Gesamtes Protokol
Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sit-
zung ist eröffnet.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Fortsetzung des Einsatzes be-
waffneter deutscher Streitkräfte bei der Operation
Enduring Freedom.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat der Bundesminister der Verteidigung, Dr. Peter
Struck.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Kolleginnen und Kollegen! Das Kabinett hat
heute beschlossen, dass sich die Bundeswehr vorbehalt-
lich der Zustimmung dieses Hauses weiterhin mit bis zu
3 100 Soldaten und ihrer entsprechenden Ausrüstung an
der UN-Operation Enduring Freedom beteiligen soll.
Derzeit sind rund 290 Soldaten der Marine im Ein-
satz; weitere Kräfte werden in Bereitschaft gehalten. Es
geht darum, bei militärischen Maßnahmen im Kampf ge-
gen den internationalen Terrorismus auch künftig ein ho-
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hes Maß an Flexibilität zu erhalten; denn nur auf diese
Weise kann den wechselnden Einsatzerfordernissen
schnell und angemessen begegnet werden.
Die Terroristen agieren unberechenbar. Deshalb ist es
außerordentlich wichtig, dass wir im Rahmen der Ver-
einbarungen der internationalen Koalition für glaubwür-
dige und effiziente Einsätze zur Verfügung stehen. Aus
diesem Grunde haben wir es für richtig gehalten, Herr
Präsident, die bislang nicht ausgeschöpfte Obergrenze
von 3 100 Soldaten für die deutsche Beteiligung an der
Operation Enduring Freedom nicht zu verändern.
Die Bundeswehr wird sich weiterhin mit einer Fre-
gatte und einem Seefernaufklärer am Horn
beteiligen. Diese Region ist in der Vergangen
mehrfach Schauplatz von Attentaten ter
Gruppierungen gewesen. Auf der Marinelogis
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12230 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004
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Herr Bundesminister, nachdem den Bestrebungen ins-
esondere der Vereinigten Staaten wohl offensichtliche
ommunikationsprobleme zwischen ISAF und OEF zu-
runde liegen bzw. Missstände bei der Abstimmung vor-
iegen könnten, interessieren mich die Vorstellungen der
undesregierung dazu und zu dem Zeitraum, bis wann
ich beide Seiten tatsächlich vor Ort abgestimmt haben
nd die Missstände behoben sein werden.
Ich denke, Herr von und zu Guttenberg, dass auch aus
er Sicht der amerikanischen Freunde nicht Kommuni-
ationsschwierigkeiten oder vielleicht sogar eine feh-
ende Absprache zwischen OEF und ISAF das Problem
aren. Es geht eher um den etwas abstrakten Begriff
ynergie, worunter sich die Amerikaner in diesem Falle
orstellen, dass es einen Kommandeur für beide Opera-
ionen gibt, es also nicht einen ISAF-Stab und einen
EF-Stab gibt.
Wir lassen uns vom Military Committee Vorschläge
nterbreiten, wie man mögliche Synergieeffekte errei-
hen kann und wie viele Stellen eingespart werden kön-
en. Wenn beide Stäbe zusammengelegt werden, ist es
um Beispiel denkbar, dass es einen Doppelhut gibt. Das
edeutet – Sie kennen das, das ist üblich –, dass eine
erson für zwei Operationen zuständig ist. Ich kann Ih-
en aber überhaupt noch nicht sagen, welche Vorschläge
as Military Committee machen wird.
Die nächste Frage hat der Kollege Wolfgang
chäuble.
Herr Bundesminister, ich möchte Sie bitten, demause noch einmal darzulegen, wie die Absprachen imusammenhang mit dem ISAF-Mandat aussehen, was
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Dr. Wolfgang Schäubledie Hilfeleistung durch die Enduring-Freedom-Streit-kräfte im Notfall oder im Falle eines plötzlichen Entsat-zes anbetrifft. Ich möchte daran die Frage knüpfen, obdaraus nicht eine Stärkung des Arguments folgt, mansolle beide Mandate zusammenlegen, weil damit derSchutz der im Rahmen des ISAF-Mandats eingesetztenSoldaten verstärkt würde. Ich möchte schließlich fragen,wie ich Ihr Argument verstehen soll, dass von nun an dieBundeswehr in Afghanistan regional unbegrenzt einge-setzt werden könne. Dies ist im Rahmen von EnduringFreedom ohnedies möglich, da sich die regionale Be-grenzung ungefähr auf die Hälfte des Globus bezieht.
Herr Kollege Schäuble, wenn Sie die Begrenzung im
Rahmen von Enduring Freedom meinen, dann gebe ich
Ihnen Recht. Die Einsatzmöglichkeiten erstrecken sich
über fast die Hälfte des Globus. Aber wir sind uns einig,
dass auch aufgrund der Entstehungsgeschichte und der
Debatte über das internationale Mandat in Afghanistan
die Konzentration auf Kabul und Umgebung sowie auf
Kunduz und Faizabad im Rahmen des ISAF-Mandates
Sinn macht.
Ich will noch etwas zu dem von Ihnen angesproche-
nen Fall einer Evakuierung sagen. Wir haben mit unse-
ren amerikanischen Freunden natürlich Vereinbarungen
über die Fragen getroffen: Was macht wer im Notfall?
Wer evakuiert, wenn es um Kunduz und Faizabad geht?
Wer evakuiert, wenn es um Kabul geht? Diese Verein-
barungen haben auch Länder wie die Türkei oder Groß-
britannien getroffen, die vor uns Kontingente bei ISAF
gestellt haben. Das heißt, die dafür zur Verfügung ste-
henden Kräfte, insbesondere Großraumtransportflug-
zeuge für die OEF-Soldaten oder den Transport amerika-
nischer Truppen stehen auch für einen solchen Fall
bereit. Die Amerikaner haben schon den Hinweis gege-
ben, dass es Sinn machen könnte, beide Operationen zu-
sammenzulegen.
Zusatzfrage, Herr Schäuble.
Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die
Trennung beider Mandate im Ergebnis dazu führen
könnte, das Missverständnis zu verstärken, der Einsatz
unserer Soldaten in Kunduz und Faizabad sei weniger
gefährlich als der Einsatz im Rahmen von Enduring
Freedom?
Ich halte es in der Tat für ein Missverständnis, diesen
Einsatz als weniger gefährlich anzusehen. Ganz im Ge-
genteil: Es gab vor kurzem einen Anschlag in Kunduz.
Den Soldaten, der dabei schwer verletzt wurde, habe ich
vor kurzem im Krankenhaus besucht. Der Einsatz in
Kunduz und Faizabad ist alles andere als ungefährlich;
da gebe ich Ihnen völlig Recht, Herr Kollege Schäuble.
ISAF-Mandate in Afghanistan sind weder ruhig noch
stabil; das wissen wir. Das würde auch gelten, wenn wir
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ns lag daran, Rechtssicherheit für junge Wissenschaft-
er herzustellen. Dies ist mit dem heutigen Beschluss si-
hergestellt worden.
Vielen Dank. – Kollege Christian Schmidt, bitte.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Allein mein Interesse
ls Parlamentarier drängt mich danach, von der Bundes-
egierung zu erfahren, welche Rechtsqualität ein Be-
chluss des Kabinetts, der Rechtssicherheit schaffen soll,
at. Verstehe ich es richtig, dass es dabei um eine Ver-
rdnung geht, oder soll diese Thematik in einem Gesetz
eregelt werden? Ist dem Herrn Staatssekretär bekannt,
ass das Kabinett zwar Beschlüsse fassen kann, dass
ber immer noch das Parlament die Gesetze verabschie-
et?
U
Verehrter Herr Kollege, ich habe vorausgesetzt, dass
hnen das parlamentarische Verfahren bekannt ist. Die-
es Verfahren sieht vor, dass das Kabinett einen Gesetz-
ntwurf beschließt, der dann dem Parlament zugeleitet
ird. Von dieser Voraussetzung bin ich einfach ausge-
angen.
Jetzt folgen ergänzende Fragen von Herrn Christian
chmidt und Herrn Thiele.
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie bitten, noch ein-al zu erklären, worin denn die Rechtssicherheit be-teht, wenn Sie im Kabinett einen Gesetzentwurf verab-chiedet haben, den Sie dem Deutschen Bundestag zureratung zuleiten wollen.
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Der Gesetzentwurf, der heute im Kabinett verabschie-
det worden ist, hat die Wiederherstellung der Rechts-
sicherheit für Juniorprofessuren zum Ziel.
Ich hoffe, dass Sie das jetzt verstanden haben.
Herr Kollege Thiele.
Herr Staatssekretär Kasparick, die Fragestunde soll
dem Parlament die Möglichkeit geben, Fragen an die
Regierung zu stellen. Der Erkenntnisprozess kann mit-
unter beidseitig sein.
Meine Frage ist, wie Sie Rechtssicherheit herstellen,
indem Sie im Kabinett einen Gesetzentwurf beschließen,
der aber erst noch parlamentarisch beraten werden muss.
In diesem Zusammenhang interessiert mich ebenfalls,
von welchem Zeitpunkt an Sie erwarten, dass Rechts-
sicherheit hergestellt ist, und ob der Gesetzentwurf noch
in diesem oder erst im nächsten Jahr in das Parlament
eingebracht wird. Hat nur das Kabinett das beschlossen
und wird die rot-grüne Regierungsmehrheit von Ihnen
quasi nur als Durchleitungsgesetzgeber betrachtet oder
beabsichtigen Sie im Rahmen des parlamentarischen
Verfahrens auch Anhörungen durchzuführen – wie das
zumindest in anderen, nicht so bildungsnahen Bereichen
üblich ist –, in deren Folge Änderungen möglich sind?
U
Sie haben mich nach den Zeitabläufen gefragt. Auf-
grund der Tatsache, dass der Gesetzentwurf heute das
Kabinett passiert hat, haben wir eine wichtige Etappe er-
reicht. Unser Ziel ist, den Gesetzentwurf Anfang nächs-
ten Jahres in das Parlament einzubringen. Ich freue mich
übrigens sehr, dass die FDP-Fraktion unser Anliegen
sehr unterstützt. Deswegen bin ich ganz zuversichtlich,
dass wir das Ganze mit einer gemeinsamen Anstrengung
hinbekommen werden.
Vielen Dank. – Herr Niebel, die Antwort auf Ihre
Frage steht noch aus. Vielleicht wiederholen Sie Ihre
Frage.
Ich möchte gerne von der Bundesregierung wissen,
ob Presseberichte stimmen, wonach der Staatsminister
im Kanzleramt, Herr Schwanitz, gegen den Abgeordne-
ten Scholz ausgetauscht werden soll.
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Vielen Dank, Herr Schwanitz. – Damit sind wir am
nde der Regierungsbefragung.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksachen 15/3999, 15/4025 –
Die heutige Fragestunde beginnt mit vier dringlichen
ragen, und zwar jeweils zwei aus dem Geschäftsbe-
eich des Bundesministeriums der Verteidigung und aus
em Geschäftsbereich des Bundesministeriums der
inanzen. Wir kommen als Erstes zum Geschäftsbereich
es Bundesministeriums der Verteidigung. Zur Beant-
ortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär
ans Georg Wagner zur Verfügung.
Ich rufe die dringliche Frage 1 des Kollegen Bernhard
aster auf:
Trifft es zu, dass, wie das Nachrichtenmagazin „Der Spie-
gel“ in seiner Ausgabe Nr. 44 vom 25. Oktober 2004,
Seite 21, berichtet, der Generalinspekteur der Bundeswehr,
Wolfgang Schneiderhan, dem Bundesminister der Verteidigung,
Dr. Peter Struck, ein erstes Konzept für die geplante Schlie-
ßung von 100 der bundesweit knapp 600 Militärstandorte vor-
gelegt hat, in dem das Heer von sieben auf fünf Divisionen re-
duziert wird sowie die 7. Panzerdivision mit Hauptsitz in
Düsseldorf und der Divisionsstab in Leipzig aufgelöst wer-
den?
Herr Staatssekretär Wagner, bitte.
H
Herr Präsident, vielen Dank für die Worterteilung.
Wo ist denn der Kollege Kaster? – Er ist brav sitzen
eblieben.
Herr Kaster, könnten Sie sich bitte erheben?
H
Vielen Dank, Herr Kollege Kaster. Ich wollte Siewar nicht zwingen, sich körperlich zu bewegen. Aber esehört nun einmal zum Ablauf der Fragestunde, dass derragesteller steht, wenn seine Frage beantwortet wird.Zur Vorbereitung der vom 29. bis 31. Oktober diesesahres stattfindenden Stationierungsklausur unter Lei-ung des Bundesministers der Verteidigung wurden imundesministerium der Verteidigung durch die zuständi-en Organisationsbereiche Vorschläge zur künftigen Sta-ionierung der Bundeswehr erarbeitet. Diese Vorschläge
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12236 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004
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Parl. Staatssekretär Hans Georg Wagnerwurden durch den Generalinspekteur der Bundeswehrzusammengefasst und dem Bundesminister der Verteidi-gung vorgelegt. Ich betone ausdrücklich: Es handelt sichum Vorschläge, von denen jeder einzelne im Rahmen derKlausurtagung durch das Kollegium erörtert wird.Diese Vorschläge beinhalten neben 76 noch aus-stehenden Altentscheidungen aus Zeiten der Verteidi-gungsminister Rühe und Scharping rund 100 Standort-schließungen. Die Reduzierung der Anzahl derHeeresdivisionen von acht auf fünf wurde bereits in derKonzeption der Bundeswehr festgelegt, die am9. August 2004 von Herrn Bundesminister Dr. Struckgebilligt wurde. Dementsprechend sind mehrere Divi-sionsstäbe zur Schließung vorgeschlagen. Die von Ihnenerwähnte Vorlage enthält nicht die Aussage, dass die7. Panzerdivision mit Hauptsitz in Düsseldorf und derDivisionsstab in Leipzig aufgelöst werden. Dies wie-derum schließt nicht aus, dass die Entscheidung nach Er-örterungen in der Klausurtagung so fallen könnte.Verbände und Einheiten, die dem Schließungspoten-zial von zwei Divisionsäquivalenten entsprechen, sindebenfalls Inhalt der Vorschläge. Alle Entscheidungen zuden aufgeführten Punkten fallen in einen Block im Rah-men der Klausur. Es gibt keine vorweggenommenenEinzelfallentscheidungen.
Haben Sie eine Zusatzfrage? – Nein.
Dann kommen wir zur dringlichen Frage 2 des Kolle-
gen Kaster:
Hält es der Bundesminister der Verteidigung, Dr. Peter
Struck, angesichts der Medienberichte über sein Standort-
schließungskonzept für vertretbar, die Abgeordneten des
Deutschen Bundestages über die Einzelheiten seines Konzep-
tes weiter im Unklaren zu lassen und die Öffentlichkeit erst
am 2. November 2004, in einer sitzungsfreien Woche, zu in-
formieren?
H
Herr Kollege, ich glaube, dass es mit Blick auf die
Medienberichterstattung keine Rolle spielt, welcher
Zeitpunkt für die Information der Abgeordneten des
Deutschen Bundestages und der Öffentlichkeit gewählt
wird. Vorweggenommene Meldungen, Berichte und
Kommentare werden grundsätzlich nicht zu vermeiden
sein. Diese beruhen, wie wir alle wissen, zum größten
Teil auf Spekulationen.
Es gibt noch kein Standortschließungskonzept des
Bundesministers der Verteidigung. Erst im Rahmen der
Stationierungsklausur vom 29. bis 31. Oktober 2004
wird durch die Erörterung und Bewertung der Vor-
schläge sowie die abschließende Entscheidung von Bun-
desminister Dr. Struck die endgültige Stationierung der
Bundeswehr festgelegt. Über das dann vorliegende
Konzept werden am 1. November 2004 zeitgleich die
Mandatsträger sowie die militärischen und zivilen
Dienststellen der Bundeswehr informiert. Vorherige In-
formationen, Bekanntgaben oder Ähnliches sind daher
weder möglich noch zweckmäßig.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Die Frau Staatssekretärin kommt soeben in den Saal.Dann geben wir ihr noch ein paar Sekunden Zeit.Wir sind sozusagen ein bisschen vor der Zeit, weil dieRegierungsbefragung etwas kürzer war. Das ist aber im-mer möglich. Ich bitte Sie, sich darauf einzustellen.Frau Staatssekretärin, zu beantworten ist die Frage 10des Kollegen Andreas Scheuer.M
Herr Präsident, zunächst einmal bitte ich um Ent-
schuldigung. Ich komme aus einer noch andauernden
Sitzung des Fachausschusses.
– Selbstverständlich. Deshalb bin ich jetzt auch bei Ih-
nen und nicht im Fachausschuss.
Herr Kollege Scheuer, zu Ihrer Frage kann ich Ihnen
mitteilen, dass jährlich im Bundeshaushalt Mittel in
Höhe von 9,2 Millionen Euro für die Aidsprävention zur
Verfügung stehen.Der Titel umfasst insgesamt
10,7 Millionen Euro. Diese Mittel werden nur für die na-
tionale Aidsaufklärung verwendet. Darüber hinaus küm-
mern wir uns auch auf internationaler Ebene weiterhin
intensiv um dieses Thema. Unser Zuschuss zu UNAIDS
liegt in diesem Jahr in der Größenordnung von
75 Millionen Euro.
Wir haben in Deutschland eine der niedrigsten HIV-
Prävalenzen in Westeuropa. Unter den Erwachsenen im
Alter von 15 bis 49 Jahren liegt die Prävalenz in
Deutschland bei 0,1 Prozent und damit auf gleichem
Niveau wie die Prävalenz in Finnland, Irland und Nor-
wegen. In allen übrigen westeuropäischen Staaten liegt
die Prävalenz zwischen 0,2 und 0,5 Prozent. Insofern
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– So gehen wir Innenpolitikerinnen und -politiker immer
miteinander um.
Dann kommen wir zur Frage 13 der Abgeordneten
Kristina Köhler:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der Nutzen
des Zuwanderungsrates die im Haushalt 2005 eingestellten
Kosten von 1,125 Millionen Euro im Jahr übersteigt?
F
Frau Köhler, ich beantworte Ihnen Ihre Frage wie
folgt: Welche Mittel im Jahre 2005 für den Zuwande-
rungsrat zur Verfügung stehen, entscheidet der Haus-
haltsgesetzgeber. Eine Bewertung des Nutzens der Ar-
beit des Zuwanderungsrates im Jahre 2005 kann
naturgemäß erst nach Ablauf dieses Zeitraumes erfolgen.
– Wie ich das immer so mache, Herr Thiele.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, der Bundesinnenminister hat an-
lässlich der Vorlage des Zuwanderungsberichtes sogar
ein Lob ausgesprochen. Er hat sehr positiv hervorgeho-
ben, dass der Bericht 480 Seiten umfasst, und hat inso-
fern den Arbeitseifer gelobt. Ich frage Sie dennoch: Wel-
chen praktischen Nutzen über diesen Arbeitseifer hinaus
sehen Sie als Staatssekretär und Vertreter der Bundes-
regierung in diesem Bericht?
F
Sie haben in der Tat Recht: Dies ist mit mehr als
400 Seiten ein umfangreiches Werk. Ich gehe davon aus,
dass Sie diesen Bericht gründlichst studiert haben. Wenn
das noch nicht erfolgt ist, sollten Sie das in Bälde tun.
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Ich bin entsetzt darüber, dass ich hier in der Frage-
tunde einen unglücklichen Eindruck mache. Das hat
an mir noch nie gesagt und vorgehalten.
Frau Köhler, ich glaube, dass es im Sinne der Sache
st, dass die Forderungen und Inhalte, die sich im Bericht
es Zuwanderungsrates wiederfinden, unterschiedlich
ommentiert und bewertet werden. Es ist doch keine
ajestätsbeleidigung, wenn dies geschieht. Ich glaube,
as Gegenteil ist der Fall, nämlich dass die Kolleginnen
nd Kollegen dazu aufgerufen sind, sich mit diesen In-
alten auseinander zu setzen. Wenn das in einer kriti-
chen Form geschieht, habe ich nichts dagegen einzu-
enden.
Wir kommen zur Frage 14 des Kollegen Stephan
Inwiefern ist die Etablierung des Zuwanderungsrates
durch Erlass vom 2. April 2003, der allein im kommenden
Jahr 1,125 Millionen Euro kosten wird, mit den Bemühungen
der Bundesregierung zum Bürokratieabbau in Einklang zu
bringen?
F
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Mayer, entgegen der in der Frage zumusdruck kommenden Auffassung ist mit der Einrich-ung des Zuwanderungsrates keine neue Bürokratie auf-ebaut worden.
Mit dem Zuwanderungsgesetz wird erstmals ineutschland ein Rechtsrahmen vorgegeben, durch denie Zuwanderung im Ganzen gesteuert und wirksam
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12242 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004
)
)
Parl. Staatssekretär Fritz Rudolf Körperbegrenzt werden kann. Dies ist eine historische Zäsur. Esist ein Gesetz, das künftig Zuwanderung entlang unsererwirtschaftlichen, politischen und kulturellen Interessenin Deutschland ermöglicht. Deshalb ist gerade zu Beginneiner solchen grundlegenden Veränderung der Rechts-lage eine interdisziplinäre fachliche Politikberatungsinnvoll. Dies ist etwa in der Wirtschafts- oder Umwelt-politik seit vielen Jahren völlig selbstverständlich. DieEntscheidung über die Mittel, die für den Zuwande-rungsrat zur Verfügung stehen, obliegt dem Haushaltsge-setzgeber. Eine ähnliche Frage habe ich vorhin schoneinmal in diesem Sinne beantwortet.
Zusatzfrage, Herr Mayer.
Herr Staatssekretär, die Bundesregierung hat ja voll-
mundig einen Masterplan Bürokratieabbau veröffent-
licht, der den Namen, den er trägt, an sich nicht wert ist.
Sind Sie der Auffassung, dass der Zuwanderungsrat, der
zudem überhaupt keine gesetzliche Grundlage hat, mit
dem Masterplan Bürokratieabbau in Einklang zu bringen
ist, und wie beurteilen Sie den Zuwanderungsrat vor
dem Hintergrund einer sparsamen und wirtschaftlichen
Haushaltsführung? Die Kosten, die der Zuwanderungs-
rat im Haushaltsjahr 2005 nach dem Entwurf des Haus-
haltes der Bundesregierung aller Voraussicht nach verur-
sachen wird, werden sich auf 1,125 Millionen Euro
belaufen.
F
Herr Kollege Mayer, was den Bürokratieabbau anbe-
langt, so glaube ich, dass diese Bundesregierung ein sehr
beachtliches Ergebnis vorweisen kann. Wir haben bei-
spielsweise die Anzahl der Behörden und Einrichtungen
erheblich reduziert, und zwar in einer Größenordnung
zwischen 15 und 20 Prozent. Wenn andere dies bewirkt
hätten, würde ihnen ständig ein roter Teppich ausgerollt.
Ich glaube, Ihre Bewertung ist an dieser Stelle nicht rich-
tig; denn unsere Arbeit in diesem Bereich ist hervorra-
gend und zukunftsgerichtet.
Was die Frage nach dem Zuwanderungsrat anbelangt,
so ist es richtig, dass die Einrichtung des Zuwanderungs-
rats auf dem von mir vorhin erwähnten Erlass vom
2. April 2003 basiert. Die Etablierung dieses Rates ist
ausdrücklich nicht in das Zuwanderungsgesetz aufge-
nommen worden. Wer die Arbeitsweise des Zuwande-
rungsrates kennt, der wird dies nicht mit Überbürokrati-
sierung in Verbindung bringen. Der Zuwanderungsrat
hat die Aufgabe der Politikberatung. Wie dies im Einzel-
nen aussehen soll, habe ich Ihnen gerade kundgetan. Ich
finde, der Bericht, der jetzt vorgelegt worden ist, ist ein
diskussionswürdiges und diskussionsfähiges Werk und
stellt insofern in der Sache eine gute Grundlage dar.
Zweite Zusatzfrage, Herr Mayer.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004 12243
)
)
Es gibt keine Unterschiede, was den Gesamtkontext
nbelangt. Wir befinden uns im Prüfungsverfahren.
Eine weitere Frage des Kollegen Mayer.
Wann werden die Prüfungen abgeschlossen und wann
st damit zu rechnen, dass das Ergebnis der Prüfungen
eröffentlicht wird?
F
Ich gehe davon aus, dass Sie rechtzeitig unterrichtet
erden, wenn diese Prüfungen zu Ergebnissen geführt
aben, die insbesondere für den Innenausschuss und das
arlament relevant sind.
Wir kommen zur Frage 16 des Kollegen Schröder:
Inwieweit hält es die Bundesregierung für sinnvoll, dass
der Zuwanderungsrat weitere Empfehlungen abgibt?
F
Herr Kollege Schröder, ich beantworte Ihre Frage wie
olgt: Aufgabe des Zuwanderungsrates nach dem Errich-
ungserlass ist es, regelmäßig die innerstaatlichen Auf-
ahme- und Integrationskapazitäten sowie aktuelle Ent-
icklungen der Wanderungsbewegungen darzustellen
nd ein Gutachten zum aktuellen Stand der Zuwande-
ungsbewegungen und deren absehbarer Entwicklung zu
rstatten. Dieses Gutachten soll auch die Entwicklungen
ei der Aufnahme von Spätaussiedlern und der Erteilung
on Aufenthaltstiteln sowie die Ergebnisse der Asylver-
ahren darstellen und Aussagen zu den Auswirkungen
er Zuwanderung auf die Wirtschaft und den Arbeits-
arkt enthalten.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, hat die Bun-esregierung schon einmal eine Kosten-Nutzen-Analyseür den Zuwanderungsrat erstellt? Oder muss ich das soerstehen, dass einfach kein eigener Sachverstand in der
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12244 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004
)
)
Dr. Ole SchröderBundesregierung vorhanden ist, sodass man sich zu die-sen Fragen eines Zuwanderungsrates bedienen muss?
F
Lieber Herr Kollege Schröder, ich weise noch einmal
darauf hin: Der Zuwanderungsrat ist am 2. April 2003
mit dem Errichtungserlass initiiert worden. Sie können
fast an den Fingern abzählen, wie viele Monate dazwi-
schen liegen. Wenn man über Kosten-Nutzen-Effekte
reden will, braucht man Erfahrungen und Ergebnisse.
Ein erstes Ergebnis liegt mit diesem Bericht vor. Zu wel-
chen Schlussfolgerungen dieser Bericht führen wird,
habe ich bereits ausgeführt: Wir befinden uns im Prü-
fungsverfahren.
Das, was Sie jetzt in Ihre Frage gekleidet haben, ist in
dieser Situation überhaupt nicht möglich. Im Übrigen ist
die Errichtung des Zuwanderungsrates damals gar nicht
umstritten gewesen. Ich denke, wir müssen jetzt insbe-
sondere das vorliegende Ergebnis dahin gehend untersu-
chen, welche Bedeutung es für unsere politische Arbeit
hat. Ich habe gesagt: Wenn wir zu den entsprechenden
Ergebnissen gelangt sind, werden wir Ihnen diese gern
mitteilen.
Zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Schröder.
Ich finde es sehr vernünftig, dass die Bundesregie-
rung die Ergebnisse des Zuwanderungsrates analysiert.
Kann denn das Ergebnis dieser Analyse auch so ausse-
hen, dass man den Zuwanderungsrat auflöst und er damit
keine weiteren Empfehlungen abgeben wird?
F
Herr Kollege Schröder, wenn ich die Ergebnisse im
Voraus wüsste, müsste ich nicht in dieses Prüfungsver-
fahren einsteigen. Da ich die Ergebnisse nicht kenne,
prüfen wir.
Ergänzende Frage der Kollegin Philipp.
Herr Staatssekretär, Sie haben ausgeführt, dass Sie
mit den Prüfungen rechtzeitig fertig sein würden bzw.
uns rechtzeitig informieren würden. Der Zuwanderungs-
rat empfiehlt auf Seite 8 der Kurzfassung seines Be-
richts, im Jahre 2005 im Rahmen des Verfahrens
25 000 qualifizierten Arbeitnehmern einen Aufenthalts-
titel zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu gewähren.
Ihre Familienangehörigen sollten bei Nachweis eines
Arbeitsplatzes ebenfalls einen Aufenthaltstitel zur Aus-
übung einer Erwerbstätigkeit erhalten. Vor diesem Hin-
tergrund frage ich Sie, was Sie – wenn das 2005 umge-
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)
)
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte, Herr Kauder.
Herr Staatssekretär, ist es zutreffend, dass die Inter-
netplattform „Blick nach rechts“ im Alleineigentum der
SPD steht?
F
Ob das Alleineigentum ist, kann ich im Moment nicht
beurteilen.
Wir kommen zu Frage 22 des Kollegen Krichbaum:
Hält Bundeskanzler Gerhard Schröder es mit seinem Auf-
ruf „Wegschauen ist nicht mehr erlaubt. Wir brauchen einen
Aufstand der Anständigen“ – „Süddeutsche Zeitung“ vom
5. Oktober 2000 – für vereinbar, dass unter der Schirmherr-
schaft von Ute Vogt, Parlamentarische Staatssekretärin im
Bundesministerium des Innern, der „Blick nach rechts“ mit
der Begründung der Bekämpfung des Rechtsextremismus die
vom Verfassungsschutz dem linksextremistischen Spektrum
zugeordnete „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –
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Eine weitere Frage des Kollegen Hartwig Fischer.
Herr Staatssekretär, Sie haben im Verlauf Ihrer Ant-
ort erklärt, dass etwas durchgerutscht sei und deshalb
rst jetzt gelöscht worden sei. Deshalb frage ich: Dann
uss doch von Ihrer Seite oder von welcher Seite auch
mmer die heute Morgen stattgefundene Löschung be-
timmter Dinge veranlasst worden sein?
F
Vom Homepagebetreiber, das ist richtig. Herr Fischer,assen Sie mich dazu noch sagen: Sie wissen, es gab vorinigen Wochen einen Vorgang, bei dem es um die Frageegangen ist, welche Links gelöscht werden sollten. Dast auch die Diskussion um den VVN-Link aufgekom-en. Das hätte ursprünglich viel früher sein sollen undn der Tat ist diese Löschung nicht wie zugesagt und ei-entlich verabredet vorgenommen worden, aus welchenründen auch immer. Deswegen haben wir veranlasst,ass das, was vor einigen Wochen zugesagt war, nachge-olt wird.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004 12247
)
)
Weitere Frage von Gunther Krichbaum.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wenn ich Sie
richtig verstehe, räumen Sie durchaus den Fehler ein,
überhaupt für eine Verlinkung zwischen der VVN-BdA
und der SPD-eigenen Homepage zu sorgen?
F
Wenn wir damit einverstanden gewesen wären, hätten
wir nicht das veranlasst, was wir veranlasst haben.
Wir kommen dann zur Frage 24 des Kollegen
Kauder:
Seit wann ist dem Bundesminister des Innern, Otto Schily,
bekannt, dass unter der Schirmherrschaft von Ute Vogt, Parla-
mentarische Staatssekretärin im Bundesministerium des In-
nern, der „Blick nach rechts“ die „Vereinigung der Verfolgten
des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifa-
schisten“ präsentiert, und was hat er veranlasst?
F
Herr Kollege Kauder, ich kann relativ kurz und knapp
antworten: Seit Oktober 2004; da dieser Link mittler-
weile entfernt ist, gibt es nichts Weiteres zu veranlassen.
Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, können Sie mir bitte erklären,
wann der Innenminister darüber informiert wurde, dass
eine Verlinkung mit einer linksextremistischen Home-
page stattgefunden hat, und ob er veranlasst hat, diese
Links zu löschen?
F
Herr Kollege Kauder, diese Information ist dem Bun-
desinnenminister zu einem Zeitpunkt zugegangen, an
dem man davon ausgegangen ist, dass alles in der Tat ver-
abredungsgemäß gelöscht sei und es keine Reste gebe,
die wir jetzt im Nachgang im Oktober gelöscht haben.
Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Kauder.
Ist überhaupt kontrolliert worden, ob gelöscht worden
ist? Dann hätte doch eigentlich auffallen müssen, dass
noch drei Links auf der Plattform sind.
F
Herr Kollege Kauder, der Tatsache, dass diese Links
mittlerweile gelöscht worden sind, können Sie entneh-
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12248 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004
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Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Zur Beantwor-
tung steht der Parlamentarische Staatssekretär Gerd
Andres zur Verfügung.
Die ersten drei Fragen, also die Fragen 25, 26 und 27,
sollen schriftlich beantwortet werden, sodass ich jetzt
gleich die Frage 28 der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch auf-
rufe:
Welche Dienstleistungen und Beratungsangebote sollte die
BA Arbeitsuchenden anbieten, die keine Leistungsempfänger
sind, und wie sollten diese Angebote nach Meinung der Bun-
desregierung finanziert werden?
G
Frau Kollegin Dr. Lötzsch, ich beantworte Ihre Frage
wie folgt: Nichtleistungsempfängern stehen alle Bera-
tungs- und Vermittlungsangebote sowie auch einige
Leistungen der aktiven Arbeitsförderung der Bundes-
agentur für Arbeit zur Verfügung. Diese Angebote wer-
den ebenfalls aus dem Haushalt der Bundesagentur für
Arbeit finanziert.
Zusatzfrage, Frau Lötzsch.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär,
von den verschiedensten Institutionen und sicherlich
auch von Ihrem Haus gibt es Berechnungen, aus denen
hervorgeht, dass ein Anteil der derzeitigen Empfänger
von Arbeitslosenhilfe kein Arbeitslosengeld II erhalten
wird. Stimmen Sie mit mir nicht darin überein, dass es
wirklich klare Regelungen darüber geben müsste, wel-
che Angebote insbesondere der aktiven Arbeitsvermitt-
lung diesen Menschen gemacht werden sollen?
Ich kann vielleicht in Klammern ergänzend dazu sa-
gen, dass es bei unserem Besuch bei der Bundesagentur
für Arbeit diesbezüglich einige Fragezeichen gab.
G
Gut, ich war nicht dabei und kenne die Fragezeichen
nicht.
Ich will nur sagen, dass sich an der Rechtslage über-
haupt nichts geändert hat. Wenn Sie sich anschauen, wie
es heute ist, dann wissen Sie, dass jemand, der arbeitsu-
chend ist, aber keine Leistungen erhält, natürlich Ver-
mittlungs- und bestimmte Angebote der aktiven Arbeits-
marktpolitik in Anspruch nehmen kann. Daran ändert
sich nichts. Im Gegenteil: Wir haben ein massives Inte-
resse daran, dass insbesondere die Vermittlung und die
Vermittlungsangebote ausgebaut werden. Es ist ganz
selbstverständlich, dass Erwerbsfähige, aber Nichtleis-
tungsbezieher weiterhin in die Vermittlungsarbeit der
Bundesagentur für Arbeit einbezogen werden und dass
ihnen in begrenztem Umfang auch Maßnahmen der akti-
ven Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen.
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Ich rufe die Frage 29 der Kollegin Gesine Lötzschuf:Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der so ge-nannte Aussteuerungsbetrag von 9 857 Euro, den die BA für
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004 12249
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)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solmsjeden Arbeitslosen, der aus dem Arbeitslosengeld in dasArbeitslosengeld II fällt, in den Bundeshaushalt zahlen muss,in seiner Höhe angemessen ist, und teilt die Bundesregierungmeine Auffassung, dass diese Mittel in der aktiven Arbeits-marktpolitik der BA fehlen?G
Frau Kollegin Lötzsch, ich war eigentlich versucht,
Ihre etwas gespaltene Frage mit einem Ja und einem
Nein zu beantworten, aber ich will es doch etwas aus-
führlicher machen.
Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass der
Aussteuerungsbetrag in seiner Höhe angemessen ist;
denn er errechnet sich aus den durchschnittlichen Jahres-
aufwendungen für Arbeitslosengeld II, Sozialgeld und
die Sozialversicherungsbeiträge für eine Bedarfsgemein-
schaft. Für das Jahr 2005 wird der Aussteuerungsbetrag
auf 6,72 Milliarden Euro geschätzt. Damit hat er eine
ähnliche Größenordnung wie die Minderausgaben, die
der Bundesagentur durch die Einführung der Grundsi-
cherung für Arbeitsuchende entstehen.
Die Einführung des Aussteuerungsbetrages hat somit
auch den Effekt, dass die finanziellen Mittel, die bisher
aus dem Haushalt der BA für Arbeitslosenhilfebezieher
verwendet wurden, Arbeitsuchenden für die Grundsiche-
rung zur Verfügung gestellt werden. Damit stehen der
BA prozentual nicht weniger Mittel für die aktive Ar-
beitsmarktpolitik im Bereich der Arbeitslosenversiche-
rung zur Verfügung.
Zusatzfrage.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär,
wie wir uns sicher alle erinnern, gab es vor Verabschie-
dung des Gesetzes von verschiedenen Seiten erhebliche
Bedenken gegen diesen Aussteuerungsbetrag. Von eini-
gen wurden sogar verfassungsrechtliche Bedenken erho-
ben, einige sprechen von „Strafzoll“. Plant die Bundes-
regierung, den Aussteuerungsbetrag bzw. dessen Höhe
zu überprüfen und wenn ja, wann?
G
Nein.
Zweite Zusatzfrage.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär,
wann und in welcher Höhe rechnet die Bundesregierung
mit der erstmaligen Überweisung dieses Aussteuerungs-
betrages durch die Bundesagentur für Arbeit? Der
15. Februar 2005 kann es noch nicht sein, weil zu die-
sem Zeitpunkt die im Sozialgesetzbuch II festgeschrie-
bene Frist von drei Monaten noch nicht vorbei ist.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004 12251
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Nein. Ich weiß aber, dass Selbsterkenntnis der ersteeg zur Besserung ist.Gesetzt den Fall, ich wäre Leistungsbezieher undäre aus gesundheitlichen Gründen – von einem Arztttestiert – auf eine bestimmte Ernährung angewiesen,ann müsste ich das entsprechend nachweisen.
Man muss nicht „aber“ sagen. Das ist so. – Ich weißwar nicht, wozu die Bundesagentur für Arbeit die ange-prochenen Daten erhebt. Aber ich bin gerne bereit, demachzugehen.
Entschuldigung, die Körpergröße steht sogar im Perso-alausweis, falls Sie sich erinnern. Vielleicht ist das zurdentifizierung notwendig.Frau Pau, ich kann Ihre Frage jetzt nicht ausreichendeantworten. Für einen Teil der Leistungsgewährungenraucht man jedenfalls bestimmte Daten. Ich kann miricht vorstellen, dass die Bundesagentur für Arbeitichts anderes zu tun hat, als beispielsweise die Datenetreffend die Körpergröße, das Gewicht und den Um-ang von allen Hilfesuchenden zu speichern. Das würdeberhaupt keinen Sinn machen. Der von Ihnen erwähnteusatzfragebogen gilt für bestimmte Dinge, denen wirachgehen werden.
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12252 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004
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Parl. Staatssekretär Gerd Andres
Aber auch bei dieser Datensicherung sind die bundes-weit geltenden Bestimmungen des Datenschutzes zu be-achten und entsprechend anzuwenden.
Eine ergänzende Frage der Kollegin Philipp.
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Ich weiß genau, dass beispielsweise in Düsseldorf
zwei verschiedene Stellen, nämlich die Bundesagentur
für Arbeit und die Stadtverwaltung, dieselben Daten von
einer Person erheben, und zwar aus datenschutzrechtli-
chen Gründen. Wie Sie eben ausgeführt haben, sei das
zurzeit nicht anders möglich. Sie haben des Weiteren ge-
sagt, dass nur durch ein neues Gesetz eine Änderung die-
ses zweifellos nicht ganz nachvollziehbaren Zustands zu
erreichen sei. Halten Sie es nicht für einen erheblichen
Beitrag zum Abbau von Bürokratie, wenn man im Wege
der Amtshilfe einen Zugriff der einen Stelle auf die Da-
ten der anderen Stelle ermöglichen würde?
G
Das wäre ganz wunderbar; das kann ich Ihnen sagen.
Aber es gibt eine Reihe von datenschutzrechtlichen Be-
stimmungen. So darf man beispielsweise Sozialdaten
nur zweckgebunden sammeln. Das habe ich Ihnen eben
vorgetragen. Ich kann Ihnen auch die rechtliche Fund-
stelle nennen. Dass Daten betreffend ein und dieselbe
Person von unterschiedlichen Stellen erhoben werden,
geschieht schon heute in anderen Bereichen. Dass die
Einführung des Arbeitslosengeldes II die Erhebung von
Daten sowohl von bisherigen Arbeitslosenhilfeempfän-
gern als auch von bisherigen Sozialhilfeempfängern not-
wendig macht und dass zwei Stellen an der Zusammen-
führung arbeiten, halte ich erst einmal für völlig
vernünftig und richtig.
Ich möchte darauf hinweisen, dass wir das nach
schwierigen und umfassenden Vermittlungsgesprächen
mit Zustimmung Ihrer Fraktion so beschlossen haben.
Sie sollten sich also davor hüten, zu behaupten, das sei
nur unsere Erfindung. Das ist die Erfindung aller. Das ist
zur Einführung und administrativen Abwicklung der
neuen Leistung von Januar nächsten Jahres an auch not-
wendig.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Vielen Dank. – Jetzt kommen wir zur Frage 32 des
Kollegen Ralf Göbel:
Ist die Bundesregierung bereit, nachdem das zuständige
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit abweichend
vom Wortlaut des § 44 b Abs. 1 Satz 1 des Vierten Gesetzes
für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom
24. Dezember 2003, Hartz IV – Bundesgesetzblatt I, Seite
2954 ff. –, die Gründung mehrerer Arbeitsgemeinschaften für
den Bereich einer Arbeitsagentur zugelassen hat, die hier-
durch zusätzlich entstehenden Verwaltungskosten durch eine
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Danke schön.
G
Ich bin aber auch gern bereit, Ihnen das noch einmal
u erklären. Das Problem ist doch beispielsweise – –
Das ist nicht nötig.
G
Wie bitte?
Das ist nicht nötig. Das war die letzte Frage für die
ragestunde.
G
Wir können Sie alle daran teilhaben lassen. Es wäre
ns eine große Freude und auch das Publikum hätte noch
twas davon.
Da ich die Sitzung jetzt unterbreche, könnten Sie sichit Herrn Göbel bei einer Tasse Kaffee darüber austau-chen.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär Andres.Wir sind damit am Ende der Fragestunde.
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12254 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto SolmsIch unterbreche die Sitzung. Sie wird um 15.35 Uhrmit dem Aufruf des Zusatzpunktes „Aktuelle Stunde“fortgesetzt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist
wieder eröffnet.
Ich rufe Zusatzpunkt 1 mit seinem knapp gefassten
Titel auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU
Haltung der Bundesregierung zur Einhaltung
des europäischen Stabilitätspakts und des
Grundgesetzes angesichts neuer Finanzlöcher
im Bundeshaushalt und in der Rentenkasse so-
wie berichtete Begehrlichkeiten von Minister
Eichel auf die höheren Einnahmen der Kran-
kenkassen infolge der Gesundheitsreform
Mit der Verlesung des Themas ist die Redezeit glück-
licherweise noch nicht gänzlich verbraucht.
Ich eröffne die Aktuelle Stunde und erteile zunächst
dem Kollegen Dietrich Austermann, CDU/CSU-Frak-
tion, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie un-sere zutreffenden Prognosen bestätigen, ist die Union ih-rer Zeit immer voraus. Ich bin deshalb in der Lage, ausder regierungsnahen „Financial Times“ vom 22. Februar2005 vorzulesen.
Zwei Tage nach der von der CDU gewonnenen Land-tagswahl in Schleswig-Holstein meldet sie: In Regie-rungskreisen wird gemunkelt, dass der am 21. Februarauch offiziell entlassene Bundesfinanzminister HansEichel demnächst das Regierungskleeblatt in der RAGvervollständigen werde.
Er hat bereits begonnen, für die RAG Kredite auf dievon ihm betriebenen künftig fälligen Kohlesubventionenaufzunehmen, um den Bau von zehn neuen Zechen zuermöglichen.Das hält man für einen Scherz; aber dahinter stecktnatürlich eine ganze Reihe von Fakten: Drei ehemaligeRegierungsmitglieder – Müller, Tacke und Overhaus –helfen bereits der RAG.
Die RAG wird zur Entsorgungsanstalt für Regierungs-mitglieder. Overhaus und Eichel haben die Aufstockungder Kohlesubventionen um 16 Milliarden Euro betrie-ben. Man muss sich das mal anschauen: Overhaus, ehe-mAzbsDdObhifshzSlbISgdZtbfHHnVHNdfds2ldRdPVeFvkmws
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004 12255
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Jetzt fragen wir uns einmal: Was soll eigentlich dieeutige Debatte? Sie kennen alle Daten, Sie kennen alleermine. Wir haben heute den 27. Oktober. Am. November kommt die Steuerschätzung. Am1. November wird die Bereinigungssitzung im Haus-altausschuss stattfinden. Am 18. November tagt der Fi-anzplanungsrat. Im Dezember wird die Bundesregie-ung ihre Maastricht-Meldung nach Brüssel geben.Dies alles werden wir genau so machen, wie es sichehört und wie es verfassungsgemäß ist. Wir werden da-ür sorgen, dass die Maastricht-Kriterien im Jahr 2005uf jeden Fall eingehalten werden.
Ja, wir werden dafür sorgen.
Nächste Woche ist die Steuerschätzung. Danach wer-en wir gemeinsam die Schlüsse daraus ziehen, undwar für den öffentlichen Gesamthaushalt; das gilt natür-ich auch für die Länder und Gemeinden. Am1. November findet dann die Bereinigungssitzung statt.ch hoffe doch, dass Sie sich dieses Jahr nicht entziehenerden, wie Sie das im vergangenen Jahr getan haben,enn ich mich recht erinnere.
Das macht mein Kollege Diller; das werden wir dannehen. Aber nach meiner Erinnerung haben Sie sich imetzten Jahr dieser Beratung entzogen. Wir wollen ein-al sehen, ob Sie in diesem Jahr bereit sind, Verantwor-ung zu übernehmen,
der ob Sie so, wie Sie es heute wieder anlegen, nur aufolemik setzen und Ihrer Verantwortung wie üblichicht gerecht werden wollen. Wir werden sehen, was Siem 11. November tun.
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Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara HendricksWir werden auch sehen, was am 18. November dieLänder, besonders die von der Union regierten Länder,im Finanzplanungsrat sagen werden. Wir werden dannerkennen, wie Länder und Gemeinden ihre Verantwor-tung für den öffentlichen Gesamthaushalt übernehmen.Ich will in diesem Zusammenhang daran erinnern, dassalle Vorschläge zum Subventionsabbau – die Vorschlägewurden von Herrn Koch, einem MinisterpräsidentenIhrer Couleur, und von Herrn Steinbrück, einem sozial-demokratischen Ministerpräsidenten, ausgearbeitet –entweder von Ihnen vollständig abgelehnt oder zumin-dest nicht vollständig übernommen bzw. im Vermitt-lungsverfahren abgeschwächt worden sind.Ich darf weiterhin daran erinnern, dass Ministerpräsi-dent Stoiber gleichsam ein rotes Stoppschild vor allesgesetzt hatte, was landwirtschaftliche Subventionen an-belangt.
– Kommen wir also einmal auf die Kohle zu sprechen.Ich weiß nun wirklich nicht, wie Sie darauf kommen,dass es 16 Milliarden Euro zusätzlich für die Kohle gibt.Die Kohlesubvention ist diejenige Subvention, die vonallen Finanzhilfen und von allen Subventionen im Bun-deshaushalt am schnellsten abgebaut wird. Von 1998 auf2005 werden alle Finanzhilfen für die Steinkohle imBundeshaushalt auf weniger als die Hälfte dessen zu-rückgeführt werden, was Sie uns sozusagen als Klotz amBein im Bundeshaushalt hinterlassen haben.
Die Finanzhilfen, über die wir alleine bestimmen kön-nen, bei denen wir nicht auf die Zustimmung des ständigblockierenden Bundesrates angewiesen sind, haben wirinnerhalb der letzten sieben Jahre schon um mehr als dieHälfte zurückgeführt. Das ist verantwortliche Finanzpo-litik. Daran sollten Sie sich einmal ein Beispiel nehmen.
Wir werden natürlich unseren Pflichten an den ge-nannten Terminen, wie ich Ihnen bereits sagte, sorgfältignachkommen. Wir werden im Jahre 2005 sowohl dieVerfassung einhalten als auch adäquate Vorschläge vor-legen, die dazu führen, dass wir die Maastricht-Kriterienim Jahre 2005 einhalten werden. Darauf können Sie sichverlassen.
Wir werden allerdings Vorschläge für Maßnahmenmachen müssen, bei denen wir auf Ihre Zustimmungnicht angewiesen sind. Nach der Erfahrung mit Ihrer bis-herigen verantwortungslosen Handlungsweise werdenwir nur Maßnahmen durchführen können, bei denen wirnsDhanhwbvrAbianSciJ4söOnatbEasVhsddmmn
Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Union,uch nur ein wenig Interesse an unserem Land und sei-em Wohlergehen hätten, dann würden Sie endlich auf-ören, die Bürgerinnen und Bürger zu verunsichern. Esird natürlich nicht zu weiteren Einschnitten im Renten-ereich kommen. Wir werden für das Jahr 2005 selbst-erständlich sicherstellen, dass die Rentenversiche-ungsbeiträge bei 19,5 Prozent bleiben. Zur Erinnerung:ls wir die Regierungsverantwortung übernommen ha-en, lag der Beitragssatz bei 21,3 Prozent.
Ich darf auch daran erinnern, dass Sie es waren, diem Laufe der 90er-Jahre die Lohnnebenkosten von 34uf 42 Prozent hochgetrieben haben. Wir sind dabei, sieicht weiter steigen zu lassen, sondern sie Schritt fürchritt zu verringern, auch wenn das in dem wirtschaftli-hen Umfeld, in dem wir uns zurzeit befinden, schwierigst. Wie gesagt, die Lohnnebenkosten waren in den 90er-ahren unter Ihrer Regierungsverantwortung von 34 auf2 Prozent explodiert. Auch darauf sei einmal hingewie-en.
Übernehmen Sie also endlich Verantwortung für denffentlichen Gesamthaushalt, wie es Ihrer Aufgabe alspposition eigentlich zukäme! Denn die Opposition isticht nur um des Opponierens willen da. Sie haben wielle Mitglieder des Deutschen Bundestages Verantwor-ung für unser Land. Allerdings weiß ich nicht, ob Sieereit sind, diese Verantwortung zu übernehmen. Unsererfahrungen sprechen dagegen.Sie machen nichts anderes – so auch heute wieder –,ls uns in polemischer Weise Vorwürfe zu machen. Sieelbst machen aber keine Vorschläge und lehnen unsereorschläge, die zur Entlastung des öffentlichen Gesamt-aushaltes beitragen würden, rundweg ab. Trotzdem bla-en Sie hier die Backen auf. Fangen Sie lieber einmal an,a zu pfeifen, wo Sie es können und wo Sie es sollten!
Für die FDP hat nun der Kollege Dr. Heinrich Kolb
as Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die For-ulierung des Themas der heutigen Aktuellen Stundeag zwar belustigend klingen. Aber das Thema hat ei-en ernsten Hintergrund. Denn die rot-grüne Bundesre-
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Dr. Heinrich L. Kolbgierung betreibt ein doppeltes Spiel: In offiziellen Redenerweckt sie den Eindruck, sie beschreite den Kurs derKonsolidierung des Haushaltes und der umfassendenModernisierung der sozialen Sicherungssysteme. Insbe-sondere wenn es um Prognosen für die Zukunft geht,kennt der Optimismus der zuständigen Ministerien – Pa-pier ist bekanntlich geduldig – keine Grenzen. Entwick-lungen werden in den leuchtendsten Farben geschildert.
Doch obwohl sich nach Ihrer Lesart in den letzten JahrenJahrhundertreform an Jahrhundertreform gereiht hat,bleiben die Erfolge aus. Offene und verdeckte Defizitesteigen; die Reserven schmilzen dahin; versprocheneBeitragssatzsenkungen bleiben aus.Das Schwierige an einer Prognose ist – zugegebener-maßen – die Vorhersage des Künftigen. Wer aber wie dieBundesregierung jedes Jahr aufs Neue das Best-Case-Szenario, also die beste anzunehmende Entwicklung, zurGrundlage seiner Planungen macht und sich mit Alterna-tiven der Entwicklung, mit dem Normalszenario odergar mit Worst-Case-Szenarien, also Szenarien einerschlechteren Entwicklung, gar nicht lange aufhält,braucht sich nicht zu wundern, wenn sich Finanzplänezerschlagen und oft hektische Rettungsaktionen gestartetwerden müssen. Hintergrund dieser Aktuellen Stunde ist– dies ist ernst zu nehmen –, dass sich dieses schon seitJahren zu beobachtende Trauerspiel absehbar auch imJahr 2005 fortsetzen wird. Ich will das mit drei Beispie-len untermauern:Beispiel Krankenversicherung. Die Gesundheitsre-form des letzten Jahres, von der Koalition und der Uniongemeinsam beschlossen, wurde von Frau Schmidt alseine der größten Sozialreformen der jüngeren Ge-schichte der Bundesrepublik angekündigt.
Diese Reform erweist sich, Frau Kollegin, als Rohrkre-pierer.
Trotz vollmundiger Beteuerungen der Ministerin liegendie durchschnittlichen Beitragssätze der gesetzlichenKrankenversicherung aktuell bei 14,27 Prozent. Deut-lich unter 14 Prozent, nämlich bei 13,6 Prozent, solltensie eigentlich im Laufe dieses Jahres liegen. Die Kran-kenkassen tun aber der Gesundheitsministerin nicht denGefallen, die Beiträge zu senken. Stattdessen setzen siedie Priorität auf die Senkung ihrer Verschuldung, die sieeigentlich gar nicht haben dürften. Rund 8,3 MilliardenEuro stehen offen zu Buche.
Wahrscheinlich sind es mehr als 10 Milliarden Euro,wenn man berücksichtigt, dass die gesetzlich vorgesehe-nen Reserven um 1,8 Milliarden Euro unter dem Soll lie-gen.Ulla Schmidt drängt, droht und tobt zwar; aber Bei-tragssatzsenkungen lassen sich nicht erzwingen. Sie sinddAsskasdstBaunnddrFIcJcDu2gkEd2gsWddiswfwIwznhmtAEe
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Ich finde, es entbehrt nicht einer gewissen Keckheit, umes einmal freundlich auszudrücken,
dass das ausgerechnet vonseiten der Fraktion kommt, dieim Bundestag die Axt immer an den richtigen Re-formstamm legt.
Jeder, der mit diesem Thema vertraut ist, sowohl finanz-wissenschaftlich als auch fachpolitisch, sagt: Bei der Ge-sundheitsreform in Deutschland müssen wir an die An-bieterseite herangehen. Sie aber sind immer striktdagegen und besitzen jetzt auch noch die Frechheit,diese Reform als Rohrkrepierer zu bezeichnen.
Sie trauen sich, sich hier hinzustellen und so zu tun, alsverträten Sie die Interessen der Beitragszahler. Das istdoch lächerlich.
Gehen Sie in sich! Denken Sie nach und kommen Siedann wieder! Dann können Sie mit reformieren. Aber sogeht es bestimmt nicht.eskd–hasIb5DsszMmzIdIRksDsgEgHseDl
Das hat gesessen.Ihre Reaktionszeit ist langsam. Wir haben den Haus-alt Anfang September eingebracht und die rote wieuch die grüne Fraktion arbeiten seitdem daran, wie die-es schwierige Problem in den Griff zu bekommen ist.
ch gebe zu, dass ich gestern selber gesagt habe, dass esis zur Bereinigungssitzung um mindestens 4 bisMilliarden Euro geht.
as ist nicht neu; das ist bereits seit Juli, seit dem Zu-tandekommen des Ergebnisses des Vermittlungsaus-chusses zu Hartz, bekannt. Mithilfe der Steuerschät-ung werden wir zu einer genaueren Zahl kommen.
orgen werden wir über den Haushalt des Wirtschafts-inisters beraten. Wir werden dann wahrscheinlich einusätzliches Risiko auf dem Arbeitsmarkt erkennen.
m Übrigen wissen wir, dass uns im Zusammenhang miter Bundesbank eine weitere Schwierigkeit erwartet.
ch sage Ihnen ganz deutlich: Ich scheue mich nicht, dieisiken zu benennen. Aber wir stehen dafür, diese Risi-en zu beseitigen. Wofür stehen Sie? Sie stehen dafür,ich dann immer in die Ecke zu schmeißen.
Sie haben uns vor zwei Stunden Anträge vorgelegt.er FDP und der CDU/CSU ist dieser Haushalt zuchwer; ich zitiere zugegebenermaßen frei. Sie beantra-en mitten in den parlamentarischen Beratungen, bei derrfüllung unserer hoheitlichen Aufgabe, die Bundesre-ierung aufzufordern, die Risiken im Entwurf für denaushalt 2005 zu benennen – es ist eigentlich auch un-ere Aufgabe, dies in der Beratung vorzuschlagen – undine Anpassung vorzunehmen.
ie FDP beantragt, einen neuen Hauhaltsentwurf vorzu-egen.
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Anja HajdukDamit verweigern Sie sich doch der Herausforderung,vor der wir stehen. Ich sage Ihnen voraus: Diese Anträgewurden gestellt, weil Sie sich nicht imstande zeigen wer-den, diese schwierige Haushaltslage selber zu bewälti-gen.
Sie werden wie im Vorjahr versagen. Ich will Ihnen abereine gewisse Besserung zugestehen: Diesmal hat sich dieUnion aufgerafft – die FDP hat das bereits im letztenJahr gemacht –, sich selber zu überlegen, wo man kürzenkönnte.
Daraus kann ja noch etwas werden.Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir, die Grünen und dieSPD, scheuen uns nicht, die Risiken zu benennen, auchder Finanzminister nicht. Wir stehen dazu, dass wir unsin einer sehr, sehr schwierigen Situation befinden. Ichkann es Ihnen aber nicht ersparen, noch einmal zu sagen:Es ist wiederum eine Frechheit, wie Sie über diesesThema beraten wollen; Sie verleugnen dabei Ihre eigeneVerantwortung und verlieren kein Wort darüber.Sie haben am letzten Freitag, als wir in diesem Hausüber die größte Subvention, die im Bundeshaushalt aus-gewiesen ist,
diskutiert haben, dargelegt, dass Sie keinen Bewegungs-spielraum sehen.
Sie haben die Abschaffung der Eigenheimzulage abge-lehnt.
Sie wissen selber, wie die Situation der Länderhaushalteist.
Die FDP sollte nicht so dazwischenjaulen; denn ich hatteIhren Herrn Gerhardt so verstanden, dass er den Subven-tionsabbau in diesem Bereich für sinnvoll und richtighält.Die Kohlesubvention ist in der Tat eine Subvention,die man stark abbauen muss.
Wir kommen dabei in den nächsten Jahren einen Schrittvoran. Wir packen das bekanntermaßen zwischen Rotund Grün strittige Thema an.
WAvzswvEsdHHiWdWDstwtkSEAginDTPla
Das Wort hat jetzt der Kollege Steffen Kampeter für
ie CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kolleginajduk hat unseren Wunsch nach einer Aktuellen Stunden scharfer Art und Weise kritisiert.
ir haben uns in der vergangenen Woche bereits überie desolate Haushaltslage in diesem Land unterhalten.
as ist in den letzten Tagen passiert? Ich will einigeinge aufzählen, über die die Opposition anlässlich die-er Aktuellen Stunde endlich einmal im Plenum disku-ieren will, während die Regierung sie am liebsten weg-ischen würde.Es gab den irrsinnigen Vorschlag, Pensionsverpflich-ungen von Post und Telekom zu übernehmen, um damiturzfristig Kasse zu machen, in der Regel zulasten desteuerzahlers.
s gab den Vorschlag, die Mittelstandsförderung durchusplünderung des ERP-Sondervermögens zu zerschla-en, um Haushaltslöcher zu schließen. Darüber hinausst die Pendlerpauschale nicht von uns in den vergange-en Tagen in die Diskussion gebracht worden.
as Gleiche gilt für die Nachtarbeitszuschläge. Jedenag treiben Sie – zwar nicht im Parlament, aber in derresse – eine neue Sau durchs Dorf und stellen die Grund-gen der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit auf
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12260 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004
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Steffen Kampeterden Kopf. Dies, meine sehr verehrten Damen und Herrenvon der Regierungskoalition, werden wir Ihnen nichtdurchgehen lassen.
Sie sagen bewusst nicht die Wahrheit über die Haus-haltskatastrophe und den drohenden Staatsbankrott.Stattdessen versuchen Sie in einer Nacht-und-Nebel-Ak-tion, mit Bilanztricks – eine Art politischer Konkursver-schleppung – diesen Haushalt gerade noch so zu gestal-ten, dass Sie sich nicht vollständig blamieren. DiesesVerfahren wird stets – das ist nicht das erste Mal – miteiner gewissen Systematik wiederholt und Frau Staats-sekretärin Hendricks behauptet hier, das sei alles seriösund nach Recht und Ordnung.Ich will Ihnen dazu ein Beispiel nennen: die Steuer-schätzung. Seitdem diese Regierung im Amt ist, also seitsechs Jahren, hat die Steuerschätzung durch falsche wirt-schaftspolitische Rahmendaten eine Schätzabweichungüber diesen Prognosezeitrahmen in Höhe von300 Milliarden Euro ergeben.
Weil die Bundesregierung den Steuerschätzern falscheZahlen – in diesem Fall zu optimistische – vorgegebenhat, mussten sie sich um 300 Milliarden Euro verschät-zen, die den öffentlichen Kassen fehlen.
Wer mit einer solch dreisten Art und Weise die öffentli-chen Kassen in den Ruin treibt und nicht die Wahrheitsagt,
der darf keine Verantwortung mehr für das Geld unsererMenschen tragen.
Es ist wieder das gleiche Spiel: Herr Clement, der indiesen Tagen die Prognosedaten für die Steuerschätzungvorgegeben hat, schätzt das wirtschaftliche Wachstumum ein bis zwei Zehntel höher ein als alle anderen Insti-tute.
Das mag nach nicht so viel klingen. Im Ergebnis wirddas aber bedeuten, dass wir in wenigen Monaten beiBund, Ländern und Gemeinden nicht wissen, wie wir dieangeblich prognostizierten Steuereinnahmen – durchmehr Schulden in Milliardengrößenordnungen odermehr Ausgabenreduzierung – werden aufbringen kön-nen.Diese fatale Fehleinschätzung seitens der Bundesre-gierung ist eine der Hauptquellen unseres Haushaltsde-sasters, über das wir heute diskutieren.
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Ich will an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dassie Frau Staatssekretärin wieder den Satz geprägt hat,ass die Bundesregierung daran festhalte, die Defizit-renze des europäischen Stabilitätspakts im nächstenahr nicht zu überschreiten. Allerdings ist sie die einzige,ie daran glaubt. Die EU-Kommission geht davon aus,ass wir auch im nächsten Jahr – und damit sozusagenls Regelsünder der Europäischen Union – gegen denuropäischen Stabilitätspakt verstoßen.Es ist überhaupt nicht erkennbar, dass die Bundes-egierung umsteuern möchte. Bundesminister Clement,er jetzt auch zur Haushaltspolitik Stellung nimmt, hatesagt: Es wird keine Sparmaßnahme geben; wir wollenie konjunkturelle Entwicklung nicht gefährden. Dietaatsquote in diesem Lande liegt bei etwa 50 Prozent.as sind de facto staatswirtschaftliche Zustände.
as mögliche Maß an Konsolidierung belegen die zahl-eichen Anträge der Opposition von CDU/CSU und FDPm Haushaltsausschuss. Rot-Grün jedoch ignoriert dieonsolidierungsnotwendigkeit und glaubt, dass Schul-en die Lösung des Problems seien.Wir von der CDU/CSU sind uns in einem sicher:chulden sind nicht die Lösung. Die Verschuldung die-er Regierung ist die Ursache des Problems. Die gilt esu beseitigen.
Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Kollegin
altraud Lehn.
Herr Kampeter, ich empfehle Ihnen, sich als Wirt-chaftsweiser zu bewerben. Am besten beantragen Sieuch die Ablösung des Steuerschätzungskreises und alsrsatz schlagen Sie sich vor. Vielleicht beantragen Sieuch noch die Umwandlung Ihres Namens vonampeter in Dr. Allwissend. Das jedenfalls wäre die an-emessene Reaktion auf Ihre Rede.
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Waltraud Lehn– Ich weiß, dass das für Sie manchmal schwer auszuhal-ten ist; von daher bitte keine Unruhe.Eine Aktuelle Stunde soll uns Parlamentariern undParlamentarierinnen Gelegenheit geben, über solcheThemen zu debattieren, die unvorhergesehen, aktuell,neu und von besonderer Bedeutung sind. Das von Ihnenbeantragte Thema ist jedoch weder aktuell noch gibt esirgendetwas, was über Spekulationen hinausgeht. Mit ei-nem Satz: Sie veranstalten zum zehnten Mal eine be-kannte Show, die wirklich überflüssig ist.
Denn dass die Beitragseinnahmen in der Renten- undin der Krankenversicherung rückläufig sind, ist nichtsNeues. Unter anderem deshalb haben wir die Reformenin der Renten- und in der gesetzlichen Krankenversiche-rung gemacht.
Heute zeigen sich die ersten Erfolge.
– Diese Frage will ich Ihnen gern beantworten: Nach denaktuellen Berechnungen des Schätzerkreises wird derBeitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung auchfür das Jahr 2005 bei 19,5 Prozent und damit stabil blei-ben.
– Er wird stabil bleiben.Das Gesundheitssystem ist durch die Reformen nach-haltig entlastet worden.
Im ersten Halbjahr 2004 haben die gesetzlichen Kran-kenkassen – anders als in den vergangenen Jahren – ei-nen Überschuss von rund 2,5 Milliarden Euro erwirt-schaftet.
Mehr als 25 Millionen Versicherte in unserem Landkonnten das in Form von Beitragssenkungen sehr kon-kret erfahren.
Diese positive Entwicklung hat dazu geführt – ich be-trachte das als positiv –, dass die Entschuldung der ge-setzlichen Krankenkassen schneller als gesetzlich vorge-schrieben vorankommt.
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as haben wir allein dem Mut und der Verantwortunger Regierung zu verdanken. Das muss einmal ganz klaresagt werden.
Die von Ihnen verlangte Aktuelle Stunde hat mit derealität nichts zu tun.
ir erleben zurzeit lediglich das, was jedes Jahr passiert,urz bevor über einen neuen Haushalt beraten wird. Ichabe die Vermutung, dass diese Veranstaltung nur eineminzigen Zweck dient:
ie wollen von Ihrem eigenen Versagen auf breiter Frontblenken.
ie schaffen es doch nicht einmal, Ihre eigenen Pro-leme im Bereich der Gesundheitspolitik zu lösen. Nurin einziges Personalproblem stürzt Ihre Vorsitzende inine tiefe, schwere Krise.
eder Sie noch Ihre Parteimitglieder wissen inzwischenoch, was und wen Sie überhaupt wollen.
enn jemand, der solche kleinen Probleme nicht einmal seinem eigenen Bereich lösen kann, behauptet, erönne die Probleme Deutschlands lösen, dann ist dasicht einmal mehr lächerlich.Ich sage Ihnen: Sie lenken von Ihrer Unfähigkeit abnd verlieren sich in Spekulationen, Schwarzmalereind substanzlosen Allgemeinplätzen.
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Waltraud Lehn
Mit Verlaub: Es wäre gut, wenn Sie in diesem Zusam-menhang einmal sehr deutlich darauf aufmerksam ma-chen würden, dass es eine gemeinsame Verantwortungfür den Stabilitätspakt gibt. Diese gemeinsame Verant-wortung liegt sowohl beim Bund als auch bei den Kom-munen und Ländern.
Frau Kollegin Lehn.
Ich überziehe erst um 31 Sekunden.
Meine Vorredner haben teilweise um bis zu zwei Minu-
ten überzogen; aber ich halte mich selbstverständlich an
die Regeln.
Ich schließe mit folgender Bemerkung: Wir haben mit
der Agenda 2010 und den übrigen Reformen richtige
Vorhaben in Angriff genommen. Wir stellen uns den
großen Problemen und lösen sie. Aber Sie tun nichts an-
deres, als Showveranstaltungen durchzuführen. Überle-
gen Sie sich für die Zukunft etwas Besseres!
Frau Kollegin Lehn, Sie haben die angemeldete Rede-
zeit in der Tat nur um eine Minute und acht Sekunden
überzogen. Das Problem des amtierenden Präsidenten
besteht schlicht und ergreifend in der geltenden Ge-
schäftsordnung. Denn in den Regeln für Aktuelle Stun-
den ist in Anlage 5 Nr. 7 festgelegt: „Der einzelne Red-
ner darf nicht länger als fünf Minuten sprechen.“
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-en! Da ich nicht darauf hoffe, dass auch mir noch Zeitutgeschrieben wird, beteilige ich mich, wie es sich fürie Opposition gehört, lieber am Sparen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, Ihreitrag zur Diskussion über den Haushalt sind blumigerklärungen und immer neue Ideen, die Sie vom Minis-erium streuen lassen. Wenn es dann aber um die kon-rete, harte Detailarbeit geht, also um das, was nicht iner Öffentlichkeit stattfindet, legen Sie lediglich dreinträge vor. Das ist alles. Wir von der FDP verstehenerantwortung als einen Teil der Arbeit, nicht nur alseruhigung der Bevölkerung; das ist der Unterschied.
Wenn Sie meinen, sich in vermeintlichen Umfrageer-olgen sonnen zu können, dann gehen Sie fehl. Sie ma-hen jetzt genau das – und das ist unverantwortlich ge-enüber unserem Land –, was Sie auch gegen Mitte deretzten Legislaturperiode getan haben: Sie machen eineolitik der ruhigen Hand – als ob mit der Agenda 2010lles Weitere problemlos liefe. Das klappt aber nicht.infache Frage – einfache Antwort: Nennen Sie mir einozialsystem, von dem die Bürger sagen: Mensch, dasat Rot-Grün stabil gemacht, das ist sicher, da habe ichie Perspektive, dass es hält.
s gibt keins.Gesundheitssystem – um damit anzufangen –: Es gibteine Sicherheit, es gibt nur eine fiktive Sicherheit.
as Allerschlimmste, fast das Krankeste an der ganzenache ist: Sie pumpen im nächsten Jahr,5 Milliarden Euro aus Steuergeldern bzw. über Ver-chuldung in das Krankensystem. Und dann behauptenie, das Krankensystem funktioniert! Sie schichten diechulden von der einen Seite auf die andere Seite
nd sagen den Bürgern, das Gesundheitssystem funktio-iert. Das ist, mit Verlaub gesagt, Pillepalle, das istichts.
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Otto FrickeBei der Rente sagt der Schätzerkreis: Es geht unge-fähr noch gut. Aber, Kollegin Lehn, Kollegin Hajduk,was haben wir denn im Berichterstattergespräch erfah-ren? Es reicht gerade noch für das Jahr 2005
– wenn überhaupt –, dann nicht mehr.Wir sind in der Opposition, wir dürfen nicht nur me-ckern und kritisieren, wir müssen auch konstruktive An-träge stellen; das ist der Unterschied.
Sie stellen unsere Anträge – gerade die der FDP – zu densozialen Sicherungssystemen hier immer wieder als „so-zial kalt“ dar. Vielleicht ein halbes Jahr später bringenSie sie dann in etwas anderer Form ein – ohne sie zu ka-pieren, nur durch Kopieren. Da stimmt doch etwas nicht!
Dass meine Fraktion keine konstruktiven Anträge zursozialen Sicherheit einbringt, muss ich also bestreiten.Bei der Rentenversicherung haben wir Probleme, beider Pflegeversicherung haben wir Probleme, bei denPensionen haben wir auch riesige Probleme und
selbst bei so kleinen Dingen wie der Künstlersozialkassemüssen wir in diesem Jahr außerplanmäßig 20 Prozentzusätzlich ausgeben, um das System zu retten. Mit ande-ren Worten: Keines der Sozialsysteme ist in den letztensechs Jahren auf sichere Beine gestellt worden. Ihre Ver-antwortung ist es, das zu tun. Wir als Opposition dürfennicht wegschauen, sondern wir haben die Verantwor-tung, konstruktiv mitzuarbeiten. Das tun wir auch: Wirbringen Anträge ein.Zum Haushaltsausschuss: Die FDP hat bis jetzt170 Anträge eingebracht und wir sind damit noch nichtam Ende. Von diesen 170 Anträgen, die wir eingebrachthaben – alles nachvollziehbare Anträge –, haben Sie kei-nen einzigen Antrag unterstützt. Keinen!
Und das, obwohl nachvollziehbar mögliche Kürzungenvorgeschlagen wurden. Wir sind gespannt darauf, wasSie noch bringen werden und mit was für Tricks Sie hierkommen werden.
Nun könnte man sagen, das sei ja alles nicht soschlimm mit den sozialen Sicherungssystemen, denn daseine sind die Sicherungssysteme und das andere ist derHaushalt. Aber was haben Sie in den letzten sechs Jah-ren gemacht? Sie merken, dass Sie den Leuten bezüglichdetG–KmeabhwzdszvLAndngmRgsuwFdLBs
Jetzt ist in Schleswig-Holstein Wahlkampf. Meinollege Koppelin freut sich besonders, dass der Finanz-inister von Schleswig-Holstein sagt: Mehrwertsteuerrhöhen, das sei doch allen bekannt. Mag sein, dass dasllen bekannt ist. Ich weiß davon nichts. Aber eines istemerkenswert: Er sagt nicht, die Mehrwertsteuer erhö-en, um den Haushalt zu sichern, nein, er sagt: Mehr-ertsteuer erhöhen, um die sozialen Sicherungssystemeu sichern. Was ist das für eine Sicherung, die nur da-urch erfolgt, dass man bei den Bürgern die Mehrwert-teuer abschöpft, um sie ihnen an anderer Stelle zurück-ugeben?
Es ist ein weiteres Nullsummenspiel, um die Leute zuertrösten. Das belastet aber die Zukunft.Das Schlimme bei den Sozialsystemen ist doch:
etztlich steht hinter allen Sozialkassen doch einer alsusfallbürge: der Steuerzahler selbst, der Bund mit sei-em Haushalt. Das wird immer wieder vergessen undas ist das, was Sie den Leuten nicht klar machen kön-en. Wenn Sie mit den Leuten sprechen, hören Sie fol-enden Satz: So geht es nicht weiter! Das ist angekom-en. Ich gebe auch gerne zu, da haben Sie von deregierungskoalition versucht, die Message rüberzubrin-en. Jetzt machen Sie wieder genau das Gegenteil undagen: Wir haben die Reform gemacht, jetzt ist es okaynd so in ungefähr geht es weiter. Nein, es geht nicht soeiter.Herr Präsident, ich komme zum letzten Satz.
ür mich verhalten Sie sich im Moment wie jemand, derie Klippe herunterfällt und dabei sagt: Schaut maleute, ich kann fliegen.Herzlichen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Birgitt Bender,
ündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es istchon eine merkwürdige Arbeitsteilung zwischen der
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Birgitt BenderRegierung und der Opposition. Offenbar heißt das Prin-zip: Die Regierung müht sich und die Opposition mä-kelt.Ich habe keinerlei konstruktiven Vorschlag gehört,was wir eigentlich tun sollen.
Ganz im Gegenteil: Der Kollege Fricke beschwert sichüber eine Diskussion in Schleswig-Holstein. Es geht umdie Erhöhung der Mehrwertsteuer für die sozialen Siche-rungssysteme. Ich will dazu sagen: Wir haben nicht dieAbsicht, dies zu tun.
Nun sind Sie erst in dieser Legislaturperiode in denBundestag gekommen.
Vielleicht beschäftigen Sie sich einmal ein wenig mit derpolitischen Geschichte der letzten Jahre. Dann hätten Sienämlich gewusst, dass die Mehrwertsteuer unter derKohl-Regierung – an der, wie ich glaube, die FDP län-gere Zeit beteiligt war – mal eben um einen Punkt erhöhtwurde, um die entsprechenden Gelder in die Rentenver-sicherung zu stecken.
Das heißt, dieses Prinzip ist Ihnen nun wirklich nicht un-bekannt. Aber wie gesagt: Wir haben es gar nicht vor.
Es ist schon erstaunlich, dass Sie sich ausgerechnet da-rüber beschweren.Ich finde es besonders befremdlich, dass sich ausge-rechnet die FDP
über die Krankenkassen und die Lage bei der Gesund-heitsreform beschwert.
Sie saßen mit am Tisch und sind ausgestiegen, weil Siedie Schutzzäune um die Ärzte und die Apotheker nichteinreißen wollten, was uns wirklich Geld gespart hätte.Sie waren nicht mehr dabei.
Trotz allem haben wir etwas einigermaßen Gutes zu-stande gebracht und stellen fest, dass die Krankenkassenschwarze Zahlen schreiben. In diesem Jahr sind es insge-samt 4 Milliarden Euro.
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as ist der Beitrag der Opposition zur Konsolidierunger sozialen Sicherungssysteme. Na, danke.
as ist im Übrigen auch kein Wunder, weil Sie damit jaowieso aufräumen wollen. Sie wollen alles privatisie-en. Deswegen ist das ohnehin nicht ernst zu nehmen.Jetzt komme ich zur Rente, einem anderen Siche-ungssystem. Hier muss ich auch die CDU/CSU angrei-en. Im letzten Jahr wurde die Rentenreform durchge-ührt. Wir haben etwas zur Konsolidierung der Finanzenn der Rentenversicherung getan. Wo waren Sie? Sie wa-en dagegen. Außerdem haben Sie Vorschläge gemacht,as man noch Schönes tun könnte, um die Renten zu er-öhen. Das waren gewiss Vorschläge, die dazu dienten,ich beim Volke beliebt zu machen. Leider waren sieber nicht gegenfinanziert.
Gleichzeitig haben Sie ein Katastrophenszenario aus-emalt. Es sei alles ganz entsetzlich, die Regierungs-ehrheit setze die Schwankungsreserve runter,
s werde zu unterjährigen Beitragserhöhungen kommen,er Finanzminister werde Geld geben müssen, manerde die Renten nicht mehr auszahlen können und icheiß nicht, was noch alles.Ich stelle fest: Erstens. Die Renten werden immerusgezahlt; das wissen Sie im Übrigen auch.Zweitens. Ihr Katastrophenszenario mit den unterjäh-igen Beitragserhöhungen ist nicht eingetreten.
Drittens. Überdies werden wir am Jahresende diechwankungsreserve in der gesetzlich vorgeschriebenenöhe erreichen, wodurch die Beiträge auch im nächstenahr stabil bleiben.Dafür könnten Sie uns einfach einmal loben, anstattier immer nur den Versuch zu machen, die Regierung inktuellen Debatten sozusagen an die Wand zu nageln.
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Birgitt BenderIch stelle fest: Die Regierung steht dafür, die Renten-versicherungsbeiträge zu stabilisieren und die Kranken-kassenbeiträge zu senken. Die Voraussetzungen dafürsind jedenfalls geschaffen. Sie bemüht sich um dieSchließung der Steuerlöcher.
Gerade dazu trägt die Opposition gar nichts bei, weil siesich dem notwendigen Subventionsabbau verweigert.Sie sollten also lieber bescheiden schweigen und dieRegierung arbeiten lassen.
Das Wort hat nun die Kollegin Ilse Aigner, CDU/
CSU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-nen und Kollegen!
– Ich versuche es, ich bin ja zweisprachig aufgewachsen.Heute titelte eine Tageszeitung: „Bundesagenturbraucht weniger Geld“. Der normale Mensch würde jetztvermuten, dass der Zuschuss aus dem Bundeshaushaltsinken könnte. Das ist aber ein leichter Irrtum. Wennman sich diesen kleinen Artikel nämlich weiter an-schaut, dann liest man: Der Zuschussbedarf werde vo-raussichtlich nur wenig über dem im Haushaltsplan 2004vorgesehenen Wert von 5,2 Milliarden Euro liegen. Wa-rum sage ich Ihnen das? Dies ist exemplarisch für dieHaushaltsführung dieser Bundesregierung.Ich kann noch ein anderes Beispiel bringen. Im letz-ten Jahr berieten wir einen Nachtragshaushalt für dasJahr 2004, der zunächst einmal eine Neuverschuldungvon über 40 Milliarden Euro enthielt. Am Ende des Jah-res ließ sich Minister Eichel nach der Haushaltsrechnungförmlich feiern, weil die Neuverschuldung unter40 Milliarden Euro gelegen hat. Diese Irreführung derBevölkerung ist nicht mehr zu überbieten.
Die Bundesregierung lebt davon, falsche Angaben zumachen. Das war sowohl beim letzten als auch bei die-sem Haushalt so: Die Einnahmen wurden viel zu hochund die Ausgaben viel zu niedrig angesetzt.
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Das weiß ich auch, Frau Kollegin Lehn.Am Ende dieses Jahres enthält der Haushalt Löcherm Milliardenbereich. Wir haben wie die FDP konkreteorschläge gemacht – ich weiß jetzt nicht, Herr Kollegericke, ob es ähnlich wie bei der FDP 170 waren, aberualitativ waren sie mindestens genauso gut –,
o in diesem Haushalt Einsparungen möglich sind. Sieaben alles abgelehnt und wollen alles in der Bereini-ungssitzung machen.
Wenn ich Ihre Intention richtig verstehe, treffen wirns künftig Mitte November zur Bereinigungssitzung,ir bekommen – vielleicht nach der bereinigten Steuer-chätzung – die Vorlagen vom Bundesministerium vor-elegt und nicken dann alles ab. So stelle ich mir Parla-entarismus nicht vor. Ich meine schon, dass wir imaushaltsausschuss wirklich beraten sollten.
Zum Thema Sparen haben Sie einen Vorschlag ge-acht – dieser ist Ihnen wohl gestern Nacht eingefal-en –, und zwar zum Tagesbetreuungsausbaugesetz. Hiererwenden Sie wieder den Trick, dass Sie vom Bundes-aushalt Ausgaben auf die Länder verlagern. Sie trennenas Ganze in einen zustimmungspflichtigen und einenicht zustimmungspflichtigen Teil – Volumen: ungefähr,5 Milliarden Euro –, deren Lasten Sie komplett auf dieänder respektive auf die Kommunen verschieben. Daserstehe ich nicht unter Sparen. Das ist zwar gut für denundeshaushalt, aber bei der Berechnung zur Einhaltunger Maastricht-Kriterien wird es dennoch berücksichtigt.ann werden Sie sich jedoch wieder hinstellen und ver-ünden: Die Länder sparen nicht genug.
Sie machen uns immer den Vorwurf, wir würden unseim Abbau von Steuersubventionen verweigern. Liebenja Hajduk, jetzt mache ich einmal eine schöne Rech-ung auf. Dafür habe ich mir extra den Gesetzentwurfur Abschaffung der Eigenheimzulage ausgedruckt.
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Ilse AignerDarin hat der Bund für das Haushaltsjahr 2005 Barmittelin Höhe von 95 Millionen Euro als Einsparsumme ein-gestellt.
Sind wir uns darin einig? Ich mache jetzt nur für dasHaushaltsjahr 2005 einen Gegenvorschlag: Im Bundes-haushalt 2005 – also nur für ein Jahr – sind allein für einBauvorhaben des Bundes, nämlich die Umsiedlung desBundesnachrichtendienstes nach Berlin,
etwa 85 Millionen Euro eingestellt, um einmal die Grö-ßenordnungen zu vergleichen.
In der langfristigen Planung sind es bis zu 600 Millionenund insgesamt über 1,2 Milliarden Euro. Ich habe Ihnendiese Zahlen genannt, um Ihnen die Einsparmöglichkei-ten vor Augen zu führen. Wir können also durchaus kon-krete Vorschläge machen.
Abschließend kann ich nur noch feststellen – ichwerde versuchen, mich an die Redezeit zu halten –: Esmuss doch irgendeinen Zusammenhang geben, dass zumvierten Mal die Maastricht-Kriterien verletzt wurden,voraussichtlich zum vierten Mal ein verfassungswidrigerHaushalt vorgelegt wird und Rot-Grün seit sechs Jahrenregiert.Danke.
Frau Kollegin, der angekündigte Versuch, Ihre Rede-
zeit einzuhalten, ist tatsächlich gelungen. Ich bin ganz
hingerissen.
Nun hat der Kollege Ortwin Runde für die SPD-Frak-
tion das Wort.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-gen! Ich bin heute mit einer frohen Erwartung in die Ak-tuelle Stunde gekommen.
Ich war aufgeheitert, und optimistisch gestimmt hat michdabei ein Kauder-Zitat, das heute Morgen in der „Berli-ner Zeitung“ stand. Er sagte, er gehe davon aus, dass diePolitiker der CDU in Baden-Württemberg weiterhin eineschlagkräftige, handlungsfähige Truppe bilden.
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Stabilitäts- und Wachstumspolitik in Europa wäre iner Tat ein ernsthaftes Thema. Dass wir Stabilität inuropa haben, ist allen bekannt und bewusst. Wir wis-en, dass die Binnenstabilität gegeben ist – siehe Preis-teigerungsraten –,
ir wissen, dass die Außenstabilität der Währung gege-en ist. Das Verhältnis von 1,30 Dollar zu einem Euro istolkswirtschaftlich schon eher etwas bedenklich. Dashema, das wir wirklich behandeln müssen, lautet: Wiest die Wachstumsfähigkeit Europas unter den Bedingun-en der Maastricht-Kriterien und des Maastricht-Pakts?
ier wäre es in der Tat angebracht, auf das einzugehen,as EU-Kommissar Almunia in Bezug auf die Weiter-ntwicklung des Stabilitäts- und Wachstumspakts vor-chlägt.
s geht darum, diesen Pakt nicht mechanistisch anzu-enden, sondern auch auf die konjunkturelle Entwick-ung Rücksicht zu nehmen. In dieser Situation ist die He-ausforderung von Haushaltspolitik: Wie können wirrotz der sehr schwachen Binnennachfrage und derchwierigen Haushaltssituation die Wirtschaft stabilisie-en?
enn Sie selbstkritisch an die Beantwortung dieserrage herangehen würden, dann wären Sie sehr schnellei Ihrem Verhalten im letzten Jahr. Schauen Sie sich dasinmal an. Was haben Sie für die Konsolidierung deraushalte geleistet? Beim Subventionsabbau haben Sieicht mitgemacht.
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Ortwin Runde
Sie klopfen sich immer gewaltig auf die Schultern, wasdas Koch/Steinbrück-Papier angeht. Manchmal ist IhrKlopfen so gewaltig, dass mir meine Schultern wehtun.
Sie haben den gesamten Agrarbereich herausgenommenund tabuisiert. Daran wird deutlich, dass Sie die Konso-lidierung des Haushalts nicht mit der gebotenen Ernst-haftigkeit betreiben.
In Ihren Vorstellungen und Ihrer Haltung zur Eigenheim-zulage setzt sich das fort. Das ist die größte Einzelsub-vention des Haushalts. Wenn man diese Mittel für Inves-titionen einsetzt, dann ist das von erheblicher Bedeutungfür das Wachstum.Neben dem Subventionsabbau spielte im Vermitt-lungsausschuss die Stärkung der Binnennachfrage eineRolle. Damals waren Sie gegen das Vorziehen der Steu-erreform. Überlegen Sie sich einmal selbstkritisch in Be-zug auf die Binnennachfrage, ob es nicht klug gewesenwäre, die Steuerreform insgesamt zum 1. Januar 2004 inKraft treten zu lassen. Das hätte für die binnenwirt-schaftliche Konjunktur eine positive Wirkung gehabt.Stattdessen bleibt festzustellen: Das, was Sie gegen-wärtig vorführen, bedeutet ein Totalversagen bei derkonzeptionellen Zusammenführung von Steuer- und So-zialpolitik. Herr Merz, es muss Sie doch schmerzen,wenn der Bierdeckel mit Ihrem Steuerreformkonzeptheute lediglich dazu geeignet ist, in der Kneipe einTischbein zu stabilisieren;
Ihr Konzept ist aber nicht dazu geeignet, die Gesund-heitsreform und die sozialen Sicherungssysteme solidezu finanzieren. Dafür reicht es in Ihren Reihen nicht.
Nächster Redner ist der Kollege Andreas Storm,
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wirdebattieren heute über die desaströse Lage der öffentli-chen Haushalte und der Sozialkassen. Rot-Grün hat voreinem halben Jahr unter dem wohlklingenden Titel„Nachhaltigkeitsgesetz“ eine Rentenreform beschlossen.HKRmSsagecdimemgAhiunmsb„WtnDmgiberKdug
eute kann mit Fug und Recht festgestellt werden, Frauollegin: So nachhaltig am Abgrund war die Lage derentenfinanzen noch nie.
Tatsache ist – es geht um drei Punkte, die Sie sicherken sollten –: Erstens, lieber Kollege Runde, habenie davon gesprochen, dass die Binnennachfrage sochwach sei. Im nächsten Jahr müssen sich die Rentneruf eine weitere Nullrunde einstellen.
Was hat die Ministerin in diesem Jahr für heilige Eideeschworen, dass das Aussetzen der Rentenanpassungine einmalige Ausnahme bleiben sollte! Seit diese Wo-he die Berechnungen der Rentenschätzer bekannt wur-en, wissen wir, dass die Lohnentwicklung sehr schwachst, sodass es durch die Abzüge, die Sie den Rentnernit Ihrer neuen Rentenformel zumuten, im nächsten Jahrigentlich sogar zu einer Rentenkürzung kommenüsste. Das ist glücklicherweise durch das Gesetz aus-eschlossen.
ber die Chance einer auch nur minimalen Rentenerhö-ung ist definitiv nicht mehr gegeben. Deswegen forderech Sie auf: Schenken Sie den Menschen reinen Wein einnd sagen Sie ihnen, was Sache ist, nämlich dass imächsten Jahr mit Rot-Grün keine Rentenerhöhung mehrachbar ist!
Zweitens. Gestern hat die Sozialministerin einecheinbar frohe Botschaft verkündet: Der Rentenbeitragleibt stabil. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. DerSpiegel“ hat es in seiner Ausgabe vom Montag dieseroche sehr schön auf den Punkt gebracht: „Bei der Ren-enversicherung kann der Beitragssatz im nächsten Jahrur mit Tricks gehalten werden.“
as stimmt. Denn legt man beispielsweise die Annah-en der Wirtschaftsforschungsinstitute aus der vergan-enen Woche zugrunde, dann müsste der Rentenbeitragm nächsten Jahr auf mindestens 19,6 Prozent angeho-en werden.Liebe Kollegin Waltraud Lehn, wenn Sie feststellen,s sei eine bekannte Tatsache, dass die Beiträge seit Jah-en wegbrechen, aber man solle den ersten Erfolg zurenntnis nehmen, dass der Rentenbeitrag stabil bleibe,ann stellt sich die Frage, wie blauäugig man sein muss,m Jahr für Jahr immer wieder auf die eigenen Fehlpro-nosen hereinzufallen.
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Andreas StormEines der besten Beispiele dafür ist, dass Sie bei derSchätzung der Rentenbeiträge für das nächste Jahr unter-stellt haben, dass der Krankenkassenbeitrag im Durch-schnitt bei 13,6 Prozent liegen würde.
Davon geht außer Ihnen kein Mensch mehr ernsthaftaus. Auch der Schätzerkreis der gesetzlichen Kranken-versicherung geht von einem wesentlich höheren Beitragaus. Da die Rentenversicherung aber den halben Beitragfür die Rentner an die Krankenkassen zahlt, bedeutetdas, dass damit das erste Finanzloch für die Rentenkas-sen im nächsten Jahr vorprogrammiert ist und Ihre Be-rechnung schon nicht mehr gilt.
Drittens. Sie haben sich in den vergangenen drei Jah-ren immer wieder mühsam über die Runden gerettet,indem Sie das Finanzpolster der Rentenversicherungsystematisch ausgeplündert haben. Heute sind die Rück-lagen der Rentenkassen nahezu vollständig aufge-braucht. Die eiserne Reserve ist leer.
Zuletzt wurde noch der Wohnungsbestand der Bun-desversicherungsanstalt für Angestellte für gut 2 Milliar-den Euro verkauft.
Das bedeutet, dass nun definitiv das Ende der Fahnen-stange erreicht worden ist. Sie haben kein Sparschweinmehr, das Sie schlachten können, wenn im nächsten JahrGeld in der Kasse fehlt.
In der heutigen Sitzung des zuständigen Fachaus-schusses hat die Ministerin selber eingeräumt, bei derFestsetzung des Rentenbeitrages habe man auf Kante ge-näht. Man kann es auch deutlicher sagen: Im nächstenJahr droht Rente auf Pump. Das bedeutet zwar nicht,dass die Rentnerinnen und Rentner befürchten müssen,dass ihre Renten nicht pünktlich ausgezahlt werden.Aber das bedeutet, dass in Zukunft die Stabilität derRentenversicherung und das pünktliche Auszahlen derRenten vom Wohlwollen des Finanzministers abhängigsind. Damit ist das Ende der finanziellen Eigenständig-keit der Rentenversicherung eingeleitet. Eine bittere Bi-lanz nach sechs Jahren Rot-Grün!
Es ist aber nicht nur bei der Rentenversicherung so.Vielmehr schmelzen auch die Rücklagen der Pflegever-sicherung wie Eis in der Sonne dahin. Bei der Kranken-versicherung ist es ähnlich. Wenn man bedenkt, dass derSchätzerkreis der Krankenkassen vor wenigen Tagenfestgestellt hat, dass im nächsten Jahr erneut ein leichterAnstieg der Beiträge auf 14,3 Prozent zu erwarten ist,dwKmöztAeHSoss2tacgHzmssnSni
Das Wort hat nun die Kollegin Erika Lotz, SPD-Frak-
ion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!ls Erstes möchte ich auf Herrn Kolb eingehen, der voninem Trauerspiel sprach.
err Kolb, ein Trauerspiel ist Ihre FDP.
ie reden das Gesundheitsmodernisierungsgesetz schlecht,bwohl Sie genau wissen, dass es greift. Das haben wis-enschaftliche Institute bestätigt. Die Beiträge sind ge-unken.
6 Millionen Menschen profitieren davon. Weitere Bei-ragssenkungen werden folgen. Ihre Argumente sind alson den Haaren herbeigezogen.Des Weiteren haben Sie vorhin Meldungen angespro-hen, die den angeblichen Griff in die Kassen der Pfle-eversicherung zum Thema haben.
eute Morgen hat die Ministerin in der Ausschusssit-ung dies ganz klar zurückgewiesen und als eine Fehl-eldung bezeichnet. Herr Kolb, wenn Sie den Inhalt die-er Meldungen trotzdem wiederholen, dann ist das nichteriös.
Seriös ist auch nicht Ihre Behauptung, dass die Rent-er im nächsten Jahr eine Nullrunde ertragen müssten.ie wissen ganz genau, dass wir zum jetzigen Zeitpunktoch keine seriösen Aussagen über die Lohnerhöhungenm nächsten Jahr machen können.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004 12269
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Erika LotzDies ist heute Morgen gesagt worden. Herr Kolb, daswar auch zu der Zeit nicht anders, als Sie Staatssekretärwaren. Sie wissen genau, wie das System funktioniert.
Ein Trauerspiel ist für mich auch die CDU/CSU. Siehaben heftig applaudiert, als Herr Kolb das Gesundheits-modernisierungsgesetz stark kritisiert hat.
Vergessen Sie nicht, dass wir dieses Gesetz gemeinsamverabschiedet haben.
– Sagen Sie nicht Nein! Ich habe genau nachgeschaut.
– Daran liegt es bestimmt nicht.Lassen Sie mich noch auf Herrn Storm eingehen. Seitüber einem Jahr behauptet die Opposition in den Debat-ten über die Rentenpolitik, dass ein Beitragssatz in dergesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 19,5 Pro-zentpunkten schon im laufenden Jahr unrealistisch sei.Bei den Beratungen über die Entwürfe eines zweiten undeines dritten SGB-Änderungsgesetzes haben auch Ver-treter der CDU/CSU-Fraktion ihre Kraft allein daraufverwendet, ein finanzielles Horrorszenario an die Wandzu malen. Genauso machen Sie es heute wieder.
Ich möchte exemplarisch nur kurz aus dem Bericht überdie Ausschussberatungen vom 5. November 2003 zitie-ren. Damals ist seitens der CDU/CSU gesagt worden, abMitte kommenden Jahres – also jetzt, 2004 – werde dieRentenversicherung auf vorgezogene Zuschüsse desBundes angewiesen sein.
Ende November 2004 sei eine Liquiditätshilfe des Bun-des in Milliardenhöhe erforderlich.
Nichts davon ist auch nur ansatzweise eingetreten. Soviel zu den Horrorszenarien, die Sie hier im Bundestagimmer wieder an die Wand malen.
Sie, unter anderem Herr Storm, haben in dieser Aktu-ellen Stunde wieder einmal von Finanzlöchern in derRentenkasse gesprochen. Es ist vor dem eben geschil-derten Hintergrund wohl nur Ihnen zugänglich, was Siedamit meinen. Mir ist es jedenfalls nicht zugänglich.hPKdnLDbMRg1BsimvDthebcmCVsSdd
Ich habe eine Bitte an Sie: Nutzen Sie die bevorste-ende ruhigere Zeit zum Ende des Jahres, um über Ihrenolitikstil nachzudenken.
ritik ist immer erwünscht. Doch es gibt Grenzen. Miter von Ihnen betriebenen Kampagne erreichen Sie dochur eines: Die Arbeitnehmer und die Rentner in unseremand werden verunsichert und üben Kaufzurückhaltung.amit schaden Sie der Konjunkturentwicklung und ver-auen Handlungsspielräume, die wir zugunsten derenschen in diesem Land nutzen könnten.Vieles wäre heute einfacher, hätten Sie sich in Ihreregierungszeit nicht vor den notwendigen Entscheidun-en in der Rentenpolitik gedrückt.
998 lag der Beitragssatz bei 20,3 Prozent. Selbst untererücksichtigung Ihres demographischen Faktors – daind die konjunkturellen Schwierigkeiten, mit denen wirn den letzten Jahren zu kämpfen hatten, noch nicht ein-al eingerechnet – hätten wir heute einen Beitragssatzon 21,5 Prozent.
as wäre ein Desaster für die Höhe der Lohnnebenkos-en und die konjunkturelle Entwicklung geworden. Diesaben wir Gott sei Dank verhindern können.Ich möchte Ihnen für weitere Aktuelle Stunden nochine Empfehlung geben: Vielleicht sollten Sie die Zeitesser nutzen, sich, statt hier die Menschen zu verunsi-hern, einmal klar darüber zu werden, was Sie – damiteine ich die Kolleginnen und Kollegen von der CDU/SU – eigentlich wollen.
ielleicht klären Sie Ihre Probleme mit der Kopfpau-chale – Stichwort: Ausgleich über die Steuern –, indemie eine Münze werfen: Wappen oder Zahl entscheidenann über Ihren Weg. Es ist sicherlich sinnvoll, sich inieser Frage erst einmal einig zu werden.
Danke schön.
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12270 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 134. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. Oktober 2004
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Ich erteile das Wort der Kollegin Annette Widmann-
Mauz, CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!Liebe Kollegin Lotz, ich glaube, die Zeit wird kommen,in der wir uns hier in Aktuellen Stunden mit den finanzi-ellen Auswirkungen und den nicht eintreffenden Entlas-tungen Ihres Bürgerversicherungsmodells intensiv be-schäftigen werden. Dann wird manches klar werden.
Frau Lotz, wir von der CDU/CSU haben überhauptnicht vor, irgendetwas schlechtzureden. Aber woran wiruns nicht beteiligen, ist das ständige Schönreden – ichkönnte auch sagen: Gesundbeten –, das Sie in diesemHaus betreiben. Derzeit erleben wir, dass die Beiträge inder gesetzlichen Krankenversicherung um gerade einmal0,1 Prozentpunkte gesunken sind. Da die Veräußerungder GAGFAH-Wohnungen einen Gewinn von 2 Milliar-den Euro erbracht hat, muss in der Rentenversicherungdoch eine Menge Geld gefehlt haben. Es darf nicht wahrsein: Sie verscherbeln das Tafelsilber und reden dennochvon Solidität.Dass die Finanz-, die Haushalts- und die Sozialpolitikder Bundesregierung überhaupt nicht zusammenpassen,das ist mir in dieser Aktuellen Stunde wirklich deutlichgeworden. Ich kann Ihnen nur sagen: Hans Eichel willund braucht Entschuldung. Ulla Schmidt will undbraucht Beitragssatzsenkungen. Aber beides gelingtnicht. Hans Eichel bekommt nicht die Einnahmen ausder Tabaksteuer, die er eigentlich braucht, um sie derKrankenversicherung zu geben. Wir müssen feststellen,dass die gesetzliche Krankenversicherung Schulden inHöhe von – da sind die Mindestrücklagen noch gar nichtberücksichtigt – 8,3 Milliarden Euro Schulden hat. Dasist Maastricht-relevant; deshalb haben wir großeSchwierigkeiten in der Europäischen Union.
Ulla Schmidt betet sich auf der anderen Seite weitergesund. Wir haben gerade einmal Überschüsse in Höhevon 2,5 Millionen Euro und eine Senkung um 0,1 Pro-zentpunkte erreicht. Tag für Tag brechen Ulla Schmidtdie Einnahmen weg. Jeden Tag gibt es in dieser Repu-blik 1 460 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätzeweniger. Wo sollen denn da die Konsolidierung und dieImpulse für Beschäftigung herkommen?Wir stellen fest: Beides zusammen klappt nicht. Des-halb müssen Sie sich endlich eingestehen, dass die engeKoppelung unserer sozialen Sicherungssysteme mit ih-ren Einnahmen an die Arbeitskosten das Grundübel inunserem Land ist. Dies werden Sie auch mit der Politik,die Sie in den letzten Jahren betrieben haben, nicht be-seitigen können.
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igentlich hätten schon damals die Beitragssätze höherein müssen. Sie haben damit den Grundstein für dasroblem gelegt, das Hans Eichel im Hinblick auf dieaastricht-Kriterien heute zu verantworten hat.
adurch sind nämlich die Schulden aufgewachsen.Niedrige Beitragssätze auf Pump in der Vergangen-eit kommen die Beitragszahler teuer zu stehen.
as spüren wir heute.
uch bei einem erwarteten Überschuss vonMilliarden Euro in diesem Jahr bleibt am Ende dochur wenig, wenn überhaupt noch etwas für weitere Bei-agssatzsenkungen übrig.
Wirklich bestechend ist die Ignoranz, die Sie gegen-ber den Zahlen des Schätzerkreises an den Tag legen.ie Zahlen des Schätzerkreises waren in der Vergangen-eit eigentlich die verlässlichsten, auf jeden Fall vielerlässlicher als das, was uns aus Ihrem Haus ständigorgerechnet wurde.
Wenn ich mir anschaue, womit die Kassen rechnenüssen, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass bis zumahresende maximal noch eine Beitragssatzsenkung um,1 Punkte möglich ist.
as ist bei weitem nicht ausreichend, um beschäfti-ungspolitische Impulse zu bieten. Umgekehrt sind weitiedrigere Beitragssätze – dazu will Frau Schmidt dieassen zwingen – die Schulden und Zinslasten von mor-en. Wenn im nächsten Jahr aufgrund erhöhter Ausga-en die Beitragssätze weiter steigen werden, wie vomchätzerkreis prognostiziert, dann hat alles das, was Sieier vorlegen, nichts mit Nachhaltigkeit zu tun, sondernt Augenwischerei.
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Annette Widmann-MauzZu behaupten, wir könnten uns ein weiteres Herum-wurschteln leisten, ist wirklich verheerend. Wir stellenfest, insbesondere im Versorgungsbereich, dass wederder Wirtschaftsmarkt Gesundheitswesen wachsen kannnoch die Bedürfnisse, die die Bevölkerung hat, geradewas die Krankenhäuser und die Pflege angeht, befriedigtwerden können.
Am Ende müssen Sie sich eingestehen: Die Maßnah-men des GMG sind richtig und notwendig – wir stehendazu –, aber sie reichen nicht. Die Schulden werden da-mit nicht in dem notwendigen Umfang abgebaut. DieBeitragssätze sinken nicht in dem erforderlichen Maße.Die Mehrbelastung für die Patienten und Versichertenmuss ein Ende haben. Warum also gestehen Sie sichnicht endlich ein, dass dieses System am Ende ist? Wirbrauchen einen Systemwechsel.
Letzter Redner in der Aktuellen Stunde ist der Kol-
lege Carsten Schneider für die SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-gen! Der Kollege Runde hat vorhin gesagt, dass er zuBeginn dieser Debatte eine positive Erwartung gehabthat. Sie hat sich für ihn nicht erfüllt. Das hat mich ange-sichts des Haushaltsverfahrens auch nicht sonderlichverwundert. Denn die Kolleginnen und Kollegen von derFDP und von der CDU/CSU haben in den letzten Rede-beiträgen immer wieder darauf abgehoben, dass sie vieleAnträge gestellt haben. Damit ist sicherlich eine MengePapier produziert worden. Davon, dass Sie, meine Da-men und Herren, damit Ihre Verantwortung wirklichwahrgenommen haben, kann aber keine Rede sein.
Das Loch, das Herr Austermann eben mit10 Milliarden Euro beziffert hat, stopfen Sie damit nicht.Welches Volumen hatten die Anträge?
– Ich gebe Ihnen einmal eine aktuelle Auflistung dessen,was uns jetzt vorliegt. Seit September beraten wir denHaushaltsentwurf. Seit dem Kabinettsbeschluss vomJuni ist er Ihnen bekannt. Auch die Risiken sind bekannt.Es gibt Anträge in sehr großer Anzahl.
– Zur FDP komme ich noch.
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ch denke, das sollte man einmal der Öffentlichkeitekannt machen. Die CDU/CSU konnte sich in den ver-angenen Wochen und Monaten in den Haushaltsbera-ungen nicht dazu durchringen, mehr als eine Ausgaben-teigerung – nicht etwa eine Ausgabensenkung – umPromille durchzubringen.
as ist Ihr Erfolg.Auch die FDP – Herr Fricke hat darauf hingewiesen –at sich beteiligt.
Wie viele es waren, weiß ich jetzt nicht.
ch sage Ihnen gern die Summe: ein Minus von64 Millionen Euro. Es handelt sich also um eine Sen-ung. Das ist eine Änderung um ganze 6 Promille. Ichrage mich: Ist das die Wucht der Opposition? Ist das Ihrut?
Wir befinden uns in einem Verfahren, das wir konse-uent und solide durchziehen. Es gibt Risiken, die unsekannt waren und die uns auch bekannt sind.
ir werden am 4. November die Steuerschätzung desteuerschätzerkreises erhalten, werden sie einarbeitennd gegebenenfalls auch aktuell Veränderungen vorneh-en. Wir werden uns dann an zwei Punkten orientieren,ie wir bei unserer Klausur in Krickenbeck festgelegtaben.Erstens. Wir werden einen verfassungsgemäßenaushalt vorlegen.
weitens. Dieser Haushalt wird den Maastricht-Krite-ien gerecht werden. Das sind die Linien, an denen wirns orientieren.Es würde mich natürlich freuen, wenn Sie in denächsten Wochen – es sind nur noch zwei Wochen – hierm Bundestag eine veränderte Haltung zum Thema „Ei-enheimzulage“ einnehmen würden. Vorige Woche
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Carsten SchneiderFreitag haben Sie die größte Einzelsubvention des Bun-des – –
– Richtig, es geht um Einsparungen im Bundeshaushaltin Höhe von 95 Millionen Euro in 2005. Hinzu kommenaber noch die Einsparungen bei den Gemeinden und denLändern. Aber auf lange Sicht – wir machen doch lang-fristige, nachhaltige Politik – –
– Klar, da lachen Sie! Dafür haben Sie kein Verständnis!Das ist mir klar! – Langfristig summieren sich die Ein-sparungen bei der Eigenheimzulage auf jährlich über6 Milliarden Euro. Wenn Sie trotz leer stehender Woh-nungen in Ostdeutschland die größte Einzelsubventiondes Bundes in diese Maßnahmen fließen lassen wollen,dann kann ich nur sagen: Das ist eine Politik von ges-tern, die wir nicht mittragen werden.
Ich hoffe, dass Sie sich eines Besseren besinnen.Auch die Landeshaushalte – das muss man einmal ganzklar dazu sagen – stehen unter einem starken Druck. DieKommunen haben in diesem Jahr – vor allen Dingen,weil wir für eine Festigung der Einnahmen aus der Ge-werbesteuer gesorgt haben und die Steuer nicht, wie Siees wollten, abgeschafft haben – eine solidere Ertrags-lage. Die Mittel, die wir ihnen im Rahmen von Hartz IVdienen, aber den Bund belasten, bleiben teilweise – inThüringen geht es um 26 Millionen Euro – an den Län-dern hängen. Das heißt, die Länder gehen diesen Konso-lidierungsschritt nicht mit, sondern verweigern sich ihm.Ich kann nur hoffen, dass dem ein Ende gesetzt wird,
denn wir alle tragen Verantwortung. Wir alle sind an dasMaastricht-Kriterium – die Kennzahlen, die wir errei-chen müssen – gebunden. Wir alle tragen auch für dieZukunft Verantwortung. Ich hoffe, Sie werden dem inden nächsten zwei Wochen gerecht, und biete Ihnen da-bei unsere Unterstützung an.
Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.
Wir sind damit zugleich am Ende unserer heutigen
Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 28. Oktober 2004,
9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.
zusätzlich zur Verfügung stellen, die einer Entlastung
(D