine Anreizregulierung zu
entwickeln.

Stichwort Verbraucher: Ich verstehe die Haltung der
Opposition in diesem Punkt nicht. Während der Ver-
handlungen über die Verbändevereinbarung saßen die
Verbraucher am Katzentisch und hatten kaum Einfluss.
Das hatte zur Folge, dass sich für die Verbraucher am
wenigsten Vorteile durch den Wettbewerb ergeben ha-
ben. Jetzt besteht die Chance, dass mit der Einrichtung
einer Wettbewerbsbehörde tatsächlich auch ein Anwalt
der Verbraucherinteressen installiert wird. Deswegen
verstehe ich überhaupt nicht, warum die B-Länder im
Bundesrat das Ziel Verbraucherschutz aus § 1 streichen
wollen. Ich verstehe auch nicht, warum Sie die Möglich-
keit zur Verbandsklage streichen wollen. Das können wir
nicht akzeptieren; da werden wir nicht mitmachen. Im
Zuge des jetzt anstehenden Paradigmenwechsels werden
nämlich nicht nur die Großindustrie, sondern auch die
Verbraucher ihre Interessen artikulieren können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich glaube nicht, dass das zu massenhaften Klagen führt.
Die Verbraucherverbände und erst recht einzelne Ver-
braucher haben doch gar nicht das Geld und die Kraft,
die Gerichte massenhaft mit Klagen zu überziehen.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Im Gegenteil! Es gibt weniger Klagen!)


Das Gegenteil ist der Fall. Es gibt ihnen aber immerhin
ein Instrument an die Hand, dann, falls grober Miss-

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(C (D rauch vorliegt, Verbraucherinteressen einzufordern. as halte ich für richtig. Ich finde es besonders gut, dass in der Gegenäuße ung angekündigt wird, im Gasmarkt das Entry-Exitodell einzuführen. Damit wäre erstmals Wettbewerb uf dem Gasmarkt möglich. Bislang gibt es dort Wettbeerb nur auf dem Papier. Der damals noch von Rexrodt ntwickelte Gesetzentwurf hat ihn in keiner Weise eröglicht. Die Verbändevereinbarungen sind gescheitert. as Entry-Exit-Modell ermöglicht auf wirklich unbüroratische Weise Wettbewerb und Handel auf dem Gasarkt. Seine Umsetzung wäre ein wichtiger und ganz ntscheidender Schritt. Selbstverständlich werden die Verordnungen noch echtzeitig kommen. Eine Gasverordnung befindet sich der Endphase der Diskussion, die zweite ist in Arbeit. ir werden das vorliegende Gesetz nicht eher abschlieend beraten, bevor diese Verordnungen vorliegen; da in ich mir hundertprozentig sicher. Wir werden in unere Beratungen alle Verordnungen, die zu Stromund as wie die Zugangsund Entgeltverordnungen, einbeiehen. Ich kann überhaupt nicht sehen, wieso wir als arlamentarier da vor der Tür stehen sollten. Vielleicht noch ein paar Worte zum Thema Kosten ragungspflicht. Der von uns eingeschlagene Weg ist, ie ich denke, aus zwei Gründen der richtige: Erstens erfahren wir mit Zustimmung des Bundesrates auch so ei der TKG-Novelle; zweitens ist das auch die übliche rt, wie Verfahren der BaFin finanziert werden. Eine anere Möglichkeit wäre es, jeden einzelnen Vorgang voneiten der Behörde gegenüber der Industrie abzurechnen. s müsste also eine Gebührenordnung aufgestellt weren. Dadurch entstünde ein ungeheurer bürokratischer oloch. Auch das muss man sehen. Deshalb glaube ich, ass es völlig richtig ist, den unbürokratischeren Weg zu ählen und das Ganze durch die Industrie finanzieren zu ssen. Wir als grüne Fraktion werden diesen Gesetzentwurf tzt intensiv beraten und eigene Änderungsvorschläge nter Berücksichtigung der Gegenäußerung auf den isch legen. Aber die grobe Richtung, die Grundrichng begrüßen wir außerordentlich. Ich hoffe, dass sich in der Opposition noch einiges tun ird. Ich glaube, dass ein wirklich fairer Vorschlag voregt, mit dem eine Einigung erzielt werden kann. Spästens im Vermittlungsausschuss werden wir eine inigung erreichen. Im Sinne einer sehr zeitigen Einfühung einer Wettbewerbsbehörde aber wäre es gut, wenn ir uns schon im Bundestag auf gemeinsame Ändeungsvorschläge – Anreizregulierung, Ex-ante-Regulieung usw. – verständigen könnten. Das wäre eine hervoragende Vorarbeit für eine Verständigung mit den undesländern. Ich hoffe, dass dieses Gesetz jetzt nicht in parteipoliti chem Geplänkel verbraten wird, sondern wir eine sachche Beratung haben werden. Ich hoffe, dass hier nicht olarisiert wird, denn wir sind uns in diesem Bereich och eigentlich sehr nahe. Es gibt einen einzigen Punkt Herr Minister Clement hat ihn angesprochen –, bei Michaele Hustedt dem es noch keine Annährung gibt, und zwar bei dem Thema der Verantwortung von Bund und Ländern. Darüber sollten die Bundesländer und auch die CDU/ CSU noch einmal nachdenken. Ich weiß, dass die FDP da eine andere Position vertritt, nämlich dass die Verantwortung beim Bund liegen sollte. Aber die CDU/CSUOpposition sollte sich ihre Haltung noch einmal überlegen; denn man kann sich in der Föderalismuskommission nicht einig sein, dass man Mischverantwortung in Zukunft verhindern will, aber beim nächsten Gesetz genau das Gegenteil tun. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)





(A) )


(B) )


Wir haben in der Föderalismuskommission festgestellt,
dass Mischverantwortung zu mehr Bürokratie und un-
gleichen Bedingungen im Markt führt. Das ist für die
deutsche Wirtschaft nicht zuträglich. Deswegen sollten
wir, wenn wir jetzt ein neues System einführen, die
Chance für Veränderungen nutzen und zeigen, dass wir
aus unseren eigenen Fehlern gelernt haben. Deshalb bitte
ich, dass Sie sich das in diesem Bereich noch einmal gut
überlegen.

Wie gesagt: Ich hoffe, dass wir eine ernsthafte Kom-
promisssuche aufnehmen. Das würde allen nützen: der
Energiewirtschaft, der Industrie, aber auch den Verbrau-
chern.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513526700

Das Wort hat die Kollegin Gudrun Kopp, FDP-Frak-

tion.

Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1513526800

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren und Damen!

Wir diskutieren heute über das Energiewirtschaftsgesetz.
Ich glaube, man kann sagen, dieses Gesetz wird das
Grundgesetz für die Energiewirtschaft der Zukunft sein.
Wir werden mit diesem Gesetz über Investitionsbereit-
schaft und -fähigkeit am deutschen Markt und darüber
entscheiden, wie sich Energie in Deutschland für Ver-
braucher und Wirtschaft darstellt. Es handelt sich also
um ein insgesamt sehr wichtiges Werk.

Liebe Frau Kollegin Hustedt, auch wir als FDP-Bun-
destagsfraktion legen großen Wert darauf, dass die Ver-
braucher profitieren.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ach!)


Ich verweise in diesem Zusammenhang noch einmal
ausdrücklich darauf, dass durch die von dem damaligen
Bundeswirtschaftsminister Rexrodt initiierte Liberalisie-
rung auf dem Energiemarkt Liberalisierungsgewinne in
Höhe von 7,5 Milliarden Euro erwirtschaftet worden
sind. Diese sind inzwischen, wie man so schön sagt, ver-
frühstückt. Wodurch? In erster Linie durch Lasten, die
die rot-grüne Bundesregierung durch Steuern, Abgaben
und Umlagen verursacht hat – das macht 41 Prozent des

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(C (D erzeitigen Strompreises aus –, aber auch durch globale mstände, nämlich durch die hohen Preise für Rohtoffe. Denken Sie nur an die Verdoppelung des Kohlereises und den enorm gestiegenen Ölpreis. Ein Energieix aus fossilen Brennstoffen, erneuerbaren Energien nd Kernenergie wird also auch in Zukunft notwendig ein. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass wir bei dieser ebatte über das Energiewirtschaftsgesetz über die etzregulierung und nicht über die Preisregulierung prechen. Ich glaube, das ist ein sehr entscheidender Unerschied. Sehr geehrter Herr Minister Clement, Sie haben eben esagt, Sie seien offen für Änderungsvorschläge. rima! Ich nenne Ihnen hier sieben Punkte, die für uns ls FDP essenziell sind, und bitte Sie, sie bei der weiteen Beratung mit zu berücksichtigen: Erstens. Uns ist wichtig, dass die Brüsseler Vorgaben icht übererfüllt werden, sondern wir nur das tun, was ötig ist. Wir legen Wert auf eine effiziente, klare, unürokratische Methodenregulierung, um den Wettbeerb zu stärken. eshalb haben weder die Frage der erneuerbaren Enerien noch ausufernde Verbandsklagerechte in diesem euen Energiewirtschaftsgesetz irgendetwas zu suchen. ir würden – da hat Herr Bietmann völlig Recht – eine lageflut bekommen. Das kann nicht im Sinne der Verraucher und auch nicht im Sinne der gesamten Wirtchaft sein. Wir legen außerdem Wert darauf, dass die Zuständig eiten für den gesamten Energiebereich beim Bundesirtschaftsministerium angesiedelt sind und dass es icht zu einem Hickhack und zu ideologischen Verbräungen zwischen dem Umweltministerium und dem irtschaftsministerium kommt. Zweitens. Wir legen großen Wert darauf, dass es eine kleinteiligen Einzelgenehmigungen von Netzentelten ex ante gibt. Denn dadurch würden wir ein riesies Bürokratiemonstrum aufbauen. Das kann nicht im inne des Erfinders sein. Wir wollen gleichzeitig Aneize schaffen, um künftig effizient und wettbewerbsfäig zu sein. Drittens. Wir legen Wert auf eine konsequente Ent lechtung, um künftig bei den Unternehmen Quersubentionierungen zu vermeiden und Transparenz zu chaffen. Viertens. Das gesamte Regulierungsregime bedarf ach unserer Überzeugung schneller als nach einem eitraum von drei Jahren eines Monitorings, um gegebeenfalls die Regulierungsregelungen den gemachten Erahrungen schnellstens anzupassen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


Fünftens. Auch wir Liberale sagen ganz klar: Die
osten für die Regulierung können nicht umgelegt wer-
en. Es handelt sich um eine staatliche Aufgabe. Diese






(A) )



(B) )


Gudrun Kopp

staatliche Aufgabe ist aus dem Haushalt zu finanzieren.
An dem Personalaufbau, der jetzt stattfindet, kann man
erkennen, dass die Regulierungsbehörde völlig freie
Hand hat, sich entsprechend zu positionieren und Kosten
zu verursachen, ohne dass es eine Kostendeckelung gibt.
Wo bleibt da die Kontrolle? Wo bleibt da der Anreiz für
die Regulierungsbehörde, kostengünstig und effizient zu
arbeiten? Ich finde, dieser Zustand ist nicht akzeptabel.


(Beifall bei der FDP)

Sechstens. In diesem Punkt stimmen wir mit Bundes-

wirtschaftsminister Clement überein. Herr Minister, es
ist richtig, dass die Regulierung bundeseinheitlich erfol-
gen muss. Es darf keine Splittung der Aufgaben geben.
Die Föderalismuskommission müht sich redlich, in klei-
nen Schritten die Mischzuständigkeiten und die daraus
resultierenden Mischfinanzierungen aufzudröseln. Wenn
wir aber sofort beim nächsten Gesetz in den alten Fehler
verfallen und Mischzuständigkeiten installieren, dann ist
das ein falscher Weg, den wir nicht mitgehen werden.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Siebtens. Herr Minister, es kann nicht sein, dass wir
das EnWG diskutieren, ohne die vier wichtigsten Ver-
ordnungen auf dem Tisch liegen zu haben. Das ist nicht
akzeptabel. Es ist die Rede davon, dass es bis zu 20 oder
25 Verordnungen insgesamt geben wird. Niemand kennt
derzeit die genaue Zahl. Um diesen Gesetzentwurf hin-
sichtlich seiner inhaltlichen Ausrichtung und in Bezug
auf seine rechtliche Klarheit wirklich beurteilen zu kön-
nen – diesen Punkt hat auch Herr Bietmann
angesprochen –, müssen wenigstens die vier wichtigsten
Verordnungen vorliegen. Ich hoffe, dass Sie hier Druck
machen und schnellstens Klarheit schaffen.


(Beifall bei der FDP)

Die FDP-Bundestagsfraktion wird den gesamten

Beratungsprozess in den nächsten Wochen kritisch und
konstruktiv verfolgen und begleiten. Wir haben Ihnen
heute einen Antrag vorgelegt, in dem skizziert wird, in
welche Richtung wir gehen möchten. Wir setzen darauf,
dass Sie zügig, aber doch mit großer Sorgfalt die Bera-
tungen durchführen – wir haben schon in Kürze die erste
Anhörung – und dass wir recht bald diesen Prozess ab-
schließen können. Eigentlich hätte diese Regulierung
schon am 1. Juli dieses Jahres in Kraft sein müssen. Wir
sind also in Verzug.

Ich möchte noch einen Punkt erwähnen, der auch von
einigen Kollegen angesprochen wurde. Die Ankündi-
gungen von großen Energieunternehmen am Standort
Deutschland, die Preise zu erhöhen, werden derzeit vom
Bundeskartellamt geprüft. Das Bundeskartellamt wird
uns recht bald sagen, ob es der Meinung ist, dass die zu-
sätzlichen staatlichen Belastungen der Energiepreise, die
Sie als rot-grüne Bundesregierung verursacht haben, tat-
sächlich berechtigt sind. Dann wollen wir einmal sehen,
wie sich die Preisdebatte hier darstellt. Ich glaube, es hat
viel Wind um wenig wirkliche Substanz gegeben.

Machen Sie Ihre Hausaufgaben! Sehen Sie zu, dass
Sie den Verbrauchern und der Wirtschaft nicht immer

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(C (D ieder neue Lasten auferlegen, und versuchen Sie, sich u bescheiden und nicht immer mehr Kostenund Büroratielasten aufzubauen! Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Michael Müller, SPD-Frak ion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir be rüßen es sehr, dass die Bundesregierung hier eine, wie ir finden, sehr gute Grundlage geschaffen hat. Herr Bietmann, es passt irgendwie nicht ganz zusamen, wenn man am Anfang sagt, durch die Gegenäußeung der Bundesregierung sei eine Wende zum Besseren rreicht, und das Ganze anschließend als Katastrophe ezeichnet. Ich finde, man sollte bei einer so wichtigen ntscheidung auch sprachlich ein bisschen abrüsten und twas sauberer in der Argumentation sein. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513526900
Michael Müller (SPD):
Rede ID: ID1513527000

ur das eine oder das andere geht; beides passt nicht zu-
ammen.
Ich finde, dass das Angebot der Bundesregierung,
öglichst offen und konsensual eine so entscheidende
rage wie die der künftigen Energiepolitik zu bearbei-
en, sehr gut ist, dass wir daher in der Sache diskutieren
nd keinen Popanz aufbauen sollten.
Dazu gehört aus meiner Sicht auch folgende Frage
das erkläre ich noch einmal für die SPD –: Wir werden
atürlich darauf dringen, dass es bei den Verordnungen
ein Ausweichen gibt, sondern dass das Parlament voll-
tändig einbezogen wird, notfalls auch durch eine Zu-
timmung des Parlaments in Form eines Artikelgesetzes
der wie auch immer. Auf jeden Fall müssen die Verord-
ungen politisch abgesegnet werden. Das ist übrigens im
nteresse der Bundesregierung ebenso wie im Interesse
er anschließenden Rechtssicherheit durch diese Verord-
ungen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


nsofern sehe ich auch darin kein zentrales Problem.
anz im Gegenteil: Da sind wir auf einem guten Weg.
Man muss sagen – deswegen wäre ich mit Kritik et-
as vorsichtig –, dass das, was wir heute korrigieren,
atürlich auch Ausdruck dessen ist, dass man im Ener-
iewirtschaftsgesetz von 1998 bewusst auf eine Wettbe-
erbs- bzw. Regulierungsbehörde verzichtet hat. Mich
undern manche Aussagen von Leuten, die sich jetzt
anz besonders für einen Regulator einsetzen, die man
ber in der Vergangenheit immer nur als Bremser erlebt
at.
Bringen Sie also bitte nicht zu viel politischen Oppor-

unismus ein! Vielmehr sollten wir jetzt gemeinsam ver-






(A) )



(B) )


Michael Müller (Düsseldorf)


suchen, eine vernünftige, sachgerechte Form der Regu-
lierung zu finden. Denn Tatsache, Frau Kopp, ist auch,
dass das, was nach 1998 passiert ist, mit Wettbewerb
teilweise wenig zu tun gehabt hat. Das war ein enormer
Verdrängungswettbewerb im Sinne einer unglaublichen
Konzentration in Teilbereichen, aber nicht das, was man
unter einem vernünftigen funktionsfähigen Wettbewerb
verstehen musste. Ganz im Gegenteil!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Gudrun Kopp [FDP]: Eon und Ruhrgas haben Sie fusionieren lassen! Das ist Verdrängung der Tatsachen!)


Damals ist aus meiner Sicht das Fundament für einen
Teil der Probleme, die wir heute haben, gelegt worden;
denn wir haben keinen vernünftigen Übergang von den
Gebietsmonopolen in einen funktionierenden Wettbe-
werb geschaffen, sondern im Gegenteil eher einen Un-
ternehmenswettbewerb initiiert.

Die Wettbewerbsbehörde hat aus unserer Sicht an ers-
ter Stelle das Ziel, große Transparenz und mehr Sauber-
keit in der Preisbildung zu schaffen. Natürlich muss vor
allem die Verbraucherseite gestärkt werden. Für uns
gehört zu einer funktionierenden marktwirtschaftlichen
Ordnung immer auch die Verbraucherseite.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb muss sie auch Rechte haben; sonst funktioniert
das nicht. Das kann nicht nur das Recht auf Transparenz
sein. Wir finden es beispielsweise sehr interessant, wel-
che Modelle in Großbritannien existieren, zum Beispiel
die so genannten Watchdogs. Wir schauen uns das an.
Wir sagen zwar nicht, dass wir diese Modelle überneh-
men; aber man muss auch für solche Ansätze offen sein,
die von vornherein – da hat die Kollegin Hustedt völlig
Recht – mehr Seriosität und Kontrolle in den Prozess
bringen. Es ist ja ein interessantes Phänomen, dass in all
den Ländern, in denen es wie in Deutschland das Instru-
ment der Verbandsklage gibt, die Zahl der Prozesse zu-
rückgegangen ist, weil im Vorfeld viel solider und sorg-
fältiger abgewogen worden ist. Insofern sollte man keine
Angst vor der Demokratie haben. Im Gegenteil: Wir be-
grüßen das.

Einer der wichtigen Punkte ist auch die Auseinander-
setzung um Ex-post- und Ex-ante-Regelungen. Unab-
hängig davon, dass natürlich erhebliche Unterschiede im
Vorgehen bestehen, ist für uns trotzdem das Entschei-
dende, dass die Instrumente selbst sehr wirksam sind. Je-
der muss wissen – wir alle unterstützen das –, dass eine
Ex-ante-Regelung natürlich nicht mit einer absolut
schlanken Verwaltung zu machen ist. Sie muss vielmehr
entsprechend qualifiziert ausgerüstet werden – und das
besonders dann, wenn sie schnell agieren soll. Eine Ex-
ante-Regelung bedeutet in der Konsequenz also auch
eine gewisse Weichenstellung für das Personal. Eine
schlecht besetzte Regulierungsbehörde wird nicht aus-
reichen. Aus meiner Sicht passt es nicht zusammen, auf
der einen Seite immer Steuersenkungen zu fordern und
auf der anderen Seite die Kosten solcher Aufgaben, die
im Grunde genommen im Interesse sowohl der Allge-
meinheit als auch der Wirtschaft liegen, dem Staat zu

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(C (D bertragen. Dies werden wir nicht akzeptieren, weil es icht in Ordnung ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, wichtig ist im Hinblick auf
ie Transparenz vor allem, dass etwas aufhört, was
chon heute ein großes Problem ist: dass vielfach nicht
lar ist, ob in die Preisbildung für Strom die Kosten für
ie Kraft-Wärme-Kopplung, für erneuerbare Energien
sw. eingerechnet werden. Wir verhehlen nicht, dass wir
ei manchen Unterschieden in der Strompreisbildung
en Eindruck haben, dass recht lasch operiert wird und
osten eingerechnet werden, die dort eigentlich nicht hi-
eingehören. Dies beenden wir aus gemeinsamem Inte-
esse; in diesem Zusammenhang weise ich darauf hin,
ass die Änderung des EEG von einer sehr viel größeren
ehrheit als der der Regierungsfraktionen beschlossen
ird. Wir müssen diese Klarheit haben, damit bei der
reisbildung nicht getrickst wird. Damit wird auch etwas
eendet, was heute aus meiner Sicht nicht sauber ist:
ass man Kosten anlastet, bei denen zumindest ein Fra-
ezeichen angebracht ist, ob sie gerechtfertigt sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir halten es für außerordentlich richtig, dass es eine
undesstaatliche Regelung gibt. Teilweise war die Ex-
nte-Forderung eine Forderung einiger Länder, die weni-
er etwas mit der Ex-ante-Position selber als vielmehr
it der Verlagerung der Zuständigkeit auf Landesebene
u tun hatte. Wir halten eine solche Regelung für falsch;
enn wir brauchen gerade angesichts der Entwicklung
uf den Energiemärkten eine starke Bundesbehörde.
ies ist gewährleistet. Insoweit ist die bundesstaatliche
egelung für uns einer der unverzichtbaren Eckpunkte.
ei dieser Regelung werden wir keine Veränderung vor-
ehmen; auch wissen wir, wie wir sie im Zweifelsfall
urchsetzen können.
Regulierung und Wettbewerb allein machen noch

eine Energiepolitik aus. Es wäre eine Illusion, zu glau-
en, dass wir mit einer Regulierung, die lediglich Preis-
enkungsmechanismen im Auge hat, Energiepolitik ma-
hen könnten, so wichtig dies auch ist. Einen
umpingwettbewerb werden wir nicht mitmachen. Na-
rlich müssen in den Preisbildungen auch Aspekte wie
mweltschutz, Versorgungssicherheit und frühzeitige
nnovationsfähigkeit enthalten sein. Von daher wird es
icht nur einen Wettbewerb bei den Preisen nach unten
eben. Vielmehr müssen wir eine qualifizierte und nach-
altige Energiepolitik betreiben, die ihren Preis hat. Es
eht uns um eine saubere Preisbildung, aber nicht da-
um, dass Energie auf jeden Fall billig sein muss. Dies
iderspräche einer verantwortungsbewussten Energie-
olitik. Wir werden alles tun, um Preiseffizienz zu errei-
hen; aber es wird keine Billiger-Jakob-Lösung geben
önnen. Dies gilt auch für die Wettbewerbsbehörde.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, das Dreistufenmodell, das
tzt entwickelt worden ist, ist aus unserer Sicht gut. Hier






(A) )



(B) )


Michael Müller (Düsseldorf)


wird im Übrigen, Frau Kopp, die Frage des Monitorings
im Verfahren selbst gelöst. Die erste Stufe sieht vor, dass
Unternehmen, die die Preise bereits erhöht haben, von
der Regulierungsbehörde mit besonderer Aufmerksam-
keit betrachtet werden. Im Zentrum der zweiten Stufe
soll eine Ex-ante-Prüfung stehen. Die dritte Stufe enthält
Anreizmechanismen. Damit sind Prozesse ständigen
Lernens und ständigen Monitorings gewährleistet, da
wir eine Anreizregulierung nur erreichen werden, wenn
wir die Prozesse permanent auswerten, auf ihre Wirkun-
gen hin kontrollieren und effizienter machen. Insofern
ist Ihrer Forderung nach mehr Monitoring aus dem Pro-
zess heraus Rechnung getragen. Dies ist auch einer der
wesentlichen Punkte, warum wir in der Frage der Ver-
ordnungen offen sind. Als Parlament können wir immer
dann Verbesserungen vornehmen, wenn es notwendig
ist.

Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetz werden
wir das nachvollziehen, was wir zugegebenermaßen frü-
her hätten tun können. Allerdings besteht hier kein An-
lass zu Rechthaberei. In der Vergangenheit wollten rela-
tiv wenige Mitglieder dieses Hauses eine Wettbewerbs-
und Regulierungsbehörde haben; lange Zeit waren sie in
der Minderheit. Dass wir jetzt diese Einigkeit erreichen,
soll gar nicht im Nachhinein kritisiert werden. Es ist ein
guter Schritt hin zu eine leistungsfähigen Energiepolitik,
die nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch und
technologiepolitisch für uns wichtig ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513527100

Das Wort hat der Kollege Kurt-Dieter Grill, CDU/

CSU-Fraktion.

Kurt-Dieter Grill (CDU):
Rede ID: ID1513527200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Herr Kollege Müller, Sie haben den Kollegen
Bietmann aufgefordert, sprachlich abzurüsten. Frau
Hustedt hat sich in geradezu absurde Formulierungen
verstiegen. Wenn Sie es für richtig halten, Solidarität
und Zusammenarbeit mit Koalition und Regierung ein-
zufordern, dann sollten Sie sich nicht gleichzeitig über
Sprache aufregen und mit Kritik an der Opposition alles
andere als sparsam umgehen.

1998 haben wir als CDU/CSU-FDP-Koalition gegen
den Widerstand der heutigen Koalition den neunten An-
lauf gemacht, aus den Monopolen auszubrechen. Die
Monopole waren der Hauptgrund der Kritik der linken
Seite. Wir haben mit der Einführung des Wettbewerbs
sowohl auf europäischer Ebene wie in Deutschland Fak-
ten geschaffen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Gudrun Kopp [FDP])


Wenn Sie von der SPD-Fraktion sich darüber unter-
halten, auf welcher Seite des Hauses die Befürworter des
Wettbewerbs gesessen haben, dann wäre ich Ihnen sehr
dankbar, wenn Sie uns heute Abend mitteilen würden,

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(C (D b sich die Verfassungsklage, die Sie damals zur Erhalung des kommunalen Monopols eingereicht haben, erleigt hat. Ich könnte Ihnen ein paar Sätze aus der Begrünung des Gesetzentwurfes der SPD vorlesen, in denen es m die Finanzierung von Bädern, Kindergärten und Straenbahnen geht. s ist nicht in Ordnung, sich jetzt zum Hüter des Wettbeerbs zu erklären, während die Verfassungsklage zum ommunalen Monopol immer noch in Karlsruhe liegt. rst im Frühjahr war wieder eine Anhörung. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie bei der FDP)


(Gudrun Kopp [FDP]: So ist es!)


ber vielleicht haben Sie das ja inzwischen zurückgezo-
en.
Sie sprechen von kleinen und großen Verbrauchern,

on Konzernen, Monopolisten und Oligarchen. Ich will
ie nur daran erinnern, dass diese Koalition die größte
usion in diesem Lande genehmigt hat, nämlich die von
on und Ruhrgas.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ie sollten sich an dieser Stelle nicht allzu sehr als Kon-
entrationsverhinderer aufspielen. Das ist vollkommen
nangemessen.
Genauso unangemessen war es – das sage ich nicht

ur in Richtung Koalition, sondern durchaus auch eini-
en Leuten aus unseren Reihen –, wie Herr Kurth vor ei-
em Jahr auf die Bühne sprang und sich als Regulierer
orstellte. In seiner letzten Pressekonferenz hat er ge-
agt, die Erwartung, dass mit ihm die Preise sänken, sei
ollkommen falsch. Das ist ein Versuch, sich rechtzeitig
em politischen Druck zu entziehen, den eine Reihe von
enschen, die in diesem Lande politische Verantwor-

ung tragen, dadurch erzeugt haben, dass sie aus dem
etzzugangsregulierer einen Preisregulierer und Preis-
enehmiger gemacht haben, jedenfalls verbal.
Ich gebe zu, dass der Regulierer vielleicht schon frü-

er hätte eingesetzt werden können. Ich persönlich hatte
azu eine andere Meinung; aber das ist eine andere
rage. Aber der Regulierer ist nur für ein Drittel des
nergiepreises zuständig.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: So ist es!)

er Rest unterliegt nicht der Regulierung.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Richtig!)

rwecken Sie – das sage ich auch einigen aus unseren ei-
enen Reihen – doch draußen nicht den Eindruck, wir
räuchten nur einen Regulierer; dann sänken die Preise
b morgen.
Sie haben im Übrigen eine interessante Bemerkung

azu gemacht, was man alles bei den Preisen berück-
ichtigen müsse. Ich könnte auch die Frage diskutieren,
b sich nicht diejenigen zu Preishütern und Verbraucher-
chützern machen, die – Frau Kopp hat das hier schon
ngesprochen – mit der Ökosteuer manche Preiserhö-
ung gewollt haben.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Richtig!)







(A) )



(B) )


Kurt-Dieter Grill

Sie sind doch diejenigen, die in der generellen politi-
schen Debatte die Auffassung vertreten, Energie müsse
teurer werden, damit die Leute draußen Energie sparen.
Es sind doch nicht wir, die diese These vertreten.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie denn für eine These?)


Deswegen glaube ich, dass Sie in der Frage der Preise
– so wie Frau Hustedt das hier dargestellt hat und so wie
Sie das dargestellt haben – ganz vorsichtig sein sollten.

Herr Müller, Sie haben Großbritannien angesprochen.
Wenn Sie sich die Entwicklung in Großbritannien ange-
schaut haben, dann konnten Sie beobachten, dass das
Nichtvorhandensein einer Öl-Gas-Preisbindung dazu ge-
führt hat, dass das Gas in Großbritannien mittlerweile
80 Prozent teurer ist als im letzten Jahr. Die britische Re-
gulierungsbehörde Ofgem konnte diesen Preisanstieg
nicht mehr aufhalten. Sie hat am Anfang den Fehler ge-
macht, zu sagen: Niedrige Preise sind die richtige Regu-
lierung. Sie ist in den Fragen der Infrastruktur, des Sub-
stanzerhalts und der Versorgungssicherheit gescheitert.
Jetzt will die Ofgem offensichtlich einen europäischen
Regulierer. Herr Minister, wir können sicherlich noch
lange über die Frage der Zuständigkeit von Bund und
Ländern diskutieren. Wir wollen aber nicht – ich bitte
Sie, dies in Brüssel rechtzeitig klar zu machen –, dass in
Brüssel ein europäischer Regulierer sitzt und die natio-
nalen Parlamente dann überhaupt nichts mehr zu sagen
haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich will noch eine kritische Bemerkung machen. Sie

haben für sich in Anspruch genommen – von der Sache
her kann man das auch –, ein komplexes und anspruchs-
volles Gesetzeswerk vorzulegen. Wir als Opposition ha-
ben Anfang dieses Jahres aber erlebt, wie der Zeitplan
der Europäischen Kommission für den Emissionshandel
sklavisch umgesetzt wurde, unter Vernachlässigung des
Rechts des Parlaments auf eine geordnete Beratung des
Emissionshandels. Das Gesetz zum Emissionshandel
war für die Frage der Energiepreise in Deutschland min-
destens so wichtig wie das, was Sie jetzt vorlegen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Damals haben Sie unsere Mitspracherechte beschnit-

ten.
Deswegen denke ich, dass wir die Verordnungen

vorgelegt bekommen sollten, und zwar mit den mögli-
cherweise bestehenden Einwendungen. Wir können
nicht noch einmal von uns aus die Verordnungen den
gleichen Anhörungen unterziehen, wie Sie das jetzt im
Ministerium machen; das kann ein Parlament im Grunde
genommen nicht leisten. Wir sollten uns also über ein
Verfahren verständigen, wie die Fraktionen den Entwurf
der Verordnungen mit den wichtigsten Einwendungen
bekommen, damit wir Ihren Meinungsbildungsprozess
nachvollziehen können.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Ich sage das ausdrücklich, weil ich glaube, dass die rfahrung zeigt – auch in der Debatte draußen wird das o gesehen –, dass aus Ihrem Haus – ich sage das jetzt hne Vorwurf; das ist manchmal das Wesen von Geseten – immer unterschiedliche Interpretationen zu dem, as aufgeschrieben worden ist, kommen. Wir würden chon gerne wissen, welche Interpretation denn am chluss gilt und was die Verordnungen wirklich bedeuen. Wir können die Wirkung des Gesetzestextes ohne iese Interpretation nicht beurteilen. Von daher denke ch, dass wir uns in der Frage, wie wir mit den Verordungen umgehen, verständigen sollten. Ich möchte noch gerne einen Hinweis auf die Debatte eben, die wir in Deutschland führen. Es ist geradezu aburd, dass wir wieder eine eher stromorientierte Debatte ühren, obwohl dieses Gesetz auch für den Gasbereich ilt. Von außen betrachtet entsteht der Eindruck, dass wir igentlich nur über Elektrizität reden. Ich glaube daher, ass wir einen zweiten Punkt mit in die Debatte einbeiehen sollten. Hier sind Wettbewerb, Demokratie und ransparenz mit der Verbandsklage begründet worden. ch will Ihnen einmal sagen: Das Unbundling ist als ettbewerbsgestaltendes Element viel griffiger und viel eutlicher als das, was Sie mit der Verbandsklage überaupt erreichen können. Deswegen bedaure ich, dass wir ns über die Frage des Unbundlings als wettbewerbsgetaltendes Element nicht so ausgiebig unterhalten haben. ch habe damit nicht gesagt – damit da kein falscher Einruck entsteht –, man müsste das, was die EU macht, och verschärfen. Ich sage nur: Die Bedeutung des Unundlings für die Gestaltung des Wettbewerbs ist mir in er Debatte draußen viel zu kurz gekommen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Lassen Sie mich eine letzte Bemerkung machen. Herr
üller hat schon darauf hingewiesen, dass in Preisen
uch die Ausgaben für Forschung und Entwicklung be-
haltet sein müssen. Da kann ich Ihnen zustimmen.
ber wir regulieren nur das Netz, nicht die Forschungs-
usgaben.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Ja, das ist klar!)


Ich habe heute in der „Zeit“ etwas gefunden, was die
oalition, zumindest aber die Grünen, unglaublich
laubwürdig macht; denn Sie haben in den letzten Wo-
hen einen bestimmten Eindruck erweckt. Meine Mit-
treiterin Michaele Hustedt hat auf einer Veranstaltung
esagt, dass die Energiepreise um 25 Prozent sinken
erden.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)


Das war im Juni letzten Jahres auf dem EBC, wo wir
usammen mit Rolf Hempelmann waren. Dort haben Sie
as stolz angekündigt.


(Lachen des Abg. Rolf Hempelmann [SPD])

ir waren unabhängig voneinander eingeladen.






(A) )



(B) )


Kurt-Dieter Grill

Als ich heute die „Zeit“ vom 28. Oktober dieses Jah-

res zur Hand genommen habe, habe ich gesehen, dass
diejenigen, die hier darüber reden, dass die Position des
Verbrauchers gestärkt werden muss und dass mit Blick
auf den Standort Deutschland die Preise gesenkt werden
müssen,


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Wer denn?)


gemeinsam mit prominenten Beteiligten wie Herrn
Loske und Herrn Bütikofer den Plan verfolgen, die Steu-
ern auf Heizöl jährlich um 2 Cent pro Liter und die Steu-
ern auf Kraftstoffe um 3 bis 5 Cent pro Liter zu erhöhen.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Das ist ja unerhört!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513527300

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Aber das ist jetzt wichtig!)



Kurt-Dieter Grill (CDU):
Rede ID: ID1513527400

Ja, Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss.
Meine Damen und Herren von den Grünen, ich will

Ihnen nur eines sagen: Sich hier zum Hüter des Verbrau-
chers und zum Anwalt des kleinen Mannes zu machen
und gleichzeitig die nächste Erhöhung der Ökosteuer zu
planen, das ist an Chuzpe nicht mehr zu überbieten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513527500

Ich gebe dem Kollegen Loske das Wort zu einer

Kurzintervention.

(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Das ist doch überflüssig!)

Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-

NEN):
Eigentlich ist es überflüssig, zumal ich Ihrer Rede

nicht gefolgt bin. Aber die Wahrheit sollte schon auf den
Tisch. Die Wahrheit ist, dass wir im Koalitionsvertrag
vereinbart haben, im Jahre 2004 zu überprüfen, wie wir
die ökologische Steuerreform weiterentwickeln.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie wollen Erhöhungen!)


Zu diesem Zweck ziehen wir jetzt den bundesweit ver-
fügbaren Sachverstand zusammen und besprechen die-
ses Vorhaben mit Experten. Ansonsten haben wir über-
haupt keine Festlegungen getroffen. Herr Grill
verwechselt da wieder etwas, weil er nicht genau hin-
guckt.

In dem Artikel, den auch ich eben erst gelesen habe,
wird darauf hingewiesen, dass der Förderverein Ökolo-
gische Steuerreform seinerseits ein Konzept vorgelegt
hat. Vertreter des Fördervereins Ökologische Steuerre-
form sind natürlich auch bei den Treffen zu Gast, auf de-

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(C (D en wir die Experten konsultieren. Ich glaube, das Hinuziehen von Sachverstand hat einer Sache noch nie eschadet. Ich möchte Sie bitten, in Zukunft genauer zu esen und keine Unwahrheiten zu verbreiten. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Da merkt man doch sofort, wohin die Reise gehen soll!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513527600

Herr Kollege Grill, Sie können antworten.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Sie müssen sich nur entschuldigen!)



Kurt-Dieter Grill (CDU):
Rede ID: ID1513527700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich weiß

icht, wofür ich mich entschuldigen muss.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Wegen falscher Anschuldigung! – Gegenruf des Abg. Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Oh, das ist ja eine Straftat!)


Herr Kollege Stiegler, ich kann nur sagen, was hier
teht. Das wissen Sie genauso gut wie ich.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Falsche Anschuldigungen und üble Nachrede!)


Wenn Sie meine Äußerungen als falsche Anschuldi-
ungen und üble Nachrede betrachten, dann weiß ich
icht, was ich zu manchen Ihrer Äußerungen in der Ver-
angenheit sagen soll. Das sollten wir lieber lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ch werde nie versuchen, Sie zu überbieten, was falsche
nschuldigungen betrifft. Das können Sie mir glauben.
Herr Kollege Loske, zwei Bemerkungen zu Ihnen.

rstens. Ich habe das vorgelesen, was hier geschrieben
teht: dass Sie offensichtlich einen solchen Plan verfol-
en.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht doch da gar nicht! Es werden sich noch die Balken biegen, weil Sie so lügen! Lesen Sie das doch mal vor!)


Ich weiß, was hier steht.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513527800

Das Wort hat der Kollege Grill.

Kurt-Dieter Grill (CDU):
Rede ID: ID1513527900

Herr Kollege, es ist nett, dass Sie sich so aufregen.
Zweitens. Lieber Herr Loske, so, wie Sie in der Ver-

angenheit argumentiert haben, bleibt nur der Schluss,
ass Sie die nächste Erhöhung der Ökosteuer planen.
enau das ist der Punkt. Was die Energiepreise betrifft,
aben Sie keinerlei Glaubwürdigkeit mehr zu verlieren;
enn durch Ihre Steuererhöhungen sind die Energie-
reise gestiegen. Sie haben Ihre Glaubwürdigkeit auf
iesem Gebiet längst verloren.


(Beifall der Abg. Gudrun Kopp [FDP])







(A) )



(B) )


Kurt-Dieter Grill

Sie haben den Eindruck erweckt, dass Sie sich im In-

teresse der Verbraucher für Preissenkungen einsetzen.
Sie sind aber diejenigen, die jede Steuererhöhung durch-
drücken, um, angeblich im Interesse des Umweltschut-
zes und des Energiesparens, die Energiepreise nach oben
zu treiben.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Das sind falsche Tatsachenbehauptungen! – Weiterer Zuruf von der SPD: Sie lügen ja schon wieder!)


Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Gudrun Kopp [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513528000

Nächster Redner ist der Kollege Rolf Hempelmann,

SPD-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1513528100

Frau Präsidentin! Meine liebe Kolleginnen und Kolle-

gen! Lieber Kurt-Dieter Grill, dein Auftritt eben hat
mich an unsere besten Zeiten in der Enquete-Kommis-
sion „Nachhaltige Energieversorgung“ erinnert: Kon-
fliktvermeidungsstrategie war nie dein Ding.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das war eine gute Rede!)


Das ist auch in Ordnung so. Aber ich muss ganz ehrlich
sagen: Deine Erinnerung an 1998 mag ja noch begründ-
bar sein mit Verklärungstendenzen, die gelegentlich auf-
treten können, wenn man weiter in die Vergangenheit
zurückblickt. Aber wenn du auch bei dem Jahr 2003 Er-
innerungslücken hast, dann wird das doch langsam pro-
blematisch. Ich habe nie behauptet, dass Preissenkungs-
spielräume in diesen Größenordnungen gegeben seien,
im Gegenteil.


(Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Das habe ich gar nicht behauptet! Du hast mir nicht zugehört!)


Ich bitte dich, meine letzte Plenarrede nachzulesen;
das war anlässlich der angekündigten Strompreiserhö-
hungen und der sehr emotionalisierten öffentlichen De-
batte. Darin habe ich nämlich sehr deutlich gemacht,
dass mit Preissenkungen in diesen Größenordnungen
nicht zu rechnen ist, weil die Netzentgelte eben nur ein
Drittel des Gesamtpreises ausmachen und es andere
Kostenfaktoren gibt – zum Beispiel bei der Erzeugung,
bei den Primärenergiekosten und beim Bau neuer Kraft-
werke –, die dafür sprechen, dass es eher Preiserhöhun-
gen geben wird und wir diese durch entsprechendes
Vorgehen bei den Netzentgelten bestenfalls teilkompen-
sieren können; da sollte man der Wahrheit durchaus wei-
terhin die Ehre geben.

Ansonsten möchte ich eigentlich positiv beginnen
– so hatte ich mir das jedenfalls vorgenommen – und erst
einmal deutlich machen, dass ich mich freue, dass sich
nach – man darf sagen – durchaus schwierigen Verhand-
lungen in einer nun einmal wichtigen Materie die Res-

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(C (D orts der Bundesregierung auf eine Entgegnung auf den undesrat und auch auf die beiden Stromverordnungen erständigt haben. Ich denke, die Zusage des Bundeswirtschaftsminisrs ist hier heute verstanden worden: dass wir zügig mit en Gasverordnungen rechnen können. Nehmen Sie von er Opposition einfach zur Kenntnis, was Michael üller gesagt hat: Wir legen Wert darauf – übrigens aben wir den Minister diesbezüglich schon angeschrieen –, dass wir als Bundestag diese Verordnungen nicht ur rechtzeitig zu sehen bekommen, sondern dass sie tztlich unserer Zustimmung unterliegen. Eine Variante äre das Artikelgesetz, das Michael Müller als Möglicheit in den Raum gestellt hat. Wir haben da gemeinsame nteressen und deswegen sollten wir Unterschiedlichkein nicht an Stellen provozieren, wo sie überhaupt nicht estehen. Meine Damen und Herren, drei Dinge sind es, auf die an sich geeinigt hat, und in allen drei Dingen ist man amit Positionen des Bundesrates entgegengekommen. as Erste ist die Frage, wie diejenigen Erhöhungen zu ehandeln sind, die seit dem 1. August 2004 stattgefunen haben bzw. bis In-Kraft-Treten des Gesetzes stattfinen werden. Da soll es ein nachträgliches Missrauchsverfahren geben. Meine herzliche Bitte ist nur, ass man darauf achtet, es so auszugestalten, dass mögchst wenig Doppelprüfungen stattfinden, für die der erbraucher letztlich wenig Verständnis haben wird; enn auch so etwas produziert Kosten. Ich denke, daüber können wir uns relativ leicht einigen. Das Zweite ist eine umfassende Ex-ante-Kontrolle ller künftigen Netzentgelterhöhungen. Das war ein ausrücklicher Wunsch des Bundesrates, auch von Ländern it FDP-Regierungsbeteiligung, Frau Kopp; insofern ollte man auch das nicht zum Streitpunkt machen. ichtig ist natürlich, dass man diese Kontrollen so ausestaltet, dass sie letztlich nicht Personalanforderungen it sich bringen, die wir uns bei einer schlanken Beörde nicht wünschen, dass die Genehmigungsverfahren ber trotzdem zügig abgearbeitet werden können. Klar t aber auch – das muss der Bundesrat dann schon akeptieren –: Das wird natürlich nicht zu weniger Persoal führen, als nach den bisherigen Planungen vorgeseen ist. Wer ex ante will und wer jetzt ex ante bekommt, er muss auch akzeptieren, dass das einen gewissen Peronalaufwand impliziert. Das Dritte, auf das man sich verständigt hat, ist die nreizregulierung. Das ist eigentlich das, worüber wir ns in nächster Zeit ganz besonders unterhalten sollten, uch wenn klar ist, dass diese Anreizregulierung erst wei Jahre nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes greifen oll. Ich glaube, wir müssen uns jetzt darum kümmern, ass der Regulierer einen sehr klaren und präzisierten uftrag mit auf den Weg bekommt, aus dem hervorgeht, ie wir uns diese Anreizregulierung grundsätzlich vortellen und insbesondere welche Ziele wir mit einer Aneizregulierung verbinden. Es muss klar sein, dass Rolf Hempelmann Anreize nicht nur gesetzt werden können, damit Kosten und am Ende dann eben auch Preise, also Netznutzungsentgelte, gesenkt werden. Genauso klar muss sein, dass wir die Anreize durchaus auch wollen, damit weiterhin Investitionen getätigt werden. Das sind nun einmal auch Kosten. Wenn die Anreize falsch gesetzt werden, dann werden auch diese Kosten gestrichen. Das kann natürlich überhaupt nicht unsere Intention sein. Das heißt, der Regulierer hat in diesem Zusammenhang natürlich auch Qualitätskriterien zu entwickeln, die künftig an die Netze und an die Netzbetreiber zu stellen sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, vieles ist gesagt worden. Klar ist, dass wir nicht den naiven Glauben haben sollten, als sei, wenn die Anreizregulierung beginnt, all das, was wir vorher entwickelt haben, also die Expost-Missbrauchsaufsicht auf der Basis von klaren Kostenkalkulationsprinzipien und die Ex-ante-Preisgenehmigungen, über Bord geworfen. Es wird sehr genau darauf ankommen, diese einzelnen Instrumente sauber aufeinander abzustimmen. Natürlich wird es relativ gesehen weniger Missbrauchsverfahren geben. Sie werden sich eher auf den Netzzugang und nicht so sehr auf die Netzentgelte beziehen. Es wird natürlich auch weniger Ex-ante-Preisgenehmigungen geben, wenn eine Anreizregelung grundsätzlich funktioniert. Es ist aber nicht auszuschließen, dass sich diese Instrumente auch dann noch gegenseitig ergänzen müssen. Deswegen werden wir darüber nachdenken müssen, wie dieser Instrumentenkasten insgesamt aufeinander abzustimmen ist und wie – ich wiederhole diesen Punkt – die Investitionen in diesem Zusammenhang vernünftig eingebettet werden können. Bundeseinheitliche Regulierung: Das muss zunächst ja keine Bundesregulierung bedeuten. In einem Bundesstaat mit 16 Einzelstaaten und dem Bund ist das aber doch eine logische Konsequenz, insbesondere dann, wenn wir dem Regulierer künftig zunehmend Entscheidungsspielräume zuwachsen lassen wollen. Das ist das eigentlich inhaltliche Argument. Wenn wir einen starken Regulierer haben wollen und wenn wir wollen, dass der Regulierer Entscheidungsspielräume bekommt, dann können wir nicht mehr über 17 Regulierer nachdenken, dann kann es nur noch diesen einzigen geben. Das sage ich als jemand, der aus dem gleichen Bundesland wie Wolfgang Clement kommt, nämlich aus NordrheinWestfalen, wohl wissend, dass es dort durchaus auch andere Überlegungen gibt. Ich denke aber, dass wir das den Ländern sagen müssen. Wir brauchen eine Instanz, die diese Regulierung bundeseinheitlich übernimmt. Wenn die Länder hier Kompetenzen erwarten, dann muss man ganz klar sagen: Es können jedenfalls keine Entscheidungskompetenzen sein. Meine Damen und Herren und insbesondere liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, wir alle haben eine konstruktive Zusammenarbeit in den nächsten Wochen und Monaten angeboten. Das erste Berichterstattergespräch zur Vorbereitung der Anhörungen hat m a B g ü m f s C M c a m h B u c s K d k d a r v h V m l s m a d m b s v g H g g H p (C (D ir gestern jedenfalls den Eindruck vermittelt, dass auch uf Ihrer Seite ein Interesse vorhanden ist. Wenn wir es schaffen, das Verfahren im Deutschen undestag in diesem Jahr abzuschließen, und wenn wir leichzeitig den Dialog mit den Ländern – natürlich auch ber die Bundesregierung – vorantragen, dann haben wir öglicherweise die Chance, das In-Kraft-Treten sehr rüh im nächsten Jahr zu erreichen. Das sollte unser Ziel ein; daran sollten wir arbeiten. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Jawohl!)





(A) )


(B) )


(Gudrun Kopp [FDP]: Das stimmt!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513528200

Das Wort hat der Kollege Dr. Peter Paziorek, CDU/
SU-Fraktion.


Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1513528300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine Damen und Herren! Die erste Lesung eines sol-
hen Gesetzes dient natürlich auch dazu, Gegensätze
ufzuzeigen, die im Beratungsgang abgearbeitet werden
üssen. Das, was streitig ist, muss genannt werden. Ich
alte auch den Hinweis, den Frau Kopp und Prof.
ietmann gebracht haben und der von Kurt-Dieter Grill
nterstützt wurde, für richtig: Man muss überlegen, wel-
he Unterlagen man braucht, um dieses Gesetz umfas-
end beurteilen zu können. Welcher Kanon, welcher
ernbestand an Verordnungen, muss also vorgelegt wer-
en, damit man dieses ganze Gesetzeswerk beurteilen
ann? Das muss neben der Frage, welchen Zeitraum sich
er Kollege Hempelmann vorstellt, selbstverständlich
bgearbeitet werden.
Ich will die Gelegenheit nutzen, als letzter Debatten-

edner nicht nur auf die Streitpunkte einzugehen, die
iele Kolleginnen und Kollegen vorher gut und richtig
erausgearbeitet haben. Vielmehr will ich einerseits das
erbindende darstellen, andererseits aber auch deutlich
achen, dass wir einen Aspekt nicht unberücksichtigt
assen dürfen, nämlich den Umweltschutz. Der Umwelt-
chutz hat mit diesem Thema eine gemeinsame Schnitt-
enge. In den noch anstehenden Beratungen müssen wir
uch diesen Gesichtspunkt berücksichtigen.


(Beifall der Abg. Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Was ist der Kernpunkt unserer Aufgabe? Wir müssen
ie Chance wahrnehmen, die Defizite auf dem Energie-
arkt, die wir in Deutschland unbestritten haben, zu
eheben und den gesetzlichen Rahmen für eine wirt-
chaftliche, verlässliche und umweltfreundliche Energie-
ersorgung zu schaffen.
An dieser Stelle kann man durchaus als positives Si-

nal verstehen – das will ich auch gerne erwähnen, Frau
ustedt; das begrüßen wir –, dass die Bundesregierung
estern im Kabinett eine Neupositionierung zur Neure-
elung des Energiewirtschaftsrechts vorgenommen hat.
err Minister, damit bauen Sie eine Brücke. Diese Neu-
ositionierung ist zwar aus unserer Sicht noch nicht so






(A) )



(B) )


Dr. Peter Paziorek

weit, wie dies vielleicht notwendig wäre. Aber man
muss am Ende einer solchen Debatte durchaus konzedie-
ren, dass dies ein Schritt in die richtige Richtung ist und
dass man die Chancen, die sich auf diesem Weg ergeben,
nutzen muss.

Dass es hierzu unterschiedliche Positionen gibt, ist
klar und deutlich. Die Möglichkeit, dass wir zu einer
vernünftigen Lösung kommen, besteht. Da es in
Deutschland leider an einem Energiekonzept fehlt, muss
in diesem Hause das Ziel herausgearbeitet werden, dass
wir eine sichere, bezahlbare und umweltverträgliche
Energieversorgung wollen.

Ich komme zu dem ersten Punkt, der vorhin streitig
diskutiert worden ist: Muss das Ziel der Verbraucher-
freundlichkeit besonders erwähnt werden? Der Bundes-
rat – durch meine Partei ist er maßgeblich parteipolitisch
bestimmt – ist der Ansicht, dass man diesen Punkt strei-
chen könnte. Ich persönlich habe als umweltpolitischer
Sprecher unserer Fraktion keine Bedenken, den Ge-
sichtspunkt der Verbraucherfreundlichkeit als Zielvor-
stellung zu unterstreichen. Die Stromkennzeichnung ist
dann die logische Konsequenz dieser Verbraucher-
freundlichkeit. Jemand wie ich, der durchaus dafür ist,
dass man die Kernenergie für die Stromproduktion fried-
lich nutzt, hat überhaupt keine Bedenken, die Strom-
kennzeichnung auch auszuweisen.

Umgekehrt stellt sich die spannende Frage: Wie weit
gehen wir bei der Verbraucherfreundlichkeit? Wird
damit auch automatisch ein Verbandsklagerecht er-
möglicht? Ich gehöre in unserer Fraktion zu den Um-
weltpolitikern, die nicht von vornherein gegen ein Ver-
bandsklagerecht sind. Ich habe beim Naturschutzgesetz
dazu eine differenzierte Meinung gehabt. Wenn es zu ei-
nem Verbandsklagerecht käme, dann stellen Sie sich ein-
mal den Druck auf die Verbraucherverbände vor Ort vor.
Das kann dazu führen, dass Verbraucherverbände bei je-
der angedachten Preiserhöhung den Klageweg beschrei-
ten müssen.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)


Würden wir den Verbraucherverbänden damit nicht eine
Möglichkeit eröffnen, die sich langfristig als ein Nach-
teil erweisen könnte? Darüber müssen wir diskutieren,
auch wenn man der Aufnahme der Verbraucherfreund-
lichkeit in die Zielvorstellung positiv gegenübersteht.

Der zweite Punkt, der im Rahmen der Zielvorstellun-
gen diskutiert werden könnte, ist die Energieeffizienz.
Die Energieeffizienz entscheidet wesentlich darüber mit,
wie wir die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts
Deutschland bewältigen können.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: So ist es!)

Aber ich weiß natürlich, dass es durchaus methodisch
berechtigte Bedenken gibt, die Energieeffizienz als Ziel-
vorstellung ausdrücklich auszuweisen; denn die Energie-
effizienz ist methodisch automatisch ein Bestandteil der
Ziele Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit.
Man kann natürlich darüber nachdenken, ob diese bei-
den Begriffe die Energieeffizienz umfassend berücksich-
tigen.

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(C (D Aber umgekehrt – ich gebe zu, dass wir diese Position ls Opposition immer vertreten haben –: Wenn ein Eneriekonzept in Deutschland fehlt, macht es dann nicht inn, das Ziel der Energieeffizienz politisch zu stärken nd es daher an einer Stelle gesetzgeberisch zu veranern? Deshalb frage ich: Kann es nicht vielleicht sinnoll sein, darüber nachzudenken, den Grundsatz der nergieeffizienz ausdrücklich zu verankern? Nur eine ffiziente Energieversorgung ist auch langfristig ein irtschaftlicher, verlässlicher und umweltfreundlicher eitrag zum Klimaschutz. (Beifall der Abg. Elke Wülfing [CDU/CSU] Das dritte Ziel, das heute hier mehrheitlich Unterstüt ung gefunden hat – das müssen auch die Umweltpolitier zugeben; ich tue das gerne –, ist die Schaffung von ehr Wettbewerb im Energiebereich. Es gilt eine Wettewerbsordnung zu schaffen, die eine kostengünstige, ichere, effiziente und umweltverträgliche Energieverorgung für alle Marktteilnehmer langfristig ermöglicht nd gleichzeitig sicherstellt, dass neue Anbieter eine hance auf dem Markt haben. Kurt-Dieter Grill hat gerade darauf hingewiesen, dass s vor allen Dingen um die Frage des Marktzuganges um Netzbereich geht, dass damit aber nicht alle Proleme umfassend gelöst werden können. Wenn wir aber chon nicht die Frage des Netzzugangs lösen können, ann sind alle weiteren Äußerungen zum Wettbewerb ergeblich und verschüttete Milch. Aus diesem Grunde tellt sich die Frage: Wie können wir eine Regulierung efinieren, die den Wettbewerb stärkt und für einen disriminierungsfreien und transparenten Netzzugang orgt? Es ist die Frage angesprochen worden – die müssen ir auch in den Beratungen im Wirtschaftssowie im mweltausschuss berücksichtigen –, welche wettbeerbsgerechten Rahmenbedingungen wir für die örtlihen kleineren Stromversorger schaffen, die ihre Chanen auf dem Markt behalten müssen. Ich war selbst ange genug Stadtdirektor und habe Verhandlungen mit roßen Unternehmen über die Frage mitbekommen, wie ie Stadtwerke rentabler arbeiten können. Ich halte seit ieser Zeit gar nichts von dem Argument, dass Stadterke vorhanden sein müssten, um Quersubventionen u ermöglichen. Das kann nicht das Argument sein. Wir müssen aber darüber nachdenken, ob wir mit un erer Politik neben den Interessen der großen vier Enerieversorger in Deutschland auch noch andere berückichtigen wollen. Viele örtliche kleinere Stromversorger, ei denen keine Mischfinanzierung oder Quersubventioierung stattfindet, haben es geschafft, viele Initiativen, uch im Bereich des Umweltschutzes, zu ergreifen. Ich rinnere an den Einsatz der ersten Blockheizkraftwerke is hin zu den Biogasanlagen. All das haben sie positiv etrieben. Das müssen wir natürlich berücksichtigen. ir müssen auch die Interessenlage solcher kleinerer tromversorger sehen. (Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Einverstanden!)







(A) )



(B) )


Dr. Peter Paziorek

Es wird unsere Aufgabe sein, diesen Aspekt bei den Be-
ratungen nicht zu vernachlässigen. Wir müssen die posi-
tive Rolle der örtlichen Stromversorger sehen. Das halte
ich für ganz wichtig.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Einverstanden!)


Der nächste Gesichtspunkt: Wir müssen auch Sorge
dafür tragen, dass im Rahmen dieses Gesetzes die
Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die
Energienetze langfristig leistungsfähig bleiben;


(Beifall des Abg. Kurt-Dieter Grill [CDU/ CSU])


denn eine verlässliche Energieversorgung ist ein ganz
wichtiger Standortfaktor. Das ist entscheidend. Die
Netze müssen verlässlich bleiben.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Das steht schon in § 1!)


– Ja, natürlich. Ich will nur ausformulieren, wo Pro-
bleme stecken könnten. Ich stimme Ihnen, Herr Stiegler,
zu. Ich habe auch § 1 gelesen. Probleme werfen die wei-
teren Paragraphen auf, auch bezüglich des Einsatzes der
erneuerbaren Energien.

Die erneuerbaren Energien leisten – das ist unbestrit-
ten – viel. Das ist von Herrn Müller gesagt worden und
ist die gemeinsame Position hier im Hause. Es gilt die
gemeinsame Zielvorstellung aller Fraktionen, den Anteil
der erneuerbaren Energien an der Gesamtstromerzeu-
gung auf 12,5 Prozent zu erhöhen. Aber man muss auch
die Probleme sehen, die wir bei den erneuerbaren Ener-
gien haben. Die entsprechenden Regelungen beispiels-
weise zur Windenergie stehen im EEG. Aber wenn wir
die erneuerbaren Energien fördern sollen, dann müssen
die Stromerzeuger im Bereich der erneuerbaren Ener-
gien, also auch der Windenergie, die Konsequenz tragen
und ihren Beitrag zur Stabilisierung des Netzes leisten.

Das betrifft zum Beispiel die Frage, wann die Anla-
gen abgeschaltet werden, wenn plötzlich zu viel einge-
speist wird. Dazu reichen die Regelungen des EEG viel-
leicht nicht aus. Wir müssen uns Gedanken machen, ob
wir hier eventuell einen Ansatzpunkt haben, über die
vertraglichen Regelungen hinauszugehen.

Ich sage der rot-grünen Regierungsmehrheit aber
auch: Man spricht heute schon darüber, dass in fünf Jah-
ren ein bestimmter Prozentsatz der Energie durch Off-
shoreanlagen in der Nordsee produziert werden kann.
Ich weiß aber aus der Praxis, dass wir heute noch nicht
einmal wissen, wie wir die Leitungsprobleme dieser
dann in der Nordsee oder der Ostsee isoliert stehenden
Windparks und Windfarmen lösen. Es reicht nicht aus,
dass wir sie bauen; sie können nur dadurch finanziert
werden, dass der Strom über Leitungen in das Netz ein-
gespeist wird. Deshalb muss man auch über unser Pla-
nungsrecht sprechen, das gerade im sensiblen Bereich
des Wattenmeers sehr strikt ist. Es gibt Planungszeiten
von zehn bis 15 Jahren. Da stellt sich für mich die Frage,
was wir tun können, um einen ordnungspolitischen Rah-
men zu schaffen, damit wir nicht die Chance verpassen,

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(C (D inen sinnvollen Netzausbau zu ermöglichen; denn Inestoren müssen die Chance haben, Investitionen in eiem belastbaren Rahmen anzugehen. Diese Schritte fehlen uns und deshalb sagen wir: Wir üssen noch einmal versuchen, eine Verzahnung zwichen diesen Bereichen zu ermöglichen. Das ist ein unkt, über den heute nicht diskutiert worden ist, den ich ber als Beitrag zur ersten Beratung des Gesetzentwurfs nsprechen wollte. Zusammengefasst bleibt festzuhalten: Ich sehe Chan en, dass sich Regierung und Opposition aufeinander zuewegen. Wir gestehen zu, dass Sie den ersten Schritt ollzogen haben. Betrachten Sie unsere Kritikpunkte als inen Hinweis darauf, dass in den Beratungen eine posive Lösung zu diesen Fragen gefunden werden muss. avon wird es abhängen, ob wir das Gesetz gemeinsam erabschieden können. Die Bereitschaft ist vorhanden. etzt müssen die Beratungen zeigen, ob wir diese hance gemeinsam nutzen können. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rolf Hempelmann [SPD] – Ludwig Stiegler [SPD]: Herr Kollege, das war doch was!)


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513528400

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen

uf den Drucksachen 15/3917, 15/3998, 15/3923 und
5/4069 an die in der Tagesordnung aufgeführten
usschüsse vorgeschlagen. Die Vorlage auf Drucksache
5/4037 soll federführend an den Ausschuss für Wirt-
chaft und Arbeit und zur Mitberatung an den Innenaus-
chuss, den Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernäh-
ung und Landwirtschaft, den Ausschuss für Umwelt,
aturschutz und Reaktorsicherheit und an den Aus-
chuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
berwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden? –
as ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so be-
chlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Umsetzung der Richtlinie 2002/87/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom

(Finanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungsgesetz)

– Drucksache 15/3641 –

(Erste Beratung 126. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)

– Drucksache 15/4049 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Hans-Ulrich Krüger
Otto Bernhardt






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Die Redner Dr. Hans-Ulrich Krüger, Otto Bernhardt,

Jutta Krüger-Jacob, Carl-Ludwig Thiele und die Par-
lamentarische Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks
haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.1) Wir kommen
deshalb zur Abstimmung über den von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurf eines Finanzkonglomerate-
richtlinien-Umsetzungsgesetzes, Drucksache 15/3641.
Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 15/4049, den Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim-
men wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in
zweiter Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses
angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit in dritter Beratung mit den Stimmen des
ganzen Hauses angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die
Bewertung und Bekämpfung von Umgebungs-
lärm
– Drucksachen 15/3782, 15/3921 –

(Erste Beratung 129. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (15. Ausschuss)

– Drucksache 15/4024 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Petra Bierwirth
Franz Obermeier
Winfried Hermann
Michael Kauch

Die Redner Petra Bierwirth, Franz Obermeier, Enak
Ferlemann, Winfried Hermann und Michael Kauch ha-
ben ihre Reden zu Protokoll gegeben.2) Wir kommen
deshalb zur Abstimmung über den von der Bundesregie-
rung eingebrachten Gesetzentwurf zur Umsetzung der
EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von
Umgebungslärm, Drucksachen 15/3782 und 15/3921.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/4024, den Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung mit den Stimmen der Koalition gegen die
Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen.

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1) Anlage 3
2) Anlage 4 3)

(C (D Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist damit mit den Stimmen der Koalition gegen die timmen der CDU/CSU und der FDP angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Verfahrensvorschriften zur Wahl und Berufung ehrenamtlicher Richter – Drucksache 15/411 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 15/4016 – Berichterstattung: Abgeordnete Joachim Stünker Ingo Wellenreuther Jerzy Montag Rainer Funke Die Redner Joachim Stünker, Ingo Wellenreuther, erzy Montag, Rainer Funke und der Parlamentarische taatssekretär Alfred Hartenbach haben ihre Reden zu rotokoll gegeben.3)


(Erste Beratung 31. Sitzung)

ung über den vom Bundesrat eingebrachten Gesetz-
ntwurf zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der
erfahrensvorschriften zur Wahl und Berufung ehren-
mtlicher Richter, Drucksache 15/411. Der Rechtsaus-
chuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 15/4016, den Gesetzentwurf in der Aus-
chussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
ollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
altungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Be-
atung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom-
en.

Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
urf ist damit in dritter Beratung mit den Stimmen des
anzen Hauses angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationa-
les Steuerrecht und zur Änderung anderer

(Richtlinien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG)

– Drucksachen 15/3677, 15/3789, 15/3922 –

Anlage 5






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

a) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi-

nanzausschusses (7. Ausschuss)

– Drucksache 15/4050 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Lydia Westrich
Georg Fahrenschon


(8. Ausschuss)

– Drucksache 15/4065 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Anja Hajduk
Otto Fricke

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Lydia Westrich, SPD-Fraktion.


Lydia Westrich (SPD):
Rede ID: ID1513528500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zu später Stunde – sonst am Nachmittag oder im Laufe
des Abends – beraten wir wieder einmal die Steuerge-
setze. Mit dem Richtlinien-Umsetzungsgesetz kommen
die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen ihrer
Verpflichtung nach, verschiedene vom Rat der Europäi-
schen Union verabschiedete Richtlinien und andere
Rechtsakte bis zum 1. Januar 2005 in nationales Recht
umzusetzen. Weiterhin haben wir nationale Rechtsvor-
schriften an die europarechtliche Entwicklung anzupas-
sen. Dazu einige Stichworte: Wir setzen die Fortent-
wicklung der so genannten Mutter-Tochter-Richtlinie,
die Richtlinie betreffend Gas und Elektrizität, das EG-
Beitreibungsgesetz, die Richtlinie zur Harmonisierung
der Fahrzeugpapiere sowie Teile der 6. EG-Richtlinie,
die die Umsatzsteuer betreffen, in nationales Recht um.
Ein kleines Bonbon für Kulturschaffende ist dabei: Auch
Solisten wird zukünftig der ermäßigte Steuersatz ge-
währt. So weit, so gut.

Wir reichern – the same procedure as every year – das
hoffentlich letzte Steuergesetz des Jahres 2004 mit der
Regelung verschiedenster Vorgänge an, deren Rege-
lungsbedarf sich in den letzten Monaten ergeben hat, ob
durch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes,
des Bundesfinanzhofes, durch Entdeckung von unge-
wollten Steuerschlupflöchern, Forderungen des Bundes-
rates oder durch Wünsche von uns Parlamentariern. Frau
Wülfing, das ist ein ganz normaler Vorgang, mit dem wir
uns normalerweise immer kurz vor Weihnachten herum-
plagen. Diesmal sind wir etwas eher dran; denn wir wol-
len ja Rechtssicherheit. Das ist das Mindeste, was die
Bürgerinnen und Bürger von uns in Ausübung der uns
auferlegten Sorgfaltspflicht erwarten können.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Dann solltet ihr das auch so nennen! Das ist ein Steuerbereinigungsgesetz!)


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(C (D Leider genauso normal ist Ihre Aufregung, meine Daen und Herren von der Opposition. Obwohl der Geetzentwurf schon seit September dieses Jahres in der ipeline ist, werfen Sie uns vor: zu kurzfristig, nicht nge und breit genug beraten. Diese Sprüche kennen ir. Sie kennzeichnen nur Ihre mangelnde Bereitschaft, erantwortung für diesen Staat zu übernehmen. ir haben diesmal wirklich probiert, zu argumentieren nd Kompromisse zu schließen. Wir haben fast gelaubt, dass wir auf der fachlichen Ebene zueinander gengen. Aber Taktik scheint wieder einmal ein höheres ut zu sein als das Wohl unserer Bürgerinnen und Bürer. Das tut mir sehr Leid. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es sind keine einfachen Vorschriften – unter anderem
etreffen sie die Zwischengewinnbesteuerung und die
ehrfachabführung aus vororganschaftlicher Zeit –, die
ir an dieses Gesetz angehängt haben; das will ich gerne
ugeben. Aber das Schließen von Steuerschlupflö-
hern, in denen sich einige schon gemütlich auf Kosten
nderer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler eingerichtet
aben, ist immer mit Schmerzen und Protesten verbun-
en. Schließlich soll Menschen etwas, an das sie sich ge-
öhnt haben bzw. das ihnen lieb geworden ist, wegge-
ommen werden, auch wenn es beispielsweise nur für
in Jahr ist. Hier heißt es, standhaft zu bleiben.
Wenn Interessenvertreter schreiben, dass für sie fiska-

sche Gründe bei der Änderung eines Gesetzes nicht
ählen, dann ist das aus ihrer Rolle heraus durchaus zu
erstehen. Aber dass Sie, meine Damen und Herren von
er Opposition – ich richte mich hier besonders an Herrn
ichelbach –, am gestrigen Mittwoch einen Tanz auf-

ühren, weil die Steuereinnahmen zusammenbrechen
ürden und weil der Haushalt angeblich nicht zu finan-
ieren sei, und heute, einen Tag später, Gesetzesänderun-
en ablehnen, die Mindereinnahmen in Milliardenhöhe
erhindern, beweist Ihre mangelnde Regierungsfähig-
eit; das ist ganz klar.


(Beifall bei der SPD)

as ist ein ganz unmöglicher Vorgang. Wir sind das im
arlament leider schon gewöhnt. Aber dadurch wird es
icht besser. Mit Ihrer Ablehnung halten Sie Leuten die
tange, die nichts anderes im Sinn haben, als Profite auf
osten ehrlicher Steuerzahler zu machen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt wird sie frech!)


ieses Verhalten zu belohnen bringt uns nicht nur um
teuereinnahmen, sondern schwächt auch die Moral al-
r anderen noch willigen Steuerzahler und Steuerzahle-
innen. Das ist viel schlimmer.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Verantwortliche Politik kann das nicht mitmachen.
ir, Rot-Grün, machen das auf keinen Fall mit. Nur,
eil wir als Koalitionsfraktionen so verantwortlich






(A) )



(B) )


Lydia Westrich

vorgehen, können wir Menschen helfen, zum Beispiel
den Gartenbaubetrieben mit ihren großen Flächen un-
ter Glas, indem wir die Gültigkeit der Regelungen, die
ihnen kleine Vergünstigungen zur Erhaltung ihrer inter-
nationalen Wettbewerbsfähigkeit sichern, hiermit um
zwei Jahre verlängern, weil das Geld dazu vorhanden ist.
Das tun wir mit diesem Gesetz.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Von wem kam der Antrag?)


– Das ist unser gemeinsamer Antrag. Das ist einer der
wenigen Punkte, auf die wir uns einigen konnten. Das ist
ganz klar.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Ach so! Gut, dass wir darüber gesprochen haben!)


Aber wir hätten es nicht machen können – das wissen
Sie genau, Herr Fahrenschon –, wenn wir Verlängerun-
gen an anderen Stellen nicht abgelehnt hätten. Man kann
das Geld der Steuerzahler nicht einfach so ausgeben.

Die ursprünglich geplanten Änderungen zum Steuer-
beratungsgesetz haben wir aus zwei Gründen wieder
aus dem Paket herausgenommen:

Zum Ersten hat sich der zustimmungspflichtige Bun-
desrat bereits einstimmig dagegen ausgesprochen. Wir
wissen, was das bedeutet.

Zum Zweiten wird im nächsten Jahr ein eigenständi-
ges Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Berufs-
rechts notwendig. So können wir in aller Ruhe – ich
hoffe gemeinsam, Herr Müller – die notwendigen Erneu-
erungen des Steuerberatungsrechts aus einem Guss ma-
chen.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Warum stand es dann erst drin?)


Wir haben uns selbst verpflichtet, dieses Gesetz noch
im nächsten Jahr zu einem guten Ende zu bringen. Wenn
wir dahinter stehen, wird uns das auch gelingen. Da-
durch können wir die berufsrechtlichen Regelungen der
Steuerberater mit den Regeln für Rechtsanwälte abstim-
men und die EU-Richtlinie über die Anerkennung von
Berufsqualifikationen einbeziehen. Dieses Vorgehen ist
wesentlich erfolgversprechender für die Wünsche aller
Beteiligten.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513528600

Frau Kollegin, schauen Sie bitte einmal auf die Uhr.


Lydia Westrich (SPD):
Rede ID: ID1513528700

In diesem Gesetzentwurf geht es nicht nur um Klei-

nigkeiten, sondern um drohende massive Einbrüche in
die Steuerbasis von Bund, Ländern und Gemeinden.
Wenn Sie es mit der Verantwortung für unser Land ernst
meinen, dann können Sie zu diesem Gesetzentwurf nicht
Nein sagen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Nächster Redner ist der Kollege Georg Fahrenschon, DU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Das eigentliche Ziel des EU-Richtlinien-Umsetungsgesetzes ist – wie der Name schon sagt – die Umetzung von EU-Richtlinien und anderer EU-Rechtsakte n nationales Recht. (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Etikettenschwindel!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513528800

(Beifall bei der CDU/CSU)

Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1513528900

Ziel soll eigentlich sein, Hemmnisse im Unterneh-
ensteuerrecht zu beseitigen. Der europäische Binnen-
arkt soll in Bezug auf das Steuerrecht reibungsloser
unktionieren. Das wäre eigentlich eine Chance für die
rößte Volkswirtschaft in Europa mit 82 Millionen Men-
chen in einem Binnenmarkt mit 450 Millionen Men-
chen, die Grundlagen dafür zu legen, dass sich die deut-
chen Unternehmer – durch ihr Steuerrecht unterstützt –
urchsetzen können. Das wäre eine echte Chance. Diese
at Rot-Grün vertan.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die vermurksen alles!)


Allein schon die Tatsache, dass Sie die Umsetzung
ieses Steuerrechts mit Änderungen am Berufsrecht ver-
inden, zeigt doch, wer hier taktisch spielt. Wenn Sie mit
inem Finger auf uns zeigen, zeigen die restlichen Fin-
er der Hand auf Sie, liebe Frau Kollegin Westrich. Ihr
esetz ist ein Sammelsurium an Korrekturen, Detailre-
elungen und Kurzschlussreaktionen.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Wie immer!)

ichts anderes versteckt sich dahinter. Eine einheitliche
inie ist nicht zu erkennen, es sei denn, dass Sie Kasse
achen wollen.
Das EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz ist ein Omni-

us, nur leider nimmt der rot-grüne Omnibus viele
inge mit, die man besser stehen lassen sollte, und an-
ere befördert er in eine Richtung, in die sie nicht gehö-
en.
Stichwort Nr. 1: Sie schließen Steuerschlupflöcher,

chießen aber weit über das Ziel hinaus. Durch viel zu
eit reichende Eingriffe in geltendes Steuerrecht verur-
acht die Bundesregierung erhebliche Kollateralschäden.
ie räumen beim Steuerrecht nicht auf; sie verschlimm-
essern es auf dramatische Weise. Der Investitionsstand-
rt Deutschland wird durch eine solche Politik auch
och massiv beschädigt.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das kann er auch gut gebrauchen!)


Ein Beispiel muss man ganz deutlich herausarbeiten.
och in der Debatte zum Investmentmodernisierungsge-
etz am 7. November des letzten Jahres lobte die Frau






(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon

Staatssekretärin Barbara Hendricks das Erreichte: Es ist
uns gelungen, gemeinsam – ich zitiere –

die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes
Deutschland zu fördern und einen attraktiven Markt
auch für ausländische Anbieter von Investmentpro-
dukten zu schaffen.

Da hatte Frau Hendricks Recht.

(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Wir haben dieses Gesetz gemeinsam gemacht.
Die vor einem Jahr im Zuge des Investmentmoderni-

sierungsgesetzes abgeschaffte Zwischengewinnbesteu-
erung bedeutet für Fondsgesellschaften und Anleger
wirklich eine erhebliche Vereinfachung. Nur leider soll
diese Zwischengewinnbesteuerung nach nicht einmal
zwölf Monaten jetzt wieder eingeführt werden.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: So ist das! Das ist vielleicht Stringenz! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Karussellpolitik!)


Die Logik dieser Politik ist niemandem klar. Sie ver-
komplizieren das Steuerrecht dort wieder, wo wir gerade
gemeinsam eine Vereinfachung erreicht haben. Dafür
gibt es nur ein Wort: Inkonsequenz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Und: Inkompetenz!)


Sie gehen sogar noch weiter. Durch die Ausweitung
der Regelung, nach der pauschal 10 Prozent der Wer-
bungskosten als nicht abzugsfähig gelten, machen Sie ei-
nem typisch deutschen Anlageinstrument, dem Spezial-
fonds, über das Steuerrecht nun endgültig den Garaus.
Damit schaden Sie dem Finanzplatz Deutschland. Sie
verspielen in diesem zentralen strategischen Bereich jeg-
liches Vertrauen in eine zuverlässige, langfristig ange-
legte Politik.

Stichwort Nr. 2 zu dem Omnibus unter Cheffahrer
Hans Eichel: Die Unternehmensteuern – das müssen
wir doch endlich erkennen – können wir nicht mehr al-
lein national definieren. Wir müssen uns bei Diskussio-
nen über die Reform deutscher Unternehmensteuern an
europäischen Gesichtspunkten orientieren. Deutschland
als stärkste Volkswirtschaft muss endlich eine aktivere
Rolle bei der Gestaltung des EU-Rechts spielen. Gerade
im steuerlichen Bereich darf sich Deutschland nicht da-
rauf beschränken, nur zu reagieren und EuGH-Entschei-
dungen abzuwarten. Wir warten darauf, dass die Bun-
desregierung endlich gezielte Vorstellungen für die
Neuorientierung des deutschen Unternehmensteuer-
rechts einbringt und versucht, die Diskussion entschei-
dend mitzubestimmen, anstatt immer nur zu warten. Sie
brauchen klare Ziele und Vorstellungen. Dafür fehlt Ih-
nen aber finanzpolitisch schon lange die Kraft.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Konzeptionslos!)


Stattdessen herrscht ein beispielloses Chaos. Manche
Vorschriften wurden unter Rot-Grün schon zwei- bis
dreimal neu geschrieben. So wurden 2001 die Regeln

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(C (D ur Verlustverrechnung von Organschaften zunächst geockert, dann wieder mehrfach verschärft. Durch die etzt vorgeschlagenen Änderungen im Körperschaftsteurgesetz belastet Rot-Grün die Unternehmen wieder in illiardenhöhe. Der Steuerstandort Deutschland wird urch solche Politik nicht attraktiver, sondern unattraktier. Im internationalen Vergleich haben wir bereits heute ie höchste Steuerlast für Unternehmen. Die durchchnittliche effektive Belastung der Unternehmer in der uropäischen Union liegt bei 29,4 Prozent. In Deutschand hingegen liegt die Belastung durch die Körperchaftund die Gewerbesteuer – damit müssen Sie sich inmal genauer auseinander setzen – bei 37 Prozent. Das st der massivste aller Standortnachteile. Was tun Sie dagegen? Sie entwickeln kein einheitli hes Konzept, das die Standortbedingungen in eutschland verbessert oder sie zumindest mit denen in nderen Ländern vergleichbar macht. Stattdessen erhöen Sie mit dem Richtlinien-Umsetzungsgesetz und den eplanten Änderungen die Belastung durch die Körperchaftsteuer und die Gewerbesteuer noch zusätzlich. (Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das passt so richtig in die Landschaft!)


Wissen Sie, was das Ergebnis ist? Große, internatio-
al tätige Konzerne und insbesondere die Holdings ver-
egen ihre Standorte ins Ausland. Die kleinen mittelstän-
ischen Unternehmen gucken in die Röhre und machen
anz leise, ganz ohne Schlagzeilen dicht. Da dürfen Sie
ich nicht wundern, wenn wir Arbeitsplätze verlieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich will hier noch nicht einmal auf die Fragestellun-

en bezüglich der Mittelstandsfinanzierung und das ver-
eerende Ergebnis Ihrer Änderungen bezüglich der
euen Aufzeichnungspflichten eingehen, weil das zu
ompliziert ist. Aber ein Punkt ist mir noch wichtig. Wir
prechen in Sonntagsreden zwar immer darüber, dass wir
in verständlicheres Steuerrecht wollen, haben uns je-
och erneut die Chance entgehen lassen, tatsächlich for-
al, sprachlich und grammatikalisch bessere Gesetze zu
achen. Es ist doch bitter, wenn die Fachleute in der
nhörung den Vorwurf erheben, dass der Regierungsent-
urf einfach nicht zu verstehen sei.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die verstehen das selber nicht!)


ie Union hat ja einen Formulierungsvorschlag zu
15 a Umsatzsteuergesetz gebracht, den ich gerne
och einmal zitieren möchte:

Der ursprüngliche Vorsteuerabzug ist zu berichti-
gen, wenn sich die dafür maßgebenden Verhältnisse
nachträglich geändert haben.

ie machen daraus – ich zitiere wiederum –:
Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut, das nicht nur
einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet
wird, … die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug
maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalender-
jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berich-
tigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder






(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon

Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge
vorzunehmen.

Meine Damen und Herren, das ist ein Unterschied wie
Tag und Nacht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich komme deshalb zum Schluss gerne noch einmal

auf das Bild des Omnibusses mit dem Cheffahrer Hans
Eichel zurück: Meine Damen und Herren von der Regie-
rung und den Koalitionsfraktionen, Ihr Bus ist voll ge-
stopft mit Bürokratie. Er fährt ohne Ziel. Er hält an den
falschen Haltestellen und ist immer zu spät. Ihre Steuer-
gesetzgebung ist mit einer Geisterfahrt zu vergleichen.
Das EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz ist ein Bus mit
dem einzigen, rein fiskalischen Ziel, neues Geld in die
leeren Kassen des Bundesfinanzministers zu spülen. Da
fahren wir einfach nicht mit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lydia Westrich [SPD]: Das ist aber ein gutes Ziel!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513529000

Das Wort hat die Kollegin Kerstin Andreae,

Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513529100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Fahrenschon, als ich Ihre Rede hörte,
konnte ich mir gar nicht mehr vorstellen, dass wir am
Mittwoch in der gleichen Veranstaltung waren. Bis zum
Mittwoch haben wir ja in diversen Runden zusammen-
gesessen und versucht, dieses Gesetz gemeinsam auf den
Weg zu bringen. Es war nicht so, dass Sie sich von An-
fang an hingestellt und gesagt haben, das Gesetz sei in
den und den Punkten falsch,


(Dr. Michael Luther [CDU/CSU]: Wir sind konstruktiv!)


sondern es war durchaus so, dass wir zusammen ver-
sucht haben, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen,


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie sind doch selbst nicht überzeugt von Ihrem Gesetz!)


und Sie erst ganz spät, nämlich kurz vor dem Ziel – ich
behaupte, entgegen Ihrem Rat, sondern nur aufgrund ei-
nes taktischen Rates –, den Sinneswandel vollzogen ha-
ben, diesem Gesetz die Zustimmung zu verweigern. Es
war also nicht so, dass Sie generell alles abgelehnt ha-
ben.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie machen doch nur aus Koalitionszwang mit! – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Sie hätten nur nachgeben müssen!)


– Sie wissen ganz genau, dass wir uns in einer fiskalisch
schwierigen Situation befinden.

Sie sagen an dieser Stelle immer, wir hätten ein steu-
erliches Problem im Vergleich zu den osteuropäischen

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(C (D ändern, die mit anderen Steuersätzen agieren. Ich beaupte dagegen, (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Da redet die Frau Scheel ganz anders!)


ir haben ein Problem damit, dass sich aus der Möglich-
eit der Verlustverrechnungen ein riesiges Potenzial zur
estaltung der Steuerschuld ergibt. Immer dann, wenn
ir Möglichkeiten nutzen, Steuerschlupflöcher zu
chließen und Elemente, die dazu beitragen, dass derje-
ige, der Gewinne macht, auch Steuern zahlt, einführen,
lso für eine gewisse Geradlinigkeit sorgen, stellen Sie
ich hin und sagen, es handele sich um Steuererhöhun-
en.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Macht mit uns eine vernünftige Steuerreform! Dann machen wir das alles mit! So nicht!)


as ist falsch. Es geht hier nicht um eine Steuererhö-
ung, sondern hier werden Steuerschlupflöcher ge-
chlossen und steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten ver-
ingert, natürlich auch mit dem Ziel, Fiskalpolitik zu
etreiben, also Einnahmen zu erzielen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Es ist natürlich richtig, dass es künftig nicht mehr
öglich ist, dadurch, dass man eine Personengesell-
chaft zwischen Kapitalgesellschaften schaltet, Gewer-
esteuern zu sparen. Das wird im Übrigen auch auf
unsch der Länder jetzt so gemacht. Diese erhalten ja
ie entsprechenden Nachrichten aus den Kommunen und
issen von daher, wie die großen Unternehmen vor Ort
gieren. Die Kommunen werden es uns danken, dass wir
it dem von uns gewählten Weg diese Möglichkeiten
inschränken.
Ein weiteres Beispiel ist die Vermeidung von Steuer-

usfällen in zweistelliger Milliardenhöhe. Wenn das
rteil des EuGH gegen uns genauso ausfallen würde
ie das kürzlich gegen Finnland ergangene, würde unser
aushalt in einer Größenordnung belastet, die wir uns
iskalpolitisch nicht leisten können.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Da ist sowieso nichts zu retten!)


ass einmal vom EuGH erklärt werden würde, dass ein
olches Anrechnungsverfahren gegen EU-Recht ver-
tößt, ist schon seit langer Zeit absehbar. Deshalb haben
ir im Rahmen der großen Steuerreform 2000 das An-
echnungsverfahren abgeschafft. Es ist richtig, dass jetzt
ür eine Folgewirkung gesorgt wird, damit nicht die
Milliarden Euro fehlen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wo sind sie denn?)


Aber auch wenn die Union heute im Bundestag den
esetzentwurf ablehnt: Es gibt eine Vereinbarung mit
en Ländern. Frau Westrich hat das ausgeführt. Wir ha-
en beim Thema Steuerberaterrecht das Signal von
en Ländern erhalten, dass wir dieses Gesetz ohne Ver-
ittlungsverfahren durchbekommen werden.






(A) )



(B) )


Kerstin Andreae


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Da ha ben wir euch geholfen!)

Ich bin mir sehr sicher, dass die Union ihre Strategie,

im Bundestag abzulehnen und im Bundesrat über die
Länder zuzustimmen, nicht lange wird fahren können.
Mir persönlich kann das ja egal sein; aber ich halte das
für eine Strategie, die langfristig nicht aufgehen wird.
Sie werden den Gesetzentwurf heute hier ablehnen und
in ein paar Wochen werden die unionsgeführten Länder
im Bundesrat zustimmen.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Wenn Sie sich da mal nicht täuschen!)


Dann werden wir dieses Gesetz auf den Weg bringen.
Aber wir zahlen dafür natürlich einen hohen Preis,

auch aus grüner Sicht. Wir sind beim Steuerberaterrecht
einen großen Schritt gegangen. Ich finde es richtig, dass
uns im ersten Halbjahr 2005 eine Bund/Länder-Arbeits-
gruppe Ergebnisse vorlegen wird, die uns aufzeigen wer-
den, wie wir im Bereich Beratungsrecht weiter vorgehen
sollen.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das haben wir immer gesagt!)


Trotzdem hätten wir schon jetzt in ein paar Punkten ganz
entscheidende Schritte gehen können. Ich finde es
schade, dass wir, wenn es um berufsständische Rechte
geht, immer wieder zurückzucken. Das war beim Hand-
werksrecht so und das ist auch jetzt bei den Steuerbera-
tern so. Ich kann nur hoffen, dass wir irgendwann einmal
den Mut finden, Entscheidungen zu treffen,


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Aber nicht so nebenbei! – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Nur wenn es in die richtige Richtung geht!)


die wirklich im Sinne der betroffenen Personen und der
Unternehmer sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir haben wenigstens bei der Ausweitung der Bera-
tungsbefugnisse der Lohnsteuerhilfevereine erreicht,
dass die Lebenswirklichkeit der Menschen Berücksichti-
gung findet.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Manche Menschen haben heutzutage Haushaltshilfen
angestellt, manche sind ehrenamtlich tätig. In diesen Fäl-
len hatten die Lohnsteuerhilfevereine bisher nicht die
Möglichkeit, beratend tätig zu werden. Der notwendigen
Änderung haben Sie wunderbar zugestimmt; dafür bin
ich auch dankbar. Aber wir sind froh, dass es weiterhin
Bewegung gibt, was die Beratungsbefugnisse der Lohn-
steuerhilfevereine angeht.

Noch einen Satz zur FDP. Sie agieren hier aus meiner
Sicht als Fundamentalopposition. Sie haben am Mitt-
woch im Finanzausschuss den Antrag gestellt, das ganze
Gesetz fallen zu lassen.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Das werde ich Ihnen gleich erklären!)


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(C (D as halte ich für keine seriöse Politik, auch im Hinblick uf die Staatsfinanzen. Die Union hat im allerletzten oment ihre Zustimmung zurückgezogen. Das ist beauerlich. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Ich enke, wir werden, zumindest was das Beraterrecht aneht, einen neuen Weg finden. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513529200

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Volker Wissing.

Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1513529300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir als FDP können dem Gesetzentwurf für ein Richtli-
ien-Umsetzungsgesetz wahrhaftig nicht zustimmen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)

ir haben erhebliche Zweifel, dass die Hektik, die Sie,
eine Damen und Herren von Rot-Grün, in das Gesetz-
ebungsverfahren gebracht haben, der Komplexität des
hemas auch nur ansatzweise gerecht wird. Es stimmt
chon bedenklich, wenn wir heute etwas beschließen
ollen, was mit dem Gesetzentwurf, der in der Anhörung
eraten wurde, nicht mehr viel zu tun hat. Eine Anhö-
ung, meine Damen und Herren von der Regierungskoa-
ition, in der nicht das beraten wird, was später Gegen-
tand des Gesetzes sein soll, ist nicht sinnvoll. Eine
olche Anhörung ist eine Farce.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ihre rot-grüne Kreativität entfaltet sich offenbar im-
er erst kurz vor Toresschluss. Die Folge dieses Aktio-
ismus sind unzureichende Gesetzentwürfe, deren Kon-
equenzen die Menschen in diesem Land tragen müssen.
as machen wir nicht mit.
Ich habe den Verdacht, dass das EU-Richtlinien-
msetzungsgesetz hier vor allem als Schubladenleerer
es Bundesministeriums der Finanzen dienen soll.
llein die Bezeichnung „EU-Richtlinien-Umsetzungs-
esetz“ ist eine Mogelpackung. Mit diesem Gesetz wer-
en nicht vorrangig EU-Richtlinien umgesetzt, sondern
s geht Ihnen überwiegend um nationale Vorhaben und
iese haben es durchaus in sich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

m Grunde genommen legen Sie uns hier ein Jahressteu-
rgesetz zur Abstimmung vor, das unter dem Deckmän-
elchen EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz verkauft wer-
en soll.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)

Denken Sie doch nur einmal an die Neuregelung zu

ororganschaftlichen Verlusten bei der Körper-
chaftsteuer. Ich wage zu bezweifeln, dass Sie sich gut
berlegt haben, was Sie da vorhaben.
Die Arbeitslosenzahlen in Deutschland sind auf Re-

ordhöhe; die Zahl der Insolvenzen steigt unter Ihrer Re-
ierung ständig an. Aber Ihnen fällt nichts Besseres ein,






(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing

als die Übernahme von krisenbehafteten Unternehmen
zu erschweren. Nichts anderes ist es nämlich, wenn Sie
es den Unternehmen nicht mehr gestatten, die Verluste
des Übernahmekandidaten geltend zu machen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Diese Regelung ist nun wirklich nicht sinnvoll, nicht

einmal für den Fiskus. Denn das größte Risiko für die
Staatsfinanzen ist die Massenarbeitslosigkeit. Wenn Un-
ternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten,
besteht oftmals die einzige Möglichkeit zur Rettung von
Arbeitsplätzen in einer Übernahme. Genau diese er-
schweren Sie mit diesem Gesetz.

Die Bereitschaft wirtschaftlich gesunder Unterneh-
men, sich auf das riskante Unterfangen einer Übernahme
eines Insolvenzkandidaten einzulassen, sinkt ganz er-
heblich, wenn die Verlustvorträge nicht übernommen
werden können. Das wissen Sie ganz genau. Ich habe die
Befürchtung, dass Ihre Regelung ein echtes Problem
werden wird.

Das ist nur ein Kritikpunkt von vielen. Auch die von
Ihnen betriebenen Änderungen zur Bemessungsgrund-
lage für den Eigenverbrauch bei der Umsatzsteuer oder
zur erweiterten Kürzung nach § 9 Gewerbesteuergesetz
lehnen wir ab. Über die Wiedereinführung der Zwi-
schengewinnbesteuerung haben wir von Herrn Kolle-
gen Fahrenschon deutliche Kritik gehört, die ich voll
und ganz teile.

Die Wiedereinführung der Zwischengewinnbesteue-
rung ist ein Rückschlag für die dringend erforderliche
Neuordnung der Besteuerung privater Kapitalanlagen.
Sie hätten, wie damals bei der Abschaffung der Zwi-
schengewinnbesteuerung angekündigt, besser einen Ge-
setzentwurf zur Einführung einer Zinsabgeltungsteuer
einbringen sollen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Wiedereinführung der Zwischengewinnbesteue-

rung ein Jahr nach ihrer Abschaffung ist kein Fortschritt.
Es ist kein modernes und kein zeitgemäßes Gesetz. Es
lässt nur erkennen, wie unzuverlässig die Finanzpolitik
der rot-grünen Bundesregierung ist. Wir können einem
solchen Gesetz wahrhaftig nicht zustimmen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513529400

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Gabi Frechen.


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1513529500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Schwerpunkt des vorliegenden Gesetzent-
wurfs bildet, wie auch der Name schon sagt, die Umset-
zung von EU-Richtlinien in nationales Recht. Gleichzei-
tig wird mit dem Gesetz auf Entscheidungen des
Europäischen Gerichtshofs und des Bundesfinanzhofs
reagiert. Hier zeigen sich auch gleich die unterschiedli-
chen Auffassungen der Fraktionen.

Während wir von der Koalition überprüfen, inwieweit
diese Entscheidungen der Intention des Gesetzes entge-

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(C (D enstehen, und entsprechend reagieren, verteidigt die pposition jedes Steuerschlupfloch, das durch solche ntscheidungen geöffnet oder bestätigt wird, mit der anzen Kraft ihrer Argumentation. (Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: So ist es! – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Wir sind halt gut!)


abei ist es geradezu die Pflicht von uns Parlamentari-
rn, Steuervermeidungs- und Steuerumgehungstatbe-
tände zu beseitigen, damit nicht findige Rosinenpicker
uf Kosten der Allgemeinheit Steuersparmodelle entwi-
keln, von denen nur wenige Auserwählte profitieren.


(Beifall bei der SPD – Elke Wülfing [CDU/ CSU]: Vielleicht sind das Arbeitsplatzschaffer! Haben Sie darüber schon einmal nachgedacht?)


Frau Wülfing, wenn Sie etwas zu sagen haben, dann
assen Sie sich doch von Ihrer Fraktion Redezeit einräu-
en. Jetzt spreche ich.
Eine BFH-Entscheidung, die hier schon angesprochen
orden ist, betrifft die Vorauszahlungen auf Erbbau-
insen. Das Gesetz schließt hier ein Steuerschlupfloch,
as die Entscheidung des BFH offen gelegt hat. Der Ein-
and der unechten Rückwirkung zieht meines Erachtens
ier ebenfalls nicht. Denn Vertrauensschutz auf ein
ückwirkungsverbot kann nur dann bestehen, wenn die
etroffenen das Risiko nicht kennen. Das ist hier ein-
eutig nicht der Fall.
Das Urteil wurde nie veröffentlicht. Allen Betroffe-

en war damit klar, dass der Gesetzgeber eine Änderung
nstrebt. Die beteiligten Anbieter und Anleger wissen
ehr wohl, auf was sie sich einlassen, wie das Fazit zu ei-
em Kurzbeitrag in der Zeitschrift „Die Steuerberatung“
eigt:

In allen Fällen sind Mandanten auf die drohende
Gefahr der Nichtanerkennung der steuerlichen Ge-
staltung hinzuweisen.

Wie wichtig diese gesetzliche Regelung ist, die wir
eute hier verabschieden, möchte ich mit einem Auszug
us der „Medical Tribune“ bestätigen:

Galt der geschlossene deutsche Immobilienfonds
früher als das Steuersparmodell schlechthin unter
Ärzten, bringt er mittlerweile nur noch 20 Prozent
Verlustzuweisungen. Seit Juni scheinen jedoch wie-
der paradiesische Zustände für Steuerfüchse zu
herrschen: Die ersten hiesigen Immobilienfonds mit
70-prozentigen Verlusten sind auf dem Markt. Ihr
Konzept – das so genannte Erbbaurechtsmodell –
ist ebenso clever wie umstritten.

ch denke, das sagt alles.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dass die Opposition ein großes Herz für kreative

teuergestaltung zum Zwecke der Steuervermeidung
at, zeigt auch ihr Verhalten bei den Regelungen, die die
ewerbesteuer betreffen. Im vorliegenden Gesetzent-






(A) )



(B) )


Gabriele Frechen

wurf sind Regelungen für die Anwendung des Halbein-
künfteverfahrens bei der Gewerbesteuer von Personen-
gesellschaften vorgesehen. Hiermit wird vermieden,
dass durch ein bloßes, willkürliches Wechseln der Unter-
nehmensform Verluste immer genau dort geltend ge-
macht werden, wo sie steuerwirksam sind, also von der
ganzen Gemeinschaft getragen werden, und dass Ge-
winne selbstverständlich nur dort realisiert werden, wo
sie steuerunwirksam bleiben.

Ebenfalls der Vermeidung von allzu kreativer Steuer-
gestaltung dient die Vorschrift über die Behaltefrist bei
der Übertragung von Grundstücken. Es kann nicht sein,
dass Grundstücke einzig und allein zum Zwecke der
Steuergestaltung für einen kurzen Zeitraum in eine
grundstücksverwaltende Personengesellschaft eingelegt
werden, weil sie von dort steuerfrei veräußert werden
können. Der Steueroptimierung durch eine steuerplaneri-
sche Gestaltung auf dem Rücken der Kommunen muss
hier ganz entschieden entgegengewirkt werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Rainer Funke [FDP]: Sie haben doch die Gesetze gemacht!)


Beiden Regelungen, die verhindern, dass den Kom-
munen dringend benötigte Gewerbesteuereinnahmen
entzogen werden, versagt die Opposition


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wenn keine Investition mehr stattfindet, dann gibt es auch keine Gewerbesteuer!)


durch ihre Ablehnung die Unterstützung. Damit, liebe
Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, machen
Sie einmal mehr deutlich, dass bei Ihnen die Kommunen
nur in Sonntagsreden vorkommen – und auch da in ers-
ter Linie zu Wahlkampfzwecken.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie machen Investitionsvernichtung, Wachstumsvernichtung!)


Die FDP findet hier keine Beachtung,

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Von nichts kriegen die Kommunen nichts!)

da sie bereits seit langem zum Wohle ihrer Wählerklien-
tel die völlige Abschaffung der Gewerbesteuer und so-
mit das Ende der kommunalen Selbstverwaltung und
Selbstverantwortung fordert.


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513529600

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Thiele?


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1513529700

Wenn meine Redezeit dadurch verlängert wird, gerne.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513529800

Die wird nur um die Zeit verlängert, die Sie benöti-

gen, um zu antworten. Dann ist sowieso Schluss.

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(C (D Dann muss ich mich beeilen. Sie machen das mit einem eleganten Schlusssatz; da in ich sicher. – Bitte. Frau Kollegin Frechen, sind Sie denn bereit, dem Ho en Hause einzugestehen, dass wir einen Ausgleich für ie Kommunen wollen, indem sie erheblich stärker an en Einnahmen aus der Umsatzsteuer beteiligt werden, ls das bisher der Fall war und wie wir es erreicht haben, ls die Gewerbekapitalsteuer abgeschafft wurde und die ommunen erstmalig an den Einnahmen aus der Umatzsteuer beteiligt wurden, und gestehen Sie ein, dass ie Kommunen jetzt sagen: „Wir sind im Zusammenang mit der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer mit em vorgesehenen Modell eines Ausgleichs sehr zufrieen und können uns vorstellen, dass wir mit einer höheen Beteiligung an den Einnahmen aus der Umsatzsteuer ie Gewerbesteuereinnahmen voll kompensieren könen“? (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also eine Mehrwertsteuererhöhung!)

Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1513529900
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513530000
Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1513530100


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1513530200

Herr Thiele, der ersten Hälfte Ihrer Frage hätte ich

ielleicht noch zustimmen können. Bei der zweiten
älfte fällt es mir natürlich sehr schwer. Denn Sie wis-
en genauso gut wie ich, dass die Kommunen damit eben
icht einverstanden sind


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


nd dass sie im letzten Sommer Sturm für die rot-grüne
emeindefinanzreform gelaufen sind. Das, was Sie vor-
aben, ist das Ende der Selbstverwaltung.


(Zurufe von der CDU/CSU: Ach! – Zuruf von der FDP: So etwas Abwegiges!)


amit ist keine Kommune einverstanden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die vororganschaftliche Anrechnung oder Nichtan-

echnung von Mehrabführungen ist nicht neu. Das haben
icht wir erfunden; darauf weisen BMF-Schreiben aus
en Jahren 1996 und 1997 hin. Hier korrigieren wir also
andwerkliche Fehler


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Mit dem Korrigieren handwerklicher Fehler haben Sie ja Erfahrung!)


er schwarz-gelben Vorgängerregierung. Im vorliegen-
en Gesetzentwurf wird nur klargestellt, was es mit der
errechnung von vororganschaftlichen Minder- oder
ehrabführungen auf sich hat.






(A) )



(B) )


Gabriele Frechen

Die Zwischengewinnbesteuerung kann ich nicht mehr

ansprechen. – Ich traue mich gar nicht, die Frau Präsi-
dentin anzuschauen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513530300

Genau!


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1513530400

Trotz aller Differenzen und trotz Ihres Wortbeitrages,

Herr Fahrenschon, möchte ich mich für die gute Atmo-
sphäre und die sachliche Gestaltung der Beratung dieses
Gesetzentwurfes bedanken. Wir waren ganz nah dran,
aber leider nur ganz nah.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Knapp daneben ist auch daneben!)


Schließen möchte ich mit einem Zitat von Marie von
Ebner-Eschenbach:

Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines
Irrtums von gestern sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der anschließen-
den Abstimmung haben Sie die Gelegenheit, dieser
Weisheit Rechnung zu tragen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513530500

Ich sage es ja immer: Spät abends und am Freitag-

nachmittag kommt der ganze Literaturschatz zutage.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Stefan Müller.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1513530600

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Streng genommen bin ich in der Situation, zu dem Teil
des Gesetzes zu sprechen, den es gar nicht mehr gibt. Ich
kann es Ihnen gleichwohl nicht ersparen, meiner Rede
zuzuhören, bedanke mich an dieser Stelle aber ganz
herzlich bei den Regierungsfraktionen, dass sie unseren
Anregungen im Teil Berufsrecht gefolgt sind. Wir ha-
ben zumindest im Hinblick auf diesen Bereich die Hoff-
nung, das eine oder andere gemeinsam machen zu kön-
nen. Dass wir dem Gesetz heute nicht zustimmen, hat
nicht damit zu tun, dass wir in den Ausschussberatungen
über das Berufsrecht diskutiert haben, sondern hängt
schlicht und ergreifend an den steuerrechtlichen Bestim-
mungen, die wir, wie bereits deutlich wurde, nicht unter-
stützen können.

Im Finanzausschuss haben wir gestern gemeinsam
beschlossen, den berufsrechtlichen Teil, also die vorge-
schlagenen Änderungen des Steuerberatungsgesetzes,
aus dem ursprünglichen Gesetzentwurf herauszunehmen
und stattdessen im kommenden Jahr eine umfassende
Reform des Berufsrechts für den Steuerberater in An-
griff zu nehmen. Wir hoffen, dass im nächsten Jahr auch
Ergebnisse aus der Bund/Länder-Arbeitsgruppe vorlie-
gen.

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(C (D An dieser Stelle sage ich ausdrücklich, dass die Union ür eine Modernisierung des Berufsrechtes der Steuerbeater ist, icht zuletzt deshalb, um die gesetzlichen Regelungen, ie bereits von Ihrer Seite anklang, der Lebenswirklicheit anzupassen. Dies wird von uns überhaupt nicht betritten. Nicht eingeleuchtet hat uns aber von Anfang an, wa um einzelne Vorschläge, die in der Vergangenheit imer wieder aufgetaucht sind, in diesem Gesetzentwurf ufgegriffen wurden, obwohl schon Mitte des Jahres, enn ich richtig informiert bin, beschlossen worden ist, ine gemeinsame Bund/Länder-Arbeitsgruppe einzuichten, deren Ergebnisse zu einem Achten Steuerberaungsänderungsgesetz führen sollen. Insbesondere bei den Vorschlägen zur Befugnisereiterung für die geprüften Bilanzbuchhalter hat anz offensichtlich ein Meinungsumschwung bei der undesregierung eingesetzt. Wie anders wäre es zu erlären, dass in der Unterrichtung durch die Bundesregieung vom Mai noch zu lesen war: Die Bundesregierung hält es aus Gründen des Verbraucherschutzes, zur Wahrung eines fairen Wettbewerbs und zur Sicherung des Steueraufkommens nicht für möglich, die Befugnisse der geprüften Bilanzbuchhalter zu erweitern. Auf eine schriftliche Frage des Kollegen Pinkwart haen Sie, Frau Staatssekretärin, geantwortet, dass Bilanzuchhaltern die erforderlichen Kenntnisse zur Lösung chwieriger Umsatzsteuerfragen kaum vermittelt werden ürften. Dennoch sind in diesem Gesetzentwurf, mit em wohlgemerkt die Absicht verfolgt werden sollte, U-Richtlinien umzusetzen, entsprechende Befugnisereiterungen vorgeschlagen worden. Der Bundesrat hat iesen Punkt sowie die vorgeschlagene Kooperation von ilanzbuchhaltern mit Steuerberatern einstimmig abgeehnt. Für meine Fraktion mache ich ferner deutlich, dass ir uns in diesem Bereich über eine Flexibilisierung urchaus verständigen können. Wir haben es aber von nfang an für sinnvoll erachtet, dies im Lichte einer Geamtreform zu beraten, weil es neben den von Ihnen aufegriffenen Vorschlägen zur Abgabe der Umsatzsteueroranmeldung noch weitere Anliegen gibt, die wir in iesem Zusammenhang diskutieren müssten. Gleiches ilt für den Syndikussteuerberater, den wir ausdrücklich egrüßen. Auch hier hätten wir gerne noch weitere Vorchläge der Wirtschaft diskutiert. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben ges ern lediglich den Teil des Gesetzentwurfs unverändert elassen, bei dem es um die Lohnsteuerhilfevereine eht. Damit haben wir der Tatsache Rechnung getragen, ass Sie in diesem Hause Gesetze beschlossen haben, ufgrund deren Änderungen bei den Lohnsteuerhilfeverinen notwendig waren. Wir wollten erreichen, dass die eratung der lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmer ab em 1. Januar 2005 gewährleistet bleibt. Stefan Müller Abschließend halte ich fest, dass wir uns von der Bund/Länder-Arbeitsgruppe ab Mitte des nächsten Jahres Ergebnisse erhoffen, die wir als Arbeitsgrundlage in diesem Hause verwenden können, um unter Beteiligung aller betroffenen Berufsgruppen ein Achtes Steuerberatungsänderungsgesetz zu beraten und auf den Weg zu bringen. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513530700

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Umset-
zung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und
zur Änderung anderer Vorschriften. Der Finanzaus-
schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf der
Drucksache 15/4050, den Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ge-
gen die Stimmen der gesamten Opposition angenom-
men.

Wir kommen zur
dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Sie dürfen sich erheben, wenn
Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Wer stimmt
dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit in dritter Lesung angenommen worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 f auf:
– Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Joachim Stünker, Hermann
Bachmaier, Sabine Bätzing, weiteren Abgeord-
neten und der Fraktion der SPD sowie den Ab-
geordneten Jerzy Montag, Irmingard Schewe-
Gerigk, Hans-Christian Ströbele, Volker Beck

(Köln), Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager

und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung

(Anhörungsrügengesetz)


– Drucksache 15/3706 –

(Erste Beratung 126. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung

(Anhörungsrügengesetz)


– Drucksache 15/3966 –

(Erste Beratung 132. Sitzung)


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(C (D Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 15/4061 – Berichterstattung: Abgeordnete Dirk Manzewski Dr. Jürgen Gehb Jerzy Montag Rainer Funke Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Widerpruch höre ich keinen. Dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst er Parlamentarische Staatssekretär Alfred Hartenbach ür die Bundesregierung. A Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle en! Die „Stuttgarter Zeitung“ schreibt heute, wir müssen länger als 22 Uhr arbeiten. Das hätten wir verhindern önnen; aber nun ist es so. Außerdem schreibt die „Stuttarter Zeitung“, selbst der sonst immer so versierte Paramentarische Geschäftsführer Wilhelm Schmidt habe icht gewusst, was es mit dem Anhörungsrügengesetz uf sich habe. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)

Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1513530800

em können wir jetzt alle gemeinsam abhelfen.

(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Er hört ja nicht zu! Er ist gar nicht da!)

Wir setzen nämlich einen Auftrag des Bundesver-

assungsgerichts um: Verletzt ein Richter den Anspruch
ines Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör, so
eicht es nicht, den Betroffenen auf eine Verfassungsbe-
chwerde zu verweisen. Dem Verstoß muss im fachge-
ichtlichen Verfahren abgeholfen werden.
Der Entwurf sieht vor, dass die Überprüfung von Ver-

tößen gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör vor-
angig im vorhandenen Rechtsmittelzug stattfindet.
enn es gegen eine Entscheidung keinen Rechtsbehelf
ibt oder der Rechtsmittelzug erschöpft ist, so kann sich
er Betroffene künftig mit der Anhörungsrüge wehren.
Die nunmehr für alle Verfahrensordnungen vorgese-

ene Anhörungsrüge orientiert sich am Vorbild des bis-
erigen § 321 a Zivilprozessordnung, der allerdings
einerseits erweitert werden musste. Das Bundesverfas-
ungsgericht selbst hat dem Gesetzgeber diese Regelung
usdrücklich als mögliches Modell bei Anhörungsver-
tößen genannt.
Die Anhörungsrüge ist unter anderem wie folgt aus-

estaltet: Es handelt sich um einen außerordentlichen
echtsbehelf. Die Erhebung der Rüge verhindert nicht,
ass die angefochtene Entscheidung rechtskräftig wird.
ie Rüge ist bei dem Gericht zu erheben, das die gerügte
ntscheidung erlassen hat. Ist sie erfolgreich, so wird
as Verfahren in der Lage fortgesetzt, in der es sich vor






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach

der Entscheidung befunden hat. Die Entscheidung über
die Anhörungsrüge ist ihrerseits nicht anfechtbar.

Wir haben die Anhörungsrüge ausdrücklich in die
verschiedenen Verfahrensordnungen aufgenommen. Da-
mit wird der Forderung des Bundesverfassungsgerichts
nach Rechtsmittelklarheit Rechnung getragen. Daraus
erklärt sich der Umfang des hier vorliegenden Entwurfs.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist ein ganz
wichtiges Grundrecht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Erst die Gewährung ausreichenden rechtlichen Gehörs
ermöglicht eine faire und richtige Entscheidung. Wo es
darum geht, nachträglich Abhilfe wegen eines Verstoßes
gegen dieses Grundrecht zu schaffen, müssen aber auch
das Interesse des Prozessgegners an einer abschließen-
den Entscheidung in angemessener Zeit, das in dem
ebenfalls mit Verfassungsrang versehenen Grundsatz der
Rechtssicherheit seinen Ausdruck findet, und auch das
Gemeininteresse an einer funktionierenden Justiz be-
rücksichtigt werden.

Der Entwurf nutzt den Spielraum, den uns das Bun-
desverfassungsgericht eingeräumt hat, und kommt so zu
einer ausgewogenen Regelung. Nennen möchte ich den
Eintritt der Rechtskraft trotz Rügemöglichkeit, die Ver-
fahrens- und Formvorschriften und die Unanfechtbarkeit
der Entscheidung über die Rüge. Ergebnis einer sorgfäl-
tigen Abwägung ist es auch, dass der Entwurf die Frist
zur Erhebung der Rüge an die Kenntnis vom Anhörungs-
verstoß knüpft und sie nicht mit der Zustellung oder Be-
kanntgabe der Entscheidung beginnen lässt; denn in vie-
len Fällen erfolgt überhaupt keine Zustellung. Diese
Lösung entspricht dem rechtskraftdurchbrechenden Cha-
rakter des Rechtsbehelfs, ermöglicht dem wirklich Be-
troffenen die rechtzeitige Einlegung des Rechtsbehelfs
und verhindert im Übrigen, dass die Gerichte mit ledig-
lich zur Fristwahrung erhobenen Rügen oder mit queru-
latorischen Rügen überzogen werden.

Wie sich die Einführung einer Anhörungsrüge auf die
Arbeitsbelastung der Gerichte, vor allem der Instanz-
gerichte, auswirken wird, lässt sich kaum prognostizie-
ren. Wir wissen aber, dass § 321 a ZPO nicht zu einer
nennenswerten Mehrbelastung geführt hat; allerdings hat
der nach der verfassungsgerichtlichen Entscheidung er-
forderliche Rechtsbehelf einen deutlich größeren An-
wendungsbereich.

Lassen Sie uns heute dem Bundesverfassungsgericht
treu dienen und diesen Entwurf rechtzeitig zum
1. Januar 2005 umsetzen. Ich bitte um Ihre Zustim-
mung – ich glaube, ich bekomme sie auch.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513530900

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Jürgen Gehb,

CDU/CSU-Fraktion.

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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! enn Sie sich so freuen, dass der Freitagabend mit eiem poetischen Spruch abgeschlossen wird, (Ute Kumpf [SPD]: Heute ist aber Donnerstag!)

Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1513531000

ann kann ich zwar nicht mit von Ebner-Eschenbach
ufwarten; ich sage es aber einmal so: Quod licet jovi,
on licet bovi. Für die Absolventen der Gesamtschule:
as dem Herren erlaubt ist, das ist dem Ochsen noch

ange nicht erlaubt. Meine Damen und Herren, unter die-
em Gesichtspunkt könnte man die Entscheidung des
undesverfassungsgerichts verstehen, mit der wir aufge-
ordert werden, das Anhörungsrügengesetz heute zu ver-
bschieden; denn schon im 49. Band auf Seite 148 ff.
wer es genau nachlesen will: ab Seite 165 – hat das
undesverfassungsgericht den Fachgerichten ins
tammbuch geschrieben, dass Rechtsmittelzulassungs-
estimmungen nicht zur Selbstregulierung von
rbeitsbelastung dienen dürfen. Nun ist ja signifikant
das gebe ich auch gerne zu –, dass das Bundesverfas-
ungsgericht geradezu überhäuft wird mit Anhörungs-
ügen. Es ist daher verständlich, dass sich das Bundes-
erfassungsgericht auf dieser Baustelle gerne selbst
ntlasten möchte.
Ich möchte aber einige Takte dazu sagen, warum das

uf der anderen Seite zu einer Mehrbelastung führt. Es
st doch ganz klar: Die Schaffung und die Öffnung von
echtswegen und Rechtsmitteln führt automatisch zu ei-
er Mehrbelastung der Gerichte. Die Tatsache, dass wir
eit langem bestrebt sind, die Verfahrensarten zu mini-
ieren und die Verfahrensdauer zu straffen, dass wir so-
ar überlegen, ob wir ganze Fachgerichtsbarkeiten zu-
ammenlegen, um auch Personalressourcen zu sparen,
nd dass jede Bestrebung des Gesetzgebers darauf hin-
irkt, auch personalfinanziell und justizfiskalisch zu
paren, wird doch mit der Schaffung eines eigenständi-
en Rechtsbehelfs geradezu konterkariert.
Man sollte sich über eines nicht täuschen: Die Ab-

icht des Bundesverfassungsgerichts, sich selbst zu ent-
asten, ist ein Schuss, der auch nach hinten losgehen
ann. Denn wer einmal gesehen hat, was für Beschwer-
eführer das Bundesverfassungsgericht mit der Rüge an-
ufen, in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt
u sein, der weiß ganz genau, dass man nicht davon aus-
ehen kann, dass diese Beschwerdeführer keinerlei Nei-
ung verspüren werden, auch noch das Bundesverfas-
ungsgericht anzurufen, bloß weil sie mit der
nhörungsrüge bei den Fachgerichten scheitern.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nichts verstanden, Herr Kollege!)


Meine Damen und Herren, welcher Anlass besteht ei-
entlich zu dieser Änderung? Mehr als ein halbes Jahr-
undert lang hat es das Bundesverfassungsgericht aus-
rücklich für verfassungsgemäß gehalten, wenn nicht
ie Fachgerichte mit einer Anhörungsrüge angerufen
erden können, sondern das Bundesverfassungsgericht
arüber entscheidet.






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb

Zu diesem Zweck ist die so genannte Urteilsverfassungs-
beschwerde ausdrücklich eingerichtet worden, nämlich
für die Fälle, in denen nicht ein Akt öffentlicher Gewalt
gerügt wird, sondern in denen es um fehlerhafte Anwen-
dung des Rechts durch die Gerichte geht.

Meine Damen und Herren, wenn man sieht, dass wir
das Personalbudget nicht weiter ausdehnen können
– die Landesjustizhaushalte sind, ähnlich wie der Bun-
desjustizhaushalt, förmlich ausgelutscht –, dann gibt es
nur zwei Möglichkeiten: Entweder lässt die Qualität der
Entscheidung nach oder die Dauer der Verfahren wird
immer länger.

Weil eben, als es um den Anspruch auf rechtliches
Gehör ging, so sehr geklatscht worden ist, sage ich Ih-
nen: Den Anspruch auf rechtliches Gehör will niemand
in Abrede stellen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Sie tun sonst immer so!)


Mit dem vermeintlichen Mehr an Rechtsschutz unter
dem Blickwinkel des Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz ist
gleichzeitig möglicherweise eine Einschränkung des ef-
fektiven Rechtsschutzes im Sinne von Art. 19 Abs. 4
Grundgesetz für diejenigen verbunden, die darauf war-
ten, ihre Urteile vollstrecken zu können. Das ist doch
ganz klar.

Ich muss Sie, Herr Staatssekretär, und die gesamte
Ministerialbürokratie dafür loben, wie toll Sie das umge-
setzt haben.


(Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär: Das wurde ja auch Zeit!)


Das meine ich nicht ironisch. Es ist nämlich eine Sisy-
phusarbeit, die ZPO, die VwGO, die StPO und sämtliche
Verfahrensordnungen durchzugehen und zu ändern. Ei-
nen Wermutstropfen muss ich trotzdem vergießen: Wenn
Sie schon so minutiös und expressis verbis die Entschei-
dung des Bundesverfassungsgerichts umsetzen, lesen
Sie einmal den letzten Satz. Da steht, dass die Antrags-
frist mit der Zustellung der Entscheidung und nicht etwa
mit ihrer Kenntnisnahme zu laufen beginnt. Das führt
sonst dazu, dass man ein Jahr lang das Damoklesschwert
einer durchbrochenen Rechtskraft über sich spürt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch! Sie müssen das nur zur Kenntnis nehmen!)


Derjenige, der gerne vollstrecken würde, muss solange
warten. Auch das muss man sehen. Es geht doch auch
darum, dass ein Verfahrensbeteiligter endlich den An-
spruch auf Rechtssicherheit und Rechtsklarheit hat.
Übrigens haben diese Gebote Verfassungsrang. Oder
täusche ich mich da? Ich glaube, Sie haben das eben
selbst gesagt. Die Durchbrechung von Rechtskraft und
möglicherweise ein Missbrauch durch querulatorisch
veranlagte Beschwerdeführer, die es bei diesen Verfah-
rensarten durchaus geben soll,


(Zuruf von der SPD: Oh ja! Davon gibt es viele!)


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(C (D ind sicherlich ein Gesichtspunkt, der nicht zu gering ingeschätzt werden darf. Nun noch etwas anderes, meine Damen und Herren: ieso beschränkt sich das Bundesverfassungsgericht it dieser Anhörungsrüge eigentlich ausschließlich auf ie Verletzung des Verfahrensgrundrechts des Anspruchs uf rechtliches Gehör? Es gibt doch noch mehrere im rundgesetz verbriefte Verfahrensgrundrechte. Übrigens das möchte ich bei dieser Gelegenheit einmal sagen –: er Ausgangsfall, der den Anlass dafür gegeben hat, ass der Erste Senat das Plenum angerufen hat, weil er on der Rechtsauffassung des Zweiten Senats abweichen ollte – dass also kein Verstoß gegen die Verfassung orliegt, wenn es keine fachgerichtliche Überprüfungsöglichkeit gibt –, war kein Verstoß gegen den Anpruch auf rechtliches Gehör. In diesem Ausgangsfall ing es vielmehr um eine Vollstreckungsgegenklage, ie das Landgericht abgewiesen hatte. In der Berufung at das Oberlandesgericht dem Berufungsführer in eiem Belehrungsund Aufklärungsbeschluss versichert, ass die Revision auch bei einer Reduzierung der Klageumme auf unter 160 000 Euro – ursprünglich hatte sie ich auf 2 Millionen Euro belaufen – zugelassen wird. ie Revision ist sozusagen durch den Bruch dieser Zusiherung nicht zugelassen worden. Das ist also eigentlich ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, ondern ein Verstoß gegen den ebenfalls grundgesetzlich erbürgten Grundsatz eines fairen Verfahrens. Es bleibt irklich rätselhaft, aus welchen Gründen das Bundeserfassungsgericht meinte, in diesem Vorlagebeschluss iese Entscheidung herbeizuführen. Meine Damen und Herren, dass die deutschen Verfah ensordnungen an einem signifikanten Mangel an echtsstaatlichkeit leiden und dass es in Deutschland icht genügend Rechtsbehelfe und Rechtswege gibt, ann beim besten Willen niemand behaupten. eswegen sage ich bei allem Respekt vor dem Bundeserfassungsgericht ja, Herr Stünker –: Niemandem kann der Anspruch auf ntellektuelle Redlichkeit genommen werden, weil er in inem Diskurs mit dem Bundesverfassungsgericht steht. as versuchen Sie ja selbst immer. (Beifall des Abg. Dr. Norbert Röttgen [CDU/ CSU])


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Joachim Stünker [SPD]: Aha!)


as Bundesverfassungsgericht schreibt auch uns gele-
entlich ins Stammbuch, dass die eine oder andere ge-
etzliche Vorschrift nicht mit dem Grundgesetz verein-
ar ist.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche denn?)


em stimmen wir dann auch zu. Aber diese Zustim-
ung darf nicht dazu verleiten, dass wir klaglos alle Ent-
cheidungen durchwinken; denn wir sind der Gesetzge-
er.






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb


(Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Genau! Das musste mal gesagt werden! – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was für eine wichtige Feststellung!)


Ob irgendwann einmal jemand darauf hinweist, dass der
Gesetzgeber mit der geballten Faust in der Tasche auf
eine Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts re-
agiert hat, das spielt überhaupt keine Rolle mehr. Wir
sind der Gesetzgeber und sollen das auch bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es hat mich ein bisschen gewundert, Herr Staatsse-

kretär, dass Sie eben gesagt haben, Ihr Geschäftsführer
beklage, dass es nach 22 Uhr wird; es wird vor 22 Uhr.

Als Fazit will ich sagen: Ich denke, dass die Streitkul-
tur in unserem Hause durch eine solche Debatte – selbst
über ein Gesetz, das an so versteckter Stelle daher-
kommt – durchaus keinen Schaden nimmt, wenn wir
darüber debattieren, ob und aus welchen Beweggründen
wir als Gesetzgeber einer Aufforderung des Bundesver-
fassungsgerichts Folge leisten. Das bitte ich auch dieje-
nigen zu akzeptieren, die vielleicht von der politischen
Konkurrenz sind;


(Zuruf von der CDU/CSU: Die autoritätsgläubig sind!)


denn heute Abend gilt nicht die Schlachtordnung „Oppo-
sition gegen Regierung“.

Ich habe gerne eingeräumt, dass Sie die Änderungen
geradezu puristisch und sauber umgesetzt haben, aller-
dings mit dem kleinen Wermutstropfen, dass Sie statt auf
Zustellung und Bekanntgabe auf die Kenntnisnahme ab-
stellen. Ansonsten aber gibt es gar nichts zu erinnern. Ich
finde, das ist eine ordentliche Debatte. Ich bin gespannt,
was die anderen Redner noch sagen werden.

Weil Sie, Frau Präsidentin, und auch die anderen so
gerne Zitate hören, vielleicht noch dieses – auch für die
Oberrealschülerinnen –: Quidquid agis, prudenter agas
et respice finem!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ute Kumpf [SPD]: Wir haben doch alle das kleine Latinum!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513531100

Das haben wir natürlich alle im Auge.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Christian

Ströbele.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Dafür haben Sie uns nun heute hierbehalten und un-
sere Reden nicht zu Protokoll geben lassen:


(Zuruf von der CDU/CSU: Das können Sie doch immer noch tun!)


um zwölf Minuten zu nutzen – oder zu missbrauchen –,

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(C (D m das Bundesverfassungsgericht zu rügen. Herr Kolege Gehb, das hätten Sie uns ersparen können, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Oh!)


umal Sie zum Abschluss gesagt haben, dass Sie diesem
esetz zustimmen. Sie haben also überhaupt nichts ge-
en das Gesetz, über das wir hier reden, sondern Sie fin-
en es gut und richtig gemacht.


(Zuruf von der CDU/CSU: Eine Debatte ist doch kein Missbrauch! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Wir hoffen, dass Sie uns Ihren Redebeitrag ersparen!)


Ich kann Ihnen dazu nur Folgendes sagen: Seien Sie
och dem Bundesverfassungsgericht dankbar! Ich bin
em Bundesverfassungsgericht immer wieder dankbar,
enn wir alle paar Wochen, alle paar Monate den Auf-
rag bekommen, die Bundesrepublik noch rechtsstaatli-
her zu gestalten. Die Entscheidung des Bundesverfas-
ungsgerichts, die Sie zitiert haben, ist ein wichtiger
chritt auf dem Weg dorthin; denn das Bundesverfas-
ungsgericht hat uns ja nichts anderes aufgegeben, als
ine gesetzliche Regelung in möglichst alle Prozessord-
ungen aufzunehmen, nach der die Bürgerinnen und
ürger immer dann, wenn das rechtliche Gehör – im-
erhin ein Verfassungsrecht – verletzt ist, die Möglich-
eit haben, das geltend zu machen,


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Gibt es doch! Es gibt doch gar keine Lücke!)


ich darauf zu berufen und nicht warten zu müssen, bis
as Bundesverfassungsgericht darüber entscheidet.
iese Möglichkeit gibt es dann nicht, wenn keine
echtsmittel gegeben sind. Wir alle, die als Anwälte tä-
ig gewesen sind, kennen doch eine ganze Reihe von
ällen, in denen Bürgerinnen und Bürger – seien es
trafgefangene, seien es Beschuldigte im Strafverfahren
der im Zivilverfahren – als Mandanten zu uns gekom-
en sind und gesagt haben: Hier bin ich mit einer Ent-
cheidung völlig überrascht worden. Ich hatte ja über-
aupt nicht die Möglichkeit, mich dazu zu äußern. – Das
ann bis zu strafrechtlichen Verurteilungen und Frei-
eitsstrafen gehen, bei denen sich der Rechtsanwalt oder
er Strafverteidiger verzweifelt fragt: Was kann ich da
och machen?


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das Bundesverfassungsgericht damit befassen!)


Der Kollege Hartenbach hat als Richter, der den Be-
uf jetzt nicht ausübt, im Ausschuss gesagt: Auch Rich-
er wären manchmal dankbar – auch sie sind nur Men-
chen –, wenn ihnen die Möglichkeit gegeben würde, auf
ie Rüge hin, dass ein Gericht es unterlassen oder über-
ehen hat, einem Beschuldigten rechtzeitig die Möglich-
eit rechtlichen Gehörs zu geben, das Verfahren zu ver-
ürzen und möglicherweise eine Entscheidung zu
orrigieren, sodass das Verfahren fortgeführt werden
ann und dem Beschuldigten zu seinem Recht verholfen
erden kann. Heute ist diese Möglichkeit für einen
ichter, der sein Urteil einmal gefällt hat und das






(A) )



(B) )


Hans-Christian Ströbele

dadurch rechtskräftig geworden ist, nicht gegeben. Da-
gegen kommt er selber nicht mehr an.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das ist der Sinn der Rechtsordnung!)


Dieses Gesetz eröffnet jetzt diese Möglichkeit. Es soll
nur für die Fälle gelten, in denen die jeweiligen Prozess-
ordnungen keine Rechtsbehelfe vorsehen. Es trifft im-
mer in den Fällen zu, in denen der Bürger oder die Bür-
gerin darauf angewiesen ist, das Fehlen des rechtlichen
Gehörs auf diese Weise geltend zu machen.

Dass das Bundesverfassungsgericht dadurch entlastet
wird, ist ja richtig. Wir alle wollen, dass die Entschei-
dungen des Bundesverfassungsgerichts nicht erst nach
Jahren oder manchmal sogar erst nach einem Jahrzehnt
oder noch länger gefällt werden können. Das heißt, es ist
richtig und gut, dass das Bundesverfassungsgericht uns,
dem Gesetzgeber, aufgegeben hat, hier eine Regelung zu
schaffen, die den Bürgern möglichst schnell zu ihrem
Anspruch auf rechtliches Gehör verhilft.

Um das auch einmal auf Latein auszudrücken: Wir
alle sollten „mea culpa“ sagen, dass wir das nicht schon
lange gesehen haben, dass wir nie darangegangen sind,
das zu regeln, und dass es erst dieser Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts bedurfte, um dem Gesetzge-
ber auf die Sprünge zu helfen.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: 50 Jahre!)

Wir begrüßen dieses Gesetz und sind dankbar für die

Arbeit, die im Justizministerium geleistet worden ist.
Wir denken, wir haben hier ein gutes Gesetz, durch das
vielen Bürgerinnen und Bürgern zu ihrem Recht verhol-
fen wird. Das ist gut so. Deshalb sind wir alle für dieses
Gesetz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Das war eine staatstragende Rede, Herr Ströbele!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513531200

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rainer Funke.


(Beifall bei der FDP)



Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1513531300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Ströbele, ich trete Ihren Ausführungen voll bei und kann
Sie nur sehr unterstützen; denn vor Gericht hat jeder-
mann Anspruch auf rechtliches Gehör.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)

Dieses Verfahrensgrundrecht aus Art. 103 Grundgesetz
ist eines der tragenden Elemente unseres Rechtsstaats-
prinzips.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In einem gerichtlichen Verfahren ist jedermann die
Gelegenheit zu geben, sich vor Erlass einer abschließen-
den Gerichtsentscheidung zu äußern. Auf der Grundlage

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(C (D ieses prozessualen Grundrechts hat das Bundesverfasungsgericht in seinem Beschluss vom 30. April 2003 em Gesetzgeber aufgegeben, einen angemessenen echtsbehelf gegen anders nicht behebbare Verletzunen des Grundrechts auf rechtliches Gehör zu schaffen. as Bundesjustizministerium hat diesen Beschluss in orentlicher und ordnungsgemäßer Weise umgesetzt. Desegen stimmen wir diesem Gesetzentwurf zu. Ich halte es dennoch für ein Gebot der Fairness, dem indruck entgegenzutreten, unsere deutschen Gerichte ätten das Recht auf rechtliches Gehör in den vergangeen Jahrzehnten in rechtswidriger Weise missachtet. iese Aussage ist dem Beschluss des Bundesverfasungsgerichts so auch nicht zu entnehmen. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber immer mal wieder, Herr Kollege! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das Bundesverfassungsgericht ist immer mal wieder angerufen worden!)


Es passiert aber natürlich immer mal wieder. Auch
ichter und im Übrigen auch Anwälte, Herr Kollege
tröbele, sind Menschen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das nehmen wir für uns in Anspruch!)


uch ein Anwalt kann bei einem Prozess vielleicht ein-
al mit darauf achten, ob rechtliches Gehör gewährt
orden ist oder nicht.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Manchmal sind auch keine dabei!)


Das ist richtig: Manchmal sind auch keine dabei. – Wir
lle sind Menschen und machen deswegen auch Fehler.
as gilt im Übrigen auch für Bundestagsabgeordnete.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es! – HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)


Die Bundesregierung hat diesen Auftrag angenom-
en und ich meine, er ist ordnungsgemäß umgesetzt
orden. Für diese Arbeit ist der Bundesregierung zu-
ächst zu danken.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Horst Schild [SPD])


Mit dem Gesetzentwurf wird die Anhörungsrüge als
igenständiger Rechtsbehelf geschaffen. Die Einfüh-
ung eines neuen Rechtsbehelfs führt bei den unter-
chiedlichen Organen der Justiz und Rechtspflege natur-
emäß zu unterschiedlichen Beurteilungen. Die
andesjustizverwaltungen sind darüber natürlich nicht
mmer glücklich, weil dadurch mehr Kosten entstehen
önnen. Auch die Anwälte waren mit der Regelung nicht
anz glücklich, weil die Begründungsfrist nicht wie ge-
ünscht verlängert worden ist.
Mit Ausnahme der eben erwähnten „Mängel“ sind die
esentlichen Organe zufrieden. Deshalb meine ich, dass






(A) )



(B) )


Rainer Funke

es ein ordentlicher Kompromiss ist. Wir werden diesen
Kompromiss mittragen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513531400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Manzewski.


Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1513531500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir de-

battieren heute abschließend über das so genannte Anhö-
rungsrügengesetz der Koalition. Dieses Gesetz musste
gemacht werden – das ist schon erwähnt worden –, weil
das Bundesverfassungsgericht für Fälle der Verletzung
des rechtlichen Gehörs weiteren Gesetzgebungsbedarf
sah. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts
gibt es derzeit nach geltendem Recht weder innerhalb
des allgemeinen Rechtsbehelfssystems noch mit einem
ausdrücklich dafür vorgesehenen Rechtsbehelf hinrei-
chende Möglichkeiten dazu. Ein Regelungsbedarf be-
steht nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts
insbesondere bei letztinstanzlichen Entscheidungen und
in den Fällen, für die es nach geltendem Recht eben
keine Rechtsmittel gibt.

Ich muss ganz deutlich sagen: Anders als der Kollege
Ströbele habe ich selbst meine Probleme mit dieser Ent-
scheidung. Ich finde es zum Teil sehr merkwürdig, wie
das Urteil so ergangen ist. Man tut gerade so, als ob der
Untergang des Abendlandes gedroht hat. Zumindest zu
meiner Zeit als Richter habe ich dieses Gefühl nicht ge-
habt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Was mich ein bisschen gestört hat – das sage ich ganz
deutlich –, ist, wie dezidiert dieses Mal die Vorgaben
des Bundesverfassungsgerichts sind. Im Grunde ge-
nommen – das sage ich im Hinblick auf die Debatte, die
wir auf dem Juristentag in Bonn geführt haben –, dass
der zu beschließende Gesetzestext vom Bundesverfas-
sungsgericht gleich mitgeliefert wird. Hier werden wir in
der Zukunft aufpassen müssen;


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


denn auch das Bundesverfassungsgericht hat sich an die
Gewaltenteilung zu erinnern. Kollege Ströbele, man
sollte ruhig mehr Vertrauen in uns Parlamentarier setzen,
dass wir vernünftige Gesetze machen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Manchmal wird dieses Vertrauen enttäuscht!)


Sei es, wie es sei. Wir haben die Kritik des Bundes-
verfassungsgerichts zu akzeptieren – daran führt kein
Weg vorbei – und diese auch umzusetzen. Der Entwurf
der Regierungskoalition hält sich dabei eng an den Ple-
numsbeschluss des Bundesverfassungsgerichts und ver-

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(C (D ucht aus den vorgenannten Gründen, nur das per Gesetz u regeln, was aufgrund der Vorgaben des Bundesverfasungsgerichts zwingend zu regeln ist. In dem Entwurf wird deshalb davon ausgegangen, ass die Überprüfung von Anhörungsverstößen zuächst im vorhandenen Rechtsmittelzug stattzufinden at. Die Anhörungsrüge soll nur subsidiär greifen, nämich dann, wenn sie nicht anderweitig, zum Beispiel über in Rechtsmittel, überprüft werden kann. Sie orientiert ich dabei am Regelungsmodell des bereits geltenden 321 a ZPO. Das heißt, die Rüge ist bei dem Gericht zu rheben, das die gerügte Entscheidung erlassen hat. ollte die Rüge erfolgreich sein, wird das Verfahren in er Lage fortgesetzt, in der es sich vor der mit der Rüge ngefochtenen Entscheidung befand. Gegen die Rüge das finde ich sehr wichtig – ist im Übrigen kein echtsbehelf mehr vorgesehen. Wie ich es meinen Kollegen von der Regierungskoali ion versprochen habe, komme ich nun zum Schluss. Der esetzentwurf unterliegt meiner Auffassung nach weder erfassungsrechtlichen noch rechtsförmlichen Bedenen; jedenfalls sind solche bis zum heutigen Tag nicht orgebracht worden. Da dieses Gesetz einer Vorgabe des undesverfassungsgerichts folgt, bitte ich um Ihre Zutimmung. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Rainer Funke [FDP])



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513531600

Ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zunächst

ber den von der Bundesregierung eingebrachten
ntwurf eines Anhörungsrügengesetzes. Der Rechtsaus-
chuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschluss-
mpfehlung auf Drucksache 15/4061, den Gesetzent-
urf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
iejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
ung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gibt es
egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
st damit in zweiter Beratung angenommen worden.

Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Ge-
etzentwurf ist damit auch in dritter Lesung mit den
timmen des ganzen Hauses angenommen worden.
Unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 15/4061 empfiehlt der Rechtsausschuss, den
ntwurf eines Anhörungsrügengesetzes der Fraktionen
on SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache
5/3706 für erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
ie Beschlussempfehlung ist damit einstimmig ange-
ommen worden.






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Für eine konsequente und vollständige Umset-
zung des Ohrid-Abkommens in Mazedonien
– Drucksache 15/4033 –

Die Abgeordneten Zapf, Helias, Tritz und Stinner ha-
ben gebeten, ihre Reden zu Protokoll geben zu kön-
nen.1) – Dem stimmen Sie gerne zu.
Dann kommen wir gleich zur Abstimmung über den An-
trag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die
Grünen. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den
Stimmen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP ange-
nommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fort-
entwicklung der Berufsaufsicht über Ab-
schlussprüfer in der Wirtschaftsprüfer-

(Abschlussprüferaufsichtsgesetz – APAG)


– Drucksache 15/3983 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Die Abgeordneten Lange, Mayer (Altötting), Schulz

(Berlin), Funke und der Parlamentarische Staatssekretär

Andres haben gebeten, ihre Reden zu Protokoll geben zu
können.2) – Sie sind einverstanden. Dann verfahren wir
so.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 15/3983 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
andere Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 29. Oktober 2004,
9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.