Protokoll:
15132

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 132

  • date_rangeDatum: 21. Oktober 2004

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:11 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/132 Unterrichtung durch die Bundesregierung: Umweltgutachten 2004 des Rates von Sach- verständigen für Umweltfragen – Umwelt- politische Handlungsfähigkeit sichern (Drucksache 15/3600) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Müller (Düsseldorf) (SPD) . . . . . . . . Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Astrid Klug (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Aufnahme von Stabili- tätskriterien in das Grundgesetz) (Drucksache 15/3721) . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Stabili- täts- und Wachstumspolitik fortsetzen – Den Europäischen Stabilitäts- und Wachs- tumspakt stärken (Drucksache 15/3957) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Friedrich Merz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 11983 B 11983 B 11985 C 11988 A 11989 A 11990 A 11992 A 11993 D 11995 A 12002 C 12002 C 12002 D Deutscher B Stenografisch 132. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Begrüßung der neuen Abgeordneten Martina Eickhoff und Jutta Krüger-Jacob . . . . . . . . Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Reinhold Hemker . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Verena Wohlleben als ordentliches Mitglied in die Parlamenta- rische Versammlung des Europarats . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 2, 23 und 29 b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: U W T a b 11981 A 11981 B 11981 B 11981 B 11983 A 11983 A Dr. Rolf Bietmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Marco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11995 D 11997 D undestag er Bericht ung 21. Oktober 2004 t : lrich Petzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . infried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 3: ) Antrag der Abgeordneten Friedrich Merz, Dr. Michael Meister, Dietrich Austermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Für eine sta- bile Wirtschafts- und Währungsunion – Europäischen Stabilitäts- und Wachs- tumspakt nicht ändern (Drucksache 15/3719) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ernst Burgbacher, Rainer Funke, Otto Fricke, weiteren Abgeordneten und der 11999 D 12001 B 12002 B Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Pinkwart (FDP) . . . . . . . . . . . . . 12005 D 12008 B II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 Jörg-Otto Spiller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dietrich Austermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . Dr. Andreas Pinkwart (FDP) . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Pinkwart (FDP) . . . . . . . . . . . Georg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . Tagesordnungspunkt 28: b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des unfall- versicherungsrechtlichen Schutzes bür- gerschaftlich Engagierter und weiterer Personen (Drucksache 15/3920) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Vier- ten Gesetzes zur Änderung eisenbahn- rechtlicher Vorschriften (Drucksache 15/3932) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zu dem Abkommen vom 18. No- vember 2002 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaa- ten einerseits und der Republik Chile andererseits (Drucksache 15/3881) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Gero Storjohann, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Führer- scheinbürokratie verhindern – Führer- scheintourismus beenden (Drucksache 15/3716) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas Strobl (Heilbronn), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU: Heimkehrerstiftungsgesetz verlängern (Drucksache 15/3806) . . . . . . . . . . . . . . . . g) Antrag der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Gero Storjohann, Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der h Z a b c d T a c d 12009 B 12010 B 12011 D 12013 C 12014 C 12016 B 12017 A 12017 C 12018 C 12020 A 12022 A 12022 C 12023 D 12023 D 12023 D 12024 A 12024 A Fraktion der CDU/CSU: Flexibilität für das Schaustellergewerbe (Drucksache 15/3490) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Günther Friedrich Nolting, Helga Daub, Jörg van Essen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ehemaligen Soldaten der Nationalen Volksarmee das Führen ihrer früheren Dienstgrade erlauben (Drucksache 15/3357) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 4: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Protokoll V vom 28. No- vember 2003 zum VN-Waffen- übereinkommen (Drucksache 15/3937) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Entschädi- gungsgesetzes (Entschädigungsrechts- änderungsgesetz – EntschRErgG) (Drucksache 15/3944) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung woh- nungsrechtlicher Vorschriften (Drucksache 15/3943) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Rechtsbehelfe bei Verlet- zung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) (Drucksache 15/3966) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 29: ) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung des Übereinkommens vom 29. Mai 1990 zur Errichtung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwick- lung (Drucksachen 15/3785, 15/3954) . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Pa- tentgesetzes und anderer Vorschriften des gewerblichen Rechtsschutzes (Drucksachen 15/3658, 15/3970) . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12024 B 12024 B 12024 B 12024 C 12024 C 12024 C 12024 D 12025 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 III 17. April 2003 zwischen der Bundesre- publik Deutschland und der Tschechi- schen Republik über die Änderung des Verlaufs der gemeinsamen Staats- grenze im Bereich der Autobahnbrü- cke am Grenzübergang Waidhaus- Rozvadov/Roßhaupt (Drucksachen 15/3352, 15/3839) . . . . . . . e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Abwasserabgabengesetzes (Drucksachen 15/2950, 15/3791) . . . . . . . f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Tourismus zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Brähmig, Jürgen Klimke, Ernst Hinsken, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der CDU/CSU: Rahmenbedingungen für Geschäftsrei- sen verbessern (Drucksachen 15/1329, 15/3262) . . . . . . . g) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit zu der Verordnung der Bundesregierung: Zweiundsechzigste Verordnung zur Än- derung der Außenwirtschaftsverord- nung (Drucksachen 15/3659, 15/3693 Nr. 2.1, 15/3842) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h)–k) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 149, 150, 151 und 152 zu Petitionen (Drucksachen 15/3815, 15/3816, 15/3817, 15/3818) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . l) Beschlussempfehlung des Rechtsaus- schusses: Übersicht 8 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfas- sungsgericht (Drucksache 15/3790 ) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen um Rüstungskontrolle, Ab- rüstung und Nichtverbreitung sowie über die Entwicklung der Streitkräftepotenziale (Jahresabrüstungsbericht 2003) (Drucksache 15/3167) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlussempfehlung des Auswärtigen Aus- schusses zu dem Antrag der Abgeordneten U g F W B F N M t ( K R P H W P E D H T A K A C w ( H A U H D E M T Z d E r s ( U D G 12025 B 12025 C 12025 D 12026 A 12026 A 12026 C 12026 C ta Zapf, Petra Ernstberger, Hans Büttner (In- olstadt), weiterer Abgeordneter und der raktion der SPD sowie der Abgeordneten infried Nachtwei, Marianne Tritz, Volker eck (Köln), weiterer Abgeordneter und der raktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- EN: Verhinderung der Proliferation von assenvernichtungswaffen durch Abrüs- ung und kooperative Rüstungskontrolle Drucksachen 15/1786, 15/3967) . . . . . . . . . . erstin Müller, Staatsministerin AA . . . . . . . uprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . etra Ernstberger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . arald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . infried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . rich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . r. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . ans Raidel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: ntrag der Abgeordneten Helge Braun, atherina Reiche, Thomas Rachel, weiterer bgeordneter und der Fraktion der CDU/ SU: 7. EU-Forschungsrahmenprogramm irksam ausgestalten Drucksache 15/3807) . . . . . . . . . . . . . . . . . . elge Braun (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . ndrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . lrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Martin Mayer (Siegertsbrunn) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . delgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF ichael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines inundzwanzigsten Gesetzes zur Ände- ung des Bundesausbildungsförderungsge- etzes (21. BAföGÄndG) Drucksachen 15/3655, 15/3969) . . . . . . . . . . te Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christoph Bergner (CDU/CSU) . . . . . . . . rietje Bettin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12026 D 12027 A 12028 A 12030 A 12031 D 12033 A 12033 D 12034 C 12035 D 12038 A 12039 B 12039 C 12041 A 12042 C 12044 A 12045 C 12046 D 12049 B 12050 D 12051 A 12052 D 12054 A IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär BMBF Vera Dominke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Marion Seib (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: a) Antrag der Abgeordneten Eduard Oswald, Dirk Fischer (Hamburg), Georg Brunnhuber, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Europäische Eisenbahnmagistrale Paris–Budapest im deutschen Abschnitt voranbringen (Drucksache 15/3715) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen zu dem Antrag der Abgeord- neten Renate Blank, Volkmar Uwe Vogel, Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Planungs- und Finanzierungssicherheit für die ICE-Strecken ABS/NBS Nürn- berg–Erfurt (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8.1) und Erfurt–Leipzig/ Halle (Verkehrsprojekt Deutsche Ein- heit Nr. 8.2) schaffen (Drucksachen 15/2653, 15/3580) . . . . . . . Eduard Oswald (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . . Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Georg Brunnhuber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Karin Rehbock-Zureich (SPD) . . . . . . . . . . . . Renate Blank (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Fornahl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volkmar Uwe Vogel (CDU/CSU) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bun- deshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2004 (Nachtragshaushaltsgesetz 2004) (Drucksache 15/4020) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . Steffen Kampeter (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dietrich Austermann (CDU/CSU) . . . . . . J W B B T A H ( F s P t ( i Z A W t C b ( R D D G V D T a b c 12055 B 12056 B 12057 B 12058 C 12059 D 12059 D 12060 A 12060 D 12061 D 12062 C 12064 B 12065 B 12066 B 12067 C 12068 D 12070 A 12070 B 12070 D 12075 C 12076 C ürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . alter Schöler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . artholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: ntrag der Abgeordneten Rainer Funke, ans-Joachim Otto (Frankfurt), Daniel Bahr Münster), weiterer Abgeordneter und der raktion der FDP: Richtlinie des Europäi- chen Parlaments und des Rates über die atentierbarkeit computerimplementier- er Erfindungen Drucksache 15/3240) . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 6: ntrag der Abgeordneten Dr. Günter Krings, olfgang Bosbach, Dr. Norbert Röttgen, wei- erer Abgeordneter und der Fraktion der DU/CSU: Patentierbarkeit von Software egrenzen Drucksache 15/3941) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Manzewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . rietje Bettin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . era Dominke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Uwe Küster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Durchsetzung der Gleich- stellung von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr (Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsdurchsetzungs- gesetz – SDGleiG) (Drucksache 15/3918 ) ) Antrag der Abgeordneten Ursula Lietz, Christian Schmidt (Fürth), Annette Widmann-Mauz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Solda- tinnen- und Soldatengleichstellungs- durchsetzungsgesetz zügig umsetzen (Drucksache 15/3717) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Klaus Haupt, Helga Daub, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Bun- deswehr stärken – Beschäftigungsbe- 12077 D 12078 D 12081 A 12082 B 12083 D 12084 A 12084 B 12085 A 12086 A 12087 D 12088 D 12089 C 12091 A 12091 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 V dingungen für Soldatinnen und Soldaten verbessern (Drucksache 15/3960) . . . . . . . . . . . . . . . . Walter Kolbow, Parl. Staatssekretär BMVg . . Ursula Lietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursula Mogg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer, Gudrun Schaich-Walch, Erika Lotz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Birgitt Bender, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Die flächende- ckende ambulante hausärztliche Versor- gung sichern (Drucksache 15/3581) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Petra Selg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . Detlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Margrit Spielmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Ruprecht Polenz, Dr. Friedbert Pflüger, Dr. Wolfgang Bötsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Nichtstaatliche militärische Si- cherheitsunternehmen kontrollieren (Drucksache 15/3808) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ruprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Volker Neumann (Bramsche) (SPD) . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Marianne Tritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Fünfund- zwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und eines Einund- zwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes (Drucksache 15/3942) . . . . . . . . . . . . . . . . . . W E V J T B a W M g E ( M E T Z t D F t ( T A R H n r l ( I P H E Z a b 12091 B 12091 C 12092 D 12094 A 12095 A 12096 A 12097 A 12097 B 12098 C 12099 C 12101 B 12102 A 12103 A 12104 A 12104 B 12105 D 12107 C 12108 B 12109 B ilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD) . . . . . . . ckart von Klaeden (CDU/CSU) . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: eschlussempfehlung und Bericht des Innen- usschusses zu dem Antrag der Abgeordneten olfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Erwin arschewski (Recklinghausen), weiterer Ab- eordneter und der Fraktion der CDU/CSU: ntschädigung deutscher Zwangsarbeiter Drucksachen 15/924, 15/3907) . . . . . . . . . . . arga Elser (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rwin Marschewski (Recklinghausen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 15: weite und dritte Beratung des von den Frak- ionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ IE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines ünften Gesetzes zur Änderung des Sechs- en Buches Sozialgesetzbuch Drucksachen 15/3443, 15/3973) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: ntrag der Abgeordneten Peter Rzepka, oland Gewalt, Verena Butalikakis, Siegfried elias, Günter Nooke und weiterer Abgeord- eter: Flugverkehrskonzept für den Groß- aum Berlin überprüfen – Flughafen Ber- in-Tempelhof offen halten Drucksache 15/3727) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Rzepka (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . ellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . deltraut Töpfer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 7: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer der §§ 100 g, 100 h StPO (Drucksachen 15/3349, 15/3971) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Sibylle Laurischk, weiterer Abgeordneter 12109 C 12111 C 12111 D 12112 D 12113 C 12113 D 12114 D 12116 C 12116 D 12117 A 12118 A 12119 D 12120 C 12121 C VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 und der Fraktion der FDP: Rechtsstaat- lichkeit der Telefonüberwachung si- chern (Drucksachen 15/1583, 15/3971) . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 8: a) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Die Ukraine nach der EU-Osterweiterung und vor den Präsidentschaftswahlen am 31. Oktober 2004 (Drucksache 15/3958) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Claudia Nolte, Dr. Friedbert Pflüger, Dr. Wolfgang Bötsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Für eine demokratische und freie Präsidentenwahl 2004 in der Ukraine (Drucksachen 15/3799, 15/3968) . . . . . . . Jelena Hoffmann (Chemnitz) (SPD) . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der präventiven Telekommu- nikations- und Postüberwachung durch das Zollkriminalamt (NTPG) (Drucksache 15/3931) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Situ- ation des deutschen Güterkraftverkehrs- gewerbes im europäischen Wettbewerb (Drucksache 15/3637) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments N A L A Z d E g S D A Z d d b E H B D A Z d G B n S F A Z – 12121 D 12121 D 12122 D 12124 C 12124 D 12125 A 12126 A 12126 D 12127 D 12127 D 12128 A 12129 D 12130 A und des Rates über Mindestbedingun- gen für die Durchführung der Richtli- nie 2002/15/EG sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 und (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über Sozialvor- schriften für Tätigkeiten im Kraftver- kehr KOM (2003) 628 endg.; Ratsdok. 15688/03 (Drucksachen 15/2373 Nr. 2.47, 15/3578) ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Beschlussempfehlung und des Berichts: ntschädigung deutscher Zwangsarbeiter (Ta- esordnungspunkt 14) ilke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Än- erung des Sechsten Buches Sozialgesetz- uch (Tagesordnungspunkt 15) rika Lotz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ildegard Müller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Flugverkehrskonzept für den roßraum Berlin überprüfen – Flughafen erlin-Tempelhof offen halten (Tagesord- ungspunkt 16) iegfried Scheffler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ranziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Antrag: Die Ukraine nach der EU-Ost- erweiterung und vor den Präsidentschafts- wahlen am 31. Oktober 2004 12130 B 12130 D 12131 A 12131 B 12132 A 12132 B 12133 A 12134 C 12135 A 12135 D 12137 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 VII – Beschlussempfehlung: Für eine demokra- tische und freie Präsidentenwahl 2004 in der Ukraine (Zusatztagesordnungspunkt 8 a und b) Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Claudia Nolte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der präventiven Telekommunikations- und Postüberwachung durch das Zollkriminalamt (NTPG) (Tagesordnungspunkt 17) Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretä- rin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Unterrichtung: Bericht der Bundesregie- rung zur Situation des deutschen Güter- verkehrsgewerbes im europäischen Wett- bewerb – Beschlussempfehlung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestbedingungen für die Durchführung der Richtlinie 2002/ 15/EG sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 und (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über Sozialvorschriften für Tätig- keiten im Kraftverkehr (Tagesordnungspunkt 18 a und b) Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Hofbauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Wilhelm Josef Sebastian (CDU/CSU) . . . . . . Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12138 A 12139 A 12140 B 12141 A 12141 C 12142 B 12143 C 12144 B 12144 D 12145 D 12146 D 12147 D 12149 B 12150 A 12151 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 11981 (A) ) (B) ) 132. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    Anlage 7 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 12131 (A) ) (B) ) arbeit für ausländische Staaten gezwungen wurden. Es Emotionen er hier bedient. Er sollte sich an dem Deutsche, die nach dem Zweiten Weltkrieg zur Zwangs- Kollege Marschewski sollte sich bewusst sein, welche Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Entschädigung deutscher Zwangs- arbeiter (Tagesordnungspunkt 14) Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Union verlangt eine Entschädigung für i d i s g O p s d B s d s t d ö t d g i r v d a g g o s A d L V e j a u N s a d d s z m H F s m k t m M a Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Carstens (Emstek), Manfred CDU/CSU 21.10.2004 Heynemann, Bernd CDU/CSU 21.10.2004 Ibrügger, Lothar SPD 21.10.2004 Kumpf, Ute SPD 21.10.2004 Lamp, Helmut CDU/CSU 21.10.2004 Letzgus, Peter CDU/CSU 21.10.2004* Dr. Lucyga, Christine SPD 21.10.2004* Merkel, Petra-Evelyne SPD 21.10.2004 Neumann (Bremen), Bernd CDU/CSU 21.10.2004 Rauber, Helmut CDU/CSU 21.10.2004 Reichard (Dresden), Christa CDU/CSU 21.10.2004 Ronsöhr, Heinrich- Wilhelm CDU/CSU 21.10.2004 Scharping, Rudolf SPD 21.10.2004 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 21.10.2004 Schönfeld, Karsten SPD 21.10.2004 Schwanitz, Rolf SPD 21.10.2004 Stübgen, Michael CDU/CSU 21.10.2004 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 21.10.2004 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht st unstrittig, dass die Nazizeit auch zu Opfern in der eutschen Zivilbevölkerung geführt hat. Es muss aber mmer wieder deutlich gemacht werden: Auch die deut- chen Opfer sind Opfer des verbrecherischen Nazire- imes; ohne den deutschen Faschismus hätte es diese pfer nicht gegeben. Wenn wir beispielsweise das Schicksal der Zivilde- ortierten betrachten, so wissen wir, was diese Men- chen durchgemacht haben. Die Union muss sich aller- ings fragen lassen, warum sie gerade für diese etroffenen in ihrer Regierungszeit nichts getan hat. Als ie Verantwortung trug, hat sie das Schicksal der Zivil- eportierten ignoriert und diese Menschen geradezu chäbig behandelt. Erst Rot-Grün hat die Mittel der Stif- ung für ehemalige politische Häftlinge aufgestockt und en Zugang zu Leistungen auch für Zivildeportierte ge- ffnet. Wir haben es daher gar nicht nötig, uns hier Untä- igkeit vorwerfen zu lassen. Durch den Antrag der Union wird deutlich: Es geht er Union nicht um die Menschen, sondern um Ideolo- ie. Sie will historisch aufrechnen. Der Antrag vermischt n unzulässiger Weise die Arbeit der Stiftung „Erinne- ung, Verantwortung und Zukunft“ mit dem Schicksal on Deutschen am Ende des Zweiten Weltkriegs und in er Zeit danach. Der Kollege Stadler hat in seiner Rede nlässlich der Einbringung des Antrags zu Recht heraus- earbeitet, dass die CDU/CSU-Fraktion selbst in der Be- ründung ihres Antrages nicht davon ausgeht, dass es pportun sei, an andere Staaten wegen derartiger Ent- chädigungsleistungen heranzutreten. In der Tat läuft der ntrag der Union darauf hinaus, dass es Sache der Bun- esrepublik Deutschland selbst wäre, eine finanzielle eistung als Geste für den betroffenen Personenkreis zur erfügung zu stellen. Das bedeutet aber zweierlei: Zum inen legen wir ein neues Leistungsgesetz mit einer Prä- udizwirkung auch für andere Opfergruppen auf. Zum nderen belasten wir die internationalen Beziehungen nseres Landes vor allem mit unseren osteuropäischen achbar erheblich. Das passt genau in die Reparations- chiene der Vertriebenenverbände mit der in Polen mehr ls berüchtigten Kollegin Steinbach als Frontfrau. Mit ieser Politik eines Teils der Vertriebenenverbände, von enen sich die Union nur halbherzig abgrenzt, belastet ie in unerträglicher Weise die deutsch-polnischen Be- iehungen und nimmt dies auch billigend in Kauf. Aus welcher geistigen Ecke das Ansinnen kommt, acht ein Blick auf den früheren Unionsabgeordneten ohmann deutlich: Er war noch als Mitglied seiner alten raktion einer der Betreiber des Gedankens, dass deut- ches Geld erst einmal deutschen Opfern zugute kom- en soll. In populistischer Manier setzt die Union lammheimlich alle Opfer von Unrecht gleich und rela- iviert so historische deutsche Verantwortung. Die ge- einsame Presseerklärung von Hohmann und arschewski vom 8. Mai 2003 ist weiterhin im Internet brufbar. 12132 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 (A) ) (B) ) Lernprozess seiner Partei- und Fraktionsvorsitzenden beteiligen, die nach der Ankündigung ihrer Anti-Türkei- Abstimmung gemerkt hat, wohin solche rechtspopulisti- schen Aktionen führen. Mit solchen Anträgen verhilft er der NPD zu weiteren Wahlerfolgen. Den Antrag der Union lehnen wir ab. Max Stadler (FDP): Die FDP unterstützt das Anlie- gen, für Deutsche, die aufgrund der verbrecherischen Politik des NS-Regimes Zwangsarbeit leisten mussten, eine symbolische finanzielle Entschädigung herbeizu- führen. Der Deutsche Bundestag hat im Jahre 2000 – viel zu spät, aber immerhin – endlich das Stiftungsgesetz zur Entschädigung der ausländischen NS-Zwangsarbeiter verabschiedet. Von einer echten Entschädigung kann da- bei nicht gesprochen werden. Die finanziellen Leistun- gen wurden aber von den Opfern als Anerkennung des erlittenen schweren Unrechts empfunden. Für die FDP war seinerzeit klar, dass die damalige, in schwierigen internationalen Verhandlungen erzielte Lö- sung nicht mit der Frage einer Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter befrachtet werden durfte. Dies wäre aus vielerlei Gründen nicht angemessen gewesen und hätte zu einer schiefen Optik geführt. Dennoch ist es verständ- lich, dass die damalige Diskussion zu neuen Fragen geführt hat, denn alle Fraktionen haben bei Erlass des Stiftungsgesetzes die Auffassung vertreten, dass Zwangsarbeit ein besonderes Unrecht darstellt, das über ein allgemeines Kriegsfolgenschicksal hinausgeht. Wenn dem so ist, trifft aber die frühere Meinung, Zwangsarbeit sei durch die bis dahin ergangenen Kriegs- folgengesetze abgegolten, auch für deutsche Zwangsar- beiter nicht mehr zu. Daher ist dies ein ungelöstes Thema. Es ist auch keine unzulässige Vermischung von Täter- und Opferrolle, wenn man feststellt, dass aus menschenrechtlicher Sicht Zwangsarbeit für jeden ein- zelnen Betroffenen ein Sonderopfer darstellt. Dieses Unrecht hat das Dritte Reich verursacht. Mit ihrer verbrecherischen Kriegspolitik tragen die Nazis die Schuld am Zweiten Weltkrieg und damit an der Zwangs- arbeit von Deutschen. Die Bundesrepublik Deutschland ist Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichs. Es steht ihr daher gut an, auch diese Hypothek abzutragen. Das Naziregime hat den Zwangsarbeitern Lebenszeit genom- men und individuelle Lebenschancen zerstört. Dies an- zuerkennen ist Ziel des CDU/CSU-Antrags, dem die FDP zustimmt. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Fünften Geset- zes zur Änderung des Sechsten Buches Sozial- gesetzbuch (Tagesordnungspunkt 15) Erika Lotz (SPD): Heute Abend bringen wir eine Re- gelung auf den Weg, die zu unserer großen Handwerks- ordnungsnovelle gehört. Mit dem „Fünften Gesetz zur Ä w H E p H s e r s f s g a E r h s s s r k „ s a t w n f s D e Ü t w t d s n s l – u t H A (C (D nderung des Sechsten Sozialgesetzbuchs“ wollen wir, as die Rentenversicherungspflicht von selbstständigen andwerkern angeht, den Stand der Dinge, wie sie bis nde 2003 galten, wieder herstellen. Mit der Novelle haben wir das sogenannte Inhaber- rinzip aufgegeben. Bis dahin mussten die Inhaber von andwerksbetrieben Meister sein und waren rentenver- icherungspflichtig. In Personengesellschaften musste in Gesellschafter Meister sein und war rentenversiche- ungspflichtig. Von dieser Rentenversicherungspflicht konnten sie ich – und können sie sich auch jetzt wieder – nur be- reien lassen, wenn sie 18 Jahre Pflichtbeiträge in die ge- etzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Hintergrund dieser Regelung, die Ende der 50er-Jahre etroffen wurde, war es, Menschen abzusichern, die uch mit selbstständiger Arbeit nur durchschnittliche inkommen erwirtschaften. Diese Politik haben wir auch in den vergangenen Jah- en weiter fortgesetzt. Ich möchte da an die Einbezie- ung arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger in die ge- etzliche Rentenversicherung erinnern, die Rot-Grün chon kurz nach dem Regierungswechsel 1998 beschlos- en hat. Diesen Stand – dass nur derjenige rentenversiche- ungspflichtig ist, der auch die entsprechenden Qualifi- ationsanforderungen mitbringt – stellen wir mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Sechsten Sozialge- etzbuchs“ wieder her. Damit schließen wir bewusst die reinen Kapitalgeber us. Daneben gilt: Wer bis zum 31. Dezember 2003 ren- enversicherungspflichtig war, bleibt es auch weiterhin. Eine Änderung im Sechsten Sozialgesetzbuch müssen ir heute vornehmen, weil mit der Handwerksordnungs- ovelle auch Inhaber ohne die nötigen Qualifikationsan- orderungen versicherungspflichtig geworden wären. Damit wäre auch ein Ungleichgewicht zu den Selbst- tändigen in handwerksähnlichen Gewerben entstanden. iese sind nicht rentenversicherungspflichtig und waren s auch nie. Gegen dieses Ungleichgewicht gäbe es im brigen auch verfassungsrechtliche Bedenken. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Opposi- ion, dass das Handwerksrecht novelliert werden musste, ar uns allen schon seit einigen Jahren bewusst. Es war rotzdem nicht einfach, eine gemeinsame Lösung zu fin- en. Wir haben uns schließlich im Vermittlungsaus- chuss geeinigt. Dass die Handwerksordnungsnovelle, die am 1. Ja- uar dieses Jahres in Kraft getreten ist, richtig war, zeigt ich inzwischen. Bei den Branchen, die wir aus der An- age A der Handwerksordnung herausgenommen haben das sind die Handwerke, die nicht gefahrgeneigt sind nd für die deshalb heute kein Meisterbrief mehr für Be- riebsgründung benötigt wird –, gab es schon im ersten albjahr 17 Prozent mehr Selbstständige. Auch von den Neugründungen der Betriebe nach der nlage A sind zwei Drittel nach der neu eingeführten Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 12133 (A) ) (B) ) Altgesellenregel vorgenommen worden. Darüber hinaus hat sich die Handwerksordnungsnovelle auch positiv auf die Ausbildungsbereitschaft ausgewirkt. Sie sehen also, dass wir mit dieser Novelle wirklich das geschaffen haben, was wir damit beabsichtigt haben: mehr Chancen für das Handwerk. Wir wollten und wollen den großen Befähigungs- nachweis zukunftssicher und europafest machen, die wirtschaftliche Entwicklung des Handwerks stärken, Existenzgründungen erleichtern, Arbeitsplätze sichern und Impulse für neue Arbeitsplätze und Ausbildungs- plätze geben. Zu dieser Novelle gehört auch die Regelung, die wir heute verabschieden werden. Wir werden – und das be- tone ich besonders gern – auch diese Regelung gemein- sam mit der Opposition beschließen. Es gibt also auch Gesetze, die ganz ohne strittige Diskussionen einver- nehmlich von allen getragen werden. Hildegard Müller (CDU/CSU): Leider muss ich es bereits zu Beginn erwähnen: Rot-Grün hätte uns die heu- tige Debatte wirklich ersparen können, wenn die Bun- desregierung im vergangenen Jahr bei der Novellierung der Handwerksordnung sauber und ordentlich gearbeitet hätte. Rot-Grün hätte vor allem vielen Handwerkern Chaos und Durcheinander ersparen können, wenn – ganz im Arbeitsethos der Betroffenen – handwerklich gut ge- arbeitet worden wäre. Dies ist leider nicht der Fall gewe- sen. Folglich müssen wir heute für die damaligen rot- grünen Fehler nachsitzen. Rot-Grün hat damals auf die- sem Feld unsaubere Arbeit abgeliefert. Böse Absicht will ich gar nicht unterstellen. Bundes- regierung und Koalition können hier aber heute nicht be- haupten, dass sie nicht gewarnt worden wären. So wurde in der damaligen Anhörung im Wirtschaftsausschuss zur Novelle der Handwerksordnung auf das heute zu debat- tierende Problem hingewiesen. Wer möchte, mag sich die damaligen Ausschussdrucksachen getrost nochmal anschauen. Damals hat der „Interessenverband freier und unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker“ vor dem heute beklagten Missstand gewarnt. Dass diese Mahnung ungehört verhallt ist, überrascht mich aber eigentlich nicht: Was Rot-Grün von Experten- meinungen in Anhörungen hält, haben wir in den ver- gangenen Wochen und Monaten mitbekommen. Mir fal- len im Bereich der Sozialpolitik noch eine Menge von Gesetzesvorhaben ein, bei denen dies leider genauso war oder so sein wird. Man darf zum Beispiel gespannt sein, ob Rot-Grün bei den Änderungen in der Pflegeversiche- rung wenigstens auf den Rat der Rentenversicherer hört. Die warnen aktuell vor Rentenbescheiden, die erst aus- gestellt und anschließend widerrufen werden müssen – mit erheblichem organisatorischem Aufwand und hoher Verunsicherungsgefahr. Mit etwas Ähnlichem haben wir uns heute in unserer rot-grünen Nachhilfestunde auch zu beschäftigen. Ich möchte noch einmal ganz deutlich machen, um was es hier geht: Zu Beginn diesen Jahres trat die große Handwerksnovelle in Kraft. Mit ihr wurde – eben mehr o p a n d d g h H m T D w e h d e d l w R M t e s t v n e f H z L R H R d e s c (C (D der weniger unbewusst – die Rentenversicherungs- flicht der selbstständigen Handwerker ausgeweitet. Der ktuelle Gesetzentwurf korrigiert die maßgebliche Norm un. Er stellt damit rückwirkend die alte Regelung wie- er her. Damals wurde unter anderem der § 2 Satz l Nr. 8 es SGB VI geändert, und zwar mit der folgenden Be- ründung: „Die Änderung stellt eine Folgeänderung zur Ände- rung der Handwerksordnung dar. Mit ihr wird der ‚Status quo‘ der derzeitigen Rentenversicherungs- pflicht selbstständiger Handwerker aufrechterhal- ten. Aufgrund der Neustrukturierung der Anlagen A und B zur Handwerksordnung werden zahlreiche Handwerke zulassungsfrei. Um den Kreis der versi- cherungspflichtigen Handwerker unverändert zu lassen, muss daher die entsprechende, bisher nur auf die in der Handwerksrolle eingetragenen Hand- werker Bezug nehmende Vorschrift im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch um die Handwerker, die künftig ein zulassungsfreies Handwerksgewerbe ausüben, erweitert werden.“ Nach der Kritik in der bereits erwähnten Anhörung at wenig später auch der Zentralverband des Deutschen andwerks darauf hingewiesen, dass mit der neuen For- ulierung eine Ausweitung der Versicherungspflicht- atbestände in der Rentenversicherung eingetreten ist. iese kann ein vernünftiger Mensch nicht wirklich ge- ollt haben. Auf jeden Fall wurde auf diesem Weg für rhebliche Irritationen im Handwerk gesorgt. Zu Recht at der ZDH deshalb die Bundesregierung aufgefordert, ie neue Regelung rückwirkend wieder aufzuheben. Ich möchte nochmals ganz deutlich machen, worum s hierbei genau geht. Nur so wird der Widersinn und as eigentliche rot-grüne Versagen an dieser Stelle deut- ich. Im Wesentlichen geht es um zwei Änderungen: Zum einen ist für die Führung von 53 Handwerksge- erben, beispielsweise für Uhrmacher, Schneider oder aumausstatter, die Erfordernis des Nachweises der eisterprüfung aufgegeben worden. Inhaber solcher Be- riebe sind demzufolge nicht mehr in die Handwerksrolle ingetragen, sondern in das neue Verzeichnis der zulas- ungsfreien Handwerksgewerbe. Daneben bestehen wei- erhin die handwerksähnlichen Gewerbe. Zum anderen wurde mit der großen Handwerksno- elle das bisher gültige Inhaberprinzip aufgegeben, wo- ach der Inhaber eines Handwerksbetriebes auch die rforderlichen handwerksrechtlichen Qualifikationen er- üllen musste. Nunmehr kann ein zulassungspflichtiges andwerksgewerbe auch dann geführt werden, wenn war nicht der Inhaber, aber ein im Betrieb beschäftigter eiter die erforderliche Qualifikation besitzt. Welche Konsequenzen ergaben sich daraus für die entenversicherung? In den zulassungspflichtigen andwerken unterliegen die Gewerbetreibenden der entenversicherungspflicht. Dies gilt nun unabhängig avon, ob sie selbst die Voraussetzungen erfüllen oder inen Meister eingestellt haben. Handelt es sich um Per- onengesellschaften, besteht wie bisher die Rentenversi- herungspflicht nur für diejenigen Gesellschafter, die 12134 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 (A) ) (B) ) über die handwerksrechtliche Qualifikation verfügen. Auch bei den zulassungsfreien Handwerksgewerben un- terliegt seither der Inhaber der Rentenversicherungs- pflicht. Jedoch ist anders als bei den Zulassungspflichti- gen Handwerken bei Personengesellschaften jeder Gesellschafter – unabhängig von seiner Qualifikation – rentenversicherungspflichtig. Dadurch besteht auch für Personen, die einen zulas- sungspflichtigen oder freien Betrieb nur vorübergehend weiterführen, zum Beispiel für Witwen, Witwer, Erben oder Nachlassverwalter, eine Rentenversicherungs- pflicht. Außerdem ist die Ungleichbehandlung von Selbstständigen, die ein zulassungsfreies Handwerksge- werbe ausüben und von Selbstständigen, die ein hand- werksähnliches Gewerbe betreiben, als problematisch zu betrachten. Zudem fehlte im alten Gesetz auch noch jede Übergangsregelung. Personen, die bereits privat fürs Al- ter vorgesorgt hatten, wurden so weitere Ausgaben auf- erlegt. Es stellt sich auch die Frage, ob es aufgrund der No- vellierung der Handwerksordnung überhaupt noch eine Legitimation für die Versicherungspflicht für Handwer- ker gibt. Es ist gut, dass der ganze Unsinn jetzt wieder korri- giert wird. Vielleicht gelingt es uns so auch, reichlich zerbrochenes Porzellan wieder zu kitten. Ich möchte zum Abschluss noch auf etwas hinweisen: Im Vergleich zu den großen „Reform-Baustellen“ in un- serem Sozialversicherungswesen mag die heutige Kor- rektur als kleiner Fisch erscheinen. Es ist aber dennoch wichtig, dass wir Signale für ein mittelstandsfreundli- ches Klima geben. Mit dem handwerklichen Schlendrian hat Rot-Grün dies nicht getan. Vielmehr hat Rot-Grün nur deutlich gemacht, dass Warnungen – selbst wenn sie in Anhörungen vorgetragen wurden – nicht wirklich ernst genommen werden. Wenn die Politik so verantwor- tungslos handelt, darf sie sich nicht wundern, wenn Ver- trauen verloren geht. Es geht um das Vertrauen, das Mit- telständler – dazu zähle ich auch das Handwerk – brauchen, um zu investieren und damit dringend benö- tigte Arbeitsplätze zu schaffen. Es kann in diesem Haus nicht oft genug gesagt wer- den: Die Lage des Mittelstandes war noch nie so kata- strophal wie zurzeit. Allein in den vergangenen zwei Jahren gab es rund 80 000 Insolvenzen. Jeden Tag kom- men weitere 100 hinzu. Das sind dreimal so viele Kon- kurse wie vor zehn Jahren und fünfmal so viele wie vor 25 Jahren. In diesem Bereich gibt es Kämpfe um Ar- beitsplätze, die nicht in der „Tagesschau“ gezeigt wer- den. Deshalb ist es das Wichtigste, dass wir den Mittel- stand wieder stärken. Dies ist das A und O. Durch die Stärkung des Mittelstandes werden Wachstum und Be- schäftigung gefördert. Dafür müssen jedoch vorab ver- nünftige Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wir brauchen mehr Freiraum für Selbstständigkeit. Der Selbstständigenanteil liegt bei uns in Deutschland leider nur noch bei etwa 10 Prozent. In der EU sind es noch immerhin 16 Prozent. Dieser Trend zu einem im- mer geringeren Anteil muss endlich umgekehrt werden. D l k k n 1 g p G p m s w V g e n e t V t d t H g h b n G H t 2 2 b v s g h f T a v ö D r z e u P (C (D ies wird uns aber nur gelingen, wenn wir Mittelständ- er mit solchem Murks, den es heute zu reparieren galt, ünftig verschonen. Ich hoffe, Rot-Grün wird aus dem heutigen Schaden lug. Allzu oft sollte sich die Politik ein Nachsitzen icht leisten müssen. Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Am . Januar 2004 ist die große Handwerksnovelle in Kraft etreten. Im Zuge dessen war die Rentenversicherungs- flicht selbstständiger Handwerker neu zu regeln. Zwei ründe waren dafür ausschlaggebend: Erstens. In einer Reihe von Gewerken ist die Meister- rüfung keine Voraussetzung zur Führung eines Betriebes ehr. Die neuen zulassungsfreien Handwerksgewerbe ind rechtlich im Ergebnis den handwerksähnlichen Ge- erben gleichgestellt worden. Dort bestand noch nie ersicherungspflicht. Zweitens. Das so genannte Inhaberprinzip wurde auf- egeben. Inhaber eines Betriebes müssen nicht mehr in igener Person die handwerksrechtlichen Qualifikatio- en erfüllen. Es reicht, wenn etwa ein Betriebsleiter die rforderlichen Qualifikationen besitzt. Die seinerzeit ge- roffenen Regelungen haben zu einer Ausweitung der ersicherungsspflicht geführt. Das war nicht beabsich- igt. Mit dem nun vorliegenden Gesetz wird erreicht, ass auch in Zukunft nur jene Handwerker in die Ren- enversicherung einbezogen werden, die auch vor der andwerksnovelle in die Versicherungspflicht einbezo- en waren. Versicherungspflicht wird für jene Handwerker beste- en, die Inhaber von zulassungspflichtigen Handwerks- etrieben sind und selbst die erforderlichen Qualifikatio- en erfüllen. Selbstständige, die ein zulassungsfreies ewerbe betreiben, werden nun genauso behandelt wie andwerker, die ein handwerksähnliches Gewerbe be- reiben. Die Regelung wird rückwirkend zum 1. Januar 004 in Kraft gesetzt. Handwerker, die am 31. Dezember 003 in die Versicherungspflicht einbezogen waren, leiben weiterhin versicherungspflichtig. Die Diskussion um die Reform der Handwerksno- elle und im Nachgang um die Versicherungspflicht von elbstständigen Handwerkern hat wieder einmal deutlich ezeigt, dass die Regeln zur Versicherungspflicht über- olt sind: Die Abgrenzungen sind nicht über jeden Zwei- el erhaben. Der vorliegende Entwurf fügt sich in die bestehende radition zur Versicherung von Handwerkern. Das ist ngemessen. Wenn die Regeln zur Versicherungspflicht erändert werden, dann sollte dies auf Grundlage einer ffentlichen und offenen Debatte erfolgen. Damit ist die ebatte zur Versicherungspflicht in den Sozialversiche- ungen nicht vom Tisch. Meine Fraktion hat wiederholt vorgeschlagen, die So- ialversicherungen zu Bürgerversicherungen weiterzu- ntwickeln. Alle Bürgerinnen und Bürger sollten nach nserer Auffassung die gleichen Rechte und die gleichen flichten haben. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 12135 (A) ) (B) ) Für den sozialen Schutz der Bevölkerung und die Mitgliedschaft in den Sozialversicherungen sollte es in Zukunft nicht mehr wichtig sein, ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig ist. Es darf auch keine Rolle mehr spielen, ob jemand ledig, geschieden oder verheiratet ist. Wer eine verpflichtende Anzahl von Jah- ren in die Versicherung eingezahlt hat, sollte ein eigen- ständiges Recht auf sozialen Schutz vor Armut im Alter erhalten, unabhängig vom Familienstand, von der Stel- lung im Erwerbsleben und vom Verdienst. Jeder sollte die Pflicht haben, solche Bürgerversicherung entspre- chend seiner Leistungsfähigkeit zu finanzieren. Allerdings kann eine Bürgerversicherung nicht von heute auf morgen umgesetzt werden. Es bedarf einer lan- gen und gut durchdachten Vorbereitung, um die damit im Zusammenhang stehenden verfassungsrechtlichen und fiskalischen Probleme zu lösen. En passant lassen sich all diese Fragen nicht klären. Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Der heute zur Beratung stehende Gesetzentwurf zielt darauf ab, die bis 2003 be- stehende Rechtslage hinsichtlich der Versicherungs- pflicht von selbstständigen Handwerkern wieder herzu- stellen. Diese Rechtslage war von der rot-grünen Regierung mit ihrer Handwerksnovelle hinsichtlich der Versicherungspflichttatbestände auch auf Personen aus- geweitet worden, die überhaupt nicht die Voraussetzun- gen hinsichtlich der Definition eines selbstständigen Handwerkers erfüllen. So war zum Beispiel ein Kom- manditist in einer Raumausstatter-KG seit Anfang 2004 rentenversicherungspflichtig. Dies ist eine unverständli- che und nicht nachvollziehbare Ausweitung der ohnehin auf dem Prüfstand stehenden Pflichtversicherung von Handwerkern. Die FDP begrüßt daher die Einsicht der Koalition. Es gilt das alte Sprichwort: „Besser spät als nie.“ Sie haben zum Glück ihren Fehler eingesehen und sind bereit, ihn mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf zu korrigie- ren. Dadurch werden Handwerker in zulassungsfreien Gewerken und alle Personengesellschafter, die selbst nicht Handwerker sind, wieder von der Versicherungs- pflicht befreit. Für den betroffenen Personenkreis be- wirkt das Einsparungen von bis zu 395 Euro in den neuen Ländern und bis zu 470 Euro in den alten Bundes- ländern, und zwar pro Monat! Wer die Lage im Hand- werk kennt, weiß, was das bedeutet. Wir unterstützen den Gesetzentwurf auch deshalb, weil er mehr Men- schen in die Lage versetzt, eine private kapitalgedeckte Altersvorsorge aufzubauen. Die FDP hat die Notwendig- keit einer Ausweitung der privaten Altersvorsorge mit mehreren Anträgen im Deutschen Bundestag seit langem eingefordert. Es ist zu begrüßen, dass eine einvernehmliche Lösung in Zusammenarbeit mit dem Zentralverband des Deut- schen Handwerks gefunden wurde. Das ist bei der rot- grünen Bundesregierung durchaus keine gängige Praxis: Sie hat bei der zugrunde liegenden Handwerksnovelle dies nicht getan, sondern sie hat in Konfrontation mit den Betroffenen gehandelt. w h t K v s k u t s V k H V z s b H w M w A d v T m B b P b g B g f f I g m r D m d n F r k e g k s (C (D Unzweifelhaft sind über die heutige Korrektur hinaus eitere Schritte nötig. Es ist historisch bedingt und aus eutiger Sicht nicht mehr zwingend, sondern eher gro- esk, dass selbszständige Handwerker im SGB VI neben üstenfischern, Seelotsen und Entbindungspflegern als ersicherungspflichtig eingestuft werden. Ziel sollte es ein, die Rentenversicherungspflicht für Handwerker omplett abzuschaffen, denn sie ist für viele Handwerks- nternehmer schlichtweg ein Ärgernis. Handwerker soll- en – wie andere Selbstständige auch – ihre Altervor- orge frei gestalten und zwischen freiwilliger ersicherung in der GKV und privater Vorsorge wählen önnen. Es ist jedenfalls nicht länger hinzunehmen, dass andwerker eine GmbH gründen müssen, um sich der ersicherungspflicht zu entledigen. Hier treibt der So- ialstaat seltsame Blüten. Die FDP wird in Kürze ent- prechende Anträge in den Deutschen Bundestag ein- ringen. Wir sind uns dabei der Unterstützung durch die andwerksverbände sicher. Wir würden uns freuen, enn diese Anträge dann mit einer ähnlich breiten ehrheit im Deutschen Bundestag beschlossen würden, ie es heute geschieht. nlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Flugverkehrskon- zept für den Großraum Berlin überprüfen – Flughafen Berlin-Tempelhof offen halten (Ta- gesordnungspunkt 16) Siegfried Scheffler (SPD): Ich hätte nicht gedacht, ass ich noch einmal die Möglichkeit bekomme, mich or diesem Hohen Haus zum Betrieb des Flughafens empelhof zu äußern. Schließlich wurde bereits 1996 it dem so genannten Konsensbeschluss zwischen dem und und den Ländern Berlin und Brandenburg verein- art, den Flughafen Tempelhof zu schließen, sobald der lanfeststellungsbeschluss für den Flughafen Schönefeld estandskräftig wird. Dieser Beschluss wurde im Übri- en auch nach dem Wechsel der Regierungen auf undes- und Landesebene zu keinem Zeitpunkt infrage estellt. Am 13. August dieses Jahres ist nun der Plan- eststellungsbeschluss erlassen worden; Ende 2005/An- ang 2006 wird er voraussichtlich Rechtskraft erlangen. ch habe zunächst einmal keinen Anlass – trotz der ein- ereichten Klagen –, an diesem Datum zu zweifeln. In einen Augen gibt es daher auch keinen Anlass, den er- eichten Konsens infrage zu stellen oder aufzuweichen. ies gilt meines Erachtens übrigens für alle Beteiligten. Fest steht: Der Flughafen Tempelhof ist unökono- isch und produziert Jahr für Jahr steigende Verluste, ie das Land Berlin tragen muss. Ich denke, ich muss Sie icht daran erinnern, dass sich Berlin in einer desolaten inanzsituation befindet und derzeit gegen die Bundes- epublik Deutschland wegen seiner Haushaltsnotlage lagt. Wie verhält sich der Beklagte? Er verabschiedet inen Antrag, der das – dank der Bemühungen der SPD- eführten Landesregierung – ganz langsam auf die Beine ommende Berlin veranlassen soll, gegen jede wirt- chaftliche Vernunft ein als Verlustbringer erkanntes 12136 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 (A) ) (B) ) Objekt weiter zu betreiben? Ich denke nicht, dass der Deutsche Bundestag solche Zeichen setzen sollte. Berlin darf und muss vielmehr im Rahmen der geschlossenen Verträge und Vereinbarungen alle Maßnahmen ergreifen, um seine desolate Finanzsituation zu entschärfen. § 31 Abs. 2 LuftVG besagt ausdrücklich, dass die Länder in eigener Verantwortung über Bau, Ausbau und auch Schließung von Flughafenstandorten entscheiden. Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie daher bitten, den vorliegenden Antrag abzulehnen. Die von den Antrag- stellern dargestellten Gründe, die für einen Weiterbetrieb von Tempelhof sprechen sollen, Angebote privater Be- treiber, Tempelhof in Eigenregie weiterzuführen, und das kürzlich vorgestellte Konzept, Tempelhof als City- terminal mit eigener Trassenanbindung für BBI auszu- bauen, sind entweder nicht seriös, da die Privaten zum Beispiel nicht die Gebäude, die die hauptsächlichen Kosten verursachen, übernehmen wollen, bzw. kommen schlichtweg zu spät, da ein Cityterminal am Standort Tempelhof erhebliche Verzögerungen für den Ausbau von Schönefeld nach sich ziehen würde. Dies ist weder im Interesse des Bundes noch im Interesse Berlins. Keine Frage: Tempelhof ist ein Stück Berlin, Tempel- hof ist ein Stück der Geschichte auch meiner Stadt und es ist schwer, sich davon zu verabschieden. Viele Berli- nerinnen und Berliner verbinden mit diesem Flughafen viele sehr persönliche Erinnerungen, zum Beispiel an die Luftbrücke, die ihnen das Überleben während der Blo- ckade sicherte. Sie denken an Freunde, die sie in Tem- pelhof begrüßen konnten oder von denen sie in Mauer- zeiten Abschied nehmen mussten, und sie erinnern sich an viele eigene Flüge. Aber die Zeiten haben sich geän- dert. Westberlin ist nicht mehr eingemauert und das ver- einigte Berlin muss in der gegenwärtigen schwierigen wirtschaftlichen Lage besonders genau rechnen. Tempel- hof ist schon lange ein Verlustbringer. Das kann sich die Stadt auf Dauer nicht mehr leisten. Von 1991 bis 2003 haben sich Verluste in Höhe von 139 Millionen Euro angesammelt. Die jährlichen Ver- luste lagen zwischen 7 Millionen und 17 Millionen Euro. Allein im vergangenen Jahr waren es laut Jahresab- schluss 2003 der FBS, der vom Wirtschaftsprüfer testiert ist, 15,3 Millionen Euro. Für 2004 wird von der FBS ein Verlust von 15,2 Millionen Euro erwartet. Und wenn der Flugbetrieb aufrechterhalten würde, kämen nach Be- rechnungen der FBS von 2005 bis 2010 noch einmal 120 Millionen Euro dazu. Auch die Entwicklung des Verkehrsaufkommens spricht eine klare Sprache: Im Jahre 1993 hatte der Flug- hafen Tempelhof seinen Höhepunkt mit rund 68 000 Flugbewegungen und 1,1 Millionen Passagieren. Seit- dem geht die Entwicklung kontinuierlich bis auf eine „kleine Erholung“ in den Jahren 1997 und 1998 nach un- ten. 2003 gab es noch rund 37 000 Flugbewegungen und rund 450 000 Fluggäste. Ich halte es für absolut falsch, für eine kleine Klientel von Geschäftsleuten und Bun- destagsabgeordneten, die einen möglichst kurzen Weg zur Arbeit und zu Terminen haben wollen, ein so über- flüssiges, teures und die Menschen belastendes Fossil wie den Flughafen Tempelhof weiter zu betreiben. b T f s S O K G m v t T k s S s d n S B m d u n F r n e B k W i n w d d A c B F n V s z k w p b I J G s C d n g (C (D Um die Stadt von dem Geldvernichter Tempelhof zu efreien und um die anderen mit dem Weiterbetrieb von empelhof verbundenen Probleme einer Lösung zuzu- ühren, hatte die Berliner Flughafengesellschaft in Ab- timmung mit den drei Gesellschaftern einen Antrag zur chließung des Flughafens Tempelhof gestellt. Das berverwaltungsgericht hat diesen Antrag nach der lage einiger weniger Airlines mangels rechtlicher rundlage jedoch abgewiesen. Dieser Enscheidung uss sich der Berliner Senat fügen, auch wenn es nach- ollziehbare Begehrlichkeiten gibt, den Flughafenbe- rieb möglichst bald zu beenden. Ein Weiterbetrieb von empelhof würde mittel- und langfristig zu einer unkal- ulierbaren Schuldenlast führen und den Weg zu einer auberen und soliden Finanzierung des Single Airports chönefeld permanent blockieren. Dies hat sich bei Ge- prächen der Flughafengesellschaft mit möglichen Kre- itgebern als wichtiger Punkt herausgestellt. Die Verlagerung des Flugverkehrs von den beiden in- erstädtischen Flughäfen Tegel und Tempelhof nach chönefeld bietet große wirtschaftliche Chancen für erlin und Brandenburg. Der wichtigste Grund für eine öglichst zügige Schließung des Flughafens sind jedoch ie Menschen in Tempelhof und Neukölln; diese leiden nter dem Fluglärm genauso, wie die Menschen in Rei- ickendorf, Tegel und Spandau unter dem Betrieb des lughafens Tegel leiden. Sie müssen mit einem Unfall- isiko leben, das mit der Verlagerung des Flugverkehrs ach Schönefeld erheblich verringert werden wird. In iner dicht besiedelten Region wie dem Ballungsraum erlin wird man das Risiko nicht auf Null verringern önnen und ich weiß aus eigener Betroffenheit, da mein ahlkreis im Einzugsgebiet des neuen Großflughafens n Schönefeld liegt, dass die Verlagerung auch wieder eue Belastungen für Bevölkerungsgruppen bringen ird, die bisher weniger betroffen waren. Dennoch enke ich, dass wir, egal wie man zur Standortentschei- ung für Schönefeld steht, im Interesse der Stadt den usbau Schönefelds zügig voranbringen müssen. Die Schließung von Tempelhof erschließt riesige Flä- henpotenziale für eine neue Nutzung. Die Aufgabe des etriebes in Tempelhof bedeutet, dass Berlin ein riesiges lächenpotenzial von 357 Hektar in Innenstadtlage für eue Nutzungen gewinnt. Dafür gibt es viele denkbare arianten. Nutzungsüberlegungen anzustellen ist jetzt chon gut und sinnvoll. Zu einer tatsächlichen Umset- ung solcher Überlegungen kann und wird es aber erst ommen, wenn der Flughafen entwidmet ist. Bis dahin erden noch viele Überlegungen angestellt werden. Wichtig ist jedenfalls, dass ein großer Teil des Tem- elhofer Feldes als „Grüne Lunge“, als Naherholungsge- iet für die Berlinerinnen und Berliner, erhalten bleibt. n dem Konzept „Park der Luftbrücke“, das vor einigen ahren erstellt wurde, sind daher allein 210 Hektar als rünfläche eingeplant. Für die Stadtentwicklung ist entscheidend: Ein so rie- iges Areal wie der Flughafen Tempelhof eröffnet die hance, die Inanspruchnahme von Flächen außerhalb es Siedlungskörpers zu reduzieren. Das bedeutet nicht ur ein Stück mehr nachhaltige Entwicklung und weni- er Zersiedlung. Es bedeutet auch, dass mittelfristig Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 12137 (A) ) (B) ) weniger Folgekosten für die infrastrukturelle Erschlie- ßung entstehen. Die Flächenpotenziale des Flughafens Tempelhof sind ein Riesenpfund der Stadt. In anderen Ballungsräumen wie in Stuttgart oder München gibt es eine erhebliche Knappheit an verfügbaren Flächen. Ber- lin verfügt dagegen mit den vorhandenen und zukünfti- gen Potenzialen über einen ganz harten Standortvorteil. Das dämpft die Boden- bzw. Mietpreise und ermöglicht eine flexible und nachfrageorientierte Entwicklung von Standorten für Wohnen und Wirtschaft. Das Tempelhofer Feld zu gestalten ist eine riesige städtebauliche Herausforderung. Es besteht jedoch kein Anlass, sofort mit der Umgestaltung zu beginnen. In ei- ner Zeit, in der noch sehr viele Flächen auch in anderen Innenstadtlagen frei sind, ist viel Platz für Phantasie. Vorstellbar ist zum Beispiel, das heutige Flugfeld als einen neu gewonnenen Freiraum zu entwickeln, der für Erholung, Sport, Kultur, Naturerlebnis und viele andere Aktivitäten genutzt werden kann. Dieselbe Offenheit besteht auch im Hinblick auf die künftige Nutzung des Flughafengebäudes. Auch das bie- tet ein einzigartiges Flächenpotenzial mitten in Berlin. Das Land Berlin, zu 17 Prozent Eigentümer der Immo- bilie, und der Bund, der zu 83 Prozent Eigentümer ist, beraten gemeinsam über denkbare Optionen für die künftige Nutzung des Gebäudes. Die Frage ist zum Bei- spiel, ob und gegebenenfalls welche Bundeseinrichtun- gen eine Unterbringung im Flughafengebäude infrage kommt. Berlin braucht nicht drei Flughäfen und auch nicht zwei Flughäfen, sondern muss die ganze Kraft darauf konzentrieren, Schönefeld als den einen Flughafen der Region Berlin-Brandenburg zu entwickeln. Es geht eben nicht um einen einzelnen Flughafen, sondern um das große Infrastrukturprojekt, mit dem wir der Region einen Schub geben können. Jeder zusätzliche Flughafen im Einzugsbereich von BBI schwächt die Position von BBI, ob das Neuhardenberg ist, Stendal oder Tempelhof. Es wäre doch absurd, wenn wir vor dem Start von BBI auch noch für Konkurrenz im eigenen Umfeld sorgen würden, indem wir – auch einer privat organisierten – Weiterführung von Tempelhof zustimmen würden. BBI wird nur dann zu einem Erfolg, wenn er wirklich ein Single Airport in der Region ist. Ich bin sicher, dass all die Verbände und Unterneh- men, die jetzt noch an Tempelhof festhalten, sehr bald die Vorteile von BBI in Schönefeld erkennen und die Chancen für sich nutzen werden. Ich denke, dass es gerade in der jetzigen Phase darauf ankommt, keine falschen Signale auszusenden. Die un- nötige und hauptsächlich Partikularinteressen dienende Beibehaltung des Flughafenstandorts Tempelhof wäre ein solches falsches Signal. Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es mag vielleicht subjektiv nachvollziehbar sein, dass sich einige Bundestagsabgeordnete für diesen Gruppenantrag ausgesprochen haben. Manche nutzen den Flughafen im Zentrum von Berlin auch als schnelle V i w g g G z r k O a s G s s W b B t a m v f B S l b F d d h u s l l s d d z S d S g z t s n b z m f v d B l (C (D erkehrsanbindung, um am Ende einer Sitzungswoche n ihre Wahlkreise zurückkehren zu können. Dadurch ird der Bund aber nicht zur zuständigen Genehmi- ungsbehörde in dieser Frage. Der Flughafenbetrieb liegt in Deutschland überwie- end in regionaler Verantwortung. Die Länder sind als enehmigungsbehörde für die Flughafenentwicklung uständig, der Bund koordiniert die Planung aus über- egionaler Sicht und sorgt für die erforderlichen Fernver- ehrsanbindungen. Der Appell an den Bund, sich für die ffenhaltung von Tempelhof stark zu machen, kann sich lso nur an den Bund in seiner Eigenschaft als Gesell- chafter der FBS, der Flughafen Berlin Schönefeld mbH, richten. Der Bund hält 26 Prozent dieser Gesell- chaft. Objektiv betrachtet kann aber sowohl aus ökonomi- chen als auch aus ökologischen Gründen niemand die eiterführung des Flugbetriebs in Tempelhof ernsthaft efürworten. Der Bund und die Länder Brandenburg und erlin haben sich 1996 gegen die unwirtschaftliche Auf- eilung des Flugverkehrs in Berlin auf drei Flughäfen usgesprochen. Der Konsensbeschluss, der von der da- aligen Bundesregierung aus CDU und FDP ebenso wie on der CDU-geführten Berliner Landesregierung ge- asst wurde, sieht die Errichtung des Flughafens Berlin- randenburg-International, BBI, in Schönefeld als ingle-Airport für die Region vor. Grundlage für die damalige Entscheidung war vor al- em der defizitäre Flugbetrieb in Berlin, Daran hat sich is heute nichts geändert. In 2003 betrug das Defizit des lughafens Tempelhof über 15 Millionen Euro. Je länger ieser Flughafen geöffnet bleibt, umso schlechter wird ie Ertragssituation der Flughafengesellschaft und umso öher werden die notwendigen Mittel sein, die der Bund nd die Länder Brandenburg und Berlin aufbringen müs- en. Vor dem Hintergrund der angespannten Haushalts- age von Bund und Ländern ist das Bemühen der Ber- iner Landesregierung, den Flughafen Tempelhof so chnell als möglich zu schließen, zu begrüßen, auch weil ie planungsrechtliche Begründung im Wesentlichen auf ie Konzentration des Flugverkehrs in Schönefeld ab- ielt. Auch für die Anwohnerinnen und Anwohner ist die chließung des Flugbetriebs in Tempelhof ein Schritt in ie richtige Richtung. Sie sind nicht länger einem icherheitsrisiko mit unzumutbarer hoher Lärmbelästi- ung und Gesundheitsgefährung ausgesetzt. In den Jahr- ehnten der Teilung der Stadt mussten diese Risiken ge- ragen werden, die heute nicht mehr zu verantworten ind. Ein Flughafen mitten in einem Wohngebiet ist icht länger tragbar. Deshalb muss gehandelt werden, evor ein Unglück geschieht. Dies gilt auch für den weiten innerstädtischen Flughafen in Berlin-Tegel, der it der Inbetriebnahme des neuen Flughafens in Schöne- eld hoffentlich in 2010 geschlossen wird. Die Aufregung, Schönefeld läge zu weit außerhalb on Berlin, ist nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil ist er Standort in Schönefeld stadtnah. Die Flughäfen zum eispiel in London, Frankfurt, München und Stuttgart iegen zum Teil weiter vom Stadtzentrum entfernt. 12138 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 (A) ) (B) ) Dazu gehört auch eine gute Infrastruktur, vor allem eine schnelle Schienenanbindung. Hier ist der Bund zu- ständig und hier sollten wir schnell gemeinsam handeln. Wie sehen die nächsten Schritte aus? Bund und Län- der müssen jetzt ihre Hausaufgaben machen: Nachdem die Errichtung des Flughafens Schönefeld im Privatisie- rungsverfahren gescheitert ist, muss die öffentliche Hand den Single-Airport jetzt selbst errichten. Für den Ausbau zum Flughafen Berlin-Brandenburg-International, BBI, muss jetzt schnell ein stringenter Finanzierungs- und Zeitplan vorgelegt werden. Für die Liegenschaft in Tem- pelhof muss ein Nutzungskonzept erarbeitet werden, da- mit zukünftig nicht weiter Steuermittel in Millionenhöhe für die Unterhaltung des Gebäudekomplexes anfallen. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Antrag: Die Ukraine nach der EU-Osterwei- terung und vor den Präsidentschaftswahlen am 31. Oktober 2004 – Beschlussempfehlung: Für eine demokrati- sche und freien Präsidentenwahl 2004 in der Ukraine (Zusatztagesordnungspunkt 8 a und b) Manfred Grund (CDU/CSU): Es dürfte nahezu ein- malig in der deutschen Parlamentsgeschichte sein, dass der Deutsche Bundestag in zwei aufeinander folgenden Sitzungswochen zum gleichen außenpolitischen Thema, nämlich der Entwicklung der Ukraine, debattiert. Ich be- grüße es ausdrücklich, dass die Ukraine so viel parla- mentarische Aufmerksamkeit und Wertschätzung er- fährt, und werbe dafür, dass auch die deutsche Öffentlichkeit die Ukraine und ihre Entwicklung besser wahrnimmt. Denn es gibt die Ukraine betreffend durch- aus ein Wahrnehmungsproblem. Wenn wir nach Osten schauen, sehen wir Polen und das große Russland. Das mag vielerlei Ursachen haben: geschichtliche Ursachen, wirtschaftliche Gründe und auch energiepolitische Gründe. Dass aber zwischen die- sen beiden Ländern die Ukraine liegt, einer der flächen- mäßig größten Staaten Europas mit 48 Millionen Ein- wohnern und mit einer bemerkenswerten Geschichte, ist hierzulande weithin unbekannt. Das Magdeburger Stadtrecht war im Mittelalter in den ukrainischen Städten die Kommunalverfassung. Das ukrainische Herrscherhaus war mit fast allen europäi- schen Herrscherfamilien verbunden und verheiratet. Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453 war der Schwerpunkt der christlichen Orthodoxie die Ukraine. Mit drei Sätzen ist die politische Verfasstheit der heu- tigen Ukraine umschrieben: Erstens. Die Ukraine ist ein europäisches Land. Zweitens. Die Ukraine ist eine junge Demokratie. Drittens. Die Ukraine ist nicht nur Nachbar R s D d E A E u I b U w d R h m w P j m l s ü i w n e r s F s r E A u l t b I s z U b t D C c w s b (C (D usslands, die Ukraine befindet sich in großer wirt- chaftlicher und politischer Abhängigkeit von Russland. ie Ukraine ist ein europäisches Land und seit der Grün- ung der Ukraine 1991 hat sie vorsichtig an die Tür der uropäischen Union geklopft. Die offizielle ukrainische ußenpolitik war und ist in Bezug auf die EU und uropa nicht konsistent, sondern wankelhaft. Doch die krainische Gesellschaft, große Teile der ukrainischen ndustrie und auch Polen als europäischer Nachbar ha- en Erwartungen in Richtung einer Integration der kraine in die EU. Nun mag die EU gute Gründe haben, darauf zu ver- eisen, dass die Ukraine die für einen Beitritt notwen- ige politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche eife nicht vorweisen kann. Und in der Tat gibt es er- ebliche Defizite: Defizite bei der Entwicklung von De- okratie und Rechtsstaatlichkeit, Defizite bei der Ent- icklung einer Bürgergesellschaft und Defizite, die ressefreiheit betreffend. Doch die Ukraine ist eine unge Demokratie und neben den Demokratiedefiziten uss auch auf die positiven Unterschiede zur Entwick- ung in Belarus oder auch Russland verwiesen werden. Wir sollten die Ukraine, da wo es notwendig ist, kon- truktiv kritisieren, aber auch ermutigen. Denn ich bin berzeugt, eine fortschreitende Integration der Ukraine n europäische Strukturen wäre ein beiderseitiger Ge- inn und insbesondere im deutschen Interesse. Wir haben ein – nach meiner Meinung zu wenig defi- iertes – nationales Interesse, aus der wachsenden und rdrückenden Abhängigkeit von russischen Energieliefe- ungen herauszukommen. Dazu bräuchte es zum Bei- piel die Möglichkeit, via Odessa Öl und Gas aus den ördergebieten am Kaspischen Meer, also aus Kasach- tan, nach Europa zu verladen. Stattdessen wird wohl ussisches Öl aus Sibirien nach Odessa gepumpt. Ich befürchte, die Abhängigkeit Deutschlands von nergielieferungen aus Russland verstellt der deutschen ußenpolitik in Bezug auf die Menschenrechtssituation nd den Staatsdirigismus einen freien Blick auf Russ- and. So ist es eben nicht nur die Ukraine, die, wie oben un- er drittens angeführt, sich in Abhängigkeit zu Russland efindet, eine Abhängigkeit, die durch fortschreitende ntegration der Ukraine in einen einheitlichen Wirt- chaftsraum mit Belarus, Kasachstan und Russland noch unehmen wird. Abschließend die Frage: Was können wir tun, die kraine zu ermutigen und unsere Wahrnehmung zu ver- essern? Die Ukraine hat so bedeutendes wirtschaftliches und echnologisches Potenzial, um mit einer hochrangigen elegation aus Regierung und Wirtschaft – ähnlich den hinareisen des Bundeskanzlers – offensiv wirtschaftli- he Kontakte voranzubringen. Dies geht natürlich nur, enn der zukünftige Präsident aus freien, demokrati- chen und fairen Wahlen hervorgeht. Ein so gewählter Präsident und Gesprächspartner raucht jede wissenschaftlich fundierte Hilfe zum Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 12139 (A) ) (B) ) Umbau der ukrainischen Ökonomie, Verwaltung und des Finanzsektors. Ich bedauere in diesem Zusammenhang, dass das Transform-Programm bis auf wenige Reste zum Jahresende ausläuft und die Tätigkeit der deutschen Be- ratergruppe Wirtschaft bei der ukrainischen Regierung zum Jahresende eingestellt wird. Dies ist deshalb schade, weil für den neuen Präsiden- ten und die kommende Regierung unabhängige und kompetente Beratung von großem Nutzen wäre. Ich bedaure, dass die Regierungskoalition in den Aus- schussberatungen den Ukraine-Antrag von der CDU/ CSU abgelehnt hat. Ich bedaure, dass der Antrag der Re- gierungskoalition über Allgemeinplätze und wohlfeile Appelle nicht hinauskommt. Ich bedaure, dass wir den in uns gesetzten Hoffnun- gen kaum gerecht werden, insbesondere den Hoffnungen der sich herausbildenden Zivilgesellschaft. Ich bedaure, dass wir zu keinem konkreten Handeln und Helfen finden, dass wir aus den erschreckenden Er- eignissen in Belarus keine Konsequenzen ziehen. Mehr wäre möglich, mehr wäre notwendig, auch in einem wohlverstandenen nationalen Interesse Deutsch- lands. Claudia Nolte (CDU/CSU): Über alle Fraktionsgren- zen hinweg besteht Einigkeit darüber, dass wir den Prä- sidentschaftswahlen am 31. Oktober dieses Jahres in der Ukraine eine große Bedeutung beimessen. Vor allem glauben wir alle, dass demokratische, faire und freie Wahlen für dieses europäische Land von grundlegender Bedeutung für seine Entwicklung sind. Ich füge hinzu: Dies ist nicht nur für die Ukraine, sondern für die ge- samte Region und auch für die EU wichtig. Ein starkes demokratisches Land hat nämlich auch Ausstrahlung auf die Nachbarstaaten, gerade ein Land wie die Ukraine mit seiner Größe und seinen Potenzialen. Ein schwaches und undemokratisches Land hat entsprechend ebenfalls einen Einfluss auf die Umgebung. Da die Ukraine ein direkter Nachbar der EU ist, haben wir Europäer selbstverständlich ein großes Interesse an einer demokratischen Entwicklung in diesem Land. Das ist nicht nur um unser selbst Willen so, sondern natürlich auch wegen der Menschen dort, die es verdient haben, dass sie in einem freien Land an einer guten Entwick- lung mitwirken können. Wenn nun zwei Anträge eingebracht wurden, die sich mit den bevorstehenden Wahlen in der Ukraine ausei- nandersetzen, dann ist das nicht ohne Grund geschehen. Was sich dort in den letzten Wochen ereignet, macht uns sehr besorgt. Zu viel deutet darauf hin, dass von admi- nistrativer Seite Einfluss auf die Wahlen genommen wird, dass man nicht von Fairness sprechen kann. Nach Aussage von Mykola Kateryntschuk, Abgeordneter der Fraktion „Nascha Ukraina“ und Leiter des juristischen Dienstes des Wahlstabs von Viktor Juschtschenko, sind ihm bereits mehr als 2000 Verstöße gegen das Wahlge- setz gemeldet worden. In mehr als 150 Fällen urteilten die Gerichte bereits zugunsten der Kläger. Diese Be- s s f f i P g P n h ü n t i t g e s e W I t b d d a d l M d a a d s U m k l l n w s a d f A m u s d p e w m U 3 (C (D chlüsse und die damit verbundenen Zahlen zeigen: Un- ere Kritik ist selbst nach ukrainischem Recht gerecht- ertigt. Die Unabhängigkeit der Medien muss stark in Zwei- el gezogen werden: Die Aktionen von „Nascha Ukra- na“ und politische Erklärungen der oppositionellen olitiker finden in den durch den Staat oder durch Oli- archen kontrollierten Medien, die nahezu geschlossen remierminister Janukowitsch unterstützen, einfach icht statt. Wenn überhaupt, dann sieht man im Fernse- en nur kritische oder sogar stark manipulierte Beiträge ber Juschtschenko und seine Anhänger, die ihn in ei- em negativen Licht erscheinen lassen. Die großforma- ige Berichterstattung über Janukowitsch wird dagegen mmer in positiven Tönen gehalten und mit seinen Leis- ungen im Amt des Ministerpräsidenten in Verbindung ebracht. Auch bei der Anbringung der Wahlplakate kann von iner Chancengleichheit der Kandidaten keine Rede ein. In seinem letzten Bericht stellt das Wählerkomitee inen massiven Einsatz der staatlichen Stellen bei der erbung für den amtierenden Ministerpräsidenten fest. nsbesondere die staatlichen Eisenbahnen und der Ren- enfonds würden offen für Janukowitsch Wahlwerbung etreiben. Vor diesem Hintergrund möchten wir – ich enke, da spreche ich nicht nur für meine Fraktion – ringend die Verantwortlichen in der Ukraine aufrufen, lles zu tun, um solche Vorfälle auszuräumen, den Kan- idaten gleiche Chancen einzuräumen und vor allem al- es dafür zu tun, dass die Wahlen selbst frei von jeglicher anipulation sind. Das heißt, es muss sichergestellt wer- en, dass die Wahlkommissionen demokratisch und un- bhängig zusammengesetzt sind und dass die Stimmen- uszählung genau kontrolliert werden kann. Da wohl avon ausgegangen werden kann, dass Stichwahlen tattfinden werden, besteht auch jetzt noch für die kraine die Chance zu beweisen, dass sie es ernst meint it dem Bekenntnis zu einem freiheitlichen und demo- ratischen Staat. Der Antrag meiner Fraktion konzentriert sich absicht- ich auf die Präsidentschaftswahlen. Diese Wahlen stel- en die Weichen für den Weg, den die Ukraine in den ächsten Jahren gehen wird. Das bedeutet, diese Wahlen erden in gewisser Weise auch darüber entscheiden, wie ich die Beziehungen zwischen unseren Ländern, aber uch zwischen der Ukraine und der EU gestalten wer- en. Vor diesem Hintergrund schien es uns angemessen, ür weiter gehende Überlegungen und Maßnahmen den blauf und Ausgang der Wahlen abzuwarten. Vielleicht üssen wir viel grundlegender über unsere Beziehungen nd über weitere Schritte nachdenken. Diese Schritte ind sowohl in die eine als auch in die andere Richtung enkbar. Der Koalitionsantrag ist aus unserer Sicht recht un- räzise und lässt wesentliche Aspekte außen vor. Der rste und wichtigste Punkt ist doch die Frage: Wie halten ir es mit der Annäherung der Ukraine an die EU und it der Perspektive einer EU-Mitgliedschaft der kraine? In der letzten Debatte zu diesem Thema am 0. September dieses Jahres hatte ich diesen Punkt 12140 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 (A) ) (B) ) ausdrücklich angesprochen, weil ich es falsch finde, dass wir uns um dieses Thema herummogeln. Wenn wir im- mer wieder sagen, erstmal müsse sich die Ukraine erklä- ren und ihren Willen zeigen, dass sie überhaupt diese Annäherung wolle, dann hat das oft den Unterton: „Bitte erklärt dies nicht zu schnell und nicht zu deutlich!“ Auch im Nachbarschaftskonzept der EU ist impli- ziert, dass wir gegenüber den Nachbarstaaten einen Sta- tus errichten, der eine entsprechende Distanz sicherstellt. Es wird nicht unterschieden, ob es sich um Länder han- delt, für die eine Mitgliedschaft in der EU von vornhe- rein nicht in Frage kommt, oder ob es sich um Länder handelt, bei denen dies prinzipiell denkbar ist. Ich glaube, allen ist dabei klar, dass das keine Frage für heute oder morgen ist. Die Frage ist nur, ob es richtig ist, generell zu signalisieren: „Für euch gibt es diese Per- spektive nicht!“ Der Koalitionsantrag macht es sich dementsprechend einfach, indem er gar nichts zu diesem Thema sagt. Aber nichts sagen sagt auch etwas! Der Antrag ist auch hinrei- chend unscharf bei der Nennung konkreter Maßnahmen. Es ist unseres Erachtens zu früh, um sich zu diesem Zeit- punkt auf bestimmte Einzelheiten festzulegen. Aber wenn schon Dinge wie das Transformprogramm ange- sprochen werden, dann sollte man schon konkreter wer- den, in welcher Weise man sich den Anschluss vorstellt, wenn das Programm 2005 ausläuft. Nach meiner Einschätzung war das Programm erfolg- reich. Deshalb macht es Sinn, sich darum zu bemühen, dass eine Fortführung, gegebenenfalls mit Anpassungen, sichergestellt wird. In diesem Punkt sollten Sie meines Erachtens fordernder sein. Ob der Aktionsplan oder das Kooperationsabkommen der richtige Ort ist oder nicht doch besser ein eigenes Programm angemessener wäre, finde ich diskussionswürdig. Für einen guten Ansatz hielte ich es, wenn wir ge- meinsam mit unseren polnischen Nachbarn überlegen, wie sich das Verhältnis zur Ukraine entwickeln soll. Die Bundesregierung ist diesbezüglich mit der polnischen Regierung im Gespräch. Ich frage mich allerdings, wa- rum dies nicht auch Erwähnung im Antrag der Koalition findet. In meiner Rede zur Einbringung unseres Antrages hatte ich angeregt, dass wir einen gemeinsamen Antrag verabschieden sollten. Die Reaktion auf der Seite der Koalition war so, dass ich recht optimistisch war, das hinzubekommen, gerade wegen der Bedeutung und we- gen unserer Einigkeit in der Sache. Von daher finde ich es schade, dass keiner von der Koalition auf uns zuge- kommen ist. Deswegen werden wir selbstverständlich unserem Antrag zustimmen und den Koalitionsantrag aus den genannten Gründen ablehnen. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir sehen den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in der Ukraine am 31. Oktober bzw. 21. November mit großer Sorge entgegen. Präsidentschaftskandidat Wiktor Juschtschenko musste seinen Wahlkampf aufgrund einer rätselhaften Erkrankung vom 10. September bis zum 10. Oktober unterbrechen, um in Wien behandelt zu wer- d u i s d P t l m – W i K t z P d v z p w S J g U B d d s d e r d W R f W m d s A d u v u s g i s S d e I (C (D en. Auslöser seiner Gesundheitsprobleme ist angeblich nd möglicherweise ein Vergiftungsversuch. Die Ärzte n Wien konnten den Vorwurf einer Vergiftung weder be- tätigen noch ausschließen. Nach seiner Entlassung aus em Krankenhaus sah Juschtschenko laut Associated ress „um Jahre gealtert aus. Er war abgemagert und eilweise gelähmt, das Gesicht war rot und geschwol- en.“ Juschtschenkos Kontrahent, der amtierende Premier- inister Wiktor Janukowitsch ist am 24. September angeblich von einem politischen Gegner – durch ein urfgeschoss verletzt worden. Am 17. Oktober hatte die Polizei an den Straßen, die ns Zentrum der Hauptstadt Kiew führen, Sperren und ontrollpunkte errichtet, um die Teilnahme von Studen- en an einer Wahlkampfveranstaltung für Juschtschenko u behindern. Einige Studenten sagten laut Associated ress, sie seien von Polizisten geschlagen worden, an- ere berichteten von massivem Druck seitens der Uni- ersitätsverwaltungen, nicht an der Demonstration teil- unehmen. Ein Student sagte, er sei wegen seiner olitischen Überzeugung von der Universität verwiesen orden. Am 19. Oktober, also vorgestern, kam es zu einem prengstoffanschlag auf ein Büro einer Wiktor uschtschenko nahe stehenden Organisation in Lwiw. All diese Einzelereignisse zusammengenommen zeu- en von einer äußerst angespannten Situation in der kraine, Mit zusätzlicher Sorge erfüllt uns die einseitige erichterstattung in den elektronischen Medien, die ein- eutig für den amtierenden Premierminister Einfluss auf ie Wahlen nehmen. Wir rufen daher alle am ukraini- chen Präsidentschaftswahlkampf beteiligten Seiten ringend auf, ihre Wahlkampagnen im Interesse des igenen Landes demokratisch, fair und gewaltlos zu füh- en. Die Erfahrungen der vergangenen ukrainischen Präsi- entschafts- und Parlamentswahlen lassen erhebliche ahlfälschungen befürchten. Wir rufen die ukrainische egierung und staatliche Strukturen auf, auf Wahlemp- ehlungen zu verzichten und appellieren an die staatliche ahlkommission sowie internationale Beobachter, alle öglichen Maßnahmen zu ergreifen, um Wahlen nach emokratischen Standards zu ermöglichen. Es muss allen für die Wahl Verantwortlichen klar ein, dass nicht nur das Wahlergebnis, sondern auch die rt und Weise, wie es zustande kommt, für das Image er Ukraine in Europa, für das Vertrauen zur Ukraine nd für die Enge zukünftiger Beziehungen zur Ukraine on entscheidender Bedeutung ist. In diesen Tagen ist die erschreckende Entwicklung im krainischen Nachbarstaat Belarus aufgrund der repres- iven Maßnahmen des autoritären Lukaschenko-Re- imes gegenüber oppositionellen Demonstranten erneut n den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Das Bei- piel Belarus zeigt, wozu das Ignorieren demokratischer tandards im Extremfall führen kann: zu einem Regime, as Freiheit und Menschenrechte mit Füßen tritt, und das in Land in die komplette außen- und handelspolitische solation führt. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 12141 (A) ) (B) ) Darüber hinaus liegt es auch in unserem und im ge- samteuropäischen Interesse, eine demokratische, poli- tisch eigenständige und wirtschaftlich starke Ukraine als engen Partner und guten Nachbarn an unserer östlichen EU-Grenze zu haben. Das ermöglicht mehr Zusammen- arbeit und eine weitere Intensivierung der staatlichen und der zivilgesellschaftlichen Beziehungen. Harald Leibrecht (FDP): Vergangenes Wochenende konnten wir im Nachbarstaat der Ukraine, in Weißruss- land, eine absolute Wahlfarce erleben: Wahlbeobachter wurden von der örtlichen Polizei aus den Wahllokalen geworfen. Wahlzettel wurden Presseberichten zufolge schon im Vorfeld mit Ja ausgefüllt. Wählerregistrierun- gen sind in den Lokalen nicht erfolgt, sodass leicht zu- sätzliche Stimmzettel hinzugefügt werden konnten. Aus Sicht russischer Wahlbeobachter wurde jedoch nichts Undemokratisches entdeckt. Diese Einschätzung zeigt, dass Russland im Gegensatz zu uns andere Maßstäbe an ein demokratisches Verfahren setzt. Solche Maßstäbe dürfen nicht auf die Ukraine übertragen werden. Die Bundesregierung muss in den verbleibenden Tagen bis zur Präsidentschaftswahl in der Ukraine all ihren Ein- fluss geltend machen, dass die Wahlen in der Ukraine fair und frei ablaufen. Ukraine darf nicht zu einem zwei- ten Weißrussland werden. Dies beziehe ich nicht nur auf die bevorstehende Wahl, sondern auch auf das allgemeine politische und gesellschaftliche Klima in der Ukraine. Von meiner letz- ten Reise in die Ukraine vor wenigen Wochen konnte ich als Ergebnis mitnehmen, dass die Ukraine trotz Schwä- chen, zum Beispiel was die Medienfreiheit, den Umgang mit der Opposition und die Bekämpfung der Korruption anbetrifft, auf dem richtigen Wege ist. Um von diesem Weg nicht abzukommen, ist es wichtig, dass die Ukraine stärker an die Europäische Union gebunden wird. Der EU-Aktionsplan mit der Ukraine kann ein erster Meilen- stein in diese Richtung werden. Dadurch könnte die Ukraine zu einem verlässlichen Partner für Europa wer- den. Die FDP-Fraktion bedauert, dass es vom Deutschen Bundestag kein eindeutiges und vor allem geschlossenes Signal an die Ukraine zur Wahl geben wird. Ähnlich wie vor den Parlamentswahlen in Weißrussland konnten sich die Regierungskoalition und die Union nicht auf einen gemeinsamen Antrag einigen. Aus unserer Sicht wäre ein interfraktioneller Antrag gut gewesen, weil ein sol- cher der Ukraine gezeigt hätte, wie wir zu diesem Land stehen. Die FDP stimmt mit der Zielrichtung des vorliegen- den Antrages von SPD und den Grünen überein. Jedoch ist es bis zur Präsidentschaftswahl in einer Woche ziem- lich knapp, die Forderungen umzusetzen. Ich denke hier weniger an die Bundesregierung, sondern mehr an die Ukrainer. Aus diesem Grund verstehen wir den Antrag von Rot-Grün als Signal nach dem Motto: Nach der Wahl ist vor der Wahl. Die dann neu gewählte Führung sollte das Signal des Westens verstehen und vertrauens- bildende Maßnahmen schaffen, wenn sie an einer ernst- h s A i s t s A P z z G c M e d d k d b D m s W a k s u e d V z F je s s a – S I s g Z V s k S P d (C (D aften Kooperation mit der Europäischen Union interes- iert ist. nlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der präventiven Telekommunika- tions- und Postüberwachung durch das Zollkri- minalamt (NTPG) (Tagesordnungspunkt 17) Joachim Stünker (SPD): Der vorliegende Entwurf st bereits das zweite Vorhaben am heutigen Tage, das ich mit der Telekommunikationsüberwachung beschäf- igt. Im vorliegenden Fall hat uns das Bundesverfas- ungsgericht aufgegeben, einige Vorschriften im ußenwirtschaftsgesetz wegen verfassungsrechtlicher robleme neu zu fassen. Wie ich schon in meiner Rede ur Verlängerung der §§ 100 g und 100 h der Strafpro- essordnung erwähnte, planen wir seit einiger Zeit eine esamtreform der Vorschriften über die Telefonüberwa- hung. Im letzten Jahr wurde dazu ein Gutachten des ax-Planck-lnstituts vorgelegt. Das Gutachten enthält ine rechtstatsächliche Untersuchung über die Anwen- ung der entsprechenden Vorschriften der StPO. Nach- em das Gutachten nun ausgewertet werden konnte, ommen wir einer umfassenden Reform näher, da wir etailliertere Maßgaben haben, wo in der Praxis Pro- leme liegen bzw. was verbessert werden kann und soll. ie Vorschriften der §§ 100 ff. sind in sich nicht stim- ig. Aus diesem Grund ist es notwendig, das Gesamt- ystem der Telefonüberwachung wie aber auch der ohnraumüberwachung zu überdenken und einander nzupassen. Die Gesamtreform wird also in naher Zu- unft anstehen. Wichtig für die anstehende Reform sind auch ver- chiedene Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die ns ebenfalls wichtige Hinweise für die Ausgestaltung inzelner Vorschriften liefern. Im vorliegenden Fall hat as Bundesverfassungsgericht die Geltungsdauer der orschriften im Außenwirtschaftsgesetz bis zum 31. De- ember dieses Jahres als hinnehmbar bezeichnet. Diese rist hat der Gesetzgeber selbst vorgegeben. Wir sind tzt dazu angehalten, bis zum Ende des Jahres verfas- ungskonforme Vorschriften vorzulegen und in Kraft zu etzen, damit uns dieses Ermittlungsinstrumentarium uch weiterhin zur Verfügung steht. Wir können also wie auch bei den Vorschriften der §§ 100 g und 100 h tPO – nicht auf die Reform des Gesamtsystems warten. n den beiden genannten Einzelfällen ist nunmehr ra- ches Handeln angesagt. Die bemängelten Vorschriften des Außenwirtschafts- esetzes betreffen die Telefonüberwachung durch das ollkriminalamt. Dieses soll die Möglichkeit haben, zur erhütung von Straftaten nach dem Außenwirtschaftsge- etz und dem Kriegswaffenkontrollgesetz den Postver- ehr und die Telekommunikation zu überwachen. Die traftaten befinden sich also in diesen Fällen noch in der lanung, es geht um Vorbereitungshandlungen der Ver- ächtigen. Das Problem liegt insbesondere darin, dass 12142 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 (A) ) (B) ) das Abhören der Telekommunikation an ein Verhalten anknüpfen könnte, das sich im Nachhinein als nicht strafbar herausstellt. Es sind also – wie bei der Strafver- folgung – auch bei der Straftatenverhütung die gleichen rechtsstaatlichen Erfordernisse an eine Eingriffsnorm zu stellen. Es ist jedoch sehr wichtig, auch im Vorfeld von Straftaten eine solche Ermittlungsmöglichkeit zu haben. Das Bundesverfassungsgericht widerspricht dieser An- nahme nicht. Es ist der Entscheidung zu entnehmen, dass das Gericht eine solche präventive Überwachungsmög- lichkeit als grundsätzlich zulässig erachtet. Mit dem vorliegenden Entwurf wird den Einwendun- gen des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen. Die bemängelten, teilweise unverständlichen Verweisun- gen der geltenden Vorschriften werden zukünftig ver- mieden. Die Vorschriften werden eindeutiger und umfas- sender geregelt. Die Vorschriften umschreiben nun auch – wie gefordert und bisher nicht eindeutig geregelt – die möglichen konkreten Hinweise auf die Vorbereitung von Straftaten. Erwähnt sei hier einmal exemplarisch das Führen von Verhandlungen über die Lieferung von Gü- tern oder das Anwerben von Tatteilnehmern. Vor allem auch die durch das Gericht bemängelten Maßgaben zur Übermittlung der erhaltenen Daten werden nach den Vorgaben konkretisiert. Es wird auch eine Protokollie- rungspflicht für die Übermittlungen geben. Die Ermäch- tigungsgrundlage selbst wird außerdem direkt in das Zollfahndungsdienstgesetz eingefügt. Dieses Gesetz ist erst 2002 in Kraft getreten und erlaubt nunmehr eine Standortänderung. Wir schaffen mit diesem Entwurf neue, verfassungs- konforme Vorschriften und kommen so den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes nach. Ich möchte je- doch noch einmal ausdrücklich betonen, für wie wichtig ich es erachte, dass wir uns mit dem gesamten System der Telefonüberwachung wie auch der Wohnraumüber- wachung in allen Bereichen dezidiert auseinandersetzen. Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU): Die Anfor- derungen an eine wirksame und nachhaltige Kriminali- tätsbekämpfung durch den Zollfahndungsdienst haben sich aufgrund der Verwirklichung des Binnenmarktes und der immer häufiger anzutreffenden Erscheinungs- formen der organisierten Kriminalität grundlegend geän- dert. Diesen neuen Herausforderungen muss Rechnung getragen werden. Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf zur Neure- gelung der präventiven Telekommunikations- und Post- überwachung durch das Zollkriminalamt werden die Konsequenzen aus der Entscheidung des Bundesverfas- sungsgerichts vom 3. März 2004 gezogen, in der das Ge- richt die §§ 39 und 41 des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Nor- menbestimmtheit und -klarheit für unvereinbar mit dem grundrechtlichen Fernmeldegeheimnis aus Art. 10 GG erklärt hatte. Die Bundesregierung wurde darin aufgefordert, bis zum 31. Dezember 2004 die Vorschriften durch verfas- sungskonforme Bestimmungen zu ersetzen. Mit dem NTPG ist nun ein Artikelgesetz vorgesehen, das die N P d d a n A t n d s u c r s m t w k p a d Ü s 1 w R m t L n G g m e m b h g m b f k h Z n I L n l d K h (C (D euregelung der präventiven Telekommunikations- und ostüberwachung aus dem AWG herauslösen und statt- essen in einem gesonderten Abschnitt des Zollfahn- ungsdienstgesetzes als die dortigen §§ 23 a bis 23 f ver- nkern will. In der Telekommunikations-Überwachungsverord- ung sollen dementsprechend die Verweise auf das WG durch Verweise auf das ZFdG ersetzt werden. Ma- eriell-rechtlich soll insbesondere der Begriff der Pla- ung einer Straftat durch den gebräuchlicheren Begriff er Vorbereitungshandlung ersetzt werden. Außerdem ollen die Überwachungsbefugnisse nicht mehr an den nbestimmten Rechtsbegriff der „Straftaten von erhebli- her Bedeutung“ anknüpfen; stattdessen ist eine enume- ative Aufzählung der relevanten Straftatbestände vorge- ehen. Des Weiteren werden die Vorgaben, die das Zollkri- inalamt bei der Übermittlung personenbezogener Da- en, die durch die Überwachungsmaßnahmen erlangt urden, an andere öffentliche Stellen beachten muss, onkretisiert, wobei namentlich eine Kennzeichnungs- flicht vorgesehen wurde, um auch bei der späteren Ver- rbeitung die Einhaltung des besonderen Schutzniveaus es Fernmeldegeheimnisses zu ermöglichen. Zugleich soll durch das NTPG für die präventive berwachung durch den Zoll, aber auch für die repres- ive Telekommunikationsüberwachung nach den §§ 100 a, 00 b der Strafprozessordnung (Art. 4 NTPG) normiert erden, dass in einer Überwachungsanordnung statt der ufnummer oder einer anderen Kennung des Telekom- unikationsanschlusses auch die Kennung des Endgerä- es angegeben werden kann – gemeint ist damit in erster inie die elektronische Gerätekennung von Mobiltelefo- en. Hier befindet sich auch die erste Schwachstelle des esetzes. Aus technischer Sicht sind die Gerätekennun- en der Mobilfunkendgeräte nicht für Überwachungs- aßnahmen geeignet. Für eine solche Maßnahme ist ine eindeutige Kennung, zum Beispiel eine Rufnum- er, erforderlich. Da zwei Anschlüsse nicht mit dersel- en Rufnummer belegt werden können, lässt sich an- and einer Rufnummer die Kommunikation nur eines enau definierten Telefonanschlusses überwachen. In der Praxis ist die Identifizierung von IMEI-Num- ern, also von elektronischen Gerätekennungen der Mo- ilfunkgeräte, nicht zielführend, da dieselbe IMEI viel- ach vorkommen und vom Nutzer verändert werden ann. Das liegt zum einen daran, dass schon die Geräte- ersteller dieselbe Nummer mehreren Geräten zuweisen. um anderen ist eine IMEI elektronisch veränderbar und icht physisch fest mit dem Gerät verbunden. Mittels im nternet frei verfügbarer Programme ist es sogar dem aien ohne weiteres möglich, die IMEI des Gerätes achträglich zu verändern. Darüber hinaus ist es bei Mobiltelefonen auch mög- ich, die Endgeräte ohne SIM-Karte, also unter Wechsel er Rufnummer, privat zu veräußern, wobei die IMEI- ennung grundsätzlich nach wie vor unverändert beste- en bleiben kann. Würde nun eine Überwachung auf Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 12143 (A) ) (B) ) Basis der IMEI erfolgen, so könnte im Falle eines Eigen- tümerwechsels ein unbescholtener Bürger grundlos und damit rechtswidrig überwacht werden. Aber selbst wenn man die Überwachung an der Ruf- nummer ausrichtet, dann können im Mobilfunkbereich dennoch Probleme auftreten. Zwar ist bei Kartenverträ- gen eine Rufnummer eindeutig einer bestimmten Person zugeordnet, doch was ist mit so genannten Prepaid-Kar- tenhandys? Hier kann theoretisch ohne Probleme eine Rufnummer mit dem Mobiltelefon mitverkauft werden. In diesem Fall wäre also sogar bei einer Anknüpfung der Überwachung an die Rufnummer Eindeutigkeit nicht mehr gegeben. Solange also keine eindeutige Identifizierung möglich ist, würden bei einer darauf bezogenen Überwachung entsprechend viele Nutzer ohne Rechtsgrund abgehört. Dies widerspricht in eklatanter Weise unserem Rechts- verständnis und wäre mit dem Urteil des Bundesverfas- sungsgerichts nicht vereinbar. Der Gesetzentwurf schlägt also eine unpraktikable und sinnlose Maßnahme vor. Dabei kann es beim besten Willen nicht bleiben. Deshalb ist es unumgänglich, die entsprechenden Vorschriften, mit denen eine Überwachung anhand einer Gerätenummer eingeführt werden soll, zu streichen. Das betrifft in Art. 2 des Entwurfes den § 23 b Abs. 4 Satz 2 Zollfahndungsdienstgesetz und in Art. 4 den § 100 b StPO. Soll dennoch eine Post- und Kommunikations- überwachung zur Kriminalitätsprävention unter Beach- tung der Grundrechte der Betroffenen erfolgen, so muss hier eine andere, verfassungskonforme Überwachungs- methode herangezogen werden. Verbesserungsbedürftig ist auch die Entschädigungs- regelung in Art. 2 des Gesetzentwurfes, der eine mini- male Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz vorsieht, die die hohen Kosten, die den Telekommunikationsunternehmen durch dieses Gesetz zusätzlich hoheitlich aufgebürdet werden, bei weitem nicht ausgleicht. Anstatt die Wirtschaft mit wei- teren Zusatzkosten zu belasten, die die internationale Konkurrenzfähigkeit deutscher Telekommunikationsun- ternehmen massiv negativ beeinträchtigen, sollten wir die heimische Wirtschaft durch Entlastungen fördern. Zu beachten ist bei der Entschädigungsregelung daher die bereits bei den Verhandlungen zum Telekommunika- tionsüberwachungsgesetz getroffene Vereinbarung, die Telekommunikationsunternehmen angemessen zu ent- schädigen. Wir sollten uns hier nicht in Widerspruch zu den bereits erfolgten Einigungen setzen und uns am Telekommunikationsüberwachungsgesetz orientieren. Zusätzliche übermäßige Kosten müssen entschieden ver- mieden werden. Die vorgeschlagene Entschädigungsregel stellt also zu- treffend fest, dass geschäftsmäßige Anbieter von Post- und Telekommunikationsdiensten für ihre Mitwirkung an der Überwachung zu entschädigen sind. Mit marginalen Veränderungen schreibt das JVEG die Entschädigungs- sätze des Zeugen- und Sachverständigenentschädigungs- gesetzes fort. Die darin festgehaltenen Entschädigungs- bestimmungen sind jedoch bereits bei der Novellierung des TKG für den Bereich der Telekommunikationsüber- w n in s s W n K n m w h Z s W N d n l s k A i M l Z D M z a k g u a o d k f f F s T v n g S 2 f a s u b (C (D achung als nicht ausreichend anerkannt worden. Das eue Telekommunikationsgesetz (TKG) bestimmt daher § 110 Abs. 9, dass generell eine angemessene Ent- chädigung der verpflichteten Unternehmen in einer ge- onderten Verordnung geregelt werden müsse. Dieser iderspruch muss beseitigt werden. Wir können es uns icht – auch nicht im Namen der Sicherheit – leisten, die osten der Aufgaben, für die die öffentliche Hand origi- är zuständig ist, auf die Privatwirtschaft abzuwälzen. Ich glaube, dass alle Telekommunikationsunterneh- en willens sind, an der Umsetzung des Urteils mitzu- irken und alles Erforderliche und in ihrer Macht ste- ende zu unternehmen, um die Arbeit des ollkriminalamtes zu unterstützen. Diese Bereitschaft ollten wir nutzen, um gemeinsam den effizientesten eg bei der Erfüllung dieser Aufgabe zu gehen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Kaum einer weiß es: Nicht nur die Polizei und die eutschen Geheimdienste sondern auch der Zoll – ge- auer: das Zollkriminalamt – dürfen in Deutschland Te- efone der Bürgerinnen und Bürger abhören und die Ge- präche aufzeichnen sowie die Post öffnen und ontrollieren. Allerdings muss ich betonen, entgegen landläufiger uffassung sind es keineswegs die Geheimdienste und st es schon gar nicht das Zollkriminalamt, die diese öglichkeit ausufernd nutzen, sondern die Strafermitt- ungsbehörden. Hier steigen die Zahlen immer höher. weistellige Zuwachsraten jährlich sind zu verzeichnen. as Zollkriminalamt macht nur in sehr bescheidenem aße von seinen Befugnissen Gebrauch. In dem Jahr- ehnt von 1992 bis heute waren es nur 41 Maßnahmen. Heute geht es um diese Befugnisse des Zollkriminal- mtes zur Überwachung des Post- und Fernmeldever- ehrs. Das Amt durfte und darf abhören, um Verstöße egen das Außenwirtschaftsgesetz aufzuklären. Es geht m illegale Ausfuhr von Kriegswaffen, um Güter unter nderem zur Herstellung von chemischen, biologischen der Atomwaffen und um so genannte Dual-Use-Güter, as heißt um solche, die verschiedenen Zwecken dienen önnen, aber auch im Zusammenhang mit solchen Waf- en Verwendung finden. Bisher war die Überwachung der Post und des Tele- ons von juristischen und natürlichen Personen in solchen ällen auf die §§ 39 ff. des Außenwirtschaftsgesetzes ge- tützt. Das Bundesverfassungsgericht hatte wesentliche eile dieser Vorschriften aber im März diesen Jahres für erfassungswidrig erklärt. Ab Ende des Jahres darf sie icht mehr angewandt werden. Deshalb sollen die neuen esetzlichen Vorschriften rasch verabschiedet werden. ie stehen jetzt in einem anderen Gesetz: als §§ 23 a bis 3 f im Zollfahndungsdienstgesetz. Der Gesetzentwurf versucht, den Vorgaben des Ver- assungsgerichts Rechnung zu tragen. Dieses hatte unter nderem gefordert: Hinreichender Rechtsschutz für ämtliche Betroffenen ist sicherzustellen. Anlass, Zweck nd Grenzen des Eingriffs müssen in der Ermächtigung ereichsspezifisch, präzise und normenklar festgelegt 12144 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 (A) ) (B) ) werden. Die Ermächtigung muss erkennen lassen, bei welchen Anlässen und unter welchen Voraussetzungen ein Verhalten zu einer Überwachung führen kann. Die Regelung darf anders als bisher nicht unbestimmt und unklar werden, durch ein Zusammenwirken verschiede- ner Tatbestandsmerkmale sowie einer große Zahl von Verweisungen auf andere Normen. Diesen Anforderun- gen wird der Regierungsentwurf weitgehend gerecht. Aber im Gesetzgebungsverfahren sollten noch einige Ergänzungen zugefügt werden, denn auch andere Ent- scheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Über- wachen von Telefonen und Wohnungen aus der letzten Zeit, wie etwa die zum Großen Lauschangriff, und Be- denken des Datenschutzbeauftragten sind noch zu be- rücksichtigen. So müssten Äußerungen aus dem Bereich der ganz privaten Lebensgestaltung von der Aufzeichnung und Nutzung ausgenommen werden. Auch muss der Schutz der so genannten Berufsge- heimnisträger gewahrt werden. Das Vertrauensverhältnis von Ärzten, Verteidigern, Geistlichen und Journalisten, also der Personen die nach § 53 StPO ein Zeugnisver- weigerungsrecht haben, muss geschützt bleiben, wenn sie nicht selbst zu den Tatverdächtigen gehören. Auch ist nicht einzusehen, warum zwar die Post von Abgeordne- ten nicht geöffnet, aber ihr Telefon abgehört und die Ge- spräche mitgeschnitten werden dürfen. Auch ist sicherzustellen, dass Erkenntnisse aus der Überwachung an andere Stellen nur weitergegeben wer- den dürfen, wenn sichergestellt ist, dass diese nicht x-be- liebig genutzt werden, sondern nur für Zwecke, für die sie auch vom Zollkriminalamt erhoben werden durften. Gerade bei ausländischen Empfängern solcher Erkennt- nisse ist Vorsicht geboten und sind Sicherungen einzu- bauen. Auch ist abzugleichen, dass andere Normen zur Tele- fonüberwachung, also die, die für die Polizei und die Ge- heimdienste gelten und die derzeit beraten werden oder zur Beratung anstehen, zu den Befugnisnormen für das Zollkriminalamt passen und nicht im Widerspruch dazu stehen. Darüber wird in den Beratungen noch zu reden sein. Nur weil wenig Zeit bleibt bis zum Jahresende, wenn die bisherigen Vorschriften des AWG nicht mehr angewandt werden dürfen, konnte der Gesetzentwurf schon jetzt ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden. Es bleibt also noch einiges zu tun. Rainer Funke (FDP): Zu Beginn dieses Jahres hat das Bundesverfassungsgericht in seiner aufsehen- erregenden Entscheidung zur akustischen Wohnraum- überwachung die Anordnungsvoraussetzungen in der Strafprozeßordnung weit gehend für verfassungswidrig erklärt, weil sie in unzulässiger weise in den Kernbe- reich der Menschenwürde eingreifen. Wenig später folgte ein weiteres Urteil, das sich mit dem Abhören von Telefonaten durch das Zollkriminalamt beschäftigte. Mit Bezug auf das vorangegangene Urteil hat das Bundes- verfassungsgericht auch hier die Regelungen des Außen- wirtschaftsgesetzes für verfassungswidrig erklärt, nach d s n s v T d r U g g h S a l g z G i h r b w V V d d Ü t f w d d z g g m i m v n v V m h w B d l v r t e m s (C (D enen Zollfahnder zur Verhütung von Straftaten umfas- end die Telekommunikation überwachen und Post öff- en dürfen. Mit dem Gesetzentwurf, den wir heute beraten, ver- ucht die Bundesregierung, die Maßgaben des Bundes- erfassungsgerichts aus dem Urteil zum Abhören von elefonen durch das Zollkriminalamt umzusetzen. Bei er akustischen Wohnraumüberwachung ist der Bundes- egierung bereits ein erster Versuch zur Umsetzung des rteils schwer missglückt. Erst im zweiten Anlauf ist es elungen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Vor- aben aus Karlsruhe tatsächlich berücksichtigt. Der eute vorliegende Gesetzentwurf scheint ein ähnliches chicksal zu nehmen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil usgeführt, dass die angegriffenen Ermächtigungsgrund- agen gegen das Bestimmtheitsgebot verstoßen. Auf- rund der Intensität des Grundrechtseingriffs müsse ein ugrunde liegendes Gesetz präzise und verständliche renzen ziehen, so das Gericht in seinem Urteil. Wenn ch mir nun den vorliegenden Gesetzentwurf anschaue, abe ich Bedenken, ob die Regelungen, die die Bundes- egierung vorsieht, den Anforderungen an die Normen- estimmtheit und Normenklarheit tatsächlich gerecht erden. Ich nenne in diesem Zusammenhang nur die orschrift des § 23 a des Gesetzentwurfs, der auf eine ielzahl von Vorschriften verweist, die jederzeit geän- ert werden können. Darüber hinaus bestehen aus Sicht er FDP Bedenken gegen die Einführung einer IMEI- berwachung. Der Entwurf übernimmt die IMEI-Gerä- ekennung eines Mobilfunktelefons bedenkenlos auch ür die Überwachung eines mobilen Telefons. Dabei ird verkannt, dass nicht ausgeschlossen werden kann, ass eine IMEI mehrfach vergeben wird mit der Folge, ass keine eindeutige Kennung erfolgen kann und somit ahlreiche unverdächtige Nutzer ohne Rechtsgrund ab- ehört werden. Problematisch ist auch die Entschädi- ungsregelung für die Anbieter von Post- und Telekom- unikationsdiensten. Die FDP-Bundestagsfraktion war mmer der Auffassung, dass der Staat private Unterneh- er angemessen zu entschädigen hat und die Kosten ollständig zu tragen hat, wenn er von diesen die Über- ahme staatlicher Aufgaben übernimmt. Dieses ist im orliegenden Gesetzentwurf nur unzureichend geregelt. Im Ergebnis stelle ich fest, dass der Gesetzentwurf die orgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht in ange- essener Weise umsetzt. Die Bundesregierung wird da- er nicht umhinkommen, die Schwachstellen des Ent- urfs zügig auszubessern. Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatsekretärin beim undesminister der Finanzen: In der aktiven Umsetzung er auch von Deutschland eingegangenen internationa- en Verpflichtungen zur Nichtverbreitung insbesondere on Massenvernichtungswaffen ist eine Ergänzung der epressiven Strafverfolgungsinstrumente durch Präven- ivmaßnahmen unverzichtbar. Nur durch die Nutzung ntsprechender Instrumente im Präventivbereich ist es öglich, die unzulässige Ausfuhr sensibler Waren tat- ächlich zu verhindern. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 12145 (A) ) (B) ) Mit den heute geltenden Regelungen zur präventiven Telekommunikations- und Postüberwachung durch das Zollkriminalamt in den §§ 39 ff. des Außenwirtschafts- gesetzes sind derartige Möglichkeiten geschaffen wor- den. Jedoch hat das Bundesverfassungsgericht mit sei- nem Beschluss vom 3. März 2004 Teile dieser 1992 eingeführten Regelungen für verfassungswidrig erklärt. Die Fortführung der aktiven Verhinderung solcher Aus- fuhren auch nach dem Beschluss des Bundesverfas- sungsgerichts muss jedoch weiterhin gewährleistet sein. Daher brauchen wir das vorliegende Gesetz. Ausgelöst durch die damaligen Zulieferungen deut- scher Firmen zur libyschen Giftgasanlage in Rabta wurde erkannt, dass es nicht ausreicht, die Täter nur nach erfolgter illegaler Ausfuhr zu bestrafen, also erst dann zu reagieren, wenn das Kind bereits in den Brun- nen gefallen ist. Denn dann ist der außenpolitische Scha- den für die Bundesrepublik bereits irreparabel eingetre- ten. Vielmehr ist es erforderlich, bereits die Lieferungen solch hochsensibler Waren zu verhindern. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber die Möglichkeit einer präventiven Telekommunikations- und Postüberwa- chung in diesem Bereich eröffnet. Diese Befugnis wurde allein dem Zollkriminalamt übertragen. Bereits 1992, unmittelbar nach In-Kraft-Treten der Regelungen, hatte sich das Land Rheinland-Pfalz mit ei- nem Normenkontrollantrag gegen die Regelungen aus- gesprochen. Mit seinem Beschluss vom 3. März 2004 hat das Bundesverfassungsgericht dem Antrag teilweise stattgegeben. Es beanstandet insbesondere die man- gelnde Normenklarheit und Normenbestimmtheit der be- troffenen Regelungen. Die Ermächtigung müsse erken- nen lassen, bei welchen Anlässen und unter welchen Voraussetzungen es zu Überwachungsmaßnahmen füh- ren könne. Ferner wird eine Verletzung des Bestimmt- heitsgebotes gerügt; es fehle an einer ausdrücklichen bzw. hinreichend sicheren Kennzeichnung der Emp- fangsbehörden und der Konzentrierung auf die jeweili- gen Aufgabenbereiche. Das Instrumentarium der prä- ventiven Überwachungsmaßnahmen selbst wird jedoch nicht infrage gestellt. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die Gründe, die 1992 zur Einführung der Befugnisregelun- gen geführt haben, heute mehr denn je gelten. Deshalb ist die Beibehaltung der präventiven Überwachungsmaß- nahmen zur Verhinderung illegaler Ausfuhren hochsen- sibler Waren unverzichtbar. Der vorliegende Gesetzent- wurf dient ausschließlich der Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Die Kernpunkte der Neuregelungen sind: erstens Ein- schränkung des Anwendungsbereichs auf wenige enu- merativ aufgeführte Straftatbestände – diese Straftatbe- stände betreffen insbesondere die Herstellung und Entwicklung von Massenvernichtungswaffen sowie die ungenehmigte Lieferung von Gütern zur Entwicklung und Herstellung von Lang- und Mittelstreckenraketen –, zweitens Ersetzen des Begriffs „Planung“ durch den in der Rechtssprache gebräuchlichen Begriff „Vorberei- tungshandlung“, drittens normenklare Festlegung der Eingriffsvoraussetzungen, viertens Konkretisierung der Übermittlungsregelungen einschließlich der Vorgabe von Protokollierungs-, Kennzeichnungs- und Lö- s r m d d m d s B P z n Z s s a Z B w g s J s r j A 1 s S S G D g F i g (C (D chungspflichten und fünftens Regelung einer Benach- ichtigungspflicht aller von der Maßnahme Betroffenen. Durch diese Regelungen wird den Geboten der Nor- enbestimmtheit und Normenklarheit, wie vom Bun- esverfassungsgericht gefordert, vor allem auch durch ie Reduzierung von Verweisungsketten auf das unver- eidbare Maß, Rechnung getragen. Gleichzeitig wird er Standort der Regelungen vom Außenwirtschaftsge- etz in das Zollfahndungsdienstgesetz verlagert, da die efugnis zur präventiven Telekommunikations- und ostüberwachung auch künftig nur dem Zollkriminalamt ustehen soll. Dessen Aufgaben und sonstigen Befug- isse sind detailliert in dem erst 2002 in Kraft getretenen ollfahndungsdienstgesetz geregelt. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ind bei der gesetzlichen Neuregelung auch die Grund- ätze aus seinen Urteilen zum G-10-Gesetz sowie zur kustischen Wohnraumüberwachung zu berücksichtigen. ur akustischen Wohnraumüberwachung erarbeitet die undesregierung momentan ebenfalls einen Gesetzent- urf. Wegen der besonderen Eilbedürftigkeit des vorlie- enden Gesetzentwurfs – das Bundesverfassungsgericht ieht die derzeitige Regelung nur noch bis Ende dieses ahres als hinnehmbar an – wurden bestimmte Grund- ätze – bezogen auf den Eingriff in das jeweilige Grund- echt –, die für beide Gesetze Gültigkeit erhalten sollen, edoch zunächst zurückgestellt. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Unterrichtung: Bericht der Bundesregie- rung zur Situation des deutschen Güter- kraftverkehrsgewerbes im europäischen Wettbewerb – Beschlussempfehlung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestbedingungen für die Durchführung der Richtlinie 2002/15/EG so- wie der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 und (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über Sozial- vorschriften für Tätigkeiten im Kraftver- kehr (Tagesordnungspunkte 18 a und b) Uwe Beckmeyer (SPD): Europa bricht auf. In den 960er-Jahren galten die USA als die neue Welt. Heute chauen Deutsche und Franzosen, Niederländer und panier nach Osteuropa. Zum 1. Mai ist die EU um zehn taaten gewachsen – eine größere Erweiterung hat die emeinschaft nie gewagt. Aufgrund seiner Lage im Zentrum Europas ist eutschland in besonderem Maße vom wachsenden renzüberschreitenden und vom Transitverkehr berührt. ür die Transport- und Logistikbranche in Deutschland st der Beitritt der zehn neuen Staaten ein zweischneidi- es Schwert: 12146 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 (A) ) (B) ) Europa bietet Chancen. Insbesondere für Deutschland wird ein kräftiges Wachstum des Straßengüterverkehrs prognostiziert. Mit der Erweiterung der EU erschließt sich dem deutschen Transportgewerbe daher ein vergrö- ßerter Markt. Und der Transportbedarf nimmt zu, weil die osteuropäischen Länder sich entwickeln. Schon die Deregulierung der nationalen und europäischen Märkte hat in den vergangenen fünf Jahren zu einem umfassen- den Anpassungsprozess des Güterverkehrsgewerbes ge- führt, zu einem verbesserten Angebot, mehr Qualität, mehr Produktivität und sinkenden Transportkosten. Europa bietet Risiken. Durch die Öffnung der euro- päischen Märkte sind die deutschen Transportbetriebe mit steigendem Wettbewerbs- und Preisdruck durch Konkurrenten aus Mittel- und Osteuropa konfrontiert, die im Straßentransport ohnehin schon beträchtliche Marktanteile gewonnen haben. Die Fahrer, die vor allem aus Osteuropa stammen, erhalten Billiglöhne ohne jede soziale Sicherung. So sparen die Betriebe erheblich an Personalkosten und können den Verladern Dumping-An- gebote vorlegen. Unternehmen in Deutschland sind von diesem Lohnkostengefälle am stärksten betroffen. Doch viele Probleme, vor denen das deutsche Trans- portgewerbe heute steht, sind hausgemacht: In den spä- ten 1980er- und 1990er-Jahren hat es die damalige Regierung verschlafen, ausreichende Maßnahmen zur Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen im Ver- kehrsbereich zu ergreifen. Das Transportgewerbe wurde ins kalte Wasser geworfen. Heute, da die Öffnung der Verkehrsmärkte vollzogen ist, sind die Harmonisierungsmaßnahmen auf europäi- scher Ebene sehr viel schwerer durchsetzbar als noch vor der Liberalisierung. Nationale Bemühungen sind hier häufig durch EG-Recht untersagt und Harmonisierungs- fortschritte auf dem Gebiet der Steuern wegen der wei- terhin erforderlichen Einstimmigkeit innerhalb der EU schwierig. Trotzdem kann die Bundesregierung beachtliche Er- folge vorweisen: im fiskalischen Bereich und bei der Durchsetzung der Sozialvorschriften. Mit der Energiesteuer-Richtlinie, die zum 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist, wurde erstmals seit mehr als zehn Jahren europaweit eine Erhöhung der Mindest- steuersätze auf Kraftstoffe durchgesetzt. Das ist ein umso größerer Fortschritt, als auch die Neumitglieder diese erhöhten Mindeststeuersätze übernehmen müssen. Für Frankreich und Italien, die bisher mit einer Rück- erstattung der Mineralölsteuer die Bemühungen zur Har- monisierung der Wettbewerbsbedingungen untergraben haben, läuft die Frist zum Jahresende ab. In diesem Zeit- raum müssen beide Länder zudem den Umfang ihrer Er- stattungen um nahezu die Hälfte reduzieren. Mit der LKW-Maut sorgt die rot-grüne Koalition da- für, dass die Wettbewerbsverzerrungen zulasten deut- scher Betriebe ausgeglichen werden. Bisher mussten deutsche Transporteure zum Teil erhebliche Gebühren für die Benutzung ausländischer Straßen zahlen, wäh- rend ausländische Unternehmen in Deutschland nur eine vergleichsweise geringe Gebühr in Form einer Euro- v b G W d n n d S u t m d J s n d r d t r s U e n K S h d t h K 1 s l d Z t d t r m s S g m w w G d g 2 (C (D ignette entrichteten. Mit der Einführung der strecken- ezogenen Maut für LKW ab 12 Tonnen zulässigem esamtgewicht werden sie nun zu einem gerechteren egekostenbeitrag herangezogen. Damit verbunden ist – nach einer positiven Prüfung urch die EU-Kommission – die gesetzliche Zusage ei- es Harmonisierungsbeitrages in Höhe von 600 Millio- en Euro. Nicht zu vergessen: die Entlastung des Mittelstandes urch die Steuerreform der Bundesregierung. Die teuer- und Abgabenbelastung der deutschen Transport- nternehmen wird durch diese von der rot-grünen Koali- ion eingeleiteten Maßnahmen spürbar sinken. Beim größten Kostenblock für deutsche Unterneh- en, den Personalkosten, wird der Wettbewerbsvorteil er osteuropäischen Anbieter auch in den kommenden ahren bestehen bleiben, wenngleich sich die Löhne chrittweise dem Westniveau annähern dürften. Denn die iedrigere Produktivität in den osteuropäischen Staaten rückt sich eben auch in niedrigeren Löhnen für die Fah- er aus. Um gegen schwarze Schafe der Branche vorzugehen, ie ihre Fahrer aus Wettbewerbsgründen unter schlech- en Arbeitsbedingungen einsetzen, hat die Bundesregie- ung 2001 das Gesetz zur Verhinderung illegaler Be- chäftigung von Fahrern auf den Weg gebracht. Jedes nternehmen mit Sitz in einem EU-Staat darf nur Fahrer insetzen, die im Staat des Firmensitzes eine Arbeitsge- ehmigung besitzen. Und auch die von der Europäischen ommission vorgeschlagene Richtlinie des Rates über ozialvorschriften für Tätigkeiten im Kraftverkehr setzt ier an. Denn bei Straßenkontrollen fallen immer wieder ie gleichen Verstöße gegen die Fahrpersonalvorschrif- en auf: Überschreitung der Lenkzeiten und Nichtein- altung der Ruhezeiten. Die Kommission plant, die ontrollintensität europaweit von derzeit mindestens Prozent der Fahrtage auf 3 Prozent in allen Mitglied- taaten zu erhöhen; mindestens 30 Prozent aller Kontrol- en sollen auf der Straße sowie mindestens 50 Prozent er Kontrollen in den Betrieben durchgeführt werden. udem werden den Mitgliedstaaten koordinierende Kon- rollorgane vorgeschlagen. Wir begrüßen diese Initiative er Kommission zur Durchsetzung der Sozialvorschrif- en ausdrücklich. Europa – was bringst du uns? Mit der EU-Osterweite- ung wachsen sehr heterogene Verkehrsmärkte zusam- en. Daher bedarf es eines effektiven ordnungspoliti- chen Rahmens. Wir verfolgen eine Politik, die auf hohe icherheitsstandards und gleiche Wettbewerbsbedingun- en setzt. Denn nur wenn die Angleichung der Verkehrs- ärkte in West und Ost einheitlich und fair gestaltet ird, kann das deutsche Transportgewerbe von der Er- eiterung der EU profitieren. Klaus Hofbauer (CDU/CSU): Der Transport von ütern mit dem LKW ist ein wesentlicher Bestandteil es Wirtschaftsstandortes Deutschland. Der Umsatz im ewerblichen Güterkraftverkehr beträgt pro Jahr circa 4 Milliarden Euro. Die Bedeutung des Straßengüterver- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 12147 (A) ) (B) ) kehrs wird noch deutlicher, wenn man die Zahlen der be- förderten Tonnage mit denen bei der Bahn vergleicht. Von 3,5 Milliarden Tonnen Gesamttransport in ganz Deutschland, befördern die Unternehmen des Güter- kraftverkehrs 72 Prozent. Die Bahn liegt lediglich bei 16 Prozent. Die Bedeutung dieser Wirtschaftsleistung für den Arbeitsmarkt ist erheblich. Im vergangenen Jahr beschäftigten über 42 600 Unternehmen des gewerbli- chen Güterkraftverkehres mehr als 400 000 Arbeitneh- merinnen und Arbeitnehmer. Die Zahlen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäu- schen, in welch kritischer Lage sich das deutsche Trans- portgewerbe befindet. Viele Unternehmen leben schon seit Jahren mit ernsthaften Existenzängsten. Die Insol- venzzahlen bei den Spediteuren haben sich seit 1999 fast verdoppelt. Auf einen 40-Tonnen-LKW der Schadstoff- klasse 2 entfallen in Deutschland über 23 000 Euro Ab- gaben im Jahr. Das ist Spitzenklasse in Europa. Das deutsche Güterkraftverkehrsgewerbe wird durch die fal- schen nationalen Entscheidungen der rot-grünen Bun- desregierung im europäischen Wettbewerb benachteiligt. Für die schwierige Lage dieser Branche trägt diese Bun- desregierung daher erhebliche Mitverantwortung. Insbesondere für die kleinen und mittelständischen Unternehmen ist die EU-Osterweiterung die zentrale He- rausforderung. Zu Recht betont die Bundesregierung in ihrem Bericht, dass die EU-Osterweiterung dem Güter- kraftverkehrsgewerbe neue Chancen eröffnet und einen größeren Markt erschließt. Jedoch können die Unterneh- men diese Chancen nur nutzen, wenn sie faire Wettbe- werbsbedingungen vorfinden. Und genau daran mangelt es. Die Öffnung der osteuropäischen Märkte hat den Wettbewerbsdruck auf die deutschen Speditionen deut- lich erhöht. Das ist Tatsache. Nach Zahlen der Bundesregierung wird der grenz- überschreitende Güterverkehr mit den mittel- und ost- europäischen Ländern bis 2015 um 190 Prozent zuneh- men. Leider wird dieses Transportwachstum fast ohne deutsche Beteiligung stattfinden. Der Marktanteil deut- scher Speditionen ist in den letzten Jahren bereits unter 10 Prozent gefallen. Maßgeblich dafür sind die beste- henden Wettbewerbsverzerrungen und Wettbewerbsdif- ferenzen zwischen Deutschland und den Beitrittslän- dern. Ich möchte hier nur die Unterschiede bei der Dieselsteuer sowie bei den Lohn- und Sozialkosten nen- nen. Leider hat die Bundesregierung bisher kein schlüs- siges Konzept vorgelegt, wie sie das deutsche Güter- kraftverkehrsgewerbe in diesem Prozess unterstützen will. Entscheidender Wettbewerbsnachteil ist die hohe Die- selsteuer in Deutschland. Die Bundesrepublik hat nach Großbritannien die zweithöchste Dieselsteuer in ganz Europa. Ein Ergebnis davon ist der Tanktourismus, durch den im Jahr circa 2 Milliarden Euro Steuerausfälle verursacht werden. Die Bundesregierung scheint diesen Missstand tatenlos hinnehmen zu wollen. Im vorliegen- den Bericht findet man außer einer schwachen Absichts- erklärung zur Harmonisierung der Mineralölsteuer nicht einen einzigen Lösungsansatz für dieses Problem. w E d i g r k r „ b v E T n k p S r Ü K d a A w b S B d d m e g U a S D r g r 2 g e G u g z s r H L f b c (C (D Rot-Grün sieht auch in anderen Bereichen an den irklichen Problemen vorbei. Liest man das Kapitel zur U-Osterweiterung im vorliegenden Bericht, dann fin- et man dort nur den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur n den Beitrittsländern. Vom Ausbau der grenznahen und renzüberschreitenden Straßen in den deutschen Grenz- egionen steht dort kein Wort. Unsere grenznahe Ver- ehrsinfrastruktur ist auf die überproportionale Steige- ung des Güterverkehrs nicht vorbereitet. Die Projekte EU-Osterweiterung“ im Bundesverkehrswegeplan ha- en bis heute keine besondere Priorität. Rot-Grün hat es erpasst, den deutschen Grenzraum umfassend auf die U-Osterweiterung vorzubereiten. Vor besonderen Herausforderungen steht daher das ransportgewerbe in den Grenzregionen. Viele Unter- ehmen werden nur überleben können, wenn sie mit ostengünstigeren Tochterfirmen oder Kooperations- artnern in den Beitrittsländern kalkulieren oder selbst tandorte in den Beitrittsländern gründen. Die Bundes- egierung muss daher gerade in den Grenzregionen die bergangsfristen bei der Dienstleistungsfreiheit und bei abotage wirksam kontrollieren und sanktionieren, um ie dortigen Unternehmen zu unterstützen. Nicht zuletzt möchte ich die Bundesregierung hier uch an ihre Versprechungen hinsichtlich umfangreicher usgleichsleistungen für das deutsche Transportge- erbe aufgrund der Mauteinführung erinnern. Davon ist is heute noch nichts realisiert. 600 Millionen Euro teuerrückvergütung wurden der Branche zugesagt. Die undesregierung muss auf EU-Ebene endlich mit Nach- ruck handeln, um die dort bestehenden Probleme aus em Weg zu räumen. Die Bundesregierung steht gegenüber den Unterneh- en des deutschen Güterkraftverkehrs in der Pflicht, auf ine wirkliche Harmonisierung der Wettbewerbsbedin- ungen hinzuwirken. Dazu gehört die Dieselsteuer, die nterstützung der grenzüberschreitenden Zusammen- rbeit und nicht zuletzt die wirksame Kontrolle und anktion der Übergangsregelungen bei Kabotage und ienstleistungsfreiheit. Vor allem aber muss die Bundes- egierung ihre Versprechungen von Ausgleichsleistun- en für das Transportgewerbe im Zuge der Mauteinfüh- ung endlich umsetzen. Wilhelm Josef Sebastian (CDU/CSU): Im Jahre 001 haben wir, der Deutsche Bundestag, die Bundesre- ierung aufgefordert, einen Bericht vorzulegen, aus dem rstens die Wettbewerbsverzerrungen im europäischen üterkraftverkehrsgewerbe bei Steuer- sowie bei Sozial- nd Umweltstandards hervorgehen, zweitens hervor- eht, welche Schritte die Bundesregierung in den letzten wei Jahren bereits unternommen hat, um die Harmoni- ierungsdefizite zu verringern, und in dem drittens da- über informiert wird, wo die Widerstände gegen eine armonisierung der Wettbewerbsbedingungen in erster inie zu suchen sind. Es liegt uns nun der Bericht vor und es wird sehr um- angreich die Situation des Güterkraftverkehrsgewerbes eschrieben. Es wird, was uns aber aus vielen Gesprä- hen und Diskussion nicht unbekannt ist, dargelegt, dass 12148 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 (A) ) (B) ) die Situation des Gewerbes von vielen Unsicherheiten geprägt ist und in vielen Bereichen erhebliche Nachteile für unsere deutschen Betriebe bestehen. Der Bericht sagt sehr deutlich, dass die Rahmenbedingungen in einem größer gewordenen Europa nicht einfacher, sondern sehr viel schwieriger geworden sind. Der Einsicht darin konnte sich auch diese Bundesre- gierung nach langen Jahren des Zögerns nicht verschlie- ßen. Nicht zuletzt beim Mautkompromiss war es ja ein wichtiger, von der Union durchgesetzter Bestandteil, für das deutsche Gewerbe eine Harmonisierungsentlastung von 600 Millionen Euro zu erreichen. Allein die Wege, die die Bundesregierung in Brüssel einschlagen will, um dieses Volumen zu erreichen, zei- gen, wo der Schuh besonders drückt: Die deutsche Mi- neralölsteuerbelastung ist die zweithöchste in der EU; die deutsche Kfz-Steuer für LKW liegt weit über der von der EU festgestellten Mindestgrenze. Die Gesamtbelastung aus Mineralöl- und Kfz- Steuer für einen durchschnittlichen deutschen 40-Ton- ner lag in Deutschland im Jahr 2004 bei jährlich 23 112 Euro, in Ländern wie Italien, Frankreich und den Niederlanden bewegte sich dies zwischen 17 000 und 18 000 Euro, in den drei baltischen Staaten liegt das Niveau am unteren Ende bei 11 000 bis 12 000 Euro. Die Schere hat sich damit in den letzten Jahren leider nicht geschlossen und der Blick auf die Schuldigen für diese Misere kann nicht immer direkt ins Ausland gerichtet werden. So kann beim besten Willen die Schuld für die deut- sche Ökosteuer nicht nach Brüssel oder andere europäi- sche Staaten geschoben werden. Diese rot-grüne Lieb- lingssteuer ist es ja maßgeblich, die den Unterschied macht. Die Prüfung durch die EU-Kommission zum Harmo- nisierungsvolumen im Zusammenhang mit der Einfüh- rung der Maut wird zeigen, welche Maßnahmen Deutschland ergreifen darf, um die Harmonisierung zu erreichen. Am Ende muss jedenfalls eine deutliche Ent- lastung der deutschen Spediteure stehen, um in Europa weiter bestehen zu können. Trotz gemeinsamem Binnenmarkt sind auch zuneh- mend nationale Alleingänge der EU-Mitgliedstaaten im Bereich des Güterkraftverkehrs zu beobachten, die im- mer groteskere Formen annehmen und die Synergieef- fekte des gerade erst erweiterten Binnenmarktes infrage stellen. So ist der Verkehr mit Großbritannien ein risikobehaf- tetes Geschäft geworden. Die britischen Einwanderungs- behörden erheben zum Beispiel noch immer hohe Bußgelder von ausländischen Fahrern und Transportun- ternehmen bei Verstößen gegen die Einwanderungsge- setze, wenn sich Asylanten aus aller Welt unbemerkt Zu- gang zu den Ladeflächen der einreisenden LKW verschaffen. In Italien wird der Binnenverkehr ausländischer Kon- kurrenten – Kabotage – immer mehr durch zeitliche und bürokratische Vorgaben eingeengt, dass das heimische T m f i d F t c T h V g g s v h s D a d e B „ k l R b d w t s g p s T V n e n b c n b Z L A t z s h t g (C (D ransportgewerbe bevorteilt wird. So hat das Transport- inisterium in Rom, per Dekret, Kabotagefahrten auf ünf aufeinander folgende Tage bzw. höchstens 15 Tage m Monat eingeschränkt. Die davon betroffenen auslän- ischen Transportunternehmen müssen außerdem ein ahrtenbuch führen, in das sie Angaben über den Auf- raggeber, die Art der Ladung und die Beförderungsstre- ke einzutragen haben. Dieses Fahrtenbuch ist beim ransportministerium in Rom zu beantragen. Ein unrühmliches „Aushängeschild“ für Verkehrsbe- inderungen und Diskriminierung des internationalen erkehrs bietet vor allem die Republik Österreich. Ein efundener Kompromiss über eine Ökopunktenachfol- eregelung im Transitverkehr wurde nicht umgesetzt, tattdessen streiten die EU-Kommission und Österreich or dem Europäischen Gerichtshof. Die im Alpentransit tätigen Transportunternehmen se- en sich zudem durch die Taktik unangemessener Nadel- tiche einer Situation ohne Rechtsschutz ausgesetzt. abei geht es einzig um die Verringerung des Verkehrs- ufkommens, aber nicht um Problemlösungen. Beson- ers während der Hauptreisezeit sowie vor und nach Fei- rtagen rufen die Schweizer Verkehrsbehörden, zum eispiel auf der Autobahn A 2, Basel–Chiasso, die Phase rot“ aus und zwingen Fahrer im Straßengüterver- ehr, unter menschenunwürdigen Bedingungen zu tage- angen Zwangspausen auf Parkflächen entlang dieser oute. Einschränkungen muss der Straßengüterverkehr auch ei Benutzung der Verkehrsinfrastruktur insbesondere in en neuen EU-Beitrittsländern hinnehmen. Kollegen aus den EU-Mitgliedstaaten verzeichnen eiterhin erhebliche Probleme im Verkehr mit Drittstaa- en. So bereitet ihnen die Russische Föderation zum Bei- piel durch ständige Änderungen der Zollvorschriften roßes Kopfzerbrechen. Die Pflicht, eine Kfz-Haft- flichtversicherung an der russischen Staatsgrenze abzu- chließen, stößt auf Unverständnis der davon betroffenen ransportunternehmer. Die international geltende grüne ersicherungskarte wird von der Russischen Förderation ach wie vor nicht anerkannt. In jüngster Zeit sind Fahrten durch Weißrussland zu inem „Vabanquespiel“ für ausländische Transportunter- ehmen geworden, da die Zollbehörden dieses Landes in estimmten Fällen LKW und Ladung, wegen angebli- her Verletzung der Vorschriften, willkürlich beschlag- ahmen. Die Ukraine hat ihrerseits Sonderregelungen ei der Durchführung internationaler Transporte unter ollverschluss, Carnet TIR, durchgesetzt, die es den andesbehörden erlauben, TIR-Transporte mit einem bgabenwert von mehr als 50 000 US-Dollar unter kos- enaufwendiger Zolleskorte zu stellen. Die EU-Beitrittskandidaten Rumänien und Bulgarien eichneten sich in den vergangenen Jahren durch überra- chende Aktionen wie zum Beispiel Änderungen der öchstzulässigen LKW-Maße und -Gewichte, Achslas- enverwiegungen auf den Haupttransitstrecken oder un- erechtfertigte Gebühren aus. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 12149 (A) ) (B) ) Diese Beispiele zeigen, wie weitreichend die Unter- schiede in den Rahmenbedingungen in Europa noch sind und wie wichtig es ist, dass die Bundesregierung auf al- len diesen Handlungsfeldern Entschlossenheit zeigt. Die Umsetzung der neuen EU-Kontrollrichtlinie zur Einhaltung der Sozialvorschriften ist ein weiterer wichti- ger Schritt hin zur Anpassung der Wettbewerbsbedin- gungen. Hierbei sollen künftig mindestens 3 Prozent statt bisher l Prozent aller geleisteten Fahrtage kontrol- liert werden. Während Deutschland schon heute eine Kontrollquote von 3,45 Prozent aufweist, liegen alle an- deren EU-Staaten heute noch weit zurück. Es muss darauf hingewirkt werden, dass die übrigen europäischen Länder ihrer verstärkten Kontrollpflicht nachkommen. Es kann nicht sein, dass die deutschen Brummis einer hohen Kontrollquote unterliegen und die europäischen Nachbarn durch unzureichende Kontrollen dem Missbrauch Tür und Tor öffnen. Illegale Beschäfti- gung, die Überschreitung von Lenkzeiten sowie die Nichteinhaltung von Ruhezeiten sind Phänomene, die es auf europäischer Ebene zu bekämpfen gilt. Abschließend muss an dieser Stelle festgestellt wer- den, dass es auch heute noch gravierende Wettbewerbs- nachteile für das deutsche Güterkraftgewerbe in Europa gibt, die bisherigen Bemühungen der Bundesregierung zur Angleichung der Wettbewerbsbedingungen offenbar nur unzureichenden Erfolg hatten, der vorgelegte Bericht noch zu wenige konkrete Ansätze bietet, um in Zukunft dabei erfolgreicher zu sein, und wir als CDU/CSU im Deutschen Bundestag erwarten, dass seitens der Bundes- regierung bei der EU und bei den europäischen Partnern energischer Partei für das deutsche Güterkraftgewerbe ergriffen wird! Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bündnis 90/Die Grünen standen schon immer dem Wett- bewerbsgedanken offen gegenüber. Daher begrüßen wir auch ausdrücklich die Vorlage des Berichts der Bundes- regierung zur Situation des deutschen Güterkraftver- kehrsgewerbes im europäischen Wettbewerb. Ich möchte mich beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen für die gute Arbeit bedanken. Es hat die Situation umfassend beschrieben und akribisch und dennoch übersichtlich viele Fakten zum Thema Güter- kraftverkehr zusammengestellt. Trotz aller hier geäußerten Unkenrufe und trotz vorei- ligen Beileidsbekundungen an die Adresse des Güter- kraftverkehrsgewerbes kann ich das oft beschriebene Untergangsszenario für diese Branche weit und breit nicht erkennen. Wir können nämlich feststellen: Die Si- tuation ist besser als die Stimmung. Das kommt den Kol- leginnen und Kollegen von der Opposition zwar nicht entgegen, denn bei Ihnen ist die Lust am Leiden und Jammern noch stark ausgeprägt. Aber es dürfte wohl auch nicht anders sein, schließlich ist Rot-Grün an der Regierung und da gehört das zum guten Ton der Opposi- tion. Nehme ich das Kompendium „Verkehr in Zahlen“ zur Hand, so stelle ich fest, dass sich die Verkehrsleistungen i l z E A d v d m t ß a h k P f 3 s ß k d w f b v i S l z f w S h g d U n c v s W m d g s w w c b u i h S a s (C (D n Milliarden Tonnenkilometern auf einem kontinuier- ich hohen Niveau bewegen. Für dieses Jahr prognosti- iert der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und ntsorgung (BGL) sogar ein Wachstum von 2,5 Prozent. uch wenn deutsche Unternehmen nur mit 1,6 Prozent avon profitieren, kann man damit leben. Die Wachstumspotenziale der Branche sind nach wie or gut. Der vergrößerte EU-Markt eröffnet gerade den eutschen Spediteuren neue Märkte und Entwicklungs- öglichkeiten. Da die Entwicklung der Güterarten wei- er in Richtung kleinerer, hochwertigerer Sendungsgrö- en geht, die ein hochqualifiziertes Management und gut ufgestellte Firmenstrukturen erfordern, kommen diese ohen Qualitätsanforderungen dem deutschen Güter- raftverkehrsgewerbe besonders entgegen. Bei diesem unkt wird natürlich sofort eingewendet, dass gebiets- remde Transporteure ihren Anteil in diesem Jahr auf 1 Prozent erhöhen werden. Dazu kann ich aber nur fest- tellen: Wir können nicht das eine – nämlich einen grö- eren Markt – wollen und das andere – nämlich die Kon- urrenz – außen vor lassen. Ich bin der Meinung, dass ie deutsche Branche durch den langjährigen Wettbe- erbsdruck gut aufgestellt und wettbewerbsfähig ist. Durch die Einführung der LKW-Maut werden gerade ür deutsche Speditionsunternehmen die Wettbewerbs- edingungen gegenüber gebietsfremden Transporteuren erbessert. Ich kann nur mit dem Kopf schütteln, wenn ch die Klagen der Branche höre, die erneut vor einem tart der LKW-Maut zum 1. Januar 2005 warnt und eine ängere Probephase fordert. Das ist doch geradezu schi- ophren, denn solange wir die LKW-Maut nicht erheben, ahren doch gerade die gebietsfremden Unternehmen eiterhin kostenlos auf unseren Autobahnen. Wenn das ystem funktioniert – davon können wir derzeit wohl ru- igen Gewissens ausgehen –, wird sich im nächsten Jahr anz schnell und ganz deutlich herausstellen, dass sich ie Einführung der LKW-Maut gerade für die hiesigen nternehmen als eine deutliche Verbesserung im inter- ationalen Wettbewerb herausstellen wird. Ich möchte also an dieser Stelle nochmals die Bran- henvertreter aufrufen: Sorgen Sie dafür, dass möglichst iele On-Board-Units bis zum 1. Januar 2005 eingebaut ind, ansonsten werden Sie im Januar 2005 mit langen artezeiten bestrafft. Ein spannendes – weil kontroverses – Thema sind im- er wieder die Debatten um Wettbewerbsverzerrungen, ie sich aus den unterschiedlichen Mineralölpreisen er- eben. Der Bericht der Bundesregierung gibt hier einen ehr guten und objektiven Überblick über die Situation ieder. Die nationale Steuerhoheit muss schließlich ge- ahrt bleiben. Da die Staaten mit ihren unterschiedli- hen Steuersystemen auch den unterschiedlichen Le- ensgewohnheiten und Traditionen ihrer Bürgerinnen nd Bürger Rechnung tragen, macht es keinen Sinn, hier mmerfort Vergleiche anzustellen. Ja wir haben eine ohe Mineralölsteuer! In Großbritannien und in der chweiz liegt sie aber noch höher und dennoch geht uch dort die Welt nicht unter. Haben Sie sich übrigens einmal überlegt, was der An- tieg des Dieselpreises von umgerechnet 60 auf 75 Cent 12150 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 (A) ) (B) ) pro Liter binnen drei Monaten für einen estnischen Spe- diteur bedeutet, von den Privatleuten ganz zu schwei- gen? Bei der derzeitigen Kaufkraft in diesem Land ent- spricht dieser Preis einem Literpreis von 2 bis 2,50 Euro pro Liter in Deutschland. Eines aber sollten und dürfen wir alle erfreut zur Kenntnis nehmen: Die Bemühungen der Bundesregie- rung, den Subventionsverlauf und die wettbewerbsver- zerrenden Mineralölsteuererstattungen zugunsten des Güterkraftverkehrsgewerbes in Frankreich und in Italien zu beenden, werden – aufgrund der deutschen Zustim- mungspflichtigkeit – mit dem Auslaufen der jetzigen Re- gelung am Ende dieses Jahres mit Erfolg gekrönt wer- den. Eine weiter gehende Harmonisierung bei den Steuer- sätzen wird auch mittelfristig nur schwer zu erreichen sein, aber Geduld ist eine Tugend. Die Beharrlichkeit der rot-grünen Bundesregierung wird auch hier ihre Erfolge zeigen. Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Die Bundes- regierung hat für den vorliegenden Bericht über die Situ- ation des deutschen Güterkraftverkehrsgewerbes im eu- ropäischen Wettbewerb dreieinhalb Jahre gebraucht. Allerdings widersprechen die Angaben der Realität und es steht auch nichts Neues darin. Eigentlich hätten Sie sich einen solchen Bericht sparen können. Daher werde ich auch nicht müde, Sie auf die vorherrschenden Tat- sachen im Güterkraftverkehrsgewerbe hinzuweisen. Falls Sie Zahlen oder Details wünschen, brauchen Sie bloß in unseren Antrag von vor einem Jahr zu schauen, in dem wir einen fairen Wettbewerb für das deutsche Güterkraftverkehrsgewerbe in Europa fordern. Das Dauerthema Maut ist noch lange nicht „abge- hakt“, sondern nur etwas in den Hintergrund gerückt. Nach meinen in der letzten Woche gemachten Erfahrun- gen in einer Spedition, bei denen ganz klar wurde, dass die alten Probleme mit der Software wieder auftreten, würde ich nicht auf einen Erfolg Anfang 2005 wetten. Wahrscheinlich würde dies keiner hier. Neben den technischen Pannen gab und gibt es einen weiteren Skandal um die LKW-Maut, der schon fast wieder in Vergessenheit geraten ist. Die rot-grüne Bundesregierung hat die geplanten Mauteinnahmen nicht zu dringend notwendigen Aufstockungen der bis- herigen Investitionsansätze verwendet. Sie hat vielmehr, wie die im Sommer vorgelegte mittelfristige Finanzpla- nung zeigt, im gleichen bzw. in noch größerem Umfang die bisherigen steuerfinanzierten Investitionsansätze für den Straßenbau gesenkt. Das ist ein klarer Verstoß gegen den „Mautkompromiss“, der im Frühjahr 2003 mit dem Bundesrat ausgehandelt wurde. Ich darf daran erinnern, dass damals einzig und allein die FDP-Bundestagsfrak- tion dem „Mautkompromiss“ nicht zugestimmt hat mit der Begründung, die Bundesregierung werde sich er- kennbar an ihre Versprechungen nicht halten. Die Kürzung der Investitionsmittel steht in krassem Gegensatz zur gestiegenen Steuerbelastung für den Stra- ßenverkehr, unter dem ganz besonders das Transportge- w B d f d v w f G n e R r z w d B f K s z d h d s h d h D M b d D d t l S s e t h W U z f r K d s z d p D i w n (C (D erbe leidet. Leider ist im April die Ökosteuerklage des GL vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen wor- en. Eine formalistische Betrachtungsweise hat dazu ge- ührt, dass die existenzbedrohende Belastungswirkung er Ökosteuer für die deutschen Transportunternehmen erfassungsrechtlich nicht berücksichtigt wurde. Das Gericht hat aber klargestellt, dass die Wettbe- erbsbelastung für das deutsche Transportgewerbe of- enkundig ist. Es ist Sache der Bundesregierung und des esetzgebers, an der Beseitigung dieser Wettbewerbs- achteile zu arbeiten. Leider sind nach wie vor keine rnsthaften Bemühungen der Bundesregierung in diese ichtungen zu erkennen. Tatsache ist, dass die Bundes- egierung in wenigen Monaten, sofern die LKW-Maut u Jahresbeginn startet, ihr altes Versprechen brechen ird, zeitgleich mit der Mauteinführung einen bedeuten- en Harmonisierungsschritt zu realisieren. Das vom GL vorgeschlagene Mineralölsteueranrechnungsver- ahren in Brüssel wurde vom juristischen Dienst der EU- ommission abgeschmettert. Ein endgültiger Beschluss teht zum Glück noch aus. Dies ist nicht zuletzt darauf urückzuführen, dass die Bundesregierung nicht mit em erforderlichen Nachdruck dieses Thema verfolgt at. Wie dringlich Harmonisierungsschritte sind, zeigt ie hohe Zahl der Insolvenzen im Transportgewerbe, die ich leider in diesem Jahr auf Rekordniveau stabilisiert aben. In dem vorliegenden Bericht von 15 Seiten, für den ie Bundesregierung sich fast vier Jahre Zeit genommen at, ist anscheinend von einem anderen Land die Rede. ie Situation wird mit einer teilweise angespannten arktsituation im Güterkraftverkehrsgewerbe beschrie- en. Es lägen auch keine Daten darüber vor, wie hoch ie Zahl der ins Ausland verlagerten Arbeitsplätze sei. ie vorliegenden Daten würden auch nicht aussagen, ass „eine krisenhafte Marktstörung vorliege“, sie deute- en lediglich auf „wirtschaftliche Schwierigkeiten in Tei- en des Straßengüterverkehrsgewerbes hin“. Nationale teuerhoheit geht laut dem Bericht vor Steuerharmoni- ierung, die Ausrichtung auf Infrastrukturfinanzierung rfordere „weiteres Umdenken“. Mit einer derartigen Haltung stoppen Sie weder den raurigen Insolvenzrekord in der Transportbranche noch elfen Sie den Unternehmen, ihre Mitarbeiter zu halten. enn Sie es schon in Deutschland nicht schaffen, den nternehmern im Güterkraftverkehrsgewerbe eindeutig ur Seite zu stehen, wie wollen Sie das in Brüssel schaf- en? Ähnlich phlegmatisch verhält sich die Bundesregie- ung bezüglich der Sozialvorschriften für Tätigkeiten im raftverkehr. Der vorliegenden Beschlussempfehlung es Ausschusses bezüglich des Vorschlags des Europäi- chen Parlaments hat die FDP-Bundestagsfraktion zwar ugestimmt. Aber wir haben die Bundesregierung auch arauf hingewiesen, dass es sinnvoller ist, unsere euro- äischen Nachbarn von einer höheren Kontrollquote zur urchsetzung der Sozialvorschriften zu überzeugen, die n Deutschland schon längst erreicht wurde. Stattdessen ird tatsächlich über die Einführung neuer Behörden achgedacht. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 12151 (A) ) (B) ) Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim Bun- desminister für Verkehr-, Bau und Wohnungswesen: Die Bundesregierung kommt hiermit einer Aufforderung des Deutschen Bundestagses nach, einen Bericht über die Si- tuation des deutschen Güterkraftverkehrsgewerbes vor- zulegen. Ich will Ihnen heute nur die bedeutsamsten In- halte mitteilen. Das Transportgewerbe befindet sich aufgrund der Liberalisierung des europäischen Verkehrsmarktes seit Anfang der 90er-Jahre vor großen Herausforderungen. Es muss sich wie weite Teile des produzierenden Gewer- bes veränderten Rahmenbedingungen anpassen. Dabei muss man wissen, dass die Liberalisierung seinerzeit ohne ausreichende Harmonisierung wesentlicher Wett- bewerbsparameter vollzogen wurde, die heute in einer erweiterten EU immer schwieriger nachzuholen ist. Außerdem hat die Öffnung der osteuropäischen Märkte zu einem stetig wachsenden Wettbewerbs- und Preis- druck geführt. Mit der EU-Erweiterung am l. Mai 2004 sind neue, größere und damit attraktivere Märkte ent- standen, die nicht nur, aber insbesondere für unser Transportgewerbe Chancen und Risiken beinhalten. Das Verkehrswachstum findet nach wie vor zum größten Teil auf der Straße statt. Gründe dafür sind ein rückläufiges Aufkommen von Massengütern und die Zu- nahme des Transportes von höherwertigen Gütern. Diese Entwicklung eröffnet aber dem Gewerbe auch neue Chancen: Der Transport kleinerer Sendungsgrößen wird ebenso zunehmen wie die zeitgerechtere und kurzfristi- gere Anlieferung von Gütern, also die Just-in-time-Ab- wicklung. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung so- wie durch den Wettbewerbs- und Preisdruck ist eine Situation entstanden, in der die Unternehmen des Ge- werbes unter anderem die Auslastungsgrade ihrer Fahr- zeugflotten verbessert und den Ablauf und die Zusam- menstellung von Touren optimiert haben. Auch erfolgen Spezialisierungen für wachsende Marktsegmente mit der Folge, kostengünstiger anbieten zu können. Nicht zu vergessen ist: Die verladende Wirtschaft profitiert von dieser Kostenentlastung. Nun komme ich zum Kernpunkt, zu den Problemen. Erstens: Personalkosten. Hinsichtlich des für deutsche Unternehmen größten Kostenblocks der Personalkosten – er macht rund 30 Prozent der Gesamtkosten aus – ist im Zusammenhang mit der Konkurrenz aus den MOE- Staaten festzustellen, dass die niedrigere Produktivität in diesen Staaten ihren Ausdruck auch in niedrigeren Löh- nen für die Fahrer findet und somit zu niedrigeren Trans- portkosten führt. Dadurch wandern lohnintensive Dienstleistungen geringer Qualifikation nach den Geset- zen der Wirtschaft in weniger entwickelte Länder ab. Das betrifft auch den grenzüberschreitenden Straßen- gütertransport. Es ist somit durchaus nachvollziehbar, dass das nationale Verkehrsgewerbe erneut und aufgrund der niedrigen Lohnkosten in den neuen Mitgliedstaaten verstärkt fürchtet, dass es einem harten Wettbewerb aus- gesetzt wird. Deswegen hat sich die Bundesregierung in den Beitrittsverhandlungen – was Kabotage anbelangt – erfolgreich für einen sozialverträglichen Übergang ein- gesetzt. f d v w M B li W k d S h g d e d d b r k E u m B w d n w M e a s g d C k e e s i p n g d i M b z H d G m (C (D Zweitens: Harmonisierung der Mineralöl- und Kraft- ahrzeugsteuer. Angesichts bestehender Kostennachteile eutscher Fuhrunternehmen im europäischen Straßen- erkehr wird insbesondere vom Straßengüterverkehrsge- erbe eine verstärkte Harmonisierung im Bereich der ineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer gefordert. Wir – die undesregierung – stimmen diesem Ansatz grundsätz- ch zu. Wir müssen jedoch darauf hinweisen, dass der unsch nach Steuerharmonisierung mit dem Bestreben ollidiert, die nationale Steuerhoheit zu wahren. Außer- em zeigt die Erfahrung, dass die Staaten mit ihren teuersystemen auch unterschiedlichen Lebensgewohn- eiten und Mentalitäten ihrer Einwohner Rechnung tra- en. Auch bei uns wird zum Beispiel die Neuausrichtung er Infrastrukturfinanzierung noch weiteres Umdenken rfordern. Um diesen Problemen zu begegnen, ergreift die Bun- esregierung folgende Maßnahmen: Erstens: Subventionswettläufe beenden. Ziel der Bun- esregierung ist es zunächst, den Subventionswettlauf zu eenden, das heißt, die wettbewerbsverzerrenden Mine- alölsteuererstattungen zugunsten des Güterkraftver- ehrsgewerbes in Frankreich und Italien spätestens zum nde dieses Jahres endgültig auslaufen zu lassen. Ohne nsere Zustimmung ist eine weitere Verlängerung nicht öglich. Solange aber auf dem Gebiet der Steuern für eschlüsse des Rates nach wie vor Einstimmigkeit not- endig ist, dürften aufgrund der divergierenden Haltung er Mitgliedstaaten der EU Fortschritte bei einer Harmo- isierung auf höherem Niveau – das darf nicht vergessen erden – auch mittelfristig nur schwer zu erreichen sein. Zweitens: Einführung der LKW-Maut. Mit der LKW- aut erwarten wir für unsere Transportunternehmen ine Verringerung bestehender Nachteile, da in Zukunft uch ausländische Nutzer bzw. Billiganbieter auf deut- chen Autobahnen zu einem verursachergerechteren We- ekostenbeitrag herangezogen werden. Wir gehen mit er LKW-Maut auch einen weiteren Schritt in Richtung hancengleichheit zwischen den verschiedenen Ver- ehrsträgern. Schließlich bedeutet die Maut auch den Einstieg in inen Systemwechsel von der Haushaltsfinanzierung zur rgänzenden Nutzerfinanzierung. Insbesondere verfolgen wir entsprechend den Be- chlüssen des Deutschen Bundestages und Bundesrates m Hinblick auf die Wettbewerbsbedingungen im euro- äischen Güterkraftverkehr Harmonisierungsmaß- ahmen in Höhe von jährlich 600 Millionen Euro zu ewähren. Vorrangige Harmonisierungsmaßnahme ist as Mautermäßigungsverfahren, das heißt, die teilweise ndirekte Anrechnung von in Deutschland gezahlter ineralölsteuer in Form von Mautgutschriften. Wir ha- en das Vorhaben gegenüber der EU-Kommission notifi- iert. Die Kommission hat hierzu ein beihilferechtliches auptprüfungsverfahren eröffnet. Die Bundesregierung hat das Konzept intensiv mit en deutschen Verbänden abgestimmt und in zahlreichen esprächen auf allen Ebenen gegenüber der Kom- ission vertreten. Sollte die Kommission in diesem (A) (C) (B) (D) Prüfverfahren zu dem Ergebnis kommen, dass mit dem Mautermäßigungsverfahren das Harmonisierungsvolu- men von 600 Millionen Euro nicht bzw. nicht in vollem Umfang umgesetzt werden darf, werden wir uns für die beihilferechtliche Genehmigung anderer Harmonisie- rungsmaßnahmen einsetzen. Hierzu gehört insbeson- dere die Absenkung der Kraftfahrzeugsteuer für schwere Nutzfahrzeuge oder die Gewährung einer Investitionszu- lage für die vorzeitige Anschaffung von besonders emis- sionsarmen LKW durch ein Innovationsprogramm für das Transportgewerbe. Schließlich ist nicht zu vergessen: Im nichtfiskali- schen Bereich sind vor allem Anstrengungen gegen ille- gale und graue Kabotage zu unternehmen. Damit ver- bunden ist die gezielte Kontrolle der Einhaltung der einschlägigen Vorschriften einschließlich der wirksamen Sanktionierung von Regelverstößen. Die Bundesregie- rung hat gerade im nichtfiskalischen Bereich mit dem von ihr initiierten und inzwischen in Kraft getretenen Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung im gewerblichen Güterkraftverkehr eine wichtige Harmoni- sierungsmaßnahme realisiert. 12152 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 91, 1 0, T 132. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 21. Oktober 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513200000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, gebe ich be-

kannt, dass der Kollege Ernst Küchler am 15. Oktober
2004 auf seine Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag
verzichtet hat. Als seine Nachfolgerin hat die Abgeord-
nete Martina Eickhoff am 18. Oktober 2004 die Mit-
gliedschaft im Deutschen Bundestag erworben.


(Beifall)

Der Kollege Hubert Ulrich hat am 19. Oktober 2004

auf seine Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag ver-
zichtet. Für ihn hat die Abgeordnete Jutta Krüger-
Jacob am 19. Oktober 2004 die Mitgliedschaft im Deut-
schen Bundestag erworben.


(Beifall)

Ich begrüße die beiden neuen Kolleginnen herzlich

und wünsche gute Zusammenarbeit.
Sodann gratuliere ich dem Kollegen Reinhold

Hemker, der am 8. Oktober seinen 60. Geburtstag be-
ging, im Namen des Hauses nachträglich sehr herzlich.

Redet
Die Fraktion der SPD teilt mit, dass die Kollegin Hedi
Wegener als ordentliches Mitglied aus der Parlamentari-
schen Versammlung des Europarates ausscheidet. Nach-
folgerin soll die Kollegin Verena Wohlleben werden.
Sind Sie damit einverstanden? – Ich höre keinen Wider-
spruch. Dann ist die Kollegin Wohlleben als ordentliches
Mitglied in die Parlamentarische Versammlung des Eu-
roparates gewählt.

Interfraktionell wurde vereinbart, die verbundene Ta-
gesordnung um die in einer Zusatzpunktliste aufgeführ-
ten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der SPD und
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Kampf um Arbeits-
plätze unterstützen, Unternehmenskrisen m
schäftigungspotenziale erhalten – Restrukt
strengungen bei Karstadt/Quelle und GM/Op

(siehe 131. Sitzung)


(C (D ung 21. Oktober 2004 0 Uhr ZP 2 Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Umweltgutachten 2004 des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen – Umweltpolitische Handlungsfähigkeit sichern – Drucksache 15/3600 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Sportausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Ausschuss für Tourismus ZP 3 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Stabilitätsund Wachstumspolitik fortsetzen – Den europäischen Stabilitätsund Wachstumspakt stärken – Drucksache 15/3957 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss ZP 4 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a)


(Ergänzung zu TOP 28)


ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll V vom
28. November 2003 zum VN-Waffenübereinkommen

ext
– Drucksache 15/3937 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Entschädi-

(Entschädigungsrechtsänderungsgesetz – EntschRErgG)

– Drucksache 15/3944 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)


sausschuss
altsausschuss
Beratung des von den Fraktionen der SPD und
ÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
eistern, Be-
urierungsan-
el stärken

Recht
Haush

c) Erste
des B






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung woh-
nungsrechtlicher Vorschriften
– Drucksache 15/3943 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrach-
ten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsbehelfe
bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

(Anhörungsrügengesetz)

– Drucksache 15/3966 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

ZP 5 Beratung der Beschlussempfehlung des Auswärtigen Aus-
schusses (3. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Uta
Zapf, Petra Ernstberger, Hans Büttner (Ingolstadt), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeord-
neten Winfried Nachtwei, Marianne Tritz, Volker Beck

(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-

NISSES 90/DIE GRÜNEN: Verhinderung der Proliferation
von Massenvernichtungswaffen durch Abrüstung und ko-
operative Rüstungskontrolle
– Drucksachen 15/1786, 15/3967 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Uta Zapf
Ruprecht Polenz
Marianne Tritz
Harald Leibrecht

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Günter Krings,
Wolfgang Bosbach, Dr. Norbert Röttgen, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der CDU/CSU: Patentierbarkeit von
Software begrenzen
– Drucksache 15/3941 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

ZP 7 a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlänge-
rung der Geltungsdauer der §§ 100 g, 100 h StPO
– Drucksache 15/3349 –

(Erste Beratung 118. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses

(6. Ausschuss)

– Drucksache 15/3971 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Joachim Stünker
Hans-Christian Ströbele
Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)

Jörg van Essen

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu dem Antrag der Ab-
geordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Sibylle
Laurischk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP: Rechtstaatlichkeit der Telefonüberwachung si-
chern
– Drucksachen 15/1583, 15/3971 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Andreas Schmidt (Mülheim)

Joachim Stünker
Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)

Jerzy Montag
Hans-Christian Ströbele
Jörg von Essen

(C (D ZP 8 a)

BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Die Ukraine nach
der EU-Osterweiterung und vor den Präsidentschafts-
wahlen am 31. Oktober 2004
– Drucksache 15/3958 –

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Claudia Nolte, Dr. Friedbert Pflüger,
Dr. Wolfgang Bötsch, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU: Für eine demokratische und
freie Präsidentenwahl 2004 in der Ukraine
– Drucksachen 15/3799, 15/3968 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Marianne Tritz
Dr. Friedbert Pflüger
Harald Leibrecht

ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Bernhard Schulte-
Drüggelte, Peter H. Carstensen (Nordstrand), Dr. Christian
Ruck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU:
Welternährung sichern – Eine globale Verantwortung für
die nationale und europäische Agrarpolitik
– Drucksache 15/3940 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft (f)

Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 10 a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen
der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes
zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-
orientierten Fallpauschalensystem für Kran-
kenhäuser und zur Änderung anderer Vorschrif-

(Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz – 2. FPÄndG)

– Drucksache 15/3672 –

(Erste Beratung 121. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten
Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum
diagnoseorientierten Fallpauschalensystem für
Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vor-

(Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz – 2. FPÄndG)

– Drucksache 15/3919 –

(Erste Beratung 131. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses

(13. Ausschuss)

– Drucksache 15/3974 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Hans Georg Faust

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung

(13. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Dr. Hans Georg Faust, Horst Seehofer, Andreas Storm,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU:
Versorgungssicherheit für Patientinnen und Patienten
durch sachgerechte Fallpauschalen
– Drucksachen 15/3450, 15/3974 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Hans Georg Faust

ZP 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit Homburger,
Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP: Verwertung von Elektronikalt-






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

geräten ökologisch sachgerecht und unbürokratisch ge-
stalten
– Drucksache 15/3950 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Von der Frist für den Beginn der Beratung soll – so-
weit erforderlich – abgewichen werden.

Des Weiteren sollen die Tagesordnungspunkte 2 – Neu-
regelung des Energiewirtschaftsrechts –, 23 – Auswir-
kungen des GKV-Modernisierungsgesetzes – und 29 b –
Modernisierung des Schuldrechts – abgesetzt werden.

Außerdem mache ich auf eine nachträgliche Überwei-
sung im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerksam:

Der in der 124. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätzlich
dem Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft zur Mitberatung überwiesen werden.

Gesetzentwurf der Bundesregierung: Siebtes Ge-
setz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbe-
werbsbeschränkungen
– Drucksache 15/3640 –
überwiesen:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Kultur und Medien

Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? –
Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
sen.

Ich rufe Zusatzpunkt 2 auf:
Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung
Umweltgutachten 2004 des Rates von Sachver-
ständigen für Umweltfragen
Umweltpolitische Handlungsfähigkeit sichern
– Drucksache 15/3600 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Tourismus

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Michael Müller, SPD-Fraktion, das Wort.


Michael Müller (SPD):
Rede ID: ID1513200100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist gut,

dass sich der Bundestag wieder einmal in einer Kernzeit-

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(C (D ebatte mit der Umweltpolitik beschäftigt. Ich danke alen, die das beantragt haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Paziorek [CDU/ CSU]: Warum so defensiv?)


n der letzten Zeit war es häufig so, dass wir auf Veran-
taltungen – wo auch immer sie stattfanden – gehört ha-
en, die Umweltpolitik sei in den vergangenen 15 Jahren
elevant gewesen; das sei vorbei, da man jetzt andere
hemen habe, und die Ökologie müsse ein wenig zu-
ücktreten. In den letzten Monaten sind wir aber insbe-
ondere aufgrund der Rohstoff- und Energiepreisent-
icklung von einer ganz anderen Wirklichkeit eingeholt
orden.
Es gilt im Gegenteil: Die ökologische Frage gewinnt

eue Bedeutung. Sie ist eine der zentralen Zukunftsfra-
en. Jede Gesellschaft, die die ökologische Modernisie-
ung vorantreibt, wird in Zukunft gute Karten haben.
er das versäumt, wird schlecht dastehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as ist das Wichtigste, was man am Anfang der Debatte
agen muss.
Herr Paziorek und Frau Homburger, in diesem Zu-

ammenhang hoffen wir, dass die alte Tradition, im Um-
eltbereich möglichst viel gemeinsam zu machen, in
ieser schwierigen Umbauphase wiederbelebt werden
ann. Das ist notwendig. Die Ökologie ist ein Quer-
chnittsthema, sie ist oft zusätzlich zu der eigentlichen
ntscheidung zu beachten. Deshalb müssen wir in dieser
ntscheidenden Zukunftsfrage der Ökologie, wo immer
s geht, ohne falsche Kompromisse zu machen und ohne
onflikte zu vermeiden, mehr Gemeinsamkeiten haben.
as ist unser Appell an Sie. In den 90er-Jahren war es
mmer ein gutes Zeichen, dass die Opposition, wo immer
s ging, weiter gehende ökologische Positionen einge-
lagt hat. Das sollte auch heute der Fall sein. Das ist not-
endig, damit unser Land zukunftsfähig bleibt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Vor allem auf zwei Feldern wird es für uns sehr wich-
ig, die Ökologie stärker voranzutreiben. Lassen Sie
ich den ersten Punkt nennen. Wenn man – das klingt
etzt etwas komisch – das abfließende Wasser in einer
adewanne beobachtet, dann sieht man in der Regel
ber dem Abfluss einen Wirbel. Im ganzen Nordatlan-
ik entstehen in der biologischen und dynamischen
umpe des Wasserkreislaufes ebenfalls solche Druck-
irbel. In Forschungsergebnissen der NASA ist festge-
tellt worden, dass sich diese Druckwirbel im Nordatlan-
ik abschwächten.
Es gibt Studien beispielsweise des Goddard Institute,
onach die Temperatur in unseren Breitengraden dann,
enn diese Druckwirbel gegen null tendieren, um 4 bis
Grad absinken kann. Es ist eine alarmierende Entwick-
ung, dass sich diese Druckwirbel in den letzten zwei
ahrzehnten um etwa 25 Prozent, also um ein Viertel, ab-
eschwächt haben. Wir erleben auf einmal – das ist ein






(A) )



(B) )


Michael Müller (Düsseldorf)


Alarmsignal –, dass die Klimaproblematik, deren Aus-
wirkungen bisher in erster Linie die tropischen und sub-
tropischen Breiten erfahren, auch für Nordeuropa eine
zentrale Herausforderung wird. Die Tatsache, dass der
Druckwirbel nachlässt, ist eines der alarmierendsten Si-
gnale dafür, dass das Klimasystem der Welt umkippt.

Lange Zeit zeigten die Wasserkreisläufe nur bedingt
die Klimaveränderungen, weil sie träger reagierten. Jetzt
aber beschleunigt sich dieser Prozess. Wir müssen – da-
rum bitte ich Sie – die Alarmsignale ernst nehmen; denn
wenn dieses System kippt, kann man es kurzfristig nicht
mehr retten. Die Natur ist kein Netz, dessen Löcher man
schnell wieder flicken kann, und schon funktioniert alles
wieder. Wenn dieses Netz reißt, passiert sehr viel mehr.
Die Verantwortung dafür trägt nicht nur eine Partei, son-
dern die Verantwortung dafür müssen wir als Politiker
gemeinsam übernehmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Im europäischen Bereich ist es inzwischen zu einer
Erhöhung der Temperatur von ungefähr 1 Grad gekom-
men; die Europäische Umweltagentur geht von
0,95 Grad aus. Sie rechnet mit einer Bandbreite von 1,5
bis 6,3 Grad als Möglichkeit für dieses Jahrhundert. Das
ist besorgniserregend genug. Diesen wichtigen Punkt
muss man einmal klar hervorheben. Wir müssen beim
Klimaschutz die Dynamik und den Ehrgeiz verstärken.
Nationale Klimaschutzpolitik muss ein Markenzeichen
deutscher Politik bleiben und noch verstärkt werden.
Anders geht es nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der zweite wichtige Punkt, den ich am Anfang an-
sprechen möchte, ist die Entwicklung auf den Roh-
stoff- und Energiemärkten. Sie haben in den letzten
Tagen die Preisentwicklung insbesondere beim Öl er-
lebt. Im Zusammenhang mit dieser Preisentwicklung
beim Öl müssen wir als industrielle Welt, in der unge-
fähr 1,3 Milliarden Menschen leben, endlich zur Kennt-
nis nehmen, dass schon in kurzer Zeit etwa 4 Milliarden
Menschen in dieser industriellen Welt leben wollen. Es
geht einfach nicht, dass ein System, das schon heute un-
ter ökologischen Gesichtspunkten höchst problematisch
ist, auf dreimal so viele Menschen übertragen wird, ohne
dass daraus ökologische Folgen entstehen.

Wir müssen unsere Möglichkeiten zur Gewinnung
von Rohstoffen, Energien und Ressourcen überdenken.
Man kann nicht weiterhin glauben – das resultiert aus
meiner Sicht aus einer falschen Vorstellung der Aufklä-
rung –, dass die Natur ein sich selbst immer wieder neu
regulierendes System ist. Nein, auch die Natur ist ein
System mit Grenzen. Wir müssen diese Grenzen in einer
verantwortlichen Politik vernunftgerecht berücksichti-
gen. Das bedeutet keine Philosophie eines Rückgangs
des Wachstums, sondern ein qualitatives Wachstum,
Umsteuern also.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D ür die Zukunft ist es ein entscheidender Punkt, dass wir n dieser Frage die Qualität über die Quantität setzen. as ist ökonomisch, beschäftigungspolitisch und sozial ichtig. Wir begrüßen es sehr, dass das Umweltgutachten uch eine breite Palette von kritischen Tönen enthält. Es äre falsch, wenn das Gutachten keine kritischen Töne mfasste, die uns anspornen. Kritik ist auch deshalb gut, eil wir gegenüber den engstirnigen Interessenverbänen zeigen können, dass es andere Positionen gibt; denn an darf nicht kurzfristig denken. Nein, Ökologiepolitik st vor allem langfristig orientiert und muss sich dann im onkreten Alltag widerspiegeln. Das ist eine Politik, die iel stärker von uns verfolgt werden muss. ie Leitlinie dieser Politik ist Nachhaltigkeit. Nachhaligkeit ist trotz der ökologischen Fundierung kein ökoloisches Thema. (Beifall der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der SPD)


s handelt sich um ein Thema, das in das Zentrum der
esellschaftspolitik gehört, weil es ein Integrationsprin-
ip berührt, das versucht, eine zivilisatorische, eine ge-
ellschaftspolitische Entwicklung abzubilden, die unter
lobalen Gesichtspunkten heute verantwortbar ist. Inso-
ern ist Nachhaltigkeit, anders als sie vielleicht noch in
en 90er-Jahren gedacht wurde, in der Zwischenzeit die
ichtigste Antwort auf die Herausforderungen der Glo-
alisierung.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker [SPD])


enn sie macht eine andere Möglichkeit des Fortschrei-
ens von Wirtschaft und Gesellschaft möglich. Der Kern
er Nachhaltigkeit ist ein vernünftiger Umgang mit Zeit
nd Raum. Das ist etwas anderes als das, was wir bisher
atten, als wir vor allem diese beiden Faktoren entweder
aßlos genutzt oder aber alle Raumwiderstände aufge-
öst haben.
Bisher war die Umweltpolitik vom Verursacherprin-

ip, vom Vorsorgeprinzip und vom Kooperationsprinzip
eprägt. Diese drei Prinzipien, die in den 70er-Jahren
ntwickelt wurden, werden weiterhin wichtig bleiben.
ber Nachhaltigkeit bedeutet, dass wir diese Prinzipien
or allem durch das Integrationsprinzip ergänzen müs-
en. Wir müssen erreichen, dass die Ökologie in allen
ntscheidenden Politikfeldern fest verankert und der
kologische Maßstab zum Maßstab von Entscheidungen
n der Außenpolitik, in der Energiepolitik, in der Wirt-
chaftspolitik, in der Bildungspolitik und wo auch im-
er wird. Ökologie ist ein entscheidendes Kriterium für
olitische Entscheidungen und für politische Verantwor-
ung.
Wir wissen heute, dass wir vor allem in der Ökologie
it vier großen Herausforderungen umgehen müssen.
ie erste ist das exponentielle Wachstum des Umwelt-
erbrauchs und der Umweltzerstörung. Wenn man eine
estandsaufnahme der letzten 500 Jahre macht, dann
ird man feststellen, dass nach 1950 in den großen Sys-
emen Wasser, Luft, Artenvielfalt und Bodenqualität






(A) )



(B) )


Michael Müller (Düsseldorf)


mehr zerstört wurde als in der gesamten Zeit davor. Das
ist ein alarmierendes Signal, vor allem vor dem Hinter-
grund, dass erst ein Viertel der Welt unter industriellen
Bedingungen wirtschaftet.

Die zweite große Herausforderung der Ökologie ist,
dass vieles erst mit Zeitverzögerung eintritt. Die Folgen
vieler Umweltschäden, die wir heute anrichten, werden
wir erst in der Zukunft sehen. Besonders dramatisch
wird das bei den Wasserkreisläufen sein. Deshalb bedeu-
tet Umweltpolitik immer das Vorwegdenken der Zukunft
und das Einbeziehen von möglichen Folgen in die heuti-
gen Entscheidungen.

Drittens müssen wir wissen, dass viele Umweltpro-
bleme möglicherweise noch gar nicht richtig erkennbar
sind. Wir haben es in hohem Maße mit Unwissenheit
über kumulative Wirkungen, Anreicherungen etc. zu tun.

Viertens. Es ist eine neue Qualität, dass die Ökologie-
schäden global sind. Das ist etwas ganz anderes als das,
was wir aus der Geschichte kennen. Ich erinnere an die
berühmten Beschreibungen von Homer über die Zerstö-
rung der Baumlandschaft an der türkischen Ägäis und
die Berichte aus dem Mittelalter über die Abholzung im
Mittelmeerraum. Wir haben es heute mit einem globalen
Problem zu tun. Deshalb müssen unsere Antworten eine
andere Qualität haben.

Lassen Sie mich am Ende zwei wichtige Aspekte nen-
nen, warum ich glaube, dass die Ökologie das entschei-
dende Fortschritts- und Zukunftsmodell ist. Wenn die
zentrale Herausforderung in der Zukunft der Umgang
mit Ressourcen ist, dann sind nicht alle die Wirtschaften
bzw. die Ökonomien gut, die im Zusammenhang mit
Energiesparen über eine Verminderung von Energie-
einsatz nur reden und die Effizienz bei der Energie-
umwandlung nur verbal kennen, sondern diejenigen, die
Einsparungen von Ressourcen, Materialien und Rohstof-
fen zu einem grundsätzlichen Prinzip machen. Wir wol-
len die effiziente Wirtschaft. Effizienz heißt nicht nur
Kostensenkung beim Faktor Arbeit, sondern heißt vor
allem Einsparung von Kilowattstunden, von Material
und von Rohstoffen. Effiziente Politik heißt, Produktivi-
tät mit intelligenter Produktentwicklung zu verbinden.
Das ist eine riesige Zukunftschance für Europa.


(Beifall bei der SPD)

Der zweite wesentliche Punkt ist: Mit der heraufzie-

henden Wissensgesellschaft kommt wieder eine Ent-
wicklung auf uns zu, bei der vor allem die Kreativität
des Menschen gefordert ist. Wir kommen weg von der
alten Massenproduktion hin zu intelligenten Lösungen.
Wer dabei gut ist, wird auch im internationalen Maßstab
seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern.

Wissensgesellschaft heißt Intelligenz in der Produk-
tion und Ökonomie. Sie bedeutet die Stärkung des Men-
schen und seiner Fähigkeiten. Beides gemeinsam – die
Wissensökonomie auf der einen Seite und die Ressour-
cenwirtschaft auf der anderen Seite – stellt die große
Chance für unser Land und für Europa auf eine gute Zu-
kunft dar. Lassen Sie uns gemeinsam versuchen, diese
Richtung einzuschlagen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegen Peter Paziorek, CDU/ SU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Umweltpolitische Handlungsfähigkeit sichern“ lautet ie Überschrift des Umweltgutachtens 2004. Diese berschrift wirft Fragen auf. Ist die Handlungsfähigkeit er Umweltpolitik in Deutschland nicht mehr gegeben? ibt es in Deutschland eine Blockadesituation in der mweltpolitik? Ist in der deutschen Politik eine Zurückaltung zu verzeichnen, wie es der Sachverständigenrat n seinem Gutachten auch inhaltlich andeutet? So fragt der Sachverständigenrat für Umweltfragen, b die umweltpolitische Zurückhaltung nur kurzfristig nd einer extrem ungünstigen Konjunkturlage zuzuchreiben sei oder ob sie ein generelles Zurückschrauben mweltpolitischer Ziele bedeute. Dies ist eine interesante Fragestellung, insbesondere da die Regierungspareien in ihrer Öffentlichkeitsarbeit nicht müde werden, as falsche Bild einer dynamischen Umweltpolitik dieer Regierung zu zeichnen. Aber die Realität scheint ine andere zu sein. Ja, die Realität ist eine andere, eine Damen und Herren! Aber zunächst möchte ich im Namen der CDU/CSUundestagsfraktion den Sachverständigen für dieses utachten danken. Wir teilen nicht alle Aussagen in dieem Gutachten, zum Beispiel hinsichtlich der Forderung, ie Ökosteuer auch weiterhin kontinuierlich aufzustoken. Aber das Gutachten bietet eine klare und fundierte nalyse der Umweltsituation in Deutschland. Die Empfehlungen zu den einzelnen Handlungsfel ern geben Anlass zum Nachdenken und Anstöße zur mweltpolitischen Arbeit. So ist die Aussage des Sacherständigenrates richtig, dass eine langfristige Stabiliierung des Zustands der Umwelt notwendig ist und dass ieses Ziel auch bei wirtschaftlichen Problemen beibealten werden sollte. Wir müssen somit auch der Frage achgehen, inwieweit Umweltpolitik mithelfen kann, die irtschaftlichen Probleme zu überwinden, und zwar daurch, dass die Umweltpolitik selber effektiver wird und uf neue, unbürokratische Steuerungsansätze zurückreift. (Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Die Ökosteuer!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513200200

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1513200300

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb muss jede Umweltpolitik zum Ziel haben,
ie Schöpfung zu bewahren und gleichzeitig die wirt-
chaftlichen Probleme unseres Landes mindern zu hel-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU)

as sind die wirklichen Herausforderungen, vor denen
ir in der Umweltpolitik stehen. Diese Herausforderun-
en sind Sie, Herr Bundesumweltminister, nicht in der






(A) )



(B) )


Dr. Peter Paziorek

politischen Breite und mit dem notwendigen Tiefgang
angegangen. Das müssen wir heute leider feststellen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Angesichts der Themen, die Sie in den letzten Mona-
ten vornehmlich behandelt haben – Dosenpfand, Atom-
ausstieg und erneuerbare Energien –, bleibt festzustel-
len: So wichtig die einzelnen Themen, zum Beispiel die
erneuerbaren Energien, auch aus meiner persönlichen
Sicht sind: Ihr umweltpolitischer Politikansatz in den
vergangenen Monaten stellt in Wirklichkeit ein Auslauf-
modell der Umweltpolitik dar.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Sie arbeiten nämlich nur das ab, was als Traditionsthe-
men rot-grüner Umweltpolitik wichtig erscheint.

Sie haben aber noch nicht erkannt oder wollen es
nicht erkennen, dass die Umweltpolitik selber einem
Modernisierungsprozess mit technologisch innovativen
Potenzialen unterliegt. In den Bereichen, in denen zum
Beispiel vonseiten der Europäischen Union Neuerungen
auf uns zukommen – wie beim Emissionshandel –, ver-
rennen Sie sich in bürokratischen Einzelheiten. Diesen
Vorwurf müssen wir Ihnen machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich glaube, auch vor dem Hintergrund des

Umweltgutachtens 2004 kann festgestellt werden: Die
Bilanz Ihrer Umweltpolitik ist ernüchternd, Herr Bun-
desumweltminister. Ihre Politik ist einseitig. In den ver-
schiedensten Bereichen haben Sie es schlichtweg ver-
säumt, entscheidende neue Impulse zu geben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dies schreibt Ihnen auch der Sachverständigenrat in sei-
nem Gutachten ins Stammbuch. So sieht er die Ökosys-
teme von Nord- und Ostsee durch die Vielzahl von
Belastungen, zum Beispiel durch den Eintrag von
Schadstoffen, als ernsthaft gefährdet an.

Die Bilanz beim Lärmschutz wird als ungünstig be-
zeichnet. So haben die Lärmbelastung und -belästigun-
gen in den vergangenen Jahren sogar zugenommen.

In der Abfallpolitik konnten keine Durchbrüche er-
zielt werden. Dies gilt sowohl für das Abfallaufkommen
als auch für den Rohstoffverbrauch. Wo ist die große
Wende in diesem Bereich? So fehlen zum Beispiel noch
in erheblichem Umfang Vorbehandlungskapazitäten, um
die unvorbehandelte Ablagerung bis 2005 einstellen zu
können.

Die wachsende Inanspruchnahme von Flächen durch
Siedlungen und den Verkehr bleibt – so das Gutachten –
ein ungelöstes Problem, ebenso wie die Bodenbelastung
durch Schadstoffeinträge oder Altlasten. Die nachhaltige
Nutzung der biologischen Vielfalt ist auch dadurch er-
schwert – ich zitiere nur aus dem Umweltgutachten –,
dass

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(C (D eine strategische Orientierung in der Naturschutzpolitik im Sinne einer nationalen Biodiversitätsstrategie bislang nicht vorliegt. Dies sind die umweltpolitischen Felder, auf denen roßer Handlungsbedarf besteht und auf denen weitere nstrengungen notwendig sind. Herr Bundesumweltmiister, Sie haben diese Felder aber einfach links liegen elassen. Das ist ein großer Fehler Ihrer Umweltpolitik. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dies wird offensichtlich auch von der Bevölkerung so
esehen. In einer aktuellen repräsentativen Umfrage des
mnid-Instituts im Auftrag des „Greenpeace Maga-
ins“ erhält die Bundesregierung für ihre Umweltpolitik
erade einmal die Schulnote 3,8 und der Bundesumwelt-
inister die persönliche Note 3,9. Interessant ist eben-
alls, dass im Rahmen dieser Umfrage 89 Prozent der
efragten große Umweltprobleme in den Bereichen
asser, Boden und Luftverschmutzung sehen, also in all
enjenigen Bereichen, in denen Ihre Umweltpolitik in
en letzten Jahren weggetaucht ist, in denen Sie nichts
ngepackt haben, vielleicht weil Sie selbst erkannt haben
das gebe ich zu –, wie schwierig diese Felder sind.
ber so zu tun, als ob es ausreichend wäre, einige
chwerpunkte der Umweltpolitik anzugehen, statt eine
irklich umfassende Umweltpolitik zu machen, ist
alsch. Das können wir nicht akzeptieren. Ihre Umwelt-
olitik ist in vielen Teilbereichen leider weggetaucht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Bundesumweltminister, der entscheidende Vor-
urf, den wir Ihnen machen müssen, ist, dass Sie vom
nstrumentenansatz her nicht den Versuch unternehmen,
ine wirklich moderne Umweltpolitik zu betreiben. Das
eginnt schon damit, wie Sie sich zu den vorhandenen
onflikten – das bestreitet niemand – grundsätzlich po-
itionieren. Herr Müller hat gerade von der Nachhaltig-
eit und davon gesprochen, dass Ökonomie, Ökologie
nd Soziales zusammengehören und dass es hier Kon-
likte gibt, die man austarieren muss. Das alles ist zwar
ichtig. Aber nach unserer Auffassung ist Ihre Positio-
ierung in Bezug auf die Umweltpolitik als totaler Ge-
ensatz zur Ökonomie – auch in der öffentlichen Wahr-
ehmung – falsch. Wer Umweltpolitik von vornherein so
ositioniert und nicht den Versuch macht, durch entspre-
hende öffentliche Darstellung einen Beitrag zur Aus-
öhnung von Ökologie und Ökonomie zu leisten, der
ositioniert die Umweltpolitik falsch. Das ist ein ganz
entraler Vorwurf, den wir Ihnen machen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ie kommen durch ständige Schuldzuweisungen an die
irtschaft im Umweltschutz nicht weiter.
Was brauchen wir? Wir brauchen in Deutschland end-

ch eine Umweltpolitik, die dem Grundsatz der Effi-
ienz gerecht wird.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie mal, was Effizienz bedeutet!)







(A) )



(B) )


Dr. Peter Paziorek

– Herr Beck, mit Ihrer Lautstärke dringen Sie mit Ihrem
Zuruf nicht zu mir durch. Ich habe ihn akustisch leider
nicht verstanden. Aber Sie können ja eine Zwischen-
frage stellen. Ich freue mich über jede Zwischenfrage.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich schenke Ihnen keine Redezeit!)


Herr Müller, Sie haben zum Beispiel gefordert, dass
Regierung und Opposition gemeinsame Positionen erar-
beiten sollten.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Nicht Positionen, sondern einen Grundkonsens! Das ist etwas anderes! Das kann sich daraus ergeben!)


– Gut, einen Grundkonsens. – Ich kann Ihnen sagen: Es
gibt vielleicht die Möglichkeit, gemeinsame Positionen
zu erarbeiten. Dabei denke ich zum Beispiel an die Dis-
kussion in den letzten Tagen darüber, ob wir gemeinsam
eine Initiative zur Verbesserung der Exportchancen der
erneuerbaren Energien starten sollen. Darüber können
wir durchaus gemeinsam nachdenken.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Na klar! Aber Sie müssen sich dann verändern!)


In dieser Frage muss es doch nicht zu einem ideologi-
schen Diskurs über Grundsatzpositionen kommen. Ich
bin zwar bereit, hier gemeinsame Positionen mitzutra-
gen. Aber der entscheidende Punkt ist, welche Instru-
mente wir in einer schwierigen Situation für die Um-
weltpolitik einsetzen, die gleichzeitig der Erreichung der
umweltpolitischen Ziele – das ist weiter als wichtig zu
erachten – und der Stärkung der Wachstumskräfte in die-
sem Land dienen. Umweltpolitik muss auch Bestandteil
einer Modernisierungspolitik in Deutschland sein. Das
ist doch der entscheidende politische Ansatz.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dafür gibt es zwar Chancen. Die entscheidenden Fragen
sind aber: Wo geht die Regierung hier voran? Wo gibt es
wirklich neue Instrumente? Wir müssen leider feststel-
len, dass die Bilanz der Regierung in dieser Hinsicht
schlecht ist. Die Regierung ist hier nicht auf der Höhe
der Zeit. Das kann man nur mit großem Bedauern fest-
stellen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir verfügen in Deutschland über ein großes Wissen
in der Umwelttechnik. Deutsche Unternehmen haben
sich in diesem Bereich große Kompetenzen erarbeitet
und sind weltweit führend. Genau hierin liegen große
Chancen und ein ungeheures Innovationspotenzial für
unser Land. Schaue ich mir mit Blick auf die Industrie-
staaten, insbesondere aber mit Blick auf die Entwick-
lungs- und Schwellenländer den großen weltweiten Be-
darf an Umwelttechnik an, sehe ich hier ein erhebliches
Wachstumspotenzial für unser Land und die heimische
Wirtschaft.

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(C (D Es wird uns aber nur gelingen, diese Chancen zu nuten, wenn wir die Rahmenbedingungen vernünftig seten und auch in der Umweltpolitik die Initiativen des inzelnen – des Mittelstandes und des einzelnen Unterehmers – besser berücksichtigen. Warum können wir in eutschland nicht dazu übergehen, stärker als bisher reiwilliges umweltfreundliches Verhalten zu honorieen? Als Grundsatz muss gelten, dass sich freiwilliges mweltfreundliches Verhalten lohnen muss. Warum weren unsere gesetzlichen Bestimmungen nicht dahin geend geprüft, ob nicht ein Unternehmer, ein Mittelständr, der freiwillig mehr macht, als durch rechtliche estimmungen vorgegeben ist – etwa bei seinen Beichtspflichten, die ihm nach den umweltrechtlichen Vorchriften auferlegt sind, oder bei ganz bestimmten Freitellungstatbeständen; sagen Sie nicht, dass es so etwas icht gebe; ich könnte Ihnen genügend Beispiele nenen –, dort, wo es möglich ist, belohnt werden kann? er freiwillig mehr macht, könnte zum Beispiel dadurch elohnt werden, dass er von bürokratischem Aufwand ntlastet wird. Auf diese Weise würden Anreize in die Umweltpoli k eingebaut; dies wäre ein intelligenter Weg, um die mweltpolitik in der täglichen Auseinandersetzung mit irtschaft und Mittelstand attraktiver zu machen. Es eicht einfach nicht aus, solche Initiativen in einem Inormationsblatt des Bundesumweltministeriums lobend u erwähnen, auch wenn dies schön und wichtig ist. Auf auer muss von der Umweltpolitik das Signal kommen, ass derjenige belohnt wird, der sich besonders umweltreundlich verhält. Wir brauchen ein unbürokratisches und flexibles Umeltrecht. Deshalb benötigen wir auch einen neuen Anatz für das Umweltgesetzbuch. Ferner haben wir die benfalls in dem Gutachten angesprochene spannende rage zu beantworten, welche Zuständigkeiten im Hinlick auf die Umweltpolitik künftig im Rahmen des Föeralismuskompromisses gelten werden. Hier muss eine ernünftige Aufteilung der Kompetenzen im Umweltecht das oberste Ziel sein. Außerdem muss das deutsche mweltrecht schlanker und transparenter gestaltet weren. Für einen Umweltminister wäre es eine lohnende ufgabe, deutlich zu machen, wie man sinnvolle Aneize für eine gute Umweltpolitik geben kann, anstatt ufend Schlagzeilen mit der Überschrift zu produzieren, ie Wirtschaft habe versagt. Machen Sie endlich Umeltpolitik in einem positiven Sinne! Nehmen Sie die enschen mit, zeigen Sie ihnen, dass es sich lohnt, für mweltschutz zu arbeiten! Damit könnten Sie einen groen Erfolg für die Umweltpolitik erzielen. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich erteile Bundesminister Jürgen Trittin das Wort. Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur schutz und Reaktorsicherheit: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Paziorek, Sie haben mir eben viele Felder vorgeschlagen, die ich anpacken sollte, damit Sie, wenn ich es täte, dagegen sein könnten. Insofern war dies kein hilfreicher Beitrag. (Georg Girisch [CDU/CSU]: Herr Minister, das ist zu billig!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513200400




(A) )


(B) )


Sie haben zu Recht auf das Motto des Gutachtens
hingewiesen: „Umweltpolitische Handlungsfähigkeit si-
chern“. Will man die Handlungsfähigkeit der Umwelt-
politik sichern, muss man als Erstes vorhandene
Erkenntnisse in Politik umsetzen. Wenn man beispiels-
weise erkennt, dass wir in Deutschland zu viel Fläche
verbrauchen und zugleich einen Wohnungsleerstand mit
steuerfinanziertem Abriss bekämpfen, dann ist es sinn-
voll, eine umweltpolitisch kontraproduktive Subvention
wie die Eigenheimzulage endlich abzubauen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Damit, dass Sie gegen den Abbau dieser Subvention
sind, belegen Sie, dass Sie umweltpolitisch nicht hand-
lungsfähig sind.

Sie sprechen davon, Subventionen abbauen zu wol-
len. Zur gleichen Zeit muss ich lesen, dass ausgerechnet
der FDP-Abgeordnete Goldmann dafür plädiert, den Ab-
bau der Subventionierung des Agrardiesels rückgängig
zu machen oder diese Subvention gar noch zu erhöhen.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das ist doch keine Subvention!)


Angesichts dessen kann ich nur sagen, dass es mit Ihrer
umweltpolitischen Handlungsfähigkeit nicht weit her ist,
meine Damen und Herren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Georg Girisch [CDU/CSU]: Das hat aber einen anderen Grund!)


Will man umweltpolitisch handlungsfähig sein, muss
man auch schwierige Probleme beherzt anpacken. In der
Richtung haben Sie sich ja nicht sehr bewegt, Herr
Paziorek. Wir haben 1999 den Anstoß für eine neue
Chemikalienpolitik innerhalb der Europäischen Union
gegeben. Bis heute werden Zehntausende von Altstoffen
ungeprüft in Verkehr gebracht. Lesen Sie einmal nach,
was der Sachverständigenrat dazu sagt! Er sagt – wörtli-
ches Zitat –: Die alte Chemikalienpolitik ist ein Groß-
experiment mit Mensch und Natur. – Wir wollen dieses
Großexperiment mit einem vereinfachten Verfahren be-
enden, nach dem alle Chemikalien, alte wie neue, regis-
triert werden und besonders gefährliche Stoffe entspre-
chend autorisiert werden, und zwar nach strengen und
klar definierten Maßstäben.

Mit dieser Position unterstützt der Sachverständigen-
rat die Linie, die die Bundesregierung zusammen mit der
chemischen Industrie und der Chemiegewerkschaft ver-
treten hat, nämlich für ein neues, umweltpolitisch ambi-
tioniertes, aber auch schlankes Chemikalienrecht. Dazu

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(C (D ehören solche Projekte wie die Umsetzung des Prinzips ein Stoff – eine Registrierung“. Das ist nicht nur gut, eil es Tierversuche vermeidet, sondern das ist auch eshalb gut, weil es ein ganz wesentlicher Schritt ist, ürokratie im neuen Chemikalienrecht abzubauen. (Birgit Homburger [FDP]: Bitte? – Dirk Niebel [FDP]: Haben Sie das mal mit der BASF besprochen? – Zuruf von der CDU/ CSU: Das kann doch nicht wahr sein!)


Das ist relativ einfach. Wenn ein Stoff nur einmal ge-
estet wird, vermindert das den Aufwand. Wenn der glei-
he Stoff zehnmal getestet wird, hat man den zehnfachen
ufwand. Einfacher geht Bürokratieabbau nicht, liebe
olleginnen und Kollegen von der FDP.
Ein anderes Beispiel. Wenn man heute nicht nur Erb-

ut verändernde und Krebs erzeugende, sondern auch
chwere Allergien erzeugende und chronisch toxische,
lso hoch giftige Stoffe einer Autorisierung unterwirft
das vertreten die Chemieindustrie und auch die Bun-
esregierung –, dann sorgt man nicht nur dafür, dass
ehr für Gesundheit und Umweltschutz getan wird, son-
ern dann reduziert man selbstverständlich auch volks-
irtschaftliche Kosten, die durch chronische und
chwerste Erkrankungen entstehen.
Neben dem Anpacken solch schwieriger Probleme

eißt umweltpolitische Handlungsfähigkeit aber auch,
ie eigenen Instrumente zu überprüfen; da stimme ich
hnen voll und ganz zu, Herr Paziorek. Dann lesen Sie
ber auch einmal nach, was der Sachverständigenrat
ber die freiwilligen Selbstverpflichtungen sagt. Er
agt, das sei an vielen Stellen nichts anderes als business
s usual. Das ist ein Instrument, das einer ganz genauen
berprüfung bedarf. Es gibt gute Beispiele wie die
elbstverpflichtung zum Verzicht auf Fluorkohlenwas-
erstoffe. Es gibt aber auch Beispiele dafür, dass eine
elbstverpflichtung schlicht und ergreifend versagt hat.
ine dieser Selbstverpflichtungen mussten wir gerade
usammen mit der CSU in Bayern – dafür bedanke ich
ich ausdrücklich – korrigieren, nämlich die Selbstver-
flichtung der deutschen Getränkeindustrie, 72 Prozent
ehrwegverpackungen zu erreichen. Man ist bei fast
0 Prozent gelandet. Deshalb war es an der Zeit, dazu
ine vernünftige Regelung zu finden. Dafür, dass jetzt
ine vereinfachte Regelung gefunden wurde, danke ich
er Bayerischen Staatsregierung.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Georg Girisch [CDU/CSU]: Nachbesserung in Sicht!)


Meine Damen und Herren von der CDU, Sie werden
ann die Chance haben, Herrn Stoiber zu widerlegen.
err Stoiber hat nämlich gesagt, die CDU müsse aufhö-
en, im Bundestag ständig Umweltpolitik zu blockieren.
ei der Abstimmung über den Kompromiss des Bundes-
ates zu einer einfachen Pfandregelung haben Sie,
eine Damen und Herren von der CDU, also alle Chan-
en, Herrn Stoiber zu widerlegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Georg Girisch [CDU/CSU]: Erst wollen wir wissen, ob er das auch gesagt hat!)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513200500

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Niebel?

Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Bitte, bitte.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1513200600

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Minister, Sie spra-

chen gerade das Dosenpfand an, wie es im Volksmund
genannt wird. Die EU-Kommission hat übrigens eine
eigene Meinung dazu. Sie sprachen in diesem Zusam-
menhang von einer Vereinfachung. Als Arbeitsmarkt-
politiker versuche ich, mich da hineinzudenken; die Um-
weltpolitiker haben ja ein sehr komplexes Themenfeld
zu bearbeiten.

Können Sie mir erklären, was es für den Verbraucher
einfacher macht, zu erkennen, wann Pfand zu zahlen ist
und wann nicht,


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Erst trinken!)

wenn zum Beispiel für einen Fruchtsaft, beispielsweise
Orangensaft, kein Pfand notwendig ist, aber für ein
Fruchtsaftgetränk, beispielsweise Orangensaft mit Kal-
zium, vom gleichen Erzeuger, in der gleichen Flasche,
Pfand notwendig ist? Ich verstehe nicht, was daran eine
Vereinfachung ist.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Georg Girisch [CDU/CSU]: Man merkt es erst, wenn man es getrunken hat! – Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)


Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Lieber Herr Niebel, ich kann mir auch noch einfa-
chere Regelungen vorstellen. Wenn Sie die Position der
Bundesregierung dazu betrachten, dann müssen Sie fest-
stellen: Die von ihr vorgesehene Regelung war noch ein-
facher.

Wenn Sie die jetzige Regelung aber mit dem Rechts-
zustand, den die FDP mit Frau Merkel und Herrn Kohl
herbeigeführt hat, vergleichen, so sehen Sie die Verein-
fachung ganz klar. Nach Ihrem Recht gab es eine Unter-
scheidung zwischen Mineralwasser mit und ohne Spru-
del. Diese Differenzierung haben wir abgeschafft.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Bitte, nicht weiter! Es stimmt nicht! – Georg Girisch [CDU/CSU]: Falsch!)


– Doch, es ist so. Herr Kollege Girisch, die bisherige
Rechtslage ist, dass Mineralwasser mit Sprudel bepfan-
det ist und Mineralwasser ohne Sprudel nicht bepfandet
ist. Diese Unterscheidung haben wir gemeinsam abge-
schafft. Seien wir froh darüber!


(Zuruf des Abg. Dirk Niebel [FDP])



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(C (D Nein, ich beantworte Ihre Frage noch. Danach dürfen ie sich setzen. Ich bin immer noch dabei, Ihre Frage zu eantworten. Immer mit der Ruhe! (Dirk Niebel [FDP]: Ich dachte gerade, Sie reden mit einem anderen Kollegen!)


ach Ihrem Recht war Coca-Cola mit Schnaps pfand-
rei, während Coca-Cola ohne Schnaps bepfandet war.
uch das haben wir abgeschafft.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist ja auch gut so!)


Ich bin ganz froh, dass die FDP für weitere Vereinfa-
hungen beim Pfand eintritt. Wir alle sind froh darüber,
enn Sie sich an solchen Vereinfachungen beteiligen.
ber die erste Voraussetzung ist, Herr Niebel, dass Sie
en Unsinn, den Sie 1998 an dieser Stelle angestellt ha-
en, mit uns endlich gemeinsam beseitigen. Wenn das
eschieht, dann sind wir wirklich auf einem vernünf-
igen Wege und dann reden wir über weitere Vereinfa-
hungen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


etzt dürfen Sie sich setzen.
Umweltpolitik und umweltpolitische Handlungsfä-

igkeit beweist man im Übrigen auch durch Beharrlich-
eit. Wir müssen dafür sorgen – Michael Müller hat da-
auf hingewiesen –, dass sich das globale Klima nicht
m mehr als 2 Grad Celsius erwärmt. Eines ist nach die-
er Sturmsaison in Japan, in Florida doch unübersehbar:
ichtstun beim Klimaschutz ist schlicht und ergreifend
nverzeihlich. Ich höre immer wieder Argumente, wie
euer Klimaschutz sei. Allein die vier Tornados dieses
ahres haben in Florida mehr als 25 Milliarden US-Dol-
ar Schaden angerichtet. Am teuersten käme es uns zu
tehen, beim Klimawandel nichts zu tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich bin deswegen so froh, dass es gelungen ist, dass
as Kioto-Protokoll demnächst in Kraft gesetzt wird.
it der Ratifizierung wird dieser Deckel auf die globale
rwärmung völkerrechtlich verbindlich. Das ist ein Er-
olg europäischer Beharrlichkeit. Ich sage dem Bundes-
anzler Danke schön, der sich an dieser Stelle wirklich
it Nachdruck und Beharrlichkeit bei Russland dafür
ingesetzt hat, dass es diesen Weg der Völkergemein-
chaft mitgeht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dies ist aber nur der Anfang. Wir müssen diesen Weg
uf der nächsten Klimakonferenz in Buenos Aires wei-
ergehen. Klimaschutz ist eine langfristige Aufgabe. Wir
üssen unsere Verpflichtungen erfüllen. Wir müssen
ehr Staaten – gerade diejenigen, die pro Kopf sehr viel
reibhausgase emittieren – einbeziehen und wir müssen
eiterhin unsere Rolle spielen, indem wir uns neue Ziele
etzen. Die Bundesregierung hat vorgeschlagen, dass
eutschland bis 2020 40 Prozent seiner Treibhausgas-
missionen einspart, wenn sich die EU zu einer Reduk-
ion von 30 Prozent in diesem Zeitraum verpflichtet.






(A) )



(B) )


Bundesminister Jürgen Trittin

Ich komme zum Schluss. Umweltpolitische Hand-

lungsfähigkeit gewinnt man unter anderem dadurch,
dass man beim Klimaschutz, beim Umweltschutz und
bei einer Politik der Nachhaltigkeit den Mut zu einer
Vorreiterrolle hat. In diesem Sinne danke ich dem Sach-
verständigenrat, der uns in dieser Auffassung nachdrück-
lich unterstützt hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513200700

Ich erteile das Wort der Kollegin Birgit Homburger,

FDP-Fraktion.


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1513200800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

sprechen heute in der Tat in der Kernzeit über ein um-
weltpolitisches Thema. So haben auch Sie, Herr Kollege
Müller, am Anfang hier gesagt, man müsse die Aktivitä-
ten in der Umweltpolitik einmal wieder in den Mittel-
punkt stellen. Schön wäre es, wenn Sie das wirklich ak-
tiv betrieben hätten. Tatsache ist doch, dass Sie die
Reform des Energiewirtschaftsrechts, das heute Morgen
hier in der Kernzeit hätte beraten werden sollen, nicht
fertig bekommen haben. Sie haben sich dann gefragt,
was zu tun wäre, und haben das Umweltgutachten 2004
auf die Tagesordnung gesetzt. Das lag nämlich vor; das
haben schließlich andere geschrieben, das haben Sie
nicht selber machen müssen. Das entspricht meines Er-
achtens nicht der Schwerpunktsetzung in der Umwelt-
politik, von der Sie in Ihrer Rede gesprochen haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Mein Gott, sind Sie kleinkariert, Frau Homburger! Kleinkariert bis dort hinaus! Das ist das Markenzeichen der FDP!)


Ich kann nur sagen, dieses Gutachten, das über
600 Seiten umfasst, gibt wirklich eine sehr umfassende
Darstellung der Umweltpolitik. Man müsste sich auch
eine ganze Reihe von Dingen noch genauer anschauen,
die man hier heute Morgen gar nicht so detailliert behan-
deln kann. Es finden sich aber auch einige Punkte wie-
der, die auch in der politischen Diskussion Schwer-
punkte darstellen. Deshalb wäre es, Herr Kollege Müller,
schon angebracht gewesen, nicht Grundsatzdiskussionen
über die weltpolitische Lage zu führen, sondern zu sa-
gen, wie Sie diese Themenfelder, die hier angesprochen
wurden, politisch umsetzen und wie Sie insgesamt den
Umweltschutz verbessern wollen. Das haben Sie heute
Morgen versäumt.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Sie sind wirklich kleinkariert!)


Im Zusammenhang mit der Klimapolitik möchte ich
Ihnen ganz klar sagen, dass es eine Gemeinsamkeit be-
züglich des Ziels gibt, aber nicht über den Weg, wie die-
ses Ziel erreicht werden kann. Deswegen sollten Sie, be-
vor Sie uns hier auffordern, gemeinsam etwas zu tun,
zuerst einmal über Konzepte nachdenken und darüber,
wie was vernünftig umgesetzt werden kann.

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(C (D Schauen wir uns einmal an, was der Sachverständienrat zur Zielsetzung der Umweltpolitik sagt: Er chreibt Ihnen, Herr Umweltminister Trittin, ins Stammuch, dass das ursprünglich beschlossene nationale Ziel er Reduktion der Treibhausgasemissionen um 5 Prozent verfehlt wurde. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie haben alle Warnungen ungehört verhallen lassen.
ir haben Sie mehrfach aufgefordert, auf ein effizientes

nstrument zurückzugreifen, nämlich den Emissions-
andel. Jetzt wird es gemacht, aber nur deshalb, weil die
uropäische Union es uns vorschreibt, und Sie tun es
azu noch halbherzig und bürokratisch. Herr Kollege
aziorek hat zu Recht schon auf diesen Punkt hingewie-
en. Darüber hinaus verhalten Sie sich auch noch wider-
prüchlich: Sie führen zwar zum 1. Januar nächsten Jah-
es den Emissionshandel ein, der vom Instrument her
ine Zielerreichung garantiert, behalten aber alle ande-
en ordnungsrechtlichen Instrumente von der Ökosteuer
ber das KWK-Gesetz bis hin zum EEG bei.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)

as zeigt doch ganz klar: Sie wollten das Instrument
icht und vertrauen ihm nicht. Sie arbeiten mit Netz und
oppeltem Boden. Das ist nicht das, was wir brauchen.
ielmehr brauchen wir effizienten Umweltschutz.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dasselbe gilt doch auch für die Nutzung der flexiblen

nstrumente des Kioto-Protokolls. Wir könnten un-
laublich viel für den Klimaschutz erreichen, wenn wir
ndlich diese flexiblen Instrumente des Kioto-Protokolls
n Deutschland zulassen würden. Das haben Sie eben-
alls versäumt. Auch die Linking Directive ist noch nicht
mgesetzt. Wir handeln erst wieder aufgrund europäi-
cher Richtlinien.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es! Völlig richtig!)


s hätte uns gut getan, zuzulassen, dass auch Minderun-
en der Emissionen, die deutsche Firmen durch Investi-
ionen in den Klimaschutz im Ausland erzielen, in
eutschland angerechnet werden; denn mit 1 Euro kön-
en sie im Ausland deutlich mehr erreichen als in
eutschland. Das Klima ist nun mal eine globale Er-
cheinung und nicht etwas, was hier in Deutschland al-
ein zu regeln ist. Deswegen fordern wir Sie auf, solche
nrechnungsverfahren endlich auch in Deutschland zu-
ulassen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich finde es schon bemerkenswert, dass die beiden
rotagonisten, die Herren Trittin und Müller, es vorzie-
en, miteinander zu schwätzen, wie man im Süddeut-
chen sagt, anstatt der Debatte zu folgen. Umgekehrt er-
eben sie aber immer den Anspruch, dass man
iteinander etwas ordentlicher umgehen sollte. Sie
önnten jetzt ein Zeichen dafür setzen.






(A) )



(B) )


Birgit Homburger


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Arrogantes Gehabe auf der Regierungsbank und der Präsident greift nicht ein! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Die beiden Herren können beides! Im Gegensatz zu Ihnen! Sie können reden, ohne zu denken! – Gegenruf des Abg. Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Was? Reden, ohne zu denken?)


Herr Minister Trittin, Sie haben in Ihrer Rede bemer-
kenswerterweise im Zusammenhang mit dem Thema
Agrardiesel den Subventionsabbau angesprochen.
Dazu möchte ich Ihnen vor dem Hintergrund, dass un-
sere deutsche Landwirtschaft sich im internationalen
Wettbewerb behaupten muss, eines sagen: In Frankreich
wird gerade zu dieser Zeit die Steuer auf den Agrardiesel
von 5,7 auf 2 Cent je Liter gesenkt. In Deutschland da-
gegen wird sie von 25 auf 40 Cent je Liter erhöht.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Genau das ist das Problem!)


Ich sage Ihnen ganz klar und deutlich: Mit dieser Maß-
nahme werden Sie nicht nachhaltig die klimapolitischen
Ziele in Deutschland erreichen,


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Die machen nachhaltig etwas kaputt!)


sondern die Landwirtschaft in Deutschland weiter
schwächen und kaputtmachen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Um das eigene Versagen in der Klimapolitik zu vertu-

schen, haben Sie im Koalitionsvertrag 2002 selber ein
neues Ziel proklamiert, das Sie zum Ende Ihrer Rede
hier angesprochen haben; es ist bemerkenswert, dass Sie
sich das nach dem Gutachten des Sachverständigenrates
überhaupt noch trauen. Sie haben nämlich beschlossen,
dass man, wenn die EU bereit wäre, die Treibhausgase
bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um 30 Prozent zu
senken, in Deutschland eine Reduzierung um 40 Prozent
erreichen wolle. Ich sage Ihnen einmal, was der Umwelt-
rat dazu geschrieben hat: dass dies eine Diskreditierung
eines zielorientierten Umweltpolitikansatzes und die
Diskreditierung der Glaubwürdigkeit noch anspruchs-
vollerer Zielvorgaben sei.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)

Genau so ist es, Herr Minister Trittin. Das, was Sie

hier machen, ist für mich nichts anderes als versuchte
Volksverdummung. Das wird man Ihnen nicht abneh-
men; ernsthafte Umweltpolitik sieht anders aus.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich verstehe, dass Sie die Ratschläge der FDP

ungerne hören. Vielleicht können Sie sich stattdessen die
Ratschläge Ihres eigenen Sachverständigenrates an-
schauen, in denen sich viele unserer Positionen zur Ener-
giepolitik, zur Abfallpolitik, zur Energiespeicherfor-
schung, zum Lärmschutz oder auch zur Ökosteuer
– auch bei der Ökosteuer ist die Linie von Rot-Grün
nicht so klar übernommen – wiederfinden, die wir im-
mer wieder vorgetragen haben. Zu all diesen Themen hat
der Sachverständigenrat deutliche Hinweise gegeben.

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(C (D Ich möchte noch etwas zu dem Schwerpunkt Eneriepolitik sagen. Wenn wir den erneuerbaren Energien n Deutschland eine große Zukunftschance geben wolen, dann müssen wir auf der einen Seite den Export förern; das täten wir über die flexiblen Mechanismen des ioto-Protokolls. Zum anderen sollten wir die Energiepeicherforschung voranbringen. Wenn wir es schaffen ürden, Energien, die jetzt nur zeitweise zur Verfügung tehen, wie beispielsweise die Windenergie, dauerhaft zu peichern und damit grundlastfähig zu machen, dann äre das ein großer Fortschritt im Bereich der erneueraren Energien. Wir haben im Rahmen des Haushalts und auch mit ei em eigenen Antrag die Förderung der Speichertechnoogie und eine Aufstockung der Mittel dafür gefordert. ir haben im Übrigen auch einen Gegenfinanzierungsorschlag dafür gemacht. Sie haben all diese Anträge abelehnt. Wenn so weitergemacht wird, kommen wir icht voran. Die technischen Möglichkeiten müssen auseschöpft werden und es muss innovativ gedacht weren. Das wollen wir und das unterscheidet uns. Zum Thema Abfallpolitik, Herr Minister Trittin, äbe es viel zu sagen. Die Abschaffung der Gewerbeaballverordnung würde – da stimmt uns der Sachverstänigenrat tatsächlich zu; das wird Sie nicht besonders erreuen – umweltpolitisch keinerlei Nachteile bringen, ber einen großen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten. Was das Zwangspfand angeht, Herr Minister Trittin, ommen Sie permanent mit den alten Argumenten. Sie üssen sich endlich einmal vor Augen halten, dass im ahr 2000 eine entscheidende Wende erfolgt ist, weil wir either neue Ökobilanzen haben. Seither fordert die FDP ine Neuorientierung, eine einfache, bürgerfreundliche ösung. Dem haben Sie sich die ganze Zeit störrisch idersetzt. Jetzt haben Sie eine europarechtswidrige ovelle nicht nur im Bundesrat beschließen lassen, sonern auch noch übernommen. Das ist Unsinn und bringt eine Rechtssicherheit. Wir wollen in diesem Bereich ine einfache Regelung, die vor allem Rechtssicherheit ür die Betroffenen bringt. Die brauchen wir, wenn wir ie Investitionen fördern wollen. Zusammenfassend möchte ich klarstellen, dass es in llen Bereichen, die angesprochen wurden, unter der erantwortung von Rot-Grün mehr Bürokratie und weiger Wettbewerb gibt. Damit haben Sie aber nicht unedingt mehr umweltpolitische Handlungsfähigkeit rreicht. Wenn Sie die umweltpolitische Handlungsfäigkeit sichern wollen, dann müssen Sie auch in der Umeltpolitik Wettbewerb zulassen. Dann müssen Sie uch in diesem Bereich dafür sorgen, dass effizienter gerbeitet wird, weil damit erstens die Kosten für die Areitsplätze reduziert werden und zweitens die Bereitchaft der Bevölkerung, Umweltpolitik zu akzeptieren, rhalten bleibt und ausgebaut wird. Das erreicht man nur it vernünftigen Regelungen und Kostenreduktion auch m Umweltschutzbereich. Ich will ein hohes materielles mweltschutzniveau. Wir alle, die wir auf dem Gebiet Birgit Homburger der Umweltpolitik arbeiten, wollen dies. Aber ich möchte auch, dass die Umweltpolitik effizient, wettbewerblich und vor allen Dingen unbürokratisch organisiert wird. Daran sind Sie, Herr Trittin, gescheitert. Genau darüber wird es in den nächsten zwei Jahren in diesem Parlament eine Auseinandersetzung geben. Vielen Dank. Ich erteile das Wort Kollegin Astrid Klug, SPD-Frak tion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Umweltgutachten 2004, das wir heute diskutieren, offenbart Licht und Schatten in der Umweltpolitik. Aber wen wundert’s? Mit der ökologischen Steuerreform, der Modernisierung des Naturschutzrechtes, dem Ausstieg aus der Atomenergie und dem konsequenten Einstieg in die Förderung erneuerbarerer Energien haben wir in Deutschland in den letzten Jahren wichtige Weichen für die ökologische Modernisierung gestellt, und das oft gegen den nicht unerheblichen Widerstand der Opposition und von Teilen der Wirtschaft. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513200900
Astrid Klug (SPD):
Rede ID: ID1513201000

Aber der Sachverständigenrat beklagt zu Recht – wir
Umweltpolitiker spüren es jeden Tag; das gilt genauso
für die Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU
und der FDP –, dass Zukunftsvorsorge schwerer durch-
zusetzen ist in Zeiten, in denen Menschen um ihre Ar-
beitsplätze bangen und in denen Unternehmen, die teil-
weise ihre Managementhausaufgaben nicht gemacht
haben, ihre Verantwortung für den Standort Deutschland
aufgeben und aus Gründen kurzfristiger Gewinnmaxi-
mierung – das langfristige Denken, auch das wirtschaft-
liche Denken, tritt dabei in den Hintergrund – ihre Zelte
am liebsten dort aufschlagen, wo Menschen zu
Niedrigstlöhnen beschäftigt werden können, wo es keine
Arbeitsschutzbestimmungen und keinen Immissions-
schutz gibt. Aber ohne Immissionsschutzgesetze und
entsprechende Regelungen, die die Politik vorgibt, wird
die Luft verpestet. Dadurch werden die Menschen krank
und wird die Qualität des Klimas, das unsere Kinder und
Enkel einmal vorfinden werden, aufs Spiel gesetzt. In ei-
nem unkontrollierten globalisierten Markt kann die
Unternehmen offensichtlich niemand daran hindern. So
ist die Methode „Erpressung“, die in diesem Umweltgut-
achten beklagt wird und die zulasten der Umwelt und auf
Kosten der nächsten Generationen angewandt wird, zu
einem zweifelhaften Spiel in der Politik geworden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Dr. Paziorek, wir brauchen deshalb ein Mehr an
Politik und nicht weniger Politik. Das Gutachten macht
Vorschläge für neue Steuerungskonzepte in der Umwelt-

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(C (D olitik und betont zu Recht die finale Verantwortung und ie Garantiefunktion der Politik in einem demokraischen Rechtsstaat; denn nur sie hat die Verpflichtung, uf das Allgemeinwohl zu achten, Zukunftsvorsorge zu etreiben und auch an die nächsten Generationen zu denen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mehr Politik heißt aber nicht automatisch mehr Büro-
ratie und mehr Gesetze. Politik heißt: klare, verlässli-
he Vorgaben und auch den Mut zur Vorreiterrolle, der
ternational verbindliche Regeln folgen. Ziel muss also
ein, Probleme wie Luft- und Gewässerverschmutzung
ar nicht erst entstehen zu lassen. Dann braucht man
uch keine komplizierten Gesetze und Verordnungen,
m sie zu beseitigen.


(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Der Sachverständigenrat befürchtet zu Recht ein ge-

erelles Zurückschrauben umweltpolitischer Ziele in der
ationalen und in der europäischen Politik. In diesem
inne sind auch so manche aktuellen Tendenzen in der
erzeitigen Föderalismusdebatte kontraproduktiv für
en Umwelt- und Naturschutz. Wer aufmerksam beob-
chtet, wie die Bundesländer ihre Landesnaturschutzge-
etze der Rahmengesetzgebung des neuen Bundesnatur-
chutzgesetzes anpassen, der kann sich über das breite
pektrum der Interpretationsfreude in den Ländern nur
undern. Während sich einige Länder ernsthaft um eine
onstruktive und sachdienliche Umsetzung der vorgege-
enen Ziele bemühen, wollen andere in erster Linie
urch die Hintertür den Naturschutz reduzieren und
tandards absenken. Ein Wettbewerb um die beste Lö-
ung sieht anders aus.
Man kann sich ausmalen, wie der Wettbewerb aus-

ähe, wenn es nicht wenigstens die Rahmengesetzge-
ung des Bundes gäbe, wenn aber jedes Land seine eige-
en Maßstäbe setzen könnte. Der Länderwettbewerb um
mweltstandards wäre eine Abwärtsspirale und eine Ka-
itulation gegenüber der Zukunft. Luft, Flüsse und Le-
ensräume enden nicht an Grenzen. Dann darf das dafür
otwendige Naturschutzrecht auch nicht an Grenzen en-
en.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Gerade das gemeinsame europäische Umweltrecht
at für die Umweltpolitik Fortschritte gebracht, weil es
tandards setzt, die europaweit gelten und die auch von
nseren Nachbarn akzeptiert und umgesetzt werden. Das
t die richtige Antwort auf die Globalisierung und den
ettbewerb. Anstatt Kompetenzen in Deutschland noch
eiter aufzusplittern, muss das Umweltrecht im Gegen-
eil einfacher und einheitlicher werden. Dann wären wir
n der Lage, EU-Recht ohne Vertragsverletzungsverfah-
en zeitnah in Deutschland umzusetzen. Deshalb freue
ch mich über das deutliche Votum des Sachverständi-
enrates für eine Stärkung der Bundeszuständigkeiten
Wasserrecht, im Naturschutz und in der Landschafts-

flege und unterstütze dieses Votum nachdrücklich.






(A) )



(B)


Astrid Klug


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Umweltpolitik ist in den Augen der Bürgerinnen

und Bürger keineswegs Luxus. Das zeigt die aktuelle
Umweltstudie über das Umweltbewusstsein in
Deutschland. 92 Prozent der Bevölkerung halten den
Umweltschutz für wichtig. 58 Prozent befürchten, dass
wir auf eine Umweltkatastrophe zusteuern, wenn wir so
weitermachen wie bisher. Umweltpolitik ist also heute
– auch in wirtschaftlich angespannten Zeiten – kein
Luxus.

Aber die Umweltpolitik steht vor neuen Herausforde-
rungen; denn es sind nicht mehr die stinkenden Flüsse,
die die Menschen aufschrecken und aktiv werden lassen.
82 Prozent der Menschen sind mit der Umweltsituation
in ihrem unmittelbaren Umfeld durchaus zufrieden. Das
ist ein Erfolg der nationalen und europaweiten Umwelt-
politik der letzten Jahre und Jahrzehnte. Die Luft-
reinhaltepolitik hat dafür gesorgt, dass die klassischen
Luftschadstoffe erheblich gesunken sind. Die Schwefel-
dioxidemissionen sind in den letzten 20 Jahren um
90 Prozent zurückgegangen. Handlungsbedarf gibt es
noch beim lungengängigen Feinstaub. Deshalb freue ich
mich, dass auch der Sachverständigenrat die rot-grüne
Forderung nach deutlich strengeren Partikelgrenzwer-
ten für Dieselfahrzeuge ausdrücklich unterstützt. Wir
fühlen uns da in unserer Position bestätigt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Herausforderungen ändern sich. Heute sind es die
globalen, langfristigen und oft nicht unmittelbar sichtba-
ren Bedrohungen, wie der Klimawandel, die den Men-
schen Sorgen bereiten. Das sind die Bedrohungen, für
die wir heute die Ursachen säen, deren Ernte aber erst
die nächsten Generationen verdauen müssen. Die wer-
den sich ganz übel daran verschlucken, wenn wir nicht
auch unter schwierigen Rahmenbedingungen damit wei-
termachen, Vorsorge zu betreiben, zum Beispiel damit,
dass wir in die erneuerbaren Energien investieren und
nicht zulassen, dass fossile Energieträger irgendwann
verbraucht sind und weltweit der Kampf um die letzten
Energiereserven ausbricht. Der Preiskampf hat schon
heute begonnen. Aber wenn die Reserven irgendwann
zur Neige gehen, wird es nicht bei einem Preiskampf
bleiben. Die Energiefrage wird noch mehr als heute eine
existenzielle Frage von Krieg und Frieden werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was antworten wir, wenn unsere Kinder und Enkel
irgendwann fragen, warum wir nicht rechtzeitig umge-
steuert haben? Sagen wir ihnen dann: „Der eine Euro pro
Monat mehr auf der Stromrechnung, den das bedeutet
hat, war uns zu viel“? Wir sagen schon heute Nein und
steuern deshalb um.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Antwort muss heute lauten: Wir setzen konse-
quent auf eine nachhaltige Entwicklung. Wir entwi-

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(C (D keln dafür die nationale Nachhaltigkeitsstrategie weiter. ir sorgen dafür, dass sie stärker mit der Tagespolitik ernetzt wird. Wir sind dankbar für die vielen hilfreichen orschläge, die das Umweltgutachten dazu enthält. Wir üssen Politik heute so gestalten, dass sie auch morgen och richtig ist. Das Umweltgutachten gibt uns dabei viele Hausauf aben mit auf den Weg. Es mahnt noch mehr Entschlosenheit bei der Durchsetzung von Umweltinteressen an. s macht aber auch mit sehr vielen konkreten Vorschläen Mut. Das Gutachten ist ein wichtiger Beitrag zur ersachlichung vieler Debatten. Dafür ein ausdrücklihes Dankeschön an die Sachverständigen! 63 Prozent der Bevölkerung wollen ebenfalls, dass ir im Umweltschutz noch stärkere Anstrengungen unernehmen. Wir fühlen uns bestätigt und bestärkt, unseen Weg weiterzugehen. In diesem Sinne vielen Dank für Ihre Aufmerksam eit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513201100

Ich erteile das Wort Kollegen Josef Göppel, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Josef Göppel (CSU):
Rede ID: ID1513201200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
arum haben wir es momentan so schwer, vorsorgende
mweltpolitik durchzusetzen? Ich denke, einerseits
ommt es daher, dass die ungeregelte Globalisierung un-
ere deutsche Wirtschaftswelt und auch das Leben in den
ndustrieländern verändert. Mit ungeregelter Globalisie-
ung meine ich, dass sich im Wettbewerb diejenigen
urchsetzen, die die geringsten Löhne zahlen und die
enigste Rücksicht auf die Natur nehmen. Andererseits
rage ich mich aber auch, ob nicht der Grundansatz der
eutschen Umweltpolitik etwas damit zu tun hat.
Herr Minister Trittin, manchmal kommt es mir so vor,

ls ob Ihre Umweltpolitik in der Gefühlswelt und im
einungsklima der 80er-Jahre wurzelt,


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es! Stehen geblieben!)


ls diese internationalen Anforderungen noch nicht an
ns gestellt wurden und wir uns in wirtschaftlicher Si-
herheit wähnten. Ich bin der Überzeugung, dass wir den
rundansatz der deutschen Umweltpolitik so ändern
üssen, dass Umweltvorsorge bewusst mit wirtschaftli-
hen Effekten, mit Innovationen und neuen Arbeitsplät-
en verbunden wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich nenne aus dem Gutachten des Umweltrates drei

onkrete Punkte: Der erste Punkt betrifft die Energie-
insparung im deutschen Altbaubestand. Das ist der
)






(A) )



(B) )


Josef Göppel

größte Einzelbeitrag, den wir in unserem Land zur Sen-
kung des CO2-Ausstoßes erbringen können. Wenn wirdafür Anreize geben, setzen wir zugleich Anreize für das
örtliche Bauhandwerk und damit zur Schaffung von Ar-
beitsplätzen in Deutschland. Eigentümer würden durch
eine Wertsteigerung ihrer Häuser profitieren. Mieter
würden durch die Senkung der Heizkosten profitieren.
Für den Staat sind solche Anreize schnell rentabel, weil
das Geld dafür über andere Steuern wieder herein-
kommt.

Ich darf dazu aus dem Gutachten des Umweltrates zi-
tieren:

Insbesondere im Wohnungsbestand sind … bislang
beträchtliche Energiesparpotenziale ungenutzt ge-
blieben. … Daher kann von Investitionskostenzu-
schüssen ein stärkerer Investitionsanreiz ausgehen
als von äquivalenten Energiepreissteigerungen.

Was heißt denn das? Das heißt, dass das Setzen auf hö-
here Energiepreise nach Meinung des Umweltrates we-
niger bewirkt als konkrete Anreize zur Senkung des En-
ergieverbrauchs im Altbaubestand.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Birgit Homburger [FDP])


Ich nenne ein zweites Beispiel: Flächenverbrauch.
Beim Flächenverbrauch geht es inzwischen nicht mehr
nur um Umweltschutz. Viele Kommunalpolitiker mer-
ken, dass die Erschließung zusätzlicher Flächen auch die
Fixkosten für den laufenden Unterhalt erhöht. Jede Neu-
erschließung erhöht die Kosten zum Beispiel für den
Fahrbahnunterhalt, für die Leitungsnetze, für Beleuch-
tung bis hin zum Schneeräumen. Der Sachverständigen-
rat schlägt hier als eines der wichtigsten Instrumente zur
Reduzierung der Flächeninanspruchnahme unter ande-
rem die Einführung handelbarer Flächenausweisungs-
rechte kombiniert mit der Flächensteuerung über die
Raum- und Bauleitplanung vor.

Herr Minister Trittin, ich warte auch auf Ihre Vor-
schläge zur Umorientierung der Grunderwerbsteuer und
zur Differenzierung der Grundsteuer. Allein mit Appel-
len bezüglich des Flächenverbrauchs werden wir nicht
weiterkommen, sondern wir müssen mit den Augen der
Kommunalpolitiker die Kostengesichtspunkte als Maß-
stab nehmen. Dann werden wir auch Einsparungen bei
Überbauungen sowie Erfolge in den Bereichen Innenent-
wicklung, Mischnutzung und Flächenrecycling haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Birgit Homburger [FDP])


Ich bin auch als langjähriger Kommunalpolitiker der
Überzeugung: Wer beim Kostensparen fantasiereicher
und schneller ist als andere, der schafft sich Freiräume
im doppelten Sinn: im finanziellen, aber auch bei der
Freihaltung der Landschaft und in ihrer Qualität.

Ökologie kommt von Haushalten. Haushalten heißt,
mit knappen Mitteln das Ziel erreichen. Damit bin ich

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(C (D ei dem dritten Beispiel: intakte Landschaften. Es gibt ine Studie des Berlin-Instituts mit dem Titel „Deutschnd 2020“. Auch darin findet sich eine hochinteressante ussage in der Verknüpfung der Bevölkerungsentwickng, der wirtschaftlichen Weiterentwicklung Deutschnds und der Einstellung der Menschen. Das Berlin-Intitut schreibt: … im Wettbewerb guter Standorte entscheiden gesunde Natur, reiches kulturelles Angebot und ausgeprägter Regionalcharakter. Immer mehr Menschen wollen Ruhe und Weite finden. Naturräume gewinnen einen besonderen Wert. ch würde mir wünschen, dass das nicht nur in Bayern so t. (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Münster hat den Preis gewonnen!)


(Zuruf von der CDU/CSU: In Bayern!)


Genau.
Herr Minister Trittin, wo bleibt Ihre Naturschutzstra-
gie? Wo bleiben die Konzepte zur besseren Einbin-
ung der Landnutzer? Nur mit der besseren Einbindung
er Landnutzer, der Land- und Forstwirte und all derje-
igen, die in der Landschaft wirtschaften, werden wir
eiterkommen und eine attraktive Natur erhalten kön-
en. Natürlich können wir mit schönen Landschaften al-
in keine Arbeitsplätze schaffen, aber mit einer zerrütte-
n Natur erst recht nicht. Das ist der entscheidende
unkt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Ich möchte zusammenfassend einfordern: Wir brau-
hen eine Offensive der deutschen Umweltpolitik, die
orsorgend angelegt und wirtschaftlich von Nutzen ist,
ie Innovationen und Arbeitsmöglichkeiten eröffnet und
ozial gerecht ist. Dann werden wir die Umweltpolitik
ieder mit der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik ver-
nüpfen und damit ins Zentrum der politischen Interes-
en rücken können.
Die Umweltpolitiker müssen die grundlegenden Zeit-

trömungen zur Grundlage ihrer Strategie machen. In
en 80er-Jahren gab es andere Zeitströmungen, bei-
pielsweise das Erschrecken der Menschen über die
ehrseite des Wohlstands. In der Reinhaltung von Was-
er, Boden und Luft ist viel erreicht worden. Es ist aber
chwer, den Menschen die großen internationalen Be-
rohungen zu vermitteln. Deswegen müssen wir die Ver-
nüpfung mit den wirtschaftlichen Effekten zum Grund-
tbestand der deutschen Umweltpolitik machen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513201300

Ich erteile das Wort der Kollegin Undine Kurth,
ündnis 90/Die Grünen.






(A) )



(B) )


Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Gäste auf den Rängen! In dieser Debatte
sind schon viele Bereiche angesprochen worden. Des-
halb möchte ich mich auf den Bereich konzentrieren, der
bisher noch nicht so häufig erwähnt worden ist, nämlich
Artenschutz, Naturschutz Schutz, der Biodiversität.
Vielleicht liegt es an der Sperrigkeit des Begriffs Biodi-
versität, dass er nicht immer in den Vordergrund gestellt
wird. Man wird den Verdacht nicht los, dass zwar die
Übersetzung verstanden wird, aber nicht unbedingt die
Bedeutung. Ich glaube, dass es richtig ist, und ich be-
danke mich dafür, dass im Umweltgutachten die Biodi-
versität einen wichtigen Punkt darstellt.

Wir erleben zwar, dass sie in aller Munde ist, aber sie
wird in der Regel darauf beschränkt, den Rückgang der
Arten zu konstatieren. Wer Biodiversitätsschutz nur so
versteht, springt deutlich zu kurz. Biodiversitätsverlust
muss als Verlust an Leistungsfähigkeit des Naturhaus-
halts, also als ein Verlust an unserer ureigenen Lebens-
grundlage verstanden werden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Es ist daher nur folgerichtig, dass die Bundesregierung
den Schutz der Biodiversität als Schwerpunkt in die
Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen hat. Das ist viel-
leicht auch ein Teil der Antwort darauf, Herr Göppel,
wie die Naturschutzstrategie verankert wird. Die Nach-
haltigkeitsstrategie wird hier der Schwerpunkt sein.

Verlust an Biodiversität findet an vielen Orten statt;
das wissen wir. Es ist auch unstrittig, dass er direkt bzw.
indirekt auf menschlichen Einfluss zurückgeht. Für uns
ergeben sich daraus zwei Herausforderungen: Zum einen
müssen wir unser Wissen verbessern. Wir müssen die
Biodiversität besser erfassen, abbilden und analysieren,
wir müssen einfach mehr davon verstehen. Zum anderen
müssen wir das, was wir wissen, in Handlungsstrategien
umsetzen. Das ist der Sinn unserer Politik.

Unsere Forschung, zum Beispiel zu den Roten Listen
– sie sind der wichtigste Indikator für den Zustand der
Biodiversität –, müssen wir auf jeden Fall verbreitern.
Wir brauchen Langzeitforschung und eine europäisch
bzw. international abgestimmte, interdisziplinäre Aus-
richtung dieser Forschung. Vor allem langfristige Pro-
zesse bedürfen einer zentralen Erfassung. Es ist meine
Überzeugung, dass wir in Deutschland ein nationales
Monitoringzentrum brauchen, in dem Daten gesammelt
und ausgewertet sowie Gefahren- und Bedrohungspoten-
ziale analysiert werden. Wir werden den Problemen der
Artenvielfalt auf keinen Fall gerecht, wenn in
16 Bundesländern nebeneinander Daten erhoben werden
und so getan wird, als hielten sich ökologische Probleme
an Verwaltungsstrukturen. Es muss zweifellos ein Ergeb-
nis der Föderalismusdebatte sein, dass die Voraussetzun-
gen für den länderübergreifenden Arten- und Natur-
schutz verbessert werden. Das, Herr Paziorek, ist meiner
Ansicht nach die richtige, die vernünftige Antwort; denn
wir brauchen auf diesem Gebiet keine Kleinstaaterei.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Wir wissen: Gefährdung und Bedrohung müssen er-
asst werden. Erst beides gemeinsam gibt uns die richti-
en Argumente für einen wirksamen Naturschutz und
ine richtige Nachhaltigkeitspolitik an die Hand. Einflie-
en müssen unsere Erkenntnisse über die Veränderungen
er biologischen Vielfalt in viele Politikfelder. Wir kön-
en mit dem Artenreichtum nicht umgehen, wie es in der
rüheren DDR mit dem so genannten Volkseigentum ge-
an wurde, das angeblich allen gehörte, für das aber nie-
and zuständig war. Vielmehr gilt: Für den Natur- und
rtenschutz müssen wirklich alle zuständig sein. Er ist
ine Querschnittsaufgabe im wahrsten Sinne des Wortes.
Querschnitt“ bedeutet allerdings nicht, dass man diese
ufgabe quer verschieben kann; denn sie geht wirklich
lle an.
Meine Damen und Herren, wir kennen derzeit kein

bjektives Maß für den Punkt, ab dem der Artenrück-
ang für den Menschen bedrohlich wird. Diesen Punkt
önnen wir noch nicht definieren. Allerdings glaube ich,
ass wir ihn gar nicht definieren müssen; denn wir soll-
en wissen, dass alles, was wir an Natur vorfinden, aus
ich selbst heraus eine Existenzberechtigung hat.
Ich weiß, dass eine solche Haltung in Zeiten wirt-

chaftlicher und sozialer Umbrüche oft sehr wenig Ver-
tändnis findet. Deshalb wünsche ich mir und uns allen
ine viel breiter geführte gesellschaftliche Debatte über
ie Schutzwürdigkeit der biologischen Vielfalt und unse-
er Lebensgrundlagen. Dabei sollten wir eines bedenken:
enntnislücken dürfen auf keinen Fall als Argument,
icht zu handeln, benutzt werden. Im Gegenteil, gerade
ei Kenntnislücken müssen wir ganz besonders vorsich-
ig vorgehen, um keine irreversiblen Schäden anzurich-
en.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Dieses höhere Maß an Verantwortung sollte uns allen
ehr wichtig sein; denn wenn wir erst den Point of no
eturn erreicht haben, kann es zu spät sein, und zwar
icht nur für Tiere und Pflanzen. Weil wir alle, wie ich
laube, diesen Punkt nicht erreichen wollen, kann ich
ir nur wünschen, dass wir klug genug sind, rechtzeitig
as Richtige zu tun. Die Anleitungen und Anregungen
us dem Umweltgutachten werden uns dabei sehr hilf-
eich sein.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513201400

Ich erteile das Wort dem Kollegen Rolf Bietmann,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Rolf Bietmann (CDU):
Rede ID: ID1513201500

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Im Umweltgutachten wird der Umweltpolitik der






(A) )



(B) )


Dr. Rolf Bietmann

Bundesregierung wahrhaft kein gutes Zeugnis ausge-
stellt. Vielmehr betonen die Sachverständigen bereits in
ihrer Eingangsbemerkung, dass die Umweltpolitik der
rot-grünen Bundesregierung deutlich an Dynamik verlo-
ren habe. Die Umweltpolitik stehe unverkennbar im Zei-
chen einer mehrjährigen wirtschaftlichen Stagnation mit
ihren gravierenden Folgewirkungen auf den Arbeits-
markt und die sozialen Sicherungssysteme. Die Sachver-
ständigen attestieren der deutschen Umweltpolitik sogar
eine defensive Situation.

Diese Eingangsbemerkungen des Umweltgutachtens
dokumentieren einerseits, dass eine erfolgreiche Um-
weltpolitik nur derjenige betreiben kann, der auch er-
folgreich Wirtschaftspolitik gestaltet. Wirtschafts- und
Umweltpolitik gehören zusammen. Wer, wie Rot-Grün,
in der Wirtschaftspolitik versagt, gerät umweltpolitisch
notwendigerweise in die Defensive.

Andererseits kann eine falsche Umweltpolitik zu
wirtschaftlicher Stagnation und zum Verlust von Ar-
beitsplätzen führen. Wir müssen heute feststellen, dass
sich die wirtschaftliche Situation in der Bundesrepublik
Deutschland nach sechs Jahren rot-grüner Umweltpolitik
durch langfristig angelegte, falsche Entscheidungen ver-
schlechtert hat. Ich nenne nur den bislang nicht nach-
vollziehbaren Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der
Kernenergie


(Marco Bülow [SPD]: Oh ja!)

und die ökologische Steuerreform, die letztlich kläglich
gescheitert ist. Selbst Minister Trittin musste vor weni-
gen Tagen eingestehen, dass weitere Erhöhungen der
Ökosteuer mit Blick auf die wirtschaftliche Situation in
Deutschland nicht vertretbar sind.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Höhe der Ökosteuer ist der maßgebliche Grund

für das unvertretbare Ansteigen der Energiepreise.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die hohen Energiepreise wiederum führen zur Schwä-
chung der Wirtschaftskraft und zum Verlust von Arbeits-
plätzen. Die Deindustrialisierung des Wirtschaftsstand-
ortes Deutschland und der Verlust von Tausenden
Industriearbeitsplätzen werden maßgeblich von dieser
Umweltpolitik beeinflusst, die zu im europäischen Ver-
gleich enorm hohen Energiepreisen geführt hat. Wer den
Staatsanteil an den Energiepreisen immer weiter in die
Höhe schraubt, der verjagt Unternehmen aus unserem
Land.

Eine unionsgeführte Bundesregierung wird an dem
Gedanken einer ökologischen Steuerreform festhalten.
Eine solche ökologische Steuerreform macht Sinn, wenn
die Bemessungsgrundlage der Ökosteuer mittelfristig
auf die CO2-Intensität der Energieträger umgestellt wird.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)

Genau dies empfehlen im Übrigen auch die Sachverstän-
digen, die dazu zu Recht eine weitere Harmonisierung
der Energiebesteuerung auf EU-Ebene anraten. Vor dem
Hintergrund dieser klaren Aussagen des Umweltrates ist
es höchste Zeit, aus der ökologisch völlig wirkungslosen

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(C (D kosteuer rot-grüner Prägung auszusteigen und eine irklich ökologische Steuerreform in Angriff zu nehen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren von Rot-Grün, Sie bekom-
en doch durch dieses Gutachten eine schallende Ohr-
eige. Darin heißt es, dass die ökologische Steuerreform
nter ökologischen Gesichtspunkten fragwürdig ist, da
as Abstellen auf den Energiegehalt keinen verlässlichen
ndikator der jeweiligen Umweltbelastungen darstellt.
ie mögen das noch so sehr belächeln, aber die Sachver-
tändigen kommen in ihrem Umweltgutachten zu dieser
rkenntnis. Das belegt, dass die Ökosteuer ein Schritt in
ie falsche Richtung war.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das zweite große Thema, das Sie angepackt haben,
achdem das erste gescheitert ist, ist der langfristige
usstieg aus der Kernenergie. Bis heute kann niemand
ie Frage beantworten, wie der Anteil von 29 Prozent
nseres Stromverbrauchs, der derzeit über Kernkraft
roduziert wird, ersetzt werden kann. Wer aber die Frage
ach dem Ersetzen des Ausfalls von 29 Prozent unserer
tromerzeugung nicht beantworten kann, der kann aus
ründen der Zukunftsverantwortung für unser Land an
inem pauschalen Beschluss zum Ausstieg aus der fried-
ichen Nutzung der Kernenergie nicht festhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

So richtig der Einstieg in die erneuerbaren Energien

st, so falsch ist es, zu glauben, über erneuerbare Ener-
ien innerhalb eines überschaubaren Zeitraums von zehn
ahren wegfallende Kernenergieanteile ersetzen zu kön-
en.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Richtig!)

och verantwortungsloser ist es ausweislich des Sach-
erständigengutachtens, wenn Rot-Grün den Bürgern
orgaukelt, über einen höheren Anteil von Kohleverstro-
ung bzw. über Erdgas könne ein umweltgerechter Aus-
leich geschaffen werden. Der Umweltrat betont nach-
rücklich, dass eine Strategie, die vorrangig auf
ohleverstromung setzt, ökologisch wie ökonomisch
nvertretbar ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


er CO2-Ausstoß in Deutschland wird infolge einer sol-hen Politik dramatisch ansteigen. Ein Umsteigen bei
er Kraftwerkserneuerung auf Erdgas wäre auf den
rsten Blick sicherlich empfehlenswert, führte aber zu
nvertretbaren Abhängigkeiten der Bundesrepublik
eutschland von den Erdgas produzierenden Ländern.
ie Importabhängigkeit des Industrielands Deutschland
ürde ins Unermessliche gesteigert. Veränderungen des
olitischen Gefüges, zum Beispiel in Russland oder im
siatischen Raum, könnten zu einer katastrophalen ener-
iepolitischen Entwicklung in unserem Land führen und
amit die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft ins-






(A) )



(B) )


Dr. Rolf Bietmann

gesamt lähmen. Ein für jedermann erkennbares Beispiel
ist doch die Ölpreisentwicklung. Vergleichbare Preisent-
wicklungen bei Erdgas würden die Wettbewerbsfähig-
keit der deutschen Wirtschaft nachhaltig zerstören und
damit Arbeitsplätze vernichten. Für eine solche Politik
reichen wir unsere Hand nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Union bekennt sich zu einem ausgewogenen
Energiemix mit erneuerbaren Energien, aber auch mit
Kernenergie. Es macht keinen Sinn, aus rein ideologi-
schen Gründen Kernenergieausstiegsbeschlüsse zu zele-
brieren und damit auf der anderen Seite Ressourcenpro-
bleme mit all ihren negativen Auswirkungen für die
Entwicklung in Deutschland zu schaffen.


(Horst Kubatschka [SPD]: Es geht nicht um Ideologie! Es geht um die Sicherheit der Bevölkerung!)


Diese Politik muss und wird scheitern.
Meine Damen und Herren, es ist für mich in diesem

Zusammenhang völlig unverantwortlich, wie der Bun-
desumweltminister mit der Entsorgung atomarer Ab-
fälle umgeht. Ich denke, im Deutschen Bundestag muss
immer wieder darüber gesprochen werden. Das über
zwei Jahrzehnte betriebene Endlagerkonzept soll nun-
mehr dem Gedanken des Ein-Endlagers weichen. Folge
wäre, dass milliardenschwere Investitionen in Konrad
und Gorleben als Ruinen für die Nachwelt erhalten blie-
ben. Dabei könnten sowohl Konrad als auch Gorleben in
einem überschaubaren Zeitraum realisiert und in Betrieb
genommen werden.

Führt man sich nun vor Augen, dass zum Beispiel im
Forschungszentrum Karlsruhe zwei Drittel der schwach-
und mittelradioaktiven atomaren Abfälle Deutschlands
oberirdisch gelagert werden, dann wird doch auch dem
Letzten deutlich, wie zwingend notwendig es ist, in
Konrad nun endlich zu einem Genehmigungsverfahren
und damit zu einer Inbetriebnahme zu kommen. Das
wäre bis 2010 möglich. Sie aber erhöhen durch Ihr Ver-
halten die Sicherheitsrisiken für die Bevölkerung. Das
ist unverantwortlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Herr Trittin, wer nicht bereit ist, die Endlagerfrage für

hochradioaktive Stoffe zu beantworten, und stattdessen
der deutschen Bevölkerung erklärt, es sei sinnvoller,
Zwischenlager im Land verteilt zu errichten, der drückt
sich vor der Lösung des Problems, weil es ihm aus ideo-
logischen Gründen nicht passt, obwohl er genau weiß,
dass es eine Aufgabe dieser Generation und nicht eine
Aufgabe zukünftiger Generationen ist, das Problem zu
lösen. Wir könnten es lösen, wenn wir wollten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist unverantwortlich!)


Es gibt eine Vielzahl weiterer Themen, die im Um-
weltgutachten angesprochen werden. Ich nenne insbe-
sondere die Entwicklung des Kraftwerksparks in

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(C (D eutschland. Auch hier wird der Bundesregierung attesiert, dass Ziele, die formuliert worden sind, nicht glaubürdig verfolgt werden. Zur Entwicklung der CO2-missionen führt der Sachverständigenrat wörtlich aus: Bei einem zielorientierten Ansatz kommt es nicht notwendigerweise auf eine punktgenaue Zielerfüllung an, wohl aber auf einen politisch ernsthaften Umgang mit Zielverfehlungen. Die Dethematisierung einer Zielverfehlung diskreditiert einen zielorientierten Umweltpolitikansatz und damit auch die Glaubwürdigkeit noch anspruchsvollerer Zielvorgaben für die weitere Zukunft. Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen. Ich komme zum Schluss. – Dieser Aussage des Sach erständigenrats über die fehlende Glaubwürdigkeit ist ichts hinzuzufügen. Eine glaubwürdige Umweltpolitik st Voraussetzung für die Erreichung weiterer Klimaiele. An dieser Glaubwürdigkeit fehlt es Rot-Grün eineutig. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513201600
Dr. Rolf Bietmann (CDU):
Rede ID: ID1513201700


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513201800

Ich erteile dem Kollegen Marco Bülow, SPD-Frak-

ion, das Wort.


Marco Bülow (SPD):
Rede ID: ID1513201900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

iebe Damen und Herren! Herr Professor Bietmann, es
st ja schön, dass Sie, wie Sie am Anfang sagten, für al-
es offen sind. Das ist sehr nett. Nicht so schön finde ich,
ass Sie den Hauptteil Ihrer Rede dazu benutzt haben,
m zu sagen, dass Sie die Atomenergie wollen und dass
as das wichtigste umweltpolitische Programm der
nion sei.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Hat er doch gar nicht gesagt!)


lles andere ist Ihnen nicht besonders wichtig. Immer
ieder sind Sie auf die Atomenergie zurückgekommen.
s ist wirklich das Allerhöchste, das dann noch mit der
enerationengerechtigkeit zu verbinden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie künftigen Generationen werden es ausbaden müs-
en, wenn wir die Entsorgung des Atommülls von heute
n die Zukunft verschieben. Dann werden sie den Müll
on uns zu entsorgen haben.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Dann löst doch das Problem der Endlagerung!)


Meistens sagen wir zu den Kindern, sie sollten darauf
ören, was ihre Eltern ihnen sagen. Beim Klimawandel
ind es die Eltern, die auf ihre Kinder hören sollten. –






(A) )



(B) )


Marco Bülow

Mit diesen Worten schloss Tony Blair seine Rede zur
Bekämpfung der Klimaveränderung.


(Beifall des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD])

Immer mehr Politiker kommen zu dieser Einsicht und
Wissenschaftler predigen es schon lange. Selbst im Pen-
tagon ist angekommen, wie bedrohlich der Klimawandel
für unsere Welt und für uns Menschen ist. Außer einigen
Unverbesserlichen und einer immer geringer werdenden
Zahl von Unwissenden zweifelt niemand mehr daran,
dass der Klimawandel kommen wird. Jetzt geht es da-
rum – das ist das Wichtigste –, dass die Einsicht überall
in konkrete Maßnahmen und Handlungen umgesetzt
wird.

Die seriöse Wissenschaft ist sich einig: Ein Anstieg
von über zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen
Wert hätte fatale Auswirkungen auf unseren Lebens-
raum; wir haben es heute schon gehört. Einen Anstieg
von 0,6 bis 0,7 Grad haben wir schon zu verzeichnen.
Ein weiterer Anstieg um 0,6 bis 0,7 Grad lässt sich nicht
mehr verhindern, weil die Emissionen für diese Erwär-
mung schon in der Atmosphäre sind. Es bleibt also ein
Bremsweg von maximal 0,7 oder 0,8 Grad Celsius. Dies
ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Energiebe-
darf einer wachsenden Erdbevölkerung weiter ansteigt.
Also auch ein halbherziger Klimaschutz wird uns nicht
mehr weiterhelfen.

Zu diesem Ergebnis kommt wie viele vorherige Stu-
dien auch das Umweltgutachten des Sachverständigenra-
tes für Umweltfragen. Die Sachverständigen präsentie-
ren aber außer Szenarien auch sehr fundierte Analysen
und – das ist fast noch wichtiger – daraus resultierende
Bewertungen und konkrete Handlungsvorschläge. Wenn
wir die beschriebene Erwärmung um zwei Grad nicht
überschreiten wollen, raten die Sachverständigen, der
von vielen internationalen Organisationen aufgestellten
Forderung zu folgen, nämlich, ausgehend von 1990 die
Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent und bis 2050 um
80 Prozent zu reduzieren. Das gilt international wie na-
tional.

Im Bericht wird im Einzelnen vorgerechnet, dass dies
sowohl technisch machbar als auch wirtschaftlich ver-
tretbar ist. Letzteres gilt vor allem deshalb – vielleicht
passen jetzt einmal die Wirtschaftspolitiker der Union
auf –, weil die zunächst erbringbaren Aufwendungen im
Verhältnis zu den zu erwartenden volkswirtschaftlichen
Kosten sehr gering sind. Mein Kollege Michael Müller
hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir es uns vor al-
len Dingen nicht leisten können, jetzt beim Klimaschutz
zu sparen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Deshalb haben sich die SPDWirtschaftspolitiker so gegen die trittinschen Vorschläge gewehrt!)


Wenn wir den wissenschaftlichen Berechnungen fol-
gen, darf es kein Geschachere darum geben, ob wir die
angestrebten Reduzierungen nicht vielleicht doch um
10 Prozent kürzen wollen. Nein, wenn uns die Zukunft
der nachfolgenden Generation nicht egal ist, müssen wir

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(C (D ns auf diese Ziele, auch wenn sie uns noch so viel aberlangen, einlassen. Die Regierung hat sich deshalb em Ziel, die Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent zu eduzieren, verpflichtet. Nicht erst seit heute sind wir daei, für die Erreichung dieses Ziels die geeigneten Intrumente zu finden und einzusetzen. Unsere Aufgabe ird es sein, diese zu präzisieren und dort, wo sich noch ichts oder noch nicht genug bewegt, zu optimieren und u ergänzen. Die Sachverständigen haben einige der Instrumente nter die Lupe genommen und dazu deutliche Vorchläge unterbreitet. Diese müssen wir uns näher anchauen; denn bei allem internationalen Lob für die eutsche Klimapolitik und bei allem bereits Erreichten ibt es doch Defizite festzustellen und vor allem gibt es och viel zu tun. Ich will nur auf einige Punkte eingeen, wohl wissend, dass die Diskussion deutlich umangreicher ist, wenn am Ende alle Stränge zusammeneführt werden. Was mir bei den Reden der Opposition aufgefallen ist diesen Fehler will ich nicht wiederholen –, ist, dass Sie uf keine konkreten Vorschläge des Sachverständigenraes eingegangen sind oder nur dann, wenn es Ihnen ins onzept gepasst hat. Die eigenen Schwächen haben Sie icht betont. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich fange deswegen mit einem Kritikpunkt im Gut-
chten an. Die Sachverständigen kritisieren, dass wir das
lte nationale Klimaziel einer Reduzierung der Treib-
ausgase um 25 Prozent zwischen 1990 und 2005 ver-
chweigen. Ich bin überzeugt, dass das neue Ziel, das ich
erade benannt habe, mehr als eine Flucht nach vorn ist.
ennoch muss ich den Sachverständigen Recht geben,
ass es für die Zukunft wichtig ist, zu analysieren, wa-
um das alte Ziel wahrscheinlich nicht erreicht wird und
as wir in Zukunft verbessern können, damit wir die
euen Zielvorgaben einhalten.
In dem Gutachten werden auch Defizite analysiert.

in Bereich ist die Kraft-Wärme-Kopplung. Dies ist
in sehr wichtiger Bereich, weil durch die gleichzeitige
utzung von Strom und Wärme viel Energie eingespart
erden kann. Ziel der von der Bundesregierung einge-
etzten Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung war es,
on 1998 bis 2005 mindestens 10 Millionen Tonnen
ohlendioxid und bis 2010 mindestens 20 Millionen
onnen Kohlendioxid einzusparen. Die Sachverständi-
en weisen auf die Schwächen des Förderungsgesetzes
in und gehen davon aus, dass diese Zielvorgaben nicht
rreicht werden. In absehbarer Zeit wird ein Monitoring-
ericht vorgelegt. Ich glaube daran, dass wir nach einer
enaueren Analyse, welche die Signale aus der Branche
ber wahrscheinlich bestätigen, handeln müssen, um
iese Zielvorgaben mittelfristig doch noch zu erreichen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Schadenfreude, die teilweise bei Ihnen, meine
amen und Herren der Opposition, zum Ausdruck kam,
um Beispiel indem gesagt wurde, dieses Gutachten sei
ine schallende Ohrfeige für uns, sollten Sie sich lieber






(A) )



(B) )


Marco Bülow

verkneifen. Wir bemühen uns und machen dabei auch
Fehler; einige Fehler sind in dem Gutachten offenbart
worden. Aber im Gegensatz zu Ihnen sind wir lernfähig.
Wir lehnen nicht alles ab, was mit Klimaschutz zu tun
hat; denn fast alle Anträge, die wir zum Klimaschutz
oder zu den erneuerbaren Energien eingebracht haben,
werden vor allen Dingen von der FDP, aber teilweise lei-
der auch von der CDU/CSU abgelehnt. Am Ende jedoch
sind Sie es, die am lautesten schreien, wenn bestimmte
Zielvorgaben nicht erreicht werden.

Das ist doppelzüngig und solche Reden sollten wir
aus diesem Hause verbannen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Als Berichterstatter für erneuerbare Energien freue ich
mich, dass der Sachverständigenrat die Regierungspoli-
tik im Bereich der erneuerbaren Energien ausdrücklich
unterstützt. Der Gipfel der Rede von Frau Homburger
war, als sie Passagen aus dem Bericht des Sachverständi-
genrates herausgesucht hat, die belegen sollen, warum
wir so vieles bezüglich der erneuerbaren Energien falsch
machen. Frau Homburger, lesen Sie sich das Kapitel
über erneuerbare Energien noch einmal gut durch! Der
Sachverständigenrat bestätigt darin nämlich, dass der
Weg, den wir mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ein-
geschlagen haben, genau der richtige ist und dass wir ihn
fortsetzen sollen. Das hätten Sie auch erwähnen können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Birgit Homburger [FDP]: Seite 35, Speichertechnologie, durchlesen bitte!)


– Sie haben von erneuerbaren Energien geredet. Wir ha-
ben das Erneuerbare-Energien-Gesetz auf den Weg ge-
bracht, das von vielen Instituten – unter anderem vom
Worldwatch Institute – und jetzt auch vom Sachverstän-
digenrat gelobt wird.

Mittlerweile werden über 10 Prozent des Stroms aus
erneuerbaren Energien gewonnen und wir sparen über
50 Millionen Tonnen Kohlendioxyd jährlich ein, was ein
großer Beitrag zum Klimaschutz ist. Diesen Anteil wol-
len und werden wir in Zukunft weiter ausbauen.

Wir müssen bei den Planungen auch berücksichtigen,
dass – auch das sagt der Sachverständigenrat – die Kos-
ten für erneuerbare Energien kontinuierlich sinken wer-
den, während die Kosten für die herkömmlichen Ener-
gien weiter steigen werden. Die internationale Politik
bezüglich der erneuerbaren Energien zeigt, dass die Vor-
reiterrolle Deutschland nicht geschadet hat, sondern
diese im Gegenteil der deutschen Wirtschaft im Endef-
fekt zugute kommt.

Bei den weiteren Emissionsreduzierungen kommt es
darauf an, nicht nur die Gewichtung der einzelnen Ener-
gieträger zu berücksichtigen, sondern auch die Effizienz
der Kraftwerke zu erhöhen. Bei der anstehenden Kraft-
werksparkerneuerung kann durch neue, effizientere
Kraftwerke viel CO2 eingespart werden. Jedem noch sogroßen Freund der erneuerbaren Energien ist klar, dass
nur ein Teil des Kraftwerksparks durch Anlagen für er-

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(C (D euerbare Energien ersetzt werden kann. Aber auch hier ibt der Sachverständigenrat eine wichtige Bewertung b, die ich zum Teil teilen kann. Probleme habe ich allerdings mit der einseitigen Pri ilegierung von Gas. Die Energieerzeugung durch Gasraftwerke ist zwar effizienter und klimaschonender als ie durch Kohlekraftwerke; allerdings halte ich die beim as nicht gegebene Versorgungssicherheit schon für ein roblem und für nicht vernachlässigbar. Die Gaslieferungen aus Russland erscheinen einigeraßen sicher, aber wir wissen nicht, wie die Lage in Zuunft aussieht. Wir können auf die Gasvorräte in Europa emnächst nicht mehr zurückgreifen, weil sie erschöpft ein werden. Außerdem wird – das ist ein Mangel dieser tudie – nicht über die Endlichkeit der Ressourcen geprochen. Gas geht viel schneller zu Ende als Kohle. uch darauf müssen wir uns einrichten. Vieles müsste man in Bezug auf den Klimaschutz och ansprechen. Vieles steht im Gutachten und einiges urde hier nur kurz angeschnitten. Man müsste zum eispiel noch über die Emissionen durch den Verkehr prechen, über den Emissionshandel und über die Enerievermeidung. Mit diesem Punkt will ich enden; denn r zeigt, dass neben Politik und Wirtschaft alle Bürgerinen und Bürger in Bezug auf Klimaschutz in der Verantortung stehen. Keiner darf sich dieser Verantwortung ntziehen. Aktuelle Umfragen zeigen, dass das Umweltewusstsein wieder ansteigt und vor allem der Klimachutz für die Deutschen eine hohe Bedeutung hat. Es uss aber auch gelingen, dass das Bewusstsein jeden inzelnen dazu bringt, dass er einen Beitrag leistet. Dieen Beitrag kann man in seinem Haushalt leisten. Allein urch das Abschalten von Stand-by-Geräten könnte ein aushalt 70 Euro im Jahr sparen. Die Theorie kennen viele, doch die Umsetzung in der raxis müssen wir endlich alle lernen. Das Gutachten hat ns dazu eine gute Nachhilfestunde gegeben, die hofentlich Wirkung bei uns allen zeigt. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Aha!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513202000

Ich erteile das Wort Kollegen Ulrich Petzold, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ulrich Petzold (CDU):
Rede ID: ID1513202100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Liebe Kollegen! Lieber Kollege Bülow, wir sollten
enau das machen, was Sie angemahnt haben, nämlich
ns genauer zuhören; denn Professor Bietmann hat klar
nd deutlich davon gesprochen, dass es eine Versor-
ungslücke in Ihrem Energieversorgungskonzept gibt.






(A) )



(B) )


Ulrich Petzold

Das ist ein Thema, über das wir uns intensiv unterhalten
müssen.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)

Das Umweltproblem „neue Bundesländer“ gibt es

nicht mehr und das ist gut so. Die ökologischen Hinter-
lassenschaften zweier Diktaturen auf dem Gebiet der
neuen Bundesländer sind so weit aufgearbeitet, dass sie
als spezielles Problem keine Erwähnung mehr im Um-
weltgutachten des Sachverständigenrates finden müssen.
Zwar gibt es noch Probleme, die einer Lösung bedürfen,
doch gerade im industriellen Bereich haben die neuen
Bundesländer in Umweltfragen eine Vorreiterrolle ein-
genommen. Die Ungleichheiten bestehen also eher in
speziellen Bereichen, die sich nicht mehr einfach nach
Ost und West trennen lassen; sie kommen – egal ob Ost
oder West – in bestimmten Regionen oder zu Sachver-
halten verstärkt oder vermindert vor.

Wiederholt habe ich bereits bei der Beratung der
Emissionshandelsgesetzgebung auf den Umstand der re-
gional unterschiedlichen Wirkung von Umweltgesetzen
hingewiesen. So werden beim Emissionshandel die in-
dustriellen Vorreiter bei der CO2-Emissionsminderung,die vor allem in Nordrhein-Westfalen und in den neuen
Bundesländern angesiedelt sind, gleich schlecht behan-
delt. Dieses führt insgesamt zur Benachteiligung von
Regionen. Eine Gleichbehandlung Ungleicher – eine
Gleichbehandlung von Vorreitern und Nachzüglern bei
der Emissionsminderung, ja, eine Bevorzugung der
Nachzügler – sichert keine umweltpolitische Handlungs-
fähigkeit, sondern führt zur Zurückhaltung bzw. zur all-
gemeinen Stagnation im umweltbewussten Handeln.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es gilt also regionale Besonderheiten zu beachten,

um einen größtmöglichen Effekt unseres umweltpoliti-
schen Handelns zu erreichen. Zum Beispiel kann man
bei der Abwasserentsorgung in Gebieten mit einer sehr
hohen Bevölkerungsabwanderung unmöglich die erfor-
derlichen Maßnahmen aus dicht bevölkerten Regionen
mit entsprechender Zuwanderung übernehmen. Leider
haben unseriöse Berater viel zu vielen Kommunen in
den neuen Bundesländern überdimensionierte Abwas-
seranlagen aufgeschwatzt. Diese Anlagen sind teilweise
so überdimensioniert, dass sie in verbrauchsschwachen
Zeiten ihre Funktionsfähigkeit verlieren. Um diesem
Problem entgegenzuwirken, werden aus weit entfernten
Kommunen über Abwasserfernleitungen Abwässer he-
rangeleitet.

Schon allein der Bau dieser Abwasserfernleitungen
mit seinem Flächenverbrauch und den Nachfolgekosten
für Wartung und Instandhaltung ist in höchstem Maße
kritikwürdig. Schlimm ist jedoch oft, dass Wasser damit
direkt den Vorflutern zugeleitet und nicht mehr der Ver-
sickerung und damit dem Grundwasser in der Region zu-
geführt wird. Dezentrale Anlagen und Kleinkläranlagen
haben unter den derzeitigen Bedingungen keine Chance.
Leider findet dieses Problem keine Berücksichtigung im
vorliegenden Gutachten.


(Beifall des Abg. Dr. Peter Paziorek [CDU/ CSU])


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(C (D Dagegen schlägt das Gutachten die Streichung der öglichkeit der Verrechnung der Abwasserabgabe geen die Investitionsausgaben im Abwasserbereich vor. on der im Gutachten verfolgten Systematik her ist eine olche Streichung vielleicht noch nachvollziehbar. Sie ürde jedoch dünn besiedelte Räume in den neuen Bunesländern sehr hart treffen. In diesen Regionen können, achdem die größeren Kommunen jetzt an Kläranlagen ngeschlossen sind, endlich auch die kleineren Orte an ie Lösung ihrer Abwasserprobleme gehen. Mit der treichung der Verrechnungsmöglichkeit würden die Beohner und Unternehmen dort dafür hart bestraft, dass ie über Jahre die Investitionen in den größeren Kommuen über ihre Abwasserzweckverbände mitfinanziert haen und nun zusätzlich zu ihren eigenen Investitionen och eine Abwasserabgabe zahlen müssten. Wir sollten em Gutachten in diesem Punkt nicht kritiklos folgen. ei der Finanzknappheit der Kommunen würde eine Ababe, die zusätzlich zu den Investitionen zu zahlen wäre, her Investitionen hemmen. Auch in der Frage der Flächeninanspruchnahme ätte ich mir in dem Gutachten klarere Ausführungen ewünscht. Wieder einmal wird zu wenig zwischen Fläheninanspruchnahme und Flächenversiegelung diffeenziert. (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Ja! Das ist das Problem!)


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)


n der Umwandlung einer intensiv genutzten Ackerflä-
he in einen ökologisch angelegten Hausgarten kann ich
Grundsatz sogar etwas Positives für Natur und Um-
elt sehen. Es ist aber kaum zu verstehen, dass eine sol-
he Flächeninanspruchnahme für einen Hausgarten eine
hnliche Ausgleichsmaßnahme erfordert wie die Versie-
elung mit Beton und Asphalt.
Warum wird nicht endlich einmal die Größe der täg-

ch versiegelten Flächen genannt? Die Benennung der
llgemeinen Flächeninanspruchnahme, ohne dass man
leichzeitig die Größenordnung der viel bedeutsameren
lächenversiegelung angibt, ist gerade im ökologischen
ereich nur eine ungenügende Aussage. Ein Verweis auf
ie Wiedernutzung industrieller und gewerblicher
rachflächen ist ebenfalls nur bedingt aussagefähig.
iese Brachflächen, die oftmals jahrelang nicht genutzt
urden, haben sich gerade auch in den Städten zu Bioto-
en entwickelt. Richtig wäre, die Größe der im Rahmen
es wirtschaftlichen Handelns versiegelten Flächen aus-
uweisen und diesem Wert die Größe der entsiegelten
lächen gegenüberzustellen, um diese gegeneinander zu
errechnen.
Statt der Ausgleichsmaßnahmen, die sich zu oft in ei-

er Bepflanzung von landwirtschaftlichen Nutzflächen
rschöpfen, sollte die Entsiegelung von Flächen als Aus-
leichsmaßnahme viel deutlicher als bisher festgeschrie-
en werden. Gerade in Regionen mit schrumpfenden Be-
ölkerungszahlen dürfte dies kein Problem darstellen.
olange jedoch für Waldflächen Boden- und Wasserab-
aben gezahlt werden müssen, die dann tatsächlich für
ie Entwässerung von Waldgebieten – so ein Nonsens! –






(A) )



(B) )


Ulrich Petzold

eingesetzt werden, und gleichzeitig versiegelte Straßen-
flächen nicht von diesen Abgaben betroffen sind, hält
sich meine Hoffnung auf ein sinnvolles Handeln der Re-
gierung in Grenzen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Richtig finde ich, dass in dem Umweltgutachten er-

neut eine bundesweite Erfassung bzw. eine fundierte Ab-
schätzung der von Bodenverdichtung und Bodenerosion
betroffenen Flächen eingefordert werden. Winderosion
auf Ackerflächen wird viel zu oft unterschätzt. Dass sich
der Bundesumweltminister aber ausgerechnet Über-
schwemmungsflächen als Haupterosionsflächen ausge-
sucht hat, hat den Entwurf eines Hochwasserschutzge-
setzes bei den Experten eher lächerlich gemacht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die jetzt als erosionsgefährdete Flächen eingestuften
Abflussbereiche sind im Gesetzentwurf nicht einmal de-
finiert und somit der Zufälligkeit der Rechtsprechung
ausgesetzt. Damit werden diese Abflussbereiche ge-
nauso streitbefangen sein wie die Einschränkungen, die
die Landwirtschaft in den Überschwemmungsgebieten
hinnehmen soll.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wer seine umweltpolitische Handlungsfähigkeit si-

chern will, sollte keinen unsinnigen Streit provozieren,
wo er sich mit Sicherheit vermeiden lässt. Umweltschutz
lässt sich am besten, sinnvollsten und wirtschaftlichsten
nicht gegen die Betroffenen, sondern mit ihnen durchset-
zen. Klare, nachvollziehbare Vorgaben mit sinnvollen
Grenzen und Grenzwerten schaffen Verständnis und
Mitarbeit. Das Umweltgutachten kann hierzu Anregung
und Richtschnur sein, wenn wir es nicht zum Dogma er-
heben.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513202200

Ich erteile das Wort Kollegen Winfried Hermann,

Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513202300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Am Ende einer im Prinzip guten Debatte möchte
ich zu einigen Diskussionspunkten Stellung nehmen und
aus Sicht der Grünen noch etwas zum Umweltgutachten
und seinen Kernaussagen anmerken. Zuerst möchte ich
festhalten, dass sich das vorliegende Gutachten auf die
Umwelt und nicht in erster Linie, sondern nur in Teilen
auf die Umweltpolitik der Bundesregierung bezieht. In
vielen Teilen bezieht es sich auch auf die Politik der
Landesregierungen sowie die Wirtschaftspolitik und die
Agrarpolitik in diesem Lande. Das muss ich Ihnen schon
sagen, weil offenbar nicht alle Ihre Redner dieses Um-
weltgutachten ausführlich, sondern nur selektiv gelesen
haben. Manche haben nur den Teil herausgegriffen, der

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(C (D hnen gerade passt. Das ist keine angemessene Form der useinandersetzung mit einem solchen Gutachten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Opposition hat keinen Grund zur Selbstgerechtig-
eit. Wenn Sie das Umweltgutachten genau durchlesen,
erden Sie in vielen Fällen keine wissenschaftlich fun-
ierte Kritik zugunsten Ihrer Positionen, sondern Ihre
nnahmen als falsche Ansätze widerlegt finden. In man-
hen Punkten werden Ihre Positionen aber auch bestä-
igt. Nehmen Sie dies als differenzierte Kritik für alle,
ie Umweltpolitik machen und Verantwortung tragen!
Lassen Sie uns einmal im Detail anschauen, was uns

ie Experten sagen! Egal welche Bereiche man nimmt,
s wird immer wieder die Aussage deutlich: Wir haben
n der Umweltpolitik einiges erreicht, ob bei der Gewäs-
er- und der Luftreinhaltung oder beim Naturschutz. In
llen Bereichen sind wir auch dank der permanenten An-
trengungen der Umweltpolitiker aller Couleur vorange-
ommen. Aber die Experten sagen auch, dass wir in vie-
en Punkten stehen geblieben sind. Die Opposition
ehauptet sogar, dass es keine Innovation und keinen
ortschritt mehr gegeben habe. Festzuhalten ist jeden-
alls, dass sich das Tempo des Umweltschutzes auf allen
benen verlangsamt hat, dass es Stagnation gibt.
Zur Energiepolitik, insbesondere zu den erneuerbaren

nergien: Ein Abgeordneter Ihrer Fraktion – er ist Pro-
essor – hat behauptet, dass es laut vorliegendem Um-
eltgutachten dringend notwendig sei, im Interesse des
limaschutzes die Atomtechnologie weiter zu betreiben.
ch kann nicht erkennen, wo dies in dem Gutachten
teht. Dazu werden Sie in diesem Gutachten mitnichten
in Wort finden. Vielmehr finden Sie dort die Botschaft
er Gutachter, dass die erneuerbaren Energien, Effi-
ienzsteigerungen und das Energiesparkonzept zusam-
en zum Klimaschutz beitragen und wir in diesem Be-
eich konsequenter voranschreiten müssen.
Dann wird auf eine Reihe ungelöster Probleme hinge-
iesen, etwa auf die POPs, die permanenten organischen
chadstoffe, die schon seit langem die Umwelt verseu-
hen und die wir noch nicht in den Griff bekommen ha-
en. Ferner wird darauf hingewiesen, dass wir viele Pro-
leme seit Jahren kennten und nicht gelöst hätten.
ollege Petzold hat das Problem des Flächenverbrauchs
ngesprochen. Aber auch hier muss ich Ihnen Folgendes
agen: So richtig es ist, beim Flächenverbrauch zu dif-
erenzieren, so richtig ist es auch, dass es nicht nur um
en schönen Garten geht, der auf einer Fläche Artenviel-
alt erzeugt, die vorher ein Acker war, der keine Arten-
ielfalt mehr aufwies. Man weiß genau, wofür heute Flä-
hen verbraucht werden: Der Flächenverbrauch von
erzeit 105 Hektar pro Tag bundesweit bedeutet für mehr
ls die Hälfte Bebauung – dieser Boden ist für die Natur
erloren –; ein Großteil der restlichen Fläche wird als
erkehrsfläche verwandt. Nur der übrig bleibende Teil ist
nter Umständen in ökologischer Hinsicht verbessert.
Von den Gutachtern wird angemahnt, dass es in allen

hemenfeldern Durchsetzungsprobleme und Vollzugsde-
izite gibt. Dies gilt für die Gewässerreinhaltungspolitik






(A) )



(B) )


Winfried Hermann

ebenso wie für die Umsetzung der europäischen Wasser-
rahmenrichtlinie, die einen guten ökologischen Zustand
für alle Gewässer verlangt. Auf diesem Gebiet haben wir
ein anspruchsvolles Konzept, dessen Umsetzung aber
sehr langsam vonstatten geht: Erst ist der Bund am Zuge,
dann sind es die Länder, bei denen es sehr lange dauert
und von denen nicht alle mitmachen. Dies ist also eine
klare Mahnung an die Adresse der Länder mitzumachen.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Wir brauchen Akzeptanz in der Bevölkerung!)


Damit komme ich zum Schluss meines kurzen Bei-
trags auf einen mir sehr wichtigen Gedanken zu spre-
chen: Ein Kernproblem in Deutschland ist die Aufspal-
tung der Kompetenz in Umweltfragen zwischen Bund
und Ländern. Dies erschwert und verzögert die Umset-
zung des EU-Rechts. Bei uns gibt es eine Konkurrenz in
der Gesetzgebung, die letztlich oft zu Blockaden führt.
Wenn wir im Rahmen der Föderalismusreform nicht zu
einer klaren Kompetenzaufteilung und einer klaren
Kompetenzstärkung des Bundes im Bereich Umwelt bei-
tragen, dann haben wir verloren.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Dann wäre auch all das, was Sie von der Opposition ge-
fordert haben, nicht zu erreichen.

Eine weitere Zersplitterung der Umweltkompetenz,
die sich durch den Vorschlag von Kollegen der CDU/
CSU, aber in Teilen auch der SPD ergäbe, ein Zugriffs-
recht der Länder zu schaffen, bedeutete faktisch, dass es
bei uns nur noch pro forma einheitliche Standards gäbe.
In der Realität hätten wir es mit einem unendlichen
Flickenteppich im Bereich des Naturschutzes, der Ge-
wässerreinhaltungspolitik usw. zu tun. Dies wäre kontra-
produktiv und im Sinne einer dauerhaft erfolgreichen
Umweltpolitik schädlich. Daher bitte ich Sie alle, im
Rahmen der Föderalismusreform gemeinsam für eine
Stärkung der Bundeskompetenz zu kämpfen. Nur so
ließe sich auch ein Umweltgesetzbuch schaffen. Ohne
eine solche Kompetenz bräuchten wir kein Umweltge-
setzbuch mehr.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Josef Göppel [CDU/CSU])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1513202400

Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird die

Überweisung der Vorlage auf Drucksache 15/3600 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a und 3 b sowie
den Zusatzpunkt 3 auf:
3 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten

Friedrich Merz, Dr. Michael Meister, Dietrich

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(C (D Austermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Für eine stabile Wirtschaftsund Währungsunion – Europäischen Stabilitätsund Wachstumspakt nicht ändern – Drucksache 15/3719 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss b)

Burgbacher, Rainer Funke, Otto Fricke, weiteren
Abgeordneten und der Fraktion der FDP einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung

(Aufnahme von Stabilitätskriterien in das Grundgesetz)

– Drucksache 15/3721 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

P 3 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Stabilitäts- und Wachstumspolitik fortsetzen –
Den europäischen Stabilitäts- und Wachstums-
pakt stärken
– Drucksache 15/3957 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen

riedrich Merz, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Walter Schöler [SPD]: Testament?)



Friedrich Merz (CDU):
Rede ID: ID1513202500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Am 2. Dezember 1992 hat der Deutsche Bundestag
inen Entschließungsantrag zur Wirtschafts- und Wäh-
ungsunion und zum Vertrag über die Europäische
nion angenommen. In diesem Entschließungsantrag
eißt es unter anderem:

Der Deutsche Bundestag nimmt die Besorgnisse in
der Bevölkerung über die Einführung einer gemein-
samen europäischen Währung ernst. Es muss daher
alles getan werden, damit sich diese Sorgen als ge-
genstandslos erweisen. Die Stabilität der Währung
muss unter allen Umständen gewährleistet sein.






(A) )



(B) )


Friedrich Merz

Etwas weiter heißt es in diesem Entschließungsan-

trag:
Der Deutsche Bundestag wird sich jedem Versuch
widersetzen, die Stabilitätskriterien aufzuweichen,
die in Maastricht vereinbart worden sind.

Einen gleich lautenden Entschließungsantrag hat we-
nige Tage später der Bundesrat angenommen.

Was ich Ihnen hier gerade auszugsweise vorgetragen
habe, meine Damen und Herren, ist die Geschäftsgrund-
lage der Bundesrepublik Deutschland für den Beitritt zur
Währungsunion im Rahmen der Europäischen Union ge-
wesen. Heute gibt es Anlass, an diese Geschäftsgrund-
lage zu erinnern. Wir haben dem Deutschen Bundestag
einen Antrag vorgelegt, der diese Geschäftsgrundlage
noch einmal bekräftigt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es gibt bedauerlicherweise einen sehr akuten Grund

und Anlass, dies zu tun und erneut über die Geschäfts-
grundlage des Beitritts der Bundesrepublik Deutschland
zur Wirtschafts- und Währungsunion zu sprechen.

Wenn im Deutschen Bundestag über ein solches
Thema in der Kernzeit diskutiert wird


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Extra für Sie, Herr Merz!)


und die Regierungsbank so besetzt ist – außer dem Bun-
desumweltminister hält es nicht ein einziger Bundesmi-
nister für richtig, an dieser Debatte teilzunehmen; der
Bundesumweltminister ist nur noch da, weil er nicht mit-
bekommen hat, dass sich hier mittlerweile das Thema
geändert hat –,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wo ist da ein Bundesminister? Ich sehe keinen Bundesminister! – Dr. Andreas Pinkwart haben alle ein schlechtes Gewissen! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Ihnen war die erste Reihe leer! Jetzt wollen wir mal nicht so tun! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist eigentlich Frau Merkel? Wo ist Ihr wirtschaftspolitischer Sprecher?)


dann lässt das auch Rückschlüsse auf die Ernsthaftigkeit
zu, mit der die Bundesregierung dieses Thema behan-
delt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir haben vor ziemlich genau einem Jahr im Parlament

und in den Parlamentsausschüssen eine hochstreitige Dis-
kussion über die Entscheidung der EU-Kommission ge-
führt, das Defizitverfahren gegen die Bundesrepublik
Deutschland fortzusetzen. Damals hat uns der Bundesfi-
nanzminister im Plenum und in einer gemeinsamen Sit-
zung des Finanzausschusses, des Haushaltsausschusses
und des Europaausschusses erklärt, die Haltung der Bun-
desregierung sei rechtlich in Ordnung, die Kommission
befinde sich sozusagen im Rechtsirrtum über die Anwen-
dung der Regeln, im Rat der Finanzminister sei ein Votum
der EU-Kommission überstimmt worden. Wenige Wo-

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(C (D hen später hat der Europäische Gerichtshof entschieden, ass die Kommission damals Recht gehabt hat, dass sich ie Mehrheit der Mitgliedstaaten ins Unrecht gesetzt hat nd dass massiv gegen den Stabilitätsund Wachstumsakt verstoßen worden ist. ieser Verstoß hält bis heute an, meine Damen und Heren! Sie verstoßen damit nicht gegen irgendeine Regel der uropäischen Union, sondern Sie verstoßen damit gegen ie zentrale Rechtsordnung, die sich die Europäische nion auf dem Weg in die politische Union und mit der irtschaftsund Währungsunion gegeben hat. Sie höhn nicht nur das Fundament unserer gemeinsamen Wähung aus, Sie höhlen auch das Vertrauen der Menschen n die Zukunft der gemeinsamen europäischen Währung us, ja, Sie zerstören es. Was hier stattfindet, ist in seinen Konsequenzen ver eerend. Was Deutschland und Frankreich im letzten ahr begonnen haben, setzt sich in einer ganzen Reihe on weiteren Mitgliedstaaten der Europäischen Union ort. Es überträgt sich mittlerweile auch auf einige Staaen, die der Europäischen Union erst am 1. Mai 2004 eigetreten sind. Schon heute ist absehbar, dass der Stailitätsund Wachstumspakt der Europäischen Union so usgehöhlt wird, dass so beständig gegen Geist und uchstaben dieses Vertrages verstoßen wird, dass er ahrscheinlich auf Dauer in einer größer werdenden uropäischen Union und in einer größer werdenden uropäischen Wirtschaftsund Währungsunion keinen estand mehr haben wird. Was Deutschland hier anrichet, ist das glatte Gegenteil von dem, was wir in diesem arlament den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes instimmig versprochen haben, meine Damen und Heren. Gestern hat in Luxemburg der Finanzministerrat ge agt. Bei dieser Gelegenheit ist das Verhalten Griechenands zu Recht kritisiert worden: Griechenland hat seinen eitritt in die Europäische Wirtschaftsund Währungsnion offenkundig mit gefälschten Zahlen ermöglicht. (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sozialistische Regierung!)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Aber wie reagiert der Rat und wie reagiert Deutsch-
nd? Die Kommission ist darum bemüht, aufzuklären,
as war. Dazu braucht die Kommission Zugang zu den
aten. Der Bundesfinanzminister selbst sagt sehr öffent-
ichkeitswirksam: Das muss jetzt mit aller Konsequenz
on der Kommission aufgeklärt werden. – Im selben
temzug enthalten die Bundesrepublik Deutschland und
it ihr eine Reihe von anderen Mitgliedsländern der
uropäischen Kommission das Instrumentarium vor, das
ur Aufklärung dieses Sachverhaltes notwendig ist. Die
ommission braucht Zugang zu den Daten. Wenn die
undesrepublik Deutschland diesen Zugang verweigert,






(A) )



(B) )


Friedrich Merz

dann macht sie sich erneut eines schweren Vergehens ge-
gen Geist und Buchstaben des Vertrages über die Euro-
päische Wirtschafts- und Währungsunion schuldig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das, was Sie, meine Damen und Herren auf der Re-

gierungsbank und in der Koalition, hier machen, ist nicht
eine aus der Not des Augenblicks geborene, kurzfristige
Entscheidung gegen den Stabilitäts- und Wachstums-
pakt, sondern eine systematische Aushöhlung einer
Rechtsgrundlage, die Sie in Wahrheit nie gewollt haben.
Denn die Diskussionen über die Unabhängigkeit der
Zentralbanken, die Diskussion über die Unabhängigkeit
der Europäischen Zentralbank haben in der SPD, bei
den Grünen und auch bei den Gewerkschaften bis heute
in Wahrheit nicht aufgehört.

Sie können das wie einen roten Faden durch die letz-
ten Jahre verfolgen. Sie verstoßen in diesem Jahr zum
dritten Mal hintereinander bewusst gegen den Stabili-
tätspakt. Sie werden im nächsten Jahr erneut, zum vier-
ten Mal, bewusst gegen den Stabilitäts- und Wachstums-
pakt verstoßen. Das sind doch keine Kassandrarufe der
Opposition. Hier sitzt die Vorsitzende des Finanzaus-
schusses des Deutschen Bundestages, eine Kollegin aus
der Fraktion der Grünen. Sie hat in dieser Woche in ei-
nem öffentlichen Interview erneut gesagt: Jawohl, wir
werden wahrscheinlich im nächsten Jahr wieder gegen
den Stabilitäts- und Wachstumspakt verstoßen. – Zum
vierten Mal hintereinander verstoßen Sie gegen den
Stabilitäts- und Wachstumspakt. Zum dritten Mal hinter-
einander legen Sie uns in diesem Jahr einen Nachtrags-
haushalt vor, obwohl Sie schon zu Beginn des Haus-
haltsjahres gewusst haben, dass keine Zahl, die Sie dem
Parlament hier vorgelegt haben, stimmt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das lässt Rückschlüsse auf Ihr Denken zu, und zwar

nicht nur auf Ihr Denken in der Finanzpolitik und in der
Haushaltspolitik, sondern auch auf Ihr Denken in Bezug
auf die Verantwortung der Institutionen füreinander. Sie
beseitigen die Rechtsgrundlagen des europäischen Stabi-
litäts- und Wachstumspaktes und Sie höhlen das Budget-
recht des Parlaments systematisch aus. Das, was hier ge-
schieht, hat Langfristfolgen, die wir heute noch gar nicht
wirklich abschätzen können. Es wird – auch für das
Rechtsbewusstsein der Bevölkerung insgesamt – verhee-
rende Folgen haben.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das ist leider wahr!)


Sagen Sie bitte nicht, das sei nun wiederum nur Op-
positionsrhetorik! Sie, die Kommission und einige
Finanzminister der Europäischen Union stoßen mit dem
Wunsch, einen Teil des Stabilitäts- und Wachstumspak-
tes der Europäischen Union zu ändern, auf den erbitter-
ten Widerstand der gesamten Fachöffentlichkeit. Die
Europäische Zentralbank hat sich unmittelbar nach der
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die
Vertragsverletzung klar und deutlich gegen eine Ände-
rung des EG-Vertrages und des Stabilitäts- und Wachs-
tumspaktes geäußert. Die Deutsche Bundesbank hat

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(C (D or wenigen Wochen, am 7. September, klar und deutich zu Protokoll gegeben: Der Stabilitätspakt hat kein Ausgestaltungs-, sondern ein Umsetzungsproblem. ie Reformvorschläge machten das bestehende Regelerk komplizierter und unübersichtlicher. Der Anreiz zu iner soliden Haushaltspolitik in den Mitgliedstaaten der ährungsunion werde verringert und es werde ein fal ches Signal an die Länder gegeben, in denen die Wähungsunion bisher noch nicht eingeführt worden sei. – as sagt die Bundesbank. Sie hat die originäre Zustänigkeit, die Währungspolitik zu begleiten und die rundlagen für eine stabile Währung zu schaffen. Was fällt diesem Bundesfinanzminister ein, in einer resseerklärung, also öffentlich und nicht irgendwie zuällig, der Bundesbank dringend zu empfehlen, sich zuückzuhalten? Was ist das eigentlich für eine Haltung geenüber einer der wichtigsten Institutionen im gesamten efüge der Währungsund Finanzpolitik, gegenüber eier Institution, die immer noch mit die höchste Achtung n der gesamten Bundesrepublik Deutschland und ihrer evölkerung genießt? Was ist das für ein Politikvertändnis, das da zum Ausdruck kommt? Ob von den Wirtschaftsforschungsinstituten oder vom eschäftsführenden Direktor des Internationalen Wähungsfonds – wohin Sie auch hören, von allen Seiten ird dem Versuch, die Regeln des Stabilitätsund achstumspaktes aufzuweichen, eine klare Absage er eilt. Wir legen Ihnen heute einen Entschließungsantrag or, die Geschäftsgrundlage – ich habe es bereits esagt –, die der Deutsche Bundestag sich selbst und dait unserem Land gegeben hat, noch einmal zu bekräftien. Es darf an den Regeln des Stabilitätsund Wachsumspaktes nichts geändert werden. Es darf vor allen ingen nichts geändert werden, was dazu führen könnte, ass das Vertrauen der Menschen in unsere gemeinsame ährung, den Euro, weiter erschüttert wird. Meine Damen und Herren, spätestens der nachfol ende Redner wird die Frage stellen, was denn angeichts der sich ständig weiter verschlechternden Lage der ffentlichen Haushalte die Alternative zu einer sich stänig weiter erhöhenden Verschuldung ist. Ich will Ihnen azu einen kurzen Satz aus dem Herbstgutachten der irtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute vorragen, das sich ausführlich mit der Finanzpolitik bechäftigt. Der Kernsatz lautet: Die Finanzpolitik lässt nach wie vor ein klares Konzept vermissen, mit dem das Wachstum gestärkt werden kann. enig später heißt es: Zudem gehen die ohnehin bescheidenen Schritte zur Konsolidierung des Staatshaushalts wieder einmal zulasten der öffentlichen Investitionen und damit jenes Teils der Staatsausgaben, von dem am ehesten positive Wirkungen auf das Wachstum ausgehen. Friedrich Merz Das heißt, das, was Sie tun, stellt eine Korrektur über die Einnahmenseite dar. Sie versuchen, mit Steuererhöhungen den Staatshaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Korrekturen auf der Ausgabenseite finden überwiegend an der falschen Stelle, nämlich bei den investiven Ausgaben der öffentlichen Hand statt. Meine Damen und Herren, dazu gibt es eine Alternative. Die Alternative lautet: eine wirklich vorurteilsfreie Überprüfung der konsumtiven Ausgaben, einschließlich aller Subventionen der sozialen Sicherungssysteme. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig! – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kopfpauschale!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)





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Es kann nicht gut gehen – das ist jetzt keine Kas-
sandra-Opposition; Sie brauchen nur das nachzulesen,
was Herr Professor Sinn heute in einem umfassenden
Beitrag in der Zeitung „Die Welt“ veröffentlicht hat –,
wenn wir aus dem laufenden Etat des Bundes jedes Jahr
einen Zuschuss von im Augenblick rund 80 Milliarden
Euro an die Rentenversicherungen überweisen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was schlagen Sie denn mit der Kopfpauschale vor, Herr Merz? 40 Milliarden aus dem Staatshaushalt!)


Es geht nicht gut, wenn Sie nur Lasten verschieben: aus
den sozialen Sicherungssystemen in den Staatshaushalt.
Hier müssen ganz grundlegende Reformen durchgeführt
werden. Ich gestehe zu, Sie haben im Bereich der Ren-
tenpolitik etwas gemacht – allerdings sehr spät und nur
als Korrektur einer Regelung, die Sie lediglich hätten
beibehalten müssen. Mit der Aussetzung des demogra-
phischen Faktors, den Sie ja später wieder eingeführt ha-
ben, haben Sie einen schweren politischen Fehler began-
gen. Das wäre vermeidbar gewesen.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie schon zehnmal gesagt! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/ CSU]: Trotzdem richtig!)


Wir müssen jetzt auch eine grundlegende Kurskorrek-
tur bei den Krankenversicherungen einleiten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dass das schwer ist, brauchen Sie uns nicht zu sagen.
Wenn aber dieses System nicht demographiefest ge-
macht wird, dann werden alle Anstrengungen, den
Staatshaushalt in Ordnung zu bringen, zum Scheitern
verurteilt sein.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sollten Sie einmal Herrn Meister sagen, der Steuererhöhungen vorschlägt!)


Wir, meine Damen und Herren, können hier lange
über strittige Fragen wie die Eigenheimzulage und an-
deres diskutieren. Ich vermute, auch dieses wird hier
heute noch einmal eine Rolle spielen. Selbst wenn wir
die Eigenheimzulage sofort komplett streichen würden,
würden wir damit im ganzen Jahr 2005 nur so viel spa-
ren, wie der Bundesfinanzminister jede Woche an neuen

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(C (D chulden macht. Hören Sie also auf, hier mit irgendwelhen Formulierungen einen Popanz aufzubauen, die uns icht weiterhelfen, sondern im Gegenteil von dem ablenen, was wirklich notwendig ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren, wir brauchen in Deutsch-
nd eine ganz grundlegende Neuausrichtung der Politik
uf Wachstum und Beschäftigung. Die Lösung der Bud-
etprobleme in Deutschland ist ausschließlich durch eine
onsolidierung der Ausgabenseite des Haushaltes und
urch eine wachstums- und beschäftigungsorientierte
irtschaftspolitik möglich.
Wir beklagen uns alle völlig zu Recht darüber, dass

egenwärtig mit Opel und Karstadt zwei wichtige Unter-
ehmen in der Krise stecken. Wir übersehen dabei, dass
eit Jahren Woche für Woche dasselbe wie bei Karstadt
nd Opel passiert, nur ist das nicht so spektakulär, weil
s sich nicht um solche bedeutenden Markennamen han-
elt. In Deutschland gehen seit geraumer Zeit, seit meh-
eren Jahren, jede Woche 10 000 Beschäftigungsverhält-
isse verloren. Im Jahr macht das eine halbe Million aus.
Wenn Sie Ihre Wirtschaftspolitik nicht korrigieren,
enn Sie Ihre Arbeitsmarktpolitik nicht darauf ausrich-
en, dass die Beschäftigung in Deutschland steigt, und
ndlich Konkurse und Abwanderung stoppen, dann wer-
en wir die Budgetprobleme nicht lösen können.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: So ist es!)

ann werden Sie alle, die Sie jetzt hier sitzen, wenn Sie
ines Tages von der politischen Bühne abtreten – und
as wird geschehen –, sich zum Abschluss Ihrer Regie-
ungstätigkeit den schlimmsten Vorwurf machen lassen
üssen, den man in einer Demokratie gegenüber einer
egierung erheben kann, nämlich auf Kosten nachfol-
ender Generationen gearbeitet zu haben.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513202600

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Joachim Poß.


Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1513202700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eines

cheint mir nahezu sicher zu sein, Herr Merz: 2006 wer-
en wir nicht gehen. Ich glaube, dass die Menschen das
nzwischen spüren und dass die Entwicklung in den Um-
ragen das auch widerspiegelt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Abwarten!)

n den Umfragen spiegelt sich wider, dass es Ihnen über-
aupt nicht gelingt, eine widerspruchsfreie Politik zu
ormulieren, weder in der Gesundheitspolitik noch in der
teuerpolitik noch in der Finanzpolitik. Sie sind voller
idersprüche.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Joachim Poß

Herr Merz, Ihr Beitrag hier war wieder ein Beleg da-

für, dass man von rednerischen Fähigkeiten nicht unbe-
dingt auf logische oder politische Fähigkeiten rück-
schließen kann.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Der Europäische Gerichtshof hat sich – anders, als

Sie hier suggeriert haben – gar nicht zur Sache geäußert,
sondern zum Verfahren. Wenn Sie an die ersten Ent-
schließungen Anfang der 90er-Jahre erinnern, wo es in
unserer Debatte um Währungsstabilität ging – vollkom-
men richtig –, dann müssen Sie doch auch dazusagen,
dass wir trotz dreijähriger Stagnation in den entwickel-
ten europäischen Staaten eine absolute Stabilität des
Euro hatten. Das ist doch wohl unbestritten, meine Da-
men und Herren.


(Beifall bei der SPD)

Wovon reden Sie eigentlich, wenn Sie den Eindruck er-
wecken, man müsse verhindern, dass der Euro ge-
schwächt wird?

Sie haben als Zeugen für Ihre Position die Europäi-
sche Zentralbank und die Bundesbank zitiert. Ja, erwar-
ten Sie denn, dass die Erfinder des Stabilitäts- und
Wachstumspaktes diesen selbst infrage stellen? Das ist
doch wohl überhaupt nicht zu erwarten.

Lassen Sie uns über die Alternativen reden. Ihre Al-
ternative ist, dass wir Kürzungen vornehmen sollen; das
sagt ja auch die Mehrheit der Institute. Aber welche
Konsequenzen hätte es denn, wenn wir mit Kürzungen
von 10 oder 12 Milliarden Euro hineingingen?


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wir können ja mal mit 1 Million Euro anfangen!)


Eine solche Maßnahme würde sich sofort bei den Inves-
titionen auswirken. Das heißt, wir würden in einen
wirtschaftlichen Aufschwung, der nicht ohne weltwirt-
schaftliche Risiken ist, hineinsparen. Das kann doch
ökonomisch keinen Sinn machen, was Sie da vorschla-
gen, Herr Merz und meine Damen und Herren von der
Union!


(Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Abenteuerlich! Sie haben das Sparen aufgegeben!)


Der Antrag der Union lässt deutlich erkennen, dass
die Union weiterhin einer rein mechanistischen Ausle-
gung des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspak-
tes das Wort redet und in der Währungs-, Wirtschafts-
und Finanzpolitik weiterhin von einem simplen ökono-
mischen Weltbild ausgeht.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Und Sie produzieren Chaos!)


Die Union und hier an erster Stelle Herr Merz ignorieren
wesentliche ökonomische Zusammenhänge.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Mit einer drei Jahre andauernden Stagnation bzw.
Wachstumsschwäche in nahezu allen EU-Mitgliedstaa-
ten, die erst jetzt zu Ende geht, haben wir keine schlichte

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(C (D bfolge von Aufschwung und Abschwung im Konunkturzyklus mehr, wie es vielleicht in den Lehrbühern steht. Das ist die Realität, meine Damen und Heren. Wir müssen realitätstaugliche Konzepte entwickeln, tatt sozusagen abgehobene Betrachtungen anzustellen, ie Sie das hier getan haben. In den entwickelten europäischen Ökonomien folgt uf einen Abschwung offensichtlich nicht mehr in abehbarer Zeit ein entsprechender konjunktureller Aufchwung. Die über Jahre andauernde Stagnation hat zu olgenschweren nachhaltigen Absenkungen des Bechäftigungsniveaus und des Niveaus der staatlichen teuereinnahmen gegenüber dem erwarteten Niveau geührt. Hier – und nicht in mangelnder Sparsamkeit oder ffentlicher Verschwendung – liegt zumindest in eutschland die Ursache für das stark angestiegene taatsdefizit. Darauf wollen die Union und leider auch ein Teil der irtschaftswissenschaftler mechanistisch mit rigiden nd kurzfristigen Konsolidierungsauflagen reagieren. adurch würden aber die nach wie vor bestehenden Riiken für die Wirtschaftsentwicklung verstärkt. Sie wolen die Wirtschaft wieder in einen Abschwung hineinparen. Das machen wir nicht mit! (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Er hat den Bericht der Sachverständigen nicht gelesen!)


Sie wollen dadurch die Möglichkeiten einer nachhal-
igen, aktiven Wachstumspolitik verringern. Aber auf
ine aktive Wachstumspolitik, die auf Bildung und Inno-
ation setzt, kommt es jetzt an. Ich nenne deswegen Ihre
osition schlichtweg ökonomisch hilflos und unsinnig.
ie wirtschafts- und finanzpolitisch Verantwortlichen
er Union sind heute offensichtlich immer noch nicht
eiter als der ehemalige CSU-Bundesfinanzminister
heodor Waigel, der seine ökonomischen Vorstellungen
it seinem schon in den 90er-Jahren sehr fragwürdigen
nd kritikwürdigen Statement „3,0 Prozent sind 3,0 Pro-
ent“ dokumentiert hatte.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Er konnte noch rechnen!)


Aber statt juristisch formaler Aussagen – was Sie hier
orgetragen haben, war Ihre juristische Interpretation
ieser Aussagen, Herr Merz – ist eine ökonomisch sinn-
olle Auslegung des Stabilitätspaktes die richtige ökono-
ische Antwort. Sie haben hier Juristerei gemacht. Wir
achen dagegen das – das ist die Alternative –, was für
ie deutsche Volkswirtschaft, für die Arbeitsplätze in
eutschland und für die Stabilisierung des Aufschwun-
es notwendig ist.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU)

Der EU-Währungskommissar Almunia weiß das.

r hat deshalb am 3. September dieses Jahres Vorschläge
u einer Auslegung bzw. Anwendung des europäischen
tabilitäts- und Wachstumspaktes gemacht – ich möchte
nterstreichen: Wachstumspaktes –, die angemessener






(A) )



(B) )


Joachim Poß

auf die Situation anhaltender Wachstumsschwäche
reagieren. So ist es unter anderem notwendig, stellt Herr
Almunia fest, stärker als bisher der jeweiligen wirt-
schaftlichen Situation und Entwicklung in den einzelnen
Mitgliedstaaten Beachtung zu schenken. Die Vorschläge
Almunias sind eine gute Grundlage für die entsprechen-
den Beratungen im Europäischen Rat der Wirtschafts-
und Finanzminister.

Sie können doch hier nicht das Fehlen von Herrn
Eichel beklagen, wenn er heute in Luxemburg deutsche
Interessen im Ecofin vertritt, Herr Merz. Das geht nicht.
Herr Eichel ist entschuldigt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ihre Vorstellungen zum Stabilitätspakt, meine Damen
und Herren von der Union, sind dagegen kein gangbarer
Weg.

Die von Ihnen für sich in Anspruch genommene Re-
gierungsfähigkeit würde vielmehr voraussetzen, auf die
bestehenden Probleme und Erfordernisse mit reali-
tätstauglichen und widerspruchsfreien Politikkonzepten
zu reagieren. Bei Ihnen ist das Gegenteil der Fall. Das ist
– neben persönlichen Gründen – auch der tiefere Grund
für Ihren Rückzug aus Ihren Partei- und Fraktionsäm-
tern, Herr Merz. Das wissen Sie.

Schon mindestens seit dem Bundesparteitag der CDU
in Leipzig im letzten Dezember war den Verantwortli-
chen und den einigermaßen Sachkundigen in der Union
klar, dass das Kopfpauschalenmodell von Frau Merkel
die von Herrn Merz in seinem Steuerreformkonzept ver-
sprochenen Steuersenkungen prinzipiell nicht zulässt. Es
war schon damals klar, dass das Kopfpauschalenmodell
von Frau Merkel im Gegenteil sogar Steuererhöhungen
für den so genannten Sozialausgleich zur Folge haben
würde.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Es kann doch einmal genannt werden!)


Sie, Herr Merz, haben zusammen mit Frau Merkel Ihren
eigenen Parteitag getäuscht. So gehen Sie mit Ihrer Basis
um. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Thema verfehlt! Setzen! Sechs!)


Sie sollten sich einmal anschauen, wie die Wirt-
schaftsverbände, insbesondere die der mittelständischen
Wirtschaft, auf die verschiedenen Modelle zum Sozial-
ausgleich – beispielsweise wurde ein entsprechender
Soli vorgeschlagen – reagiert haben. Man muss dabei die
Tatsache berücksichtigen, dass 85 Prozent der Unterneh-
men in der Bundesrepublik Deutschland Einkommen-
steuer als Unternehmensteuer zahlen. Das ist nur ein
Beispiel für etliche Ungereimtheiten; man könnte noch
weitere nennen. Frau Merkel hat mit Ihrer Zustimmung,
Herr Merz, beide nicht miteinander zu vereinbarenden
Konzepte – Kopfpauschale und Steuerreform – auf dem
Leipziger Parteitag beschließen lassen.

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(C (D Hinzu kommt die offensichtliche Unfinanzierbarkeit hrer Steuervorschläge. Das haben im Frühjahr die inanzminister aller Länder unabhängig von der Parteiugehörigkeit festgestellt. 30 Milliarden Euro Steuerausälle, die sich nach Ihren Vorschlägen ergeben würden, ind angesichts der Situation, in der sich die öffentliche and befindet, für Bund, Länder und Kommunen – es eht hier nicht nur um den Bund – überhaupt nicht zu erkraften. Ihre Vorschläge würden im Sinne des aastricht-Defizitkriteriums für Deutschland eine Erhöung um 1,5 Prozentpunkte bedeuten. Dabei sind Sie es och, die immer Stabilität nach dem Motto „3 Prozent ind 3 Prozent“ einfordern. Wenn man Ihren Vorschläen folgte, lägen wir im nächsten Jahr nicht bei ,0 Prozent – diesen Wert wollen wir ja erreichen –, sonern würden bei 4,5 Prozent landen. as alles passt doch nicht zusammen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Spaßmacher! Karneval fängt erst in einem Monat an!)


(Lachen bei der CDU/CSU)


Herr Austermann, nach all den Fehlprognosen, die Sie
ich in den letzten Jahren auch in der Haushaltspolitik
rlaubt haben,


(Lachen bei der CDU/CSU)

ollte man Ihren Äußerungen nicht mehr allzu viel Be-
eutung zumessen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist ja wohl der Hammer!)


Steuererhöhungen oder ein massiver zusätzlicher
ufwuchs der Staatsverschuldung – das ist die Zukunfts-
erspektive der Union. Sie sind entgegen dem Bild, das
ie erzeugt haben, in Wahrheit eine Steuererhöhungspar-
ei.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist ein Beitrag zum Rosenmontag!)


n der Tatsache, dass das Rechnen in Milliarden offen-
undig nicht zu den Stärken von Frau Merkel und Herrn
erz zählt, sehe ich die tatsächliche Gefährdung des eu-

opäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Sie sind
ie eigentliche Gefahr für den Stabilitäts- und Wachs-
umspakt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wer regiert denn?)


Ihr Rücktritt, Herr Merz, ist eindeutig das Eingeständ-
is des Scheiterns der eigenen Steuer- und Finanzpolitik.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


ür mich war dieser Rücktritt deshalb zwangsläufig.
leichzeitig ist dieser Rücktritt – das macht seine eigent-
iche Bedeutung aus – die erste nennenswerte personelle
onsequenz aus der Tatsache, dass bei der Union






(A) )



(B) )


Joachim Poß

Steuerpolitik und Sozialpolitik nach wie vor überhaupt
nicht konzeptionell zusammenpassen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Gucken Sie doch einmal auf die Tagesordnung! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Jetzt kommt zum Vorschein, dass Sie in Wahrheit eine
Steuererhöhungspartei sind. Man braucht gar nicht das
Wort des bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber von
den „Leichtmatrosen“ bemühen. Aber kompetent und re-
gierungsfähig ist all das, was sich unter der Verantwor-
tung der Partei- und Fraktionsvorsitzenden Angela
Merkel abspielt, nicht.

Ihre Vorschläge führen im Übrigen – das hat Herr
Seehofer vorgerechnet – zu Finanzrisiken von mehr als
100 Milliarden Euro. Wenn wir dann noch Ihren Be-
schluss zur Abschaffung der Gewerbesteuer hinzuneh-
men, dann sind wir bei gut 125 Milliarden Euro.

Eine Konsequenz all Ihrer Beschlüsse ist die Ent-
wicklung Ihrer Umfrageergebnisse: Herr Merz und Frau
Merkel sind und bleiben ein 125-Euro-Milliarden-Ri-
siko.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Merz nicht mehr! Merz hat sich ja zurückgezogen!)


Das ist nicht gut für den Standort Deutschland und das
ist nicht gut für den Stabilitäts- und Wachstumspakt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513202800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Andreas

Pinkwart.


Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1513202900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Gestern äußerte Kollege Wend von der SPD in
einer Fernsehdiskussion, bezogen auf die großen Struk-
turprobleme unseres Landes, dass die beiden großen
Volksparteien in den vergangenen 15 Jahren – so sagte er
dort – offenbar unter einem Realitätsverlust gelitten hät-
ten. Heute beraten wir hier unter anderem einen Antrag
von den Koalitionsfraktionen und hören Äußerungen
von Herrn Poß, die Bundesregierung habe auf die
schwache wirtschaftliche Entwicklung mit der – ich zi-
tiere die Bundesregierung – „Fortsetzung der Konsoli-
dierung der Haushalte“ reagiert.


(Lachen des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP])


Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir zum drit-
ten Mal hintereinander Haushaltspläne vorgelegt bekom-
men – dies gilt auch für die Aufstellung des nächsten; es
geschieht also zum vierten Mal –, die erkennbar verfas-
sungswidrig sind, vor dem Hintergrund der Tatsache,
dass Sie in diesem Jahr zum dritten Mal und nach Aus-
sage des Herbstgutachtens auch im kommenden Jahr ge-
gen die Kriterien von Maastricht verstoßen werden, kön-

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(C (D en jedenfalls wir nur feststellen: Sie leiden nach wie or, und zwar verstärkt, unter einem Realitätsverlust. Dies ist aus meiner Sicht eine nicht mehr zu verantortende Politik. Der Bundeskanzler hat unlängst in eier Regierungserklärung gesagt, er wolle eine Politik achen, die in großer Verantwortung gegenüber den indern und Enkelkindern, in Verantwortung gegenüer der nächsten Generation stehe. Als Mitglied dieses auses sage ich Ihnen: Ich fühle mich beschwert durch ine Bundesregierung, die in dieses Parlament Hausaltspläne einbringt, die bereits bei der Vorlage erkennar Makulatur sind und nur von Tricksen, Tarnen und äuschen leben. So können Sie mit dem Parlament und it der deutschen Öffentlichkeit nicht weiter umgehen. Die Grünen, die im Finanzund Haushaltsausschuss um Teil in vielen Punkten Übereinstimmung mit Anträen der Opposition gezeigt haben – ich erinnere an unseen Entwurf eines Subventionsabbaugesetzes vor der ommerpause –, (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie mal etwas zum Subventionsabbau im Bundesrat!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


n der Sache also oft zustimmen, beteiligen sich durch
hr Abstimmungsverhalten nach wie vor an dem Marsch
n den Schuldenstaat.


(Elke Ferner [SPD]: Was tun Sie denn im Bundesrat?)


ie haben sich von der Politik der Nachhaltigkeit längst
erabschiedet und betreiben nur noch eine Politik der
urzatmigkeit. Das ist Ihre Bilanz.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch! Ihre eigenen Länder betreiben die Destruktion!)


Herr Poß, beim Stabilitäts- und Wachstumspakt han-
elt es sich nicht um eine rechtliche Konstruktion. Es
andelt sich um ein Versprechen der deutschen Politik an
ie Menschen in diesem Lande, die Erfolgsgeschichte
er D-Mark – eine Erfolgsgeschichte, die in beiden Tei-
en Deutschlands als eine solche erlebt und wahrgenom-
en worden ist –,


(Joachim Poß [SPD]: Ist der Euro nicht stabil? Was wollen Sie denn damit sagen? Der Euro ist doch zu stabil!)


iese Stabilitätskultur auf den Euro zu übertragen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Jetzt machen Sie zweierlei: Sie stellen erstens die Re-
eln infrage und zweitens – –


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513203000

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

piller?






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Erst das Zweite, dann die Frage!)



Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1513203100

Ich würde meine Ausführungen gerne zunächst zu

Ende führen. Danach gestatte ich gerne die Zwischen-
frage.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513203200

Sie haben noch zwei Minuten.


Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1513203300

Zum einen stellen Sie die Regeln infrage. Sie wollen

sie in Brüssel aufweichen.
Letzte Woche sind zwei Ökonomen mit dem Nobel-

preis ausgezeichnet worden, die sich mit eben diesen
Fragen beschäftigt haben, nämlich mit zeitlicher Inkon-
sistenz von Politik, mit den Folgen von Vertrauensbruch
durch Politik für die Ökonomie. Die beiden Ökonomen,
die in diesem Jahr den Nobelpreis bekommen, haben
wissenschaftlich unterlegt nachgewiesen, dass ein derar-
tiger Vertrauensbruch durch Politik nachhaltig zur Schä-
digung von Volkswirtschaften beiträgt.


(Beifall des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])

Darüber hinaus haben sie in ihren wissenschaftlichen
Arbeiten belegt: Wir brauchen nicht nur Regeln, die ein-
gehalten werden, sondern wir brauchen auch Institutio-
nen, die die Einhaltung der von der Politik vorgegebe-
nen Regeln unabhängig überprüfen


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)

und damit zu deren Einhaltung beitragen können. Was
aber machen Sie? Sie weichen nicht nur Kriterien auf,
Sie stellen sie nicht nur infrage und zerstören dadurch
Vertrauen, sondern Sie hebeln auch Institutionen wie die
Kommission, die die Einhaltung der Defizitkriterien
überprüfen soll, aus.


(Joachim Poß [SPD]: Unglaublich, was Sie sagen!)


Im Deutschen Bundestag geht der Finanzminister
– wie jüngst geschehen – hin und kritisiert den Präsiden-
ten der Deutschen Bundesbank dafür, dass er öffentlich
Kritik an dem Verhalten der Bundesregierung geübt hat.
Sie beschädigen nicht nur die Regeln, sondern auch die
Institutionen. Die Folge ist ein nachhaltiger doppelter
Vertrauensbruch in diesem Land.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)


Jetzt lasse ich die Zwischenfrage zu.


Jörg-Otto Spiller (SPD):
Rede ID: ID1513203400

Herr Kollege Pinkwart, sind Sie bereit, zuzugeben,

dass der Euro eine stabile Währung ist, dass er sowohl
bezüglich der inneren Geldwertstabilität als auch bezüg-
lich seines Außenwertes, also im Verhältnis zu anderen
Währungen, zu den stabilsten Währungen überhaupt ge-

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(C (D ört? Sind Sie bereit, zuzugeben, dass es innerhalb der uropäischen Währungsunion noch nie eine so breite, in er gesamten Zone wirkende innere Geldwertstabilität egeben hat und dass der Außenwert des Euro nicht nur in Ausdruck der Dollarschwäche ist, sondern auch ein eichen der Stärke, denn gegenüber dem britischen fund oder dem Schweizer Franken ist der Außenwert eit der Einführung des Euro nicht gesunken, sondern her gestiegen? (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1513203500

Herr Kollege Spiller, ich bin gerne bereit, Ihnen zu sa-

en, dass es die Vorgängerregierung war, die dies in den
0er-Jahren mit den europäischen Nachbarländern im
uroraum ausgehandelt hat, und dass es aufgrund der
ernünftigen Grundanlagen dieses Stabilitäts- und
achstumspakts und der Tatsache – das bringen Sie zu
echt in Ihrem Entschließungsantrag noch einmal zum
usdruck; insofern teile ich Ihren Antrag an dieser Stelle
usdrücklich –, dass die anderen europäischen Länder
ie Einhaltung dieser Kriterien ernst genommen und un-
ere Stabilitätsstruktur angenommen haben, tatsächlich
u Stabilitätsfortschritten in der Eurozone gekommen
st. Das ist völlig richtig. Das ist aber der Erfolg des von
er Vorgängerregierung mit den anderen europäischen
ändern vereinbarten Stabilitäts- und Wachstumspakts.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie aber, Herr Spiller, stellen jetzt dieses Fundament

es Erfolges des Euro infrage.

(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Die legen die Axt ans Fundament! – Abg. Jörg-Otto Spiller [SPD] nimmt wieder Platz)


Herr Spiller, ich bin noch bei der Beantwortung Ihrer
rage.
Ergänzend dazu möchte ich Ihnen gerne beantworten,
as Sie für sich in Anspruch nehmen, um den Art. 115
och erfüllen zu können: Sie wollen nämlich zum dritten
al – Sie müssen das noch beschließen; Ihr Bundeskabi-
ett hat das schon getan – die Störung des gesamtwirt-
chaftlichen Gleichgewichts feststellen. Da müssen wir
ns doch einmal fragen: Welche der vier Ziele sind denn
estört?


(Joachim Poß [SPD]: Danach hat er nicht gefragt!)


Doch, das ist genau der Punkt.

(Joachim Poß [SPD]: Danach hat Herr Spiller nicht gefragt! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach dem Geldwert hat er gefragt!)


Er hat gefragt, warum ich der Auffassung sei, dass
urch Ihre unvernünftige und verfehlte Haushalts- und
inanzpolitik die Stabilität des Euro gefährdet wird. Das
st doch Ihre Frage gewesen.






(A) )



(B) )


Dr. Andreas Pinkwart


(Joachim Poß [SPD]: Jetzt wird es aber lustig! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Ihre Interpretation!)


Die Stabilität des Euro wird doch durch Ihre Haus-
halts- und Finanzpolitik gefährdet: weil Sie die Regeln
infrage stellen und weil Sie die Institutionen schwächen.
Damit bewirken Sie, was Sie als Störung des gesamt-
wirtschaftlichen Gleichgewichts in diesem Land feststel-
len. Nicht nur der Arbeitsmarkt, sondern auch das
Wachstum hat sich in diesem Land durch Ihre Politik in
den letzten Jahren eben nicht hinreichend entwickelt.
Deshalb wollen Sie zum dritten Mal in Serie eine gravie-
rende Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichge-
wichts für sich in Anspruch nehmen, Herr Spiller. Das ist
doch der Punkt.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513203600

Herr Kollege Pinkwart, kommen Sie bitte zum

Schluss.

Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1513203700

Gut, ich komme zum Schluss, ich will aber den Ge-

danken, wenn ich darf, zu Ende führen.
Ich will nur noch sagen: Durch Ihre Politik wird das

Vertrauen zerstört. Dadurch kommt es zur Konsumzu-
rückhaltung, zum Investitionsattentismus und deshalb zu
dem geringen Wachstum, das von Ihnen dann als Grund
dafür angeführt wird, weshalb Sie in Serie gegen die
Verfassung in diesem Land verstoßen. Darin sehen Sie
die Folgen Ihrer verfehlten Politik, die am Ende auch das
gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht mit Blick auf die
Preisstabilität gefährden wird.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513203800

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Christine Scheel.

Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513203900

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

Herr Merz hat gefragt: Was ist denn die Perspektive?

(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine gute Frage! Aber er hat keine Antwort gegeben!)


– Das ist eine gute Frage. Wenn man sich anschaut, was
sich die Union als Perspektive überlegt hat – in allen Ir-
rungen und Wirrungen; das muss man dazusagen –, dann
stellt man fest: Die Perspektive ist eine Kopfpauschale
mit einem Finanzierungsdefizit von nach wie vor
40 Milliarden Euro.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Thema!)

Die Perspektive ist ein merzsches Steuerkonzept mit ei-
nem Finanzierungsdefizit, selbst wenn man die Subven-
tionen mit einem Volumen von 25 Milliarden Euro in
den jeweiligen Jahren gegenrechnet. Die Perspektive ist,
dass Sie weitere Ausgaben in anderen Bereichen tätigen
wollen. Alles zusammen schraubt sich der Fehlbetrag
– Herr Poß hat das völlig richtig gesagt – auf ein Volu-
men von insgesamt 125 Milliarden Euro hoch. Wenn das

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(C (D ie Perspektive Deutschlands sein soll, dann aber wirkich gute Nacht, Stabilitätsund Wachstumspakt! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dieser Stabilitäts- und Wachstumspakt liegt im Übri-
en – das wird von der Union und von der FDP immer
ieder unterschlagen – nicht nur in der Verantwortung
er Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen,
ondern auch in der Verantwortung der Länderhaushalte.
as heißt, wir haben hier eine gesamtstaatliche Verant-
ortung: Sie betrifft den Bund,


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Aber der Bund überschreitet doch seine Quote!)


ie betrifft die Länder und sie betrifft natürlich auch die
ozialen Sicherungssysteme. Sie wissen sehr gut, dass
iese Bundesregierung im Bereich der sozialen Siche-
ungssysteme Strukturveränderungen vorgenommen
at, die natürlich – das ist ganz normal, das sagt Ihnen
eder Ökonom und jeder Wissenschaftler – ihre Wirkung
rst mit einer gewissen Zeitverzögerung entfalten kön-
en. Deswegen ist es richtig, dass wir sagen: Wir halten
elbstverständlich daran fest. Der Stabilitäts- und
achstumspakt ist ein zentraler Pfeiler makroökonomi-
cher Stabilität. Daran rüttelt niemand. Darum geht es in
er Diskussion auch nicht.
Ich möchte Ihnen, Herr Merz, sagen: Ich verstehe es

ut, dass Sie – in gewisser Weise muss man es ja so nen-
en – desertiert sind.


(Lachen bei der CDU/CSU – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Aus Angst vor Frau Scheel!)


ch habe wirklich Verständnis dafür, dass Sie die Chaos-
ruppe in der Führung Ihrer Fraktion verlassen.


(Joachim Poß [SPD]: Aber er hat selbst kräftig zum Chaos beigetragen!)


Was man sich heute aber fragen muss, ist: Was ist das,
as Herr Merz hier vorträgt? Ist das seine persönliche
einung, die in der Fraktion nicht den nötigen Rückhalt

indet, oder ist das die Meinung der Fraktion? Da Sie
hren Rückzug angekündigt haben, gehen wir davon aus,
ass es sich nicht um die Meinung Ihrer Fraktion, son-
ern um Ihre persönliche Meinung handelt, die ich übri-
ens sehr schätze. Sie tragen hier also nicht das vor, was
ich innerhalb der CDU/CSU-Fraktion abspielt. Das
uss man in diesem Kontext bewerten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)

Nun möchte ich noch etwas zu den im Herbstgutach-

en formulierten Prognosen der führenden Wirtschafts-
orschungsinstitute sagen. Wenn man die einzelnen Zah-
en bereinigt, wenn man also die Feiertagseffekte aus
en Wachstumsprognosen herausrechnet – diese Zahlen
ind ehrlicher –, dann beträgt das Wachstum in der Bun-
esrepublik Deutschland in diesem Jahr 1,3 Prozent. Die
erspektive für das Jahr 2005 liegt bei 1,7 Prozent. Es
ibt also positive wirtschaftliche Tendenzen, die auch
ie zur Kenntnis nehmen und akzeptieren müssen.






(A) )



(B) )


Christine Scheel


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das ist ein Irrglaube!)

Daher bitte ich Sie: Hören Sie endlich damit auf, dieses
Land schlechter zu reden, als es ist!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es gibt positive Tendenzen, die uns von der OECD,
vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag und
von anderen Wirtschaftsverbänden bestätigt werden.
Diese Tendenzen müssen wir verstetigen und ausbauen,
um die Beschäftigungsschwelle positiv zu gestalten.


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: Was heißt denn das?)


Das bedeutet ganz konkret Folgendes: Heute ist die Be-
schäftigungsschwelle bei einem Wachstum von 1,9 Pro-
zent stabil. Das heißt, dass die Arbeitslosigkeit dann
nicht steigt. Durch die Strukturreformen, die die rot-
grüne Bundesregierung beschlossen hat – ich meine
Hartz IV und andere Maßnahmen –, liegt diese Schwelle
in Zukunft bei 1 Prozent. Das heißt, dass der Status quo
zukünftig durch ein Wachstum von 1 Prozent gesichert
wird. Wenn es zu einem Wirtschaftswachstum von
1,7 Prozent kommt, wird die Beschäftigung sogar anstei-
gen. Das ist gut und das sollte man nicht unter den Tisch
kehren.

Ich bin froh, dass amerikanische Magazine, wie zu le-
sen ist, mittlerweile titeln: „Germany is back“. Nach
dreijähriger Stagnation verbessert sich die Situation. Es
zeigen sich auch im internationalen Wettbewerb positive
Entwicklungen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Den dritten verfassungswidrigen Haushalt haben wir!)


Wir haben radikale Strukturveränderungen durchgeführt.
Jetzt müssen wir darauf achten, dass Wertschöpfungsket-
ten, die es mit deutschen Standorten zu verknüpfen gilt,
auch international genutzt werden. Das ist nicht nur die
Aufgabe der Politik, sondern auch die Aufgabe der Wirt-
schaft. Die Wirtschaft hat in den letzten Jahren viele
Fehler gemacht. Es wurden auf der Managementebene
falsche Entscheidungen getroffen.

Das müssen wir auch in unseren Haushalten ausba-
den. Denn alles, was in den Sand gesetzt wurde, findet
sich zum Beispiel in Form von Verlustabschreibungen in
unseren Haushalten wieder.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ich sage nur: Dosenpfand und Maut!)


Auch das muss man sehen. Deswegen haben wir hier
eine Verantwortung, die nicht nur wir, sondern selbstver-
ständlich auch die Wirtschaft bzw. das Management zu
tragen haben.

Frau Präsidentin, ich bin gleich am Ende

(Beifall des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP] – Lachen bei der CDU/CSU)


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(C (D it meiner Redezeit. – Mir geht es top. (Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Das wünschen wir Ihnen persönlich auch!)

a Sie von der Union jetzt freudestrahlend gucken, muss
ch Ihnen sagen: Diese Aussage bezog sich nur auf
eine Redezeit; alles ist bestens um mich bestellt.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513204000

Ja, das haben wir verstanden.

Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513204100

Die Wissensgesellschaft ist unsere Chance für mehr
eschäftigung. Wir tun alles, um dieses Ziel zu errei-
hen. Daher bitte ich Sie: Unterstützen Sie die Vor-
chläge, die von uns zum Thema Subventionsabbau vor-
elegt worden sind.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Ach, haben Sie Vorschläge vorgelegt?)


elfen Sie mit, Strukturveränderungen durchzuführen.
ann haben wir eine gute Chance, den Stabilitäts- und
achstumspakt im nächsten Jahr einzuhalten.
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513204200

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dietrich
ustermann.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dietrich Austermann (CDU):
Rede ID: ID1513204300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man

asst sich an den Kopf, wenn man die Lage in Deutsch-
and betrachtet: Wir befinden uns in der schlimmsten
inanz-, Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Haushalts-
rise – und der Kollegin Scheel fällt nichts anderes ein,
ls den Kollegen Merz anzumeiern und hier über Feier-
agseffekte und Verlustabschreibungen zu reden.
Ich möchte im Hinblick auf die tatsächliche Situation

n unserem Land zwei Anmerkungen machen. Das Erste
st: Wenn ich heute die Bilanz der europäischen Finanz-
inister sehe und die Aufforderung des Bundeskanzlers
n die europäischen Staaten, sie mögen doch die Schul-
enkriterien einhalten, sie mögen mehr sparen, dann
uss ich feststellen: Sie haben Deutschland in eine Situ-
tion gebracht, dass wir heute die Aufnahmekriterien für
ie Eurozone nicht erfüllen würden. Das heißt, Deutsch-
and ist inzwischen bei der Neuverschuldung und beim
esamtschuldenstand in einer Situation, die an andere
änder außerhalb des Euroraums erinnert.
Das hängt natürlich mit anderen Dingen zusammen.
enn Sie heute Bilanzen über die Sozialausgaben und
ie Arbeitsmarktlage in Deutschland betrachten, können
ie feststellen: Es gibt einen Zusammenhang zwischen
er Verschuldungspolitik und der Gesamthöhe der
chulden auf der einen Seite und der Höhe der Sozial-
usgaben und den Arbeitsmarktzahlen auf der anderen






(A) )



(B) )


Dietrich Austermann

Seite. Sie können das auch an den Bundesländern sehen.
Zum Flächenland Schleswig-Holstein will ich nur sagen:
höchster Schuldenstand – höchste Sozialausgaben. Das
heißt, wenn Sie eine verantwortungslose Finanz- und
Haushaltspolitik machen, dann „gewährleisten“ Sie da-
mit gleichzeitig, dass die Arbeitslosigkeit steigt und das
Wachstum sinkt.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)

Sie berufen sich darauf, Sie würden durch die höheren
Schulden, die Sie gemacht haben, den Aufschwung sta-
bilisieren. Das ist genau das Gegenteil von der Wahrheit.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)

Denn höhere Schulden bedeuten eindeutig höhere Ar-
beitslosigkeit. Sie können diese Tendenz dem Herbstgut-
achten entnehmen. Die Gutachter sagen nicht: Wegen
der außerplanmäßigen zusätzlichen 15 Milliarden Euro
Schulden, die Sie machen, wird das Wachstum im nächs-
ten Jahr nach oben gehen. Sie sagen, dass es wieder nach
unten geht. Das Wachstum – das Kümmerwachstum –,
das wir unter Ihrer Regierung haben, hat nicht ausge-
reicht, mehr Beschäftigung zu schaffen, sondern die
Zahl der Beschäftigten sinkt weiterhin.

Ihre verhängnisvolle Wirtschafts-, Finanz- und Haus-
haltspolitik hat dazu beigetragen, dass das Wachstum in
den Keller geht, die Arbeitslosigkeit und die Sozialaus-
gaben aber nach oben. Das ist eine verhängnisvolle Ent-
wicklung, die völlig im Gegensatz steht zu dem gesetzli-
chen Rahmen, den es spätestens seit 1967 – nicht 1987 –
mit dem Gesetz zur Förderung der Stabilität und des
Wachstums der Wirtschaft gibt.

Wenn man heute einem Studenten erklären will, was
der Unterschied zwischen Verfassungsrecht und Verfas-
sungswirklichkeit ist, braucht man bloß Ihre Haushalts-
politik zu nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Auf der einen Seite haben wir das Verfassungsrecht, das
gar nicht verändert werden muss. Art. 115 des Grundge-
setzes sagt: Die Grenzen der Schulden sind dort, wo man
neues Vermögen schafft. Das machen Sie schon lange
nicht mehr. In diesem Jahr werden Sie doppelt so viel
neue Schulden machen, wie Sie investieren.

Jetzt wird darauf hingewiesen, dass der Bund seine
Verantwortung wahrgenommen hat, die Länder aber
nicht. Frau Scheel, hier sind Sie fundamental im Irrtum.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe gesagt: Alle müssen ihre Verantwortung tragen!)


Sie haben nicht nur die europäische Verfassung gebro-
chen, Sie haben nicht nur die deutsche Verfassung ge-
brochen, Sie haben auch den nationalen Stabilitätspakt
gebrochen. Ich will Ihnen das konkret vorrechnen. Die
Länder und der Bund haben sich geeinigt: Keiner soll
mehr Schulden machen als einen Betrag X, damit das
Kriterium für die Neuverschuldung von 3 Prozent nicht
überschritten wird. Das bedeutet, der Bund sollte höchs-
tens 45 Prozent der höchstens 3 Prozent aufnehmen,

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(C (D änder und Gemeinden zusammen die restlichen 55 Proent. Jetzt schaue ich mir die Situation einmal an: Sie haen seit 1999 immer den größeren Teil an den Schulden emacht. In diesem Jahr wird es so sein, dass Sie mit tändigen Sprüngen auf inzwischen 25 Milliarden Euro ber dem Limit gekommen sind. Das ist insgesamt ein nteil von etwa drei Vierteln der Schulden, die gemacht erden. Der Bund macht allein drei Viertel der Schulden! Sie ollten aber nur 45 Prozent der Schulden machen. Wenn an das abzieht, was der Bund unverantwortlicherweise n zusätzlichen Schulden aufnimmt, können wir die Prozent einhalten. So werden wir das nicht, obwohl ie es immer wieder prognostizieren. Was Sie diesem Parlament, das die Haushaltshoheit at, mit ständigen falschen Prognosen zu Beginn des ahres, im Laufe des Jahres und am Ende des Jahres zuuten, das ist eine einzige Frechheit. Sie belügen das arlament, sie belügen die Bevölkerung. Das halte ich ür unverantwortlich, weil es Misstrauen sät und das nvestitionsklima kaputtmacht. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Das müssen gerade Sie sagen!)


Herr Poß, der Beitrag war ja wohl völlig daneben.
Zu meiner Prognosefähigkeit: Im Februar dieses Jah-

es habe ich gesagt, dass Sie am Ende des Jahres ein
och von 15 Milliarden Euro haben werden. Ich glaube,
as Loch im Haushalt beträgt 14,9 Milliarden Euro. Je-
er hat es gewusst. Sie haben es sicher nicht gewusst.
as glaube ich Ihnen gerne.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

enn man so lange in der sozialistischen Jugend veran-
ert war, dann ist klar, dass die Zusammenhänge für
irtschaftliches Denken nicht ganz ausgeprägt sind.


(Joachim Poß [SPD]: Sie halten eine vollkommen sinnfreie Rede!)


ie Prognosen von Herrn Eichel haben das Verfallsda-
um einer Milchtüte.


(Joachim Poß [SPD]: Sie machen das wie immer: Sie halten eine sinnfreie Rede!)


er Unterschied ist aber, dass die Leute schon sauer
ind, bevor sie das Produkt überhaupt genossen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nein, ich glaube, Sie sollten zur Wahrheit zurückkeh-

en. Manch einer wird enttäuscht sein. Wie unsere Kolle-
en auch sehe ich die Hauptverantwortung beim Bun-
esfinanzminister. Deshalb habe ich bei jedem Beitrag
esagt, er müsse zurücktreten und den Kutschbock ver-
assen, da es keinen Wert hat.


(Joachim Poß [SPD]: Sagen Sie das doch noch zehnmal! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist doch völlig ausgelutscht!)







(A) )



(B) )


Dietrich Austermann

– Herr Poß, ich glaube, wenn Sie die Lage in Deutsch-
land betrachten, dann werden Sie meinem Bild zustim-
men. – Ich habe den Eindruck, die Finanzgeschäfte sind
wie eine galoppierende Kutsche. Vorne sind die Haus-
haltsgäule. Früher saß einmal jemand auf dem Kutsch-
bock und hat versucht, das Ganze mit den Zügeln in den
Griff zu bekommen. Inzwischen ist Herr Eichel vom
Bock heruntergestiegen und hält sich hinten an der Lade-
klappe fest. Die Haushaltsdinge schleifen und er be-
zeichnet das als sinnvolle und gestaltende Politik.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich sage: Man braucht seinen Rücktritt nicht zu fordern;
denn er ist gar nicht mehr da. Er nimmt überhaupt keinen
Einfluss mehr auf die Entscheidungen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Stellen Sie sich einmal vor, wofür sich jeder ordentli-

che Staat einen Finanzminister hält und einschließlich
der Ministerialzulage auch bezahlt. Natürlich tut man
das, damit er Einfluss darauf nimmt, dass das Geld zu-
sammengehalten wird, dass man wieder ein stabiles
Wachstum hat. Er ist aber gar nicht da und nimmt sein
Amt nicht wahr. Ich werde nie wieder fordern, dass er
zurücktreten soll, weil ich ihn nicht mehr zur Kenntnis
nehme


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da wird er aber weinen!)


und weil er vor allen Dingen in der Politik nicht mehr
zur Kenntnis genommen werden kann. Es tut mir Leid,
so ist die tatsächliche Lage.


(Joachim Poß [SPD]: Sagen Sie doch noch etwas zur Kopfpauschale und zu deren Finanzierung!)


Meine Damen und Herren, wir werden in diesem Jahr
eine Rekordverschuldung haben. Es ist der absolute Re-
kord in der Nachkriegszeit. Die Kollegen, die nachher
zum Nachtragshaushalt sprechen, werden das deutlich
machen.


(Joachim Poß [SPD]: Sagen Sie einmal etwas zu Ihren Steuerreformvorschlägen!)


Ich will ein Letztes sagen: Die Politik, die Sie betrei-
ben, macht Deutschland ärmer. Wenn wir das durch-
schnittliche Wachstum aller Länder um uns herum der
letzten drei Jahre gehabt hätten, dann läge unser Brutto-
inlandsprodukt heute um über 100 Milliarden Euro hö-
her. Davon könnten sich die Deutschen übrigens
5 Millionen Opel Astra leisten.

In den letzten drei Jahren hätten wir dann das durch-
schnittliche Wachstum von England gehabt. Das hätte
ein zusätzliches wirtschaftliches Wachstum für uns be-
deutet. Das setzt sich jedes Jahr fort. Das heißt, Sie
haben Deutschland um Zukunftschancen und eine wirt-
schaftliche Entwicklung und die Menschen um Arbeits-
plätze betrogen, weil Sie eine Politik betreiben, die auf-
grund des Übermaßes der von Ihnen zu verantwortenden
Verschuldung gegen Wachstum gerichtet ist.

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(C (D Interessant ist, dass diese Wachstumspolitik natürlich uch dazu beitragen würde, dass es dem Staat besser inge. Dieses zusätzliche Wachstum des Bruttoinlandsrodukts um 100 Milliarden Euro würde bedeuten, dass er Gesamtstaat 20 Milliarden Euro an Mehreinnahmen ätte. Damit könnte der Bund die doppelten Investitionsusgaben tätigen. Das alles findet aufgrund der Situation nicht statt, ass wir keinen Finanzminister mehr haben und dass uch der Bundeskanzler nicht dafür sorgt, dass ein andeer an seine Stelle tritt. Herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt der Parlamentarische Staatssekretär iller. K Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kol ege Merz, es ist bezeichnend für Ihren Stil: Sie wissen, ass der Bundesfinanzminister seit gestern an der Situng des Ecofin-Rats in Luxemburg teilnimmt, und belagen hier trotzdem lauthals seine Abwesenheit. (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ich habe die Bundesregierung angesprochen! Vielleicht wachen Sie einmal auf!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513204400
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1513204500

as disqualifiziert Sie, Herr Merz. Das ist Scheinheilig-
eit hoch drei.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Aus den wenigen Ihrer angeblichen Argumente und
inweise greife ich heraus, dass Sie gesagt haben, dass
ir aus dem Bundeshaushalt ungefähr 80 Milliarden
uro an die Rentenversicherungskassen überweisen.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jedes Jahr!)


as ist einer der wenigen Punkte, die in Ihrer Rede
timmten. In der Tat: Fast ein Drittel unserer gesamten
usgaben geht ausschließlich an die Rentenversiche-
ung.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Wer hat denn das so hochgeschraubt? Das waren doch Sie!)


un hat Herr Ministerpräsident Stoiber im Frühjahr vor-
eschlagen, 5 Prozent aller Ausgaben im Bundeshaus-
alt zu streichen. Kürzlich hat er noch einmal gesagt,
icht 5 Prozent sollten gestrichen, sondern
2,9 Milliarden Euro sollten eingespart werden. Man
ragt sich natürlich: Wie kommt er auf 12,9 Milliarden?
anz einfach: Er hat das Ausgabenvolumen mit
Prozent multipliziert und kommt auf die
2,9 Milliarden.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Karl Diller

Was heißt das jetzt? Herr Stoiber fordert namens der

CDU/CSU, den Zuschuss an die Rentenversicherung um
5 Prozent gleich 4 Milliarden Euro zu kürzen.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Sie versuchen, den Rentnern Angst zu machen!)


Dies bedeutet, die Rentenversicherungskasse müsste
entweder den Einnahmeausfall aus der Bundeskasse
durch Beitragssatzsteigerungen ersetzen. Das wäre eine
Beitragssatzsteigerung um 0,4 Prozentpunkte. Wollen
Sie das? Dann sagen Sie es. Oder es wäre eine Kürzung
auf der Ausgabenseite der Rentenkasse notwendig. Das
heißt, Sie fordern, den Rentnerinnen und Rentnern 1 bis
2 Prozent weniger Rente auszuzahlen.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Reden Sie doch einmal über Ihr Konzept!)


Wollen Sie das? Dann sagen Sie das im Klartext und re-
den Sie nicht so allgemein darüber.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Interessant ist, dass die CDU/CSU-Fraktion die Auf-
fassung von Herrn Stoiber nicht teilt. In der ersten Le-
sung des Haushalts 2005 hat sich keiner Ihrer Rednerin-
nen und Redner die Forderung von Herrn Stoiber zu
Eigen gemacht, sondern Sie sagen alle, dass eine Einspa-
rung von 12,9 Milliarden Euro zu viel ist und nicht zu
schaffen ist. Sie sagen, dass 3 Prozent gestrichen werden
sollen, das wären 7,5 Milliarden Euro. Jetzt beobachten
wir natürlich im Haushaltsausschuss die Kürzungsan-
träge der Union.

Die dicken Brocken kommen noch. Ich sage Ihnen
voraus, was der dickste Brocken sein wird. Die
4 Milliarden Euro, die wir als Zuschuss für die Bundes-
anstalt etatisiert haben, werden die Damen und Herren
von der Union auf null setzen wollen. Das bedeutet aber
eine dramatische Steigerung der Arbeitslosenzahlen.
Wollen Sie das?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – JochenKonrad Fromme [CDU/CSU]: Wer hat denn diesen Unsinn versucht?)


Dann werden Sie sicherlich darauf zurückkommen,
was Sie schon einmal beantragt haben, nämlich
10 Prozent aller flexibilisierten Titel zu streichen.
10 Prozent der flexibilisierten Titel machen bei einem
Volumen von 15 Milliarden Euro 1,5 Milliarden Euro
aus, die gestrichen werden sollen. Herr Austermann, er-
zählen Sie doch endlich Ihrer Fraktion, was das bei-
spielsweise im Haushalt des Verteidigungsministeriums
bedeuten würde!


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das wissen sie genau!)


Der Haushalt des Verteidigungsministeriums würde um
700 Millionen Euro gekürzt. Wollen Sie das? Erzählen
Sie bitte auch, was das im Haushalt des Bundesinnenmi-
nisteriums bedeuten würde! Hier würden allein im Kapi-
tel Bundesgrenzschutz, in dem 1,6 Milliarden Euro etati-
siert sind, 160 Millionen Euro gestrichen.

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(C (D (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Entwickeln Sie doch einmal ein Konzept für die Zukunft!)


as kann überhaupt nicht funktionieren; denn in diesen
lexibilisierten Titeln sind sämtliche Personalausgaben
nthalten und man kann nicht einfach 10 Prozent der
undesgrenzschutzbeamtinnen und -beamten in Luft
uflösen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513204600

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage

es Kollegen Pinkwart?

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Hosenflat tern!)

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Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1513204700

Ja.

Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1513204800

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Sind Sie bereit,

inzuräumen, dass seitens der Koalitionsfraktionen wie
uch von der Bundesregierung trotz der im Herbstgut-
chten genannten weiteren Haushaltsrisiken von 10 Mil-
iarden Euro für den Haushalt 2005 im Rahmen der
aushaltsberatungen bislang keinerlei substanziellen
ürzungsanträge vorgelegt worden sind? Wären Sie da-
über hinaus so freundlich, aus der Sicht des Finanzmi-
isteriums – wie ich meine, haben wir als Parlament ein
echt darauf – darzulegen, wie Sie dafür Sorge tragen,
ass im kommenden Jahr sowohl die Maastricht-Krite-
ien als auch die Vorgaben des Grundgesetzes eingehal-
en werden können?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ka
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1513204900

Herr Professor Pinkwart, ich bin Ihnen für diese Frage

ehr dankbar, gibt sie mir doch Gelegenheit, darauf hin-
uweisen, was wir auf der Ausgabenseite alles schon
eleistet haben. Erstens. Seit der Regierungsüber-
ahme 1998 haben wir 10 Prozent aller Ausgaben beim
undeshaushalt – das sind über 25 Milliarden Euro – ge-
enüber Ihrem Bundeshaushalt 1998 gestrichen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Auf Länder und Gemeinden geschoben!)


Was die aktuelle Situation angeht, so haben der Spre-
her Walter Schöler und die Sprecherin Anja Hajduk im
aushaltsausschuss erklärt, dass man sich in Kenntnis
er im November, also in wenigen Wochen, vorzulegen-
en Steuerschätzung vorbehält,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Aha!)

ntsprechende Konsequenzen bei der Ausgabengestal-
ung und der Einnahmengestaltung zu ziehen. Es wäre
ünschenswert, dass Sie fordern, bei der Sanierung des
aushalts nicht nur auf der Ausgabenseite anzusetzen;


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Karl Diller

wir müssen auch auf der Einnahmenseite ansetzen. Sie
dürfen es nicht als Steuererhöhung diffamieren, wenn
wir sagen, dass die größte Subvention, die es gibt, end-
lich gestrichen werden muss. Da kneifen Sie und das ist
Ihr Versagen.


(Beifall bei der SPD – Joachim Poß [SPD]: Subventionsabbau wird blockiert! 25 Milliarden!)


Nun sollte in der Diskussion auch einmal über die
Landesgrenzen hinausgeschaut werden. Deswegen zi-
tiere ich aus einer aktuellen Übersicht der Europäischen
Kommission, die die Defizitquoten der Mitgliedstaa-
ten der EU des Jahres 2001 mit den voraussichtlichen
Defizitquoten des Jahres 2004 vergleicht. Es handelt
sich also um einen Zeitraum von drei Jahren. Es ist in
der Tat beklagenswert, dass wir eine Verschlechterung
von 0,8 Prozentpunkten haben. Eine Verschlechterung
haben aber auch andere Länder, und zwar in viel größe-
rem Umfang. Das hängt mit Ereignissen zusammen, die
viele von uns längst wieder vergessen haben. In den Jah-
ren 2000 und 2001 gab es die BSE-Krise, ich erinnere
ferner an den 11. September, SARS und den Irakkrieg.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Den hat England nicht gehabt, das ist wahr!)


Ich nenne Ihnen, Herr Austermann, jetzt die Daten
der Länder, die mit uns in der Europäischen Union sind:
Dänemark hat eine Verschlechterung um 1,8 Prozent-
punkte, Frankreich um 2,1 Prozentpunkte, Luxemburg
um 8,3 Prozentpunkte, die Niederlande um 3,5 Prozent-
punkte,


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das macht doch unsere Lage nicht besser!)


Finnland um 3,2 Prozentpunkte, Schweden um 2,6 Pro-
zentpunkte und das Vereinigte Königreich um 3,5 Pro-
zentpunkte.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Lesen Sie doch einmal das Wachstum dieser Länder vor!)


Wir aber haben nur eine Verschlechterung um
0,8 Prozentpunkte. Das zeigt, dass wir auch in dieser
schwierigen Situation jede Kraftanstrengung unternom-
men haben, zu kürzen und zu sparen, wo immer es geht.
Wir sind aber bei all unseren Vorschlägen auf Ihren er-
bitterten Widerstand gestoßen, nicht zuletzt im Bundes-
rat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deswegen tragen Sie ein gerütteltes Maß an Mitverant-
wortung an der augenblicklichen Situation.

Lassen Sie mich in aller Deutlichkeit festhalten: Zur
Sicherung der Stabilität der Europäischen Wirtschafts-
und Währungsunion sind solide öffentliche Finanzen un-
abdingbar. Selbstverständlich brauchen wir auch in
Zukunft einen funktionsfähigen und glaubwürdigen Sta-
bilitätspakt zur Koordinierung der nationalen Finanzpo-
litiken. Es besteht zwischen allen Mitgliedstaaten der
Europäischen Union Einvernehmen, dass die Referenz-

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(C (D erte des EG-Vertrages, nämlich das Defizitkriterium on 3 Prozent und das Schuldenstandskriterium von 0 Prozent, nicht geändert werden. Die gegenwärtige Diskussion, nicht zuletzt ausgelöst urch die Klage der Kommission gegen den Rat vor dem uropäischen Gerichtshof, zeigt, dass unterschiedliche nsichten darüber bestehen, wie diese Instrumente im inzelfall angewandt werden sollen. Der Europäische erichtshof hat in seinem Urteil den von der Kommission ngestrebten Automatismus beim Defizitverfahren klar bgelehnt. Der Europäische Gerichtshof hat deutlich geacht, dass der Ecofin-Rat bei der Anwendung der geeinsamen Regeln über ein Ermessen verfügt. Die Erfahung zeigt, dass eine Handhabung der Regeln, die allein uf das kurzfristige Erreichen quantitativer Vorgaben auserichtet ist, die Glaubwürdigkeit dieser Regeln schwähen kann. Auch eine Zentralbank fällt nicht automatisch ine Zinsentscheidung, wenn ein einzelner Indikator eien Grenzwert überschreitet. (Beifall bei der SPD – Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Sie verfehlen doch alle drei Kriterien!)

Auch hat sich gezeigt, dass der Pakt nicht zu einer

usreichenden Konsolidierung in konjunkturell guten
eiten beitragen konnte. In Zeiten schwachen Wachs-
ums wurden zum Teil restriktiv und prozyklisch wir-
ende Maßnahmen empfohlen, die den angestrebten
onsolidierungserfolg letztlich gefährdet hätten.
An diesem Punkt setzt die Europäische Kommission
it ihren Vorschlägen an, die nach Auffassung der Bun-
esregierung ein guter Ausgangspunkt sind, um eine
konomisch sinnvolle und stabilitäts- und wachstums-
rientierte Anwendung des Paktes sicherzustellen.
ies ist übrigens auch die Meinung anderer EU-Mit-
liedstaaten, wie sie bei der ersten Beratung der Kom-
issionsvorschläge im Rat zum Ausdruck gekommen
st.
Genau diese Position ist auch im Antrag der Koali-

ionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen
nthalten. Wir bedanken uns dafür, dass sie die Position
er Bundesregierung unterstützen.
Der Antrag der Koalitionsfraktionen setzt darauf, dass

ich die Bundesregierung vor dem Hintergrund der
ommissionsvorschläge aktiv und konstruktiv an der
iskussion auf europäischer Ebene beteiligt. Wir werden
ntschieden Ansätzen entgegentreten, die zu einer Auf-
eichung des Paktes führen werden. Wir wollen aus den
rfahrungen mit der Anwendung des Paktes solche Vor-
chläge prüfen, die ihn wetterfest für die Zukunft ma-
hen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Amen!)

Heute ist – auch von dem FDP-Redner – wenig über

en Gesetzentwurf der FDP gesprochen worden, der
benfalls unter diesem Tagesordnungspunkt zur Bera-
ung steht.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Sehen Sie sich die SPD-Fraktion an! Die ist schon eingeschlafen! – Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Sehr sachlich!)


assen Sie mich deshalb einige Sätze dazu ausführen.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Karl Diller

Der Gesetzentwurf der FDP konterkariert die derzeiti-

gen Reformüberlegungen. Auch der Stabilitätspakt, Herr
Professor Pinkwart, lässt aus sehr guten Gründen in sei-
ner derzeitigen Form und Handhabung Ausnahmerege-
lungen – beispielsweise zur 3-Prozent-Defizitobergren-
ze – zu, während Sie ein starres Korsett vorsehen.

Aber Sie sind auch zu kurz gesprungen.

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wir sind eingeschlafen!)

Sie lassen in Ihrem Gesetzentwurf offen, wie hoch der
Anteil des Bundes auf der einen Seite und der Länder auf
der anderen Seite am zulässigen Defizit sein darf. Sie
lassen offen, ob die im Gesetzentwurf enthaltene Festle-
gung für die Ländergesamtheit oder für jedes einzelne
Land gilt und wie zu verfahren ist, wenn ein Land die
Grenze unterschreitet und andere Länder sie überschrei-
ten und von dem einen Land erwartet wird, dass es umso
mehr spart, damit sie selber die Grenze überschreiten
können. Deswegen halten wir Ihren Gesetzentwurf nicht
für zustimmungsfähig.

Lassen Sie mich zum Abschluss Folgendes betonen:
Wir brauchen eine Regelbindung für die finanzpolitische
Koordinierung in der EU. Jede Regel muss aber im Licht
einer ökonomischen Analyse des Einzelfalles angewandt
werden. Nicht zuletzt brauchen wir in Zukunft wieder
Debatten über Inhalte und weniger Streitereien über Ver-
fahren.


(Lachen und Beifall bei der CDU/CSU)

Ich bedanke mich, dass auch bei Ihnen die Einsicht

eingekehrt ist.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513205000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ernst Burgbacher.


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1513205100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1513205200
Das geht nicht. Ich habe jegliche inhaltli-
che Auseinandersetzung mit dem Gesetzentwurf ver-
misst. Darauf werde ich gleich weiter eingehen.

Gestatten Sie mir zunächst eine Vorbemerkung. Die
Föderalismuskommission, die auch von diesem Parla-
ment eingesetzt worden ist, tritt gerade in die entschei-
dende Phase ihrer Arbeit ein, die aber in dieser Debatte
komischerweise keine Rolle gespielt hat. Sie hat aber
sehr viel damit zu tun. Die Verflechtung, die in unserem
Staat besteht, hat mit dazu geführt, dass wir einen gigan-
tischen Schuldenberg aufgetürmt haben. Deshalb ist die
Forderung nach Entflechtung nicht nur in der Gesetzge-
bung, sondern auch in den Finanzbeziehungen gerade in
diesem Zusammenhang eine der zentralen Forderungen.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Georg Schirmbeck [CDU/CSU])


Ich will das sehr offensiv ansprechen, weil ich die
orge habe, dass diese Reform von beiden Seiten verhin-
ert wird. Die Ministerpräsidenten haben sich in ihrem
apier gegen Steuerautonomie und Steuerwettbewerb
usgesprochen. Die Bundesregierung – man lese in die-
em Zusammenhang das Interview der Bundesjustizmi-
isterin in der „Zeit“ – versucht, die Kommission sozu-
agen abzuwürgen. Ich sage Ihnen: Sowohl die
undesregierung als auch die Ministerpräsidenten müs-
en dann auch die Verantwortung tragen, wenn der Kar-
en an die Wand gefahren wird, was wir uns gerade aus
aushaltsgründen eigentlich nicht leisten können und
ürfen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die FDP-Bundestagsfraktion setzt sich dezidiert für

teuerautonomie und damit für Steuerwettbewerb ein;
enn Steuerwettbewerb kann einiges initiieren, was wir
um Abbau der Verschuldung dringend brauchen. Steu-
rwettbewerb führt zu mehr Effizienz bei öffentlichen
eistungen, zu Kostenersparnissen und zu Innovationen.
enn das von verschiedenen Seiten abgelehnt und in der
öderalismuskommission sogar zum Tabu erklärt wird,
ann werden Sie auf unseren entschiedenen Widerstand
toßen. Wir werden eine Steuerreform zum Druckthema
n der Kommission machen, weil wir etwas durchsetzen
ollen. Deshalb haben wir unseren Gesetzentwurf vor-
elegt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn es Steuerwettbewerb zwischen den verschiede-
en Ebenen gibt, müssen wir aber nach wie vor garantie-
en, dass die Maastricht-Kriterien gültig bleiben. Genau
azu haben wir Vorschläge gemacht. Bund, Länder und
emeinden müssen gemeinsam in der Verfassung ver-
flichtet werden, die Maastricht-Stabilitätskriterien ein-
uhalten. Wir dürfen uns doch nicht Schritt für Schritt
aran gewöhnen, diese Kriterien zu verletzen. Vielmehr
üssen wir zu ihrer Einhaltung stehen. Das ist der Sinn
nseres vorgelegten Gesetzentwurfs.


(Beifall bei der FDP)

Ich bitte an dieser Stelle um zwei Dinge: Beschäfti-

en Sie sich ernsthaft mit unserem Gesetzentwurf, der
ls Grundlage einer Garantie für Währungsstabilität im
uroraum und insbesondere in unserem Land anzusehen
st! Machen Sie zusammen mit uns in der Föderalismus-
ommission den Schritt hin zu mehr Steuerautonomie
nd Steuerwettbewerb! Beides kann unserem Land so-
ie seinen Bürgerinnen und Bürgern nur gut tun.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513205300

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Anna Lührmann.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)



Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513205400

Danke sehr. – Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen

und Herren! 14 Jahre bevor ich geboren worden bin, gab
es das letzte Mal einen ausgeglichenen Bundeshaushalt.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meine Güte!)


Das war im Jahr 1969. Danach, vor allem in den Jahren
der Kohl-Ära, ist die Staatsverschuldung rapide ange-
stiegen. Gleichzeitig sind die Ausgaben für die soziale
Sicherung in die Höhe geschnellt. Diese Fehlentwick-
lung hat dazu geführt, dass der größte Teil der Ausgaben
des Bundes festgelegt ist; denn der Bund muss heute
rund 70 Prozent der Haushaltsmittel für Alterssicherung,
Arbeitslosigkeit und Zinszahlungen ausgeben. Schon
heute sind wir in der Situation, dass wir für die Zahlung
der Zinsen neue Schulden aufnehmen müssen. Daher ist
der Spielraum für Zukunftsinvestitionen so gering ge-
worden. Das liegt vor allen Dingen daran, dass es ver-
passt worden ist, in konstanten Wachstumsphasen den
angehäuften Schuldenberg abzubauen. Im Gegenteil:
Munter wurden immer weiter neue Schulden gemacht.

Herr Pinkwart, Sie wagen es, von einer Kultur der
Stabilität in der Bundesrepublik Deutschland vor der rot-
grünen Bundesregierung zu sprechen. Dabei hat Ihre un-
verantwortliche Politik zu der Situation geführt, in der
wir uns jetzt befinden, nämlich dazu, dass es jetzt – nach
jahrelanger wirtschaftlicher Stagnation und wegen der
Kosten der Wiedervereinigung – für Deutschland so
schwierig ist, die Kriterien des Wachstums- und Stabili-
tätspaktes einzuhalten. Angesichts der Realität eines
Schuldenberges von 1,4 Billionen Euro hat meine Gene-
ration eine gesunde Ironie entwickelt. Ich kann nur sa-
gen: Vielen Dank für das großzügige Erbe! Vielen Dank
dafür, dass wir heute nur noch so wenig Gestaltungs-
spielraum haben!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Seid ihr nicht mit an der Regierung gewesen?)


Die haushälterischen Fehler der CDU/CSU in der
Vergangenheit waren schlimm. Aber schlimmer ist, dass
Sie noch immer keine schlüssigen Konzepte haben. Um
das zu erkennen, reicht ein Blick in den Antrag, den Sie
heute zur Debatte gestellt haben. In diesem Antrag for-
dern Sie, meine Damen und Herren von der Opposition,
dass „die zukunftsgerichteten, durchgreifenden Refor-
men in der Wirtschafts-, Finanz-, Haushalts-, Arbeits-
markt- und Sozialpolitik in Deutschland endlich ange-
gangen werden“. Welche strukturellen Reformen meinen
Sie damit? Die der CDU oder die der CSU, die von
Herrn Merz oder die von Frau Merkel?


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513205500

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Pinkwart?

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(C (D Aber sicher. Vielen Dank, Frau Kollegin Lührmann. – Können Sie ir bestätigen, dass bei Regierungsübernahme durch PD und Grüne die Neuverschuldung mit 2,2 Prozent es Bruttoinlandsprodukts und die gesamtstaatliche Verchuldung unter den für Maastricht relevanten Kriterien on 3 bzw. 60 Prozent lagen, wohingegen die jetzige Reierung zum dritten Mal in Folge – in diesem Jahr mit iner Neuverschuldung von 3,8 Prozent und einer Geamtverschuldung von deutlich über 60 Prozent – beide entralen Ziele des Maastricht-Vertrags verfehlt? (Lothar Mark [SPD]: Wir haben von Ihnen eine Zinsbelastung von 80 Milliarden DM übernommen!)

Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513205600
Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1513205700


Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513205800

Herr Kollege Pinkwart, vielen Dank für Ihre Frage; so

ann ich diesen Gedanken in meiner Rede noch etwas
eiter ausführen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Frage beantworten!)


iese Zahlen habe ich nie bestritten. Mir ging es aber
m die Frage, wie es dazu kommt, dass wir in einem sol-
hen Schlamassel stecken.

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Da müssen Sie auf die Regierungsbank gucken!)

Wenn Sie mir zugehört hätten, hätten Sie das schon
orhin gehört.
Lag nicht die Schuldenquote zu dem Zeitpunkt, als

ie Kohl-Regierung antrat, bei knapp 40 Prozent? Als
ir die Regierung übernommen haben, lag sie bei
0 Prozent. Die heutigen Zahlungen für Zinsen schlagen
eträchtlich zu Buche. Darauf haben wir heute aber kei-
en Einfluss; die Spielräume sind uns damals von Ihnen
eggenommen worden. Deshalb bitte ich Sie, hier zu Ih-
er Verantwortung zu stehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Lothar Mark [SPD]: Verantwortung ist für einige ein Fremdwort!)


Das glaube ich auch.
Wir stehen in der Tat in der Verantwortung, zu einer

esseren Haushaltssituation zu kommen. Ihre multiplen
ositionen, meine Damen und Herren von der CDU/
SU, stellen hier jedoch einen Widerspruch in sich dar.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Multipel, genau!)


n der heutigen Debatte wurde bereits deutlich, dass Sie
uf der einen Seite unsere Vorschläge zum Subventions-
bbau in zweistelliger Milliardenhöhe abgelehnt haben,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Kohle oder was?)







(A) )



(B) )


Anna Lührmann

auf der anderen Seite aber bei der Krankenversicherung
ein Loch in zweistelliger Milliardenhöhe reißen wollen.
Einerseits verlangen Sie die Einhaltung der Stabilitäts-
paktkriterien; andererseits mauern Sie im Bundesrat
munter weiter, wenn es um konkrete Vorschläge zur
Haushaltskonsolidierung geht.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist falsch!)


Was Sie hier betreiben, ist Volksverdummung und keine
verantwortungsvolle Politik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nicht, dass Sie mich jetzt falsch verstehen:

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: So schwer ist es nicht!)

Ich halte ausdrücklich am europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspakt fest. Fiskalpolitische Kontrollmechanis-
men, die die Mitgliedstaaten von einer übermäßigen Ver-
schuldung abhalten sollen, sind für eine Währungsunion
unverzichtbar. Ziel einer nachhaltigen Finanzpolitik
muss es weiterhin sein, auch in wirtschaftlich schwieri-
gen Zeiten die Grenzen von 3 Prozent des BIP bei der
Neuverschuldung und von 60 Prozent bei der Gesamt-
verschuldung nicht zu überschreiten.

Allerdings zeigen gerade die Erfahrungen in Deutsch-
land, dass der Pakt ergänzt werden muss, um dieses Ziel
zu erreichen. Wie ich schon eben ausgeführt habe, hätten
wir im Jahre 2003 kein Defizit von 4 Prozent gehabt,
wenn früher begonnen worden wäre, strukturelle Refor-
men anzupacken und die Staatsverschuldung abzubauen.
Deswegen bin ich für die Vorschläge der EU-Kommis-
sion für den Stabilitätspakt aufgeschlossen. Diese Vor-
schläge geben der Kommission und dem Ecofin die
Möglichkeit, von den Euroländern den Abbau des Defi-
zits und strukturelle Reformen zu verlangen. Wird dies
in konjunkturell besseren Zeiten angepackt, können die
Länder in einem Konjunkturtal ohne ein allzu hohes De-
fizit auskommen. Mit dieser Ergänzung kann das Ver-
trauen in den Pakt und seine Glaubwürdigkeit gestärkt
werden.

Die EU-Kommission schlägt außerdem vor, die
Schuldenquote nicht nur in ihrer quantitativen, sondern
auch in ihrer qualitativen Dimension zu erfassen. Hierzu
müsste die öffentliche Verschuldung vor allen Dingen in
Beziehung zur Entwicklung des Wissens- und Kapital-
stocks der Volkswirtschaften gesehen werden. So wird
man auch den Zukunftsaufgaben der Gesellschaft und
künftigen Generationen eher gerecht.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum
Schluss kommen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Gern!)

Ich trete dafür ein, den Stabilitätspakt zukunftsorientiert
zu gestalten. Nur so schaffen wir es, glaubwürdig zu
bleiben und Vertrauen zu erhalten. Die EU-Staaten müs-
sen verpflichtet werden, die erforderlichen Strukturrefor-
men anzupacken und entschlossen umzusetzen sowie
– das ist die wichtige Neuerung – in Wachstumszeiten
den Schuldenberg abzubauen.

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(C (D Meine Damen und Herren von der Opposition, helfen ie mit! Helfen Sie Deutschland aus der Schuldenfalle! achen Sie Ihre Hausaufgaben in den Länderhaushal en! Stimmen Sie dem Abbau von Subventionen endlich u! Das sind Sie meiner Generation und auch den künftien Generationen wirklich schuldig. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513205900

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Georg

ahrenschon.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1513206000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau
ollegin Lührmann, wissen Sie, was das Problem ist?
raußen im Lande glaubt Ihnen niemand mehr. Nie-
and glaubt mehr den Worten, die Sie hier sprechen.
enn man auf die Fakten sieht, erkennt man, dass Sie
ier jenseits von gut und böse argumentieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir müssen uns das einmal ansehen. Im Jahr 2002
urde der Stabilitätspakt gebrochen. Im Jahr 2003
urde der Stabilitätspakt gebrochen. Im Jahr 2004 wird
er Stabilitätspakt gebrochen. Gestern war von der Ex-
ertin für Friendly Fire aus Ihrer Fraktion zu lesen: Auch
m Jahr 2005 werden wir den Stabilitätspakt wieder bre-
hen. – Nach alter Manier versucht der Bundesfinanzmi-
ister jetzt, die Sache wieder zu retten, und sagt: Wir tun
nser Bestes. – Wir werden ihn in nicht langer Zeit vor
ns stehen haben und von ihm hören: Es tut uns Leid; es
eht leider nicht anders.
Dann wird das Argument gebracht, die Weltwirt-

chaft sei schuld.

(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einfluss hat sie! Großen Einfluss!)

err Poß, Herr Staatssekretär, Sie zitieren viele Progno-
en, aber die wesentlichen Zahlen lassen Sie beiseite.
or zwei Wochen war Ihr Finanzminister Teilnehmer der
-8-Konferenz im Rahmen der Weltbanktagung und hat
it seiner Stimme die Prognose der Weltbank mitgetra-
en. Darin steht, dass die Weltwirtschaft so gut wie seit
5 Jahren nicht mehr läuft: 5 Prozent Wachstum der
eltwirtschaft. Nur Deutschland ist unter dem Durch-
chnitt. Angesichts dessen frage ich Sie: Was ist das Pro-
lem in Deutschland? Das Problem ist doch nicht die
eltwirtschaft. Das Problem ist die von Ihnen hausge-
achte Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Das kann eigentlich nicht sein, nur Deutschland! – Joachim Poß [SPD]: Die Aussage sollten Sie noch einmal überprüfen! Das kommt allein logisch nicht hin!)







(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon

Um beim Thema zu bleiben: Weil sich die Franzosen

auf ihre Innenpolitik konzentrieren, weil sie sich um ihre
Binnenkonjunktur kümmern, schaffen sie es, den Stabili-
tätspakt im nächsten Jahr wieder einzuhalten,


(Joachim Poß [SPD]: Das wissen Sie schon jetzt?)


im Gegensatz zu Deutschland, das nach den Erwartun-
gen das einzige Land in Europa sein wird, das auch im
nächsten Jahr zum wiederholten Male gegen die Krite-
rien des Stabilitätspakts verstoßen wird.

Deutlicher als der deutsche Finanzminister, der sich
anschickt, den Stabilitätspakt zum vierten Mal zu bre-
chen, kann ein Finanzminister gar nicht zeigen, was er
vom Stabilitätspakt hält. Seit 2002 ist es jedes Jahr das-
selbe Trauerspiel. Erstens sagt Hans Eichel lauthals, er
halte die Maastrichter Vorgaben im kommenden Jahr
ein. Zweitens legt er auf der Basis von Wunschprogno-
sen seinen Haushalt vor. Drittens werden in den Medien
in Nebensätzen erste Zweifel geäußert. Viertens erklärt
in der Vorwärtsbewegung die Vorsitzende des Finanz-
ausschusses für die grüne Fraktion: Es klappt doch
nicht. – Dann muss Hans Eichel die Hosen herunterlas-
sen, der auf Kante genähte Haushalt fliegt ihm um die
Ohren und er steht da wie der Kaiser in „Des Kaisers
neue Kleider“.


(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Der hatte keine an!)


Das ist die Wahrheit. Das ist das Trauerspiel, das Sie hier
jedes Jahr aufführen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Was macht der Finanzminister, nachdem sich das
vierte Mal ein Verstoß abzeichnet? Er macht keine An-
stalten, die strukturellen Defizite im Haushalt zu beseiti-
gen, sondern er versucht, gemeinsam mit anderen Haus-
haltssündern in Europa, die Stabilitätsregeln flexibler
auszulegen.

Die laufende Debatte über die Modifikation des
Stabilitätspakts ist definitiv die falsche Antwort. Sie
können einem Regelwerk nicht zuerst den Todesstoß
versetzen und dann versuchen, es durch Veränderung
wiederzubeleben. Sie müssen sich den Regeln unterwer-
fen. Sie müssen als ersten Schritt die Neuverschuldung
wieder unter die Grenze von 3 Prozent des Brutto-
inlandsprodukts zurückführen. Wenn das geschehen ist,
dann kann man sich darüber unterhalten, inwieweit man
an der einen oder anderen Stelle die Erfahrungen aus den
ersten Jahren des Stabilitätspakts einfließen lässt. So und
nicht andersherum wird ein Schuh daraus. Sie verletzen
Vertrauen in den Standort. Das Ergebnis dessen, was Sie
zu verantworten haben, können wir jetzt sehen.

Liebe Frau Lührmann, ich will auf eine andere Zahl
hinweisen – diese Zahl muss eigentlich gerade junge Ab-
geordnete erschrecken –: Seit dem 12. Oktober dieses
Jahres zeigt die Schuldenuhr in Deutschland einen
neuen Höchststand an. Pro Sekunde werden 2 660 Euro
Schulden gemacht. Damit einher geht ein Rekordschul-

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(C (D enstand von 1,41 Billionen Euro. Dafür sind Sie verantortlich. Dafür muss man insbesondere die grüne Frakon in die Verantwortung nehmen. Sie haben sich von hren Zielen „Nachhaltigkeit“ und „sanfter Umgang mit en Ressourcen“ schon längst verabschiedet. Sie verrassen das Geld der jungen Generation und Sie haben ich aus der Debatte zurückgezogen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Das müssen Sie gerade sagen! An Ihrer Stelle wäre ich etwas ruhiger!)


Beim Umgang mit den finanziellen und den sozialen
essourcen dieses Landes lassen Sie alle fünf gerade
ein. Das zentrale Prinzip der Haushaltspolitik, nämlich
icht mehr auszugeben, als man einnimmt, haben Sie
chon vor Jahren zu Grabe getragen, meine Damen und
erren von Rot und Grün. Stattdessen legen Sie jetzt ei-
en Antrag vor, der eindeutig dem Motto „Haltet den
ieb!“ folgt. Unter Punkt II, zweiter Spiegelstrich, for-
ern Sie, „gestützt auf das Urteil des Europäischen Ge-
ichtshofes den im Stabilitäts- und Wachstumspakt ver-
nkerten politischen Ermessensspielraum zu sichern“.
enau das ist ein Irrweg. Wenn politischer Ermessens-
pielraum irgendwohin nicht gehört, dann in den Bereich
er Garantie von Stabilität und Wachstum in Europa.
erade eine solche Frage dürfen wir nicht zum Spielball
olitischer Philosophien machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Wahrheit ist doch, dass die unheilige Allianz der
efizitsünder, die den Pakt am 25. November 2003
urch Aussetzung des Verfahrens ausgehebelt hat, vom
uropäischen Gerichtshof gestoppt wurde. Der Ver-
uch der Kommission, jetzt in die Debatte einzutreten,
t der letzte Versuch, den Stabilitätspakt zu retten, um
it den großen Euroländern überhaupt wieder ins Ge-
präch zu kommen. Vor Gericht sind sie schon geschei-
rt. Hören Sie endlich mit der Unterminierung des Sta-
ilitätspakts auf und machen Sie sich doch stattdessen
her seine Integrationskraft zu Eigen! Überlegen Sie
och einmal, welche Chancen der Stabilitäts- und
achstumspakt für die Aufstellung des Haushalts ei-
entlich bietet, um wieder für solide Finanzen zu sorgen.
Die EZB und die Bundesbank sind nicht ohne Grund
der Diskussion um die Modifizierung des Stabilitäts-
akts zurückhaltend bis ablehnend. Wer gegen beste-
ende Verträge verstößt, der gefährdet die Grundlagen
er Währungsunion und schadet dem weltweiten Anse-
en der gemeinsamen Währung. Das ist doch die Wahr-
eit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Bei der Bayerischen Landesbank war der!)


Herr Poß, statt die Spielregeln im Nachhinein zu än-
ern und damit Vertrauen zu verspielen, wären Sie gut
eraten, den Weg einer glaubhaften Konsolidierungsstra-
egie zu verfolgen. Aber dazu fehlt Ihnen schon heute
ie Durchsetzungskraft und das ist zu bedauern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513206100

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Reinhard Schultz.


Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1513206200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Friedrich Merz ist hier, seinem künftigen Hauptberuf als
Rechtsanwalt getreu, eingestiegen, indem er zunächst
einmal formal abgeschichtet hat, damit man sich mit der
Sache erst gar nicht mehr befassen muss. So laufen ja die
meisten Gerichtsverfahren. Wir möchten uns aber gern
mit dem Kern des Problems befassen und uns nicht aus-
schließlich an formalen Kriterien festhalten.

Ich persönlich bin – wie übrigens fast alle anderen Fi-
nanz- und Wirtschaftspolitiker in den Mitgliedsländern
der Eurozone und der Präsident der Europäischen Kom-
mission, Prodi, an der Spitze – der Auffassung, dass wir
einer vernünftige Aufarbeitung des Vertrages, des Ver-
tragstextes, seiner Wirkungsweise und seiner Auslegung
dringend bedürfen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In allen Politikbereichen, in denen neue Regelwerke

in Kraft gesetzt werden, wird nach einer bestimmten Zeit
evaluiert, wie sie wirken und ob das Vorgehen richtig
war. Damit stelle ich die zentralen Kriterien von
3 Prozent und von 60 Prozent nicht infrage. Der Stabili-
täts- und Wachstumspakt besteht aus diesen beiden
wichtigen Bestandteilen. Als er damals aufgestellt
wurde, richtete sich der Fokus auch der deutschen Öf-
fentlichkeit und der Politik deswegen im Wesentlichen
auf den Aspekt Stabilität, weil man zum einen glaubte,
stetiges Wachstum komme von selbst – drei Jahre Sta-
gnation konnte sich kein Mensch ernsthaft vorstellen,
weder bei uns noch in anderen europäischen Ländern –,
und zum anderen eine Vertrauensgrundlage für die neue
europäische Währung Euro schaffen wollte. Der Euro
sollte mindestens so stark wie die Deutsche Mark sein.
Man wollte Inflationsängsten begegnen, die die ältere
Generation aufgrund der Erfahrungen aus den Zeiten vor
der Währungsreform 1949 und aus der Weimarer Repu-
blik hatte, und eine Vertrauensbasis für diese Währung
schaffen.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Die zerstören Sie!)


– Diese ist überhaupt nicht zerstört worden. Man kann
doch mit Stolz bzw. voller Staunen sagen: Obwohl be-
stimmte instrumentelle Kriterien wie erlaubte Höchst-
verschuldung und Neuverschuldung wiederholt in vielen
Ländern der Europäischen Union gerissen worden sind,
ist der Euro trotzdem zu einer der stabilsten Währungen
der Welt geworden.


(Beifall bei der SPD)

Er ist für viele kleinere Währungen zur zweiten Anker-
währung neben dem Dollar geworden und hat den Dollar
in diesem Punkt sogar überholt. Ich erinnere mich an
eine Diskussion mit Wim Duisenberg, die der Finanz-
ausschuss seinerzeit bei der EZB in Frankfurt geführt
hat. Da habe ich ganz vorsichtig und nett – so muss man
sich ja solchen ehrwürdigen Herrschaften gegenüber

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(C (D erhalten – die Frage gestellt: Herr Duisenberg, können ie sich vorstellen, dass es einmal eine Parität zwischen ollar und Euro geben könnte? Da hat er sich kaputtgeacht; das konnte er sich nicht vorstellen. Inzwischen ist eine völlig andere Situation eingetre en. Der Euro ist so stabil, dass diese Stabilität manchem irtschaftspolitiker sogar schon Sorgen macht. Von den efahren Destabilisierung oder Inflation kann doch berhaupt nicht die Rede sein. n der Europäischen Union der 15 gab es in den letzten ahren über den Daumen gepeilt eine Inflationsrate von nter 3 Prozent. Obwohl wir in Deutschland riesige Proleme hatten, lag sie bei uns im Schnitt unter 2 Prozent. eutschland schneidet trotz seiner großen ökonomichen Probleme, trotz des Problems der Verschuldung, as zum Teil mit der deutschen Einheit zusammenhängt, nd trotz großer Strukturprobleme auch in dem Punkt reisstabilität besser als der Durchschnitt der Länder in er Europäischen Union ab. Diese Tatsache darf man ier doch nicht vernebeln. Die stabilste Währung, die ir jemals hatten, ist der Euro, obwohl es ohne Frage robleme mit dem Kriterium der Verschuldung gibt. ielleicht besteht da auch nur ein mittelbarer Zusamenhang. Vielleicht sind viele Bezüge politisch nur ünstlich hergestellt worden. Das muss man doch einmal berprüfen dürfen. In jedem Fall ist das Ergebnis hervoragend, egal warum. Die Ziele, die erreicht werden sollen, wurden auf jeden Fall nicht gefährdet und sind auch n Zukunft nicht gefährdet. Die Frage der Schulden macht natürlich auch uns ehr besorgt. Wir reißen uns wirklich ein Bein aus, um ositionen im Bundeshaushalt, also in dem Bereich, für en wir die Verantwortung tragen, entsprechend zu küren. Herr Diller hat darauf hingewiesen. Wenn Sie aber urch Blockade des Steuersubventionsabbaugesetzes nd des Haushaltsbegleitgesetzes verhindern, dass weiere Subventionen in Höhe von 25 Milliarden abgebaut erden, womit ein erheblicher Beitrag zur Konsolidieung geleistet werden könnte, dann müssen Sie und die on Ihnen regierten Bundesländer, die das verhindern, uch die Verantwortung für die Konsequenzen tragen. Die Ursachen für die Schuldenentwicklung liegen narlich in der wirtschaftlichen Entwicklung. Ein Punkt t aber auch, dass das zweite wichtige Ziel des Stabilitspaktes, nämlich Wachstum – es ging ja um Stabilität nd Wachstum –, nicht hinreichend quantifiziert und intrumentell unterlegt worden ist. ch erinnere mich daran – ich war ja Berichterstatter für as Euro-Einführungsgesetz und auch im Zusammenang mit dem Vertrag von Maastricht –, dass es heftige blehnende Reaktionen aggressivster Art gab, wenn jeand den Begriff „wirtschaftspolitische Koordinierung m Euroraum“ überhaupt nur in den Mund genommen at. Daran darf ich Sie freundlich erinnern. Heute weiß eder, dass es nicht nur zwingend erforderlich ist, für Reinhard Schultz Geldwertstabilität zu sorgen und Schulden zu managen, sondern dass auch an anderen Rädern gedreht werden muss, damit Wachstum zustande kommt und sich ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht einstellt. Wenn man den Blick ausschließlich auf Geldwertstabilität oder auf Schulden richtet, ist das so, als wenn wir uns als Finanzpolitiker auf zwei der vier Grundrechenarten beschränken. Das tun wir doch auch nicht. Wir müssen alles zusammen sehen: die Zeiträume, die Zukunftsfähigkeit, die Erholung der Wirtschaft, die Investitionen der öffentlichen Hand und der Privaten sowie die Nachfragefähigkeit des Staates und der Menschen, die von staatlichen Leistungen abhängig sind. All das gehört zu einer ausgewogenen Balance. Wir können nicht ausschließlich zugunsten der Konsolidierung das Fallbeil auf die anderen Elemente heruntersausen lassen. Wenn wir das tun, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn wir das zarte Wachstum gefährden und möglicherweise sogar ins Gegenteil verkehren. Deswegen bedarf es neben der kritischen Begleitung der Ausgabenentwicklung der öffentlichen Haushalte, auch des Bundes, also der Ausgabensteuerung, künftig stärker einer Einnahmensteuerung. Man kann einen funktionierenden Staat, der Aufgaben in der Aufrechterhaltung der inneren und äußeren Sicherheit sowie in der Sicherstellung vernünftiger sozialer Lebensbedingungen hat, der Bildung sichern und Forschung ermöglichen soll, nicht ständig einer Rutschpartie in die Minderausgaben aussetzen. Wer das verursacht, wird auch das Wachstum von übermorgen und überübermorgen infrage stellen. Wer in der Zukunft Wachstum will, muss dafür sorgen, dass neue Wertschöpfungsketten und überhaupt Neues entsteht. Dafür muss zum richtigen Zeitpunkt und produktiv Geld in die Hand genommen werden. Wenn wir keine Defizite wollen, dann müssen wir da für sorgen, dass die Einnahmen stimmen. Damit meine ich nicht Steuererhöhungen – damit das nicht falsch verstanden wird –, sondern das bedeutet, dass wir die Steuerquellen, die wir haben, die Möglichkeiten, Steuern zu erheben, lückenlos und hart nutzen müssen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das gilt für den Umsatzsteuerbetrug und die Schwarzar-
beit, gegen die wir kämpfen müssen, und für jede Art
von Schlupfloch, das wir schließen können. Nur so kön-
nen wir bei insgesamt vernünftigen Steuersätzen dahin
kommen, dass unser Gemeinwesen finanzierbar ist und
die Defizite beherrschbar sind.

Wir haben es riskiert, die größte Steuerreform seit
der Nachkriegszeit auf den Weg zu bringen, mit
56 Milliarden Euro Entlastung für alle, obwohl wir in
den Haushalten außerordentlich große Schwierigkeiten
haben. Wir haben das getan, damit auf der Nachfrage-
seite nicht noch mehr wegbricht. Stellen Sie sich einmal
vor, wir hätten das nicht getan, wo wir dann mit unserem

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(C (D achstum heute liegen würden! Das wäre schlicht eine atastrophe. Aber wir haben mit der Steuerreform natürlich in auf genommen, dass uns die entsprechenden Beträge ei der Finanzierung unserer Haushalte fehlen. Man ann nicht beides gleichzeitig haben, auf jeden Fall nicht us dem Stand heraus. Die Wirtschaft erholt sich nur allählich. Wenn wir den Privaten Geld geben, geben sie ieses aus, wodurch Wachstum entsteht, aber das gechieht natürlich nicht von einem Sonntag auf den ächsten, sondern das ist ein mühseliger, langfristiger rholungsprozess, der erst zum Schluss in den öffentlihen Haushalten ankommt. Das heißt, man muss sehen, was man will. Wenn Sie ier die nächste Steuerreform ankündigen, dann möchte h gerne einmal wissen, wie Sie das mit Ihren Konsoliierungszielen bzw. mit dem Ziel der Aufrechterhaltung ines funktionierenden, funktionsfähigen Staates, der in ieser Gesellschaft die wichtigsten Aufgaben wahrimmt, was das Soziale, die Sicherheit, Innovation und ildung angeht, in Einklang bringen wollen. Eine differenziertere Betrachtung des Mechanisus wie der Maastricht-Kriterien muss Einzug halten. ir können uns nicht, wie die FDP es tut, einige Jahre ach Maastricht hier hinstellen und die Aufnahme der erengten Sicht – wobei richtig bleibt, dass der Schulenstand und die Neuverschuldung kritisiert werden; ennoch greift man mit dieser verengten Sicht zu kurz nd sie ist insgesamt gesehen auch falsch – ins Grundgeetz fordern, wodurch sie Verfassungsrang erhielte. (Beifall bei der SPD – Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Unglaublich!)


as wäre ein ökonomischer Purzelbaum, der geradezu
lbern wäre und auch der Diskussion in der von Ihnen zi-
erten Fachöffentlichkeit, die ja manchmal Gott sei
ank gegenüber der eigentlichen Öffentlichkeit weitge-
end der Geheimhaltung unterliegt, widersprechen
ürde.
Nichtsdestotrotz mehren sich inzwischen die Stim-
en, die, ähnlich wie seinerzeit bei der Diskussion über
as Stabilitäts- und Wachstumsgesetz in Deutschland,
ehr Ziele in den Fokus gerückt haben wollen als nur
as Stabilitätsziel im engeren Sinne.
Ich glaube, dass eine rein mechanistische Sicht wirt-

chaftliche Dynamik erstickt. Wenn wir sozusagen mit
er Peitsche durchsetzen würden, dass sich auf lange
icht alle Staaten der Eurozone strikt und unabhängig
on der wirtschaftlichen Situation an die Schuldenkrite-
ien halten, dann würden wir eine zunehmende Anglei-
hung sämtlicher ökonomischer Prozesse auf immer
iedrigerem Niveau erreichen. Es wäre eine Rutschpar-
e. Wir könnten regionale Sonderentwicklungen und be-
ondere Entwicklungen in den einzelnen Branchen nicht
ehr berücksichtigen. Außerdem könnten wir auf die
otlage von staatlichen Haushalten nicht mehr reagie-
en. Es gäbe, wie gesagt, eine Angleichung auf niedrige-
em Niveau, weil das Wachstum beschnitten würde. Das
äre ein Programm des Niedergangs.






(A) )



(B) )


Reinhard Schultz (Everswinkel)


Wirtschaft ist ein atmendes System. Das Korsett darf

deshalb nicht zu eng angelegt werden. Die Atmung
würde immer flacher werden. Das Leben wird dadurch
nicht leichter. Das wissen alle diejenigen – ich selber
hatte noch nicht das Vergnügen –, die ein Korsett tragen.

Ich glaube, wir müssen insgesamt etwas kreativer bei
der Erreichung politischer und wirtschaftlicher Ziele
vorgehen. Wir müssen die Wirtschaft atmen lassen und
dürfen wirtschaftspolitische Prozesse nicht durch eine
verengte mechanistische Vorgehensweise unterdrücken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513206300

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Georg Nüßlein.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1513206400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Schultz, um Ihre Worte zu gebrauchen: Der Fokus ist im-
mer auf Stabilität gerichtet. Denn Stabilität ist ex defini-
tione kein kurzfristiges Moment. Vertrauen ist die Wert-
basis jeder Währung. Die D-Mark besaß dieses in Zeiten
des wirtschaftlichen Aufstiegs Deutschlands gewachsene
Vertrauen. Hätten wir die D-Mark noch immer, ginge die
expansive Ausgabenpolitik und die verfehlte Wirt-
schaftspolitik dieser Regierung sicher zulasten der Stabi-
lität der D-Mark.

Ich bin davon überzeugt, dass der Euro für Stabilität
sorgt. Heute, in Zeiten des Euro, ist es nun einmal so,
dass die Stabilitätsländer für die Haushaltspolitik der
Bundesregierung büßen. Stabilitätsländer wie Österreich
oder Spanien werden sich das – davon bin ich über-
zeugt – nicht dauerhaft gefallen lassen; sie werden sich
dagegen wehren.

Ich muss deutlich sagen: Die Hoffnung, dass sie das
tun, klingt ein wenig wie Hohn. Denn gerade Deutsch-
land hat sich für den Stabilitätspakt stark gemacht. Die
Deutschen haben mit der D-Mark etwas aufgegeben,
was für Wirtschaftswunder, Stabilität und eben Ver-
trauen stand. Die Politik damals – inklusive der Minis-
terpräsidenten Eichel und Schröder – hat den Menschen
dafür einen Stabilitätspakt versprochen.

Entsprechend hat sich die CDU/CSU vehement dafür
eingesetzt, dass Preisstabilität in den Zielkatalog der eu-
ropäischen Verfassung aufgenommen wird. Das ist ganz
wichtig. Das alles kann aber nicht das Zuckerl, das
Trostpflaster oder die kurzfristig wirkende Beruhigungs-
pille für die Menschen sein. Wenn wir mit dem Stabili-
tätspakt so umgehen würden, wie Sie das gerne hätten,
dann würden wir nicht nur den Euro, sondern auch die
deutsche Politik weiter in die Vertrauenskrise manövrie-
ren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich sage Ihnen ganz offen: Der Euro ist eine junge

Währung. Das Vertrauen in diese Währung muss wach-

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(C (D en. Der Euro kämpft an dieser Stelle noch immer. Laut U-Kommission sind 67 Prozent der Deutschen unlücklich über die Euroeinführung. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Schultz? Ja, gerne. Lieber Herr Kollege Nüßlein, wir beide lieben Spa ien, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Stimmen ie mir zu, dass es im Wesentlichen der Stabilisierung es spanischen Staatshaushaltes durch europäische ransfers zu verdanken ist, dass Spanien Mitglied der urozone sein kann? Wenn man diese Transfers komlett streichen würde, dann wäre bei gleichen Investiionen die Schuldensituation in Spanien deutlich chlechter als bei uns. Das Problem mit dieser Art von Finanzausgleich ist: ie reicheren Länder geben den ärmeren etwas ab. Wir eschneiden dadurch unsere Handlungsfähigkeit, auch n Bezug auf die Konsolidierung unseres Haushaltes, zuunsten der Staatshaushalte anderer Länder. Dafür ist panien das beste Beispiel. Herr Kollege Schultz, Sie werden doch nicht bestrei en wollen, dass die Finanzpolitik Spaniens durchaus in ie richtige Richtung geht. (Stephan Hilsberg [SPD]: Das war nicht die Frage!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513206500
Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1513206600
Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1513206700

(Beifall bei der SPD)

Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1513206800

Schauen Sie sich doch einmal die Entwicklung an! –
ie werden doch nicht den europäischen Ausgleich und
ie gesamte Politik der Europäischen Union infrage stel-
en wollen.


(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Das nehme ich zur Kenntnis!)


s ist doch richtig und wichtig, dass wir die Infrastruktur
n den ärmeren Ländern der EU aufbauen und dort tätig
erden. Sie sollten sich nicht auf Spanien fokussieren.
chauen Sie sich doch einmal die Entwicklung in Öster-
eich oder in den anderen Ländern an! Tun Sie das!


(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Ich muss ja andächtig stehen bleiben, da Sie mir antworten!)


eides, eine Unterstützung der ärmeren Länder und die
inhaltung des Stabilitätspaktes, muss möglich sein; das
erde ich im Laufe meiner Rede begründen.
Meine Damen und Herren, der Euro ist, wie gesagt,

ine junge Währung. 67 Prozent der Deutschen sind laut
U-Kommission unglücklich über die Euroeinführung.
as liegt daran, dass die gefühlte Inflation höher ist als
ie gemessene. Die gemessene beträgt 1,1 Prozent. Laut






(A) )



(B) )


Dr. Georg Nüßlein

„Capital“-Umfrage sind 32 Prozent der Menschen der
Meinung, dass die Preise in Deutschland um 5 Prozent
steigen. 25 Prozent meinen, die Preise würden um
10 Prozent steigen.


(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Aber wer orientiert sich daran?)


Das kommt auch daher,

(Joachim Poß [SPD]: Das kommt auch daher, dass Sie so viel Quatsch reden!)

dass bei uns beim täglichen Bedarf ein Preisanstieg deut-
lich spürbar ist. Das kommt natürlich von diversen Steu-
ererhöhungen, insbesondere von der Ökosteuer und den
indirekten Steuern, für die Sie verantwortlich sind.

Ich kann mir eine Bemerkung zur Ökosteuer nicht
verkneifen. Ich bin nur ein einfacher Betriebswirt, aber
mir ist klar: Ölpreise, die aufgrund der Marktentwick-
lung steigen, sind konjunkturschädlich. Aber ich frage
mich, warum dann Energiepreise, die aufgrund der Öko-
steuer steigen, nicht konjunkturschädlich sein sollen.
Vielleicht denken Sie einmal darüber nach!

Nun haben heute diverse Kollegen unbekümmert die
Anmerkung gemacht: Was wollt ihr eigentlich, der Euro
ist stabil; die Zinsen und auch die Inflation sind niedrig.
Oberflächlich betrachtet könnte man dem sogar zustim-
men. Selbst die Ecofin-Entscheidung, das Defizitverfah-
ren ruhen zu lassen, blieb ohne nennenswerte Reaktion
der Finanzmärkte. Nun stellt sich die Frage, woher das
kommt. Ich bin der Überzeugung: Das kommt daher,
dass andere Länder für Stabilität stehen und dass die
Auswirkungen von anderen Aspekten überlagert wer-
den, zum Beispiel dadurch, dass wir weltweit eine hohe
Liquiditätsausstattung des Marktes haben.

Aber auf dieses Glück können wir uns nicht dauerhaft
verlassen. Als ehemaliger Banker darf ich Ihnen sagen,
dass Finanzmärkte gelegentlich mit Verzögerung und
häufig unberechenbar reagieren. Ich will an dieser Stelle
nicht den Teufel an die Wand malen, aber denken wir
doch einmal darüber nach, was ein Zinsanstieg konjunk-
turell, aber auch für die Schuldenlast dieses Staates be-
deuten würde.

Doch zurück zum Stabilitätspakt. Griechenland hat
ihn seit 2000 verletzt und Zahlen verschleiert; auch darü-
ber haben wir heute schon gesprochen. Das ist nicht ver-
trauensfördernd. Die EU-Kommission muss die Verläss-
lichkeit der Zahlen sichern. Die Bundesregierung hat
keine Chance, mit dem Finger auf die Griechen zu zeigen:
Vor der Bundestagswahl hat Herr Eichel die Haushalts-
zahlen vorsätzlich vergessen und jeden Verstoß gegen das
Defizitkriterium bestritten. Der deutsche Haushalt strotzt
vor Luftbuchungen. Wir erwarten im Jahre 2004 eine Re-
kordverschuldung, wobei Finanzminister Eichel schon
heute den ersten Korrekturbedarf ankündigt.

Wir müssen die Politik und nicht den Stabilitätspakt
ändern. Der Stabilitätspakt ist meiner festen Überzeu-
gung nach ausreichend flexibel. 3 Prozent, bezogen auf
das Verhältnis des gesamtstaatlichen Defizits zum Brut-
toinlandsprodukt, sind genug Spielraum, um in schwieri-
gen Konjunkturphasen automatisch Stabilisatoren wir-
ken zu lassen, das heißt, geringere Steuereinnahmen

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(C (D icht durch zusätzliche Einsparungen ausgleichen zu üssen. Man hat bei Ihnen ein bisschen den Eindruck, als sei as 3-Prozent-Defizitkriterium ein Ziel. Nein, es geht ier um eine Grenze. Ich bin der Überzeugung, dass es ie Option, mit staatlichen Schulden über die 3-Prozentrenze hinaus die Konjunktur anzukurbeln, nicht mehr ibt. Wir können uns das im Interesse der jungen Geneation im Sinne einer nachhaltigen Finanzpolitik nicht eisten. Eine relativ starke ältere Generation kann nicht ie Probleme und Schuldentilgungslast auf eine kleiner erdende junge Generation verlagern. Wir brauchen ittelfristig Überschüsse statt Defizite, um der demograhischen Entwicklung in Deutschland Rechnung zu traen. Ich weiß, das geht nicht von heute auf morgen. ber nach sechs Jahren an der Regierung kann man icht so tun, als habe man gerade erst angefangen zu reieren. Die widersprüchlichen Reformschritte – erst alles zu ücknehmen und dann durch die Hintertür wieder einühren – kosten Zeit und Vertrauen. Deshalb: Ändern Sie hre Politik, nicht den Stabilitätspakt! Schaffen Sie Verrauen! Vielen herzlichen Dank. Ich schließe damit die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 15/3719, 15/3721 und 15/3957 an die n der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgechlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 28 b bis 28 h sowie ie Zusatzpunkte 4 a bis 4 d auf: 28 b)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513206900

eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ver-
besserung des unfallversicherungsrechtlichen
Schutzes bürgerschaftlich Engagierter und
weiterer Personen
– Drucksache 15/3920 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Innenausschuss
Sportausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur
Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften
– Drucksache 15/3932 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Haushaltsausschuss

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Abkommen vom 18. November 2002 zur
Gründung einer Assoziation zwischen der Eu-
ropäischen Gemeinschaft und ihren Mitglied-
staaten einerseits und der Republik Chile an-
dererseits
– Drucksache 15/3881 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gero
Storjohann, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard
Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Führerscheinbürokratie verhindern – Führer-
scheintourismus beenden
– Drucksache 15/3716 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas
Strobl (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Heimkehrerstiftungsgesetz verlängern
– Drucksache 15/3806 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Haushaltsausschuss

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dirk
Fischer (Hamburg), Gero Storjohann, Eduard
Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Flexibilität für das Schaustellergewerbe
– Drucksache 15/3490 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Tourismus

h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Günther
Friedrich Nolting, Helga Daub, Jörg van Essen,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Ehemaligen Soldaten der Nationalen Volks-
armee das Führen ihrer früheren Dienstgrade
erlauben
– Drucksache 15/3357 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss

ZP 4 a)Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro-
tokoll V vom 28. November 2003 zum VN-
Waffenübereinkommen
– Drucksache 15/3937 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Verteidigungsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung b)

und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergän-

(Entschädigungsrechtsänderungsgesetz – EntschRErgG)

– Drucksache 15/3944 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Haushaltsausschuss

c) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur
Änderung wohnungsrechtlicher Vorschriften
– Drucksache 15/3943 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs

(Anhörungsrügengesetz)

– Drucksache 15/3966 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
en Verfahren ohne Debatte. Interfraktionell wird vor-
eschlagen, die Vorlagen an die in der Tagesordnung
ufgeführten Ausschüsse zu überweisen. Sind Sie damit
inverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Über-
eisungen so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 29 a und 29 c bis

9 e auf. Es handelt sich um die Beschlussfassung zu
orlagen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.
Tagesordnungspunkt 29 a:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung des Übereinkom-
mens vom 29. Mai 1990 zur Errichtung der
Europäischen Bank für Wiederaufbau und
Entwicklung
– Drucksache 15/3785 –

(Erste Beratung 129. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)

– Drucksache 15/3954 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Otto Bernhardt






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Der Finanzausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/3954,

den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben.
– Stimmt jemand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? –
Das ist nicht der Fall. Der Gesetzentwurf ist damit mit
den Stimmen des gesamten Hauses angenommen wor-
den.

Tagesordnungspunkt 29 c:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Patentgesetzes und anderer
Vorschriften des gewerblichen Rechtsschutzes
– Drucksache 15/3658 –

(Erste Beratung 126. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)

– Drucksache 15/3970 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dirk Manzewski
Jerzy Montag
Ingo Wellenreuther
Rainer Funke

Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 15/3970, den Gesetzent-
wurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gibt es
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit in zweiter Beratung angenommen worden.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen oder Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit auch in dritter Beratung einstimmig angenom-
men worden.

Tagesordnungspunkt 29 d:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zu dem Vertrag vom 17. April 2003 zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und der
Tschechischen Republik über die Änderung
des Verlaufs der gemeinsamen Staatsgrenze im
Bereich der Autobahnbrücke am Grenzüber-
gang Waidhaus – Rozvadov/Roßhaupt
– Drucksache 15/3352 –

(Erste Beratung 118. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärti-
gen Ausschusses (3. Ausschuss)

– Drucksache 15/3839 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Petra Ernstberger
Dr. Klaus Rose
Claudia Roth (Augsburg)

Dr. Rainer Stinner

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(C (D Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt auf Drucksache 5/3839, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte dieenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um as Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen oder Enthalungen? – Das ist nicht der Fall. Der Gesetzentwurf ist amit in zweiter Beratung einstimmig angenommen orden. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich zu erheben, enn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Wer timmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetzntwurf ist damit auch in dritter Beratung einstimmig anenommen worden. Tagesordnungspunkt 29 e: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Abwasserabgabengesetzes – Drucksache 15/2950 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Drucksache 15/3791 – Berichterstattung: Abgeordnete Petra Bierwirth Ulrich Petzold Winfried Hermann Birgit Homburger Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktoricherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 15/3791, den Gesetzentwurf in der Auschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen ollen, um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimen? – Enthaltungen? – Auch dieser Gesetzentwurf ist amit in zweiter Beratung einstimmig mit den Stimmen es ganzen Hauses angenommen worden. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Sie dürfen sich erheben, wenn ie dem Gesetzentwurf auch in der dritten Beratung zutimmen wollen. – Stimmt jemand dagegen? – Das ist icht der Fall. Der Gesetzentwurf ist damit auch in driter Beratung einstimmig angenommen worden. Tagesordnungspunkt 29 f: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Tourismus (19. Ausschuss)


(Erste Beratung 118. Sitzung)

Brähmig, Jürgen Klimke, Ernst Hinsken, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Rahmenbedingungen für Geschäftsreisen ver-
bessern
– Drucksachen 15/1329, 15/3262 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gabriele Hiller-Ohm






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache

15/1329 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/
CSU und FDP angenommen worden.

Tagesordnungspunkt 29 g:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit

(9. Ausschuss) zu der Verordnung der Bundes-

regierung
Zweiundsechzigste Verordnung zur Änderung
der Außenwirtschaftsverordnung
– Drucksachen 15/3659, 15/3693 Nr. 2.1, 15/3842 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gudrun Kopp

Der Ausschuss empfiehlt, die Aufhebung dieser Än-
derungsverordnung auf Drucksache 15/3659 nicht zu
verlangen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zu einer Reihe von Beschlussemp-
fehlungen des Petitionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 29 h:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 149 zu Petitionen
– Drucksache 15/3815 –

Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Stimmt jemand dagegen? – Enthaltungen? – Sammel-
übersicht 149 ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 i:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 150 zu Petitionen
– Drucksache 15/3816 –

Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Sammelübersicht 150 ist
ebenfalls einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 j:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 151 zu Petitionen
– Drucksache 15/3817 –

Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gibt es
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Sammelüber-
sicht 151 ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 k:

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(C (D Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 152 zu Petitionen – Drucksache 15/3818 – Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer timmt dagegen? – Enthaltungen? – Sammelübericht 152 ist angenommen mit den Stimmen der Koaliionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition. Tagesordnungspunkt 29 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses Übersicht 8 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht – Drucksache 15/3790 – Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gibt es egenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempehlung ist einstimmig angenommen. Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 4 sowie Zusatz unkt 5 auf: 4 Beratung der Unterrichtung durch die Bundes regierung Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen um Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung sowie über die Entwicklung der Streitkräftepotenziale (Jahresabrüstungsbericht 2003)

– Drucksache 15/3167 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

P 5 Beratung der Beschlussempfehlung des Auswär-
tigen Ausschusses (3. Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Uta Zapf, Petra Ernstberger,
Hans Büttner (Ingolstadt), weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeord-
neten Winfried Nachtwei, Marianne Tritz, Volker
Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Verhinderung der Proliferation von Massen-
vernichtungswaffen durch Abrüstung und
kooperative Rüstungskontrolle
– Drucksachen 15/1786, 15/3967 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Uta Zapf
Ruprecht Polenz
Marianne Tritz
Harald Leibrecht






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die

Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
Frau Staatsministerin Kerstin Müller.

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Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513207000


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Spätes-
tens seit dem 11. September 2001 wissen wir: Die alten
Gewissheiten einer bipolaren Weltordnung aus den Zei-
ten des Kalten Krieges gibt es nicht mehr. Wir sind heute
mit ganz neuen und komplexen Sicherheitsrisiken kon-
frontiert. Neben dem internationalen Terrorismus und ei-
nem unverändert hohen regionalen Konfliktpotenzial
steht dabei vor allem die Gefahr der Verbreitung von
Massenvernichtungswaffen und deren Trägermitteln im
Vordergrund.

Uns ist dabei klar: Diese neuen sicherheitspolitischen
Herausforderungen kann kein Staat im Alleingang mit
Aussicht auf Erfolg meistern. Vielmehr brauchen wir
mehr denn je das gemeinsame Handeln aller Mitglieder
der internationalen Staatengemeinschaft. Deshalb ver-
folgt die Bundesregierung einen kooperativen sicher-
heitspolitischen Grundansatz, der multilateralen Normen
und Regimen verpflichtet ist. Diesen wollen wir im Rah-
men einer wirksamen internationalen Ordnungspolitik
verwirklichen.

Dabei ist die Nichtverbreitung von Massenvernich-
tungswaffen eine ganz zentrale Aufgabe, der sich die
Bundesregierung in besonderer Weise verpflichtet fühlt.
Wir setzen hierbei vor allem auf eine ursachenorientierte
Politik und auf die Nutzung und Stärkung des politi-
schen und diplomatischen Instrumentariums. Es gilt, die
Proliferation und neue Rüstungswettläufe durch vertrag-
liche Abmachungen und die Stärkung bestehender multi-
lateraler Regime zu verhindern. Hierfür ist die am
12. Dezember 2003 durch den Europäischen Rat verab-
schiedete EU-Strategie gegen die Verbreitung von Mas-
senvernichtungswaffen ein ganz wichtiger Meilenstein.
Sie schafft eine umfassende, sie schafft eine kohärente
Grundlage für das Handeln der Europäischen Union.

Daneben wollen wir auch in den Vereinten Nationen
den strategischen Konsens und die internationale Ge-
schlossenheit bei der Proliferationsbekämpfung stärken.
Hier haben wir im letzten Jahr ebenfalls Fortschritte ge-
macht. Die unter deutscher Präsidentschaft im Sicher-
heitsrat der Vereinten Nationen im April dieses Jahres
verabschiedete Resolution schließt wichtige Regelungs-
lücken bei der Proliferationsbekämpfung. Sie verpflich-
tet alle Staaten der internationalen Gemeinschaft dazu,
Maßnahmen zur Kriminalisierung der Proliferation, zur
Gewährleistung strikter Exportkontrollen und zur Siche-
rung relevanter Materialien zur Herstellung von Massen-
vernichtungswaffen zu ergreifen.

Meine Damen und Herren, die Gefahren der Verbrei-
tung von nuklearen Waffen stehen gegenwärtig im Mit-
telpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit – zu Recht,
wie ich meine. Libyen hat am 19. Dezember 2003 öf-

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(C (D entlich seinen umfassenden Verzicht auf Massenverichtungswaffen erklärt. Das ist ein Erfolg. Wir hoffen, ass dies Signalwirkung auf andere Länder in der Reion haben wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Gleichzeitig muss ich aber auch sagen, dass wir uns
roße Sorgen über Nordkorea und das iranische Nukle-
rprogramm machen. Vor allem bezüglich des Iran rich-
en wir unsere Anstrengungen darauf, eine iranische
uklearwaffenkapazität zu verhindern. Gemeinsam mit
einem französischen und seinem britischen Kollegen
at Bundesminister Fischer hierzu im letzten Jahr, wie
ie wissen, die Initiative ergriffen. Die Teheraner Erklä-
ung vom 21. Oktober letzten Jahres war ein großer Er-
olg der europäischen Diplomatie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


In diesem Rahmen hat sich der Iran gegenüber den
rei europäischen Staaten vor allem zur vollen Koopera-
ion mit der IAEO, zur Zeichnung und vorläufigen
nwendung des IAEO-Zusatzprotokolls sowie zur Sus-
endierung seiner Aktivitäten im Bereich der Urananrei-
herung und -wiederaufbereitung verpflichtet. Damit
urden zentrale Forderungen der internationalen Staa-
engemeinschaft erfüllt. Gleichzeitig eröffnet die Tehera-
er Erklärung die Perspektive für eine langfristige Lö-
ung.
Wir befinden uns derzeit in einer ganz entscheidenden

hase. Der IAEO-Gouverneursrat wird im November
ieses Jahres auf Basis eines umfassenden Berichts des
eneraldirektors entscheiden, ob im Hinblick auf die Er-
üllung der Verpflichtungen Irans gegenüber der IAEO
eitere Schritte erforderlich sind. Die Zeit bis zum
ächsten Gouverneursrat ist knapp. Wir rufen den Iran
eshalb nachdrücklich dazu auf, den Resolutionen des
AEO-Gouverneursrates in vollem Umfang zu entspre-
hen und auch die Suspendierung seiner anreicherungs-
ezogenen Aktivitäten wiederherzustellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


as ist für uns ein ganz zentraler Schritt zur Vertrauens-
ildung. Der Iran sollte ihn sofort, ohne weitere Verzö-
erung, umsetzen.
Die internationale Gemeinschaft braucht objektive
arantien, dass Irans friedliches Nuklearprogramm nicht
ür Ziele benutzt wird, die mit den im Nichtverbreitungs-
ertrag vorgesehenen Rechten und Pflichten unvereinbar
ind. Gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien
erden wir nicht nachlassen, den Iran davon zu überzeu-
en, freiwillig auf die Schließung des Brennstoffkreis-
aufes zu verzichten.
Meine Damen und Herren, der Ihnen vorliegende

ahresabrüstungsbericht 2003 vermittelt ein umfassen-
es Bild über die bestehenden rüstungskontrollpoliti-
chen Aufgaben und Herausforderungen. Er ist Ausweis






(A) )



(B) )


Staatsministerin Kerstin Müller

des klaren Bekenntnisses der Bundesregierung zu einer
aktiven Rüstungskontrollpolitik.

Abschließend möchte ich Ihnen ausdrücklich dafür
danken, dass die Bundesregierung in ihrem Engagement
für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung
auf die breite Unterstützung durch Sie, den Bundestag,
zählen kann. Ich hoffe, dass wir auch in Zukunft mit Ih-
rer Unterstützung in diesem Bereich rechnen können.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513207100

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ruprecht Polenz.

Ruprecht Polenz (CDU):
Rede ID: ID1513207200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Rüstungsexporte von heute können leicht zu den
Abrüstungsproblemen von morgen werden. Deshalb
möchte ich zu Beginn eine Bewertung der Rüstungsex-
portpolitik zitieren, die wir im „Spiegel“ dieser Woche
finden und in der die Sache zutreffend beschrieben wird:

Die Menschenrechte sind zur nachrangigen Größe
geworden, ehemals verpönte Waffengeschäfte sto-
ßen selbst bei den Grünen nur noch auf wenig Pro-
test.

Diese Beobachtung ist richtig.
Ich finde es übereilt, dass der Außenminister für die

Aufhebung des Waffenembargos gegen Libyen gestimmt
hat,


(Beifall bei der CDU/CSU)

und ich finde es falsch, dass sich der Bundeskanzler
nach wie vor für die Aufhebung des EU-Waffenembar-
gos gegen China einsetzt –


(Beifall bei der CDU/CSU)

trotz der Menschenrechtslage in diesem Land, trotz der
wachsenden Spannungen mit Taiwan und der Rüstungs-
anstrengungen, die China gegenüber Taiwan vor Ort un-
ternimmt.


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


Die Beruhigungspille, man wolle sich an die eigenen, re-
striktiven Rüstungsexportrichtlinien halten, ist eigentlich
nicht mehr sehr überzeugend vor dem Hintergrund der
Spekulationen über die Erwartungen von EADS an die
Zeit nach einem Fall des Waffenembargos.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind Spekulationen!)


Ganz abgesehen davon birgt die Haltung der Bundes-
regierung im Schulterschluss mit Frankreich gerade in
dieser Frage das Risiko eines neuen Konflikts mit den
Vereinigten Staaten; auch das bedenkt die Bundesregie-
rung offensichtlich nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Lassen Sie mich jetzt zu einem der Schwerpunkte des ahresabrüstungsberichts 2003 ausführlicher etwas saen: zur Situation im Iran. Natürlich besteht weltweit ie Sorge, dass Iran nach der Atomwaffenoption streen könnte. Die IAEO hat „failures and breaches“ des ichtverbreitungsvertrages festgestellt, weil der Iran icht angezeigt hat, Uran importiert sowie eine Anreiherungsanlage in Natanz und eine Schwerwasserprouktionsanlage in Arak aufgebaut zu haben. Es gibt eine eihe noch offener Fragen, etwa die Herkunft der ischproben; hier ist die Kooperation mit Dritten nötig, m das aufzuklären. Offen ist sicherlich auch die Frage er Dimensionierung der Anlagen im Iran, über die ich erade gesprochen habe; denn für eine alleinige zivile utzung sind sie zweifellos bei weitem überdimensioiert. Man muss diese Sorge auch im Zusammenhang mit en iranischen Anstrengungen zur Rüstung mit ballistichen Raketen sehen. Die „Schahab 3“ kann mit ihrer eichweite von 1 300 Kilometern auch den Staat Israel rreichen. Ballistische Raketen mit herkömmlichen prengköpfen machen strategisch relativ wenig Sinn. azu kommt – auch das steht im Jahresabrüstungsbeicht 2003 – der relativ schlechte Zustand der konventioellen iranischen Streitkräfte. Auch das könnte ein Indiz afür sein, dass der Iran die Atomwaffenoption anstrebt. Der Iran will nun den vollen Brennstoffkreislauf. Dies ird als notwendig für zivile Zwecke deklariert. Aber er volle Brennstoffkreislauf wäre eben auch dicht an er Schwelle für eine militärische Nutzung. Das Ganze uss man vor dem Hintergrund sehen, dass man den tomwaffensperrvertrag mit einer Frist von drei Monaen kündigen kann. Eine solche Kündigungsfrist würden ir in der deutschen Diskussion über den Kündigungschutz nicht akzeptieren, aber im Atomwaffensperrverrag ist diese Frist so kurz festgelegt. Wir sind uns einig im Ziel, aber nicht im Weg, wie ir es erreichen, den Iran wieder in den Atomwaffenperrvertrag, den er ja unterzeichnet hat, einzubinden nd ihn dauerhaft und verlässlich von einem Streben ach Atomwaffen abzuhalten. Die Europäische Union, ertreten durch die Außenminister Frankreichs, Engands und Deutschlands, setzt auf eine Verhandlungslöung, die Vereinigten Staaten meinem Eindruck nach naezu ausschließlich auf Druck. Die Erklärung von eheran – Sie haben sie erwähnt – hat einen ersten Erolg dargestellt. Dieser resultiert aus beidem: Nur weil ie Amerikaner Druck gemacht haben, konnte die Verandlungslösung in Form der Erklärung von Teheran ereicht werden. Ich möchte hinzufügen: Auch die Russen aren hilfreich, auch die Weltgemeinschaft, soweit sie ich im IAEO-Gouverneursrat wiederfindet. Alle haben em Iran deutlich gemacht: Die Welt will keinen nuklear ewaffneten Iran. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Erich G. Fritz [CDU/CSU]: So ist es!)


Seit der Teheraner Erklärung gibt es ein Hin und Her
er iranischen Politik. Sie kooperiert bei den Inspek-






(A) )



(B) )


Ruprecht Polenz

tionen – das ist positiv –, bei der Zusicherung, die Uran-
anreicherung zu suspendieren, schwankt sie aber immer
wieder hin und her.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Der nächste Bericht wird am 25. November 2004 vorge-
legt. Das Ziel lautet – so habe ich Sie verstanden; Sie ha-
ben das gerade entsprechend formuliert –, dass der Iran
bis dahin zur vollständigen Suspendierung zurückge-
kehrt sein sollte. Das heißt, wir sind noch nicht soweit.

Nun möchte ich etwas zur Druckstrategie sagen. Ich
glaube, dass Druck allein nicht zum Ziel führt. Die Ame-
rikaner streben offensichtlich an, die ganze Sache vor
den UN-Sicherheitsrat zu bringen. Die erste Frage, die
sich vor diesem Hintergrund stellt, lautet: Wird es dort
überhaupt zu nennenswerten Beschlüssen kommen;
denn China ist auf iranisches Öl angewiesen und auch
Russland ist gegenüber einem Sanktionsregime relativ
skeptisch? Die zweite Frage, die sich stellt, hat damit zu
tun, dass der Iran vortragen könnte, er nehme mit der
Anreicherung lediglich ein Recht wahr, das ihm aus dem
Sperrwaffenvertrag zustehe, nämlich die friedliche Nut-
zung der Kernenergie einschließlich der Anreicherung.

Schauen wir uns nun die Sanktionen an, die möglich
wären: ein Waffenembargo und Handelssanktionen. Ein
Waffenembargo besteht de facto bereits und der Iran ist
der viertgrößte Ölexporteur der Welt. Ich kann mir nur
schwer vorstellen, dass wir in der jetzigen Energie-
situation Sanktionen beschließen, wodurch dieses Öl zu-
sätzlich vom Weltmarkt genommen würde. Bezüglich
der Sanktionen darf man auch nicht übersehen, dass
Druck solidarisiert und dass die Öffnung und die Refor-
men im Iran wahrscheinlich gehemmt würden. Auch das
läge nicht in unserem Interesse.

Nun gibt es Spekulationen über militärische Präven-
tivschläge. Diese Spekulationen kommen daher, dass
Israel den irakischen Reaktor Osirak, der auch Bestand-
teil eines Programms war, das zu Atomwaffen führen
sollte, 1981 zerstört hat. Man darf nicht übersehen: Zehn
Jahre später haben die Inspekteure der Vereinten Na-
tionen im Irak ein außerordentlich und erschreckend
weit fortgeschrittenes Atomwaffenprogramm identifi-
ziert. Mit diesem Präventivschlag war also nicht einmal
eine Suspendierung der Anstrengungen auf zehn Jahre
verbunden.

Präventivschläge hätten unabsehbare Kollateralschä-
den zur Folge. Die gegenwärtige Regierung würde si-
cherlich deutlich gestärkt werden. Sie hätten auch mas-
sive Auswirkungen auf andere Länder. Ich sehe auch
eine erhebliche Eskalationsgefahr. Ich nenne als Beispiel
mögliche Antworten der Iraner, die sie ja auch schon
während dieser Spekulation gegeben haben: Man könnte
sich einen israelischen Kernreaktor zur Vergeltung aus-
suchen und man könnte Einfluss auf die Hisbollah im
Libanon nehmen, damit sie wieder gegen Israel vorgeht.
Natürlich gibt es für den Iran auch ein Eskalationspoten-
zial im Irak und – nicht zu vergessen – auch in Afghanis-
tan. Das sollte deutlich genug machen, dass eine Anreiz-

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(C (D trategie – ohne ein Druckpotenzial gänzlich außen vor u lassen – sicherlich mehr Erfolg verspricht. Der NVV gibt dem Iran das Recht zu einer friedlichen utzung inklusive der Anreicherung; ich habe das schon esagt. Wir sollten den Iran beim Wort nehmen. Er hat mmer wieder gesagt, er wolle ein friedliches Proramm und er sei auch bereit, das zu garantieren. Wir üssen fragen, welche Garantien der Iran zu geben beeit ist. Ein freiwilliger Verzicht wird sicherlich nicht ndgültig zu erreichen sein. Mit einer Perspektive von ehn Jahren wäre aber auch schon etwas gewonnen. Eine ehnjährige Suspendierung der Anreicherungsaktivitäten äre hilfreich, um das Vertrauen, das durch die Verheimichung und Heimlichtuereien verloren gegangen ist, ieder herzustellen. Wenn man eine Anreizstrategie entwickelt, dann darf an nicht vergessen, dass das Ganze für den Iran auch ine Prestigefrage ist. Er hat im Irakkrieg die Erfahrung emacht, dass dem Feind Waffen geliefert wurden, er elbst aber isoliert war. Auch beim Atomkraftwerk Buchehr gab es immer wieder Anstrengungen von außeralb, die Fertigstellung dieses Kernreaktors zu verhinern. Wenn man sich die iranische Interessenlage nschaut, stellt man fest, dass in dieses Programm eine anze Menge investiert worden ist. Iran muss – sonst wird dies nach meiner Überzeugung icht funktionieren – eine sichere Brennstoffversorung garantiert werden. Das heißt, er braucht eine arktzutrittsgarantie und die Sicherheit, dass er nicht us politischen Gründen daran gehindert wird, Brenntäbe für seine zivile Nutzung zu kaufen, so lange er sich n den Atomwaffensperrvertrag hält. In diesem Zusamenhang kann die Sicherheit der Versorgung durch iversifizierung der Belieferung gewährleistet werden, nd zwar mit Russland, möglicherweise aber auch mit uropa. Damit – ich komme zum Schluss – möchte ich noch in Problem ansprechen. Die Deutschen können nicht efern, weil Rot-Grün aus der Atomenergie aussteigen ill. Die Franzosen brauchten zum Liefern deutsche izenzen. Die Frage ist: Wie stellt sich die Bundesregieung dazu? Die Briten brauchten, um zu liefern, das merikanische Einverständnis. Die Lieferdiversifizieung kommt also aufgrund rot-grüner Ausstiegspolitik in inen gewissen Zwiespalt. Ich wünsche mir, dass dieser ielkonflikt in einer vernünftigen Weise gelöst wird, soass die Atomwaffenoption im Iran wirklich dauerhaft om Tisch kommt. Dieses Ziel verfolgen wir gemeinam. Es ist aller Anstrengungen wert; denn wenn wir es icht schaffen, dann werden wir erstens einen atlantichen Split bekommen – dagegen ist nach meiner Übereugung das Problem mit dem Irak noch gering – und weitens wäre ein nuklear aufgerüsteter Iran eine Bedroung für die Stabilität der Region, möglicherweise sogar ür den Weltfrieden. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordne ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall des Abg. Erich G. Fritz [CDU/CSU])







(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513207300

Das Wort hat die Kollegin Petra Ernstberger von der

SPD-Fraktion.

Petra Ernstberger (SPD):
Rede ID: ID1513207400

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Abrüstung und Rüstungskontrolle sind in der jetzi-
gen internationalen Situation ein wichtiger und immer
wichtiger werdender Eckpfeiler deutscher Außen- und
Sicherheitspolitik. Wir verfolgen die Prinzipien des Mul-
tilateralismus, der rechtlichen Verbindlichkeit von Ver-
trägen und der Universalität von internationalen Abkom-
men.

Im Bereich der Atomwaffen sind diese Prinzipien
schon weit gehend in die Realität umgesetzt und werden
auch von vielen Staaten akzeptiert. Dennoch sind es ge-
rade die kritischen Staaten wie eben Nordkorea oder
Iran, die weiterhin negativ im Mittelpunkt der Welt-
öffentlichkeit stehen, wenn es um Atomprogramme und
die Verbreitung entsprechender Technologien geht. Auch
hier gilt es, das Prinzip der Universalität durchzuset-
zen. Dafür macht sich die Bundesregierung stark. Zum
Iran hat der Kollege Polenz schon eine ganze Menge ge-
sagt.


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Recht Kluges gesagt!)


– Das bestreite ich gar nicht. Ich kann vieles von dem,
was er gesagt hat, unterstreichen. Aber ich glaube nicht,
dass wir jetzt unsere Ausstiegspolitik wegen der Liefe-
rung von Brennstäben in den Iran ändern werden.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das hätte uns gerade noch gefehlt! – Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie bekommen sie auch so!)


– Eben. Ich muss noch ein paar Worte zum Iran sagen.
Für die SPD-Fraktion möchte ich deutlich machen, dass
auch der Iran die weltweite Gültigkeit und Beteiligung
an den Rüstungskontrollregimen akzeptieren und vor al-
lem mit ihnen kooperieren muss. Ich möchte an dieser
Stelle noch einmal Minister Fischer für die Anregung
zum Dialog mit den beiden Kollegen aus Großbritannien
und Frankreich ganz herzlich danken; denn es kann nicht
sein, dass sich der Iran durch die Hintertür von interna-
tionalen Abkommen verabschiedet. Ein geheimes Atom-
programm ist einfach nicht zu akzeptieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Bemühungen um den Iran gehen weiter und müs-
sen auch weitergehen. Dabei setzen wir einmal auf be-
währte Instrumente, nämlich den kritischen Dialog und
die weitere Arbeit der IAEO, die insgesamt anerkannt
wird. Aber wir müssen auch auf etwas setzen, was sich
bisher noch nicht bewährt hat, nämlich auf die Dialog-,
und Kooperationsbereitschaft von Teheran. Die iranische
Politik muss sich in meinen Augen bewegen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Internationale Abkommen müssen auch verifizierbar ein. Dazu benötigen wir die entsprechenden Verifikaionsregime und die Überprüfungsmechanismen. Abrüsungsinitiativen müssen Glaubwürdigkeit und Vertrauen chaffen. Aktuelle Proliferationsfälle – darauf weist die undesregierung in dem hier zu behandelnden Jahresbeicht hin – machen es weiterhin notwendig, verstärkt an er Kontrolle von Nichtverbreitungsverpflichtungen im inblick auf Kernwaffen zu arbeiten. Wir müssen weierhin die Wirksamkeit des Vertrages über die Nichtverreitung von Kernwaffen, des NVV, stärken und so auch ie Nutzung von ziviler Atomtechnologie für militäriche Zwecke ausschließen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


Diese Kontrolle muss aber auch einen präventiven
spekt haben. Leider – das bedauere ich sehr – steckt
er Prozess der präventiven Rüstungskontrolle fest.
er Stillstand in der Genfer Abrüstungskonferenz muss
it allen Möglichkeiten überwunden werden. Dazu
uss sich die Bundesregierung weiterhin anstrengen.
ie Bundesregierung muss sich bemühen, dass die EU-
trategie gegen die Verbreitung von Massenvernich-
ngswaffen weiter vorangebracht wird, dass aber auch
ie Zusammenarbeit mit Russland im Rahmen der G 8
ntensiviert wird, eine Universalisierung des umfassen-
en Verbotes von Nukleartests angestrebt wird, Träger-
echnologien besser erfasst und kontrolliert werden und
as internationale Abkommen über Biowaffen gestärkt
ird.
Zu einer umfassenden Strategie gegen die Verbreitung

on Massenvernichtungswaffen gehört aus meiner Sicht
ber auch, dass solche Staaten, die auf die entsprechen-
en Waffen nachweisbar verzichten, verstärkt wieder in
ie internationale Gemeinschaft integriert oder reinte-
riert werden. Der Verzicht auf atomare, biologische
der chemische Waffen sollte also international aner-
annt werden und aus der Isolation herausführen. Dass
olche Signale kein Freifahrtschein sein können, wird
irgendwo bezweifelt. Auch materielle Belohnungen
önnen keine Lösung darstellen.
Wie es aber gehen kann, hat uns der Besuch des
anzlers in Libyen gezeigt. Gaddafi ist sicherlich eine
ußerst umstrittene Figur, aber das Beispiel Libyen
önnte als Signal an andere Länder verstanden werden;
enn nach dem Verzicht auf Massenvernichtungswaffen
Dezember 2003 stehen dem Land nun Perspektiven

iner Kooperation mit der Europäischen Union, aber
uch eine mögliche Integration in die Welthandelsorga-
isation offen. Ob dies gelingt, hängt zum großen Teil
on Libyen ab; denn die Hand, die die internationale Ge-
einschaft ausgestreckt hat, ist da. Die Chance auf eine
ückkehr aus der Isolation und somit auch auf eine wei-
ere friedliche Entwicklung der Region Nordafrikas ist
egeben. Sie muss auch angenommen werden.
Ich möchte an dieser Stelle aber auch noch auf einen
spekt der Abrüstung eingehen, der sich eher ein wenig
m Abseits der allgemeinen Öffentlichkeit vollzieht und
icht so intensiv wahrgenommen wird wie die Gefahr






(A) )



(B) )


Petra Ernstberger

der Massenvernichtungswaffen. In Zeiten, in denen wir
täglich neue Berichte über Bürgerkriege, ethnische Kon-
flikte oder bewaffnete Auseinandersetzungen auf den
Bildschirmen sehen, spielt auch die Kontrolle und die
Abrüstung von konventionellen Waffen, insbesondere
von Kleinwaffen und Minen, eine ganz entscheidende
Rolle.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU] und Harald Leibrecht [FDP])


Oft sind die Ursachen, Akteure und Betroffenen der
besagten Konflikte nicht staatlicher Natur und manch-
mal schwer zu identifizieren. Es stehen sich nicht unbe-
dingt Nationen in Kriegen gegenüber. Es sind vielmehr
Warlords, bewaffnete Banden oder terroristische Verei-
nigungen, die Angst und Schrecken verbreiten und so
politische Systeme destabilisieren. Es sind die Frauen
und die Kinder, die an den Folgen dieser Bürgerkriege
leiden. Im Bereich der konventionellen Waffen funk-
tionieren diese Mechanismen zwischen den Parteien
durchaus anders als im Bereich der nuklearen Bedro-
hung. Während es bei nuklearen Abrüstungsbemühun-
gen darum geht, dass die betroffenen Staaten die Zahl ih-
rer Atomwaffen begrenzen, verhandeln Gegner, die
konventionelle Waffen wie Maschinengewehre besitzen,
eben nicht über die Begrenzung der in ihrem Besitz be-
findlichen Waffen. Kleinwaffen befinden sich zudem
häufig in der Hand von Kindersoldaten und bedrohen
auch nach der Beendigung von Konflikten weiterhin die
Zivilbevölkerung.

Deswegen ist die Staatengemeinschaft aufgefordert,
erweiterte Lösungen zu suchen, um solchen Herausfor-
derungen noch besser Herr zu werden. Es gibt auch hier
schon Erfolge zu vermelden. Zum Beispiel ist im No-
vember 2003 im Rahmen der Vertragsstaatenkonferenz
des VN-Waffenübereinkommens ein Protokoll zum
Thema „Explosive Kampfmittelrückstände“ verabschie-
det worden. Des Weiteren konnte nach der Fünften Ver-
tragsstaatenkonferenz des Ottawa-Übereinkommens im
September 2003 eine durchaus positive Bilanz gezogen
werden, da der Export von Antipersonenminen annä-
hernd beendet worden ist und 51 Staaten ihre Bestände
zerstört haben. Zusätzlich hat die VN-Staatenkonferenz
eine neue Arbeitsgruppe mit dem Ziel eingerichtet,
Kleinwaffen künftig zu kennzeichnen und deren Weg
nachvollziehbar zu machen.

Diese Schritte sind zwar richtig, aber wir können so-
wohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene
noch mehr tun. Auf nationaler Ebene sollte die Vernich-
tung überflüssiger Munition vorangetrieben und ver-
sucht werden, Munitionsexporte besser zu kontrollieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Einbeziehung des
Bundesgrenzschutzes und der Polizei der Länder drin-
gend geboten. In diesem Zusammenhang ist eine kohä-
rente Politik notwendig.

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(C (D Was die Vermittlung von Waffengeschäften betrifft, önnen die Geschäfte von Deutschen im Ausland nur erchwert oder gar nicht strafrechtlich verfolgt werden. uf internationaler Ebene erscheint es zudem problemasch, dass Bemühungen um eine Höchstgrenze an leinwaffen, die sich im Besitz von Staaten befinden ürfen, von vielen Regierungen abgelehnt werden. Es erden oft nur solche Verfahren akzeptiert, die den illealen Besitz von Kleinwaffen beschränken sollen. Diese erfahren sind allerdings in ein viel zu weit gestricktes ahndungsnetz eingebunden. Dieses Netz viel enger zu assen, müsste Gegenstand der künftigen Bemühungen insichtlich der Kontrolle von Kleinwaffen sein. Wir müssen uns insofern auch auf internationaler bene stärker als bisher auf die Kleinwaffenproblematik onzentrieren. Dazu gehören auch die Entwaffnung und iedereingliederung von Soldaten in Krisenregionen. Lassen Sie mich zum Schluss noch kurz auf das hema Antipersonenminen eingehen. In die Anstrenungen zur Bekämpfung von Minen müssen auch die ber 50 noch aktiven Herstellerländer mit einbezogen erden, die noch immer außen vor sind. Auch muss beücksichtigt werden, dass Minen, die im Grunde zum chutz von Soldaten der kämpfenden Armeen eingesetzt erden, langfristige – um nicht zu sagen: jahrhundertenge – Folgen für die Bevölkerung haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie sehen, wird ie Abrüstung immer wichtiger. Wir danken der Bundesegierung, die den Jahresabrüstungsbericht vorgelegt at, für ihre Bemühungen. Die einzelnen Schritte müsen intensiv weiterverfolgt werden. Wir stehen zu den Vertragssystemen. Denn Verträge ollen bewirken, dass sich die Parteien, die sie untereichnen, vertragen. Deswegen ist es ein Ziel der Veragssysteme, eine entsprechende Rüstungskontrollund brüstungspolitik zu betreiben. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513207500

Das Wort hat jetzt der Kollege Harald Leibrecht von

er FDP-Fraktion.


Harald Leibrecht (FDP):
Rede ID: ID1513207600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine Damen und Herren! Zwischen dem schönfärberi-
chen Jahresabrüstungsbericht der Bundesregierung und
em sehr realistischen und kritischen Antrag von der
PD und den Grünen, der auch von der FDP mitgetragen
ird, besteht eine große Diskrepanz,


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)

ie deutlich macht, dass in Abrüstungsfragen bei der
undesregierung Wunschdenken und Wirklichkeit weit
useinander liegen.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Harald Leibrecht

Die Bundesregierung weist in ihrem Bericht darauf

hin, dass viele ihrer Vorschläge zur Abrüstung auf inter-
nationalen Konferenzen positiv aufgenommen wurden,
so zum Beispiel die Exportkontrollen bei so genannten
Dual-Use-Gütern oder im Bereich der biologischen und
der chemischen Waffen. Diese Erfolge sind zwar lobens-
wert, aber genau genommen nur ein Tropfen auf den hei-
ßen Stein. Abgesehen vom Haager Verhaltenskodex
fand seit Mitte der 90er-Jahre eigentlich kein richtiger
Durchbruch in der Abrüstung statt. Die Abrüstung befin-
det sich heute ziemlich im Stillstand und deshalb – wie
in dem vorliegenden Antrag richtig vermerkt – in der
Krise.


(Beifall bei der FDP)

Zwar wurden in den letzten Jahren zahlreiche interna-

tionale Abkommen über die Ächtung von Waffen, und
zwar im Bereich sowohl der Massenvernichtungswaffen
als auch der Kleinwaffen und der Trägertechnologien,
also der Raketen, unterzeichnet, aber immer nur von
denjenigen Staaten, die im Besitz von wenigen solcher
Waffen sind. Staaten, die es eigentlich betrifft, weigern
sich allzu oft, solchen Abkommen beizutreten. Die
Atommächte Indien, Pakistan und Israel treten dem Ver-
trag zur Verhinderung der Proliferation von Kernwaffen
nicht bei. Mehrere Staaten des Nahen Ostens ratifizieren
nicht das Übereinkommen über das Verbot von biologi-
schen und chemischen Waffen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)

Es ist der entschlossene Wille zur Abrüstung, der vie-

len Ländern oft fehlt. Am deutlichsten wird diese Tatsa-
che bei der Genfer Abrüstungskonferenz. Dort wird seit
sage und schreibe fünf Jahren verhandelt, ohne einen
Durchbruch zu schaffen, nur weil sich die USA und
China nicht über eine Rüstungskontrolle im Weltraum
einigen. Keinen Durchbruch gibt es ebenfalls bei der
Ächtung von Antifahrzeug- und Antipersonenmi-
nen, die nicht über eine so genannte Wirkzeitbegrenzung
verfügen, die sich also nicht nach einer bestimmten Zeit
selber entschärfen. Bedauerlicherweise weigern sich ein-
mal mehr gerade diejenigen Staaten mit dem höchsten
Bestand an Minen, dem Ottawa-Abkommen beizutreten.
Das ist angesichts von fast 12 000 Minenopfern allein im
letzten Jahr traurig. Das ist eine erschreckend hohe Zahl.
Die Dunkelziffer liegt aber sicherlich weitaus höher.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Petra Ernstberger [SPD])


Viele der bestehenden Abrüstungsabkommen dienten
vor allem der Entschärfung des Ost-West-Konfliktes.
Die politische Landschaft hat sich aber – Gott sei Dank –
verändert. Aus früheren Feinden wurden Freunde. Viele
Länder des ehemaligen Warschauer Pakts sind heute
Mitglieder der NATO. Zu Recht wird aber in dem Jah-
resabrüstungsbericht 2003 kritisiert, dass zum Beispiel
Russland seine Truppen noch immer nicht aus Molda-
wien und Georgien abgezogen hat. Diese längst überfäl-
ligen Truppenabzüge wären ebenfalls ein wichtiger Ab-
rüstungsbeitrag und dienten – was Georgien betrifft –
der Entschärfung der Krise im Kaukasus.



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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Die grüne Politik ist hier sehr scheinheilig, wenn man sich die Parteitagsbeschlüsse anguckt!)


Stimmt.
Wenn es der Bundesregierung mit der Abrüstung

rnst wäre, dann müsste sie ihr Augenmerk stärker auf
en Nahen Osten und Asien richten. Nordkorea hat
in weit entwickeltes Atomprogramm und ist der welt-
rößte Proliferateur von Massenvernichtungswaffen. Die
taatengemeinschaft und insbesondere die Bundesregie-
ung müssen solche Länder in die Schranken weisen.
uch der Iran macht uns Sorgen. Als wir vor einem Jahr
m Bundestag über den letzten Jahresabrüstungsbericht
ebattierten, gab uns die iranische Erklärung vom
6. Oktober 2003 noch Hoffnung, dass die iranische Re-
ierung bei ihrem Atomenergieprogramm auf einen ge-
chlossenen Brennstoffkreislauf verzichtet und somit
ein waffenfähiges Material produziert. Inzwischen sind
ir hier nicht mehr allzu zuversichtlich; denn die Über-
achung durch die in Wien ansässige Internationale
tomenergieorganisation gestaltet sich dort als äußerst
chwierig. Gerade heute wird in Wien mit den Iranern
ieder verhandelt. Ich hoffe, dass diesmal gute Ergeb-
isse zustande kommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Bundesregierung muss mit der iranischen Regie-
ung sprechen und auf die Einhaltung internationaler Re-
elungen bestehen. Internationaler Druck, zum Beispiel
urch die erfolgreiche Arbeit der PSI, Proliferation Se-
urity Initiative, verbunden mit der Perspektive auf wirt-
chaftliche Zusammenarbeit, kann zum Erfolg führen,
ie das Beispiel Libyen zeigt. Es zeigt außerdem, dass
ontrollen dann erfolgreich sind, wenn befreundete
taaten in Fragen der Bedrohung durch Massenvernich-
ungswaffen sehr eng zusammenarbeiten. Dabei ist
ichtig, dass bestehende Abrüstungsverträge immer
ieder auf ihre Aktualität überprüft und gegebenenfalls
uf einen neuen Stand gebracht werden.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag

ur Verhinderung der Proliferation von Massenvernich-
ungswaffen geht in die richtige Richtung. Fast ein Jahr
aben wir im Unterausschuss für Abrüstung und Rüs-
ungskontrolle an diesem Antrag gearbeitet und Punkt
ür Punkt verhandelt. Die Arbeit hat sich gelohnt. Heute
iegt uns ein umfassender und zukunftsweisender Antrag
or, der von weiten Teilen dieses Hohen Hauses getra-
en wird. Jetzt liegt es an der Bundesregierung, diese
och gesteckten und ehrgeizigen Abrüstungsziele im In-
eresse der Sicherheit und Stabilität in der Welt durchzu-
etzen.
Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513207700

Das Wort hat der Kollege Winfried Nachtwei vom

Bündnis 90/Die Grünen.


Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513207800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Kollege Leibrecht, in der Tat besteht keine Veranlassung
zur Schönfärberei. Diese allerdings betreibt der Bericht
nach meiner Auffassung keineswegs. Zuvörderst möchte
auch ich unsere Freude darüber zum Ausdruck bringen,
dass wir heute gemeinsam mit einem Teil der Opposi-
tion, der FDP-Fraktion, diesen wichtigen und guten An-
trag zur Nichtproliferation verabschieden können.

Das Jahr 2003 brachte enorme Rückschläge für die
weltweite Rüstungskontrolle und Abrüstung. Der Be-
richt schildert, wie erfolgreich Inspektoren der Vereinten
Nationen und der Internationalen Atomenergiebehörde
im Irak waren und dass nur noch wenige Monate nötig
gewesen wären, um zu sicheren Ergebnissen zu kom-
men. Die US-Regierung erzwang einseitig den Abbruch
der Inspektionen und griff den Irak an. Dies war nicht
nur ein Schlag ins Gesicht der multilateralen Nichtver-
breitung und der Staatengemeinschaft, sondern gab zu-
gleich Gewalt- und Terrorpotenzialen enormen Auftrieb.

Mehrfach angesprochen wurde schon die Stagnation
bei der Genfer Abrüstungskonferenz. Nicht voran
kommt man vor allem beim angestrebten Verbot der Pro-
duktion von Spaltmaterial für Waffenzwecke, aber auch
beim Verbot der Waffenstationierung im Weltraum. Bei
beiden wichtigen Projekten ist die Beteiligung entschei-
dender Player ein regelrechtes Trauerspiel. Gleichwohl
sind hier neue Anstrengungen notwendig.

Aber das Jahr 2003 brachte auch einzelne Fortschritte
und Lichtblicke. Nach längeren Verhandlungen erklärte
Libyen am 19. Dezember letzten Jahres einen umfassen-
den Verzicht auf Massenvernichtungswaffen sowie seine
Bereitschaft, diesen Verzicht auch umfassend verifizie-
ren, also kontrollieren zu lassen. Inzwischen ist Libyen
allen relevanten Verträgen und Konventionen im Bereich
der Nichtverbreitung und Abrüstung beigetreten. Dies
halte ich für einen sehr wichtigen Fortschritt.

Deutliche Fortschritte gab es auch bei der so genann-
ten Abrüstungszusammenarbeit mit der Russischen Fö-
deration. Hier geht es um die Bewältigung von Altlasten
des Kalten Krieges, also von chemischen Kampfstoffen
und den vielen immer mehr verrottenden russischen
Atom-U-Booten. Mit deutscher Hilfe wurde im Novem-
ber 2003 die Vernichtung des gesamten russischen Vor-
rats an Lost, einem Hautkampfstoff, abgeschlossen. In
diesem Bereich ist die Bundesrepublik nach den USA der
zweitgrößte Geber.

Einen dritten Fortschritt stellt die europäische Strate-
gie gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaf-
fen dar. Sie ist ein Beispiel für effektiven Multilateralis-
mus und einen breiten sicherheitspolitischen Ansatz im
Dienste des Systems der Vereinten Nationen.

Der Bericht beschreibt ausführlich Auslandseinsätze
der Bundeswehr. Man fragt sich, was sie mit Rüstungs-
kontrolle und Abrüstung zu tun haben. Sämtliche jetzi-

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(C (D en Bundeswehreinsätze finden in Nachkriegsgesellchaften statt, die ein hohes Konflikt-, Gewaltund affenpotenzial aufweisen. Hier sind die UN-manda ierten Einsätze tatsächlich quasi erste Stufen von Rüsungskontrolle und Abrüstung, die dann, wie zum Beipiel auf dem Balkan zu sehen, durch vertragsgestützte üstungskontrolle und Abrüstung ergänzt werden. In den so genannten Einsatzgebieten stehen Kleinaffen und leichte Waffen im Mittelpunkt. Zu Recht onstatiert der Bericht, dass Kleinwaffen und leichten affen in jedem Jahr viel mehr Menschen zum Opfer allen als allen anderen Waffenkategorien. Man muss daon sprechen, dass Kleinwaffen und leichte Waffen die ealen alltäglichen Massenvernichtungswaffen sind. Es gibt sehr gute Ansätze und Bemühungen, dieser ödlichen Flut Herr zu werden. Hervorragend sind dabei n der Bundesrepublik die Beiträge zum Beispiel vom nternationalen Konversionszentrum Bonn und anderen ichtregierungsorganisationen, von der Gesellschaft für echnische Zusammenarbeit mit ihrem Sektorvorhaben leinwaffenkontrolle und schließlich nicht zuletzt von er Bundeswehr mit dem Zentrum für Verifikationsaufaben. Wer weiß schon, dass im letzten Jahr vonseiten er Bundeswehr 190 000 überschüssige Kleinwaffen icht an andere weiterverscherbelt, sondern vernichtet urden? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Harald Leibrecht [FDP] – Zuruf von der SPD: Im Gegensatz zur alten Bundesregierung!)


as darf allerdings nicht – das muss ich anmerken –
urch zweifelhafte Rüstungsexporte, zum Beispiel nach
audi-Arabien, konterkariert werden.
Insgesamt hat die Kleinwaffenkontrolle in der inter-

ationalen Politik verglichen mit der Nichtverbreitung
in zu geringes Gewicht. Dem müssen wir eindeutig ent-
egenwirken. Deshalb ist es angebracht, dass die Klein-
affenproblematik im nächsten Bericht mehr vorn, an
rominenter Stelle behandelt wird.
Herzlich zu danken habe ich im Namen meiner Frak-

ion den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Auswär-
igen Amtes und anderer befreundeter Ressorts, die zu
ieser Leistung beigetragen haben.
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513207900

Das Wort hat die Kollegin Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1513208000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

ebattieren den Jahresabrüstungsbericht der Regierung
ür das Jahr 2003. Er datiert vom 14. Mai dieses Jahres
nd umfasst nahezu 200 Seiten. Er enthält wichtige
etails über internationale Bemühungen, zum Beispiel
ur Nichtverbreitung von Atomwaffen. Er unterschlägt






(A) )



(B) )


Petra Pau

allerdings erneut wesentliche Widersprüche der rot-grü-
nen Rüstungspolitik.

Ich darf namens der PDS im Bundestag an Folgendes
erinnern: SPD und Grüne waren 1998 mit hehren Zielen
angetreten. Diese fanden Eingang in die politischen
Grundsätze der Bundesregierung für den Export von
Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern vom Januar
2000. Gleich im ersten Satz steht: Die Rüstungsexport-
politik soll restriktiv gestaltet werden. – Nach Berech-
nungen verschiedener Institute liegt die Bundesrepublik
mit ihren Rüstungsexporten weltweit auf Platz drei. Ein
Beleg für eine restriktive Gestaltung ist das nicht; im Ge-
genteil.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben die Richtlinie gar nicht gelesen! Was ist denn im Bündnis, in der EU?)


Die deutsche Rüstungsindustrie exportierte im Be-
richtsjahr Kriegs- und kriegsfähiges Material in über
100 Länder. Auch diese Zahl widerspricht jedem Selbst-
lob aus den Reihen von Rot-Grün.

Aber die Verstöße gegen die eigenen Richtlinien ge-
hen noch tiefer. In diesen Richtlinien steht unmissver-
ständlich: Die Lieferung von Rüstungsgütern wird nicht
genehmigt in Länder, die in bewaffnete Auseinanderset-
zungen verwickelt sind. – Geliefert wurde dennoch zum
Beispiel nach Israel, also in eine Region, die durch
unkalkulierbare Risiken gekennzeichnet ist.

Dieser Tage gab es weitere Schlagzeilen: Deutsche
Konzerne profitieren vom Irakkrieg. – Der Hinter-
grund: Deutsche Rüstungsexporte sind ausgerechnet in
jene Länder gestiegen, die am Irakkrieg beteiligt sind. –
Sagen Sie mir nun nicht, das seien NATO- bzw. EU-
Staaten, also Bündnisstaaten! Die Richtlinien, die Sie
sich selbst gegeben haben, schließen Rüstungsexporte in
alle Länder aus, die in bewaffnete Auseinandersetzungen
verwickelt sind, die nicht von der UNO gedeckt sind.
Der Irakkrieg ist völkerrechtswidrig und zugleich ein
Affront gegen die UNO. Im Interesse der Bundesrepu-
blik ist er auch nicht. Das haben Sie selbst betont. Nach
Ihren eigenen Richtlinien hätten Sie diese Rüstungs-
exporte also dreifach begründet verhindern müssen.

Die Beispiele ließen sich fortsetzen.

(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN]: Das sind sehr schräge Beispiele!)

So ist es kein Wunder, dass in der „Welt“ vom
12. Oktober 2004 genüsslich kommentiert wird:

Rüstungsexport ist kein rot-grünes Reizthema
mehr. Auf Drängen des Kanzlers fallen jetzt reihen-
weise die Tabus.

Das alles verschweigen Sie aber in Ihrem Bericht und
das macht ihn unglaubwürdig. Zugleich frohlockt die
Rüstungslobby. Gerade heute wurde am Rande des Luft-
fahrtkongresses Rot-Grün dafür gelobt, dass es endlich
alle Restriktionen bei Waffenexporten aus dem Weg
schafft.

Das trifft übrigens auch auf das Bombodrom in der
Kyritz-Ruppiner Heide zu; denn genau betrachtet, fällt

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(C (D uch dieser Bombenabwurfplatz, wenn Sie ihn internaional vermarkten, unter die Exportrichtlinien. Danke. (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist ja nun sehr merkwürdig! Dieser Vergleich passt wirklich überhaupt nicht!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513208100

Das Wort hat jetzt der Kollege Erich Fritz von der
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1513208200

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Dem Jahresabrüstungsbericht 2003 kann man ent-
ehmen, dass bei der Entscheidung über den Export
on Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern die
Politischen Grundsätze“ der Bundesregierung vom
9. Januar 2000 die maßgebliche Richtlinie bilden. Ich
in neugierig, wie damit im nächsten Jahresabrüstungs-
ericht umgegangen wird. Man stellt nämlich fest, dass
iese Grundlage in Wirklichkeit immer mehr verwässert
ird und dass Sie, wenn Entscheidungen zu treffen sind,
mmer weniger darauf schauen. Der Bundeskanzler um-
rmt den einen oder anderen Diktator in der Welt, spricht
as Wort „deutsche Interessen“ aus und schon gelten
iese Richtlinien ganz offensichtlich nicht mehr.
Die Zeichen stehen auf Liberalisierung der deut-

chen Exportpraxis. Was kürzlich noch als ausgespro-
hen heikel galt, ist nun fast selbstverständlich. „Die
elt“ fragte in einer Überschrift:

Verliert die rot-grüne Regierung jetzt ihre rüstungs-
exportpolitische Unschuld?

ch denke, diese Frage ist bereits beantwortet.
Wir alle konnten der Presse der letzten Tage und Wo-

hen entnehmen, wie groß das rot-grüne Chaos in der
üstungsexportpolitik ist. Versuche des Parlamentari-
chen Staatssekretärs Schlauch in der gestrigen Sitzung
es Wirtschaftsausschusses, jede Auskunft mit Blick auf
eine Nichtmitgliedschaft im Bundessicherheitsrat zu
erweigern, entlarven doch nur die innerhalb der Bun-
esregierung herrschende Uneinigkeit und Nervosität.
as von Rot-Grün beschlossene formale Ausschlusskri-
erium „Krisengebiet“ oder „Verletzung der Menschen-
echte“ zählt offenbar nicht mehr.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Der Bundessicherheitsrat genehmigt den Export von

0 Fuchs-Transportpanzern in das Kriegsgebiet Irak.
rünen-Parteichefin Roth, bemüht um Schadensbegren-
ung und Beruhigung, sagt dazu: Ausrüstungshilfe ist
ein Rüstungsexport. Das ist eine sehr feine Unterschei-
ung. Ist eine Aufrüstung dieser Fuchs-Panzer ausge-
chlossen? – Nein!
Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen

er Lieferung des Transportpanzers Fuchs an den Irak
nd der nach Israel? Auch diese Frage wollte Herr






(A) )



(B) )


Erich G. Fritz

Schlauch gestern nicht beantworten. Warum? Weil es
keine logische Erklärung für ein solches Vorgehen gibt.

Außerdem wird die mögliche Lieferung von Kampf-
panzern an die Türkei diskutiert. Dazu sagt Außenmi-
nister Fischer, dass die Lage im Lichte der veränderten
Realitäten neu bewertet werden müsse, wenn sich die
Dinge veränderten. Was heißt „im Lichte der veränder-
ten Realitäten“? Amnesty International würde Ihnen sa-
gen, dass es zu früh ist, eine wesentliche Verbesserung
der Menschenrechtslage in der Türkei infolge formaler
gesetzlicher Veränderungen erkennen zu können. Tat-
sächlich gibt es weiterhin vielfältige Berichte über Men-
schenrechtsverletzungen. Auch der Umgang mit den
Kurden verläuft nach wie vor jenseits der gesetzlichen
Regelungen und ist anzuprangern.

Frau Roth kann sich noch so lange darum bemühen,
einen Zusammenhang zwischen einer künftigen EU-Mit-
gliedschaft der Türkei und der Erfüllung der deutschen
Rüstungsexportrichtlinien zu verneinen: Der zeitliche
Zusammenhang zwischen der rot-grünen Unterstützung
des EU-Beitritts und der grundsätzlich positiven Grund-
haltung gegenüber einem Export ist offensichtlich.

Die Beteuerungen in diesem Bereich, es liege noch
kein Antrag vor etc., sind alle ziemlich durchsichtig.
Wenn es eine Anfrage geben wird, dann wird der Bun-
dessicherheitsrat abnicken. Diese Entscheidung ist
längst beschlossen.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Ich sage das
deshalb, damit klar wird, wie widersprüchlich Ihre Poli-
tik ist. Wir haben schon 2000 gesagt, dass es eigentlich
unerträglich ist, der Türkei auf der einen Seite den Status
eines EU-Beitrittskandidaten zu geben, das vollwertige
NATO-Mitglied Türkei als wichtige Säule in dieser Or-
ganisation zu akzeptieren und sich dennoch so zu verhal-
ten, wie Sie es in der Vergangenheit getan haben. Da
korrigieren Sie sich jetzt. Das mag auf Dauer richtig
sein. Auf jeden Fall handelt es sich um eine vollständige
Kehrtwendung.

Meine Damen und Herren, die Diskussionen und Ent-
scheidungen bezüglich Exporten nach China und Libyen
sind ebenfalls beispielhaft für die Unberechenbarkeit
rot-grüner Rüstungsexportpolitik. Wie da geeiert wird,
ist unglaublich. Was da gemacht wird, kann nicht als
verantwortungsvoller Umgang mit Rüstungsgütern be-
zeichnet werden. Immer mehr wird die Erlaubnis zu
Waffenexporten als außenpolitisches Instrument einge-
setzt; ich nenne das Beispiel Libyen. Ist die Aufhebung
des Waffenembargos wirklich die beste Form, um eine
veränderte libysche Haltung anzuerkennen? Muss man
wirklich damit beginnen? Gäbe es nicht viel bessere
Möglichkeiten, zu zeigen, dass man einen neuen Weg
unterstützt, der ja noch nicht einmal von neuen Personen
und politischen Entwicklungen getragen wird?


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


Ich glaube, dass Rüstungsexportkontrolle im Augen-
blick nicht ernst genommen wird.

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(C (D (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und ob!)


atürlich muss man deutlich darauf hinweisen, dass au-
enpolitische, wirtschaftspolitische und sicherheitspoli-
sche Gründe eine Rolle spielen können. Wir haben im-
er davor gewarnt, ausschließlich nach einzelnen ganz
estimmten Kriterien vorzugehen. Eine solche Haltung
t immer falsch. Denn in jedem Einzelfall sind Abwä-
ungsprozesse und Entscheidungen nötig, bei denen nie-
als nur ein Kriterium zugrunde gelegt werden kann.
an muss immer dafür sorgen, dass die Entscheidungen
ohlbegründet sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir brauchen außerdem endlich eine gemeinsame
altung Europas in diesen Fragen. Die Bundesregierung
uss mit massiver Unterstützung auf eine Veränderung
es europäischen Kodex hinarbeiten. Er muss rechtlich
inen solchen Verbindlichkeitsgrad besitzen, dass es
eine nationalen Alleingänge mehr gibt.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das haben wir vor! Verbindlichkeit!)


ine abgestimmte europäische Haltung brauchen wir so-
ohl im Hinblick auf eine Europäische Sicherheits- und
erteidigungspolitik als auch im Hinblick auf ein ge-
einsames Handeln innerhalb des Bündnisses und der
uropäischen Union. Die augenblickliche Situation ist
her von Prinzipienlosigkeit und Wankelmut geprägt.
as ist gefährlich in der Politik. Deshalb bitten wir Sie
arum, Ihre Politik zu ändern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der SPD: Thema verfehlt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513208300

Das Wort hat der Kollege Dr. Rolf Mützenich von der

PD-Fraktion.


Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1513208400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
üstungskontrolle findet nicht im luftleeren Raum statt.
ie ist in die internationale Politik eingebunden. Diese
efindet sich seit dem Fall der Berliner Mauer vor
5 Jahren in einer Phase der Neuorganisation. Nicht
ehr der Ost-West-Konflikt prägt das internationale
ystem; es entstehen vielmehr neue Strukturen. Für die
nternationale Sicherheitspolitik heißt das, verkürzt ge-
agt: Die USA bleiben bis auf weiteres die unbestrittene
eltmacht. Das Land zwischen den Ozeanen kann in der
egel alleine Entscheidungen treffen. Die Folgen aber
aben wir alle zu tragen.
Weiterhin prägt der Zerfall von Staaten das weltweite
onfliktgeschehen; so sind zahlreiche Regionalkon-
likte bis heute ungelöst. Oft werden sie von ethnischen
der religiösen Gegensätzen überhöht. Auch die Ausga-
en für Rüstung und Streitkräfte steigen wieder. Eine
riedensdividende wurde nie irgendwo eingefahren. Und






(A) )


)

Dr. Rolf Mützenich

vor allem: Der internationale Terrorismus bedroht die
Menschheit. Er bringt grenzenlose Gewalt und begüns-
tigt Gewaltbereitschaft.

In diesem Umfeld bewegen sich Abrüstung und Rüs-
tungskontrolle. Nur selten ist hiervon die Rede. Ja, man
kann geradezu sagen, dass sie aus dem Blickfeld der Öf-
fentlichkeit verschwunden sind. Deshalb bin ich froh,
dass wir heute über den Bericht der Bundesregierung
und über den Antrag der Koalitionsfraktionen sprechen
können.

Der Jahresabrüstungsbericht 2003 gibt erneut einen
guten Überblick über die Herausforderungen und die
möglichen Handlungsfelder. Lassen Sie mich deshalb an
die Adresse der CDU/CSU sagen, dass es hier nicht um
die Rüstungsexportpolitik geht. Sie hätten den Bericht
mit Sicherheit besser würdigen können, wenn Sie sich an
dieser Stelle an den Bemühungen der Bundesregierung
orientiert hätten. Ich empfinde es auch angesichts des
Verhaltens und Handelns in den Jahren, in denen Sie die
Verantwortung trugen, als sehr scheinheilig, wie Vertre-
ter von CDU/CSU heute über dieses Thema reden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Unser Antrag konkretisiert und erweitert die Instru-
mente und die Anforderungen an eine umfassende Rüs-
tungskontrolle und Nichtverbreitung. Deshalb be-
grüße ich, dass sich die FDP-Fraktion unserem Antrag
angeschlossen hat. Ich danke auch ausdrücklich den
Kollegen von der CDU/CSU für ihre Bemühungen um
eine Beteiligung ihrer Fraktion. Leider hatten sie zum
Schluss keine ausreichende Unterstützung in ihren Rei-
hen. Dennoch: Wir hatten gute und intensive Beratungen
und darauf lässt sich aufbauen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, obwohl die Rüs-
tungskontrolle vor allem während des Ost-West-Kon-
flikts ihre Wirkung entfalten konnte, bleibt sie auch
heute und in Zukunft ein geeignetes Mittel, Vertrauen,
Kooperation und Sicherheit zu schaffen. Wir Sozialdemo-
kraten wollen die rüstungskontrollpolitischen Instrumente
stärken und ausbauen. Wir brauchen Rüstungskontrolle,
um der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen zu
begegnen, um eine überprüfbare Rüstungsbegrenzung
zwischen den Atommächten zu erreichen, um neue Rüs-
tungsschübe zu verhindern, um technische Fortschritte
zu kontrollieren und um regionale Konflikte und Bürger-
kriege zu befrieden.

Dabei wissen wir: Ohne die USA wird es bei der Rüs-
tungskontrolle keine Fortschritte geben. Leider haben
die Verantwortlichen in Washington derzeit das Interesse
an solchen Regelwerken weitgehend verloren. Die Ver-
einigten Staaten haben sich aus wichtigen Verträgen zu-
rückgezogen. Mehr noch: Zwischen Europa und den
USA gibt es unterschiedliche Abrüstungsstrategien. Die
USA sind sogar bereit, Abrüstungskriege zu führen.
Hierbei wird selbst der Einsatz von Nuklearwaffen nicht
ausgeschlossen. Europa setzt dagegen in erster Linie auf
Diplomatie und Kooperation. Den Einsatz von Zwangs-

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(C (D itteln würden wir nur als letzte Möglichkeit in Betracht iehen. Voraussetzung dafür bleibt jedoch ein entsprehendes Mandat der Vereinten Nationen. Beide, die USA und Europa, können meiner Überzeu ung nach auch über die Rüstungskontrolle wieder zuinander finden. Wir müssen dabei Grundsätze erörtern nd in Erwägung ziehen, die die Bezeichnung „robust“ erdienen. Denn wir wissen, dass Rüstungsbegrenzung hne Verifikation und strenge Regeln nicht funktionieren ann. Die USA hingegen müssen endlich ihre Abneiung gegenüber völkerrechtlichen Verpflichtungen und erträgen aufgeben. Internationale Politik muss wieder erlässlich und berechenbar werden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


Deshalb gehört Rüstungskontrolle – das sage ich an
ie Adresse der Bundesregierung – ganz oben auf die
ransatlantische Tagesordnung. Die Überprüfungskonfe-
enz zum Atomwaffensperrvertrag in wenigen Mona-
en ist sowohl eine Bewährungsprobe als auch eine
hance für ein gemeinsames Vorgehen. Denn Rüstungs-
ontrolle kann nur dann gelingen, wenn Europäer und
merikaner zusammenarbeiten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herausforde-
ungen, denen sich die Staatenwelt gegenübersieht, sind
ffenkundig: Regionalkonflikte bekommen in wachsen-
em Maße eine nukleare Komponente. Nordkorea zün-
elt und auch der Iran begibt sich auf einen gefährlichen
eg. Wir müssen beide Länder aufhalten, mit friedli-
hen Mitteln und ernst gemeinten Angeboten, notfalls
ber auch mit Sanktionen und durch glaubwürdige Ab-
chreckung.
Anfang des Jahres hat Pjöngjang offiziell erklärt, aus

em Atomwaffensperrvertrag auszutreten. Mit dem Aus-
tieg sieht sich Nordkorea von sämtlichen Verpflichtun-
en gegenüber der Internationalen Atomenergieagentur
efreit. Der totalitäre Staat bekennt sich damit offen zu
einem Nuklearprogramm und droht sogar mit Krieg. Es
st gut, dass wegen der Lage auf der koreanischen Halb-
nsel sechs Regierungen an einem Tisch sitzen. Dies darf
icht beendet werden. Der Druck auf Nordkorea muss
ufrechterhalten werden. Wir begrüßen, dass die Volks-
epublik China hierbei eine aktive Rolle übernommen
at. Multilaterales Handeln ist für Asien insgesamt ein
ewinn. Dass die Volksrepublik China hieran mitwirkt,
st gut.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Mit Blick auf den Iran tut die Bundesregierung das
llein Richtige: Dialog und Kooperation, multilaterales
orgehen, Auflagen und Angebote bleiben eine ange-
essene Strategie, um Teheran zur Beendigung seines
rogramms zur Urananreicherung zu veranlassen. Wir
issen aber auch: Solange der Iran die Kontrolle seiner
nlagen erlaubt, bewegt sich das Land innerhalb des

(B)







(A) )



(B) )


Dr. Rolf Mützenich

Atomwaffensperrvertrages, der die friedliche Nutzung
der Kernenergie ausdrücklich vorsieht. Aber der Ver-
dacht, dass der Iran angereichertes Uran für den Bau von
Atombomben nutzen will, besteht weiter. So gibt es im-
mer noch offene Fragen: Warum sind die nuklearen Ak-
tivitäten so dimensioniert? Warum hat der Iran einzelne
Entwicklungen verschleiert? Warum braucht der Iran
Mittelstreckenraketen? Der Iran muss mit der Interna-
tionalen Atomenergiebehörde uneingeschränkt koope-
rieren und bis zur nächsten Sitzung des Gouverneursrats
am 25. November alle Unklarheiten beseitigen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Zur Vertrauensbildung gehören dann aber auch ein Han-
dels- und Kooperationsabkommen sowie ein bedro-
hungsfreies Umfeld. Die Sicherheitsinteressen des Iran
müssen ernst genommen werden.

Herr Kollege Polenz, ich teile Ihre Analyse. Sie haben
bei dieser Analyse nur eines vergessen: Der Iran zählt
für die USA zur „Achse des Bösen“. Ich wäre Ihnen
dankbar gewesen, wenn Sie die USA von dieser Stelle
aus dazu aufgerufen hätten, den Iran von dieser „Achse
des Bösen“ zu nehmen. Im Krieg zwischen dem Iran und
dem Irak sind Massenvernichtungswaffen eingesetzt
worden. Der irakische Diktator Saddam Hussein hat
Chemiewaffen eingesetzt. Dagegen gab es keine Proteste
vonseiten des Westens. Die westliche Völkergemein-
schaft hat es hingenommen, dass andere Staaten im re-
gionalen Umfeld Nuklearmächte geworden sind. Auch
dies gehört zu einer vorurteilsfreien Analyse, wenn wir
den Iran bewegen wollen, auf den Atomwaffensperrver-
trag zurückzukommen.


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Das hat Herr Polenz wirklich gemacht!)


Darüber hinaus braucht die gesamte Region vertrau-
ens- und sicherheitsbildende Maßnahmen. Wir brau-
chen auch und gerade dort Rüstungsbegrenzungen. Die
Beteiligung an neuen Aufrüstungen ist deshalb das fal-
sche Signal. Abrüstung und Rüstungskontrolle können
trotz aller vorhandenen Schwierigkeiten auch im Nahen
und Mittleren Osten dazu beitragen, Konflikte zu be-
grenzen.

Entgegen der allgemeinen Ansicht kann Rüstungs-
kontrolle durchaus auch einen Beitrag zur Bekämpfung
des internationalen Terrorismus leisten. Terroristen
bemühen sich um Massenvernichtungswaffen. Derartige
Anstrengungen zu unterbinden ist auch eine Aufgabe der
Rüstungskontrolle. Zwar binden Verträge nur Staaten,
aber sie sorgen doch für die Sicherheit sensibler Materia-
lien und Technologien. Zusammen mit internationalen
Agenturen können staatliche Instanzen den Zugang zu
derartigen Mitteln verhindern oder erschweren. Die der-
zeit bestehenden Verträge müssen deshalb gestärkt und
ergänzt werden und weitere Bemühungen in völkerrecht-
liche Regeln übertragen werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


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(C (D ir brauchen abgestimmte und nachvollziehbare Reime, um dem internationalen Terrorismus Rüstungsmitel vorzuenthalten. Vertragliche Rüstungsbegrenzung kann weiterhin ei en Beitrag zur Friedenskonsolidierung leisten. Im Abommen von Dayton oder bei der Entwaffnung der Konliktparteien in El Salvador waren Regelungen zur brüstung ein wichtiger Beitrag zum Spannungsabbau. uch für andere Bürgerkriegsgebiete müssen derartige üstungsbegrenzungen entwickelt und umgesetzt weren. Europa ist auf dem Weg zu einer gemeinsamen icherheitsund Verteidigungspolitik. Dies ist ein weiteer Schritt zur Integration. Was aber bedeutet das für die egionale Rüstungskontrolle? Im Entwurf für eine euroäische Verfassung wurden eine Rüstungsagentur und ine automatische Überprüfung nationaler Rüstungsantrengungen verankert. Diese dürfen aber meiner Meiung nach nicht zu neuen Rüstungsschüben in Europa ühren. Im Gegenteil: Wenn wir den europäischen Weg onsequent fortsetzen und multinationale Streitkräfte ollen, muss im Verlauf auch ein Abrüstungsprozess beinnen. Nicht alle Staaten brauchen alle Teilstreitkräfte. eitere Abrüstungen in Europa sind möglich und wünchenswert. Zuvor muss allerdings der angepasste KSE-Vertrag ndlich in Kraft treten. Herr Leibrecht, Sie hatten darauf ingewiesen. Russland muss seine Verpflichtungen erüllen. Aber auch die NATO muss eine verbindliche Erlärung zu den Stationierungsabsichten im baltischen aum abgeben. Die Bundesregierung sollte sich überleen, ob trotz dieser Blockierung nicht bereits jetzt eine atifikation des Vertrages im Bundestag als Zeichen an lle Beteiligten, ihre Haltung zu überdenken, möglich äre. Wir brauchen den Vertrag als Garant konventioeller Stabilität und als Eckpfeiler europäischer Sichereit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Rüstungskontrolle,
brüstung und Nichtverbreitung bleiben notwendig. Ko-
perative Sicherheitspolitik, Transparenz und Verläss-
ichkeit sind heute genauso wichtig wie zu Zeiten des
alten Krieges. Ich danke deshalb der Bundesregierung
ür ihre Bemühungen auf diesem Weg. Auch in den
ommenden Monaten werden kluge und entschlossene
chritte hierfür notwendig sein. Wir werden die Bundes-
egierung dabei unterstützen und aufmerksam begleiten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513208500

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

er Kollege Hans Raidel von der CDU/CSU-Fraktion
as Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Hans Raidel (CSU):
Rede ID: ID1513208600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Im Unterausschuss Abrüstung sind wir uns über
die wesentlichen Ziele eigentlich einig. Kollege Polenz
hat darauf hingewiesen, dass wir diese Themen natürlich
aus verschiedenen Richtungen betrachten. Aber wir wis-
sen insgesamt, wie mühsam und schwierig das Abrüs-
tungsgeschäft und die Rüstungskontrolle sind. Deswe-
gen will ich von dieser Stelle aus allen Beteiligten dafür
danken, dass diese Sisyphusarbeit geleistet wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben bis jetzt aber immer nur gesagt – so auch
heute –, was andere tun sollen. Die Fragen, die an uns
gerichtet sind, lauten: Was müssen wir tun, um in diesen
einzelnen Regimen weiterzukommen? Tun wir genug?


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Hans, du hast doch eben zugehört!)


– Eben. Diese Frage richtet sich an uns; denn wir haben
immer nur über die anderen gesprochen.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


Ich meine, dass wir daraus eine Lehre für unsere
künftige Arbeit ziehen müssen. Das bedeutet, dass bei
diesem Thema auch bei uns Transparenz und Aufklä-
rung einen wichtigen Stellenwert einnehmen müssen.
Wir führen hier eine Insiderdebatte. Wen im Deutschen
Bundestag und in der deutschen Öffentlichkeit interes-
siert dieses Thema wirklich? Wenn Sie draußen und
auch hier fragen: „Was bedeutet Abrüstung und Rüs-
tungskontrolle?“, werden Sie eher auf ein Achselzucken
treffen als eine vernünftige Antwort erhalten. Deswegen
meine ich, dass wir durch die Einbeziehung der Medien
weitere Aufklärung leisten und betreiben müssen. Wir
haben für diese Fragen ein neues Gefühl zu entwickeln.

Zu diesen Themen, die richtig benannt und beschrie-
ben worden sind, gehört die Frage: Wie verhalten wir
uns bei der Aufdeckung, Verfolgung und Austrocknung
von illegalen Geldströmen? Das ist ein ganz wichtiges
Thema. Ein Land kann noch so arm sein; für Waffen ist
offensichtlich immer genügend Geld vorhanden. Wenn
wir es mit der Bekämpfung des Terrorismus, der organi-
sierten Kriminalität, des Fanatismus, des Fundamentalis-
mus etc. ernst meinen, dann müssen wir auch daran den-
ken: Wo sind die Risiken entstanden? Die liegen nicht
immer nur in der Waffentechnik; das ist die Folge, die
Wirkung. Wir müssen vielmehr nach den nichtmilitäri-
schen Sicherheitsrisiken fragen: die demographische
Entwicklung – in den Mittelmeerregionen ist das bei-
spielsweise ein wichtiges Thema –, Armut, Krankheit,
Drogenkriminalität, Menschenhandel. Es geht auch um
Migration, um Bildung, um Strukturpolitik. Tun wir ge-
nügend, um die Ursachen negativer Entwicklungen zu
beseitigen? Ich glaube, dass wir darüber verstärkt nach-
denken müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


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(C (D Heute hat Kollege Nachtwei aus einer anderen Posiion heraus formuliert, wir lebten nicht in einer Welt der ünsche, sondern in einer Welt der harten Realitäten. iehen wir aus diesen Erfahrungen die richtigen Erenntnisse und machen wir die richtigen Lernprozesse? eachten wir das Prinzip von Ursache und Wirkung geügend? Ich glaube, unsere Politik muss auch darauf usgerichtet sein, weitere Schrittmacherdienste bei der NO, der NATO, der OSZE, der EU, der G 8 etc. zu eisten. Die USA und Russland müssen besser partnerchaftlich eingebunden werden. Denn wie ist denn – auch das wurde bereits genannt – ie Situation? Die Kleinen halten die Fahne hoch, soweit ie den Abkommen beigetreten sind, und die Großen auch das muss man einmal deutlich aussprechen – tun ie und da, was sie wollen. Wenn es ihnen nicht in den ram passt, wird ein Thema nach hinten geschoben. ann wird es wieder hervorgezogen, je nachdem, wie ie eigene Sichtweise es erfordert. Multilateralität ist äufig ein Fremdwort, Bilateralität steht häufig im Vorergrund. Ich meine, wir sollten von unserer Seite aus mehr ruck ausüben. Wir sollten uns überlegen: Wie können ir durch wirtschaftliche, entwicklungspolitische, huanitäre und soziale Maßnahmen helfen, um Fehlenticklungen den Nährboden zu entziehen? Ich glaube, ass wir nur mit einem solchen ganzheitlichen Blickfeld atsächlich Abrüstungspolitik betreiben können. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir reden immer über die Folgen, aber zu wenig über
ie Ursachen. Dabei sollte es natürlich gelingen, dass
uropa – Kollege Fritz hat darauf hingewiesen – endlich
it einer Zunge spricht. Die Exportrichtlinien müssen
armonisiert werden, weil sonst die ESVP – ich be-
aupte das von hier aus – nicht ernst genommen wird
nd auch nicht ernst genommen werden kann.
Was wir jetzt brauchen, ist ein strategischer Dialog,

er dieses wichtige Politikfeld wieder ins Scheinwerfer-
icht rückt. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass es
erzeit nur ein „Nebenbeithema“ ist. Es gehört vor allem
ut dazu, die Dinge wirklich beim Namen zu nennen,
ie Konsequenzen zu fordern und mit Sanktionen durch-
usetzen. Nehmen wir nur einmal das Beispiel Sudan.
ie haben es alle – diplomatisch verklausuliert – in den
eitungen gelesen: Die Frage „Ist es ein Völkermord?“
urde mal mit „Eigentlich nicht“, mal mit Ja, mal mit
ein beantwortet. Das Gleiche gilt für die Frage „Tun
ir etwas?“ Vornehm hält man sich, wenn es nicht passt,
urück.
Insgesamt muss das internationale Recht verstärkt
erden. Es muss eine Legitimation geschaffen werden.
ie Staatschefs und die Außenminister sind gefordert,
ieses Thema beispielsweise wieder verstärkt vor die
NO zu bringen. Bezüglich der Behandlung dieser Fra-
en ist die UNO doch fast abgetaucht. Die UNO muss
ieder als Weltbühne installiert und mit Handlungsvoll-
acht ausgestattet werden, was bisher, wie wir wissen,
icht der Fall ist.
Meiner Meinung nach brauchen wir insgesamt ein

eues Denken in neuen Dimensionen der gesamten Si-






(A) )



(B) )


Hans Raidel

cherheitspolitik, sozusagen ein sicherheitspolitisches
Management im 21. Jahrhundert, in dem Friedensent-
wicklung, Krisenprävention, Krisenreaktion, auch die
Stellung des Völkerrechts in internationalen Konflikten,
vor allem die Rolle der Medien, Rüstungskontrolle, Ab-
rüstung und Nichtverbreitung einen wichtigen Baustein
bilden. Deswegen bitte ich unsere Regierung, dass wir
uns einmal gemeinsam zusammensetzen und im Unter-
ausschuss neue Linien entwickeln und sagen, wo wir ste-
hen und wo wir hin wollen.


(Uta Zapf [SPD]: Wir haben das doch gerade getan!)


Ich komme jetzt zum Schluss.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513208700

Herr Kollege Raidel, Sie sind schon am Schluss.


(Heiterkeit des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Hans Raidel (CSU):
Rede ID: ID1513208800

Letzter Satz, Herr Präsident. – Wir hätten diesem An-

trag gerne zugestimmt. Wir haben auch daran mitgear-
beitet. Sie sind jedoch auf wesentliche Gedanken und
Forderungen von uns nicht eingegangen. Deswegen
müssen wir Sie heute bei diesem Schritt allein lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513208900

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/3167 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist offenkundig der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auswärti-
gen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktionen der SPD
und des Bündnisses 90/Die Grünen zur Verhinderung der
Proliferation von Massenvernichtungswaffen durch Ab-
rüstung und kooperative Rüstungskontrolle, Drucksache
15/3967. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
Drucksache 15/1786 in der Ausschussfassung anzuneh-
men. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist die Beschluss-
empfehlung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
und der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der CDU/
CSU-Fraktion und Enthaltung der Kollegin Pau ange-
nommen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Helge
Braun, Katherina Reiche, Thomas Rachel, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
7. EU-Forschungsrahmenprogramm wirksam
ausgestalten
– Drucksache 15/3807 –
Überweisungsvorschlag
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)


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(C (D Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Verteidigungsausschuss Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red er dem Kollegen Helge Braun von der CDU/CSU-Frakion das Wort. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Die Sicherung von Wachstum und Wohlstand in eutschland und in Europa hängt ganz erheblich von eiem Faktor ab, nämlich der Frage, ob wir es schaffen, ie notwendige Innovationskraft zu entwickeln, um uns uch in Zukunft als Hochlohnland und Land, das Spitentechnologie produziert, behaupten zu können. Diese nstrengungen in Deutschland und in Europa können ir jetzt intensivieren, wenn wir im Rahmen der Neurdnung des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms in der ortschreibung des 6. Forschungsrahmenprogramms die eichen richtig stellen. Bei der Ausgestaltung der Veränderungen im Über ang vom 6. zum 7. EU-Forschungsrahmenprogramm ird es zunächst einmal darauf ankommen, Kontinuität u wahren. Viele Antragsteller, die bisher am 6. EU-Forchungsrahmenprogramm teilgenommen haben, mussen sich erst auf die Möglichkeiten der europäischen Forchungsförderung einstellen, mussten Erfahrungen ammeln und wichtige Voraussetzungen schaffen. Desalb ist es das Ziel unseres Antrages und das Ziel der DU/CSU-Fraktion, dass wir im 7. Forschungsrahmenrogramm aus den Erfahrungen des 6. lernen, aber leichzeitig die Kontinuität wahren, die erforderlich ist, m einen lückenlosen Übergang ohne Brüche vom . zum 7. Rahmenprogramm zu ermöglichen. Es besteht aber auch die Notwendigkeit zu Verände ungen. Eine erste sehr wesentliche Veränderung ist die ereinfachung des Antragsverfahrens. Ich hatte zuächst erwogen, Ihnen heute einen Antrag zum 6. EUorschungsrahmenprogramm mitzubringen, habe dann ber überlegt, (Jörg Tauss [SPD]: Sie konnten ihn nicht tragen!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1513209000

ass es mir doch lieber ist, wenn man mich hinter dem
ednerpult noch erkennen kann, und deshalb darauf ver-
ichtet. Wenn die Antragsteller zum Teil berichten, dass
ie einen wissenschaftlichen Mitarbeiter über ein halbes
ahr freistellen müssen, damit er einen Antrag zum For-
chungsrahmenprogramm formuliert, und wenn die An-
ragsteller deutlich machen, dass selbst ein kleines Un-
ernehmen mit einem überschaubaren Antragsvolumen
0 000 Euro und mehr investieren muss, um überhaupt
inen Antrag fertig zu stellen, dann ist klar, dass es we-
er für kleine Betriebe noch für überschaubare For-
chungsorganisationen leistbar ist, einen solchen Antrag






(A) )



(B) )


Helge Braun

zu stellen und damit am Forschungsrahmenprogramm
teilzunehmen, und dass es ein erhebliches finanzielles
Risiko für die Unternehmen und die Forschungsorgani-
sationen ist, wenn ein Antrag am Ende abgelehnt wird.
Deshalb kommt der Vereinfachung des Antragsverfah-
rens im Rahmen des 7. EU-Forschungsrahmenpro-
gramms eine erhebliche Bedeutung zu.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Eine wesentliche Maßnahme zur Vereinfachung des
Antragsverfahrens ist aus unserer Sicht die Einführung
des zweistufigen Antragsverfahrens bzw. dort, wo die-
ses Verfahren schon angewandt wird, die deutliche Aus-
weitung dieses Prinzips. Damit wird das finanzielle Ri-
siko gemindert. Ein Antragsteller kann in der ersten
Stufe erst einmal herausfinden, wie groß eigentlich die
Erfolgsaussichten seines Antrags sind, bevor er dann in
einer zweiten Stufe in dem Umfang, wie ich es eben be-
schrieben habe, einen vollwertigen Antrag für das 7. EU-
Forschungsrahmenprogramm stellt.

Des Weiteren müssen exzellenzferne Kriterien im
7. EU-Forschungsrahmenprogramm deutlich zurückge-
drängt werden. Viele Wissenschaftler haben all die
Dinge, die die Politik im Zeitraum vom 1. bis zum
6. EU-Forschungsrahmenprogramm aufgenommen hat,
nicht im Blick, sondern sehen allein die Exzellenz ihrer
Programme. Wenn Förderungsvorhaben, die zumindest
immer dem Kriterium der wissenschaftlichen Exzellenz
entsprochen hätten, wegen einer großen Zahl exzellenz-
ferner Kriterien abgelehnt werden, dann haben nicht nur
die Wissenschaftler wenig Verständnis dafür, sondern
dann ist auch die Steuerungswirkung sehr fragwürdig.

Daraus ergibt sich direkt die zweite Forderung, die
aus unserer Sicht wichtig ist. Es ist beabsichtigt und für
die CDU/CSU-Fraktion eine elementare Notwendigkeit,
dass die Mittel im 7. EU-Forschungsrahmenprogramm
deutlich aufgestockt werden. Über die Hälfte der An-
tragsteller hat während der letzten Dekade des Pro-
gramms keine Zusage einer Förderung bekommen, ob-
wohl ihnen bescheinigt wurde, dass die Projekte
qualitativ hervorragend und damit förderungswürdig
sind. Wenn man aber den Unternehmen und Forschungs-
organisationen, die einen Antrag stellen, sagt, dass ihre
Programme qualitativ hervorragend und förderungswür-
dig seien, man jedoch kein Geld mehr habe, dann ist
nicht nur das Geld verloren, das sie wegen der hohen
Antragserfordernisse bereits aufbringen mussten, son-
dern dann sind auch die wissenschaftliche Expertise und
die Chancen, die mit diesem Projekt verbunden sind,
verloren. Deshalb fordern wir eine erhebliche Aufsto-
ckung und insgesamt die Verdopplung der Aufwendun-
gen für die Forschungsrahmenprogramme.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Einer der Hauptkritikpunkte, der gerade von kleineren

Kooperationen immer wieder angesprochen wird, wenn
es um exzellenzferne Kriterien geht, ist, dass das 6. EU-
Forschungsrahmenprogramm meistens das Ziel hatte,
besonders große Forschungsnetzwerke zu fördern. Die
Größe allein kann aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion aber

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(C (D icht das entscheidende Kriterium sein. Hier gilt nicht er Wahlspruch: Die Großen fressen die Kleinen. Vielehr gilt: Die Schnellen fressen die Langsamen. Desalb bringen wahrscheinlich gerade kleine Konsortien, ie vernünftige Projekte durchführen und flexibel haneln können, dem europäischen Forschungsraum und em europäischen Wirtschaftsraum mehr als große Konortien mit eher schlechter Handlungsfähigkeit. Die wichtigste Forderung ist aus unserer Sicht, dass ich die Bundesregierung, wenn es um die Festlegung er thematischen Prioritäten im Forschungsrahmenproramm und die Ausgestaltung der Instrumente geht, tensiv mit den Forschungsorganisationen in Deutschnd und den forschenden Unternehmen rückkoppelt. ei der geeigneten Ausgestaltung geht es nicht so sehr m die Interessen der Politik, was alles untersucht weren könnte. Gerade bei der anwendungsnahen Forchung geht es nicht um politische Spielfelder, sondern arum, welche Industrien erfolgversprechend sind und elche Produkte marktnah möglich werden, damit wir in eutschland einen möglichst großen Benefit aus dem rogramm ziehen. Insofern fordere ich Sie auf – auch as ist in der Vergangenheit mehrfach angemahnt woren –, sich intensiv mit den Betroffenen rückzukoppeln, evor Sie als Bundesregierung im November dieses Jahes an den Verhandlungen im Ministerrat teilnehmen, dait der deutsche Anteil an dem, was hinterher herausommt, möglichst groß wird. (Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Das war schon immer so, Herr Braun!)


Neben der anwendungsnahen Forschungsförderung
Forschungsrahmenprogramm setzt sich die CDU/
SU-Fraktion dafür ein, dass ein European Research Coun-
il geschaffen wird, der allein die exzellenzorientierte
rundlagenforschung in Form einer unabhängigen Ein-
ichtung fördert. Die Nobelpreisverleihungen der letzten
ochen haben diese Notwendigkeit eindrucksvoll bestä-
gt. In den naturwissenschaftlichen Fächern sind sieben
obelpreise in die USA und zwei nach Israel gegangen,
ber nicht ein einziger in den Geltungsbereich der Euro-
äischen Union. Das zeigt uns, dass die Grundlagenfor-
chung als Basis für das, was im Forschungsrahmenpro-
ramm behandelt werden kann, verstärkt werden muss.
as Beispiel Israel belegt, dass es nicht so ist, dass wir
Vergleich mit den USA keine Chance hätten, weil
uropa zu klein ist. Vielmehr können auch kleine Län-
er, wenn man es richtig anstellt, hervorragend in der
rsten Liga mitspielen.
Da das Ganze mehr als die Summe seiner Teile ist – so

prach Aristoteles –, fordern wir die Bundesregierung
uf: Wenn Sie in die Verhandlungen zum 7. Forschungs-
ahmenprogramm gehen, berücksichtigen Sie die Inte-
essen der deutschen Forschungswelt, damit Deutsch-
nd ein noch größerer Teil des Ganzen werden kann, als
s beim 6. EU-Forschungsrahmenprogramm der Fall
ar.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513209100

Das Wort hat jetzt die Kollegin Andrea Wicklein von

der SPD-Fraktion.


Andrea Wicklein (SPD):
Rede ID: ID1513209200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Der Zeitpunkt unserer heutigen Debatte über
das 7. EU-Forschungsrahmenprogramm und die europäi-
sche Forschungspolitik ist genau richtig gewählt; denn
dieses Programm wird in den kommenden Monaten in
allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf der
politischen Agenda stehen. Bis Ende dieses Jahres wer-
den wir unsere Vorschläge zu den notwendigen Modali-
täten und Förderschwerpunkten bei der Kommission ein-
zubringen haben. Der Zeitplan steht. Deshalb müssen
und wollen wir uns jetzt aktiv an diesem Prozess beteili-
gen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Dann müssen Sie unserem Antrag zustimmen!)


Die Zukunftschancen Europas im globalen Wettbe-
werb stehen und fallen mit der Frage, ob und wie es uns
gelingt, die europäische Forschungslandschaft kontinu-
ierlich zu stärken und weiter nach vorne zu bringen. Das
hat natürlich auch etwas mit der finanziellen Ausstattung
des Forschungsrahmenprogramms zu tun. Schließlich
geht es um die Frage: Wie gelingt es uns, das in Lissabon
festgelegte Ziel umzusetzen, die europäischen For-
schungs- und Entwicklungsaufwendungen bis zum Jahre
2010 auf insgesamt 3 Prozent des Bruttoinlandsproduk-
tes der EU anzuheben?

Die Kommission hat vorgeschlagen, diese Mittel zu
verdoppeln. Die finanzielle Ausstattung muss verbes-
sert werden. Das wird im Rahmen der Beschlussfassung
über den EU-Haushalt für die Jahre 2007 bis 2013 ent-
schieden. Um mehr Geld für Forschung und Entwick-
lung zu mobilisieren, sollte vor allem darauf geachtet
werden, dass durch die Ausgestaltung des 7. EU-For-
schungsrahmenprogramms starke Impulse für die Stei-
gerung der Forschungs- und Entwicklungsausgaben der
Unternehmen gesetzt werden. Auch durch die Kopplung
des Ausgabenwachstums an das Wachstum der europäi-
schen Wirtschaft werden neue finanzielle Spielräume
entstehen. Schon das laufende 6. EU-Forschungsrah-
menprogramm mit einem Volumen von 20 Milliarden
Euro ist das weltweit größte Förderprogramm für For-
schungsprojekte und unterstützt konsequent europäische
Forschungskooperationen.

Ein paar Zahlen machen den Erfolg deutlich: Jetzt,
zur Halbzeit, verzeichnet die Kommission insgesamt
2 280 geförderte Projekte mit 21 207 teilnehmenden In-
stitutionen. Deutsche Wissenschaftler sind an 80 Prozent
der ausgewählten Vorhaben beteiligt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich denke, das ist eine beachtliche Größenordnung. Das
entspricht insgesamt einem Anteil an den Fördergeldern
von 22 Prozent, während unser Beitragsanteil bei

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(C (D 1 Prozent liegt. Damit liegt Deutschland auf Platz eins, och vor Frankreich und Großbritannien. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Wäre schlimm, wenn das anders wäre!)


Das ist eine sehr positive Bilanz, Herr Kretschmer,
ie zeigt, dass sich unser Engagement in der EU auch
ational auszahlt. Dennoch: Auch hier können und müs-
en wir nachlegen, weil unser wissenschaftliches Poten-
ial bei weitem höher liegt. Unser Ziel muss es daher
ein, jetzt die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass
ieses Potenzial auch genutzt werden kann. Dazu gehört,
ie Mobilität der Wissenschaftler noch intensiver zu
ördern. Das Marie-Curie-Programm ist ein hervorra-
endes Instrument; das sollten wir ausbauen. Deshalb ist
s paradox, wenn Sie, Kolleginnen und Kollegen von der
nion, in Ihrem Antrag einerseits Braindrain beklagen,
ndererseits aber für Mobilität sind. Wer das eine will,
uss das andere auch mögen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch kein Widerspruch! Meine Güte! Was ist das denn! – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Man muss den Antrag nicht nur lesen, man muss ihn auch verstehen!)


orschung ist grenzenlos. Unsere Forscherinnen und
orscher leben sowohl vom europäischen als auch vom
nternationalen Austausch der Gedanken und Ideen.
eshalb müssen wir die Schaffung europäischer und na-
ürlich auch internationaler Forscherkarrieren im Auge
ehalten. Brain-Zirkulation – muss unser Ziel sein, in-
erhalb Europas und darüber hinaus.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Karriereaussichten für die Spitzenkräfte im euro-
äischen Forschungs- und Entwicklungsbereich sind
usgezeichnet. Der Bedarf wird von der Kommission auf
,2 Millionen zusätzliche Mitarbeiter in der Forschung
eschätzt. Damit wir in Deutschland daran partizipieren,
uss es unsere Aufgabe sein, attraktive, leistungs- und
onkurrenzfähige Universitäten und Forschungseinrich-
ungen zu schaffen. Deutschlands Hochschulen müssen
ich zu europäischen Magneten entwickeln. Dabei
ommt der Förderung von Spitzenuniversitäten eine
ntscheidende Bedeutung zu.
Wir haben die Weichen gestellt für die Europäisie-

ung des deutschen Hochschulwesens. Seit dem Regie-
ungsantritt der rot-grünen Koalition 1998 wurden 2 500
achelor- und Masterstudiengänge in Deutschland ein-
erichtet. Das hat die Attraktivität unserer Hochschulen
rhöht. Inzwischen sind die Abschlüsse auch bei den Ar-
eitgebern akzeptiert, wie die jüngst vorgelegte Studie
es DIW belegt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as Gleiche gilt für die internationale Graduiertenaus-
ildung, bei der besonders qualifizierte Nachwuchswis-
enschaftler aus dem In- und Ausland dazu motiviert






(A) )



(B) )


Andrea Wicklein

werden, bei uns zu promovieren. Wir können aber noch
zulegen. Deshalb sind wir für Graduiertenschulen als
Teil des Exzellenzwettbewerbs. An dieser Stelle, meine
Damen und Herren von der Union, blockieren Sie leider.


(Zuruf von der SPD: Schon wieder!)

Aus einer aktuellen Studie geht hervor, dass es immer

noch viele ungeklärte Fragen und Probleme gibt, die zwar
außerhalb des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms lie-
gen, aber in einem direkten Zusammenhang damit ste-
hen. Das geht von ungeklärten Sozialversicherungsrech-
ten über Einreise- und Bleibebestimmungen bis hin zu
Rechten im Zusammenhang mit der Mutterschaft wäh-
rend des Doktorandenstudiums, um hier nur einige Bei-
spiele zu nennen. Diese Fragen müssen auch auf der
politischen Agenda stehen, um Austausch in einem ge-
meinsamen europäischen Forschungsraum zu forcieren.

Die Beteiligung der Wirtschaft, insbesondere die der
kleinen und mittelständischen Unternehmen, ist beim
6. EU-Forschungsrahmenprogramm unbefriedigend, ja
sogar rückläufig. Die Einzelförderung solcher Unterneh-
men, wie in Ihrem Antrag vorgeschlagen, ist sicherlich
kein geeignetes Mittel und sollte der nationalen Förde-
rung vorbehalten bleiben. Vielmehr muss es darum ge-
hen, auch kleinere Zusammenschlüsse und Projekte zu
fördern. Die Auswahl der Förderinstrumente sollte dabei
überwiegend durch die Entscheidung der Antragsteller
erfolgen.

Herr Braun hat gerade schon darüber gesprochen:
Auch die Nutzerfreundlichkeit muss im 7. EU-For-
schungsrahmenprogramm ganz oben auf der Tagesord-
nung stehen. Die Vereinfachung der Regelwerke, die
Entlastung bei der Antragstellung hin zum zweistufigen
Verfahren, die Erleichterung der Abrechnungsmodi,
Transparenz bei den Förderzielen und bei den Förderin-
strumenten – ich glaube, das sind die entscheidenden
Faktoren für die kleinen und mittelständischen Unter-
nehmen; denn oftmals überfordern der hohe Personal-
aufwand und die hohen finanziellen Aufwendungen po-
tenzielle Antragsteller.

Neben Verfahrensfragen stehen natürlich auch die the-
matischen Prioritäten im Mittelpunkt des 7. EU-For-
schungsrahmenprogramms, wie zum Beispiel die Schaf-
fung von europäischen Technologieplattformen, die
Europäisierung der Grundlagenforschung, die Verbesse-
rung und der Ausbau der europäischen Forschungsinfra-
struktur und die Koordination nationalstaatlicher Pro-
gramme. Sie müssen auch finanziell weiterhin dessen
Kernstück bleiben.

Dabei sollten neben den anerkannten Leitlinien die
Themen stärker unterstützt werden, die mit dem europäi-
schen Integrationsprozess, dem gesellschaftlichen und
demographischen Wandel und den globalen Herausforde-
rungen im Zusammenhang stehen. Auf nationaler Ebene
gibt es bereits hervorragende Forschungseinrichtungen,
die sich mit der demographischen Entwicklung, der Bil-
dungs- und Arbeitsforschung sowie der Nachhaltigkeits-
forschung befassen. Es gilt, diese Forschungspotenziale
zu bündeln und daraus ein gemeinsames europäisches

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(C (D issen zu entwickeln. Ich denke, das ist dringend erforerlich. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema der eu-
opäischen Forschungspolitik ist das europäische Zu-
unftsthema. Wir müssen Forschung als gemeinsame eu-
opäische Aufgabe verstehen und die notwendigen
eränderungen mutig angehen. Nationale Forschungs-
uschelecken gehören der Vergangenheit an. Das erfor-
ert in vielen Fragen ein gemeinsames, abgestimmtes
orgehen. Ich freue mich auf die Diskussionen in den
ächsten Wochen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513209300

Das Wort hat jetzt die Kollegin Ulrike Flach von der

DP-Fraktion.

Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1513209400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das

. Forschungsrahmenprogramm der EU ist eine große
hance für die Forschung. Ich glaube, darin sind wir uns
lle völlig einig und da erzählen wir uns gegenseitig
ichts Neues.
Es ist klar, dass wir nur dann mit anderen Regionen in

er Welt mithalten können, wenn wir uns gemeinsam
inter diese Forschungsrahmenprogramme stellen. Die
osten für große Forschungsprojekte und für die For-
chungsinfrastruktur sind national einfach nicht mehr zu
ewerkstelligen. Herr Braun hat das eben schon schön
orgetragen: Die Forschung trägt nach unserer Überzeu-
ung dazu bei, dass wir langfristig zu einer deutlich hö-
eren wirtschaftlichen Dynamik und zur Schaffung von
rbeitsplätzen kommen, und zwar mehr, als wenn wir in
ubventionen investieren würden, seien es nun Subven-
ionen für die Landwirtschaft, für die Agrarwirtschaft
der für die Steinkohle.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Eigenheimzulage!)


Im 6. EU-Forschungsrahmenprogramm gab es einige
chwachpunkte, die wir alle kennen und die ich hier
ur stichwortartig nennen möchte: zu viele Instrumente,
u bürokratische Antragsregeln und eine zu geringe Ori-
ntierung auf KMUs. Diese Schwächen müssen in dem
b 2007 geltenden Forschungsrahmenprogramm vermie-
en werden.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir uns in den gro-

en Linien weitgehend einig sind. Deshalb will ich ei-
ige Punkte herausstellen, bei denen wir als FDP anderer
uffassung sind. Die Bundesregierung hat in ihren
ernforderungen die thematischen Prioritäten hervorge-
oben. Dabei kommt zwar die Luftfahrtforschung vor,
ber nicht die Raumfahrtforschung. Die Grundlagen-
orschung in der Raumfahrt gehört aus unserer Sicht zu
en thematischen Prioritäten, während die angewandte






(A) )



(B) )


Ulrike Flach

Raumfahrt über ESA und nicht zuletzt über private Kon-
sortien betrieben werden sollte.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ebenso – das fällt uns Liberalen eigentlich bei jeder
neuen Diskussion zu Rahmenprogrammen auf – gehört
für uns Euratom mit in die Planung des 7. EU-For-
schungsrahmenprogramms.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch zu allem Unglück drin!)


– In der Stellungnahme der Regierung, lieber Herr Fell,
kommt Euratom nicht vor. Das ist sicherlich auf Ihre se-
gensreiche Tätigkeit zurückzuführen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie haben bereits beim 6. EU-Forschungsrahmenpro-
gramm versucht, Euratom auszublenden. Ich darf des-
halb die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts-
und Sozialausschusses vom 1. Juli zitieren:

Die auf Nutzung der Fusionsenergie ausgerichteten
FuE-Arbeiten sind ein sehr wichtiges Element zu-
künftiger Energiepolitik und sollten deshalb in
den europäischen FuE-Rahmenprogrammen bzw.
Euratom-Forschungs- und -Ausbildungsprogram-
men mit Nachdruck gefördert werden.

Herr Fell, das sollten Sie sich wirklich einmal zu Herzen
nehmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/CSU]: Er wird es noch lernen! – Gegenruf des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Umgekehrt, Herr Mayer! Sie werden es noch lernen!)


Wir legen Wert darauf, dass die Irritationen über die
Finanzierung der embryonalen Stammzellforschung
beseitigt werden. Deutsche Wissenschaftler müssen an
europäischen Forschungsvorhaben teilnehmen können.
Es darf keine Blockadeversuche europäischer Stamm-
zellforschung durch deutsche Bundesregierungen geben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Frau Böhmer wollen wir jetzt einmal erwähnen!)


– Dabei gucke ich nicht zu Ihnen, lieber Herr Tauss, son-
dern zu Herrn Fell. Wenn Frau Böhmer da wäre, hätte
ich selbstverständlich auch in ihre Richtung geguckt.

Besondere Bedeutung sollte im 7. EU-Forschungs-
rahmenprogramm die Grundlagenforschung erhalten.
Wir begrüßen deshalb die Einrichtung der europäischen
Agentur für Grundlagenforschung. Bereits in der Som-
merpause haben wir einen Antrag für einen europäischen
Forschungsrat in den Bundestag eingebracht, damit man
sich auf Prioritäten und Nachrangigkeiten verständigt,
Doppelförderungen und Lücken vermeidet.

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(C (D Staatssekretär Kasparick hat gestern im Ausschuss beim tichwort Galileo erklärt, man könne den Unternehmen icht befehlen, sich an europäischen Ausschreibungen zu eteiligen. Das stimmt. Selbstverständlich sind wir Libealen Ihrer Meinung. Wir sind uns aber auch darin einig, ass der deutsche Anteil an EU-Vergaben proportional u unseren Ausgaben, zur Wirtschaftskraft und zur Beölkerungszahl Deutschlands eindeutig zu gering ist. (Jörg Tauss [SPD]: Die Zahlen haben Sie doch gerade gehört!)


enn gleichzeitig alle Vertreter der Wirtschaft, vor al-
em der KMU, die enorme Bürokratie und die Fehlkon-
truktion von Instrumenten für KMUs beklagen, dann
uss die Bundesregierung handeln und – da bin ich völ-
ig auf Ihrer Seite, Herr Braun – endlich etwas gegen die
berbordende Bürokratie im europäischen Bereich tun.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN])


Lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas zum
DU/CSU-Antrag sagen. Lieber Herr Braun, der Antrag
eichnet sich durch ausgesprochene Detailkenntnis aus,
ber er hat ein deutliches Manko.


(Jörg Tauss [SPD]: Wer hat ihn denn geschrieben?)


ie fordern die deutliche Aufstockung des Forschungs-
rogramms, sodass alle Maßnahmen zusammen eine
erdoppelung der Mittel ergeben. Aber Sie bleiben die
ntwort schuldig, ob Sie bereit sind, der EU entspre-
hend mehr Mittel zur Verfügung zu stellen. Das aber er-
arten wir natürlich von Ihnen.
Wir können für uns sagen: Wir sind an dieser Stelle nahe

usammen, Frau Bulmahn. Es ist richtig, dass wir den An-
il der Bundesrepublik am EU-Haushalt nicht über
Prozent des Bruttonationaleinkommens ansteigen lassen
ollen. So wie wir auf nationaler Ebene eine Umschich-
ung zugunsten von Forschung und Entwicklung wol-
en, muss es auch auf europäischer Ebene laufen.
Europa ist bis zum Jahre 2010 der dynamischste wis-

ensbasierte Wirtschaftsraum; das ist unser gemeinsa-
es Ziel. Das werden wir nur schaffen, liebe Frau
ulmahn, wenn Sie sich energisch an die Spitze setzen.


(Jörg Tauss [SPD]: Sie ist an der Spitze!)

Ich erkenne das beim 7. Forschungsrahmenprogramm

och nicht. Sollten Sie es aber tun, werden Sie die Libe-
alen an Ihrer Seite haben.


(Jörg Tauss [SPD]: Eine Drohung!)

ch bin schon auf Ihre folgenden Ausführungen ge-
pannt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513209500

Das Wort hat der Kollege Hans-Josef Fell von Bünd-

is 90/Die Grünen.






(A) )



(B) )



Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513209600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU/
CSU,


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Zur Stelle!)

in Ihrem Antrag, den Sie heute eingebracht haben, for-
dern Sie die Bundesregierung auf, das 7. EU-For-
schungsrahmenprogramm wirksam auszugestalten. Bei
diesem Ziel gibt es keinen Dissens.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Dann fangen Sie doch mal an!)


Ich muss sagen, dass ich mit vielen Anregungen und
Forderungen mit Ihnen übereinstimme. Trotzdem bin ich
von Ihrem Antrag maßlos enttäuscht.

Ich bin enttäuscht, weil Sie in formalen Aspekten ste-
cken bleiben. Sie geben überhaupt keine Impulse und sa-
gen nicht, welche Forschungsziele wichtig sind. Wo
bleiben denn Ihre Ideen, wie ein Europa der Zukunft
aussehen soll? Nur mit Formalia und rechtlichen Ände-
rungen kommen wir nicht weiter.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Braun, in Ihrer Rede gab es kein Wort zu ir-
gendeinem Themenschwerpunkt. Frau Wicklein und
Frau Flach haben hier große Akzente gesetzt, auch wenn
ich mit Frau Flach in Teilbereichen inhaltlich nicht über-
einstimme. Immerhin hat sie sie thematisiert. Aber die
Union glaubt, Europas Zukunft stabilisieren zu können,
indem man Antragsformulare verbessert und andere Re-
gularien schafft. Ich denke, es ist viel wichtiger, über
Themenschwerpunkte, Inhalte und darüber zu reden, wie
wir die Zukunft Europas gestalten können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich nenne als Beispiel die Biotechnologie. Eine Be-
schränkung auf Gentechnik, Frau Flach, hilft uns hier
nicht weiter. Wir brauchen auch Bionik, ökologische
Züchtungsmethoden für Pflanzen und wir brauchen ohne
Zweifel die weiße Biotechnologie.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Grüne Gentechnik, Herr Fell!)


Wir brauchen endlich eine medizinische Forschung
über vernachlässigte, häufig auftretende Krankheiten.
Das ist für die EU-Kommission ein völlig unbeschriebe-
nes Blatt. Wir brauchen im Bereich der Mobilität endlich
eine Flexibilisierung der Treibstofflandschaft, insbeson-
dere in Anbetracht des Ölproblems, das wir jetzt hautnah
spüren. Hier kann die Forschung enorm viel leisten.

Im Zusammenhang mit der Materialforschung sollten
nachwachsende Rohstoffe endlich in den Forschungska-
talog aufgenommen werden; denn auch hier wird die
Biotechnologie eine große Rolle spielen. Ähnliches gilt
auch für die Nanotechnologie. Wir müssen in der Ener-
gieforschung neue Akzente setzen und dürfen uns nicht
auf einen einzigen Vertrag – Euratom – beziehen.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


as ist eine der größten Absurditäten: Es gibt riesige
orschungsfelder. Die Energieforschung ist ein Feld da-
on. Ein kleiner Teilbereich der Energieforschung be-
rifft die Kernenergie. Die Kernenergie ist aber als einzi-
er Forschungsbereich europaweit durch einen Vertrag
ebunden, der längst nicht mehr zeitgemäß ist.


(Ulrike Flach [FDP]: Das sehen wir natürlich anders!)


amit wird in absurder Weise festgelegt, dass enorme
ittel in eine Technologie investiert werden, die längst
ersagt hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Und parlamentsfrei!)


Wir brauchen aber auch Investitionen in Forschung,
ie den Dienstleistungssektor betrifft. Es gibt europaweit
roße Probleme aufgrund der alternden Gesellschaft. Es
ibt große Probleme im Gesundheitswesen. Wir können
it neuem unternehmerischen Handeln für diese Berei-
he Großes und Neues bewegen, ohne die Sozialkassen
elasten zu müssen. Dies ist auch ein Forschungsaspekt,
er sich im Europa der Zukunft wiederfinden muss.
Ihr Antrag, meine Damen und Herren von der Union,

eigt Ihre grundsätzlich positive Bewertung der europäi-
chen Forschungsförderung mit den üblichen Kritikpunk-
en am 6. Forschungsrahmenprogramm: Das Antragsver-
ahren sei zu kompliziert, die kleinen und mittleren
nternehmen seien zu wenig eingebunden, Europa unter-
tütze die Grundlagenforschung zu wenig. Ich bin mit Ih-
en einer Meinung; das stimmt. Dann aber fordern Sie die
undesregierung auf, in Zukunft mehr Geld zur Verfü-
ung zu stellen. Diese Forderung an die europäische
bene ist leicht einzufordern. Aber in Deutschland, auf
er nationalen Ebene, zeigen Sie sich nicht konstruktiv,
enn es um die Finanzierung neuer Forschung geht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich erinnere an Ihre Blockade bei der beabsichtigten
treichung der Eigenheimzulage. Das spricht doch für
ich selbst.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Fällt Ihnen noch etwas Besseres ein, Herr Fell?)


ir teilen auch die Kritik am zu komplizierten Antrags-
erfahren. Das Bemühen darum, Fehler zu vermeiden
nd neue Anreize zu setzen, wie etwa möglichst viele
ationalitäten zueinander zu bringen, hat bei all der
ichtigkeit der Zielvorstellungen zu einem hohen büro-
ratischen Aufwand geführt. Auch die Forderung nach
tärkung der Beteiligung von kleinen und mittleren Un-
ernehmen teilen wir. Allerdings kann es nicht sein, dass
eren Einzelförderung in das 7. Forschungsrahmenpro-
ramm aufgenommen wird. Das würde zu noch mehr
ürokratie führen.
Viel zielführender ist der Vorschlag, kleine nationale
onsortien von Forschungseinrichtungen und kleinen






(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell

und mittleren Unternehmen zu bilden, die exzellente
Anträge stellen können, damit sie stärker an der Mittel-
vergabe beteiligt werden können. Wir haben ein gutes
Beispiel mit der Arbeitsgemeinschaft industrieller For-
schungseinrichtungen in Deutschland. Dies gilt es, auf
andere Nationen zu übertragen. Es ist eine der Aufgaben
der EU-Kommission, dieses zu leisten.

Zum Thema Braindrain: Sie fordern von der Bundes-
regierung, den Austausch zwischen Wissenschaftlerin-
nen und Wissenschaftlern aus forschenden Unternehmen
und öffentlichen Forschungseinrichtungen weiter zu er-
höhen. Dies soll durch einen deutlichen finanziellen
Ausbau der Fördermaßnahmen umgesetzt werden. Das
reicht aber nicht aus. Auch in diesem Zusammenhang
stellt sich wieder die Frage, wie Sie das Vorhaben finan-
zieren wollen, wenn Sie die Abschaffung der Eigen-
heimzulage blockieren.


(Zuruf von der CDU/CSU: Steinkohle! – Jörg Tauss [SPD]: 2 Milliarden!)


Insofern müssen vor allem die Bundesländer dazu ange-
halten werden, sich im Rahmen der Tarifverhandlungen
endlich für einen Wissenschaftstarif einzusetzen. Das
würde den Weg zu einem erweiterten Austausch zwi-
schen der kommerziellen und der öffentlich finanzierten
Forschung öffnen, ohne dass zusätzliche Kosten verur-
sacht werden.


(Ulrike Flach [FDP]: Da ist die Bundesregierung dran, Herr Fell!)


Wir freuen uns, dass Sie unsere Auffassung teilen,
dass die Aufstockung der Forschungsmittel im Haushalt
der Kommission für die Leistungsfähigkeit des For-
schungsraumes Europa wichtig ist. Umso weniger ver-
stehen wir aber, dass Sie sich der Umschichtung der Mit-
tel aus der Eigenheimzulage in die Forschungsförderung
verweigern. Denn auch damit kann Neues angestoßen
und können alte Zöpfe abgeschnitten werden.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Legen Sie erst einmal einen eigenen Antrag vor!)


Sie verweigern sich einer grundsätzlichen Diskussion
des Themas. Das ist der entscheidende Fehler in Ihrem
Antrag. Eine Zukunft für Europa kann ich bei den in Ih-
rem Antrag genannten Zielen nicht erkennen.


(Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/ CSU]: Weil Sie nicht wollen!)


Dabei hat das 7. Forschungsrahmenprogramm einen
hohen Stellenwert. Es ist deshalb so wichtig, weil mit
dem aktuellen 18-Milliarden-Euro-Etat – man muss sich
einmal vor Augen führen, um wie viel Geld es dabei
geht – entscheidende Weichen gestellt werden. Wir set-
zen uns mit aller Kraft und gemeinsam mit der Ministe-
rin Bulmahn auf der nationalen Ebene für die internatio-
nale Kooperation in Europa ein, sodass wir auch über die
Forschung die Zukunft Europas gut gestalten können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Martin Mayer von er CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich öchte zunächst Frau Kollegin Wicklein dafür danken, ass sie der Union bestätigt hat, ihren Antrag zum richtien Zeitpunkt eingebracht zu haben. ir haben es getan, damit wir dieses Thema bis zum ahresende diskutieren können. Ich möchte auch feststelen, dass im Grundsatz weitgehend Übereinstimmung in er Beurteilung des europäischen Forschungsprogramms esteht. Herr Fell, wenn Sie davon reden, dass die Union eine Vorschläge macht, dann muss ich Ihnen entgegenalten, dass Sie offenbar nichts darüber lesen und auch icht hören wollen, was der Kollege Braun ausgeführt at. Was Ihre Bemerkung angeht, dass die Grünen die flanzenbiologie zum Schwerpunkt machen möchten, ist estzustellen, dass Sie, die Sie das in Deutschland blokieren, sich mit solchen Aussagen lächerlich machen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen gar nicht, was das ist! – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie machen sich lächerlich!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513209700

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Martin Mayer (CSU):
Rede ID: ID1513209800

(Beifall bei der CDU/CSU)


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: So ist es!)


Wir diskutieren heute über die europäische For-
chungsförderung in Rahmenprogrammen. Das
. Forschungsrahmenprogramm hat ein Volumen von
0 Milliarden Euro über fünf Jahre, wobei das Anfangs-
nd das Schlussjahr jeweils als halbes Jahr zählen, so-
ass das Volumen durch vier zu teilen ist. Das entspricht
Milliarden Euro pro Jahr für die europäische For-
chung.
Die Kommission hat in einer Mitteilung vom 16. Juni

ieses Jahres angekündigt, dass sie die europäischen
orschungsmittel verstärken will. Sie hat wörtlich ange-
eben: Für alle Maßnahmen zusammengenommen sol-
en die Mittel verdoppelt werden. – Das ist ein sehr löbli-
hes Vorhaben, aber nur unter einer Bedingung: Die
ufstockung der Forschungsmittel der EU darf keines-
alls zu einer Kürzung der nationalen Forschungsmittel
ühren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

it anderen Worten: Die EU muss die notwendigen Mit-

el aus dem eigenen Haushalt – zum Beispiel aus Struk-
urmitteln – erbringen.


(Jörg Tauss [SPD]: Aus der Landwirtschaft, Herr Mayer!)







(A) )



(B) )


Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)


Im Übrigen ist zu hoffen, dass es dem Vorsatz der

EU-Kommission zur Verdoppelung der Mittel für die
Forschungsförderung nicht ebenso ergeht wie den Wahl-
versprechungen von Rot-Grün, die auch eine Verdoppe-
lung vorsahen. Mittlerweile ist man schon froh, wenn die
Ansätze im Forschungshaushalt unverändert bleiben und
nicht verringert werden müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Da seid ihr die Richtigen! Entschuldigt euch mal für Rüttgers! Dann können wir wieder reden!)


In das 7. Forschungsrahmenprogramm will die Kom-
mission zwei neue Bereiche aufnehmen, und zwar die
Raumfahrt und die Sicherheit. Das ist vernünftig. Spe-
ziell in der Raumfahrt gibt es viele Projekte und Aufga-
ben, die auf nationaler Ebene nicht lösbar sind, sondern
die europäische bzw. internationale Zusammenarbeit er-
fordern. Deshalb gibt es eine europäische Raumfahrt-
agentur, die ESA. Ich meine, dass es nur vernünftig ist,
wenn sich die EU dieses Themas annimmt. Galileo, ein
System von Weltraumsatelliten für die Navigation, ist ja
ein Erfolgsbeispiel bzw. wir hoffen, dass es mithilfe der
Europäischen Union zu einem solchen wird.

Verstärkten finanziellen Einsatz verlangt auch ein an-
deres Forschungsgebiet – das hat Frau Flach schon
angesprochen –, auf dem wie in der Raumfahrt be-
stimmte Projekte nur auf internationaler Ebene geschul-
tert werden können. Das ist die Forschung an der Kern-
fusion zur Energiegewinnung. Zwar wird man erst in
einigen Jahrzehnten mit Strom aus der Kernfusion rech-
nen können. Aber angesichts der Verknappung der Ener-
gieressourcen, die nicht nur gegenwärtig sehr aktuell ist,
sondern sich auch langfristig als dauerhaft abzeichnet,
müssen wir alles tun, um diese neue Stromquelle früher
als derzeit geplant zu erschließen.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir warten schon über 50 Jahre darauf und wir werden noch weiter 50 Jahren warten!)


Die EU muss deshalb den Bau von ITER in Frankreich
tatkräftig unterstützen


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tut sie doch sowieso!)


und gleichzeitig die begleitende Forschung in Deutsch-
land – hier wird ein wesentlicher Beitrag geleistet – zur
Beschleunigung dieses Vorhabens in notwendigem Um-
fang weiter finanzieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Aufgrund ihrer geschichtlichen Entwicklung von ei-

ner Wirtschaftsgemeinschaft zu einer politischen Ge-
meinschaft ist die Förderung der Europäischen Union
bisher mehr auf die anwendungsnahe Forschung konzen-
triert. Die Entwicklung in den USA zeigt aber, dass eine
gemeinsame Grundlagenforschung wichtig ist. Des-
halb sind die Überlegungen der Europäischen Union zu
begrüßen, einen europäischen Forschungsrat zu errich-
ten und ihm die Förderung der Grundlagenforschung zu
übertragen. Allerdings muss die Verteilung der Mittel


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(C (D das möchte ich betonen – nach der wissenschaftlichen ualität, also nach der Exzellenz, erfolgen, so wie das eispielsweise in der Deutschen Forschungsgemeinchaft geschieht, und darf nicht nach nationalen Kriteien oder Schlüsseln vorgenommen werden. Nur dann ird man erfolgreich sein und wird der europäische Forchungsraum dem ehrgeizigen Ziel näher kommen, mit en USA auf gleicher Augenhöhe zu sein. Die europäische Forschungsförderung steht in den ächsten Jahren vor großen Herausforderungen. Die DU/CSU hat mit ihrem Antrag einen soliden (Thomas Rachel [CDU/CSU]: Einen sehr soliden! – Lachen des Abg. Jörg Tauss [SPD] – Jörg Tauss [SPD]: Das war Ironie! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Unterlassen Sie Ihre Ironie da drüben!)


eitfaden für die Diskussion über die künftige europäi-
che Forschungspolitik vorgelegt. Es geht letztlich um
ie Stärkung der europäischen und damit auch der deut-
chen Forschung. Das ist für uns alle eine wichtige Auf-
abe der Zukunftssicherung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513209900

Das Wort hat jetzt die Bundesministerin Edelgard
ulmahn.


(Beifall bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Jetzt wird es seriös!)


Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
nd Forschung:
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten
amen und Herren! Der Europäische Rat hat sich mit
er Erklärung von Lissabon ein sehr ehrgeiziges Ziel ge-
etzt. Europa soll bis zum Jahre 2010 der „wettbewerbs-
ähigste und dynamischste wissensbasierte Wirtschafts-
aum der Welt“ werden. Forschung, Entwicklung und
nnovation sind zentrale Bestandteile einer solchen Stra-
egie. Sowohl die einzelnen EU-Mitgliedstaaten als auch
ie Europäische Kommission müssen ihre Anstrengun-
en in diesen Bereichen deutlich verstärken, um Europas
ettbewerbsfähigkeit zu steigern und um vor allen Din-
en den in Europa lebenden Menschen bessere Lebens-
hancen, also Chancen auf mehr wirtschaftliches Wachs-
um, mehr Beschäftigung und mehr Lebensqualität, zu
röffnen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


arum geht es, wenn wir über das 7. EU-Forschungsrah-
enprogramm hier im Parlament diskutieren.
Ich habe gesagt, dass sowohl die einzelnen EU-Mit-

liedstaaten als auch die Europäische Kommission ihre
nstrengungen verstärken müssen. Die Bundesregie-
ung hat hier schon eine ganze Menge getan. Wir haben
ie richtigen Weichen gestellt und seit 1998 deutlich
ehr Mittel in Bildung, Wissenschaft und Forschung in-






(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

vestiert. Das sind immerhin rund 35 Prozent. Herr
Mayer, an Ihrer Stelle wäre ich etwas leiser.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn ich beispielsweise die Ausgaben für die Hoch-
schulen vergleiche, dann stelle ich fest, dass die Bundes-
regierung von 1998 bis 2003 diese Ausgaben um
23,4 Prozent erhöht hat, während Bayern seine Ausga-
ben nur um 2,9 Prozent gesteigert hat.


(Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/ CSU]: Ist das eine Verdoppelung?)


Dazu sage ich in aller Deutlichkeit

(Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/ CSU]: Sie sollten froh sein, wenn Sie in Niedersachsen solche Hochschulen hätten wie wir in Bayern! – Thomas Rachel [CDU/CSU]: Kehren Sie vor Ihrer eigenen Tür!)


– das richtet sich an Ihre Adresse, lieber Herr Mayer –:
Solange man den Balken im eigenen Auge nicht besei-
tigt hat, sollte man nicht über den Splitter im Auge ande-
rer reden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Bundesregierung hat hier in den vergangenen
Jahren trotz der schwierigen finanziellen Rahmenbedin-
gungen, die Sie alle kennen, eine ganze Menge erreicht.
Trotz der Aufgaben, denen wir in vielen anderen Berei-
chen nachkommen müssen, haben wir hier eine klare
Priorität gesetzt.

Darüber hinaus haben wir mit der Initiative „Partner
für Innovation“ die richtigen Weichen gestellt, um zu er-
reichen, dass Ergebnisse aus der Forschung schneller in
Anwendung kommen, also in Produkte, Verfahren und
Dienstleistungen umgesetzt werden, und um ein innova-
tionsfreundliches Klima in unserem Land zu schaffen.


(Ulrike Flach [FDP]: Aber das haben wir noch nicht!)


Auf der Ebene der EU, meine sehr geehrten Herren
und Damen, sind die Rahmenprogramme der Gemein-
schaft das wichtigste Instrument, mit dem wir unserem
Leitbild eines „Europäischen Forschungs- und Innova-
tionsraums“ näher kommen wollen. Hier stellt sich die
Frage, welche der formulierten Ziele wir bereits erreicht
haben und woran wir noch arbeiten müssen, um diese
Ziele erreichen zu können.

Das derzeitige 6. Forschungsrahmenprogramm,
ausgestattet mit einem Budget von rund 20 Milliarden
Euro, ist für die deutschen Teilnehmerinnen und Teilneh-
mer erfolgreich angelaufen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dies ist ein außerordentlich erfreuliches Ergebnis. Wäh-
rend der Anteil der deutschen Forschung am Budget des
5. Forschungsrahmenprogramms – überwiegend noch

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(C (D nter der alten Kohl-Regierung – bei rund 18 Prozent er Mittel lag, ohne die Fusionsforschung waren es sogar noch deutch weniger –, liegen wir aktuell bei der ersten Auschreibung bei etwa 22 Prozent. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Jörg Tauss [SPD]: 18!)


ies ist eine deutliche Verbesserung der deutschen Posi-
on. Durch intensive Beratungen sowie durch ganz klare
nforderungen an alle Beteiligten haben wir es endlich
eschafft, den Wert zu erreichen, den wir auf jeden Fall
rreichen müssen. Wir finanzieren ungefähr 22 Prozent
es europäischen Haushalts; deshalb müssen wir auch
ine entsprechende Rückflussquote sicherstellen.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Was haben Sie denn für ein Verständnis von Europa?)


Eine Steigerung um 4 Prozent hat es in all den Jahren
avor nicht gegeben. Es ist ein gutes Ergebnis, von
8 auf 22 Prozent zu kommen, Herr Kretschmer.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Rechnen Sie das mal in Prozent aus, Herr Kretschmer!)


Für genauso wichtig halte ich, dass deutsche Forscher
nd Unternehmen an 80 Prozent der Projekte beteiligt
ind, die auf besonders zukunftsorientierte Themenge-
iete wie die Lebenswissenschaften oder die Nanotech-
ologie ausgerichtet sind. Damit bearbeiten unsere deut-
chen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die
ichtigsten Forschungsbereiche für die europäische Zu-
unft und können von ihnen auch profitieren. Dies zeigt,
ass Deutschland über ein exzellentes wissenschaftli-
hes Know-how verfügt und ein wichtiger Partner in der
uropäischen Zusammenarbeit ist. Die Erfolge belegen
Übrigen auch die gute Zusammenarbeit meines
inisteriums mit den Partnern aus Wissenschaft und
irtschaft sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der
urchführung des Forschungsrahmenprogramms.
Auf dieser guten Ausgangsposition wollen wir im

. Forschungsrahmenprogramm aufbauen. Lassen Sie
ich an dieser Stelle die zentralen Forderungen und Er-
artungen nennen, die ich an das künftige Forschungs-
ahmenprogramm richte. Wir müssen den Etat des
. Forschungsrahmenprogramms erhöhen. Dieser Zu-
achs kann allerdings nicht durch höhere Beiträge der
U-Mitgliedstaaten entstehen.


(Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/ CSU]: Sehr richtig!)


aher gilt für die EU-Kommission genauso wie für die
ationalen Haushalte, dass öffentliche Subventionen in
ie Vergangenheit gekürzt und Zukunftsinvestitionen
Forschung und Entwicklung erhöht werden müssen.


(Beifall bei der SPD)

ir müssen in Europa zum Beispiel von den milliarden-
chweren Zuwendungen an die Landwirtschaft wegkom-
en.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn


(Jörg Tauss [SPD]: Das sollte Stoiber-Edi hören!)

Wir müssen hier umsteuern; nur über eine klare Umsteu-
erung können wir unser selbst gestecktes Ziel erreichen,
3 Prozent des Bruttoinlandprodukts in Forschung und
Entwicklung zu investieren. Daher würde ich mich
freuen, wenn der Deutsche Bundestag in dieser Frage
eine einhellige Position verträte.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das 7. Forschungsrahmenprogramm haben wir im
Übrigen – Herr Braun, deshalb habe ich vorhin bei Ihrer
Rede „Guten Morgen“ gedacht – seit ungefähr einein-
halb Jahren in ganz intensiven Arbeitsgesprächen so-
wohl mit Vertretern der Wissenschaft als auch mit Ver-
tretern der Industrie entwickelt. Unsere Positionen sind
in einem engen Arbeitsprozess mit den Akteuren ent-
standen: nicht nur in Gesprächen, sondern auch durch
den Austausch ganz konkreter Papiere und durch Abfra-
gen. Was wir Ihnen vorgelegt haben, entspricht genau
dem Ergebnis dieser intensiven Zusammenarbeit.

Die transnationale projektbezogene Zusammenarbeit
in den für Europa wichtigen Forschungsgebieten muss
weiterhin das Kernstück des Forschungsrahmenpro-
gramms bleiben – das ist mir schon wichtig – und darf
nicht durch andere Aufgaben sozusagen überlagert wer-
den.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/CSU]: Schwacher Beifall!)


Dabei müssen die Felder Priorität haben, die auch als
Wachstumstreiber für neue Beschäftigung gelten und
deshalb eine ganz wichtige Rolle spielen. Das sind vor
allem die Verkehrstechnik, die Verkehrsforschung, die
Informations- und Kommunikationstechnologien und
die Forschung auf diesem Gebiet, die Lebenswissen-
schaften, die Biotechnologie, die Nanotechnologie und
die Bereiche Energie und Umwelt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Darüber gibt es einen breiten Konsens mit allen relevan-
ten Akteuren in der Wissenschaft und in der Industrie.
Das sind die Bereiche, für die wir uns mit Blick auf das
europäische Forschungsrahmenprogramm einsetzen
werden.

Auch die Raumfahrt ist Triebfeder vieler wissen-
schaftlicher und technologischer Entwicklungen. Ich
setze mich ein – das gilt auch für die gesamte Bundesre-
gierung – für ein von der ESA und der EU gemeinsam
getragenes europäisches Raumfahrtprogramm


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


mit einer klaren Aufgabenverteilung zwischen ESA und
EU. Im November dieses Jahres wird es zum ersten Mal
ein European Space Council geben. Ich habe mit mei-

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(C (D em holländischen Kollegen vereinbart, eine solche Situng stattfinden zu lassen. Wir werden auf dieser Situng die ersten Charakteristika eines europäischen aumfahrtprogramms diskutieren. Lassen Sie mich noch eine Anmerkung zu Galileo achen. Wenn es die Kohl-Regierung noch gäbe, hätten ir wahrscheinlich kein europäisches Programm Galileo, ondern würden uns noch immer an dem amerikanischen rogramm beteiligen. (Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/CSU]: Das ist eine große Verdächtigung!)


ass wir ein europäisches Programm haben, ist mit dem
ngagierten Arbeiten der Bundesregierung zu verdan-
en, die sich sehr stark dafür eingesetzt hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/ CSU]: So ein Unsinn! – Ulrike Flach [FDP]: Das ist eine Unterstellung!)


Zur Beteiligung der Industrie: Ich teile die Sorge,
ie hier von einigen geäußert worden ist, nämlich darü-
er, dass die Beteiligung der Industrie am
. Forschungsrahmenprogramm deutlich gesunken ist.
ch halte das für eine Fehlentwicklung. Ich habe das dem
inisterrat und auch der Kommission gegenüber sehr
eutlich gesagt. Diese Fehlentwicklung muss gestoppt
erden. Die Entwicklung muss umgekehrt werden. Des-
alb will ich nicht erst auf das In-Kraft-Treten des
. Forschungsrahmenprogramms warten, sondern habe
ereits auf der letzten Ministerratssitzung beantragt, dass
ie Kommission das gesamte Förderverfahren auf den
rüfstand stellt und neu entwickelt.
Die Kommission hat diesen Vorschlag aufgegriffen.

r ist im Übrigen von allen wichtigen europäischen For-
chungsministerkollegen unterstützt worden. Jetzt fin-
et praktisch ein Überprüfungsverfahren statt, das zum
rgebnis haben muss – ich sage das ausdrücklich –, dass
as Förderverfahren vereinfacht und verkürzt wird. Die
ntwicklung, die wir auch im Deutschen Bundestag im-
er wieder kritisiert haben, darf nicht einfach so weiter-
ehen. Ich hoffe, dass die klare Vereinbarung, die wir
etzt getroffen haben, wirklich ein vereinfachtes Förder-
erfahren zum Ergebnis haben wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich will ein weiteres mir wichtiges Anliegen nennen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513210000

Frau Ministerin, ich muss Sie unterbrechen. Sie haben

atürlich das Recht, weiterzureden, aber die Zeit ist ab-
elaufen. Wenn Sie weiterreden, hätte eine Fraktion das
echt, die Wiedereröffnung der allgemeinen Debatte zu
eantragen.

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
nd Forschung:
Ich möchte kurz noch einen Punkt ansprechen.






(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513210100

Bitte.

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Es geht um die Einrichtung eines europäischen For-
schungsrats. Als Ministerin habe ich die Etablierung ei-
nes solchen europäischen Forschungsrats seit Jahren ver-
fochten und mich dafür eingesetzt. Ich bin sehr froh
darüber, dass es jetzt den Beschluss gibt, einen europäi-
schen Forschungsrat einzurichten, über den wir dann
endlich auch den notwendigen Wettbewerb um Exzel-
lenz in der Grundlagenforschung erreichen werden. Ich
selbst bin zutiefst davon überzeugt, dass dies ein wichti-
ger Schritt zur Bildung eines europäischen Wissen-
schafts- und Forschungsraums und ein wichtiger Schritt
hin zu mehr Exzellenz ist.


(Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/CSU]: In dem Punkt stimmen wir überein!)


Deshalb wünsche ich mir viel Unterstützung bei der Um-
setzung dieser Entscheidung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1513210200

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

der Kollege Michael Kretschmer von der CDU/CSU-
Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1513210300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht

um ein gigantisches Projekt, um 40 Milliarden Euro. Wir
hätten hier und heute doch eigentlich erwartet – auch
deswegen haben wir diesen Antrag eingebracht –, dass
wir einmal hören, was die Bundesregierung will.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben uns auch nicht gesagt, was Sie wollen!)


Frau Bulmahn, es ist wirklich enttäuschend, dass Sie
als die Forschungsministerin des größten Mitgliedslan-
des der Europäischen Union hier zu dem Thema „Wie
geht es mit der Forschung in Europa weiter?“ nichts bei-
zutragen haben. Das ist eine traurige Angelegenheit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir können Sie nur auffordern, über den nationalen

Tellerrand hinauszuschauen

(Jörg Tauss [SPD]: Ausgerechnet Sie und Tel lerrand!)

und einen substanziellen Beitrag zur Beantwortung der
Fragen „Wie entwickelt sich Europa im Bereich der For-
schung weiter?“ bzw. „Was brauchen wir, um Europa
wettbewerbsfähig zu machen?“ zu leisten.


(Beifall der Abg. Vera Dominke [CDU/CSU])


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(C (D Unsere Position ist ganz klar – das können Sie in dieem Antrag nachlesen –: Wir stehen auf dem Standunkt, dass es ein eindeutiger Fehler wäre, die Forchungsförderung in Gänze zu europäisieren. ie ist zuallererst – Herr Fell, Sie haben uns hier eine ielzahl von Themen vorgetragen – eine nationale Aufabe. Die EU-Forschungsförderung kann Versäumnisse n den nationalen Forschungspolitiken nicht ausgleichen. as Forschungsrahmenprogramm muss einen europäichen Mehrwert generieren und kann ausschließlich aditiv und niemals alternativ zur nationalen Forschungsörderung verstanden werden. (Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Wer kommt denn auf so eine Idee? – Dr. Uwe Küster [SPD]: Herr Kretschmer kommt nie ohne Popanz aus!)


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Aus diesem Grund kritisieren wir auch an dieser
telle noch einmal ganz deutlich die Art und Weise, wie
ie mit der Projektförderung in Deutschland umgehen.
n den letzten drei Jahren gab es in diesem Bereich kon-
inuierlich eine Kürzung. Das beschädigt uns und unsere
kteure in Europa ganz massiv.
Sie haben das Beispiel Galileo heute häufig verwen-

et. Galileo ist das beste Beispiel dafür, wie man es
alsch machen kann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ir haben kein nationales Forschungsprogramm im Be-

eich der Navigation von ernst zu nehmender Größen-
rdnung. Auch deswegen sind wir in diesem Bereich,
as Anträge angeht, unterproportional vertreten. Egal
elche Zahlen Sie hier nennen: Das ist ein konkretes
eispiel. Wir liegen auf diesem Gebiet eindeutig hinten,
eil Sie es verpasst haben, den deutschen Akteuren, den
nternehmen und den Forschungsorganisationen, etwas
n die Hand zu geben, damit sie Technologieaufbau be-
reiben und in Europa erfolgreich den Anschluss halten
önnen.


(Jörg Tauss [SPD]: Sie haben nicht zugehört und nehmen nichts zur Kenntnis! Das ist Ihr Problem!)


Europäische Forschungsförderung heißt, dass man
it jedem Euro, den man nach Europa gibt, auch ein
tück Kompetenz an Europa abgibt. Deshalb müssen wir
ns sicher sein, dass dieses Geld gut investiert ist und
ass sich unsere Kriterien in den Instrumenten wider-
piegeln.


(Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/ CSU]: Sehr richtig!)


s geht nämlich nicht darum, Regionalpolitik zu machen
dafür gibt es den Kohäsionsfonds –; es muss vielmehr
m Exzellenz gehen. Diese Exzellenz wollen wir bei den
riterien der Begutachtung und der Mittelvergabe wie-
erfinden.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Michael Kretschmer

Frau Ministerin, damit verbunden ist die entschei-

dende Frage. Es geht nicht um 21 Prozent oder um
22 Prozent, sondern es geht darum: Wie effizient ist die
Forschungsförderung, die von Europa betrieben wird?
Der Kollege Braun hat hier Zahlen genannt, aus denen
hervorging, wie viel Geld und wie viele Aktenordner
man braucht, um in Europa einen Antrag durchzusetzen.
Angesichts dessen kann man doch ernsthaft daran zwei-
feln, dass das, was da passiert, effizient und nach unse-
ren Kriterien sinnvoll ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen erwarten wir von der Bundesministerin,

die in Brüssel verhandelt, dass sie sich intensiv dafür
einsetzt, dass die Vergabekriterien und die Hebelwirkun-
gen nicht nur in Bezug auf die Unternehmen, sondern
vor allen Dingen auch in Bezug auf die Mitgliedstaaten
verbessert werden.

Wir müssen auch darüber nachdenken, was mit den
ärmeren Mitgliedstaaten passiert.


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt denken Sie mal!)

In der Europäischen Union gibt es Länder, deren Anteil
für Forschung und Entwicklung nicht, wie bei uns, bei
2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegt, sondern bei
weit unter 1 Prozent. Wir haben beispielsweise vorge-
schlagen, eine Kompatibilität zwischen Forschungsrah-
menprogramm und dem Kohäsionsfonds herzustellen.
Das würde den Ländern ermöglichen, daran intensiver
beteiligt zu sein.

Ein anderer Vorschlag ist, auf dem Programm Euro-
pean Research Area-Net aufzubauen. Man sollte ganz
deutlich sagen: Ja, wir wollen, dass beispielsweise im
Bereich der Chemie nationale Forschungsprojekte nach
gemeinsamen Kriterien vergeben, zusammengefasst und
gemeinsam verwaltet werden; wenn das der Fall ist,
kann die Europäische Union noch etwas für die For-
schung dazugeben. Das macht Sinn und das wäre eine
interessante Hebelwirkung, mit der nicht nur für Unter-
nehmen, sondern vor allen Dingen für Staaten ein Anreiz
geschaffen werden kann, mehr in Forschung und Ent-
wicklung zu investieren.


(Jörg Tauss [SPD]: Warum haben Sie das nicht in Ihren Antrag reingeschrieben?)


Braindrain ist angesprochen worden. Man kann ei-
nen Antrag natürlich auch fehlinterpretieren, wenn man
das möchte. Wir haben ganz deutlich gesagt: Wir wollen
Mobilität in Europa. Aber der Punkt ist doch, dass die
Leute in unserem Land bleiben und dass es in Europa
vorangeht.


(Jörg Tauss [SPD]: Juniorprofessur! Dagegen klagen Sie doch!)


Die Bedingungen, die derzeit in Europa, aber vor allen
Dingen in Deutschland vorherrschen, sind nicht dazu an-
getan, Menschen eine Zukunft, insbesondere in dem Be-
reich Forschung und Entwicklung, zu eröffnen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D ie können zwar eine ganze Menge auf Europa schieben, ber auch im eigenen Land müssen Sie noch viele Hausufgaben erledigen. Ich kann Sie nur auffordern, sich im nteresse der deutschen Unternehmen und Wissenschafter aktiv einzusetzen und einzubringen. Das wäre in der at im Interesse Deutschlands. Wir wollen von Ihnen zu em Thema, was die Bundesregierung im Bereich der orschung in Europa will, mehr hören als das, was Sie eute hier abgeliefert haben. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Widerspruch bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513210400

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf
rucksache 15/3807 zur federführenden Beratung an
en Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
enabschätzung und zur Mitberatung an den Ausschuss
ür Wirtschaft und Arbeit, den Verteidigungsausschuss,
en Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
chen Union und den Haushaltsausschuss zu überwei-
en. Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der
all, da auch der Kollege Tauss auf weiterführende Vor-
chläge verzichtet.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, sogar ich!)

ann ist die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Ein-
undzwanzigsten Gesetzes zur Änderung
des Bundesausbildungsförderungsgesetzes

(21. BAföGÄndG)

– Drucksache 15/3655 –

(Erste Beratung 126. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung (17. Ausschuss)

– Drucksache 15/3969 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ute Berg
Ursula Sowa
Dr. Christoph Bergner
Cornelia Pieper

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für
iese Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. –
ch höre keinen Widerspruch. Dann können wir so ver-
ahren.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-

ächst der Kollegin Ute Berg für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Ute Berg (SPD):
Rede ID: ID1513210500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Eine Investition in Wissen bringt immer noch die besten
Zinsen –


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


diese Erkenntnis des amerikanischen Politikers und Wis-
senschaftlers Benjamin Franklin ist Leitmotiv der Bil-
dungspolitik der Bundesregierung.

Heute konzentriere ich mich auf einen Teilbereich,
auf die Förderpolitik der Regierung, die darauf abzielt,
allen jungen Menschen, die die Voraussetzungen erfül-
len, die Aufnahme eines Studiums zu ermöglichen. Seit
1998 hat Rot-Grün umfangreiche Maßnahmen ergriffen,
um dieses Ziel zu erreichen. Dabei war die Ausgangs-
lage denkbar schlecht: Unter der unionsgeführten Bun-
desregierung waren die BAföG-Leistungen seit Anfang
der 90er-Jahre kontinuierlich gesunken. Die Ausbil-
dungsförderung, die junge Menschen unterstützen soll,
deren Eltern kein Studium finanzieren können, war na-
hezu zur Bedeutungslosigkeit verkommen.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Hört! Hört!)

In einem ersten Schritt hat die jetzige Bundesregierung
sofort im Jahr 1998 dafür gesorgt, dass die Geförder-
tenquote nicht weiter absank. Die große BAföG-Struk-
turreform im Frühjahr 2001 hat dann für eine beeindru-
ckende Trendwende gesorgt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


So haben Bund und Länder ihre Leistungen für das
BAföG von 1998 bis 2003 fast verdoppelt. Sie sind von
1,2 auf 2,03 Milliarden Euro gestiegen. Mittlerweile be-
kommt fast die Hälfte aller BAföG-Empfänger den
Höchstfördersatz, 1998 war es gerade mal ein Drittel.

Die positive Entwicklung des BAföG ist einer der he-
rausragenden Belege für eine erfolgreiche sozialdemo-
kratische Bildungspolitik. Viel mehr junge Menschen als
zu Zeiten der Kohl-Regierung nehmen diese wichtige
Studienförderung in Anspruch. Die Erhöhung der Be-
darfssätze, die Erweiterung des Empfängerkreises und
die Begrenzung der Rückzahlung auf maximal
10 000 Euro haben einen enormen Run auf die Hoch-
schulen ausgelöst. Besonders wichtig dabei ist: Viel
mehr junge Männer und Frauen aus Elternhäusern mit
geringem Einkommen nehmen seither ein Studium auf
und schließen es auch erfolgreich ab.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diese Investition in die Köpfe junger Menschen
führte dazu, dass wir mehr Studienanfängerinnen und
-anfänger haben. Die Quote ist von 28 Prozent im Jahr
1998 auf 36 Prozent eines Jahrgangs im Jahr 2003 ange-
stiegen. Im selben Zeitraum haben in den Naturwissen-
schaften 72 Prozent und in den Ingenieurwissenschaften
35 Prozent mehr junge Menschen ein Studium aufge-
nommen. Auch bei den Absolventenzahlen gab es deut-

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(C (D iche Zuwächse, allein im letzten Jahr eine Steigerung m immerhin 4,6 Prozent. Von Zeit zu Zeit überprüfen wir nun, ob das Gesetz en Anforderungen der Praxis noch voll entspricht, und ehmen da Änderungen vor, wo es erforderlich ist. Dies st der Hintergrund der jetzt vorliegenden 21. BAföGovelle. Die FDP-Fraktion hat in unserem Ausschuss un die Forderung aufgestellt, gleichzeitig die Bedarfsätze anzuheben. Grundsätzlich halten wir es durchaus ür richtig, in regelmäßigen Abständen auch hier Anpasungen vorzunehmen. Ja! (Dr. Uwe Küster [SPD], zu Abg. Thomas Rachel [CDU/CSU] gewandt: Wo ist da das Aha-Erlebnis? Das ist doch selbstverständlich!)


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Aha!)


b jetzt eine weitere Bedarfsanpassung notwendig ist,
erden wir prüfen, wenn der nächste BAföG-Bericht
orliegt.


(Zuruf des Abg. Thomas Rachel [CDU/CSU])

Herr Rachel zeichnet sich immer durch Ungeduld aus.
ächstes Jahr wird der nächste BAföG-Bericht vorlie-
en. Dann werden wir das prüfen. Auf dieser Grundlage
ann man dann auch fundiert über Anpassungen disku-
ieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn Sie, Herr Rachel, als Mitglied der CDU/CSU-
raktion dazu etwas sagen, kann ich nur laut lachen. Ich
abe Ihnen gerade Ihre beschämenden Zahlen vorgelegt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Thomas Rachel [CDU/ CSU]: Gucken Sie sich erst einmal Ihre eigenen Leistungen an!)


Ich merke, dass Ihnen körperlich unwohl wird, wenn
ber die Erfolge dieser Regierung gesprochen wird.


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

ch kann Ihnen diese Schmerzen nicht ersparen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Glauben Sie das wirklich?)


Das glaube ich.
Mit der heutigen Gesetzesnovellierung verfolgen wir

or allem drei Ziele: erstens Entbürokratisierung, zwei-
ens Rechtsklarheit und Anpassung an das neue Zuwan-
erungsrecht, drittens Verhinderung von Missbrauch.
ie Entbürokratisierung der bisherigen BAföG-Rege-
ungen möchte ich an folgendem Beispiel verdeutlichen:
ünftig können BAföG-Empfänger ihr Studienfach in-
erhalb der ersten zwei Semester ohne Angabe von
ründen wechseln. Warum auch sollte beispielsweise
ine Studentin, die ihr Studium im Fach Theaterwissen-
chaften beginnt und nach einem Semester merkt, dass






(A) )



(B) )


Ute Berg

sie sich stärker für Geschichte interessiert, beim Wechsel
formelle Hürden in den Weg gelegt bekommen? Ein sol-
cher Studienfachwechsel liegt nämlich durchaus nicht
nur im persönlichen Interesse der Studentin, sondern ist
auch gesellschafts- und sogar finanzpolitisch sinnvoll.
Ein Studium, das den eigenen Neigungen entspricht,
wird in aller Regel, wie Sie wissen, zügiger und erfolg-
reicher absolviert als eines, das einem nicht auf den Leib
geschrieben ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Marion Seib [CDU/CSU]: Das habe ich ja bei meiner letzten Rede gesagt!)


Nach jetzigem Recht müsste die Studentin dem zu-
ständigen Amt für Ausbildungsförderung wichtige
Gründe für den Studienfachwechsel darlegen. Das be-
deutete eine zusätzliche Belastung für die junge Frau,
aber auch für das Amt für Ausbildungsförderung, das
diese Gründe dann prüfen müsste. Mit der neuen Rege-
lung entfällt dieses umständliche Verfahren.

Unter integrationspolitischen Gesichtspunkten be-
grüße ich zwei Klarstellungen: Erstens. Künftig zählen
auch ausländische Ehegatten von EU-Bürgern, die in
Deutschland arbeiten, zum Kreis der Förderungsberech-
tigten. Bereits jetzt gehören Kinder von ausländischen
EU-Bürgern und ausländische Ehegatten von Deutschen
dazu. Die Ausweitung dieses Personenkreises ist unter
integrations- und europapolitischen Gesichtspunkten
sinnvoll.

Zweitens. Das neue Zuwanderungsgesetz, das wir im
Sommer gemeinsam mit der Opposition, also mit Ihnen,
verabschiedet haben, erfordert für das BAföG eine Klar-
stellung. Ausländische BAföG-Empfänger, die durch
eine Ehe mit einem oder einer Deutschen oder einem
EU-Bürger bezugsberechtigt sind, erhalten nun auch
nach einer dauerhaften Trennung oder einer Scheidung
weiter BAföG.


(Marion Seib [CDU/CSU]: Kostet 1,5 Millionen Euro!)


Voraussetzung ist natürlich, dass diese Auszubildenden
sich im Einklang mit dem Ausländerrecht in Deutsch-
land aufhalten. Bislang ergab sich diese Regelung nur
aus der Gesetzesbegründung. Mit dem jetzt vorliegenden
eindeutigen Gesetzestext schaffen wir die nötige Rechts-
klarheit.

Bundesrat und CDU/CSU-Fraktion haben aus finan-
ziellen Gründen eine Streichung dieser Regelung gefor-
dert.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Hört! Hört!)

Wir sind für die Beibehaltung, zumal es sich hier ledig-
lich um eine Ersparnis von 1,5 Millionen Euro handeln
würde. Dieser Betrag ist meiner Ansicht nach zu ver-
nachlässigen, wenn man die Konsequenzen betrachtet,
die eine Streichung mit sich brächte. Es besteht nämlich
die Gefahr, dass die Ausbildung dann nicht beendet wer-
den kann. Damit sinkt die Chance auf eine qualifizierte
Arbeitsstelle, die in unserer Gesellschaft einen Platz und
ein eigenständiges Auskommen sichert.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Grietje Bettin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Schließlich haben wir bzw. hat der Standort Deutsch-
and natürlich generell ein Interesse an gut ausgebildeten
enschen. Integrationspolitik mit dem Rotstift, meine
amen und Herren von der CDU/CSU, zahlt sich sicher
icht aus.


(Jörg Tauss [SPD]: Die wissen nicht einmal, wie man „Integration“ schreibt!)


Ich komme zum dritten und letzten Punkt: Vorbeu-
ung von Missbrauch. Uns alle haben im Oktober ver-
angenen Jahres Meldungen aufgeschreckt, die den
nrechtmäßigen Bezug von BAföG-Mitteln durch Schü-
erinnen und Schüler sowie Studierende aufdeckten. In
ausenden Fällen sind Zinseinnahmen aus Vermögen
erschwiegen worden. Die Überprüfung durch die Bun-
esländer hat ergeben, dass Leistungen in Höhe von
60 Millionen Euro gesetzeswidrig bezogen wurden.
ittlerweile sind davon 40 Millionen Euro zurückge-

lossen.
Für die Zukunft müssen wir solche Missbrauchsfälle
öglichst vermeiden. Wir werden deshalb zwei Maß-
ahmen beschließen: Den Ämtern für Ausbildungsförde-
ung ist es nun ausdrücklich gestattet, die Angaben der
uszubildenden beim Bundesamt für Finanzen durch ei-
en Datenabgleich zu überprüfen. Damit wird verhin-
ert, dass Kapitalerträge aus Vermögen verschwiegen
erden. Es wird zudem klargestellt, dass das Verschwei-
en von Einkünften aus Kapitalvermögen eine klare
rdnungswidrigkeit ist.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Grietje Bettin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Abschließend möchte ich zusammenfassen. Mit der
1. BAföG-Novelle werden gesetzliche Änderungen
orgenommen, die der Entbürokratisierung, der Bereini-
ung und Klarstellung sowie der Vermeidung von Miss-
rauch dienen und die darüber hinaus integrationspoli-
isch sinnvoll sind. Mit der BAföG-Strukturreform 2001
aben wir ein wirksames bildungspolitisches Instrument
eschaffen, das wir mit der vorliegenden Novelle noch
ffizienter machen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513210600

Ich erteile das Wort dem Kollegen Dr. Christoph
ergner, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Schauen wir mal!)



Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1513210700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Be-

ichterstatter muss ich angesichts des Inhalts dieser
1. BAföG-Novelle nüchtern feststellen: So gerne ich
ich mit der Bundesregierung über ihre Bildungspolitik






(A) )



(B) )


Dr. Christoph Bergner

streite, so wenig liefert diese Novelle Anlass zu Streit
und Kontroversen, Frau Berg.


(Beifall der Abg. Vera Dominke [CDU/CSU] sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es ist ein Rechtsbereinigungsgesetz.

(Jörg Tauss [SPD]: Das stimmt!)


Wohlwollend kann man von einem Verwaltungsverein-
fachungsgesetz sprechen.


(Jörg Tauss [SPD]: Noch besser!)

Aber all die Aspekte, die Sie zum Anlass für eine

gewisse Selbstbeweihräucherung genommen haben, vor
allen Dingen was die materielle Ausstattung im Stu-
dien- und Ausbildungsbereich angeht, sind nicht Gegen-
stand dieser Regelung. Wir sollten uns darüber klar
werden, dass uns diese Kontroverse nach Vorlage des
16. Berichtes nach § 35 BaföG noch bevorsteht.


(Ute Berg [SPD]: Das kommt ja noch!)

Es hat mich schon ein wenig gewundert, mit welcher

Selbstsicherheit Sie uns schon jetzt das Vorgeplänkel für
eine Kontroverse geliefert haben, die wir erst im nächs-
ten Jahr zu bestreiten haben und die aus meiner Sicht
nicht ganz einfach verlaufen wird. Wie wird der Bericht
beispielsweise die Auswirkungen der Gesundheitsre-
form und anderer Reformmaßnahmen im sozialen Be-
reich auf die Lebenshaltungskosten der Ausbildungssu-
chenden bewerten? Wie wird sich die finanzielle
Situation – beim 15. Bericht war sie so, dass keine An-
passung vorgenommen wurde – auf die zukünftigen Be-
darfssätze und Freibeträge auswirken? Frau Berg, ich
vermute, dass die Stunde der Selbstsicherheit und des
Selbstbeweihräucherns dann vorbei sein wird, wenn wir
tatsächlich über die Zahlen sprechen und Sie hier das
verteidigen müssen, was Sie mit Ihrem Finanzminister
vereinbart haben.


(Ute Berg [SPD]: Warten Sie es mal ab!)

Ich möchte mich jetzt gern den Punkten zuwenden,

die Gegenstand des Gesetzes sind. Ich sagte bereits, dass
es sich um ein Gesetz handelt, das sich auf die Verwal-
tungsorganisation bezieht. Es ist eine ganze Serie von
Maßnahmen vorgesehen, die nicht nur wir, sondern auch
andere für sinnvoll halten. Ich nenne beispielsweise die
Einführung der Regelvermutung für das Vorliegen eines
wichtigen Grundes bei einem Fachrichtungswechsel in
den ersten zwei Semestern, Abschaffung der leider wir-
kungslosen Förderungsausschüsse bei Hochschulen, das
einheitliche Anknüpfen der Wertfeststellung – auch im
Falle von Wertpapieren – an das Datum der Antragstel-
lung und andere Dinge. Auch den Punkt, bei dem es im
vorliegenden Gesetzentwurf um die Klarstellung der da-
tenschutzrechtlichen Zulässigkeit automatisierter Ver-
mögensdatenabgleiche mit dem Bundesamt für Finanzen
zur Verhinderung von Leistungsmissbräuchen geht, sehe
ich mehr als eine Verwaltungsverbesserung an.

Dies alles sind Schritte, über die wir hier keine Kon-
troverse zu führen brauchen. Sie zeigen aber, dass dieser
Gesetzentwurf an dem Maßstab eines Gesetzes zur Ver-
waltungsorganisation gemessen werden muss. In dieser

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(C (D insicht steht er deutlich hinter dem zurück, was man rwarten kann, wenn man Initiativen der Bundesregieung zur Internetfähigkeit öffentlicher Dienstleistungen etrachtet, ie sie beispielsweise in der Initiative Bund Online 2005 um Ausdruck kommen. err Tauss, wenn die heute zur Debatte stehenden Regeungen nun wirklich in diese E-Government-fähigen trukturen eingepasst werden sollen, dann springt der esetzentwurf allerdings entschieden zu kurz. nsofern ist auch an dieser Stelle kein Anlass für Selbstob angebracht, so groß Ihr Bedürfnis nach Selbstlob im inzelnen sein mag. (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Erläutern Sie das doch einmal!)


(Jörg Tauss [SPD]: BAföG!)


(Jörg Tauss [SPD]: Ist doch gut!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben nun, weil bei diesem Gesetzentwurf offen-
undig besonders eine Verwaltungsexpertise gefragt
ar, ein waches Auge auf das Votum derjenigen gewor-
en, die mit dem Vollzug in besonderer Weise vertraut
ind. Das sind die Länder. Wir haben genau aus diesem
runde – und gar nicht so sehr aufgrund einer unmittel-
aren Detailprüfung in der Fraktion, die wir hätten ma-
hen können – gesagt: Wir möchten die drei mehrheits-
ähigen Änderungsanträge aus der Stellungnahme des
undesrates zum Gegenstand von Änderungsanträgen
achen, und zwar deshalb, weil wir der Meinung sind,
ass die Länder so nahe an der Problematik sind, dass
an ihren Vorschlägen hinsichtlich der Verwaltungsöko-
omie folgen sollte. Das betrifft erstens den Vorschlag
iner anderen Vorgehensweise bei der Anrechnung von
ufwendungen privat Teilversicherter, als es im Gesetz-
ntwurf vorgesehen ist, zweitens die Berücksichtigung
er Kosten, die einige Vorgaben bewirken – insbeson-
ere geht es darum, ob der Anspruch der Förderfähigkeit
usländischer Ehepartner scheidungsunabhängig erhal-
en bleiben soll –, sowie drittens die Anrechnung lebens-
edarfssichernder Leistungen von Arbeitslosengeld und
rankengeld.
Wie gesagt, diejenigen, die mit dieser Materie viel zu

un haben – wir sprechen ja zurzeit mit großem Engage-
ent über Föderalismusfragen –, haben ihr Votum für
iese Änderungen abgegeben. Wir hätten uns ge-
ünscht, dass sich im Ausschuss eine Mehrheit dafür
indet, dieses Votum ernst zu nehmen. Dies ist leider
icht der Fall gewesen. Dies führt nun bei uns nicht zur
blehnung dieser kleinen Trippelschrittchen, die mit den
brigen Vorschlägen verbunden sind. Wir werden uns
ielmehr der Stimme enthalten. Aber dies sollte für Sie
nlass sein, nun nicht in große Begeisterungsstürme
ber das auszubrechen, was Sie hier getan haben. Es ist
in Gesetz der kleinen Schritte. Auch kleine Schritte
önnen begrüßt werden.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Geben Sie sich einen Ruck!)







(A) )



(B) )


Dr. Christoph Bergner

Wir wünschen uns bloß größere.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513210800

Das Wort hat nun die Kollegin Grietje Bettin, Bünd-

nis 90/Die Grünen.


Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513210900

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! In diesem Jahr werden durch das BAföG
777 000 junge Menschen in ihrer Ausbildung gefördert.
Das sind 22,5 Prozent mehr als vor der Reform des
BAföG im Jahr 2001. Ich finde, das darf in einer solchen
Diskussion positiv erwähnt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Können Sie die Zahlen noch einmal für den Herrn Kollegen Bergner wiederholen?)


Ein ganz besonders schöner Erfolg ist, dass fast die
Hälfte aller Geförderten den vollen Förderbetrag erhält.
1998, noch unter der Kohl-Regierung und unter Rüttgers
Federführung, hat gerade einmal ein Drittel der Geför-
derten die Förderhöchstsumme erhalten. Auch wenn Sie
es natürlich nicht zugeben können, liebe Kolleginnen
und Kollegen von der Opposition: Sie hatten das BAföG
nahezu bis zur Unkenntlichkeit gestutzt und gerupft.
Seitdem Rot-Grün an der Regierung ist, ist auch das
BAföG wieder das, was es eigentlich sein soll: ein wich-
tiger Beitrag dafür, dass die Leistungsfähigkeit eines
jungen Menschen darüber entscheidet, ob er studieren
kann, und nicht der Geldbeutel der Eltern.

Die Ausbildungsförderung ist auch Thema in der
Föderalismuskommission. Die Länder möchten diese
– wie auch vieles andere – gerne in die eigenen Hände
nehmen.


(Marion Seib [CDU/CSU]: Oh! Oh! Das ist aber eine Fehlinformation!)


Selbstverständlich soll der Bund das Geld dafür nach
wie vor bereitstellen. Die Länder wollen damit dann nur
ihre Landeskinder fördern, also diejenigen, die bei ihnen
Abitur gemacht haben.

Eines aber ist doch völlig klar: Kleine und struktur-
schwache Länder können keine Ausbildungsförderung
auf stabilem Niveau garantieren. Das würde dazu führen,
dass das BAföG je nach Kassenlage des jeweiligen Lan-
des gemacht würde. Die Abiturientin aus Greifswald
hätte dann schlechte Chancen, eine Ausbildungsförde-
rung für ein Studium im teuren München zu bekommen.

Dabei diskutieren wir auf europäischer Ebene gerade
darüber, wie wir die Ausbildungsförderung noch europa-
tauglicher machen können, wie wir jedem Studierendem
ein Auslandsstudium ermöglichen können, egal woher er
kommt und in welchem Land seine Hochschule liegt. Es
wäre aus unserer Sicht absurd und anachronistisch, wenn
die Mobilität innerhalb Deutschlands jetzt durch 16 ver-

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(C (D chiedene Fördergesetze erschwert würde. Meiner Einchätzung nach schaffen wir dann, wenn wir den Vorstelungen der Länder folgen, kein zukunftsfähiges tudiensystem. Dasselbe gilt für den Streit um die Studiengebühren. ch frage Sie: Wenn Sie sozialverträgliche Studiengeühren einführen wollen, indem Sie ein Stipendiensysem errichten – wozu es, nebenbei gesagt, derzeit noch berhaupt keine Konzepte gibt –, und wenn Sie gleicheitig die Studiengebühren voll an die Hochschulen ausahlen wollen, was ich auch für völlig unrealistisch halte fragen Sie dazu einmal Ihre Finanzminister –, wie wolen Sie Ihr Stipendiensystem denn dann finanzieren? twa von dem Geld, das der Bund bislang für das AföG ausgibt? (Cornelia Pieper [FDP]: Durch Unternehmen zum Beispiel! Kreditanstalt für Wiederaufbau!)


ollen die Stipendien also mit den Ausbildungsförder-
eldern bezahlt werden? Man sieht: Hier gibt es bei Ih-
en in der Union mindestens genau so viele Widersprü-
he und Ungereimtheiten wie in der Gesundheits- und
teuerpolitik.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)

Die heute zur Debatte stehende 21. Novelle der Aus-

ildungsförderung sollte eigentlich rein technischer Na-
ur sein. Wir begrüßen ausdrücklich den Abbau von
ürokratie, indem bei einem Fachwechsel in den ersten
emestern automatisch von dem Vorliegen eines wichti-
en Grundes ausgegangen wird. Genauso sachgerecht ist
ie einheitliche Stichtagsregelung für die Erhebung von
ermögen. Schade, aber unausweichlich ist die Abschaf-
ung der Förderungsausschüsse. Wir sollten überlegen,
ie weiterhin die Stimmen der Betroffenen, besonders
ie der Studierenden, bei der Weiterentwicklung des
AföG gehört werden können.
Dringend ist diese Novelle aber, weil einige Bundes-

änder den so genannten Datenabgleich missbrauchen,
m Studierende zu kriminalisieren. Wer zum Beispiel in
ayern wissentlich oder unwissentlich falsche Angaben
u seinen Vermögensverhältnissen macht, kommt dort
leich vor den Kadi und muss fürchten, wegen solch ei-
es vergleichsweise kleinen Vergehens vorbestraft zu
erden. Sorry, aber das grenzt in meinen Augen fast an
erfolgungswahn. Jetzt sind nicht mehr nur à la
eckstein alle Migranten und Migrantinnen potenzielle
erbrecher, sondern auch noch die Studierenden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sein Vermögen geringer anzugeben, um BAföG zu
rschleichen, ist unsolidarisch und sollte durchaus
chmerzhaft geahndet werden. Mit krimineller Energie
at dies aber nicht allzu viel zu tun. Jungen Leuten mit
iner Vorstrafe die Zukunft zu verbauen ist lächerlich
nd völlig überzogen. In anderen Ländern geht man we-
entlich weiser und gelassener damit um. Wer gut mit






(A) )



(B) )


Grietje Bettin

den Behörden zusammenarbeitet, braucht zum Beispiel
in Schleswig-Holstein keine Strafe zu fürchten.

Der vorliegende Gesetzentwurf gebietet künftig den
bayerischen Auswüchsen Einhalt.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Es gehört eigentlich gerügt, hier „bayerische Auswüchse“ zu sagen!)


Falsche Angaben werden nun einheitlich mit Bußgeld-
strafen geahndet. Das ist der Sache aus grüner Sicht an-
gemessen.

Diese Novelle wird nicht die letzte sein, die eine rot-
grüne Bundesregierung in Sachen Ausbildungsförderung
in Angriff nimmt. Wie wäre es, wenn auch gerade die
CSU – statt ihre reflexartigen Vorbehalte gegen Studie-
rende auszuleben –


(Marion Seib [CDU/CSU]: Darum sind wir das beliebteste Studienland!)


lieber konstruktiv an einer zukunftsfähigen und europa-
tauglichen Ausbildungsförderung mitarbeitet!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir jedenfalls haben unsere Hausaufgaben in diesem
Punkt gemacht.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513211000

Das Wort hat nun die Kollegin Cornelia Pieper, FDP-

Fraktion.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Aber jetzt sachlich bleiben! Mühe geben!)


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1513211100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die

Regierungskoalition habe ich eine gute und eine
schlechte Nachricht.


(Jörg Tauss [SPD]: Neue Umfrageergebnisse?)

Die gute Nachricht für Sie lautet: Die FDP-Fraktion wird
dem 21. BAföG-Änderungsgesetz zustimmen.


(Beifall des Abg. Dirk Niebel [FDP] sowie bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das Gesetz verfolgt im Wesentlichen nämlich das Ziel,
eine kleinere Rechtsbereinigung vorzunehmen, um den
Verwaltungsvollzug zu erleichtern. Dies wird von uns
als ein Schritt in die richtige Richtung begrüßt. Einer
Verwaltungsvereinfachung können wir uns als FDP,
die Bürokratie abbauen will, nicht verschließen.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Sie reden davon, wir machen es!)


Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare, Formulare. –
Das muss endlich ein Ende haben.

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(C (D ch will die Verwaltungsvereinfachungen jetzt nicht och einmal im Einzelnen aufzählen, das haben meine orredner bereits getan. Im Gegensatz zur Union begrüßen wir ausdrücklich ie Tatsache, dass ausländische Studierende, die mit eiem oder einer Deutschen verheiratet waren und einen egalen Aufenthaltsanspruch in Deutschland erworben aben, weiter BAföG beziehen können. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall des Abg. Dirk Niebel [FDP])


ir verstehen den Widerstand der Union in diesem
unkt nicht; denn der infrage kommende Personenkreis
st überschaubar, hat einen legalen Aufenthaltstitel und
st besonders gut integriert, bildungsfähig und bildungs-
illig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


enau das ist auch das Ziel des Zuwanderungsgesetzes:
ir wollen den Fachkräftemangel, der sich zukünftig
ufgrund der demographischen Situation ergeben wird,
it integrationsfähigen Ausländerinnen und Ausländern
ewältigen lernen.
Jetzt kommt die schlechte Nachricht für Sie, meine
amen und Herren von der Regierungskoalition:


(Jörg Tauss [SPD]: Dann reicht es jetzt! Lassen Sie es mal so stehen!)


uch wenn wir ihm zustimmen, Ihr Gesetzentwurf ist
icht der große Wurf, er ist kein Meilenstein.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das Studentenwerk stellt zu Recht fest: Von dem ers-
n Gesetzentwurf einer BAföG-Novelle dieser Legisla-
rperiode wäre mehr zu erwarten gewesen. Seit 2001
at sich beim BAföG nichts mehr bewegt. Die Ministe-
in und das BMBF bleiben auf ihrer Webseite dennoch
ei dem alten Slogan: „einfach – besser – mehr“.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

umindest in Bezug auf das „mehr“ ist das eine grobe Ir-
eführung der Studierenden in diesem Land.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

aut Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks
ind von 2000 bis 2003 – diese Ergebnisse lassen sich
uf den Zeitraum von 2001 bis heute übertragen – die
ebenshaltungskosten der Studierenden deutlich ange-
tiegen: um mehr als 10 Prozent bei den Mieten und
ehr als 20 Prozent bei den Lebensmitteln. Die Euro-
mstellung hat ihre Auswirkungen. Das BAföG ist seit
001 eingefroren. Tatsächlich haben wir also nicht ein
ehr an BAföG, sondern ein Weniger. Auch im Haus-
alt 2005 ist keine Anpassung, sondern ein weiteres Ein-
rieren geplant. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit
nd angesichts der erfreulicherweise steigenden Studier-
illigkeit bezweifle ich, dass die Haushaltsansätze 2005
elbst auf der Basis des eingefrorenen BAföG reichen






(A) )



(B) )


Cornelia Pieper

werden, meine Damen und Herren von der Regierungs-
koalition.

Ihr Hinweis auf den ausstehenden 16. Bericht über die
Einkommens- und Preisentwicklung ist aus meiner Sicht
der Dinge angesichts der derzeitigen Situation eine bloße
Ausrede. Es gibt viele Fakten, die nachweisen, dass wir
endlich eine Erhöhung der Bedarfssätze und der Freibe-
tr
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1513211200
Frau Ministe-
rin Bulmahn hat eine echte BAföG-Reform gefordert –
eine große Reform, einen großen Wurf. Was heißt denn
das? Für uns heißt das – Sie stimmen dem ja eigentlich
zu, Sie tun aber nichts –: Wir wollen endlich eine eltern-
unabhängige Förderung und zinsvergünstigte Darle-
hen für Studierende. Für solch ein Reformwerk muss
diese Bundesregierung agieren, nicht für kleine Schritte.
Darauf werden wir jedenfalls in Zukunft setzen. Wir be-
reiten einen Gesetzentwurf in der Sache für eine echte
BAföG-Reform vor.


(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung sollte

ihre Selbstdarstellung den Realitäten anpassen; das
würde der Politik im Sinne der Glaubwürdigkeit insge-
samt nutzen. Der BAföG-Slogan sollte schnellstens ge-
ändert werden in: „ein bisschen einfacher – sonst wie ge-
habt – nur leider weniger“. Dennoch, als kleinem Schritt
in die richtige Richtung stimmen wir dem Gesetzentwurf
zu.

Danke.

(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513211300

Für die Bundesregierung spricht nun der Parlamenta-

rische Staatssekretär Ulrich Kasparick.

(Beifall bei der SPD)


U
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1513211400


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Bergner hat seine
Rede mit dem Satz begonnen, es gibt in der Sache wenig
Grund zum Dissens. Das freut uns sehr. Ich wünschte
mir, dass er auch den nächsten Schritt geht, sich ein Herz
fasst und nicht bei Stimmenthaltung bleibt, sondern zu-
stimmt.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Trauen Sie sich! Die FDP ist schon an unserer Seite;
denn durch das, was wir hier tun, nehmen wir in ein paar
wichtigen Punkten eine notwendige Gesetzesbereini-
gung vor.

Lassen Sie mich nun etwas zum veränderten politi-
schen Klima im Zusammenhang mit dem Studium in
Deutschland sagen. Ich glaube, die eigentlich wichtige
Nachricht, an die man, wenn man zwischendurch Bilanz
zieht, erinnern muss, ist folgende: In der Tat haben wir
1998 eine ziemlich große Baustelle vorgefunden.

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(C (D (Jörg Tauss [SPD]: Eine Abbruchstelle! – Renate Blank [CDU/CSU]: Jetzt seid ihr doch schon sechs Jahre dran, oder nicht?)


chritt für Schritt haben wir versucht, in einem ganz
ichtigen Punkt besser zu werden. Wir sind mit einem
roßen Projekt unterwegs, das die jungen Leute, die uns
uch hier zuhören, betrifft. Es geht darum, wie wir ange-
ichts einer dramatisch alternden Bevölkerung den Le-
ensstandard in unserer Gesellschaft sichern können.
Wir sagen, wir können den Lebensstandard, den wir

n Deutschland haben, nur halten, wenn wir in Ausbil-
ung, Forschung und Weiterbildung investieren. Des-
alb haben wir gesagt: Wir müssen eine große nationale
raftanstrengung aufbringen und die Mittel von Subven-
ionen und alten politischen Tatbeständen in Zukunftsin-
estitionen umschichten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eshalb hat es eine BAföG-Novelle gegeben. Denjeni-
en, die, was unsere Politikerfachworte angeht, nicht so
undig sind, sage ich: Beim BAföG handelt es sich um
ie Unterstützung von Studierenden, die wir deutlich er-
öht haben.
Was mich besonders freut, ist, dass die Zahl der Stu-

enten, die ins Ausland gehen, gestiegen ist. Zurzeit för-
ern wir in Deutschland etwa 16 000 junge Leute, die
ereit sind, während ihres Studiums einmal ins Ausland
u gehen. Das wird in einem stark zusammenwachsen-
en Europa immer wichtiger. Wir unterstützen das sehr
ern,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eil sich Deutschland im europäischen Konzert mit den
nderen Staaten gut aufstellen muss.
Ich sage Ihnen die entsprechenden Zahlen zur Erinne-

ung: Insgesamt haben wir die Ausgaben für diese Stu-
entenunterstützung seit 1998 nahezu verdoppelt.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja!)

as ist eine Menge Holz, wie man umgangssprachlich
agt. Was mich sehr freut, ist, dass sich das Klima bei
en jungen Leuten dahin gehend verändert hat, dass sie
ieder Lust haben zu studieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie Zahl der jungen Leute, die ein Studium aufnehmen,
teigt. Das ist eine gute Nachricht; denn in der Industrie-
esellschaft, die wir sind, brauchen wir mehr junge
eute, die ein Studium aufnehmen. Bei den Naturwis-
enschaften brauchen wir deutliche Zuwächse. Deswe-
en freut es uns, dass die Studienanfängerzahlen in den
aturwissenschaften seit 1998 um 72 Prozent gestiegen
ind.


(Beifall bei der SPD)







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(B) )


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Hubert Ulrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513211500
Wir bringen den Dampfer in Fahrt. Die Unter-
stützung der Studierenden ist ein ganz wichtiges Instru-
ment, um das zu schaffen.

In der Politik gibt es derzeit, verbunden mit dem
Stichwort „Agenda 2010“, im Grunde zwei große politi-
sche Themen: Das erste Thema ist die Sanierung unseres
bestehenden Systems. Thema Nummer zwei sind die In-
vestitionen in die Zukunft. Dabei geht es um die Studie-
renden. Meine Kolleginnen und Kollegen hier im Saal
kennen die Argumente. Diese Politik machen wir für die
Studierenden; denn für die Kollegen, die hier sitzen – so
ist mein Eindruck –, ist es manchmal schon ein wenig
spät.


(Jörg Tauss [SPD]: Nicht manchmal, sondern immer!)


Es geht darum, dass wir ihre Zukunft sichern.
Deswegen haben wir besonders große Anstrengungen

unternommen, um Forschung und Entwicklung zu ver-
stärken. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung
haben wir seit 1998 um 35 Prozent erhöht.


(Cornelia Pieper [FDP]: Das ist doch hier keine Karnevalsveranstaltung! – Vera Dominke [CDU/CSU]: Ich sage nur: Seniorenstudium!)


Wir kommen also voran. Auch wenn die Opposition das
nicht gerne hört, es ist so.

Durch die BAföG-Novelle, um die es heute geht, wird
die Internationalisierung gestärkt. Wir wollen auslän-
dischen Studierenden noch stärker unter die Arme grei-
fen, wenn sie persönlich in schwierige familiäre Situa-
tionen kommen. Ich glaube, das ist gut, insbesondere für
die Frauen. Denn sie sind, wenn sie wirtschaftlich unab-
hängig sind, nicht länger erpressbar. Wenn sie studieren,
können sie eine Unterstützung für ihr Haushaltseinkom-
men bekommen; das ist wichtig.

Meine Bitte an die Union lautet: Fassen Sie sich ein
Herz: Stimmen Sie nicht mit Enthaltung, sondern stim-
men Sie zu!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513211600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Vera Dominke,

CDU/CSU-Fraktion.


Vera Dominke (CDU):
Rede ID: ID1513211700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

debattieren heute – wir haben das jetzt mehrfach gehört –
über einen Gesetzentwurf, mit dem wir in den wesentli-
chen Punkten einverstanden sind. Herr Kasparick, es
wäre schön gewesen, wenn wir alle heute hätten zustim-
men können, hätten Sie sich – Herr Dr. Bergner hat es
ausgeführt – im Ausschuss diesen kleinen Tick bewegt.
Das war keine große Sache, aber Sie mussten mit Ihrer
Mehrheit Ihren Kopf durchsetzen. Dann hätten wir heute,
wie schon 2001 bei der letzten BAföG-Reform, dieses
Gesetz gemeinsam verabschieden können.



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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Was ist der „kleine Tick“? Tragen Sie es noch einmal vor!)


Herr Tauss, ganz ruhig!

(Beifall bei der CDU/CSU)


Denn wir begrüßen Unternehmungen auf allen Gebie-
en, die zu Verwaltungsvereinfachung und Entbüro-
ratisierung führen, so selten solche zurzeit leider sind.
ie können mir glauben, mir wäre nichts lieber, als in
ieser Debatte heute auf Friede, Freude, Eierkuchen ma-
hen zu können, aber, liebe Kolleginnen und Kollegen,
enn wir über BAföG reden, dann dürfen wir nicht nur
as Heute im Auge haben, wir müssen auch in die Zu-
unft schauen.


(Jörg Tauss [SPD]: Richtig!)

Die Menschen in unserem Lande wollen wissen, wo-

in die Reise geht. Das weiß heute kaum jemand. Gerade
ie jungen Menschen in unserem Land wollen wissen,
ie sie ihre Zukunft planen können. Es fällt mir wirklich
chwer, so zu tun, als sei jetzt mit dem 21. BAföG-Än-
erungsgesetz die Studienwelt im Lot. Wir wissen doch
lle, dass in den allernächsten Wochen, wenn das Bun-
esverfassungsgericht über das bulmahnsche Verbot
on Studiengebühren entscheidet, ein ganz neues Fass
ufgemacht werden wird. Über diese Zukunft machen
ich die heute Studierenden, aber auch die künftigen Stu-
ierenden, die Studentenwerke und die Hochschulen na-
ürlich bereits heute intensiv Gedanken. Auch die Politi-
erinnen in Bund und Ländern machen sich darüber
edanken. Welche Halbwertszeit wird diese BAföG-No-
elle haben? Werden wir uns schon in vier oder in sechs
der in acht Wochen über eine ganz grundlegende Ver-
nderung der Förderung von einkommensschwächeren
tudierwilligen unterhalten?
Ganz gleich, ob wir dieses Thema in zwei Wochen

der allerspätestens in zwei Jahren, wie wir wissen, auf
er Tagesordnung haben: Wenn Ihre Ministerin in Ihrer
erbohrtheit bei diesem Thema den Hochschulen nicht
esetzlich verboten hätte, ihre Modernisierung autonom
n Angriff zu nehmen, dann wären wir heute schon deut-
ich weiter.


(Beifall bei der CDU/CSU – Grietje Bettin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann hätten wir bereits Studiengebühren!)


Frau Bettin, es gibt gute Konzepte hierzu. Ich appel-
iere an Sie, das Thema Studiengebühren und deren Ver-
nüpfung mit dem finanziell gleichberechtigten Zugang
um Studium, also mit BAföG, frühzeitig offen und
ransparent mit allen Beteiligten und Betroffenen ohne
deologische Ausblendung und ohne parteipolitisches
audrauf, Herr Tauss, im Sinne der jungen Menschen in
nserem Lande anzugehen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Studiengebühren im Sinne der jungen Menschen also!)


Ein weiterer Punkt, der heute schon angesprochen
urde, ist die Forderung nicht nur der FDP, sondern






(A) )



(B) )


Vera Dominke

auch von Studentenwerk und Studierendenverbänden,
die Bedarfssätze und Freibeträge regelmäßig an das
Niveau der Lebenshaltungskosten anzupassen. Frau
Berg, das ist in § 35 BAföG vorgeschrieben, und zwar
nicht „irgendwann nächstes Jahr einmal wieder“, son-
dern „alle zwei Jahre“; so steht es im Gesetz.


(Abg. Jörg Tauss [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513211800

Frau Kollegin Dominke – –


Vera Dominke (CDU):
Rede ID: ID1513211900

Nein, ich möchte Herrn Tauss hier nicht Gelegenheit

geben, das Wort zu ergreifen – er schreit so genug da-
zwischen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Seit 2001 hat es eine solche Anpassung nicht mehr

gegeben, obgleich – das hat Frau Pieper ausgeführt – die
Lebenshaltungskosten seitdem unzweifelhaft gestiegen
sind. Ich will das an dieser Stelle gar nicht kritisieren.
Wir können immerhin feststellen, dass die Reform, die
wir, wie gesagt, 2001 mitgetragen haben, deutliche Ver-
besserungen gebracht hat. Das ist unstreitig. Wir wissen
aber auch, dass die Kassen von Bund und Ländern mehr
als leer sind. Es ist deshalb nicht nur für den Bund, son-
dern auch für die Länder ein großes Problem, die über-
fällige Anpassung zu finanzieren. Allerdings: Pacta sunt
servanda oder die Gesetze sind zu befolgen. Bund und
Länder müssen sich deshalb über das heute debattierte
Änderungsgesetz hinaus irgendwann einmal dazu einlas-
sen, wie sie den berechtigten Anpassungsanspruch zu er-
füllen gedenken.

Am Schluss noch ganz kurz ein Wort zu dem heiß dis-
kutierten Thema „Abgleich der Daten mit den Finanzbe-
hörden“. „Blauer Brief vom Staatsanwalt“ hat der „Uni-
Spiegel“ dazu vor drei Tagen getitelt. Sie haben schon
die Zahl der aufgedeckten Fälle genannt. In den meisten
Fällen kommen die Betroffenen mit Bußgeldern davon.
Ich halte das, auch was in Bayern geschieht, grundsätz-
lich für richtig, dass dem geistigen Führungsnachwuchs
unseres Landes abverlangt wird, korrekte Angaben bei
der Beantragung staatlicher Unterstützungsleistungen zu
machen.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das sollte in einem Rechtsstaat eine Selbstverständlichkeit sein!)


Wir erwarten das auch von jedem Sozialhilfeempfänger
und jedem Arbeitslosen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich sehe, meine Redezeit läuft ab. – Ein letzter Ge-

danke. Seien wir doch einmal ehrlich: Die große Dun-
kelziffer bei in der Sache – nicht de jure – zu Unrecht be-
zogenem BAföG beruht doch auf unserem unendlich
verschachtelten Steuersystem.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Sie verhindern doch Änderungen!)


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(C (D olange eine unbezifferbare Anzahl Gutverdienender ber steuerliche Abschreibungen ihr Einkommen so iedrig rechnen kann, dass der Nachwuchs BAföG-beechtigt wird, solange ist am System was faul. Nach den fruchtlosen Steuerreformversuchen dieser undesregierung sehe ich hier nur einige einzige Löung: Machen Sie endlich den Weg für eine Regierung rei, die im Steuersystem aufzuräumen versteht! Letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist ie Kollegin Marion Seib für die CDU/CSU-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten amen und Herren! Das 21. BAföG-Änderungsgesetz ietet bei allen rechtstechnischen Verbesserungen in der at doch eine Plattform für politische Diskussionen. Es ind wieder einmal Reparaturmaßnahmen erforderlich. ichtige und notwendige Reparaturen sind durchaus daei. Der verringerte Verwaltungsaufwand entlastet die AföG-Ämter, die sich so auf wichtigere Aufgaben konentrieren können. Der vereinfachte Aufwand für einen achrichtungswechsel ist sicherlich mit der Hoffnung erbunden, dass einem Studienabbruch in einem höheren emester entgegengewirkt werden kann. Frau Kollegin ettin, an dieser Stelle gibt es keinen Dissens. Auch die Abschaffung der Förderausschüsse ist ein ichtiger Schritt, um die Ausbildungsförderung von büokratischen Hemmnissen zu befreien. Bayern und Baen-Württemberg haben dies schon seit längerem erannt und diese Ausschüsse an den Universitäten bereits bgeschafft bzw. nicht mehr neu eingerichtet. Ebenso tellt die Einführung des Datenabgleichs zwischen den AföG-Ämtern und dem Bundesamt für Finanzen eine innvolle Lösung dar. Es gilt aber dennoch, auf einige Punkte in diesem Enturf kritisch hinzuweisen. Dies betrifft zum Beispiel die usweitung des zu fördernden Personenkreises auf ausändische Ehegatten im Falle deren Scheidung oder rennung. 1,5 Millionen Euro sind auch bei einem Geamtbetrag von 455 Millionen Euro kein Pappenstiel. ußerdem wäre eine bessere Verzahnung der BAföGeistungen mit anderen aus öffentlichen Mitteln finanierten Leistungen wie der Arbeitslosenunterstützung innvoll gewesen. Ein weiterer Beitrag zur Kostenreduierung hätte auch durch eine weiter gehende Pauschaierung bei der Abrechnung von privaten Krankenversiherungen erreicht werden können. Alle unsere Anträge, ie in die richtige Richtung gegangen sind, haben Sie im usschuss abgelehnt. Die Studienfinanzierung und damit das BAföG gehö en zu den Schlüsselthemen im Bereich der Bildung. ier müssen in den nächsten Jahren wichtige Weichentellungen getroffen werden. Deshalb verwundert es ich sehr, wie unkoordiniert die Bundesregierung mit iesem schwierigen Thema auch in der Föderalismus Marion Seib kommission umgeht. Einerseits will die SPD alle Leistungen bei Bedürftigkeit in der Bundeszuständigkeit halten, andererseits will Frau Zypries die BAföG-Leistungen auf die Länder abdrücken. Frau Bulmahn will die Beibehaltung der Bundeszuständigkeit. Es ist keine Linie zu erkennen. Sie wissen offensichtlich nicht, was Sie wollen. Ein anderes wichtiges Thema ist die Einschätzung der derzeitigen Situation. Die BAföG-Novellierungen in den vergangenen Jahren haben zweifellos zu einem Anstieg der Zahl der BAföG-Empfänger geführt. Dabei muss allerdings die Frage erlaubt sein, ob der bloße Anstieg an Zahlungsempfängern an sich schon einen Erfolg darstellt. Die rapide wirtschaftliche Talfahrt der letzten Jahre hat dazu beigetragen, dass viele Kinder aus viel zu vielen sozial schwächeren Haushalten mehr denn je auf BAföG-Zahlungen angewiesen sind. Darüber hinaus können wir in der Mittelschicht eine gefährliche Entwicklung beobachten. Laut der 17. Sozialerhebung des Studentenwerkes sank der Anteil der Studierenden aus den so genannten mittleren Herkunftsgruppen gegenüber 1996 von 49 Prozent auf 29 Prozent. (Jörg Tauss [SPD]: Die wollen Sie mit Studiengebühren belasten!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513212000
Marion Seib (CSU):
Rede ID: ID1513212100




(A) )


(B) )


Dieses Absacken der Mitte betrifft Familien, die nicht
mehr BAföG-berechtigt, aber finanziell auch nicht auf
Rosen gebettet sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Genau die wollt ihr belasten!)


– Ganz bestimmt nicht, Herr Kollege.
Vor diesem Hintergrund erscheinen die euphorischen

Erfolgsmeldungen über den Anstieg der Zahl der
BAföG-Empfänger in einem anderen Licht. Leider ist
der Haushaltsansatz 2005 für das Studierenden-BAföG
mit 455 Millionen Euro viel zu niedrig angesetzt, um
den steigenden Studierendenzahlen und damit dem An-
stieg an BAföG-Empfängern gerecht zu werden. Hier
liegt nun die Vermutung nahe, dass mit einer Erhöhung
der Freibeträge und Bedarfssätze im nächsten Jahr nicht
mehr zu rechnen ist. Dies wäre dann im Jahre 2005 ein
fatales Zeichen im Zusammenhang mit der Bologna-
Nachfolgekonferenz in Norwegen; denn zu den Haupt-
zielen des Bologna-Prozesses zählt insbesondere die
Förderung der Mobilität der Studierenden in einem ge-
meinsamen Europa. Hier dürfen wir die finanzschwa-
chen Studenten und Studentinnen nicht entmutigen, den
Schritt ins Ausland zu wagen.

Es bleibt zu hoffen, dass sich Frau Bulmahn nicht
wieder in ihrem ideologischen Schützengraben ver-
steckt, wenn es heißt, kreative Ideen für das BAföG und
die Studienfinanzierung an sich zu entwickeln. Ich for-
dere Sie auf: Arbeiten Sie mit den Ländern zusammen!
Nehmen Sie deren Anregungen auf und lehnen Sie diese
nicht gleich in Bausch und Bogen ab!


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Die junge Generation erwartet auch von Ihnen übereugende Lösungen, um die steigenden Anforderungen n Studium und Ausbildung optimal bewältigen und fianzieren zu können. Das 21. BAföG-Änderungsgesetz ann hier wirklich nur ein erster Schritt sein. Aber ween der aufgezeigten Schwächen werden wir uns bei der bstimmung zu diesem Gesetzentwurf enthalten. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Ändeung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes auf der rucksache 15/3655. Der Ausschuss für Bildung, Forchung und Technikfolgenabschätzung empfiehlt in seier Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/3969, den esetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. ch bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in dieser assung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer timmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei nthaltung der CDU/CSU-Fraktion ist der Gesetzenturf damit in zweiter Beratung angenommen. Wir kommen zur dritten Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die diesem esetzentwurf zustimmen wollen, sich von ihren Plätzen u erheben. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich er Stimme? – Dann ist wiederum bei Enthaltung der DU/CSU-Fraktion der Gesetzentwurf angenommen. Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 7 a und 7 b uf: a)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513212200

Oswald, Dirk Fischer (Hamburg), Georg
Brunnhuber, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Europäische Eisenbahnmagistrale Paris–Bu-
dapest im deutschen Abschnitt voranbringen
– Drucksache 15/3715 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen (14. Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Renate Blank, Volkmar Uwe
Vogel, Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Planungs- und Finanzierungssicherheit für die
ICE-Strecken ABS/NBS Nürnberg–Erfurt

(Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8.1)


(Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8.2)

– Drucksachen 15/2653, 15/3580 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Karin Rehbock-Zureich






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Auch hier ist nach einer interfraktionellen Vereinba-

rung eine Debattenzeit von 45 Minuten vorgesehen. – Nie-
mand bietet mehr. Dann ist das so vereinbart.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Eduard Oswald für die CDU/CSU-Fraktion,


(Beifall bei der CDU/CSU)

dem sicher bewusst ist, dass diese 45 Minuten nicht al-
lein für ihn vorgesehen sind.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1513212300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Dieser Tagesordnungspunkt umfasst zwei wichtige The-
men. Wir alle wissen, dass die Leistungsfähigkeit unse-
rer Schieneninfrastruktur über die Zukunftsfähigkeit der
Bahn insgesamt entscheidet. Über diesen Satz sind wir
uns einig. Die Beratungen im Ausschuss haben dies ge-
zeigt.

In meinem heutigen Beitrag will ich mich ganz auf
die Linie Paris–Budapest konzentrieren.


(Jörg Tauss [SPD]: Gute Linie!)

Die Magistrale für Europa, um die es hier geht, Herr

Zwischenrufer, ist der 1 500 Kilometer lange Schienen-
weg zwischen Paris, Straßburg, Stuttgart, Augsburg,
München und Budapest. Sie verbindet Städte und Regio-
nen mit insgesamt 34 Millionen Bewohnern und
16 Millionen Beschäftigten in vier Staaten. Diese Magis-
trale bildet als zentrale West-Ost-Achse ein Rückgrat des
gesamteuropäischen Schienennetzes.

Im Juli dieses Jahres gab es eine Konferenz in Augs-
burg, auf der die obersten Repräsentanten der großen
Städte von Straßburg bis Salzburg die gemeinsame
„Augsburger Erklärung“ unterzeichnet haben. Die Bun-
desregierung war dabei ebenfalls vertreten. Diese Erklä-
rung, die sich an die Bundesregierung und die Deutsche
Bahn AG richtet, hat folgende Kernaussage – ich zitiere
daraus wörtlich –:

Um die Wirtschaftskraft der Städte und Regionen
im Süden Deutschlands zu erhalten und zu stärken
sowie den Verkehr möglichst umweltfreundlich zu
gestalten, ist es nach fester Überzeugung der unter-
zeichnenden Städte absolut unumgänglich, die
„Magistrale für Europa“ in den nächsten Jahren zü-
gig zu einer Hochleistungsstrecke auszubauen!

(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! Guter Satz!)


Den Worten „absolut unumgänglich“ und „zügig auszu-
bauen“ bitte ich besondere Bedeutung beizumessen.

Wenn wir mit diesem Antrag die Initiative hier parla-
mentarisch aufgreifen, so werben wir um die Unterstüt-
zung des ganzen Hauses. Wie Sie wissen, haben das Eu-
ropäische Parlament und der Rat mit der Entscheidung
über den Aufbau eines Transeuropäischen Netzes diese
Strecke – mit der Verlängerung nach Athen – in die Liste
der vorrangigen Verkehrsprojekte von europäischem In-
teresse aufgenommen und damit den herausragenden

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(C (D tellenwert im europäischen Verkehrsnetz anerkannt und estärkt. Bei einer gemeinsamen Kabinettssitzung der andesregierungen von Bayern und Baden-Württemberg urde über die Notwendigkeit der Anbindung beraten nd diese noch einmal hervorgehoben. Dass die aktuelle Mittelfristplanung der Bahn bis 008 keinen umfassenden Ausbau der Strecken Stuttart–Ulm–München–Freilassing für den Hochgeschwinigkeitsverkehr vorsieht, ist – das wissen wir alle – ein eutlicher Rückschritt und ein Rückschlag für die Stärung des Schienenverkehrs. Ich halte es für unverzichtar, gemeinsam alles zu unternehmen, damit die Strecke, ie anerkanntermaßen zu den wichtigsten in Europa ählt, so rasch wie möglich lückenlos ausgebaut werden ann. Ausgerechnet im Herzen Europas, im wichtigen ittelstück durch unser Land, kommt der Ausbau nicht oran. Wir sind mit unserem Antrag ganz bewusst nicht über ie mit der „Augsburger Erklärung“ erhobene Forderung inausgegangen. Diese Forderung wurde von allen poliischen Seiten, von allen politischen Lagern einmütig eroben. Wir wollen den Schulterschluss mit Ihnen und it den Oberbürgermeistern der beteiligten Großstädte. ir sollten gemeinsam in unserem Ausschuss um die estmögliche Lösung ringen. Ich werbe dafür, auch im Namen meiner Fraktion. ir sollten die Chancen zu einer gemeinsamen politichen Initiative nutzen. Die Bürgerinnen und Bürger aus en betroffenen Regionen werden es uns danken. Wir üssen auch vor Ort – das ist ein wichtiger Punkt – larheit und Planungssicherheit schaffen und ein klares ekenntnis zu dieser Magistrale ablegen. Ich hoffe auf ie Unterstützung aller politischen Kräfte dieses Hauses nd ich hoffe, dass die Debatte in die richtige Richtung eht. Vielen Dank. Für die Bundesregierung spricht nun die Parlamenta ische Staatssekretärin Iris Gleicke. I Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! err Kollege Oswald, ich bedanke mich für die kontruktiven Töne, mit denen diese Debatte begonnen hat. (Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist ihm auch sehr schwer gefallen! – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Sie brauchen nur zu sagen, dass der Ausschussvorsitzende Recht hat!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513212400
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1513212500

ir freuen uns natürlich, wenn wir alle gemeinsam da-
an mitwirken, die wichtigen und vordringlichen Aufga-
en, die wir im Bundesverkehrswegeplan definiert ha-
en, zu forcieren.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke

Wegen der Kürze der mir zur Verfügung stehenden

Redezeit werde ich mich auf den zweiten Antrag der
CDU/CSU-Fraktion beschränken. Darin wird die Bun-
desregierung aufgefordert, verbindliche Aussagen zur
Realisierung der Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“
Nr. 8.1 und Nr. 8.2 – Nürnberg–Erfurt und Erfurt–Leip-
zig/Halle – zu machen.

Dazu ist Folgendes anzumerken: Die Verkehrspro-
jekte „Deutsche Einheit“ Nr. 8.1 und Nr. 8.2 – Nürn-
berg–Erfurt und Erfurt–Leipzig/Halle – sind Bestandteil
der gemeinsamen Leitlinien für den Aufbau des Trans-
europäischen Netzes. Es geht dabei bekanntlich um die
wichtigen TEN-Projekte. Sie gehören zu den 14 spezifi-
schen Vorhaben, denen der Europäische Rat am 9. und
10. Dezember 1994 in Essen besondere Bedeutung bei-
gemessen hat und die in Anhang III der TEN-Leitlinien
genannt sind. Sie wurden auch bei der Änderung der
Leitlinien vom 20. April dieses Jahres berücksichtigt.

Im neuen Bundesverkehrswegeplan 2003 und im ge-
änderten Bedarfsplan Schiene sind die Verkehrsprojekte
„Deutsche Einheit“ Nr. 8.1 und Nr. 8.2 jeweils der Kate-
gorie „Vordringlicher Bedarf“ zugeordnet, und zwar als
laufende und fest disponierte Maßnahme.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Im Jahr 1996 wurde in den jeweiligen Bündelungsab-

schnitten mit dem Aus- und Neubau von Bundesauto-
bahnen, nämlich der A 14 und der A 71, mit dem Bau
der beiden Neubaustrecken begonnen. Infolge der
Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 1999 wurde zu-
nächst der Weiterbau auf die bereits begonnenen Ab-
schnitte mit der Maßgabe begrenzt, das bestehende
Baurecht für die Gesamtmaßnahme beizubehalten.

Im März 2002 hat die Bundesregierung entschieden,
dass die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ Nr. 8.1
und Nr. 8.2 fortzuführen sind. Darauf erfolgte die
schrittweise Aufnahme von Bauarbeiten in einzelnen
Abschnitten der Neubaustrecke. So befindet sich unter
anderem der Bündelungsabschnitt mit der Bundesauto-
bahn A 73 – dabei handelt es sich ebenfalls um ein Ver-
kehrsprojekt „Deutsche Einheit“ – im Raum Coburg mit
der Itztalbrücke im Bau sowie der Abschnitt Saale–Els-
ter-Querung im Zuge des Neubauabschnitts Erfurt–Grö-
bers, der dem Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“
Nr. 8.2 entspricht.

Der Neubauabschnitt Gröbers–Leipzig mit dem Flug-
hafenbahnhof Leipzig–Halle wurde im Monat Juni des
vergangenen Jahres in Betrieb genommen. Aufgrund der
neuen Haushaltslinie – Sie alle wissen, was ich meine;
wir haben sie am 19. Dezember vergangenen Jahres ge-
meinsam beschlossen – und der damit verbundenen
Mittelfristplanung ist eine strenge Priorisierung der In-
vestitionen in die Schienenwege des Bundes erforder-
lich. Die hierzu durchzuführenden Abstimmungen mit
der Deutschen Bahn AG wurden im Sommer abge-
schlossen. Der Weiterbau der Verkehrsprojekte „Deut-
sche Einheit“ Nr. 8.1 und Nr. 8.2 konnte gesichert wer-
den.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Die Bundesregierung wird das Vorhaben konsequent ortführen. Sie ist entschlossen, mögliche sich eröffende zusätzliche Finanzierungsspielräume für eine weiere Verstärkung des Vorhabens zu nutzen. Übrigens hat as Eisenbahn-Bundesamt Ende September 2004 die ittel für den 8,3 Kilometer langen Blessbergtunnel reigegeben. Nun kann der Bau des für die Querung des hüringer Waldes bedeutenden Tunnels ausgeschrieben erden. Die Ausschreibung wird in zwei Maßnahmepaeten vorgenommen. Die geschlossenen Finanzierungsvereinbarungen u den beiden Neubauten enthalten zwar jeweils einen eitplan für die Bewilligung der Mittel, ausschlaggeend ist aber der in den jeweiligen Jahren verfügbare Fianzrahmen. Nun werden Sie mich wie immer fragen, wann das esamtprojekt fertig gestellt sein wird. Dieser Frage omme ich auch gerne zuvor. Angesichts der derzeitigen mittelfristigen Finanzpla ung des Bundes und der möglichen Änderungen in den ächsten Jahren sind derzeit keine belastbaren Aussagen um Realisierungszeitraum der VDE Nr. 8.1 und Nr. 8.2 nd anderer prioritärer Maßnahmen des „Vordringlichen edarfs“ möglich. Fest steht jedoch eines: Wir werden dieses Vorhaben onsequent fortführen. Daran gibt es nichts zu rütteln. eshalb empfehle ich seitens der Bundesregierung die blehnung Ihres diesbezüglichen Antrags. Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege oachim Günther. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ein Kollege Eduard Oswald hat den Vorrang der EUerkehrsnetze dargelegt. Ich bin sicher, dass auch Augsurg einen Haltepunkt bekommen wird, wenn er so weierkämpft. Ich möchte mich mit den Nord-Süd-Verbindungen be chäftigen, die die Staatssekretärin eben angesprochen hat. n dem Antrag der CDU/CSU – Drucksache 15/2653 – teht: Das Projekt Nürnberg–Berlin hat zudem als ein Verkehrsprojekt Deutsche Einheit … höchste Priorität. bgesehen von Ihrer Bemerkung, es sei in der Fortchreibung und im vordringlichen Bedarf, hat man daon nichts gemerkt, meine Damen und Herren von der egierungskoalition. Das Einzige, was an diesem Proekt wohl funktioniert, sind ab und zu Nachfragen von er Opposition. Aber das, was einmal beschlossen woren ist – das gilt auch für den Verkehrswegeplan „Deutche Einheit“ –, ist nach wie vor nicht in der Umsetzung. enn man heute erfahren wollte, wann es konkret wei ergeht, wann der Abschluss erfolgt, dann wurde auf die treckung des Projekts hingewiesen. Joachim Günther Ich möchte noch einmal auf den Bundestagswahl kampf 2002 zurückblicken. Der Bundeskanzler hat damals in Thüringen eindeutig erklärt – daran können sich vor allem die Thüringer sehr gut erinnern –, die Strecke Nürnberg–Erfurt werde weitergebaut und damit würden in der Region Arbeitsplätze und Infrastruktur geschaffen. Was ist daraus geworden? Seit zwei Jahren wartet die ganze Region auf die versprochenen Arbeitsplätze. Meines Erachtens ist auch bei der Infrastruktur nicht viel geschehen. Außer ein paar Tunnels – es gibt schon das Gerücht, dass einige darin Champignons züchten möchten – ist bauseitig nichts geschehen. Eine Hochgeschwindigkeitsverbindung Berlin–München – man kann auch sagen: Nord-Süd – steht nach wie vor in weiter Ferne. Wenn ich dieses Vorgehen betrachte, dann möchte ich – das müssen Sie mir als Sachsen zugestehen – einen kurzen Blick auf die Sachsenmagistrale werfen. Hier wurden zwar zweifellos Millionen Steuergelder eingesetzt und es wurde auch einiges vorangebracht. Aber aus technischen Gründen hat es die Deutsche Bahn AG in letzter Zeit geschafft, einen Sprung in die – das sage ich bewusst – eisenbahnpolitische Steinzeit zu machen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513212600
Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1513212700




(A) )


(B) )


Seit dem Winterfahrplan fahren die Züge lediglich im
Vierstundentakt und mit einer Fahrzeit von rund fünf
Stunden auf der Strecke Nürnberg–Dresden. Man muss
sich einmal vorstellen, dass die Dampfrösser zwischen
dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg auf dieser Stre-
cke schneller waren als die Hightechbahn von Herrn
Mehdorn. Wenn dies ein Anreiz für Kunden sein soll,
dann frage ich mich, wie es weitergehen soll.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wer diese Entwicklung kennt – deshalb stelle ich diesen
Zusammenhang her –, der kann sich ausmalen, wann
einmal ein ICE von Berlin nach München mit vollem
Tempo fahren wird.

Aus diesem Grund muss man die Bundesregierung
konkret fragen: Sie haben zwar gesagt, Sie könnten
keine Zeit nennen. Aber was ist denn ein „überschauba-
rer Zeitraum“? Wann geht es weiter?


(Siegfried Scheffler [SPD]: Was ist schon Zeit?)


– „Was ist schon Zeit?“ Das ist eine tolle Frage. – Oder
gibt es in der Zwischenzeit vielleicht andere Überlegun-
gen? Das sollte man ja nicht einfach negieren. Es ist ja
theoretisch möglich, dass man aufgrund der Entwick-
lung – vielleicht im Geheimen – zu neuen Erkenntnissen
gekommen ist, zum Beispiel zu der Erkenntnis, dass es
eine kostengünstigere, eine bessere Variante gibt. Ich
denke dabei an die alten Strecken Nürnberg–Marktred-
witz sowie Plauen–Leipzig. Vielleicht könnte man Teile
davon für die Sachsenmagistrale verwenden.

Zwölf Jahre nach Erstellung des Bundesverkehrswe-
geplanes und der Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“
haben alle ein Recht, zu wissen, wann und wie es auf

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(C (D ieser Strecke weitergehen wird und vor allem welche onkreten Schritte unternommen werden. Wir erwarten on der Bundesregierung eine Zielsetzung und von der eutschen Bahn AG ein verlässliches Ergebnis. Manchal habe ich den Eindruck – dafür gibt es Beispiele –, ass sich die Deutsche Bahn AG an das, was die Bunesregierung vorgibt, nicht mehr hält. Wir sind mitten in der Legislaturperiode. Bald ist wie er Bundestagswahlkampf. Es wäre doch nicht schön, enn der Bundeskanzler seinen Sprechzettel von 2002 berhaupt nicht verändern müsste. Ich erteile das Wort dem Kollegen Albert Schmidt, ündnis 90/Die Grünen. Albert Schmidt EN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513212800
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

ehr hoch gegriffene Ausdruck „Magistrale für Europa“
st für die Strecke, von der wir heute reden, angebracht;
enn es geht um die zentrale Achse von Westen nach Os-
en, mitten durch Europa: von Paris über Straßburg,
arlsruhe, Stuttgart, Ulm, Augsburg, München, Salz-
urg und Wien bis nach Budapest. Das eigentliche
rama dabei ist, dass wir im Vergleich zum Autobahn-
etz mit der Planung und Realisierung dieser Strecke
chon zehn Jahre zu spät dran sind.


(Zustimmung bei der CDU/CSU)

aher haben wir alle miteinander keinen Grund, uns ge-
enseitig vorzuhalten – das ist genau der Punkt, Kollege
cheffler –, welche Verzögerungen es gegeben hat oder
och geben wird.


(Beifall des Abg. Siegfried Scheffler [SPD])

ielmehr müssen wir alle daran arbeiten, dass es zu ei-
er Beschleunigung kommt.
Auch die französische Seite hat – übrigens entgegen der
ehauptung im vorliegenden CDU/CSU-Antrag – keines-
egs ein hohes Tempo vorgelegt, auch wenn es schön
st, dass es nach jahrelangen Verzögerungen jetzt los-
eht. Erst gestern wurde mit dem Bau zwischen Paris
nd Straßburg begonnen.
Es ist zu begrüßen, dass durch den Antrag von der

echten Seite des Hauses ein wichtiges Thema in das
entrum der Bemühungen auf der parlamentarischen
bene gerückt wird. Dieser Antrag ist in weiten Teilen
chon deshalb vernünftig, weil bei genauem Hinsehen
ier SPD-Oberbürgermeister als Verfasser dahinter ste-
en,


(Zuruf von der CDU/CSU: Da gibt es auch Gescheite!)


ämlich die Oberbürgermeister von Karlsruhe und Ulm,
er geschätzte Dr. Wengert aus Augsburg sowie
hristian Ude aus München. Was im Antrag steht, ist
on der am 25. Juli dieses Jahres verfassten Resolution






(A) )



(B) )


Albert Schmidt (Ingolstadt)


der Oberbürgermeister entlang der Strecke wortgleich
abgeschrieben.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Bestätige ich ausdrücklich!)


Insoweit sollten wir hieraus keine parteipolitische, ritua-
lisierte Diskussion machen, sondern gemeinsam feststel-
len, dass es in der Tat höchste Eisenbahn ist, hier Schritt
für Schritt voranzukommen.

Allerdings plädiere ich für Realismus. So sehr wir
hier die Initiativen und die Finanzmittel verstärken müs-
sen – dies gilt für Schieneninvestitionen generell, hier
aber im Besonderen –, so sehr müssen wir danach trach-
ten, dass wir dieses Projekt nicht mit unnützen Baustei-
nen überfrachten, die die Angelegenheit eher behindern.
Wie ein Felsbrocken liegt hier das Projekt Stuttgart 21
auf dem Weg. Dieses Projekt sollten wir aus Gründen
der Realpolitik nicht zur Bedingung machen. Ich spreche
dies ganz offen an; denn ich bin für Ehrlichkeit in der
Politik, ob es gefällt oder nicht. Ich sage das, was ich
schon seit Jahren sage; was ich in Stuttgart und in Bonn
gesagt habe, sage ich auch hier in Berlin.

Die Kostensteigerungen sind absehbar und in diesen
Tagen in der Presse nachlesbar. Sie wurden in gewisser
Weise auch vom Bundesverkehrsministerium dokumen-
tiert. Stuttgart 21 ist kein Bestandteil des Bundesver-
kehrswegeplanes, sondern wie alle Bahnhofsumbauten
ein eigenwirtschaftliches Projekt der Deutschen
Bahn AG. Schon 2002, als ich noch Mitglied im Auf-
sichtsrat der DB AG war, haben wir beschlossen, dass
erst nach Fertigstellung der Planfeststellungsbeschlüsse
auf Basis der dann ermittelten realen Kosten entschieden
werden kann, ob aus der Sicht des Unternehmens Deut-
sche Bahn AG sowie dessen Vorstands und Aufsichtsrats
das Projekt verwirklicht werden kann oder nicht. Meine
Prognose kennen Sie: Es wird so teuer werden, dass es
von einem „Unternehmen der Zukunft“ nicht angefasst
werden wird. Aber ich warte dies in aller Ruhe und Ge-
lassenheit ab.

Dieses Projekt ist keine Voraussetzung für die Magis-
trale, von der wir reden. Der Abschnitt Stuttgart–Wend-
lingen–Ulm der Neubaustrecke ist trotzdem notwendig
und die Einbindung in den Knoten Stuttgart ist Bestand-
teil des Projekts. Der Bund steht zu der Zusage von
450 Millionen Euro für die Einbindungskosten, ob nun
mit oder ohne Stuttgart 21.

Lassen Sie mich noch etwas zu dem nächsten Ab-
schnitt zwischen Ulm und Augsburg sagen. Auch hier
rate ich dazu, das Ganze nicht überzustrapazieren, son-
dern Realismus walten zu lassen. Es muss nicht mit
230 Stundenkilometern gefahren werden; das sage ich
genauso ehrlich auch in Augsburg.


(Siegfried Scheffler [SPD]: Dann fahren alle mit dem Auto!)


Es muss nicht die letzte Minute für teuerstes Geld he-
rausgefuchst werden. Wir wären schon viel weiter, wenn
es zwischen Neu-Ulm und Neuoffingen das dritte Gleis
gäbe – die Strecke muss nicht bis Augsburg durchge-
hend dreigleisig ausgebaut sein – und von Neu-Ulm bis

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(C (D ugsburg mit 200 Stundenkilometern gefahren werden önnte. Der nächste Abschnitt reicht von Augsburg bis Mün hen. Ich bin froh, dass das Kasperltheater um einen austopp zu Ende ist und weitergebaut wird. Wir brauhen bei diesem Nadelöhr der Nation, bei dem sich ord-Süd-, West-Ost-, Güterund schnelle Personenverehre sowie Nahverkehre treffen, längst das dritte und ierte Gleis, und zwar wirklich durchgehend. Ich bin roh darüber, dass an dieser Stelle jetzt weitergebaut ird und die Finanzierung wenigstens für die nächsten ünf Jahre gesichert ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Strecke München–Mühldorf–Freilassing ist die
erlängerung des Astes nach Osten, also Richtung Salz-
urg. Übrigens gehört der Abzweig ins Chemiedreieck
ach Burghausen unbedingt dazu. Das sollte man nicht
ergessen. Das ist für den Gütertransport ganz wichtig.
ch bin froh darüber, dass es uns gelungen ist, das in den
undesverkehrswegeplan und die internationalen Pro-
ekte zu schieben. Aber die Finanzierungsausstattung –
as muss man ehrlich sagen – reicht im Moment vorn
nd hinten nicht. Wir müssen uns gemeinsam bemühen,
n den nächsten Jahren mehr Geld zur Verfügung zu stel-
en; denn nach dem, was jetzt in der so genannten 66er-
iste verabredet ist, gibt es für das Projekt Mün-
hen–Mühldorf gar nichts. Das ist auf Platz 67 gelandet.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Diese Frage klärt die Union nachher beim Nachtragshaushalt!)


assen Sie uns auch da nach Lösungen suchen! Wir wer-
en uns darum bemühen; das verspreche ich Ihnen.
Ich will wenigstens noch einen Satz zu einem zweiten

rojekt sagen, das Gegenstand der Debatte ist, nämlich die
trecke Nürnberg–Erfurt. Ich rate auch hierbei zu Realis-
us. Ihre Frage lautet im Grunde: Wann soll diese Strecke
ertig werden? Wenn Sie in die 66er-Liste schauen, dann
tellen Sie fest, dass für das Projekt Nürnberg–Erfurt im
ünfjahreszeitraum 2004 bis 2008 exakt 175 Millionen
uro vorgesehen sind. Wenn Sie das für die noch ausste-
ende Finanzierungslast von 4,5 Milliarden Euro nur für
en Abschnitt Nürnberg–Erfurt hochrechnen, dann kom-
en Sie zu dem Ergebnis, dass das 130 Jahre dauert.
iebe Leute, da muss man doch irgendwann einmal Rea-
ismus walten lassen! Es hat doch keinen Sinn, diese Le-
enslüge bis zum Ende aller Zeiten weiterzuspinnen.


(Joachim Günther [Plauen] [FDP]: Dann sagen Sie das doch!)


a ist die erste Schwelle schon verrostet, bevor die letzte
chwelle gelegt sein wird.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513212900

Herr Kollege Schmidt, beim Stichwort „Ende aller

eiten“ muss ich Sie an das Ende Ihrer Redezeit erin-
ern.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )


Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-

NEN):
Ich weiß, dass meine Redezeit zu Ende ist, Herr Präsi-

dent.
Ich will nur noch eines sagen: Das Alternativgutach-

ten, das im Auftrag von IHK Südthüringen, Transnet und
Bürgerinitiative „Besseres Bahnkonzept“ erstellt wurde,
zeigt, wie man billiger und unter Nutzung vorhandener
Bauwerke schneller zum Zug kommen kann, auch auf
der Schnellverbindung von Nürnberg nach Erfurt, die
wir ja wollen, aber eben nicht mit dem Kopf durch die
Wand – sprich: mit dem Tunnel durchs Mittelgebirge –,
sondern nebenan durch die Tür, nämlich auf vorhande-
nen Strecken.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513213000

Verehrter Herr Kollege – –

Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Das ist das Thema, das wir in den nächsten Jahren be-
arbeiten sollten. Wir sollten nicht ewig einer Schimäre
hinterherjagen, die nie Realität werden wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513213100

Ich habe in dieser Debatte die Einsicht gewonnen,

dass es bei großzügigen Präsidenten auch nach dem
Ende aller Zeiten noch mindestens 45 Sekunden gibt.

Nun hat der Kollege Georg Brunnhuber für die CDU/
CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Der sollte erst mal die baden-württembergischen Probleme anderer Art lösen!)



Georg Brunnhuber (CDU):
Rede ID: ID1513213200

Herr Präsident! Meine liebe Kolleginnen und Kolle-

gen! Ich finde es sehr wohltuend, dass wir uns in diesem
Plenarsaal über den Antrag der CDU/CSU-Fraktion ins-
gesamt einigen können; zumindest entnehme ich das den
bisherigen Wortbeiträgen.

Bevor ich etwas zur Sache sage, insbesondere was
Baden-Württemberg betrifft, möchte ich etwas tun, was
in diesem Hause sicherlich selten ist, was mir aber ganz
wichtig ist. Diese europäische Magistrale wird seit Jah-
ren in allen Varianten gefordert. Mit viel Engagement
wird den Menschen immer wieder klar gemacht, wie
wichtig sie ist. Es gibt einen Kollegen unter uns, der dies
seit seiner Zeit im Bayerischen Landtag mit Vehemenz
betreibt. Es ist ein Abgeordneter aus Augsburg. Es ist
unser Ausschussvorsitzender Eduard Oswald.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Was er auch jetzt wieder mit dem Treffen der Oberbür-
germeister mit organisiert hat, ist einfach ganz toll. Da
muss ich sagen: Herzlichen Dank. Ich finde das prima!

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Vorgestern wurde in Reims vom französischen Ver-
ehrsminister der erste Spatenstich gemacht. Im
ahr 2007 wird von Paris aus bis fast nach Straßburg mit
ast 320 Stundenkilometern gefahren. Im Jahr 2010 wird
ie Reisezeit von Paris nach Straßburg statt jetzt vierein-
alb Stunden nur noch zwei Stunden und 20 Minuten be-
ragen. Unsere Sorge ist nun – darum der Antrag –, dass
er TGV irgendwann am Rhein steht und wir auf unserer
eite nichts haben. Die Realisierung der Rheinbrücke
st jetzt wieder verschoben worden. Niemand weiß,
ann sie gebaut wird. Das sind Sorgen, finde ich, die wir
lle haben müssen. Wir können die Planung und die
aumaßnahmen nicht über Freilassing hinaus weiterfüh-
en, wenn wir noch nicht einmal den Beginn auf deut-
cher Seite, nämlich über den Rhein nach Baden-
ürttemberg, organisieren können.
Herr Kollege Schmidt, ich komme auf Stuttgart 21

u sprechen.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Welcher?)

Herr Schmidt, ich meine den Kollegen von den Grü-
en. Die Grünen haben in diesem Punkt eine andere
uffassung als die SPD. – Ich bitte die Regierung, mehr
it offenen Karten zu spielen. Sie haben den Kollegen
chmidt von den Grünen und Ihre Oberbürgermeister-
andidatin in Stuttgart informiert, es komme zu dramati-
chen Kostensteigerungen.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: 1,2 Milliarden!)


Die Landesregierung und das Landesverkehrsministe-
ium in Baden-Württemberg haben noch überhaupt
eine Informationen. Die Bahn – sie ist mit Bauherr bei
tuttgart 21 – erklärt: Wir sind noch dabei, die Kosten zu
rmitteln. Wie können Sie angesichts dessen dieses Pro-
kt schon jetzt so negativ darstellen? Ich bitte insbeson-
ere die SPD: Wenn wir dieses Projekt gemeinsam un-
rstützen, dann sollten wir durch solche Spekulationen
icht schon wieder Sand ins Getriebe streuen; zumal die
PD in Stuttgart mit der CDU und der FDP hinter die-
em Projekt steht.

(Jörg Tauss [SPD]: Die CDU nicht mehr! Der Herr Schuster hat sich mit Palmer geeinigt!)

In diesem Raum hat schon einmal jemand gesagt: Es
ibt immer einen, der der Dümmste im Saal ist. Aber
reiwillig sollten Sie sich nicht jedes Mal melden, Herr
auss.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Ganz vorsichtig, mein Lieber!)


Es gibt noch einen Problembereich: Stuttgart–Ulm.
uch da sind wir relativ weit in der Planung, aber völlig
nsicher in der Realisierung. Schon Stuttgart 21 betrach-
n wir kritisch. Bevor das große Stück des Albaufstiegs
icht gebaut ist, kann mit noch nicht einmal 120 Stun-
enkilometern gefahren werden. Man kann bergauf






(A) )



(B) )


Georg Brunnhuber

keine Schnellverbindung schaffen, ohne entsprechende
neue Trassen gebaut zu haben.

Verbunden mit dem Ausdruck unserer Sorge richte
ich auch hier unsere Bitte an die Regierung, dazu beizu-
tragen, dass wir zumindest in den nächsten Monaten ein-
mal verbindlich klären, wo auf der langen Strecke, die
auf der Rheinbrücke beginnt und bis nach Österreich
führt, auf deutschem Gebiet mit welchen Mitteln was ge-
plant und am Schluss auch gebaut wird. Wir verunsi-
chern mittlerweile Ortschaft für Ortschaft, Landkreis für
Landkreis und die Landesregierungen; denn niemand ist
mehr sicher, dass das, was im Bundesverkehrsministe-
rium besprochen wird, am Schluss trägt und dass das,
was mit der Bahn AG vereinbart worden ist, tatsächlich
umgesetzt wird.

Unsere größte Chance bei diesem Projekt sollte auch
von der Regierung wahrgenommen werden. Zum ersten
Mal sind zwei Länder, Bayern und Baden-Württemberg,
bereit, dieses Projekt mit enormem Engagement vorzufi-
nanzieren, und zwar zu 100 Prozent. Wir müssten doch
gemeinsam ein Interesse daran haben, dass auch die Re-
gierung sagt: Angesichts eines solchen Engagements
und der mit Frankreich im September letzten Jahres ge-
troffenen Vereinbarung sollten wir gemeinsam zu dem
Vorhaben stehen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513213300

Herr Kollege Brunnhuber.


Georg Brunnhuber (CDU):
Rede ID: ID1513213400

Wenn wir diesen Antrag im Ausschuss weiter beraten,

dann werden wir für die deutsche Infrastrukturpolitik,
was die Schiene anbelangt, wirklich Wegweisendes „auf
die Bahn bringen“.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513213500

Das Wort hat nun die Kollegin Karin Rehbock-

Zureich, SPD-Fraktion.


Karin Rehbock-Zureich (SPD):
Rede ID: ID1513213600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

„Magistrale für Europa“ ist wahrhaftig ein europäisches
Projekt. Die Schienenverbindung führt über – es wurde
mehrfach gesagt – Paris, Straßburg, Stuttgart, Augsburg,
München, Wien und Budapest. Der Stellenwert dieses
Projekts im europäischen Raum ist auch im Bundesver-
kehrswegeplan ersichtlich. Das Bundesschienenwe-
geausbaugesetz, das wir und der Bundesrat beschlossen
haben, hat alle Teilstücke dieser Magistrale in Deutsch-
land berücksichtigt. Die Teilstrecken Kehl–Appenweier,
Appenweier–Rastatt, Rastatt–Stuttgart–Augsburg und
München–Mühldorf–Freilassing sind alle im vordringli-
chen Bedarf. Die Koalition hat dabei die Teilstrecke
München–Mühldorf–Freilassing als internationales Pro-
jekt hier im Parlament in diese Kategorie hochgestuft.

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(C (D ie rechtlichen Grundlagen für den Ausbau dieser Abchnitte sind also vorhanden. Es gibt eine so genannte 66er-Liste, in der die Bun esregierung gemeinsam mit der DB AG Projekte festeschrieben hat, die im Zuge der mittelfristigen Finanzlanung bis 2008 auf den Weg gebracht werden sollen. ugrunde liegen dieser Liste folgende Kriterien: ausreihende Mittel für den Netzerhalt bereitzustellen, begonene Vorhaben weiterzuführen und internationale Verflichtungen zu erfüllen. Nachdem Sie, Kollege Brunnhuber, verständlichereise Projekte, die Baden-Württemberg betreffen, auf ie Tagesordnung gesetzt haben, möchte auch ich auf iese eingehen. In der Finanzplanung bis 2008 sind zuächst einmal Finanzmittel für den Ausbau Appeneier–Kehl vorgesehen. Hierbei geht es unter anderem arum, die Verabredung einzuhalten, die deutschen ochgeschwindigkeitsnetze mit denen Frankreichs bis 010 zu verknüpfen. Bis zu diesem Zeitpunkt muss die heinbrücke entsprechend befahrbar sein; das wird auch o sein. Sie haben von der Erwartung gesprochen, dass ie Strecke bis Straßburg schon bis 2007 durch entsprehende Hochgeschwindigkeitszüge befahrbar sein wird. er Anschluss an das Hochgeschwindigkeitsnetz ist auf eden Fall bis zum Jahr 2010 gesichert. Auch Finanzmitel für einen weiteren Ausbau der Abschnitte Karlsuhe–Basel und Rastatt–Offenburg sind vorgesehen. benso soll der Umbau des Knotens Neu-Ulm in diesem eitraum in Angriff genommen werden. Der Bund immt dabei gerne das Angebot Bayerns an, dieses Proekt vorzufinanzieren. Schließlich wird auch der vierleisige Ausbau des Abschnitts Augsburg–Olching fortesetzt. All dies ist in diesem Zeitraum finanziell achbar. Bezüglich des Projektes Stuttgart 21 gilt, dass der und seine Zusagen einhalten wird. Selbstverständlich uss der Bund die Wirtschaftlichkeit der Gesamtstrecke m Auge haben; so stehen für ihn Investitionen in die trecke im Vordergrund. Diese wirtschaftliche Bewerung wird in die Planung einfließen. Aber die bisher mit em Land Baden-Württemberg getroffenen Verabredunen wird der Bund einhalten. Ich komme ja ebenfalls aus Baden-Württemberg und nterstütze die Resolution, die Oberbürgermeister aus ayern und Baden-Württemberg verschiedenster parteiolitischer Couleur gemeinsam beschlossen haben. Ich in mir auch ganz sicher, dass es sich bei den darin entaltenen Vorstellungen um einen klugen Ansatzpunkt andelt, denn die Zukunft des Schienenverkehrs liegt im renzüberschreitenden Verkehr. Grenzüberschreitender erkehr findet einerseits in Ost-West-Richtung auf eben ener Magistrale statt, zu der die bisher genannten Proekte gehören, andererseits aber auch in Nord-Süd-Richung. Auch hier besteht hoher Finanzbedarf. So erfordert er Ausbau der Zulaufstrecken zu den alpenquerenden erbindungen ein Finanzvolumen von rund 3 Milliaren. Der Finanzbedarf sowohl für den Ost-West-Verkehr ls auch für den Nord-Süd-Verkehr muss erst einmal geeckt werden. In der Vergangenheit haben wir dank der Karin Rehbock-Zureich UMTS-Erlöse die Investitionen in die Schienenwege von 2,7 Milliarden im Jahre 1998 auf 4,5 Milliarden im Jahr 2003 gesteigert. Mit 3,7 Milliarden in diesem Jahr liegen die Investitionen immer noch höher als im Jahre 1998. Das möchte ich hier noch einmal ganz deutlich sagen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP)





(A) )


(B) )


Von unseren Zahlen konnten die derzeitigen Opposi-
tionspolitiker, als ihre Parteien noch an der Regierung
waren, nur träumen.

Ich bin mir sicher, dass wir bezüglich der Verlagerung
von Verkehr auf die Schiene die gleichen Interessen ver-
folgen. In Zukunft wird es darauf ankommen, zu verhin-
dern, dass Einsparungen allein zulasten des Verkehrsträ-
gers Schiene gehen, wie es ja Koch und Steinbrück in
ihrem Konzept vorgesehen hatten. Wenn es nach Ihnen
gegangen wäre, wäre die von Koch/Steinbrück gefor-
derte Einsparung ausschließlich über die Schiene gelau-
fen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das wäre auch richtig gewesen! Dann wären mehr Straßen gebaut worden!)


Lassen Sie uns in dem Bewusstsein, dass wir alle die
Schiene voranbringen wollen, gemeinsam für die Zu-
kunft zusätzliche Mittel in die Schiene investieren. Sie
haben uns auf Ihrer Seite. Wenn wir das, was in dem An-
trag gefordert wird, wirklich in einem angemessenen
Zeitraum auf den Weg bringen wollen, dann benötigen
wir zusätzliche Finanzmittel. Eine Chance auf zusätzli-
che Finanzmittel besteht, wenn Sie in der Diskussion
über den Abbau der Subventionen mutigere Schritte ge-
hen als in der Vergangenheit. So könnte der nötige
Schienenausbau verbessert werden. Wenn wir die großen
Projekte in dem Zeitraum, den Sie und die Oberbürger-
meister vorschlagen, verwirklichen wollen, benötigen
wir diese Finanzmittel.

Ich freue mich schon auf die Diskussion im Aus-
schuss, die hoffentlich dazu führt, dass wir vernünftige
und solide finanzierte Projekte gemeinsam auf den Weg
bringen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513213700

Das Wort hat nun die Kollegin Renate Blank, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])



Renate Blank (CSU):
Rede ID: ID1513213800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt zu-

rück zur ICE-Trasse Nürnberg–Erfurt, der unendlichen
Geschichte, die langsam zu einem Trauerspiel und vor
allen Dingen zu einem Verwirrspiel wird.

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(C (D Frau Staatssekretärin, Papier ist ja nun wirklich geuldig. Im Bundesverkehrswegeplan von 1992/93 und uch jetzt wieder sowie im Schienenwegeausbaugesetz teht die Strecke Nürnberg–Erfurt. Sie haben aber fast ur von dem Verkehrsprojekt Nr. 8.2 und nicht von 8.1, ämlich Nürnberg–Erfurt, gesprochen. Sie haben nicht on der Neubaustrecke Nürnberg–Ebensfeld gesprohen, sondern nur von den anderen Bereichen. Kollege Schmidt, Sie sollten einmal zugeben, dass die rünen die Trasse Nürnberg–Erfurt absolut nicht wolen. (Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich habe nur eine Rechnung aufgemacht! Die können Sie nicht widerlegen!)


Ich möchte die ICE-Trasse eigentlich noch erleben, das
eißt, sie soll nicht erst in 120 Jahren fertig sein.
Tatsache ist, dass die Grünen die Strecke aus politi-

chen Gründen nie wollten. Auch die bayerische SPD
ollte sie nicht. Die Nürnberger SPD – ich nehme sie
usdrücklich in Schutz – wollte diese Trasse.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die Bahn will sie auch nicht!)


m Wahlkampf 2002 hat der Bundeskanzler gesagt, wir
rauchten diese Trasse. Seitdem ist auch die bayerische
PD umgeschwenkt. Somit steht jetzt auf dem Papier,
ass die Trasse gebaut wird.
Für uns ist das ein unsägliches Gezerre um den Wei-

erbau. Allerdings ist dies ein Spiegelbild der rot-grünen
olitik,

(Siegfried Scheffler [SPD]: Das ist doch Quatsch! Wissmann hat das doch angefangen!)

ie von Wankelmut, Unzuverlässigkeit und mangelndem
urchsetzungsvermögen geprägt ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Siegfried Scheffler [SPD]: Gucken Sie doch mal in die Protokolle, was der Wissmann gesagt hat!)


Warum regen Sie sich denn so auf? Hören Sie mir doch
u!
Diese rot-grüne Planungs- und Konzeptionslosigkeit

at sich Bahnchef Mehdorn zunutze gemacht, nach dem
otto: Wenn die Mittel für den Schienenausbau gekürzt
erden, dann werden auch die Arbeiten zwischen Nürn-
erg und Erfurt nicht weitergeführt. Damit spricht er na-
ürlich den Grünen aus dem Herzen.
Frau Staatssekretärin, in der Mittelfristplanung bis

008 sind für die Strecke Nürnberg–Ebensfeld nur
0 Millionen Euro enthalten. Außerdem ist für diese ge-
inge Summe der Abschluss der Finanzierungsvereinba-
ung von der DB AG noch nicht beantragt. Bahnchef
ehdorn hat im Frühjahr gesagt, beim Abschnitt Nürn-
erg–Ebensfeld sei ihm die Tinte eingetrocknet.






(A) )



(B) )


Renate Blank


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Weil er rechnen kann!)


Das hat sich die Bundesregierung dann natürlich zu Ei-
gen gemacht.

Mit dem Betrag von 10 Millionen Euro ist der not-
wendige viergleisige Ausbau zwischen Nürnberg und
Fürth, der etwa 120 Millionen Euro kostet, erst einmal
vom Tisch,


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nein! Der ist unstrittig!)


weshalb es auf unabsehbare Zeit keine Verbesserun-
gen im Schienennahverkehr der Region geben wird.
Der S-Bahn-Bau ist damit ausgebremst und Sie sind
schuld!


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Unsinn! Das ist blankscher Unsinn, was Sie da reden!)


– Nein, Kollege Schmidt, Sie haben zu verantworten, dass
der Bau der S-Bahn Nürnberg–Fürth–Erlangen schon seit
über einem Jahr gestoppt ist, weil diese S-Bahn-Strecke
unabweislich mit der ICE-Trasse Nürnberg–Erfurt ge-
koppelt ist.

Sie müssen sich vorhalten lassen, dass Sie für den
Schienenpersonennahverkehr – genauer: für den Bau ei-
ner S-Bahn – kein Geld zur Verfügung stellen.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Unsinn!)


Die genannten 10 Millionen Euro dienen lediglich der
Erhaltung der Leistungsfähigkeit bzw. der Aufrecht-
erhaltung der Maßnahme nach dem Baurecht, damit
keine Gelder an Europa zurückgezahlt werden müssen,
die bisher für die Projekte im Rahmen der Transeuropäi-
schen Netze geflossen sind.

Vielleicht sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen
von Rot-Grün, einmal darüber nachdenken, dass die EU
diese Trasse mit 20 Prozent bezuschusst. Das Geld liegt
in Brüssel; es muss nur abgerufen werden.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich habe von dem Geld noch nichts gesehen!)


Sie müssen dieses Geld abrufen und müssen mehr Mittel
für Investitionen zur Verfügung stellen. Es hätte schon
längst mit dem Bau der Trasse Nürnberg–Erfurt begon-
nen werden können, wenn die Deutsche Bahn AG bis
zum Jahre 2002 6 Milliarden Euro, die sie nicht ver-
bauen konnte, nicht hätte zurückgeben müssen. Damit
hätte man die Strecke Nürnberg–Erfurt – sie kostet
4 Milliarden Euro – leicht planen und bauen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513213900

Das Wort hat nun der Kollege Rainer Fornahl, SPD-

Fraktion.

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(C (D Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Frau Blank, angesichts Ihrer Ausführungen uss man befürchten, dass es in Zukunft an neu gebauen ICE-Strecken keine Lärmschutzwände, sondern nur och Klagemauern gibt. as wollen wir nicht. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Ihr baut ja keine! Sie erzählen hier Märchen!)

Rainer Fornahl (SPD):
Rede ID: ID1513214000

(Zuruf von der SPD: Ja, genau!)


Herr Grund, Sie müssten eigentlich Abgrund heißen.
alten Sie den Schnabel!


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Die beiden heute anstehenden Projekte sind wichtige
bschnitte der Transeuropäischen Netze. Sie sind aber
uch Bestandteile der Netzkonzeption 21 der Deutschen
ahn AG und sind insgesamt ein wichtiger Teil der Ent-
icklung einer vernünftigen Verkehrsinfrastruktur.
Im Bundesverkehrswegeplan 2003–2015 sind diese

rassen in der Kategorie „laufende und fest disponierte
orhaben“ bzw. „vordringlicher Bedarf“ eingeordnet.
ie standen auch schon im Bundesverkehrswegeplan
992 bis 2012 unter der Kategorie höchste Priorität, was
mmer man darunter verstehen konnte. Nach wie vor
ind diese Projekte für die Stärkung des Schienenperso-
enverkehrs und auch – ich betone das – des Schienen-
üterverkehrs über Deutschland hinaus besonders wich-
ig.
Schauen wir noch einmal auf die sehr wichtigen Ver-

ehrsprojekte „Deutsche Einheit“ Nr. 8.1 und Nr. 8.2.
iese Projekte sind aufgrund ihres Umfangs und der
osten besonders exemplarisch. Der Bau der Trasse ist
rst seit 1997 möglich gewesen. Wir sollten uns darauf
erständigen, dies als Tatsache anzusehen. Denn erst zu
iesem Zeitpunkt waren die Klagen abgewiesen, die es
m Zusammenhang mit der Planfeststellung und dem
insetzen des Baurechts gab. Die Bahnchefs Dürr und
udewig hatten für das gesamte Projekt relativ wenig
ympathie. Deshalb wurden bis 1999 nur Mittel in Höhe
on 350 Millionen Euro verwendet. Von 2000 bis 2004
urden immerhin 750 Millionen Euro – das ist die aktu-
lle Zahl von der DB Projektbau – verbaut.
Trotz der erkennbaren Skepsis meines Kollegen

chmidt hinsichtlich dieses Projekts – er hält damit nicht
inter dem Berg – kann ich sagen: Wir haben in den letz-
en vier Jahren ein ganz beachtliches Investitionsvolu-
en angeschoben. Aktuell ist dazu noch zu vermelden,
ass es eine Baufreigabe für die Südanbindung Halle, für
ie Elsterauequerung und – das ist ein Hinweis an die
ollegin Blank – für den Blessbergtunnel gibt. Das ist
ie Strecke Nürnberg–Ebensfeld. Frau Gleicke hat diese
unkte richtigerweise erwähnt.
Ich darf noch darauf hinweisen, dass uns die Blo-

kade durch den Freistaat Sachsen zwei Jahre Zeit bei
er Realisierung dieses Projektes gekostet hat. Der da-
alige Ministerpräsident Biedenkopf und sein bahnpoli-
ischer Büchsenspanner, der ehemalige Staatsminister






(A) )



(B) )


Rainer Fornahl

für Wirtschaft und Arbeit Kajo Schommer, haben im
Jahr 2000 eine Diskussion über eine neue Trassenfüh-
rung über Hof, Leipzig, Berlin angezettelt, obwohl es
eine durchgeplante, voll mit Baurecht versehene und
auch schon im Bau befindliche Trasse gab. Das hat zwar
für einen Leipziger durchaus Charme; das will ich gerne
zugeben. Aber es war leider ein gefährlicher Irrweg. Bis
sich Sachsen wieder gefangen hatte und auf den Pfad der
Tugend zurückkam, konnte zwei Jahre nichts gebaut
werden.


(Joachim Günther [Plauen] [FDP]: Eine andere Strecke ist sinnvoller! – Siegfried Scheffler [SPD]: Jetzt haben sie einen vernünftigen Koalitionspartner!)


Das hat uns insgesamt viel Zeit und damit auch viele
Kilometer Schiene, die hätten gebaut werden können,
gekostet.

Nun kann man ein Zahlenspiel betreiben: Die bis
2008 festgelegten Mittel sind natürlich nicht dazu ange-
tan, in den nächsten zehn Jahren mit der Fertigstellung
des Projektes insgesamt rechnen zu können. Aber man
kann natürlich nach Möglichkeiten suchen, diese Zeit-
spanne insgesamt zu verkürzen; ich will drei nennen.

Erstens. Man kann beispielsweise bei der DB AG
ganz konsequent auf die Kostenbremse treten. Beispiel:
Seit 2000 ist die DB AG mit Nachforderungen von ins-
gesamt 4 Milliarden Euro konfrontiert, die auch geneh-
migt worden sind. Das bedeutet eine Kostensteigerung
von mehr als 20 Prozent im Vergleich zum Plan. Beispiel
Neubaustrecke Köln–Frankfurt: Hier haben sich die
Kosten von 4,6 Milliarden auf 6 Milliarden Euro erhöht.
Ich könnte weitere Beispiele nennen.

Wenn man diese Szenerie weiterverfolgt, muss man
feststellen: Je mehr Geld für einzelne Projekte über den
Plan hinaus ausgegeben wird, desto weniger kann man
insgesamt mit dem zur Verfügung stehenden Geld, das in
den Haushalt eingestellt ist, bauen. Damit muss Schluss
sein! Ich fordere also von der Deutschen Bahn AG ein
konsequentes, hartes projektbegleitendes Controlling.
Dann kann man wesentlich enger am geplanten Kosten-
rahmen bleiben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Wir können aber auch – darüber sollte man
sich in der Diskussion über den Antrag zur Europama-
gistrale verständigen – Prioritäten setzen. Beispiele wä-
ren die VDE-Fertigstellung und Ost-West-Projekte im
Sinne der Transeuropäischen Netze. Wenn man sich da-
rauf konzentriert, dann muss man natürlich auf anderes
verzichten. Aber dann kann man die Zeiträume zur Rea-
lisierung solcher wichtigen Trassen insgesamt verkür-
zen.

Drittens. Wir können aber auch, wie hier schon ange-
deutet wurde und wie das unser Kollege Schmidt anhand
eines Vorschlages aus Thüringen erläutert hat, alles ganz
anders machen: Wir legen alles auf Eis und machen alles
neu. Dann kommen wir überhaupt nicht zu Stuhle. Das

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(C (D st zumindest mit mir nicht zu machen. Ich stehe für eine olche Variante nicht zur Verfügung. (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wen interessiert das?)


Wir können aber auch ein Viertes tun: Wir kommen
it dem Reformpaket zur Agenda 2010 voran. Sie ma-
hen dabei mit. Dann gibt es im Bundeshaushalt mehr
pielraum für Verkehrsinfrastrukturinvestitionen.
Zum Abschluss will ich sagen, meine Damen und
erren von der Opposition: Im Sinne von Hartz IV sollte
an nicht nur fordern, sondern auch fördern. So kom-
en wir voran und auch schneller zu Ergebnissen bei
ichtigen Verkehrsinfrastrukturprojekten, auf die wir
lle so dringlich warten.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513214100

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
ollege Volkmar Vogel für die CDU/CSU-Fraktion,


(Beifall bei der CDU/CSU)

er bei strenger Beachtung der Debattenzeit eigentlich
ar keine Redezeit mehr hat. Aber da das Präsidium bei
er Bewirtschaftung der Redezeiten großzügiger ist als
ie Fraktionen, darf er noch sprechen. Bitte schön.

Volkmar Uwe Vogel (CDU):
Rede ID: ID1513214200

Sehr geehrter Herr Präsident! Wenn ich keine Rede-

eit mehr habe, dann habe ich jetzt auch alle Freiheiten.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Manfred Grund [CDU/CSU]: Du kannst auch singen!)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513214300

Darauf würde ich es besser nicht ankommen lassen.

Volkmar Uwe Vogel (CDU):
Rede ID: ID1513214400

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Eisen-

ahnmagistralen Paris–Budapest und, lieber Kollege
chmidt, auch Stockholm–Verona sind wichtige europäi-
che Magistralen in Ost-West- und natürlich auch in
ord-Süd-Richtung.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber realistisch müssen sie sein!)


ie vernetzen europäische Metropolen; sie sind europäi-
che Lebensadern. Sie entlasten nicht nur den Luft- und
traßenverkehr, sondern sind auch eine umweltscho-
ende Alternative zum Individualverkehr.
Die seit Jahren diskutierte ICE-Strecke Nürn-

erg–Erfurt–Halle–Leipzig nimmt dabei eine ganz be-
ondere Stellung ein. Denn diese ICE-Trasse ist ein
ymbol für die Vollendung der deutschen Einheit


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )


Volkmar Uwe Vogel

und natürlich ein unverzichtbarer Bestandteil des EU-
Programms „Transeuropäische Netze“. Dies wurde im
Bundesverkehrswegeplan 1992, dem Bundesverkehrs-
wegeplan der deutschen Einheit, zum Gesetz. Die Trasse
Berlin–München genoss damals allerhöchste Priorität.

Trotzdem hat Verkehrsminister Müntefering, SPD,
den planmäßigen Weiterbau 1999 gestoppt, obwohl er
wusste: Für die neuen Bundesländer und auch für meine
Heimat Thüringen ist diese Hochgeschwindigkeitsstre-
cke ein Standortfaktor von europäischer Dimension.


(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sieht die IHK aber inzwischen realistischer!)


Aus welchen Gründen auch immer – das sei dahinge-
stellt – hat Bundeskanzler Schröder auf dem SPD-Partei-
tag am 10. März 2002 Münteferings Baustopp für die
ICE-Strecke aufgehoben und damit Hoffnungen auf eine
baldige Fertigstellung dieser Strecke in Thüringen und in
den neuen Bundesländern geweckt. Doch im
Herbst 2004 sieht die Wirklichkeit ganz anders aus –
eine Wirklichkeit des Kanzlers, übrigens nicht nur beim
ICE. Verwaiste Baustellen sprechen für sich und für die
verfehlte Verkehrspolitik der Bundesregierung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Zeit der
Ideenkonferenzen und der Neuererbewegung ist vorbei.
Diskussionen um Alternativen verschleppen dieses Pro-
jekt nur weiter. Wer die Lebensverhältnisse in den alten
und den neuen Bundesländern aneinander angleichen
will, darf nicht nur reden, sondern muss tatsächlich han-
deln.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Joachim Günther [Plauen] [FDP])


Frau Staatssekretärin Gleicke, die Aussage, die Stre-
cke werde fertig gestellt, reicht nicht. Gleichzeitig sagt
Kollege Schmidt, die Strecke werde in 125 Jahren fertig
gestellt.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: 130!)


Wir brauchen hier ganz konkrete Informationen zu Fer-
tigstellungsterminen auch für Teilabschnitte.

Es kommt darauf an, dass Thüringen und der gesamte
mitteldeutsche Wirtschaftsraum zügig in die gesamteu-
ropäischen Hochgeschwindigkeitsnetze eingebunden
werden. Für die Neubaustrecke liegen alle Planfeststel-
lungsbeschlüsse vor. Im Gegensatz dazu ist bei den dis-
kutierten Alternativen noch kein Planungsvorlauf vor-
handen. Sie würden zu weiteren Verzögerungen führen.

Für das Projekt 8.1 werden im Zeitraum 2004 bis
2015 im Bundesverkehrswegeplan circa 3 Milliarden
Euro angesetzt, für das Projekt 8.2 rund 1,8 Milliarden
Euro. Um diese Investitionskosten zu finanzieren, sind
weit höhere Jahresbeträge notwendig, als in der Mittel-
fristplanung des Ministeriums ausgewiesen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D ach der Liste des Ministeriums vom 15. Juli sind für eide Abschnitte, also 8.1 und 8.2, lediglich 341 Millioen Euro vorgesehen. Das sind im Durchschnitt jährlich 8 Millionen Euro. Es ist fraglich, ob mit diesen 8 Millionen Euro jährlich das Baurecht überhaupt zu sihern ist. Ich bin nicht dieser Meinung. 2005 wird das aurecht in wichtigen Teilabschnitten verfallen. Um wirkliche Baufortschritte durch den Thüringer ald machen zu können, wären pro Jahr circa 50 Millionen Euro notwendig. Dann wären wir in circa cht Jahren mit der Strecke durch den Thüringer Wald urch. Dieses Ziel müssen wir uns setzen. Alles andere st aus meiner Sicht Augenwischerei und die berühmte eerdigung dritter Klasse. Es ist die Frage, ob hier ahnchef Mehdorn die Kerze trägt. Neben dem Weiterbau der Hochgeschwindigkeitsstre ke durch den Thüringer Wald darf natürlich auch die nbindung an die ICE-Strecke nicht zu kurz kommen. eshalb ist es zum Beispiel unerlässlich, die Mitteeutschland-Schienenverbindung so auszubauen, dass öhere Fahrgeschwindigkeiten möglich sind und der Lükenschluss zwischen Weimar und Glauchau erfolgt. Die ufnahme dieses Vorhabens in den weiteren Bedarf des undesverkehrswegeplans ist ein erster Erfolg. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme um Ende; denn ich werde vom Präsidenten ermahnt. ch kann nur an die Bundesregierung und an die Regieungskoalition appellieren, die ICE-Strecke Nürnerg–Erfurt–Leipzig zügig weiterzubauen. (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Dann müssen Sie noch ein paar Finanzierungsvorschläge machen!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


enn wir jetzt nicht handeln, verfällt das Baurecht, und
eit über 700 Millionen Euro Steuergelder, die bereits
erbaut sind, werden buchstäblich in den Sand gesetzt.
enn es dazu käme, interessierte mich die Antwort auf
ine Frage natürlich ganz besonders: Was wird uns der
PD-Kanzlerkandidat im Wahlkampf 2006 erklären,


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Der Kandidat ist Kanzler und bleibt Kanzler!)


enn sich auf diesem Symbol der deutschen Einheit
uchs und Hase gute Nacht sagen?


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das hätten Sie uns alles ersparen können!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513214500

Ich schließe die Aussprache.
Zum Tagesordnungspunkt 7 a wird interfraktionell

ie Überweisung der Vorlage auf Drucksache 15/3715
n die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
orgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist
ffensichtlich der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
chlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Tagesordnungspunkt 7 b: Beschlussempfehlung des

Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen auf
Drucksache 15/3580 zu dem Antrag der Fraktion der
CDU/CSU mit dem Titel „Planungs- und Finanzierungs-
sicherheit für die ICE-Strecken Nürnberg–Erfurt und Er-
furt–Leipzig/Halle schaffen“. Der Ausschuss empfiehlt,
den Antrag auf Drucksache 15/2653 abzulehnen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit Mehrheit angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaus-

(Nachtragshaushaltsgesetz 2004)

– Drucksache 15/4020 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

Auch zu diesem Tagesordnungspunkt haben sich die
Fraktionen auf eine Debattenzeit von 45 Minuten ver-
ständigt. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist
das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Bundesminister der Finanzen Hans Eichel.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Schuldenminister!)



Hans Eichel (SPD):
Rede ID: ID1513214600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Lassen Sie mich zunächst mein Bedauern aus-
drücken, dass ich an der Debatte über den Stabilitäts-
und Wachstumspakt hier nicht teilnehmen konnte. Das
Interesse der Opposition daran, dass der Bundesfinanz-
minister anwesend ist, war offenkundig nicht sehr ausge-
prägt.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Richtig!)

Wir haben Ihnen mitgeteilt, dass ich heute Morgen an
der Ecofin-Sitzung in Luxemburg teilnehmen musste.
Ich denke, es wäre ohne Schwierigkeiten möglich gewe-
sen, die Debatte über den Stabilitäts- und Wachstums-
pakt jetzt im Zusammenhang mit der Debatte über den
Nachtragshaushalt zu führen.

Ich will Ihnen aber die neueste Nachricht vom Tage
nicht vorenthalten: Der luxemburgische Ministerpräsi-
dent und Finanzministerkollege Jean-Claude Juncker,
der ja einer der Väter des Maastricht-Vertrages und des
Stabilitäts- und Wachstumspaktes ist, hat sich heute,
auch öffentlich, für eine vorsichtige Änderung des Pak-
tes ausgesprochen.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Dadurch wird es nicht besser!)


Damit müssen Sie, meine Damen und Herren von der
Union, zurechtkommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



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(C (D Wir haben übrigens auch in Scheveningen einstimmig obwohl ich gesagt habe, ich sehe keine Notwendigkeit azu – auf Vorschlag unseres Vorsitzenden, des niederändischen Kollegen Gerrit Zalm, beschlossen, dass öchstens minimale Änderungen am sekundären Verragstext stattfinden sollen; am Text des primären Verragswerks will sowieso niemand etwas ändern. Sie haben heute Morgen gesagt, ich hätte zwar bei riechenland für die Aufklärung plädiert, aber nicht daür, dass Eurostat mehr Rechte bekommen soll. Das ist alsch. Ich habe mich nur nachdrücklich dagegen geandt, dass hier zwei Dinge, die nicht zusammengehöen, miteinander vermengt werden und dass die lückenose Aufklärung dessen, was im Fall Griechenland assiert ist, möglicherweise zugedeckt wird unter einer llgemeinen Debatte über statistische Fragen. Das eine ist: Es muss lückenlos geklärt werden, was n Griechenland war; denn wenn die Erklärung des griehischen Notenbankgouverneurs Lucas Papademos, des etzigen Vizepräsidenten der EZB, stimmt, dass in den erichten der griechischen Zentralbank die richtigen ahlen gestanden haben, so muss man doch die Frage tellen: Was hat die griechische Zentralbank mit diesen ahlen gemacht, was hat die Europäische Zentralbank it diesen Zahlen gemacht, was hat Eurostat mit diesen ahlen gemacht und was hat die Europäische Kommision mit diesen Zahlen gemacht? (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das Problem ist, wie die Zahlen aussehen, nicht, was sie damit gemacht haben!)


abei geht es nicht um eine statistische Frage, sondern
s geht um eine politische Frage.
Das zweite ist: Für eine gute haushalts- und wirt-

chaftspolitische Koordinierung brauchen wir verlässli-
he und rechtzeitig vorgelegte Daten. Da hat Deutsch-
and eine hervorragende Position, übrigens auch was die
achliche Unabhängigkeit des Statistischen Bundesamtes
etrifft; daran können sich alle anderen ein Beispiel neh-
en.
Völlig klar ist aber – das gilt auch für uns –: Wenn ir-

endwann von irgendwem Zweifel an der Korrektheit
on Daten geäußert werden, dann muss Eurostat die
öglichkeit haben, in die nationalen Statistikämter hi-
einzugehen und das aufzuklären.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sagen Sie doch mal was zum Nachtragshaushalt!)


as ist meine Position, damit da keinen Augenblick ein
weifel besteht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das eine ist: Auf europäischer Ebene muss Ordnung
eschaffen werden. Das zweite ist: Die notwendigen Zu-
tändigkeitsverlagerungen müssen ganz selbstverständ-
ich stattfinden. Nur, das eine hat mit dem anderen nicht
nmittelbar etwas zu tun und das eine darf das andere
icht ersetzen.






(A) )



(B) )


Bundesminister Hans Eichel

Nun zum Nachtragshaushalt. Nach der Steuerschät-

zung im Mai habe ich erklärt: Erstens. Im Herbst werden
wir einen Nachtragshaushalt vorlegen. Zweitens. Ich ta-
xiere das Haushaltsrisiko auf 10 bis 11 Milliarden Euro
zusätzlich. Das war im Mai.

In diesem Herbst lege ich Ihnen nun diesen Nach-
tragshaushalt vor. Anders als im vorigen Jahr lege ich
ihn Ihnen nicht erst in Kenntnis der Steuerschätzung
vom November vor, obwohl auch dafür eine Menge
spräche. Aber da der Bundesrat mein Vorgehen im ver-
gangenen Jahr benutzt hat, um die gesamte Beratung bis
ins neue Jahr zu ziehen, lege ich Ihnen den Nachtrags-
haushalt schon jetzt vor. Das hat allerdings zur Konse-
quenz, dass wir die titelscharfe Ausbringung der Min-
dereinnahmen bei den Steuern erst nach der
Steuerschätzung im November vornehmen können.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Dann sollten Sie das im Januar machen! Machen Sie einen Nachtragshaushalt im Januar!)


Das heißt, dass wir die unmittelbare Anpassung nach der
Steuerschätzung im November durchführen müssen.

Diesen Termin habe ich, wie im vorigen Jahr, aus-
drücklich gewählt, weil ich, wenn ich hätte eingreifen
wollen, nur bei Investitionen, Programmplanungen und
Beschaffungen der Bundeswehr hätte eingreifen können.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Quatsch!)

Das wollte ich allerdings nicht. Alles andere hätte zu
keinerlei Einsparungen geführt.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)


Denn jeder, der redlich über dieses Thema diskutiert
– das ist nicht bei allen der Fall –,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Einer davon steht am Pult!)


muss zugeben, dass im fünften Jahr eines Konsolidie-
rungshaushaltes an diesem Knochen in Wirklichkeit kein
Fleisch mehr ist.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Wir haben damals die deutsche Einheit finanziert, Herr Ministerpräsident von Hessen!)


Das will ich mit ganz wenigen Zahlen belegen.

(Zuruf des Abg. Dr. Andreas Pinkwart [FDP])


Sie werden immer das eine oder andere finden, Herr
Pinkwart. Damit leisten Sie aber auch nicht annähernd
einen Beitrag zu einer wirklichen Problemlösung. Des-
wegen sind Ihre Haushaltsanträge ja auch so, wie sie
sind.

Meine Damen und Herren, ich will zunächst einmal
klar machen: Auf der Ausgabenseite ist der Umfang des
Haushalts von 1998 bis jetzt von 12,1 auf 11,5 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts gesunken. Das ist die erste
Feststellung. Die zweite Feststellung – jetzt nenne ich
ein Beispiel – ist Folgende: Die Personalausgaben be-
wegen sich auch im nächsten Jahr fast genau auf dersel-
ben Höhe wie 1998. Sie sind gerade einmal um 400 Mil-

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(C (D ionen Euro gestiegen und haben ein Volumen von 7 Milliarden Euro. Das entspricht einer Steigerung um ,5 Prozent, während die verschiedenen Tarifsteigerunen in diesem Zeitraum insgesamt rund 15 Prozent ausachten. Warum ist uns das gelungen? Das ist uns gelungen, eil wir systematisch Jahr für Jahr 1,5 Prozent der Stelen eingespart haben und weil wir insbesondere mit dieem Haushalt – durch Kürzungen beim Weihnachtsgeld nd durch die Abschaffung des Urlaubsgeldes – in die ezüge eingegriffen haben. Die Konsolidierung, die wir 999 unmittelbar eingeleitet haben, war erfolgreich. hne die Konsolidierungspolitik hätte der Bund jetzt jees Jahr Mehrausgaben in Höhe von gut 20 Milliarden uro. Folgendes ist aber passiert: Erstens stehen wir vor der ituation, dass die Steuereinnahmen nach dreijähriger tagnation bei weitem nicht den Umfang hatten wie daals, als von allen Seiten ein höheres Wachstum zurunde gelegt wurde, unterstellt worden war. Zweitens aben sich die Ausgaben für den Arbeitsmarkt gegenber dem Jahr 2000 verdoppelt. Das sind die beiden Enticklungen, mit denen wir es zu tun haben. Wenn man übrigens aus Luxemburg bzw. vom Ecofin urückkommt, ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass eutschland zu der kleinen Gruppe der Länder gehört, ie die geringeren Abweichungen aufweisen von der esten Situation war im Jahr 2000. Damals – auch unter einer Verantwortung – betrug das Defizit 1,2 Prozent. n diesem Jahr ist es auf 3,8 Prozent gestiegen. Das entpricht einer Abweichung von 2,6 Prozentpunkten. Im ergleich dazu weisen die meisten Länder der Europäichen Union und vor allem der Eurozone viel höhere bweichungen auf. Die Startposition, das Defizit von ,2 Prozent, war das Problem. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Herr Diller hat die gleiche Rede wie Sie schon heute Morgen gehalten! – Weiterer Zuruf des Abg. Dietrich Austermann [CDU/CSU])


Auf Sie, Herr Austermann, komme ich noch zu spre-
hen. Denn es gehört schon eine gewaltige Chuzpe dazu,
enn ausgerechnet Sie sich über die Schulden, die auch
ir zu hoch sind, beklagen. Dazu gehört eine unglaubli-
he Chuzpe!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Wer soll das denn sonst beklagen?)


Am besten diejenigen, die am meisten davon verste-
en. Da haben Sie vollkommen Recht. Denn wer soll das
onst beklagen?


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Wir haben mit den Schulden damals die deutsche Einheit finanziert, Herr Ministerpräsident von Hessen!)


In diesem Haushalt beträgt die Neuverschuldung
3,7 Milliarden Euro. Das ist gegenüber dem Haushalt,
en ich eingebracht hat, eine Verschlechterung um
4,4 Milliarden Euro.






(A) )



(B) )


Bundesminister Hans Eichel


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Da sieht man es doch: Sie haben nichts dazugelernt! – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Und was ist mit der Eigenheimzulage?)


Diese Größenordnung entspricht im Übrigen ziemlich
exakt dem Nachtragshaushalt des vergangenen Jahres.

Die Verschlechterungen ergeben sich fast ausschließ-
lich aus den geringeren Steuereinnahmen; darüber hi-
naus gibt es, wie Sie wissen, ein paar andere Dinge,
darunter auch den Bundesbankgewinn. Worauf es in die-
sem Zusammenhang ankommt: Im Haushalt ist ein nied-
rigeres Ausgabenvolumen vorgesehen, das dadurch ent-
steht, dass wir Hartz IV eben nicht zum 1. Juli dieses
Jahres umsetzen, sondern ab 1. Januar nächsten Jahres.
Damit ergibt sich eine Nettokreditaufnahme von
43,7 Milliarden Euro, insbesondere, wie gesagt, wegen
gegenüber der Mai-Schätzung geringeren Steuereinnah-
men bei der Mineralölsteuer und bei der Tabaksteuer.

Wir haben im vergangenen Jahr einen Dreiklang von
Strukturreformen, Haushaltskonsolidierung und Wachs-
tumsimpulsen eingeleitet.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Tata, tata, tata! Der Karneval ist da!)


– Wissen Sie was? Nach der Landtagswahl in Schles-
wig-Holstein haben Sie hier kaum noch einen Auftritt,
Herr Austermann,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sehr richtig! – Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abg. der FDP)


und auch sonst nimmt dann keiner mehr von Ihnen
Kenntnis.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben nicht zugehört. Ich habe gesagt: Sie haben hier
kaum noch einen Auftritt, weil Sie dann als haushaltspo-
litischer Sprecher Ihrer Fraktion keine Rolle mehr spie-
len werden! Das wird so auch richtig sein.

Wir haben zu diesem Dreiklang in der klaren Er-
kenntnis gegriffen, dass wir aus der Stagnation heraus
müssen, dass das die entscheidende Voraussetzung ist,
weil wir nur in der Kombination von Wachstum und rigi-
der Haushaltskonsolidierung, rigider Ausgabenbegren-
zung vorankommen. Wir haben das Ziel ja auch erreicht.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Was? Bitte? Wo leben Sie denn!)


– Das frage ich Sie auch.
Deutschland

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ist pleite!)


verzeichnet wieder ein Wachstum.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ich dachte, wir hätten eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts?)


Ich erinnere mich übrigens lebhaft, dass Herr
Austermann vor einem Jahr im Haushaltsausschuss er-
klärt hat, von mehr als 1 Prozent Wachstum dürfe man

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(C (D icht ausgehen. Wir haben 1,5 bis 2 Prozent Wachstum eranschlagt und gesagt: eher am unteren Rand. Nun erden es deutlich mehr als die 1,5 Prozent sein. Wir erden nach drei Jahren – ich freue mich darüber – das rste Mal wieder die Situation haben – laut vieler Pronosen –, dass wir im Laufe des Jahres nicht weiter nach nten korrigieren müssen, sondern dass wir, jedenfalls as die Wachstumsprognose für dieses Jahr angeht, nach ben korrigieren können! Das wollen wir einmal festhalen. (Beifall bei der SPD – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Deswegen ist das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gestört?)


Ich finde es besonders lustig, Dass Sie ankündigen, Sie
ollten wegen dieses Haushaltes nach Karlsruhe ge-
en.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Nein, nicht wegen des Nachtragshaushalts! Wegen des Originalhaushalts! Wegen der falschen Zahlen!)


Das ist ja noch schöner! Wann wachen Sie eigentlich
uf, Herr Austermann? Wir haben bereits bei der Ein-
ringung des Haushaltes im Zusammenhang mit dem
orziehen der Steuerreform gesagt: Dies setzen wir ein,
m die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichge-
ichts abzuwenden, um aus der Stagnation herauszu-
ommen und ins Wachstum hineinzukommen. Seitdem
ntspricht der Haushalt Art. 115 Grundgesetz! Bis zu Ih-
er Kritik haben Sie also viele Monate gebraucht.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Nein, das haben wir schon im Februar gesagt!)


Wenn Sie in Karlsruhe sind, verehrter Herr
ustermann, dann klagen Sie wahrscheinlich auch sofort
egen Niedersachsen und gegen Hessen, weil die Regie-
ungen dort für nächstes Jahr Haushalte einbringen, bei
enen die Neuverschuldung


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das ist ja wohl ungeheuerlich!)


öher ist als die Investitionen,

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ist beim Bund die Regel!)

ie also in schöner Isolierung, abseits des Bundes, die
rklärung abgeben, es gebe eine Störung des gesamt-
irtschaftlichen Gleichgewichts, die es abzuwenden
elte.
Unsere Politik des Dreiklangs hat gewirkt. Ich will

as am Beispiel der Gesundheitsreform deutlich ma-
hen. Im ersten Halbjahr dieses Jahres haben wir zum
rsten Mal seit zehn Jahren einen Überschuss, von
,5 Milliarden Euro.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Wegen der Praxisgebühr, die wir Ihnen aufgezwungen haben und die Sie gar nicht wollten!)


m ersten Halbjahr 2003 hatten wir noch ein Defizit von
Milliarden Euro. Damit haben wir einen positiven






(A) )



(B) )


Bundesminister Hans Eichel

Saldo von 4,5 Milliarden Euro, hochgerechnet auf das
ganze Jahr wahrscheinlich etwa 9 Milliarden Euro.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Tabaksteuer!)


Hier zeigt sich, dass die Reformen wirken. Die nächste
– Hartz IV – tritt ja zum 1. Januar nächsten Jahres in
Kraft.

Mit anderen Worten – das kann man der ganzen Ent-
wicklung in Deutschland auch ansehen –: Das Problem
ist nicht, dass wir kein wettbewerbsfähiges Land wären
– wir sind äußerst wettbewerbsfähig –, das Problem ist,
dass die Binnennachfrage noch nicht richtig angesprun-
gen ist.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Warum wohl? – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Jedes Jahr ein halbes Prozent!)


Genau das zeigt sich ja auch wieder an den Steuerein-
nahmen. Wir sind ein äußerst wettbewerbsfähiges Land
und es ist völlig daneben, wenn Sie ausgerechnet solche
fundamentalen Managementfehler, wie sie zum Beispiel
bei Opel gemacht worden sind, als Argument gegen den
Standort Deutschland verwenden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


So reden Sie dieses Land schlecht. Wenn Sie einmal bei
Ernst & Young nachschauen, was internationale Mana-
ger antworten, wenn sie befragt werden, wo sie am liebs-
ten investieren, werden Sie feststellen: Der erste Stand-
ort heißt China, der zweite die USA, der dritte Standort
heißt Deutschland.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: BertelsmannStiftung: Platz 21 von 21!)


Das ist die Wirklichkeit.
Mit anderen Worten: Deutschland ist äußerst wettbe-

werbsfähig, aber wir brauchen mehr Binnenmarktnach-
frage. Daran kann überhaupt kein Zweifel bestehen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513214700

Herr Minister, ich darf Sie nur daran erinnern, dass

die Überschreitung der für Sie angemeldeten Redezeit
auf Ihre Fraktionskollegen angerechnet wird.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Seine Zeit ist eh abgelaufen!)



Hans Eichel (SPD):
Rede ID: ID1513214800

Ich bedanke mich und komme sofort zum Schluss.
Ich weise darauf hin, dass der Dreiklang aus Struk-

turreformen, Haushaltskonsolidierung und Wachs-
tumsimpulsen auch für nächstes Jahr gilt.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Missklang!)


Mir ist die NKA, die Nettokreditaufnahme, die wir die-
ses Jahr vornehmen müssen, zu hoch. Das können Sie
aber nicht beklagen: Wer in 16 Jahren 580 Milliarden
Euro Schulden gemacht hat, der ist nicht in der entspre-

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(C (D henden Lage, sich hier als Ankläger darüber aufzuspieen, dass wir in sechs Jahren 120 Milliarden Euro Schulen gemacht haben. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


In der Tat: Die Nettokreditaufnahme könnte niedriger
ein, wenn Sie im Bundesrat nicht jedes Mal aus rein
arteitaktischen Gründen den Abbau der Steuersubven-
ionen so blockiert hätten, wie Sie das getan haben.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Jetzt kommt wieder die alte Leier!)


as weiß jeder im Lande. Das liegt in Ihrer Verantwor-
ung. Deswegen sind Ihre Reden in diesem Zusammen-
ang Heuchelei.
Ich bitte um die Zustimmung zum Nachtragshaus-

alt 2004.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Mit Sicherheit nicht! – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Immer waren es die anderen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1513214900

Das Wort hat der Kollege Steffen Kampeter für die
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1513215000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Es ist schon erstaunlich, dass der Bundesfinanz-
inister bei der Einbringung seines Nachtragshaushalts
ergessen hat, eine Zahl hier vorzutragen. Es geht um
3,7 Milliarden Euro Schulden, die wir in diesem Jahr
ufnehmen. Das ist entlarvend. Dass Sie sich nicht schä-
en, der Schuldenkönig von Deutschland zu sein! Es ist
in schwarzer Tag für die deutsche Finanzpolitik und vor
llen Dingen für die Bürgerinnen und Bürger, die als
teuerzahler diesen Betrag später wieder aufbringen
üssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Hans Eichel ist der Schuldenkönig von Deutschland.

ie tragen eine blamable Krone. Lieber Herr Eichel, die
teuerzahler und -zahlerinnen wissen: Die Schulden von
eute – Sie muten uns eine erneute Steigerung der Netto-
reditaufnahme zu – sind die Steuererhöhungen von
orgen.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

ine so fundamentale Ankündigung zukünftiger Steuer-
rhöhungen hat es in der Geschichte der Bundesrepublik
eutschland überhaupt noch nicht gegeben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie haben vorhin davon gesprochen, Sie würden sich

ür das wirtschaftliche Wachstum einsetzen. Dieser Tag
st aufgrund des Nachtragshaushalts ein schwarzer Tag
ür das wirtschaftliche Wachstum; denn Sie als






(A) )



(B) )


Steffen Kampeter

Finanzminister glauben offenbar, dass man mit Schulden
Wachstum kaufen kann. Diese Einschätzung ist falsch.
Für diese fatale Fehleinschätzung müssen die Bürgerin-
nen und Bürger mit einer hohen Arbeitslosigkeit bezah-
len.

Ein Blick auf die Zahlen hilft uns, aufzuklären. Im
Jahre 2000 hatten wir ein starkes wirtschaftliches
Wachstum, nämlich mehr als 3 Prozent,


(Joachim Poß [SPD]: Nein, 2,9 Prozent!)

und einen Überschuss im staatlichen Gesamthaushalt.
Im letzten Jahr waren eine wirtschaftliche Schrumpfung
– unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist funda-
mental gesunken – und ein hohes Defizit zu verzeichnen.
Dies zeigt: Konsolidierung und Überschüsse in den
Haushalten fördern das wirtschaftliche Wachstum und
die Beschäftigung. Schulden fördern den wirtschaftli-
chen Abstieg. Das ist die wirtschaftspolitische Wahrheit,
die heute ausgesprochen werden muss.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Als Christdemokraten haben wir im Übrigen gute Er-

fahrungen mit der Konsolidierung gemacht.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Im Schuldenmachen haben Sie gute Erfahrungen!)


Als wir die Bundesregierung Anfang der 80er-Jahre
übernommen haben, haben wir durch Konsolidierung
wirtschaftliches Wachstum hervorgerufen. Sie sollten
Abschied von den nachfrageorientierten Theorien des
letzten Jahrhunderts nehmen. Die Bundesregierung ist
nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Wer Schulden macht,
der muss die Steuern erhöhen und der behindert wirt-
schaftliches Wachstum. Schulden sind die Ursache für
die derzeitige Situation und nicht die Lösung, um zum
gegenwärtigen Zeitpunkt aus der wirtschaftlichen Krise
zu kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Herr Bundesfinanzminister, ich finde es einigermaßen

verwunderlich, dass Sie hier im Deutschen Bundestag
sagen, Deutschland befinde sich im Wachstum. Gleich-
zeitig legen Sie nämlich einen Nachtragshaushalt vor,
bei dem Sie von der Grundannahme der Störung des ge-
samtwirtschaftlichen Gleichgewichts ausgehen. Sie
müssen sich schon für irgendetwas entscheiden. Entwe-
der erklären Sie den Deutschen, es gehe mit dem wirt-
schaftlichen Wachstum aufwärts, oder Sie sagen den
Deutschen, es gehe uns so schlecht, dass wir mehr
Schulden machen dürfen, als es gemäß der Verfassung
zulässig ist. Beides zusammen geht nicht. Sie sind bei
Ihren finanzpolitischen Aussagen völlig orientierungs-
los.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Herr Bundesfinanzminister, diese Orientierungslosig-
keit in Ihrer Finanzpolitik zeigt auch, dass Sie diesem
Nachtragshaushalt eine völlig falsche Ursachenanalyse
zugrunde legen. Lieber Schuldenkönig, in der Begrün-
dung für die Schuldenexplosion wird auf ein schwieriges

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(C (D eltwirtschaftliches Umfeld hingewiesen. Nicht die eltwirtschaft ist das Problem in Deutschland. Nein, sie ächst dreimal so schnell wie die Wirtschaft der Bunesrepublik Deutschland. Die Weltwirtschaft wächst so tark wie seit 25 Jahren nicht mehr. Diese Wachstumsraen hätten wir in der Bundesrepublik Deutschland gerne. nsere Probleme sind hausgemacht. Sie sind von dieser egierung hervorgerufen. er keine ehrliche Ursachenanalyse betreibt, der kann uch nicht zu den richtigen Rezepten kommen. Wir brauchen zweierlei in Deutschland: Erstens: Wir rauchen eine Politik, die das Wachstumspotenzial dieer Volkswirtschaft endlich wieder nach oben bringt. Die achstumspotenzialraten kriechen zum gegenwärtigen eitpunkt bei 1 bis 1,5 Prozent herum. Wir brauchen ein ehr an wachstumsinduzierten Steuereinnahmen. Steureinnahmen müssen durch Wachstum zunehmen, nicht adurch, dass Sie bei den Steuerzahlerinnen und Steuerahlern abkassieren, indem Sie ständig die Steuern erhöen. as ist ein wesentlicher Unterschied in der Finanzpolitik wischen Regierung und Opposition. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Zweitens: Wir brauchen einen Ausgabenrückgang,
nsbesondere beim staatlichen Konsum. Herr Eichel, Sie
aben hier gerade den Eindruck erweckt, als würden Sie
eniger ausgeben. Tatsache ist: In diesem Jahr werden
5 Milliarden Euro mehr ausgegeben als zum Regie-
ungswechsel 1998. Und dieser Mann spricht von Kon-
olidierung!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ie leben fernab der fiskalpolitischen Wirklichkeit. Das
st ein Schaden für Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Zum Schaden für die Menschen in diesem Land ist
hnen auf dem Weg zu mehr Wachstum ein Faktor verlo-
en gegangen, nämlich der Wachstumsfaktor Vertrauen.
ass Sie den Deutschen Bundestag vorsätzlich falsch
ber die tatsächliche finanzielle Lage informieren, ist
chlimm, aber nicht der fatalste Vertrauensverlust. Damit
echnen wir bei Ihnen.
Schwerer wiegt das ständige Hin und Her in der

inanzpolitik, das keinen klaren Kurs erkennen lässt.
hre andauernd wechselnden finanzpolitischen Daten,
ie Diskussion über Mindestlöhne, Ihre Hauruckprivati-
ierungen und vieles andere mehr haben bei den Men-
chen dazu geführt, dass Vertrauen und Zuversicht völlig
erschwunden sind. Stattdessen sind private Konsumen-
en und Investoren stark verunsichert. Wer aber nicht
eiß, wie es weitergeht, wie hoch seine steuerliche Be-






(A) )



(B) )


Steffen Kampeter

lastung im nächsten Jahr sein wird oder ob die Bundesre-
gierung wieder irgendeinen Irrsinn verzapft, der konsu-
miert und investiert nicht. Er kauft im Übrigen auch
nicht mehr bei Opel und bei Karstadt, weil er Angst um
seine Zukunft hat. Die Quelle dieser Angst ist die
Finanzpolitik dieser Bundesregierung.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie fernab Sie jedweder Seriosität argumentieren,

zeigt sich daran, dass Sie gebetsmühlenhaft behaupten,
die Opposition hindere Sie über den Bundesrat an der
Konsolidierung des Bundeshaushalts. Vor mir liegt das
Finanztableau des Vermittlungsausschusses. Darin
steht, dass die Bundesregierung über den gesamten
Finanzplanungszeitraum Steuermehreinnahmen in Höhe
von 24,542 Milliarden Euro vorgeschlagen hat. Durch
die Veränderung der Kräfte im Bundesrat sind von die-
sen 24,542 Milliarden Euro beim Bund Mindereinnah-
men von 388 Millionen Euro ausgewiesen. Sie haben bei
einer Neuverschuldung von mehr als 43 Milliarden Euro
allein in diesem Jahr die Behauptung aufgestellt, wir hät-
ten die Konsolidierung verhindert, während Ihre eigenen
Zahlen belegen, dass Sie lediglich Mindereinnahmen
von 388 Millionen Euro haben. Ein Finanzminister, der
die Öffentlichkeit so schäbig täuscht oder unfähig ist,
diese Zahlen richtig zu interpretieren, der darf dieses
Land nicht führen oder er führt es in den Ruin.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie sind ein zahnloser Tiger, eine tragische Figur der

Finanzpolitik in der Bundesrepublik. Sie haben im Kabi-
nett ja überhaupt keine Durchschlagskraft mehr. Ein Fi-
nanzminister in der Krise muss vor allen Dingen eines
sein: ein Wachstumsminister. Er muss an der Spitze der
Reformbewegung stehen. Aber Sie, Herr Minister
Eichel, lieber Schuldenkönig, Sie sind lediglich der
Buchhalter. Wie ein Notar – dafür werden Sie gut be-
zahlt – stellen Sie fest: Auf die Krise gibt es nur eine
Antwort: Schulden, Schulden, Schulden!

Stattdessen müssten Sie an der Spitze der Arbeits-
marktreformen stehen. Sie müssten an der Spitze der
Entbürokratisierung stehen. Sie müssten an der Spitze
der Bewegung für die Sozialreformen stehen. Sie müss-
ten mit den Kollegen in den Ressorts endlich einmal
kämpfen, damit diese weniger ausgeben. Wir in der
Union wissen, wie schwierig es ist, in der Sozialpolitik
gemeinsame Positionen zu finden. Sie können sich gerne
bei uns darüber informieren, wie man solche Diskussio-
nen organisiert. Aber Sie sind lediglich der Zuschauer
des Abstiegs dieses Landes. Die Bertelsmann Stiftung
hat gerade festgestellt: Bei einem internationalen Stand-
ort-Ranking von 21 Industrienationen nimmt die Bun-
desrepublik Deutschland den letzten Platz ein. Das ist
eine Katastrophe.

Wir wollen mehr aus Deutschland machen. Das ist die
Aufgabe für unser Land.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wollen es nicht schlechtreden.

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(C (D Sie haben jetzt nicht mehr die Zeit, dies noch auszu ühren. Wir müssen diesen Nachtragshaushalt nüchtern und ealistisch analysieren. (Joachim Poß [SPD]: Das können Sie ja nicht!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513215100
r belegt schwarz auf weiß das Scheitern der rot-grünen
inanzpolitik. Er vertagt die notwendigen Entscheidun-
en in unserem Land und belastet die zukünftigen Gene-
ationen. Dieser Tag ist ein schlechter Tag für Deutsch-
and.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ziemlich aufgeblasen!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513215200

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Franziska

ichstädt-Bohlig.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ollege Kampeter, das war eben ein ochsenfroschmäßi-
er Schaufensterbeitrag,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


er nichts anderes als dümmliche Schuldzuweisungen
nthielt,


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das war eine ausgezeichnete Rede!)


tatt ernsthaft darzustellen,

(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Die Wahrheit tut weh!)

ie das Problem entstanden ist. Da gehört die Mitverant-
ortung des Bundesrats und der CDU/CSU und der FDP
enauso auf den Tisch wie die Verantwortung der Koali-
ion. Die Bevölkerung will Lösungen sehen und nicht
olche dümmlichen Sprüche hören.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Er hat doch etwas dazu gesagt!)


Glauben Sie denn, dass sich irgendjemand von Ihren
prüchen auch nur die geringste Lösung verspricht? Das
arf doch nicht wahr sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dass wir, die Koalition, diesen Nachtragshaushalt
icht gerne vorlegen, ist völlig klar. Niemand legt gerne
inen Nachtragshaushalt mit einer Nettokreditaufnahme
n Höhe von über 14 Milliarden Euro vor. Das ist völlig
lar. Da reden wir uns nicht heraus. Sie müssen aber die
atsachen zur Kenntnis nehmen. Solange Sie das nicht
un, verschärfen Sie die Probleme unseres Landes. Sie
ühren unser Land in eine riesige Haushaltsnot,






(A) )



(B) )


Franziska Eichstädt-Bohlig


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Der Finanzminister war sehr kraftvoll! – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wer regiert denn eigentlich?)


weil Sie im Vermittlungsverfahren das Steuervergünsti-
gungsabbaugesetz abgelehnt haben, obwohl Sie ganz
genau wissen, dass das allein im Entstehungsjahr ein Vo-
lumen von 17 Milliarden Euro hatte. Sie haben nur einer
Summe von 2,4 Milliarden Euro zugestimmt, sodass wir
im Entstehungsjahr auf einem Defizit von 14,5 Milliar-
den Euro sitzen geblieben sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Im letzten Jahr haben Sie beim Vermittlungsverfahren
zum Haushalt unserem Haushaltsbegleitgesetz nicht Ihre
Zustimmung gegeben. Sie schreien noch heute, wenn Sie
das Wort Eigenheimzulage hören und machen sich regel-
recht nass, weil Sie nicht in der Lage sind, eine solche
Subvention in Höhe von heute 11 Milliarden Euro abzu-
bauen. Stattdessen stellen Sie im Haushaltsausschuss
Anträge, 50 000 Euro bei Dienstreisen, Sachverständi-
gen und Konferenzen einzusparen, und meinen, das
würde zur Haushaltskonsolidierung beitragen. Ich
glaube, Sie haben die Dimension des Problems und die
Dimension der Steuersubventionen völlig aus dem Blick
verloren. Die Steuersubventionen müssen abgebaut wer-
den, damit wir unseren Haushalt konsolidieren können.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Die Steuersubventionen haben zugenommen!)


Ich erwarte auch diesmal wieder ein absolut peinli-
ches Vermittlungsverfahren. Jetzt gerieren Sie sich im
Haushaltsausschuss als kleine Könige, die hier und da
das Hemd um zehn Zentimeter kürzen, aber im Vermitt-
lungsausschuss behaupten Sie wieder, dass Sie die Strei-
chung der Eigenheimzulage niemandem zumuten könn-
ten.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie haben die Zahlen überhaupt nicht im Griff!)


– Doch, ich habe die Zahlen sehr wohl im Blick. Das ist
das Problem. Sie wollen bei kleinen Summen sparen und
beispielsweise die finanzielle Ausstattung der Öffent-
lichkeitsarbeit der Regierung beschneiden, weil Sie mei-
nen, damit könnten Sie Probleme in einer Größen-
ordnung von Milliarden Euro lösen. Wenn aber Ihre
Verantwortung gefragt ist, nämlich im Vermittlungsver-
fahren, dann kneifen Sie und sagen, dass Sie der Bevöl-
kerung beispielsweise die Streichung der Eigenheimzu-
lage nicht zumuten können. Im vorigen Jahr haben Sie
genauso bei der Entfernungspauschale gekniffen. Sie ha-
ben bei dem mutigen Einschnitt, von dem wir sehr wohl
wissen, dass er der Bevölkerung und insbesondere den
Arbeitnehmern viel zumutet, gekniffen. Daher weiß ich
überhaupt nicht, warum Sie sich hier ständig aufblasen.
Das ist schon fast peinlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen ustermann? Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513215300
Ja, ich gestatte sie.


Dietrich Austermann (CDU):
Rede ID: ID1513215400

Frau Kollegin, ich habe mich bloß gemeldet, damit

ie Gelegenheit bekommen, Luft zu holen.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Das ist ja wunderbar. Ich trinke Wasser. Prost!


Dietrich Austermann (CDU):
Rede ID: ID1513215500

Meinetwegen können Sie auch etwas trinken, damit

ie sich nass machen können, wie Sie eben gesagt ha-
en.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513215600

Jetzt reicht es aber, Herr Austermann.


Dietrich Austermann (CDU):
Rede ID: ID1513215700

Sie haben darauf hingewiesen, dass wir uns im Ver-
ittlungsausschuss verweigert hätten. Sind Sie erstens
ereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass der Bundesfinanz-
inister in dem Finanztableau, das Herr Kollege
ampeter vorhin erwähnt hat, Vorschläge für die Kür-
ung von Subventionen in der Größenordnung von
4,5 Milliarden Euro im gesamten Jahresverlauf ge-
acht hat und wir der Kürzung um 22,7 Milliarden Euro
ugestimmt haben?


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Nein!


Dietrich Austermann (CDU):
Rede ID: ID1513215800

Doch. Die Differenz beträgt genau 1,834 Milliarden

uro.
Sind Sie zweitens bereit, zur Kenntnis zu nehmen,

ass die Behauptung, wie hätten uns grundsätzlich
erweigert, falsch ist und dass im Rahmen der von uns
emeinsam beschlossenen Kürzungsvorschläge eine
0-prozentige Kürzung der Eigenheimzulage vorgese-
en war? Sind Sie bereit, das zuzugeben?


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Ich bin erstens insofern nicht bereit, das zuzugeben,

ls Sie sich auf das erste Jahr beziehen. Man muss sich
ber auf das Entstehungsjahr beziehen, weil wir den
aushalt langfristig konsolidieren müssen und nicht ein-
ach nur eine kleine Ad-hoc-Kalkulation machen kön-
en.






(A) )



(B) )


Franziska Eichstädt-Bohlig


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist falsch! Das ist der gesamte Finanzplanungszeitraum!)


Das Problem besteht nämlich darin, dass Sie das nicht
mittragen.

Des Weiteren ist es, wie Sie alle wissen, notwendig
– weil der Aufwuchs der Steuereinnahmen trotz des zur-
zeit zu verzeichnenden Wachstums nicht so hoch ist, wie
wir alle dies erhofft haben –, sowohl die im vorigen Jahr
gemeinsam beschlossenen als auch weiter gehende Kür-
zungen vorzunehmen. Darüber diskutieren wir heute.

Es nützt nichts, immer wieder zu fragen, wer welchen
Anteil an den vorhandenen Schulden hat. Heute müssen
wir vielmehr diskutieren, was jetzt getan werden muss,
um die Probleme zu lösen. Insofern kommen Sie nicht
darum herum, sich zur Eigenheimzulage und zu weiteren
Paketen zum Subventionsabbau zu verhalten und Ihrer-
seits dazu Vorschläge zu machen.

Womit wir auf keinen Fall klarkommen, ist die Art
und Weise, in der Sie derzeit in den Haushaltsberatungen
verfahren. Das gilt auch für die FDP, die in etwas rigide-
rer und teilweise völlig absurder Form die Meinung ver-
tritt, wir könnten an den Zuschüssen und Beiträgen, die
wir für die internationalen Organisationen zahlen müs-
sen – dazu sind wir verpflichtet –, wild herumstreichen.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Das stimmt doch gar nicht! Es geht um zusätzliche freiwillige Beiträge!)


Das nennen Sie Haushaltskonsolidierung, obwohl man
genau weiß, dass die auf diese Weise eingesparten Mittel
nach einem halben Jahr wieder als überplanmäßige Aus-
gabe anfallen. Dabei handelt es sich nicht um eine reale
Einsparung; es sieht nur auf dem Papier schön aus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513215900

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Kampeter?

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein, ich habe keine Lust, diesen Streit fortzusetzen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie kneift! Sie hat ja auch keine Ahnung!)


Wir können ihn sachlich im Haushaltsausschuss weiter-
führen, wo wir das Thema weiter beraten werden. Wir
sind sehr gespannt auf Ihren Beitrag dazu.

Ich möchte noch eines feststellen, weil ich glaube,
dass das, was wir heute diskutieren, bei der Lösung der
bestehenden Probleme nicht weiterhilft: Wir wissen
– ich habe das in der ersten Beratung des Haushaltsge-
setzes schon ausgeführt –, dass die Koalition und die
Opposition aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Bun-
desrat aufeinander angewiesen sind. Von daher kommen
wir mit einem Pingpongspiel, wie es eben dargestellt
wurde, nicht weiter. Notwendig ist vielmehr, dass wir

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(C (D ns aufeinander zubewegen, wenn wir in der Sache etas bewirken wollen. Das heißt – ich wiederhole meien Vorschlag –: Wir brauchen einen langfristigen Konolidierungspakt, der mit dem klaren und eindeutigen bbau der Steuersubventionen beginnt. Das betrifft an rster Stelle die Eigenheimzulage, bei der Ihre Bereitchaft zur Zusammenarbeit einem ersten Test unterzogen ird. Dabei geht es aber auch um die Entfernungspauchale, die Mehrwertsteuer auf Flugbenzin und andere ubventionen bis hin zur Wohnungsbauprämie und dem ienstwagenprivileg. Es gibt eine Reihe von Maßnahen, die auch uns keinen großen Spaß machen, die aber ringend notwendig sind, wenn wir vorankommen woln. Erst wenn wir gemeinsam bereit sind, einen solchen onsolidierungspakt zu beschließen und klare Verabreungen zwischen Bund und Ländern zu treffen, werden ir aus der Misere herauskommen. Das einfache Hoffen nd Warten auf Wachstum hilft nicht, weil wir lernen üssen, dass die Steuereinnahmen nicht proportional um Wachstum steigen. Das gilt besonders für den und, aber auch für die Länder und Kommunen. Insofern fordere ich Sie auf, endlich konstruktiv an ei er Lösung der Probleme mitzuarbeiten, statt weiter mit ns zu streiten, während die Probleme immer schlimmer erden. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513216000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Jürgen Koppelin.

Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1513216100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ollegin Eichstädt-Bohlig, ich finde es etwas unfair,
ich hier als solide Haushaltspolitikerin zu präsentieren,
ber dann, wenn es im Haushaltsausschuss, der in den
etzten Tagen über den Haushaltsplan 2005 beraten hat,
n das Eingemachte geht, sämtliche Einsparanträge ab-
ulehnen. Wir befinden uns mitten in den Beratungen
nd Sie haben alle Kürzungsvorschläge beispielsweise
er FDP abgelehnt. Bei den Grünen ist nichts mit solider
aushaltspolitik.


(Zuruf der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Da Sie dazwischenrufen, möchte ich Ihnen sagen, dass
ich die Haushaltspolitik der Grünen an Schnittlauch er-
nnert: außen grün, innen hohl, nichts anderes.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Eichel, bereits in den Haushaltsberatungen ha-
en wir von der FDP-Fraktion darauf hingewiesen, dass
hr Haushaltsplan unrealistisch ist. Auf der Einnahmes-
ite hatten Sie geschönte Zahlen und auf der Ausgaben-
eite war zum Beispiel die Arbeitslosigkeit unterfinan-
iert. Das konnte einfach nicht gut gehen. Wenn Sie
eute behaupten, eigentlich hätten Sie schon im Mai






(A) )



(B) )


Jürgen Koppelin

gewusst, dass Sie einen Nachtragshaushalt vorlegen
müssen, dann frage ich Sie, warum Sie keine Haushalts-
sperre verhängt und kein Haushaltssicherungsgesetz
verabschiedet haben.


(Beifall des Abg. Norbert Königshofen [CDU/ CSU])


Alle Möglichkeiten, die Sie als Bundesfinanzminister
haben, haben Sie nicht genutzt. Sie haben gar nichts ge-
macht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Der Nachtragshaushalt für das Haushaltsjahr 2004 ist

das Dokument eines haushaltspolitischen Scherbenhau-
fens, den Sie uns seit Jahren präsentieren und der noch
immer wächst. Herr Minister Eichel, Sie sind zum
Schuldenminister geworden. Darauf hat der Kollege
Kampeter schon hingewiesen. Ich finde es traurig und
tragisch – das gilt genauso für Ihre heutige Rede –, dass
die Koalition die Aufnahme von so vielen Schulden auch
noch beklatscht. Herr Minister Eichel, inzwischen habe
ich den Eindruck, dass die Koalition auch dann klat-
schen würde, wenn Sie das Telefonbuch von Kassel vor-
lesen und als Erfolg Ihrer Haushaltspolitik verkaufen
würden.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die FDP hat Sie rechtzeitig darauf hingewiesen, dass
Sie einen unrealistischen Haushaltsplan für 2004 vorle-
gen und dass Sie gezwungen sein werden, einen Nach-
tragshaushalt vorzulegen. Sie haben das abgestritten.
Das hat Ihr Staatssekretär im Haushaltsausschuss eben-
falls getan und behauptet, es gebe 2004 keinen Nach-
tragshaushalt. Aber jetzt müssen Sie einen präsentieren.
Ich füge noch hinzu: Das wird nicht der letzte Nach-
tragshaushalt in diesem Jahr sein. Sie sind so pleite und
haben dieses Land so heruntergewirtschaftet, dass Sie in
diesem Jahr noch einen Nachtragshaushalt vorlegen
müssen. Das hat Ihre Rede bestätigt. Kommen Sie außer-
dem nicht immer mit neuesten Nachrichten. Auch ich
habe eine neueste Nachricht. Heute melden die Nach-
richtenagenturen – das wird von Ihrem Haus bestätigt –,
dass die Einnahmen und Ausgaben so weit auseinander
klaffen, dass Sie bereits bei 53,7 Milliarden Euro Miesen
sind. Ihr Nachtragshaushalt reicht also überhaupt nicht.

Herr Bundesfinanzminister Eichel, Sie verlangen
heute, dass der Deutsche Bundestag mit der Verabschie-
dung des Nachtragshaushalts auch Ihre Verfehlungen in
der Etatplanung, die Verletzung von Vorschriften, deren
Einhaltung zu einer soliden Haushaltspolitik gehört, Ver-
stöße gegen das Grundgesetz und eine gigantische Net-
toneuverschuldung absegnet. Das können Sie mit uns
nicht machen und das können Sie von uns auch nicht er-
warten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Statt 29,3 Milliarden Euro sollen nun 43,7 Milliarden
Euro neue Schulden aufgenommen werden. Damit Sie
wissen, wie das optisch aussieht, halte ich einmal ein
Schild hoch, auf dem Ihre Schuldenzahl geschrieben
steht. Frau Eichstädt-Bohlig, die Aufnahme von so vie-

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(C (D en Schulden ist unsolide und eine Belastung der zukünfigen Generationen, die für die Folgen der Politik von ot-Grün zahlen müssen. Das ist ein einziger Skandal. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn man die Begründung Ihres Gesetzentwurfs
iest, dann stellt man fest, dass alles an den Haaren her-
eigezogen ist. Sie räumen zwar ein – das können wir
ur bestätigen –, es gebe eine Störung des gesamtwirt-
chaftlichen Gleichgewichts. Aber dann behaupten Sie
das ist wirklich eine abenteuerliche Begründung der
undesregierung für den Nachtragshaushalt –, Deutsch-
and sei von der weltwirtschaftlichen Abkühlung betrof-
en und diese werde durch die Terroranschläge sowie die
pannungen und die Kriegsereignisse im Mittleren Os-
en verstärkt. Das habe die Konsumenten verunsichert.
leichzeitig behauptet die Bundesregierung, die leichte
onjunkturerholung lasse sich auf die dynamische Aus-
andsnachfrage zurückführen. Ich habe den Eindruck,
ass das außer Deutschland kein anderes Land betrifft.
enn Sie sich die Zahlen der anderen Länder anschauen,
ann werden Sie feststellen, dass diese gar nicht so
chlecht dastehen. Herr Kampeter hat bereits darauf hin-
ewiesen, dass wir froh wären, wenn wir solche Zahlen
orweisen könnten. Sie ziehen alles an den Haaren
erbei. Schuld haben immer die anderen: das Ausland,
nsbesondere die USA, oder – wenn es gar nicht mehr
nders geht – die Opposition. Nur der Bundesfinanzmi-
ister hat keine Schuld.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich komme zum Schluss. Die Bürger haben Ihre Poli-
ik längst durchschaut. Gestern wurde eine Umfrage
eröffentlicht, wonach 83 Prozent der Deutschen der
uffassung sind, dass die Bundesregierung bei der Ein-
ämmung der Staatsverschuldung keine gute Arbeit leis-
et. 83 Prozent der Bürger! Mit dem Nachtragshaushalt
004 hat Bundesminister Eichel seinen haushaltspoliti-
chen Bankrott erklärt. Ihnen bleibt eigentlich nur noch
er Rücktritt; er würde in Deutschland mit Erleichterung
ur Kenntnis genommen. Herr Minister, Sie sollten
irklich zurücktreten. Dies würde in Deutschland für ein
nspringen der Konjunktur sorgen.
Vielen Dank für Ihre Geduld.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Kein einziges Sachargument! Alles Polemik!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513216200

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Walter Schöler.


Walter Schöler (SPD):
Rede ID: ID1513216300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sonst

at immer der Kollege Austermann den Rücktritt des Fi-
anzministers gefordert. Heute gibt es offenbar eine Ar-
eitsteilung.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Heute machen Sie es, oder was?)







(A) )



(B) )


Walter Schöler

Diese Aufgabe hat Kollege Koppelin übernommen. Man
müsste einmal in den Protokollen nachsehen, wie oft Sie
ihn gefordert haben. Jede Rücktrittsforderung ist eine
Niederlage für Sie, die Sie wahrscheinlich noch sehr
häufig erleben werden.


(Beifall bei der SPD)

Fordern Sie den Rücktritt ruhig weiter. Wir gestalten un-
seren Haushalt und unsere Reformpolitik, während Sie
Beiträge schuldig bleiben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist sicherlich nicht an-

genehm, einen Nachtrag zu präsentieren, obwohl er we-
der einen Mangel noch eine Sünde darstellt. Nachträge
dienen einer Korrektur aufgrund neuer Entwicklungen.
Insbesondere dann, wenn ein Haushalt auf der Basis von
Schätzungen nach bestem Wissen und Gewissen aufge-
stellt worden ist, ist ein Nachtrag überhaupt nichts Fal-
sches. Die Entwicklungen, die zu diesem Nachtrags-
haushalt geführt haben, wollen wir uns jetzt einmal
ansehen.

Zunächst geht es um Prognosen. Wer hat diese Pro-
gnosen erstellt?


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Die anderen sind schuld!)


Unabhängige Institute und Einrichtungen. Was ist aus
den Prognosen der letzten Jahre geworden? Wir alle wis-
sen es und können es an den Statistiken nachvollziehen:
Leider sind die Prognosen nicht eingetreten; die Realität
ist auch in diesem Jahr eine andere gewesen. Deshalb
müssen wir die Planung mittels eines Nachtragshaus-
halts dieser Realität anpassen.

Eine solche Anpassung macht allerdings nur dann
Sinn, wenn man nicht wie Sie mit der Stange im Nebel
herumstochert,


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!)


sondern klare Zahlen auf den Tisch legt. Deshalb haben
wir darauf gewartet, dass die September-Zahlen vorlie-
gen.

Sie können uns auch deshalb nicht den Vorwurf ma-
chen, der Nachtrag sei verspätet vorgelegt worden, weil
Sie ganz genau wissen, dass bereits nach der Steuer-
schätzung im Mai erklärt wurde, es gebe eine Deckungs-
lücke von 10 bis 11 Milliarden Euro. Über diese Planab-
weichung sind Sie im Haushaltsausschuss sehr detailliert
informiert worden. Angesichts der diesjährigen Achter-
bahnfahrt bei den Steuereinnahmen musste man mit der
Vorlage exakter Daten unbedingt bis jetzt warten.
Unmittelbar nach Vorliegen der neuen Zahlen hat der
Finanzminister den Nachtragshaushalt vorgelegt.

Wir alle wissen, dass es bedauerlicherweise seit Mai
eine weitere Verschlechterung der Steuerbasis gegeben
hat. Deshalb beraten wir jetzt über einen Nachtrag mit
einer zusätzlichen Deckungslücke von 14,4 Milliarden

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(C (D uro. Die Zahlen, die Sie, Kollege Koppelin, gerade in ie Welt gesetzt haben – (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wie hoch ist die Zahl?)


14,4 Milliarden Euro, lieber Kollege Austermann.

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist ja doppelt so viel wie die Eigenheimzulage!)


ch habe einmal nachgerechnet und bin zu dem Ergebnis
ekommen,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das habe ich im Februar schon gesagt!)


ass es im Hinblick auf Ihre Prognosen zu den letzten
ünf Haushalten 4 : 1 gegen Sie steht.
Die Wirtschaft wächst zwar – dies wissen auch Sie –,

ber das macht sich bei den Steuereinnahmen noch nicht
emerkbar, weil sich die Binnennachfrage nicht so stabi-
siert hat, wie wir es wahrscheinlich alle erhoffen.
Das Gesamtdefizit mit nun 43,7 Milliarden Euro ist

uch uns viel zu hoch; dies räume ich durchaus ein. Aber
chauen wir uns einmal die Ursachen an: Den größten
nteil an der Deckungslücke hat nicht die Ausgaben-
eite, wie Sie immer behaupten.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Es ist das Wetter! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: 25 Milliarden Euro mehr seit Regierungswechsel!)


ären bei den Ausgaben umfangreiche Einsparungen
öglich gewesen, hätten Sie bei der Beratung des Haus-
alts 2004 nicht 326 leere Änderungsanträge abgeliefert,
hne einen einzigen Änderungsvorschlag zu machen.
ie haben ja selbst keine Möglichkeiten zur Einsparung
esehen.


(Beifall bei der SPD – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Weil wir gesagt haben, der Haushalt ist nicht brauchbar! Er war so schlecht, den konnte man nicht verbessern!)


ie haben Ihre Arbeit zumindest nicht erledigt.
Richtig ist, dass wir über die ganzen Jahre Konsoli-

ierungspolitik betrieben und die Ausgaben eng be-
renzt haben.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: 25 Milliarden Euro mehr und Sie reden von Begrenzung, Herr Schöler?)


ir haben das Konzept von Koch und Steinbrück nach
en Festlegungen im Vermittlungsausschuss umgesetzt
nd globale Einsparungen in Höhe von weiteren
Milliarden Euro im Haushalt verankert.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Werfen Sie doch hier keine Nebelkerzen!)


iese sparsame Ausgabenlinie wird auch im Haushalt
005 verfolgt werden. Dies werden Sie in den weiteren
aushaltsberatungen noch feststellen können. Die
weite Stufe des Koch/Steinbrück-Konzepts wird umge-
etzt werden. Die globalen Einsparungen von






(A) )



(B) )


Walter Schöler

2 Milliarden Euro aus 2004 werden auf 2005 überwälzt;
zusätzlich wird noch 1 Milliarde Euro eingespart wer-
den.

Vergleichen wir 2005 mit 1998, Ihrem letzten Regie-
rungsjahr, so sind über diesen langen Zeitraum die Aus-
gaben preisbereinigt um 1,6 Milliarden Euro oder
0,7 Prozent gesunken. Wir haben also gewaltig konsoli-
diert. Das war oft sehr schmerzhaft; das wissen wir. Sie
haben das nie zustande gebracht.

Ihre Behauptung, Herr Austermann, die Sie immer
wiederholen, wir würden nicht sparen, sondern kräftig
mehr ausgeben,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ja, volle Pulle! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: 25 Milliarden mehr!)


ist einfach gelogen. Die Ausgaben haben wir im Griff,
aber die dreijährige Stagnation hat die Einnahmeseite
verhagelt.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die Weltwirtschaft wächst um 4,5 Prozent und Sie reden von Stagnation! Wo leben Sie?)


13 Milliarden Euro weniger an Steuereinnahmen müssen
wir verzeichnen.

Sie können hier Statistiken vortragen, so viel Sie wol-
len. Wir haben natürlich unsere


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die sind im Zweifel gefälscht!)


und das sind offensichtlich die richtigen, die offiziellen.
Sie tragen eine wesentliche Verantwortung für die
Einnahmeausfälle; denn Sie haben im Vermittlungsver-
fahren unsere Vorschläge zum Steuervergünstigungsab-
baugesetz und zum Haushaltsbegleitgesetz nicht mitge-
tragen. Schreiben Sie sich die Zahlen noch einmal genau
auf!


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Papier vom Finanzministerium!)


Sie haben mit Ihrer Blockade Einnahmeverbesserun-
gen in Höhe von 25 Milliarden Euro für die Jahre 2004
bis 2006 verhindert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Falsch! – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Sie können nicht rechnen!)


Sie haben unserem Land damit nachhaltig geschadet.

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Auch falsch! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Stimmt nicht!)


Über diesen Zeitraum von drei Jahren stünde der Bund
um 10,6 Milliarden Euro besser da, die Länder – sie ha-
ben auch riesige Haushaltsprobleme – um 9,9 Milliarden
Euro und die Gemeinden um 4,4 Milliarden Euro. Das
alles geht auf Ihre Kappe.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wir glauben Ihren gefälschten Statistiken nicht!)


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(C (D Sie haben bis 1998 riesige Schuldenberge angehäuft, n Zeiten, in denen die konjunkturelle Lage wesentlich esser war als heute. Das war Ihr Fehler. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


n den Zeiten, in denen man es sich erlauben konnte zu
paren – ich nehme die Zeit der Herstellung der deut-
chen Einheit ausdrücklich aus –, haben Sie Schulden-
erge angehäuft, die uns heute belasten. Wir können uns
arüber streiten, wer Schuldenweltmeister ist oder
leibt. Es bleibt so lange Theo Waigel, wie seine Schul-
enaufnahme gemessen am Bruttoinlandsprodukt höher
st als die des Finanzministers Eichel.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – JochenKonrad Fromme [CDU/CSU]: Da hat er lange gesucht, bis er die Zahl gefunden hat!)


Ich will Ihnen nur noch sagen: Wir halten uns an
rt. 115 Grundgesetz. Wir wollen die Störung des ge-
amtwirtschaftlichen Gleichgewichts überwinden. An-
esichts der viel zu hohen Arbeitslosigkeit kann es doch
ar keinen Zweifel daran geben, dass das gesamtwirt-
chaftliche Gleichgewicht nach wie vor gestört ist.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das müssen Sie mal Herrn Clement erklären!)


s kann nicht ernsthaft die Alternative sein, jetzt eine
falsche – Sparpolitik zu betreiben, insbesondere durch
ürzungen und Abbruch von Investitionsprojekten. Ge-
au das würde die Stabilisierung der Binnennachfrage
ufs Höchste gefährden. Deshalb sind diese Vorschläge
berhaupt nicht handelbar. Deshalb würde deren Umset-
ung uns nur schaden.
Im Übrigen: Es geht hier nicht um Peanuts. Wir reden

ber rund 15 Milliarden Euro. Das sind 0,7 vom Hundert
es Bruttoinlandsprodukts. Das ist ein Volumen im Um-
ang der zweigeteilten letzten Stufe der Steuerreform.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Da haben Sie sich verschätzt!)


ie nächste Stufe – das will ich noch einmal sagen –
ommt zum 1. Januar 2005. Die Bürgerinnen und Bür-
er können darauf vertrauen: Diese rund 7 Milliarden
uro werden ihnen ab 1. Januar 2005 gegeben.
Ein zusätzliches Sparprogramm wäre konjunktur-

chädlich. Deshalb blicken wir der angekündigten Ver-
assungsklage der FDP auch sehr gelassen entgegen. Ich
iederhole: Der Nachtrag ist verfassungsfest, weil auf-
rund der hohen Arbeitslosenzahl das gesamtwirtschaft-
iche Gleichgewicht gestört ist und drastische Ein-
chnitte verantwortungslos wären. Sie von der CDU/
SU haben uns in den letzten Wochen gezeigt, dass Sie
icht einmal Opposition machen können. Wieso, frage
ch mich, wollen Sie da eigentlich regieren?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Was Sie machen, können wir allemal!)







(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513216400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Bernhard Kaster.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Bernhard Kaster (CDU):
Rede ID: ID1513216500

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Die heutige Debatte hätten wir uns sparen können.
Wir haben auf jedes einzelne der jetzt entstandenen Mil-
liardenlöcher schon vor einem Jahr hingewiesen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ja! – Carsten Schneider [SPD]: Aber keinen Vorschlag gemacht!)


Hätten Sie uns damals zugehört, dann hätten wir uns
nicht nur die heutige Debatte sparen können, sondern
vor allem unserem Land 44 Milliarden Euro neuer
Schulden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wie haben Sie uns verhöhnt, als wir den manipulier-
ten und geschönten Haushalt 2004 als nicht beratungsfä-
hig abgelehnt haben!


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben einfach weggehört, als wir Ihnen vorgerechnet
haben, dass sowohl der Bundesbankgewinn als auch die
geplanten Steuereinnahmen fern jeglicher Realität ver-
anschlagt seien. Sie haben gegen alle fachlichen Rat-
schläge eine Erhöhung der Tabaksteuer durchgesetzt,
von der nicht der Haushalt, sondern nur die organisierte
Kriminalität profitiert.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Schon ein paar Wochen nach In-Kraft-Treten des
Haushaltes 2004 offenbarte die im Mai veröffentlichte
Steuerschätzung das katastrophale Ausmaß Ihrer Fehl-
planung. Es geht uns hier nicht um Rechthaberei. Diese
Zahlen müssen aber auch Sie, die Abgeordneten der Ko-
alition, regelrecht erschrecken: 43,7 Milliarden Euro
neue Schulden nur in diesem Jahr; jedes Jahr rund
40 Milliarden Euro Zinsleistungen und das bei niedri-
gem Zinsniveau; über 114 Milliarden Euro neue Schul-
den in nur drei Jahren!


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Diese Bundesregierung und dieser Finanzminister rui-
nieren die Zukunft unserer Kinder.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Mit Tricksen, Tarnen und Täuschen verschleiern Sie
gegenüber den Bürgern das wahre Ausmaß Ihrer giganti-
schen Schuldenpolitik. Sie vertrauen auf die Unwissen-
heit der Bürger. Sie vertrauen auf die Unüberschaubar-
keit des gigantischen Schuldenberges. Sie vertrauen
natürlich auch auf die blinde Loyalität und Parteiräson
hier in der Koalition.

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(C (D (Joachim Poß [SPD]: Davon verstehen Sie ja etwas!)


Die Dramatik der Staatsfinanzen reduziert sich nicht
ur auf den heute vorliegenden Nachtragshaushalt. Die
ramatik liegt im immer schnelleren Wachstum der
chulden in nur wenigen Jahren.


(Joachim Poß [SPD]: Die Dramatik liegt bei Merkel, Merz, Seehofer!)


ie Herbeiführung dieses Nachtragshaushaltes ist keine
inzeltat. Dieser Nachtragshaushalt von Finanzminister
ichel ist inzwischen das Werk eines Wiederholungstä-
ers.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

eit drei Jahren legen Sie dem Bundestag Jahr für Jahr
inen Nachtragshaushalt mit neuen Milliardenschulden
or. So haben Sie in nur drei Jahren 114,2 Milliarden
uro neue Schulden angehäuft. Im dritten Jahr in Folge
egehen Sie als Folge eines Verstoßes gegen Art. 115
rundgesetz Verfassungsbruch, denn die Neuverschul-
ung liegt weit über den Investitionen. Im dritten Jahr in
olge begehen Sie als Folge eines Verstoßes gegen
rt. 110 Grundgesetz Verfassungsbruch. Das heißt, Sie
egen einen manipulierten Haushalt mit zu hoch ge-
chätzten Einnahmen und mit zu niedrig geschätzten
usgaben vor.

(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Wo ist ei gentlich der Unterschied zu den Griechen?)

m dritten Jahr in Folge lassen Sie das Haushaltsrecht
es Parlamentes zur Farce verkommen, indem Sie per
achtragshaushalt zum Jahresende – dann gibt es keine
estaltungsmöglichkeiten mehr – Ihren manipulierten
aushalt mit neuen Schulden ausgleichen.
Diese Vorgehensweise ist längst zur Regel geworden.
abei handeln Sie, Herr Minister, nicht etwa fahrlässig
der grob fahrlässig. Nein, es ist viel schlimmer: Herr
inanzminister, Sie handeln mit Vorsatz, Sie handeln mit
bsicht, im Bewusstsein dessen, was man damit anrich-
et.


(Walter Schöler [SPD]: Der Haushalt ist vom Parlament verabschiedet worden!)


ie Opfer Ihrer Taten, nämlich unsere Kinder, können
ich leider noch nicht wehren. Hören Sie endlich auf mit
iner Politik, die vor allem einen Verlierer kennt: die
ngen Menschen in unserem Land.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Sanierung des Haushaltes ist nur durch Wirt-

chaftswachstum als Folge einer neuen Steuerpolitik,
iner neuen Arbeitsmarktpolitik und eines grundlegen-
en Umbaus unserer Sozialsysteme möglich. Durch
innvolles Sparen müssen zugleich wieder Handlungs-
pielräume geschaffen werden.


(Joachim Poß [SPD]: Hohle Sprüche! – Walter Schöler [SPD]: Dann machen Sie mal Vorschläge!)







(A) )



(B) )


Bernhard Kaster

In Zeiten, in denen Millionen Menschen um ihre nackte
Existenz fürchten, ist es ein Skandal, dass Sie – dies ist
nur ein einziges Beispiel – eine Viertelmilliarde nur für
Öffentlichkeitsarbeit und Werbung ausgeben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wohl wahr! Eine riesige Geldverschwendung!)


Mit Sparen allein ist es jedoch nicht getan. Wir brau-
chen einen Abbau von Bürokratie, weniger Staat, ein
neues betriebswirtschaftlich ausgerichtetes Haushalts-
recht und wirksame Bremsen zum Stoppen dieser unver-
antwortlichen Schuldenpolitik. Wir brauchen eine bes-
sere Handhabe, um die Bürger vor einer solchen
Bundesregierung und einem solchen Bundesfinanzmi-
nister zu schützen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Diese Legislaturperiode hat es ans Licht gebracht:

Finanzminister Eichel ist ein Wiederholungstäter.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das hat ten wir doch schon mal!)

Für Wiederholungstäter gibt es keine Bewährung!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513216600

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

jetzt der Abgeordnete Bartholomäus Kalb das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1513216700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich habe gestern in meinem Büro zufällig eine
Anzeige der Bundesregierung aus dem Jahre 2000 ge-
funden.


(Walter Schöler [SPD]: Welch ein Zufall!)

In der oberen Hälfte sieht man den Bundesfinanzminis-
ter, unten steht: „Nur wer eisern spart, kann sich auch et-
was leisten.“


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Jeder, dem ich diese Anzeige gezeigt habe, brach in
schallendes Gelächter aus.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Zeig mir mal das Bild!)


Herr Minister, das führt doch dazu, dass Sie und die ge-
samte Politik nicht mehr ernst genommen werden und
nicht mehr ernst genommen werden können. Sie geben
sich mit Ihren eigenen Worten und Taten der Lächerlich-
keit preis. Das ist noch schlimmer, als wenn man sich
nur der Kritik stellen muss.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Sehr wahr!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist auch
ezeichnend, dass wir die erste Lesung zum Nachtrags-
aushaltsgesetz heute in den Stunden der Abenddämme-
ung in einer Kurzdebatte vornehmen.


(Joachim Poß [SPD]: Sag doch einmal etwas zu Koch! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das regeln Sie einmal mit Ihren Geschäftsführern! Herr Kalb, das war einvernehmlich beschlossen!)


s scheint Ihnen peinlich zu sein, überhaupt darüber re-
en zu müssen,


(Beifall des Abg. Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU])


ass Sie sich mit diesem Nachtragshaushalt die höchste
euverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik
eutschland genehmigen lassen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie wissen selbst, dass dieser Nachtragshaushalt ein
okument des Scheiterns Ihrer Haushalts- und Finanz-
olitik ist. Sie wissen auch, dass Sie damit selber bestäti-
en, dass Ihre Politik Lichtjahre von einer soliden Haus-
alts- und Finanzpolitik entfernt ist. Er ist auch der
eweis dafür, dass die uns in den zurückliegenden Jah-
en vorgelegten Stammhaushalte nichts, aber auch gar
ichts mit Haushaltswahrheit und -klarheit zu tun hatten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Kollege Kaster hat vorhin auf die Abweichungen

wischen Haushaltsplan und Abschluss hingewiesen:
002 gab es eine Abweichung um 51,9 Prozent, 2003
ine um 104,2 Prozent und 2004 jetzt eine um 49,1 Pro-
ent. Da sagen Sie, das habe etwas mit Seriosität zu tun.
enn ein Finanzvorstand eines Unternehmens solche
roßen Abweichungen wie Sie konstatieren müsste,
ann würde er sich nicht einmal mehr aus dem Hinter-
usgang des Unternehmens heraustrauen, ganz zu
chweigen vom Haupteingang.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Poß [SPD]: Wen meinen Sie? Kirch, die Bayerische Landesbank oder wen?)


Das größte Problem ist, dass Sie stets falsche Annah-
en zugrunde legen, und zwar auch in offiziellen Doku-
enten und nicht nur in Wahlkampfanzeigen. In der Ka-
inettsvorlage zur Haushaltsaufstellung vom 14. Juni
002 schreiben Sie:

Auf der Basis der vereinbarten Eckwerte ist es
möglich, ab 2004 einen nahezu ausgeglichenen
Staatshaushalt zu erreichen.

as Sie erreicht haben, sehen wir ja jetzt an dem Nach-
agshaushalt – nahezu ausgeglichen!


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Hört! Hört!)







(A) )



(B) )


Bartholomäus Kalb

In dem gleichen Papier beschreiben Sie auch die Situa-
tion in den Jahren 2005 und 2006:

Der Staatshaushalt in der auf europäischer Ebene
maßgeblichen Abgrenzung ist dann ausgeglichen,
weil dem Restdefizit des öffentlichen Gesamthaus-
haltes unter anderem ein Überschuss der Sozialver-
sicherung gegenüber steht.

Wenn ich die Dinge recht in Erinnerung habe, haben Sie
wenige Monate darauf die Umsetzung der nächsten
Stufe der Steuerreform verschoben und gleichzeitig hö-
here Sozialversicherungsbeiträge verlangen müssen,
weil ansonsten alles aus den Fugen geraten wäre.

Natürlich hat Herr Peffekoven Recht, wenn er
schreibt:

Bei permanent großen Spannen zwischen „Soll“
und „Ist“ kann angenommen werden, dass bewusst
unrichtige Veranschlagungen vorgenommen wer-
den. Das führt zu Scheinbudgets.
Man kann hinzufügen: Solche Scheinbudgets sind
eine Täuschung der Bürger und des Parlaments.

Wir haben allen Grund zu der Annahme, dass Herr
Peffekoven Recht hat.


(Zuruf von der SPD: Wir schweigen darüber!)

Herr Finanzminister, Sie suchen die Schuld immer bei

den anderen. Sie sind sich nicht einmal zu schade, so et-
was in den Vorspann zum Finanzplan hineinzuschrei-
ben. Dort steht wörtlich:

Die letzten drei Jahre wirtschaftlicher Stagnation
wie auch die Blockadepolitik der Oppositions-
parteien im Vermittlungsverfahren...

Sie geben also uns die Schuld. Der Kollege Kampeter
hat gerade die Marginalität der Auswirkungen unseres
Einschreitens dargestellt.


(Walter Schöler [SPD]: Aber falsch!)

Ihre eigenen Leute sind es, auch Mitglieder der Bundes-
regierung, insbesondere Damen und Herren Staatssekre-
täre, die landauf, landab beklagen, dass die böse Koch/
Steinbrück-Liste, die im Vermittlungsausschuss eine
Mehrheit gefunden hat, schuld daran sei, dass jetzt an
der einen oder anderen Stelle gespart wird. Wenn Sie
nicht sparen wollen, dann sagen Sie es. Dann müssten
Sie aber auch aufhören, anderen die Schuld für die der-
zeitige Lage zu geben. Sie suchen immer bei den ande-
ren die Schuld, dabei gab es zu keiner Zeit seit Bestehen
der Bundesrepublik Deutschland eine Opposition, die so
konstruktiv mitarbeitet wie wir.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– Natürlich! Herr Finanzminister Eichel war doch sei-
nerzeit Verhandlungsführer des Bundesrates, als es um
die Privatisierung der Bahn ging. Er hat den Bund mit
den Regionalisierungsmitteln bis zum Plafond erpresst.

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(C (D r war Verhandlungsführer beim föderalen Konsolidieungsprogramm usw. Sie haben die Steuerreform blokiert und andere Reformen sofort zurückgenommen. nd da wundern Sie sich, dass die Dinge alle schief geangen sind und das Land an der Binnennachfragechwäche leidet! Sie können nicht immer auf andere eisen; alles hat einen Namen. Herr Kollege – – Das ist Ihre Verweigerungspolitik, das sind Ihre fal chen Ansätze, Ihre Irritationen. Schauen Sie sich doch hre eigenen Gesetze an, zum Beispiel die Gesetze zur teuerreform, zu den Sozialreformen oder zur Renteneform. Herr Kollege, denken Sie bitte an das Ende der Rede eit. Ich komme sofort zum Schluss. – Sie mussten zum eil schon nachbessern, ehe die Gesetze überhaupt im esetzblatt standen, und erst recht, ehe sie in Kraft gereten waren. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Schlampige Arbeit war das!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513216800
Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1513216900
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513217000
Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1513217100

it 90 steuerändernden Gesetzen –


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513217200

Herr Kollege, bitte!


Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1513217300

– haben Sie die Wirtschaft in unserem Lande in einem
aße verunsichert, wie es bei einem seriösen Kaufmann
igentlich unvorstellbar wäre.
Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr gute Rede!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513217400

Danke schön. Ich schließe damit die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 15/4020 an den Haushaltsaus-
chuss vorgeschlagen. Gibt es dazu anderweitige
orschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Über-
eisung so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 sowie Zusatz-

unkt 6 auf:
9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer

Funke, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Daniel






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Richtlinie des Europäischen Parlaments und
des Rates über die Patentierbarkeit computer-
implementierter Erfindungen
– Drucksache 15/3240 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Günter Krings, Wolfgang Bosbach,
Dr. Norbert Röttgen, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Patentierbarkeit von Software begrenzen
– Drucksache 15/3941 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Wider-
spruch höre ich keinen. Dann ist auch so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Rainer Funke.


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1513217500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf

europäischer Ebene wird um die Schaffung einer Richt-
linie über die Patentierbarkeit computerimplementierter
Erfindungen gerungen. Dieses Vorhaben ist von enormer
wirtschaftspolitischer Bedeutung. Neben den ordnungs-
politischen Grundsatzfragen geht es im Kern vor allem
um die Frage nach der künftigen Wettbewerbsfähigkeit
kleiner und mittlerer Softwareentwickler. Es ist des-
halb kein Zufall, dass die Debatte um diese Richtlinie
äußerst kontrovers geführt wird.

Die notwendige und sinnvolle Vereinheitlichung der
europäischen Patenterteilungspraxis in Sachen Software
darf nicht zu einer materiellen Ausweitung des Patent-
schutzes für Software führen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die einer Software zugrunde liegende Idee muss auch in
Zukunft prinzipiell gemeinfrei bleiben.

Das Europäische Parlament hat nach intensiven und
kontroversen Beratungen im September 2003 einen
Richtlinienentwurf in erster Lesung gebilligt. Dieser
Entwurf stellt einen sachgerechten Kompromiss dar. Ins-
besondere enthält die vom Europäischen Parlament an-
genommene Fassung die notwendige Klarstellung, dass
die Datenverarbeitung kein Gebiet der Technik im Sinne

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(C (D es Patentrechts ist. Im Gegensatz zu dem Entwurf des uropäischen Parlaments erlaubt der Kompromissvorchlag der Präsidentschaft im Ministerrat eine unberenzte Patentierbarkeit und Patentdurchsetzbarkeit so enannter Softwarepatente. Der Entwurf des Rates fällt amit weit hinter den vom Parlament gebilligten Komromiss zurück und wird deshalb den Anforderungen, ie aus wettbewerbsund industriepolitischen Gründen n den Regelungsgehalt der Richtlinie zu stellen sind, icht gerecht. Entgegen ihren ursprünglichen Ankündigungen hat ich die Bundesregierung in der Debatte über die Richtliie im Mai überraschend gegen den vom Europaparlaent gebilligten Richtlinienentwurf ausgesprochen. Dieer plötzliche Meinungswandel der Bundesregierung hat aßgeblich dazu beigetragen, dass der dem Willen des uropäischen Parlaments zuwiderlaufende Vorschlag er Ratpräsidentschaft im Ministerrat beschlossen urde. Das Votum der Bundesregierung erstaunt auch nsofern, als es im Widerspruch zu der von den Koaliionsfraktionen mehrheitlich vertretenen Auffassung teht. Der Antrag der FDP ist deshalb aus zweierlei Grün en motiviert. Zum einen soll eine fatale wirtschaftsnd ordnungspolitische Fehlentscheidung der Bundesreierung korrigiert werden. Zum anderen müssen die Kolitionsfraktionen endlich einmal Farbe bekennen, wie ie es mit der Politik der Bundesregierung in Sachen oftwarepatente halten. Die Grünen haben auf ihrem Bundesparteitag vor kur em einen Beschluss gefasst, der im Ergebnis der Posiion der FDP entspricht. (Otto Fricke [FDP]: Abschreiber! – Gegenruf des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Position entspricht unserer Beschlusslage!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


err Tauss, auch in der SPD gibt es eine ernst zu neh-
ende Unterstützung für den Richtlinienentwurf in der
om Europäischen Parlament gebilligten Fassung. Das
undesjustizministerium ist demgegenüber erkennbar
emüht, jede kritische Debatte über das Thema zu ver-
eiden.
Unser Antrag ist für Sie, verehrte Kollegen aus den
oalitionsfraktionen, deshalb Chance und Herausforde-
ung zugleich: Chance, weil Sie mit Ihrer Unterstützung
nseres Antrags Ihrer eigenen Politik in Sachen Soft-
arepatente – das gilt auch für Sie, Herr Tauss – die
laubwürdigkeit zurückgeben können; Herausforde-
ung, weil Sie durch die Unterstützung unseres Antrags
as Votum der Bundesregierung im Ministerrat als das
ezeichnen, was es ist: ein Fehler.
Verehrte Kollegen, machen Sie sich in der Debatte um

ie Richtlinie über die Patentierbarkeit computerimple-
entierter Erfindungen nicht zum unkritischen Erfül-
ungsgehilfen der Bundesregierung, sondern treffen Sie
ine wirtschafts- und ordnungspolitisch verantwortungs-






(A) )



(B) )


Rainer Funke

volle Entscheidung. Unterstützen Sie deswegen den An-
trag der FDP-Fraktion!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513217600

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dirk Manzewski.


Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1513217700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ini-

tiative der EU, auf die sich die uns vorliegenden Anträge
beziehen, zielt darauf ab, die Patentierungspraxis im Be-
reich der computerimplementierten Erfindungen zu ver-
einheitlichen. Dies wird von uns grundsätzlich begrüßt.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Aha!)

Die Möglichkeit zur Patentierung leistet in vielen Be-

reichen einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zum Er-
halt und zur Entwicklung der kreativen und wirtschaftli-
chen Potenziale. Patente – darüber sind wir uns einig –
sichern ihrem Urheber die Vorteile aus ihrer Nutzung
und führen zur Wertschöpfung. Patente sind nicht nur
deshalb ein wichtiger Innovationsmotor.

Dem Schutz des Patentrechts müssen dabei techni-
sche Erfindungen auch dann zugänglich sein, Herr Kol-
lege Funke, wenn sie Softwarekomponenten enthalten.
Es ist allerdings richtig – in diesem Punkt sind wir gar
nicht weit auseinander –, darauf hinzuweisen, dass sich
gerade hier ein zu leichtfertiger Umgang mit der Paten-
tierbarkeit auch ins Gegenteil verkehren und damit zu ei-
nem Innovationshemmnis werden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Genau aufgrund dieser Problematik bin ich der Auf-

fassung, dass der gegenwärtige Diskussionsstand auf
EU-Ebene auf für uns zentrale Fragen bislang keine hin-
reichenden Lösungen aufweist. Für mich als Jurist wird
eine Richtlinie nur dann die von uns gewünschten Ef-
fekte mit sich bringen, wenn sie zu mehr Rechtssicher-
heit führt. Dies wird jedoch nur dann der Fall sein, wenn
eindeutige Voraussetzungen für die Patentierbarkeit von
Computerprogrammen im Zusammenhang mit techni-
schen Erfindungen vorliegen. Die jüngere Patentierungs-
praxis – Sie wissen das, Herr Kollege Funke –, unter an-
derem des Europäischen Patentamtes, hat in letzter Zeit
insoweit leider eher zu Verunsicherungen geführt.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Ziel muss es insbesondere sein, so genannte Trivial-

patente zu verhindern und der Patentierbarkeit von Ge-
schäftsmethoden sowie reinen Algorithmen eine deutli-
che Absage zu erteilen.


(Beifall bei der SPD)

Ein Ansatz hierfür kann sicherlich ein tragfähigerer
Technikbegriff sein. Die Definition hierzu ist auf EU-
Ebene nicht einheitlich und sollte meiner Auffassung
nach genauer gefasst sein. Hilfreich könnte zudem eine
unabhängige Evaluierung der Entscheidungspraxis der

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(C (D atentämter, insbesondere des Europäischen Patentames, sein. Soweit dies FDP und CDU/CSU genauso sehen, kön en wir ihren Anträgen folgen. leichwohl haben wir, Herr Kollege Funke, hinsichtlich es FDP-Antrages einige Bedenken, die ich kurz ansprehen möchte, die aber nicht gravierend sind. Bei der rage der Patentierbarkeit computerimplementierter Erindungen handelt es sich um einen sehr komplizierten achverhalt. Die Pauschalität, mit der Sie an diese Theatik herangehen, wird dem Thema aus meiner Sicht icht gerecht und ist ihm nicht angemessen. Weder kann den Ausführungen des Europäischen Par aments vollinhaltlich gefolgt werden – Kollege Tauss at diesen Einwurf schon gemacht – noch sind die des ates in jeder Hinsicht abzulehnen. Um konkret zu weren: Es trifft eben nicht zu, dass es nach dem Vorschlag es Rates zu einer unbegrenzten Patentierbarkeit und Paentdurchsetzbarkeit in Bezug auf Software kommen ürde. as ist so nicht richtig. Ebenso wenig ist es jedoch angeracht, die Ausführungen des Europäischen Parlaments ür die einzig richtige Lösung zu halten. Sicherlich ist ie Zielsetzung richtig; da sind wir alle offensichtlich iner Auffassung. Die Ausführungen sind aber auch azu geeignet, Missverständnisse hervorzurufen, wie um Beispiel durch den Ausschluss der Datenverarbeiung als Gebiet der Technik oder durch den direkten Anchluss an eine Definition des Technikbegriffs unter Zuilfenahme des Naturkräftebegriffs, der in der neuen echtsprechung zumindest so nicht mehr verwendet ird. Darüber müssen wir also reden. Ich finde, dass Sie in Ihrem Antrag auf wesentliche unkte nicht eingehen; diese wurden heute zum ersten al angesprochen. Sie thematisieren die Situation der ittelständisch geprägten europäischen und insbesonere deutschen Softwarebranche nicht hinreichend. Da üsste man noch ein bisschen nachlegen. Auch die Prolematik der Open-Source-Konzepte findet sich in Ihem Antrag nicht wieder. Man kann zudem das BMJ zuindest teilweise loben; denn das BMJ hat mit icherheit Bemühungen unternommen, um zu Verbesseungen zu kommen. Auch das sollte man erwähnen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall des Abg. Otto Fricke [FDP])


(Otto Fricke [FDP]: Aber kommen kann!)


Den CDU/CSU-Antrag, Herr Kollege Krings, halte
ch für etwas durchdachter. Ich könnte mir durchaus vor-
tellen – ich komme gleich zum Schluss –, dass er eine
rundlage für einen späteren gemeinsamen Antrag sein
önnte. Denn ich hätte mir gewünscht – das möchte ich
n Sie herantragen –, dass wir als Mitglieder des Bun-
estages, wie wir es allgemein im Urheberrecht bzw. im
ereich des geistigen Eigentums machen, einen Konsens
rzielen. Ich meine, dass ein Antrag, der die Bundesre-
ierung begleiten soll, viel mehr Gewicht hätte, wenn er
icht nur von einzelnen Fraktionen, sondern von allen






(A) )



(B) )


Dirk Manzewski

Fraktionen des Bundestages gemeinsam stammen
würde. Ich hoffe, dass wir dazu im Laufe der Debatte zu
den vorliegenden Anträgen kommen werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513217800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Günter Krings.


Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1513217900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Das geistige Eigentum ist ein hohes Gut in einer
modernen Wissensgesellschaft. Die sich in unserem
Lande in den letzten Wochen leider immer schneller
wiederholenden Hiobsbotschaften aus Industrie und
Handel beweisen sehr eindrücklich, dass die Grundlage
unseres Wohlstandes in Zukunft immer mehr die kreati-
ven und geistigen Leistungen unserer Menschen in
Deutschland sein werden. Aber nur wenn wir diesem
geistigen Eigentum – das gilt für alle Bereiche des geis-
tigen Eigentumsrechts – auch den gebührenden Schutz
zukommen lassen, werden wir alle gemeinsam von unse-
rem Wissen und Denken im 21. Jahrhundert leben kön-
nen. Urheberschutz wie Patentschutz sind daher keine
lästigen Formalismen unserer Rechtsordnung, sondern
garantieren, dass aus guten Ideen auch Arbeitsplätze ent-
stehen können. So weit sind wir uns hoffentlich in die-
sem Hause einig.

Zu einem leistungsfähigen und fairen Schutz geisti-
gen Eigentums gehört auch die systematisch saubere Zu-
ordnung von Leistungen zum Urheberrecht einerseits
und zum Patentrecht andererseits. Das Patentrecht
schützt technische Erfindungen; das Urheberrecht
schützt geistige Schöpfungen in ihrer konkreten Aus-
drucksform. Gesetzgeber und Rechtsprechung haben
sich daher aus guten Gründen entschlossen, Computer-
programme, also Software, dem Urheberrecht zuzuord-
nen. Aber genau dieser Konsens droht nun über die
Europäische Union aufgekündigt zu werden. Unter der
nun recht unscheinbaren Überschrift „computerimple-
mentierte Erfindungen“ droht Software immer stärker
patentierbar gemacht zu werden. Diese leider von der
deutschen Justizministerin mitgetragene Politik


(Otto Fricke [FDP]: Bisher!)

würde im Ergebnis kein Mehr an Schutz für die geistigen
Leistungen von Softwareentwicklern bedeuten, sondern
würde im Gegenteil Programmentwicklungen verhin-
dern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ihr politischer Ansatz – damit meine ich den der Regie-
rungsbank; Herr Hartenbach, Sie müssen das heute aus-
baden –, den Sie jedenfalls bislang in Brüssel vertreten
haben, erstickt Kreativität. Wir wollen dagegen geistiges
Eigentum schützen, um Kreativität möglich zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Der Unterscheid zwischen Patenrecht und Urheberecht besteht darin, dass ein Patent nicht die konkrete usformulierung einer Idee schützt, sondern die Idee als olche. Dieser Unterschied könnte gravierender kaum ein. Wenn beispielsweise Alfred Hitchcock in einem einer Filme einen Mord unter einer Dusche zeigt, dann erhindert das Urheberrecht, dass dieser Film ohne Eraubnis gezeigt oder kopiert wird. Kämen wir auf die dee, den Film unter Patentschutz zu stellen, so hätte sich er Erfinder – hier Hitchcock – lange Jahre freuen könen: Ab sofort hätte er an jedem Film mit einer Mordzene unter einer Dusche mitverdient. (Jörg Tauss [SPD]: Ein nachvollziehbares Beispiel aus dem Leben!)


Was wir im Film- und Buchbereich zu Recht als ab-
urd zurückweisen, erleben wir indes schon heute bei
oftware aufgrund einer fast uferlosen Zulassung von
atenten durch das Europäische Patentamt; die Vorred-
er haben das bestätigt. Sollten beispielsweise Sie, Herr
ollege Hartenbach, im Internet einen Geschenkartikel-
aden aufmachen – das wäre einmal eine Alternative –


(Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär: Das werde ich nicht machen, Herr Krings!)


nd dem Käufer dabei einen Direktversand der Artikel
nbieten wollen, so hätten Sie ein großes Problem: Wenn
er Direktversand per Mausklick passieren soll, müssen
ie eine Lizenzgebühr an einen amerikanischen Internet-
uchhändler zahlen, um von ihm das Recht zur Aus-
bung des Patents zu erwerben, und zwar egal auf wel-
he Weise Sie das Ganze programmieren. Ich denke, das
st ein gutes Beispiel dafür, warum dieser Weg nicht
angbar ist.
Diese bedenkliche Patentierung von bloßen Konzep-

en steht heute noch auf schwankendem Rechtsgrund.
ie Bundesregierung tut aber derzeit leider alles dafür,
ass solche trivialen Patente auf Programmierideen zur
egel werden können. Die von der EU-Kommission
orgeschlagene und von einem Ausschuss des Minister-
ats bereits beschlossene Richtlinie über die Patentier-
arkeit computerimplementierter Erfindungen öffnet der
atentierung von Computerprogrammen Tür und
or. Gerade kleine und mittelgroße Softwarehäuser, die
eine großen Patentabteilungen aufbauen können, wür-
en bei ihrer Arbeit massiv behindert und ständig mit
em Risiko teurer Patentklagen leben müssen. Diese er-
eute Form einer Antimittelstandspolitik werden wir
icht mittragen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung: Die Justiz-
inisterin erklärte vor einigen Monaten in einer Fach-
eitschrift, die Patentierungen bedeuteten kein großes
isiko für die Unternehmen; wer sich schützen wolle,
önne schließlich eine Rechtsschutzversicherung ab-
chließen. Diese freundliche Aufforderung hat einen
ferdefuß: Es gibt weltweit praktisch keine Versicherung
egen Patentklagen, weil die Kosten unkalkulierbar sind.
ie Bemerkung von Frau Zypries fand ich schon etwas
ynisch.






(A) )



(B) )


Dr. Günter Krings


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Sie steckt tief in der Materie drin!)

Meine Damen und Herren, das Recht des geistigen

Eigentums ist keine einfache Rechtsmaterie. Das Justiz-
ministerium hat versucht, diese Komplexität auszunut-
zen und uns etwas vorzumachen, was die Haltung des
Ministeriums anbelangte. Zuerst hat man so getan, als
wäre alles gar kein Problem, es gehe nur um computer-
implementierte Erfindungen. Allein das ist schon eine
Mogelpackung; denn wenn es wirklich nur darum ginge,
die Erfindungen zu schützen, die eine Wirkung in der
Außenwelt – außerhalb des Computers – haben, wären
wir gerne dabei. Aber hier geht es um etwas anderes. Die
EU-Kommission und die Ministerin wollen offenbar
auch solche Ideen schützen, die den Computerbild-
schirm nicht verlassen. Ein Beispiel ist der berühmte
Fortschrittsbalken bei der Installation eines Program-
mes.

Gerade weil das Ministerium erkannt hat, das hier
Probleme bestehen, gab es noch Mitte Mai die Ankündi-
gung eines ministeriellen Vertreters, man wolle sich bei
der Abstimmung in Brüssel enthalten, jedenfalls nicht
zustimmen. Eine Woche später war davon nicht mehr die
Rede. Mit der deutschen Stimme wurde dieser Vorschlag
der Kommission im Ministerratsausschuss angenom-
men. Herr Hartenbach, Ihre Devise lautet an dieser
Stelle: Rechts blinken, links abbiegen. Bei einer solchen
Schaukel- und Verschaukelungspolitik wundert es uns
im Rechtsausschuss nicht mehr, dass wir als Deutsche
bei der Mitgestaltung europäischer Rechtspolitik zurzeit
allenfalls noch einen Beifahrersitz einnehmen.

Der Kollege Tauss, forschungspolitischer Sprecher
der SPD-Fraktion, mit dem ich zugegebenermaßen beim
Schutz des geistigen Eigentums nicht in allen Punkten
übereinstimme, hat einen sehr interessanten Brief an die
Justizministerin geschrieben.


(Jörg Tauss [SPD]: Woher haben Sie denn den?)


– Den habe ich aus einer öffentlichen Quelle. Offenbar
haben Sie ihn veröffentlicht.


(Jörg Tauss [SPD]: Nicht doch!)

– Jedenfalls war er offen zugänglich. Auch bei der Urhe-
berrechtsdebatte kommen wir wieder auf das Thema In-
formationsfreiheit.


(Rainer Funke [FDP]: Sie sind doch sonst so diskret!)


Daraus darf ich – mit Ihrer freundlichen Genehmi-
gung – zwei kurze Sätze zitieren.


(Jörg Tauss [SPD]: Urheberrecht!)

Sie schrieben an die Ministerin:

… insbesondere der SPD wird eine inkonsistente
und wechselhafte Haltung unterstellt. Es ist bedau-
erlich, dass in dieser innovationspolitisch so wichti-
gen Frage die SPD-geführte Bundesregierung eine
derart desolate Figur abgibt …

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Wo Herr Tauss Recht hat, hat er Recht!)


chöner, Herr Kollege Tauss, hätte ich das nicht formu-
ieren können. Das schlechte Gewissen der Bundesregie-
ung zeigt sich vielleicht schon daran, dass kein Vertreter
er Bundesregierung heute das Wort ergreift. Man kann
ier wirklich feststellen: Die Justizministerin scheint in
ieser Frage alleine zu Haus zu sein.
Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion wollen einen

ernünftigen Patentschutz, der sich auf computerimple-
entierte, technische Erfindungen beschränkt. Kurz und
napp gesagt: Wenn der Schutz des Patentrechts greifen
oll, dann muss schon etwas Handfestes passieren, und
war außerhalb des Computergehäuses und außerhalb
es Computerbildschirms. Mit einem klaren und engen
echnikbegriff wäre der Schutz von Erfindungen wie
twa dem Antiblockiersystem gesichert, zugleich würde
ber der Schutz des Fortschrittsbalkens auf dem Compu-
erbildschirm außen vor bleiben. Wir haben hierzu einen
anz konkreten Vorschlag in unserem Antrag formuliert.
ur zwei Bestimmungen des Richtlinienentwurfs müss-
en geändert werden und Tausende von Softwarefirmen
n Deutschland könnten aufatmen.
Da ich eben den Kollegen Tauss zitiert habe, will ich

anz zum Schluss, wenn ich darf, noch eine kurze Be-
erkung an die Kollegen von der Fraktion der Grünen
ichten. Auch Sie haben sich offenbar von der Patentpo-
itik der Ministerin zu Recht abgewandt. In einem Be-
chluss des Parteitags vor wenigen Wochen wenden Sie
ich eindeutig gegen Softwarepatente. In der Begrün-
ung dieses Beschlusses heißt es wörtlich:

Software ist über das Urheberrecht bereits ausrei-
chend geschützt.

ch fasse das als ein Bekenntnis für einen effektiven Ur-
eberrechtsschutz auf. Ich freue mich schon darauf, Sie
aran zu erinnern, wenn es um den „Korb zwei“ der Ur-
eberrechtsnovelle geht.
Ich jedenfalls habe in dieser Debatte bislang – auch

ach den Äußerungen des Kollegen Manzewski – die
offnung, dass alle Fraktionen des Deutschen Bundesta-
es gemeinsam die Bundesregierung bei der Frage des
atentrechts auf den Pfad der Tugend zurückführen kön-
en.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Wir sind doch alle auf dem Pfad der Tugend!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513218000

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Grietje Bettin.

Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513218100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir reden hier heute über ein Thema, das den meisten
rst einmal recht wenig sagt, in Fachkreisen aber schon
eit einiger Zeit sehr heftig diskutiert wird: die Frage der
atentierbarkeit von Software. Bisher war – das haben






(A) )



(B) )


Grietje Bettin

alle meine Kollegen schon angesprochen – Software bei
uns primär urheberrechtlich geschützt. Das ist auch rich-
tig so. Eine Patenterteilung für Software halten dagegen
auch wir Grüne für hochproblematisch. Dafür gibt es
mehrere gute Gründe. Ich will versuchen, dies anhand
einiger praktischer Beispiele deutlich zu machen.

Wenn Software zukünftig patentierfähig wird, führt
dies dazu, dass – im übertragenen Sinn – nicht mehr eine
bestimmte Mausefalle, sondern pauschal Mittel zum
Fangen von Nagetieren patentiert werden könnten. Ein
anderes Beispiel: Musiknoten lassen sich mit Software-
codes vergleichen. Hätte der Komponist Bach ein Patent
auf eine Symphonie dadurch gekennzeichnet, dass
Klang erzeugt wird, dann hätte dies möglicherweise
nicht nur Mozart in erhebliche Schwierigkeiten ge-
bracht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bislang gilt: Der
konkrete Programmiercode ist durch das Urheberrecht
geschützt, nicht aber – und das ist wichtig – die Idee
oder das Verfahren an sich. Es ist also möglich, dieselbe
Idee auf eine andere Weise umzusetzen, ohne gegen das
Urheberrecht zu verstoßen oder Lizenzgebühren zahlen
zu müssen. Dies würde sich bei einer generellen Zuläs-
sigkeit von Softwarepatenten grundlegend ändern; denn
die mit den Patenten verbundenen Schutzrechte würden
auf Dauer die Entwicklung vielfältiger Alternativpro-
dukte verhindern. Die Weiterentwicklung des Wissens
würde gerade in der Informationstechnologie massiv
eingeschränkt.

Wir sind fest davon überzeugt, dass Softwarepatente
vor allem im Interesse der Großunternehmen liegen – der
Kollege Krings hat das angesprochen – und den vielen
kleinen und mittleren Softwareentwicklern massiv scha-
den würden; denn nur größere Firmen verfügen über ei-
gene Patent- und Rechtsabteilungen, die entsprechende
Recherchen und Anmeldevorgänge effizient abwickeln
können. Wir alle müssten als Verbraucherinnen und Ver-
braucher ebenfalls Nachteile erleiden, weil Software wo-
möglich teurer und in ihrer Vielfalt eingeschränkt sein
würde.

Außerdem – dieser Punkt ist mir persönlich besonders
wichtig – befürchten wir negative Auswirkungen auf die
Open-Source-Entwicklung und die freie Software. Hier
sind unsere Bedenken grundsätzlicher Natur. Das Patent-
recht verlangt Geheimhaltung bis zur Patentanmeldung.
Ein offener Entwicklungsprozess wie bei Open Source
kann unter solchen Umständen wohl kaum durchgeführt
werden.

Für uns als rot-grüne Koalition ist der Einsatz für
freie Software und Open Source ein wichtiges politi-
sches Anliegen: sei es bei der Migration des Servers des
Deutschen Bundestages von einer Windows- auf eine Li-
nuxlösung oder auch bei entsprechenden Pilotprojekten
in den Ministerien.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle Fraktionen eint
anscheinend die Überzeugung, dass Computerpro-
gramme als solche keine patentierbaren Erfindungen
darstellen. Gleichwohl wollen wir alle für diesen Be-
reich mehr Rechtssicherheit schaffen. Tatsache ist, dass

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(C (D ie Patentierbarkeit von Software bereits in den letzten ahren durch die Praxis der Patentämter und die Rechtprechung immer weiter ausgedehnt worden ist. Deshalb rauchen wir eine Änderung und Klarstellung der dereitigen Rechtslage mit dem Ziel, die schleichende Auseitung der Patentierbarkeit von Software zu verhinern. Auch wenn ich hier keinen Hehl daraus machen öchte – das habe ich auch in der Vergangenheit nicht etan –, dass ich mit dem Vorgehen des BMJ bei den ichtlinienverhandlungen in Brüssel nicht zufrieden ar, müssen wir feststellen, dass sich das Ministerium in rüssel leider vergeblich für eine eindeutigere Definiion des Technikbegriffs sowie für klare Anforderungen n die Interoperabilität stark gemacht hat. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Jawohl, das haben wir gemacht!)


Genau.
Wir werden die Bundesregierung ausdrücklich auffor-

ern, die Beschlüsse des Europäischen Parlaments vom
4. September 2003 bei der weiteren Kompromisssuche
ls Grundlage zu betrachten. Insbesondere die grüne Frak-
on im Europäischen Parlament hat sich für den klugen
eschluss des EU-Parlaments stark gemacht und ihn aktiv
itgestaltet. Wir müssen erreichen, dass es zu einer ein-
eutigen und praktikablen Begrenzung patentierfähiger
omputerimplementierter Erfindungen kommt und
ass Trivialpatente generell ausgeschlossen werden.
Wir werden uns ebenfalls dafür einsetzen, dass der
mfang patentrechtlicher Ansprüche auf Erzeugnisse
nd Verfahren begrenzt wird und dass keine reinen Pro-
rammansprüche möglich sein werden. Die Patentier-
arkeit von Algorithmen und Geschäftsmethoden muss
benfalls ausgeschlossen sein.
Bündnis 90/Die Grünen wird sich auch weiterhin ent-

chieden dafür einsetzen, dass alternative Entwicklungs-
onzepte wie Open-Source-Projekte nicht beeinträchtigt
erden. Abschließend sei noch einmal gesagt: Patente
uf Software schaden dem Wissensstandort Deutsch-
and. Sie schaden den kleinen und mittelständischen Un-
ernehmen. Diese Erkenntnis gilt es nun auch politisch
mzusetzen. Ich hoffe, dass wir durch unsere gemein-
ame Kraftanstrengung bei diesem Thema doch noch zu
inem interfraktionellen Antrag kommen, um als Deut-
cher Bundestag auch gegenüber dem Europaparlament
it einer Stimme zu sprechen.
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513218200

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Vera Dominke.

Vera Dominke (CDU):
Rede ID: ID1513218300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

m Grunde genommen könnte ich sagen, dass ich mich
llen Vorrednerinnen und Vorrednern anschließen kann.






(A) )



(B) )


Vera Dominke


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich dennoch mein geistiges Werk unter die
Leute bringen, damit es auch im Protokoll erscheint.

Patente auf computerimplementierte Erfindungen – das
klingt nach trockener, schwer verständlicher Materie,
noch dazu, wenn sie an den Erlass einer EU-Richtlinie
gekoppelt ist. Wenn man sich aber – das haben wir heute
schon hinreichend gehört – näher damit beschäftigt,
droht das Ganze insbesondere für kleine, junge und in-
novative Unternehmen zur bitteren Realität zu werden.

Von der Ratio her wissen wir alle – auch die, die heute
nicht hier sitzen –, wie sehr EU-Regelungen auf die Poli-
tik und die Lebensverhältnisse in unserem Lande durch-
schlagen. Tatsächlich passiert es aber immer noch häu-
fig, dass die Rechtsetzung der EU bei uns durchläuft.
Lassen Sie deswegen auch mich noch einmal deutlich
machen, worum es uns in unserem Antrag geht und wa-
rum die anstehende EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit
von computerimplementierten Erfindungen in ihrer jetzi-
gen Fassung eine Katastrophe wäre sowohl für unsere
kleinen und mittelständischen Unternehmen als auch für
unseren akademischen Nachwuchs, der sich in diesem
Bereich selbstständig zu machen gedenkt. Die Software-
industrie ist eines der wenigen Tummelfelder für die
Gründung junger, innovativer Firmen und Start-
Ups. Hier haben neben den großen, weltweit agierenden
Multis gerade kleine und mittelständische Unternehmen
die Chance, sich zu etablieren, hoch komplexe Produkte
zu entwickeln und gewinnbringend zu vermarkten.
Wenn diese jetzt alle ihre Ideen, Konzepte und Verfahren
auf die mögliche Verletzung anderer Softwarepatente
überprüfen müssten, dann wäre das schlichtweg perso-
nell und finanziell nicht machbar; auch darauf haben
Frau Bettin und Herr Krings schon hingewiesen. Nur
große Unternehmen mit entsprechend großen Patent-
und Rechtsabteilungen können eine solche Aufgabe be-
wältigen.

Durch die Veröffentlichungsfristen für Patente, die
sich gerade in der schnelllebigen Softwarebranche auf
zwei bis drei Produktzyklen erstrecken können, ist es
ohne weiteres vorstellbar – und das passiert auch in der
Praxis –, dass mehr als ein Jahr nach dem Erscheinen ei-
nes Produktes auf dem Markt plötzlich Patente veröf-
fentlicht werden, die durch das Produkt verletzt werden,
die vorher aber nicht bekannt waren. So genannte
Trivialpatente etwa sind so allgemein und zahlreich,
dass fast jedes Softwareprodukt gegen mehrere versto-
ßen würde. Beispiele hierfür sind Patente auf einfachste
Elemente, die Sie alle hier kennen: den Mauszeiger, den
Ladebalken oder Links in HTML-Dateien. Jedes Soft-
wareunternehmen müsste danach früher oder später
wegen Patentverletzung vor Gericht ziehen. Damit wird
vor allem die Existenz kleinerer und mittelständischer
Betriebe bedroht, die sich das einfach nicht leisten kön-
nen.


(Jörg Tauss [SPD]: Noch schlimmer: vor Gericht gezogen!)


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(C (D Die Bundesregierung hat dieses Jahr zum Jahr der nnovationen ausgerufen. Nach dieser Debatte habe ich as Gefühl, dass es uns gemeinsam gelingen kann, zu elfen, dass in unserem Lande und in Europa ein innovaionsfreundliches Klima bestehen bleibt. Ich bitte Sie eshalb: Lassen Sie uns in den Beratungen, so wie sich as hier angedeutet hat, zu einer Übereinkunft kommen! assen Sie uns gemeinsam die Bundesregierung uf den richtigen Pfad führen, den Pfad der Tugend, und as gute Klima für unsere jungen Unternehmen erhalten. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der SPD und der FDP)


(Jörg Tauss [SPD]: Die EU!)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513218400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Uwe Küster.


(Beifall bei der SPD)


Dr. Uwe Küster (SPD):
Rede ID: ID1513218500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Meine Damen und Herren! Es ist ja schon
ast alles gesagt.


(Rainer Funke [FDP]: Aber nicht von allen!)

Nicht von allen; deswegen ergreife ich das Wort, Herr
unke, sehr richtig.
Ich will versuchen, die wirtschaftlichen Aspekte noch

inmal deutlich herauszustellen, damit klar ist, dass wir
ier nicht über eine Sache reden, die nur die Rechtspoli-
iker angeht


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Was heißt hier „nur“?)


ie nur für sie interessant wäre.

(Rainer Funke [FDP]: Sie scheinen Juristen zu verachten!)

Ich will sie nicht klein reden, keineswegs.
Es geht um einen ganz wichtigen Aspekt unserer
irtschaft; das müssen wir beachten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ir wissen, dass Software, die Computer steuert, heut-
utage überall im Alltag zu finden ist: von der Waschma-
chine bis zur Funkuhr. Ein Handy ist heute mit mehr
omputertechnologie ausgestattet als eine Saturn-V-Ra-
ete. All das sollte man wissen. Dann sieht man relativ
ügig, wie bedeutungsvoll dieses technische Thema für
nser Leben ist.
Wir sollten uns an dieser Stelle ganz stark auf unsere

igenen Interessen konzentrieren: In Deutschland sind es
m Wesentlichen kleine und mittelständische Unter-
ehmen in der Softwareindustrie, die sich mit Produk-
en auseinander setzen, die besonders anwenderorientiert
ind. Also nicht die großen, weltweit eingesetzten Pro-
ramme sind die Hauptschwerpunkte der deutschen Soft-
areindustrie, sondern eher die anwenderorientierten






(A) )



(B) )


Dr. Uwe Küster

und – darin ist Deutschland europaweit besonders
stark – die Open-Source-Software. Das ist unsere Stärke;
davon wollen wir nichts abgeben, sondern sie weiterent-
wickeln.


(Beifall bei der SPD)

In einem aktuellen vor zwei Tagen erschienen Be-

richt, von Deutsche Bank Research werden drei Infor-
mations- und Kommunikationsthemen identifiziert, bei
denen überdurchschnittliche Wachstumsraten erwar-
tet werden. Das sind die Biometrie, die Open-Source-
Software – sie wird schon an zweiter Stelle genannt –
und das Funketikett. Das Funketikett wird von einigen
Sachkundigen so interpretiert, als sei es die Ablösung
des alten Strichcodes auf Waren. Dieses Funketikett
kann aber noch viel mehr. Es kann den Lebenszyklus
eines Produktes beschreiben und wirklich umfangreiche
Informationen enthalten. Insofern reden wir über Dinge,
die uns in den nächsten Jahren begleiten werden. Deswe-
gen ist hier die Sicherheit ganz wichtig. Wir müssen
diese positiven Entwicklungen fördern; das sollte unsere
Aufgabe sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sichere Rahmenbedingungen sind das A und O für
diese Unternehmungen. Wir haben die Aufgabe, eine ex-
akte Antwort auf die ganz einfache Frage zu geben, wel-
chen Schutz Software genießen soll. Die Patentfähigkeit
von Erfindungen ist in Art. 52 des Europäischen Pa-
tentübereinkommens geregelt. Danach ist Software als
solche nicht patentfähig. Sie wissen aber natürlich, dass
die Menschen in der Umgehung von Regeln sehr erfin-
derisch sind. Mittlerweile ist eine große Zahl von euro-
päischen Patenten auf Dinge erteilt worden – wir nennen
sie computerimplementierte Erfindungen –, die uns im
täglichen Leben begegnen. Sie alle sind schon genannt
worden. Ich nenne nur den Mauszeiger und den One-
Click-Shop. Diese Patente sind im täglichen Leben im
Web zu finden.

Wenn Sie heutzutage einen Web-Shop aufmachen,
dann verletzen Sie, wenn Sie es ungünstig angehen, bis
zu 20 europäische Patente. Das zeigt die Problematik,
vor der wir stehen: Anstatt die Lösung dieses Problems
innovativ anzugehen, also die Handelstechniken über
das Internet stärker in das tägliche Leben zu integrieren,
werden dort eher Entwicklungshemmnisse aufgebaut,
sodass wir nicht positiv innovativ damit umgehen kön-
nen.


(Beifall bei der SPD)

Wir müssen uns klar machen, dass die Erstellung

von Software etwas ganz anderes ist als die Herstellung
einer Maschine oder die Entwicklung eines Medika-
ments. Das heißt, wir müssen auch mit anderen Überle-
gungen und Regeln an diese Sache herangehen. Wir wis-
sen, dass neue Software häufig dadurch entsteht, dass
vorhandene Teile neu kombiniert werden, dass Schnitt-
stellen eingefügt werden und dass gegebenenfalls neue
Programmteile dazwischengeschaltet werden, wodurch
ein neues Programm mit neuen Qualitäten entsteht. Die-

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(C (D en Entwicklungsprozess können und wollen wir im Ineresse unserer Unternehmen nicht behindern. Auf der anderen Seite dürfen wir Erfindungen nicht lleine deswegen von der Patentierbarkeit ausschließen, eil sie irgendwo in ihrem System Software enthalten. as Standardbeispiel ist das ABS-System. Klassischereise wurde das Problem mit reiner Mechanik gelöst. ie Lösung stammte aus dem letzten Jahrhundert und ar patentfähig. Kommen nun aber Software und ein omputer hinzu, die die Bremsen an einem Auto steuern dies macht dann das ABS-System aus –, dann ist das öglicherweise nicht mehr patentfähig. Das ist der Wierspruch, vor dem wir stehen. Diesen haben wir zu löen. Ich will damit klar machen, dass wir auf diese Frage eine triviale Antwort geben können. Es ist eine schwieige Gratwanderung zwischen Trivialpatenten, die geannt worden sind, und solchen Dingen, bei denen es eien technischen Fortschritt gibt, der mithilfe von oftware und Computern erreicht worden ist und der uns eiterhilft. Ich will noch auf einen Punkt besonders eingehen, der ns sehr wichtig ist. Es geht darum, welche Forderungen ir durchsetzen müssen. Der Ausschluss von Trivialatenten ist genannt worden. Diesbezüglich rennen Sie ei der SPD-Fraktion offene Türen ein. Es wird keine atentierbarkeit von Algorithmen und Geschäftsmethoen geben. Das ist absolut nicht zulässig. Alternative Entwicklungskonzepte, insbesondere pen-Source-Projekte, dürfen nicht beeinträchtigt weren. Ein wichtiger Punkt ist die Interoperabilität zwichen unterschiedlichen Softwareprodukten. Es darf icht dazu kommen, dass bestimmte Schnittstellen paentiert werden, wodurch andere von der Bedienung und utzung dieser Schnittstellen ausgeschlossen würden, eil sie auf das Patent zurückgreifen müssten. Wir wolen, dass auch dort Standards geschaffen werden, die icht patentiert werden dürfen. Damit wollen wir den ettbewerb ankurbeln und Innovationen auf den Markt ekommen. Insgesamt möchte ich feststellen, dass wir die formale ritik an der Bundesjustizministerin, die Herr Funke als itglied der Opposition natürlich pflichtgemäß geäußert at, so nicht stehen lassen können. Die Ministerin hat ihr estes gegeben. Sie hat versucht, im Kreis der 15 und etzt im Kreis der 25 Mitgliedstaaten die Position eutschlands durchzusetzen. Wir haben so einige Klareiten erreicht. Wir sind ein Part von 25 Mitgliedern. Von daher ist es ehr schwierig, beispielsweise gegen die Südschiene in uropa zu operieren. Sie kennen auch Großbritanniens olle. Ebenso ist Ihnen die Haltung der Niederlande beannt. Es ist nicht einfach, sich in diesem Konzert, in em jeder Mitgliedstaat eine starke Position hat, durchusetzen. Die Justizministerin hat einiges erreicht. Wir ollen versuchen, eine gemeinsame Linie zu finden. Ich eine, der Antrag der Union und auch Ihr Antrag, Herr Dr. Uwe Küster Funke sind dafür eine Grundlage. Unser Antrag ist unterwegs; das wissen Sie. Herr Kollege Küster, bitte kommen Sie zum Schluss. Er wird Gegenstand einer gemeinsamen Stellung nahme des Deutschen Bundestages sein. Dazu lade ich Sie herzlich ein. Danke schön. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Günter Krings [CDU/CSU])


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513218600
Dr. Uwe Küster (SPD):
Rede ID: ID1513218700


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513218800

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 15/3240 und 15/3941 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a bis 10 c auf:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durch-
setzung der Gleichstellung von Soldatinnen

(Soldatinnenund Soldatengleichstellungsdurchsetzungsgesetz – SDGleiG)

– Drucksache 15/3918 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ursula
Lietz, Christian Schmidt (Fürth), Annette
Widmann-Mauz, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Soldatinnen- und Soldatengleichstellungs-
durchsetzungsgesetz zügig umsetzen
– Drucksache 15/3717 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ina
Lenke, Klaus Haupt, Helga Daub, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP
Bundeswehr stärken – Beschäftigungsbedin-
gungen für Soldatinnen und Soldaten verbes-
sern
– Drucksache 15/3960 –
Überweisungsvorschlag
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Verteidigungsausschuss

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(C (D Nach interfraktioneller Vereinbarung ist für die Ausprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Widerspruch öre ich nicht. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst er Parlamentarische Staatssekretär Walter Kolbow. W Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! it dem vorgelegten Gesetzentwurf setzt die Bundes egierung eine einstimmige Entschließung des Deutchen Bundestages um, der sich bei der abschließenden eratung des Bundesgleichstellungsgesetzes im Oktober 001 dafür ausgesprochen hat, einen Gesetzentwurf zur urchsetzung der Gleichstellung von Soldatinnen und oldaten zu erarbeiten. Der vorliegende Gesetzentwurf schafft die rechtlichen rundlagen für die Durchsetzung der Gleichstellung von oldatinnen und Soldaten und bezieht zugleich Maßnahen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und ienst in den Streitkräften ein. Der Gesetzentwurf entält eine Fülle von Maßnahmen, die Gleichstellung im eitestmöglichen Maße zu garantieren. Hierzu zählen ie Wahl von Gleichstellungsbeauftragten, die Zielvorabe für die Beseitigung der Unterrepräsentanz von oldatinnen, die Benachteiligungsund Diskriminieungsverbote für Soldatinnen und die Einführung von leichstellungsplänen. Zur Verbesserung der Vereinbareit von Familie und Dienst in den Streitkräften sollen amiliengerechte Arbeitszeiten angeboten, die Einfühung von Teilzeitbeschäftigungen ermöglicht sowie Beachteiligungsverbote bei Teilzeitbeschäftigung und failienbedingter Beurlaubung vorgesehen werden. Wir schaffen mit einer Änderung im Soldatengesetz chließlich die rechtlichen Voraussetzungen für die Einührung von Teilzeitbeschäftigung. Die Bundesregieung erwartet, dass die Vereinbarkeit von Familie und ilitärischem Dienst für die Soldatinnen und Soldaten rheblich erleichtert und die Attraktivität der Streitkräfte esteigert wird. Die konkrete Ausgestaltung der Teilzeiteschäftigung bleibt einer Rechtsverordnung vorbehalen, die dann im Hinblick auf die Einsatzerfordernisse inzelne Verwendungen oder Truppenteile festlegen uss, für die Teilzeitbeschäftigung nicht infrage kommt, uch wenn die Möglichkeit von flexiblen Arbeitszeitmoellen, etwa eine Blockzeitbildung, geprüft und in die erordnung auf jeden Fall einbezogen wird. Zum weiteren Vorgehen der Bundesregierung kann ch gerade vor dem Hintergrund der vorliegenden Anräge der Opposition auf folgende fünf Punkte hinweien. Erstens. Wir werden den Gesetzentwurf zügig umset en. Nach Abschluss der parlamentarischen Beratungen rwarten wir ein In-Kraft-Treten zum 1. Januar 2005. ie erforderlichen Rechtsverordnungen und Durchfühungsbestimmungen werden in unserem Ministerium beeits erarbeitet. Zweitens. Wir wahren mit dem Gleichstellungsdurch etzungsgesetz den verfassungsrechtlichen Grundsatz, Parl. Staatssekretär Walter Kolbow Leistungsstärkere vor Leistungsschwächeren zu fördern. Das Soldatinnenund Soldatengleichstellungsdurchsetzungsgesetz sieht wie das Bundesgleichstellungsgesetz auch keine starre Quotierung des Anteils der Soldatinnen vor. Eine Quote von 50 Prozent für den Sanitätsdienst und 15 Prozent für alle anderen Laufbahnen bedeutet keinesfalls, dass jeder zweite Sanitäter eine Frau sein wird und im Übrigen 15 Prozent der Stellen für Frauen reserviert werden müssen. Wer Gleichstellung so versteht, der hat Gleichstellung missverstanden. (Beifall der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1513218900




(A) )


(B) )


Die gemessen an dem verfassungsrechtlichen Auftrag
nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes abgesenkte
Zielvorgabe für die meisten soldatischen Laufbahnen auf
15 Prozent war deshalb notwendig, weil diese Laufbah-
nen für Frauen, wie wir wissen, erst seit dem Jahr 2001
geöffnet sind und der Frauenanteil aus diesem Grund
noch gering ist.

Drittens. Zu der in dem Antrag von der CDU/CSU er-
wähnten Forderung nach Kinderbetreuung kann ich
feststellen: Um die Kinderbetreuung sicherzustellen,
nutzen wir die bereits heute zahlreich vorhandenen
– 31 an der Zahl – Familienbetreuungszentren, durch die
Soldatinnen und Soldaten bei der Betreuung von Kin-
dern unterstützt und beraten werden können. Dies gilt
besonders für diejenigen, die durch einen Auslandsein-
satz für eine gewisse Zeit von der Familie getrennt sind.
Gerade die mit dem Gesetzentwurf möglich werdende
Teilzeitbeschäftigung könnte bei Auslandseinsätzen, vor
allem soweit reine Soldatenehen betroffen sind, für die
betroffenen Eltern wirksame Hilfe schaffen.

Viertens. Wir behalten die für die Einsätze der Bun-
deswehr nun einmal notwendige Flexibilität. Die Ent-
scheidung, ob und im welchem Umfang das Soldatin-
nen- und Soldatengleichstellungsdurchsetzungsgesetz
im Auslandseinsatz zur Anwendung kommt, wird vom
Bundesministerium der Verteidigung für jedes Einsatz-
kontingent genau geprüft werden. Es wird hier keine
Routine geben. Aber es muss natürlich der Grundsatz
durchgehalten werden, dass die Funktionsfähigkeit der
Streitkräfte durch die Anwendung des Gesetzes nicht
beeinträchtigt wird.

Fünftens. Wir bauen in den Gesetzentwurf eine allge-
meine Erfolgskontrolle ein. Das Soldatinnen- und
Soldatengleichstellungsdurchsetzungsgesetz sieht des-
halb zwei wesentliche Berichtspflichten vor. Zum einen
ist ein alle vier Jahre an den Deutschen Bundestag zu er-
stattender Bericht der Bundesregierung vorgesehen. Mit
ihm soll über die Situation der Soldatinnen im Vergleich
zu der Situation der Soldaten und über die Anwendung
des Gesetzes nach Auswertung statistischer Angaben un-
terrichtet werden. So soll zum Beispiel belegt werden,
ob das Angebot zur Teilzeitbeschäftigung angenommen
wird und wie sich die Arbeit der Gleichstellungsbeauf-
tragten praktisch auf die Durchsetzung der Gleichstel-
lung auswirkt. Zum anderen legt der Gesetzentwurf fest,
dass das Bundesministerium der Verteidigung spätestens
nach fünf Jahren dem Deutschen Bundestag darüber be-

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(C (D ichtet, ob die für die soldatischen Laufbahnen außerhalb es Sanitätsdienstes vorgesehene Zielvorgabe von 5 Prozent der Förderung der Gleichstellung hinreihend Rechnung trägt oder ob eine Anhebung der Quote otwendig erscheint. Ich denke, wir tragen mit diesem Gesetz dem gesell chaftlichen Wandel Rechnung und übertragen diesen nwendbar und umsetzbar in die Streitkräfte. Wir untertreichen, dass auch in dieser wichtigen Frage die Streiträfte Teil der Gesellschaft sind, ohne dass dabei die für ie Bundeswehr wichtigen Aspekte wie etwa die Einatzfähigkeit in den Hintergrund treten. Dies ist eine ute Grundlage, Gleichstellung auch in den Streitkräften u betreiben. Da ich der einzige Mann auf der Redneriste bin, (Ursula Lietz [CDU/CSU]: Männerquote, Herr Staatssekretär!)


offe ich, dass ich den Ansprüchen der Kolleginnen eini-
ermaßen gerecht geworden bin.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt schlechtere Redner! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für einen Mann war das akzeptabel!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513219000

Das wollen wir einmal sehen.
Das Wort hat die Abgeordnete Ursula Lietz.


Ursula Lietz (CDU):
Rede ID: ID1513219100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-

innen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Gestatten Sie mir eine Bemerkung vorweg: Hier
st gerade von einer Männerquote gesprochen worden.
enn es eine solche Quote gäbe, dann müssten wir sie
uch heute Abend erfüllen. Das dürfte uns nicht gelin-
en.
Seit fast 30 Jahren leisten Frauen ihren Dienst bei der
undeswehr. Es wird immer wieder übersehen, dass
chon seit 30 Jahren Frauen Dienst im Sanitätswesen der
undeswehr leisten können. Seit 2001 haben Frauen Zu-
ang zu allen Verwendungen und Truppengattungen. Für
en Einsatz in diesen Bereichen sind die persönliche
ignung und Befähigung des Einzelnen ohne Ansehen
es Geschlechts ausschlaggebend, wie es das Grundge-
etz in Art. 3 Abs. 2 vorschreibt. Ich zitiere:

Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat
fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichbe-
rechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf
die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

Ich erinnere an Debatten, die wir im Bundestag ge-
ührt haben und in denen wir durchaus nicht alle von
ornherein der Meinung waren, dass Frauen in allen
treitkräften und Bereichen der Bundeswehr eingesetzt
erden sollten. Die damals vorhandenen Bedenken ha-
en sich Gott sei Dank nicht bewahrheitet.






(A) )



(B) )


Ursula Lietz

Mittlerweile sind 10 235 Frauen – das ist der Stand

vom Mai dieses Jahres – Soldatinnen in der Bundeswehr.
Ungefähr 2 700 von ihnen waren bereits im Einsatz. Da-
für, dass erst seit drei Jahren Frauen der kämpfenden
Truppe und den Einsatztruppen angehören, ist das eine
beachtliche Zahl.

Ich möchte an dieser Stelle – ich hoffe, die Herren
nehmen mir das nicht übel – gerne speziell den Soldatin-
nen danken, die ihren Dienst generell und gut in der
Truppe ausüben


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


– natürlich mit der Hilfe ihrer männlichen Kameraden.
Sie verrichten ihren Dienst, wie es ihre Kameradinnen
im Sanitätsdienst schon seit 30 Jahren tun.

Trotzdem waren wir alle gemeinsam der Meinung,
dass es einer gesetzlichen Grundlage bedarf, den Erfor-
dernissen der Integration von Frauen in die Truppe
gerecht zu werden, und zwar in Form eines Gleichstel-
lungsgesetzes, wie es bereits für alle Bereiche des öf-
fentlichen Dienstes existiert. Ein solches Gesetz wollen
wir auch für die Bundeswehr einführen. Dieses Gesetz
hätte möglicherweise zeitgleich mit der Einrichtung von
Stellen für Frauen in allen Bereichen der Bundeswehr
oder zumindest in größerer zeitlicher Nähe zu dem
Jahr 2001 in Kraft treten können, wie wir es damals ge-
fordert haben.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Gut Ding braucht Zeit!)


Wir freuen uns aber, dass der Gesetzentwurf jetzt vor-
liegt, sodass wir ihn gemeinsam beraten können. Denn
wir treten jetzt in eine Phase ein, in der immer mehr
Frauen befördert werden. Die Beförderungen bringen
es mit sich, dass danach gefragt wird, warum eine Kame-
radin befördert wird und jemand anders nicht. Ich denke,
darauf müssen wir eine vernünftige Antwort geben. Wir
wissen, dass diese Fragestellung nicht nur in der Bun-
deswehr gelegentlich zu Konflikten führt. Die Soldaten
müssen und sollen erkennen, dass ihre Kameradinnen
befördert werden, weil sie von ihrer Leistung her dazu
befähigt sind. Die Bundesregierung hat einen Gesetzent-
wurf vorgelegt, der diesem wichtigen Anliegen meiner
Meinung nach unzureichend gerecht wird. Es kann der
Eindruck entstehen, dass Frauen an den Männern vorbei
befördert werden sollen. Das ist aber nicht der Fall. Viel-
mehr steht die Leistung im Vordergrund.

Herr Staatssekretär, Sie haben eben ausgeführt, dass
die Leistungsstarken vor den Leistungsschwachen geför-
dert würden. Ich nehme an, Sie meinten „befördern“;
denn fördern sollten wir die einen wie die anderen. Ich
denke, das ist auch der Fall.

Eine starre Quotierung des Frauenanteils ist nicht
wünschenswert. Das werden wir sicherlich noch in den
weiteren Beratungen diskutieren. Wir empfehlen, bis
zum Erreichen der Quote die Unterrepräsentanz des An-
teils der Soldatinnen an den Geburtsjahrgängen des je-
weiligen Bereiches deutlicher zu definieren. Dann wer-

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(C (D en wir feststellen, dass es in einigen Bereichen der undeswehr möglicherweise schwieriger ist, die geünschte Quote zu erreichen. Das wird je nach Einsatz nd Anforderungen sehr unterschiedlich sein. Wichtig muss uns allen aber sein, dass das Gesetz von llen akzeptiert wird, statt von einigen nur zähneknirchend zur Kenntnis genommen zu werden. Daher ist es as Ziel, eine stärkere Leistungsdifferenzierung einzuühren, derzufolge Beförderungen nach Eignung, Leisung und Befähigung und weniger nach einer Quotierung rfolgen. Lassen Sie mich noch einen Punkt ansprechen, der ir besonders wichtig erscheint, weil er auch etwas mit er Förderung von Frauen in der Bundeswehr zu tun hat. abei handelt es sich um den gesamten Komplex der ereinbarkeit von Familie und Beruf. Der Soldatenberuf ist kein Beruf wie jeder andere. rauen und Männer gehen in Einsätze und sie müssen ür ihre kleinen Kinder zu Hause manchmal sehr kurzristig eine Betreuung finden. Ich denke, wir sollten veruchen, dafür zu sorgen, dass Eltern von kleinen Kindern icht gleichzeitig in einen Einsatz geschickt werden. Sie aben möglicherweise Schwierigkeiten, ihre Kinder unrzubringen. (Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Das ist auch Teil der Fürsorgepflicht!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch empfehle in diesem Zusammenhang die Lektüre ei-
es sehr schönen Artikels eines siebenjährigen Jungen,
en das Forum für Soldatenfamilien veröffentlicht hat.
Lieber Herr Staatssekretär, ob die FBZs und die Fami-

enbetreuungsstellen die richtigen Möglichkeiten für
ine Kinderbetreuung bieten, wage ich zu bezweifeln;
enn ich glaube, dass das nicht ausreichend sein wird.
ier müssen wir andere Möglichkeiten finden, bis hin
um Sicheinkaufen in bereits bestehende Kindergärten.
n anderen Ländern macht man uns das vor. Wir müssen
as Rad also nicht neu erfinden. In Schweden, aber auch
n Großbritannien ist das Berufsbild des Soldaten durch-
us im Einklang mit alltäglichen Belangen. Ich würde es
erne sehen, wenn wir nicht nur alle vier Jahre, sondern
twas öfter einen Bericht bekämen, in dem über den Er-
olg bzw. den Nichterfolg der Gleichstellung informiert
ird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Wir müssen
ns immer wieder vor Augen halten, dass Menschen, die
ereit sind, unser Land, unser Leben und unseren Frie-
en, aber auch den Frieden anderer Nationen zu beschüt-
en und dafür notfalls ihr Leben zu riskieren – die Solda-
innen und Soldaten wissen, dass sie das tun –, eine
esondere Fürsorgepflicht des Dienstherren und auch






(A) )



(B) )


Ursula Lietz

des Parlaments erwarten können. Vor diesem Hinter-
grund bitte ich Sie alle, uns bei den Beratungen zu unter-
stützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513219200

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Irmingard

Schewe-Gerigk.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Es war eine Frau, die das Innenleben der Bundes-
wehr stärker verändert hat als manche Reform zuvor. Als
Tanja Kreil im Jahre 2000 vor dem Europäischen Ge-
richtshof den Zugang für Frauen auch zum Dienst an der
Waffe erstritt, war klar: Das ist eine enorme Herausfor-
derung für die Bundeswehr. Das Ende einer der letzten
Männerbünde wurde eingeläutet; denn die Bundeswehr
war – mit Ausnahme des Sanitäts- und des Musikdiens-
tes – ganz offensichtlich einer. Militär und Mann im
Gleichklang!

Nun wissen wir, dass sich Männerbünde nicht freiwil-
lig und auch nicht gerne für Frauen öffnen. Hier macht
die Bundeswehr trotz guten Willens und offizieller Lip-
penbekenntnisse zur problemlosen Integration von
Frauen keine Ausnahme. Daher war klar: Wir wollen und
müssen diesen Transformationsprozess – man kann die-
sen Begriff durchaus verwenden – mit gesetzlichen Rah-
menbedingungen unterstützen. Wir haben die Bundes-
wehr aus guten Gründen nicht in den Geltungsbereich
des Gleichstellungsgesetzes für den öffentlichen Dienst
aufgenommen. Die besonderen Bedingungen der Streit-
kräfte werden nun in dem vorliegenden Regierungsent-
wurf berücksichtigt. Ich bin froh über diesen Entwurf;
denn er bietet den Soldatinnen und Soldaten – also auch
den Männern – viele Verbesserungen. Wir wollen eine
gezielte Ansprache und Förderung von Frauen und wol-
len die Vereinbarkeit von Familie und Dienst verbessern.

Der Entwurf sieht eine Quote von 15 Prozent bei der
Truppe und eine Quote von 50 Prozent beim Sanitäts-
dienst vor. Meine Damen und Herren von der Opposition
– ich spreche insbesondere Sie an, Frau Lietz –, gerade
hat der Herr Staatssekretär versucht, Ihnen die Quoten-
regelung zu erklären. Sie gilt erst bei gleicher Eignung,
Befähigung und Leistung. Die Sorge, dass schlechter
qualifizierte Frauen besseren Männern vorgezogen wür-
den, ist wirklich unbegründet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Normalerweise gilt das so lange, bis der Anteil eines Ge-
schlechts nicht mehr unterrepräsentiert ist, also bis
50 Prozent und nicht bis 15 Prozent, wie es der Gesetz-
entwurf vorsieht. Meine Gespräche mit Soldatinnen ha-
ben jedoch gezeigt, dass sie diese – in ihren Augen –
Sonderbehandlung fürchten. Es ist eben noch ein sehr
weiter Weg zur wirklichen Gleichberechtigung.

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(C (D Der Vorschlag der CDU/CSU, die „starre Quotieung“ aufzugeben und stattdessen bis zum Erreichen der uote die Unterrepräsentanz des Anteils der Soldatinnen n den Geburtsjahrgängen zu definieren, ist aber nicht ielführend. Frau Lietz, Sie schreiben damit den Anteil er Soldatinnen fest und unternehmen so keine Anstrenungen, ihn zu erhöhen. Auch der Vorschlag der FDP, en Frauenanteil durch nachprüfbare Zielgrößen zu eröhen, die aber keineswegs Quoten sein dürfen, scheint ir mehr der Angst der FDP vor der Quote geschuldet u sein, als zur Erhöhung des Frauenanteils beizutragen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ina Lenke [FDP]: Ich sage dazu gleich etwas!)

Das ist in Ordnung.
Der vorliegende Gesetzentwurf macht deutlich: Sind

rauen und Männer gleich gut, werden nun Frauen ein-
estellt oder befördert. Wir werden die weitere Entwick-
ung genau beobachten, und zwar auch daraufhin, ob es
usreicht, die Gleichstellungsbeauftragten erst ab der Di-
isionsebene zu wählen. Frau Lietz, aus diesem Grunde
rscheinen mir die Fristen für die Überprüfung des Ge-
etzes zu lang: fünf Jahre für die Überprüfung der Quo-
enregelung und vier Jahre bis zum ersten Bericht. Das
st zwar an das Gleichstellungsgesetz für den öffentli-
hen Dienst angelehnt. Aber die Bundeswehr ist wegen
hrer Geschichte und Struktur ein anderer Arbeitgeber.
Darum hat das Parlament die Pflicht, die Entwicklung

enau zu prüfen. Eine Verkürzung beider Berichtsfristen
uf zwei Jahre wäre meines Erachtens angemessen. Ein
ährlicher Bericht, wie Sie von der CDU/CSU es fordern,
cheint mir ein wenig über das Ziel hinaus zu schießen;
chließlich brauchen neue Bestimmungen auch Zeit, um
u greifen.


(Ursula Lietz [CDU/CSU]: Darauf können wir uns einigen!)


Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßt sowohl
ie Gleichstellungspläne als auch die Wahl der Gleich-
tellungsbeauftragten. Damit gibt es gewählte Ansprech-
tellen für die Fälle von sexueller Belästigung oder Mob-
ing, die sich im Bericht des Wehrbeauftragten
aurigerweise immer wieder finden.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ganz wichtig!)


Genau, das ist ganz wichtig!
Die Änderung des Soldatengesetzes ermöglicht auch

ie Einführung von Teilzeit und familienbedingter Beur-
ubung. Damit machen wir einen großen Schritt zur
ereinbarkeit von Familie und Dienst. Dies gilt übri-
ens auch für die Soldaten, meine sehr geehrten Damen
nd Herren; dies ist mir ebenfalls sehr wichtig.
Ein Punkt, bei dem ich die Kritik der CDU/CSU teile,
t die generelle Nichtgeltung bei Auslandseinsätzen. Es
ag durchaus Situationen geben, in denen das Gleich-
tellungsgesetz zurückstehen muss. Aber ich sehe es
icht als angemessen an, daraus eine Generalklausel zu
achen. Hier erwarte ich im Einzelfall eine Begründung
es Ministers.






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und

Kollegen, ich freue mich, dass wir der rechtlichen
Gleichstellung der Soldatinnen und Soldaten in großen
Schritten näher kommen. Lassen Sie uns auch die fakti-
sche Gleichstellung beobachten und aktiv unterstützen.
Vielleicht können wir in den Ausschüssen einmal darü-
ber sprechen, ob wir einen gemeinsamen Antrag zu stel-
len in der Lage sind.

Eine allerletzte Anregung: Die Frau Präsidentin hatte
vorhin den Titel dieses Gesetzes genannt. Möglicher-
weise sollten wir eine Kommission gründen, die etwas
anwendungsfreundlichere Titel von Gesetzen findet.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513219300

Seien Sie froh, dass wir so lange Wörter noch lesen

können.

(Heiterkeit)


Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Ina Lenke.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1513219400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Soldatinnen leisten in allen
Teilstreitkräften erfolgreich Dienst und übernehmen Ver-
antwortung. Sie stellen täglich ihre Leistungsfähigkeit
unter Beweis.

Den Kolleginnen und Kollegen der SPD zur Erinne-
rung: Sie haben sich bis zum Schluss gegen Frauen in
der Truppe gesperrt. Erst ein Urteil des EuGH musste
Sie überzeugen. Sie haben unsere Anträge, Frauen in die
Bundeswehr zu bringen, hier im Parlament immer abge-
lehnt. Von daher sollten Sie sehr kleine Brötchen backen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine

Anfrage „Soldatinnen in der Bundeswehr“ zeigt, dass in
einigen Bereichen Soldatinnen im Vergleich zu ihrer
Gesamtzahl in der Bundeswehr stark unterrepräsentiert
sind und manchmal sogar völlig fehlen. Dies gilt beson-
ders für den Bereich der Nachwuchsgewinnung. Die
Antworten der Bundesregierung belegen ferner, dass
Soldatinnen später und in geringerer Zahl als ihre männ-
lichen Kollegen Führungspositionen in der Bundeswehr
erreichen.

Gemindert wird die Attraktivität der Bundeswehr für
viele Frauen und familienorientierte Männer durch die
stark eingeschränkte Vereinbarkeit von Familie und Sol-
datenberuf, vor allem durch häufige Versetzungen – diese
stören auch mich sehr; hier ist eine Änderung dringend
erforderlich –, fehlende Dienstzeitregelungen und immer
häufigere Auslandseinsätze. Dies zeigen auch der Be-
richt des Wehrbeauftragten und Untersuchungen des So-
zialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr.

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(C (D Die Bundeswehr wird in Zukunft aber auf Soldatinen und Soldaten mit hoher fachlicher Kompetenz angeiesen sein. Sie wird mehr denn je auf dem Arbeitsarkt mit der privaten Wirtschaft und dem öffentlichen ienst um die besten Fachkräfte konkurrieren müssen. iesen Wettbewerb wird sie nur bestehen können, wenn ie auch für junge ausbildungsund arbeitssuchende rauen attraktiv wird. Dazu muss die Bundeswehr auf die persönlichen Be ürfnisse der Soldatinnen und Soldaten Rücksicht nehen. Drei Jahre nach der Parlamentsentscheidung, rundsätzlich Frauen in die Bundeswehr aufzunehmen, iegen nun ausreichende Erfahrungen und Erkenntnisse or, sodass wir Korrekturen und Ergänzungen bei der soialen, rechtlichen und organisatorischen Integration von rauen in die Bundeswehr vornehmen können. Die FDP hat in einem Antrag Forderungen aufge tellt. Einige dieser Forderungen trage ich Ihnen im Folenden vor: Erstens. Wir wollen, dass der Anteil von Soldatinnen m Truppenwie im Sanitätsdienst in allen Laufbahnen nd Besoldungsgruppen erhöht wird. Dazu sind kurz-, ittelund langfristige Zielgrößen festzulegen. Zweitens fordern wir, dass bei allen immer Eignung, efähigung und Leistung die zentralen Entscheidungsriterien sind, damit Frauen genauso wie Männer bis in ie Spitzendienstgrade befördert werden; denn sie sind ut und sie sind manches Mal auch Spitze. Drittens. Wir wollen, dass der Einsatz von Soldatin en als Jugendoffiziere schneller realisiert wird. Wir ollen, dass geeignete Soldatinnen an der Seite von Juendoffizieren arbeiten. Herr Kolbow, vielleicht gibt es o Ansprechpartner für junge Frauen. Das sollten Sie inmal in Ihre Überlegungen einbeziehen. Viertens geht es darum, gezielt auch die Möglichkeit es Seiteneinstiegs für qualifizierte Frauen bei der Buneswehr zu schaffen. Fünftens soll die Zahl der Ansprechstellen für spezifi che Probleme weiblicher Soldaten erhöht werden. Sechstens – ich komme damit schon fast zum Schluss – ordern wir, für alle nicht im Auslandseinsatz befindlihen Soldatinnen und Soldaten Teilzeitmöglichkeiten ie im öffentlichen Dienst zu schaffen. Als frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion age ich sehr deutlich: Die Bundeswehr hat sich – mit usnahme von Auslandseinsätzen – auf die Belange von üttern und Vätern in besonderer Weise einzustellen. ir alle wollen doch nicht, dass die Bundeswehrangehö igen auf Kinder verzichten, weil das Umfeld nicht timmt. Den Gesetzentwurf der Bundesregierung mit der uotenregelung hat die FDP intensiv beraten. Wir von er FDP werden das auch in den Ausschüssen weiter un. Aber wir wissen von den Soldatinnen selbst, dass ie keine Quotenfrauen werden wollen. Das Wort hat die Abgeordnete Ursula Mogg. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr darüber, dass wir heute einen Gesetzentwurf beraten, über den es im Hause im Großen und Ganzen nur wenige Differenzen gibt. Abgesehen von der Bedeutung des Gesetzes für die Bundeswehr zeigt das, dass die Gleichstellung der Geschlechter inzwischen ein Anliegen ist, über das zumindest in der Programmatik, wenn auch nicht immer in der Praxis ein gewisses Einvernehmen besteht. Damit werden wir vor allem den berechtigten Anliegen der Soldatinnen und Soldaten gerecht. Die Bundeswehr ergreift die Chance auf einen Imageund Attraktivitätsgewinn als Arbeitgeber. Das Parlament wird damit seinem eigenen Anspruch gerecht, den es fast auf den Tag genau vor drei Jahren formuliert hat. Das vorliegende Gesetz ist eng an das für die Beschäftigten der Bundesbehörden und Bundesgerichte geltende Recht – unter Berücksichtigung der besonderen Erfordernisse der Streitkräfte – angelehnt. Es geht um Regelungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung. Mit einem gewissen Amüsement mag man zur Kenntnis nehmen, dass sich selbst die Union im Bundesrat bemüht, die Koalition in dem einen oder anderen Detail sozusagen links zu überholen, in Bezug auf die Frage der Teilzeitregelung im Auslandseinsatz zum Beispiel. Obwohl wir hierbei, wie Sie wissen, anderer Meinung sind, neige ich dazu, Ihnen Mut zu machen, den selbst gewählten Ansatz weiter zu verfolgen. Das vorliegende Gesetz unterlag besonderen Anforderungen. Es gibt inzwischen viele Soldatinnen in der Bundeswehr, aber eine Geschlechterparität in der Grundgesamtheit besteht bekanntlich nicht. Wie ist in diesem Bereich Geschlechtergerechtigkeit zu gewährleisten? Auslandseinsätze sind in der Regel so geartet, dass die Bundeswehr besonderen Anforderungen unterliegt. Wie kann man bei einem Job, der Engagement und Aufmerksamkeit rund um die Uhr erfordert, Teilzeitangebote aufrechterhalten? – Ich denke, dass das zur Debatte stehende Gesetz solchen Problemen, in denen es sich von einem – in Anführungszeichen – normalen Gleichstellungsgesetz unterscheidet, besonders gut gerecht wird. Ein Gesetz, das den Anspruch hat, Gerechtigkeit herzustellen, muss logischerweise den Eindruck vermeiden, Bevorzugung Vorschub zu leisten. Das Letzte, was wir in der Bundeswehr brauchen, ist miese Stimmung – nicht bei den Männern und auch nicht bei den dort tätigen Frauen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513219500
Ursula Mogg (SPD):
Rede ID: ID1513219600

Aus diesem Grunde ist die regelmäßige Überprüfung
der angestrebten Standards und deren Anpassung an die
jeweilige Situation ein sinnvolles Unterfangen. Wir kön-
nen heute nicht sagen, wie viele Frauen in fünf Jahren

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(C (D ls Soldatinnen bei der Bundeswehr tätig sein werden. ber wir können sagen, dass es ein staatliches Ziel ist, ie entsprechend ihrem jeweils feststellbaren Anteil zu ördern. Es sollte selbstverständlich sein, dass die Förderung ie gleichen Qualifikationen zwingend voraussetzt. Ich etone dies hier dennoch, weil es ein nicht totzukriegenes Argument gegen Förderquoten ist, das in der Diskusion immer wieder auftaucht. Sie dürfen sicher sein: Die leichstellung von Frauen ist mir seit Anbeginn meines olitischen Engagements ein Anliegen. Ich war aber uch immer der Auffassung, dass dieses Anliegen nicht urch eine Militanz, durch die jedes anderweitige Inteesse ignoriert wird, diskreditiert werden darf. Ein Arbeitsplatz bei der Bundeswehr ist nicht wie je er andere. Wer seinen Beruf beim Militär sucht, der uss wissen, dass diese Aufgabe einen besonderen Einatz fordern kann, besonders bei einer Armee in internaionaler Verantwortung. Eine Armee im Einsatz kann eine Teilzeitarbeit garantieren – nach dem möglichereise etwas absurden Motto: Stellen Sie bitte das Feuer in, ich habe Feierabend! Natürlich sollte die Politik ber ein Auge darauf haben, dass Teilzeit dort, wo sie ünschenswert und vertretbar ist, selbstverständlich ird, insbesondere vor dem Hintergrund der insgesamt otwendigen Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dieses Thema steht auf der großen Agenda. Das be eutet für die Bundeswehr neben den bereits erwähnten hemen: familienfreundliche Einsatzplanung und Veretzung, familienfreundliche Steuerung des Stellenmarkes, familienfreundliche Personalführung und weitere erbesserung der Familienbetreuung. Da brauchen Sie nicht gespannt zu sein. Das alles wird ealität. (Ina Lenke [FDP]: Ich bin gespannt auf die Umsetzung in der Praxis!)


(Ina Lenke [FDP]: Da bin ich aber gespannt!)


Wir stehen ohne Wenn und Aber zur Verantwortung
ür unsere Soldatinnen und Soldaten. In diesem Sinne ist
s auch konsequent, dass bei der Bundeswehr Ehen ohne
rauschein – zumal solche, aus denen Kinder hervorge-
en – einen ähnlichen Respekt und dieselbe Förderung
rfahren wie die mit Trauschein.


(Ina Lenke [FDP]: Das ist doch nichts Besonderes!)


ch beziehe dies insbesondere auf die beschwerliche
flicht der Soldatinnen und Soldaten, alle zwei bis drei
ahre den Standort zu wechseln, und auf die damit ver-
undenen familiären Belastungen. Ich habe manchmal
en Eindruck, dass das Regierungshandeln an dieser
telle gelegentlich etwas zu verzagt ist.


(Beifall der Abg. Ina Lenke [FDP])

ie Lebensrealität fordert realistische Entscheidungen,
eine antiquierten Gesellschaftsbilder.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Ursula Mogg

Der vorliegende Gesetzentwurf wird den Besonder-

heiten und der Herausforderung, Gleichberechtigung in
einem Bereich anzustreben, in dem auch das Unerwar-
tete zur alltäglichen Arbeit gehört, insgesamt gerecht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513219700

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Annette

Widmann-Mauz.

Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1513219800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Kollegin Mogg, zunächst einmal herzlichen Glück-
wunsch zu Ihrem heutigen Namenstag!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Was vor nicht allzu vielen Jahren noch heiß und

grundsätzlich debattiert wurde, ist heute zur begrüßens-
werten Realität geworden: Frauen leisten Dienst in allen
Verwendungen der Bundeswehr; Frauen sind in der Bun-
deswehr angekommen. Der Qualifikationsgrad der Sol-
datinnen ist sehr hoch. Sie zeichnen sich durch hohe Mo-
tivation, großes Engagement und Leistungsbereitschaft
aus. Frauen, die sich für eine Laufbahn in der Bundes-
wehr entscheiden, wollen nicht in Watte gepackt werden,
aber sie wollen gute Rahmenbedingungen und Chancen-
gleichheit. Sie haben Respekt verdient, nicht zuletzt von
ihren männlichen Kameraden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist wichtig, die Chancengleichheit für Soldatinnen

in der Bundeswehr mit angemessenen Maßnahmen in
der Praxis weiter zu verbessern und damit die Akzeptanz
von Frauen in der Bundeswehr weiter zu erhöhen. Wir
von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion unterstützen des-
halb nachdrücklich das Anliegen, die Gleichstellung von
Soldatinnen und Soldaten in einem Gesetz festzuschrei-
ben. Dies haben wir unter anderem in unseren beiden
Anträgen deutlich gemacht.

Gute Rahmenbedingungen sind die Grundlage für er-
folgreiche Laufbahnen. Diese Rahmenbedingungen
müssen für Soldatinnen durchgesetzt werden. Wir wol-
len die Durchsetzung der Ermöglichung von Teilzeitar-
beit und Maßnahmen für eine Verbesserung der Verein-
barkeit von Dienst und Familie. Wir fordern von Ihnen
ein schlüssiges Kinderbetreuungskonzept, das den spezi-
fischen Lebenssituationen von Soldatinnen und Soldaten
gerecht wird. Wir setzen uns dafür ein, dass die Anwen-
dung der geforderten Maßnahmen auch im Auslandsein-
satz sichergestellt wird. Frau Kollegin, ich sehe da
eigentlich überhaupt keinen Anlass, in rechts oder links
einzuteilen, denn diese Maßnahmen bieten sich für eine
solche Kategorisierung nicht an.


(Beifall bei der CDU/CSU)

In diesem Zusammenhang erinnere ich mich noch

allzu gut an die Regierungsbefragung zu diesem Gesetz-
entwurf am 30. Juni, in der Ihr Kollege, Herr Staatsse-
kretär, nicht die frühere Kollegin – den Frauenmangel in
diesem Bereich hat die Bundesregierung ja ein Stück

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(C (D eit selbst verschuldet –, zugegen war. Bei dieser Befraung haben wir Abgeordnete der CDU/CSU ja nachrücklich auf die Schwachstellen Ihres Gesetzentwurfs ingewiesen und Sie gefragt, ob nicht auch Sie die Falltricke der von Ihnen vorgeschlagenen Quotenregelung rkennen. Wir wollten von Ihnen unter anderem wissen, b die Situation von Soldatinnen und Soldaten in Ausandseinsätzen wirklich so wenig beachtenswert ist, dass ie keine Erwähnung in diesem Gesetz finden soll. Wir aben auch auf die nicht ausreichenden Qualifikationsaßstäbe verwiesen, auf denen Ihre Quoten ja aufbauen, nd auf die Tatsache, dass Alleinerziehende mit kleinen indern der Willkür des Ministeriums ausgesetzt sind, em es überlassen bleibt, ob sie zu einem Auslandseinatz herangezogen werden oder nicht. (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie mich in dem Zusammenhang auf das
hema Quotenregelung im Detail eingehen. Nach Ih-
em Gesetzentwurf soll künftig festgeschrieben werden,
ass eine Unterrepräsentanz von Frauen in der Bundes-
ehr dann vorliegt, wenn ihr Anteil in den einzelnen
treitkräften unter 15 und im Sanitätsdienst unter
0 Prozent liegt. Praktisch bedeutet das, dass nach In-
raft-Treten Ihres Gesetzes 18 Monate lang im Bereich
es Sanitätsdienstes nur noch Frauen zu Unteroffizieren
efördert werden dürfen. Welche Auswirkungen das in
er Realität hat, müsste Ihnen eigentlich bewusst sein.
der glauben Sie ernsthaft, dass dieses das Verhältnis
on Frauen und Männern in der Truppe nicht beeinträch-
igen wird?
Sie verweisen dann – das ist selbstverständlich und

uch richtig – sofort auf das Qualifikationsprinzip bei
er Anwendung Ihrer Quotenregelung. Aber genau da
iegt ja der Hase im Pfeffer. Was unter gleicher Qualifi-
ation zu verstehen ist, wird in Ihrem Gesetz nämlich
icht definiert. Das ist Sache des Erlassgebers und der
echtsprechung. Das Beurteilungssystem von Soldatin-
en und Soldaten kennt keine ausreichend differenzierte
eistungsunterscheidung. Die Beurteilungen der Solda-
innen und Soldaten kennen auch kein Gesamturteil. Es
ibt nur verschiedene Wertungsabschnitte mit gleichran-
ig nebeneinander stehenden Aussagen. Keine Spur also
on geeigneter Leistungsdifferenzierung! Die Recht-
prechung aus dem Beamtenrecht kann also nicht direkt
uf die Streitkräfte übertragen werden.
Auch der Notendurchschnitt aus der gebundenen Be-

chreibung passt nicht, da er nur eine von vier Wertun-
en bzw. Aussagen darstellt. Im Übrigen hat dieser
chnitt so gut wie keinen Aussagewert, wenn zum Bei-
piel bei den Hauptfeldwebeln mehrere tausend Solda-
innen und Soldaten die Wertung 5 – diese bedeutet:
eistungen übertreffen erheblich die Anforderungen –
aben. Die Konsequenz hieraus lautet wiederum: Sind
um Beispiel zehn Stellen zu besetzen und gibt es unter
000 gleich qualifizierten Anwärtern zehn Frauen, wer-
en nur sie befördert. Ist dies in unserem Sinne? Glau-
en Sie ernsthaft, so für Frauen in der Truppe etwas zu






(A) )



(B) )


Annette Widmann-Mauz

erreichen? Ihr Quotenvorschlag geht völlig an der Le-
benswirklichkeit von Soldatinnen und Soldaten vorbei.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir in der CDU/CSU schlagen deshalb vor, von der
von Ihnen vorgeschlagenen starren Quotierung abzuse-
hen und stattdessen einen so genannten jahrgangsbezo-
genen Quotenzusatz einzuführen. Wir wollen, dass bis
zu einer Quote gefördert wird, die dem tatsächlichen An-
teil weiblicher Soldaten in den jeweiligen Jahrgängen
entspricht. Dieser Vorschlag wird ja auch vom Deut-
schen Bundeswehr-Verband nachdrücklich unterstützt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Zugleich schlagen wir vor, das Beurteilungssystem mit
dem Ziel einer stärkeren Leistungsdifferenzierung zu re-
formieren. Damit wäre für die Soldatinnen eine Menge
gewonnen, ohne die männlichen Kameraden unange-
messen zu benachteiligen. Ich frage mich, warum Sie
nicht auf diese Forderungen der Soldatinnenvertretung
eingehen.

Meine Damen, meine Herren, in der Gleichstellungs-
politik ist Fingerspitzengefühl gefragt. Mit einer unrea-
listischen Quotierungsregelung tut man den Soldatinnen
keinen Gefallen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513219900

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 15/3918 und 15/3717 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Die Vorlage auf Drucksache 15/3960, also Tagesord-
nungspunkt 10 c, soll federführend an den Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend und zur Mitbera-
tung an den Verteidigungsausschuss überwiesen werden.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Marlies Volkmer, Gudrun Schaich-Walch,
Erika Lotz, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD sowie der Abgeordneten Birgitt
Bender, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN
Die flächendeckende ambulante hausärztliche
Versorgung sichern
– Drucksache 15/3581 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

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(C (D Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Marlies Volkmer, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! itte der 90er-Jahre ging es um alternative Berufsfelder ür Ärzte. Ärzte trugen immer wieder die Forderung vor, ie Zulassungsbeschränkungen für das Medizinstudium trenger zu regulieren, und zwar vor dem Hintergrund, ass sie eine Ärzteschwemme befürchteten. Das war ine Fehleinschätzung seitens der Ärzteschaft. Heute bechäftigen wir uns mit dem Gegenteil, nämlich mit eiem drohenden Ärztemangel, speziell im hausärztlichen ereich. Dabei ist die durchschnittliche Ärztedichte in eutschland noch immer relativ hoch. Aus ländlichen nd strukturschwachen Regionen berichten Patienten ber zunehmend davon, dass sie weitere Wege zum ausarzt und längere Wartezeiten in Kauf nehmen müsen. Manche finden überhaupt keinen Hausarzt. Probleme entstehen vor allem dann, wenn Ärzte in en Ruhestand gehen, jedoch keinen Nachfolger für ihre raxis finden. In den nächsten Jahren werden viele Ärzte n den Ruhestand gehen, gerade in den neuen Bundesändern; denn der Anteil älterer Ärzte ist dort durchchnittlich größer als in den alten Bundesländern. Rund 5 Prozent der Hausärzte werden in den nächsten zehn ahren ihre Praxis aufgeben. Es ist auch kein Geheimnis, dass es für junge Allgeeinärzte nach wie vor attraktiver ist, sich in den alten undesländern niederzulassen. Grund hierfür ist unter nderem ein deutlich niedrigeres Einkommen bei höheer Arbeitsbelastung im Osten, da dort mehr alte und ranke Menschen leben und die Arztdichte geringer ist. enerell haben jedoch alle strukturschwachen und ländichen Gebiete in ganz Deutschland ähnliche Probleme: e weiter ein Praxisstandort von der nächsten größeren tadt entfernt ist, je schlechter die überregionale Verehrsanbindung und das kulturelle und gesellschaftliche mbiente sind, desto geringer ist die Bereitschaft von rztinnen und Ärzten, sich dort niederzulassen. Was ist zu tun, um den drohenden Ärztemangel zu erhindern? Ein Großteil der lokalen Versorgungsproleme muss durch die zuständigen Stellen vor Ort gelöst erden. In erster Linie sind die Kassenärztlichen Verinigungen gefordert; denn ihre gesetzliche Aufgabe ist ie Sicherstellung der ambulanten Versorgung. Sie müsen durch geeignete Maßnahmen Anreize für die Niederassung in schlecht versorgten Regionen schaffen. Der esetzgeber muss für den notwendigen gesetzlichen ahmen sorgen. Dieser Rahmen ist durch die letzte Geundheitsreform wesentlich erweitert worden. Zum Beipiel wurde den Kassenärztlichen Vereinigungen ermögicht, in den Regionen, in denen Unterversorgung droht, rzten Zuschläge zum Honorar zu zahlen, um die Verorgung sicherstellen zu können. Die Kassenärztlichen ereinigungen sind gefordert, dieses Instrument auch nzuwenden. Zudem wurde in den neuen Bundesländern ie Gesamtvergütung für die Ärzte erhöht. Dr. Marlies Volkmer Auch die Einführung Medizinischer Versorgungs zentren wird die Versorgungssituation verbessern. Diese Zentren haben die ostdeutschen Polikliniken zum Vorbild. Für die Patienten ist es attraktiv, unter einem Dach unterschiedliche medizinische Leistungen in Anspruch nehmen zu können. Für die Ärzte, vor allem für junge Ärztinnen und Ärzte, ist es interessant, als Angestellte eines Versorgungszentrums an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen zu können. Es ist dann beispielsweise in einer ländlichen Region möglich, für einige Zeit ambulant tätig zu sein, ohne sich mit einer Praxis finanziell verschulden zu müssen. Es hat sich aber gezeigt, dass der Gesetzgeber weitere Maßnahmen ergreifen muss. Wichtigste Aufgabe ist es, die Voraussetzungen für die Anstellung von Ärzten in Arztpraxen zu vereinfachen. So wären zum Beispiel Ärzte, die bereits im Ruhestand sind, durchaus bereit, für einige Jahre als Angestellte in einer Arztpraxis zu arbeiten. (Detlef Parr [FDP]: Dann müssen Sie aber die 68er-Regelung zu Fall bringen und unserem Antrag zustimmen!)

Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1513220000




(A) )


(B) )


Das scheitert jedoch daran, dass die Beschäftigung von
angestellten Praxisärzten eine Leistungsausweitung der
Praxis nur um maximal 3 Prozent zur Folge haben darf.
Daher muss gesetzlich festgeschrieben werden, dass ein
Arzt in einer Vertragsarztpraxis ohne Leistungsbegren-
zung angestellt werden kann, wenn es sich um eine Re-
gion handelt, in der Zulassungen prinzipiell möglich
sind, also wenn es sich nicht um eine gesperrte Region
handelt.

Wenn wirklich alle Möglichkeiten genutzt werden
sollen, um Versorgungslücken zu schließen, müssen
auch Denkblockaden überwunden und neue Wege ge-
gangen werden.


(Detlef Parr [FDP]: Das ist gut!)

Ich weiß um die Ängste der Ärzteschaft vor Einzelver-
trägen mit den Krankenkassen. Im Interesse der Patien-
tinnen und Patienten – denn um deren Versorgung geht
es – muss es jedoch möglich sein, dass in unterversorg-
ten Gebieten Ärzte und Krankenkassen Verträge aushan-
deln können. Hier bestehen für Ärzte gute Möglich-
keiten, sich zu etablieren. Wenn die KVen ihren
Sicherstellungsauftrag erfüllen, gibt es überhaupt keine
Notwendigkeit für Einzelverträge.

Wie bereits erwähnt, gibt es in Deutschland Regio-
nen, wo überdurchschnittlich viele alte und kranke Men-
schen leben. Die bisherigen Instrumente der Bedarfs-
planung für Praxissitze stellen jedoch nur auf die
Einwohnerzahl ab. So kann es vorkommen, dass Ärzte
für die gleiche Zahl an Patienten überdurchschnittlich
viel Arbeit aufbringen müssen. Deswegen ist es notwen-
dig, bei der Bedarfsplanung auch den Morbiditätsgrad in
der Bevölkerung zu berücksichtigen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzgeber
legt den gesetzlichen Rahmen fest. Wir wollen diesen
Rahmen mit unserem Antrag verbessern. Letztlich sind
alle Akteure im Gesundheitswesen, aber auch Bürger-

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(C (D eister und Landräte, gefordert, gemeinsam diesen Rahen auszufüllen und Maßnahmen gegen den Ärztemanel durchzusetzen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513220100

Das Wort hat die Kollegin Maria Michalk, CDU/
SU-Fraktion.


Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1513220200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Es liegt wohl in der menschlichen Natur, ver-
ünftig zu denken und unlogisch zu handeln. Unsere
elt ist voller Beispiele dafür. Deshalb muss es im Par-

ament unsere Aufgabe sein, ständig Logik in unser Han-
eln zu bringen.
Ich nenne ein Beispiel für nicht logisches Handeln. In

er letzten Sitzungswoche ist die von uns allen gemein-
am beschlossene Zahnersatzregelung von der Koalition
urückgenommen worden.
Ein weiteres Beispiel ist heute dieser Antrag. Warum?
ach der gemeinsamen Verabschiedung des Gesund-
eitssystemmodernisierungsgesetzes, in dem nach zä-
em Ringen zum Beispiel eine Verbesserung der Hono-
arsituation der Ärzte in den neuen Bundesländern
rreicht wurde, waren wir uns einig, eine gemeinsame
rbeitsgruppe, in der auch die Länder mitarbeiten, ein-
usetzen. Sie sollte sich mit erkannten Problemen befas-
en und Grundlagen für unser weiteres Vorgehen erar-
eiten.
Das ist geschehen. Die Bund-Länder-Arbeits-

ruppe hat ihre Arbeit aufgenommen. Sie befasst sich
it der Überprüfung des Risikostrukturausgleichs, mit
ragen zum Organisationsrecht der Krankenkassen so-
ie mit der Versorgungssituation im ambulanten und im
tationären Bereich. Das heutige Thema ist also Be-
tandteil der Aufgabe der Arbeitsgruppe. Verabredet
ar, dass erst dann, wenn die Ergebnisse der Arbeits-
ruppe vorliegen, parlamentarische Initiativen ergriffen
erden sollen. Nun ist es aber anders gekommen. Wo
leibt da die Logik des Handelns?


(Dr. Marlies Volkmer [SPD]: Wir sind das Parlament, Frau Michalk!)


Nun könnten wir eigentlich aufatmen, weil endlich
uch die Regierungskoalition erkannt hat, dass vor allem
n den strukturschwachen Regionen der neuen Bundes-
änder bestimmte Bereiche hinsichtlich der ambulanten
rztlichen Versorgung dringenden Handlungsbedarf ha-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Noch vor einem Jahr hat das die Regierung negiert.
eshalb freue ich mich, Frau Volkmer, dass Sie die Ini-
iative ergriffen haben, leider an der Absprache der
rbeitsgruppe vorbei. Ich kann es Ihnen aber nicht er-
paren, im Folgenden Ihre heutigen Vorschläge dem ge-
enüberzustellen, was die Bundesregierung zu genau






(A) )



(B) )


Maria Michalk

diesem Thema in ihrer Antwort auf unsere Kleine An-
frage ausgeführt hat.


(Dr. Marlies Volkmer [SPD]: Wir sind das Parlament!)


Dass Handlungsbedarf besteht, darin sind wir uns einig;
das habe ich bereits gesagt. Insbesondere die Hausärzte
in den neuen Ländern haben das permanent thematisiert.
Es haben unzählige Gespräche stattgefunden. Insofern
sind wir schon einen Schritt weiter.

Ich empfehle also allen Interessierten, die Druck-
sache 15/1440 – das ist die Antwort der Bundesregie-
rung auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU zur Situation
der ambulanten Versorgung in den neuen Bundesländern
vom 18. Juli 2003 – und die Drucksache 15/3581, die
heute zur Debatte steht, zu vergleichen. Drei Beispiele
will ich aufgreifen, weil sie den Sinneswandel der Re-
gierung – ich sage noch einmal: Gott sei Dank – verdeut-
lichen:

Erstens. Auf unsere Frage 11, wie die Bundesregie-
rung die Schätzungen der Kassenärztlichen Bundesver-
einigung bewertet, wonach in den neuen Ländern bis
zum Jahre 2008 ein Ersatzbedarf an 1 944 Hausärzten
besteht, wird geantwortet – jetzt zitiere ich –:

Einen Ersatzbedarf in der genannten Größenord-
nung sieht die Bundesregierung nicht.

Heute steht im Antrag der Koalition zu diesem
Thema, dass jenseits der Bedarfsplanung problematische
Versorgungssituationen bestehen, wenn frei werdende
Arztsitze nicht wieder besetzt werden. Jetzt zitiere ich:

Bei einer Nichtnachbesetzung der frei werdenden
Arztstellen besteht die Gefahr, dass Planungsberei-
che unter die … Unterversorgungsgrenze von
75 Prozent fallen.

In dem heute vorliegenden Antrag wird weiter festge-
stellt, dass die Zahl der Hausarztstellen in den neuen
Bundesländern entgegen dem Gesamttrend von 2001 bis
2002 um 1,82 Prozent zurückgegangen ist. Dazu merke
ich an: Unsere Anfrage war von 2003; da lagen die Zah-
len von 2002 bereits vor.

Zweitens. Auf unsere Frage 28 zur Niederlassungs-
bereitschaft in den neuen Ländern antwortet die Bun-
desregierung, dass es trotz des Rückgangs der Studien-
zahlen wegen der Reduzierung der Studienplätze
ausreichenden ärztlichen Nachwuchs gibt. Auf eine spä-
tere Frage heißt es – jetzt zitiere ich –:

Es wird immer wieder Versorgungsregionen geben,
die von jungen Medizinern als weniger attraktiv an-
gesehen werden … Solange es ungesperrte Versor-
gungsbereiche in Deutschland gibt, ist es der Ent-
scheidung des Einzelnen überlassen, den aus seiner
Sicht attraktivsten Arztsitz zu wählen.

Außerdem sei eine Erhöhung des Vergütungsniveaus in
den neuen Ländern schrittweise durchgesetzt worden.

Mit anderen Worten – ich fasse zusammen –: Die
Bundesregierung sieht sich also nicht veranlasst, die Un-
terversorgungsregionen zu thematisieren.

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(C (D Heute klingt das Gott sei Dank anders: Die Bereitchaft zur Niederlassung in den neuen Ländern – so steht s sinngemäß im Antrag – ist gering, da Vergütung und ebensbedingungen in den alten Ländern besser sind nd in den neuen Ländern eine höhere Morbidität beteht, sodass pro Arzt 8 Prozent mehr Versicherte zu beandeln sind. Dazu kann ich nur sagen: Endlich eine reale Wahr ehmung! Das ist sogar ein Lob. (Heiterkeit bei der CDU/CSU – Ursula Lietz [CDU/CSU]: Besser spät als nie!)

Drittens, zur Morbidität. Wir hatten in unserer Klei-

en Anfrage die Frage gestellt, wie denn die Versor-
ungssituation im Hinblick auf die Morbidität und die
ltersstruktur der Bevölkerung in den neuen Ländern
ussieht und welche Krankheiten einen Schwerpunkt bil-
en.
Antwort der Bundesregierung:
Der Bundesregierung liegen keine aktuellen, detail-
lierten Daten über die Versorgungssituation im Hin-
blick auf die Morbidität der Bevölkerung in den
neuen Ländern vor.

o einfach wurden wir als Opposition abgespeist.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wie wahr!)


Heute heißt es im vorliegenden Antrag:
Da aufgrund der relativ geringen Anzahl für Haus-
ärzte gesperrter Planungsbereiche auch in den alten
Bundesländern weitgehende Niederlassungsfrei-
heit herrscht, ziehen es viele Hausärzte vor, sich in
den alten Bundesländern niederzulassen. Gründe
hierfür sind die höhere Morbidität in den neuen
Bundesländern und die damit verbundene höhere
Arbeitsbelastung der Allgemeinmediziner … sowie
die schlechteren Lebensbedingungen in struktur-
schwachen Regionen mit anhaltend hoher Arbeits-
losigkeit ...

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich will es
ei diesen drei Fakten belassen. Man könnte es noch
ortführen. Fakt ist, dass wir die Bewertung von Versor-
ungsregionen neu aufrollen müssen – da sind wir uns
inig –, dass wir mehr Anreize für Niederlassungen in
trukturschwachen Regionen schaffen müssen und dass
ir den Arzt im öffentlichen Bewusstsein nicht zum
roßverdiener und Abzocker degradieren dürfen,


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


ondern als den Diener unserer Gesellschaft anerkennen
üssen.
Salbungsvolle Worte werden aber wenig Einfluss auf

ie Entscheidungen junger Mediziner haben. Die Schaf-
ung handfester Voraussetzungen, Anreize und Aus-
leichsmaßnahmen für unterschiedliche Situationen in
nseren Bundesländern sind notwendig. Hier sehen wir
ns einig mit den Forderungen des Ärztetages hinsicht-
ch der Arztbindung und berufsübergreifender Koopera-






(A) )



(B) )


Maria Michalk

tionen. Gewinnmaximierung für Ärzte ist nicht unsere
Triebkraft. Gleichwohl muss sich der Einsatz lohnen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir legen großen Wert darauf, die Ergebnisse der ein-

gesetzten Arbeitsgruppe abzuwarten, um sie dann ge-
meinsam mit Leben zu erfüllen. Dass wir nicht ganz da-
neben liegen und die Arbeitsgruppe in die gleiche
Richtung denkt, bestätigen Aussagen von Mitgliedern
dieser Arbeitsgruppe, die auch Ihren Antrag gelesen ha-
ben. Im Protokoll und jetzt in Ihrem Antrag sind sehr
ähnliche, wenn nicht sogar wortgleiche Passagen.


(Dr. Marlies Volkmer [SPD]: Das ist doch schön!)


– Dann halten Sie sich bitte an die Absprachen! Wir hal-
ten uns daran.


(Dr. Marlies Volkmer [SPD]: Ich habe keine Absprachen getroffen!)


Die Menschen erwarten von uns zu Recht vernünftige
Rahmenbedingungen, damit Probleme gelöst werden
können. Die Erfüllung des Versorgungsauftrages auch
in der Fläche gehört dazu.

Ich will ein Fazit ziehen. Nur wer die Wirklichkeit
wahrnimmt, kann sie auch gestalten. Die Wahrnehmung
der Sorgen in Bezug auf die hausärztliche Versorgung
vor allem in den neuen Bundesländern hat sich auf der
Regierungsseite verbessert. Ich sage noch einmal: Nun
sollten wir uns aber an die Absprachen halten und die
Sache neu auf die Tagesordnung setzen, wenn die Ergeb-
nisse der Arbeitsgruppe vorliegen. Denn Aktionismus
– egal von welcher Seite – hilft weder den Leistungser-
bringern noch den Patienten oder den Menschen, für die
wir da sind.

In diesem Sinne hoffe ich, dass uns das eine Lehre
war und dass wir uns an die Absprachen halten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513220300

Das Wort hat die Kollegin Petra Selg, Bündnis 90/Die

Grünen.


Petra Selg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513220400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Auch für das Gesundheitswesen gilt offensicht-
lich der Grundsatz: Alles ist relativ.

Zu Beginn der 90er-Jahre war häufig von einer Ärzte-
schwemme die Rede. Damals gab es bundesweit
300 Ärztinnen und Ärzte pro 100 000 Einwohner. In den
letzten Jahren wird dagegen viel von Ärztemangel ge-
sprochen: Dem deutschen Gesundheitswesen gingen die
Ärzte aus; mittelfristig sei die medizinische Versorgung
der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet. Tatsächlich
haben wir aber heute 360 Ärztinnen und Ärzte pro
100 000 Einwohner,


(Peter Dreßen [SPD]: Hört! Hört!)


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(C (D lso 20 Prozent mehr als zu Zeiten der befürchteten Ärzeschwemme. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch glaube deshalb, dass wir in Deutschland von einem
ersorgungsnotstand insgesamt weit entfernt sind.
Solche Globaldaten reichen selbstverständlich für die
eurteilung arztgruppenbezogener oder regionaler Ver-
orgungssituationen nicht aus. Tatsache ist, dass die
achärztliche Versorgung in Ost- und Westdeutschland
esichert ist. Vor allem in den neuen Bundesländern ist
ie Zahl der Fachärzte in den vergangenen Jahren noch
inmal kräftig angestiegen, nämlich von 1993 bis 2002
m 20 Prozent. Tatsache ist aber auch, dass die Sicher-
tellung der hausärztlichen Versorgung in den neuen
undesländern in einigen Regionen kurz- und mittelfris-
ig gefährdet ist. Die hohe Zahl älterer Ärztinnen und
rzte, der rapide demographische Wandel in vielen Ge-
enden und die schlechte Verkehrssituation in manchen
andstrichen drohen zu Versorgungslücken zu führen.
Die Ursachen für diese Entwicklung sind verschieden

nd werden sich nicht alle durch Politik beheben lassen.
ass sich junge Ärztinnen und Ärzte lieber in West-
eutschland niederlassen, weil dort das Leben vielfach
infacher ist als in Ostdeutschland, Frau Michalk, unter-
cheidet sie überhaupt nicht von anderen Berufsgruppen.
ies werden wir auch per politisches Dekret nicht än-
ern können. Dies gilt auch für den höheren Anteil luk-
ativer Privatversicherter in den alten Bundesländern.
Für die Verbesserung der Verdienstmöglichkeiten in

en neuen Bundesländern haben wir bereits mit der Ge-
undheitsreform viel getan. Die aus der gesetzlichen
rankenversicherung bezogenen Ärztehonorare wer-
en in West und Ost angeglichen. Angesichts der erheb-
ichen und noch auf Jahre hinaus bestehenden Verdienst-
nterschiede zwischen den alten und den neuen
undesländern ist das ein bemerkenswerter Schritt.
eitere Anreize entstehen dadurch, dass die Kassenärzt-

ichen Vereinigungen und die Krankenkassen die Mög-
ichkeit haben, in unterversorgten Regionen Sicherstel-
ungszuschläge zu zahlen.
Wichtiger als all diese materiellen Anreize muss es

ber sein, den Hausarztberuf in seinem gesellschaftli-
hen Ansehen und in seiner Stellung im Versorgungssys-
em wieder aufzuwerten. Zu lange konnte der Eindruck
ntstehen, dass Hausärzte doch nur Ärzte zweiter Klasse
eien. Da war es nicht weiter verwunderlich, dass die
llgemeinmedizin unter den Studierenden nur noch we-
ig Interesse gefunden hat. Auch hier hat die rot-grüne
undesregierung eine deutliche Kurskorrektur vorge-
ommen. Bereits mit der Gesundheitsreform 2000
urde ein eigener Anteil der Hausärzte an der Gesamt-
ergütung der Ärzte und wurde ihre eigenständige Be-
ücksichtigung in der Bedarfsplanung eingeführt. Die
lächendeckende Ausweitung des Hausarztmodells in-
olge der jüngsten Gesundheitsreform ist ein weiterer
chritt auf diesem Reformpfad. Ich denke, da haben wir
lle – zusammen mit der Unionsfraktion – einen guten
ompromiss gefunden.






(A) )



(B) )


Petra Selg

Wie schon einmal gesagt, die hausärztliche Versor-

gung wird zukünftig noch wichtiger werden. Durch die
zunehmende Zahl chronisch kranker und multimorbider
Patientinnen und Patienten, die mit ihren Krankheiten le-
ben müssen, wird der Stellenwert von Ärztinnen und
Ärzten wachsen, die ihre Patientinnen und Patienten
auch in ihrem Lebensumfeld wahrnehmen und beson-
dere Beratungskompetenzen aufweisen.

Ich möchte eines zum Schluss trotzdem noch sagen,
Frau Michalk. Wir haben die Unterversorgungsregionen
sehr wohl im Blick. Wir nehmen die Wirklichkeit wahr.
Politik ist hier aber nicht zuerst gefragt; vielmehr ist der
Sicherstellungsauftrag in der ärztlichen Versorgung in
erster Linie Sache der Kassenärztlichen Vereinigungen.
Die, so denke ich, sollten erst einmal ihre Hausaufgaben
machen; wir werden die Rahmenbedingungen dafür mit
Sicherheit setzen.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513220500

Nächster Redner ist der Kollege Detlef Parr, FDP-

Fraktion.

Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1513220600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir

werden ja sehen, was uns noch alles vonseiten der Koali-
tion erwartet. Es ist allerdings wenig attraktiv, sich mit
einem gut dreiseitigen Antrag von Rot-Grün zu identifi-
zieren, bei dem eine Viertelseite aus Forderungen an die
Bundesregierung in drei nichts sagenden Spiegelstrichen
besteht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Purer Aktionismus! – Erika Lotz [SPD]: Das war unfein!)


Meine Damen und Herren von Rot-Grün, Sie erken-
nen „Anzeichen eines beginnenden Ärztemangels“ in
Deutschland – welch eine Verharmlosung angesichts der
Tatsache, dass ein hoher, zunehmender Prozentsatz der
Absolventen eines medizinischen Studiums erst gar
nicht in den Arztberuf geht. Frau Selg, die Zahlen, die
Sie genannt haben, mögen statistisch stimmen, die Reali-
tät sieht aber völlig anders aus und wird völlig anders
empfunden.

Ein Schuldiger ist natürlich auch schnell gefunden: die
Kassenärztlichen Vereinigungen. Diese hätten gefälligst
durch geeignete Maßnahmen Anreize für die Niederlas-
sung zu schaffen – basta! –, und das bei dem gesetzlichen
Rahmen, mit dem Rot-Grün seit Jahren den niedergelas-
senen Ärztinnen und Ärzten und deren Personal das Le-
ben schwerer und schwerer macht. Ein bisschen Selbst-
kritik hätte dem Antrag an dieser Stelle gut getan.


(Beifall bei der FDP)

Was ist jetzt wirklich zu tun? Es müssen grundsätzlich

neue Bedingungen geschaffen werden, unter denen die
Ärzte eben nicht ins Ausland flüchten oder sogar ganz
aus der kurativen Medizin getrieben werden. Sie müssen
faire Arbeitsbedingungen und eine leistungsgerechte Be-

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(C (D ahlung erwarten können. Sie brauchen eine langfristige erspektive und Planungssicherheit. Das Wissen um freie Kapazitäten in ländlichen Ge ieten, um gedeckelte Budgets und härtere Arbeitsbedinungen wird junge Ärzte – weder angestellt noch als reiberufler – sicherlich nicht in unterversorgte Gebiete ocken. Stärkere Anreize müssen gesetzt werden. Mögich wären Einkommensgarantien, finanzielle Anreize der die Aussicht auf einen Wechsel in ein beliebtes Geiet nach einigen Jahren, wie wir es beispielsweise bei otaren kennen. Auf jeden Fall müssen die Budgets eier leistungsgerechten Vergütung mit festen Preisen weihen. Auch wenn ich es wichtig finde, dass man Ärzten ie Möglichkeit gibt, angestellt tätig zu sein, führt an eier Stärkung der Freiberuflichkeit kein Weg vorbei. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Arztberuf in Deutschland ist eng verknüpft mit
er Freiberuflichkeit und der Perspektive auf eine eigene
rfolgreiche Praxis, die ein kleines Unternehmen ist und
n der unter den Bedingungen der Therapiefreiheit gute
edizin in einem vertrauensvollen Verhältnis zwischen
rzt und Patient betrieben werden kann.
Wer wirklich etwas bewegen will, der muss zudem

afür sorgen, dass die Ärzte nicht mehr dafür miss-
raucht werden, die Rationierung vorzunehmen, um die
ich die Politik drückt. Die Behauptung, alles medizi-
isch Notwendige lasse sich aus dem zur Verfügung ge-
tellten Topf finanzieren, ist und bleibt eine gesundheits-
olitische Lüge.


(Beifall bei der FDP)

Genauso wichtig ist es, die Ärzte in die Lage zu ver-

etzen, ihre eigentliche Arbeit zu tun, nämlich Zeit für
hre Patienten aufzuwenden, statt mit einem Übermaß an
ürokratie traktiert zu werden. Bescheinigungen, Be-
ründungen und Kontrollen haben überhand genommen.
as aktuellste Beispiel dafür sind die DMPs, die Chroni-
erprogramme. Schaffen Sie endlich den Unsinn ab,
ass alle Maßnahmen bis ins Kleinste belegt, dokumen-
iert und begründet werden müssen, und hören Sie auf,
rzte als unqualifiziert und latent korrupt anzusehen!


(Erika Lotz [SPD]: Was hat das denn mit den Hausärzten zu tun?)


ann werden Sie sehen, dass junge Menschen wieder
paß daran gewinnen, als Ärzte zu arbeiten und zu hel-
en.
Wir sind gespannt, wie sich die Beratungen im Aus-

chuss entwickeln werden. Ihr Antrag braucht noch Fut-
er. Da muss noch Fleisch dran.


(Erika Lotz [SPD]: Stimmen Sie denn dann zu?)

rau Spielmann, wir werden sehen, ob wir gemeinsam
ine Lösung erarbeiten können, durch die wir den Ärzten
irklich helfen und ihnen bessere Arbeitsbedingungen
chaffen, als sie sie heute vorfinden.
Danke.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513220700

Letzte Rednerin ist die Kollegin Margrit Spielmann,

SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)



Dr. Margrit Spielmann (SPD):
Rede ID: ID1513220800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!


(Detlef Parr [FDP]: Ist Ihnen jetzt die Spucke weggeblieben, oder was?)


– Nein. – Ich sollte etwas sehr Persönliches sagen, Herr
Parr: Ich bin gerade Oma geworden.


(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das zentrale Anlie-

gen dieses Antrages ist es, mit aller Deutlichkeit auf den
sich abzeichnenden Hausärztemangel hinzuweisen und
einen klaren Appell an die Verantwortlichen zu richten,
diese Situation zu ändern. Frau Michalk und Herr Parr,
dieser Appell richtet sich an uns alle: an die Politik, an
die KVen, an die Ärzte selbst und an die Krankenkassen.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das hätten wir schon vor mehr als einem Jahr haben können! Da haben Sie das noch nicht so gesehen!)


– Lieber jetzt als gar nicht.

(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das ist richtig!)


Eines sollte ich an dieser Stelle herausstellen: Wir alle
waren uns darüber einig, dass die hausärztliche Versor-
gung ein ganz wesentlicher Bestandteil unseres Ge-
sundheitswesens ist. Die Hausarztversorgung wurde als
zentrales Element beschrieben. Ihre Bedeutung ist nicht
hoch genug einzuschätzen. Ich möchte nicht die Rolle
anderer Leistungserbringer in diesem Bereich schmä-
lern, aber ich denke, dass zu einem gut funktionierenden
Gesundheitswesen ein Hausarztsystem gehört.

Deshalb haben wir die Hausärzte als Lotsen im GKV-
Modernisierungsgesetz gestärkt. Darüber hinaus haben
wir die Krankenkassen mit der Möglichkeit ausgestattet,
mit besonders qualifizierten Hausärzten Verträge abzu-
schließen. Die hausärztliche Versorgung – auch das ist
wichtig – ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der de-
mographischen Entwicklung in unserem Lande von zen-
traler gesellschaftlicher Bedeutung. Sie ist für eine sinn-
voll gesteuerte medizinische Versorgung unersetzlich.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Lücken in
der hausärztlichen Versorgung können wir uns in keiner
Region unseres Landes leisten.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Sie sind aber schon Fakt!)


Fehlende Steuerung in unserem Gesundheitssystem kos-
tet nun einmal viel Geld. Eine exakte Berechnung, wie
sich die hausärztliche Versorgung in einigen Bereichen
in den nächsten Jahren entwickeln wird, kann es zurzeit
nicht geben, aber die Zahlen sind alarmierend und veran-
lassen uns, jetzt zu handeln. Es wäre zu leichtfertig,
denke ich, einfach nur abzuwarten, wie sich die Zahlen
entwickeln. Wir haben es – das möchte ich klar hervor-

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(C (D eben – mit einer neuen Situation zu tun: Gerade in den euen Ländern, in denen wir mit Hausarztbzw. Allgeeinarztpraxen übersät waren, gehen immer mehr Ärzte ltersbedingt in den Ruhestand. Damit ist eine neue Verorgungssituation eingetreten. Deshalb brauchen wir eue Lösungen, gerade in Bezug auf die neuen Länder. eshalb brauchen wir einen Antrag und ich hoffe sehr, ass wir uns im Ausschuss über diesen Antrag unterhalen, auch wenn er, wie Herr Parr sagt, nur zweieinhalb eiten stark ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, erste wichtige chritte, bei denen wir die gesamte medizinische Versorung im Blick hatten, sind wir gegangen. Ich sage als tichworte nur: Modelle der integrierten Versorgung, inrichtung von Versorgungszentren, die wieder vorhanene Möglichkeit der Einrichtung von Polikliniken. Wir aben aber auch die Abschaffung des AiP vorangetrieen, Herr Parr, weil wir der Meinung waren, dass wir dait den Arztberuf wieder attraktiver machen. (Beifall bei der SPD – Detlef Parr [FDP]: Ein wichtiger Schritt!)


urch die Approbationsordnung haben wir neuen in-
altlichen Schwung in die Arztausbildung gebracht.
ber wir brauchen für die Niederlassung gerade junger
rzte neue und praktikable Lösungen und Konzepte so-
ohl auf der strukturellen als auch auf der fiskalischen
eite. Frau Michalk, ich habe ein Beispiel mitgebracht:
eine KV in Brandenburg ermöglicht unter bestimmten
oraussetzungen Umsatzgarantien für dringlich zu be-
etzende Vertragsarztplätze.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Die Ärzte kommen nur nicht!)


Doch, dann gehen Ärzte auch in diese Regionen.
Die KV in Brandenburg beschäftigt zum Beispiel be-

ristet Sicherstellungsassistenten. Außerdem wurde in
er KV Brandenburg ein Sicherstellungsfonds gebildet;
in wichtiger Schritt in die richtige Richtung.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Und wie viele sind gekommen?)


ir müssen natürlich auch die Hausärzte auf ein siche-
es finanzielles Fundament stellen. Wir müssen – das ist
nser aller Ziel – die Angleichung von Ost und West er-
eichen; das ist unser allerwichtigstes Anliegen.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Und die Fallzahlen werden berücksichtigt!)


a fühlen wir uns alle verpflichtet. Die Vergütung der
rzte in den neuen Ländern muss möglichst schnell
uf Westniveau angeglichen werden.
Die Präsidentin mahnt zum letzten Satz. – Wir alle

ind gefordert – ich schließe die Bürgermeister, Land-
äte, alle mit ein –, uns an einen Tisch zu setzen, um
öglichst viele Ärzte in die unterbesetzten Regionen zu
olen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513220900

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/3581 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Ruprecht Polenz, Dr. Friedbert Pflüger,
Dr. Wolfgang Bötsch, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Nichtstaatliche militärische Sicherheitsunter-
nehmen kontrollieren
– Drucksache 15/3808 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Ruprecht Polenz, CDU/CSU-Fraktion.


Ruprecht Polenz (CDU):
Rede ID: ID1513221000

Frau Präsidentin! Meine liebe Kolleginnen und Kolle-

gen! Die nichtstaatlichen militärischen Sicherheitsunter-
nehmen haben Konjunktur. Mit dem vorgelegten Antrag
möchte die Unionsfraktion einen Beitrag dazu leisten,
dass bessere Kontrollen dieser nichtstaatlichen militäri-
schen Sicherheitsunternehmen implementiert werden.

Die Gründe für den Aufschwung dieser Unternehmen
seit 1990 liegen auf der einen Seite in der Reduzierung
des Umfangs der Streitkräfte, im Outsourcing bestimm-
ter Funktionen, die früher das Militär wahrgenommen
hat, aber auch in einem gestiegenen Sicherheitsbedürf-
nis von Behörden, internationalen Organisationen oder
auch privaten Unternehmen, auf der anderen Seite natür-
lich auch in den gestiegenen Unsicherheiten und Risi-
ken, denen sich diese Unternehmen und Organisationen
ausgesetzt sehen.

Es gibt also sowohl staatliche als auch private Auf-
traggeber. Es sind auch keineswegs nur die USA, die
sich dieser Unternehmen bedienen; ich komme noch da-
rauf zurück. Auch Großbritannien, Australien, die Ver-
einten Nationen und die Bundesrepublik Deutschland
tun dies.

Grundsätzlich kann man in der Literatur auch das Ar-
gument finden, dass der Bedrohungswandel in den Zei-
ten der Globalisierung Leistungen erfordere, die die na-
tionalen Armeen kaum noch erfüllen können. Diesem
Argument wird man genauer nachgehen müssen. Wenn

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(C (D an sich die Situation heute anschaut, dann erkennt an, dass es im Irak mehr als 60 verschiedene nichttaatliche militärische Sicherheitsunternehmen gibt. Eiige von ihnen sind im Zusammenhang mit den Gefanenenmisshandlungen in dem Gefängnis Abu Ghureib in ie Schlagzeilen geraten. Auch in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo sind on den USA schon solche Unternehmen eingesetzt orden. Das Verhältnis von Soldaten zu Mitarbeitern ichtstaatlicher militärischer Sicherheitsunternehmen etrug dort zehn zu eins. Ähnlich ist das Verhältnis heute uch im Irak. Schwarzafrika ist ein weiteres Einsatzfeld. Die Aufgaben dieser Unternehmen sind breit gefä hert. Sie reichen von der Risikoanalyse und nachrichndienstlicher Tätigkeit, also einer Beratungstätigkeit, ber das Training – beispielsweise werden auch die neue akische Armee und die irakische Polizei von solchen nternehmen trainiert – bis hin zur logistischen Untertützung, zum Personenschutz, zur Minenräumung und uch zu Kampfeinsätzen. Wichtig für die Einschätzung t auch, zu wissen, dass die Bezahlung der Mitarbeiter ieser Unternehmen etwa zweibis dreimal so hoch ist ie die eines Soldaten, der vergleichbare Aufgaben zu rfüllen hat. Damit komme ich zu den Problemen: Die Übergänge wischen den militärischen und den zivilen Aufgaben ieser Unternehmen sind fließend. Daraus resultiert das roblem, das im Grunde genommen Ursache für unseren ntrag ist. Man kann die nichtstaatlichen militärischen icherheitsunternehmen auch unter die Überschrift „Priatisierung militärischer Funktionen von oben“ stellen. ies ist ein Unterschied zur Privatisierung militärischer riege von unten, den so genannten neuen Kriegen. Das ann zu einem fundamentalen Wandel des Verhältnisses es Militärs zum Nationalstaat führen und das staatliche ewaltmonopol infrage stellen. Das führt zu der Frage: Dürfen nichtstaatliche militä ische Sicherheitsunternehmen im Staatsauftrag etwas n, was das Militär nicht dürfte? Kann sich der Staat daurch also bestimmten Bindungen entziehen? Um den roblemkreis abzurunden, muss erwähnt werden, dass es uch einen möglichen Interessenkonflikt für diese Unterehmen gibt. Einerseits werden sie für ihren Erfolg beahlt, andererseits ist der Konflikt ihr Arbeitsgebiet. eshalb kann durchaus ein Interesse an einer Verlängeung dieses Konflikts und damit an der Sicherung ihrer rbeitsplätze bestehen. (Jörg van Essen [FDP]: Sehr richtig! – Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Guter Punkt!)


Aus diesen Problemstellungen resultiert zunächst ein-
al eine ganze Reihe rechtlicher Fragen. Das Völker-
echt unterscheidet zunächst nur zwischen Zivilisten
nd Kombattanten. Die Angehörigen von nichtstaatli-
hen militärischen Sicherheitsunternehmen sind auf der
inen Seite keine Kombattanten im völkerrechtlichen
inne und auf der anderen Seite oft aber auch keine Zivi-
sten. Es gibt bis heute kein eindeutiges und klares völ-






(A) )



(B) )


Ruprecht Polenz

kerrechtliches Regime für diese Unternehmen und es
gibt auch nur wenige nationalstaatliche Regeln.

Das führt nun zu erheblichen Unsicherheiten. Zum ei-
nen gilt das für die betroffenen Angehörigen dieser Un-
ternehmen selbst, etwa für den Fall, dass sie in Gefan-
genschaft geraten. Sind sie dann als Kriegsgefangene zu
behandeln oder wie ist ihr Status? Zum anderen herrscht
auch hinsichtlich der Verantwortung Unsicherheit. Wer
haftet für Rechtsverstöße? Mein Fazit aus der Rechts-
lage: Nach meinem Eindruck operieren diese Unterneh-
men weitgehend im rechtsfreien Raum.

Was muss also geschehen? Ein Verbot dieser Organi-
sationen ist illusorisch und wäre auch nicht sinnvoll.
Was man aber erreichen sollte, sind mehr Transparenz
und klare rechtliche Vorgaben für die nicht staatlichen
militärischen Sicherheitsunternehmen, sowohl auf der
nationalen wie auf der internationalen Ebene.


(Beifall bei der FDP)

Darauf zielt unser Antrag ab.

Wir wollen, dass diese Unternehmen und ihre staatli-
chen Auftraggeber für rechtswidriges Tun haften. Wir
wollen, dass sie in ihrer Tätigkeit auf die Menschen-
rechte verpflichtet sind. Wir wollen auch, dass es trans-
parente Rekrutierungs- und Auswahlverfahren für das
Personal, das dort beschäftigt wird, gibt. Wenn man an
nationale Regelungen denkt, dann sollte man zunächst
anstreben, dass die in Deutschland oder von Deutschland
aus operierenden Unternehmen einen eigenen Verhal-
tenskodex im Wege der Selbstregulierung vereinbaren.
Das sollte man anregen. Meine Kontakte haben ergeben,
dass bei den seriösen Unternehmen die Bereitschaft dazu
durchaus besteht.

Voraussetzung dafür ist natürlich, dass diese Unter-
nehmen einer Registrierungspflicht unterliegen und dass
sie verpflichtet werden, ihre Vertragsabschlüsse mitzu-
teilen. Daraus kann sich dann ein Lizenzierungssystem
für diese militärischen Dienstleistungen ergeben.

Noch ein anderer Punkt ist wichtig. Es kann sein, dass
auch die Bundesrepublik Deutschland solche Unterneh-
men als militärische Sicherheitsunternehmen im Aus-
land einsetzt, also im Staatsauftrag. Dann muss natürlich
derselbe Parlamentsvorbehalt gelten, wie er für den
Einsatz der Bundeswehr gilt.


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Allerdings!)


Wenn es sich um polizeiliche Aufgaben handelt, gelten
die gleichen Grundsätze, die dem Auslandseinsatz deut-
scher Polizei zugrunde liegen. Natürlich brauchen wir
auch im nationalstaatlichen Rahmen klare Haftungsrege-
lungen.

International sollte die Bundesregierung endlich das
Ratifizierungsverfahren für die UN-Söldnerkonvention
von 1989 einleiten. Ich habe auf meine entsprechende
Anfrage von der Bundesregierung die Antwort bekom-
men, dass man sich wegen einiger rechtlicher Fragen
dieser Konvention nicht anschließen wolle. Man ver-
traue mehr auf den Internationalen Strafgerichtshof und

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(C (D ehne im Übrigen das Söldnerwesen ab. Wir werden in en Ausschüssen noch zu diskutieren haben, ob diese ntwort der Bundesregierung überzeugend ist oder ob ir als Bundesrepublik Deutschland nicht doch einen eitrag dazu leisten sollten, dass die Söldnerkonvention er Vereinten Nationen auch bei uns ratifiziert wird und amit in Kraft gesetzt werden kann. Wir sollten international die Vereinten Nationen eben alls dabei unterstützen, dass eine internationale Regisrierung dieser Unternehmen erfolgt, dass sie besser ontrolliert werden und dass Sanktionsmöglichkeiten soohl gegenüber den Sicherheitsunternehmen als auch egenüber ihren Auftraggebern eingeführt werden. Schließlich ist die Bundesregierung aufgefordert, an er Weiterentwicklung des Völkerrechts mitzuwirken; enn letztlich wird es darum gehen, durch eine Legaliierung des Geschäftsbereichs einerseits und der Tätigeit andererseits klare Grenzen zu setzen und Regeln zu mplementieren, die eben dem vorbeugen, was sonst als roblem auf uns zukommen könnte, nämlich eine Ausöhlung des staatlichen Gewaltmonopols und eine Vernderung im Verhältnis zwischen Staat und Militär, die ir nicht wollen. Dieser Antrag soll für unsere Beratungen ein Impuls ein. Ich hoffe, dass er vom Grundsatz her nicht auf roße Kontroversen stößt, dass wir gemeinsam daran areiten, die Punkte, die vielleicht noch offen sind und die an noch ergänzen könnte, in die Ausschussberatungen inzubeziehen, und dann dazu kommen, die Bundesreierung gemeinsam zu einer Aktivität aufzufordern, die ben angesprochenen Probleme in den Griff zu bekomen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513221100

Das Wort hat der Kollege Volker Neumann, SPD-

raktion.


Volker Neumann (SPD):
Rede ID: ID1513221200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
er Antrag der CDU/CSU-Fraktion spricht zu Recht die
achsende Zahl der privaten militärischen Unternehmen
n, zu deren Aufgabenfeld nicht nur die Beratung, son-
ern auch Training, logistische Unterstützung, Minen-
äumung und sogar Kampfeinsätze gehören. Die Zahl
olcher Firmen hat ständig zugenommen. In den USA
ollen nach dem, was wir wissen, 30 Firmen mit zum
eil über 1 000 Mitarbeitern, deren Zahl auf Abruf jeder-
eit erhöht werden kann, registriert sein. Wir wissen,
ass in Afrika 90 bis 100 solcher Firmen tätig sind. Die
rivaten mischen überall mit, auch im Irak. Die „FAZ“
at geschrieben, dass die Zahl der Mitarbeiter solcher
irmen, die im Irak tätig sind, inzwischen 15 000 bis
0 000 beträgt. Das ist ein gutes Geschäft. Der Markt
urde bereits im Jahr 2002 auf etwa 100 Milliarden bis
00 Milliarden US-Dollar geschätzt, Tendenz steigend.






(A) )



(B) )


Volker Neumann (Bramsche)


Private militärische Sicherheitsunternehmen sind

auch zum Schutz des afghanischen Präsidenten Karzai
tätig, fahnden offensichtlich mit US-Kommandoeinheiten
und CIA-Agenten nach Bin Laden, sie trainieren saudi-ara-
bische Sicherheitskräfte, kämpfen auf den Philippinen ge-
gen islamische Guerillas und gegen kolumbianische Dro-
genbarone. Die Privatisierung militärischer, aber auch
polizeilicher Aufgaben stellt das Gewaltmonopol des
Staates zunehmend infrage – Herr Polenz hat darauf
hingewiesen – und folgt damit auf fatale Weise den Ei-
genarten der asymmetrischen Kriege.

Es ist richtig, dass es in diesem Bereich Grauzonen
gibt, die nicht durch das bestehende Kriegsvölkerrecht
oder das humanitäre Völkerrecht abgedeckt sind. Grau-
zonen aber gibt es im Recht immer. Nicht jeder Lebens-
sachverhalt kann geregelt werden. Ich füge hinzu: Nicht
jeder Lebenssachverhalt muss geregelt werden. Grund-
sätzlich dürften aber das humanitäre Völkerrecht, das
Kriegsvölkerrecht und das Völkerstrafrecht ausreichen,
um der Problematik Herr zu werden. Die im Antrag an-
gebotenen Lösungen zur Beseitigung der Grauzone bei
der Privatisierung militärischer Aufgaben stoßen hin-
sichtlich der Durchsetzbarkeit im internationalen Be-
reich auf Bedenken.

Zunächst einmal die völkerrechtliche Seite des Pro-
blems: Während einer militärischen Besatzung, einer
Nachkriegsordnung oder gar bei einem bewaffneten Ein-
satz ist der rechtliche Status der privaten militärischen
Sicherheitsunternehmen weder nach Bestimmungen des
humanitären Völkerrechts noch jenen des Kriegsvölker-
rechts eindeutig geregelt. Die privaten militärischen Si-
cherheitsunternehmen bewegen sich im Einsatzgebiet
– auch darauf hat Herr Polenz hingewiesen – entweder
in dem Status der Zivilperson oder dem des Kriegsteil-
nehmers, also als Angehörige der regulären Streitkräfte,
als Kombattanten. Sowohl als Zivilpersonen, die nicht
an militärischen Auseinandersetzungen beteiligt sind, als
auch als Militärpersonen unterliegen sie dem Schutz des
humanitären Völkerrechts oder des Kriegsvölkerrechts.
Private militärische Sicherheitsunternehmen – darauf
muss hingewiesen werden – begeben sich freiwillig in
einen Zwischenbereich.

Lassen Sie mich auf die einzelnen Vorschläge einge-
hen, die Sie genannt haben. Eingangs ist hier die Forde-
rung nach Registrierung privater Sicherheitsunternehmen,
Mitteilung über die Vertragsabschlüsse, Einführung eines
Lizenzierungssystems und ein freiwilliger Verhaltensko-
dex zu nennen. Es ist zunächst festzustellen, dass in
Deutschland private Sicherheitsunternehmen nach der
Gewerbeordnung einer Zuverlässigkeitsprüfung unter-
liegen. Sie bedürfen gemäß § 34 a Gewerbeordnung in
Verbindung mit § 9 Bewacherverordnung einer Lizenz.
Bei der Beteiligung an völkerrechtswidrigen Handlun-
gen, insbesondere an Verbrechen, fehlt diese Zuverläs-
sigkeit. Eine Genehmigung wird versagt. Somit ist die
Einführung eines Registrierungs- und Lizenzierungssys-
tems gar nicht erforderlich. Das gibt es bereits.

Die Durchsetzung von Mitteilungspflichten über Ver-
tragsabschlüsse sowie ein freiwilliger Verhaltenskodex
erscheinen gelinde gesagt unrealistisch. Moral und Ver-

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(C (D alten sind dehnbare Begriffe – in dem Bereich, in dem iese Unternehmen tätig sind, ohnehin. Der Chef des britischen Sicherheitsunternehmens enderson Risk hat gesagt: „Zur Zeit ist der Irak so etas wie eine Goldmine.“ Gemeint hat er: Menschenechte, moralische Selbstverpflichtung oder nationaler uftrag dürfen getrost als zweitrangig betrachtet weren. Ich kann auch nicht erkennen, welche Folgerungen ich aus der so genannten Mitteilungspflicht über Verragsabschlüsse ergeben soll. Das geht aus Ihrem Antrag icht hervor. Sie fordern ferner eine Bekräftigung der Bundesregie ung, dass bei Auslandseinsätzen privater militärischer icherheitsunternehmen im Auftrag der Bundesrepublik enau wie bei Einsätzen der Bundeswehr ein Parlaentsvorbehalt bestehen muss. Zunächst möchte ich oranstellen, dass nach meiner Kenntnis weder von der undeswehr bei Auslandseinsätzen noch durch den Bunesgrenzschutz im Rahmen der Beteiligung an polizeilihen Auslandsmissionen deutsche oder ausländische achoder Sicherheitsfirmen eingesetzt wurden. (Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Das hat Herr Polenz auch nicht behauptet!)


Nein, das hat er nicht behauptet.
Der Parlamentsvorbehalt gemäß Art. 24 Abs. 2 des
rundgesetzes – wir haben lange darüber diskutiert –
ient dem Deutschen Bundestag als Kontrollinstrument
es außenpolitischen Handelns der Bundesregierung und
ur verfahrensrechtlichen Absicherung des Grundsat-
es, dass die Streitkräfte außer zur Verteidigung oder im
ahmen eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicher-
eit nur dann eingesetzt werden dürfen, soweit das
rundgesetz es ausdrücklich zulässt. Dieser Regelungs-
orbehalt lässt sich nicht auf private Sicherheitsunter-
ehmen übertragen.
Hinsichtlich der Forderung im Antrag der CDU/CSU-

raktion nach klaren Haftungsbedingungen ist zunächst
estzustellen, dass diese im nationalen Recht bereits
orhanden sind. Das wird von Ihnen sicherlich nicht be-
tritten. Im Übrigen gelten die Rechtsbedingungen im
eweiligen Einsatzgebiet. Soweit der Staat, also die Bun-
esrepublik Deutschland, haftet, erscheint mir
839 BGB ausreichend.
Sie haben die Strafverfolgung von Mitgliedern pri-

ater Sicherheitsdienste angesprochen. Auch hierzu
eist das deutsche Strafrecht ausreichende Regelungen
uf. Im Übrigen wird auch das Völkerstrafrecht anwend-
ar sein. Somit liegt auch für diesen Bereich kein Rege-
ungsbedarf vor.
Schwierig wird es im Hinblick auf internationale Maß-

ahmen. Sie empfehlen in Ihrem Antrag, ähnliche eigen-
tändige internationale Regelungen für die militärischen
icherheitsunternehmen wie bei den Regeln für das Söld-
erwesen zu schaffen. In diesem Zusammenhang ist da-
auf hinzuweisen, dass sich die Bundesregierung schon
mer gegen das Söldnerunwesen gewehrt und dagegen

usgesprochen hat. Allerdings ist die im Jahr 1990 von






(A) )



(B) )


Volker Neumann (Bramsche)


der Bundesregierung gezeichnete Söldnerkonvention
bisher weder ratifiziert noch in nationales Recht umge-
setzt worden. Das ist in acht Jahren Ihrer Regierungszeit
und in sechs Jahren unserer Regierungszeit nicht gesche-
hen. Überlegenswert wäre in diesem Zusammenhang, ob
wir einen Schritt weitergehen und zumindest im Straf-
recht die Umsetzung vornehmen sollten.

Der Einsatz von Söldnern ist so alt wie die Kriegsfüh-
rung selber. Wie Sie wissen, ergeben sich die Kriterien,
die einen Söldner kennzeichnen, nämlich die Anwer-
bung durch eine Konfliktpartei aus Gewinnstreben, die
Teilnahme an einem bewaffneten Konflikt, ohne Staats-
angehöriger zu sein und ohne direkt in die Konfliktpar-
teien eingegliedert zu sein, aus dem Ersten Zusatzproto-
koll der Genfer Konvention von 1977. Nach der
Söldnerkonvention ist die Anwerbung von Söldnern ver-
boten. Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, die Anwer-
bung unter Strafe zu stellen.

Unter den Begriff des Söldners fallen die privaten mi-
litärischen Sicherheitsunternehmen aber in aller Regel
nicht, weil sie nicht unmittelbar an einem bewaffneten
Konflikt beteiligt sind, sondern Aufgaben des Personen-
schutzes oder der Bewachung ziviler Objekte wahrneh-
men. Deshalb wäre eine internationale Konvention im
Hinblick auf die privaten militärischen Sicherheitsunter-
nehmen wünschenswert – darin gebe ich Ihnen Recht,
Herr Polenz –, aber angesichts der Tatsache, dass die
Söldnerkonvention von 1989, die 1990 von der Bundes-
regierung gezeichnet wurde, bis heute erst von 25 Staa-
ten gezeichnet und von uns noch nicht einmal ratifiziert
worden ist, bin ich skeptisch.

Auf Probleme stößt auch die weitere im Antrag ent-
haltene Forderung nach Einrichtung einer Kontrolle
durch den UN-Sonderberichterstatter über das Söldner-
wesen. Kaum jemandem ist bekannt, dass es diesen
Sonderberichterstatter bereits gibt. Ihm sind durch
fehlende finanzielle Ressourcen und ein eng umrissenes
Mandat Grenzen gesetzt. Bei dem Mandat handelt es
sich auch nicht um eine permanente Einrichtung; es
muss alle drei Jahre durch die Menschenrechtskommis-
sion verlängert werden. Im Übrigen hat die Einrichtung
des Amtes eines Sonderberichterstatters über das Söld-
nerwesen noch nicht einmal innerhalb der EU-Mitglied-
staaten eine Mehrheit gefunden. Wir reden schon über
einen weiteren Schritt, obwohl wir den ersten Schritt
noch nicht vollzogen haben.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Proble-
matik nicht staatlicher militärischer Sicherheitsunterneh-
men durchaus besteht – ihre Brisanz nimmt zu –, dass
sich die Probleme aber für die überwiegende Zahl der
Sicherheitsunternehmen im Zusammenspiel zwischen
nationaler und internationaler Ebene lösen lassen. Ob
andere Vorschläge zur Lösung der Problematik realisti-
sche Ansätze sind, werden die Ausschussberatungen er-
geben. Wir werden jedenfalls mit Ihnen ganz offen über
diese Problematik reden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Nächster Redner ist der Kollege Dr. Rainer Stinner, DP-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ie Tatsache, dass wir heute über dieses wichtige Thema prechen, verdanken wir Ihrer Initiative, Herr Polenz. ir bedanken uns herzlich dafür. Ich glaube, es ist wich ig, dass wir uns im Bundestag mit den nicht staatlichen ilitärischen Organisationen beschäftigen und über uneren Umgang mit diesem Phänomen nachdenken. Herzichen Dank für Ihren Anstoß! e mehr wir uns aber mit diesem Thema beschäftigen, esto stärker merken wir, dass mehr Fragen aufgeworfen ls Antworten gegeben werden. Wir befinden uns heute lso erst am Beginn eines Prozesses, den wir begleiten erden. Das ist ein Anfangspunkt, aber sicherlich kein ndpunkt. Die zunehmende Beauftragung von privaten Firmen it sicherheitsund militärpolitischen Aufgaben berührt ach meinem Verständnis eine Grundposition, die uns lle eint, nämlich das Gewaltmonopol des Staates. Es st ganz wichtig, dass wir uns im Deutschen Bundestag arüber ausführlich austauschen. Ich glaube und hoffe, ass wir uns alle einig sind – das ist der erste Punkt –, ass wir, der Deutsche Bundestag, uneingeschränkt am ewaltmonopol des Staates festhalten. Das ist ein hohes ut und das müssen wir politisch umsetzen. Wenn wir ieser Meinung sind, hat das für unser Handeln Konseuenzen, auch in haushälterischer Hinsicht. Das bedeutet um Beispiel, dass die Bundesrepublik Deutschland eine militärischen Aufgaben im engeren Sinne privatiieren darf. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513221300
Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1513221400

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


ch sage bewusst als Mitglied der FDP-Fraktion:
utsourcing hat Grenzen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


ie Grenze ist jedenfalls dort erreicht, wo militärisches
andeln des Staates privatisiert werden soll. Wir sind
trikt dagegen. Ich glaube, das kann ich für alle festhal-
en. Ich rede jetzt nicht über Küchen- oder Fuhrparkma-
agement, sondern über militärische Aufgaben im enge-
en Sinne, die meines Erachtens nicht privatisierbar sind.
Zweitens. Wenn das unser Grundsatz ist, dann sollten
ir darüber nachdenken, ob wir nicht auch internatio-
ale Organisationen durch unser Engagement in die
age versetzen, ähnlich zu handeln. Die Vereinten Na-
ionen zum Beispiel sollten nicht aus angeblich finan-
iellen Gründen darauf angewiesen sein, sich privater
ienstleister zu bedienen. Wenn wir das wollen, müssen
ir – eventuell – einen entsprechenden finanziellen Bei-
rag leisten.






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Stinner

Drittens. Das hätte zur Konsequenz, dass wir anderen

Staaten dabei behilflich sind, die hier angesprochenen
Aufgaben auf staatlicher Ebene wahrzunehmen. Afgha-
nistan ist schon angesprochen worden. Warum sollen wir
eigentlich die afghanische Regierung nicht in die Lage
versetzen, mithilfe unserer Unterstützung afghanische
Sicherheitskräfte auszubilden, die dann anstelle einer
amerikanischen Privatarmee Herrn Karzai beschützen?
Ich weiß zwar, dass es hier bestimmte Sicherheitsbedürf-
nisse gibt; das alles ist bekannt. Aber ich glaube, dieser
Aufgabe müssen wir uns stellen. – So weit die staatliche
Ebene, die wir, der Deutsche Bundestag, heute unmittel-
bar beeinflussen können.

Herr Polenz, Sie haben bereits weiter gehende Fragen
gestellt und einige Vorschläge gemacht. Das sind erste
Ansätze. Wir müssen aber darüber diskutieren, inwie-
weit sie umsetzbar sind. Das vermag ich heute – auch in
juristischer Hinsicht – überhaupt nicht zu beurteilen. Das
sollten wir uns in Ruhe anschauen.

Unbestritten ist aber, dass bei NGOs, Firmen und pri-
vaten Organisationen ein Sicherheitsbedarf besteht. Die-
ses Sicherheitsbedürfnis wird sicherlich zunehmend
auch durch private Anbieter zu decken sein. Diesem
Phänomen können wir uns nicht verschließen. Wir müs-
sen damit politisch umgehen. Herr Polenz, Sie haben
Recht: Hier ist in der Tat Regulierungsbedarf vorhanden.
Ich glaube aber, dass ein Selbstregulierungsmechanis-
mus in dieser Branche nur schwer durchsetzbar sein
wird. Ich bin diesbezüglich sehr skeptisch und meine,
dass der Staat den Regulierungsbedarf decken sollte.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513221500

Herr Kollege, Ihre Redezeit! Schauen Sie bitte einmal

auf die Uhr.


Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1513221600

Vielen Dank, Frau Präsidentin.
Wir stehen also erst am Beginn der Diskussion. Wir,

die Liberalen, halten das Thema für wichtig und werden
uns deshalb an den künftigen Debatten sehr aktiv beteili-
gen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513221700

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Marianne Tritz, Bündnis 90/Die Grünen.


Marianne Tritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513221800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich bin den Kollegen von der CDU/CSU sehr dankbar,
dass sie dieses Thema in den Bundestag eingebracht ha-
ben. Viele von uns betrachten die Privatisierung von
Kriegen mit großer Sorge.

Überall in der Welt mischen private Anbieter von Si-
cherheitsdienstleistungen in bewaffneten Konflikten

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(C (D it. Neben dem unsäglichen Söldnertum gibt es noch ine Reihe privater Militärfirmen, privater Sicherheitsirmen und sonstiger Auftragnehmer. Die verschiedenen nternehmen präsentieren einen umfangreichen Leisngskatalog, in dem für jede Konfliktlage etwas dabei st: Sie bieten Personal, das gegen Geld zur Waffe greift, nd mischen auf allen Ebenen im Kriegsgeschehen remder Länder mit. Sie lassen sich von schwachen oder erfallenden Staaten anwerben, um deren Macht abzusihern. Sie trainieren Militärund Polizeikräfte anderer änder oder stellen private Bodyguards und Personal für artungsaufgaben, Logistik, Transport und Infrastruktur Sicherheitssektor. Nicht zuletzt ist ihr Personal auch hoch sensiblen Bereichen tätig. Sie bewachen und erhören Gefangene, wie im Zuge der Foltervorwürfe m das irakische Abu Ghureib ans Licht gekommen ist. o etwas darf nicht sein. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Man munkelt auch, dass die Ausbildung der kroati-
chen Streitkräfte 1995 heimlich durch ein privates Un-
rnehmen erfolgt ist und kriegsentscheidend war. Weiter
eißt es, dass die privaten Militärfirmen in Ruanda sei-
erzeit Hunderttausenden das Leben hätten retten kön-
en, da sie mit ihrem Know-how und mit flexiblerer Ein-
atzbereitschaft schneller als staatliche oder international
rganisierte Eingreiftruppen vor Ort hätten sein können.
Private Firmen kämpfen, töten und verkaufen Waffen,

ie retten und beschützen Leben – Hauptsache, die Kasse
timmt. Viele dieser Unternehmen mischen sich gegen
eld in kriegerische Auseinandersetzungen ein. Kon-
likte werden länger und grausamer geführt, das Leid der
ivilbevölkerung wird verstärkt. Die Jahresumsätze ad-
ieren sich auf mehrere hundert Milliarden Dollar welt-
eit, der private Kriegsmarkt boomt.


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Etwas komplizierter ist es schon!)


Diese zum Teil fragwürdigen Unternehmen können
xistieren, weil Armeen bestimmte Teilbereiche ausla-
ern. Ferner lässt sich durch die Entsendung privater Mi-
tärfirmen manch unbequeme politische Entscheidung
mgehen. Es muss auch nicht unseriös sein, die Dienst-
istungen derartiger Unternehmen in Anspruch zu neh-
en. Neben verschiedenen Botschaften wird auch der
fghanische Präsident Karzai durch private Unterneh-
en geschützt. Der Kosovo-Präsident Rugova hat seine
eute bei einer deutschen Akademie ausbilden lassen.
GOs lassen sich bei ihren Hilfseinsätzen zum Teil von
en Privaten schützen, um weiterhin als neutral gelten zu
önnen. All diese Einsätze sind nachvollziehbar, lassen
ber Grauzonen entstehen, wo Politik handeln muss.
Grauzonen gibt es zum Beispiel da, wo sich Unter-

ehmen zum Selbstschutz bewaffnen. Grauzonen entste-
en auch, wenn deutsche Firmen Sicherheitspersonal für
en Irak ausbilden und vermitteln, wie es im Falle eines
übecker Unternehmens geschehen ist. Es war übrigens
asselbe Unternehmen, das auch Rugovas Leute ausge-
ildet hat. Ist dies nun ein Fall, in dem das strikte Nein
eutschlands zu jeder Kriegsbeteiligung im Irak durch






(A) )



(B) )


Marianne Tritz

private Unternehmen aufgeweicht wird, oder hat man es
mit Vorzeigeunternehmen zu tun, die durch eine ver-
nünftige Ausbildung – zum Teil von der Bundesanstalt
für Arbeit finanziert – wenigstens eine gewisse Quali-
tätskontrolle ermöglichen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-
Fraktion, in Ihrem Antrag steht viel Richtiges, das ich
unterschreiben kann. So bin auch ich dafür, dass
Deutschland die Söldnerkonvention ratifiziert. Auch
ich richte die Frage an das Justizministerium, warum
dies nach 14 Jahren noch nicht geschehen ist.


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Die Einschätzung des BMJ, dass es der Konvention ins-
gesamt an der erforderlichen Bestimmtheit mangele, die
eine Umsetzung in nationales Recht erst ermöglicht,
kann ich nicht nachvollziehen. Ich erwarte, dass eine un-
terzeichnete Konvention selbstverständlich auch ratifi-
ziert wird. Mit anderen Worten: Ich bin dafür, dass Söld-
nertum unter Strafe gestellt wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Ruprecht Polenz [CDU/CSU])


Es gibt Einigkeit in der Darstellung des Problems,
nicht aber in allen sich daraus ergebenden Folgerungen.
So erscheint es mir fraglich, ob man im Rahmen der Ver-
einten Nationen zu weiteren völkerrechtlichen Regelun-
gen kommen wird. Die Forderung, die Auslandseinsätze
privater Firmen unter den Parlamentsvorbehalt zu stel-
len, halte ich für nicht umsetzbar. Ich biete Ihnen jedoch
an, dass wir dieses Thema im Ausschuss gemeinsam
konstruktiv bearbeiten.

Die Intention ist klar: Es gibt Bereiche, in denen die
Hoheitsgewalt des Staates erhalten bleiben muss. Bei al-
lem Outsourcing müssen wir sicherstellen, dass an sen-
siblen Stellen wie beim Militär das staatliche Gewaltmo-
nopol gewahrt bleibt.

Danke.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513221900

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/3808 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Fünfundzwanzigsten
Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetenge-
setzes und eines Einundzwanzigsten Gesetzes
zur Änderung des Europaabgeordnetengeset-
zes
– Drucksache 15/3942 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Innenausschuss Rechtsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege ilhelm Schmidt, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe olleginnen und Kollegen! Wir reden jetzt über etwas, as uns als Abgeordnete betrifft. Da macht es vielleicht icht so viel aus, dass wir hier nicht mehr sehr viele sind. ir wollen mit dieser Debatte bewusst klar machen, ass wir uns den Herausforderungen in der gesellschaftsolitischen Auseinandersetzung nicht nur stellen, sonern uns da auch einbinden. Wir nehmen eine Mitverantortung wahr, die wir in dieser Zeit insgesamt für richtig alten. Es geht heute um die Abgeordnetenversorgung. Es ibt kaum ein Gebiet, das – das Gefühl habe ich immer – ehr zu Diskriminierung, zu Blüten, zu Fantasien und u Übertreibungen anregt als dieses. Da wird von Raffes, von Luxusversorgung und Ähnlichem gesprochen. ch erkläre hier für uns alle, denke ich, die wir hier im ause tätig sind, für alle 601 Abgeordneten, dass das icht der Fall ist, dass wir uns in den vergangenen 0 Jahren, seitdem es dieses System gibt, zwar mit einer echt guten Versorgung, aber beileibe nicht mit einer Luusversorgung ausgestattet haben. Im Rahmen der Reformen, die in das Land gebracht orden sind, und zwar nicht nur von einer Seite des auses, sondern indirekt eigentlich immer in Form einer roßen Koalition – wegen der Machtverhältnisse findet an spätestens in der Nacht im Vermittlungsausschuss u einer Einigung zusammen –, haben wir uns darauf erständigt, dass die Abgeordneten bei den Veränderunen und den Kürzungen natürlich nicht an der Seite steen dürfen. Von daher findet das Ganze statt. Wir werden bei der Abgeordnetenversorgung etwas un, das schon der zweite Schritt ist; das muss man in aler Deutlichkeit sagen. Wir haben nämlich bereits 1995 egen uns, wenn man so will, gegen unsere Interessen, inen ersten Einschnitt beschlossen, indem wir einer öchstversorgung Geltungskraft verschafft haben, die ich auf 69 Prozent beläuft, also weit unter der Höchstersorgung, die zu der Zeit für die Beamten gegolten hat. ir haben schon mit dem Versorgungsrecht von 1995 ie Öffentlichkeit zu erreichen versucht, um nicht darüer hinaus ein Übermaß an Kürzungen für die Abgeordeten ins Gespräch und zur Geltung bringen zu müssen. Es geht um die Maßstäbe, die hier gelten müssen, dait wir nicht eine Gruppe in dieser Gesellschaft in einem aße fordern, das eigentlich nicht nur ungerecht ist, ondern auch nicht in die Landschaft passt. Wer versteht ich eigentlich dazu, auch anderen Leistungseliten in iesem Land – wir zählen uns mit Selbstbewusstsein )

Wilhelm Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1513222000




(A) )


Wilhelm Schmidt (Salzgitter)


dazu – das zuzumuten, was den Abgeordneten in diesem
Land in der öffentlichen Debatte und Auseinanderset-
zung oftmals zugemutet wird? Da bin ich für die Frak-
tionen des Hauses, aber natürlich vor allem für die SPD-
Fraktion, für die ich hier spreche, in besonderer Weise
aktiv und stelle mich schützend vor uns, die wir hier im
Bundestag oder aber auch in den Landtagen für die Bür-
gerinnen und Bürger arbeiten.

Wenn Sie vor Ort mit dieser Arbeit nicht zufrieden
sind, dann gibt es eine ganz normale demokratische Re-
aktion: Sie wählen den Abgeordneten vor Ort nicht
mehr, der Ihres Erachtens die falsche Politik macht oder
nicht fleißig genug ist, oder Sie üben Druck auf ihn aus,
um etwas zu verändern.

Die Abgeordneten haben, wenn sie es nicht ertragen
können, bei den Kürzungen, die jetzt vorgesehen sind,
dabei zu sein, das Recht, bei der nächsten Wahl nicht
mehr anzutreten. Da gibt es also Möglichkeiten für beide
Seiten; das sage ich in aller Offenheit und mit aller Deut-
lichkeit.

Nachdem wir, jedenfalls nach dem Willen der Koali-
tion, auch für dieses und für das nächste Jahr, also noch
einmal für zwei weitere Jahre, auf eine Diätenerhö-
hung, also auf die Erhöhung unserer aktuellen Bezüge
– die Aufwandsentschädigung ausgenommen –, verzich-
tet haben, wird es natürlich ein bisschen schwierig – das
will ich deutlich sagen –, für uns die Vergleichbarkeit
mit anderen Berufsgruppen in der Gesellschaft herzu-
stellen.

Vor neun Jahren haben wir ins Gesetz geschrieben,
dass wir uns hinsichtlich Einstufung und Bezahlung mit
den Richtern an den obersten Bundesgerichten sowie
den leitenden Beamten der Bundesverwaltung und ande-
rer Verwaltungen – im technischen Sinne: B 6, R 6 –
vergleichbar fühlen. Ich kann Ihnen sagen, dass unsere
Bezüge um weit mehr als 1 000 Euro im Monat unter
den Bezügen dieser Vergleichsgruppe liegen. Wir klagen
nicht darüber; man muss es ab und zu aber wenigstens
erwähnen.

Ich will gar nicht hinzufügen, wie viele Hunderte, so-
gar Tausende so eingestufter Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter es in der Bundesverwaltung, den Länderverwal-
tungen und an anderer Stelle gibt. Ich weiß nur eines: In
meinem Wahlkreis gibt es eine ganze Reihe von Großbe-
trieben. Ein Großbetrieb, der für uns in besonderer
Weise wichtig ist und den ich sehr schätze, hat
2 700 leitende Angestellte. Von denen würde kein Einzi-
ger mit uns tauschen, und zwar wegen der Bezahlung,
der Arbeitszeit und der Tatsache, wie die Menschen mit
ihm umgehen würden. Das muss zwar jeder mit sich
selbst abmachen; das ist keine Klage. Ich finde es aber
durchaus richtig, dass in diesem Lande sehr viele Men-
schen, über die man nicht spricht, in einen Vergleich mit
uns einbezogen werden sollten.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


Wir gönnen das allen; ab und zu muss der Maßstab aber
zurechtgerückt werden.

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(C (D Was machen wir? Dieses Gesetz ist das 25. Gesetz ieser Art. Viele dieser Gesetze wurden nicht zum Ziele er Erhöhung gemacht. In 25 Jahren haben wir aufrund des Drucks der äußeren Verhältnisse zwölfmal auf ine Erhöhung unserer Diäten verzichtet. Viele dieser esetze waren also nicht für Anhebungen oder Ähnlihes gedacht, sondern zum Zwecke von Einschränkunen, wie zum Beispiel das Gesetz aus dem Jahre 1995. Ich sage uns und der Öffentlichkeit: Wir sind gut be aten, wenn wir die Versorgungsund Renteneinschränungen, die wir den Rentnerinnen und Rentnern sowie en Beamten in diesem Lande zugemutet haben, struktuell auch uns zumuten. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


n diesem Zusammenhang wird etwas verwechselt,
enn es heißt: Wenn unsere Versorgungsbezüge nicht
as Niveau eines Durchschnittsrentners haben, sind wir
mmer noch zu gut mit Versorgungsbezügen ausgestat-
et. Darum sage ich ausdrücklich: Das darf und soll nicht
er Maßstab sein. Die Abgeordneten in ihrer Versorgung
ber strukturell einzuschränken und ihnen einen entspre-
henden Beitrag zuzumuten, das ist völlig richtig. Darin
ind wir uns einig.
Wir werden die Versorgungsbezüge der Neuversor-

er – so sagen wir im Jargon –, also derer, deren Höchst-
ersorgung bei 69 Prozent liegt, in vier Schritten mal
,5 Prozent, also um insgesamt 2 Prozent, im Laufe der
ommenden Jahre abschmelzen. Das Gleiche werden
ir bei den Versorgungsbezügen der Mindestversorger
achen. Die Formel lautet: acht Jahre mal 3 Prozent.
ie Mindestversorgung beträgt 24 Prozent nach acht
ahren. Diese Mindestversorgung werden wir pauschal,
benfalls in vier Schritten mal 0,5 Prozent, auf
2 Prozent senken.
Bei den Versorgungsbezügen der so genannten Alt-

ersorger, deren Höchstversorgung bei 75 Prozent liegt,
ehen wir drastischer vor. Ich sage deutlich: Das muss
uch so sein. Die Versorgungsbezüge dieser Gruppe wer-
en sich in etwa auf dem Niveau der Beamtenversor-
ung einpendeln. Die Höchstversorgung der Beamten
ird – das ist im Beamtenrecht vorgesehen – auf
1,25 Prozent heruntergefahren. Unsere Höchstversor-
ung wird in acht Schritten mal 0,5 Prozent auf
1 Prozent heruntergefahren. Der Prozess bei den Abge-
rdneten verläuft übrigens schneller als der bei den Be-
mten. Das sage ich zum Thema Maßstab. Das gilt auch
ür die Mindestversorgung, die bei den Altversorgern
erzeit bei 35 Prozent liegt. Sie wird in acht Schritten
al 0,5 Prozent auf 31 Prozent heruntergefahren. Das
ind die Maßstäbe in diesem Zusammenhang.
Wir werden auch den Hinterbliebenen unserer Ver-

orgungsempfänger – Stichwort Witwenversorgung –
ürzungen zumuten. Auch sie werden nicht mehr, wie
as früher der Fall war, 60 Prozent erhalten. Wir haben
en Hinterbliebenen der Beamten eine Kürzung auf
5 Prozent zugemutet. Diese Kürzung findet auch bei
ns statt. Wir werden darüber hinaus Versorgungsemp-

(B)







(A) )



(B) )


Wilhelm Schmidt (Salzgitter)


fänger nach dem Abgeordnetengesetz den vollen Pflege-
versicherungsbeitrag entrichten lassen. Auch in diesem
Punkt sorgen wir damit für Gleichbehandlung.

Der vierte Punkt ist, dass wir denjenigen Versor-
gungsempfängern, die vor dem 65. Lebensjahr noch
Einkünfte aus privaten Tätigkeiten, zum Beispiel für
eine Firma, für eine Rechtsanwaltskanzlei, einen land-
wirtschaftlichen Betrieb oder Ähnliches, haben, zumuten
werden, diese bis zur Hälfte der Höhe ihrer Versorgungs-
bezüge wie auch bei Beamten und Rentnern anrechnen
zu lassen. Das stößt übrigens hier im Hause auf einige
Kritik; das gebe ich durchaus zu. Jedoch gibt es in dieser
Frage eine Art Schonfrist: Bis zum Ende dieser Wahlpe-
riode bleibt alles so, wie es jetzt ist. Ab der nächsten
Wahlperiode gilt das aber für alle, nicht nur für die, die
dann neu in den Deutschen Bundestag eintreten, sondern
auch für diejenigen, um das deutlich zu sagen, die dann
schon Versorgungsempfänger sind; dabei ist es egal, wie
lange. Ich glaube, auch das ist sehr angemessen, wenn-
gleich es manchem wehtun wird. Das will ich gerne zu-
gestehen. Aber draußen im Lande tun ähnliche Regelun-
gen den Empfängern von Beamtenversorgung und den
Rentnerinnen und Rentnern, die noch keine 65 Jahre alt
sind und sich noch etwas dazuverdienen, auch weh. Von
daher ist unser Vorgehen in diesem Punkt nur klar und
konsequent.

Ich will in diesem Zusammenhang auch darauf hin-
weisen, dass die Bundesregierung, deren Regelungen zur
Altersversorgung manchmal in diese Diskussion einbe-
zogen und mit dieser Frage vermengt werden, einen ähn-
lichen Gesetzentwurf zur Versorgung von Ministern,
Staatssekretären und anderen in einem Kabinettsbe-
schluss von Ende September auf den Weg gebracht hat.
Auch hier werden die Regelungen dem Beamtenrecht
nachempfunden und sind damit angemessen.

Von daher sollten wir, meine Damen und Herren, die
Kirche im Dorf lassen. Wir übertragen das, was draußen
im Lande gilt, auf uns. Wir werden dabei auch darauf zu
achten haben, was wir in Zukunft noch tun wollen. Ich
sichere zu, dass wir sehr sorgfältig darüber nachdenken,
ob weitere grundsätzliche Veränderungen nötig sind. Ich
denke dabei zum Beispiel an die private Vorsorge von
Abgeordneten und an die Frage, ob wir die Abgeordne-
ten in irgendeine Form einer Bürgerversicherung ein-
beziehen, die der Altersvorsorge dient.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur mit Kopfpauschale!)


Ich sichere von dieser Stelle aus zu, dass wir das ernst-
haft prüfen werden. An dieser Stelle werden wir aber
keine Sonderregelungen für oder gegen Abgeordnete
einführen. Das will ich ausdrücklich hinzufügen, weil
das, wie ich finde, unangemessen wäre.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Am besten, wir lassen die ganze Bürgerversicherung!)


In diesem Sinne können wir jetzt mit den Beratungen
in den Ausschüssen anfangen. Das, was wir als Koalition

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(C (D lanen, haben wir auf den Tisch gelegt. Ich hoffe, das tößt auf Zustimmung bei allen Seiten des Hauses. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513222100

Das Wort hat der Kollege Eckart von Klaeden, CDU/
SU-Fraktion.

Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1513222200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-

en! Unsere Fraktion stimmt dem Antrag der Koalitions-
raktionen im Prinzip zu. Es wäre unbillig, die Kürzun-
en, die die Koalition Arbeitnehmern, Rentnern,
eamten und Pensionären zumutet, nicht auch auf die
bgeordneten zu übertragen.
Bisher ist es üblich gewesen, dass solche Verände-

ungen des Abgeordnetenrechts von den Fraktionen
es Bundestages gemeinsam vorbereitet und dann auch
n einem gemeinsamen Gesetzentwurf eingebracht wer-
en. Das war mit den Koalitionsfraktionen auch in die-
em Fall so vereinbart. An diese Vereinbarung haben
ich die Koalitionsfraktionen bedauerlicherweise nicht
ehalten. Deswegen bringt unsere Fraktion diesen An-
rag nicht mit ein. Ich habe aber gesagt, dass wir ihm
om Prinzip her zustimmen. Auf unserer Seite gibt es al-
erdings eine Reihe von Bedenken. So werden wir das
esetz im Gesetzgebungsverfahren auf entsprechende
ängel überprüfen.
Gleichzeitig möchte ich zum Ausdruck bringen, dass

nsere grundsätzliche Zustimmung zu dem Vorhaben,
egelungen, die für die meisten anderen Bürger gelten,
uf die Abgeordneten zu übertragen, nicht bedeutet, dass
ir den zahlreichen Mängeln, die die Maßnahmen der
oalitionsfraktionen im Rentenrecht und im Beamten-
echt verursacht haben, auf diese Weise im Nachhinein
nseren Segen geben werden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513222300

Das Wort hat der Kollege Volker Beck, Bündnis 90/
ie Grünen.

Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513222400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir ha-

en Ihnen von der Opposition immer angeboten, die An-
räge mit zu unterzeichnen.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Ja, mit unterzeichnen haben Sie angeboten!)


ie haben jetzt einen ein bisschen anderen Eindruck er-
eckt. Die Möglichkeit bestand und es war auch Zeit ge-
ug. Auch wenn Sie eine Woche länger gebraucht hät-
en, hätten wir Ihnen die Zeit gerne gegeben.
Wir haben uns damals mit der Agenda 2010 dazu ver-

flichtet, bei der Abgeordnetenversorgung strukturell






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)


denselben Mechanismus wirken zu lassen wie bei der
Hinterbliebenenversorgung in der Rentenversicherung
und wie wir ihn, trotz der Verschiedenheit der Systeme,
wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen
haben. Ich glaube, das war richtig. Wir haben das ver-
sprochen und wir lösen dieses Versprechen heute ein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir wollen damit deutlich machen, dass für die Abge-
ordneten in dieser schwierigen Zeit keine Extrawürste
gebraten werden. Abgeordnete bekommen eine andere
Entschädigung als andere Bürger, mehr als die einen,
aber auch weniger als viele andere. Das muss man dazu-
sagen.

Wir folgen sozusagen der allgemeinen Entwicklung,
aber nur – auch das muss man heute ehrlich sagen – bei
der Kürzung der Bezüge in der Altersversorgung. Der
allgemeinen Einkommensentwicklung bei den aktiven
Bezügen folgen wir nicht. Wir haben im letzten und auch
in diesem Jahr ausdrücklich keine Erhöhung der Diäten
vorgesehen, das heißt, wir nehmen nicht an der allgemei-
nen Tarifentwicklung teil, wie es die Beamten und viele
andere Beschäftigte tun. Auch darauf muss man auf-
merksam machen; denn das hat bei unserem System
auch Rückwirkungen auf die Altersversorgung. Da-
durch, dass sich die Diäten nicht erhöhen, erhöhen sich
auch die Altersversorgungsbezüge nicht. Deshalb kürzen
wir eigentlich doppelt: Wir kürzen mit diesem Mecha-
nismus, zusätzlich analog zum System der Beamten.
Wenn es künftig zu Erhöhungen kommt, kürzen wir die
Erhöhung der Versorgung viermal bei den Neuversor-
gern und achtmal bei den Altversorgern.

Ich möchte an uns alle appellieren, dass wir uns als
Parlamentarier angewöhnen, gegenüber der Presse,
wenn jemand beim Abgeordnetengesetz irgendeine Wei-
che anders stellen will – im Sinne von „Da könnte man
noch etwas kürzen“ –, nicht entsprechende Aussagen zu
treffen. Auch wenn niemand verstanden hat, worum es
geht, könnte es nach Meinung mancher immer noch ein
bisschen weniger sein.

Ich bin nicht mehr bereit, diese Diskussion zu führen,
ohne das Panorama zu betrachten, wie es der Kollege
Wilhelm Schmidt mit Blick auf die 2 000 leitenden An-
gestellten bei VW in Wolfsburg gemacht hat. Auch in-
nerhalb der Bundesregierung – ich habe die Bundesre-
gierung extra hierzu befragt – und des Bundes gibt es
eine erhebliche Zahl von Beamten, die mehr als Abge-
ordnete bekommen; es sind fast 1 200 Personen, deren
Bezüge höher liegen und die nach dem Mechanismus
des Beamtenrechts, das im Ergebnis für die Altersver-
sorgung weiterhin günstiger bleibt, auch höhere Alters-
versorgungsbezüge bekommen, trotz hundertprozenti-
ger Arbeitsplatzsicherheit der Beamten, die die
Abgeordneten – zu Recht – nicht haben, denn jede Wahl
heißt: neues Spiel, neues Glück. Auch das muss man in
den Blick nehmen.

Wir haben – der Kollege Schmidt hat es erwähnt – vor
neun Jahren in das Abgeordnetengesetz hineingeschrie-
ben, wo wir die objektive Vergleichsgröße für den Sta-

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(C (D us des Abgeordneten sehen, nämlich beim Bundesricher. Wir haben für die aktiven Versorgungsbezüge ein rovisorium ins Gesetz geschrieben, indem wir festgeegt haben, was eigentlich gelten soll, nämlich die Richergehälter, aber danach geregelt haben, dass wir vorüergehend bestimmte Zahlbeträge bekommen. Seitdem as im Gesetz steht, hat sich der Abstand zu den Richterehältern zuungunsten der Abgeordneten ständig vergröert, und er vergrößert sich auch in diesem Jahr weiter, hne dass einmal jemand fragt, ob die Bezüge im oberen eamtenbereich vielleicht unberechtigt sind. Bei uns ird das ständig gefragt. Ich glaube, wir alle müssen uns ermannen, für das nsehen des Parlamentes, für die Demokratie und auch afür zu werben, dass zu einer funktionierenden Demoratie auch Abgeordnete gehören, die nicht danach chielen müssen sollten, was sie nach ihrem Mandat mahen, die sich nicht schon nach Perspektiven umsehen üssen sollten, was unter Umständen dazu führen önnte, dass sie ihre Politik danach ausrichten, was ihem künftigen Arbeitgeber möglicherweise gefällt oder efällig ist. Das wäre eine schlechte Politik zulasten der ürgerinnen und Bürger und zulasten unseres Landes. ine solche Politik wollen wir nicht. Der Sinn einer Abeordnetenversorgung und einer Abgeordnetenentschäigung besteht darin, die Unabhängigkeit jedes einzelen Bundestagsabgeordneten zu garantieren und ihn vor em Druck seiner Partei und vor falschen Lobbyeinflüsen zu schützen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513222500

Das Wort hat der Kollege Jörg van Essen, FDP-Frak-

ion.


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1513222600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ür die FDP-Bundestagsfraktion ist es ganz selbstver-
tändlich, dass wir die Einschnitte, die wir bei den Bür-
ern vornehmen, auch auf die Abgeordnetenversorgung
bertragen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


rotzdem werden Sie jetzt nicht von mir erwarten, dass
ch ein Jubellied auf das singe, was heute hier vorge-
chlagen wird.
Es war schon interessant, zu hören, wie oft in dieser
ebatte der Vergleich zwischen der Versorgung der Ab-
eordneten und derjenigen der Beamten angestellt
urde. Beispielsweise war es das Ziel der beiden großen
raktionen, die Diäten der Abgeordneten mit der Besol-
ung der Beamten gleichzustellen. Für uns Liberale ist
s aber ganz selbstverständlich, dass Abgeordnete mit
eamten nicht zu vergleichen sind.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist richtig!)







(A) )



(B) )


Jörg van Essen

Beamte haben Vorgesetzte und eine festgelegte

Dienstzeit. Es ergeben sich noch viele andere Unter-
schiede. Typisch für die Tätigkeit des Abgeordneten hin-
gegen ist, dass er unabhängig ist, dass er keinen Chef hat
und dass er nur seinem Gewissen verpflichtet ist. Damit
ist er den Angehörigen der freien Berufe wie Journalis-
ten, Ärzten und Rechtsanwälten gleichgestellt.

Bei den gerade von mir genannten Berufsgruppen
gibt es eben keine beamtenähnliche Versorgung. Es ist
ganz selbstverständlich, dass die Angehörigen dieser Be-
rufsgruppen für ihr Alter selbst Vorsorge treffen müssen.
Unser Vorschlag ist – ich wiederhole ihn an dieser
Stelle –, von der bisherigen Form der Altersversorgung
abzugehen und nicht an dieser oder jener Stelle ein we-
nig zu ändern – Sie haben die 25. Änderung schon ange-
sprochen –, sondern zu einer wirklichen Neuregelung zu
kommen.


(Beifall bei der FDP)

Dass wir mit unseren Überlegungen offensichtlich

nicht ganz falsch liegen, konnte ich in dieser Woche in
einer Zeitung nachlesen. Da hat nämlich ein Kollege Ih-
rer Fraktion genau die Vorschläge wiederholt, die die
FDP-Bundestagsfraktion seit vielen Jahren macht,


(Otto Fricke [FDP]: Abschreiben!)

nämlich von der bisherigen Versorgung wegzukommen
und diese selbst zu regeln.

Eines ist vollkommen klar: Die Bürger schauen uns
sehr kritisch auf die Finger. Sie haben einfach das Ge-
fühl: Wenn man selbst etwas regeln kann, dann macht
man es nicht zu seinem Nachteil. Das ist zwar ein unbe-
rechtigter Vorwurf, wie Ihr Beitrag gezeigt hat. Aber die-
ses Gefühl gibt es bei den Bürgern. Deshalb ist unser
Vorschlag, dass wir in einer verfassungsrechtlich saube-
ren Weise unsere Kompetenz in dieser Angelegenheit an
eine Kommission abgeben, die vom Bundespräsidenten
einberufen wird.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie wissen doch, was in Nordrhein-Westfalen dabei herausgekommen ist!)


Die Mitglieder dieser Kommission haben keine eigenen
finanziellen Interessen. In ihr sind auch diejenigen ver-
treten – zum Beispiel der Bund der Steuerzahler –, die
immer wieder Kritik an Diätenerhöhungen üben, die es
alle Jahre wieder einmal gibt.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist ziemlich weltfremd!)


– Es ist nicht weltfremd. Es gibt schon Umsetzungen in
der Praxis, die zeigen, dass so etwas möglich ist.

Unser Vorschlag ist, keine Flickschusterei zu machen,
sondern zu einem wirklichen Neuanfang zu kommen.
Wir haben die entsprechenden Anträge in den Bundestag
eingebracht. Stimmen Sie ihnen zu!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)


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(C (D Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzenturfs auf Drucksache 15/3942 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen, wobei die orlage jedoch nicht an den Finanzausschuss überwieen werden soll. Gibt es dazu anderweitige Vorschläe? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so eschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Innenausschusses dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Erwin Marschewski Fraktion der CDU/CSU Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter – Drucksachen 15/924, 15/3907 – Berichterstattung: Abgeordnete Sebastian Edathy Erwin Marschewski Silke Stokar von Neuforn Dr. Max Stadler Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle in Marga Elser, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ch denke, wir alle sind uns darüber einig, dass die chicksale von Zwangsarbeitern wirklich schrecklich ind. Über Jahrzehnte haben wir uns alle bemüht, das hema der deutschen Kriegsschuld sachlich aufzuarbeien. Es gilt: Das Leid, das Deutschland über andere geracht hat, ist schlimm. Das Leid, das deutsche Bürger ls Folge dessen erlitten haben, ist ebenfalls schlimm. ber für beides gilt auch: All dieses Leid hatte seine urzeln im Unrecht der NS-Zeit und damit in Deutsch and. Genau dieser Punkt darf nicht vergessen werden. Die chicksale deutscher Zwangsarbeiter sind eine Folge der eutschen Schreckensherrschaft. Bereits in den 50erahren bestand Einigkeit darüber, dass die Heranziehung er Deutschen zur Arbeitsleistung in der Folge des weiten Weltkriegs als allgemeines Kriegsfolgenchicksal zu bewerten ist. Eine sachliche Begründung, eshalb diese Nachkriegsbewertung, die bisher von alen Bundesregierungen mitgetragen wurde, nun plötzlich ufgegeben werden soll, geht aus dem Antrag der CDU/ SU-Fraktion nicht hervor. Es war bisher auch ganz eindeutiger Konsens, dass as allgemeine Kriegsfolgenschicksal deutscher wangsarbeiter nicht als Anknüpfungspunkt für innertaatliche Ausgleichsleistungen herangezogen werden oll. Ich kann nicht erkennen, sehr geehrter Herr Marga Elser Marschewski, warum die Bundesregierung ausgerechnet jetzt von dieser einheitlichen Linie abweichen soll. Hier stellt sich auch die Frage, warum Ihre Fraktion während 16 Jahren Regierungstätigkeit nicht selbst eine Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter durchgesetzt hat. Sie nehmen in Ihrem Antrag zur Entschädigung deut scher Zwangsarbeiter auf das Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ Bezug. Sie erklären in Ihrem Antrag, dass der Deutsche Bundestag mit diesem Gesetz seiner Verantwortung nachgekommen sei, eines der furchtbarsten Kapitel unserer jüngsten Vergangenheit aufzuarbeiten. Im gleichen Atemzug leiten Sie aus diesem Gesetz nun ab, dass eine Entschädigung als Geste für die Würdigung des schweren Schicksals der deutschen Zwangsarbeiter geleistet werden muss, und zwar unabhängig von der Frage der Kriegsschuld. Ich frage Sie wieder, Herr Marschewski: Wieso hat Ihre Fraktion 16 Jahre lang eine Entschädigung als nicht notwendig erachtet? Wieso beantragen nun auch die Mitglieder Ihrer Fraktion, die bei der Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ mit Nein gestimmt haben, eine Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter in Anlehnung an ebendieses Gesetz? Ich weiß ja, dass sich einige von Ihnen enthalten haben, beispielsweise der Herr Büttner. Aber es gibt in Ihren Reihen auch einige wenige, die damals dagegen gestimmt haben. Vielleicht geschah dies unter dem Aspekt, dass Sie schon damals die Gleichmachung der Opfer gefordert haben. Denn der Tenor Ihres jetzigen Antrags ist eine Gleichsetzung der Opfer des Nationalsozialismus mit den Opfern der Kriegsfolgen. Ich weise nochmals darauf hin: Die deutsche Nachkriegsgesetzgebung hat die Heranziehung von Deutschen oder deutschen Volkszugehörigen durch dritte Länder zur Zwangsarbeit ganz klar als allgemeines Kriegsfolgenschicksal bewertet. Eine Entschädigung sollte hieran nicht anknüpfen. Es ist in jedem Fall zu beachten, dass diese Opfer nicht ganz von den Nachkriegsregelungen ausgenommen waren. Zum Ausgleich besonderer Härten deutscher Kriegsopfer wurden nach dem Bundesversorgungsgesetz und seinen zahlreichen Nebengesetzen bisher rund 400 Milliarden DM aufgewendet. Das hat übrigens das Bundesfinanzministerium ermittelt. Es ist also keinesfalls so, dass das Schicksal deutscher Kriegsopfer in der Vergangenheit vollkommen ignoriert worden wäre. Im Rahmen der politischen und rechtlichen Möglichkeiten wurden sehr wohl Härtefälle entschädigt. In sozialen Härtefällen kann auch jetzt noch über die Stiftung für ehemalige politische Häftlinge eine materielle Leistung gewährt werden. Ihrem Antrag muss jedoch nicht nur das politische Argument entgegengesetzt werden. Auch der finanzielle Aspekt muss ganz deutlich hervorgehoben werden. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auf eine Einschätzung aus Ihren eigenen Reihen hinweisen. Bereits v d e h n s V d D f w t u k k n a r v v I m C H s u ü t S (C (D or fast 40 Jahren, am 13. Dezember 1966, forderte der amalige Bundeskanzler Kiesinger in einer Regierungsrklärung: Die Gesetzgebung über die Abwicklung von Kriegsund Nachkriegsfolgen sollte abgeschlossen werden. Die Finanzlage des Bundes beweist, dass wichtige Aufgaben der Zukunftsvorsorge sträflich vernachlässigt werden würden, wenn die kommenden Jahre durch neue Zahlungen für die Vergangenheit belastet würden. Damals hatte also ein Bundeskanzler aus Ihren Reien die Opportunitätskosten und die Notwendigkeit eies ausgeglichenen Haushalts im Blick. Auch Sie wisen, dass es uns die Haushaltslage nicht erlaubt, in die ergangenheit zu investieren. Denn dies würde notwenig bedeuten, dass wichtige Vorhaben für die Zukunft eutschlands nicht wahrgenommen werden könnten. Ich bin mir sicher, dass wir die Diskussion hier nicht ühren würden, wenn die Mehrheitsverhältnisse anders ären. Ich bin mir ebenfalls sicher, dass auch Sie als Anragsteller im Grunde wissen, dass NS-Zwangsarbeiter nd deutsche Zwangsarbeiter nicht gleichgesetzt werden önnen. Eine Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter ann damit auch nicht aus dem Gesetz zur Errichtung eier Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ bgeleitet werden. Im Übrigen wundert mich doch sehr, dass Sie mit Ih em Antrag ein Ziel verfolgen, das bereits im Jahre 2001 on der Fraktion der DVU im Landtag von Brandenburg erfolgt wurde. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513222700

(Recklinghausen), weiterer Abgeordneter und der

Marga Elser (SPD):
Rede ID: ID1513222800




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(Rita Streb-Hesse [SPD]: Die Frage ist gut!)


ch gehe aber davon aus, dass Sie sich ganz sicher nicht
it der DVU auf eine Ebene stellen werden.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513222900

Das Wort hat der Kollege Erwin Marschewski, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen Sie Recklinghausen jetzt mal ein bisschen Ehre! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Recklinghausen hat jetzt einen tollen Landrat!)



Erwin Marschewski (CDU):
Rede ID: ID1513223000

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Robert Jungk, Publizist und Zukunftsforscher,
chrieb im November 1945 in der Zürcher „Weltwoche“
nter dem Titel „Aus einem Totenland“ einen Artikel
ber Vertreibungsverbrechen an Deutschen, der weltwei-
es Aufsehen erregte. Darin benannte er die Zustände in
chlesien nach Ende des Zweiten Weltkrieges.






(A) )



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Erwin Marschewski (Recklinghausen)


Dieser Bericht ist eine Dokumentation von Elend und

Gewalt. Ich möchte es allen ersparen, hier auf das Ver-
werflichste, Brutalste einzugehen. Nur zwei kurze Erleb-
nisse Robert Jungks:

Hinter ihm liegen leer geplünderte Städte, Pestdör-
fer, Konzentrationslager, öde, unbestellte Felder,
leichenbesäte Straßen, an denen Wegelagerer …
Flüchtigen die letzte Habe rauben.

Und über Zwangsarbeit:
Es ist wahr, dass in den so genannten Arbeitslagern
S. und C. Insassen nächtelang bis zum Hals im eis-
kalten Wasser stehen müssen und dass man sie bis
zur Bewusstlosigkeit schlägt.

Der Bericht von Robert Jungk sollte zugleich Mah-
nung an die Alliierten sein, diesem Treiben nicht tatenlos
zuzusehen. Die Staatengemeinschaft hat aber auch hier
nicht eingegriffen. Die Menschen mussten dieses
Schicksal erdulden. Heute, fast sechs Jahrzehnte später,
ist es Zeit, den von diesem Schicksal in den Zwangsar-
beiterlagern Betroffenen moralische Anerkennung zu-
zugestehen. Dies wäre eine Geste des Mitgefühls und
der Aufarbeitung auch dieses Kapitels der Geschichte.
Diese Aufarbeitung ist dringend notwendig. Wir sind
dies den Opfern und uns selbst schuldig.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Bis heute ist nicht exakt ermittelbar, wie viele Deut-

sche zu Zwangsarbeit gezwungen wurden. Es ist auch
nicht ermittelbar, wie viele über Jahre hinweg in Lagern
verschwanden. Man bemisst die Zahl auf rund 2 Millio-
nen, insbesondere Frauen, Jugendliche und auch Kinder,
verschleppt nach Sibirien, in den Ural oder sonst wohin.
Für sie bedeutete Zwangsarbeit mehr als zehn Stunden
tägliche Arbeit unter härtesten Bedingungen, in unter
Wasser gesetzten Zechen im Ural. Immer wieder gab es
Übergriffe, oftmals Massenvergewaltigungen. Viele
kehrten nicht zurück. Wer das Leiden überlebte, war für
immer geschädigt.

Es sind Schicksale wie das von Heinz Skaletz aus
meiner Heimatstadt Recklinghausen. Als Kind von ge-
rade einmal 13 bis 14 Jahren verschleppt, zur Zwangs-
arbeit im Bergbau gezwungen, musste er in einem von
Deutschen in Oberschlesien zerstörten Bergwerk unter
schwersten Bedingungen zwölf bis 14 Stunden täglich
arbeiten. Oder das Schicksal von Margarete E. aus
Pforzheim: Im Februar 1945 als 20-Jährige aus Ostpreu-
ßen in ein Lager im Ural verschleppt, in dem Unter-
ernährung und hygienische Mängel zu Typhus und Ruhr
führten, prägten körperliche Repressalien und schwerste
Arbeiten in Steinbrüchen, in der Kolchose und bei der
Waldarbeit ihr Leben. In ihrem Bericht schreibt sie:

Die Unterkunft im Wald war ein Erdbunker ohne
Licht und Wasser. Fünf Jahre hat die Zwangsarbeit
gedauert. Geblieben sind ein Herzfehler, Rheuma
und traumatische Erinnerungen.

Meine Damen und Herren, es ist legitim und wichtig,
auch an das Leid zu erinnern, das der von den Nazis be-
gonnene Krieg und seine Folgen über die deutsche Be-
völkerung gebracht haben. Da bin ich einer Meinung mit

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(C (D te Frevert: Solche Erinnerungen politisch stillstellen der unterdrücken zu wollen wäre nicht nur sinnlos, sonern auch kontraproduktiv. Meine Position im Innenausschuss habe ich klar geacht: Es kann nicht darum gehen, Leid mit Leid, chuld mit Schuld zu verrechnen. Diese Aufrechnung ist wie beim Historikerstreit Mitte der 80er-Jahre – eine chlimme Tradition, und zwar in allen politischen Laern. Daher noch einmal diese Feststellung: Die Nazierbrechen, insbesondere der Völkermord an den Juden nd die Vernichtung ganzer Völker aus so genannten rasischen Gründen, sind mit nichts vergleichbar. Dies rauchte eigentlich jemand, der die braune Pest ein Leen lang bekämpft hat, nicht erneut zu bestätigen. Aber auch ein Weiteres sollte selbstverständlich sein: en verzweifelten Wunsch der deutschen Zwangsarbeier zu erfüllen, endlich mit ihrem Schicksal wahrgenomen zu werden. Wie es Helga Hirsch sagt: Ihren Leidensweg in die deutsche Nachkriegsgeschichte zu integrieren. Und ihnen zuzugestehen, dass sie im Verhältnis zum Durchschnitt der Bevölkerung einen besonders hohen Preis für die Verbrechen des NS-Regimes gezahlt haben. eswegen unser Antrag, meine Damen und Herren von PD und Grünen. Wir wollen eine Anerkennung auch ieses Leidens. ir meinen, dass auch deutsche Opfer von Zwangsarbeit inen Anspruch auf moralische Anerkennung haben. as wollen wir, damit auch ihnen eine Entschädigung in orm einer humanitären Geste zuteil wird. Denn es ist och eigentlich unbestritten, dass dies kein allgemeines riegsfolgenschicksal ist. Meine Damen und Herren, es t mehr. Nun zu Ihnen von der SPD. Sie haben uns die Hoff ung gemacht, dass Sie uns entgegenkommen. Im Geensatz zum Bundeskanzler, der die Betroffenen vor geaumer Zeit schroff abgewiesen hat, haben Sie immerhin it uns geredet. Aber auch nach fast 18-monatigen Verandlungen sind Sie nicht weiter als zu einem Nein gekomen, obwohl wir Ihre Begründungen widerlegt haben: die egründung vom allgemeinen Kriegsfolgenschicksal oder ie Behauptung – Frau Kollegin Elser, hier haben Sie nrecht –, die Zwangsarbeiter seien bereits entschädigt orden. Das ist falsch. Denn weder das Kriesgefangeenentschädigungsgesetz noch das Heimkehrerstiftungsesetz noch das Häftlingshilfegesetz findet Anwendung. Auch Ihre Behauptung, dieses Thema sei im Kriegs olgenbereinigungsgesetz des Jahres 1992 abschließend eregelt worden, ist falsch. Ich selbst habe 1992 die Aufassung der Union im Deutschen Bundestag so dargeegt: Zu ist der Vorhang nicht – deswegen nur Bereiniung. Uns war damals klar, dass der Versuch, Leid zu ildern, keineswegs einen gesetzgeberischen Abschluss edeutete. Frau Kollegin, es geht nur um Heilung und ersöhnung bei damals bekanntem Unrecht. Die Vertreiungsgeschichte und die damit verbundenen Ereignisse aben sich lange im Schatten der Geschichte abgespielt Erwin Marschewski und es verbot sich, im Land der Täter an eigene Opfer zu erinnern. Der Historiker Hans-Ulrich Wehler hat das so beschrieben: Jahrzehntelang lief die Mehrheitsmeinung darauf hinaus, den Vertriebenen die Privatisierung ihres Leids zuzumuten. … Erst in den letzten Jahren ist Bewegung – so Wehler weiter – in diese Problematik geraten. Dabei handelt es sich um eine Bewegung, meine Damen und Herren von SPD und Grünen, die ich bei Ihnen bedauerlicherweise vermisse. Warum verschließen Sie sich eigentlich dem, was Helga Hirsch, die Ihnen ja eigentlich nahe steht, in ihrem Aufsatz „Keine Entschädigung für Zwangsarbeiter – eine Gerechtigkeitslücke?“ so formuliert hat: Denn auch das gehört zur Erkenntnis über die Nazizeit: dass die Deutschen … selbst Opfer des nationalsozialistischen Terrors geworden sind – die Opfer der Rache jener Völker, die zuvor von den Deutschen unterdrückt, verfolgt, ermordet wurden. So weit Helga Hirsch. Warum, meine Damen und Herren von SPD und Grü nen, verweigern Sie sich kategorisch, die Opfer, deutsche Zwangsarbeiter, mit ihrem Schicksal und den entsprechenden Folgen wahrzunehmen? Nein, das ist – diesen Satz habe ich mir sehr genau überlegt – kein humanes Handeln. Nicht zu vergessen ist die politisch mögliche, fatale Auswirkung. Niemals, so schreibt Günter Grass in der Novelle „Im Krebsgang“, hätte man über so viel Leid schweigen dürfen, nur weil die eigene Schuld und die erkennende Reue in all den Jahren vordringlich gewesen sei. So Günter Grass. Meine Damen und Herren auf der linken Seite, sollen wir dieses Thema wirklich ausschließlich den Radikalen überlassen? Was mir bleibt, ist, mit Grass zu schließen: „Dieses Versäumnis wäre bodenlos.“ (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist für Grass ja eine Beleidigung!)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1513223100

Die Kollegin Silke Stokar von Neuforn, Bündnis 90/

Die Grünen, und der Kollege Dr. Max Stadler, FDP-

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2)

(C (D raktion, haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.1)

alb schließe ich die Aussprache.
Damit kommen wir zur Beschlussempfehlung des In-

enausschusses auf Drucksache 15/3907 zum Antrag der
raktion der CDU/CSU mit dem Titel „Entschädigung
eutscher Zwangsarbeiter“. Der Ausschuss empfiehlt,
en Antrag auf Drucksache 15/924 abzulehnen. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenpro-
e! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit
en Stimmen der Koalition gegen die Stimmen von
DU/CSU und FDP angenommen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Fünften
Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches
Sozialgesetzbuch
– Drucksache 15/3443 –

(Erste Beratung 118. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Gesundheit und Soziale Sicherung

(13. Ausschuss)

– Drucksache 15/3973 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Birgitt Bender

Die Abgeordneten Erika Lotz, SPD-Fraktion,
ildegard Müller, CDU/CSU-Fraktion, Birgitt Bender,
ündnis 90/Die Grünen, und Dr. Heinrich Kolb, FDP-
raktion, haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.2)
Wir kommen deshalb zur Abstimmung über den von

en Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grü-
en eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des
echsten Buches Sozialgesetzbuch, Drucksache 15/3443.
er Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
he 15/3973, den Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
ung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
ntwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
as Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
en? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung
it den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
ollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
ngen? – Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung
it den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Peter
Rzepka, Roland Gewalt, Verena Butalikakis,

Anlage 2
Anlage 3






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Siegfried Helias, Günter Nooke und weiterer Ab-
geordneter
Flugverkehrskonzept für den Großraum Ber-
lin überprüfen – Flughafen Berlin-Tempelhof
offen halten
– Drucksache 15/3727 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Verteidigungsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Parla-
mentarische Staatssekretärin Iris Gleicke.

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1513223200


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Gestatten Sie mir zunächst einige allgemeine Bemerkun-
gen. Ich darf darauf hinweisen, dass alle Genehmigungs-
fragen nach § 31 Abs. 2 Luftverkehrsgesetz im Rahmen
der Auftragsverwaltung beim Land Berlin liegen. Ledig-
lich dann, wenn Bundesinteressen berührt sind, kann der
Bund tätig werden. Durch die Schließung bzw. teilweise
oder völlige Offenhaltung des Flughafens Tempelhof
sind öffentliche Interessen des Bundes aber nicht be-
rührt: Selbst wenn Berlin als Luftverkehrsstandort für
den Bund von herausragender Bedeutung ist, trifft dies
auf den Flughafen Tempelhof alleine nicht zu.

Durch den Ausbau des Standorts Schönefeld zu einem
leistungsfähigen internationalen Verkehrsflughafen er-
fährt der Luftverkehrsstandort Berlin eine erhebliche
Stärkung.


(Peter Rzepka [CDU/CSU]: Wann? Was erzählen Sie da?)


Ob ein Verzicht auf den Flughafen Tempelhof schon zum
jetzigen Zeitpunkt möglich ist, muss von den Verantwort-
lichen insbesondere im Hinblick auf die für den Sommer-
flugplan 2005 angemeldeten Flüge geprüft werden. Zur-
zeit stellt sich die Situation so dar: Bis auf eine Ausnahme
haben sich die Luftverkehrsunternehmen, die bisher ex
Tempelhof im Linienverkehr operiert haben – das waren
insgesamt sieben –, mit einer Verlagerung ihrer Verkehre
nach Tegel einverstanden erklärt, nachdem ihnen ent-
sprechende Slots und Umzugshilfen zur Verfügung ge-
stellt wurden.

Mit den nächsten Bemerkungen beantworte ich
gleichzeitig die ersten drei Punkte des vorliegenden An-
trags. Die drei Gesellschafter der Berliner Flughäfen
– Berlin, Brandenburg und der Bund – haben sich mit
dem so genannten Konsensbeschluss vom Mai 1996 da-
rauf verständigt, den Luftverkehr der Hauptstadtregion
auf einen Flughafen, und zwar in Schönefeld, zu konzen-
trieren. Es wurde ferner vereinbart, Tempelhof bei Be-
standskraft des für den Ausbau Schönefelds zum
Flughafen „Berlin-Brandenburg International“, kurz
BBI, erforderlichen Planfeststellungsbeschlusses zu
schließen. Tegel wird bei Inbetriebnahme des Flugha-

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(C (D ens BBI in Schönefeld geschlossen. Der Planfeststelungsbeschluss für den BBI ist am 13. August 2004 erassen worden. Die Bestandskraft dieses Beschlusses ist och nicht abzusehen, da zahlreiche Klageverfahren anängig sind. Die Flughafengesellschaft hat den Antrag auf Schlie ung von Tempelhof mit Bestandskraft des Planfeststelngsbeschlusses BBI gestellt. Außerdem hat die Flughaengesellschaft zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen ituation wegen der seit Jahren steigenden Defizite aus em Betrieb und der Unterhaltung von Tempelhof den ntrag auf Befreiung von der Betriebspflicht für Temelhof gestellt. Die zuständige Luftfahrtbehörde in Berin hat diesen Anträgen stattgegeben. Sie hat die Berliner lughafengesellschaft mit Wirkung ab dem 31. Oktober 004 von der Betriebspflicht des Flughafens Tempelhof efreit. iese Befreiung von der Betriebspflicht wurde mit der ofortigen Vollziehbarkeit versehen. Die Anordnung der ofortigen Vollziehung ist mittlerweile durch einen Geichtsbeschluss aufgehoben worden. Die anhängigen erichtsverfahren entfalten damit aufschiebende Wirung. Die Auswirkungen und Folgen dieses Gerichtsbe chlusses werden unterschiedlich interpretiert. Die Gechäftsführung ist der Auffassung, die Betriebspflicht elte nur gegenüber den Luftverkehrsunternehmen, die eklagt haben. Die Unternehmen und die Berliner Wirtchaft sind der Meinung, die Entscheidung des OVG elte für alle, die von Tempelhof aus fliegen möchten. ie Berliner Luftfahrtbehörde prüft derzeit gemeinsam it der Geschäftsführung das weitere Vorgehen insbeondere im Hinblick auf die verkehrspolitischen Auswirungen auf den Luftverkehrsstandort Berlin. Unabhängig om Ausgang dieser Prüfung wird dem Konsensbechluss insoweit entsprochen, als der im Bescheid entaltene Widerruf der Betriebsgenehmigung, also die ndgültige Stilllegung Tempelhofs, erst zu dem Zeitunkt wirksam wird, zu dem ein Planfeststellungsbechluss für die Süderweiterung des Flughafens Berlinchönefeld bestandkräftig ist. Die Vorschläge, den Flughafen Tempelhof von Flug esellschaften in Eigenregie betreiben zu lassen oder als heck-in-Terminal für BBI zu nutzen, sind von der Beriner Luftfahrtbehörde gemeinsam mit der Geschäftsfühung zu prüfen. Nach unserem Kenntnisstand bestehen ier sowohl erhebliche rechtliche als auch konzeptioelle Bedenken. Nun zum Punkt 4 des Antrags. Vonseiten des Bundes st die Prüfung veranlasst, ob und inwieweit die Immobiie Flughafen Tempelhof insbesondere auch im Hinblick uf die Herrichtungskosten als Behördenzentrum genutzt erden kann. Das Ergebnis liegt uns noch nicht vor. Zum Punkt 5. Die Verlegung der gesamten Flug ereitschaft des BMVg nach Berlin-Tempelhof ist ween der zwingend notwendigen und aufwendigen Infratrukturmaßnahmen und aufgrund nicht hinnehmbarer perationeller Einschränkungen nicht möglich. Für den Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke Bereich der Mittelund Langstrecke ist der Standort Köln-Wahn mit seiner entsprechend bedarfsgerechten Infrastruktur unverzichtbar. Nach heutigem Planungsstand verbleiben die Luft transportmittel im Mittelund Langstreckenbereich mit Ausnahme der beiden zur Durchführung des politischparlamentarischen Flugbetriebs von Berlin-Tegel aus eingesetzten CL-601 am Standort Köln-Wahn. Zur Durchführung des politisch-parlamentarischen Flugbetriebs im Kurzstreckenbereich ist eine Staffel auf dem Verkehrsflughafen Berlin-Tegel mit dem Hubschrauber Cougar AS-532 stationiert. Mit der Inbetriebnahme von Berlin-Schönefeld und der Schließung von Berlin-Tegel ist vorgesehen, die vorhandenen Ressourcen zur Durchführung des Regierungsflugbetriebs nach Schönefeld zu verlagern. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Albrecht Feibel [CDU/ CSU]: Was will denn der Bund? Der Bund hat überhaupt keine Meinung! Was ist denn das für ein Verein?)


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)





(A) )


(B) )


(Markus Löning [FDP]: Was kostet das denn?)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513223300

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Peter Rzepka.


Peter Rzepka (CDU):
Rede ID: ID1513223400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich glaube, der heutige Beitrag der Staatssekre-
tärin beweist einmal mehr, wie notwendig unser Grup-
penantrag hier in diesem Hause ist; denn sie hat hier we-
der zur Zukunft des sich in der Planung befindlichen
Flughafens Schönefeld klare Worte sagen und zeitliche
Perspektiven nennen können noch scheint sie aktuell
über die Situation in Tempelhof informiert zu sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie aber auch nicht!)


Der Flugverkehr ist auch dort in den letzten Monaten
gewachsen. Eine Reihe von Fluggesellschaften nutzt
nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts
Berlin die Möglichkeit, wieder nach Tempelhof zurück-
zukehren oder dort zu bleiben. Heute hat wieder eine
Fluggesellschaft bekannt gegeben, dass sie von den Um-
zugsplänen nach Tegel Abstand nimmt und dass sie den
Flughafen Tempelhof auch aufgrund der Äußerungen ih-
rer Passagiere und des Drucks, der von dort gekommen
ist, selbst in der Konkurrenz zu Tegel für viel interessan-
ter hält.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie die Anwohner mal gefragt, was sie davon halten? – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Die Anwohner haben doch gewusst, dass da ein Flughafen ist!)


Ich bin deshalb der Auffassung, dass der Deutsche
Bundestag Forum für die Diskussion darüber sein muss

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(C (D nd soll, welche Aufgaben die alte und neue Hauptstadt ür unser Land wahrnehmen kann und welche Unterstütung sie dafür benötigt. Das Luftverkehrskonzept für die Hauptstadt und en Großraum Berlin ist nicht nur ein Thema für die änder Berlin und Brandenburg, sondern auch für den und und die anderen Bundesländer. Über 00 Abgeordnete aus allen Fraktionen haben den von er Landesgruppe der CDU-Abgeordneten initiierten ruppenantrag, den wir heute beraten, unterzeichnet. en Kolleginnen und Kollegen möchte ich an dieser telle für ihre Unterstützung sehr herzlich danken. Der Berliner Senat und die Berliner Flughafengesell chaft haben mit ihrer Flughafenpolitik eine schwere iederlage erlitten. Das Oberverwaltungsgericht Berlin at die zum 31. Oktober 2004 geplante Stilllegung des lughafens Tempelhof für offensichtlich rechtswidrig erlärt. Die „Mutter aller modernen Flughäfen“, wie Lord orman Foster den Flughafen Tempelhof nennt, hat dait mindestens bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen lanfeststellungsbeschlusses für den Großflughafen in chönefeld eine neue Chance erhalten. Die mit dieser Rechtsprechung übereinstimmende orderung unseres Antrags zum Offenhalten des Flughaens Tempelhof entspricht auch dem Konsensbeschluss on 1996, den die Staatssekretärin hier schon erwähnt at, in dem sich der Bund und die Länder Berlin und randenburg darauf verständigt hatten, den Flughafen empelhof frühestens zu schließen, wenn ein rechtskräfiges Planfeststellungsverfahren für das Bauvorhaben in chönefeld vorliegt. Die zur Begründung der vorzeitigen Stilllegung des lughafens Tempelhof geltend gemachten Verluste in öhe von 16 Millionen Euro im Jahr sind nie belegt orden. Bis heute werden die Zahlen unter Verschluss ehalten. Nach meinen Recherchen resultieren die Veruste nicht aus dem Flugbetrieb, sondern vor allem aus em Gebäudeleerstand. Es gibt einen weiteren entscheidenden Aspekt, den ie Schließungsbefürworter nicht zutreffend bewerten. ürde der Flughafen Tempelhof geschlossen werden, ielen zwei Startund Landebahnen weg. Fachleute geen davon aus, dass schon 2008 weitere Engpässe im erliner Flugverkehr drohen. Die fehlenden Möglicheiten zur Ausschöpfung der Wachstumsmöglichkeiten m Berliner Luftverkehr würden letztlich auch den wirtchaftlichen Erfolg von BBI gefährden, der zum interflugplan 2010/2011 – jedenfalls nach jetziger Plaung – eröffnet werden soll. (Markus Löning [FDP]: Das werden wir noch sehen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Schließlich ist die 1996 vorgesehene Privatisierung
escheitert. Der Planfeststellungsbeschluss liegt zwar
or, über 3 700 Flughafengegner klagen jedoch derzeit
egen die Pläne. Der Ausgang des Verfahrens vor dem
undesverwaltungsgericht ist ungewiss. Eine Entschei-
ung wird frühestens in zwei Jahren erwartet. Auch die






(A) )



(B) )


Peter Rzepka

Finanzierung des Großflughafens in Schönefeld ist der-
zeit noch ungeklärt. Dies gilt insbesondere für die An-
teile, die die Berliner Flughafengesellschaft sowie die
Gesellschafter Bund, Berlin und Brandenburg an dem
nach jetzigen Schätzungen 2,5 Milliarden Euro teuren
Projekt zuzüglich der etwa 500 Millionen Euro für die
Schienenanbindung des BBI übernehmen müssen.

Vor diesem Hintergrund ist die Schließung des Flug-
hafens Tempelhof vor rechtskräftiger Planfeststellung
und gesicherter Finanzierung für den Großflughafen in
Schönefeld sowie ohne Nachnutzungskonzept „betriebs-
wirtschaftlich kurzsichtig, verkehrspolitisch unverant-
wortlich und rechtlich nicht begründet“, so der Kollege
Reinhard Schultz von der SPD-Fraktion. Insoweit
stimme ich mit ihm völlig überein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Kollegin Selg von den Grünen wird in der heutigen
Ausgabe der „taz“ mit den Worten zitiert:

Tempelhof soll ruhig schließen – aber erst, wenn si-
cher ist, dass Schönefeld in Betrieb geht.

Frau Staatssekretärin, diese Sicherheit haben Sie uns
heute Abend nicht geben können.

Der Befund ist danach eindeutig: Der Berliner Senat
und die Berliner Flughafengesellschaft sind unfähig, ein
rechtlich und finanziell tragfähiges Flugverkehrskonzept
für den Großraum Berlin zu entwickeln und umzusetzen.
Der Konsensbeschluss von 1996 muss deshalb unter Be-
rücksichtigung der zwischenzeitlichen Entwicklungen
überdacht werden. Der Bund ist als Gesellschafter der
Flughafengesellschaft, als wesentlicher Miteigentümer
der Immobilie Flughafen Tempelhof und in seiner Ver-
antwortung für eine Neukonzeption der Flugbereitschaft
des Bundes in einer besonderen Verpflichtung.

In die von uns geforderte Prüfung sollte auch einbe-
zogen werden, ob im Rahmen einer möglichen Neukon-
zeption einer zukünftig privatisierten Flugbereitschaft
des Bundes Teile davon zum regierungsnahen Standort
Tempelhof verlagert werden können.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch das noch!)


Darüber hinaus wollen wir, dass die Angebote von Flug-
gesellschaften, den Flughafen in Eigenregie zu betrei-
ben, ebenso gründlich geprüft werden wie das Angebot
und das Konzept, Tempelhof als Check-in-Terminal für
BBI und als innerstädtischen Flughafen für kleine Ver-
kehrsmaschinen zu nutzen.

Es ist dringend notwendig, die gegenwärtige Lage
neu zu bewerten, mögliche Fehlentwicklungen abzu-
wenden und neue Chancen zu nutzen. Auf der Grund-
lage der Ergebnisse unserer Prüfaufträge könnten tragfä-
hige Entscheidungen vorbereitet werden. Dazu möchten
wir mit unserem Gruppenantrag einen Beitrag leisten.
Ich bitte Sie deshalb um Unterstützung. Ich bin der fes-
ten Überzeugung, dass die Prüfungen zu dem Ergebnis
führen werden, dass der innerstädtische Flughafen Tem-
pelhof als Standort für Geschäftsreisende, Regionalver-

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(C (D indungen und Teile der Flugbereitschaft des Bundes ine sinnvolle Ergänzung zu BBI darstellen könnte (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum denn eigentlich?)


nd die größtenteils leer stehenden Gebäude für die kon-
entrierte Unterbringung von Bundesbehörden genutzt
erden könnten.
Der Flughafen Tempelhof ist Symbol für die deut-

che Luftfahrtgeschichte, für die Überwindung der
lockade Berlins und für die Entwicklung der Freund-
chaft zu den westlichen Alliierten. Er ist mit seiner
eltweit einzigartigen planerischen und architektoni-
chen Einbindung in die Berliner Stadtlandschaft zu-
leich eine wesentliche Grundlage für die wirtschaftli-
he, politische und kulturelle Zukunft der Hauptstadt.
Lassen Sie mich zum Abschluss meines Beitrags

ord Norman Foster, den Architekten bahnbrechender
lughäfen in London, Hongkong und Peking nach der
Süddeutschen Zeitung“ vom heutigen Tage zitieren:

Tempelhof ist eines der wenigen Beispiele inner-
städtischer Flughäfen, die es heute noch gibt und
die in die städtische Maserung eingewoben sind. So
etwas darf man nicht einfach preisgeben. Das wäre
ein Verlust nicht nur für Berlin und Deutschland,
sondern auch weit darüber hinaus.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513223500

Die Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig und

iegfried Scheffler haben gebeten, ihre Reden zu Pro-
okoll geben zu dürfen.1) – Dann verfahren wir so.
Jetzt hat das Wort der Abgeordnete Hellmut
önigshaus.


Hellmut Königshaus (FDP):
Rede ID: ID1513223600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das,
as wir eben von der Staatssekretärin gehört haben, hat
ezeigt, wie notwendig es in der Tat ist, dass wir uns mit
iesem Thema befassen. Sie hat den Eindruck zu erwe-
ken versucht, als gehe das uns, die Bundesebene, über-
aupt nichts an. Dabei ist der Bund Gesellschafter der
lughafengesellschaft. Es geht um unser Geld.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

s scheint heutzutage keine Rolle mehr zu spielen, wenn
eld verschleudert wird. Das ist genau unser Thema.
enn Sie heute Geld verschleudern und etwas machen
ollen, was gegen die Interessen der Bürger ist, dann
rauchen sie in der Regel einige nützliche Idioten. Die
inden sich immer. Sie brauchen vor allem einen Dum-
en, der sich auch hier wieder gefunden hat. Wie immer,
enn es um Großprojekte geht, an denen Herr Wowereit
nd Herr Stolpe beteiligt sind, ist der Dumme der Steuer-
ahler. So ist es auch hier.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Anlage 4






(A) )



(B) )


Hellmut Königshaus

Hier werden bestehende Kapazitäten, die sich be-

währt haben und die wir noch brauchen – Herr Rzepka
hat das gesagt; ich will das nicht wiederholen, weil ich
nicht so viel Zeit habe –, zerschlagen. Es sind Kapazitä-
ten, deren Aufbau teuer war und deren Unterhalt auch in
Zukunft teuer ist. Das haben wir vorhin schon angespro-
chen. Die Anlagen in Tempelhof stehen unter Denkmal-
schutz. Wir müssen auch den Weiterbetrieb in Schöne-
feld betrachten. Dort haben wir die Situation, dass wir
im Rahmen der Bauarbeiten eine Start- und Landebahn
verlieren werden. Alles dies zusammen ergibt ein totales
Chaos und eine Konfusion. Nichts, Frau Staatssekretä-
rin, hat die Bundesregierung bisher in Angriff genom-
men. Sie tut so, als gehe sie das alles gar nichts an.

Wir haben hier unglaubliche Chancen, die andere ver-
gleichbare Städte nicht haben. Wir haben einen inner-
städtischen Flughafen, der in anderen Städten erst noch
geschaffen werden muss. Wir kennen die Situation in
London City. Dort können nur drei oder vier Flugzeuge
gleichzeitig abgestellt und abgefertigt werden. Der Flug-
hafen Tempelhof als innerstädtischer Flughafen ist in der
Lage, bis zu 80 Prozent der gesamten Abstellkapazitäten
im Berliner und brandenburgischen Raum zur Verfügung
zu stellen. Das ist ein ungeheures Pfund, mit dem man
wuchern könnte. Sie aber wollen es, wie wir eben gehört
haben, einer völlig ungeklärten Nutzungsprüfung zu-
gunsten eines Behördenzentrums, das dann ähnlich wie
die Beamtenstadt Wünsdorf leer stehen würde, überant-
worten.

Was wir hier erleben, ist Chaos. Wir brauchen ein ver-
nünftiges Konzept, wie es die FDP übrigens schon 1996,
als der unselige Konsensbeschluss gefasst wurde, an
dem wir bekanntlich nicht beteiligt waren, vorgelegt hat.
Darin haben wir eine Verbindung zwischen dem sich neu
entwickelnden Flughafen in Schönefeld und dem Flug-
hafen Tempelhof mit einer Zugverbindung und einer
Check-in-Funktion Tempelhofs für Schönefeld vorge-
schlagen. All das entspricht dem, was uns heute mit dem
Brunnert-Entwurf als neu vorgestellt wurde; gleich-
wohl sind die Vorschläge völlig richtig. Ich habe heute
lange mit Herrn Brunnert gesprochen. Sein Konzept
passt haargenau zu den Notwendigkeiten der aktuellen
Flugbetriebsituation in Berlin.


(Peter Rzepka [CDU/CSU]: Dann lassen Sie es uns doch prüfen!)


Wenn Sie dieser Stadt etwas Gutes tun und es ermög-
lichen wollen, dass sich auch dieser Flughafen wie die in
München, Frankfurt und anderswo als Jobmaschine ent-
wickelt, dann haben Sie bitte den Mut und zeigen Sie die
Bereitschaft, über Ihren Schatten zu springen. Nehmen
Sie die Konzepte an! Wenn es Ihnen nicht gefällt, sie
„FDP-Vorschläge“ zu nennen, dann nennen Sie sie eben
„Brunnert-Konzept“. Aber kommen Sie endlich in
Fahrt! Stimmen Sie den Vorschlägen zu und helfen Sie,
endlich ein vernünftiges Konzept zu verwirklichen!

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Als letzte Rednerin in dieser Debatte hat die Abge rdnete Edeltraut Töpfer das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das macht die Sache auch nicht besser! Bei aller Wertschätzung für Sie, Frau Kollegin, macht das die Sache nicht besser!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513223700


Edeltraut Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1513223800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ab-

auf der Planung des Großflughafens Berlin-Schönefeld
nd damit einhergehend die Schließung der Flughäfen
empelhof und Tegel ist wahrlich kein Ruhmesblatt
n der Unternehmensgeschichte der Flughafengesell-
chaft Berlin-Brandenburg.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

Bereits zwei Untersuchungsausschüsse des Berliner
bgeordnetenhauses mussten sich seit 1995 mit skanda-
ösen Fehlentwicklungen beschäftigen, die von der Flug-
afengesellschaft zu verantworten waren.


(Werner Lensing [CDU/CSU]: Unglaublich!)

abei handelt es sich um ein Unternehmen, an dem der
und mit immerhin 26 Prozent beteiligt ist. In letzter
eit hat man allerdings den Eindruck, dass die Politik
er Flughafengesellschaft insbesondere in Bezug auf die
eplante Schließung des Flughafens Tempelhof aus-
chließlich vom Gesellschafter Land Berlin bestimmt
ird. Es ist höchste Zeit, dass auch die Bundesregierung
m Aufsichtsrat stärker als bisher ihr Kontroll- und Len-
ungsrecht ausübt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Dazu muss sie wissen, was sie will!)


Nachdem die Flughafengesellschaft Anfang der 90er-
ahre mit dem Kauf von nicht benötigten Grundstücken
m Flughafen Schönefeld rund 250 Millionen Euro im
ahrsten Sinne des Wortes in den märkischen Sand ge-
etzt hat, droht nun dieser Gesellschaft bei der von ihr
orcierten Schließung von Tempelhof erneut ein skandal-
rächtiges Desaster.
Obwohl das Oberverwaltungsgericht Berlin die

chließung des Flughafens Tempelhof als offensichtlich
echtswidrig eingestuft hat, versucht die Geschäftsfüh-
ung nun mit windigen Tricks, den Gerichtsbeschluss
u umgehen, indem sie die Fluggesellschaften und Pas-
agiere mit schikanösen Maßnahmen traktiert. Eine
chließung der Haupthalle des Flughafens kann man nur
ls Schildbürgerstreich bezeichnen.
Auch der Versuch, mit Dumpingangeboten Flugge-

ellschaften nach Tegel zu locken, ist nicht gerade von
eriosität gekennzeichnet. Die Geheimniskrämerei der
lughafengesellschaft um die entsprechenden Verträge
estärkt den Verdacht, dass hier Fluggesellschaften von
ebühren befreit werden bzw. nur reduzierte Gebühren
ezahlen müssen, was eindeutig rechtswidrig wäre. Das






(A) )



(B) )


Edeltraut Töpfer

ist eine Wettbewerbsverzerrung, die nicht hinnehmbar
ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Besonders ein Unternehmen, das ausschließlich von

der öffentlichen Hand getragen wird, darf sich nicht in
dieser Weise verhalten. Es ist die Pflicht des Aufsichtsra-
tes – das gilt auch für die Vertreter der Bundesregie-
rung –, dem schnell und effektiv Einhalt zu gebieten.

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wo-
wereit, und die SPD in Berlin verweisen gern auf den
1996 einvernehmlich zwischen dem Bund, dem Land
Brandenburg und dem Land Berlin – damals noch unter
Führung des Regierenden Bürgermeisters Eberhard
Diepgen – vereinbarten Konsensbeschluss. Dieser Be-
schluss sieht vor, die Aufteilung des Flugverkehrs in
Berlin auf drei Flughäfen zu beenden und stattdessen auf
dem BBI in Schönefeld zu konzentrieren, sobald für
Schönefeld ein bestandskräftiger Planfeststellungsbe-
schluss vorliegt. Zur damaligen Übereinkunft setzt sich
aber der derzeit amtierende Berliner Senat mit seiner
Entscheidung, den Flughafen Tempelhof vorzeitig zu
schließen, eindeutig in Widerspruch. Damals war man
übereingekommen, die Bestandskraft des Planfeststel-
lungsbeschlusses abzuwarten und nicht bereits vorher al-
les daran zu setzen, Tempelhof früher zu schließen.

Gestatten Sie mir, kurz Ihr Augenmerk gezielt auf die
Bedeutung des Flughafens Tempelhof für den Flugver-
kehr, der von Geschäftsleuten aus ganz Deutschland ge-
nutzt wird, sowie auf den Messe- und Kongresstouris-
mus, der viele Geschäftsreisende aus dem Ausland in die
Bundeshauptstadt bringt, zu lenken. Eine derart inner-
städtische Fluganbindung ist für die in Berlin zahlreich
stattfindenden wirtschaftlichen, politischen und sportli-
chen Großereignisse von besonderer Bedeutung.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513223900

Frau Kollegin, versuchen Sie, zum Schluss zu kom-

men. Sie schaffen es bestimmt nicht mehr, Ihre gesamte
vorbereitete Rede zu halten.


Edeltraut Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1513224000

Der Flughafen Tempelhof muss deshalb für den Flug-

betrieb mindestens bis zum Vorliegen eines bestands-
kräftigen Planfeststellungsbeschlusses für den Großflug-
hafen erhalten bleiben. Noch sinnvoller wäre es, den
Flughafen Tempelhof bis zur Inbetriebnahme von Berlin
Brandenburg International offen zu halten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513224100

Ich schließe damit die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/3727 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-

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(C (D erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Obwohl es so spät ist und obwohl es sich um ein Ber iner Thema handelt, soll ich auf Wunsch eines besondeen Abgeordneten die auf der Tribüne versammelten andräte Niederbayerns begrüßen. iel Spaß und Vergnügen in Berlin. Die Nacht ist ja och nicht zu Ende. Ich rufe die Zusatzpunkte 7 a und 7 b auf: a)


(Beifall)


gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Verlängerung der Geltungsdauer der
§§ 100 g, 100 h StPO
– Drucksache 15/3349 –

(Erste Beratung 118. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)

– Drucksache 15/3971 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Joachim Stünker
Hans-Christian Ströbele
Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)

Jörg van Essen

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Jörg van Essen,
Rainer Funke, Sibylle Laurischk, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP
Rechtsstaatlichkeit der Telefonüberwachung
sichern
– Drucksachen 15/1583, 15/3971 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Joachim Stünker
Hans-Christian Ströbele
Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)

Jörg van Essen

Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt ein
nderungsantrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch
nd Petra Pau vor.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat das
ort der Parlamentarische Staatssekretär Alfred
artenbach.

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1513224200

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der
undesregierung wird die Geltungsdauer der § § 100 g
nd 100 h der Strafprozessordnung um drei Jahre, bis






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach

Ende 2007, verlängert. Die Notwendigkeit dieses Ermitt-
lungsinstruments liegt auf der Hand und wird auch von
keiner Seite in Zweifel gezogen. Im Bereich der organi-
sierten Kriminalität dient es unter anderem dazu, Verbin-
dungen und Strukturen von Bandenmitgliedern aufzude-
cken. Bei Straftaten, die mittels Telekommunikation,
etwa im Internet oder per Telefon, begangen werden, ist
es zumeist die einzige Möglichkeit, den Täter zu identi-
fizieren. Der Aufenthalt eines flüchtigen mehrfachen
Mörders konnte bereits mittels dieser Maßnahme, die
auch Auskunft über Standortdaten eines Handys erlaubt,
ermittelt werden.

Rechtsstaatliche Bedenken sind im Grundsatz weder
gegen das Ob noch gegen die derzeitige Ausgestaltung
der Regelungen begründet. Auch das Bundesverfas-
sungsgericht hat in seinem Urteil vom 12. März 2003 in-
soweit keine Bedenken erhoben.

Allerdings stehen diese Bestimmungen in engem Zu-
sammenhang mit den Regelungen zur inhaltlichen Tele-
fonüberwachung nach den §§ 100 a und 100 b StPO,
ohne mit diesen jedoch in allen Punkten – wie etwa bei
der Berücksichtigung von Zeugnisverweigerungsrech-
ten – zu harmonieren.

Mit der jetzigen Verlängerung der Geltungsdauer der
§§ 100 g und § 100 h StPO bekräftigt die Bundesregie-
rung daher ihre bereits bei der Einführung der Vorschrif-
ten Ende 2001 geäußerte Ansicht, dass eine dauerhafte
Regelung dieser Materie nur im Rahmen eines harmoni-
schen Gesamtsystems dieser heimlichen Ermittlungs-
maßnahmen erfolgen kann. Dazu hat die Bundesregie-
rung die erforderlichen Schritte eingeleitet:

Um eine tragfähige rechtstatsächliche Basis für eine
Gesamtnovellierung zu legen, hat das Bundesministe-
rium der Justiz beim Max-Planck-Institut Freiburg ein
Gutachten zu „Rechtswirklichkeit und Effizienz der
Überwachung der Telekommunikation nach den
§§ 100 a, 100 b StPO und anderer verdeckter Ermitt-
lungsmaßnahmen“ in Auftrag gegeben. Der erste Teil
des Gutachtens betrifft die inhaltliche Telekommunika-
tionsüberwachung nach den §§ 100 a und 100 b StPO
und liegt seit Mai 2003 vor. Der zweite Teil des Gutach-
tens betrifft die akustische Wohnraumüberwachung und
wird in Kürze vorliegen.

Geprüft wird derzeit, auf welche Weise dem Ent-
schließungsantrag der Koalition Rechnung getragen
werden kann, demzufolge auch Erkenntnisse über die
rechtstatsächliche Umsetzung der §§ 100 g und
100 h StPO in der Praxis bei der beabsichtigten Gesamt-
novellierung Berücksichtigung finden sollen.

Um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts
aus dem Urteil zur akustischen Wohnraumüberwachung
Rechnung zu tragen, hat das Kabinett zudem im vergan-
genen Monat einen entsprechenden Regierungsentwurf
beschlossen, sodass die vom Bundesverfassungsgericht
gesetzte Frist zum 30. Juni 2005 eingehalten werden
kann.

In einem weiteren Schritt werden diese heimlichen
Ermittlungsmaßnahmen in ein harmonisches Gesamt-
konzept zusammenzuführen sein. Der durch das Auslau-

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(C (D en der §§ 100 g und 100 h StPO zum Ende des Jahres edingte knappe Zeitrahmen reichte dafür nicht aus. Es st daher sachgerecht und notwendig, mit einer Verlängeung der Geltungsdauer der §§ 100 g und 100 h StPO zuächst sicherzustellen, dass dieses wichtige Ermittlungsnstrument unabhängig von der mit Stringenz von der undesregierung weiterverfolgten gesamten Novellieung der §§ 100 a ff. StPO den Strafverfolgungsbehören auch über den 31. Dezember 2004 hinaus zur Verfüung steht. Da mir noch ein bisschen Redezeit bleibt, erlaube ich ir ein letztes Wort zum Änderungsantrag der Abgeordeten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau. Hätten Sie, verhrte Frau Kollegin Pau, gestern auf meine mündliche ntwort zum selben Thema Wert gelegt, dann hätten Sie rfahren, dass die Bundesländer keine eigene Statistik ber die Maßnahmen zu §§ 100 g und 100 h StPO fühen und die Bundesregierung daher auch nicht in der age ist, Auskunft zu erteilen. Wenn Sie einen Antrag tellen, mit dem Sie die Bundesregierung verpflichten ollen, hätten Sie ihn sinnvollerweise um das Verlangen rgänzen müssen, die Länder zu verpflichten, der Bunesregierung entsprechende Daten zur Verfügung zu tellen, wie es in anderen Gesetzen etwa zur Telefonberwachung und der Wohnraumüberwachung der Fall st. Ihr Antrag ist also nichts anderes als billige Makulaur. Ich bedanke mich sehr herzlich. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513224300

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Siegfried Kauder.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Siegfried Kauder (CDU):
Rede ID: ID1513224400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

s muss schon einen Grund gehabt haben, dass man die
§ 100 g und 100 h StPO in einem Zeitgesetz verab-
chiedet hat. Dies kann nur bedeuten, dass es bei Verab-
chiedung dieses Gesetzes gewisse Vorbehalte gegeben
at, die man innerhalb des Zeitraums bis zum 1. Januar
005 bereinigt wissen wollte.
Meine Damen und Herren, diese Bedenken gibt es in

er Tat. Worüber reden wir denn? – Wir reden über
eimliche, verdeckte Ermittlungsmaßnahmen. Daraus
rgeben sich verfassungsrechtliche und rechtstechnische
onsequenzen.
Am 18. Oktober 2004 hat Professor Philipp
eemtsma anlässlich des 25-jährigen Bestehens des
eißen Rings in Hamburg einen bemerkenswerten Vor-

rag gehalten. Professor Reemtsma kann aus eigener Er-
ahrung als Opfer berichten. Er hat die leidvolle Erfah-
ung eines Menschen machen müssen, an dem ein
ravierendes Verbrechen begangen worden ist. Trotzdem
erichtete er ohne Emotionen, sehr differenziert und
hne Hass über ein Thema, das zu dem Thema, das wir
eute zu besprechen haben, sehr gut passt. Er hat sich






(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)


nämlich sehr differenziert mit Verletztenrechten und mit
Beschuldigtenrechten auseinander gesetzt.

Quintessenz seines Vortrags war die Feststellung:
Einen hundertprozentigen Schutz vor Straftaten hat es
nie gegeben, gibt es nicht, wird es nie geben und – das
war das Wichtige – darf es auch nicht geben; denn der
Schutz der Menschen vor Straftaten korrespondiert nicht
mit Freiheits- und Abwehrrechten, die im Grundgesetz
niedergelegt sind, sondern sie stehen einander diametral
gegenüber.

Das Bundesverfassungsgericht hat am 3. März 2004
eine Entscheidung zum großen Lauschangriff gefällt,
die man immer dann im Hinterkopf haben muss, wenn
Grundrechtseingriffe anstehen. Jetzt darf man aber nicht
den Fehler begehen und sagen: Was das Bundesverfas-
sungsgericht zum Lauschangriff entschieden hat, lässt
sich problemlos auf die Telekommunikationsüberwa-
chung übertragen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Problemlos nicht, aber es ist zumindest zu berücksichtigen!)


Das wäre ein Trugschluss, Herr Kollege Ströbele; Sie
wissen das, weil auch Sie Jurist sind.

Der Schutzbereich beim Lauschangriff ergibt sich
aus Art. 13 Grundgesetz – Schutz der Wohnung –;


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Art. 1!)


bei der Telekommunikationsüberwachung ergibt er sich
aus Art. 10 Grundgesetz. Beide Vorschriften haben ver-
schiedene Voraussetzungen. Art. 13 des Grundgesetzes
hat einen so genannten qualifizierten Gesetzesvorbehalt,
während Art. 10 des Grundgesetzes nur einen einfachen
Gesetzesvorbehalt hat. Deswegen ist die Eingriffs-
schwelle bei dem Lauschangriff höher anzusetzen als die
Eingriffsschwelle bei der Telekommunikationsüberwa-
chung.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Art. 1, Herr Kollege! Den haben Sie vergessen!)


Man muss aber auch die Entscheidung des Bundes-
verfassungsgerichts im 100. Band, Seite 313 gelesen ha-
ben. Dort ist festgehalten, dass in Art. 10 des Grundge-
setzes nicht zwischen der Überwachung des Inhalts
eines Telefongesprächs und der Überwachung der
Daten über ein Telefongespräch unterschieden wird.
Im Gesetz sind aber beide Bereiche unterschiedlich gere-
gelt. Die Überwachung des Inhalts eines Telefonge-
sprächs ist in § 100 a Strafprozessordnung geregelt. Die
Überwachung der Telekommunikationsdaten ist in
§§ 100 g und 100 h der Strafprozessordnung geregelt.
Der Gesetzgeber hat also beide Bereiche unterschiedlich
geregelt.

Vergleicht man einmal die Voraussetzungen für die
Überwachung des Inhalts eines Telefongesprächs mit
denen für die Überwachung der Telekommunikationsda-
ten, so stellt man fest: Der Inhalt eines Telefongesprächs
darf nur bei einer der enumerativ in einem Katalog auf-

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(C (D eführten Straftaten abgefragt werden. Geht es um Teleommunikationsverbindungsdaten, ist das Feld weiter eöffnet. Da gelten nicht nur enumerativ aufgeführte traftaten als Voraussetzung, sondern es darf auch konrolliert werden, wenn besonders schwerwiegende Strafaten anstehen. Diese Differenzierung ist unter dem Gesichtspunkt er Bundesverfassungsgerichtsentscheidung im 100. Band, eite 313 höchst fraglich; (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Unsinn!)


enn dort ist festgelegt, dass diese Rechte gleichrangig
ebeneinander stehen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung!)


araus ergeben sich Probleme, die wir unter verfas-
ungsrechtlichen Gesichtspunkten durchleuchten müss-
en.
Ein Gesichtspunkt der Entscheidung des Bundesver-

assungsgerichts zum Lauschangriff ist durchaus auf die
elekommunikationsüberwachung übertragbar: der
ichtervorbehalt. Bei dem großen Lauschangriff kann
ur ein Gremium aus drei Richtern darüber befinden, ob
in solcher Lauschangriff angeordnet wird. Bei der
berwachung von Telekommunikationsdaten genügt ein
ichter, nämlich der Ermittlungsrichter oder der feder-
ührende Richter der Hauptverhandlung. Ist diese Diffe-
enzierung nach modernem Verfassungsrecht noch ge-
echtfertigt? Auch dieser Frage werden wir uns stellen
üssen.
Die gleiche Frage ergibt sich aus der bundesverfas-

ungsgerichtlichen Rechtsprechung zu dem Thema „Für
elchen Zeitraum kann eine Überwachungsmaßnahme
ngeordnet werden?“ Zu Recht, weil es sich aus Art. 13
es Grundgesetzes ergibt, darf der Lauschangriff nur für
ie Dauer eines Monats angeordnet werden. Er darf um
eweils einen Monat bis zu insgesamt sechs Monaten
erlängert werden. Ab dem sechsten Monat hat das
berlandesgericht zu entscheiden, ob der Lauschangriff
ortgesetzt werden darf.
Ganz anders sieht es bei der Überwachung von Tele-

ommunikationseinrichtungen aus. Der Überwachungs-
eitraum, für den die Anordnung erfolgt, beträgt hier
rei Monate. Er darf ständig verlängert werden, ohne
ass das Oberlandesgericht irgendwann aufgerufen
äre, darüber zu befinden.
Das sind Fragen, denen man sich wird stellen müssen.
ir dürfen es nicht dabei bewenden lassen, der Bundes-

egierung zu sagen: Wir treffen uns im Jahre 2007 hier
ieder, um das Gutachten des Max-Planck-Instituts
u evaluieren. Als Gesetzgeber sind wir aufgerufen, je-
en Tag, immer dann, wenn es um Eingriffe in die
rundrechte geht, zu überprüfen, ob die moderne Auf-
assung des Grundgesetzes zum Tragen kommt oder ob
s Lücken gibt, die zu schließen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)


Die Befristung wurde – das darf man durchaus

sagen – ins Gesetz aufgenommen, damit man sich Ge-
danken darüber macht, inwieweit Aussageverweige-
rungsrechte bei Überwachungsmaßnahmen berücksich-
tigt werden müssen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Herr Staatssekretär Hartenbach, in diesem Zusammen-
hang kommt es nicht auf das Gutachten des Max-Planck-
Instituts an. Wenn Sie sich die Bundestagsdrucksache
zum Erlass des Gesetzes zu den §§ 100 g und
100 h StPO anschauen, werden Sie feststellen, dass die
Bundesregierung selbst gesagt hat, dass sie bis zum
Ablauf des Gesetzes eine Vereinheitlichung der Aussa-
geverweigerungsrechte in allen Bereichen – Telekom-
munikationsdatenüberwachung, Inhalt des Telefonge-
sprächs und Lauschangriff – herbeigeführt haben wird.
Es kommt also nicht auf den zweiten, noch ausstehenden
Teil des Gutachtens des Max-Planck-Instituts an.

Warum sage ich das? Nicht aus Häme. Ich bitte viel-
mehr dringend darum, schon jetzt an die Arbeit zu gehen,
sich Gedanken darüber zu machen, wie die uneinheitli-
che Aufsplitterung der Aussageverweigerungsrechte in
den unterschiedlichen Vorschriften aufgelöst und eine
Vereinheitlichung herbeigeführt werden könnte.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was meinen Sie, was wir die ganze Zeit machen? – Gegenruf des Abg. Jörg van Essen [FDP]: Das hören wir jetzt seit Jahren!)


Hierzu sind alle aufgerufen.
Es wird darüber zu sprechen sein, ob nicht eine

Berichtspflicht eingeführt werden sollte. In diesem Zu-
sammenhang bin ich der Bundesregierung durchaus
dankbar. Beim großen Lauschangriff ergibt sich die Be-
richtspflicht aus Art. 13 des Grundgesetzes direkt. Bei
den §§ 100 a, 100 g und 100 h StPO ergibt sich diese Be-
richtspflicht nicht aus Art. 10 des Grundgesetzes; man
könnte sie aber durchaus durch ein einfaches Gesetz – es
gibt dort keinen qualifizierten Gesetzesvorbehalt – ein-
führen. An diesem Aspekt sollte man arbeiten.

Sie sehen also: Wir haben eine umfassende Baustelle
vor uns, die es zu beackern gilt. Wir werden dem Gesetz-
entwurf und dem Antrag der Regierungskoalition zwar,
mit Bauchschmerzen und Bedenken, zustimmen, verbin-
den damit aber die dringende Bitte, sich jetzt schon Ge-
danken zu machen, damit wir nicht in vier Jahren wieder
hier stehen und wieder keine Lösung haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513224500

Zu einer Kurzintervention erhält die Abgeordnete

Petra Pau das Wort.

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(C (D Herr Staatssekretär, Sie unterstellten eben, dass ich estern keinen Wert auf Ihre mündliche Antwort auf eine mündliche Frage gelegt hätte. Ich habe sehr groen Wert auf diese Antwort gelegt und hätte auch sehr roßen Wert auf mein Nachfragerecht gelegt. Nach unserer Geschäftsordnung, Anlage 4, Ziffer 2, erden aber Fragen, die sich auf einen Gegenstand beiehen, der in der Sitzungswoche behandelt wird, nicht ündlich beantwortet, sondern schriftlich. Ich konnte agegen nicht einmal Widerspruch erheben. Insofern abe ich mich darauf vorbereitet, heute die Antragsteller er Koalition nach der Sinnhaftigkeit ihrer Beschlussmpfehlung zu fragen. Sie haben Recht: Über Dinge, die icht vorhanden sind, können Sie nicht berichten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Herr Staatsse retär hat mir gestern mitgeteilt, dass Anlass, Ergebnis nd Anzahl der bisherigen Maßnahmen nach diesem Geetz nicht zu ermitteln sind, weil diese Daten nicht erhoen werden. Damit geht dann aber auch Ihr Entschlieungsantrag vollständig ins Leere, weil Sie einen ericht über den Zeitraum zwischen dem Beginn der irksamkeit dieses Gesetzes bis hin zum Jahre 2007 beehren, und zwar zu Anlass, Ergebnis und Anzahl der isherigen Maßnahmen. Insofern wäre es sinnvoll, heute war eine solche Berichtspflicht, zunächst aber die flicht zur Erhebung dieser Daten zu beschließen. Es äre sinnvoll, einen kürzeren Zeitraum bis zur Vorlage es ersten Berichts festzuhalten. Zur Antwort hat Staatssekretär Hartenbach das Wort. A Ich gebe zu, dass Sie mich mit Ihrem Hinweis auf die eschäftsordnung voll erwischt haben. Aber da Sie eine schriftliche Antwort gestern schon hatten, verhrte Frau Kollegin, halte ich meine Kritik nach wie vor ufrecht. Aus dieser schriftlichen Antwort hätten Sie ämlich ersehen können, dass Ihr heutiger Antrag unollständig ist. Genau in diesem Punkt habe ich Ihren ntrag kritisiert. Zur Erstellung des Berichtes, den die Koalitionsfrak ionen erbeten haben, gibt es neben statistischen Erheungen eine Fülle anderer Möglichkeiten; zum Beispiel önnte ein auf Aktenauswertungen beruhendes wissenchaftliches Gutachten erstellt werden oder es könnten efragungen, Interviews und Ähnliches durchgeführt erden. Die Bundesregierung wird sich da ebenso etwas infallen lassen, wie sie sich in der letzten Legislaturpeiode auch etwas zur Erfüllung des Auftrages des Parlaents im Zusammenhang mit der Rechtmäßigkeit der elefonüberwachung hat einfallen lassen. Das kann ich hnen versichern. (Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1513224600
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513224700
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1513224800






(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513224900

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Christian

Ströbele.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Es sind jetzt viele neue Fragen aufgetaucht. Des-
halb ist es gut, dass wir jetzt darüber debattieren und
nicht, wie ursprünglich geplant, die Reden zu Protokoll
gegeben haben.

Herr Kollege Kauder, ich kann Sie versichern

(Otto Fricke [FDP]: Ihnen!)


– nee, Sie versichern –, dass wir uns schon hingesetzt
haben, allerdings nicht auf die bequemen Bänke der Op-
position, sondern auf die harten Bänke der Regierung,


(Jörg van Essen [FDP]: Das ist doch arrogant wie nur etwas!)


und seit längerer Zeit dabei sind, die Novellierung der
§§ 100 a ff. und damit auch der hier infrage stehenden
Paragraphen vorzunehmen. Das ist schwierige hand-
werkliche Arbeit, weil das Bundesverfassungsgericht,
wie Sie wissen, nicht nur in seiner Entscheidung über
den großen Lauschangriff, sondern auch in anderen Ent-
scheidungen immer wieder neue Kriterien zu bedenken
gegeben hat. Ich hoffe, wir können dieses Vorhaben bald
abschließen und Ihnen das Ergebnis vorlegen.

In der Tat ist es so, dass wir die §§ 100 h und 100 g
im Jahre 2001 novelliert haben, aber zugleich haben wir
die Geltungsdauer der Novelle befristet, weil wir eine
Novellierung des gesamten Komplexes planten. Da-
mals mussten wir ja auch deswegen etwas tun, weil eine
Frist ablief. Deshalb haben wir das getan, was wir bis zu
diesem Zeitpunkt einigermaßen schnell hinbekommen
konnten. Sie haben übrigens vergessen, zu erwähnen,
dass Sie über zehn Jahre lang mit der Anwendung des
§ 12 FAG eine Vorschrift angewendet haben, die, um das
einmal ganz milde zu formulieren, viele datenschutz-
und verfassungsrechtliche Bedenken aufgewiesen hat.


(Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: 1992! – Zurufe von der FDP)


Wir haben im Jahre 2001 dafür gesorgt, dass in die Straf-
prozessordnung eine Vorschrift aufgenommen wurde
– dort gehört dieser Komplex ja auch hin –, die einiger-
maßen verfassungs- und datenschutzrechtlichen Erfor-
dernissen entsprach.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: 1992!)


Schon damals wollten wir die Rechte von Berufsge-
heimnisträgern – Rechtsanwälte, Geistliche, Abgeord-
nete, aber auch Journalisten – respektieren und ihr
Vertrauensverhältnis zu ihren Klienten unter einen be-
sonderen Schutz stellen. So haben wir in einer Art Zwi-
schenlösung einige dieser Berufsgeheimnisträger, auf
die wir uns einigen konnten, im Gesetz in der Form ge-
schützt, dass keine Auskünfte über ihre Telekommunika-

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(C (D onsverbindungen gegeben werden dürfen. Wir haben ber zugleich die Geltungsdauer dieser Vorschriften beristet, weil wir eine Angleichung an die Regelungen des 100 a StPO vorhatten, in dem es um die inhaltliche Tefonüberwachung geht, aber noch nicht wussten, wie ie konkreten Regelungen aussehen sollten. Damit wolln wir den Gesetzgeber, also uns alle, zwingen, rechteitig wieder tätig zu werden und den im Augenblick errschenden Zustand zu beenden, dass zwar die äußeen Kommunikationsdaten von einigen der Berufsgeeimnisträger geschützt sind – also wer mit wem wie nge telefoniert hat –, aber nicht die Inhalte. In dem Beeich, in dem es um die Inhalte geht, um den Eingriff in as Recht auf informationelle Selbstbestimmung der ürgerinnen und Bürger, haben wir keinen solchen chutz. Das ist ein Ungleichgewicht, das beseitigt weren muss und das im Rahmen der Novellierung auch beeitigt werden wird. Da können Sie ganz sicher sein; daan arbeiten wir. Das ist der Grund für die Befristung. Da wir aber bis zum Ende des Jahres mit der Gesamt egelung nicht zurande kommen, müssen wir nun eine erlängerung der Befristung herbeiführen. Ich mache berhaupt kein Hehl daraus, dass mir eine kürzere Frist eber gewesen wäre, dass ich eine Frist von einem oder öchstens zwei Jahren für angemessen gehalten hätte. ber ich habe mich damit nicht durchgesetzt; das nehme h zur Kenntnis. Es gibt aber Gründe, die Auseinandersetzung über die egelung dieser Materie nicht in Wahlkampfzeiten hieinzutragen. (Jörg van Essen [FDP]: Wir haben doch immer Wahlkampf, Herr Kollege!)


enn Wahlkampfzeiten sind erfahrungsgemäß keine be-
onders guten Zeiten, um mehr Bürgerrechte ins Gesetz
ufzunehmen. Wahlkampfzeiten sind leider – das be-
aure ich selber außerordentlich – Zeiten, in denen sehr
iel mit Polemik gearbeitet wird.


(Otto Fricke [FDP]: Was Sie ja nie tun! – Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: Dieses Thema wird die Wahl sicher nicht entscheiden!)


eshalb ist die Befristung jetzt so geregelt worden, dass
is zum Ende des Jahres 2007 erstens nachgedacht wer-
en kann und zweitens Daten erhoben werden können.
ie Daten sollen bis Mitte des Jahres 2007 vorliegen.
Um zu dem Petitum der Abgeordneten der PDS zu

ommen: Das ist ja von der Humanistischen Union über-
ommen worden. Es ist eine gute Idee, zu sagen, wir
erpflichten die Länder, endlich die Daten zu liefern, um
ine vernünftige Datenbasis zu erhalten. Nur, Frau Kol-
gin Pau, wenn wir das ins Gesetz schreiben, dann wird
ieses Gesetz zustimmungspflichtig, und so, wie die
änder im Augenblick gestrickt sind und die Mehrheiten
Bundesrat aussehen, wird das Gesetz dann im Bun-

esrat sicher angehalten werden, sodass es nicht zur
ammlung der Daten kommt. Deshalb haben wir den
ichtigeren Weg gewählt – denn unser Weg ist realisier-
ar –, indem heute wir einen Entschließungsantrag mit






(A) )



(B) )


Hans-Christian Ströbele

verabschieden, bei dem die Bundesregierung aufgefor-
dert – nicht gebeten, sondern aufgefordert – wird, die
Daten für die Novellierung rechtzeitig vorzulegen. Die
Bundesregierung wird diesem Auftrag nachkommen
müssen, vor allem wenn alle Fraktionen des Deutschen
Bundestages hinter diesem Auftrag stehen. So sieht es ja
im Augenblick aus. Deshalb bin ich guten Mutes, dass
wir am Ende eine verlässliche Datengrundlage haben
werden.

Ich versichere allen, dass wir im Rahmen der gesam-
ten Novellierung auch diese Paragraphen novellieren
und noch weiter an verfassungsrechtliche und daten-
schutzrechtliche Erfordernisse angleichen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513225000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Jörg van Essen.

Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1513225100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir werden als FDP-Bundestagsfraktion der Verlänge-
rung zustimmen. Wir werden auch die Aufforderung mit
unterstützen, dass Daten gesammelt werden, denn auch
wir halten das für notwendig.

Ich hätte mir allerdings, Herr Kollege Ströbele, ge-
wünscht, dass das als gesetzliche Pflicht festgeschrieben
wird. Denn ich erlebe in einem anderen Bereich immer,
in dem ich persönlich sehr aktiv bin, nämlich im Bereich
der Telefonüberwachung nach § 100 a der Strafprozess-
ordnung, dass wir nur aufgrund meiner jährlichen Nach-
frage über die notwendigen Daten verfügen können.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso sind Sie da so aktiv?)


– Das kann ich gerne schnell aufklären: Seitdem ich im
Deutschen Bundestag bin, frage ich genau diese Daten
nach. Es gibt Gott sei Dank eine Rechtsstaatspartei in
diesem Land, die sich für diese Frage interessiert.


(Beifall bei der FDP)

Ihre Fraktion hat das nie getan, Frau Kollegin.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist jetzt aber ziemlich arrogant, Herr Kollege!)


Deswegen freue ich mich sehr, dass wir jedes Jahr die
Entwicklung beobachten können. Zum Beispiel bereitet
es mir große Sorge, wenn ich sehe, dass bei den Telefon-
überwachungen in Berlin, das hier an der Spitze liegt
– vielleicht auch wegen seiner Kriminalitätsentwick-
lung –, jetzt wieder eine Steigerung um 70 Prozent zu
verzeichnen ist. Ich habe deshalb die FDP-Kollegen im
Berliner Abgeordnetenhaus gebeten, dem Thema nach-
zugehen und nach Erklärungen dafür zu suchen.

Mich ärgert ganz außerordentlich, dass – da zeigt sich
wieder, wer eine Rechtsstaatspartei ist und wer nicht –


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Nun wird es lächerlich! Das ist nicht einmal mehr arrogant!)


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(C (D nser Antrag zur Sicherung der Rechtsstaatlichkeit der elefonüberwachung heute abgelehnt wird. Denn die orderungen, die wir dort stellen, sind alle berechtigt. rstens fordern wir nämlich den jährlichen Bericht, en ich gerade angesprochen habe. Zweitens fordern wir ie Bundesregierung auf – Herr Kollege Kauder hat die ntsprechende Fragestellung deutlich herausgearbeitet –, ie richterliche Überwachung zu verbessern. Das ist ringend erforderlich. Beispielsweise hat die Untersuhung durch die Universität Bielefeld deutlich gemacht, ass etwa ein Viertel der richterlichen Anordnungen zu eanstanden ist. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind wir dran, Herr Kollege!)


ie richterliche Überwachung zu verbessern ist eine
orderung, die wir an die Bundesregierung stellen. Wa-
um sie diese ablehnt, verstehe ich nicht.
Ich denke, dass das Prozedere insgesamt bei der Tele-

onüberwachung verbessert werden muss.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir machen das! Wir sind der Gesetzgeber!)


ch selbst komme aus der Justiz. Ich weiß, dass wir als
berstaatsanwälte und Staatsanwälte diese Anträge im-
er vorformuliert haben, sodass der Richter nur unter-
chreiben musste. Wenn er ablehnte, musste er die ent-
prechende Begründung selbst formulieren. Dadurch
urde es den Richtern leicht gemacht.
Weil es sich um einen wesentlichen und tiefen Ein-

riff in die Intimsphäre und Persönlichkeitssphäre han-
elt – das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum
bhören in Wohnungen zeigt unsere Verpflichtung –,
üssen wir in diesem Bereich die richterliche Kontrolle
erbessern.
All diese Forderungen der FDP werden von der
oalition abgelehnt. Mich ärgert das. Ich fordere Sie
och einmal auf, unserem Antrag zuzustimmen. Es dient
ns allen und der Rechtsstaatlichkeit in unserem Land.
Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513225200

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Joachim Stünker.


Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1513225300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir werden gleich die Geltungsdauer von zwei Vor-
chriften der Strafprozessordnung, die wir im Jahre 2001
ach den Terroranschlägen in New York einstimmig in
ie Strafprozessordnung hingeschrieben haben, verlän-
ern. Damals hatten wir den problematischen § 12 FAG
bgelöst. Diese Vorschriften benötigen die Ermittlungs-
ehörden, um insbesondere im Bereich der organisierten
riminalität ihre Arbeit zu machen. Es ist daher gut,
ass wir die Verlängerung ihrer Geltungsdauer einver-
ehmlich beschließen werden.






(A) )



(B) )


Joachim Stünker


(Jörg van Essen [FDP]: Wie lange mussten wir Sie dazu drängen!)

Herr Kollege van Essen, Sie haben von der Rechts-

staatspartei FDP gesprochen. Wir werden im Zusam-
menhang mit der Novellierung der § § 100 a ff. der
Strafprozessordnung, an der wir sehr intensiv arbeiten,
diese Diskussion gemeinsam in diesem Hohen Haus zu
führen haben. Ich bin gespannt, ob das, was hier akade-
misch vom Katheder dazu gesagt wurde, auch politisch
von Ihnen gehalten werden kann. Auf die Diskussion bin
ich wirklich gespannt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir wollten heute Abend die Reden zu diesem Punkt
eigentlich zu Protokoll geben, weil es schon spät gewor-
den ist und weil wir alle im Augenblick kein Problem in
der Verlängerung sehen. Aber Herr Kollege Kauder
wollte gerne reden. Darum sind wir jetzt noch hier.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Es hat sich gelohnt! – Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/CSU]: Reden Sie ungern?)


– Ich muss nicht immer reden, Herr Kauder. Das muss
wirklich nicht sein.

Interessanterweise werden die Reden zum Tagesord-
nungspunkt 17 zu Protokoll gegeben, in dem es um die
erste Lesung eines Regierungsentwurfes eines Gesetzes
zur Neuregelung der präventiven Telekommunikations-
und Postüberwachung durch das Zollkriminalamt geht.
Darüber werden wir noch in diesem Jahr die Entschei-
dung zu treffen haben. Ich bin auf die Diskussion mit Ih-
nen gespannt und darauf, ob Sie auch in diesem Punkt,
in dem es um Vorfeldermittlungen in einem hoch sensib-
len Bereich geht, genauso rechtsstaatlich argumentieren
werden wie heute Abend.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Noch in diesem Jahr werden Sie den Beweis erbringen
können,


(Jörg van Essen [FDP]: Wir werden Sie nicht enttäuschen!)


ob Sie, Herr van Essen, in der Lage sind, das, was Sie
heute Abend akademisch in Ihrer Rede ausgeführt ha-
ben, politisch zu halten. Sie werden uns dabei an Ihrer
Seite haben.

Wir haben nur eine kurze Frist. Herr Kollege
Ströbele, wir beide haben schon darüber gesprochen.
Wir haben dafür gesorgt, dass der Rechtsausschuss fe-
derführend ist. Die federführende Beratung sollte eigent-
lich im Finanzausschuss stattfinden. Ich freue mich auf
die Diskussion in den nächsten Wochen und bedanke
mich, dass wir heute Abend das Gesetz einstimmig ver-
abschieden werden.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr gut!)


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(C (D Ich schließe damit die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Verlängeung der Geltungsdauer der § § 100 g und 100 h der trafprozessordnung. Der Rechtsausschuss empfiehlt nter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 5/3971, den Gesetzentwurf anzunehmen. Es liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten r. Gesine Lötzsch und Petra Pau vor, über den wir zurst abstimmen. Wer stimmt für den Änderungsantrag uf Drucksache 15/3989? – Wer stimmt dagegen? – Entaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen es ganzen Hauses gegen die Stimme der Abgeordneten au abgelehnt worden. Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf zu timmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit den timmen des ganzen Hauses gegen die Stimme der Abeordneten Pau in zweiter Beratung angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Sie dürfen sich jetzt erheben, enn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Wer timmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st mit den Stimmen des ganzen Hauses gegen die timme der Abgeordneten Pau angenommen worden. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung, Druck ache 15/3971, empfiehlt der Ausschuss, eine Entschlieung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Bechlussempfehlung ist mit den Stimmen des ganzen auses angenommen worden. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, Druck ache 15/3971, zu dem Antrag der Fraktion der FDP mit em Titel „Rechtsstaatlichkeit der Telefonüberwachung ichern“. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 3 seiner Bechlussempfehlung, den Antrag auf Drucksache 15/1583 bzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung es Ausschusses? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der SPD nd des Bündnisses 90/Die Grünen gegen die Stimmen er FDP und der Abgeordneten Pau bei Enthaltung der DU/CSU angenommen. Ich rufe die Zusatzpunkte 8 a und 8 b auf: a)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513225400

und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Die Ukraine nach der EU-Osterweiterung und
vor den Präsidentschaftswahlen am 31. Okto-
ber 2004
– Drucksache 15/3958 –

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Nolte, Dr. Friedbert Pflüger, Dr. Wolfgang






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Bötsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Für eine demokratische und freie Präsidenten-
wahl 2004 in der Ukraine
– Drucksachen 15/3799, 15/3968 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Marianne Tritz
Dr. Friedbert Pflüger
Harald Leibrecht

Die Abgeordneten Nolte, Steenblock, Leibrecht und
Grund haben gebeten, ihre Reden zu Protokoll geben zu
dürfen.1) Sind Sie damit einverstanden? – Dann verfah-
ren wir so.

Dann spricht jetzt zu diesem Punkt ausschließlich die
Abgeordnete Jelena Hoffmann. Ich eröffne für sie die
Aussprache.


Jelena Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID1513225500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Als ich gehört habe, dass alle Kolleginnen
und Kollegen ihre Rede zu Protokoll gegeben haben,
habe natürlich auch ich mir überlegt, ob ich meine Rede
zu Protokoll gebe.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Sie sehen: Ich habe es nicht gemacht.

(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wir hören es vor allem!)

Wir reden nun nicht jeden Tag über das landschaftlich

wunderschöne Land Ukraine. Deshalb erlaube ich mir,
zehn bis zwölf Minuten Ihrer geschätzten Zeit in An-
spruch zu nehmen.


(Beifall des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD] – Claudia Nolte [CDU/CSU]: In der letzten Sitzungswoche haben wir auch über dieses Thema gesprochen!)


Denn ich denke, dass das diesem Land gerecht wird und
wir dadurch unsere Verbundenheit zeigen. Ich bedanke
mich natürlich dafür, dass Sie alle um diese Zeit noch
hier sind.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ausschließlich wegen der Ukraine!)


Die Ukraine liegt geographisch mitten in Europa und
ist mit 48 Millionen Menschen einer der größten unserer
neuen europäischen Nachbarstaaten. Wir sollten – darin
sind wir uns einig – die Entwicklung in den postkom-
munistischen Staaten mit einem kritischen Auge beo-
bachten. Allerdings bin ich der Überzeugung, dass wir
drei Dinge beachten sollten, wenn wir unseren neuen
Nachbarn klar machen wollen, dass uns nicht nur an blo-
ßer Kritik gelegen ist, sondern dass wir ein wirkliches

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w1) Anlage 5

(C (D nteresse an einer gut funktionierenden Nachbarschaft aben: (Claudia Nolte [CDU/CSU]: Das ist wohl wahr!)


Erstens sollten wir uns überlegen, was unsere Nach-
arn in den letzten Jahrzehnten durchgemacht haben. Im
all der Ukraine ist dazu festzuhalten, dass sie sich erst
m 13. Jahr ihrer Unabhängigkeit befindet. Sie ist ein
and, das von der Kiewer Rus bis zur Sowjetunion über
ahrhunderte nur diktatorische Herrschaften erfahren
at und sich erst in den letzen 13 Jahren unabhängig und
emokratisch entwickeln konnte.
Zweitens. Auch wenn in der letzten Zeit mehr von der

ositiven ökonomischen Entwicklung in der Ukraine die
ede ist und im politischen Bereich eher eine Stagnation
estzustellen ist, müssen wir doch gewisse Fortschritte
uf dem Wege der Demokratisierung des Landes er-
ennen und auch anerkennen.
Drittens sollten wir bei aller Kritik, die wir an den ge-

enwärtigen politischen Verhältnissen in der Ukraine
ben und üben müssen, grundsätzlich klar machen, dass
ir Beratung und Hilfestellung anbieten, um die Ver-
ältnisse zu verbessern.
Alle – ich unterstreiche: alle – Bundesregierungen der

etzten zehn Jahre haben diese Linie von kritischer und
onstruktiver Begleitung der Entwicklung der Ukraine
onsequent verfolgt. Ich finde es jedenfalls der Größe
nd der Bedeutung der Ukraine angemessen, dass wir
it den deutsch-ukrainischen Regierungskonsultationen
as höchste Niveau zwischenstaatlicher Zusammenar-
eit pflegen.
Über zehn Jahre haben wir in der Ukraine im Rahmen

es Transform-Programms ganz konkrete Hilfen in den
erschiedensten Bereichen geleistet. Ich bin sehr froh zu
ören, dass die bilaterale Projektzusammenarbeit mit der
kraine auch nach der Beendigung des Transform-Pro-
ramms in diesem Jahr nicht beendet wird. Vielmehr
erden Anfang November in Kiew Regierungsgesprä-
he über die Ausgestaltung der künftigen bilateralen Zu-
ammenarbeit geführt. Ebenso bin ich froh darüber, dass
ie Europäische Kommission und die ukrainische Regie-
ung in diesem Jahr einen Aktionsplan der EU für die
kraine ausgehandelt haben. Übrigens bin ich über-
eugt, dass wir als größter Mitgliedstaat der EU hier eine
esondere Verpflichtung haben.
Mit der jahrelangen Kooperation hat die Bundesregie-

ung aber noch viel mehr erreichen können. Sie hat mit
iesen konkreten, praktischen Hilfestellungen eine Ver-
rauensbasis zum neuen Nachbarn Ukraine aufgebaut.
uf dieser Vertrauensbasis wird es uns Parlamentariern
berhaupt erst möglich, glaubwürdig Kritik an demokra-
ischen Defiziten zu üben. Das muss uns allen klar sein.
Damit komme ich zu den vorliegenden Anträgen.
eide Anträge sollen – neben einem kritischen Blick auf
ie demokratische Entwicklung im Lande – der ukraini-
chen Regierung und dem Parlament signalisieren, wie
ichtig freie und faire Wahlen am 31. Oktober für das






(A) )



(B) )


Jelena Hoffmann (Chemnitz)


Land selbst sowie für die zukünftigen Beziehungen mit
Deutschland sind.

Wenn ich allerdings den Antrag der Union zur Präsi-
dentschaftswahl in der Ukraine lese, dann frage ich mich
doch, was damit erreicht werden soll. Einige Formulie-
rungen des Antrages der Union scheinen mir unklar, ja
sogar falsch und missverständlich.

Sie reden in Ihrem Antrag von einer Vorlage für eine
Reform des Wahlgesetzes, die bewirken soll, dass die
Opposition bei den Stimmauszählungen dabei sein kann.
Davon ist bisher nichts bekannt. Könnte es sein, dass Sie
vielleicht nicht die Opposition, sondern NGOs meinen?
Natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union,
kann und muss man sich dafür einsetzen, dass die NGOs
zur Wahlbeobachtung zugelassen werden, aber nicht
so, wie Sie es in Ihrem Antrag getan haben. Wir können
das auf parlamentarischer Ebene tun. Ich habe an viele
Kolleginnen und Kollegen in der Verkhovna Rada einen
Brief geschrieben und sie gebeten, sich mit diesem Pro-
blem noch einmal auseinander zu setzen. Die parteipoli-
tische Opposition kann ohnehin die Wahlen beobachten.
Das Parlament hat dazu eine eigene Kommission einge-
richtet. In dieser Kommission sind alle Parteien vertre-
ten.

Ich will nicht falsch verstanden werden. Ich sage
nicht, dass bei Wahlen in der Ukraine alles in Ordnung
war. Auch wir machen uns berechtigte Sorgen über den
Ablauf der Wahl am 31. Oktober. Doch wie ich schon
vor drei Wochen sagte, ist der Antrag der Union mit hei-
ßer Nadel gestrickt worden. Man sollte sich überlegen,
ob diese Art von Außenpolitik dem Land und unseren
Beziehungen zur Ukraine gerecht wird. Deshalb haben
wir gestern im Auswärtigen Ausschuss den Antrag abge-
lehnt.

Auch wir fordern in unserem Antrag, dass die Präsi-
dentschaftswahl entsprechend den Standards und Krite-
rien der OSZE und des Europarates abgehalten werden.
Das ist ein Punkt, in dem wir uns mit der Union einig
sind: Freie, gleiche und geheime Wahlen sind für unser
Demokratieverständnis die Basis unserer nachbarschaft-
lichen Beziehungen. Dasselbe gilt, so denke ich, auch
für die Forderungen nach Pressefreiheit und freier
Wahlberichterstattung sowie die Absage an Wahlemp-
fehlungen durch Vertreter staatlicher Institutionen. Auch
wir müssen uns mit Empfehlungen zurückhalten. Ich
habe bei diesen Wahlen natürlich einen Lieblingskandi-
daten, aber den Namen verrate ich hier heute nicht.


(Jörg van Essen [FDP]: Ach, wie schade!)

– Ich habe gewusst, dass Sie das sagen.

Das ukrainische Volk soll aber die Möglichkeit haben,
frei zu wählen; darum geht es uns in erster Linie. Gerade
darauf achten viele Wahlbeobachter. Einige davon sind
schon seit längerer Zeit im Lande, noch mehr werden zu
den Wahlen anreisen. Ich selbst und, wie ich erfahren
habe, auch einige Kollegen aus unserem Parlament wer-
den nächste Woche in die Ukraine – nach Kiew und auch
in andere Regionen – reisen und ganz konkret beobach-
ten, wie die Wahlen stattfinden.

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(C (D Eine besondere Bedeutung hat für jeden demokratichen Staat die Entwicklung einer offenen Bürgergeellschaft. Dank vieler Projekte und Kooperationen mit eutschen Parteien und politischen Stiftungen, mit GOs und Kirchen ist in der Ukraine in den vergangeen 13 Jahren vieles erreicht worden. Das verdient hohe nerkennung. Doch Anerkennung alleine reicht nicht us. Für eine wirklich nachhaltige Kooperation der Ziilgesellschaften unserer Länder muss eine weitere Förerung und Vertiefung des Dialogs stattfinden. Meine ersönliche Auffassung geht darüber hinaus: Ich würde ir sogar einen Dialog der Zivilgesellschaften wünchen, der im institutionellen Rahmen organisiert ist. Vor ungefähr einem Monat hat die Deutsch-Ukraini che Parlamentariergruppe unter meiner Leitung eine eise in die Ukraine unternommen. Wir haben in Kiew, dessa, Dnepropetrovsk und Lviv Gespräche mit Politiern, Unternehmern, Kirchen und NGOs geführt. Wir aben auch die neue europäische Grenze besucht. Bei alen Gesprächen und Veranstaltungen haben wir, sechs olitikerinnen und Politiker des Bundestages, über alle raktionen hinweg immer wieder unseren Wunsch, ja ogar die Forderung nach freien und fairen Wahlen deutich gemacht. Beide Worte, frei und fair, stehen als ynonym für die Demokratie. Diese Botschaft möchte ch mit unserer heutigen Debatte an die Kolleginnen und ollegen der Werchowna Rada und an das ukrainische olk senden. Ich bedanke mich noch einmal für Ihre Geduld und ufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1513225600

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der

raktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf
rucksache 15/3958 mit dem Titel „Die Ukraine nach
er EU-Osterweiterung und vor den Präsidentschafts-
ahlen am 31. Oktober 2004“. Wer stimmt für diesen
ntrag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der An-
rag ist angenommen mit den Stimmen der SPD, des
ündnisses 90/Die Grünen und der FDP gegen die Stim-
en der CDU/CSU.
Zusatzpunkt 8 b: Beschlussempfehlung des Auswärti-

en Ausschusses auf Drucksache 15/3968 zu dem An-
rag der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Für eine
emokratische und freie Präsidentenwahl 2004 in der
kraine“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag abzu-
ehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
ehlung ist angenommen mit den Stimmen der SPD und
es Bündnisses 90/Die Grünen gegen die Stimmen der
DU/CSU und der FDP.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neure-
gelung der präventiven Telekommunikations-






(A) (C)



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
und Postüberwachung durch das Zollkrimi-
nalamt (NTPG)

– Drucksache 15/3931 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

Die Abgeordneten Stünker, Müller (Erlangen),
Ströbele und Funke sowie die Parlamentarische Staatsse-
kretärin Hendricks haben gebeten, ihre Reden zu Proto-
koll geben zu dürfen.1)
Sind Sie einverstanden? – Das ist der Fall.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwur-
fes an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
vorgeschlagen, wobei die Federführung, abweichend
von der Tagesordnung, beim Rechtsausschuss liegen

Nr. 3820/85 und (EWG) Nr. 3821/85 des Rates
über Sozialvorschriften für Tätigkeiten im
Kraftverkehr
KOM (2003) 628 endg.; Ratsdok. 15688/03
– Drucksachen 15/2373 Nr. 2.47, 15/3578 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Uwe Beckmeyer

Hier haben die Abgeordneten Beckmeyer, Sebastian,
Hofbauer, Hettlich und Friedrich (Bayreuth) sowie die
Parlamentarische Staatssekretärin Mertens gebeten, ihre
Reden zu Protokoll geben zu dürfen.2) – Offensichtlich
sind Sie damit einverstanden. Dann verfahren wir so.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/3637 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie einverstan-
soll. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist
nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 18 a und 18 b auf:
a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-

regierung
Bericht der Bundesregierung zur Situation des
deutschen Güterkraftverkehrsgewerbes im
europäischen Wettbewerb
– Drucksache 15/3637 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen (14. Ausschuss) zu der Unter-
richtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates über Mindestbedin-
gungen für die Durchführung der Richtlinie
2002/15/EG sowie der Verordnung (EWG)


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1) Anlage 6 2)
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en? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
chlossen.
Tagesordnungspunkt 18 b: Beschlussempfehlung des
usschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu
er Unterrichtung durch die Bundesregierung über einen
orschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parla-
ents und des Rates über Mindestbedingungen für die
urchführung der Richtlinie sowie der Verordnung des
ates über Sozialvorschriften für Tätigkeiten im Kraft-
erkehr. Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der
nterrichtung durch die Bundesregierung eine Ent-
chließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthal-
ungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen.
Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tages-

rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-

estages ein auf morgen, Freitag, den 22. Oktober 2004,
Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.