Protokoll:
15129

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 129

  • date_rangeDatum: 30. September 2004

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 21:21 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/129 der CDU/CSU: Wohneigentumsförde- rung weiterhin notwendig (Drucksache 15/3714) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . Heinz Seiffert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Hans Eichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Seiffert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Hans Eichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ortwin Runde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . – zu dem Antrag der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, Dr. Peter Paziorek, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der CDU/CSU: Energiepolitik ist Standortpolitik – zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Zukunfts- programm Energie vorlegen – zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Strom- rechnungen transparent gestalten – zu dem Antrag der Abgeordneten 11694 B 11694 C 11697 A 11699 A 11699 B 11699 C 11701 D 11702 B 11706 A 11707 C Deutscher B Stenografisch 129. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 13, 17, 29 und 31 c und d . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur finanziellen Unterstützung der Innovationsoffensive durch Abschaf- fung der Eigenheimzulage (Drucksachen 15/3781, 15/3821). . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Klaus Minkel, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion W K J D A N T a 11693 A 11694 A 11694 A 11694 B Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Minkel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 11709 A 11711 B undestag er Bericht ung 30. September 2004 t : olfgang Spanier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . laus Minkel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . oachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ietrich Austermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 4: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit 11713 A 11713 C 11714 A 11716 C 11718 C 11720 A 11721 C Gudrun Kopp, Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 Nationales Energieprogramm vorle- gen – Planungssicherheit für Wirt- schaft und Verbraucher herstellen (Drucksachen 15/1349, 15/367, 15/761, 15/2760, 15/3389) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Keine neue Regulierungsbe- hörde – Bundeskartellamt als Wettbe- werbsbehörde stärken (Drucksache 15/823) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Christoph Hartmann (Homburg), Dr. Andreas Pinkwart, Gudrun Kopp, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Lage der Bürger in den Steinkohlerevieren an Saar und Ruhr in den Fokus rücken (Drucksache 15/3509) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Dr. Andreas Pinkwart, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Staatseingriffe minimieren – Energiegipfel nutzen (Drucksache 15/3809) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Müller (Düsseldorf) (SPD) . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Bietmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Julia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- b c d e f g Z a b 11722 A 11722 B 11722 C 11722 C 11722 C 11725 A 11727 A 11728 B 11730 B 11731 A 11733 A 11735 B 11736 B 11737 B 11738 C 11739 A 11742 A zes zum Ausschluss von Dienst-, Amts- und Versorgungsbezügen von den Ein- kommensanpassungen 2003/2004 (An- passungsausschlussgesetz) (Drucksache 15/3783) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Aufenthaltsgeset- zes und weiterer Gesetze (Drucksache 15/3784) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Übereinkommens vom 29. Mai 1990 zur Errichtung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (Drucksache 15/3785) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Gräbergesetzes (Drucksache 15/3753) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zum EU-Truppenstatut vom 17. No- vember 2003 (Drucksache 15/3786) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Beschluss der im Rat der Europäischen Union vereinigten Vertre- ter der Regierungen der Mitgliedstaa- ten vom 28. April 2004 betreffend die Vorrechte und Immunitäten von ATHENA (Drucksache 15/3787) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Welt- bevölkerung und Entwicklung – zehn Jahre nach Kairo (Drucksache 15/3812 ) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 2: ) Antrag der Abgeordneten Sibylle Pfeiffer, Dr. Christian Ruck, Annette Widmann- Mauz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Weltbevölke- rungspolitik zehn Jahre nach Kairo (Drucksache 15/3798) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas Strobl (Heilbronn), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU: Foto- tafeln zum 17. Juni 1953 erhalten (Drucksache 15/3800) . . . . . . . . . . . . . . . 11743 D 11743 D 11744 A 11744 A 11744 A 11744 A 11744 B 11744 B 11744 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 III Tagesordnungspunkt 31: a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 29. Januar 2003 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizerischen Bundesrat über Bau und Erhaltung einer Autobahnbrücke über den Rhein zwischen Rheinfelden (Baden-Württem- berg) und Rheinfelden (Aargau) (Drucksachen 15/3178, 15/3833) . . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Vor- schriften über die Amtshilfe im Bereich der Europäischen Union sowie zur Um- setzung der Richtlinie 2003/49/EG des Rates vom 3. Juni 2003 über eine ge- meinsame Steuerregelung für Zahlun- gen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten (EG- Amtshilfe-Anpassungsgesetz) (Drucksachen 15/3679, 15/3788, 15/3820, 15/3827, 15/3845) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e)–h) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 145, 146, 147 und 148 zu Petitionen (Drucksachen 15/3728, 15/3729, 15/3730, 15/3731) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Inter- nationalen Sicherheitsunterstützungs- truppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolu- tionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003 und 1563 (2004) vom 17. September 2004 des Sicherheitsrats der Vereinten Natio- nen (Drucksachen 15/3710, 15/3826, 15/3835) b) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Günther Friedrich Nolting, Dr. Werner Hoyer, Helga Daub, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Mandat für Kabul und Kun- duz/Faizabad trennen (Drucksachen 15/3712, 15/3825 ) . . . . . . . in Verbindung mit Z A P D u k ( D D W D J C R P G D N E Z A ti D s r L K D D K D M G E A D P W F H 11744 D 11745 A 11745 B 11745 D 11746 A usatztagesordnungspunkt 3: ntrag der Abgeordneten Dr. Friedbert flüger, Christian Schmidt (Fürth), r. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter nd der Fraktion der CDU/CSU: Für ein onsequentes Engagement in Afghanistan Drucksache 15/3801) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Friedbert Pflüger (CDU/CSU) . . . . . . . . . infried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . oseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . hristian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU) . . . . . ainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . ert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD) . . . . . . r. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . amentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . rgebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 4: ktuelle Stunde auf Verlangen der Frak- onen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ IE GRÜNEN: Pläne der CDU zur Ein- chränkung von Arbeitnehmer- und Sozial- echten udwig Stiegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arl-Josef Laumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agmar Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erd Andres, Parl. Staatssekretär BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . nette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Reinhard Göhner (CDU/CSU) . . . . . . . . . etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Grotthaus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . ranz Romer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . ans-Werner Bertl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 11746 A 11746 B 11747 B 11749 A 11749 D 11751 C 11753 B 11754 B 11755 C 11756 A 11756 C 11795 B 11759 D 11758 B 11762 A 11763 B 11764 C 11765 D 11767 C 11769 A 11770 B 11772 A 11773 C 11774 D 11776 A 11776 C 11778 A 11779 A IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 Tagesordnungspunkt 6: Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Heinz Riesenhuber, Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Nachhaltige Stär- kung des Mittelstands durch Innovations- förderung (Drucksachen 15/1782, 15/3457) . . . . . . . . . . Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) . . . . . . . Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Christian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Erika Ober, Karin Kortmann, Detlef Dzembritzki, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Thilo Hoppe, Hans- Christian Ströbele, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Globale Bekämpfung von HIV/Aids intensivieren – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Conny Mayer (Freiburg), Dr. Christian Ruck, Annette Widmann-Mauz, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU: Entwicklungspolitik muss Bekämp- fung von HIV/Aids verstärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrich Heinrich, Markus Löning, Dr. Guido Westerwelle, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Bekämpfung von HIV/Aids zu ei- nem Hauptanliegen in der Entwick- lungspolitik machen (Drucksachen 15/2408, 15/2465, 15/2469, 15/3411) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Siegmund Ehrmann, Karin Kortmann, Detlef c K D D U S D D D A T B s u – – ( G C 11780 A 11780 B 11782 D 11783 C 11784 C 11786 A 11787 D 11789 D 11791 C 11793 B Dzembritzki, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeord- neten Thilo Hoppe, Hans-Christian Ströbele, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Auf dem Weg zur Erreichung der Millen- nium Development Goals (MDGs) – Probleme bei der Zielerreichung erken- nen und bewältigen (Drucksachen 15/1005, 15/3506) . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Dr. Friedbert Pflüger, Dr. Ralf Brauksiepe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Weltweite Armutsbekämpfung richtig machen (Drucksache 15/3098) . . . . . . . . . . . . . . . arin Kortmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Uschi Eid, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lrich Heinrich (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . iegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . r. Conny Mayer (Freiburg) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . r. Erika Ober (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Heinrich (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . nke Eymer (Lübeck) (CDU/CSU) . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Verbraucherschutz, Ernährung nd Landwirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Cajus Julius Caesar, Peter H. Carstensen (Nord- strand), Dr. Christian Ruck, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Urwaldschutz durch nachhaltige Holz- und Forstwirtschaft stärken zu dem Antrag der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm, Sören Bartol, Dr. Herta Däubler-Gmelin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Volker Beck (Köln), weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ur- waldschutz verstärken Drucksachen 15/2747, 15/3464, 15/3794) . . abriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . ajus Julius Caesar (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 11793 C 11793 D 11794 A 11795 C 11797 C 11799 A 11800 A 11801 D 11803 A 11803 C 11804 A 11805 B 11806 C 11807 A 11808 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 V Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über Maß- nahmen auf dem Gebiet der Unfall- verhütung im Straßenverkehr 2002 und 2003 – Unfallverhütungsbericht Straßen- verkehr 2002/2003 – (Drucksache 15/3427) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . Heidi Wright (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eduard Lintner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: a) Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Rainer Funke, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Normenflut wirksam begrenzen – Überflüssige Normen ab- schaffen (Drucksache 15/1233) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Anreize zum Büro- kratieabbau setzen – Bürokratische Pflichtdienste bezahlen (Drucksache 15/1811) . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU) . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz: Tätigkeitsbericht 2001 und 2002 des Bundesbeauftragten für den Datenschutz – 19. Tätigkeitsbericht – (Drucksache 15/888) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T G K w C d ( J T B R B m s S w K ( T Z d G b s ( C U R T a b Z A D w C f ( 11810 A 11810 D 11811 D 11813 A 11813 B 11814 C 11815 D 11816 D 11817 C 11818 D 11820 A 11820 A 11820 B 11821 D 11824 B 11826 A 11827 B 11828 D agesordnungspunkt 12: roße Anfrage der Abgeordneten Jürgen limke, Klaus Brähmig, Dr. Christian Ruck, eiterer Abgeordneter und der Fraktion der DU/CSU: Tourismus in Entwicklungslän- ern Drucksachen 15/2027, 15/3031) . . . . . . . . . . ürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Schmidt (Meschede) (SPD) . . . . . agesordnungspunkt 15: eschlussempfehlung und Bericht des echtsausschusses zu der Unterrichtung der undesregierung: Vorschlag für einen Rah- enbeschluss des Rates über die Europäi- che Beweisanordnung zur Erlangung von achen, Schriftstücken und Daten zur Ver- endung in Strafverfahren OM (2003) 688 endg.; Ratsdok. 15221/03 Drucksachen 15/2519 Nr. 2.2, 15/3831) . . . . agesordnungspunkt 14: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes zur Regelung der Versorgung bei esonderen Auslandsverwendungen (Ein- atzversorgungsgesetz – EinsatzVG) Drucksachen 15/3416, 15/3829, 15/...) . . . . . laudia Nolte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: ) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Bela- rus vor den Parlamentswahlen und dem Referendum (Drucksache 15/3811) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Claudia Nolte, Irmgard Karwatzki, Dr. Friedbert Pflüger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Belarus vor den Parla- mentswahlen 2004 (Drucksache 15/3802) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 5: ntrag der Abgeordneten Claudia Nolte, r. Friedbert Pflüger, Dr. Wolfgang Bötsch, eiterer Abgeordneter und der Fraktion der DU/CSU: Für eine demokratische und reie Präsidentenwahl 2004 in der Ukraine Drucksache 15/3799) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11829 A 11829 A 11829 D 11831 C 11831 D 11832 B 11834 A 11835 C 11832 B 11832 B 11836 B VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 Claudia Nolte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Be- wertung und Bekämpfung von Umge- bungslärm (Drucksache 15/3782) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Gerd Müller, Kurt J. Rossmanith, Ilse Aigner, Artur Auernhammer, Marion Seib, Dr. Klaus Rose, Melanie Oßwald, Dr. Wolfgang Götzer, Johannes Singhammer, Marlene Mortler, Matthäus Strebl, Barbara Lanzinger, Doris Meyer (Tapfheim), Dr. Georg Nüßlein, Norbert Geis, Ernst Hinsken, Franz Obermeier, Eduard Lintner, Hans Michelbach, Gerhard Wächter, Wilhelm Josef Sebastian, Georg Girisch, Hannelore Roedel, Leo Dautzenberg, Heinz Seiffert, Georg Fahrenschon, Beatrix Philipp, Alexander Dobrindt, Henry Nitzsche, Dr. Peter Jahr, Bernward Müller (Gera), Werner Lensing, Andreas Scheuer, Norbert Barthle, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Klaus-Peter Willsch, Rudolf Kraus und Ernst- Reinhard Beck (Reutlingen) (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den An- trag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicher- heitsunterstützungstruppe in Afghanistan un- ter Führung der NATO auf Grundlage der Re- solutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003 und 1563 (2004) vom 17. September 2004 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 5 a) Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Dr. Wolfgang Gerhardt, Hans- M ( D H H K K L N E G D D D W D c d w E t r t 1 v 1 1 V A E H F A B a h t s 2 ( v 1 V A E V l d w E t r n 1 v 1 1 V 11836 C 11837 C 11837 C 11837 D 11839 A 11839 C ichael Goldmann, Joachim Günther Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher, r. Christel Happach-Kasan, Christoph artmann (Homburg), Klaus Haupt, Birgit omburger, Dr. Werner Hoyer, Michael auch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. olb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Ina enke, Dirk Niebel, Günther Friedrich olting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), berhard Otto (Godern), Cornelia Pieper, isela Piltz, Dr. Andreas Pinkwart, r. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, r. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, r. Dieter Thomae, Jürgen Türk, Dr. Guido esterwelle, Dr. Claudia Winterstein und r. Volker Wissing (alle FDP) zur namentli- hen Abstimmung über den Antrag der Bun- esregierung: Fortsetzung der Beteiligung be- affneter deutscher Streitkräfte an dem insatz einer Internationalen Sicherheitsun- erstützungstruppe in Afghanistan unter Füh- ung der NATO auf Grundlage der Resolu- ionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) om 27. November 2002, 1510 (2003) vom 3. Oktober 2003 und 1563 (2004) vom 7. September 2004 des Sicherheitsrats der ereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 5 a) nlage 4 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten arald Leibrecht und Markus Löning (beide DP) zur namentlichen Abstimmung über den ntrag der Bundesregierung: Fortsetzung der eteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte n dem Einsatz einer Internationalen Sicher- eitsunterstützungstruppe in Afghanistan un- er Führung der NATO auf Grundlage der Re- olutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) om 13. Oktober 2003 und 1563 (2004) vom 7. September 2004 des Sicherheitsrats der ereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 5 a) nlage 5 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten eronika Bellmann (CDU/CSU) zur nament- ichen Abstimmung über den Antrag der Bun- esregierung: Fortsetzung der Beteiligung be- affneter deutscher Streitkräfte an dem insatz einer Internationalen Sicherheitsun- erstützungstruppe in Afghanistan unter Füh- ung der NATO auf Grundlage der Resolutio- en 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) om 27. November 2002, 1510 (2003) vom 3. Oktober 2003 und 1563 (2004) vom 7. September 2004 des Sicherheitsrats der ereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 5 a) 11840 A 11840 D 11841 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 VII Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den An- trag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicher- heitsunterstützungstruppe in Afghanistan un- ter Führung der NATO auf Grundlage der Re- solutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003 und 1563 (2004) vom 17. September 2004 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 5 a) Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Ulrich Heinrich (FDP) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Bundesre- gierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaff- neter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstüt- zungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. No- vember 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003 und 1563 (2004) vom 17. September 2004 des Sicherheitsrats der Vereinten Natio- nen (Tagesordnungspunkt 5 a) . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Unterrichtung: Tätigkeitsbericht 2001 und 2002 der Bundesbeauftragten für den Daten- schutz – 19. Tätigkeitsbericht – (Tagesord- nungspunkt 11) Barbara Wittig (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beatrix Philipp (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Großen Anfrage: Tourismus in Entwick- lungsländern (Tagesordnungspunkt 12) Dagmar Schmidt (Meschede) (SPD) . . . . . . . U E A Z d V d s H P E C S G A Z d d m B S S A M J R A Z A – – ( R A Z d d B n 11841 B 11842 B 11842 D 11843 C 11846 B 11847 A 11847 D 11848 B 11849 A ndine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rnst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 10 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der ersorgung bei besonderen Auslandsverwen- ungen (Einsatzversorgungsgesetz – Ein- atzVG) (Tagesordnungspunkt 14) ans-Peter Kemper (SPD) . . . . . . . . . . . . . . etra Heß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rnst-Reinhard Beck (Reutlingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ilke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ünther Friedrich Nolting (FDP) . . . . . . . . . nlage 11 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Beschlussempfehlung und des Berichts zu er Unterrichtung: Vorschlag für einen Rah- enbeschluss des Rates über die Europäische eweisanordnung zur Erlangung von Sachen, chriftstücken und Daten zur Verwendung in trafverfahren (Tagesordnungspunkt 15) xel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . ichael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 12 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung der nträge: Belarus vor den Parlamentswahlen und dem Referendum Belarus vor den Parlamentswahlen 2004 Tagesordnungspunkt 16) ainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 13 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung er EG-Richtlinie über die Bewertung und ekämpfung von Umgebungslärm (Tagesord- ungspunkt 18) 11851 B 11852 B 11853 A 11854 A 11855 A 11856 A 11856 C 11857 B 11857 D 11858 D 11860 C 11861 D 11862 C VIII Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 Petra Bierwirth (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Für eine demokratische und freie Präsidentenwahl 2004 in der Ukraine (Zusatz- tagesordnungspunkt 5) Jelena Hoffmann (Chemnitz) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11863 C 11863 A 11865 A 11865 C 11866 B 11867 C 11868 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11693 (A) ) (B) ) 129. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    Anlage 14 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11839 (A) ) (B) ) sammlung der OSZE Faizabad konnte nicht hinreichend begründet werden. ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- Die Notwendigkeit einer militärischen Präsenz in Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an der 111. Jahreskonferenz der Interparlamenta- rischen Union A g s s u l m n z v E a d t s K i w l s n R Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Barnett, Doris SPD 30.09.2004** Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 30.09.2004 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 30.09.2004* Grill, Kurt-Dieter CDU/CSU 30.09.2004** Hilbrecht, Gisela SPD 30.09.2004 Kauder (Bad Dürrheim), Siegfried CDU/CSU 30.09.2004 Kramer, Rolf SPD 30.09.2004** Krüger-Leißner, Angelika SPD 30.09.2004* Parr, Detlef FDP 30.09.2004 Piltz, Gisela FDP 30.09.2004 Raidel, Hans CDU/CSU 30.09.2004** Rauber, Helmut CDU/CSU 30.09.2004** Ronsöhr, Heinrich- Wilhelm CDU/CSU 30.09.2004 Rühe, Volker CDU/CSU 30.09.2004 Scharping, Rudolf SPD 30.09.2004 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 30.09.2004 Schily, Otto SPD 30.09.2004 Schöler, Walter SPD 30.09.2004 Straubinger, Max CDU/CSU 30.09.2004 Welt, Jochen SPD 30.09.2004 Winkler, Josef Philip BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 30.09.2004* Dr. Winterstein, Claudia FDP 30.09.2004 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Gerd Müller, Kurt J. Rosmanith, Ilse Aigner, Artur Auernhammer, Marion Selb, Dr. Klaus Rose, Melanie Oßwald, Dr. Wolfgang Götzer, Johannes Singhammer, Marlene Mortler, Matthäus Strebl, Barbara Lanzinger, Doris Meyer (Tapfheim), Dr. Georg Nüßlein, Norbert Geis, Ernst Hinsken, Franz Obermeier, Eduard Lintner, Hans Michelbach, Gerhard Wächter, Wilhelm Josef Sebastian, Georg Girisch, Hannelore Roedel, Leo Dautzenberg, Heinz Seiffert, Georg Fahrenschon, Beatrix Philipp, Alexander Dobrindt, Henry Nitzsche, Dr. Peter Jahr, Bernward Müller (Gera), Werner Lensing, Andreas Scheuer, Norbert Barthle, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Klaus-Peter Willsch, Rudolf Kraus, und Ernst-Reinhard Beck (Reut- lingen), (alle CDU/CSU) zur namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer In- ternationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003 und 1563 (2004) vom 17. September 2004 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 5 a) Wir stimmen der Fortführung der deutschen Beteili- ung am Einsatz einer internationalen Sicherheitsunter- tützungstruppe in Afghanistan „ISAF“ zu. Die Stabili- ierung Afghanistans, die Durchführung von Wahlen nd die Fortsetzung des verfassungsmäßigen Prozesses iegen im Sicherheitsinteresse der internationalen Ge- einschaft und Deutschlands. Die durch den verbunde- en Beschluss vorgenommene Erweiterung des Einsat- es auf die Region Faizabad lehnen wir ab. Eine Vielzahl on Fragen und Bedenken gegen die Erweiterung des insatzes über Kabul hinaus konnten nicht hinreichend usgeräumt werden: Die Erweiterung des Auftrages der Bundeswehr auf ie Region Faizabad lässt sich weder durch ein nachhal- iges politisches noch ein in sich schlüssiges militäri- ches Konzept begründen. Zu den nicht ausgeräumten ritikpunkten und Bedenken zählen insbesondere die mmer instabilere Sicherheitslage, die sich rapide aus- eitende Rauschgiftproduktion, die nur schleppend ver- aufende Demobilisierung und Entwaffnung der Milizen owie die fehlende Akzeptanz unter den Bündnispart- ern hinsichtlich eines flächendeckenden Einsatzes der egionalen Wiederaufbauteams, PRT. 11840 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) ) (B) ) Anzahl, personelle Zusammensetzung und die materielle Ausstattung unserer Soldaten in Faizabad bleiben hinter den notwendigen Anforderungen zurück. Insbesondere fehlen die infrastrukturellen Rahmenbedingungen eines Feldlagers, das aufgrund finanzieller Mittelkürzung des BMVg erst im Herbst 2005 fertig gestellt ist. Die bei Auslandseinsätzen üblichen Standards für medizinische und Notfallevakuierungen sind in Faizabad nicht erfüllt. Die dargelegte Evakuierungsstrategie offenbart begrün- dete Zweifel am Sicherheitskonzept. Namhafte zivile Organisationen, NGOs, lehnen eine Unterstützung der zivilen Aufbauarbeit in Afghanistan durch die Bundeswehr weiterhin ab. Die Koordinierung und die Kooperation der am Wiederaufbau Afghanistans beteiligten Ressorts der Bundesregierung, insbesondere der Entwicklungshilfeministerin, mit der Bundeswehr sind mangelhaft. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Dr. Wolfgang Gerhardt, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Flauen), Dr. Karlheinz Guttmacher, Dr. Christel Happach-Kasan, Christoph Hartmann (Homburg), Klaus Haupt, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Ina Lenke, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Hans- Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Go- dern), Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Dr. Andreas Pinkwart, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae, Jürgen Türk, Dr. Guido Westerwelle, Dr. Claudia Winterstein und Dr. Volker Wissing (alle FDP) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer In- ternationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003 und 1563 (2004) vom 17. September 2004 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 5 a) Der Deutsche Bundestag stimmte am 24. Oktober 2003 mehrheitlich dem Antrag der Bundesregierung zur Fort- setzung und Erweiterung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer internationa- len Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (ISAF) auf (Drucksache 15/1700) zu. Die Mitglieder der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, die den Antrag d w E d M c A c z d O B F b B e R F F s K l g f t G e w A t d a s t p d S k (C (D er Bundesregierung mit einer Ausnahme ablehnten, aren nicht gegen den zur Verlängerung anstehenden insatz der Bundeswehr in Kabul und Umgebung, son- ern sie lehnten ausdrücklich nur die Erweiterung des andats um den neuen Einsatz als Provincial Re- onstruction Team – PRT – in der Region Kunduz ab. ufgrund der Zusammenfassung zweier unterschiedli- her Einsätze in nur einem Antrag waren sie jedoch ge- wungen, auch den von ihnen für sinnvoll und notwen- ig erachteten Einsatz in und um Kabul abzulehnen. hne Befassung des Deutschen Bundestages richtete die undesregierung zwischenzeitlich ein zweites PRT in aizabad ein, das am 1. September 2004 offiziell die Ar- eit aufnahm. Im jetzt zur Abstimmung vorliegenden Antrag der undesregierung auf Drucksache 15/3712 ist wieder ine Zusammenfassung aller Bundeswehreinsätze im ahmen der ISAF vorgenommen worden, obwohl die DP-Fraktion eine Trennung angeregt hatte. Die FDP- raktion unterstützt ausdrücklich den Bundeswehrein- atz zur Stärkung der Zentralregierung Afghanistans in abul. Sie spricht sich darüber hinaus ebenso ausdrück- ich für die Stabilisierung und den Wiederaufbau des anzen Landes aus. Hierfür muss jedoch vorher ein trag- ähiges und von der Staatengemeinschaft tatkräftig un- erstütztes Gesamtkonzept erarbeitet werden, auf dessen rundlage eine massive Bekämpfung des Drogenanbaus benso geleistet werden kann wie eine sinnvolle Ent- icklungshilfe und ein umfassender Wiederaufbau. nlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Harald Leibrecht und Markus Löning (beide FDP) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer In- ternationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003 und 1563 (2004) vom 17. September 2004 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 5 a) Wir teilen die Bedenken der Mehrheit der FDP-Frak- ion, was die mangelnde internationale Unterstützung für ie Fortsetzung des Einsatzes in Kunduz und Faizabad ngeht. Dies betrifft insbesondere die fehlende Bereit- chaft weiterer NATO-Partner, neue PRTs in Afghanis- an zu errichten. Dennoch ist unverkennbar, dass ein Abzug der Trup- en jetzt, unmittelbar vor den Präsidentschaftswahlen, ie Situation destabilisieren und ein falsches politisches ignal setzen würde. Wir halten den Bundeswehreinsatz in Kabul zur Stär- ung der Zentralregierung Afghanistans für sinnvoll und Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11841 (A) ) (B) ) sehen in ihm einen wichtigen Beitrag für die Stabilisie- rung und den Wiederaufbau des Landes. Unter Abwägung aller Aspekte stimmen wir dem An- trag der Bundesregierung zu. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Veronika Bellmann (CDU/ CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicher- heitsunterstützungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolu- tionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Okto- ber 2003 und 1563 (2004) vom 17. September 2004 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 5 a) Ich stimme der Fortsetzung des ISAF-Afghanistan- Mandates der Bundeswehr nur unter allerhöchsten Be- denken zu. Die Sicherheit der Soldaten sei gewährleistet, so der Bundesverteidigungsminister und seine Generali- täten. Für Kabul mag das zutreffen, für Kunduz schon weniger. Für Faizabad und andere geplante afghanische Einsatzorte für die Bundeswehr halte ich diese Aussage für kaum zutreffend. Das beweist unter anderem der ges- trige Anschlag auf den Stützpunkt der Bundeswehr in Kunduz. Der Einsatz der Bundeswehr im Rahmen von ISAF ist wichtig für die Stabilisierung der Region, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen in Afgha- nistan. Allerdings muss das Konzept dringend überdacht werden, insbesondere unter Berücksichtigung der aktu- ellen Sicherheitslage. Kritikpunkte sind hierbei unter an- derem die nicht flächendeckende Struktur der regionalen Wiederaufbauteams (PRT), die meines Erachtens nicht der krisenhaften Situation angepasste Ausrüstung und Ausbildung der Bundeswehrsoldaten, die Korruption in- folge der quasi kaum stattfindenden internationalen Dro- genbekämpfungspolitik sowie die außerordentlich mangelhafte Abstimmung und Effizienz deutscher Ver- teidigungspolitik mit der deutschen Außen- und insbe- sondere der deutschen Entwicklungshilfepolitik. Ohne eine zukünftige Beseitigung dieser Mängel werden wei- tere einfache Mandatsverlängerungen zu einer Farce bzw. zu einem Sicherheitsrisiko für die dort eingesetzten Soldaten. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) zur namentlichen Ab- stimmung über den Antrag der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter w d f s K s l d K d d n s b K w g e d i d N S a m s 4 K n A v S W g t a t d h t N b P 1 f (C (D deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer In- ternationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003 und 1563 (2004) vom 17. September 2004 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 5 a) Ich stimme gegen die Fortsetzung der Beteiligung be- affneter deutscher Soldaten in Afghanistan. Ich halte as von der Bundesregierung vorgelegte Konzept für ragwürdig, falsch und zu gefährlich für die Soldaten un- eres Landes. Kunduz ist und bleibt eine Krisenregion. Taliban- ämpfer, kriminelle Banden, Privatarmeen der hier herr- chenden Drogenbarone verschärfen ebenso die Risiko- age wie die Milizionäre des ehemaligen Ministerpräsi- enten Hekmatyar, der vehement die Zentralregierung in abul bekämpft. Es ist fragwürdig, falsch und fahrlässig, deutsche Sol- aten weiterhin hier zu stationieren. Durch die anstehen- en Präsidentschaftswahlen werden die Anschläge zu- ehmen. Die geäußerten Drohungen der Taliban können chon bald Realität sein. Mehr als 100 Soldaten der Ver- ündeten sind allein in den vergangenen drei Jahren in abul im Hauptstadteinsatz getötet bzw. schwer verletzt orden. Auch Landsleute von uns gehören zu den bekla- enswerten Opfern. Kunduz, dort wo die Bundeswehr befrieden soll, ist ine der Hochburgen des Opiumanbaus. Gut 30 Prozent er Bevölkerung sehen in der Drogenbewirtschaftung hre Existenzgrundlage. Da es, wie der zuständige kana- ische ISAF-Kommandeur erklärte, nicht Aufgabe der ATO ist, Mohnfelder niederzubrennen, ist die paradoxe ituation entstanden, dass durch den Schutz Tausender lliierter Soldaten der Anbau, Handel und Schmuggel it Drogen besser blüht als je zuvor. Welch ein Wider- inn! In unserem eigenen Land finanzieren wir für circa 00 000 Abhängige kostenaufwendige Anti-Drogen- ampagnen und gleichzeitig sorgen die Sicherheitsmaß- ahmen deutscher Soldaten in Kunduz für mehr Opium- nbau-Möglichkeiten. Wer um die Not und das Elend on Drogenabhängigen weiß, muss diesen Zustand als kandal empfinden. Die Engländer, die ihre regionale iederaufbauarbeit durch ein Drogenbekämpfungspro- ramm optimieren wollten, haben bei dieser Lage kapi- uliert. Zu einer Verringerung des Schlafmohnanbaus ist es uch nicht gekommen, als die UN 2002 den Versuch un- ernahm, die Verarbeitung der Mohnsamen zu Heroin urch Aufkaufen der Mohnernte bei den Bauern zu ver- indern. Das Gegenteil ist eingetreten. Die Bauern fühl- en sich ermutigt, 2003 noch mehr Mohn anzubauen. ach Angaben des Büros der UN für Drogen und Ver- rechen hat der Mohnanbau auf 28 der 32 afghanischen rovinzen übergegriffen. Im Jahr 2001 waren es noch 4 Provinzen. Experten schätzen den Einkommensanteil ür die Erzeuger 2003 auf gut l Milliarde Dollar. 11842 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) ) (B) ) Es ist durch militärische Gewalt gelungen, den inter- nationalen Terror, der aus Afghanistan kam, zu zerschla- gen; aber nur durch den Dauereinsatz der US-Armee gibt derzeit weniger Konflikte. Die provisorische Zentralregierung kann sich nur mit- hilfe der ausländischen Streitkräfte im Amt halten. Doch um die Lage in diesem Land auch für die Soldaten siche- rer zu machen, müsste man nach einem Bericht des Henry L. Stimson Center die Anzahl der Truppen außer- halb Kabuls auf rund 18 000 verdreifachen. Dafür fehlt es an Geld, und so bleibt es bei halbherzigen Entschei- dungen. Auch die NATO-Konferenz in der Türkei hat nichts daran geändert. Im Gegenteil: Das reduzierte En- gagement verschärft die Krise. Auch gibt es keine klare Rechtslage für die Drogenbekämpfung und Beschnei- dung der Macht der Regionalfürsten. Zudem sind die Verbündeten sich nicht einig in ihrem Vorgehen, trotz der Einrichtung einer Lenkungsgruppe für den Wieder- aufbau (ARSG) unter Leitung der USA, Japans und Saudi-Arabiens. Einen Zeitplan zum Ausstieg gibt es nicht. Experten sehen noch in zehn Jahren Soldaten der NATO in Afghanistan. Unabhängig davon dürfen wir in unserem Land nicht der Frage nach den deutschen Interessen in Afghanistan ausweichen. Das gilt besonders für die Bundesregierung und alle Fraktionen im Bundestag. Es fehlt seit Jahren an einer Grundsatzdebatte zu diesem Sachverhalt. Welche nationalen Überlegungen rechtfertigen es, dass Regierung und Parlament Soldaten der Bundeswehr zumuten, ihr Leben in einem fremden Land zu wagen, zu verlieren, zu opfern? Kann dem Terrorismus nur so und nicht anders begegnet werden? Nein, militärische Gewalt als einziges Instrument ist eine Absage an politi- sches Handeln. Abzug, bevor ein neues Unglück ge- schieht, das Gebot der Stunde. Es darf nicht weiter im Hindukusch gestorben werden. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Ulrich Heinrich (FDP) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteili- gung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunter- stützungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Okto- ber 2003 und 1563 (2004) vom 17. September 2004 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 5 a) Ich gehe davon aus, dass die vergangenen drei Afgha- nistan-Konferenzen die Grundlage und den Rahmen bil- den für den Einsatz der deutschen Streitkräfte, sodass ich, obwohl die europäischen Partner sich noch nicht in ausreichendem Maße an dem PRT-Netz beteiligen, ein N ß V d d f g N h R B m G m e M v r S h A k l m n t z d l d a g S z m a d i E F s g t a (C (D ichtverlängern des Einsatzes der Bundeswehr für au- enpolitisch verheerend halte; das ist dem afghanischen olk nicht zuzumuten. Deshalb stimme ich dem Antrag er Bundesregierung zu. Als Entwicklungspolitiker möchte ich auch klar und eutlich die Erfolge in den von uns betreuten Gebieten eststellen. Neben einem Ernährungssicherungspro- ramm seit Ende 2002 sind in der Region Kunduz ab ovember 2003 über die entwicklungsorientierte Not- ilfe etliche Projekte für die soziale und wirtschaftliche ehabilitation und Entwicklung entstanden: Schulen, asisgesundheitseinrichtungen, Finanzierung von Klein- aßnahmen lokaler Initiativen mit Fokus auf Bildung, esundheit, Beschäftigungsförderung und Einkom- ensgenerierung sowie Unterstützung regionaler Frau- ninitiativen und zahlreiche Schulungen für Frauen und ädchen. Seit 2001 sind mehr als 3,6 Millionen Binnen- ertriebene und Flüchtlinge zurückgekehrt. Die Siche- ung der Wahlen ist nur möglich, wenn die internationale taatengemeinschaft ihre Versprechen in Afghanistan ält. nlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Unterrichtung: Tätigkeitsbe- richt 2001 und 2002 des Bundesbeauftragten für den Datenschutz – 19. Tätigkeitsbericht – (Tagesordnungspunkt 11) Barbara Wittig (SPD): Der inzwischen 19. Tätig- eitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz iegt vor, die Bundesregierung hat dazu Stellung genom- en, und wir, die Abgeordneten im federführenden In- enausschuss, werden uns in den nächsten Wochen in- ensiv mit dem Bericht befassen. Das ist keine einfache Aufgabe, beträgt der Berichts- eitraum zwei Jahre – nämlich 2001 und 2002 – und wer as Inhaltsverzeichnis auch nur überfliegt, kann feststel- en, dass neben den datenschutzrechtlichen Kontrollen ie Beratung der öffentlichen Stellen des Bundes, aber uch der Bundesregierung und des Bundestages in Fra- en des Datenschutzes einen großen Raum einnehmen. Dafür sei an dieser Stelle Dank gesagt. An erster telle möchte ich Herrn Dr. Jacob nennen, der in seiner ehnjährigen Amtszeit als oberster Datenschützer im- erhin fünf Berichte vorgelegt hat. Der Dank gilt aber uch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Hause es Bundesbeauftragten und allen mit dem Datenschutz n den Ministerien befassten Beamten und Angestellten. s war stets ein konstruktives Miteinander. Auch für Herrn Schaar, der Anfang des Jahres in die ußstapfen von Herrn Dr. Jacob getreten ist, steht kon- truktives Herangehen an die Fragen des Datenschutzes anz oben an. Und das ist auch gut so, ist doch der Da- enschutz eine Querschnittsaufgabe mit Ausstrahlung in lle gesellschaftlichen Bereiche. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11843 (A) ) (B) ) Aus dem Bericht habe ich herausgelesen, dass im Berichtszeitraum wiederum vieles erreicht werden konnte hinsichtlich der Stärkung des Grundrechtes auf in- formationelle Selbstbestimmung. Ich bin auch froh da- rüber, dass die Grundprinzipien des Datenschutzes wie Datensparsamkeit, Datensicherheit, Transparenz, strikte Zweckbindung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßig- keit nicht nur auf dem Papier stehen, sondern in der Pra- xis Beachtung finden. Schließlich geht es darum, das Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger immer von Neuem zu sichern und weiterzuentwickeln, ohne zum Beispiel effizientes Verwaltungshandeln, die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und damit unseres Landes sowie die freie Entfal- tung der wirtschaftlichen Kräfte und Möglichkeiten zu behindern – und das bei ständig sich verschärfenden neuen Herausforderungen. Der 11. September und die Bekämpfung des Terrorismus sind dafür die wesentli- chen Belege. Folgerichtig ist dem 11. September 2001 und seinen datenschutzrechtlichen Auswirkungen ein eigenes Kapi- tel im Bericht gewidmet, in dem der Bundesbeauftragte fragt, ob die Balance zwischen öffentlicher Sicherheit und Datenschutz bei den Sicherheitspaketen gestört sei, die von uns sofort auf den Weg gebracht wurden. Ich sage: Nein. Die Balance ist nicht gestört. Natürlich bin ich mir im Klaren darüber, dass es sich dabei immer um ein Spannungsfeld zwischen den Sicherheitsinteressen des Staates für seine Bürgerinnen und Bürger und den schutzwürdigen Freiheitsrechten des Einzelnen handelt. Die Maßnahmen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus waren aber unabweisbar. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass al- les getan wird, sie selbst und unser Land zu schützen. Werfen wir noch einen Blick auf die Beanstandungen des Bundesbeauftragten, die er nach dem § 25 BDSG vorgenommen hat. In 22 Fällen beanstandet der Bundes- beauftragte Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vor- schriften in der Bundesverwaltung sowie bei der Deut- schen Post AG. Wenn auch die Zahl der Beanstandungen gegenüber dem Durchschnitt der letzten Berichte gering- fügig gestiegen ist – 18. Tätigkeitsbericht: 14 Beanstan- dungen, 17. Tätigkeitsbericht: 21 Beanstandungen, 16. Tätigkeitsbericht: 7 Beanstandungen und 15. Tätig- keitsbericht: 22 Beanstandungen –, sind die beanstande- ten Verstöße doch weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit als gravierend einzustufen. Das zeugt nicht nur von ver- antwortungsbewusster Wahrnehmung der Tätigkeit des Bundesbeauftragten sondern auch der Bundesverwaltung und der öffentlichen Stellen des Bundes hinsichtlich des Umgangs mit dem Datenschutz. In diesem Sinne: Unsere Berichterstattergespräche sind terminiert, werden zügig verlaufen und weitere Fra- gestellungen des Datenschutzes im Spannungsfeld zwi- schen Freiheit und Sicherheit beleuchten. Eines ist aber auch klar: Datenschutz ist für uns unverzichtbar. u s i j l s S f n a t u o s n s a g l T s s A a c g r e d a s u h D s s s f H 2 s i e d p d g s r d t t s S S (C (D Beatrix Philipp (CDU/CSU): Es geht zwar heute nur m eine erste grundsätzliche Wertung des 19. Daten- chutzberichtes. Fraktionsübergreifend haben wir eine ntensive Beratung des Berichts vereinbart. Ich möchte edoch nicht verhehlen, dass wir einige, allerdings erheb- iche Probleme haben, die mit der grundsätzlichen Ein- tellung des neuen Datenschutzbeauftragten, Herrn chaar, zusammenhängen. Wir haben diese Bedenken rühzeitig und offen ausgesprochen und mussten, da sie icht ausgeräumt wurden, auch von der „guten Übung“ bweichen, über alle Fraktionsgrenzen hinweg den Da- enschutzbeauftragten mitzuwählen. Das ist natürlich nabhängig vom Umgang untereinander zu sehen, der ffen und fair ist, darf aber nicht dazu führen, dass unter- chiedliche Auffassungen nicht ebenso offen und fair be- annt und auch diskutiert werden. Und an diesem Punkt ind wir jetzt. Der 19. Datenschutzbericht bezieht sich zwar noch uf die Amtszeit des von allen geschätzten Amtsvorgän- ers Herrn Dr. Jacob, aber „der Neue“ – Herr Schaar – egt ihn vor. Ich gehe also davon aus, dass er sich mit ext und Inhalt identifiziert und hinter diesem Bericht teht. Und so muss ich feststellen, dass sich die Unter- chiede in unseren Auffassungen, die sich seit seiner mtsübernahme bereits in konkreten Fragen zeigten, uch in diesem Bericht zu finden sind. Wenn ich von unterschiedlichen Auffassungen spre- he, dann nenne ich nur als Beispiel seine völllig überzo- enen und den Fakten unangemessenen datenschutz- echtlichen Bedenken zum Thema Fluggastdaten. Nicht inmal die sonst sehr „biegsame“ SPD-Fraktion konnte em von den Grünen durchgedrückten Datenschutzbe- uftragten und seiner Argumentation folgen – ein in die- em Hause doch recht seltener Vorgang der Uneinigkeit nter den Regierungskoalitionen. Aber in letzter Zeit äufen sich diese „Risse“, wenn ich nur an die gestrige iskussion zu den „Schilyministeriellen außereuropäi- chen Auffanglagern für Asylbewerber“ denke. Wer den Datenschutzbericht studiert, wird sehr chnell darauf stoßen, dass eine der sicherheitspoliti- chen Lage angemessene Reaktion des Datenschutzes ehlt. Im Gegenteil: Die bisherigen Verlautbarungen von errn Schaar seit seiner Amtsübernahme im Dezember 003 deuten eher darauf hin, dass ohnehin problemati- che Positionen des Datenschutzbeauftragten eher weiter n Richtung eines Fundamentalismus deuten. Ich will es inmal so ausdrücken: Es verstärkt sich der Eindruck, ass Herr Schaar sich weniger als unabhängiger – über- arteilicher – Datenschutzbeauftragter empfindet, son- ern eher als grüner Datenschutzpolitiker. Ich nenne Ihnen ein paar Beispiele aus dem vorlie- enden Bericht: Herr Schaar hat bei vielen umstrittenen icherheitsrelevanten Themen des 19. Datenschutzbe- ichtes noch einen draufgesattelt. Ich habe den Eindruck, ass er an der Spitze derjenigen zu finden ist, die bei ak- uellen Problemen wie dem Schengen-lnformationsys- em II (SIS II) und dem europäischen Visa-Informations- ystem (VIS) eine koordinierte Arbeit der europäischen icherheitsbehörden möglichst erschweren wollen. ollte mein Eindruck falsch sein, finden Sie, meine 11844 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) ) (B) ) Damen und Herren der Regierungsfraktionen, sicher eine Möglichkeit, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Ich will hierzu einige exemplarische Problempunkte aus dem Bericht aufgreifen: Erstens. Schon im Daten- schutzbericht finden wir eine sehr kritische Haltung zur DNA-Analyse im Strafverfahren. In Teilbereichen wer- den formale Hürden aufgebaut, die völlig praxisfern sind und von der ganz überwiegenden Rechtsprechung nicht geteilt werden. Ich nenne als Beispiel die Forderung nach einer richterlichen Anordnung, selbst wenn eine wirksame Einwilligung des Untersuchten vorliegt. Um es für alle verständlich zu machen: Wir reden hier vom so genannten genetischen Fingerabdruck. Darunter ver- steht man die Untersuchung aller organischen Spuren, die ein Täter am Tatort hinterlässt. Dazu zählen Haare, Hautreste, Speichel, zum Beispiel an einem Zigaretten- stummel, gegebenenfalls Blut und Spermaspuren, wenn es sich um eine Sexualstraftat handelt. Werden diese Spuren gefunden, können sie im Labor ausgewertet und mit sehr hoher wissenschaftlicher Wahrscheinlichkeit für die endgültige Identifikation von Tatverdächtigen ver- wendet werden. Was meiner Ansicht nach mindestens ebenso wichtig ist: Durch die DNA-Analyse können sehr schnell, etwa bei Sexualdelikten, zu Unrecht verdächtigte Personen eindeutig entlastet werden. So kommt auch der Daten- schutzbericht nicht umhin, dieses Verfahren entspre- chend zu würdigen. Ich zitiere: Die DNA-Analyse hat sich binnen weniger Jahre zu einem außerordentlich effektiven kriminalistischen Instrument entwickelt und ist geradezu ein Symbol der Revolution in der Kriminaltechnik geworden. Sehr wahr, kann ich da nur sagen. Aber der Datenschutzbeauftragte Herr Schaar äußert zu diesem Thema ein Misstrauen, das in dieser Form schon fast als Beleidigung der Beamten der Staatsan- waltschaften und der Polizei gewertet werden muss. Ich zitiere aus einem veröffentlichten Vortrag des Herrn Schaar vom 3. Juni in Wiesbaden: Auch birgt das Verfahren der DNA-Analyse ein un- gleich höheres Gefährdungspotenzial in sich als das der Abnahme eines Fingerabdrucks. Und weiter: Gelangt das Material in die mit der Untersuchung beauftragten Labors, besteht die Gefahr, dass dort missbräuchlich auch die codierenden Teile der in den Zellen enthaltenen DNA untersucht werden und somit Rückschlüsse auf Persönlichkeitsmerk- male wie Eigenschaften und Aussehen gezogen werden. Solche Aussagen werfen ein ganz eigenartiges Licht auf Herrn Schaar und sein Verhältnis zu unserem Rechts- staat. Die Regeln zur DNA-Analyse im Bereich des Straf- rechts sind klar und eindeutig. Es werden ausschließlich die nicht codierenden Merkmale untersucht, und zwar ausschließlich zur Identitätsfeststellung. Die Beamten, d a k s H b l l r t n z W z A s r d s A A k D B n h v M d w d h u s n M g s e a m Ü t r (C (D ie diese Untersuchungen veranlassen, haben einen Eid uf unsere Verfassung abgelegt und die Bundesrepublik ann stolz auf diese wichtige Säule des Gemeinwesens ein. Einen institutionalisierten Rechtsbruch, wie ihn err Schaar zu befürchten scheint, halte ich für undenk- ar. Durch die Gewaltenteilung ist überdies eine gericht- iche Kontrolle gewährleistet. Es ist unbestritten, dass die DNA-Analyse ein verläss- iches, effektives und unverzichtbares Mittel zur Aufklä- ung und Verhinderung von Straftaten ist. Die Befürch- ungen des Herrn Schaar sind in diesem Zusammenhang icht nachvollziehbar und stehen im krassen Gegensatz u der Auffassung namhafter Verfassungsrechtler. ürde man Herrn Schaar folgen und die positiven poli- eilichen Erfahrungen mit der DNA-Analyse im In- und usland negieren, brächten wir uns um ein äußerst wirk- ames Mittel der Verbrechensbekämpfung und -aufklä- ung. Die Union hat aufgrund dieser positiven Erfahrungen en Antrag „Verbrechen wirksam bekämpfen – Geneti- chen Fingerabdruck konsequent nutzen“ eingebracht. uch wenn die Bundesregierung hinsichtlich unseres ntrages nicht mitziehen möchte, hält sie die Beschrän- ung des Anlasstatenkataloges für die Anordnung von NA-Untersuchungen auf Straftaten von erheblicher edeutung für zu eng; nachzulesen in ihrer Stellung- ahme zum Datenschutzbericht auf Seite 21. Und damit at sie Recht. Innenminister Schily hatte laut Zeitung „Die Welt“ om 8. Juli 2004 sogar gefordert: Der genetische Fingerabdruck soll als normales Mittel des polizeilichen Erkennungsdienstes die Er- mittlung von Straftätern erleichtern. Detailfragen sollen noch geklärt werden. ir könnte man ja vor allem mal erklären, warum bei ieser Einschätzung unserem Antrag nicht zugestimmt urde. Zweites Beispiel: Es besteht große Einigkeit darüber, ass neue Pässe und Visa biometrische Merkmale ent- alten sollen, um Fälschungssicherheit zu gewährleisten nd Missbrauch vorzubeugen. Die gängigsten biometri- chen Merkmale sind Fingerabdruck, Gesichtserken- ung – spezielles Passbild – und Iriserkennung. Diese erkmale können dann auf einem kleinen Chip im Pass espeichert werden und machen eine Fälschung sehr chwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Schon der Datenschutzbericht enthält hierzu jedoch ine sehr problematische Fundamentalposition in Bezug uf die Ablehnung jeder Form einer Zentraldatei für bio- etrische Daten. Zur Begründung heißt es unter der berschrift „Keine Zentraldatei mit biometrischen Da- en“ – ich zitiere auf Seite 27 des 19. Datenschutzbe- ichts –: Nach meinen Erfahrungen birgt eine solche Daten- sammlung immer die Gefahr, dass sie nicht allein zu dem ursprünglich gedachten Zweck, hier zur Identifikation von Personen, genutzt, sondern nach- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11845 (A) ) (B) ) folgend auch von Polizei, Geheimdiensten oder gar zu kommerziellen Zwecken ausgewertet wird. Schon diese These halte ich für etwas gewagt. Herr Schaar „topt“ diese These – ich zitiere aus seiner eigenen Pressemitteilung vom 25. August 2004 –: Gegen jede zentrale Speicherung der Passdaten wehrt Schaar sich, weil das Missbrauchspotenzial zentraler Dateien naturgemäß besonders hoch ist und den möglichen Vorteil eines schnellen Daten- abgleichs bei weitem überwiegt. Ohne eine zentrale Passdatei wird der größte Vorteil biometrischer Ausweispapiere gleich wieder negiert. Anhand der Biometrie könnte endlich auch bei angeb- lichem Verlust der Papiere mithilfe der Zentraldatei festgestellt werden, ob es sich tatsächlich um die be- treffende Person handelt. Bei derzeit bundesweit circa 20 000 Ausweisdokumenten, die nicht zugeordnet wer- den können, scheint eine automatisierte Identitätsaufklä- rung anhand biometrischer Merkmale dringend geboten. Auch der Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeam- ter forderte schon im Dezember 2003: Auch beim Thema Biometrie zeigt sich, dass unser Staat nicht angemessen auf die Bedrohungslage re- agiert. Die Kontrolle von fälschungssicheren Aus- weisen soll in Form der Einzelfallprüfung an einem Gerät erfolgen. Solange jedoch keine eigene On- line-Datenbank aufgebaut werden darf, mit deren Hilfe man beispielsweise abklären könnte, ob es sich bei dem Pass um eine Dublette handelt, bleibt das Flickwerk. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Ich kann nur hoffen, dass am Ende die Vernunft und die Sorge um die Men- schen in unserem Land, die einen Anspruch auf jede Art des Schutzes vor Verbrechen haben, siegen werden. Drittes Beispiel: Die Telefonüberwachung ist unstrei- tig ein wesentlicher Bestandteil der Kriminalitätsbe- kämpfung. Allerdings scheinen Datenschützer damit ein grundsätzliches Problem zu haben. Schon der Daten- schutzbericht forderte angesichts gestiegener Überwa- chungszahlen einen Forschungsbericht, insbesondere unter dem Aspekt, inwieweit Telefonüberwachungsmaß- nahmen wirklich zum Erfolg staatlicher Strafverfolgung geführt haben. Dieser Forschungsbericht ist da. Das zu dieser Frage erstellte, am 15. Mai 2003 der Öffentlichkeit vorgestellte Gutachten des Max-Planck- Institutes kommt zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Telekommunikationsüberwachung ein unverzichtbares und effizientes Mittel zur Strafverfolgung ist, das von den Ermittlungsbehörden sensibel und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eingesetzt wird. Herr Schaar, davon unbeirrt, fordert in seiner Pressemit- teilung vom 29. Juni 2004 aber, den Umfang des für die Telefonüberwachung vorgesehenen Straftatenkataloges zu reduzieren. Ich habe manchmal den Eindruck, man- cher möchte unsere Polizei am liebsten mit Trillerpfeife, Bleistift, Fahrrad und mechanischer Schreibmaschine ausrüsten. Wie damit jedoch der Kampf gegen die mo- derne und organisierte Kriminalität des 21. Jahrhunderts g h n s g p e z c d b m Z k r b f m r Ü t 2 z 2 w l d s f P r a s „ d D 2 s q d W l s ß n G S t „ (C (D ewonnen werden soll, das bleibt ein (Datenschutz-)Ge- eimnis. Dagegen hat die Bundesregierung in ihrer Stellung- ahme zum Datenschutzbericht richtigerweise festge- tellt, dass die Steigerung der Überwachungsanordnun- en lediglich im Bereich der Mobiltelefone und roportional zur gestiegenen Nutzung dieses Mediums rfolgt ist. Ich halte es für eine Selbstverständlichkeit, dass poli- eiliche Maßnahmen den technischen und gesellschaftli- hen Entwicklungen angepasst werden. Vielleicht hätte ie Regierungskoalition doch besser einen Datenschutz- eauftragten des 21. Jahrhunderts gewählt und nicht je- anden, der Thesen vertritt, wie ich sie noch aus der eit meines Studiums in den 68er-Jahren in Frankfurt enne. Viertes Beispiel: Beim Thema „akustische Wohn- aumüberwachung zur Bekämpfung organisierter und esonders schwerer Kriminalität“, vom Volksmund älschlicherweise als „großer Lauschangriff“ bezeichnet, ache ich dieselbe Beobachtung. Der Datenschutzbe- icht fordert eine Reduzierung der für die Anordnung der berwachung vorgesehenen Anlasstaten. Herr Schaar riumphiert in seiner Pressemitteilung vom 16. März 004 über das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ur akustischen Wohnraumüberwachung vom 3. März 004 und fordert, nun auch andere Eingriffsbefugnisse ie die Telefonüberwachung auf den Prüfstand zu stel- en. In diesem Eifer hat er offenbar völlig übersehen, ass in dem Urteil zum einen die grundsätzliche Verfas- ungsmäßigkeit des so genannten großen Lauschangriffs estgestellt wurde und zum anderen eine Bewertung der raxis ergab, dass 90 Prozent der Abhörfälle bei schwe- en Straftaten erfolgten, deren Einbeziehung das Gericht uch weiterhin als verfassungsmäßig erachtet. Selbst die Bundesjustizministerin Zypries über- chreibt ihre Pressemitteilung vom 15. Mai 2003 mit Telefonüberwachung wirksam und maßvoll“ und führt ann unter anderem aus: – ich zitiere –: Wie effektiv die TKÜ ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die Anklagequote bei Verfahren, in de- nen Telefonüberwachung eingesetzt wurde, mit 58 Prozent etwa doppelt so hoch liegt wie im sons- tigen Durchschnitt. er Bund Deutscher Kriminalbeamten hat schon im Juli 003 auf die positive Bilanz dieses Verfahrens hingewie- en und die Beibehaltung angemahnt. Auch die Erfolgs- uote ist beachtlich: In 42 Prozent der Verfahren führten ie Abhörmaßnahmen zu Beweismitteln, die auf andere eise nicht hätten erlangt werden können. Ich kann die Regierungskoalition daher nur ausdrück- ich dazu auffordern, bei der Umsetzung des Verfas- ungsgerichtsurteils nicht über das Ziel hinauszuschie- en und die Abhörung auch bei schwerster Kriminalität icht praktisch undurchführbar zu machen. Der aktuelle esetzentwurf vom 22. September 2004 lässt allerdings chlimmes befürchten. Offenbar konnten sich die Minis- er Zypries und Schily, die in dieser Frage eigentlich den Hut aufhaben, wieder einmal nicht gegen die 11846 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) ) (B) ) Grünen durchsetzen. Der Rückzug des ersten Gesetzent- wurfes vom 23. Juni 2004, für den Herr Schily noch im Juli 2004 seine Unterstützung kundtat, spricht für sich. Das Kernproblem scheint mir bei all diesen Fragen zu sein, dass vonseiten des neuen Bundesbeauftragten für den Datenschutz das Recht auf informationelle Selbstbe- stimmung häufig isoliert – gleichsam als Selbstzweck – betrachtet wird. Dieses Grundrecht steht aber in einem sensiblen Gefüge zu anderen Grundrechten und Ver- pflichtungen für die Bürgerinnen und Bürger, die der Gesetzgeber zu berücksichtigen hat. Dazu gehört nicht zuletzt der Schutz unserer Bürger vor terroristischen An- schlägen und Schwerstkriminalität. Ich sage das hier ein- mal ganz platt: Wer Opfer eines Terroranschlags wurde, hat nur noch wenig von seinem Recht auf informatio- nelle Selbstbestimmung. Viele fast mühsame Debatten würden sich erübrigen, wenn vonseiten des Datenschüt- zers Verständnis für praktische Erfordernisse gezeigt würde, anstatt, wie ausgeführt, ständig in der fundamen- talen Opposition und Obstruktion von Sicherheitsvorha- ben zu verharren. Neben den von mir soeben angesprochenen Beispie- len für meines Erachtens falsch verstandenen Daten- schutz – um es vorsichtig auszudrücken – gibt es natürlich auch wichtige Vorhaben im Bereich des Daten- schutzes, die gemeinsam vorangebracht werden können und müssen. Ich will hier nur exemplarisch einiges nen- nen, was bei den geplanten, eingehenden Beratungen si- cher vertieft werden wird: erstens die zweite Stufe der Reform des Datenschutzrechtes – hier muss dringend „entrümpelt“ werden –, zweitens die Harmonisierung der Handhabung datenschutzrechtlicher Bestimmungen durch die Datenschutzbeauftragten der Länder, drittens das elektronische Gesundheitswesen – Stichwort: Ge- sundheitskarte –, viertens die Schaffung eines Gen- diagnostikgesetzes für die Handhabung der DNA-Ana- lyse in den nicht sicherheitsbezogenen Bereichen, zum Beispiel bei Einstellungsverfahren, Versicherungsver- tragsabschlüssen und sonstigen Bereichen, in denen die DNA-Analyse nichts zu suchen hat. Ich sehe den Beratungsgesprächen zum 19. Daten- schutzbericht im Ausschuss wie immer erwartungsvoll und kooperationsbereit entgegen. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der 19. Tätigkeitsbericht des Bundesdaten- schutzbeauftragten ist ein wichtiges bürgerrechtliches Dokument. Er wurde noch vom Vorgänger des amtieren- den Beauftragten vorgelegt. Ich danke Herrn Dr. Jacob von dieser Stelle aus herzlich für diesen Bericht. Ihm sei auch nochmals für seine verdienstvolle Arbeit gedankt. Nach dem Bundesdatenschutzgesetz legt der Bundes- beauftragte alle zwei Jahre dem Parlament einen Bericht vor. Der Bericht schildert wie die anderen zuvor in zahl- reichen Einzelfällen den Stand des Datenschutzes im Geltungsbereich des Bundesgesetzes. Hier gibt es Licht und Schatten. Ich hoffe sehr, dass die Mängel unterhalb der gesetzlichen Ebene zügig und bürgerfreundlich be- hoben werden. s b g r v B s s e I s e w B g Z m W a e m s s g c s L m f e R d g w z g s h b f d A f g n m g c w u g (C (D Ich möchte mich aber vor allem mit den rechtspoliti- chen Überlegungen des Bundesdatenschutzbeauftragten efassen, also mit den Hausaufgaben an uns, den Gesetz- eber. Ich bin für die zahlreichen Anregungen im Be- icht dankbar. Es wird Sie nicht verwundern, dass wir on Bündnis 90/Die Grünen aus unserem Verständnis als ürgerrechtspartei von der Erforderlichkeit der vorge- chlagenen Projekte nicht erst überzeugt werden müs- en. Unserem Bundesparteitag am kommenden Wochen- nde liegt ein Leitantrag „Moderner Datenschutz für die nformationsgesellschaft – Bürgerrecht auf Daten- chutz“ vor. Ich bin mir sicher, dass von diesem Votum in wichtiger Impuls für den Datenschutz ausgehen ird. In der modernen Informationsgesellschaft wächst die edeutung der rechtlichen und technischen Vorkehrun- en des Bürgerrechts auf Datenschutz. Gerade auch in eiten einer schwieriger gewordenen Sicherheitslage üssen sich die Grundrechte bewähren. Wer Datenschutz als Täterschutz diffamiert, will in ahrheit die Persönlichkeitsrechte des Grundgesetzes ls Steinbruch missbrauchen. Solche Sprüche offenbaren in zutiefst vordemokratisches Denken: Der Bürger uss nach dieser Ideologie beweisen, dass den Staat eine individuellen und unveräußerlichen Rechte nicht tören. Der Rechtsträger wird so zum Bittsteller herab- ewürdigt – das Subjekt Bürger wird zum Objekt staatli- her Belange. Das werden wir nicht mitmachen. Wir freuen uns deshalb, dass wir die wichtigen Ent- cheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum großen auschangriff und zu den Abhörbefugnissen des Zollkri- inalamts umsetzen können. Das gilt auch für die Re- orm der Strafprozessordnung und der Begrenzung der pidemisch um sich greifenden Telefonüberwachung. ot-Grün bewahrt die Balance zwischen Sicherheit für en Bürger durch den Staat und der Sicherheit der Bür- er vor dem Staat. Der Bundesbeauftragte fordert den Bundestag auf, eiter an der Novellierung des Bundesdatenschutzgeset- es zu arbeiten und sich nicht mit der Reform der ver- angenen Wahlperiode zufrieden zu geben. Ich unter- tütze diese Auffassung mit großem Nachdruck. Wir aben das auch so im Koalitionsvertrag vereinbart. Das undesdeutsche Datenschutzrecht muss dringend verein- acht und für die Anwender transparenter gemacht wer- en. Auch Bürgerrechte müssen in ihrer rechtlichen usformung bürgerfreundlich sein. Ich bedaure sehr, dass die Signale aus den Ländern ür eine umfassende Reform nicht ermutigend sind. An- esichts der Zustimmungsbedürftigkeit können wir hier ur gemeinsam mit den Ländern zu Ergebnissen kom- en. Wir benötigen weiterhin dringend ein Auditierungs- esetz, mit dem die Zertifizierung datenschutzfreundli- her Programme auf eine gesetzliche Grundlage gestellt ird. Mit Recht wartet hier die Fachöffentlichkeit auf ns. Die Grundlagen sind im Bundesdatenschutzgesetz elegt. Das Ausführungsgesetz muss jetzt kommen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11847 (A) ) (B) ) Ernst Burgbacher (FDP): Wie bislang üblich, zeichnet auch den 19. Tätigkeitsbericht des Bundesbe- auftragten für Datenschutz aus, dass er nicht nur einen reinen Tätigkeitsbericht liefert, sondern schonungslos aufzeigt, wo weiterhin Handlungsbedarf in punkto Da- tenschutz besteht. Ich will an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich die hervorragende Arbeit des ehemaligen Bundesdaten- schutzbeauftragten Herrn Dr. Jacob würdigen, der noch für diesen Tätigkeitsbericht verantwortlich ist. In dem 19. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für Daten- schutz steht vielfach die Frage, ob denn staatliche wie private Stellen „alles sehen müssen“. Und genau darum geht es. Eine genaue Überprüfung des Umganges mit persönlichen Daten der Bürgerinnen und Bürger ist vonnöten und damit auch eine Überprü- fung der personengebundenen datenschutzrechtlichen Bestimmungen insgesamt. Für eine solche grundlegende Überprüfung setzt sich die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag ein. Die Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage der FDP zu eben diesem Thema wird hoffentlich Klarheit über die Position der Bundes- regierung bringen. Auch wenn der 19. Tätigkeitsbericht die Jahre 2001 und 2002 erfasst, und nun schon eineinhalb Jahre vor- liegt, geben gerade die Ereignisse der letzten Zeit An- lass, die momentane datenschutzrechtliche Entwicklung zu betrachten. Die Ereignisse des 11. September 2001 brachten, so wie dies auch von Herrn Dr. Jacob im Bericht festgestellt wurde, eine Zäsur für den Datenschutz. Die öffentliche Sicherheit und der Datenschutz scheinen in einem unauf- löslichen Spannungsverhältnis zu stehen, welches immer stärker zulasten des Datenschutzes aufgelöst wird. Da- tenschutz erscheint insbesondere Herrn Bundesinnen- minister Schily immer mehr nur als lästige Pflicht. Die leichtfertige Zustimmung zur Übermittlung personenbe- zogener Passagierdaten im Luftverkehr an die US-Be- hörden lassen einen allzu sorglosen Umgang mit dem Datenschutz durch die Bundesregierung erkennen. Gerade auch die Grünen, die sich an anderer Stelle gerne als oberste Datenschützer aufspielen, sind bei der Abstimmung über die Weitergabe von Passagierdaten wieder einmal eingeknickt und haben ihre rechtsstaatli- chen Prinzipien verkauft. Wie Frau Kollegin Silke Stokar von Neuforn in der Plenardebatte am 27. Mai 2004 äußerte, unterstützte sie ausdrücklich die Bestrebungen der Liberalen, das Abkommen zwischen der EU und den USA über die Weitergabe von Passa- gierdaten gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Grünen haben dann allerdings der Weitergabe der Passagierdaten ohne Einschränkungen zugestimmt. Das ist grüne Poli- tik: Schön reden und das Gegenteil beschließen. Die Bekämpfung des internationalen Terrorismus macht selbstverständlich den Austausch von Daten not- wendig, um potenzielle Attentäter möglichst frühzeitig daran hindern zu können, ihre terroristischen Vorhaben auszuführen. Allerdings sind wir als FDP-Fraktion der f p d 2 M f k 2 G R s r s 3 r d d e s l d w w s G d V z B k t d B g n d S W d m P s B B t ü B f m K g c l u (C (D esten Überzeugung, dass rechtsstaatliche Grundprinzi- ien strikt beachtet werden müssen. Und dem Datenschutz drohen neue Gefahren. Auf em EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 5. März 2004 wurde der Rat beauftragt, bis Juni 2005 aßnahmen für die Erarbeitung von Rechtsvorschriften ür die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsver- ehrsdaten zu prüfen. Ungewöhnlich schnell, bereits am 8. April 2004, haben Frankreich, Irland, Schweden und roßbritannien einen gemeinsamen Entwurf für einen ahmenbeschluss des EU-Rates über die Vorratsdaten- peicherung vorgelegt. Der Entwurf schlägt die Einfüh- ung von europaweit harmonisierten Regeln zur Vorrats- peicherung von Daten für mindestens zwölf bis 6 Monate vor. Gesammelt werden soll alles, was keine einen Inhaltsdaten sind. Was im gerade erst verabschie- eten Telekommunikationsgesetz noch verhindert wer- en konnte, soll nun Wirklichkeit werden. Ergebnis wird ine Datensammlung bisher unbekannten Ausmaßes ein. Mit dem Grundsatz der Datensparsamkeit ist dies ängst nicht mehr zu vereinbaren. Die Datenmassen wer- en auch für die Sicherheitsbehörden kaum noch zu be- ältigen sein. Gerade weil so viele Daten gesammelt erden, wird der Informationsmehrwert äußerst gering ein. Hier führt sich ein System selbst ad absurdum. anz zu schweigen von den erheblichen Mehrkosten bei en Telekommunikationsunternehmen, die diese an den erbraucher weitergeben werden, der dann die Zeche ahlt. Dem Datenschutz als Schutz der Bürgerinnen und ürger vor einem „schleichenden Überwachungsstaat“ ommt eine besondere Bedeutung zu. Die FDP-Bundes- agsfraktion wird auch künftig Anwalt und Wächter für ie Einhaltung des Datenschutzes und den Schutz der ürgerinnen und Bürger gegen einen allzu „neugieri- en“ Staat sein. Petra Pau (fraktionslos): Erstens. Wir diskutieren ei- en Datenschutzbericht vom 7. Mai 2003. Er umfasst en Zeitraum 2001 bis 2002. Wer meint, hier wird chnee von gestern aufgewirbelt, liegt nicht ganz falsch. er allerdings glaubt, es gehe um alte Hüte, irrt. Allein ie Tatsache, dass der Bericht anderthalb Jahre schlum- ern musste, lässt aufmerken. Noch deutlicher wird das roblem, sobald man den alten Bericht liest. Er mag ver- taubt sein, veraltet ist er nicht – im Gegenteil. Zweitens. Im Bericht wurde eine „zwiespältige ilanz“ gezogen. Zu den Kritikpunkten gehörte, dass die undesregierung „noch immer kein Arbeitnehmer-Da- enschutz-Gesetz“ vorgelegt hat und dass die Telefon- berwachung weiter gestiegen ist. Das, so schrieb der undesbeauftragte für Datenschutz schon damals, er- ülle ihn „unverändert mit großer Sorge“. Er ist nicht ehr im Amt, aber die Sorge ist geblieben. Denn seine ritik wurde seitdem nicht entkräftet, sie wurde weiter enährt. Die von der SPD und von den Grünen verspro- henen Gesetze gibt es immer noch nicht, und die staat- iche Überwachung hat zugenommen. Diese Ignoranz nd dieser Trend müssen endlich geändert werden. 11848 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) ) (B) ) Drittens. Nach den Terroranschlägen in den USA am 11. September 2001 wurden auch hierzulande weitge- hende Sicherheitsgesetze beschlossen. Sie greifen tief in Grundrechte, auch in den Datenschutz ein. Der damalige Datenschutzbeauftragte, Herr Jacob, glaubte der Bun- desregierung und an einen Erfolg, weil diese Gesetze nach zwei oder drei Jahren einer „Erfolgskontrolle“ un- terzogen werden sollten. Er irrte, leider. Rot-Grün denkt nicht daran, die so genannten Otto-Pakete zu überprüfen. Otto Schily selbst kündigt weitere Verschärfungen an. Die CDU/CSU grübelt, ob sie gegen oder besser mit dem SPD-Innenminister Wahlkampf macht. Auf der Strecke bleibt der Datenschutz, ein Grundrecht, das 1983 vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich und grund- sätzlich gestärkt wurde. Viertens. Das ist Geschichte. Und auch das: Zu Recht wurde der Datendurst des MfS der DDR kritisiert. Er trug zum Untergang der DDR bei. Aber wer allein die technischen Möglichkeiten des MfS mit denen der Neu- zeit vergleicht, muss ins Grübeln kommen. Umso mehr muss der Datenschutz geschützt werden. Praktisch und politisch geschieht das Gegenteil. Immer mehr persönli- che Daten werden gesammelt und gehandelt, geordert und gefordert. Auch Hartz IV erzwingt eine unglaubli- che Datei über Millionen Menschen und ihre Angehöri- gen. Fünftens. Meine These ist: Wird der Datenschutz nicht unverzüglich und umfassend gestärkt, dann geht ein Grundrecht irreversibel verloren. Das wäre ein ver- heerender Demokratieverlust. Deshalb wird sich die PDS an diesem Wochenende in Berlin genau diesem Thema widmen, auf einer Konferenz im „Haus der De- mokratie“. Ich lade Sie alle dazu dringend ein. Fritz Rudolf Körper (Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern): Mit seinem 19. Tätigkeits- bericht legt der Bundesbeauftragte für den Datenschutz in beeindruckendem Umfang Rechenschaft über seine Tätigkeiten in den Jahren 2001 und 2002 ab. So imposant der Umfang des Berichts ist, zeigt doch bereits seine erste Durchsicht, dass die Zahl der vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz ausgesproche- nen Beanstandungen auf einem konstant niedrigen Niveau geblieben ist. Und selbst wenn der BfD einzelne Datenverarbeitungen beanstandet hat, konnte dieser Kri- tik in der Regel schnell abgeholfen werden. Dies ist sicherlich ein erfreuliches Ergebnis. Der Datenschutz ist, das macht auch dieser Tätig- keitsbericht wieder deutlich, eine zentrale Querschnitt- aufgabe und zugleich ein wichtiges Element der Arbeit der Bundesregierung. Ohne die notwendigen daten- schutzrechtlichen Vorkehrungen wären viele ehrgeizige Projekte der Bundesregierung von vornherein zum Scheitern verurteilt. Denn der Siegeszug der Informationstechnologie macht auch vor der Verwaltung nicht Halt. Die Bundes- regierung hat es sich zum Ziel gesetzt, bis zum Ende des Jahres 2005 alle internetfähigen Dienstleistungen online z S e s b r g b w h e n D d D B n d z n s s b a s d t K a l d D A e f g p t m A D g a s e s l k v a (C (D ur Verfügung zu stellen. E-Government ist nicht nur ein chlagwort, sondern mittlerweile gelebte Realität. Für die Akzeptanz und den Erfolg dieser Angebote ist s aber notwendig, dass die Bürgerinnen und Bürger sich icher sein können, dass ihre Daten gut gegen Miss- rauch geschützt werden. Diesen Schutz garantieren die echtlichen Rahmenbedingungen, aus denen klar hervor- eht, zu welchen Verwaltungszwecken die Daten verar- eitet und genutzt werden dürfen – und vor allem für elche nicht. Das zweite wichtige Standbein in diesem Zusammen- ang ist die technische Datensicherheit. Denn leider gibt s nun einmal Zeitgenossen, die ein gesetzliches Verbot icht davon abhält, Daten auszuspähen. Der Schutz der atenbestände vor derartigen Angriffen ist daher unab- ingbar. Gerade im Bereich der Datensicherheit kommt eutschland, nicht zuletzt auch dank der Arbeit des undesamtes für die Sicherheit in der Informationstech- ik, in Europa und auch weltweit eine Vorreiterrolle zu. Als ein aktuelles Beispiel für die Projekte der Bun- esregierung mit wichtigen datenschutzrechtlichen Be- ügen möchte ich die Einführung der Gesundheitskarte ennen. Diese Initiative zeigt die Notwendigkeit daten- chutzrechtlicher Vorkehrungen deutlich auf: Die unbe- treitbaren Vorteile der Karte für die Patienten und ihre ehandelnden Ärzte können nur realisiert werden, wenn usgeschlossen ist, dass mit den äußerst sensiblen Ge- undheitsdaten der Patienten Missbrauch getrieben wer- en kann. Daher muss und wird der Schutz der Patien- endaten eines der Leitmotive bei der Entwicklung des onzepts der Gesundheitskarte sein. Der vorliegende 19. Tätigkeitsbericht des Bundesbe- uftragten für den Datenschutz ist zugleich auch der etzte des ehemaligen Amtsinhabers Dr. Joachim Jacob, er diese Funktion die letzten zehn Jahre innehatte. Herr r. Jacob hat die Arbeit der Bundesregierung stets mit ugenmaß, kritisch und konstruktiv begleitet. Dabei hat r, und das hat ihn ausgezeichnet, den tatsächlichen Er- olg für die Belange des Datenschutzes in den Vorder- rund seiner Bemühungen gestellt und nicht etwa die ersönliche Profilierung als oberster Datenschützer. Anfang dieses Jahres hat Herr Peter Schaar das wich- ige Amt des Bundesdatenschutzbeauftragten übernom- en. Mit der Übernahme des Vorsitzes der so genannten rtikel-29-Gruppe, des Gremiums aller europäischen atenschutzbeauftragten, hat Herr Schaar gleich zu Be- inn seiner Arbeit eigene, neue Akzente gesetzt. Trotz ller Neuerungen, die ein Wechsel des Amtsinhabers mit ich bringt, sehe ich doch in einem wesentlichen Punkt ine Kontinuität: nämlich in dem Bestreben, um kon- truktive Lösungen für die vielfältigen datenschutzrecht- ichen Herausforderungen unserer Zeit zu ringen. Vor diesem Hintergrund sollte auch der 19. Tätig- eitsbericht wieder mit der ihm gebührenden Sorgfalt om Bundestag und seinen Ausschüssen gelesen und usgewertet werden. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11849 (A) ) (B) ) Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Großen Anfrage: Tourismus in Entwicklungsländern (Tagesordnungspunkt 12) Dagmar Schmidt (Meschede) (SPD): Zunächst möchte ich den Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion meinen Dank aussprechen, nämlich dafür, dass Sie uns mit ihrer Großen Anfrage zu einem ausgezeichneten Überblick über die Erfolge der Bundesregierung auf dem Gebiet der Förderung eines nachhaltigen Tourismus zum Wohl der Menschen in den Partnerländern verholfen ha- ben. Meine Freude schwindet jedoch, wenn ich sehe, mit welchen Fragen Sie Kapazitäten der Bundesregierung und unserer Auslandsvertretungen gebunden haben. Durch die Recherche für diesen Katalog von Antworten waren ganze Abteilungen für zielgerichtete Arbeit blo- ckiert. Gerade vonseiten der Opposition, die doch immer mit Vehemenz den schlanken und effizienten Staat fordert, die doch ständig nach Bürokratieabbau ruft, hätte ich hier etwas mehr Zurückhaltung erwartet. Dies umso mehr, da der Studienkreis für Tourismus und Entwick- lung mit Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erst im Jahr 2000 eine umfangreiche Studie zu diesem Thema vorgelegt hat. Eine Fortschreibung dieser Studie wäre sicherlich sinnvoller als die Blockierung ganzer Verwaltungen durch solche parlamentarische Anfragen. Doch nun zu Struktur und Inhalt der Anfrage: Norma- lerweise soll eine Große Anfrage Defizite und Hand- lungsbedarf der Regierung aufdecken. Sie ist deshalb ein sinnvolles parlamentarisches Instrument. Aber, meine Damen und Herren von der Opposition, Ihre Große An- frage wird zum sinnlosen, zweckverfehlten Flop, zumin- dest für Sie, für die Opposition! Ich will das mit der Vorbemerkung der Fragesteller für die Große Anfrage belegen. Vorbemerkungen erläu- tern ja bekanntlich den Sinn und Zweck einer Anfrage. Da heißt es, die Bundesregierung habe offensichtlich das wirtschaftliche und entwicklungspolitische Potenzial des Tourismus unterschätzt oder nicht zur Kenntnis ge- nommen. Des Weiteren wird zur Unterstützung einer wirtschaftlich, sozial und ökologisch positiven Entwick- lung ein verstärktes Engagement der Bundesregierung in der entwicklungspolitischen Tourismusförderung gefor- dert. Mit dieser vollmundigen Einleitung wird sugge- riert, Sie, die Fragesteller, hätten eine klare Vorstellung davon, wie die bestehende Förderung eines nachhaltigen Tourismus in der deutschen Entwicklungszusammenar- beit verbessert werden könnte. Ja, man könnte fast glau- ben, die Union wolle ein umfassendes entwicklungspoli- tisches Konzept für den Tourismusbereich vorlegen. Doch weit gefehlt: Bereits im Fragenkatalog können Sie sich nicht zwischen einer entwicklungspolitischen, einer tourismuspolitischen, einer gesundheitspolitischen, einer jugendpolitischen oder einer sicherheitspolitischen Aus- richtung Ihrer Aufrage entscheiden. Ich nenne das Bauchladenmentalität! w w m r D h v n v F v s b S A u n p f I z w f s m M g M g T b v d l k p d u d d p e z n a t n u h w r li (C (D Ebenso bleibt unklar, ob es Ihnen primär um die Aus- irkungen des Tourismus auf die Partnerländer geht, ie der Titel Ihrer Anfrage vermuten lässt, also um Ar- utsbekämpfung durch Tourismus. Öder sind Sie vor- angig an den Auswirkungen des Ferntourismus auf eutschland – zum Beispiel im Bereich der Gesund- eitsvorsorge – interessiert? Nichts gegen Kohärenz und ernetztes Denken, aber omnipotente Phantasterei sollte icht mit Entwicklungspolitik als Querschnittsaufgabe erwechselt werden. Meine Damen und Herren von der Opposition, Ihr ragenkatalog ist ein Sammelsurium von Fragen aus den erschiedensten Politikfeldern. Eine klare Linie – ge- chweige denn eine klare Zielrichtung – ist nicht erkenn- ar. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass ie bis heute die Chance verstreichen lassen, in einem ntrag – oder besser: mehreren gezielten Anträgen – Ihr mfassendes Alternativkonzept für eine Förderung des achhaltigen Tourismus im Rahmen der Entwicklungs- olitik vorzustellen. Wenn es Anträge für dieses Politik- eld gab, dann kamen Sie von uns! Wie sieht es da mit hrer Zustimmung aus? Dürfen wir bei Ihnen Doppel- üngigkeit registrieren? Worum muss es uns über alle Fraktionsgrenzen hin- eg gehen? Auch ohne Anfrage und ohne statistisch undierte Antworten ist doch klar, dass nicht nur Waren- tröme um den Globus fließen, sondern dass immer ehr Menschen immer mobiler werden. Immer mehr enschen wollen neue Plätze entdecken, neue Erfahrun- en machen, andere Kulturen kennen lernen. In dieser obilitätserweiterung liegen Chancen und Risiken, lie- en Fluch und Segen. Das ist uns allen klar. Wenn also ourismus mehr Segen als Fluch in die Partnerländer ringen soll, muss die Chance eines umwelt- und sozial- erträglichen Tourismus genutzt und gefördert werden. Tourismus als bedeutender Wirtschaftszweig kann in iesen Ländern neue Arbeitsplätze und Verdienstmög- ichkeiten schaffen und damit einen Beitrag zur Be- ämpfung der Armut leisten. Ich sage: Es kann so sein. Denn das schlichte Okku- ieren schöner Landstriche ist abzulehnen, wenn es nicht amit einhergeht, die Menschen vor Ort in die Planung nd Mitsprache und vor allem Nutznießung einzubin- en. Aufklärung über die Risiken, die möglichen Verän- erungen gehören dazu. Hier hat unsere Entwicklungs- olitik vor allem zwei Aufgaben. Und die nimmt sie sehr rnst, wie sie an den Antworten gesehen haben. Diese wei Aufgaben sind zum einen die Förderung eines achhaltigen Tourismus in den Partnerländern und zum nderen die Bewusstseinsbildung bei uns. Zum Ersten: Wir müssen die Partnerländer dabei un- erstützen, ihre touristischen Potenziale zu erkennen und utzbar zu machen, ohne die Fehler eines ungezügelten nd selbstzerstörerischen Massentourismus zu wieder- olen, wie sie in Europa seit den 70er-Jahren gemacht orden sind. Dabei muss sich die Entwicklung des Tou- ismus am Leitbild der Nachhaltigkeit orientieren. Zweitens: Wir müssen im Rahmen unserer Öffent- chkeitsarbeit bei Touristen und Reiseveranstaltern das 11850 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) ) (B) ) Bewusstsein stärken, dass die Entwicklung eines nach- haltigen Tourismus in den Partnerländern in ihrem und unserem Interesse liegt. In beiden Bereichen hat sich die deutsche Entwick- lungszusammenarbeit seit Beginn der 1970er-Jahre er- folgreich betätigt. Seit 30 Jahren gibt es die „Sympathie- Hefte“. Das erste erschien übrigens 1974 zum Thema „Kenia verstehen“. Die Grundlagen der entwicklungspolitischen Ausei- nandersetzung mit den sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Folgen des Tourismus auf die Partnerländer sind also bereits unter der Führung des damaligen Bun- desministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit Erhard Eppler gelegt worden. Ihm und unserer Einstellung als Sozialdemokraten haben wir es also zu verdanken, dass unsere entwicklungspolitische Öffentlichkeitsarbeit im- mer auch die Zivilgesellschaft und deren Wissen einge- bunden hat und diese Öffentlichkeitsarbeit auch auf den Tourismussektor ausgedehnt hat. Wenn wir also heute eine erfreulich gewachsene Sensibilisierung von Urlau- bern und Reiseveranstaltern für die Auswirkungen des Ferntourismus auf die bereisten Länder feststellen kön- nen, so ist dieser Erfolg nicht zuletzt unseren frühen, jetzt 30 Jahre alten Weichenstellungen zu verdanken. Auch die aktuelle Bilanz der rot-grünen Bundesregie- rung im Bereich der Tourismusförderung kann sich auf bi- und multilateraler Ebene sehen lassen. Die Förderung des Tourismus orientiert sich an den allgemeinen Grund- sätzen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit: Ar- mut mindern, Frieden sichern und Globalisierung ge- recht gestalten. Damit leistet die Bundesregierung einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Millenniums-Ent- wicklungsziele vom September 2000 und insbesondere zur Halbierung der extremen Armut bis 2015. Das ge- samte entwicklungspolitische Handeln der rotgrünen Bundesregierung orientiert sich an dieser Leitlinie – und somit auch im Bereich der Tourismusförderung. Im Rahmen der bilateralen technischen Zusammenar- beit werden zurzeit etwa 80 Vorhaben über die GTZ durchgeführt, in denen der Tourismus teilweise oder vor- rangig gefördert wird. Insgesamt entfällt in diesem Be- reich ein Anteil von 20 Millionen Euro auf den Touris- mussektor. Hinzu kommen tourismusrelevante Projekte der finanziellen Zusammenarbeit: im Rahmen der Kre- ditanstalt für Wiederaufbau in Höhe von 203,5 Millionen Euro, bei Investitionen der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft in Höhe von 56,7 Millionen Euro und durch den Einsatz von Entwicklungshelferin- nen und Entwicklungshelfern des DED im Bereich des Tourismus mit einem Mittelvolumen von 1,6 Millionen Euro im Jahr 2003. Darüber hinaus trägt die Bundesregierung sowohl auf europäischer als auch auf internationaler Ebene maßgeb- lich zur Förderung des Tourismus in den Entwicklungs- ländern bei: Zwischen 1991 und 2003 wurden zum Beispiel tourismusrelevante Vorhaben in Höhe von 112,9 Millionen Euro aus dem Europäischen Entwick- lungsfonds gefördert. Auf internationaler Ebene hat die zur Weltbankgruppe gehörende International Finance Cooperation im Jahr 2003 Tourismusprojekte in Ent- w U j d n u w l T d r R t w t d d m h n e B t l s d A B c I i g z w w B r z a i b p A A g d d n l K q T (C (D icklungsländern mit einem Wert von 500 Millionen S-Dollar unterstützt. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung den ährlich durchgeführten Wettbewerb „TO DO“ des Stu- ienkreises für Tourismus und Entwicklung e.V. für ei- en sozialverträglichen Tourismus. Sie fördert die Aus- nd Fortbildung im Bereich der Tourismusbranche so- ohl bei den Reiseveranstaltern als auch in den Partner- ändern und engagiert sich über den Studienkreis für ourismus und Entwicklung durch Publikationen, Stu- ien, Dokumentationen und Schulungen in der Aufklä- ungsarbeit von Reiseanbietern, Reiseleitern und von eisenden in Entwicklungsländer. Soweit zur positiven Bilanz unserer Regierung, de- ailliert nachzulesen in dem vorliegenden dicken Ant- ortpaket. Aber auch wir als Parlamentarierinnen und Parlamen- arier der Koalition haben durch unsere Anträge die Be- eutung eines nachhaltigen Tourismus in den Partnerlän- ern aufgegriffen und unterstrichen. Drei Anträge öchte ich in diesem Zusammenhang besonders hervor- eben: Erstens. Wir setzen mit unserem Antrag „Internatio- ale Richtlinien für biologische Vielfalt und Tourismus- ntwicklung zügig umsetzen“ ein Zeichen: Es gilt, den eschlüssen zum nachhaltigen Tourismus auf der 7. Ver- ragsstaatenkonferenz der UN-Konvention über die bio- ogische Vielfalt deren rasche Umsetzung folgen zu las- en. Dafür setzen wir uns ein. Zweitens. Wir bekräftigen mit unserem Antrag „Kin- er und Jugendliche wirksam vor sexueller Gewalt und usbeutung schützen“ den Willen, den Aktionsplan der undesregierung zum Schutz von Kindern und Jugendli- hen vor sexueller Gewalt stetig weiterzuentwickeln. mmer wieder fordern wir von der Tourismusbranche, hren Verhaltenskodex zum Schutz der Kinder und Ju- endlichen vor sexueller Ausbeutung konsequenter um- usetzen. Drittens. Wir unterstreichen mit dem Antrag „Ent- icklungspartnerschaften mit der Wirtschaft weiterent- ickeln – gemeinsam Armut bekämpfen“ nochmals die edeutung der Partnerschaft mit der Wirtschaft zur Er- eichung der Millenniums-Entwicklungsziele. Gleich- eitig fordern wir die sozial- und umweltpolitische Ver- ntwortung der Unternehmen auf nationaler und nternationaler Ebene ein. Gerade im Tourismussektor ieten Entwicklungspartnerschaften zahlreiche Ansatz- unkte für innovative Einzelprojekte und strategische llianzen, die einen wichtigen Beitrag zur strukturellen rmutsminderung leisten können. Diese Zahlen und Aktivitäten zeigen, dass die rot- rüne Bundesregierung und die Fraktionen der Koalition as wirtschaftliche und entwicklungspolitische Potenzial er Förderung eines nachhaltigen Tourismus in den Part- erländern sehr wohl erkannt haben. Wir als Entwick- ungs- und Tourismuspolitikerinnen und -politiker der oalition richten unsere Anstrengungen dabei konse- uent an folgenden Leitlinien aus: Unsere Förderung des ourismus in den Partnerländern dient in erster Linie Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11851 (A) ) (B) ) dem Ziel der Armutsbekämpfung. Das heißt, die lokale Bevölkerung muss frühzeitig und aktiv bei der Planung von Tourismusprojekten beteiligt werden und sie muss in angemessener Weise von den Gewinnen profitieren. Unsere Förderung des Tourismus in den Partnerländern orientiert sich am Leitbild der Nachhaltigkeit. Das heißt, sie muss langfristig sozial- und umweltverträglich sein, sie muss kulturell angepasst und wirtschaftlich sinnvoll und ergiebig sein. Diese Leitziele werden wir nur erreichen können, wenn wir die Tourismuswirtschaft und die Verbrauche- rinnen und Verbraucher für die Risiken sensibilisieren und an deren eigene Verantwortung appellieren können. Unser staatliches Handeln, unsere politische Maxime ist klar: Nachhaltiger Tourismus hilft die Millenniumsziele zu erreichen. Wir haben eine stetig steigende Mobilität, eine steti- ges Anwachsen des Ferntourismus. Wir wissen seit Erhard Eppler um die Auswirkung dieser Fakten auf die wirtschaftliche Entwicklung unserer Partnerländer. Und wir sind der Garant dafür, dass auf der Grundlage dieser weitsichtigen, verantwortungsbewussten Leitlinie auch künftig Entwicklungspolitik gemacht wird. Wir haben die Bedeutung des Tourismus für eine be- wusstseinsbildende Sympathieentwicklung und die Be- kämpfung der Armut in den Partnerländern erkannt, und wir haben klare Konzepte, an denen wir unser Engage- ment verlässlich und stetig orientieren. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis, meine Damen und Herren von der Opposition. Und registrieren Sie den um- fangreichen Antwort- und Aufklärungskatalog auf Ihre Große Anfrage als weiteres Heft der Sympathie. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zunächst möchte ich mich bei der Bundesre- gierung für die sehr umfangreiche und sehr gründliche Antwort bedanken, über die wir heute debattieren. Die aufwendig zusammengestellten Daten liefern allen Tou- rismus- und Entwicklungspolitikern ein ausgezeichnetes Bild über die vielfältigen Aktivitäten, die vonseiten der Bundesregierung entfaltet bzw. angestoßen oder unter- stützt wurden. Damit liegt uns eine umfassende Zusam- menfassung über dieses Themenfeld vor, die aufzeigt, wie stark sich Deutschland auch international tourismus- politisch engagiert. Es ist in der wenigen mir zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich, auch nur annähernd die wichtigsten tourismusrelevanten Aspekte der Entwicklungszusam- menarbeit anzusprechen. Ich verweise deshalb auch auf den heute beschlossenen Koalitionsantrag zum Urwald- schutz sowie auf den vor der Sommerpause beschlosse- nen Koalitionsantrag zu den CBD-Richtlinien „Biologi- sche Vielfalt und Tourismusentwicklung“, in denen unsere grundsätzliche Haltung zur Entwicklungszusam- menarbeit anhand konkreter Herausforderungen darge- legt ist. Richtiges Reisen bildet. Es erweitert im wahrsten Sinne des Wortes den Horizont. Es weckt Verständnis für a s p d E a n a h e s e d k s s d B T u w l b d f n L l L b L i W k d c v t s p B d R g W m f D d (C (D ndere Kulturen und kann völkerverbindend Freund- chaften schaffen. Leider ist die Realität häufig anders, weit weniger rosaisch. Denn Verständnis erfordert weit mehr als nur en flüchtigen Blick in flüchtiger Begegnung. Kulturelle rfahrungen sammeln kann nur der, der es nicht allein uf Erholung, Sonne und Strand abgesehen hat. Es reicht icht allein, zu den Stätten der Kultur zu reisen. Es geht uch um die Kultur des Reisens selbst. Die Menschen in den bereisten Ländern profitieren äufig am wenigsten von unserem Urlaub. In kaum inem Wirtschaftsbereich gibt es ähnlich starke Globali- ierungs- und Konzentrationstendenzen. Oft bleibt nur in Bruchteil der Einnahmen in den bereisten Ländern, er Rest geht an internationale Reiseanbieter und Hotel- etten. Im nepalesischen Annapurna-Gebiet zum Bei- piel, das vor allem von Trekking-Urlaubern und Berg- teigern besucht wird, kommen nur etwa sieben Prozent es von Touristen ausgegebenen Geldes bei der lokalen evölkerung an. Die negativen ökologischen und sozialen Folgen von ourismus vor allem in den Entwicklungsländern sind ns allen bekannt. Stichwort Ressourcenverbrauch: Im asserarmen Tunesien werden beispielsweise 3,6 Mil- ionen Liter Wasser für die Pflege eines Golfplatzes ver- raucht. Für viele Menschen gerade im trockenen Süden es Landes stehen hingegen nur 25 Liter am Tag zur Ver- ügung! Stichwort Biodiversität: Wir verzeichnen eine Ab- ahme der Artenvielfalt durch Zerstörung natürlicher ebensräume von seltenen Tieren und Pflanzen. Stichwort Kultur: Traditionelle Lebensweisen und andestypische Kultur verändern sich in den bereisten ändern. So werden zunehmend religiös oder kulturell edeutsame Prozessionen, Tänze und Feste in vielen ändern vor allem für Touristen aufgeführt und dadurch hres Sinnes beraubt. Deshalb brauchen wir eine Kultur des Reisens, die ert legt auf ökologische, ökonomische, soziale und ulturelle Nachhaltigkeit. In Deutschland ist vor allem er Verein forum anders reisen, der sich für einen sol- hen nachhaltigen Tourismus engagiert. Anbieter des far erzichten zum Beispiel auf Reisen in ökologisch belas- ete Gebiete. Die Reisen vor Ort werden von Einheimi- chen begleitet. Es werden faire langfristige Geschäfts- artnerschaften angestrebt und es wird auf angemessene ezahlung, geregelte Arbeitszeiten und die Einhaltung er arbeitsrechtlichen Mindestnorm geachtet. In den Zielgebieten sollte ein Teil der Einnahmen des eiseveranstalters in soziale Projekte und Einrichtun- en, zum Beispiel Schule, Medizinische Versorgung, eiterbildung usw., fließen. Es ist beeindruckend, mit welchem großen Engage- ent hier kleine und mittelständische Unternehmen sich ür einen umfassend nachhaltigen Tourismus engagieren. avon auch an dieser Stelle einen herzlichen Dank. In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit bildet ie Kooperation bei der nachhaltigen Bewirtschaftung 11852 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) ) (B) ) von grenzüberschreitenden Naturräumen einen wichti- gen Schwerpunkt. Hier liegt ein beträchtliches touristi- sches Potenzial. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit verfügt über vielfältige Erfahrungen dabei, den Naturschutz mit einem nachhaltigen und sanften Tourismus zu verknüp- fen. Insbesondere denke ich dabei an transnationale Na- turschutzgebiete, Trans-Frontier-Conservation-Area. Zum Beispiel unterstützt Deutschland den Limpopo National Park im Grenzgebiet von Mosambik zu Südafrika, der mit dem Krüger-Nationalpark verbunden werden soll. Hierfür haben wir bisher insgesamt fast zwölf Millionen Euro bereitgestellt. Studien zufolge könnten die 22 transnationalen Natur- schutzgebiete im südlichen Afrika etwa acht Millionen Besucher anziehen, was bis zu einer Million neuer Ar- beitsplätze nach sich ziehen könnte. Mit solchen Ansätzen zur Förderung von grenzüber- schreitenden Naturparks kann es gelingen, die wirt- schaftliche Entwicklung in den Regionen zu befördern. Ich möchte dabei nicht unerwähnt lassen, dass Deutschland sich auch darum bemüht, deutsche Unter- nehmer und Unternehmer der Entwicklungsländer zu- sammenzubringen. Mithilfe von Public Private Partner- ships soll die Privatwirtschaft noch stärker in die Entwicklungsprozesse mit einbezogen werden. Im Rah- men dieser Entwicklungspartnerschaften mit der Wirt- schaft fördert Deutschland allein in Afrika südlich der Sahara rund 300 solcher Initiativen für Investitionen. Ich bin daher zuversichtlich, dass sich ein Weg in Richtung nachhaltige Entwicklung finden lässt, bei der auch ein ökologischer, Biodiversität bewahrender Tou- rismus eine wichtige Rolle einnehmen wird und kann. Ernst Burgbacher (FDP): Endlich Urlaub! Der Wunsch vieler Reisender lautet: Raus aus dem Alltag möglichst weit weg, hin zu exotischen Zielen. Badeur- laub am Roten Meer, eine Studienreise in Südostasien, ein Abenteuerurlaub im südamerikanischen Urwald oder auf Fotosafari durch Afrika. Immer mehr Deutsche reisen immer weiter; immer häufiger sind Entwick- lungsländer das Reiseziel. Während es 1995 über 100 000 Deutsche beispielsweise nach Brasilien zog, hatte sich 2001 die Zahl der Ankünfte deutscher Urlau- ber mehr als verdreifacht: 320 000 Deutsche reisten in Richtung Zuckerhut. Die Große Anfrage der CDU/CSU zielt maßgeblich auf Zahlenmaterial und Statistiken ab. Die politischen Aspekte kommen dabei allerdings meines Erachtens zu kurz. Unbestritten ist, dass der Tourismus einen wesentli- chen Beitrag für die wirtschaftliche und auch soziale Entwicklung der ärmeren Länder leistet. Häufig ist der Tourismus für die Entwicklungsländer ein überaus wich- tiger, mitunter auch der wichtigste Devisenbringer über- haupt. Im Rahmen der deutschen Entwicklungszusam- menarbeit werden daher auch gezielt Projekte mit Tourismusbezug gefördert. Der deutsche Outgoing-Tou- r s O e T g w r s d u f u r s F d d S f e s e t a w t k e w t s t D m L ö G v s v s a e B w i r d g s m m Z (C (D ismus kommt nicht nur unseren heimischen Reiseveran- taltern zugute, sondern schafft auch Arbeitsplätze vor rt in den Zielgebieten. Insbesondere für rohstoffarme und industriell wenig ntwickelte Länder bietet die Dienstleistungsbranche ourismus große Chancen. Allerdings birgt die Abhän- igkeit von ausländischen Touristen auch Gefahren, enn diese in großer Zahl ausbleiben, wie es bei kriege- ischen Auseinandersetzungen oder nach den Terroran- chlägen zum Beispiel auf Bali oder Djerba oder durch en Ausbruch von SARS der Fall war. Natürlich besteht die Gefahr, dass unbedachter und nverantwortlicher Tourismus Umwelt und Natur ge- ährdet, der Tourist mithin zerstört, was er sucht – das ngetrübte Naturerlebnis. Daher muss gelten, dass Tou- ismus und Umweltschutz zwei Seiten einer Medaille ind. Gerade in sich entwickelnden Ländern sollten die ehler, die anderswo bereits gemacht wurden, vermie- en werden. Wir sollten aber vielmehr die Chancen, die er Tourismus gerade auch für die Umwelt hat, sehen. ie gehen aus der Antwort der Bundesregierung eben- alls deutlich hervor. Tourismus kann dazu beitragen, mpfindliche Ökosysteme in Entwicklungsländern zu chützen und deren oft einzigartige Naturpotenziale zu rhalten. Tourismus fuhrt zu Identifikation mit den Na- urschutzzielen, zusätzlichen Einkommensquellen oder uch Einkommensalternativen zu schädlichen Praktiken ie Wilderei und illegaler Holzeinschlag und Infrastruk- urausbau in abgelegenen Regionen. Bernhard Grzimek, den meisten von uns sicher be- annt durch den Film „Serengeti darf nicht sterben“, hat inmal gesagt, dass seine Erfolge zum Schutz der Tier- elt in der Serengeti nicht zuletzt auf eine verantwor- ungsvolle Ausweitung des Tourismus zurückzufuhren eien. Denn erst durch das Geld, das die Urlauber brach- en, konnten die Schutzmaßnahmen ausgeweitet werden. ieses Beispiel steht stellvertretend für viele. Hier sollte von Anfang an die Tourismuswirtschaft it eingebunden werden. Wir brauchen nicht staatliche enkungsinstrumente, sondern das vorausschauende konomische Verhalten der Tourismuswirtschaft. Die rünen jedoch wollen dies offenbar nicht verstehen. Sie erteufeln Fernreisen und Billigflüge, doch selbst reisen ie auch ganz gern. Anderen hingegen wollen sie dies erwehren durch eine erhebliche Verteuerung und Be- teuerung der Reisen. Die Grünen predigen – hier wie in nderen Fällen – Wasser und trinken Wein. Sie machen ine Politik für die, die genug verdienen; der „normale“ ürger soll schön zu Hause bleiben! Ein weiterer – allerdings sehr bedauerlicher – Aspekt, enn von Tourismus in Entwicklungsländern die Rede st, ist der Sextourismus, insbesondere der Kindersextou- ismus. Hier sind wir gefordert, uns nachdrücklich für en Schutz der Kinder und Frauen, die zur Prostitution ezwungen werden, einzusetzen. Sextourismus ist eine cheußliche Begleiterscheinung des weltweiten Touris- us, die – soweit es irgend geht – verhindert werden uss. Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, der wangsprostitution und den so genannten Sextouristen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11853 (A) ) (B) ) Einhalt zu gebieten. Hier sind Staat wie Tourismusindus- trie eindringlich zum Handeln aufgefordert. Die dem Tourismus oftmals vorhergesagten Wachs- tumsraten sind von bestimmten Rahmenbedingungen ab- hängig, insbesondere einer florierenden Weltwirtschaft, niedrigen Energiepreisen und einer Abnahme der militä- rischen Konflikte weltweit. Uns allen ist bewusst, dass es hier noch viel zu tun gibt. Wenn es jedoch gelingt, diese Rahmenbedingungen zu verbessern, ist dies eine Chance gerade auch für die Länder der Dritten Welt. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Versorgung bei besonderen Aus- landsverwendungen (Einsatzversorgungsgesetz – EinsatzVG) (Tagesordnungspunkt 14) Hans-Peter Kemper (SPD): Ich bin sehr froh, dass wir heute und dann auch noch in großer Übereinstim- mung ein Gesetzesvorhaben auf den Weg bringen kön- nen, das längst überfällig und im Interesse unserer Sol- daten, unserer Polizeibeamten und der im Ausland eingesetzten Personen dringend erforderlich war und letztendlich erhebliche Verbesserungen bei Auslandsein- sätzen ermöglicht. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich entschieden im internationalen Rahmen durch Auslandseinsätze von Beamtinnen und Beamten sowie Soldatinnen und Solda- ten ein erhöhtes Maß an Verantwortung zu übernehmen. Das hat zur Folge, dass die genannten Personengruppen, die für uns Auslandseinsätze in mitunter sehr gefährli- chen Regionen wahrnehmen, erheblichen Gefährdungen für Leib und Leben ausgesetzt sind. Tragische Unfälle in der Vergangenheit in Kabul, im Irak und anderswo haben uns die Notwendigkeit einer besonderen Einsatzversorgung im Ausland drastisch vor Augen geführt. Wir hatten bei den letzten Änderungen der Beamten- gesetze die besondere Unfallfürsorge, für den qualifi- zierten Dienstunfall, ohnehin verändert und verbessert. Damals haben wir allerdings noch nicht die gestiegenen Anforderungen und Gefährdungen bei Auslandseinsät- zen vor Augen gehabt. Deswegen ist es gut, dass wir heute gemeinsam diese Verbesserungen beschließen. Ich will nicht in allen Ein- zelheiten auf diese Verbesserungen eingehen, sondern nur Schwerpunkte beleuchten. Für im Ausland eingesetzte Personen, gleich ob Sol- daten oder Beamte, die im Dienst getötet, verletzt oder andere Gesundheitsbeschädigungen erleiden, soll das In- stitut des Einsatzunfalls zur Anwendung kommen. Dies bedeutet stets eine Gewährung der erhöhten, so genannten qualifizierten, Unfallversorgung mit ruhege- haltsfähigen Dienstbezügen aus der Endstufe der über- nächsten Besoldungsgruppe. s T g w s ä v s H S a z d 1 w a a z g d A T b r u h d s s e f h b w s F u d s M d S g g t (C (D Zum anderen sollen die Einmalzahlungen, zum Bei- piel an Witwen und versorgungsberechtigte Kinder, im odesfall von jetzt 38 350 Euro auf 60 000 Euro herauf- esetzt werden. Ich glaube, an den beiden genannten Schwerpunkten ird deutlich, dass die vorgenommenen Änderungen ehr gut sind, aber auch dringend erforderlich waren. Lassen Sie mich noch kurz ein paar Worte zu den Ver- nderungen sagen, die wir im Laufe des Gesetzgebungs- erfahrens vorgenommen haben. Das Gesetz sollte ur- prünglich rückwirkend zum 1. Juni 2003 in Kraft treten. iermit wäre sichergestellt gewesen, dass die Opfer des prengstoffanschlages vom 7. Juni 2003 in Kabul, nicht ber die Opfer des Hubschrauberabsturzes vom 21. De- ember 2002 in Kabul erfasst worden wären. Aus diesem Grunde ist mit großer Übereinstimmung er Termin des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes auf den . Dezember 2002 zurückverlegt worden. Bei den Opfern des Hubschrauberabsturzes in Kabul ar bei allen der qualifizierte Dienstunfall problemlos nerkannt worden. Nunmehr ist es rückwirkend aber uch möglich, den Hinterbliebenen die erhöhte Einmal- ahlung zu gewähren. In einem weiteren Änderungsantrag, der ebenfalls mit roßer Mehrheit verabschiedet worden ist, haben wir em Umstand Rechnung getragen, dass im Rahmen der uslandeinsätze durch die Bundeswehr, Polizei und HW vermehrt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in esonders gefährliche Regionen entsandt werden. Bei diesen Auslandseinsätzen sind die Arbeitnehme- innen und Arbeitnehmer in gleicher Weise wie Soldaten nd Beamte einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt. Des- alb war es nur recht und billig, diese Personengruppe en Beamten und Soldaten gleichzusetzen, was mit die- em Gesetz geschehen ist. Letztendlich will ich noch auf einen Punkt aufmerk- am machen, bei dem es auch ein hohes Maß an Über- instimmung gibt, auch wenn er im Gesetzgebungsver- ahren keinen Niederschlag gefunden hat. Es ist der erklärte Wille aller an diesem Gesetzesvor- aben beteiligten Fraktionen, Soldaten und Beamten, die ei Auslandseinsätzen verletzt werden, eine Weiterver- endung im öffentlichen Dienst zu ermöglichen. Wir ind der Meinung, dass sich dieses aus der besonderen ürsorgepflicht des Staates gegenüber seinen Soldaten nd Beamten ohnehin ergibt. Dennoch will ich gerade iese Problematik hier noch mal in besonderer Weise an- prechen. Im Ziel stimmen wir überein. Es gibt jedoch eine enge insbesondere verfassungsrechtlicher Fragen, wie ie der Gleichbehandlung oder die Konkurrenz zum chwerbehindertenrecht sowie weitere mögliche versor- ungsrechtliche Folgerungen und dienstrechtliche Fra- en, die bisher nicht abschließend geklärt werden konn- en. 11854 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) ) (B) ) Im BMVg wird bereits seit geraumer Zeit die Ver- pflichtung zur Weiterverwendung verletzter Soldaten im öffentlichen Dienst geprüft. Die Zielrichtung ist klar und wir sind uns auch einig. Wir haben allerdings, um das laufende Gesetzgebungs- verfahren und den zügigen Fortgang der Einsatzversor- gung nicht zu gefährden, darauf verzichtet, diesen Punkt mit ins Gesetz zu schreiben. Gleichwohl sind sich alle Fraktionen darin einig, dass an der Umsetzung dieses Ziels weiterhin gearbeitet werden muss und wir über den Fortgang dieser Problematik unterrichtet werden wollen. Ich will mich bei allen, die an dem Zustandekommen dieses Gesetzes mitgewirkt haben, ganz herzlich bedan- ken. Wir sind damit den Notwendigkeiten bei der Ver- sorgung, aber auch den berechtigten Wünschen der Be- rufsverbände und der Soldaten und Beamten nachgekommen. Der Staat darf sich gerade gegenüber denen, die ihre Gesundheit und ihr Leben für den Frie- den und für die Umsetzung unserer gesellschaftlichen und demokratischen Ziele einsetzen, nicht kleinlich und knauserig zeigen. Von daher ist heute ein guter Tag für die, die in der Vergangenheit, aber auch künftig in Auslandseinsätze gehen müssen, wobei unser größtes Anliegen ist, mög- lichst bald eine Situation zu erreichen, die Auslandsein- sätze völlig überflüssig macht. Petra Heß (SPD): Für unsere Soldatinnen und Solda- ten ist der heutige Tag ein guter Tag, auf den sie zugege- benermaßen lange warten mussten. Das sage ich sehr wohl mit Selbstkritik in die eigene Richtung. Doch nicht fehlendes Engagement, sondern die Komplexität der Materie ist Ursache für die Dauer des Gesetzgebungs- verfahrens. Unser Anspruch war und ist es, ein gutes Einsatzversorgungsgesetz für unsere Soldatinnen und Soldaten auf den Weg zu bringen, das den Besonderhei- ten dieses Dienstes fern der Heimat gerecht wird. Die- sem Anspruch würden wir nicht genügen, wenn wir das Gesetz mit heißer Nadel gestrickt hätten. Ich bin deshalb froh, dass wir heute gemeinsam das Einsatzversorgungs- gesetz verabschieden und damit das Versorgungsrecht unserer Soldatinnen und Soldaten in Auslandseinsätzen den aktuellen Anforderungen anpassen. Unsere Soldatinnen und Soldaten tragen in Bosnien, im Kosovo, am Horn von Afrika oder in Afghanistan dazu bei, für die leidgeprüften Menschen dieser Regio- nen Sicherheit, Frieden, demokratische und menschen- würdige Verhältnisse zu schaffen und zu bewahren. Wir alle danken bei verschiedenen Anlässen den Soldaten für ihre Bereitschaft, sich in den Dienst für die Sicherheit unseres Landes und die Verteidigung Deutschlands zu stellen, für Freiheit und Demokratie in den Einsatzlän- dern einzutreten und – was immer wichtiger wird – sich für die Bekämpfung des wachsenden Terrorismus zur Verfügung zu stellen. Dank allein aber genügt nicht. Die Soldaten brauchen den Rückhalt der Gesellschaft und sie müssen sich der Unterstützung der großen Mehrheit des Parlaments si- cher sein können, denn sie verrichten den Dienst für uns a g B K g z w A a d b f w d D K d B D d g s d v u I r l t d d S n F s r ä v V k a S S d e g b s S D b l b m (C (D lle unter schwierigen und teilweise gefährlichen Bedin- ungen. Wir alle erinnern uns noch an den grausamen usanschlag und den tragischen Hubschrauberabsturz in abul und ganz aktuell an den terroristischen Angriff estern Abend auf das PRT-Team in Kunduz, bei dem wei Deutsche und zwei Schweizer Soldaten verletzt urden. Diese Geschehnisse fuhren uns eindringlich vor ugen, dass die Auslandseinsätze nicht ohne Risiko, ja usgesprochen gefährlich sind. Um so höher ist deshalb as Engagement unserer Soldatinnen und Soldaten zu ewerten, den Menschen in den Krisenregionen zu hel- en und sie vor Unterdrückung und Verfolgung zu be- ahren. Sie tun dies ausdrücklich auch im Namen des eutschen Parlaments. Der Schutz von Frieden, Freiheit, emokratie und Menschenwürde ist herausragendes ennzeichen unserer Verfassung, aber gleichzeitig auch as Markenzeichen der eigenständigen Tradition der undeswehr. Sie sind Orientierung für den täglichen ienst und Maßstab für jeden militärischen Einsatz in er Landes- und Bündnisverteidigung. Für diese schützenswerten Vorgaben unseres Grund- esetzes stehen unsere Soldaten ein. Deshalb müssen sie ich darauf verlassen können, dass unsere Gesellschaft, ie – das wird bisweilen vergessen – denselben Werten erpflichtet ist, hinter ihnen steht. Unsere Soldatinnen nd Soldaten sind es, die unsere sicherheitspolitischen nteressen im Sinne von Erhaltung des Friedens, Siche- ung der Freiheit und Einhaltung der Menschenrechte in etzter Konsequenz durch ihren persönlichen Einsatz un- erstützen. Deshalb kann es nicht beim Dank allein bleiben, son- ern es müssen Rahmenbedingungen geschaffen wer- en, die den im Einsatz befindlichen Soldatinnen und oldaten die Sorge um die Zukunft ihrer Angehörigen ehmen und ihnen Sicherheit geben, im schlimmsten all angemessen versorgt zu sein. Das heute zu verab- chiedende Einsatzversorgungsgesetz trägt dieser Forde- ung Rechnung. Das Versorgungsrecht ist damit den ver- nderten Anforderungen angepasst und entsprechend erbessert. Zwingend notwendig war aus Sicht des gesamten erteidigungsausschusses die ausreichende Rückwir- ung des Gesetzes, um auch die Opfer des Hubschrauber- bsturzes im Dezember 2002 einbeziehen zu können. eit Beginn der Auslandseinsätze sind sechs deutsche oldaten durch Anschläge und 51 Soldaten zum Beispiel urch Unfälle ums Leben gekommen und eine nicht un- rhebliche Anzahl wurde verletzt. Ihnen und ihren An- ehörigen gilt unser tiefes Mitgefühl. Die Zahl der zu eklagenden Opfer unterstreicht die Notwendigkeit die- es Gesetzes mehr denn je, auch wenn uns jedes einzelne chicksal bewegt. Abschließend möchte es nicht versäumen, all denen ank zu sagen, die am Zustandekommen des Gesetzes eteiligt waren, insbesondere den Kolleginnen und Kol- egen im Verteidigungs- und Innenausschuss, den Ver- änden und im besonderen Maße dem Verteidigungs- inisterium. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11855 (A) ) (B) ) Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) (CDU/CSU): Auslandseinsätze sind zur Hauptaufgabe der Einsatzar- mee Bundeswehr geworden. Das heißt, wir schicken un- sere Soldaten in Krisen- oder Kriegsgebiete. Persönliche Unversehrtheit können wir aber nicht garantieren. Von den betroffenen Soldaten ist daher immer wieder die so- ziale Absicherung im Fall von Unfällen oder Anschlägen als unzureichend kritisiert worden. Wenn unsere zukünf- tige Sicherheitspolitik Einsätze der Bundeswehr rund um die Welt vorsieht, dann müssen unsere Soldaten neben einer adäquaten Ausrüstung insbesondere die Gewissheit haben, dass sie oder ihre Angehörige im Unglücksfall bestens abgesichert sind. Sonst verbietet es sich, unsere Soldaten auf gut Glück in gefährliche Einsätze zu schicken. Mehr als 7 000 Soldatinnen und Soldaten sind zurzeit im Auslandeinsatz. Ihre Aufträge wurden in den vergan- genen Jahren nicht nur zahlreicher, sondern auch gefähr- licher. Mehr als 50 Soldaten überlebten ihren Auslands- einsatz nicht. Fast doppelt so viele wurden verletzt. Diese Opfer von Anschlägen oder Unfällen im Aus- landseinsatz sollen künftig mehr Rechtssicherheit bezüg- lich ihrer Absicherung erhalten. Der Granatangriff auf das PRT in Kunduz gestern Abend mit mehreren ver- wundeten Soldaten, darunter einem Schwerverletzten, hat uns diese dringende Notwendigkeit grausam vor Au- gen geführt. Das leider erst jetzt auf den Weg gebrachte Einsatz- versorgungsgesetz füllt diese Lücke. Die Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion haben diesen Gesetzentwurf schon im Januar vergangenen Jahres ein- stimmig im Verteidigungsausschuss angenommen. Al- lerdings wurde in den Beratungen darauf hingewiesen, dass der Entwurf noch einige Schwachstellen enthält. Leider sind diese Schwachstellen nicht ausgeräumt worden. Ich habe noch des Staatssekretärs Worte im Ohr: „Es wird auch beim Status – Zeitsoldaten, Berufs- soldaten oder freiwillig Wehrdienstleistende – keinen Unterschied mehr geben; wird werden gleich entschädi- gen.“ Sehr geehrter Herr Staatssekretär, da scheint doch noch eine gewaltige Lücke zwischen ihren Wünschen und dem vorliegenden Gesetzentwurf zu klaffen. Nach dem heute zu verabschiedenden Text wird bei der Ent- schädigung ein beträchtlicher Unterschied in den Status- gruppen gemacht. Klar ist, jeder Soldat erhält im Schadensfalle einen Sockelbeitrag von 15 000 Euro. Danach erhält jeder Sol- dat auf Zeit pro zurückgelegtem Dienstjahr einen Betrag von 3 000 Euro, pro Dienstmonat im Unfalljahr 250 Euro. Freiwillig Wehrdienstleistende und damit auch Reservisten erhalten zum Sockelbeitrag pro vollen- detem Dienstmonat 250 Euro. Dies ist unbefriedigend. Ich bitte Sie daher dringend, – vor allem angesichts stetig ansteigender Zahlen von freiwillig länger Dienen- den und Reservisten in Auslandseinsätzen –, hier eine Angleichung zu schaffen. Schließlich ist es bei einem Unglücksfall einerlei, wie lange der Betroffene schon bei der Bundeswehr war. Hier darf nur die ausreichende Entschädigung aller Soldaten Maßstab der Entscheidung s g E s a lä d s d te E e t S 2 v u S d g c is k e g F d a Z D le A T K s A g D V m n h g i R K h g (C (D ein. Hier muss der Grundsatz gelten: Gleiche Gefahr, leiche Absicherung. Ein weiterer Hauptkritikpunkt ist der Ausschluss der insatzversorgung bei „grober Fahrlässigkeit“. Fahrläs- ig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt ußer acht lässt: § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB. Grobe Fahr- ssigkeit liegt im Unterschied zu leichter Fahrlässigkeit ann vor, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in be- onders schwerem Maße verletzt wird, wenn der Han- elnde das, was im gegebenen Fall jedermann einleuch- n muss, nicht beachtet. Ist diese Rechtsauffassung in xtremsituationen anwendbar? Ich meine nicht. Hier geht es nicht um unbeaufsichtigte Kerzen in den igenen vier Wänden oder das Aufbewahren einer Hand- asche unter dem Autositz. Niemand kann die Augen davor verschließen, dass die Auslandseinsätze alles andere als Routine sind – auch wenn es in der Öffentlichkeit mittlerweile vielleicht so wahrgenommen wird. Auslandsein- sätze sind vielmehr Extremsituationen für die Sol- datinnen und Soldaten. o Minister Struck bei einer Gelöbnisrede in Vöhl am 7. Mai 2004. Hier gebe ich Ihnen, Herr Minister Struck, ollkommen Recht. Gerade in Auslandseinsätzen steht der einzelne Soldat nter einer extremen Stressbelastung, muss zum Teil in ekundenbruchteilen Entscheidungen treffen. Entschei- ungen, in denen er sich vielleicht auch vorsätzlich oder rob fahrlässig einer Gefährdung aussetzt. Hier die glei- hen Maßstäbe anzulegen wie in einem zivilen Umfeld, t in meinen Augen überzogen. Ich bin überzeugt, dass einer unserer Soldaten im Einsatz sich grob fahrlässig iner Gefährdung aussetzt. Daher sollte dieser Passus estrichen werden. Hier sollte mit viel Augenmaß und ingerspitzengefühl die jeweilige Situation beurteilt und ann entschieden werden. Ein für mich ebenfalls wichtiger Punkt im Hinblick uf die Einsatzversorgung ist die Frage der beruflichen ukunft von Schwerstverletzten und Versehrten. In der iskussion über Auslandseinsätze werden mögliche Ver- tzungen von Soldaten meist schamhaft ausgeklammert. usklammern können wir diese traurigen aber wahren atsachen nicht. Beim Anschlag auf unsere Soldaten in abul gab es neben vier Toten 28 Verwundete. Von die- en 28 Verwundeten erlitten fünf Soldaten schwere ugenverletzungen bzw. Gliedmaßenamputationen. Wie edenkt der Staat mit diesen Versehrten umzugehen? Ich bin davon überzeugt, für unsere im Einsatz auf auer geschädigten Soldaten hat der Staat nicht nur eine erpflichtung in Form von Geldzuwendungen. Hier uss der Staat für die berufliche Zukunft der Betroffe- en eine annehmbare Perspektive schaffen. Ich meine ier einen Rechtsanspruch auf eine staatliche Beschäfti- ung. Die Beschäftigung von Versehrten durch den Staat st in fast allen anderen Armeen der Welt bereits heute ealität. Wir sollten diesen Vorbildern folgen. Leere assen und Stellenabbau im öffentlichen Dienst dürfen ier nicht das Kriterium sein, sondern allein die Fürsor- epflicht des Staates für seine Soldaten. 11856 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) ) (B) ) Trotz der genannten Schwachstellen ist der Gesetz- entwurf ein Fortschritt für unsere Soldaten im Einsatz. Wir stimmen dem Gesetz zu. Clemens Binninger (CDU/CSU): Wenn wir heute in 2. und 3. Lesung das Einsatzversorgungsgesetz be- schließen, haben wir durch die Ereignisse am gestrigen Tag auch schon leider die bittere Bestätigung dafür er- halten, dass dieses Gesetz dringend notwendig ist. Der in den letzten Jahren stetig zunehmende Einsatz von Soldatinnen und Soldaten, Beamtinnen und Beam- ten sowie anderen Angehörigen des öffentlichen Diens- tes an den Krisenherden der Welt, sei es in Afghanistan oder auf dem Balkan, um nur zwei Beispiele zu nennen, macht deutlich, dass wir hier für diese Menschen auch besondere Regelungen für den Fall brauchen, dass sie bei diesen Einsätzen verletzt oder im schlimmsten Fall sogar getötet werden. Im Wesentlichen geht es dabei um die stetige Gewäh- rung der erhöhten Unfallversorgung für Beamte und für Berufssoldaten, um Ausgleichzahlungen nach dem Solda- tenversorgungsgesetz an Angehörige anderer Statusgrup- pen, um die Anhebung der Beiträge für die einmalige Ent- schädigung sowie die Vereinfachung der Regelungen zum vermögensrechtlichen Schadenausgleich. Der Gesetzentwurf sieht das Inkrafttreten zum 1. De- zember 2002 vor, um auch noch den Fall des Hubschrau- berabsturzes am 21. Dezember 2002 in Kabul mit zu er- fassen. Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt es sehr, dass sich die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktio- nen unsere Position zu Eigen gemacht hat, hatten wir doch von Anfang an eine Datierung des Gesetzes auf dieses Datum gefordert, während die Bundesregierung zunächst am Datum 1. Juni 2003 festhalten wollte. Da aber auch die in Kabul betroffenen Soldaten bzw. deren Hinterbliebene die gesteigerten Versorgungsleis- tungen nachträglich erhalten sollen, ohne dabei in einen Zustand einer gewissen Rechtsunsicherheit belassen zu werden, ist die Vordatierung nur konsequent und richtig. Bislang unberücksichtigt ist im Gesetzentwurf der Bundesregierung der Grundsatz, einsatzbedingt ver- sehrte Beamte und Soldaten möglichst bei ihrem bisheri- gen Dienstherrn weiter einzusetzen. Finanzielle Hilfen, wie wir sie jetzt mit diesem Gesetzentwurf gewähren, sind ohne Frage unverzichtbar, aber für viele einsatzbe- dingt versehrte Beamte und Soldaten ist es genauso wichtig, hinterher, zwar in anderer Funktion, aber doch noch vom gleichen Dienstherrn weiter eingesetzt werden zu können. Nachdem wir dies im Ausschuss thematisiert hatten, habe ich es als positiv empfunden, dass Kollege Kemper von der SPD, aber auch die Vertreter der Bundesregie- rung dieses Problem als zutreffend erkannt haben, und hier eine Lösung gefunden werden muss. Da hiermit aber schwierige rechtliche Fragen verbunden sind, die zuvor geprüft werden müssen, vertraue ich auf die Zusa- gen der Vertreter der SPD-Fraktion und der Vertreter der Bundesregierung im Innenausschuss, dieses Thema an- z z d r s s S z E d s d E f a r s G e h a v z a g g m b e d h r n l K T w g t s w S c n U h (C (D ugehen und in absehbarer Zeit einen Lösungsvorschlag u präsentieren. Gestatten Sie mir zum Abschluss noch zwei Worte es Dankes: zum einen an all die Menschen, die in unse- em Auftrag an den Krisenherden dieser Welt im Einsatz ind und mit ihrem Einsatz und zwar mit ihrem ganz per- önlichen Einsatz, dazu beitragen, dass die Welt ein tück weit friedlicher und demokratischer wird, und um anderen an die Angehörigen dieser Menschen, die hepartner, die Geschwister, die Eltern, Großeltern, Kin- er oder Freunde, für die der Einsatz genauso eine be- ondere Belastung darstellt. Beide Gruppen dürfen wir, ie die politischen Beschlüsse fassen, aus denen sich die insätze ergeben, nicht alleine lassen. Das Einsatzversorgungsgesetz ist ein parteiübergrei- ender Beitrag hierzu, den die CDU/CSU-Fraktion auch usdrücklich mitträgt. Und ich glaube, ich spreche in Ih- er aller Namen, dass wir froh sind, wenn wir dieses Ge- etz so selten wie möglich anwenden müssen. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Ich freue mich, dass ich hier auch einmal zu inem Thema sprechen kann, bei dem große Einigkeit errscht. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf reagieren wir uf die neuen Herausforderungen, die sich aus unseren ermehrten internationalen humanitären und unterstüt- enden Verpflichtungen ergeben. Die Soldatinnen und Soldaten, Beamtinnen und Be- mten, die im Ausland ihren Dienst tun, leisten hervorra- ende Arbeit und tragen dazu bei, problematische Re- ionen sicherer zu machen. An dieser Stelle möchte ich ich bei ihnen allen im Namen meiner Fraktion hierfür edanken. Diese wichtige Arbeit ist leider oft mit einer rhöhten Gefahr verbunden, denen die Beamten und Sol- aten ausgesetzt sind. Das wird uns gerade wieder am eutigen Tage vor Augen geführt mit dem Angriff der adikalislamischen Taliban auf das Bundeswehrcamp im ordafghanischen Kunduz, bei dem fünf Deutsche ver- etzt wurden. Aber auch beim Hubschrauberabsturz in abul im vergangenen Dezember oder beim tragischen od der zwei GSG-9-Beamten wurde dies offensichtlich. Die bisherigen versorgungsrechtlichen Regelungen aren nicht auf derartige Gefahrenlagen zugeschnitten. Mit der jetzigen Regelung wollen wir das Versor- ungsrecht bei Auslandseinsätzen eben diesen veränder- en Anforderungen mit folgenden Neuregelungen anpas- en: Ab jetzt gibt es eine „Einsatzversorgung“, die ge- ährt wird, wenn sich ein „Einsatzunfall“ ereignet hat. Ein Einsatzunfall liegt zum Beispiel dann vor, wenn oldaten oder Beamte während einer besonders gefährli- hen Verwendung im Ausland, zum Beispiel bei huma- itären und unterstützenden Einsätzen im Ausland, einen nfall oder eine Erkrankung erleiden, die eine Gesund- eitsschädigung verursacht. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11857 (A) ) (B) ) Die Einsatzversorgung umfasst grundsätzlich alle Leis- tungen der Dienstunfallfürsorge. Allerdings geht sie da- rüber hinaus: So wird stets die qualifizierte Unfallversor- gung von 80 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der übernächsten Besoldungsgruppe ge- währt. Zweitens wird die einmalige Entschädigung für hinterbliebene Ehegatten und Kinder für Inlands- und Auslandsunfälle wird im Falle des Todes von 38 350 Euro auf 60 000 Euro aufgestockt. Schließlich werden die Leistungsregelungen zum vermögensrechtli- chen Schadenausgleich in besonderen Fällen verein- facht. Das zeigt: Wir wollen sowohl für die unmittelbar Be- troffenen aber auch deren Familie die Folgen der erhöh- ten Gefahren wenigstens versorgungsrechtlich und damit finanziell abmildern. Mit dem Vorziehen des In-Kraft-Tretens soll auch der Fall der abgestürzten Hubschrauber vom 21. Dezember 2002 erfasst werden. Lassen Sie mich zum Schluss noch die auch im In- nenausschuss diskutierte Frage des Anspruchs auf Wei- terverwendung für im Ausland verletzte Soldaten und Beamte ansprechen. Sie, meine Kolleginnen und Kolle- gen von der Union, hatten hierzu ja auch ursprünglich im Innenausschuss einen Änderungsantrag vorgelegt. Auch wir haben natürlich dieses Problem gesehen und es be- steht auch hier Einigkeit, dass wir diesbezüglich etwas tun müssen. Allerdings sind an diese Regelung kom- plexe dienstrechtliche und verfassungsrechtliche Frage- stellungen geknüpft, die noch einer vertieften Auseinan- dersetzung bedürfen. Da wir die eben erläuterten Regelungen nun aber schnell auf den Weg bringen wol- len, werden diese Fragen im laufenden Verfahren zu- nächst nicht behandelt. Auch hierüber bestand ja gestern im Innenausschuss Einigkeit. Günther Friedrich Nolting (FDP): Mit dem Ein- satzversorgungsgesetz setzt die Bundesregierung einen Beschluss des Verteidigungsausschusses vom 15. Januar 2003 um, das Versorgungsrecht bei Auslandseinsätzen an die veränderten Anforderungen anzupassen und dem- entsprechend auszubauen und zu verbessern. Die FDP unterstützt den Gesetzentwurf. Er ist die lo- gische Konsequenz aus der vor dem Hintergrund der besonderen geschichtlichen Erfahrung und vor dem Hin- tergrund der Ereignisse vom 11. September 2001 getrof- fenen Grundentscheidung der Bundesrepublik Deutsch- land, international mehr Verantwortung zu übernehmen. Das geschieht seitdem auf vielfältige Weise, zum Bei- spiel durch internationale Friedenseinsätze, die auch durch militärisches Engagement unterstützt werden. Wer im Außenverhältnis mehr Verantwortung übernimmt, muss dies auch im Innenverhältnis tun und die Beamten, Soldaten und sonstigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes entsprechend absichern. Machen wir uns nichts vor, derartige Einsätze sind immer mit einer besonderen Gefahr für Leib und Leben verbunden und mit Inlandstä- tigkeiten oder anderen Auslandstätigkeiten nicht zu ver- gleichen. Hierfür gibt es Beispiele. Lassen Sie mich an dieser Stelle nur das Sprengstoffattentat auf Angehörige d K 2 g g b w g h d d s B k h G s z D a n z d d s s A w d o D d m A ü M r v m f k z (C (D es deutschen ISAF-Kontingents im Sommer 2003 in abul erwähnen, bei dem vier Soldaten getötet und 9 Soldaten verletzt wurden, oder den Anschlag vom estrigen Abend in Kunduz, bei dem es drei Verletzte egeben hat. Der Gesetzentwurf sieht einen Ausbau und eine Ver- esserung des Versorgungsrechts vor. Darüber hinaus erden die Voraussetzungen für die einzelnen Versor- ungsleistungen vereinheitlicht, um größere Rechtssicher- eit zu erreichen und Versorgungsunterschiede zwischen en einzelnen Statusgruppen zu beseitigen. Hiermit ist ie FDP ausdrücklich einverstanden. Ganz besonders freue ich mich, dass ein breiter Kon- ens hergestellt werden konnte und alle Fraktionen dem ekenntnis zu gesteigerter Außenverantwortung ein Be- enntnis zu einer entsprechenden Innenverantwortung aben folgen lassen. Das gilt auch für die Einigung, das esetz rückwirkend zum 1. Dezember 2002 statt wie ur- prünglich vorgesehen zum 1. Juni 2003 in Kraft treten u lassen. Hierfür hat sich die FDP frühzeitig eingesetzt. ie Änderung war erforderlich, um den Hubschrauber- bsturz vom 21. Dezember 2002 in Kabul bereits dem euen, deutlich verbesserten Recht zu unterstellen. Es bleibt zu hoffen, dass das Gesetz nicht allzu häufig ur Anwendung gelangen muss. Es bleibt zu hoffen, dass en Menschen, die für Deutschland und für den Weltfrie- en international Verantwortung übernehmen, Schick- alsschläge wie zum Beispiel in Kabul und Kunduz er- part bleiben. nlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu der Unterrichtung: Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über die Europäische Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafverfahren (Tagesordnungs- punkt 15) Axel Schäfer (Bochum) (SPD): Eine Entschließung ie heute zum Vorschlag für einen Rahmenbeschluss es EU-Ministerrates über die Europäische Beweisan- rdnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und aten zur Verwendung in Strafverfahren ist im Bereich er Politikgestaltung für den Deutschen Bundestag im- er noch Neuland. Was machen wir und wie machen wir es? Gemäß rt. 23 Abs. 3 Satz 1 GG nehmen wir Stellung gegen- ber der Bundesregierung vor oder auch während deren itwirkung an Rechtsetzungsakten der EU. Die Bundes- egierung berücksichtigt unsere Position in Brüssel – da- on können wir selbstverständlich ausgehen. Dieses 1992 eingeführte Recht ist bisher – und das üssen wir selbstkritisch feststellen – von uns nicht um- assend genutzt worden. Gerade im Hinblick auf die ünftige EU-Verfassung gewinnt unsere Beteiligung usätzliche Bedeutung: Die Rechte der nationalen 11858 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) ) (B) ) Parlamente werden im Allgemeinen gestärkt, speziell wird ein Frühwarnsystem eingeführt – Stichwort: Subsi- diarität –, womit wir die Gewichte innerhalb der Ge- meinschaft ein Stück weit neu justieren. Jetzt begeben wir uns von der Höhe des Verfassungsrechts quasi in die Niederungen des politischen Alltags. Dabei müssen wir über das Grundverständnis Eini- gung erzielen: Mit diesem Verfahren wollen wir so viel parlamentarischen Einfluss des Bundestages wie mög- lich und zugleich so viel Handlungs- und Verhandlungs- spielraum der Bundesregierung wie nötig. Als Abgeordnete stehen wir dabei vor einer doppelten Aufgabe: Erstens unsere Exekutive, die im Gesetzge- bungsdreieck der EU die deutschen Interessen vertritt, beeinflussend zu prägen und zweitens das Europäische Parlament auf Fach- wie auf Fraktionsebene meinungs- bildend zu kontaktieren. Dabei kommt es auf unser Engagement, auf unsere. Kompetenz, aber auch auf unsere personellen Möglich- keiten an. Geklärt werden muss: Wie konzentrieren wir uns als Legislative auf die entscheidenden Rechtsthe- men, ohne dass wir eine „Dritte Kammer“ der nationalen Parlamente im europäischen Gesetzgebungsverfahren anstreben. Um es zu wiederholen: Unser Adressat ist die Bundesregierung als Vertreter Deutschlands in der EU. Unser Partner ist zugleich das Europäische Parlament, über dessen Arbeit wir häufig zu wenig wissen und mit dem wir zu selten intensive Beziehungen pflegen. Die Beteiligung als deutsche Abgeordnete an der EU- Rechtssetzung hat eine horizontale und eine vertikale Dimension. Horizontal heißt: Wir müssen dazu beitra- gen, in den politischen Parteifamilien mehr an europäi- scher Identität zu entwickeln. Das gilt für die Sozial- demokraten sicher genauso wie für Christdemokraten bzw. Konservative, Grüne und Liberale. Vertikal heißt: Wir müssen dazu beitragen, den Standpunkt unseres Landes in Europa zur Geltung zu bringen. Gerade bei wichtigen EU-Debatten hat sich bisher nämlich gezeigt, wie groß die Gemeinsamkeiten zwi- schen SPD, CDU/CSU, Grünen und FDP sind. Ich erin- nere dabei an Themen wie Tabakwerbeverbot, Ge- brauchsmusterschutz und Abgeordnetenstatut. Das gilt auch – wenn ich es recht sehe – bei der heutigen Thema- tik im Hinblick auf die Vorlagen der Regierungsfraktio- nen einerseits und der Opposition andererseits zur EU- Beweisanordnung. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für fol- gende Verhandlungsziele einzusetzen: Erstens Kompati- bilität dieses Rahmenbeschlusses mit bisherigen Rechts- akten und Präzisierung vorgesehener Deliktgruppen; zweitens Sicherung von Verweigerungsgründen, wenn Maßnahmen gegen gemeinsame Grundsätze und Grund- rechte speziell die Mindestgarantien der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen; drittens Ergän- zung des Rahmenbeschlusses im Hinblick auf ein faires Verfahren und Berücksichtigung der Belange des Daten- schutzes sowie viertens gemeinsame Mindestanforde- rungen im Hinblick auf Erhebung und Verwertung von Beweisen. d w l v n g d e r k B w b w V o n b t m e S V t u I d r A V c U J n r a a t d u d r n 2 b g d g r D s d p (C (D Insbesondere wird auf eine entsprechende Resolution es Europäischen Parlaments vom 31. März 2004 ver- iesen, die sehr detailliert auf die Notwendigkeiten aus egislativer Sicht eingeht. Keine Einigkeit besteht darin, inwieweit wir von ornherein unsere Zustimmung zur EU-Beweisanord- ung von der Erfüllung bestimmter Forderungen abhän- ig machen: Die Koalition gibt der Regierung den erfor- erlichen Spielraum und beschreibt die Chancen uropäischer Politik, während die Opposition eher rest- iktiv vorgehen will und mehr die Risiken bei einem ünftigen europäischen Rahmenbeschluss thematisiert. eide ziehen auch Konsequenzen aus einem früheren, ichtigen Rahmenbeschluss; ich denke dabei an die Pro- leme beim Europäischen Haftbefehl. Erst in der Praxis ird sich Schritt für Schritt zeigen, ob unsere jetzige orgehensweise funktioniert bzw. was wir verbessern der verändern müssen. Unbestritten ist: Das partielle Demokratiedefizit in- erhalb der EU und zwischen den Mitgliedstaaten bei estimmten europäischen Angelegenheiten muss besei- igt werden! Die entscheidende Frage lautet: Wie kom- en wir in der EU, die eine Gemeinschaft sui generis, in Verbund von Rechtsstaaten ist, auch im Bereich des trafrechts weiter? Hier geht es in erster Linie um die erbesserung der Zusammenarbeit, um grenzüberschrei- ende Maßnahmen und erst in der weiteren Perspektive m Integration. Das ist – salopp formuliert – im Bereich nnen und Justiz schon etwas anderes als bei Vollendung es Binnenmarktes. Unser Beschluss ist sowohl eine wichtige Aufforde- ung an die Bundesregierung als auch eine bedeutsame nforderung an uns selbst. Wir leisten exemplarisch orreiterdienste bei der Europäisierung von innerstaatli- her Politik. Der Rechtsausschuss hat sich durch seinen nterausschuss Europarecht in den vergangenen zwei ahren mit einer Ausweitung des Tagungsrhythmus, ei- er Aktualisierung der Beratung und einer Intensivie- ung der Diskussion sowohl in Berlin als auch in Brüssel uf den Weg gemacht. Mit der heutigen Entschließung nehmen wir, anders ls bisher, unsere Regierung in die Pflicht und verpflich- en uns selbst zur Kontrolle und zur Mitgestaltung bei er Durchsetzung deutscher Interessen. Diese basiert auf nserem Verständnis von Politik, unserer Rechtskultur es Grundgesetzes und auf der Achtung von parlamenta- ischer Demokratie und den rechtsstaatlichen Traditio- en in den anderen Mitgliedstaaten. Weil wir uns in 5 Staaten der EU gegenseitig respektieren, wollen wir estehende Regelungen gegenseitig anerkennen, sie zu- leich im Sinne von Europatauglichkeit verbessern und as gemeinsame Europa auch als Rechtsraum voranbrin- en. Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Das Europa- echt ist zu einer der wichtigsten Rechtsquellen in eutschland geworden: Beinahe jedes zweite Gesetz hat einen Ursprung in Brüssel, wobei sich etwa 70 Prozent er Gesetze, die dort beschlossen werden, direkt auf das ersönliche Leben der Bürgerinnen und Bürger auswir- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11859 (A) ) (B) ) ken. Europäische Rechtssetzungsakte sind also für unser Land sehr bedeutsam. Wir Parlamentarier haben deshalb die Aufgabe, sorgfältig und aufmerksam zu überwachen, was da von Brüssel kommt und wie mit diesen Initiati- ven umgegangen wird. Art. 23 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union regelt, dass der Deutsche Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union „mitwirkt“, also nicht allein die Regierung das Europarecht beeinflussen kann. Der Deutsche Bundestag nimmt diese in der Verfassung vor- gesehene europapolitische Mitwirkungs- und Kontroll- funktion meiner Ansicht nach bislang nur mangelhaft wahr. Aufgrund von Informations- und Koordinations- defiziten findet eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Flut von EU-Vorlagen oft gar nicht oder nur begrenzt statt. So wurden in der 14. Wahlperiode von insgesamt 3 137 EU-Vorlagen nur 116, also lediglich 3,7 Prozent der Beschlussempfehlungen im Plenum des Bundestags behandelt. Es ist höchste Zeit, diesen Zustand zu beenden. Na- türlich muss nicht über jede Vorlage debattiert werden. Wir werden uns auf die bedeutsamen Rechtsakte kon- zentrieren müssen. Eine Erhöhung der oben genannten Zahlen ist aber unabdingbar. Dabei geht es letztlich auch um die bisher fehlende öffentliche Diskussion über euro- parechtspolitische Entscheidungen und die dadurch auch fehlende ausreichende Information der Bürgerinnen und Bürger. Die CDU/CSU hat dieses Manko erkannt und arbeitet an den notwendigen Verbesserungen. Und die anderen Fraktionen dieses Hauses sind meiner Kenntnis nach auch dabei, den allgemein erkannten Missstand zu behe- ben. Wir sind deshalb auf dem richtigen Weg. Der Unter- ausschuss Europarecht hat die Zahl seiner Sitzungen im Vergleich zu früher deutlich erhöht und eine Kommis- sion arbeitet notwendige Änderungen aus. Das heute zu debattierende Thema der Europäischen Beweisanordnung zeigt den Fortschritt übrigens auch. Der Deutsche Bundestag macht heute seine verfassungs- mäßigen Rechte aus Art. 23 GG frühzeitig geltend und gleicht dadurch ein Demokratiedefizit aus, das mit Rah- menbeschlüssen des Europäischen Rates verbunden ist. Bei diesen Beschlüssen ist das Europäische Parlament lediglich angehört worden und hat selbst nicht entschie- den. Die Nationalstaaten haben dann nur noch umzuset- zen, ohne Einfluss auf die Grundsatzentscheidung. Deshalb ist es von hoher Bedeutung, dass das deut- sche Parlament hier eine Stellungnahme abgibt. Diese hat zwar keine bindende Wirkung für die Regierung, aber im Antrag von CDU/CSU und FDP wird die Bun- desregierung jedenfalls aufgefordert, die Bedenken des Deutschen Bundestages zu beachten und den Beschluss gegebenenfalls abzulehnen. Dieser etwas andere Akzent zum Antrag der Koalitionsparteien ist wohl auch der Hauptgrund, warum keine fraktionsübergreifende Stel- lungnahme erfolgt ist, obwohl die Kritikpunkte an dem Rahmenbeschluss des Rates von allen Fraktionen wei- testgehend geteilt werden. Nach Ansicht meiner Frak- t A r r e s B w s s l c E B n g l m p t m w a e M s i t w R a d n k s s d V E w S s l m e n u A v z m w s w p (C (D ion macht eine Einflussnahme des Parlamentes nach rt. 23 GG nur dann Sinn, wenn der Regierung ein kla- er Auftrag erteilt und nicht eine freundliche Aufforde- ung mit auf den Weg gegeben wird. Wir sind uns alle inig, dass wir Verbesserungen der strafrechtlichen Zu- ammenarbeit in Europa dringend brauchen. Gerade im ereich der Kriminalitätsbekämpfung ist es äußerst ichtig, endlich Grundlagen für ein wirksames gemein- ames Handeln zu schaffen, denn die Ländergrenzen tellen für Straftäter bei der Begehung schwerster De- ikte schon lange kein Hindernis mehr dar. In den letzten Jahren wurden im Bereich der polizeili- hen und justiziellen Zusammenarbeit auf europäischer bene zwar schon erhebliche Fortschritte erzielt, aber im ereich des Straf- und Strafprozessrechts gibt es immer och Nachholbedarf. Seit vielen Jahren reden die Mit- liedstaaten der Europäischen Union darüber, dass end- ich eine Angleichung der Rechtssysteme erfolgen üsse. Auf der Tagung des Europäischen Rates in Tam- ere wurde vereinbart, dass der Grundsatz der gegensei- igen Anerkennung zum Eckstein der justiziellen Zusam- enarbeit sowohl in Zivil- als auch in Strafsachen erden soll. Davor und danach sind zahlreiche Rechts- kte ergangen, wie beispielsweise das Schengen-Über- inkommen von 1990, das EU-Übereinkommen vom ai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen sowie des- en Protokoll von 2001. Letztere sind jedoch noch nicht n Kraft getreten. Wir haben dennoch ein Bündel von Abkommen und rotzdem erfolgt die Zusammenarbeit im Bereich der Be- eiserhebung noch immer im Wege der herkömmlichen echtshilfeverfahren. Trotz dieser Vereinbarungen kann lso ein Richter, der Beweise für eine Straftat benötigt, ie in einem anderen Land vorliegen, diese Beweismittel icht einfach anfordern. Er muss sich stattdessen einem omplizierten Verfahren unterwerfen, worauf der Deut- che Richterbund in seiner Stellungnahme zur Europäi- chen Beweisanordnung hingewiesen hat. Dadurch lei- et die notwendige Effizienz und Schnelligkeit solcher erfahren. Mit der Europäischen Beweisanordnung soll es den rmittlungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten ermöglicht erden, auf vereinfachtem Rechtshilfewege Sachen, chriftstücke und Daten in anderen Mitgliedstaaten be- chlagnahmen zu lassen und deren Übermittlung zu ver- angen. Damit wird es in Zukunft möglich sein, Beweis- ittel auf einfache, schnelle und effektive Weise zu rlangen und dem ersuchenden Staat zu übergeben. Der Vorschlag für eine Europäische Beweisanord- ung ist meiner Ansicht nach ein erster wichtiger Schritt, m die zahlreichen internationalen und europäischen bkommen über die grenzüberschreitende Erhebung on Beweismitteln durch einen einzigen EU-Rechtsakt u ersetzen. So weit, so gut. Jedoch enthält der Vorschlag der Europäischen Kom- ission auch einige Mängel, die ausdrücklich genannt erden müssen. So wird mit dem vorliegenden Vor- chlag für eine Europäische Beweisanordnung artver- andt zum Europäischen Haftbefehl wiederum nur unktuell ein strafrechtlicher Teilbereich in Europa 11860 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) ) (B) ) geregelt. Der große Wurf, ein erkennbares Gesamtsys- tem fehlt. Eine einheitliche Grundlage in der Europäi- schen Union wäre meines Erachtens aber der sinnvolle und notwendige Ausgangspunkt sämtlicher weiterer Schritte im Straf- und Strafprozessrecht. Mit dem bishe- rigen Vorgehen zäumt man das Pferd quasi von hinten auf und läuft Gefahr, das die einzelnen Teilbereiche spä- ter nicht mehr zusammenpassen. Es droht also eine Rechtszersplitterung mit allen negativen Folgen für eine strafrechtliche Zusammenarbeit in Europa. Deshalb muss schon jetzt dafür gesorgt werden, dass der Rahmenbeschluss über die Europäische Beweisan- ordnung unter zeitlicher Zusammenführung aller anhän- gigen Rahmenbeschlüsse im Bereich des Straf- und Strafprozessrechts umgesetzt wird. Und die Bundesre- gierung muss dafür eintreten, dass sämtliche Rechtsakte auf diesem Gebiet kompatibel sind. Ein weiteres Problem stellen die unterschiedlichen Mindeststandards im Bereich der Strafverfahren in den einzelnen Mitgliedstaaten dar. Deshalb sollte in den Ver- handlungen festgestellt werden, welche Defizite in die- sem Bereich bestehen und beseitigt werden müssen. Der heute debattierte Rahmenbeschluss enthält schließlich in Art. 16 Abs. 2 eine Liste von Deliktgrup- pen – zum Beispiel Terrorismus, Korruption und Sabo- tage –, mit der ein Katalog von Straftaten beschrieben wird, bei denen die beiderseitige Strafbarkeit nicht mehr nachgeprüft werden soll. Damit wird ein bisher elemen- tares Prinzip für bestimmte Delikte in Europa aufgeho- ben. Hier ist angesichts fehlender Rechtsangleichung in den Mitgliedstaaten zu hinterfragen, ob tatsächlich mit Blick auf die Beschuldigtenrechte bei massiven Grund- rechtseingriffen auf den Grundsatz der beiderseitigen Strafbarkeit verzichtet werden kann. Jedenfalls ist aber auf die Bestimmtheit der Straftatbestände zu achten. Die Bundesregierung ist aufgefordert, bei den Verhandlun- gen dafür zu sorgen, dass diese Deliktgruppen aus Art. 16 des Beschlusses noch präziser gefasst und näher defi- niert werden. Im vorliegenden Beschlussvorschlag vermisse ich auch noch einige andere wichtige Faktoren. Beispiels- weise fehlt eine Regelung dazu, wann und unter welchen Umständen die Justiz im ersuchten Staat die begehrte Maßnahme verweigern kann. Das dürfte bei Verstößen gegen Grundrechte oder Grundsätze der EMK angezeigt sein. Zudem muss sichergestellt sein, dass grundlegende Verfahrensprinzipien des Vollstreckungsstaates und ein faires Verfahren für den Angeklagten nicht beeinträch- tigt werden. Dies gilt gerade für Fragen des Rechtsschut- zes, wenn im Mitgliedstaat und in Deutschland unter- schiedliche Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen gelten. Die CDU/CSU unterstützt alle Bemühungen, die zu einer Verbesserung des europäischen Rechtsraumes und der dadurch notwendigen Kooperation in Europa führen. Das Strafrecht ist allerdings ein sensibles Feld der euro- päischen Zusammenarbeit. Die Europäische Beweisan- ordnung stellt sich wiederum nur als ein Teil eines Jus- tizpuzzles in Europa dar. Es ist aber zwingend, ein Gesamtbild zu haben und es auch zusammenzufügen. Daran muss die Bundesregierung arbeiten und der Deut- s t n E h t s e h V d s d R g E E E G z d t d S s ß G g E E V w d P s t d h B Ü G is E u n g u b d g v (C (D che Bundestag muss sich dabei beteiligen und mitarbei- en – so wie wir es heute getan haben und in Zukunft och häufiger tun müssen. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die uropäische Union soll ein einheitlicher Raum der Frei- eit, der Sicherheit und des Rechts werden. In 25 Staa- en, von Malta bis Schweden und von Polen bis Portugal ollen die Bürgerinnen und Bürger Europas unter einem inheitlichen Recht leben und das gleiche Maß an Frei- eit genießen. Besonders sensibel ist dieser Prozess der ereinheitlichung im Bereich der Strafverfolgung und es Strafverfahrens. Die Harmonisierung von materiellen Strafnormen chreitet voran. Von Geldwäsche bis zum Menschenhan- el reicht die Palette. Bei der Umsetzung in deutsches echt ergeben sich vielschichtige Probleme, die eine ei- ene vertiefte Debatte verdienten. Heute geht es um die ntwicklung eines einheitlichen Strafprozesses in der uropäischen Union, und zwar sowohl im Stadium des rmittlungsverfahrens als auch in der Verhandlung vor ericht. Es gibt einen breiten Konsens darüber, dass der Weg u einem Europäischen Strafprozess über das Instrument er gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung na- ionalstaatlicher Beschlüsse und Urteile gehen wird. In er Diskussion sind zum Beispiel die Anerkennung von icherstellungen von Vermögensgegenständen, die Voll- treckung und Einziehung von Geldstrafen und Geldbu- en. Genau in diesem Zusammenhang steht der heutige egenstand der Beratung: der Vorschlag zur gegenseiti- en Anerkennung von nationalen Beschlüssen über die rlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten: die uropäische Beweisanordnung. Einen ersten Akt der gegenseitigen Anerkennung und ollstreckung von Beschlüssen im Strafverfahren haben ir bereits in deutsches Recht umgesetzt – angesichts er allseits festgestellten erheblichen rechtsstaatlichen robleme sage ich, umsetzen müssen –: den Europäi- chen Haftbefehl. Es hat eine sehr kontroverse und hef- ige Debatte ausgelöst, dass die Europäische Union mit em schwerwiegendsten Eingriff in bürgerliche Frei- eitsrechte, dem Haftbefehl begonnen hat, während zum eispiel bezüglich der gegenseitigen Anerkennung von berwachungsmaßnamen ohne Freiheitsentzug erst ein rünbuch, also ein Diskussionspapier vorgelegt worden t. Der Weg zu einem von den Bürgerinnen und Bürgern uropas akzeptierten einheitlichen Raum der Freiheit nd des Rechts, der Weg über die gegenseitige Anerken- ung nationaler Entscheidungen kann nur weiter gegan- en werden, wenn er auf ein Vertrauen der Bürgerinnen nd Bürger in die Rechtsstaatlichkeit der Strafgerichts- arkeit der Mitgliedstaaten aufbaut. Ich darf zur Ver- eutlichung aus dem Grünbuch der Kommission zur ge- enseitigen Anerkennung strafrechtlicher Sanktionen om 30. April 2004 zitieren: Dieses Vertrauen beruht auf dem gemeinsamen So- ckel von Überzeugungen, der durch das Eintreten Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11861 (A) ) (B) ) der Mitgliedstaaten für die Grundsätze der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Rechtsstaatlichkeit ge- bildet wird. Damit wird deutlich, welch eine zentrale Bedeutung dieses Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger Europas in die Rechtsstaatlichkeit der Mitgliedstaaten für die Ver- wirklichung eines einheitlichen Raums der Freiheit und des Rechts hat. Ich füge aber hinzu: dieses Vertrauen ist nicht einfach da, es muss erzeugt und verdient werden. Das ist die zentrale Aufgabe einer guten Gesetzgebung des sich bildenden europäischen Strafprozessrechts. Als wichtige, vielleicht die wichtigste vertrauensbil- dende Maßnahme kommt es darauf an, dass sich die Mit- gliedstaaten auf gemeinsame Mindeststandards für Ver- fahrensgarantien in Strafverfahren einigen. Dies ist nicht nur meine und, wie ich hoffe, unsere Auffassung im Deutschen Bundestag. Es ist auch die Überzeugung der Kommission, die sich genau darauf im Grünbuch über Verfahrensgarantien in Strafverfahren vom 19. Februar 2003 festgelegt hat. Zu diesen Mindestgarantien gehören unter anderem: das Recht der Unschuldsvermutung, das Recht auf Aussageverweigerung, das Recht auf rechtli- chen Beistand, das Recht auf faire Erhebung und Ver- wertung von Beweisen, das Recht auf Einlegung von Rechtsmitteln und der Grundsatz ne bis in idem. Keine dieser Mindestgarantien ist bisher im Recht der Europäischen Union verankert. Nur zu ganz wenigen gibt es über den Stand von Grünbüchern hinausgehende Arbeiten der Kommission. Erst seit dem 28. April 2004 gibt es einen ersten Vorschlag über einen Rahmenbe- schluss zu einigen wenigen dieser notwendigen Verfah- rensgarantien. Wir sind also noch ganz am Anfang der Ausbildung des doch als so notwendig erkannten Ver- trauens der Bürgerinnen und Bürger in die Richtigkeit und Rechtsstaatlichkeit des eingeschlagenen Wegs der gegenseitigen Anerkennung nationaler Entscheidungen in Strafverfahren. Hier liegt, auf den Punkt gebracht, das Problem, über das wir heute endlich im Deutschen Bun- destag reden. Wir erhalten von der Kommission einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über eine Europäische Beweis- anordnung, während es zur Fairness bei der Erhebung und Verwertung von Beweisen noch nicht einmal ein Grünbuch gibt. Ich darf dazu die Kommission aus dem angesproche- nen Grünbuch zu Verfahrensgarantien in Strafverfahren zitieren: Das Recht auf Fairness bei der Beweiserhebung und Verwertung ist zu komplex, um es im Rahmen eines Grünbuchs, welches sich mit einer ganzen Reihe von Rechten auseinander setzt, zu behandeln. Die Kommission hat deshalb beschlossen, diesem Thema mehr Zeit zu widmen und eine Studie dazu in Auftrag zu geben. Dabei wird zu untersuchen sein das Recht zu Schweigen, das Recht auf Zeu- genvernehmung, das Problem anonymer Aussagen, das Recht auf Offenlegung entlastender Beweise, E n M i d n b A B m W F U P n r D B f f E e n W r s E v d d w R s S v d t R p s d m d v s ü f S D f E S (C (D die Auslegung der Unschuldsvermutung und zahl- reiche weitere Aspekte des Beweisrechts. Wir sind in Sorge, dass die Disparität der schnellen ntwicklung der exekutiven Anteile in Strafverfahren ei- erseits und die zögerliche Entwicklung einheitlicher indestgarantien eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens n der Europäischen Union andererseits das Vertrauen er Bürgerinnen und Bürger Europas in diesen Prozess icht befördern, sondern beschädigen kann. Deshalb ha- en wir uns entschlossen, von unserem Recht nach rt. 23 GG Gebrauch zu machen und in Richtung der undesregierung, noch mehr aber in Richtung der Kom- ission klar zu formulieren, wie wir uns den weiteren eg der Verwirklichung des einheitlichen Raums von reiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen nion vorstellen: nicht nur als Raum einer europäischen olizei, einer europäischen Staatsanwaltschaft, mitei- ander effektiv und effizient zusammenarbeitender Ge- ichte der Mitgliedstaaten, sondern auch und vor allen ingen als einen Raum mit Verfahrensgarantien für die etroffenen und Beschuldigten und damit grundsätzlich ür alle Bürgerinnen und Bürger Europas. Professor Peter-Alexis Albrecht hat in der „Zeitschrift ür Rechtpolitik“ im Februar dieses Jahres die derzeitige ntwicklung zu einem europäischen Strafrechtsraum als inen Albtraum bezeichnet. Ich teile seine Empörung icht, auch wenn ich sie verstehen kann. Es ist kein guter eg, dass erst die Europäischen Haftbefehle in der Eu- opäischen Union kommen und später erst die Verfas- ungsgarantien. Es ist kein guter Weg, dass jetzt mit der uropäischen Beweisanordnung an die Beschlagnahme on Abhörprotokollen von Telefonüberwachungen ge- acht wird, aber nicht an rechtsstaatliche Mindeststan- ards ihrer Anordnung und Kontrolle. Deshalb ist unsere Entschließung so richtig und not- endig. Wir wollen damit der Bundesregierung den ücken stärken, unsere Vorstellung von einer rechts- taatlichen Entwicklung eines Raums der Freiheit, der icherheit und des Rechts in der Europäischen Union zu ertreten und durchzusetzen. Rainer Funke (FDP): Ich hoffe, Sie sind sich alle er Bedeutung der heutigen Debatte bewusst. Zum ers- en Mal macht der Deutsche Bundestag von seinem echt gemäß Art. 23 Abs. 3 GG im Bereich der Rechts- olitik Gebrauch und legt eine Stellungnahme zum Vor- chlag eines EU-Rahmenbeschlusses vor. Ich hätte mich aher sehr gefreut, wenn es gelungen wäre, gemeinsam it allen Fraktionen eine Stellungnahme zu verabschie- en. Letztlich sind wir uns in der Bewertung des Sach- erhaltes einig. Mit dem Vorschlag des Europäischen Rates soll die trafrechtliche Beweisaufnahme innerhalb der EU grenz- berschreitend erleichtert werden. So sollen die Strafver- olgungsbehörden künftig die Beschlagnahme von chriftstücken und Daten europaweit anordnen können. amit wird, nach Einführung des Europäischen Haftbe- ehls, erneut eine gegenseitige Anerkennung justizieller ntscheidungen begründet, ohne dass das Strafrecht und trafprozessrecht europaweit harmonisiert ist. Dadurch 11862 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) ) (B) ) besteht die Gefahr einer Rechtszersplitterung. Der Rah- menbeschluss führt nicht zu einer Harmonisierung der nationalen Vorschriften, sondern lässt sie unverändert nebeneinander bestehen. Dadurch wären unüberschau- bare Strafverfahren geschaffen, die für den einzelnen Beschuldigten je nach Rechtslage und jeweiligem Mit- gliedsland zu unterschiedlicher Behandlung führen. Bedenklich sind abermals die in dem Vorschlag vor- gesehenen Deliktgruppen. Diese sind allesamt nicht hin- reichend bestimmt und werden ebenfalls zu großer Rechtsunsicherheit führen. Bereits bei der Einführung des Europäischen Haftbefehls hat die FDP hierzu erheb- liche Bedenken vorgetragen. Es ist daher sehr bedauerlich, dass die Koalitionsfrak- tionen aufgrund des massiven Drucks aus dem Bundes- justizministerium nur zu einer Stellungnahme mit eher weich gespülten Formulierungen bereit waren. Der von den Koalitionsfraktionen ursprünglich vor der Sommer- pause vorgelegte Entwurf war aus Sicht der FDP zustim- mungsfähig. Darin wurde die Bundesregierung aufgefor- dert, dem Entwurf des Rahmenbeschlusses in der jetzigen Fassung nicht zuzustimmen. Gerade die Erfah- rungen, die wir kürzlich mit dem europäischen Haftbe- fehlsgesetz gemacht haben, machen deutlich, wie wich- tig es ist, dass der Bundestag frühzeitig seine Bedenken unmissverständlich vorträgt und der Bundesregierung klare Handlungsoptionen aufzeigt. Dazu gehört auch, der Bundesregierung die Grenzen ihrer Zustimmungsfä- higkeit aus Sicht des deutschen Gesetzgebers deutlich zu machen. Bei der Umsetzung des EU-Rahmenbeschlus- ses zur Einführung des Europäischen Haftbefehls wurde der Bundestag erst mit der Verabschiedung des Umset- zungsgesetzes einbezogen. Einfluss auf den Rahmenbe- schluss hatte der Bundestag nicht. Ich rufe in Erinnerung, dass das Europäische Parla- ment bei der Beratung von Rahmenbeschlüssen lediglich angehört wird und sich die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten nur mit den Gesetzen zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses befassen. Dies bedeutet, dass der Deutsche Bundestag keinen unmittelbaren Einfluss auf die Grundsatzentscheidung hat. Um dieses Demo- kratiedefizit auszugleichen, ist es unabdingbar, dass der Deutsche Bundestag zum frühstmöglichen Zeitpunkt seine Forderungen artikuliert. Es muss der Gefahr vorge- beugt werden, dass mit der Einräumung eines weiten Handlungsspielraums für die Bundesregierung mit die- ser Stellungnahme ein Präjudiz für weitere Verfahren ge- schaffen wird. Wir werden uns schon bald mit weiteren europäischen Rechtsakten zur Rechtspolitik zu befassen haben, so zum Beispiel bei der Stärkung von Opferrechten, beim Europäischen Mahnverfahren und bei der Harmonisie- rung der Verfahrensrechte in Strafverfahren. Damit wird unser nationales Rechtssystem durch die europäischen Vorgaben erheblich beeinflusst. Es ist daher dringend ge- boten, dass wir als Gesetzgeber, getragen von unseren eigenen Rechtstraditionen, eine klare Position vertreten. Die Fraktionen von FDP und CDU/CSU haben daher in ihrem Entschließungsantrag an die Bundesregierung die Forderung erhoben, ihre Zustimmung zu dem Rah- m o d A f P R A A e V r e u e E E U s r d s R w d g s R S d l d e B m E d w m f t v L d c i (C (D enbeschluss von der angemessenen Durchsetzung der ben genannten Forderungen abhängig zu machen. Dessen ungeachtet danke ich allen Berichterstattern er Fraktionen für die guten Beratungen. Die sachliche tmosphäre abseits allen Parteienstreits lässt mich hof- en, dass es uns künftig gelingen wird, eine gemeinsame osition des Bundestages zu Fragen der europäischen echtspolitik zu finden. nlage 12 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Anträge: – Belarus vor den Parlamentswahlen und dem Referendum – Belarus vor den Parlamentswahlen 2004 (Tagesordnungspunkt 16) Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): n der östlichen Grenze der Europäischen Union liegt in Staat, dessen innerer Zustand immer mehr an die erhältnisse zu Zeiten der Sowjetunion erinnert: Bela- us. Unser Nachbarland ist eine Diktatur. Eine sich frei ntfaltende Zivilgesellschaft gibt es nicht, ebenso wenig nabhängige Medien. Eine demokratische Opposition xistiert kaum noch. Ihre Vertreter wurden verhaftet, ins xil getrieben oder anders zum Schweigen gebracht. rst vor wenigen Tagen verhängte die Europäische nion Sanktionen gegen eine Reihe führender belarussi- cher Beamter. Darunter ist auch der amtierende Gene- alstaatsanwalt. Sie werden verdächtigt, an der Ermor- ung mehrerer Oppositioneller beteiligt gewesen zu ein. Eine unabhängige Untersuchung der Fälle lehnt die egierung in Minsk ab, gerichtliche Untersuchungen erden behindert. Die Parlamentarische Versammlung es Europarates hat ihre Beziehungen zu Belarus deswe- en schon im April dieses Jahres völlig abgebrochen. Die OSZE, die einzige europäische und transatlanti- che Organisation, in der Belarus Mitglied ist, hatte der egierung im Juli einen Vertrauensvorschuss gegeben. ie verzichtete auf eine Resolution zu den bevorstehen- en Wahlen. Die belarussische Delegation hatte schrift- ich erklärt, diese würden frei und fair verlaufen. Nach en Erfahrungen mit der Politik Lukaschenkas bedürfte s allerdings ziemlicher Anstrengungen, westliche eobachter davon zu überzeugen. Die letzten Parla- entswahlen waren nach Einschätzung von OSZE, uroparat und Europäischem Parlament alles andere als emokratisch. Es gab zahllose Wahlverstöße. Uner- ünschte Kandidaten wurden nicht zugelassen, der Rest assiv behindert. Zugang zu den Medien gab es kaum ür sie. Diese Umstände hatten alle westlichen Institu- ionen bewogen, auf eine formale Wahlbeobachtung zu erzichten. Dem offensichtlichen Täuschungsmanöver ukaschenkas sollte keine Legitimation verliehen wer- en, indem man es ernst nahm. Das Ergebnis ist entspre- hend: Ganze sechs oppositionelle Abgeordnete gibt es m Parlament, das 110 Sitze hat. Und sie sitzen auch nur Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11863 (A) ) (B) ) deshalb dort, weil sie Lukaschenkos Kandidaten unter- stützt hatten. Wes Geistes Kind die meisten Abgeordne- ten sind, zeigt eine Erklärung des Parlaments vom Juni dieses Jahres. Darin solidarisiert es sich mit dem frühe- ren jugoslawischen Präsidenten Milosevic und seiner Politik und fordert seine Freilassung. Nun stehen wieder Parlamentswahlen an. Nach der Erklärung im Juli hat die OSZE diesmal eine Wahl- beobachtungsdelegation entsandt. Sie wird nicht nur die Wahl selbst, sondern die letzten Wochen ihrer Vorberei- tung beurteilen können. Eine Delegation des Europara- tes, die Anfang August in Belarus war, kam allerdings zu einer deprimierenden Einschätzung der Voraussetzungen für freie und faire Wahlen. Auch andere Berichte laufen darauf hinaus: Es ist wie bisher. Wichtiger noch als die Parlamentswahlen ist das gleichzeitig angesetzte Referendum. Nun ist gegen ein Referendum zunächst nichts einzuwenden. Vorausset- zung allerdings sind demokratische Grundlagen und Transparenz. Diese Voraussetzungen fehlen in Belarus ganz offensichtlich. Das macht schon den Vorgang un- glaubwürdig. Vor allem aber geht es um das Ziel des Re- ferendums. Denn die Verfassung soll geändert werden, um Lukaschenka zum Präsidenten auf Lebenszeit wer- den zu lassen. Zwar geht das aus der Frage, über die ent- schieden werden soll, nicht direkt hervor. Aber die Ana- lyse des zu ändernden Artikels läuft darauf hinaus: Die Beschränkung auf zwei Amtszeiten für den Präsidenten wird ersatzlos aufgehoben. Lukaschenko hat viel versprochen, um sich beliebt zu machen. Das hat er laut einiger Umfragen auch nötig: Danach erklären sich nur 25 Prozent der Wählerinnen und Wähler für ihn. Das ist zwar kein Maßstab für bela- russische Wahlergebnisse, die immer satte Mehrheiten für ihn ergeben. Aber es nötigt ihn zu populistischen Maßnahmen. So will er zum Beispiel die Durchschnitts- einkommen verdoppeln. Selbst wenn es stimmen würde, dass die Wirtschaft um 10 Prozent wächst, wie er be- hauptet: Eine solche Einkommenssteigerung wäre nur mithilfe von Gelddruckmaschinen möglich. Wenn das noch skurril zu nennen wäre – der Umgang mit Nichtregierungsorganisationen zum Beispiel ist an- ders zu bewerten. Viele werden nicht registriert oder ih- nen wird die Registrierung entzogen. Damit sind sie für illegal erklärt. Der Zugang zu westlichen Spendenmit- teln und Zuschüssen, auf die die meisten von ihnen an- gewiesen sind, wird massiv beschnitten. Internetseiten und der E-Mail-Verkehr werden überwacht. Es ist kein Zufall, dass vor allem Menschenrechtsorganisationen betroffen sind. Zeichen für den Willen zur Demokratie sind das nicht, ganz im Gegenteil. Und es ist auch kein Zeichen für demokratische Entwicklung, wenn die letzte vom Staat unabhängige Universität, die europäische Grund- werte vermittelte, durch blanke Willkür geschlossen wurde. Das Fehlen jeder inhaltlichen Begründung dafür zeigt den Grund: Es ist schiere Angst vor westlichen Gastprofessoren und vor demokratisch denkenden Stu- denten. v D W A d i v e d e v w r e b u K 2 Z d n r G ü m s s b B a m e v l l L I f s g b t S d s B L d (C (D Belarus unter Lukaschenko ist nicht nur weit entfernt om Ziel der Demokratie. Es ist vom Weg abgekommen. er Verlauf der Wahlen ist immer noch eine Chance. ir können nur hoffen, sie wird genutzt. nlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewer- tung und Bekämpfung von Umgebungslärm (Tagesordnungspunkt 18) Petra Bierwirth (SPD): Lärm führt mittlerweile zu en gravierendsten Umwelt- und Gesundheitsproblemen n unserem dicht besiedelten, hoch industrialisierten und erkehrsreichen Land. Der Lärm nimmt nach wie vor her zu als ab. In Deutschland fühlen sich zwei Drittel er Bevölkerung von Straßenlärm, fühlt sich mehr als in Drittel von Fluglärm, circa ein Fünftel von Schienen- erkehrslärm sowie ein Viertel von Industrie- und Ge- erbelärm belästigt. Lärm ist aber weit mehr als nur ein eines Ärgernis. Er mindert die Lebensqualität und be- inträchtigt unsere Gesundheit. Der Schutz von Wohnge- ieten gegen Lärm ist ein wichtiges Ziel der Umwelt- nd Städtebaupolitik in Deutschland und Europa. Die rot-grüne Bundesregierung hat sowohl in der oalitionsvereinbarung von 1998 als auch in der von 002 die nachhaltige Minderung der Lärmbelastung als iel festgeschrieben. In der 14. Legislaturperiode wur- en unter anderem 1999 von der Regierung 100 Millio- en DM für die Lärmsanierung an Schienenstrecken be- eitgestellt. Der heute vorliegende Entwurf eines esetzes zur Umsetzung der EG-Richtlinie 2002/49/EG ber die Bewertung von Umgebungslärm macht einmal ehr deutlich, dass die Gewährleistung eines hohen Ge- undheits- und Umweltniveaus ein wesentlicher Be- tandteil unserer Umweltpolitik ist. Inhalt der Umge-ungslärmrichtlinie ist einerseits die Ermittlung der elastung der Bevölkerung durch Umgebungslärm und ndererseits das Erstellen von Aktionsplänen zur Ver- eidung und Verminderung von Lärm. Dieser Gesetz- ntwurf greift erstmals das Ziel auf, Umgebungslärm zu ermeiden, ihm vorzubeugen oder ihn zu verhindern. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht der Entwurf Rege- ungen zur Umsetzung vor. Es sind unter anderem Rege- ungen für die Aufstellung und Inhalte von strategischen ärmkarten, Regelungen für die Aufstellung und die nhalte von Aktionsplänen, Regelungen von Vollzugs- risten für die Aufstellung und die Aktualisierung von trategischen Lärmkarten und Aktionsplänen sowie Re- elungen für eine aktive Öffentlichkeitsbeteiligung. Ich egrüße ausdrücklich, dass mit diesem Gesetz eine stra- egische Lärmkartierung und Lärmminderungsplanung, LMP, eingeführt werden soll. Die SLMP gewährleistet, ass zukünftig für alle Hauptverkehrsstraßen, Hauptei- enbahnstrecken und Hauptverkehrsflughäfen sowie in allungszentren auch für sonstige Hauptlärmquellen ärmkarten erstellt werden müssen. Weiterhin werden ie Bürgerinnen und Bürger über die Lärmbelastung 11864 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) ) (B) ) informiert und sie können aktiv bei der Erstellung der Lärmminderungspläne mitwirken. Das vorliegende Ge- setz wird in das BlmSchG integriert. Das Bundes-lmmis- sionsschutzgesetz enthält bis dato lediglich eine Vor- schrift zur örtlichen Lärmminderungsplanung. Aber durch den Gesetzentwurf wird es als zentrales Gesetz für die SLMP ausgestaltet. Die Empfehlungen des Bundes- rates zu dem Entwurf werden wir im Umweltausschuss prüfen und beraten. Der Lärm von Kraftfahrzeugen, Flugzeugen, Zügen, Gewerbe und Industrie tritt in der Realität nicht isoliert voneinander, sondern gemeinsam auf. Angesichts dessen und der Millionenzahl von Lärm betroffener Personen geht kein Weg an einer dauerhaften Lärmminderung und -sanierung vorbei. Natürlich verur- sacht so eine Verbesserung auch Kosten, über die ge- sprochen werden muss. Aber wir wissen alle, dass die Kosten für eine Vorsorge geringer sind als die Kosten für eine Nachsorge. Lärmschutz ist Umwelt- und Gesund- heitsschutz. Franz Obermeier (CDU/CSU): „Was lange währt, wird endlich gut,“ sagt der Volksmund. Ich aber sage es hier mit einem ganz, ganz dicken Fragezeichen dahinter. Richtig ist, dass es wieder einmal sehr lange, um nicht zu sagen: viel zu lange, gedauert hat, bis unser Bun- desumweltminister zur Tat geschritten ist. Sozusagen erst kurz nach dem Verfallsdatum – die von der EU ge- setzte Umsetzungsfrist ist am 18. Juli 2004 abgelaufen – wird endlich ein Gesetzentwurf vorgelegt. Die Umset- zung der EU-Umgebungslärm-Richtlinie in nationales Recht ist ein weiterer Mosaikstein zum Schutz der Bür- ger vor Lärmbelästigungen. Sie steht in engem Zusam- menhang mit der Novellierung des Fluglärmgesetzes. Denn unter anderem sollen die zuständigen Behörden strategische Lärmkarten für Hauptverkehrsflughäfen, Hauptverkehrsstraßen, Eisenbahnstrecken sowie Indus- trie- und Gewerbeanlagen aufstellen und dazu Gegen- maßnahmen festlegen. Aber das zögerliche Vorgehen passt ins Gesamtbild: allergrößte Betroffenheit und dann folgt lange nichts. Im Jahr 1998 wurde uns von Herrn Bundesminister Trittin und Kollegen vollmundig die Novellierung des Flug- lärmgesetzes versprochen. Seit Mai 2000 kann man auf der Internetseite des Bundesumweltministeriums ein paar Eckpunkte als Ankündigungsbaustelle anschauen. Nun hat unser Kollege Winfried Hermann von Bündnis 90/ Die Grünen am vergangenen Donnerstag in der Debatte zum Luftverkehrsstandort Deutschland versucht, uns noch etwas Hoffnung und Zuversicht mit auf den Weg zu geben. Man werde nun voraussichtlich noch in die- sem Jahr einen Entwurf einbringen können. So vage und verzagt klang es nicht nur in meinen Ohren. Im Klartext heißt das: Nach sage und schreibe sechs Jahren gibt es nicht einmal einen abgestimmten Referen- tenentwurf. Stattdessen gilt noch immer das Fluglärmge- setz von 1971 mit völlig überholten Werten, mit Werten, die weder das heutige Verkehrsaufkommen noch die technischen Möglichkeiten oder gesundheitliche As- pekte von Lärmbelastungen nach modernem Erkenntnis- stand berücksichtigen. Auch um eine grundsätzliche Ab- w K z z d I 7 L d a l D w g w V t m le r s b 6 z d G d g a s R je k D le le g u F B ti w o G e s B f z B r H c (C (D ägung zwischen internationaler Wettbewerbsfähigkeit, limaschutz, Anwohnern, Wohlstand und Arbeitsplät- en können wir uns nicht länger herumdrücken. Der jet- ige Schwebezustand dient niemandem. Er dient nicht en Anwohnern und verhindert Planungssicherheit bei nvestoren. Das können wir uns einfach nicht leisten. 50 000 Arbeitsplätze sind direkt oder indirekt vom uftverkehr abhängig. Wir brauchen endlich Entschei- ungen. Ich warne davor, dass unsere Regierung bei der jetzt nstehenden Umsetzung der EU-Umgebungslärm-Richt- inie einen Nebenschauplatz zur Hauptbühne macht. enn wie schon oft finden sich im deutschen Gesetzent- urf auf einmal Regelungen, die die europäischen Vor- aben bei weitem übertreffen. Auf der rot-grünen Um- elt-Überholspur fahren wir mit unseren nationalen erschärfungen vor die Wand. Es wird noch komplizier- er, es dauert alles noch länger und kosten tut es ohnehin ehr, als wir uns noch leisten können. Im Bundesrat hat es für den Gesetzentwurf eine schal- nde Ohrfeige gegeben. Nach Auffassung des Bundes- ates kann dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Fas- ung nicht zugestimmt werden. Die Empfehlungen der eteiligten Ausschüsse umfassen nicht weniger als 1 Kritikpunkte. Folgerichtig wird denn auch eine kon- eptionelle Neuausrichtung gefordert. Als Erstes ist der Entwurf ein hohler Luftballon. Wo ie verschiedenen Behörden – Landesluftfahrtbehörden, emeinden, Landesstraßenbaubehörden, Eisenbahnbun- esamt und Behörden für Industrie- und Gewerbeanla- en – materielle Bestimmungen erwarten, an denen sich lle einheitlich orientieren können, Fehlanzeige. Es gibt ie nicht. Das soll erst später durch den Erlass von echtsverordnungen nachgeholt werden. Dabei leuchtet dem ein, dass die im Gesetz verwendeten Fachbegriffe lar definiert sein müssen. Es müssen die technischen etails der Kartierung genannt werden. Welcher Art sol- n die zu erhebenden Daten sein? Welche Formate sol- n sie haben? Es muss ein praktikabler Datenaustausch ewährleistet sein, die Daten müssen vergleichbar sein nd eine Mindestqualität haben. Und vor allem aber brauchen wir eine Antwort auf die rage: An welchen Zielen und Zielwerten sollen sich die ehörden bei der Bekämpfung des Umgebungslärm orien- eren? Oder ganz einfach ausgedrückt: Was ist laut und ann muss ich was dagegen unternehmen? Das alles ist ffen gelassen. Ich greife weitere Punkte heraus: Für die Länder und emeinden stellt sich die weitere Frage, welche Kosten ntstehen werden und wer sie tragen soll. Auch diese pannende Frage ist völlig offen. Die Regelungen zur eteiligung der Öffentlichkeit gehen weit über die An- orderungen der Richtlinie hinaus. Sie sind zu kompli- iert. Sie entsprechen weitgehend den Vorschriften zu auplanungsverfahren. Das ist für einen Lärmminde- ungsplan, ein Verwaltungsinternum, nicht erforderlich. ier wird ein neues, völlig unnötiges Verfahren entwi- kelt. Es wird mal wieder ein Bürokratiesaurier geboren. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11865 (A) ) (B) ) Die von der Bundesregierung vorgesehene Einbezie- hung der BlmSchG-Anlagen ist in der EU-Richtlinie so nicht vorgesehen. Eine 1:1-Umsetzung ist völlig ausrei- chend. Die vorgesehene strategische Umweltprüfunq für die Lärmminderungsplanung ist ebenfalls eine nationale Verschärfung. Bei der gleichzeitigen Novellierung des UVPG – Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Strategischen Umweltprüfung und zur Umsetzung der Richtlinie 2001/2 42/EG – Bundesratsdrucksache 588/04 – wird der Lärmschutz nicht als Umweltbereich genannt. Da die Lärmminderungsplanung in aller Regel keine ne- gativen Auswirkungen auf die Umwelt hat, sondern die Umweltqualität positiv verändern soll, ist die Strategi- sche Umweltprüfung wirklich entbehrlich. Kurzum, auch hier wird eine völlig entbehrliche Ver- fahrensverdoppelung in die Welt gesetzt. Das ist schlichtweg das Gegenteil von Deregulierung und Ent- bürokratisierung, der Krankheit, an der unser Land zu er- sticken droht. Ich sage zum Schluss: Nachsitzen ist angesagt. Der Gesetzentwurf muss noch mal von Grund auf neu über- legt werden. Überflüssiges muss raus und die Lücken müssen hinreichend ausgestaltet werden. Michael Kauch (FDP): Mit der Umsetzung der EU- Umgebungslärm-Richtlinie wird erstmalig die Aufstel- lung von strategischen Lärmkarten und Lärmminde- rungsplänen verbindlich geregelt. Damit wird ein wichti- ger Schritt zur Lärmbekämpfung gemacht. Die FDP unterstützt dieses Vorhaben in der Sache, weil damit endlich eine Erfassung und die Gleichbehandlung aller Lärmquellen erfolgt. Doch wieder einmal hinkt Deutschland mit der Um- setzung einer Richtlinie hinterher und versäumt die vor- gegebene Frist. Denn bereits zum 18. Juli dieses Jahres hätte die Umgebungslärm-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Auch inhaltlich ist der Gesetzentwurf kritisch zu be- urteilen. Der Entwurf weist an einigen Stellen Mängel auf. Gesetzesformulierung und -systematik sind nur zum Teil gelungen. Bedenklich sind auch die vielen offenen und ungeklärten Ausführungs- und Begriffsbestimmun- gen, die erst durch Rechtsverordnungen konkretisiert werden sollen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum nicht schon das Gesetz zum Beispiel Kriterien für die Erforderlichkeit, Zielwerte und Ziele für Lärmminde- rungspläne festlegt. Schließlich sind die europäischen Vorgaben der Umgebungslärm-Richtlinie durch Be- griffsbestimmungen und Definitionen vielfach klar und lassen keinen Interpretationsspielraum mehr für den na- tionalen Gesetzgeber. Dieser Tagesordnungspunkt wäre ein guter Anlass ge- wesen, auch über ein anderes Gesetz zu reden, das sich dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Ver- kehrslärm widmet. Wir hätten hier und heute über den Antrag der FDP-Fraktion zur Novellierung des Flug- lärmgesetzes debattieren können. Das wäre auch sinn- voll gewesen, denn der Gesetzentwurf zum Umgebungs- lärm bezieht sich in einem Paragraphen auf die noch n d v d s g n R t a s s d s z I A N s G s L i k s t k U n w i s s c M s L k d w d L n F m v M H F u g (C (D icht eingebrachte Novelle des Fluglärmgesetzes. Doch ie Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün haben das erhindert. Warum verweigern Sie die Debatte zur Novellierung es Fluglärmgesetzes? Liegt der Grund darin, dass Sie eit zwei Legislaturperioden eine Modernisierung des eltenden Fluglärmgesetzes ankündigen, aber bis heute ichts passiert ist? Oder liegt es daran, dass der jetzige eferentenentwurf des Umweltministeriums eine Ent- äuschung für alle Betroffenen ist? Vielleicht liegt es ber auch daran, dass Sie über den Entwurf heillos zer- tritten sind! Wir haben mit unserem Antrag „Lärmschutz ist Ge- undheitsschutz – Fluglärmgesetz jetzt modernisieren“ ie Bundesregierung aufgefordert, uns endlich einen Ge- etzentwurf zur Novellierung des Fluglärmgesetzes vor- ulegen. Doch auch der aktuelle Anlauf von Trittin ist im nteressengestrüpp der Regierung hängengeblieben. Die FDP steht für einen fairen und angemessenen usgleich zwischen den betroffenen Anwohnern, den utzern des Flugverkehrs sowie den Luftfahrtgesell- chaften und Flughafenbetreibern. Denn Lärmschutz ist esundheitsschutz. Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur- chutz und Reaktorsicherheit: Umweltlärm mindert die ebensqualität vieler Menschen erheblich. Jeder Zweite n Deutschland ist durch Lärm betroffen. Lärm macht rank. Wissenschaftliche Studien belegen, dass das Ri- iko, krank zu werden, bei andauernd hohen Lärmbelas- ungen wächst. Hauptquelle des Umgebungslärms ist heute der Ver- ehr: Straßenverkehr, Schienenverkehr und Luftverkehr. m Verkehrslärm zu reduzieren, gibt es weder einfache och schnell zu realisierende Lösungen. Zurzeit haben ir ein zersplittertes und sektorales Lärmschutzrecht. Es st geprägt von Kompromissen und spiegelt die Interes- enskonflikte: auf der einen Seite der Wunsch nach ver- tärktem Lärmschutz, auf der anderen die wirtschaftli- hen Interessen von Unternehmen und die technischen öglichkeiten. Die Folge sind unterschiedliche Maß- täbe und Schutzniveaus. Im Ergebnis ist der jetzige ärmschutz wenig effektiv. Für die Bürger – und das Gesundheitssystem – ist das ein Dauerzustand. Wir müssen eine systematische und er Lebenswirklichkeit entsprechende Gesamtlärmbe- ertung erreichen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung legt dafür en Grundstein: Er ist sektorübergreifend. Er stärkt das ärmschutzrecht insgesamt. Die Umgebungslärmrichtli- ie bezieht alle Hauptlärmquellen ein: Straße, Schiene, lughäfen, Industrie- und Gewerbe. Das Ziel ist ein ge- einsames Konzept zur Bewertung und Bekämpfung on Umgebungslärm. Dazu gehören auch vorbeugende aßnahmen. In den nächsten Jahren werden für alle auptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken, große lughäfen und Ballungsräume strategische Lärmkarten nd Aktionspläne zur Lärmminderung erstellt. Dafür ibt es verbindliche Terminpläne. Die Bevölkerung soll 11866 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) ) (B) ) umfassend über die vorhandene Belastung unterrichtet werden. Wir stellen sicher, dass sich die Bürgerinnen und Bürger effektiv an der Aufstellung von Lärmminde- rungsplänen beteiligen können. Die Umweltminister- konferenz hat im Mai 2003 die Bedeutung dieses Geset- zes betont. Die Länder unterstützen im Grundsatz das Ziel, dieses Gesetz zur Minderung des Umgebungslärms einheitlich für alle Verkehrsbereiche zu gestalten und es im Bundes-Immissionsschutzgesetz zu verankern. Die Zahl der Menschen wächst, für die Ruhe einen hohen ideellen und materiellen Wert darstellt. Sie erwar- ten von uns durchgreifende, effektive Maßnahmen. Lärmschutz kostet zwar, aber er lohnt sich – in vielfälti- ger Hinsicht: Ausgeruhte Schüler und Arbeitnehmer leisten mehr als unausgeschlafen-gereizte. Sie tragen zu einem angenehmen Arbeitsklima bei. Sie fehlen weni- ger. Sie werden weniger krank. In Lärmschutz zu inves- tieren, heißt schlechten Arbeitsergebnissen, Fehlzeiten und Krankheiten vorbeugen. Lärmschutz macht Straßen wieder zu Kommunikationsräumen. Lärmschutz macht Städte lebenswerter und beugt damit auch der Zersiede- lung der Landschaft vor. Lärmschutz ist ein Gebot der Nachhaltigkeit. Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Für eine demokra- tische und freie Präsidentenwahl 2004 in der Ukraine (Zusatztagesordnungspunkt 5) Jelena Hoffmann (Chemnitz) (SPD): Zunächst ein- mal möchte ich als Vorsitzende der Deutsch-Ukraini- schen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass wir heute über das wunderschöne Land, die Ukraine, unse- ren neuen EU-Nachbarn, diskutieren. Ich hoffe sehr, dass unsere Debatte das Bewusstsein fördert, dass wir seit dem 1. Mai, nach der Osterweiterung der Europäi- schen Union, in Europa veränderte Verhältnisse haben, die nicht nur uns selbst betreffen, sondern auch unsere neuen Nachbarn. Ich hoffe weiter, dass die Debatte dazu beiträgt, die neue Nachbarschaft besser kennen zu ler- nen. Ich selbst bin jedenfalls der festen Überzeugung, dass wir alle in Bezug auf die Ukraine, die gar nicht so weit von uns entfernt ist, noch einiges dazulernen kön- nen, was wir bei der Reise unserer Deutsch-Ukraini- schen Parlamentariergruppe vor zwei Wochen auch ge- tan haben. Dazulernen heißt im Verhältnis zur Ukraine aber im- mer auch, zu berücksichtigen, dass wir es mit einem jun- gen Staat zu tun haben, der erst 1991 seine Unabhängig- keit erlangte. Wir haben es zu tun mit einem Staat, in welchem die Menschen seit Jahrhunderten unter Dikta- turen gelebt haben und erst nach ihrer Unabhängigkeit, seit 14 Jahren, die ersten Erfahrungen mit der Demokra- tie machen konnten. Ich denke, dass wir verstehen müssen, dass eine junge Demokratie noch Zeit benötigt und auch Rückschläge e v d u d b g t e n R l b w v D d H d d w g P – s u s e A V B h z t s g w s k t W d d W a G n e v k R d (C (D rleben kann, bevor sie unserem westlichen Demokratie- erständnis entspricht. Unser Beitrag dabei muss es sein, ie Demokratieentwicklung in der Ukraine zu fördern – nd ich denke, da spreche ich im Sinne aller, die sich in iesem Hohen Hause mit der Entwicklung der Ukraine efassen. Den vorliegenden Antrag der Opposition bewerte ich rundsätzlich auch als eine kritische Begleitung des poli- ischen Transformationsprozesses in der Ukraine. Gegen ine kritische Begleitung dieses Prozesses spricht zu- ächst einmal gar nichts. Wir selbst aus den Reihen der egierungsfraktionen werden die Präsidentschaftswah- en in der Ukraine ebenfalls mit einem Antrag kritisch egleiten. Als ich 1994 in den Deutschen Bundestag gewählt urde, trat ich neben dem Wirtschaftsausschuss als stell- ertretendes Mitglied dem Auswärtigen Ausschuss bei. as Erste, was ich dort in der Opposition lernte, war, ass die auswärtigen Beziehungen eine Politik aus „einer and“ verlangen, damit die internationale Repräsentanz er Bundesrepublik Deutschland nicht dem – ansonsten emokratisch notwendigen – Parteienstreit unterworfen ird. Wir können und sollen auch in Fragen der auswärti- en Politik kontroverse Debatten führen und um unsere ositionen ringen. Doch ich wiederhole, nach außen und hier im Parlament diskutieren wir nach außen – oll deutsche Außenpolitik Gegenstand der Debatte sein nd nicht Oppositions- oder Koalitionspolitik. Deshalb, ehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Union, wäre s nicht falsch gewesen, wenn Sie, als Sie von unserem ntrag vor eineinhalb Wochen erfahren haben, einen ersuch unternommen hätten, mit uns eine gemeinsame otschaft in Richtung der Ukraine zu erarbeiten. Dann ätten Sie es sich ersparen können nach dem Motto „Wer uerst kommt, mahlt zuerst und die Qualität kann war- en“, Ihren vorgelegten Antrag mit der heißen Nadel zu tricken. Nun noch ein paar Worte zur „Qualität“ Ihres Antra- es: Erstens. Für die Einhaltung der OSZE-Standards ist ohl jeder Demokrat und vernünftige Mensch hier. Das- elbe gilt für die Forderung 3, in der Sie die unter Demo- raten unumstrittene Forderung nach Einhaltung interna- ionaler Vereinbarungen und transparenten und fairen ahlen stellen. Zweitens. Bei Ihrer zweiten Forderung habe ich aller- ings Zweifel, dass Druck auf die ukrainische Regierung er richtige Weg ist, der Forderung nach der Reform des ahlgesetzes Nachdruck zu verleihen. Sie scheinen mir n der Stelle auch nicht besonders gut über den Weg der esetzgebung nachgedacht zu haben. Seitens der Bundesregierung werden Forderungen ach freien, gleichen Wahlen und ungehinderter Bericht- rstattung selbstverständlich auf verschiedenen Ebenen orgebracht. Die höchste Ebene ist die der Regierungs- onsultationen. Seit 1998 finden deutsch-ukrainische egierungskonsultationen unter der Leitung von Bun- eskanzler Schröder und Präsident Kutschma statt. Der Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 11867 (A) ) (B) ) Status der Regierungskonsultationen, die nur mit sehr wenigen Staaten abgehalten werden, zeigt an, welche Bedeutung Deutschland dem Verhältnis zur Ukraine bei- misst. Ich halte diese hohe Bedeutung aus mehreren Gründen für angemessen: Zunächst ist die Ukraine ein neuer Nachbar der Euro- päischen Union. Wir Deutsche müssen an den gutnach- barschaftlichen Beziehungen als zentral gelegener und größter Mitgliedsstaat ein ureigenes Interesse haben. Die EU hat durch mehrere Maßnahmen in ihrer neuen Nachbarschaftspolitik die „Leitplanken“ für ihre Bezie- hungen zur Ukraine vorgegeben: Das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen sowie den am 8. Septem- ber fertig gestellten länderspezifischen Aktionsplan. Der Aktionsplan wird drei Jahre lang dazu beitragen, dass die Versprechungen des Partnerschafts- und Koopera- tionsabkommens, die ukrainischen Wirtschafts- und Sozialstrukturen an die EU anzunähern, in die Praxis umgesetzt werden. So wird er die Ukraine in ihrem Be- streben, der WTO beizutreten, unterstützen. Der EU- Ukraine-Handel wird gefördert. Die Verbesserung des Lebensstandards und der Situa- tion im Umweltschutz orientieren sich am langfristigen Ziel nachhaltiger Entwicklung. Oberste Priorität hat auch im Aktionsplan die weitere Stärkung der Stabilität und Effektivität von Institutionen in der Ukraine, die De- mokratie und Rechtsstaatlichkeit garantieren. Die Ukraine mit einer Bevölkerung von mehr als 48 Millio- nen Menschen, einer entwickelten Industrie und einem gut ausgebauten Bildungs- und Wissenschaftssystem ist ein interessanter Wirtschaftspartner und Absatzmarkt. Dem wird durch den Aktionsplan Rechnung getragen. Die Ukraine ist derzeit auf einem wirtschaftlichen Wachstumskurs. Das Deutsche Institut für Wirschafts- forschung hat die Situation Ende letzten Jahres in einer Studie mit der Überschrift „Ukraine: Starkes Wirt- schaftswachstum, aber dringender Reformbedarf“ über- schrieben. Das private Haushaltseinkommen in der Ukraine hat im vergangenen Jahr um 28 Prozent zuge- nommen, und zwar nicht nur bei einigen wenigen Rei- chen, sondern flächendeckend in der Ukraine – auch bei den kleinen Leuten. Diese Entwicklung müssen wir auch wahrnehmen. Deutschland ist der zweitwichtigste Handelspartner der Ukraine. Deutsche Exporte belaufen sich auf über 2,5 Milliarden Euro. Im wirtschaftlichen Bereich – und besonders bei den Direktinvestitionen – gibt es aber noch einen großen Spielraum und damit großes Zu- kunftspotenzial. Die Nutzung dieses Potenzials hängt nicht zuletzt davon ab, ob die Ukraine in der Lage ist, beständige Investitionsbedingungen und Rechtssicher- heit für deutsche Unternehmen zu schaffen. Eine verantwortungsvolle Politik mit der Ukraine muss nach meiner Auffassung neben der Beobachtung innerstaatlicher Entwicklungen und der Wirtschaftsbe- ziehungen auch eine sicherheitspolitisch-strategische- Perspektive haben. Die Ukraine war und ist zweifels- ohne ein wichtiger Stabilitätsfaktor für die Region rund um das Schwarze Meer. Das sollten wir bei aller Kritik, die wir an den innenpolitischen Verhältnissen in der U g n n i S u d i l B V n s s i l n e N A E c r s f s g s m U W g z h e d e n 3 s s r a m V w u d S a v s d z (C (D kraine immer wieder üben und üben sollen, nicht ver- essen. Wir sollten außerdem die Ukraine in ihrer regio- alen Stabilitätspolitik bestärken. Diese findet in einem icht einfachen regionalen Umfeld zwischen dem zuvor n diesem Hause behandelten Weißrussland und der chwarzmeer- und Kaukasusregion statt. Das sollten wir ns vor Augen halten. Und ganz zum Schluss, meine Damen und Herren von er Union, möchte ich Ihnen noch klar sagen, weshalb ch keine Möglichkeit sehe, dass Ihr Antrag in der vor- iegenden Form von uns mitgetragen wird. Wenn Sie die undesregierung mit Forderungen belegen, welche zur erbesserung der demokratischen Praxis vor den ukrai- ischen Präsidentschaftswahlen beitragen sollen, dann ollten diese Forderungen auch an die richtigen Adres- en gehen. Dem wird Ihr Antrag nicht gerecht. Deshalb st er auch nicht zustimmungsfähig. Ich kann Sie nur ein- aden, sich unserem Antrag anzuschließen, damit es we- igstens im Fall der Ukraine zu einer Außenpolitik „aus iner Hand“ kommt. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): In diesen Wochen neigt sich die zehnjährige mtszeit von Präsident Leonid Kutschma dem Ende zu. s waren schwierige Jahre für die Ukraine, Jahre der Su- he nach der eigenen Rolle in Europa, Jahre des Lavie- ens zwischen Russland und der EU. Nach einer bei- piellosen ökonomischen Talfahrt in den 90er-Jahren ist ür die letzten zwei Jahre wieder ein beachtliches wirt- chaftliches Wachstum in der Ukraine zu verzeichnen ewesen, doch es sei dahingestellt, ob es dazu dank Prä- ident Kutschma oder trotz Präsident Kutschma gekom- en ist. In jedem Fall muss festgestellt werden, dass die kraine in dieser Zeit politisch weitgehend stagniert hat. ie unter anderem die Evaluierungen des Europarats ezeigt haben, sind demokratische Rechte systematisch urückgedrängt worden, die Lage der Menschenrechte at sich nicht verbessert, die Freiheit der Medien ist in inem Besorgnis erregenden Maße eingeschränkt wor- en und die Korruption ist bis heute nicht erfolgreich ingedämmt worden. Vor diesem Hintergrund stehen in der Ukraine in ei- em Monat richtungsentscheidende Wahlen bevor. Die 7 Millionen Wahlberechtigten haben die Wahl zwi- chen Kandidaten, die den politischen und ökonomi- chen Status quo eher erhalten wollen, und Herausforde- ern, die die Ukraine politisch und ökonomisch stärker n europäischen Werten und Normen orientieren wollen. Obwohl EU, OSZE und Europarat sich frühzeitig be- üht haben, auf die Ukraine dahin gehend einzuwirken, oraussetzungen für freie und faire Präsidentschafts- ahlen zu schaffen, sieht die Realität anders aus. Die Art nd Weise, in der in diesen Wochen in der Ukraine Präsi- entschaftswahlkampf geführt wird, erfüllt uns mit tiefer orge. Es gibt eine Fülle von Anzeichen dafür, dass die mtierende ukrainische Regierung – ähnlich wie bei den ergangenen Präsidentschaftswahlen von 1999 – Res- ourcen einsetzt, um den von ihr favorisierten Kan- idaten Vorteile zu verschaffen und andere Kandidaten u behindern. Dies betrifft vor allem den nicht 11868 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 129. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 (A) (C) (B) ) gleichberechtigten Zugang zu den elektronischen Me- dien. Solche Mittel verurteilen wir, da sie dem Prinzip fairer Wahlen eindeutig widersprechen. Darüber hinaus Auffallend ist auch die Zusammensetzung des natio- nalen Parlamentes, der Werchowna Rada. Diese besteht größtenteils aus reichen Geschäftsleuten und so genann- ten Oligarchen. Im Volksmund wird das Parlament der gibt es Befürchtungen und konkrete Hinweise darauf, dass auch der Wahlprozess selbst in nicht ausreichend demokratischer und freier Weise vollzogen werden wird. Deshalb bestärken wir die Bundesregierung in ihren Be- mühungen, die ukrainische Regierung darauf hinzuwei- sen, dass nicht nur das Resultat der Wahlen, sondern auch die Art ihrer Durchführung für die Zukunft des Ver- hältnisses Deutschlands und der Europäischen Union ge- genüber der Ukraine von größter Bedeutung ist. Wir un- terstützen die Arbeit der Wahlbeobachtermission aus Vertretern der OSZE/ODIHR und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und werden ihrem Be- richt größte Aufmerksamkeit zukommen lassen. Die Ukraine liegt im geographischen Mittelpunkt des europäischen Kontinents und an unserer östlichen EU- Grenze. Sie ist der flächenmäßig größte rein europäische Staat. Sie ist ein Land mit reichem kulturellen Erbe und hohem wirtschaftlichen Potenzial. Es liegt in unserem politischen und ökonomischen gesamteuropäischen Inte- resse, eine wirtschaftlich starke, politisch eigenständige und demokratische Ukraine als engen Partner und guten Nachbarn an unserer östlichen EU-Grenze zu haben. Harald Leibrecht (FDP): Die Ukraine tut sich schwer. Seit sich das Land von den Fesseln des Kommu- nismus befreit hat, geht es einen steinigen Weg hin zu mehr Freiheit und Demokratie. Mit dem Beitritt Polens in die EU ist die Ukraine unser direkter Nachbar und es liegt in unserem Interesse, dass sich dieses Land positiv entwickelt. Doch die Ukraine ist hin- und hergerissen, sowohl geopolitisch als auch gesellschaftspolitisch. Die östliche Ukraine steht für eine vertiefte Beziehung mit Russland, während im Westen die Bürger nach der Europäischen Union streben. Diese tiefe Spaltung spiegelt sich auch in den Zielen der aussichtsreichen Kandidaten für die an- stehende Präsidentschaftswahl wider. Der Oppositions- führer Juschtschenko will eine wohlhabende, westlich orientierte Zivilgesellschaft. Währenddessen versucht der Kutschma-Kandidat, Premierminister Janukowitsch, mit einer Verfassungsreform eine starke Autokratie in der Ukraine einzuführen. Da wird schon mal mit harten Bandagen gekämpft und der Begriff „Wahlkampf“ wird allzu wörtlich genommen. Darum begrüße ich auch, dass die OSZE und einzelne Nationen Wahlbeobachter ins Land schicken, um eventuelle Verstöße aufzudecken. Solch eine Wahlbeobachtung darf sich jedoch nicht al- leine nur auf den Wahltag beschränken, sondern muss auch wachsam auf den Wahlkampf achten. Als direkter Eingriff in den Wahlkampf sollte die zunehmende Ein- schränkung der Medien, insbesondere des Fernsehens, gewertet werden. Dort findet fast ausschließlich der Kutschma-Kandidat Janukowitsch statt. Diese Entwick- lung wird auch vom Europarat scharf kritisiert. „ n z w s b w w D V E s t M i f m u h U L t z s n d I b D M s F s U k W H s L i g E t m d d s v (D Klub der Millionäre“ genannt. Das ukrainische Volk ist icht repräsentativ im Parlament vertreten. Auch auf regionaler politischer Ebene gibt es einiges u verbessern: Die Gouverneure sollten frei gewählt erden und nicht vom Präsidenten ernannt werden. Nur o fühlen sich die Bürger politisch vertreten. Der Ge- ietsrat, also das Regionalparlament, von Lemberg tagte egen ungeklärten Formalitäten monatelang nicht und ar de facto ausgeschaltet. Hier zeigt sich, dass sich die emokratie dort noch weiter entwickeln muss, da sonst etternwirtschaft, Korruption und einseitiger politischer influssnahme auf die Medien Tür und Tor geöffnet ind. Häufig findet die international organisierte Kriminali- ät in der Ukraine ihren Ursprung. Waffenschmuggel und enschenhandel werden immer wieder mit der Ukraine n Verbindung gebracht. In der erfolgreichen Bekämp- ung der organisierten Kriminalität liegt der Schlüssel zu ehr Prosperität des Landes. Es liegt in den Händen der krainischen Politiker und den ausführenden Behörden, ier aktiv zu werden und für ein besseres Bild der kraine in der Welt zu sorgen. Ein besseres Image und höheres Vertrauen in das and ist auch die Basis für höhere ausländische Investi- ionen im Land. Die Ukraine wird für Deutschland ein unehmend wichtiger Handelspartner. Mit einem zwei- telligen Wirtschaftswachstum sicherlich von einem iedrigen Niveau kommend, aber immerhin – kann sich as Land sehen lassen. Doch gibt es auch Probleme, die nvestoren zurückhalten. So bleibt weiterhin das Pro- lem mit der Mehrwertsteuer-Rückerstattung bestehen. anach erhalten Betriebe nicht die ihnen zustehende ehrwertsteuer zurück, sondern lediglich Coupons, die ie dann in ferner Zukunft einlösen können. Eine vernünftige und vor allem eine verlässliche inanz- und Wirtschaftspolitik muss diese Probleme chnell in den Griff bekommen. Nur so wird es die kraine in absehbarer Zeit schaffen, ein besseres Ran- ing für Hermesbürgschaften zu bekommen oder der TO beizutreten. Wir dürfen der Ukraine keine falschen offnungen machen, was eine baldige EU-Mitglied- chaft betrifft. Bei allen Schwierigkeiten, die bestehen, sehe ich das and auf dem richtigen Weg. Die Ukraine löst sich von hrer Vergangenheit und emanzipiert sich. Geostrate- isch spielt die Ukraine für uns eine wichtige Rolle. Als U-Nachbar und Mitglied des „Ring befreundeter Staa- en“ wird die Ukraine in den Genuss vieler Vorteile kom- en. Wir möchten die Ukraine nicht ausgrenzen, son- ern, ganz im Gegenteil, sie näher an die EU binden. Ein gutes Verhältnis zur Ukraine ist auch im Sinne der ort lebenden Deutschen. Nur wenn sich die Lebensum- tände in den deutschen Dörfern in der Ukraine weiter erbessern, bleiben die Menschen auch wirklich dort. 91, 1 0, T 129. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512900000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene

Tagesordnung um die in einer Zusatzpunktliste aufge-
führten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun Kopp,
Rainer Brüderle, Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der FDP:
Staatseingriffe minimieren – Energiegipfel nutzen
– Drucksache 15/3809 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss

ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren

(Ergänzung zu TOP 30)

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle Pfeiffer,

Dr. Christian Ruck, Annette Widmann-Mauz, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Weltbe-
völkerungspolitik zehn Jahre nach Kairo
– Drucksache 15/3798 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss

Redet
Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Wolfgang
Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas Strobl (Heilbronn),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU:
Fototafeln zum 17. Juni 1953 erhalten
– Drucksache 15/3800 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Innenausschuss

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Friedbert Pflüger,
Christian Schmidt (Fürth), Dr. Christian Ruck, w
ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Fü
quentes Engagement in Afghanistan
– Drucksache 15/3801 –

(C (D ung 30. September 2004 0 Uhr ZP 4 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Pläne der CDU zur Einschränkung von Arbeitnehmerund Sozialrechten ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Claudia Nolte, Dr. Friedbert Pflüger, Dr. Wolfgang Bötsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Für eine demokratische und freie Präsidentenwahl 2004 in der Ukraine – Drucksache 15/3799 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ZP 6 a)

ten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Arz-
neimittelgesetzes
– Drucksache 15/1494 –

(Erste Beratung 91. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für

(10. Ausschuss)

– Drucksache 15/2999 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Wilhelm Priesmeier
Julia Klöckner
Friedrich Ostendorff
Hans-Michael Goldmann

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des

ext
Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-
wirtschaft (10. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-
ten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan,
Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Praxisgerechte Novelle des Tierarzneimittelgesetzes ver-
bessert Tier- und Verbraucherschutz
– Drucksachen 15/1596, 15/2999 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Wilhelm Priesmeier
Julia Klöckner
Friedrich Ostendorff
Hans-Michael Goldmann

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-Michael
nn, Dr. Christel Happach-Kasan, Dr. Volker
, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
chen Veredlungsstandort Deutschland stärken –
atie abbauen und Rahmenbedingungen verbes-
eiterer Abge-
r ein konse-

Goldma
Wissing
Agraris
Bürokr
sern






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

– Drucksache 15/3103 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Von der Frist für den Beginn der Beratung soll, soweit
erforderlich, abgewichen werden.

Des Weiteren sollen folgende Tagesordnungspunkte
abgesetzt werden: Punkt 13 – Gesetz zur Einführung der
Europäischen Gesellschaft –, der unter Punkt 17 aufge-
führte Ukraine-Antrag der Koalition, Punkt 29 – Signa-
turänderungsgesetz – sowie die Punkte 31 c und 31 d,
Geltungsdauer der §§ 100 g und 100 h StPO und Ände-
rung des Strafvollzugsgesetzes.

Darüber hinaus wurde vereinbart, den Tagesord-
nungspunkt 15 – Europäische Beweisanordnung – be-
reits nach Tagesordnungspunkt 12 aufzurufen.

Außerdem mache ich auf eine nachträgliche Überwei-
sung im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerksam:

Der in der 126. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit zur Mitberatung überwiesen werden.

Antrag der Abgeordneten Wolfgang Börnsen

(Bönstrup), Dirk Fischer (Hamburg), Eduard

Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU: Radverkehr fördern – Fort-
schrittsbericht vorlegen
– Drucksache 15/3708 –
überwiesen:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

Sind Sie mit den Vereinbarungen einverstanden? –
Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a und 3 b auf:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur finan-
ziellen Unterstützung der Innovationsoffensive
durch Abschaffung der Eigenheimzulage
– Drucksachen 15/3781, 15/3821 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus
Minkel, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard
Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Wohneigentumsförderung weiterhin notwendig
– Drucksache 15/3714 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Haushaltsausschuss

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(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem undesminister Hans Eichel. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Hans Eichel (SPD):
Rede ID: ID1512900100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Wir diskutieren heute den dritten Aspekt des
reiklangs, mit dem wir unser Land nach vorne bringen
ollen: Strukturreformen, Haushaltskonsolidierung und
achstumsimpulse.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist ja nicht zu glauben!)


Lachen Sie doch nicht! Der IWF hat soeben zu seiner
ahrestagung in Washington, zu der ich mit einer Reihe
on Kollegen am Ende dieses Tages fliegen werde, seine
achstumsprognose für Deutschland für dieses Jahr
on 1,6 auf 2 Prozent heraufgesetzt. Das ist die Konse-
uenz einer solchen Politik.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir reden also über den dritten Teil des Dreiklangs.
ie entscheidende Frage ist: Was ist der Beitrag der Fi-
anzpolitik und der Haushaltspolitik zu einer solchen
achstumsoffensive? Entscheidend ist doch, dass wir
as, was wir übrigens selber in Europa, in der Lissabon-
trategie, beschlossen haben, ernst nehmen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das wäre ja neu!)

Für Sie ja! Sie haben die Bildungsausgaben in Ihrer
egierungszeit in den 90er-Jahren als Steinbruch be-
utzt; wir haben sie wieder heraufgesetzt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


nsofern ist das für Sie neu; da haben Sie völlig Recht.
Die Lissabon-Strategie und den Stabilitäts- und
achstumspakt zusammenzubringen, das ist der Sinn
er gegenwärtigen Diskussion. Dabei geht es nicht nur
m die Haushaltskonsolidierung – die selbstverständlich
eiterhin eine Rolle spielt –, sondern es geht auch um
ie Qualität des Budgets, um die Qualität der Ausgaben.
ünftiges Wachstum, zumal in einem rohstoffarmen
and wie Deutschland, können wir nur dann erzielen,
enn wir in Bildung und Forschung investieren.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Dann macht es doch!)


Wie notwendig das ist, haben uns die verschiedenen
ISA-Studien gezeigt. Ich kann nur nachhaltig an Sie
lle appellieren, nun wirklich ernsthaft – was Frau Kol-
egin Bulmahn die ganze Zeit versucht – auf diese De-
atte einzugehen und dieses für unsere Zukunft entschei-






(A) )



(B) )


Bundesminister Hans Eichel

dende Ziel nicht im Kompetenzgerangel untergehen zu
lassen.


(Beifall bei der SPD)

Die Diskussion muss mit Blick auf die Wirtschafts-

und Finanzlage geführt werden. Wir sind aus der wirt-
schaftlichen Stagnation heraus. Das war das Ziel, das wir
uns im vergangenen Jahr mit dem Dreiklang gesteckt
hatten. Der IWF hat gerade jetzt in seiner Beurteilung
über Deutschland gesagt, dass genau dies der richtige
Weg sei. Er hat sich deswegen – ich sage das präzise –
verhalten optimistisch in Bezug auf die weitere Entwick-
lung in Deutschland gezeigt. Mit diesem Dreiklang sind
wir, wie gesagt, aus der dreijährigen Stagnationsphase
herausgekommen.

Allerdings muss man auch Folgendes feststellen
– deswegen will ich eine kurze Information zum Nach-
tragshaushalt geben –: Die Wirtschaft wächst zwar;
aber die Steuereinnahmen gehen nach wie vor zurück.
Der Hintergrund ist, dass das Wirtschaftswachstum noch
fast ausschließlich vom Export getrieben wird. Zum ei-
nen bilden die Einnahmen aus der Umsatzsteuer dieses
Wachstum nicht ab. Zum anderen hat es bis zum Sommer
– jetzt ist dieser Prozess anscheinend zu einem Stillstand
gekommen – einen Abbau am Arbeitsmarkt gegeben.
Das heißt, auch die Einnahmen aus der Lohnsteuer bilden
dieses Wirtschaftswachstum vordergründig nicht ab.

Ich habe bereits bei der Steuerschätzung im Mai ge-
sagt, dass es ein Risiko von 10 Milliarden bis 11 Milliar-
den Euro gegenüber dem Haushaltsplanentwurf gibt.
Aufgrund des Vergleichs der Steuerschätzung vom Mai
mit der Steuerschätzung vom November und aufgrund
der Arbeitsmarktentwicklung muss man feststellen, dass
beim Bund – auch das habe ich schon im Sommer gesagt;
das kommt ebenfalls hinzu – zwei Steuern nicht richtig
laufen: Das ist zum einen die Mineralölsteuer aufgrund
des hohen Ölpreises und zum anderen die Tabaksteuer.
Ich muss also mit weiteren Steuereinnahmeausfällen ge-
genüber der Mai-Steuerschätzung rechnen.

Ich werde deshalb am Mittwoch einen Nachtrags-
haushalt im Kabinett einbringen, der eine Nettokredit-
aufnahme von 43,7 Milliarden Euro, also nicht die vor-
gesehenen 29,3 Milliarden Euro, vorsieht.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aha! – CarlLudwig Thiele [FDP]: Das war im Sommer schon klar!)


Ich gehe davon aus, dass diese Zahl im Nachtragshaus-
halt stehen wird. Diesen Umfang hatten wir auch im
Nachtragshaushalt des vergangenen Jahres.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das scheint zur Regel zu werden!)


Ich gehe im Moment allerdings nicht davon aus, dass
– wie im vergangenen Jahr – das Ergebnis besser sein
wird. Das muss ich mit aller Klarheit sagen. Aber ich
rechne damit, dass diese Zahl zu halten ist. Darüber wer-
den wir am 6. Oktober im Kabinett reden.

Wir haben im vergangenen Jahr den Nachtragshaus-
halt bewusst nach der November-Steuerschätzung ein-

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(C (D ebracht, um ihn in Kenntnis dieser Steuerschätzung ufstellen zu können. Weil der Bundesrat zu einer Fristerkürzung nicht bereit war, hat das dazu geführt, dass ie Debatte erst im neuen Jahr abgeschlossen wurde. Um as zu vermeiden, bringen wir dieses Jahr den Nachagshaushalt früher ein. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Er hätte schon längst eingebracht werden müssen!)


ir müssen aber damit rechnen, dass sich in Kenntnis
er November-Steuerschätzung ein zusätzlicher Korrek-
rbedarf ergeben kann. Ich gehe im Moment nicht da-
on aus; aber auszuschließen ist es nicht. Das ist die ge-
enwärtige Situation.
Ich will noch auf eines hinweisen. Wer sich über das

ohe Defizit aufregt – auch ich tue das – und wer sich
ber die hohen Privatisierungserlöse aufregt – das tue
h so nicht, weil ich inzwischen festgestellt habe, dass
um Beispiel Hessen, Bayern und Baden-Württemberg
rivatisierungserlöse für ihre laufenden Haushalte ge-
auso einsetzen, wie wir das tun –, der sollte sich Fol-
endes fragen: Könnten wir beim Abbau von Steuersub-
entionen nicht wesentlich weiter sein? Das ist die
ntscheidende Quelle, um die öffentlichen Haushalte
esser zu stellen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn Sie das Gesetz zum Abbau von Steuervergüns-
gungen nicht im Wesentlichen blockiert hätten – es hät-
en sich Einsparungen von 17 Milliarden Euro in dem
ahr ergeben, in dem es voll wirksam gewesen wäre; Sie
aben im Bundesrat aber nur einem Abbau in Höhe von
,4 Milliarden Euro zugestimmt –, stünden wir heute an-
ers da.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen in ziemlich genauer Kenntnis der
age, dass ich den Eindruck habe, dass in einer Reihe
on Ländern, auch in von Ihnen regierten Ländern, ein
roßer Katzenjammer über dieses Verhalten eingetreten
t, weil die Länder die Folgen jetzt – zwei Jahre später –
ihren Haushalten spüren. Selbst das reiche Baden-
ürttemberg hat riesige Probleme, im nächsten Jahr
och einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen.
as ist die Konsequenz, wenn Parteitaktik über das
taatspolitisch Notwendige siegt. Das müssen Sie selber
ertreten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Heute geht es um den Abbau von Steuersubventionen.
as Ziel ist eine bessere Qualität des Budgets und nicht
ie Schuldenreduzierung. Damit können wir das tun,
as dringend notwendig ist, nämlich mehr in Kinderbe-
euung, Bildung, Ausbildung sowie in Forschung und
nnovation zu investieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Bundesminister Hans Eichel

Unser Vorschlag, die Eigenheimzulage endgültig ab-

zuschaffen, findet breite Unterstützung. Ob Bundesbank,
ob Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamt-
wirtschaftlichen Entwicklung oder die wirtschaftswis-
senschaftlichen Forschungsinstitute: Sie alle haben die
Eigenheimzulage infrage gestellt und ihre Abschaffung
empfohlen. So schrieb zum Beispiel der Sachverständi-
genrat in seinem letzten Gutachten – ich zitiere –:

Die Eigenheimzulage hat sich überlebt. Die Politik
sollte sich zu einer kompletten Streichung der Ei-
genheimzulage durchringen.

Es gibt viele Aspekte, die für die Abschaffung der Ei-
genheimzulage sprechen:

Erstens. Die Wohnraumversorgung in Deutschland ist
so gut wie nie zuvor. Vielerorts in den neuen Ländern
gibt es mittlerweile sogar große Leerstände.

Zweitens. Langfristig wird der Bedarf an Wohnraum
in Deutschland sinken. Das ist eine logische Konsequenz
des demographischen Wandels.

Drittens. Die Eigenheimzulage hat große Mitnahme-
effekte und darüber hinaus wirkt sie preistreibend, ob-
wohl sie – da gebe ich den Wohnungspolitikern Recht –
auch positive Aspekte gehabt hat.

Ich will überhaupt nicht bestreiten, dass all das, was
wir tun, auch Widerhaken hat. Aber in der Situation, in
der wir uns derzeit befinden, können wir keine Vor-
schläge machen, die allen gefallen. Wir müssen vielmehr
Vorschläge machen, die für die Zukunft dieses Landes
notwendig sind. Diese Subvention hat unter den von mir
genannten Bedingungen keine Berechtigung mehr.

An diesen Rahmenbedingungen muss sich eine ver-
antwortungsvolle Finanz- und Wirtschaftspolitik orien-
tieren. Zur Abschaffung dieses wohnungspolitischen In-
struments gibt es deswegen keine sinnvolle Alternative.
Wir verknüpfen die Abschaffung der Eigenheimzulage
ganz bewusst mit der Innovationsoffensive; denn wir
können und wollen sie nicht über zusätzliche Schulden
finanzieren. Ein ressourcenarmes Land wie Deutschland
kann im internationalen Wettbewerb nur bestehen, wenn
es in sein Humankapital investiert. Genau dafür wollen
wir die Mittel einsetzen, die durch das Auslaufen der Ei-
genheimzulage frei werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Anders ausgedrückt: Wir müssen in die Köpfe der Men-
schen investieren. Das ist die zentrale Aufgabe.

Das ist auch eine Frage der Generationengerechtig-
keit. Wir müssen die Weichen heute so stellen, dass
künftiges Wachstum möglich ist, damit auch künftige
Generationen in Wohlstand leben können. Dazu haben
wir uns im Rahmen der Lissabon-Strategie das Ziel ge-
setzt, allein für den Bereich Forschung 3 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes auszugeben. In Deutschland
bedeutet das, dass etwa zwei Drittel vom Privatsektor
und ein Drittel vom öffentlichen Sektor geleistet werden
müssen; da haben wir noch eine Menge zu tun.

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(C (D Denken Sie immer daran: Die Entscheidungen, die ir heute treffen, wirken in vielen Bereichen über die egislaturperiode hinaus. Sie reichen weit in das vor uns iegende Jahrhundert. Denken Sie zum Beispiel an die trukturreformen der Agenda 2010, an die Reformen auf em Arbeitsmarkt, im Gesundheitsbereich oder – noch eiter reichend – bei der Rente! All dies sind Schritte uf dem Weg, unser Land an die Herausforderungen diees Jahrhunderts, an den demographischen Wandel und n die Globalisierung, anzupassen und diese Herausforerungen annehmen und bestehen zu können. Auch die Innovationsoffensive ist ein wichtiger chritt, die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu sichern. icht zuletzt die Ergebnisse der PISA-Studie haben geeigt: Wir müssen in Bildung und Forschung investieren, enn wir im internationalen Wettbewerb bestehen wolen. abei geht es übrigens nicht nur um Geld; es geht auch m die Rahmenbedingungen. Beispielsweise die Einichtung der Juniorprofessur im Kompetenzgerangel wischen Bund und Ländern zerschellen zu lassen wäre icht zu verantworten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


Die Abschaffung der Eigenheimzulage ist ein wesent-
icher finanzpolitischer Beitrag zur nachhaltigen Erhö-
ung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirt-
chaft. Sie ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Wachstum
nd mehr Beschäftigung. Dies ist wie alle Vorschläge
orher zum Subventionsabbau ein Angebot des Bundes
n die Länder und Gemeinden. Wir wollen alle aufgrund
er Abschaffung der Eigenheimzulage frei werdenden
ittel – das sind bis 2008 3 Milliarden Euro – in den
ereich der Forschung investieren. Dasselbe können
uch Länder und Kommunen tun.
Die frei werdenden Mittel bauen sich ja Schritt um

chritt auf. Das ist übrigens für Investitionen in diesem
ereich sehr vernünftig. Denn Sie erreichen nicht sehr
iele zusätzliche Leistungen, wenn Sie den Geldhahn
lötzlich aufdrehen. Das alles muss ja organisiert und
chritt um Schritt aufgebaut werden; ansonsten wäre es
icht nachhaltig. Aber wenn die Eigenheimzulage nach
cht Jahren dann insgesamt ausgelaufen ist, stehen für
und, Länder und Gemeinden nachhaltig jährlich 6 Mil-
iarden Euro mehr für die Bereiche Kinderbetreuung so-
ie Bildung und Forschung zur Verfügung:


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


,5 Milliarden Euro für die Länder, 2,5 Milliarden Euro
ür den Bund und knapp 1 Milliarde Euro für die Kom-
unen.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie sehr herzlich,

hre bisher ablehnende Position zu überdenken. Mein
indruck ist – ich weiß, wovon ich rede –, dass viele
änder inzwischen bedauern, dass sie aus parteipoliti-
chen Gründen den Abbau der Subventionen blockiert
aben und inzwischen neu darüber nachdenken. Ich






(A) )



(B) )


Bundesminister Hans Eichel

wage eine Prognose: Heute werden Sie den Gesetzent-
wurf wieder ablehnen. Aber Sie werden diese Ableh-
nung in diesem Jahr nicht mehr durchhalten – darauf
gebe ich Ihnen Brief und Siegel – und im Interesse der
Sache ist dies auch richtig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Schon wieder eine falsche Versprechung!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512900200

Ich erteile das Wort Kollegen Heinz Seiffert, CDU/

CSU-Fraktion.


Heinz Seiffert (CDU):
Rede ID: ID1512900300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr

Minister Eichel, Sie haben eingangs die desaströse
Finanzsituation, die Sie maßgeblich mit zu verantworten
haben, dargestellt. Ich kann Ihnen nur eines sagen: All
das, was Sie jetzt beklagen, haben wir Ihnen prophezeit.
Wir haben Ihnen prophezeit, dass Sie viel zu optimisti-
sche Wachstumsraten zugrunde legen. Wir haben Ihnen
prophezeit, dass bei weitem nicht die Steuereinnahmen
erzielt werden, mit denen Sie gerechnet haben.


(Joachim Poß [SPD]: Sie sind ein Schwarzredner! Es ist doch kein Wunder, dass Sie das prophezeit haben! Sie wollen das doch!)


– Wir sind keine Schwarzredner. Wir werden seit drei
Jahren regelmäßig durch die Wirklichkeit bestätigt, Herr
Kollege Poß.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Sie wollen doch alles herunterreden! Sie reden unser Land herunter! Ein schöner Patriot sind Sie!)


Ihre Haushalte sind seit drei Jahren auf Sand gebaut.
Bei Ihnen gibt es eine Rekordverschuldung nach der an-
deren; aber immer sind die anderen schuld. Meine Da-
men und Herren, Sie sind schuld wegen Ihrer völlig ver-
fehlten Finanzpolitik.

Jetzt wollen Sie einen erneuten Versuch starten, die
Eigenheimzulage abzuschaffen. Das ist ein Musterbei-
spiel für Ihre sprunghafte, unkalkulierbare Politik.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das fordern wir schon seit Jahren und Sie blockieren!)


Mit solchen Aktionen schaffen Sie nur Verunsicherung
bei den Menschen und zerstören das Vertrauen in die
Politik.

Erst im vergangenen Dezember, Herr Minister Eichel,
haben Sie im Vermittlungsausschuss einer Reform der
Eigenheimzulage zugestimmt. Wir waren uns völlig ei-
nig, dass wir den Menschen, die im Inland leben und bis
zu 70 000 bzw. 140 000 Euro im Jahr verdienen, einen
zusätzlichen Anreiz zur Schaffung von Wohneigentum
geben müssen. Wir waren uns einig, dass man Miss-
brauch abbauen muss, dass man Schwarzarbeit verhin-
dern muss. Wir haben den Förderbetrag auf 1 250 Euro
pro Jahr gekürzt und das Baukindergeld erhöht. All das

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(C (D aben wir einvernehmlich beschlossen. Ich sage es noch inmal: Das war im Dezember 2003. Damals ist die Eienheimzulage unter bau-, familienund haushaltspolitichen Aspekten nach Auffassung aller optimal gestaltet orden. Ich halte es, gelinde gesagt – das muss ich einmal eutlich sagen –, für einen miserablen politischen Stil, enn man Punkte, zu denen es im Vermittlungsauschuss zu Ergebnissen gekommen ist, bei denen man ich aber nicht durchsetzen konnte, kurze Zeit später ieder aufgreift. So kann man nicht miteinander umgeen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Da kommen einem die Tränen!)


as gilt für die Eigenheimzulage genauso wie für die
erbilligung des Agrardiesels. Es ist an der Zeit, die Dis-
ussion um die Eigenheimzulage nicht ständig neu zu
eleben, damit die Bauherren nicht immer aufs Neue
erunsichert werden.
Mit dem immer wieder gebetsmühlenartig erhobenen

orwurf, die Union verhindere den Subventionsabbau,
äuscht Rot-Grün die Menschen.


(Jörg Tauss [SPD]: Das stimmt aber doch!)

as Volumen der Eigenheimzulage wurde nämlich im
uge ihrer Neustrukturierung im Dezember des vergan-
enen Jahres um 30 Prozent gekürzt.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512900400

Kollege Seiffert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
bgeordneten Eichel?


Heinz Seiffert (CDU):
Rede ID: ID1512900500

Nein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Oh!)


Die auch heute wieder aufgestellte Behauptung, die
nion verhindere den Abbau von Subventionen, ist
lanker Unsinn. Ich will Ihnen einige Beispiele nennen:
us purer Wahltaktik ist von der Bundesregierung eine
angfristige Aufstockung der Kohlesubventionen um
6 Milliarden Euro vorgenommen worden. Immer wie-
er verweigert Rot-Grün Einsparungen bei den Zuschüs-
en zur Förderung des ökologischen Landbaus. Sie ma-
hen Geld locker für Zuschüsse zur Zinsverbilligung von
rediten im Rahmen eines Bundesprogramms für artge-
echte Tierhaltung und für die finanzielle Unterstützung
es Exports von Technologien im Bereich erneuerbarer
nergien. Das zählt meines Erachtens ebenfalls zu den
ubventionen.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit dem Agrardiesel?)


enn Sie da kürzen wollen,

(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber doch nicht im Haushalt!)

önnen Sie mit unserer Zustimmung rechnen.






(A) )



(B) )


Heinz Seiffert

Ich mache Ihnen einen weiteren Vorschlag, wie Sie zu

Geld kommen können:

(Peter Dreßen [SPD]: Lotto spielen!)


Schauen Sie sich das Schwarzbuch über die Steuerver-
schwendung an! 30 Milliarden Euro an Steuerver-
schwendung hat Ihnen der Bund der Steuerzahler in der
letzten Woche aufgezeigt. Wenn es gelingt, nur 10 Pro-
zent von diesen 30 Milliarden Euro künftig zu vermei-
den, haben Sie deutlich mehr Geld in der Kasse als durch
die Abschaffung der Eigenheimzulage.


(Joachim Poß [SPD]: Das machen Sie sich doch wohl nicht zu Eigen! Das ist doch ein Witz! Das ist unter Ihrem Niveau!)


Ich finde, wir können über die Feststellung, dass auf al-
len Ebenen Steuergelder verschwendet werden, durchaus
auch im Bundestag reden, obwohl uns natürlich klar ist,
dass nicht alles vom Bund zu verantworten ist. Aber
10 Prozent davon könnten Sie einsparen.

Nun täuscht Rot-Grün vor, die eingesparten Mittel
sollten in den Bereich Bildung und Forschung fließen.
Das klingt tatsächlich elegant. Aber, Frau Ministerin
Bulmahn, davon bekommen Sie keinen Cent.


(Jörg Tauss [SPD]: Sie sind schon drin in der mittelfristigen Finanzplanung!)


Wenn der Bundesfinanzminister so großen Wert auf
Innovation und Forschung legen würde, dann könnte er
Ihnen ja mehr Geld geben.


(Jörg Tauss [SPD]: Ich dachte, er hat keines!)

Wir haben nichts dagegen, aber nicht aus der Eigenheim-
zulage. Er kann andere Prioritäten setzen und Ihnen
mehr Geld geben, wenn er das für so wichtig hält.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512900600

Kollege Seiffert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Poß?

Heinz Seiffert (CDU):
Rede ID: ID1512900700

Ich gestatte keine Zwischenfragen;

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Ich kann mir vorstellen, warum! Da bricht die ganze Rede in sich zusammen!)


ich will im Zusammenhang vortragen. Sie können ja
nachher reden.

Es ist also völlig offen, ob und in welchem Umfang
die eingesparten Mittel tatsächlich für Bildungs- und
Forschungszwecke eingesetzt werden. Hier werfen Sie
mit Nebelkerzen. Sie könnten eine Zweckbindung vorse-
hen. Aber in der Begründung zu dem Gesetzentwurf, den
Sie vorlegen, findet sich nur ein baupolitischer Grund
für die Abschaffung der Eigenheimzulage.


(Jörg Tauss [SPD]: Dann stimmen Sie zu, wenn wir die Begründung ändern! Machen wir!)


Allein der Gesetzestitel enthält den Begriff „Innova-
tionsoffensive“.

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(C (D Hinter der Abschaffung der Eigenheimzulage steht berhaupt kein Konzept. Es geht Rot-Grün einzig und llein darum, Haushaltslöcher zu stopfen und die Reordverschuldung etwas einzudämmen. Außerdem önnte das Einsparvolumen aus der Eigenheimzulage as Versagen in der Bildungspolitik, das Sie sich vorerfen lassen müssen, überhaupt nicht annähernd ausleichen. (Jörg Tauss [SPD]: Warum das denn, mein Lieber? Welches Versagen? Jetzt werden Sie einmal deutlich!)


enn man das allein mit Geld regeln könnte, dann wä-
en andere Summen nötig.
Die Bundesregierung bemüht sich, die Menschen zu

iner besseren privaten Altersvorsorge zu animieren.
ch unterstelle in diesem Bereich einmal Ihren guten
illen, auch wenn die bisher beschlossenen Konzepte
berhaupt nicht funktionieren. Das gilt für die Riester-
rodukte; das gilt für die staatlich geförderte Zwangs-
ente, die Sie im Alterseinkünftegesetz durchgesetzt ha-
en.


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist doch keine Zwangsrente! Das ist Schwachsinn, was Sie erzählen!)


eides wird von den Menschen nicht angenommen, weil
ie zwangsregulieren und die Menschen am goldenen
uschusszügel führen wollen. Nun wollen Sie das ein-
ige bisher noch funktionierende Produkt, nämlich die
igenheimzulage, ersatzlos beseitigen. Welch ein wider-
prüchliches Verhalten! Sie haben keine Linie und keine
onzeption in Ihrer Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es wäre logisch und sinnvoll, darüber nachzudenken,
b und gegebenenfalls wie die Eigenheimzulage in die
taatlich geförderte Altersvorsorge integriert werden
ann. Die Berücksichtigung des Wohnungseigentums
äre im Rahmen eines eigenständigen Altersvorsorge-
ystems eine wirkliche Alternative zu der staatlich geför-
erten Geldrente. Das würde von den Menschen ange-
ommen und es würde Wachstum schaffen.
Meine Damen und Herren, das Vorhaben der Regie-

ung ist durchsichtig: Sie wollen die Eigenheimzulage
bschaffen, weil Sie für Wohnungseigentum nichts übrig
aben. Sie geben nur vor, mit dem Geld Innovation zu
ördern; in Wirklichkeit ist Ihre Politik innovations- und
achstumsfeindlich. Und Sie wollen mit dem Geld
aushaltslöcher stopfen, weil Sie anderweitig zum Spa-
en nicht in der Lage sind. Eine solche Politik wird die
nion im Bundestag und im Bundesrat ganz sicher nicht
itmachen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das fällt Ihnen noch auf die Füße! – Jörg Tauss [SPD]: Blockierer! Nichts als Blockade!)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512900800

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kolle-

gen Hans Eichel.

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Schlech tes Gewissen!)


Hans Eichel (SPD):
Rede ID: ID1512900900

Herr Kollege, ich will nur auf Folgendes hinweisen,

da Sie eine Zwischenfrage von mir nicht zugelassen ha-
ben: Ihre Behauptung hinsichtlich der Sprunghaftigkeit
ist falsch. Sie haben nur eine sehr lange Leitung, bis Sie
zum Thema kommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Denn wir haben im Gesetz zum Abbau von Steuerver-
günstigungen bereits die Reduzierung der Eigenheimzu-
lage gewollt; Sie haben es komplett verhindert. Wir ha-
ben im Haushaltsbegleitgesetz im vergangenen Jahr die
Abschaffung der Eigenheimzulage im Zusammenhang
mit der Konsolidierung gewollt; Sie haben 30 Prozent
zugestanden. Wir wollen jetzt die Abschaffung der Ei-
genheimzulage, weil wir es angesichts der Ergebnisse
der PISA-Studie für dringend notwendig halten, dass die
Ausgaben für Forschung, Bildung und Entwicklung ge-
steigert werden.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Lächerlich!)

Sie müssen dazu eine Alternative nennen. Das haben

Sie nicht getan.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben den Forschungsetat zurückgefahren; wir ha-
ben ihn gesteigert. Das sind die Realitäten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512901000

Kollege Seiffert, Sie haben das Wort.

Heinz Seiffert (CDU):
Rede ID: ID1512901100

Herr Minister, jetzt bleiben Sie auch als Abgeordne-

tenkollege hier, wenn Sie schon von der Regierungsbank
auf einen Abgeordnetenplatz wechseln.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512901200

Bei einer Kurzintervention ist das nicht nötig, nur bei

einer Zwischenfrage.

Heinz Seiffert (CDU):
Rede ID: ID1512901300

Es ist uns völlig klar, Herr Minister, dass Ihnen die

Eigenheimzulage immer ein Dorn im Auge war.

(Lachen bei der SPD)


Ich habe Ihnen auch völlig zu Recht unterstellt, dass Sie
mit Wohnungseigentumsförderung überhaupt nichts am
Hut haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Aber Folgendes ist ebenfalls wahr – das bezeichne ich ls Sprunghaftigkeit –: Sie haben den Verwendungsweck der Mittel, die Sie sich durch die Abschaffung der igenheimzulage erhoffen, immer wieder verändert. Urprünglich wollten Sie nur Haushaltslöcher stopfen; jetzt ollen Sie das Geld in die Innovationsoffensive stecken. (Beifall bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Sehr gut! Das wollen wir!)


s spricht überhaupt nichts dagegen, dass Sie mehr Geld
n Innovation und Forschung stecken. Aber Sie sollten
afür nicht die bewährte Förderung der Schaffung von
ohneigentum opfern.


(Jörg Tauss [SPD]: Besitzstandswahrer! Abkassierer!)


Meine Damen und Herren, Sie können sprunghaft Po-
itik machen, wie Sie wollen; aber Sie können uns dafür
icht mit in Haftung nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Das ist ja nicht zu fassen! – Zuruf von der SPD: Totalverweigerer!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512901400

Ich erteile Kollegin Christine Scheel für die Fraktion

es Bündnisses 90/Die Grünen das Wort.

Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512901500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
err Seiffert, die Union hat sich, was die Tatsachen an-
elangt, wahrlich nie mit Ruhm bekleckert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


n Ihren Prosatexten behaupten Sie immer, Sie wollten
ubventionen abbauen. Aber jedes Mal, wenn die Ab-
chaffung einer Subvention auf der Tagesordnung steht,
auen Sie sich in die Büsche. Das geht so nicht! Hier
eht es schließlich um die Wahrhaftigkeit in der Politik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Ich habe Ihnen doch Beispiele genannt, wo wir dabei sind!)


Es ist natürlich richtig, wenn behauptet wird, die
aushaltslage sei sehr schwierig. Die Nettoneuver-
chuldung ist sehr hoch; das wissen wir.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Rekordverschuldung! – Elke Wülfing [CDU/CSU]: 43 Milliarden Euro! Hat er gerade zugegeben!)


ber man muss auch sehen, dass wir im letzten Jahr Vor-
chläge für einen Subventionsabbau in einer Größenord-
ung von 17 Milliarden Euro unterbreitet haben. In den
erhandlungen mit Ihnen sind davon knapp 3 Milliarden
uro übrig geblieben. Wäre es nicht zu einer solchen
ifferenz gekommen, hätten wir heute eine andere
aushaltssituation. Das ist die Wahrheit, die Sie immer
erschweigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Christine Scheel

Auf der einen Seite verlangen Sie, wir sollten nicht so

viele Schulden machen. Wenn wir aber staatliche Ausga-
ben beschränken wollen, weil wir sie nicht mehr als zeit-
gemäß empfinden und weil sie die Zukunftsfähigkeit un-
seres Landes nicht mehr stärken,


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Eigentum stärkt immer!)


sondern die Haushalte belasten, dann sind Sie jedes Mal
auf der Seite der Verweigerer zu finden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Insgesamt betrachtet ist dies verantwortungslos. Dies
gilt nicht nur im Hinblick auf den Haushalt des Bundes,
sondern auch im Hinblick auf die Haushalte der Länder
und Kommunen.

Heute geben wir Ihnen wieder einmal die Gelegen-
heit, Ihre wunderbaren radikalen Forderungen nach Ab-
bau steuerlicher Subventionen und durchgreifender Ver-
einfachung des Steuerrechts – auch dies hat etwas
damit zu tun – bei einer Einzelsubvention, nämlich der
Eigenheimzulage, zu verwirklichen. Sie können also den
Anspruch, den Sie draußen bei den Bürgern und Bürge-
rinnen immer wieder formulieren, heute ein großes
Stück einlösen, wenn Sie bereit sind, diesen Weg mitzu-
gehen. Lassen Sie Ihren Worten endlich Taten folgen, in-
dem Sie sich hier einmal vernünftig verhalten!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Einmal wenigstens!)


Immer wieder Bedenkenträgerei, immer wieder Ver-
teidigung von Klientelinteressen, immer wieder ein Ein-
knicken, wenn es hier darum geht, Klarheit zu schaffen


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Jetzt spricht sie von der Kohle!)


und sich zu überlegen, dass es bei der staatlichen Sub-
ventionspolitik – dies wissen mittlerweile alle Bürger
und Bürgerinnen – so nicht weitergehen kann.

Wir brauchen mehr Geld für Investitionen in die Zu-
kunftsfähigkeit. Angesichts der knappen öffentlichen
Mittel bedeutet dies, dass wir andere Prioritäten setzen
müssen. Die Abschaffung der Eigenheimzulage bringt
langfristig 6 Milliarden Euro. Der Minister hat darauf
hingewiesen, dass es 3 Milliarden Euro für den Bund
und 3 Milliarden Euro für die Länder, davon 1 Milliarde
Euro für die Kommunen, sind, die die Gebietskörper-
schaften dringend brauchen, um ihre Investitionstätig-
keit wieder verbessern zu können. Hier verweigern Sie
sich. Sie wollen keine zusätzlichen Mittel für Forschung
und Bildung. Dies kann und darf man so nicht stehen
lassen.

Ich weiß zwar auch, dass einmal eingeführte Subven-
tionen ein unheimliches Beharrungsvermögen entwi-
ckeln können. Wir haben in den letzten Jahren sehr ein-
schlägige Erfahrungen gemacht, wenn es um die Absicht
ging, Subventionen abzubauen. Ich erinnere an die De-
batten im letzten Dezember, in denen die Union sagte:

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(C (D enn im Bereich der Landwirtschaft die Subventionen ür den Agrardiesel zurückgenommen werden, dann erweigern wir uns allen Reformen, von der Arbeitsarktreform bis zur Steuerreform. Man muss sich einal vorstellen, welches Druckpotenzial hier aufgebaut ird, weil Sie zu feige sind, gegenüber bestimmten lientelgruppen eine klare Position zu vertreten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Hat hier einer „Kohle“ gesagt, Frau Kollegin? Wer ist denn wo feige? – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss [SPD]: Sie, Herr Austermann!)


Das, was Sie an den Tag legen, nennt man Reformun-
ähigkeit, Herr Austermann. Sie haben bei den Haus-
altsberatungen immer wieder gesagt, der Staat müsse
insparen und solle sich nicht mehr so hoch verschulden.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: 3 Prozent, sage ich nur!)


Richtig, kann ich nur sagen; aber wenn wir Vorschläge
achen, dann verweigern Sie sich diesen Vorschlägen,
ährend Sie nach außen so tun, als ob die Regierung al-
in dieses Problem habe. Aber das Problem sind Sie; es
esteht nicht in dem, was die Regierung vorschlägt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wer regiert denn? So ein Stuss!)


Sie tun immer so, als seien Sie oberklasse, also hat die
DU beschlossen, dass mehr Geld in Bildung fließen
üsse. Dann fiel Angela Merkel ein, wir könnten jetzt
ndlich einmal mehr Bildungsinvestitionen tätigen und
ie Ganztagsschulen besser fördern. – Guten Morgen,
eine Damen und Herren; wir haben 4 Milliarden Euro
ür den Ausbau der Ganztagsschulen in den Haushalt
ingestellt. Aber was passiert? Die unionsregierten Län-
er rufen diese Mittel nicht vernünftig ab.


(Jörg Tauss [SPD]: Doch, doch! – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sie müssen sich sachkundig machen!)


uch das ist ein Teil der Realität. Bayern hat mittler-
eile ein Stück zugelegt – das muss man wirklich sa-
en –; dort ist man aufgewacht und hat gemerkt, dass es
ür das Land gut ist, wenn man Finanzierungen für
anztagsschulprogramme und vieles mehr tätigt.
Das, was wir wollen, sind strukturelle Reformen.
uch die Union sagt, sie wolle strukturelle Reformen
nd Umschichtungen. Aber Sie spielen jedes Mal wieder
as altbekannte Spiel. Wenn dann von Ihrer Seite der
egierung vorgeworfen wird, sie sei sprunghaft,


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das stimmt!)

ann kann ich wirklich nur lachen. Wir haben eine völlig
lare Linie zum Thema Eigenheimzulage gehabt;


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ihr habt doch im November zugestimmt!)


ir werden sie beibehalten.






(A) )



(B) )


Christine Scheel

Wir haben immer gesagt: Wir brauchen die Mittel der

Eigenheimzulage für Zukunftsfelder. Wir haben von An-
fang an gesagt, dass die Eigenheimzulage abgeschafft
werden muss, weil sie aus bestimmten Gründen nicht
mehr notwendig ist und sich die Rahmenbedingungen in
diesem Land verändert haben, angefangen vom Zins-
niveau beim Bauen bis hin zur Beantwortung der Frage,
was ein Staat sich strukturell noch leisten kann und darf.
Überlegungen hierzu verweigern Sie ebenfalls. Das be-
deutet, dass Sie Wohltaten, die Sie kräftig unter das Volk
zu verteilen beabsichtigen, beibehalten wollen.

Es fehlt die Bereitschaft, bestimmte Verhaltensweisen
auf diesem Gebiet zu verändern und auf bestimmte Tat-
bestände im heutigen Steuerrecht zu verzichten, obwohl
vor allem Sie, Friedrich Merz, nach außen immer wieder
zu suggerieren versuchen, dass Sie einen völlig anderen
politischen Ansatz hätten. Dann zeigen Sie doch, dass
dieser Ansatz wirklich in die Tat umgesetzt wird; stim-
men Sie diesem Gesetzentwurf, über den wir heute noch
nicht endgültig entscheiden werden, doch zu gegebener
Zeit zu.

Natürlich muss man zugestehen, dass es in anderen
Bereichen ebenfalls steuerliche Vergünstigungen gibt.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Jetzt kommt sie zur Kohle!)


Auch wir wissen, dass ein Problem in den bestehenden
Verzerrungen in bestimmten Bereichen liegt, das gilt
auch für den Wohnungsbau. Der Ernsthaftigkeit der
Debatte geschuldet, muss man auch einräumen, dass es
beim Mietwohnungsbau Verzerrungen zulasten des
selbst genutzten Wohneigentums gibt. Man muss sich
einmal vorstellen, dass es Negativeinkünfte gibt: Den
Einnahmen, die im Wohnungsbau auf der einen Seite
über Miet- und Pachteinkünfte entstehen, stehen auf der
anderen Seite Negativeinkünfte aufgrund der bestehen-
den steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten gegen-
über. Das kann so nicht weitergehen. Deshalb müssen
wir uns auch hier mit den steuerlichen Subventionen be-
schäftigen.

Ebenfalls müssen wir uns überlegen, wie wir nach
den letzten drei schwierigen Jahren der wirtschaftlichen
Stagnation eine Konsolidierung der Finanzen errei-
chen. Jeder weiß: Ohne Wachstum gibt es keine Konsoli-
dierung der Finanzen. Selbst in diesem Jahr wird der
Bund, trotz eines realen Wachstums in Höhe von 1,5 bis
2 Prozent, höhere Kredite als geplant aufnehmen müs-
sen. Das ist traurig; das muss man so sehen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das ist wirklich traurig! – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das ist elend! Das habt ihr zu verantworten!)


Auf diese Frage muss man strategische Antworten
finden. Wir brauchen strategische Antworten auf finanz-
politische Herausforderungen, die für unsere Gesell-
schaft auch weiterhin anstehen. Strukturelle Defizite un-
serer sozialen Sicherungssysteme – von der Rente über
die Gesundheit bis zum Arbeitsmarkt – sind wir in dieser
Legislaturperiode mit der Agenda 2010 angegangen.

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(C (D (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Die strukturellen Probleme haben Sie geschafft!)


ir haben wichtige Maßnahmen beschlossen und da-
urch sehr viel zur Zukunftsfähigkeit der Bundesrepu-
lik Deutschland beigetragen. Dabei muss allerdings
och stärker als bisher der Kontext der Globalisierung
nd der Erweiterung des europäischen Binnenmarktes
erücksichtigt werden. Hier muss politisch noch über
iele Fragen diskutiert werden; das ist richtig. Dabei
önnen wir uns keine nationalstaatliche Perspektive leis-
en.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Keine nationalen Alleingänge, Frau Kollegin! Das ist gut!)


Herr Thiele, wir müssen bei all diesen Fragen auch die
ettbewerbspolitische Standortkonkurrenz für Neuin-
estitionen im Blick haben; das ist völlig richtig. Aber es
eht nicht, dass weiterhin falsche Prioritäten gesetzt
erden, wie Sie es in den 90er-Jahren getan haben. Die
rioritäten, die Sie damals gesetzt haben, zeigen noch
eute ihre Wirkung.
Deswegen kann man nur sagen: So geht es nicht wei-
r. Geben Sie sich einen Ruck und geben Sie zu, dass es
berholte Subventionen gibt! Gehen Sie diesen Weg im
nteresse der Zukunftsfähigkeit unseres Landes mit! Wir
üssen umsteuern. Die Prioritäten müssen anders ge-
etzt werden. Es geht um ein Signal an die Reformfähig-
eit unseres Landes. Dazu gehört auch die Abschaffung
er Eigenheimzulage.
Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Hoffentlich haben diese Rede viele Bauarbeiter gehört! – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss [SPD]: Ach, das ist ja nett! Sie sagen, Sie hoffen, dass viele Bauarbeiter zugehört haben! Ich hoffe, dass das auch von der Wissenschaft gehört wurde!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512901600

Ich erteile das Wort dem Kollegen Carl-Ludwig

hiele, FDP-Fraktion.

Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1512901700

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten
olleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister Eichel,
ir stimmen Ihnen ausdrücklich zu, dass in unserem
and mehr für Bildung getan werden muss. Die Not-
endigkeit dazu stellen Sie und Ihr Finanzministerium
äglich aufs Neue unter Beweis. Denn die Art und Weise,
n der Sie die Zahlen in der Öffentlichkeit falsch darstel-
en


(Jörg Tauss [SPD]: Ist das billig!)

das haben Sie gerade eingeräumt –, zeigt, dass auch die
egierung mehr Bildung braucht. Angesichts dessen,
ie Sie die Öffentlichkeit die ganze Zeit hinter die
ichte geführt haben, muss ich Ihnen sagen: Wenn das
icht mit Vorsatz geschehen ist, dann scheint es Un-
enntnis gewesen zu sein; wenn das aus Unkenntnis






(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele

geschehen ist, dann muss etwas dagegen getan werden.
Deshalb bitten wir um ein Bildungsprogramm für diese
Bundesregierung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Eine Blutzufuhr braucht sie auch! – Jörg Tauss [SPD]: Der unterbietet sein Niveau ja noch!)


Vor drei Wochen fand in diesem Haus eine Haushalts-
debatte statt. Heute, nachdem zwischenzeitlich die Land-
tagswahlen in Sachsen und in Brandenburg – im Saar-
land war sie kurz vorher – und am letzten Sonntag die
Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen stattgefunden
haben, räumen Sie ein, dass von Ihnen ein Nachtrags-
haushalt vorgelegt wird, durch den die Neuverschuldung
für dieses Jahr um 50 Prozent erhöht werden soll. Wa-
rum haben Sie das nicht schon im Sommer gemacht?
Warum haben Sie der Öffentlichkeit nicht schon früher
gesagt, was passieren wird? Als diese Umstände bekannt
waren, war Ihre einzige Triebfeder, nicht schon früher zu
handeln, Wahltaktik.

Ich möchte Ihnen die entsprechenden Zahlen in Erin-
nerung rufen; denn dieser Haushalt ist der dritte verfas-
sungswidrige Haushalt der Bundesrepublik Deutsch-
land in Folge. Der Haushalt 2002 ist durch den
Nachtragshaushalt verfassungswidrig geworden; die
Neuverschuldung stieg um 64 Prozent. Auch der Haus-
halt 2003 ist durch den Nachtragshaushalt verfassungs-
widrig geworden. Man muss sich einmal vorstellen: Die
Neuverschuldung stieg um 130 Prozent bzw. um
24,5 Milliarden Euro. In diesem Jahr tritt der Finanzmi-
nister vor dem Hintergrund einer beabsichtigen Neuver-
schuldung von 29,3 Milliarden Euro hier an das Pult und
erklärt der Öffentlichkeit, dass wir fast 44 Milliarden
Euro neue Schulden machen werden.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Ganz nebenbei!)

Herr Finanzminister Eichel, damit brechen Sie und

die rot-grüne Koalition jeden Schuldenrekord, den der
Bund jemals zu verantworten hatte. Diese Politik halten
wir für verantwortungslos. Sie muss geändert werden. Es
müssen wieder Klarheit und Wahrheit in den Haushalt
einkehren.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512901800

Kollege Thiele, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Eichel?


Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1512901900

Gerne.


Hans Eichel (SPD):
Rede ID: ID1512902000

Erster Punkt. Herr Kollege Thiele, sind Sie bereit, zu

bestätigen, dass ich bereits bei Vorlage der Steuerschät-
zung im Mai und nicht erst jetzt gesagt habe,


(Joachim Poß [SPD]: So ist es!)

dass sich das zusätzliche Risiko für den Bundeshaus-
halt in diesem Jahr aufgrund der Steuerschätzung und

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(C (D er Arbeitsmarktentwicklung auf 10 bis 11 Milliarden uro – das Gesamtrisiko beträgt insgesamt also 40 Miliarden Euro – beläuft? (Zuruf von der CDU/CSU: Das haben wir voriges Jahr schon gesagt!)


Sind Sie auch bereit, zu bestätigen, dass ich alle Zah-
en zur Entwicklung der Tabaksteuer und der Mineralöl-
teuer veröffentlicht und diesbezüglich im Sommer ge-
agt habe, dass hier ein zusätzliches Risiko besteht?
Sind Sie ebenfalls bereit, zu bestätigen – Sie brauchen

as nur im Protokoll nachzulesen –, dass ich bei der Ein-
ringung des Bundeshaushaltes Anfang September aus-
rücklich auf diese Risiken hingewiesen habe? Wie
ommen Sie zu der Behauptung, dass ich diese Entwick-
ung jetzt und nicht schon vorher benannt habe? Das
ürde ich gerne von Ihnen wissen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zweiter Punkt. Sind Sie bereit, zu bestätigen, dass das
efizit im Bundeshaushalt, das Sie 1996 zu verantworten
atten, 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachte,
nd dass es dieses Jahr, wenn der Nachtragshaushalt ver-
bschiedet wurde, 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts
usmachen wird, sodass die Rekordverschuldung wäh-
end Ihrer Regierungsverantwortung vorlag?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Aufstehen!)



Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1512902100

Sehr geehrter Herr Eichel, wenn man Fragen stellt, ist

s guter Brauch, die Antworten, die ich Ihnen gerne ge-
en möchte, auch entgegenzunehmen.
Erster Punkt. Es ist richtig, dass Sie im Mai darauf

ingewiesen haben, dass die Neuverschuldung höher
usfallen könnte als geplant.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Aha!)

s ist allerdings auch richtig, dass Sie aus Gründen der
aushaltsklarheit und der Haushaltswahrheit die Pflicht
aben, unverzüglich tätig zu werden.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: So ist es!)

ie hätten den Nachtragshaushalt bereits zu einem frü-
eren Zeitpunkt einbringen müssen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

iesen hätten wir dann beraten können und die Öffent-
ichkeit wäre nicht über Monate hinweg an der Nase he-
umgeführt worden. Durch früheres Handeln hätte hier
larheit darüber geherrscht, wie sich der Etat und die
esamtstaatliche Entwicklung in diesem Jahr darstellen.
Zweiter Punkt. Meiner Ansicht nach fangen Sie hier
it dem Tricksen und Täuschen schon wieder an. Es
eht darum, dass Sie mit den Aussagen, die Sie heute
ier im Plenum gemacht haben, eingeräumt haben, dass
ie den Schuldenrekord brechen werden.






(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele

Man muss sich einmal daran erinnern, dass Sie der

Finanzminister waren, der sagte, im Jahre 2006 würden
Sie die Neuverschuldung auf Null reduziert haben


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das hat er auch gesagt!)


Man muss feststellen, dass Sie Ihre Vorstellungen nicht
verwirklicht haben und dass Sie durch die von Ihnen be-
triebenen Politik in einer Form entzaubert wurden, wie
ich mir das nie hätte vorstellen können: Für 2006 haben
Sie Null Euro an Neuverschuldung in Aussicht gestellt
und in diesem Jahr haben Sie den Schuldenrekord der
Bundesrepublik Deutschland gebrochen. Stärker kann
Glaubwürdigkeit nicht beschädigt werden. Das muss ich
Ihnen hier leider sagen, Herr Eichel.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512902200

Herr Thiele, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage

des Kollegen Eichel?

Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1512902300

Gerne, wir können das gerne fortsetzen.

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512902400

Bitte schön.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Herr Eichel entwickelt sich zum Parlamentskasper! – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss [SPD]: Das ist eine Unverschämtheit! Diese Frechheit ist nicht akzeptabel!)



Hans Eichel (SPD):
Rede ID: ID1512902500

– Von Kasperei verstehen Sie etwas.
Erstens. Herr Kollege Thiele, sind Sie bereit, mir zu-

zustimmen, dass Ihr Vorwurf der Täuschung der Öffent-
lichkeit und des Verschweigens der Tatsachen bis nach
den Landtagswahlen mit Ihrer eigenen Einräumung wi-
derlegt ist? Ich denke, es wäre angesichts des Klimas in
diesem Hause richtig, wenn Sie das jetzt täten.

Zweitens. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen,
dass die Abweichung im deutschen Bundeshaushalt in
den drei Jahren der Stagnation 2,6 Prozent betrug, und
zwar von minus 1,2 Prozent im Jahre 2000 bis auf minus
3,8 Prozent im vergangenen Jahr? Viele andere Länder
in Europa hatten eine größere Abweichung. In den Nie-
derlanden betrug sie zum Beispiel insgesamt 4,4 Pro-
zent. Dort ging es nämlich von plus 1,2 Prozent auf mi-
nus 3,2 Prozent. Sechs Länder der Eurozone liegen
inzwischen bei über 3 Prozent und die meisten Länder
haben höhere Abweichungen als Deutschland.

Mit anderen Worten: Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu
nehmen, dass es sich hier um eine gesamteuropäische
Entwicklung handelt, in der die deutsche Finanzpolitik
im Vergleich mit vielen anderen Ländern zurückhaltend
gewesen ist?


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Wie problematisch muss die Lage noch sein?)


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(C (D Herr Finanzminister, ich finde es gut, dass Sie die De atte als Parlamentarier nutzen, um als Parlamentarier ur Fortführung der Debatte beizutragen. llerdings muss ich an dieser Stelle sagen: Aus meiner icht haben Sie die Pflicht, dann, wenn Sie erkennen, ass der Haushalt aus dem Ruder läuft – das war schon m Mai der Fall –, unverzüglich tätig zu werden und dieem Hohen Hause einen Nachtragshaushalt vorzuleen. Es geht hier nicht um blumige Erklärungen des inanzministers, sondern um das Etatrecht des Parlaentes. er Haushalt ist doch vom Deutschen Bundestag verabchiedet worden. Wenn der Bundestag aufgrund der Politik, die Sie zu erantworten haben, erkennen kann und muss, dass sich ie Rahmendaten geändert haben, dann ist es aus meiner icht die Pflicht des Finanzministers, vor das Haus zu reten – in diesem Fall war das im Mai – und aufgrund er geänderten Datenlage einen Nachtragshaushalt vorulegen. Ich kann Ihnen leider die Feststellung nicht erparen, dass Sie aus meiner Sicht im Mai dieser Pflicht icht nachgekommen sind. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Heinz Seiffert [CDU/CSU], zu Abg. Hans Eichel [SPD] gewandt: Setzen!)

Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1512902600

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Mein zweiter Punkt. Seit 1998 trägt Rot-Grün im
eutschen Bundestag die Verantwortung für die Leit-
inien, die die Entwicklung unseres Landes bestimmen.
enn als einzige Begründung für diesen neuen Schul-
enrekord von Ihnen darauf hingewiesen wird, dass auch
ndere Länder Probleme haben, dann mag das zwar zu-
reffen, das enthebt uns und insbesondere Sie aber nicht
er Aufgabe, hier die Hausaufgaben zu machen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: So ist es!)

Wir haben immer kritisiert, dass von Rot-Grün die
eichen in unserem Lande fundamental falsch gestellt
erden. Wir brauchen mehr Wirtschaftswachstum. Wir
rauchen keine Politik, die auf dauernde Verunsicherung
er Bürger und der Wirtschaft ausgerichtet ist und deren
ahmenbedingungen keine Planbarkeit und Verlässlich-
eit in der Politik erkennen lassen. Dass unter diesen As-
ekten die Wirtschaft nicht so in Gang kommt, wie wir
ns das alle wünschen, ist Folge der rot-grünen Politik.
In diesem Jahr haben wir den Sonderfall, dass im Ge-

ensatz zum letzten Jahr mehrere Feiertage auf einen
onntag fallen. Allein dieser Umstand führt dazu, dass
as Wachstum in diesem Jahr um 0,6 Prozent höher aus-
ällt als im letzten Jahr. Die erwartete Wachstumsrate re-
uziert sich somit auf 1,4 Prozent. Auch als Opposition
rbeiten wir daran, dass es unserem Lande gut geht.


(Jörg Tauss [SPD]: Oh, oh, oh!)

eider müssen wir aber feststellen, dass die von
hnen betriebene Politik nicht in der Lage ist, das






(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele

Wirtschaftswachstum entsprechend anzukurbeln und Ar-
beitsplätze in Deutschland zu schaffen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Blockierer!)


Gestatten Sie mir noch ein Wort zur Frau Kollegin
Scheel. Ich finde es immer erstaunlich, wenn die Grünen
anderen Klientelpolitik vorwerfen; denn ich glaube, es
gibt keine Fraktion im Deutschen Bundestag, die so un-
geniert Klientelpolitik betreibt wie die Grünen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Doch, die FDP!)


Ich möchte hier noch einmal die Stichworte nennen:
Steinkohle, Windenergie, Solarenergie und ökologi-
scher Landbau. Eines muss man der Bevölkerung sagen:
All diese von Ihnen auf Steuerzahlerkosten verursachten
Mehrausgaben sind von den Bürgern unseres Landes zu
zahlen. Damit werden die Bürger unseres Landes durch
Ihre Politik finanziell belastet. Das halten wir für falsch.
Das haben wir kritisiert und das werden wir weiter kriti-
sieren.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Die Klientel-FDP!)


Sehr geehrter Herr Präsident, ich komme jetzt zum
Thema, das eigentlich die Debatte bestreiten sollte, näm-
lich der Gesetzentwurf zur Abschaffung der Eigenheim-
zulage. Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages for-
dern, dass für Familien mit Kindern in unserer
Gesellschaft mehr getan werden muss.


(Jörg Tauss [SPD]: Fordern schon! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Machen sollten Sie mal!)


Gerade die Eltern mit Kindern wünschen sich einen Gar-
ten, in dem die Kinder an der frischen Luft spielen und
sich die Familien erholen können. Das sage ich auch
ausdrücklich als Vater von fünf Kindern. Fahren Sie ein-
mal in Neubaugebiete. Dann werden Sie feststellen, dass
da im Wesentlichen Familien ihren Wunsch verwirkli-
chen, Eigentum zu bilden, indem sie dort bauen.

Das ist der Grund, dass mehr als 60 Prozent derjeni-
gen, die Wohneigentum bauen oder kaufen, Familien mit
Kindern sind. Der Anteil der Familien an den Haushal-
ten beträgt nur ein Drittel. Aber über 60 Prozent von ih-
nen wollen Wohneigentum erwerben. Das zeigt die Be-
deutung selbst genutzten Wohneigentums für Familien.
Wer jetzt die Eigenheimzulage ersatzlos streichen will,
ohne gleichzeitig das verfügbare Einkommen der Bürger
durch Steuersenkungen zu erhöhen, schadet gerade den
jungen Familien in unserem Lande.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Parteiübergreifend wird ferner gefordert, die Bevöl-
kerung solle mehr private Altersvorsorge aufbauen.
70 Prozent unserer Bevölkerung wünscht sich Wohn-
eigentum als entscheidenden Baustein der Altersvor-
sorge. Dieser Wunsch steht mit Abstand an erster Stelle
und es stimmt ja auch: Wer Eigentum erwirbt, muss im
Alter keine Miete zahlen. Man kann teilweise sogar mit

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(C (D iner relativ bescheidenen Rente auskommen, wenn man ietfrei wohnt. Deshalb ist für uns Liberale das selbst genutzte ohneigentum einer der wesentlichen Bausteine der Al ersvorsorge. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ntsprechende Anträge auf Einbeziehung des Wohnei-
entums in geförderte Altersvorsorge sind von Rot-Grün
mmer abgelehnt worden. Dahinter steht der Gedanke,
ass Eigentum für Rot-Grün an sich keinen Wert hat.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Man kann den Quatsch auch noch erhöhen!)


ach Auffassung der FDP ist aber gerade Eigentum die
oraussetzung für ein gewisses Maß an Unabhängigkeit
nd an individueller Entfaltungsmöglichkeit der Bürger.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bei der ganzen Diskussion über die Riester-Rente hat
ür Rot-Grün das selbst genutzte Wohneigentum keine
olle gespielt. Es gibt zwar die theoretische Möglichkeit
iner Entnahme von Geld aus dieser staatlich geförder-
en Rente.


(Jörg Tauss [SPD]: Sie wissen doch, warum!)

as Problem ist nur: Es funktioniert nicht. Es kann aber
chon deshalb nicht nennenswert funktionieren, weil die
inzige von Rot-Grün betriebene Form der Altersvor-
orge, nämlich die Riester-Rente, floppt. Dass sie von
er Bevölkerung nicht angenommen wird, hat leider
uch gute Gründe: Diese Rente ist nicht vererbbar, sie ist
icht veräußerbar und auch nicht beleihbar. Damit erfüllt
ie die entscheidenden Funktionen, die Eigentum für den
ürger hat, nicht.


(Jörg Tauss [SPD]: Die Beleihbarkeit von Renten!)


edes Wohneigentum ist vererbbar, es ist veräußerbar, es
st beleihbar, es kann sogar verrentet werden. Herr
auss, wenn Sie das noch nicht wissen, hören Sie es sich
infach an. Auch hierdurch kann der Eigentümer einer
ohnimmobilie im Alter zusätzliches Geld erhalten.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich

ann mich auch noch gut an die damalige Diskussion er-
nnern, als, auch auf Drängen der FDP, § 10 e Einkom-
ensteuergesetz abgeschafft und hier im Deutschen
undestag mit den Stimmen der Union, aber auch der
PD, die Eigenheimzulage beschlossen wurde.


(Joachim Poß [SPD]: Das war doch unser Antrag! Sie mussten doch überzeugt werden! Sie waren doch dagegen!)


Das wüsste ich aber, Herr Poß. Entschuldigung.
Diese Eigenheimzulage ist eine Erfolgsgeschichte für

nser Land.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele

Die Eigentumsquote ist in unserem Land um weit mehr
als 10 Prozent gestiegen, in den neuen Bundesländern
sogar seit diesem Zeitpunkt um über 30 Prozent. Das be-
deutet, dass seitdem mehr als 1,5 Millionen Haushalte
zusätzlich Eigentum haben erwerben können.

Die Politik kann nicht dauernd eine verstärkte Förde-
rung von Familien mit Kindern fordern und dann die Ei-
genheimzulage abschaffen, ohne die Bürger steuerlich
zu entlasten. Die Politik kann nicht dauernd die Men-
schen auffordern, verstärkt private Altersvorsorge zu be-
treiben, und dann mit der Eigenheimzulage das belieb-
teste und effizienteste Förderinstrument ersatzlos
abschaffen.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, im
Dezember letzten Jahres – vielen kommt die Zeit sehr
lang vor, aber es ist noch gar nicht so lange her – haben
wir uns in einem langen Prozess, auch im Vermittlungs-
ausschuss, überparteilich mit Zustimmung der SPD und
mit Zustimmung der Grünen hier im Deutschen Bundes-
tag darauf geeinigt, die Eigentumsförderung durch die
Eigenheimzulage auf neue Füße zu stellen. Die Bemes-
sungsgrundlage wurde verdoppelt und die Zulage wurde
halbiert mit dem Ziel, Schwarzarbeit einzudämmen und
die Eigenheimzulage zielgenauer zu gestalten. Ferner
wurde die Einkommensgrenze für den berechtigten Per-
sonenkreis deutlich gesenkt.

Nach den damaligen Berechnungen sowohl Ihres
Hauses, Herr Finanzminister Eichel, als auch der Länder
sollte durch die beschlossenen Änderungen bei dieser
Zulage ein Einspareffekt um 30 Prozent erreicht wer-
den. Das war die mit Abstand größte Einsparung. Paral-
lel dazu gab es die Liste der Ministerpräsidenten Koch
und Steinbrück. In den dort aufgeführten Bereichen ging
es um einen Subventionsabbau in drei Stufen von je
4 Prozent, also um insgesamt 12 Prozent.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, mit fatalen Folgen!)

Wir als FDP haben uns dem gestellt und wir haben zuge-
stimmt.

Bei der Eigenheimzulage wurde um 30 Prozent redu-
ziert, sodass man eigentlich hätte meinen können, damit
sei die Diskussion um die Eigenheimzulage beendet.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben immer gesagt, dass das wieder kommt!)


Leider war das nicht der Fall, denn jetzt greift wieder das
Markenzeichen rot-grüner Politik: Es gibt keine Pla-
nungssicherheit und keine Verlässlichkeit für die Bürger
im Steuerrecht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben immer gesagt: Die Debatte kommt wieder!)


Wer so planlos und so willkürlich Politik betreibt, der
muss sich nicht wundern, dass er das Vertrauen weiter
Kreise der Bevölkerung verliert.

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(C (D (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir lassen uns von Ihren Blockaden nicht aufhalten!)


s waren nicht zuletzt solche Vorgänge, Frau Sager
man muss schon auf mittlere Sicht planen können, es
arf nicht immer zu kurzfristigen Änderungen kom-
en –, die zu einer völligen Verunsicherung der Bürger
eführt haben. Dies führt zu Politikverdrossenheit. Das
iederum führt leider dazu, dass viele Wähler nicht
ehr zur Wahl gehen.
Die FDP ist der Auffassung, dass es für die Eigen-

eimzulage keine Ewigkeitsgarantie geben kann. Wenn
ie aber abgebaut wird, dann muss parallel die Steuerbe-
astung der Bürger sinken. Nur so kann sichergestellt
erden, dass die Bürger, gerade junge Haushalte und
unge Familien, in die Lage versetzt werden, mit eige-
em Geld den Grundstock für selbst genutztes Wohnei-
entum zu legen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


SPD und Grüne wollen statt des Eigentums die Bil-
ung fördern. Beides sind wichtige Ziele. Sie können
ber nicht einfach gegeneinander ausgetauscht werden.
ür die FDP steht fest: Bildung und Eigentum, nicht Bil-
ung statt Eigentum. Das ist aus unserer Sicht der ent-
cheidende Punkt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Freibier für alle!)


eshalb setzen Sie ein falsches Signal. Wir fragen Sie:
arum geben Sie eigentlich in den nächsten Jahren bis
um Jahr 2012 16 Milliarden Euro für die Subventionie-
ung der international nicht wettbewerbsfähigen deut-
chen Steinkohle aus? Warum werden gegen jede wirt-
chaftliche Vernunft pro Jahr Milliarden Euro für die
eutsche Steinkohle verpulvert?


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Steinkohle!)

arum subventionieren Sie nicht wettbewerbsfähige
lte Strukturen, anstatt in die Zukunft zu investieren?


(Beifall bei der FDP)

it dem Geld, das für die Steinkohle verschwendet
ird, können Sie ungeheuer Gutes für Bildung und Uni-
ersitäten leisten. Das werden Ihnen sogar die Bildungs-
olitiker aus Ihren Reihen bestätigen.
Ich komme zum Schluss.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

us Sicht der Liberalen müsste insbesondere an dieser
telle angesetzt werden. Wir brauchen weniger Kohle
ür die Kohle, aber mehr Kohle für die Bildung. Hierfür
ird sich die FDP sowohl im Finanzausschuss als auch
ei den Beratungen des Haushalts 2005 einsetzen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512902700

Herr Kollege Kauder, wenn ein Abgeordneter Zwi-

chenfragen stellt, ist das nicht ein Anlass, ihn






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

Parlamentskasper zu nennen. Ich ermahne Sie, das nicht
zu wiederholen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Uwe Küster [SPD]: Passen Sie auf, Herr Kauder, dass Sie nicht noch eine riskieren!)


Ich erteile nunmehr dem Kollegen Ortwin Runde,
SPD-Fraktion, das Wort.


Ortwin Runde (SPD):
Rede ID: ID1512902800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich finde es gut, dass wir uns jetzt auch in der
breiten Öffentlichkeit über das Thema Innovation und
über die Bedeutung von Forschung, Bildung und Ent-
wicklung unterhalten. Allerdings muss ich feststellen,
dass die Union aus meiner Sicht auch auf diesem Feld
nicht ganz gut sortiert ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Denn ich sehe, dass das Hauptthema einiger ihrer Minis-
terpräsidenten offenkundig die Frage ist, was mit der
Rechtschreibreform geschieht, ob sie zurückgenom-
men wird und ob wir zur alten Rechtschreibung zurück-
kehren. Wenn Letzteres geschähe, dann hätte ich Ver-
ständnis dafür, das öffentlich bekannt zu machen. Herr
Wulff aber, der mit seiner Meinung nicht Recht be-
kommt, sagt wie ein bockiges Kind: Wenn die Recht-
schreibreform nicht in der Form, die ich für richtig halte,
durchgeführt wird, dann spiele ich nicht mehr mit euch
im Sandkasten. Dann ist die KMK überflüssig. Dann
kündige ich. – Das hat eine weit über diese Aktion hi-
nausgehende Bedeutung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dann droht einer der Hauptakteure im Bereich Bildung,
Forschung und Innovation inhabil zu werden. Insofern
wäre es ganz gut, wenn Frau Merkel und Herr Stoiber,
die heute zusammensitzen, sich den Fall Wulff vornäh-
men.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Denn wir brauchen gerade für die Diskussion in der Fö-
deralismuskommission Klarheit,


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Wir sind hier vor dem Bundestag und nicht vor dem Gericht!)


wie die verschiedenen Ebenen zusammen Zukunftsge-
staltung betreiben können.

Herr Seiffert, Sie haben völlig Recht, wenn Sie sagen:
Wir haben erst im Dezember die Eigenheimzulage neu
geregelt. Wie kommt ihr dazu, das Thema heute schon
wieder anzugehen? Was hat sich seitdem verändert? –
Darauf kann ich Ihnen antworten: Heute ist doch deut-
lich geworden,


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Nichts! – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Dass Sie mit Geld nicht umgehen können, ist heute klar geworden!)


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(C (D n welcher Situation wir uns befinden. Dass Zukunftsinestitionen in Bildung und Forschung nur über Umchichtungen möglich sind, ist vor dem Hintergrund der egenwärtigen Haushaltssituation so deutlich, dass es it Händen zu greifen ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Sie haben nur den Verwendungszweck geändert!)


Herr Thiele, wenn Sie den ersten und den zweiten Teil
hres Redebeitrags logisch miteinander verknüpft hätten,
ann wären auch Sie zu dieser Schlussfolgerung gekom-
en. Das hat nichts mit Sprunghaftigkeit zu tun, sondern
amit, dass es nun einmal mit Schmerzen verbunden ist,
enn wir in diesem Bereich Reformen durchführen und
nsere Gesellschaft zukunftsfähig machen wollen.
Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Eigenheimzu-

age in der Vergangenheit Positives bewirkt hat. Wir ha-
en sie selber in ihrer derzeitigen einkommensunabhän-
igen Form beibehalten. Ich bin der Meinung, dass die
mschichtungen in den Städtebau und die Stadtförde-
ung richtig gewesen sind.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Sie können das doch nicht schon wieder abschaffen! Das ist doch sprunghaft!)


ber ich sehe keine Möglichkeit, wie wir vor dem Hin-
ergrund der notwendigen Investitionen in die Zukunft
hne die Abschaffung dieser größten Einzelsubvention
uskommen können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Übrigen gibt es gute Gründe für die Abschaffung
er Eigenheimzulage. Die Situation hat sich geändert.
ufgrund des demographischen Wandels und des in
eiten Teilen der Republik vorhandenen ausreichenden
ohnraums ist die Eigenheimzulage nicht mehr notwen-
ig. Jeder, der sozialpolitische Argumente anführt, muss
erücksichtigen, dass bei dem gegenwärtigen Zinsniveau
as Bauen genauso teuer ist wie vor zehn Jahren mit der
igenheimzulage.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Sind Sie sicher, dass das Zinsniveau so bleibt? Auf solchen Unsicherheiten baut Herr Eichel seinen Haushalt, aber kein Bauherr sein Haus!)


Auch angesichts der Tatsache, dass solche Subventio-
en immer auch eine preistreibende Wirkung haben,
alte ich die Abschaffung der Eigenheimzulage für ver-
retbar. Zudem haben Untersuchungen ergeben, dass
auptsächlich das obere Einkommensdrittel, das gar
icht darauf angewiesen ist – so wie Sie, Herr Thiele,
it Ihren fünf Kindern; Sie wären durchaus berechtigt,
ie Eigenheimzulage zu beziehen, obwohl Sie nicht da-
auf angewiesen sind –, davon profitiert. Das kann doch
icht sinnvoll sein. Damit werden doch nur Mitnahme-
ffekte genutzt.






(A) )



(B) )


Ortwin Runde


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)


Insoweit werden sich auch keine Auswirkungen auf die
Baukonjunktur ergeben.

Die Abschaffung der Eigenheimzulage in der gegen-
wärtigen Situation ist sowohl hinsichtlich der Funktion
der Eigenheimzulage als auch der Notwendigkeit, in die
Zukunft zu investieren, vertretbar. Wenn Sie schon nicht
auf den Sachverständigenrat, die Bundesbank und an-
dere hören wollen, dann müsste es Sie zumindest nach-
denklich machen, dass Herr Merz und Herr Faltlhauser
in ihrem Konzept den Wegfall der Eigenheimzulage aus-
drücklich vorgesehen haben.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Bei gleichzeitiger Absenkung der Steuersätze! – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Man lässt den Leuten das Geld!)


– Ich gehe ja auf Argumente ein, Herr Seiffert. Das un-
terscheidet uns.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Nein! Uns beide nicht!)


Herr Faltlhauser und Herr Merz meinen, die Eigenheim-
zulage auch in der gegenwärtigen Haushaltssituation zu-
gunsten von Steuersenkungen wegfallen lassen zu müs-
sen. Dabei stehen wir vor der Entscheidungsalternative,
ob es wichtiger ist, private Haushalte in der Breite zu
entlasten – dabei werden Sie sicherlich eher an die Bes-
serverdienenden denken als an die anderen – oder in die
Zukunft zu investieren. Für mich ist die Situation völlig
klar.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Beides ist wichtig, Herr Runde!)


Ich hatte gestern im Finanzausschuss das Vergnügen,
Ihren Antrag zur Innovationsoffensive zu lesen, den Sie
im April vorgelegt haben. Was die Parteien zur Analyse
feststellen, ist doch alles deckungsgleich.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie missbrauchen Innovationen!)


Allen sind die PISA-Studie und die OECD-Vergleiche
bekannt und alle halten Investitionen für notwendig. Da-
bei stellt sich die Frage: Wie machen wir das?

Die Umschichtung der Mittel für die Eigenheimzu-
lage in Zukunftsinvestitionen ist sinnvoll und erforder-
lich. Sie sollten sich in der Tat fragen, ob die Union in
diesem Punkt Bremse oder Motor von Zukunftsgestal-
tung und Zukunftsentwicklung ist.


(Joachim Poß [SPD]: Die ist immer Bremse!)

Ich empfehle Ihnen, mehr zum Motor zu werden und der
Umschichtung der Mittel für die Eigenheimzulage – das
ist ja eine sehr langfristig wirkende Maßnahme – zuzu-
stimmen.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512902900

Ich erteile das Wort Kollegen Hans Michelbach,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1512903000

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Es ist eine Tatsache, dass das Wachstum in
eutschland viel zu gering ist. Selbst die vorliegenden
achstumszahlen beruhen nicht auf einer zunehmenden
elebung der Inlandsnachfrage, sondern sie sind wesent-
ich dem Export geschuldet. Wir befinden uns im vier-
en Jahr der Stagnation der Binnenwirtschaft. Herr
ichel, wie kommen Sie eigentlich dazu, zu behaupten,
an sei aus der Stagnation herausgekommen? Das ist
icht richtig. Allein im Handel wird in diesem Jahr ein
erlust von 50 000 Arbeitsplätzen erwartet. Die aktuel-
en Probleme bei Karstadt-Quelle sind nur die Spitze des
isbergs. Das ist der traurige Beleg, dass Sie die Binnen-
irtschaft an die Wand gefahren haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Karstadt ist kein gutes Beispiel!)


Jetzt haben Sie die Bauwirtschaft im Würgegriff, in
er schon 400 000 Arbeitsplätze verloren gegangen sind.
it dem, was Sie vorhaben, werden Sie dort für weitere
rbeitsplatzverluste sorgen. Sie bauen mit Ihrer insze-
ierten Abschaffung der Eigenheimzulage doch nur ei-
en Popanz auf; denn Sie würden durch die Abschaffung
er Eigenheimzulage im Jahr 2005 ganze 223 Millionen
uro sparen. Das ist gerade einmal so viel, wie Sie in
rei Tagen neue Schulden machen, Herr Eichel. Das ist
ie Realität.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie sind gerade zwischen Regierungsbank und Ihrem

latz in der Fraktion hin- und hergehüpft. Ich weiß nicht,
as das soll. Die Lage bei Ihnen muss wohl sehr schwie-
ig sein. Damit und mit Ihrer Haushaltspolitik erinnern
ie mich an ein australisches Känguru: große Sprünge,
eerer Beutel!


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist ein alter Gag! Meine Herren!)


as ist Ihre Politik. Ich kann Ihnen nur sagen: Das hat
eine Zukunft.
Das Entscheidende ist, dass der bisherige Transfer-

zw. Transmissionsmechanismus – das Überspringen
er Exportimpulse auf die Binnenkonjunktur – nicht mehr
unktioniert. Das hat Ursachen. Das liegt an der tiefen
erunsicherung der Verbraucher und eines großen Teils
nserer Wirtschaft, insbesondere des Mittelstandes,
urch die schlechte rot-grüne Politik. Die deutsche Wirt-
chaft braucht einen Wechsel, soll es nicht noch mehr
rbeitsplatzverluste in diesem Land geben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Hans Michelbach

Beinahe im Wochenrhythmus betreibt Rot-Grün eine

Investitionsvernichtungspolitik. Einmal soll die Öko-
steuer, ein anderes Mal sollen die Mehrwertsteuer, die
Erbschaftsteuer oder die Mindeststeuer angehoben wer-
den. Jetzt soll die Eigenheimzulage abgeschafft werden.
Die Menschen in unserem Land sind durch die fast täg-
lich wechselnden Vorschläge der Bundesregierung und
der rot-grünen Koalition zutiefst verunsichert. Bereits im
Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 wollten Sie
die Eigenheimzulage streichen. Jetzt wird ein neuer An-
lauf mit einem neu inszenierten Verwendungszweck un-
ternommen. Die Abschaffung der Eigenheimzulage soll
so etwas wie die Haushaltswunderwaffe des Herrn
Eichel sein.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!)


Was wollen Sie damit nicht alles auf einmal finanzieren:
Hochschulbau, Eliteförderung und Ganztagsschulen!

Das ist finanzpolitisch unsolide. Das ist der Versuch,
einen Betrag mehrfach auszugeben. Das ist insbesondere
der Versuch, das wohlklingende Wort „Innovation“ zu
missbrauchen. Das ist die für Rot-Grün typische Insze-
nierungspolitik. Es geht Ihnen nur um ein Wunschbild,
und das, obwohl man in dieser Situation verkündet, dass
neue Schulden in Höhe von 44 Milliarden Euro gemacht
werden müssen.

Im Rahmen der Haushaltsberatungen vor drei Wo-
chen haben Sie noch großspurig verkündet: Ich kann
keine Antwort auf die Fragen der Finanzentwicklung ge-
ben; da muss ich die Steuerschätzung im November ab-
warten. Auf einmal gilt das nicht mehr. Heute haben Sie
bestätigt, dass Sie einen Offenbarungseid geleistet ha-
ben.

Herr Eichel, ich kann Ihnen nur sagen, dass Ihre
Glaubwürdigkeit so groß wie die von Baron Münchhau-
sen ist. Das ist das Schlimme. Darunter leiden die ge-
samte Politik, die gesamte Wirtschaft und der gesamte
deutsche Arbeitsmarkt. Das ist die Grundproblematik
der Politik in Deutschland.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Rot-Grün fehlt ein Gesamtkonzept für mehr Wachs-
tum und Beschäftigung. Es gibt keine klare Reform in
der Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik, um unser
Land wieder nach vorn zu bringen; stattdessen gibt es
immer neue Einzelheiten. Beim Thema Subventionsab-
bau herrscht reine Willkür. Der Bundeskanzler gewährt
den Kumpels an Rhein und Ruhr Subventionen in zwei-
stelliger Milliardenhöhe für den Erhalt der deutschen
Steinkohle;


(Jörg Tauss [SPD]: Das sind Ihre Verträge!)

gleichzeitig will er die Eigenheimzulage abschaffen. Das
ist natürlich keine Politik aus einem Guss. Das ist Stück-
werk zur kurzfristigen Befriedigung der eigenen Klien-
tel.

Die Häuslebauer sind dem Kanzler anscheinend ein
Dorn im Auge. Neuerdings spricht er geradezu sträflich

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(C (D auschal von „Mitnahmementalität“. Ich glaube, so etas muss man sich gut überlegen; auch das ist letzten ndes eine dieser populistischen Inszenierungen. Der Versuch, die Eigenheimzulage abzuschaffen, ist erade für Familien mit Kindern ungerecht. Das ist doch urer Populismus zulasten von Familien, die in die Zuunft unseres Landes investieren wollen, indem sie ein igenes Häusle bauen und indem sie Risiken eingehen. arum unterstützen wir nicht, dass man für die Familie in Haus bauen will? Das geht nur mit einer Investitionsulage vom Staat. Um es einmal klarzustellen: Die Eigenheimzulage ist ach meinem Verständnis keine Subvention, sondern ine Investitionszulage zur Erhöhung der Quote selbst enutzten Wohneigentums, die zu mehr Wachstum und eschäftigung führt. Wir müssen in Deutschland eine igentumsquote von 50 Prozent erreichen. Das ist für iese Gesellschaft, für die Altersvorsorge, für die Bauirtschaft, für Wachstum und Beschäftigung notwendig. Das Schlimmste, was ich heute hier gehört habe, war, ass der Kollege Runde der Bauwirtschaft auch noch reistreiberei unterstellt hat. Die Situation der Bauwirtchaft sieht so aus, dass jeden Tag Firmen Insolvenz anelden. ie wissen nicht mehr, wie sie kalkulieren sollen, weil er Wettbewerb aufgrund der geringen Nachfrage so charf ist. Ein Mittelständler, der Insolvenz anmeldet, uss es sich gefallen lassen, dass er hier der Preistreibeei bezichtigt wird. Das ist doch eine völlig verkehrte elt. Die deutsche Bauwirtschaft ist unter Rot-Grün in die chwerste Krise der Nachkriegszeit geraten. Die deutche Bauwirtschaft ist nach wie vor Schlusslicht in der irtschaftsentwicklung. Für die Bauwirtschaft ist die igenheimzulage von grundlegender Bedeutung. Wer ine Diskussion wie „Bildung statt Beton“ oder „Bilung statt Eigenheimzulage“ zulässt, hat nicht nur für as Bauund Wohnungswesen wenig übrig, sondern ist in ökonomischer Tiefflieger und ein reiner Populist. Er andelt so mittelstandsfeindlich wie die rot-grüne Wirtchaftspolitik insgesamt. Mit Einsparungen in Höhe von 223 Millionen Euro m Jahre 2005 zerstören Sie Investitionen in Höhe von 00 Millionen Euro in diesem Land. Gleichzeitig nehen Sie weniger Umsatzund Lohnsteuer ein; das heißt, s handelt sich um ökonomische Tieffliegerei, wenn Sie o vorgehen. Sie müssen bei den konsumptiven Ausgaen, nicht bei den Investitionen sparen. Nur so entstehen achstum und Beschäftigung in diesem Land. Hans Michelbach Zu der Verknüpfung dieses Themas mit Investitionen in Bildung und Forschung sage ich: Wir brauchen beides, meine Damen und Herren. Bauinvestitionen sind ebenso Zukunftsinvestitionen wie Investitionen in Bildung und Forschung. Dieses Gegeneinanderausspielen ist völlig falsch. Rot-Grün muss endlich ein finanzund steuerpolitisches Gesamtkonzept vorlegen, statt fiskalische Rosinenpickerei zum Stopfen von Haushaltslöchern zu betreiben. Herr Eichel, legen Sie ein konkretes Gesamtsteuerkonzept vor, das gegenüber dem bisherigen stark vereinfacht wird, auf einer breiten Bemessungsgrundlage beruht und dem Niedrigsteuersatzprinzip folgt. Dann können wir über Subventionsabbau reden. Dann hat dies vielleicht auch in dem einen oder anderen Fall einen Sinn. Aber wenn Sie nicht wissen, wo es lang gehen soll, und nur ein Verhalten, das der Situation in einer Hüpfburg ähnelt, an den Tag legen, kann nichts anderes passieren, als dass Deutschland weiter in der Abwärtsspirale bleibt. Ich erteile das Wort Kollegen Jörg Tauss, SPD-Frak tion. Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Präsident! Ich bin dem Kollegen Runde sehr dankbar, dass er im Gegensatz zu allen Rednern der Opposition etwas Sachlichkeit in die Debatte gebracht hat. Ich bin dem Finanzminister und dem Bundeskanzler sehr dankbar, dass sie nicht populistisch handeln, sondern von den Notwendigkeiten dieses Landes ausgehen und den Mut haben, auch einmal an Subventionen zu gehen und den Menschen zu sagen, was geht und was nicht und wo die Prioritäten für die Zukunft liegen. Dafür bin ich ihnen dankbar. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Bei der Steinkohle!)


(Jörg Tauss [SPD]: Da sind Sie ja Fachmann!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


(Jörg Tauss [SPD]: Vorbild Bayern! Gekürzt!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512903100
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1512903200

– „Bei der Steinkohle“: Da könnten wir ja fast schon ei-
nen Deal machen, lieber Herr Thiele. Machen wir es
doch bei der Eigenheimzulage so wie bei der Kohle, in-
dem wir die Subventionen kontinuierlich auf null zu-
rückführen. Was Sie hier vortragen, sind angelernte
Textbausteine, die uns aber nicht weiterführen.

Ich bin anderer Auffassung als Sie, Herr Thiele, was
die Altersvorsorge angeht. Ich bin überzeugt, dass die
beste Altersvorsorge der Zukunft Bildung ist. Das ist die
wichtigste Altersvorsorge, die wir jungen Menschen mit
auf den Weg in die Zukunft geben können.


(Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das sehen wir genauso!)


In der derzeitigen Situation müssen wir uns überlegen,
wie neue Jobs gerade für die junge Generation, wie neue
Industriezweige und neue Dienstleistungssparten entste-
hen können. Dafür brauchen wir Investitionen. Zugleich

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(C (D ind die Haushalte, wie wir gehört haben – im Kern beteht ja Einigkeit darüber –, in einer schwierigen Situaion. Deswegen müssen wir uns über Prioritäten unteralten. Es geht rundgerechnet um einen Betrag von 7 Mil iarden, die zur Verfügung stünden, wenn sie nicht in eier Zeit für die Eigenheimzulage aufgebracht würden, in er die Bauzinsen am Markt billiger sind, als früher ausparzinsen waren. Ich frage mich, ob es in einer Zeit, der wir einen hohen Sättigungsgrad erreicht haben, in er wir über Leerstände klagen und befürchten müssen, ass die Außenbezirke irgendwann einmal nicht mehr on Familien, sondern von älteren Frauen bewohnt weren und die Eigenheime dort möglicherweise sogar zu inem städtebaulichen Problem werden, notwendig ist, diesen Bereich weiterhin Milliarden zu investieren. leichzeitig heißt das ja, hinzunehmen, dass Schulen nd Universitäten nicht so ausgestattet werden, wie sie usgestattet sein müssten. Diese Kernfrage müssen Sie eantworten. Die Antwort, die wir darauf geben, vertren wir jedenfalls mit Standfestigkeit gegenüber poteniellen Bauherren. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


iemand hat etwas gegen ein Eigenheim. Ich selbst be-
ohne eins, übrigens, damit kein Missverständnis ent-
teht, ohne die Zulage in Anspruch genommen zu haben.
Ich bin entsetzt, liebe Frau Wülfing, dass Sie als ehe-
alige Staatssekretärin im Bildungsministerium dem
opulistischen Vorgehen der anderen Seite, die nichts
nderes will, als eine Subvention zu verteidigen, Beifall
eklatscht haben. Andererseits wundert mich das aber
uch nicht, denn in der Zeit, als Frau Wülfing noch
taatssekretärin im Bildungsministerium war, sind die
usgaben um 600 Millionen gekürzt worden. Das ist die
ealität.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


an sieht also jetzt, dass der Union schon damals Bil-
ung und Forschung nicht am Herzen lagen.
Erfreulicherweise gibt es auf Ihrer Seite – die Haltung

er Länder wurde angesprochen – auch ein paar nach-
enkliche Stimmen. Ich bin beispielsweise Ihrem Haus-
älter, dem Herrn Carstens, ausgesprochen dankbar, dass
r immerhin von der Möglichkeit gesprochen hat, in die-
em Bereich Einsparungen vorzunehmen. Herr Carstens
at übrigens sogar gesagt, vielleicht sei dies ein Ansatz-
unkt, um Schwarzarbeit zu bekämpfen. Es gibt also
urchaus Vernünftige in Ihren Reihen; das ist überhaupt
eine Frage. Ich denke, wir müssen in der nächsten Zeit,
eber Herr Finanzminister, auch mit den Ländern und mit
enen, die in diesem Bereich nicht die Betonköpfe reprä-
entieren, darüber reden, wie wir zu mehr Mitteln für Bil-
ung und Forschung kommen, und denjenigen, die in bil-
gster und so populistischer Form Subventionen fordern
ie Herr Thiele und Herr Michelbach, gesellschaftlichen
iderstand entgegensetzen. Das ist notwendig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Jörg Tauss

Wir hatten gestern im Bildungs- und Forschungsaus-

schuss eine bemerkenswerte Veranstaltung. Dort haben
wir einmal mehr festgestellt, dass wir – im Gegensatz zu
Ihren Kürzungsorgien bis 1998 – die Mittel für Bildung
und Forschung seither, und zwar in schwierigsten Zei-
ten, bei knappen Kassen und nicht immer zur Freude des
Finanzministers, aber dennoch mit dessen Unterstüt-
zung, um 36,5 Prozent erhöht haben. Wir haben Ihre
Kürzungen rückgängig gemacht und wir haben inves-
tiert. Wir erhöhen die Etats der großen Forschungs- und
Förderorganisationen, wie vom Kanzler versprochen,
um 3 Prozent jährlich, denn sie sind die wichtigsten Säu-
len unseres Forschungssystems. Wir halten den Hoch-
schulbau mit 925 Millionen Euro Fördersumme kontinu-
ierlich auf hohem Niveau, obwohl die Länder – auch das
ist bemerkenswert – erklärt haben, sie wollten das künf-
tig alleine finanzieren. Aber Herr Milbradt in Sachsen,
einer von denen, die das gesagt haben, hat sich anschlie-
ßend in der Zeitung beschwert, der Bund wolle kürzen.
Das passt alles nicht zusammen. Herr Milbradt hat die
Quittung dafür bekommen. Er hat ja jetzt erfreulicher-
weise einen vernünftigen Regierungspartner an seiner
Seite


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wer soll denn das sein?)


in Gestalt von uns, sodass wir jetzt auch Herrn Milbradt
zu etwas Seriosität bringen werden, die er bisher noch
nicht so recht hatte.


(Beifall bei der SPD)

Wie fördern den Ausbau der Ganztagsschulen auch

in diesem Jahr mit 1 Milliarde Euro. In der gestrigen Sit-
zung des Bundestages haben wir über den Riesenerfolg
der Ganztagsschulen gesprochen. Das Investitionspro-
gramm hat in diesem Lande an den Schulen, auch in Ih-
ren Wahlkreisen, einiges ausgelöst. Es wird wieder über
Schule diskutiert, es wird über Konzepte diskutiert: Wie
können wir Schule besser gestalten? Wie können wir die
Betreuung verbessern? Wie können wir Kinder fördern,
die diese Förderung brauchen, sowohl im unteren als
auch im oberen, im Spitzenleistungsbereich?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist die bildungspolitische Debatte, die wir brau-
chen, und die haben wir mit „nur“ 1 Milliarde Euro pro
Jahr ausgelöst. Denken Sie einmal, was ausgelöst wer-
den könnte, wenn wir die 7 Milliarden Euro jährlich aus
der Eigenheimzulage in diesem Bereich für den Bund,
die Länder und die Kommunen zur Verfügung hätten!
Das würde für Bildung und Forschung in diesem Land
einen unglaublichen Fortschritt bedeuten.

Obwohl Sie gesagt haben, an die Zulage wollten Sie
nicht heran, haben Sie uns Forderungen auf den Tisch
gelegt: Die FDP fordert zusätzliche Ausgaben in Höhe
von 130 Millionen Euro, die CDU/CSU – nach dem
Motto: Wir sind eine größere Fraktion und haben mehr
Berichterstatter – fordert 300 Millionen Euro mehr. Das
ist nicht seriös. Sie stellen sich hier hin und sagen, dass
Sie über Einsparungen nicht reden wollen und machen
bei jeder Einsparung, die wir im Zusammenhang mit der

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(C (D igenheimzulage vortragen, in den Bierzelten Stimmung la Michelbach nach dem Motto: Die haben fürs Eigeneim nichts übrig. Das ist eine Sauerei. Ich halte es für ine Sauerei, Herr Michelbach und Herr Thiele, wenn ie in dieser Form argumentieren. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Sehr sachlich! – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: „Bierzelte“ hat er gesagt! So redet er auch!)


enn dieses Wort hier nicht verwendet werden sollte,
err Präsident, dann bitte ich um Entschuldigung.
Nun werden Krokodilstränen geweint, wie von Herrn

eufel. Herr Kauder wird ja langsam vernünftig. Er hat
esagt, er wird für Herrn Teufel keinen Wahlkampf mehr
achen wollen. Das würde ich auch nicht, Herr Kauder.
enn Ihr Herr Teufel, für den Sie als Generalsekretär der
DU in Baden-Württemberg keinen Wahlkampf mehr
achen wollen, hat gesagt, er wolle beides: Forschung
nd Eigenheimzulage. Auch Herr Thiele hat das so ge-
agt. Ich habe ja nichts dagegen – Freibier für alle, we-
en mir gerne, das ist nicht das Problem –, aber Herr
eufel kürzt bei der Wissenschaft in Baden-Württem-
erg, das heißt, er fördert gerade nicht beides.
Lieber Herr Thiele, das Land Niedersachsen hat es

icht verdient, dass es von Ihnen mitregiert wird. Aber
ie kommen aus Niedersachsen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Erblast Schröders! Wer war denn Ministerpräsident?)


eden wir doch einmal über Niedersachsen.

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Reden wir einmal über Erblast, Herr Tauss!)

n diesem Land, das von Ihnen mitregiert wird, wird der
ereich von Bildung und Forschung im Moment um
0 Millionen Euro gekürzt. Das Erste, was Sie gemacht
aben, war die Schließung von Fachhochschulen – um
as an dieser Stelle deutlich zu sagen. Hier der Öffent-
ichkeit vorzugaukeln, es sei schwarz-gelbe Politik, bei-
es zu machen – Eigenheimförderung und Investitionen
n Bildung und Forschung –, ist ein Maß an Unredlich-
eit – ich vermeide jetzt ein anderes Wort –, das in der
at Anlass zu der Diskussion bietet, ob mit Ihnen über-
aupt eine seriöse Debatte möglich ist.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das ist eine der Erblasten von Schröder!)


Ja, die Erblasten. Über Erblasten wissen wir gut Be-
cheid, denn die haben wir von Ihnen in Millionen- und
illiardenhöhe übernommen; besonders Hans Eichel
eiß gut Bescheid, wie viel Zinsen wir für die Schulden,
ie Sie uns hinterlassen haben, aufwenden müssen.


(Beifall des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD])

Aber trotz dieser Erblasten, trotz der Probleme, die

ie uns hinterlassen haben, haben wir im Bund in Bil-
ung und Forschung investiert. Und wenn Sie in Nieder-
achsen von uns das eine oder andere Problem hinterlas-
en bekommen haben sollten,






(A) )



(B) )


Jörg Tauss


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Abgewählt, Herr Tauss! In Niedersachsen abgewählt!)


muss ich Ihnen dennoch sagen: Sie lösen diese Probleme
mit einer falschen Prioritätensetzung, wenn Sie in dem
Bereich kürzen, den ich gerade angesprochen habe.

Ich möchte noch auf einen anderen Punkt eingehen,
der hier ebenfalls vorgetragen worden ist. Herr Seiffert
hat gesagt – er ist jetzt nicht mehr anwesend –, die Ei-
genheimzulage stehe nicht im Haushalt. Das ist falsch.
Richten Sie Herrn Seiffert bitte aus – ich finde es nicht
gut, dass er hier erst große Töne spuckt und dann die De-
batte verlässt –,


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Er hat eine Besuchergruppe auf der Tribüne! Er ist im Haus!)


dass der Bereich der Hochschulen sowie der Bereich der
Biomedizin im Haushalt enthalten sind. Wenn Sie die
Eigenheimzulage nicht kontinuierlich herunterfahren,
dann riskieren Sie dadurch – das muss ich Ihnen sagen –
Kürzungen in dem Bereich Bildung, Wissenschaft und
Forschung. Denn eine andere Möglichkeit der Finanzie-
rung gibt es nicht.


(Beifall bei der SPD – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist falsch, Herr Tauss!)


Ihre Haushälter wissen, dass es in diesem Bereich
Sperrvermerke im Haushalt gibt.

Sie haben gestern im Ausschuss eine wunderbare Ly-
rik – wenn auch sicherlich unfreiwillig – gebracht. Sie
haben in Ihrem Antrag geschrieben – diesen Satz kann
man nachlesen –: Köpfe brauchen Beton.


(Lachen bei der SPD)

Diese wunderbare CDU/CSU-Lyrik finde ich bemer-
kenswert. Ich kann es nur wiederholen: Köpfe brauchen
Beton. Nehmen Sie den Beton aus den Köpfen und un-
terstützen Sie uns in unserem Bemühen, bei der Bildung
und Forschung noch mehr zu tun! Dann haben Sie genug
für dieses Land getan. Es wäre gut, wenn Sie es endlich
täten.


(Beifall bei der SPD)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512903300

Ich erteile das Wort Kollegen Klaus Minkel, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Klaus Minkel (CDU):
Rede ID: ID1512903400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn man den Finanzminister reden hört, dann hat man
immer den Eindruck, ein Zahlenillusionskünstler würde
zu einem sprechen.


(Beifall der Abg. Renate Blank [CDU/CSU])

Die Wahrheit ist doch, dass die CDU/CSU im Jahr

1998 einen Haushalt mit einer Neuverschuldung in
Höhe von 29 Milliarden Euro übergeben hat. Herr Eichel

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(C (D at dann versprochen, für das Jahr 2004 einen nahezu usgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dann wurde das ersprechen auf das Jahr 2006 und danach auf das Jahr 008 verschoben. In diesem Jahr werden wir die höchste euverschuldung aller Zeiten in diesem Lande zu vereichnen haben. Wenn Herr Eichel hier so tut, als ob nach drei Jahren er Flaute dieser Miniaufschwung ein Verdienst dieser egierung sei, dann ist das ein großer Irrtum. Wir haben iesen Aufschwung nicht wegen der Regierung, sonern trotz der Regierung. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Was für ein Einschwung!)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)


er Aufschwung ist ausschließlich auf die Exportkon-
nktur zurückzuführen. Das ist nicht Ihr Verdienst. Die
xportkonjunktur läuft, weil die Wirtschaft in anderen
ändern besser läuft als in unserem Lande.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)

Schauen wir uns die Binnenkonjunktur an, so kön-

en wir feststellen, dass die Lage hundsmiserabel ist –
m Einzelhandel, vor allem aber in der Bauindustrie. In
er Bauindustrie hatten wir im Juli einen Auftragsrück-
ang von 15 Prozent. Diese Zahl zeigt uns, dass der Trä-
engang der Bauindustrie noch lange nicht beendet ist.
s wird also weitere Arbeitslose bei den Bauarbeitern
nd bei den Bauhandwerkern geben.
Die Bundesregierung ist immer sehr groß im Erfinden

on Parolen. So ist die Parole „Bildung statt Beton“ in
ie Welt gesetzt worden. Es ist eine Scheinalternative;
n Wirklichkeit ist es eine Lügenalternative. Es geht hier
ämlich nicht um Bildung auf der einen Seite und Bau-
toffe auf der anderen Seite. Es geht darum, ob sich un-
ere Menschen – 80 Prozent der Bevölkerung streben
as eigene Heim an – auch künftig noch den Le-
enstraum vom eigenen Heim werden erfüllen können.
s geht darum, ob unsere Menschen im Eigenheim woh-
en dürfen oder auf einer Etage eines Wohnhauses woh-
en müssen. Herr Eichel, mit dem Eigenheim fängt die
indererziehung an. Beides hat etwas miteinander zu
n.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer kein eigenes Haus hat, kann seine Kinder nicht erziehen?)


ie Menschen im Lande sind der Auffassung, dass die
egierung den Kontakt zur sozialen Wirklichkeit in star-
em Maße verloren hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Erzieht jemand ohne Eigenheim seine Kinder nicht?)


Deshalb nenne ich Ihnen einige Beispiele aus dem
eben: den Fall von Matthias und Kristin Schneider aus
reitenbach. Mit 16 Jahren haben beide einen Bauspar-
ertrag abgeschlossen, mit 20 geheiratet. Mit 21, 22 Jah-
en haben sie sich in Selbst- und Eigenhilfe den Traum
om eigenen Heim erfüllt. Oder das Beispiel von der be-
inderten Frau Wolf aus Bremerhaven: Die Ehe ging in






(A) )



(B) )


Klaus Minkel

die Brüche. Sie kam mit ihrer Tochter in der Wohnung
der Eltern unter. Unter großen Opfern wurde die benach-
barte Wohnung gekauft und in sechsmonatiger Arbeit sa-
niert.


(Jörg Tauss [SPD]: Vergessen Sie Herrn Meier, Herrn Müller und die anderen nicht! – Gegenruf des Abg. Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Dummschwätzer!)


Herr Tauss, ein dritter Fall: Es ist der Fall der Anja
Gründlau aus Breitenfeld in der Nähe von Berlin. Die
Banken hatten ihr gesagt, dass sie sich sowohl die Miete
als auch den Hausbau nicht leisten könne. Daraufhin zog
die allein erziehende Frau mit ihrem Kind für drei Jahre
auf das Baugrundstück in eine Baubude. Nun hat sie ihr
eigenes Haus.

Ich habe diese Beispiele bewusst gebracht, damit Ih-
nen deutlich wird, wie wichtig und wie wertvoll für die
Menschen im Land der Wunsch nach der selbst genutz-
ten Immobilie ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Regierung ist sehr erfinderisch bei ihren Wort-

schöpfungen: Steuervergünstigungsabbaugesetz, Haus-
haltsbegleitgesetz,


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Kleinunternehmerförderungsgesetz!)


Gesetz zur finanziellen Unterstützung der Innovationsof-
fensive. Wenn man einmal den ganzen Schmus weglässt
und zu des Pudels Kern vordringt, dann wird man erken-
nen, dass es bei diesen drei Gesetzen um nichts anderes
als um einen Betrug am Wähler geht. Es geht um nichts
anderes als darum, an das Geld der Bevölkerung heran-
zukommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Denn vor der Bundestagswahl hat die Bundesregierung,
Herr Eichel und Frau Scheel, die Eigenheimförderung
unserer Bevölkerung garantiert. So viel zu Ihrer klaren
Linie!

Wenn Sie die Eigenheimförderung abschaffen, ist das
ein besonders großer Betrug an den jungen Menschen.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist ja eine Unverschämtheit!)


– Herr Tauss, Sie haben wirklich nicht verstanden, was
Sie hier vorschlagen.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Bei Ihrer Rede entgleitet uns das tatsächlich!)


Die jungen Menschen hätten nämlich im Falle der Ab-
schaffung der Eigenheimzulage noch für rund zehn Jahre
durch ihre Steuerzahlungen die Altfälle zu finanzieren,


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Ich will Ihnen das ja nicht übel nehmen! Aber nun lassen Sie es mal gut sein!)


würden selbst aber nie in den Genuss einer Förderung
kommen. Das ist in höchstem Maße ungerecht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Dann darf man nie etwas ändern!)


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(C (D Kollege Minkel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Spanier? Herr Spanier kann mich im Ausschuss fragen. Ein weiterer Punkt – er macht deutlich, wie wenig ieser Vorschlag steuersystematisch durchdacht ist – ist ie Ungleichbehandlung der Eigenheimbesitzer im ergleich zu den Vermietern. Nach dem geltenden teuerrecht erhalten die Vermieter im Laufe der Zeit ber die Abschreibung ihre Immobilie zu rund 50 Proent von Vater Staat bezahlt. Wenn die Spekulationsfrist bgelaufen ist, kann der Gewinn dann steuerfrei nach ause getragen werden. ie gewähren den Vermietern auf der einen Seite Jahr für ahr im Umfang eines zweistelligen Milliardenbetrages teuervorteile. (Wolfgang Spanier [SPD]: Wir wollten das ändern! Das haben Sie abgelehnt!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512903500
Klaus Minkel (CDU):
Rede ID: ID1512903600

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


(Jörg Tauss [SPD]: Wollen Sie das ändern?)


Die Begünstigung der Vermieter ist die eine Seite.
uf der anderen Seite gönnen Sie dem kleinen Eigen-
eimbauer noch nicht einmal 1 250 Euro pro Jahr.


(Jörg Tauss [SPD]: 7 Milliarden!)

enn Sie diese Förderung abschaffen würden, wäre das
rass ungerecht und würde den Spalt in unserer Gesell-
chaft weiter vertiefen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der gegen

hren Vorschlag spricht. Sie wollen die durch den Weg-
all der Eigenheimzulage eingesparten Mittel angeblich
ür die Bildung einsetzen.


(Ortwin Runde [SPD]: Was heißt denn „angeblich“?)


Das will ich Ihnen erläutern. – Ich habe noch sehr gut
ie Versprechen zur LKW-Maut im Ohr, die vor einem
ahr gemacht worden sind. Sie wollten die dadurch er-
ielten Mittel zusätzlich für den Verkehrswegebau ein-
etzen. Das Gegenteil davon ist passiert.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

aum hatten Sie Ihr Wort gegeben, war es – vier Wo-
hen später – schon gebrochen. Das bedeutet, dass diese
egierung kein Vertrauen mehr verdient und kein Ver-
rauen mehr beanspruchen kann, wenn sie etwas ver-
pricht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Verhältnisse in diesem Lande haben sich inner-
alb der letzten Wochen in keiner Weise geändert.


(Jörg Tauss [SPD]: Doch! Die Leute merken langsam, was Sie mit ihnen machen! Es hat sich schon etwas geändert!)







(A) )



(B) )


Klaus Minkel

Deshalb fällt es mir sehr leicht, mit einem Gedanken zu
schließen, den ich bereits in meiner Rede zum Woh-
nungsbauhaushalt angeführt habe: Die Union ist für eine
Politik, die für Wohlstand für alle steht.


(Zurufe von der SPD: Oh!)

Wir lehnen Verhältnisse, wie sie in der „Animal Farm“
beschrieben worden sind, ab. Wir wollen, dass der kleine
Mann seinen Lebenstraum von der eigenen Immobilie
verwirklichen kann, dass er nicht auf eine Wohnwabe
verwiesen wird. Wir halten es nicht für richtig, dass nur
dem Arbeiterführer der Palast der sozialen Gerechtigkeit
im Grünen zustehen darf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512903700

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem

Kollegen Wolfgang Spanier.


Wolfgang Spanier (SPD):
Rede ID: ID1512903800

Herr Kollege Minkel, wenn Sie uns, wie gerade ge-

schehen, aufs Übelste beschimpfen, dann aber die Beant-
wortung einer Frage verweigern, drücken Sie sich vor
der notwendigen Auseinandersetzung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Wo er Recht hat, hat er Recht!)


Wie wollen Sie den Menschen, die Sie vorhin als Bei-
spiele angeführt haben, erklären, dass in den Steuerkon-
zepten sowohl von CSU als auch von CDU, verbunden
mit den Namen Faltlhauser und Merz, im Rahmen einer
umfassenden Steuersenkung, in erster Linie der Senkung
des Spitzensteuersatzes,


(Jörg Tauss [SPD]: Aha!)

die Abschaffung der Eigenheimzulage vorgesehen ist?
Wie wollen Sie das den Menschen erklären, die Sie in
geradezu herzzerreißender Weise angeführt haben?


(Beifall bei der SPD – Elke Wülfing [CDU/ CSU]: 8 000 für jedes Kind an Grundfreibetrag!)


Wie kommen Sie dazu, sich hier hinzustellen und zu
sagen, dass die steuerliche Förderung der Vermieter in
einem völligen Ungleichgewicht zur vorgesehenen Ab-
schaffung der Eigenheimzulage steht, obwohl Sie doch
wissen müssten, dass Sie es waren, die Opposition, die
unsere Vorschläge, im Rahmen des Steuervergünsti-
gungsabbaugesetzes die notwendigen Einschnitte vorzu-
nehmen, schlichtweg abgelehnt haben?


(Beifall bei der SPD)

Wenn man dies vor zwei Jahren abgelehnt hat, kann

man sich heute nicht hier hinstellen und uns das vorwer-
fen. Das, glaube ich, überschreitet jede Grenze einer
sachlichen politischen Auseinandersetzung. Deswegen
habe ich mich zu Wort gemeldet. Darauf mit den Worten

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(C (D u reagieren, das können Sie mich ja im Ausschuss fraen, ist ein Stück weit unverschämt, Herr Minkel. (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Binde dir erst einmal eine Krawatte um!)


as muss ich Ihnen einfach so sagen. So können wir
ber diese wichtigen Themen hier im Parlament nicht
iskutieren. Alle schwenken die Fahnen zum Subven-
ionsabbau. Wenn es aber konkret wird, bekommt man
ichts anderes zu hören als solche billige Polemik. Dafür
ollten Sie sich ein Stück weit schämen.
Entschuldigen Sie, dass ich so emotional war.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512903900

Herr Kollege Minkel, Sie haben die Gelegenheit zur
eantwortung.

Klaus Minkel (CDU):
Rede ID: ID1512904000

Herr Kollege Spanier, wenn Sie meine Rede von A

is Z nachlesen würden,

(Jörg Tauss [SPD]: Nein!)


ann würden Sie feststellen, dass ich mit keinem einzi-
en Wort jemanden von Ihnen beschimpft habe.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

enn jede Art von Beschimpfung liegt mir aus innerster
berzeugung wirklich fern.


(Jörg Tauss [SPD]: Ihre Unterstellungen waren beleidigend! Das war ganz deutlich!)


ch habe aber einige Wahrheiten, die ich belegen kann,
usgesprochen. Wenn man die Wahrheit sagt, kann das
ekanntlich sehr wehtun.
Sie haben ferner den Kollegen Friedrich Merz und den

ayerischen Finanzminister Faltlhauser angesprochen.
ie haben versucht, einen Widerspruch zu konstruieren.


(Wolfgang Spanier [SPD]: Nein, der ist da!)

abei ist aber großes Wunschdenken im Spiel, Herr Kol-
ege Spanier. Es ist nämlich nicht so, dass die Eigen-
eimzulage für alle Zeiten unumstößlich erhalten blei-
en muss. Das ist völlig klar.


(Jörg Tauss [SPD]: Ah ja! Dann fangen Sie jetzt mal damit an! Sehr gut!)


ber – jetzt kommt der Unterschied zwischen uns und
hnen – wir holzen nicht, isoliert von anderen Maßnah-
en, die Eigenheimzulage weg; das wäre ja nur eine
erkappte Steuererhöhung. Vielmehr würde das, wenn
ir etwas an der Eigenheimzulage ändern würden, in
ine allgemeine, große, spürbare Steuerreform mit einer
teuersenkung eingebettet sein, die deutlich über das hi-
ausgeht, was Sie in den letzten Jahren zustande ge-
racht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Für wen? Wie viel Prozent?)







(A) )



(B) )


Klaus Minkel

Dann hätte man sich immer noch darüber zu unterhalten,
was mit den Geringverdienern passiert, die bei einer
Steuerreform, weil sie ohnehin wenig Steuern zahlen,
wenige Vorteile hätten und deshalb nach wie vor – insbe-
sondere wenn es sich um Familien mit vielen Kindern
handelt – auf eine Förderung angewiesen wären.

Was die Behandlung der Vermieter anbelangt, so hat
Friedrich Merz dazu in seinem Konzept ganz klare Aus-
sagen getroffen,


(Jörg Tauss [SPD]: In welchem Konzept? Im Bierdeckelkonzept oder was?)


die offensichtlich Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sind.
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512904100

Ich erteile das Wort Kollegen Joachim Poß, SPD-

Fraktion.


Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1512904200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-

lege Minkel, Sie haben zum Abschluss Ihrer Rede die
Berechtigung der Eigenheimzulage damit begründet,
dass sich die Verhältnisse im Lande nicht verändert hät-
ten. Ich sage Ihnen aber: Die Verhältnisse ändern sich,
Tag für Tag.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sie werden schlechter! Mit jedem Tag ein Stück mehr!)


Das können Sie auch an den Umfragewerten für CDU
und CSU ablesen: Sie sind jetzt Gott sei Dank schon un-
ter 40 Prozent; das ist eine richtige Entwicklung.


(Beifall bei der SPD)

In dem Sinne ändern sich die Verhältnisse. Der Glanz
der 50 Prozent aus den Umfragen ist weg


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wenn man bei 20 Prozent liegt, muss man ruhig sein!)


und die Menschen erkennen immer mehr, dass Sie unge-
rechte und unfinanzierbare Konzepte vorlegen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit dem Leitantrag für Ihren Bundesparteitag machen
Sie Ernst mit dem, was wir immer behauptet haben: Sie
wollen nicht die Erneuerung in sozialer Verantwortung,
Sie wollen den Sozialstaat rasieren. Das ist Ihre Absicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Kündigungsschutz soll wegfallen, ebenso alles, was
den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
bedeutet;


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie nehmen den Familien was weg!)


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(C (D ie wollen Einschränkungen auch in familienpolitischer insicht. Zu diesem Schluss kommt man, wenn man an ie Vorschläge denkt, die in dem Antrag enthalten sind. ir werden im Einzelnen noch darauf zu sprechen komen. Ich habe den Eindruck: Sie wollen den routinemäßi en und seit August bekannten Umstand, dass wir einen achtragshaushalt vorlegen müssen, nutzen, um hier zu kandalisieren, weil Sie von den Schwierigkeiten in Iher eigenen Fraktion und in Ihren Parteien ablenken woln. Sie sind zwischen CDU und CSU tief uneinig. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Und innerhalb der CDU auch noch!)


avon wollen Sie heute Morgen mit Angriffen ablenken.
as wird Ihnen nicht gelingen.
Herr Seehofer hat ja aufgelistet, welche Risiken sich

us den Beschlüssen ergeben, die Sie auf dem CDU-
undesparteitag im Dezember letzten Jahres gefasst ha-
en: Es sind 102 Milliarden Euro. Man kann noch hinzu-
ügen, dass Sie die Abschaffung der Gewerbesteuer in ge-
eindefeindlicher Weise beschlossen haben – da müssten
ie Kommunalpolitiker genau hinhören; wir haben ja
och einige Stichwahlen in Nordrhein-Westfalen –, ohne
u sagen, wo die Kompensation für 23, 24, 25 Milliarden
uro herkommen soll.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! Sie haben ja nicht mal unseren Antrag gelesen!)


an kann also mit Fug und Recht behaupten: Frau
erkel ist zum 125-Milliarden-Risiko geworden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie Menschen merken das. Sie wollen davon zwar ab-
nken, werden damit aber keinen Erfolg haben.
Ich bin ganz froh darüber, dass Sie hier eine schiefe
iskussion eröffnen und auf jedes Argument von unse-
er Seite den Begriff Steinkohle in die Debatte werfen.
ie Menschen im Ruhrgebiet werden sicherlich aufhor-
hen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Letzten Sonntag haben sie aufgehorcht!)


aran erkennt man nämlich die Zerrissenheit der CDU/
SU. Die CDU-Kommunalpolitiker äußern sich in die-
er Frage ganz anders. Das ist wieder typisch für Sie.


(Beifall bei der SPD)

ie gespaltene Zunge ist Ihr Markenzeichen geworden,
err Austermann.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Vorsicht, Vorsicht!)


ie Menschen spüren dies immer stärker. Vor Ort wird
esagt, die Steinkohlesubventionen dürften nicht weiter
urückgehen; das könne man regionalpolitisch nicht ver-
raften. Hier predigen Sie aber etwas ganz anderes. Dies






(A) )



(B) )


Joachim Poß

geht nicht gut. Ich hoffe, dass heute viele Menschen aus
dem Ruhrgebiet zugehört haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Allenfalls die, die nicht arbeiten müssen!)


Der Sachverhalt ist ganz einfach: Von der von Helmut
Kohl geführten Regierung ist unter Beteiligung der Län-
der Nordrhein-Westfalen und Saarland eine Vereinba-
rung mit dem Bergbau und der Gewerkschaft getroffen
worden.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Dagegen haben Sie polemisiert bis zum Gehtnichtmehr!)


Die Subventionen, die im Jahre 1998 insgesamt an die
5 Milliarden Euro betrugen, werden auf etwa 2 Mil-
liarden Euro im Jahre 2005 zurückgeführt. Wären in den
letzten Jahren alle Subventionen in diesem Umfange zu-
rückgeführt worden, dann hätten wir lange nicht die Pro-
bleme in den öffentlichen Haushalten – das gilt für
Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen –, wie wir
sie derzeit haben.


(Beifall bei der SPD)

Der Steinkohlebereich ist ein Muster dafür, wie man

Subventionsabbau betreiben kann. Auch die Fortführung
dieser Subvention bis 2012 ist degressiv ausgestaltet.
Dies muss das Vorbild für alle Subventionen sein. Wenn
wir für einen begrenzten Zeitraum Subventionen gewäh-
ren, dann müssen sie degressiv ausgestaltet sein. Das ist
einer der Maßstäbe in unserer Politik.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Aber Sie schaffen das doch hier ab!)


Was machen Sie? Sie tabuisieren ganze Bereiche und
verlangen, dass an sie überhaupt nicht herangegangen
wird. Wir haben doch erlebt, wie Herr Stoiber im Ver-
mittlungsausschuss die Landwirtschaft gänzlich tabui-
siert hat. Sie machen Klientelpolitik, meine Damen und
Herren. Von Ihnen müssen wir uns überhaupt nichts er-
zählen lassen, was die Frage eines energischen Subven-
tionsabbaus angeht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Haben Sie das Wort Wettbewerb schon mal gehört?)


Wir haben nicht verschwiegen – Herr Eichel hat es in
seinem Finanzbericht im August auch erwähnt –, wel-
ches die Gründe dafür sind, dass sich die Zahlen für den
Haushalt 2004 gegenüber der Schätzung vom November
2003 und den Abschlussberatungen zum Haushalt verän-
dert haben: Wir haben Mehrausgaben für den Arbeits-
markt. Wir haben die Sonderbelastungen des Bundes-
bankgewinns durch den schwachen US-Dollar, was dazu
geführt hat, dass allein bei der Gewinnüberweisung
durch die Deutsche Bundesbank mehr als 3 Milliar-
den Euro fehlen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Da fehlt noch viel mehr!)


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(C (D ir haben eine uneinheitliche Entwicklung bei den Steureinnahmen, auch in den einzelnen Ländern. Wir haben it den Finanzministern aller Länder – auch mit Ihren inanzministern – gesprochen. Sie alle konnten sich keien Reim darauf machen. Diese Risiken haben angehalen; wir haben es zu Recht Achterbahnfahrt genannt. Jetzt stellt sich leider heraus – die Gründe dafür hat err Eichel hier dargestellt –, dass wir bei bestimmten teuerarten wesentliche Mindereinnahmen haben. Desegen gibt es keinerlei Berechtigung dafür – das sage ch denjenigen, die Herrn Eichel vorgeworfen habe, er olle die Menschen hinter die Fichte führen –, (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Vor die Fichte auch nicht!)


em Bundesfinanzminister Lügen vorzuwerfen. Der zu-
ätzliche Finanzbedarf für 2004 ist zu dem Zeitpunkt be-
annt gemacht worden, an dem er sich konkretisiert hat.
Sie haben sowieso jedes Recht verspielt, uns hier Vor-
ürfe zu machen.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)

ie haben den Subventionsabbau fast völlig blockiert.
ätten Sie es nicht getan – dies ist schon erwähnt wor-
en –, hätten wir 17 Milliarden Euro mehr für Bund,
änder und Kommunen. Was könnten die Kommunen
nvestieren und damit den dringenden Investitionsbedarf
barbeiten, meine Damen und Herren!


(Beifall bei der SPD – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Noch weniger Arbeitsplätze! Noch weniger Wachstum!)


Es war doch schwer genug, im Interesse der Kommu-
en gegen Ihren Widerstand durchzusetzen, dass die Ge-
erbesteuer stabilisiert wird.


(Ortwin Runde [SPD]: Richtig!)

ufgrund der steigenden Gewerbesteuereinnahmen und
egen der Entlastung der Kommunen durch Hartz IV
erden wir im nächsten Jahr sehr wahrscheinlich eine
esamtentlastung der Kommunen in Höhe von 6 Mil-
iarden Euro erreichen. Dies ist Ergebnis unserer Politik,
nseres Engagements.


(Beifall bei der SPD)

ie bieten den Kommunen keine Perspektive.
Das ist die Ebene, die in den nächsten Jahren für
ichtige gesellschaftspolitische Aufgaben wie die Ganz-
agsbetreuung und die U-3-Betreuung zusätzliches Geld
ekommt und investieren kann. Sie haben zumindest an
ieser Stelle die Berechtigung zur Kritik verspielt.
Wir haben mehrere Anläufe unternommen, Ausnah-
etatbestände und Subventionen abzubauen. Sie haben
as alles als Steuererhöhung diffamiert. Erinnern Sie
ich einmal an die Monate nach der Bundestagswahl
002, als auch mithilfe Ihnen nahe stehender Publizisten
orgen für Morgen eine bestimmte Stimmung erzeugt
urde, insbesondere von der Zeitung mit den großen
uchstaben. Natürlich haben Sie mit dieser Schwarzred-
erei dazu beigetragen, dass wir nur langsam aus dem






(A) )



(B) )


Joachim Poß

Wachstumsloch herauskommen. Sie haben die Stim-
mung systematisch und ohne Rücksicht auf Verluste he-
runtergeredet, nur aus parteipolitischen Gründen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die üblichen Verdächtigen unter den Haushaltspoliti-
kern der Opposition haben sich gestern, als Hans Eichel
den Rahmen für den Nachtragshaushalt 2004 bekannt
gegeben hat, sofort mit den gewohnten Reflexen gemel-
det: Jetzt müsse ein Haushaltssicherungsgesetz verab-
schiedet, jetzt müsse eine Haushaltssperre erlassen
werden, jetzt müssten weitere Ausgabenkürzungen
vorgenommen werden. Diese Vorschläge – ein Haus-
haltssicherungsgesetz mit Wirkung ab sofort, eine Haus-
haltssperre bzw. eine sofortige Ausgabenkürzung – be-
deuteten ökonomisches Harakiri; darin sind sich fast alle
Experten einig.


(Beifall bei der SPD)

Wir wollen die Stabilisierung der wirtschaftlichen Ent-
wicklung und werden diesen Vorschlägen deswegen
nicht folgen.

Die konjunkturelle Erholung ist zwar deutlich erkenn-
bar, aber, wie wir wissen, angesichts der existierenden
weltwirtschaftlichen Risiken, des Risikos durch den Öl-
preis und anderer Faktoren, fragil. In einer solchen Situa-
tion kann es doch nicht wirklich Ihre Absicht sein, die
Investitionen des Bundes zu kürzen und die noch immer
schwache Binnennachfrage durch eine Haushaltssperre
und Kürzungen staatlicher Leistungen zu treffen.

Herr Austermann, ich bin gespannt, was Sie gleich
konkret als Ihre finanzpolitische Strategie in dieser Situ-
ation vorschlagen werden. Es geht doch nicht um eine
Sondersituation der Bundesrepublik Deutschland. Hans
Eichel hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Situa-
tion in fast allen industrialisierten europäischen Ländern
vergleichbar ist. Sie ist durch die Stagnation bzw.
Wachstumsschwäche gekennzeichnet, die leider seit dem
Frühjahr 2001 zu verzeichnen ist und aus der wir, auch
durch gemeinschaftliche europäische Anstrengungen,
herauskommen wollen und müssen. Aber mit einer Poli-
tik der Obstruktion und einer Verweigerungshaltung in
Haushaltsfragen kommen wir nicht weiter.

Diese Haltung beweisen Sie heute Morgen wieder:
Wir machen einen Vorschlag zur „finanziellen Unterstüt-
zung der Innovationsoffensive durch Abschaffung der
Eigenheimzulage“ und Sie sagen Nein. Sie bleiben bei
Ihrem Schnittmuster. Aber ich wiederhole es: Die Men-
schen erkennen zunehmend, wie durchsichtig und wie
inhaltlich fragwürdig oder hohl Ihre Politik ist, und sie
werden darauf in den nächsten Monaten noch stärker re-
agieren. Ich bin zuversichtlich, dass sich dies schon bei
den Stichwahlen in Nordrhein-Westfalen am 10. Oktober
sehr deutlich niederschlagen wird, weil die Menschen
spüren, wer ihre Interessen wirklich vertritt, und dass es
sich bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und
auch in Nordrhein-Westfalen fortsetzen wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegen Dietrich Austermann, DU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es lohnt ich wohl nicht, dass wir uns mit dem auseinander seten, was Kollege Poß eben vorgetragen hat. ch möchte mich auf das konzentrieren, was der Finanzinister vorhin gesagt hat, und zu der Vermutung sprehen, warum er wohl diesen Nachtragshaushalt heute ier inhaltlich bekannt gegeben hat. Herr Eichel, wir haben bereits im November letzten ahres über Ihren Haushalt, der damals im Entwurf fertig ar, gesagt, es sei der Haushalt eines Hütchenspielers. (Joachim Poß [SPD]: Jetzt kommt die alte Leier wieder! Das sagen Sie doch seit vier Jahren!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512904300

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dietrich Austermann (CDU):
Rede ID: ID1512904400

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Dieser Hochmut!)


ir haben dann im Februar dieses Jahres gesagt, dieser
aushalt enthalte Risiken von 10 bis 15 Milliar-
en Euro. Am 7. April haben wir wieder geäußert, dass
ie ein Risiko von 10 bis 15 Milliarden Euro haben. Wir
aben dann am 5. Mai gesagt: Sie steuern 47 Milliar-
en Euro neue Schulden an. Sie sind der Totengräber der
undesfinanzen.


(Jörg Tauss [SPD]: Ach, Herr Austermann!)

ie haben es zu verantworten, dass sich Deutschland in
er schlimmsten Finanz- und Haushaltskrise der Nach-
riegszeit befindet. Das will ich konkret belegen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

All die Begründungen, die heute angeführt werden,
aren mit Ausnahme des Themas Bundesbankgewinn
chon vor einem Jahr bekannt. Ich meine die Themen
teueramnestie, Schwarzarbeit, Tabaksteuer, den Aus-
leich, den die Länder für die Steuerreform bekommen,
nd die Umverteilung bei der Umsatzsteuer. Auch die
onjunkturelle Entwicklung war eindeutig abzulesen.
etzt haben Sie gesagt, das Wachstum betrage 2 Prozent.
ann müsste es eigentlich besser laufen. Weshalb kom-
en die Steuereinnahmen trotzdem nicht in Gang? –
etzt schwätzt Herr Eichel mit Herrn Clement; vielleicht,
eil er sich hier im Parlament vorhin nicht austoben
onnte.
Sie haben gesagt, die Entwicklung in all diesen Berei-

hen sei nicht zu erwarten gewesen. Aber ich sage Ih-
en: Die Schwierigkeiten bei der LKW-Maut waren ein-
eutig zu erkennen. Es war klar, dass die
rivatisierungserlöse nur mithilfe der Russlandschulden
ingefahren werden können.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Stillos! Aber das ist ja das Thema der Union: Kein Stil!)


uch die Schwierigkeiten bezüglich Arbeitsmarkt,
ohngeld und Arbeitslosenhilfeempfänger waren zu






(A) )



(B) )


Dietrich Austermann

Beginn dieses Jahres abzusehen. Sie haben die Men-
schen mit Vorsatz über die Entwicklung getäuscht.

Man stellt sich die Frage: Warum legt Herr Eichel
jetzt doch den Entwurf eines Nachtragshaushaltes vor?
Auf diese Frage kann es eigentlich nur eine Antwort ge-
ben: die im Bundeshaushalt enthaltene Kreditermächti-
gung. Die Kreditermächtigung ist das, was für einen Fa-
milienhaushalt der Dispo ist. Sie ermöglicht, dass der
Finanzminister seine Ausgaben in einer bestimmten
Größenordnung überziehen kann in der Hoffnung, dass
es am Jahresende wieder zum einem Ausgleich kommt.
Die Kreditermächtigung ist also der Dispo des Finanzmi-
nisters. Durch den Nachtragshaushalt wird die Krediter-
mächtigung auf 53 Milliarden Euro erhöht. Das deutet
an, welche Entwicklung die Neuverschuldung in diesem
Jahr nehmen könnte.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Die Kreditermächtigung wird brutal ausgeweitet, um si-
cherzustellen, dass die weitere Entwicklung wie bisher
verläuft.

Herr Eichel, ich fordere Sie auf, noch in dieser Sit-
zung zu sagen, weshalb Sie für dieses Jahr eine Krediter-
mächtigung in der Größenordnung von 53 Milliarden
Euro haben wollen. Das frage ich Sie angesichts Ihrer
Behauptung, die Neuverschuldung werde circa 43,7 bis
44,7 Milliarden Euro betragen. Ihr Staatssekretär Herr
Diller hat gestern von 43 Milliarden und gesprochen; die
paar Millionen Euro nach dem Komma spielen ja keine
Rolle. Das müssen Sie der Öffentlichkeit erklären.

Ich glaube, dahinter steckt die Gefahr und die nicht
unberechtigte Sorge, dass sich die Situation in diesem
Jahr noch wesentlich schlechter als angenommen entwi-
ckeln könnte. Angesichts der bevorstehenden Stichwah-
len, vor allem aber, damit das Vertrauen in die
Politik zurückkehrt, fordere ich Sie auf: Sagen Sie den
Bürgern die Wahrheit über die tatsächliche Entwicklung!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Kollege Michelbach hat nicht ganz zu Unrecht darauf

hingewiesen, dass das Thema Karstadt etwas mit dem
Verhalten der Regierung zu tun hat.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Unglaublich! – Jörg Tauss [SPD]: Das war das Management! – Joachim Poß [SPD]: Das war Missmanagement!)


Der Steuerzahlerbund hat von der öffentlichen Ver-
schwendung dieses Jahres gesprochen. Wir haben jetzt
zwei Dinge zu beklagen: auf der einen Seite die öffentli-
che Verschwendung, auf der anderen Seite die Zurück-
haltung bzw. das Angstsparen der Bürger. Dieses
Angstsparen der Bürger wegen ständig neuer Irritationen
durch Ihre Finanz- und Haushaltspolitik führt zur Kauf-
zurückhaltung. Das wiederum hat zur Folge, dass be-
stimmte Unternehmen weniger Umsatz machen, sich
langsamer entwickeln und Leute entlassen müssen. Ver-
trauenswidrige Finanzpolitik hat ganz konkret etwas mit
Arbeitslosigkeit zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Herr Eichel, wir haben Jahr für Jahr erlebt, dass Sie ie Fakten erst dann eingestehen, wenn das Leugnen wecklos ist. ie entsprechende Zahlenreihe der letzten Jahre sieht ie folgt aus: Vor vier Jahren betrug die Neuverschulung 23 Milliarden Euro, vor drei Jahren 32 Milliarden uro, im letzten Jahr 38 Milliarden Euro und in diesem ahr möglicherweise 48 Milliarden Euro. (Jörg Tauss [SPD]: Jetzt lesen Sie mal Ihre vor!)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)


as heißt, die Neuverschuldung springt in Sätzen von 5 bis
0 Milliarden Euro pro Jahr nach oben. Sie haben die
inge nicht im Griff und lassen sie schleifen. Das nen-
en Sie dann antizyklische Wirtschafts-, Finanz- oder
aushaltspolitik – wie auch immer. Diese Politik hat mit
estalten nichts mehr zu tun. Aber durch einen Haushalt
oll man gestalten.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)

adurch soll dem Parlament die Möglichkeit zu politi-
chen Vorgaben gegeben werden. Der Finanzminister
ber betätigt sich als Buchhalter, der am Ende des Jahres
eststellt, dass die Lage schlimm ist. Er legt einen Haus-
alt vor, der nur die Schlussfolgerung zulässt, dass die
ituation am Ende des nächsten Jahres wieder schlimm,
enn nicht sogar noch schlimmer sein wird.
Herr Eichel, ich sage Ihnen heute: Die Situation wird

m nächsten Jahr noch schlimmer werden, weil es Ihnen
isher nicht gelungen ist, ein strukturelles Defizit von
0 Milliarden Euro pro Jahr zu verhindern. Genau dafür
ragen Sie die Verantwortung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Jetzt reden Sie mal über die Eigenheimzulage und Ihre Subventionen!)


Herr Tauss, ich sage gleich etwas zur Eigenheimzu-
age.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, jetzt wird es prima!)

ber wir haben vereinbart, jetzt über den Nachtrags-
aushalt zu reden. Das hat ja offensichtlich seinen guten
rund.
Werfen wir einen Blick zurück in die Zeit vor 1998.
ie Entwicklung seit 1996 verlief positiv. Die Verschul-
ung ging deutlich zurück, die Arbeitslosigkeit ging zu-
ück und die Beschäftigung stieg an.
Das hielt bis zum Jahre 2000 vor. Seitdem geht es in

llen Bereichen „negativ aufwärts“, also nach unten. Ihre
ussage, Sie hätten das geerbt und deswegen sei die Si-
uation so, wie sie ist, ist einfach unwahr.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Was?)


Herr Tauss, weil Sie darauf bestehen, auch hier wie-
er eine Ohrfeige zu bekommen, will ich Ihnen gerne
agen, was bezüglich der Eigenheimzulage tatsächlich
m Haushalt steht. Innerhalb des Forschungsetats des






(A) )



(B) )


Dietrich Austermann

Haushalts sind 63 Milliarden Euro für den Hochschul-
bau gesperrt.


(Jörg Tauss [SPD]: Millionen!)

– Vielen Dank, es sind 63 Millionen Euro. Ich glaube, es
ist das erste Mal, dass Sie im Parlament etwas Richtiges
gesagt haben.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

63 Millionen Euro sind mit Blick auf die Abschaffung
der Eigenheimzulage für die Gemeinschaftsaufgabe
„Hochschulbau“ vorgesehen, aber gesperrt. Das heißt:
Wenn wir der Abschaffung nicht zustimmen würden,
wenn also die Eigenheimzulage nicht zulasten der Bau-
wirtschaft gekürzt würde, dann würde die Bugwelle
beim Hochschulbau, die darin besteht, dass die Länder
das Geld ausgeben müssen, weil sie ja Hochschulen
bauen sollen, um 63 Millionen Euro steigen. Ansonsten
würde nichts passieren.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Nun kann man sagen: Macht ja nichts, das ist eine Poli-
tik, wie sie immer gemacht wurde.


(Jörg Tauss [SPD]: Von Ihnen gemacht wurde!)


Nun reden Sie davon, dass Sie die Eigenheimzulage
wegen der Bildung streichen wollen. Ich frage Sie: Wes-
halb geben Sie dann 15 Millionen Euro in den Wirt-
schaftsetat und entsprechende Beträge in den Landwirt-
schaftsetat und in den Umweltetat?


(Jörg Tauss [SPD]: Forschung!)

Überall dort steckt das bei der Eigenheimzulage einge-
sparte Geld. Hier wird dagegen immer davon geredet,
das ginge alles in den Bildungsetat. Das ist doch gelo-
gen!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ein Wegfall der Eigenheimzulage würde Einsparun-

gen von 100 Millionen Euro mit sich bringen. Es bleibt
dann natürlich auch noch etwas für den Haushalt und
den Finanzminister übrig. Den Leuten erzählt man aber,
man würde für Forschung und Bildung sorgen. Es war
doch offensichtlich so: Die Posten des Umweltministers
und des Landwirtschaftsministers sind grün besetzt. Man
hat die Beute ein wenig verteilt. Die einen und die ande-
ren bekamen etwas.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512904500

Herr Kollege, bei aller Leidenschaft: Schauen Sie

bitte einmal auf die Uhr vor Ihnen auf dem Rednerpult.

Dietrich Austermann (CDU):
Rede ID: ID1512904600

Ich bin dabei, zu enden.


(Beifall bei der SPD)

Sie werden feststellen, dass hier offensichtlich eine

weitere Täuschung im Gang ist; denn Sie sagen, dass Sie
die Eigenheimzulage für die Bildung kürzen. Nein, Sie
nehmen sie für die vielen rot-grünen Spielwiesen im

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(C (D aushalt, aber nicht für die Zukunft. Zukunft bedeutet: ir brauchen einen Wechsel beim Finanzminister und ei der Regierung. Vielen Dank. Das Wort hat die Kollegin Anja Hajduk, Bündnis 90/ ie Grünen. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Lieber Kollege Tauss, Sie haben sich vorhin eutlich geärgert, als die Kollegen Michelbach und inkel gesprochen haben. ch muss ganz deutlich sagen: Ärgern Sie sich nicht! Ich inde, die Reden, die die hier gehalten haben, mussten ehalten werden. Das Volk soll wissen, was CDU und SU zu sagen haben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Das ist auch wieder wahr!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512904700

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512904800

(Jörg Tauss [SPD]: Berechtigterweise!)


Ich werde mir diese Dinge kopieren und sie den Fa-
ilien und Bürgern in Hamburg vorlesen.


(Jörg Tauss [SPD]: Den Lehrern!)

ie von der Union haben sich hier hingestellt und gesagt,
ass Bauinvestitionen in diesem Land eine steuerliche
ubventionierung in diesem Ausmaß benötigen, an-
onsten könne sich die Familie in Deutschland oder
önnten sich Eltern nicht vorstellen, ein Haus zu finan-
ieren. Deswegen sei es richtig, darauf zu verzichten,
as Geld in den Bereichen Kinderbetreuung, Schule
nd Forschung bereitzustellen. Das müssen wir ver-
reiten. Diese Debatte führe ich gerne. Herr Thiele, wir
erden auch Sie hier einreihen müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Das können Sie behaupten, aber nicht beweisen!)


Das war ein Trauerspiel. Herr Minkel hat sich dabei
u der Aussage verstiegen, ein Haus zu haben sei mögli-
herweise sogar Voraussetzung dafür, die Kinder gut zu
rziehen.


(Jörg Tauss [SPD]: Unglaublich!)

as haben Sie hier gesagt; es ist unglaublich.
Also, Herr Tauss: Ärgern Sie sich nicht! Wir müssen

iese Aussagen von Herrn Michelbach und Herrn
inkel, der hier stellvertretend für die Union gespro-
hen hat, verbreiten. Wir müssen dafür Sorge tragen, zu
erdeutlichen, welche Alternativen hier zur Wahl stehen.
ir müssen fragen, ob man bereit ist, die Weichenstellung
uf die Zukunftsorientierung für Bildung durchzusetzen,






(A) )



(B) )


Anja Hajduk

und die Bürgerinnen und Bürger müssen sich fragen, ob
die Verweigerungspolitik der CDU-Seite unterstützt wer-
den soll.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Populismus!)


– Herr Michelbach, Sie rufen „Populismus“. Ich will
darauf eingehen.


(Jörg Tauss [SPD]: Da ist er Fachmann!)

Sie müssen doch auch zur Kenntnis nehmen und Ihre

Entscheidungsgrundlagen daraufhin vielleicht einmal
überdenken, dass jetzt hinsichtlich der Finanzierung im
Wohnungsbau andere Voraussetzungen gegeben sind:
Herr Tauss hat doch ganz einfach und deutlich erklärt,
wie das Bauzinsniveau bei der Einführung der Eigen-
heimzulage aussah und wie man die Eigenheimzulage
heute bewerten muss. Es ist doch eindeutig, dass man
hier eine Kursänderung vornehmen kann.


(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Wenn Sie sie nicht vornehmen wollen, werden wir dafür
streiten. Ich bin sicher, wir werden an dieser Stelle in der
Zukunft für diesen Weg nicht nur die Unterstützung jun-
ger Menschen und junger Familien, sondern auch die der
älteren Generation erhalten. Da bin ich mir ganz sicher.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich möchte jetzt auf das Thema Nachtragshaushalt
eingehen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ich bin gespannt!)


Die Debatte ist um diesen wichtigen Punkt erweitert
worden. Nun ist nicht zu leugnen, dass wir in diesem
Jahr bei der Verschuldung wohl einen Höchststand er-
reichen werden,


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie reden das wieder schön! der traurig ist und den wir überhaupt nicht schönreden wollen. (Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das haben Sie längst gewusst!)


Ich muss an dieser Stelle zwei Dinge feststellen. Erstens.
Politik muss sich auch in Alternativen darstellen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ach so!)

Die Alternative der Union auf der Basis der schwierigen
öffentlichen Haushaltslage ist, kurzfristig Steuersen-
kungsprogramme in zweistelliger Milliardenhöhe auszu-
rufen. Wissen Sie, wo die Neuverschuldung liegen
würde, wenn Sie im Bundestag etwas zu sagen hätten?


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sie würde sinken!)


Unsere Befürchtung ist, dass wir sie dann noch verdop-
peln müssten.


(Zuruf von der SPD: So ist es!)


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(C (D iese Alternative präsentieren Sie uns. Aber Sie reden m Moment nicht von Alternativen, sondern Sie können en Blick immer nur zurückrichten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Gucken Sie doch einmal über Ihren Gartenzaun! Schauen Sie mal nach Österreich, wie die das gemacht haben!)


Zweitens. Das Problem ist nicht nur, dass wir Ihre
chlichten Bierdeckelprogramme verhindern müssen,
ie verheerende Auswirkungen auf die Struktur der öf-
entlichen Finanzen hätten.


(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])

ir sind auch damit konfrontiert, dass Sie schon in den
tzten Jahren Ihre staatspolitische Verantwortung nicht
ahrgenommen haben. Sie haben Subventionskürzungen
zweistelligen Milliardenbereich verhindert. Heute
eten Sie den Beweis an, dass Sie bereit sind, bei Sub-
entionskürzungen von weiteren 7 Milliarden Euro er-
eut auf der Bremse zu stehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Wir treten gerne auf die Bremse, wenn es um die Bürger und ihre Entlastung geht!)


Diese Bilanz muss man Ihnen ins Stammbuch schrei-
en. Das ist eine traurige Entwicklung. Vor diesem Hin-
ergrund, Herr Austermann, ist es traurig, wie Sie sich
ier selbstgefällig hinstellen und Finanzminister Eichel
ngreifen. Das ist zutiefst unredlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/ CSU)


Wir haben in diesem Sommer die Entwicklung erlebt
das wird auch in der Bevölkerung und den Medien
ahrgenommen –, dass Sie heillos zerstritten sind und
ein Konzept haben.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Kommen Sie zum Nachtragshaushalt!)


ie haben noch nicht einmal die Kraft zu einem schrittwei-
en, aber in der Perspektive bedeutsamen Subventionsab-
au bei der Eigenheimzulage.
Da Sie uns wegen der Entscheidung über die Kohle-

ubventionen immer angreifen, möchte ich noch einmal
errn Tauss anführen, der dazu etwas sehr Richtiges ge-
agt hat.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das kann gar nicht sein!)


r hat gesagt: Gehen Sie doch diesen Weg einfach mit.
ie Eigenheimzulage wird ja nicht piff, paff weggestri-
hen, sondern über einen mehrjährigen Zeitraum abge-
chmolzen. – So machen wir das auch bei den Kohlesub-
entionen. Nach unseren Vorstellungen, Herr Tauss,
önnen diese Subventionen bis auf null heruntergefahren
erden, aber da sind wir uns noch nicht ganz einig.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Aha!)







(A) )



(B) )


Anja Hajduk

Das kann noch werden.

Nehmen Sie sich ein Beispiel am Subventionsabbau,
den wir in der Regierung betreiben.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Reden Sie mit der SPD, nicht mit uns!)


Sie haben immer nur flotte Sprüche parat. Wenn es aber
zur Abstimmung kommt, dann verweigern Sie sich. Das
ist traurig und keine Alternative.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512904900

Das Wort hat der Kollege Norbert Barthle, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1512905000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Frau Hajduk, Sie wissen ja, dass ich Sie als
Kollegin im Haushaltsausschuss schätze. Aber das, was
Sie heute vorgetragen haben, entbehrt jeglicher Grund-
lage.


(Jörg Tauss [SPD]: Nein, das war gut!)

Wenn Sie die Kollegen Minkel und Michelbach mit ei-
ner Fehldeutung dessen, was sie gesagt haben, angreifen,
dann spricht das schon für sich. Wenn Sie für diese Fehl-
deutung als Zeugen auch noch den Kollegen Tauss
mehrfach bemühen müssen, dann spricht das ebenfalls
für sich.


(Jörg Tauss [SPD]: Nein, dann wird es seriös!)

Deshalb sage ich dazu gar nichts mehr.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Lassen Sie uns am Ende dieser langen Debatte, in der

viele Daten und Fakten genannt wurden, noch einmal
über das Grundsätzliche nachdenken. Das Grundsätzli-
che, Herr Eichel, zeigt sich bei einem Blick auf den von
Ihnen vorgelegten Haushalt und insbesondere den Nach-
tragshaushalt. Eines Ihrer Probleme – das betrifft die ge-
samte rot-grüne Regierung – ist, dass Sie zwar einerseits
immer wieder die Tradition Ludwig Erhards bemühen,
aber andererseits den Grundsätzen Ludwig Erhards völ-
lig zuwiderhandeln. Warum? Der Grund ist, dass in Ih-
ren Haushalten die Ausgaben nicht von den Einnahmen
bestimmt werden, sondern die Ausgaben ständig die
Einnahmen bestimmen. Das ist der Grundfehler Ihrer
Politik. Sie erkennen, dass die Ausgaben, insbesondere
für Arbeit und Soziales, exponentiell steigen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)

Wie reagieren Sie darauf? Ihnen fällt nichts Besseres ein,
als permanent die Einnahmen zu erhöhen, indem Sie
Steuern und die Neuverschuldung erhöhen.


(Joachim Poß [SPD]: Wieso Steuern erhöhen? Was reden Sie für einen Stuss! Wann haben wir Steuern erhöht?)


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(C (D as ist der Grundfehler Ihrer Politik. Sie sollten sich an udwig Erhard erinnern und eine Politik machen, nach er die Einnahmen die Ausgaben bestimmen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Steuern können wir doch gar nicht ohne Sie erhöhen! Das wissen Sie doch!)


ielleicht sollten Sie, Herr Schmidt, auch einmal in die
änder Bayern oder Niedersachsen schauen, wo die Mi-
isterpräsidenten ernsthaft sparen,


(Jörg Tauss [SPD]: Bei Bildung!)

ährend ich bei den rot-grünen Koalitionären keinerlei
rnsthaften Sparwillen beobachten kann.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist das!)

n den bisherigen Haushaltsberatungen haben die rot-
rünen Koalitionäre noch keinen einzigen Absenkungs-
ntrag vorgelegt. Auch das sagt doch alles.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist Täuschung, was Sie da betreiben!)


Lassen Sie mich noch einige wenige Sätze zur Eigen-
eimzulage sagen. Ich möchte das Thema unter zwei
rundsätzlichen Aspekten betrachten, die mir wichtig
ind. Zum ersten Aspekt, zu den Steuern, wurde bereits et-
as gesagt. Wir sind natürlich dafür, Subventionen abzu-
auen, aber nur dann, wenn wir ein anderes Steuersystem
aben.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)

iese Voraussetzung muss zunächst einmal erfüllt wer-
en.


(Jörg Tauss [SPD]: Welches Steuersystem? Merz oder Faltlhäuser?)


Lassen Sie mich aber noch auf einen zweiten grund-
ätzlichen Aspekt eingehen. Wenn Sie, Herr Eichel,
chon argumentieren, mit der Eigenheimzulage würden
eerstände subventioniert, sage ich Ihnen: Das stimmt
icht, denn in einigen Regionen in Deutschland gibt es
eine Leerstände, sondern Wohnungsmangel.


(Zuruf von der SPD: Aber nur ganz wenige!)

Aber es gibt sie, sehr deutlich. – Wenn Sie schon An-
eizmechanismen wegnehmen, dann handeln Sie auch in
er Tradition von Ludwig Erhard und geben Sie den
arkt frei. Sie waren es nämlich, die den Markt behin-
ert haben,


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)

urch längere Behaltefristen, durch einen Ausbau der
ieterschutzbestimmungen etc. Geben Sie den Markt

rei, damit er sich regulieren kann. Sie können nicht ei-
erseits den Markt behindern und andererseits Anreiz-
ysteme wegnehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sie sind ja doch nahe bei der FDP!)







(A) )



(B) )


Norbert Barthle

Im Hinblick auf Stuttgart, eine Region, in der Woh-

nungsmangel herrscht, hätte ich mir gewünscht, dass die
Kollegin Kumpf an der heutigen Debatte teilnimmt. Am
10. Oktober sind Oberbürgermeisterwahlen in Stuttgart.
Die Kollegin Kumpf will dort gegen den erfolgreichen
Oberbürgermeister Wolfgang Schuster antreten.


(Jörg Tauss [SPD]: Erfolgreich sei mal dahingestellt! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So erfolgreich ist der nun auch wieder nicht!)


Die Kollegin Kumpf sollte den Menschen einmal erklä-
ren, weshalb künftig in der Region um Stuttgart herum
nur noch die Reichen bauen können. Das hätte ich mir
gewünscht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Lassen Sie mich einen letzten Widerspruch auflösen. Es

geht um einen Etikettenschwindel, der schon mehrfach an-
gesprochen worden ist, nämlich um die Devise: in Köpfe
statt in Beton investieren. Herr Tauss hat das immer um-
gedreht und unterstellt der Union die Meinung, Köpfe
brauchten Beton. Lieber Herr Tauss, können Sie mir erklä-
ren, was Sie mit Ihrem Ganztagsschulprogramm ma-
chen? Damit wird doch nicht in Betreuung investiert,
sondern damit werden Suppenküchen gebaut. Damit
werden bauliche Voraussetzungen für Ganztagsschulen
geschaffen. Da wird in Beton investiert, denn Köpfe
brauchen Beton als Voraussetzung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie sollten einmal über Ihre eigenen Konzepte nachden-
ken, dann erkennen Sie auch die Widersprüchlichkeit Ih-
rer Politik. Das Grunddilemma dieser rot-grünen Bundes-
regierung ist, dass grundsätzlich nichts zusammenpasst.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das stimmt leider!)


Alles widerspricht sich permanent. Das ist die Ursache
für die ständige Verunsicherung der Menschen draußen.


(Jörg Tauss [SPD]: Durch Sie!)

Deshalb plädiere ich dafür: Wenn Sie schon Etiketten
bemühen, dann wählen Sie solche, die nicht im Wider-
spruch zu Ihrer eigenen Politik stehen.

Wir sagen:

(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt sagen Sie mal was!)


Wir investieren in Zukunft und nicht in Vergangenheit.
Vergangenheit ist Kohle, Zukunft ist Bildung und des-
halb ist es richtig, in Bildung zu investieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Aber wie? Machen Sie es mal!)


– Das machen wir schon. Lassen Sie uns ran, dann ma-
chen wir das.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das machen wir so! – Jörg Tauss [SPD]: So wie damals! Wie in Baden-Württemberg!)



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(C (D Aber natürlich wie in Baden-Württemberg, denn da eschieht etwas, auch in der Bildungspolitik. (Jörg Tauss [SPD]: Da wird gekürzt, mein Lieber!)


In meiner Heimatstadt wurde gerade das bundesweit
rste Hochbegabtengymnasium eröffnet, es hat in diesen
agen den Betrieb aufgenommen.


(Jörg Tauss [SPD]: Mit Mitteln des Bundes!)

n Baden-Württemberg wird in die Förderung der Spit-
enbegabungen investiert. Wir sind aber auch die Besten
ei den Förderschulen und fördern auch die Schwachen.
hre Bildungspolitik diffamiert die praktisch Begabten.
as ist das Grunddilemma Ihrer Bildungspolitik. Auch
arüber können Sie lange mit mir diskutieren.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512905100

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Tauss?

Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1512905200

Natürlich. Nachdem meine Redezeit schon beendet

st, nehme ich jede Frage an.

(Heiterkeit)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1512905300

Sie können kurz mit Ja oder Nein antworten. – Wis-

en Sie, dass das von Ihnen angesprochene Gymnasium
m Wesentlichen aus dem Ganztagsschulprogramm der
undesregierung finanziert worden ist?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Hört! Hört! Da schmückt man sich wieder mit fremden Federn!)



Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1512905400

Herr Tauss, wenn Sie sich über Dinge äußern, die in
einer Heimatstadt stattfinden, sollten Sie sich etwas
enauer informieren. Ich kann Ihnen gerne die Finanzie-
ungsgrundlage dieses Hochbegabtengymnasiums voll-
tändig darlegen. Natürlich gehören dazu Mittel aus dem
anztagsschulprogramm, weil das eine Ganztagsschule
ein wird. Sie sollten aber auch wissen, dass der Land-
reis der Schulträger ist und das Folgen und Konsequen-
en hat. Außerdem sind die Stadt und das Land beteiligt.


(Jörg Tauss [SPD]: Wie viele Millionen vom Bund?)


s sind also viele beteiligt. Schauen Sie sich die Finan-
ierungsgrundlage genau an. Ich habe nicht bestritten,
ass Anteile aus dem Ganztagsschulprogramm in der Fi-
anzierung stecken.


(Jörg Tauss [SPD]: Wie viel?)

ür dieses Geld wird aber gebaut. Das ist eine Investi-
ion in Beton, Herr Tauss.
Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Er weiß es nicht!)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512905500

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 15/3781, 15/3821 und 15/3714 an die
in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 a bis 4 c sowie
Zusatzpunkt 1 auf:
4 a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

richts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit

(9. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dagmar
Wöhrl, Karl-Josef Laumann, Dr. Peter
Paziorek, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Energiepolitik ist Standortpolitik

– zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun
Kopp, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Zukunftsprogramm Energie vorlegen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun
Kopp, Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP
Stromrechnungen transparent gestalten

– zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun
Kopp, Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP
Nationales Energieprogramm vorlegen –
Planungssicherheit für Wirtschaft und Ver-
braucher herstellen

– Drucksachen 15/1349, 15/367, 15/761, 15/2760,
15/3389 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Rolf Hempelmann

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun
Kopp, Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Keine neue Regulierungsbehörde – Bundes-
kartellamt als Wettbewerbsbehörde stärken
– Drucksache 15/823 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Christoph Hartmann (Homburg), Dr. Andreas

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(C (D Pinkwart, Gudrun Kopp, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Lage der Bürger in den Steinkohlerevieren an Saar und Ruhr in den Fokus rücken – Drucksache 15/3509 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit P 1 Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Staatseingriffe minimieren – Energiegipfel nutzen – Drucksache 15/3809 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Rechtsausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle in Dagmar Wöhrl, CDU/CSU-Fraktion. Liebe Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her en! Unser Antrag lautet: Energiepolitik ist Standortpoliik. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. enn ich auf sechs Jahre Rot-Grün zurückblicke, dann abe ich fast das Gefühl, dass sich Ihre Energiepolitik zu inem Standortnachteil entwickelt hat. Bei der Energieersorgung gibt es drei wichtige Punkte: Versorgungsicherheit, Umweltfreundlichkeit und Wirtschaftlicheit. Das ist die Basis, die wir brauchen, damit wir zu ehr Wachstum und zu mehr Beschäftigung kommen. as ist das Einmaleins der Energiepolitik. (Zuruf der Abg. Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1512905600
ie aber, Frau Hustedt, sehen mit Ihren Solonummern
ie Energiepolitik vornehmlich als ökologischen Stör-
aktor. Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit
ommen bei Ihnen überhaupt nicht vor.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch der Abg. Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Frau Hustedt, Sie verstehen nicht, dass wir einen aus-
ewogenen Mix aller Energieträger brauchen. Es gibt
eine ideale Energie. Es gibt nicht das Entweder-oder,
ondern wir müssen in diesem Bereich mit dem Grund-
atz des Sowohl-als-auch leben. Nur so kann man eine
ichere Energiepolitik machen.
Sie steigen aus der Kernenergie aus, ohne zu sagen,
ie dies bis zum Jahr 2020 kompensiert werden soll.


(Zuruf von der SPD: Doch!)







(A) )



(B) )


Dagmar Wöhrl

Sie setzen Klimaschutzziele und sagen nicht, wie diese
realisiert werden können, wenn wir aus der Kernenergie
ausgestiegen sind. Sie bringen eine Ökosteuer auf den
Weg, mit der Sie die Wirtschaft und die Verbraucher per
annum mit 20 Milliarden Euro belasten, eine Ökosteuer,
die ökologisch überhaupt nicht lenkt, die nur ökono-
misch belastet.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Sie reden Unsinn!)


Sie wecken ideologisch überzogene Erwartungen bezüg-
lich der erneuerbaren Energien und bauen Illusionen
bezüglich der Windkraft auf. Wir alle wissen doch, dass
sich die Windräder nur drehen, wenn der Wind geht. Der
richtet sich nun einmal nicht nach Ihren politischen
Wünschen. So weit sind wir Gott sei Dank noch nicht.


(Beifall der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])

Wir haben ein unstetes Windangebot – das hat sich letz-
tes Jahr wieder gezeigt –, sodass die Windräder die kon-
ventionelle Stromerzeugung nur zu rund 10 Prozent er-
setzen können. Wo sind denn Ihre Lösungsvorschläge
bezüglich der Problematik der Netzkapazitäten und der
Regelenergie? Nichts dergleichen wird von Ihnen auf
den Tisch gelegt. Ihre ganze Energiepolitik besteht aus
offenen Fragen, die immer mehr werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wo ist denn Ihr nationales Energieprogramm? Seit
vier Jahren wollen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen
von Rot-Grün, es vorlegen.

Inzwischen hat der Ölpreis die 50-Dollar-Marke
überschritten. Bei der Kokskohle gibt es Liefereng-
pässe, die durch die boomende chinesische Wirtschaft
verursacht worden sind, deren Wachstum natürlich seine
Auswirkungen hat.

Der weltweite Energiebedarf nimmt zu. Das wissen
auch Sie. Der Energiekongress in Sydney hat gezeigt,
dass sich der weltweite Energiebedarf bis 2050 verdop-
peln wird. Insofern müssen wir Antworten auf die Frage
finden, welche Richtung wir – nicht nur im nächsten und
übernächsten Jahr, sondern in den nächsten Jahrzehnten –
einschlagen wollen und wie wir die Stromversorgung in
unserem Land, das schließlich ein Industrieland ist, auch
zukünftig sicherstellen können.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann suchen Sie mal nach Antworten! Wir haben welche!)


Wir müssen die Fragen beantworten, welchen realisti-
schen Beitrag die erneuerbaren Energien leisten können


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 20 Prozent bis zum Jahr 2020!)


und welche Rolle der Importstrom künftig spielen soll.
Wir sind hinsichtlich unseres Energiebedarfs abhängig
vom Ausland.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen erneuerbare Energien!)


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(C (D nwiefern spielt diese Abhängigkeit vom Ausland auch anderen Politikbereichen eine Rolle? – Fragen über ragen, die von Ihnen nicht beantwortet werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben keine einzige Antwort!)


Energiepolitik ist Wirtschaftspolitik und Wirtschaft-
chkeit heißt auch wettbewerbsfähige Energiepreise.
abei muss uns eines klar sein: Der Energiepreis ist
icht irgendeine Variable der Volkswirtschaft. Er ist viel-
ehr ein knallharter Standortfaktor. Das wird sich in Zu-
unft noch verstärken.
Hinter uns liegt eine jahrelange rot-grüne Energie-

erteuerungspolitik, die in vielen Bereichen – ich
enne nur die Aluminiumindustrie als Beispiel – zu ei-
em immensen Wettbewerbsnachteil geführt hat. Wo
ind denn unsere Liberalisierungserfolge geblieben?
as haben Sie mit Ihren Gesetzen bewirkt? Wir hatten
ls Liberalisierungserfolge allein in der Industrie eine
ostensenkung von 27 Prozent erreicht; im Haushalts-
ereich waren es 8,5 Prozent. Das wurde alles durch Ihre
olitik aufgezehrt.
Fakt ist, dass der staatliche Anteil am Strompreis

eit Ihrer Regierungsübernahme 1998 von 25 Prozent
uf 40 Prozent gestiegen ist. Das heißt, der staatliche
nteil an den Kosten der Verbraucher ist von ehemals
,3 Milliarden Euro auf über 12 Milliarden Euro im Jahr
estiegen. Durch Ihre Gesetze im Strombereich belasten
ie die Verbraucher mit über 12 Milliarden Euro! Dabei
andelt es sich um eine Steigerung von knapp
0 Prozent. Das lässt sich nicht wegdiskutieren.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist unglaublich! – Gegenruf von der SPD: Ein Schmarrn ist das!)


Wir bemühen uns über die Ausschüsse in allen Berei-
hen – zum Beispiel im sozialen Bereich und bei der
flege – um die Entlastung von Familien mit vielen
indern. Hier jedoch wird von Ihnen eine Politik betrie-
en, mit der diesen Familien das Geld aus der Tasche ge-
ogen wird, weil deren Energiebedarf sehr viel höher ist
ls in anderen Familien. Wir konterkarieren damit das,
as auf der anderen Seite wieder gutzumachen versucht
ird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sicherlich war es nicht sehr schön, von den Erhö-
ungsplänen der Energieversorgungsunternehmen
u hören, vor allem so kurz vor der Verabschiedung des
nergiewirtschaftsgesetzes. Aber solange Preisabspra-
hen nicht nachzuweisen sind, ist das legal. Das Bundes-
artellamt und die zuständigen Landesbehörden prüfen
as derzeit. Wir werden das Ergebnis abwarten.
Unredlich ist es jedoch von Rot-Grün, von Ihrer eige-

en verfehlten Politik und den von Ihnen verursachten
ohen Strompreisen abzulenken,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist doch Unsinn!)







(A) )



(B) )


Dagmar Wöhrl

indem Sie auf die Energieversorgungsunternehmen zei-
gen und ihnen nach dem Motto „Haltet den Dieb!“ die
alleinige Schuld an den hohen Strompreisen zuzuweisen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Unsinn!)


Dass das nicht zutrifft, ist auch Ihnen bekannt. Insofern
ist die von Ihnen verfolgte Politik unredlich.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie haben überhaupt keinen Durchblick! – Weiterer Zuruf von der SPD: Kommt jetzt eigentlich einmal ein eigener Vorschlag?)


Die Kosten für Erzeugung, Transport und Vertrieb bei
den Energieversorgungsunternehmen sind – im Gegen-
satz zu Ihrem Zuständigkeitsbereich, in dem die Kosten
um fast 70 Prozent gestiegen sind – seit 1998 um
16,8 Prozent gesunken. Ich stimme mit Ihnen darin über-
ein, dass durch Effizienzsteigerungen noch weitere
Kostensenkungen erzielt werden können. Fakt ist aber
auch: Wenn unser Wirtschaftsminister das Energiewirt-
schaftsgesetz zum 1. Juli umgesetzt hätte, wie es von
der EU gefordert wurde, dann wäre es nicht zu dieser
Diskussion gekommen. Fakt ist auch – um weiter kurz
auf das Energiewirtschaftsgesetz einzugehen –: Aufgabe
einer neuen Regulierungsbehörde ist nach unserem
Verständnis nicht, in den Erzeugungsmarkt für Energie
einzugreifen, sondern den Wettbewerb zu sichern und
die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dazu gehört
auch die Schaffung von Anreizen für Effizienzsteige-
rung und für einen bedarfsgerechten Ausbau der Netze.

Dabei muss man berücksichtigen, dass die Energie-
unternehmen in den nächsten Jahren einen immensen
Investitionsbedarf haben werden; denn die Netze sind
zum Teil aus den 60er-Jahren. Tausende Kilometer Lei-
tungen, durch die Strom und Gas fließen, sind renovie-
rungsbedürftig und müssen instand gesetzt werden. Hier
müssen Milliardenbeträge investiert werden. Wenn die
privaten Unternehmen das leisten sollen, dann brauchen
sie Investitionssicherheit. Schließlich handelt es sich um
langfristige Investitionen, die Gelder in Milliardenhöhe
binden. Die Unternehmen müssen also wissen, ob die In-
vestitionen gerechtfertigt sind. Aber auf diese Frage ge-
ben Sie keine Antwort.

Es ist ganz klar, dass geregelt werden muss, was zum
Zuständigkeitsbereich der Regulierungsbehörde gehört.
Verordnungen zum Energiewirtschaftsgesetz liegen bis-
her noch nicht vor. Der Gesetzgeber muss hier zwar we-
sentliche Regelungen treffen. Aber nicht alles muss per
Gesetz geregelt werden. Ich muss in diesem Zusammen-
hang ganz klar sagen: Es gibt hier sehr große Defizite.

Ein bisschen mehr Ehrlichkeit hätte ich mir von Ihnen
auch bei einem ganz anderen Punkt gewünscht, nämlich
bei der Beschäftigungswirkung der erneuerbaren
Energien. Herr Trittin ist an die Öffentlichkeit getreten
und hat behauptet, dass durch den Ausbau der erneuer-
baren Energien 400 000 neue Arbeitsplätze geschaffen
würden. In dem letzte Woche veröffentlichten Beschäfti-
gungsbericht der Bundesregierung ist nur noch von
120 000 neuen Arbeitsplätzen die Rede.

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(C (D (Ulrich Kelber [SPD]: 400 000 im Jahre 2010! Eine falsche Zahl nach der anderen!)


as wäre nicht zu kritisieren, wenn es nicht auch andere,
on Ihnen selbst in Auftrag gegebene Gutachten gäbe,
ie 225 000 Euro – das ist ein immenser finanzieller
ufwand; ich wundere mich noch immer, wie Sie ange-
ichts Ihrer Haushaltslöcher so viel Geld auftreiben
onnten – gekostet haben. Die Ergebnisse dieser Gut-
chten – das dürfte Ihnen wohl nicht passen – zeigen,
ass die Beschäftigungswirkung beim Ausbau der erneu-
rbaren Energien zwar anfangs leicht positiv, aber im
ndeffekt negativ sein wird. Davon hört man nichts. Sie
aben zwar 225 000 Euro für diese Gutachten ausgege-
en. Aber weil Ihnen die Ergebnisse nicht passen, haben
ie sie ganz schnell in der Schublade verschwinden las-
en.


(Ulrich Kelber [SPD]: Sie müssen es einmal lesen!)


Ich habe dies angesprochen, weil wir jedes Gesetz auf
eine Auswirkung auf den Arbeitsmarkt überprüfen
üssen, bevor wir es verabschieden. Das wird in Zu-
unft wichtiger sein als alles andere.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

uch bei Subventionen müssen wir darauf ein viel stär-
eres Augenmerk legen.
Sie sollten endlich einsehen: Energiepolitik ist Wirt-

chaftspolitik. Wir brauchen ein Energieprogramm, das
ns aufzeigt, wie wir in den nächsten Jahrzehnten Ver-
orgungssicherheit für unsere Kinder gewährleisten
önnen, und das alle Energieträger berücksichtigt. Es
ürfen keine verfügbaren Energietechnologien ausge-
part werden; denn angesichts unserer starken Import-
bhängigkeit im Energiebereich müssen wir uns alle
nergiepolitischen Spielräume offen halten. Deshalb
uss man auch in der Klimaschutzpolitik ehrlich sein
nd darf sie nicht unter ideologischen Gesichtspunkten
etreiben.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Und was wollen Sie nun eigentlich?)


Warten Sie es ab! – Wir müssen ebenfalls darangehen,
ie auf der Nutzerseite vorhandenen Möglichkeiten zur
nergieeinsparung zu erschließen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Zahlen!)

ichts dergleichen – wenn ja, wo? – ist von Ihnen auf
en Weg gebracht worden. Es gäbe noch viele Dinge
ufzuführen, die Sie nicht angehen.
Wir alle in diesem Hause müssen uns über eines im
laren sein: Für eine zukunftsweisende Energiepolitik
ibt es kein Patentrezept. Wichtig ist, dass wir die Ener-
iedebatte ideologiefrei führen und erkennen, dass wir
ie Probleme nachhaltig und dauerhaft nur im globalen
usammenhang lösen können; denn der Anteil Deutsch-
ands am weltweiten Energieverbrauch beträgt gerade
Prozent. Sicherlich ist es sinnvoll, wenn Deutschland
ls führende Industrienation hier eine Vorreiterrolle ein-
immt. Das begrüßen wir in vielen Bereichen.






(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512905700

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist überschritten.

Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1512905800

Danke schön. – Aber wir wollen keine Politik der na-

tionalen Alleingänge, die mit wirtschaftlich belastenden
Eingriffen verbunden ist. Wir beziehen immer mehr
Energie aus dem Ausland; das wissen wir. Aber sie muss
mit dem Geld bezahlt werden, das bei uns, am Energie-
standort Deutschland, erwirtschaftet wird. Deswegen
dürfen wir diejenigen, die dieses Geld erwirtschaften,
nicht bestrafen.

In diesem Sinne vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Zwölf Minuten ohne einen einzigen Vorschlag!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512905900

Nächster Redner ist der Kollege Rolf Hempelmann,

SPD-Fraktion.

Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1512906000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Wir haben es gerade erlebt: Man kann zwölf Minu-
ten reden, ohne einen einzigen Vorschlag zu machen.
Frau Wöhrl, es tut mir Leid, sagen zu müssen: Ich
glaube, dass die Bürgerinnen und Bürger von uns etwas
anderes erwarten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es gibt zwar einige Anträge, die in dieser Energiede-
batte beraten werden; aber sie sind offenbar nur Aufhän-
ger. Es geht im Grunde darum, sich an die öffentliche
Strom- und Gaspreisdiskussion anzuhängen. Man ver-
sucht, diese Diskussion zu nutzen, um den Entwurf einer
Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes, der gerade auch
vom Bundesrat behandelt worden ist, entsprechend zu
kommentieren.

Dieses Thema ist zu komplex, als dass man es nur in
Schwarz und Weiß – auch wenn das heute die Farben
meiner Krawatte sind – aufteilen könnte. Ich glaube, wir
sollten an dieses Thema differenzierter herangehen. Es
geht um einen Paradigmenwechsel in der Energie-
wirtschaft und in der Energiepolitik hin zu einem regu-
lierten System und zu einer echten Wettbewerbsbehörde.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir erleben zurzeit – die Rede gerade war ein Bei-
spiel dafür – eine unsachliche und emotionalisierte De-
batte.


(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Aber nicht von uns!)


Politiker gerieren sich – zurzeit insbesondere im Bun-
desrat – als Verbraucherschützer. Das ist im Augenblick
sicherlich sehr populär. Was soll ich allerdings davon
halten, wenn der Bundesrat – die Mehrheiten dort sind
bekannt – am Ende der Debatte das Ziel des Verbrau-

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(C (D herschutzes aus dem EnWG-Entwurf herausstreicht. as ist nicht nur ein Widerspruch, das ist nicht nur als opulistisch zu entlarven, sondern das ist auch das Geenteil von dem, was wir jetzt brauchen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Debatte ist zurzeit von Schuldzuweisungen ge-
rägt; auch dafür war diese Rede ein Beispiel. Frau
öhrl, Sie machen es sich furchtbar einfach, wenn Sie
it auf diesen Zug springen und glauben, Sie könnten
ieser Bundesregierung die Preisentwicklung der letzten
ahre sozusagen ans Bein binden.
Fangen wir mit den Kosten an, die Sie – zu Recht –

ngesprochen haben: im Wesentlichen Kosten für eine
kologische Energiepolitik, die wir mit unseren Geset-
en verursacht haben. Wir stehen dazu. Wir glauben,
ass das die richtige Politikrichtung ist. Es ist übrigens
ine Richtung, die von Ihrer Regierung vorgegeben wor-
en ist. Wir haben den eingeschlagenen Weg allerdings
eutlich präzisiert.
Wir stehen zu dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Wir

agen: Mit den erneuerbaren Energien, das heißt mit
em Einstieg in diese alternative Form der Energiepro-
uktion, steigen wir auch in die Schaffung der Versor-
ungssicherheit der Zukunft ein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as Stichwort „Versorgungssicherheit“ haben Sie ge-
annt; aber über Zukunft haben Sie nicht gesprochen.
Zur Ökosteuer: Sie wissen sehr genau, dass sie eine

enkungswirkung entfaltet und dass wir damit seit Jah-
en ein Stück weit Ressourcenschonung betreiben. Das
st ebenfalls Versorgungssicherheit für die Zukunft. Ma-
hen wir uns nichts vor: Die Verbraucher haben ein Inte-
esse an niedrigen Preisen; aber sie haben auch ein Inte-
esse an Versorgungssicherheit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Die gibt es leider bei Ihnen nicht!)


Wir erleben zurzeit, welche Schlagzeilen die von eini-
en EVU angekündigten Preiserhöhungen hervorrufen.
enn der Strom bei einem Crash einmal nicht aus der
teckdose kommt – das ist in manchen Ländern, auch in
nserer unmittelbaren Nachbarschaft, schon einmal der
all gewesen –, dann sähen die Schlagzeilen anders aus:
ann wird nicht mehr davon gesprochen, dass der Strom
öglicherweise zu teuer ist, sondern dann wird sich die
ebatte darum drehen, dass der Strom überhaupt nicht
ehr verfügbar ist. Auch deswegen planen wir eine No-
elle des Energiewirtschaftsgesetzes sowie die Ände-
ung von Verordnungen und des Handlungsrahmens für
en Regulierer. Er soll imstande sein, die Spielräume für
reissenkungen, soweit vorhanden, auszuschöpfen; aber
r soll auch für Investitionen in Netze sorgen.
Frau Wöhrl, Sie haben gerade beklagt, dass die Stand-

rtpolitik von uns vernachlässigt werde. Ich mache ein-
al darauf aufmerksam, dass die Wirtschaft auf die






(A) )



(B) )


Rolf Hempelmann

beiden Gesetze, die wir in diesem Jahr verabschiedet ha-
ben, ganz anders reagiert hat. Sie hat diesen Handlungs-
rahmen als verlässlich bezeichnet und angekündigt, dass
sie investieren wird. Nach Verabschiedung des EEG kam
die Ankündigung, zum Beispiel im Bereich der Bioener-
gien schwerpunktmäßig investieren zu wollen, was ge-
rade auch die Landwirtschaft gewünscht hat. Es wird
hier ganz deutliche Fortschritte geben. Auch das ist ein
Beitrag zur Versorgungssicherheit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Und die Verbraucher belastet!)


Nachdem wir die Rahmenbedingungen für den Emis-
sionshandel geklärt hatten, kamen aus verschiedenen
Richtungen – nicht von einem, sondern gleich von einem
halben Dutzend Energieversorgungsunternehmen – die
Ankündigungen: Ja, wir bereiten jetzt Investitionen in
neue Kraftwerke vor. Ich denke, das macht deutlich, dass
wir auch die wirtschaftspolitische Dimension von Ener-
giepolitik im Blick haben. In diesem Lande wird wieder
in die gesamte Wertschöpfungskette Energie investiert
werden und, wenn das Energiewirtschaftsgesetz steht,
eben auch wieder in Netze.


(Beifall bei der SPD)

Daran, meine Damen und Herren, hängen natürlich auch
in erheblichem Umfang Arbeitsplätze.

Zurzeit gibt es eine sehr einfach gestrickte Diskussion
– wir haben das im Bundesrat verfolgen können – um die
Frage, wie denn im Einzelnen die Verordnungen und die
Befugnisse des Regulierers im Gesetz ausgestaltet wer-
den sollen. Wir haben ein hohes Maß an Diskussionsbe-
reitschaft bezüglich der Instrumente, allerdings nicht be-
züglich des Ziels. Wir wollen im Sinne der Verbraucher
die möglichen Preissenkungsspielräume ausgeschöpft
sehen, aber das Kind nicht mit dem Bade ausschütten,
sondern Netzsicherheit und damit Versorgungssicherheit
in diesem Bereich. Das ist die Vorgabe auch für den Re-
gulierer. Wir werden das durch die Ausgestaltung des
Gesetzes, aber auch durch Verordnungen entsprechend
deutlich machen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass das, was
der Bundesrat zu diesem Thema bisher beschlossen hat,
in die Irre führt. Jedenfalls ist damit noch nicht das Ziel
erreicht, das wir anstreben. Da wird so getan, als wäre
das Ex-ante-Prinzip ein Allheilmittel, während ein Ex-
post-Vorgehen nicht funktioniere. Ich möchte einmal
darauf aufmerksam machen, dass es eine Ex-ante-Regu-
lierung auf Länderebene seit Jahrzehnten gibt. Wir dis-
kutieren ja heute darüber, welche Ergebnisse das gezei-
tigt hat, nämlich offenbar nicht die gewünschten, sonst
hätten wir andere Preisniveaus. Sie wissen, dass es in ei-
nigen Ländern relativ gut funktionierende Preisaufsich-
ten gegeben hat, in anderen aber nicht. Einige Länder
wie Baden-Württemberg und Hessen steigen sogar aus
der Preisaufsicht aus. Da muss man sich schon fragen,
wie man angesichts dessen die Chuzpe haben kann, zu
beschließen, Ex-ante-Preisaufsicht auf Länderebene ein-
zuführen, um die vorhandenen Preisspielräume zuguns-

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(C (D n der Verbraucher auszuschöpfen. Das funktioniert icht; das hat in der Vergangenheit nicht funktioniert. ir brauchen hierfür eine bundeseinheitliche Vollzugsehörde. Ich denke, wir werden sie auch bekommen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, wir werden in den nächs-
n Wochen auf Sie, die CDU/CSU-Opposition, zuge-
en.


(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Da wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben!)


ir werden dieses genauso auf Bundestags- wie auf
undesratsebene tun. Wir werden Ihnen kein Mauseloch
assen. Sie werden nicht nach dem Motto vorgehen kön-
en: Vorschläge öffentlich anprangern und Beteiligung
n der Suche nach einer konstruktiven Lösung verwei-
ern. Wir lassen Sie da nicht aus der Verantwortung. Ich
enke, auch die Bürgerinnen und Bürger lassen Sie da
icht heraus. Die Spielchen nach dem Motto „öffentlich
opulistische Positionen beziehen und intern dann die
inge mitmachen, die man mitmachen muss“ werden
icht laufen. Sie werden sich öffentlich zu dem Ergebnis
ekennen müssen, was am Ende hoffentlich gemeinsam
rzielt wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In diesem Zusammenhang mache ich darauf aufmerk-
am, dass die Wirtschaftsminister der Länder schon ein-
al weiter waren. Sie wollten nämlich die Ex-post-Auf-
icht stärken, wie es auch vom Bundesministerium für
irtschaft im Gesetzentwurf der Bundesregierung vor-
eschlagen worden ist, um Missbräuche zu bekämpfen.
iese sollte durch neue und weitergehende Instrumente
lankiert werden, etwa durch einen Einstieg in ein Ver-
leichsmarktverfahren und eine Anreizregulierung. Ich
laube, dass es genau der richtige Weg ist, auf ein sol-
hes Kombinationsmodell zu setzen. Ich plädiere dafür,
onstruktiv miteinander darüber zu reden, wie man das
m Einzelnen ausgestalten muss. Ich glaube, dass wir an
em Modell eines kostenbasierten Entgelts nicht vorbei-
ommen; man wird es aber so ausgestalten müssen, dass
m Ende wirklich vernünftige, angemessene Netzent-
elte herauskommen.
Man wird die Missbrauchsaufsicht, so wie im Ge-

etz vorgeschlagen, stärken müssen durch zusätzliche
rmittlungsbefugnisse, Mitwirkungspflichten aufseiten
er Netzbetreiber, kurze Verfahrensfristen, Beweislas-
umkehr und Sofortvollzug. Das ist dann kein zahnloser
iger, sondern eine ganz andere Missbrauchsaufsicht, als
ir sie bisher kennen. Sie muss aber flankiert werden.
ch denke, mit einem vernünftig strukturierten Ver-
leichsmarktverfahren wird man die schwarzen Schafe
ehr schnell herausfiltern und in der Tendenz dafür sor-
en können, dass die Entgelte zügig sinken.
Aber eines sollten wir den Bürgerinnen und Bürgern

icht vormachen: Wir sollten nicht so tun, als sei der
reisspielraum nach unten sozusagen beliebig groß. Wir
önnen in den Netzen einiges bewirken. Aber wir haben






(A) )



(B) )


Rolf Hempelmann

auch andere Kostenfaktoren, einerseits politisch ge-
wollte, wie ich gerade gesagt habe, ökologische, die bei
den Bürgern eine hohe Akzeptanz haben, und anderer-
seits produktionsbedingte. Ich nenne hier beispielsweise
die Kraftwerke, die Rohstoffe sowie die Primärenergien.
Da geht die Preiskurve eher nach oben. Das ist von uns
nicht zu beeinflussen, sondern das hat etwas mit der Si-
tuation auf den internationalen Märkten, insbesondere
mit der Entwicklung in China, zu tun. Deswegen müssen
wir den Leuten ehrlich sagen: Wir versuchen, die Preise
im Griff zu behalten, aber es wird keine endlose Ent-
wicklung nach unten geben, weil es Faktoren gibt, die in
eine andere Richtung weisen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir mit dieser
Einstellung an die weitere Arbeit herangehen, dann wer-
den wir auch – da bin ich sicher – ein vernünftiges Mo-
dell zustande bringen, über das wir möglicherweise
schon im Dezember abschließend beraten können. Ich
fordere Sie auf: Machen Sie mit und verweigern Sie sich
nicht!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512906100

Das Wort hat die Kollegin Gudrun Kopp, FDP-Frak-

tion.

Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1512906200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und

Damen! Wir stehen heute vor der riesengroßen Aufgabe,
die derzeitige energiepolitische Geisterfahrt der rot-grü-
nen Bundesregierung zu beenden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


1998 haben wir als FDP die Deregulierung mit den
entsprechenden Erfolgen für die Wirtschaft und die Pri-
vatverbraucher angestoßen. Heute brauchen wir drin-
gend eine Politikfolgenabschätzung der bisherigen Ener-
giepolitik von Rot-Grün. Dazu nenne ich Ihnen ganz
kurz ein paar Zahlen, die Sie sich einmal vor Augen hal-
ten müssen. Für die Industrie sind vom ersten Halbjahr
2000 bis zum ersten Halbjahr 2004 die Strompreise um
49 Prozent und die Gaspreise um 20 Prozent gestiegen.
Bei den privaten Haushalten sieht es noch finsterer aus:
In den letzten zehn Jahren sind die Strompreise um
8,5 Prozent, die Erdgaspreise um 55,2 Prozent und die
Heizölpreise sogar um fast 73 Prozent gestiegen.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und woher kommt das?)


Derzeit beläuft sich die Gesamtlast von Steuern und Ab-
gaben auf Energie pro Kopf auf jährlich 600 Euro. Das
ist enorm.

Man muss sich einmal vor Augen führen, wie wichtig
die Energiewirtschaft für Deutschland ist. Wir sprechen
hier von einem großen Markt mit 320 000 Beschäftigten
und einem geschätzten Umsatz von 90 Milliarden Euro.
Deutschland ist im Energiebereich der größte Verbrau-

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(C (D hermarkt in der EU; es handelt sich um eine Riesendiension. Welche Rahmenbedingungen die Politik für ie Energiewirtschaft vorgibt und wie sie die Stellchrauben dreht, ist äußerst entscheidend. Wettbewerbsfähigkeit, Preisgünstigkeit, Versorgungs icherheit und Umweltverträglichkeit, das sind die vier iele, die wir als FDP verfolgen. Wir legen Ihnen heute echs Initiativen, sechs Anträge der FDP-Bundestagsraktion vor, mit denen wir ein weiteres Mal versuchen, ie dazu zu bringen, hier ein Energieprogramm einzuringen und damit Ihre Zielsetzung anzugeben. Wir betonen in unseren Anträgen, dass es wichtig ist, m Energiemix festzuhalten. Dazu gehören fossile nergien und erneuerbare Energien. Aber für diese Enerien müssen marktwirtschaftliche Kriterien gelten. Es arf keine dauerhaften Steuervergünstigungen geben, die ur zu einem Preisanstieg und zu Unsicherheiten hinichtlich der Versorgung führen. Zu dem Mix gehört naürlich auch die Kernenergie. Wir werden auch in Zuunft auf die Kernenergie unter anderem mit Blick auf en Klimaschutz nicht verzichten können. Ich erinnere Sie von Rot-Grün daran, was der frühere irtschaftsminister Müller seinerzeit in einem Papier estgehalten hat, das nur intern – es durfte nicht öffentich werden – im Umlauf war. Dort hieß es, dass Kosten n Höhe von 250 Milliarden Euro entstünden, wenn wie Rot-Grün das möchte – bis zum Jahre 2020 der nteil der Kernenergie in Höhe von 30 Prozent durch ereuerbare Energien komplett ersetzt würde. Das ist chlicht nicht finanzierbar und deshalb vollkommen illuorisch. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


insichtlich der Politikfolgenabschätzung und der Tech-
ikfolgenabschätzung muss man Rot-Grün die Note
echs geben.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Oberlehrerin!)


Herr Minister Clement, ich spreche Sie hier persön-
ich an: Versuchen Sie alles, um sich im Streit mit Herrn
rittin durchzusetzen, damit am Standort Deutschland die
nergiewirtschaft eine Chance hat, die Verbraucher Ver-
orgungssicherheit haben und die Energie auch in Zukunft
ezahlbar ist. Die Aufsplittung der Zuständigkeit für die
nergiepolitik zwischen dem Bundesumweltministe-
ium und dem Bundeswirtschaftsministerium ist ein Di-
emma und fatal, wie wir an der Geisterfahrt nach dem
otto „Heute so, morgen so“ erkennen können. Keiner
eiß, wer sich an welcher Stelle durchsetzt. Das ist eine
edrohung für unsere Arbeitsplätze und daher nicht för-
erlich für unsere wirtschaftliche Entwicklung.


(Beifall bei der FDP)

Wir wissen, dass die Staatseingriffe dringend mini-
iert werden müssen. Herr Minister Clement, ich for-
ere Sie auf, dafür zu sorgen, dass der in nächster Zeit






(A) )



(B) )


Gudrun Kopp

dringend erforderliche Kraftwerksneubau – man rech-
net bis 2020 mit Investitionen in einer Höhe von etwa
40 Milliarden Euro – vorangebracht wird. Investitionen
werden nur getätigt, wenn die Rahmenbedingungen
stimmen; sonst können wir sie abhaken. Energiemärkte
lassen sich nicht steuern. Sie müssen sich vielmehr ent-
wickeln können.

Wir hätten uns eine echte Wettbewerbsbehörde,
nämlich das Bundeskartellamt, zur Regulierung des
Energiemarktes gewünscht.


(Beifall bei der FDP)

Sie ist leider nötig. Jetzt jedoch kommt es zu einem
enormen Personalaufbau bei der Regulierungsbehörde.
Das geht zulasten der Wirtschaft und zulasten der Ver-
braucher. Hier wird kräftig zugelangt.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512906300

Frau Kollegin, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1512906400

Ich komme zum Schluss.
Wir wünschen uns eine Methodenregulierung. Diese

Regulierung nützt dem Markt. Sie befördert Markt und
Wettbewerb und nicht politische Ideologien.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das sollten Sie sich einmal zu Herzen nehmen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512906500

Nächste Rednerin ist die Kollegin Michaele Hustedt,

Bündnis 90/Die Grünen.

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512906600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist

klar, dass wir Investitionssicherheit brauchen. Da in
nächster Zeit die Hälfte der Kraftwerkskapazitäten er-
setzt werden muss, muss es klare Rahmenbedingungen
geben.

Frau Wöhrl, vonseiten der CDU/CSU habe ich, ehr-
lich gesagt, nur Fragen über Fragen gehört, aber keine
einzige Antwort.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Wer regiert denn?)


Ich stelle Ihnen zum wiederholten Male unser Energie-
konzept dar und möchte die einzelnen Punkte aufzählen:


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Sie haben ein Energieprogramm? Wo denn?)


Erstens. Wir wollen Leitplanken für den Umwelt-
schutz. Mit dem Gesetz zur Förderung der erneuerbaren
Energien wollen wir einen Anteil der erneuerbaren Ener-
gien von 20 Prozent bis zum Jahre 2020 erreichen. Au-
ßerdem wollen wir einen Emissionshandel wie in allen
anderen europäischen Ländern, um die Investitionen in

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(C (D ichtung effizienter und umweltfreundlicher Technoloien zu lenken. (Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Das reicht doch nicht!)


Zweitens. Leitplanken für die Versorgungssicherheit
erden zum einen im Energiewirtschaftsgesetz festge-
chrieben. Zum anderen werden wir uns bemühen – da-
auf komme ich noch –, die Abhängigkeit vom Öl Schritt
ür Schritt zu reduzieren.
Drittens. Wir brauchen endlich Rahmenbedingungen

ür mehr Wettbewerb in Deutschland. Wir wollen nicht
uf Ihr Modell des verhandelten Netzzuganges setzen,
ondern einen fairen Wettbewerb in Deutschland einfüh-
en. Wir arbeiten im Rahmen der Novellierung des Ener-
iewirtschaftsgesetzes daran.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Darüber hinaus muss ich Ihnen eines sagen: Wir ha-
en Wettbewerb; wir wollen Wettbewerb.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Ihr wisst doch gar nicht, was dieses Wort heißt!)


as heißt aber auch, dass man nicht mehr wie in Mono-
olzeiten mit den Stromkonzernen über einzelne Investitio-
en in einzelne Kraftwerke redet. Vielmehr muss die Wirt-
chaft innerhalb bestimmter Rahmenbedingungen – das
ind der Atomausstieg, die Förderung erneuerbarer Ener-
ien, der Emissionshandel und die Versorgungssicherheit –
igenständig danach entscheiden, was am ökonomischs-
en ist. Das ist der richtige Weg.


(Gudrun Kopp [FDP]: Für welchen Preis?)

Jetzt komme ich auf die Kosten zu sprechen. Hier ar-

umentieren Sie – ich muss das einmal so formulieren,
uch wenn es kein parlamentarischer Ausdruck ist – mit
bsolut blödsinnigen Zahlen. Ich fange einmal an: Die
ehrwertsteuer bzw. die Konzessionsabgabe ist keine
rfindung der Grünen. Die gab es schon immer


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Das habe ich gesagt: Wir haben 25 Prozent gehabt!)


nd die werden Sie, falls Sie unwahrscheinlicherweise
emals wieder regieren werden, nicht abschaffen. Damit
eduzieren sich die Belastungen, die Sie genannt haben,
on 40 auf 15 Prozent.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Ist die Mehrwertsteuer keine staatliche Belastung? So ein Stuss!)


Jetzt komme ich auf die Ökosteuer zu sprechen. Frau
öhrl, ich schlage Ihnen eine Wette vor – ich bin ge-

pannt, ob Sie sie annehmen –: Ich wette mit Ihnen, dass
ie die Ökosteuer, falls Sie unwahrscheinlicherweise ab
006 in der Regierung sind, nicht abschaffen werden.
ine Umwandlung in die Mehrwertsteuer gilt natürlich
icht; denn dann kämen wir ja vom Regen in die Traufe.
issen Sie, warum Sie sie nicht abschaffen? Weil Sie
onst im Haushalt und in den Rentenkassen ein Riesen-
och bekommen würden; denn die Ökosteuer wird nicht
infach so erhoben, sondern dient dazu, die Rentenversi-






(A) )



(B) )


Michaele Hustedt

cherungsbeiträge zu senken. Sie landet also bei den Un-
ternehmen und direkt bei den Bürgern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen werden auch Sie die Ökosteuer nicht abschaf-
fen. Blasen Sie hier also nicht die Backen auf!


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt komme ich zum nächsten Punkt, zur Förderung
der erneuerbaren Energien. Von einem Strompreis von
18 Cent pro Kilowattstunde sind 0,4 Cent für diese För-
derung vorgesehen. Das sind 2 Prozent. Ich nenne Ihnen
einmal die Ergebnisse der neuesten Umfragen der Elek-
trizitätswirtschaft. Da wurde gefragt: Was soll in Zu-
kunft gefördert werden? 91 Prozent der Bürger nennen
die Sonnenenergie, 72 Prozent die Wasserkraft, 66 Pro-
zent die Windkraft, 9 Prozent die Kohle und 8 Prozent
die Atomkraft. Die Förderung der erneuerbaren Energien
stößt auf große Akzeptanz in der Bevölkerung. Wir ste-
hen dazu, dass dies etwas kostet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Gudrun Kopp [FDP]: Wissen das auch die Bürgerinitiativen?)


Die Preiserhöhungen, die die Stromkonzerne jetzt an-
gekündigt haben, umfassen das Dreifache der gesamten
Kosten, die im Gesetz zur Förderung der erneuerbaren
Energien vorgesehen sind. Deswegen sage ich Ihnen:
Wir dürfen nicht auf einem Auge blind sein. Wir müssen
genau hinschauen und für Wettbewerb auf dem Markt
sorgen,


(Gudrun Kopp [FDP]: Eben!)

damit keine Monopolpreise erhoben werden.

Nun ruft auch die CDU/CSU im Bundesrat – die FDP
ist ja immer noch für das alte Modell – nach einem star-
ken Schiedsrichter. Dazu kann ich sagen: Die größten
Kritiker der Elche waren früher selber welche. Als die
rot-grüne Bundesregierung schon lange den Paradig-
menwechsel vollzogen und gesagt hat: „Wir müssen
vom verhandelten Netzzugang zu einem starken
Schiedsrichter in Form des Staates kommen“, haben Sie
immer noch dem alten Modell angehangen.

Im Licht der neuen Debatte und der aktuellen Ankün-
digung von Strompreiserhöhungen können wir noch ein-
mal über das eine oder andere im Energiewirtschaftsge-
setz nachdenken. Aber da halte ich es mit Herrn
Hempelmann: Wer die Backen aufbläst, muss auch lie-
fern. Wir werden sehr bald mit Ihnen am Tisch sitzen
und nicht nur über Sprüche, sondern über konkrete Kon-
zepte reden. Ich möchte, dass von Ihnen etwas geliefert
wird; ansonsten sind Sie unglaubwürdig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Gudrun Kopp [FDP]: Als Erstes brauchen wir die Verordnung!)


Als Letztes möchte ich festhalten: Lassen Sie uns ein-
mal über die ernsthaften Dinge, über die Herausforde-
rungen, vor denen wir wirklich stehen, reden! Nehmen

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(C (D ie einmal die „Handelsblatt News am Abend“ vom 7. September 2004 und lesen Sie die Überschriften: Hurrikane kosten Versicherer Milliarden“, „Brentölreis auf Rekordhöhe“, „Hoher Ölpreis und Ifo-Index rüben Stimmung an der Börse“. Das sind die Probleme, or denen wir stehen und über die wir uns wirklich Geanken machen müssen. Durch die letzten vier Hurrikane zum Beispiel kaen mehr als 2 000 Menschen ums Leben. In Florida ist in Schaden von bis zu 25 Milliarden US-Dollar entstanen. (Dirk Niebel [FDP]: Das haben wir als Regierung aber nicht gemacht!)


ie Insel Grenada ist als Staat quasi ausgelöscht.
0 Prozent aller Häuser dort sind beschädigt und ver-
ichtet worden. Das ist eine Herausforderung; das ist der
eginnende Treibhauseffekt.
Ich muss wirklich sagen: Ich vermisse Ihre Konzepte,
ie man darauf reagiert.


(Dirk Niebel [FDP]: Sie schalten die Atomkraftwerke aus! Meinen Sie, das wird dadurch besser?)


ir in Deutschland haben nach den USA weltweit die
weithöchste CO2-Produktion. Wir können uns dahericht auf das zurückziehen, was wir getan haben. Wir
üssen handeln.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


eswegen wollen wir die erneuerbaren Energien fördern
nd durch den Emissionshandel dafür sorgen, dass in
irklich umweltfreundliche Kraftwerke investiert wird.
Ich sage Ihnen eines: Manche hoffen ja, dass der Ölpreis
ieder sinkt. Ich befürchte, dass wir uns auf ein dauer-
aft hohes Niveau einrichten müssen. Es gibt zwar un-
erschiedliche Vorstellungen darüber, wie viel Öl noch
orhanden ist. Aber wenn das niedrigste Fördermaxi-
um überschritten ist, wird es eine Preisexplosion ge-
en. Außerdem müssen wir uns schon jetzt darauf ein-
tellen – das ist absehbar –, dass die Nachfrage aus
ndien, China und anderen Schwellenländern drastisch
nsteigen wird, und zwar nicht nur nach Öl, sondern
uch nach Gas und anderen Rohstoffen.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Auch nach Kohle! Für alles!)


usätzlich müssen aufgrund der Terrorgefahren weitere
nvestitionen getätigt werden, die den Preis nochmals
ochtreiben. Das sind die Punkte, mit denen wir uns aus-
inander setzen müssen.
Eine der zentralen Antworten darauf ist es, schritt-
eise vom Öl weg zu kommen. Das bedeutet, dass wir
uf erneuerbare Energien umsteigen müssen, dass wir
it Holzpellets und Solarthermie heizen und nicht mehr
it Heizöl, was sich für die Bürger rechnet, dass wir
em Treibstoff Schritt für Schritt Ethanol beimischen;
rasilien macht uns vor, dass das geht. Wir müssen auch
uf synthetische Kraftstoffe, auf dem Acker produziert,






(A) )



(B) )


Michaele Hustedt

setzen und diese Schritt für Schritt in Deutschland ein-
führen, und zwar in Zusammenarbeit mit der Mineralöl-
wirtschaft und der Automobilwirtschaft. Wir müssen
auch eine dritte Säule entwickeln und die Abhängigkeit
vom Öl vonseiten der chemischen Industrie reduzieren,
also auf nachwachsende Rohstoffe vom Acker auch bei
der chemischen Produktion setzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512906700

Frau Kollegin, Ihre Redezeit!

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512906800

Ich komme zum Schluss. – Das ist ein Weg, der in die

Zukunft weist.
Ich möchte Sie bitten, anstatt nur Fragen zu stellen,

ebenso wie wir eigene Antworten zu entwickeln. Nur
dann sind Sie glaubwürdig.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512906900

Das Wort hat der Kollege Dr. Joachim Pfeiffer, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1512907000

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst
möchte ich etwas Positives feststellen, und zwar dass das
Thema Energie und die damit verbundenen Fragen der
Energiewirtschaft und der Energieversorgung wieder
zentrale Punkte der politischen Agenda geworden sind.
Sowohl Politik als auch Wirtschaft und Öffentlichkeit
realisieren wieder, dass eine sichere und wettbewerbsfä-
hige Energieversorgung für Wirtschaft und Verbraucher
von zentraler Bedeutung für Deutschland ist. Das ist al-
lerdings auch das einzig Positive, das ich als Ergebnis
der rot-grünen Energiepolitik feststellen kann. Ansons-
ten schadet diese Bundesregierung dem Standort
Deutschland durch eine konzeptionslose und leider ideo-
logisch einseitige Politik; das ist heute bereits mehrfach
angesprochen worden.

Herr Hempelmann, ich möchte gerne, weil Sie dies
angesprochen haben, zur Versachlichung beitragen.
Dazu ist es hilfreich, einmal Zahlen und Fakten zu nen-
nen.

Es ist Tatsache, dass durch Ihre Politik dem Standort
Deutschland geschadet wird. Frau Hustedt, Sie haben
gerade versucht, das zu relativieren; das wird aber auch
durch mehrfaches Wiederholen nicht wahr. Wir haben
heute, im Jahre 2004, in der Summe eine Belastung
durch staatliche Abgaben allein im Strombereich von
knapp 15 Milliarden Euro.


(Ulrich Kelber [SPD]: Frau Wöhrl hat eine andere Zahl genannt!)



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(C (D Das war für das Jahr 2003. Dieses Jahr wird sich der ert inklusive Mehrwertsteuer auf knapp 15 Milliarden uro belaufen. Das wird nicht einmal vom Kollegen empelmann bestritten. Dem stehen Liberalisierungsund Rationalisierungs ffekte in einer Größenordnung von 7,5 Milliarden Euro egenüber, die noch durch die Regierung Kohl initiiert urden. Diese, durch Ihre Politik verursachte drastische Verteue ung des Faktors Energie führt zu einer weiteren Verchlechterung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit er deutschen Wirtschaft, zu Wachstumsverlusten und rägt letztlich auch zum Anstieg der Arbeitslosigkeit bei. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Gut abgelesen!)


ie nehmen den Konsumenten mit dieser Politik Kauf-
raft und beschneiden ihre Souveränität. Ich will Ihnen
inmal vorrechnen, welche Auswirkungen Ihre Politik
at: Ein Drei-Personen-Haushalt in Deutschland mit
iner 100-Quadratmeter-Wohnung und einem PKW
10 000 km Fahrleistung, Durchschnittsverbrauch von
,9 Litern – hat durch Ihre Politik pro Jahr über
30 Euro weniger in der Tasche als vorher.


(Ulrich Kelber [SPD]: Falsch!)

Das sind die Fakten, denen Sie sich stellen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Bewusst unwahr!)


ie so zustande gekommenen Beträge speisen Sie in die
taatliche Umverteilungsmaschinerie; zuvor haben Sie
ie den Konsumenten weggenommen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Taschenspielertricks!)

Diese Bundesregierung schadet durch ihre Politik

ber auch dem Standort Deutschland. Ich darf dazu auf
as Kompetenzgerangel im Frühjahr verweisen. Der
missionshandel wurde ja vorhin als positives Beispiel
ngesprochen. Was ist das Ergebnis? – Einseitige Belas-
ungen für Deutschland; die flexiblen Instrumente, die
as Kioto-Protokoll bietet, werden wir, so war heute zu
esen, nicht im notwendigen Umfang


(Ulrich Kelber [SPD]: Was?)

nicht im notwendigen Umfang; jawohl, Herr Kelber,
enn Sie das noch nicht wissen – einsetzen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Überhaupt keine Ahnung vom Thema!)


Wollen Sie etwa sagen, dass wir CDM und JI unbe-
renzt in Deutschland anwenden?


(Ulrich Kelber [SPD]: Ja! So ist das!)

Das können wir für das Protokoll festhalten.
Darüber hinaus ist das EEG schon angesprochen wor-

en. Herr Clement, Sie haben ja dankenswerter Weise
ersucht, im Frühjahr dieses Jahres manchen Unsinn ab-
ustellen, indem Sie die Kosten und die Kosteneffizienz
n den Vordergrund gerückt haben. Als Ergebnis muss
an leider festhalten: Sie sind als Tiger gestartet und als






(A) )



(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer

Bettvorleger gelandet. Durch die Novellierung des EEG
ist weiterer Unsinn festgeschrieben worden. Ein Beispiel
dafür: Sie sprechen ja davon, dass die Solartechnik be-
sonders gefördert werden soll. In diesem Jahr wird die
Umlage im Bereich der erneuerbaren Energien drastisch
zugunsten der Photovoltaik erhöht, ohne dass dies eine
nennenswerte Erhöhung der netzgekoppelten Energie-
einspeisung bringt.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512907100

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Hustedt?

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1512907200

Ja, gerne.

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512907300

Herr Pfeiffer, erstens habe ich die Frage: Wie hat die

CDU/CSU-Fraktion im Bundestag beim Vorschaltgesetz
zum EEG abgestimmt, das ja die Förderung für die Pho-
tovoltaik beinhaltet?


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Waren Sie nicht dabei? Haben Sie gefehlt?)


Zweite Frage: Wie haben die CDU-geführten B-Länder
im Bundesrat beim EEG abgestimmt?


Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1512907400

Frau Hustedt, wir haben, wie Sie wissen, dem Photo-

voltaik-Vorschaltgesetz im letzten Jahr im Bundestag zu-
gestimmt.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Interessant!)


Wir haben das getan, damit kein Bruch entsteht. Wir ha-
ben aber gleichzeitig gesagt, dass mit der Novellierung
des EEG zum 1. Juli dieses Jahres der Unsinn beendet
werden muss.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch drei Monate verlängerter Unsinn!)


Mit Photovoltaik wird nämlich im Wesentlichen Techno-
logieförderung betrieben. Selbst Herr Matthes vom Öko-
Institut stellt fest


(Abg. Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] spricht mit Abg. Volker Kauder [CDU/CSU])


– hören Sie mir doch wenigstens zu; wenn Sie mir Fra-
gen stellen, dann darf ich sie beantworten, oder? –,


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe gefragt, wie Sie abgestimmt haben, nicht, wie Ihre Meinung ist!)


dass das, was mit der Photovoltaik im EEG passiert, der
falsche Weg ist. Nicht ausgereifte Technologien werden
mithilfe eines Preises, der mehr als das Zehnfache des
Marktpreises der anderen Energiearten beträgt, in den
Markt gedrückt. Stattdessen sollte die technologische
Entwicklung vorangetrieben werden.


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(C (D (Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben aber zugestimmt!)


Ich habe gerade versucht, Ihnen zu erläutern, warum
ir dem Vorschaltgesetz zugestimmt haben: weil wir der
uten Hoffnung waren, mit Ihnen für das gesamte EEG
u einem vernünftigen Ergebnis zu kommen. Das ist lei-
er nicht eingetreten.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Das ist die übliche Antwort! – Volker Kauder [CDU/CSU], zu Abg. Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] gewandt: Setzen! Sechs! – Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Peinlich!)


Jetzt zum Thema Wettbewerb. Herr Clement, Sie ha-
en in der vorletzten Sitzungswoche im Bundestag be-
lagt, dass die etablierte Energiewirtschaft Abzocke be-
reibe und im Vorgriff auf die anstehende Novellierung
es Energiewirtschaftsgesetzes jetzt noch Kasse machen
olle. Ich widerspreche gar nicht, dass es hierzu Ansätze
ibt. Sie haben aber zugleich verschwiegen, dass Ihr
aus wenig unternommen hat, damit diese EU-Richt-
inie – für deren Umsetzung Sie verantwortlich sind –,
ie den Wettbewerb in den Netzmonopolen dort erzeu-
en soll, wo er bisher nicht im notwendigen Umfang ein-
etreten ist, zum 1. Juli dieses Jahres umgesetzt werden
onnte. Die Richtlinie hätte zum 1. Juli 2004 umgesetzt
erden müssen, aber Sie haben erst Ende Juli eine Kabi-
ettsentscheidung dazu getroffen.
Auf der einen Seite beklagen Sie mit Krokodilstränen,

ass der Wettbewerb nicht groß genug sei. Auf der ande-
en Seite schlagen Sie nun Instrumente vor, die gar nicht
eeignet sind, den Wettbewerb im notwendigen Umfang
u gewährleisten. Hier greife ich das auf, was der Kol-
ege Hempelmann gesagt hat. Ich freue mich, dass er er-
lärt hat, die Koalition werde auf uns zukommen. Dies
st bisher noch nicht geschehen. Bisher hatten Sie ge-
offt, Ihren Vorschlag realisieren zu können, der aber
berhaupt nicht geeignet ist, den notwendigen Wettbe-
erb im Netzbereich herbeizuführen. Wir werden uns
em nicht verweigern, sondern im Vermittlungsaus-
chuss, wie wir es beim Telekommunikationsgesetz auch
etan haben, konstruktiv mitarbeiten und unsere Vor-
chläge im Interesse von Wirtschaft und Verbrauchern
inbringen, damit wir auf diesem Gebiet mehr Wettbe-
erb bekommen.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Aber möglichst einen!)


Wir wollen die Regulierung auf den Netzbereich be-
chränken. Wir wollen keine Regulierungen im Bereich
er Erzeugung. Dort gibt es bereits Wettbewerb; das
önnen die Privaten in diesem Bereich allein regeln. Wir
ollen eine Ex-ante-Lösung, die im Vorhinein Klarheit,
icherheit und Transparenz schafft. Wir wollen bei den
etznutzungsentgelten – hier sehen wir die größte Krux –
eg von der reinen Kostenorientierung und hin zu
arktorientierten Preisfindungen, damit wir, auf ver-
chiedene Cluster bezogen, zu Höchstpreisen kommen.
m Ergebnis wollen wir eine schlanke, schlagkräftige






(A) )



(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer

Regulierung, die auch im Netzbereich die Mobilisie-
rungseffekte ermöglicht, die dort notwendig sind.

Dort sind Potenziale vorhanden, die wir heben müs-
sen; darin sind wir uns einig. Nur bewegen sich diese
Potenziale – deshalb habe ich vorhin die Zahlen noch
einmal genannt – leider nur in einer Größenordnung von
einem Fünfzehntel oder höchstens einem Zehntel des-
sen, was Sie durch staatlich verursachte Abgaben auf
den Strompreis an Mehrbelastung geschaffen haben. Das
müssen Sie den Bürgern und der Wirtschaft in diesem
Lande auch einmal sagen. Sie dürfen sich nicht nur ein-
seitig das heraussuchen, was Ihnen gerade in den Kram
passt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Wöhrl hat bereits angesprochen – ich vertiefe es

an dieser Stelle –, dass Sie Deutschland auch dadurch
schaden, dass Sie kein geschlossenes und in sich stimmi-
ges Energiekonzept haben.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Das tut uns aber weh!)


Alles andere stimmt nicht. Das letzte Energieprogramm
einer Bundesregierung stammt von der Regierung Kohl.


(Lachen bei der SPD)

– Ja, vom Anfang der 90er-Jahre.


(Ulrich Kelber [SPD]: 1981, Regierung Schmidt!)


– Das stimmt doch überhaupt nicht. Herr Kelber, lesen
Sie es einmal nach! Das ist doch dummes Geschwätz.
Das ist nicht nur dumm und dämlich, das ist schon völlig
unerträglich. Wenn ich Sie so sehe und höre, fällt mir
immer der Satz ein: Nur die dümmsten Kälber wählen
ihren Schlächter selber.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das war ein Pfeifen im Wald!)


Bei der Energiepolitik verfolgen Sie die Strategie
„rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“. Ihre
Energiepolitik gefährdet in diesem Land 600 000 Ar-
beitsplätze in den energieintensiven Branchen. Demge-
genüber sind die von Ihnen mit Jubelfanfaren begrüßten
Arbeitsplatzgewinne bei den erneuerbaren Energien lei-
der nur ein Tropfen auf den heißen Stein. In der Summe
gefährden Sie mit Ihrer Energiepolitik den Standort
Deutschland.

Lassen Sie mich noch etwas zum Energiemix und zur
CO2-Reduktion sagen. Frau Hustedt, wir sind überein-stimmend der Meinung, dass die CO2-Emissionen redu-ziert werden müssen. Diese CO2-Reduktion darf abernicht ideologisch betrieben werden; vielmehr muss sie
kosteneffizient verfolgt werden. Wie können wir mit den
vorhandenen Mitteln das CO2 am meisten reduzieren?Fakt ist eben: Wenn wir bestehende Kraftwerke – auch
solche für fossile Brennstoffe – optimieren, kostet die
Reduzierung des CO2-Ausstoßes je Tonne ungefähr5 Euro. Im Bereich der erneuerbaren Energien bewegen
wir uns beim heutigen Stand der Technik – es ist ja rich-
tig, dass dies in 20 Jahren anders sein könnte – bei der
Windkraft in einer Größenordnung zwischen 90 und

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(C (D 10 Euro je Tonne und bei der Photovoltaik bei 00 Euro je Tonne. Auf diesem Wege zu reduzieren ist lles andere als kosteneffizient; es liegt auch nicht im Ineresse der Ökologie. Sehen Sie das doch endlich einmal in und versuchen Sie es mit uns gemeinsam umzuseten, statt es abzulehnen, weil es ideologisch nicht in Ihen Instrumentenkasten passt oder Ihren politischen Zieletzungen widerspricht. Lassen Sie mich auch noch etwas zum Thema Kern nergie sagen. Es ist schon erstaunlich, wie Sie die Auen verschließen und Vogel-Strauß-Politik betreiben. orhin wurde der Weltenergiegipfel von Sydney angeprochen. Vielleicht können Sie, Herr Clement, als zutändiger Ressortminister nachher etwas dazu sagen, waum kein Vertreter der Bundesregierung bei diesem eltenergiegipfel war; alle anderen Länder waren dort ertreten. uf diesem Gipfel wurden nicht nur Szenarien für die ntwicklung des weltweiten Energieverbrauchs diskuiert, sondern es wurde auch festgestellt, dass wir mit unerem Ausstieg aus der Kernenergie in der Welt ziemlich llein dastehen. Sie versuchen uns einzureden, dass wir n Deutschland an der Spitze der Bewegung seien. Das egenteil ist der Fall. Wir bzw. Sie sind in diesem Fall ie letzten Mohikaner. (Wilhelm Schmidt [Salzgitter][SPD]: Lächerlich!)


(Ulrich Kelber [SPD]: Alle anderen?)


elbst in Europa, in Schweden und in Finnland, werden
etzt – nicht zuletzt aus dem genannten Grund der Kos-
eneffizienz bei der CO2-Reduktion – der Ausbau vonestehenden Kernkraftwerken und der Neubau solcher
raftwerke betrieben.


(Ulrich Kelber [SPD]: In Schweden?)

In Finnland, habe ich gesagt. Hören Sie halt zu, Herr
elber.


(Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben „Schweden und Finnland“ gesagt!)


In Finnland findet ein Neubau statt, in Schweden wird
er beschlossene Ausstieg aus der Kernenergie nicht
mgesetzt. In China werden neue Kapazitäten errichtet,
n den USA werden die Laufzeiten verlängert.
Das heißt, nicht nur aus Gründen der Versorgungssi-

herheit, sondern auch aus Gründen der Klimavorsorge
äre es dringend geboten, dass wir hier in Deutschland
iesen von Ihnen betriebenen Ausstieg überdenken.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512907500

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1512907600

Wir verlieren wertvolles technologisches Kapital und

achliches Know-how.
Ich komme zum Ende. Ich hoffe, dass wir beim Ener-

iewirtschaftsgesetz im Interesse der langfristigen Ent-





)


(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer

wicklung zusammenfinden. Das ist wichtig und notwen-
dig; die Zahlen sind genannt worden.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512907700

Herr Kollege, Sie reden zulasten Ihrer nachfolgenden

Kollegen.

(Hubertus Heil [SPD]: Zulasten der nachfol genden Generationen!)


Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1512907800

Wir sind bereit dazu, mit Ihnen im Interesse des

Standortes Deutschland an einer langfristigen Energie-
politik zu arbeiten, denn das Schlechteste, das uns pas-
sieren kann, ist eine Politik, die alle vier Jahre wechselt,
also eine Strategie „rein in die Kartoffeln, raus aus den
Kartoffeln“. Deshalb brauchen wir eine in sich konsis-
tente, langfristig angelegte Energiepolitik. Wir sind be-
reit dazu und fordern Sie auf, dies mit uns zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512907900

Das Wort hat der Kollege Michael Müller, SPD-Frak-

tion.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Michael Müller (SPD):
Rede ID: ID1512908000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn

man die Beiträge der Oppositionsparteien hört, dann
scheint es nur darum zu gehen, dass wir einen großen
Plan der Energiepolitik vorlegen müssen. Interessanter-
weise sagen das gerade die Parteien, die sonst immer so
nachdrücklich für den Wettbewerb plädieren. Ich kann
das nicht nachvollziehen. Ich glaube auch nicht, dass das
der eigentliche Streitpunkt ist. Der eigentliche Streit be-
zieht sich nicht darauf, ob man ein fertiges Energiekon-
zept hat, sondern darauf, dass wir in der Energiepolitik
völlig unterschiedliche Konzepte vertreten. Sie sind aber
nicht bereit, sich wirklich mit unserem neuen Konzept
auseinander zu setzen.


(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Sie haben doch gar keines!)


Der Grund ist einfach: Aus meiner Sicht haben Sie die
historische Situation, in der sich die Energiepolitik be-
findet, nicht begriffen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der eigentliche Streitpunkt liegt darin, dass Sie in der
antiquierten Philosophie der Versorgungswirtschaft des
20. Jahrhunderts stehen, aber nicht in der modernen
Energiepolitik der Effizienz, der Umweltverträglichkeit
und der Nutzung der Solarenergie des 21. Jahrhunderts.
Sie sind rückständig; genau dies können wir Ihnen prä-
zise nachweisen.

Meine Damen und Herren, wir sind heute wie nie zu-
vor an einem Punkt angelangt, an dem sich der Weg der
Energiepolitik verzweigt. Unser derzeitiges Energiesys-

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(C (D em bewegt sich an der Grenze dessen, was die Erde verragen kann, obwohl es eigentlich nur auf 1 Milliarde enschen ausgerichtet ist. Dieses so genannte Dualsys em, das Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde, ist m Kern – um es einmal mit Rockefellers Worten von en „Tränen des Teufels“ zu begründen – nichts anderes ls die Herrschaft der Industrieländer über den Rest der elt. Da aber auch der Rest der Welt beginnt, sich zu indus rialisieren, stellt sich die Frage: Was machen wir angeichts der Tatsache, dass unser Energiesystem nur auf Milliarde Menschen ausgerichtet ist und höchstverchwenderisch und ineffizient ist, wir aber ein Energieystem brauchen, das auf 6 bis 7 Milliarden Menschen usgerichtet ist? An dieser Stelle kommen Sie mit Ihren lten Ansätzen nicht weiter. Hier muss man ehrlich saen, dass umgebaut werden muss. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as ist der eigentliche Punkt. Sie laufen vor der Aufgabe
eg und haben Angst.
Eines muss man klar sagen: Es gibt keinen Umbau,

er nicht teuer ist und der nicht mit Konflikten verbun-
en ist. Sie können nicht so tun, als ob Sie das Alte ein-
ach fortschreiben können, und dann meinen, das sei mo-
ern. Nein, das ist nicht modern! Sie betreiben eine
nergiepolitik, mit der Sie genau das fortschreiben wol-
n, was uns in die Sackgasse geführt hat: die Ver-
chwendungs- und Versorgungswirtschaft. Was wir aber
rauchen, ist die Solar- und Vermeidungswirtschaft. Das
t ein völlig anderer Ansatz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/ CSU]: Alles Worthülsen!)


Nein, das sind keine Worthülsen. Ich empfehle Ihnen,
inmal die Berichte der Enquete-Kommission zu lesen.
uch CDU und CSU waren in dieser Frage schon einmal
iel weiter. Bei der FDP war das schwieriger und hat
ort zu internen Konflikten geführt. Herr Schmidbauer
nd Herr Lippold von der CDU haben die Position mit
ertreten, dass man 40 Prozent einsparen kann. Heute
ehmen Sie das nicht mehr zur Kenntnis. Sie reden nur
och über die Angebotsseite, obwohl das eigentlich Inte-
essante die Nachfrageseite ist. Aber was tun Sie an die-
er Stelle? Über den Bundesrat, wo Sie die Mehrheit ha-
en, streichen Sie den Verbraucherschutz. Was ist das
ur für ein Verständnis von Marktwirtschaft?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In den letzten Jahren gab es in der Energiepolitik drei
kologische Hauptprobleme: die Umweltproblematik,
ie Unordnung in den Stoffkreisläufen und die Ressour-
enknappheit. Aber jetzt ist die Situation eine ganz an-
ere; denn die Ressourcenknappheit wird zur zentralen
konomischen Frage. Wenn man meint, wir könnten al-
es billig machen und die Energiefragen im Wege der so
enannten Risikostreuung lösen, wäre das sehr kurzsich-
ig. Das ist keine Lösung. Wir müssen einerseits die

(A)







(A) )



(B) )


Michael Müller (Düsseldorf)


Effizienz- und Einsparpotenziale so weit wie möglich
ausnutzen und andererseits den Weg in Richtung Solar-
energie gehen. Aber alle Initiativen, die in diesen beiden
Bereichen ergriffen worden sind, haben Sie abgelehnt.
Das ist die Wirklichkeit. Sie haben sich einer modernen
Energiepolitik verweigert. Das ist der eigentliche Punkt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Übrigen versuchen wir – Herr Pfeiffer, auch das
möchte ich noch sagen, weil Sie es angesprochen ha-
ben –, diesen Übergang so sozial- und wirtschaftsver-
träglich wie möglich zu gestalten. Ich sage noch einmal:
Es wird keine billige Energie mehr geben.


(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Noch einmal 23 Milliarden Euro für die Steinkohle!)


Aber sie muss, soweit es geht, wirtschaftsverträglich und
preiswert sein. Mit der billigen Energie ist es allerdings
vorbei.


(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Nicht „billig“, sondern „wettbewerbsfähig“ habe ich gesagt!)


– Ja, aber im Grunde genommen wollen Sie alle Umbau-
maßnahmen beseitigen, reden von möglichst billiger
Energie und stimmen ein in die Jubelarien der Monopo-
listen, die in Wahrheit keinen wirklichen Wettbewerb
wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Stimmt überhaupt nicht!)


Wenn Sie über Wettbewerb reden, dann müssen Sie
auch über unterschiedliche Energieformen und über den
Wettbewerb auf den Energiemärkten sprechen, anstatt
nur die Politik anzugreifen, die versucht, in diesem Be-
reich für mehr Wettbewerb zu sorgen. Das ist doch unser
Ansatz.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Wir wollen den Wettbewerb! Das ist es doch, was ich vorhin gesagt habe!)


Ihr Wettbewerbsverständnis ist dermaßen verengt! Zum
Thema Wettbewerb gehört auch die Frage, ob man wei-
terhin die Verschwendungswirtschaft betreibt oder ob
man ihr Vermeidungsalternativen entgegenhält. Wettbe-
werb ist nicht nur eine Frage von Unternehmen, sondern
auch eine Frage unterschiedlicher energiepolitischer An-
sätze. Aber das haben Sie bis heute nicht begriffen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben, beispielsweise durch die Ausnahme der
export- und energieintensiven Branchen, versucht, den
Übergang, soweit es geht, verträglich zu gestalten. Das
tun wir auch weiterhin. Richtig ist aber auch: Sie müssen
sich in der Grundsatzfrage entscheiden, ob Sie das heu-
tige System fortführen oder ob Sie den Umbau wollen.
Dies gilt für alle drei Bereiche.

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(C (D Um das einmal auf den Punkt zu bringen: In Saudirabien ist der Höhepunkt der Ölförderung bereits überchritten. Der Druck in den Ölquellen lässt nach. Das ist nbestritten. Wollen Sie trotzdem weiterhin auf die Stragie der grenzenlosen Ausbeutung fossiler Energiequeln setzen? Oder: Nach Angaben des VDEW wird in spätestens 5 Jahren die Uransicherheit zu einem riesigen Problem erden, wenn die Atomkraft ausgebaut wird. Wollen Sie otzdem Ihren Weg eines Ausbaus der Atomanlagen eiter gehen? Dann sagen Sie aber bitte auch, dass Sie die Plutoniumwirtschaft wollen. Seien Sie dann auch hrlich und tun Sie nicht so, als sei das nur eine techniche Frage. Der Weg, den Sie dann einschlagen, ist hoch iskant. Da müssen Sie die Konsequenzen auf den Tisch gen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dasselbe gilt beim Gas, dessen Vorräte begrenzt sind.
s gibt keine realistische Alternative zu unserem Weg:
ffizienzsteigerung, Förderung der Solarenergie und
insparung. Die Potenziale sind klar: 15 Prozent beim
insparen und, je nach Szenario, 30 bis 40 Prozent bei
er Effizienzsteigerung; was die Nutzung von Solarener-
ie angeht, wurde jede Prognose – auch jene, die Sie auf-
estellt hatten – bei weitem übertroffen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Frau Merkel sprach von 6 Prozent!)


nsere energiepolitische Linie ist richtig.
Natürlich ist das nicht einfach und natürlich gibt es

einen goldenen Plan, in dem alles bis zur letzten Klei-
igkeit vorher aufgezeigt wird. Es sind aber klare Ziele,
indeutige Prinzipien und grundlegende Regeln. Überall
ird das mit großem Interesse gesehen, weil wir als
undesrepublik in dieser Frage eine Pionierrolle haben.
iese Pionierrolle ist gut für unser Land.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Man muss sich nur eine Zahl der IAEO vor Augen
ühren: Die IAEO prognostiziert, dass der Verbrauch
on Öl von 2000 bis 2010 um 20 Millionen Barrel pro
ag steigen wird. Das bedeutet, dass die elf OPEC-Län-
er 80 Prozent mehr fördern müssten. Wer kann sich das
berhaupt vorstellen? Es wäre wahnsinnig, diese Ver-
chwendungswirtschaft fortzuführen. Deshalb ist das,
as wir machen, nämlich die Kombination aus Energie-
insparung, Effizienzsteigerung und Förderung der So-
renergie in das Zentrum unserer Bemühungen zu stel-
n, nicht nur aus Klimaschutz-, sondern auch aus
konomischen Gründen richtig. Das sind die Märkte der
ukunft.
Wir begehen einen historischen Fehler, wenn wir

icht aufhören, die ganze Produktivität wie bisher nur
m Faktor Arbeit festzumachen. Wir müssen sie auch in
er Ressourcenwirtschaft berücksichtigen, die seit jeher
in Motor der wirtschaftlichen Entwicklung war, bisher
ber leider viel zu wenig im Interesse der Wirtschafts-






(A) )



(B) )


Michael Müller (Düsseldorf)


politiker stand. Ein solches Versäumnis würde uns in der
Zukunft einholen.

Der Kurs des Umbaus ist richtig. Lasst uns doch
bitte über den Umbau streiten. Natürlich machen wir da-
bei Fehler; das will ich gar nicht abstreiten. Es ist gar
keine Frage: Wenn man neue Wege geht, dann macht
man immer auch Fehler.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur wer nichts macht, macht keine Fehler!)


Es ist aber besser, etwas Neues zu machen, als an etwas
festzuhalten, was nicht mehr geht. Deshalb wollen wir
auf diesem Weg fortschreiten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der einzige, der in den USA einmal versucht hat, ei-
nen anderen Kurs einzuschlagen, war Jimmy Carter im
Jahre 1979 mit seinem Programm „Alternativen zur Ver-
letzbarkeit der Nation“, als er den Ölimport um 40 Mil-
lionen Barrel reduzieren wollte. Er ist damals am Wider-
stand der Industrie gescheitert. Die Folgen der ganzen
Geschichte spüren wir bis heute. Es wird nämlich mit
immer größerem Aufwand versucht, die Interessen in
den Ölregionen zu sichern. Wenn man so etwas tut, kann
man nicht von einer friedlichen Welt sprechen, siehe
Golfregion.

Wir können uns über jedes Detail streiten. Lasst uns
aber bitte zunächst einmal darüber streiten, ob der alte
energiepolitische Kurs noch möglich ist oder ob wir aus
gesellschaftspolitischer Verantwortung und aus Verant-
wortung vor der Zukunft einen anderen Weg gehen müs-
sen, nämlich den, den wir eingeschlagen haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512908100

Das Wort hat der Kollege Rainer Brüderle, FDP-Frak-

tion.

(Beifall bei der FDP)



Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1512908200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir ha-

ben in den letzten Tagen einen historischen Höchststand
beim Ölpreis gesehen: 50 Dollar je Barrel. In der „Wirt-
schaftswoche“ warnt der amerikanische Ökonom Robert
Shiller heute vor einer weltweiten Rezession. Immerhin
hat er 2000 das Platzen der Börsenblase prognostiziert.
Ich teile diese Sicht zwar nicht, die Energiepreise sind
derzeit aber das größte Konjunkturrisiko.


(Beifall bei der SPD)

Es gibt exogene Faktoren, also Faktoren von draußen,

die wir nicht beeinflussen können, und es gibt viele Fak-
toren, die wir sehr wohl beeinflussen können. Damit
müssen wir uns befassen. Die Bahn erhöht ihre Preise,
weil die Energiepreise steigen, und die Nebenkosten für
Mieter – für Warmwasser und Heizung – explodieren.
Da liegen die Risiken für die weitere Entwicklung.

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(C (D Der Grundgedanke Ihrer Energiepolitik ist falsch. tatt die Wahrnehmung aller Wettbewerbsfragen dem artellamt zuzuordnen, das die Vorgaben der Europäichen Union in einer Instanz umsetzen könnte, entschlieen Sie sich erneut zur Einrichtung einer Sonderbeörde. Bei der Telekommunikation gehen Sie so weit, ass Sie Einzelweisungsrechte des Ministers für den arkt in das Gesetz aufnehmen. Das ist der falsche Anatz. Sie dürfen sich dann nicht wundern, wenn das Erebnis entsprechend ist. Die Vorgaben der Europäischen Union werden Sie, ie vorgesehen, zum 1. Januar nächsten Jahres nicht ehr termingerecht umsetzen können. Das werden Sie icht mehr hinbekommen. Mit der Fusion von Eon und uhrgas haben Sie zugelassen, dass ein Wettbewerber inen Marktanteil von 85 Prozent am Gasmarkt hat. leichzeitig beklagen Sie sich, dass die Gaspreise steien. Das ist der Gipfel der Unaufrichtigkeit. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie waren dafür!)


(Beifall bei der FDP)


ingefummelt wurde die Genehmigung mit einer Minis-
ererlaubnis, gegen das Kartellamt, gegen die Monopol-
ommission.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verlogene Position!)


Sie steigen ohne Logik aus der Nukleartechnologie
us. Wenn Sie mir nicht glauben, dann hören Sie viel-
eicht auf den Lieblingsgewerkschafter des Bundeskanz-
ers, Herrn Schmoldt, Vorsitzender der Industriegewerk-
chaft Bergbau, Chemie, Energie. Er fordert, sich die
ption der Nukleartechnologie zu erhalten und nicht
infach auszusteigen.


(Beifall bei der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Ist Herr Schmoldt Ihr neues Vorbild?)


ie begeben sich der Möglichkeit eines breiteren Ener-
iemixes. Ich hoffe, dass der Energiegipfel nicht, wie
as Bündnis für Arbeit, zu einer Showveranstaltung wird
ach dem Motto: Förderst du meine grünen Windräd-
hen, fördere ich deine rote Steinkohle. Das bringt uns
icht weiter.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


s muss grundlegend über die Verwerfungen auf dem
nergiemarkt gesprochen werden.
Sie müssen auch zusehen, dass Europa weiterhin
ettbewerbsfähig bleibt. Sie hätten sehr wohl die Vorga-
en zur Regulierung, die Sie jetzt umsetzen müssen, ver-
indern können. Sie sollten auch dafür sorgen, dass sich
n Frankreich die Märkte öffnen, dass europaweit
arktstrukturen durchgesetzt werden und ein europäi-

ches Kartellamt eingerichtet wird. Ansonsten wird das
anze in einer Regulierungsbehörde enden, bei der letzt-
ich nur ein paar politische Problemfälle versorgt wer-
en. Ähnliches haben wir in der Energiewirtschaft im-
er wieder feststellen müssen.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Rainer Brüderle

Wenn wir es nicht schaffen, durch eine seriöse Politik

im Energiesektor Marktstrukturen auf den Weg zu brin-
gen, werden wir in eine Schieflage geraten, die zu einer
weiteren Behinderung des Wirtschaftsstandorts führen
wird. Das haben Sie in vielen Sektoren fertig gebracht.
Es kann aber nicht funktionieren, einerseits zu sagen,
dass es die Marktwirtschaft allein nicht schafft, aber an-
dererseits permanent gegen die Grundregeln der sozialen
Marktwirtschaft zu verstoßen.

Schon die Gründungsväter des neoliberalen Konzepts
– als Antwort auf die Nazizeit – Eucken, Hayek, Müller-
Armack, Röpke haben vor zwei Dingen gewarnt: vor der
Kartellierung, die mit Ihrer Hilfe massiv betrieben wird,
und dem, was in der Sprache der damaligen Zeit Punktua-
lismus genannt wurde, nämlich die Intervention in Ein-
zelfällen.

Herr Clement, Sie sollten im Fall Karstadt redlich
sein. Ich habe keine Intervention zugunsten von Karstadt
gefordert. Ich habe gefordert, dass Sie den Handel insge-
samt unterstützen, indem Sie die Ladenöffnungszeiten
freigeben, anstatt diese Regelung in die Föderalismus-
kommission zu verschieben, den Unsinn mit dem Do-
senpfand beenden und eine steuerliche Entlastung so ge-
stalten, dass Nachfrage entstehen kann.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ach, daran geht Karstadt pleite?)


– Herr Schmidt, wenn Sie eines können, außer dazwi-
schenzurufen, dann ist das Lesen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512908300

Herr Kollege Brüderle, bitte denken Sie an Ihre Zeit.


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1512908400

Ich denke immer an meine Zeit, Frau Präsidentin.
Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ihre Zeit ist schon vor Jahren abgelaufen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512908500

Das Wort hat der Kollege Reinhard Loske, Bündnis 90/

Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich hätte gerne noch erfahren, was die Karstadt-Krise
mit dem Dosenpfand zu tun hat. Schade, dass uns das
nicht mehr zuteil geworden ist!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich will hier eine sehr erfreuliche Mitteilung vortragen,
die gegen 12 Uhr über den Ticker gelaufen ist und in ei-
ner energiepolitischen Debatte genannt werden muss.
Dort heißt es:

Die russische Regierung hat den Beitritt zum Kli-
maschutz-Abkommen von Kyoto gebilligt. Das
Protokoll werde dem Parlament zur Ratifizierung

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(C (D vorgelegt, beschlossen die Minister am Donnerstag auf einer Kabinettssitzung in Moskau. Ich glaube, das ist eine sehr gute Nachricht. Dazu ann man nur sagen: Es war gut, dass wir alle uns dafür ingesetzt haben: der Deutsche Bundestag, die Bundesegierung und vor allen Dingen der Bundeskanzler seler und Bundespräsident Rau. Ich glaube, dass der interationale Klimaschutzprozess jetzt wieder einen Takeff vollzieht, also Wind unter die Flügel bekommt, und as brauchen wir. Deswegen müssen wir – damit will ich nmittelbar an das anknüpfen, was Michael Müller geagt hat – in Zukunft Klimaund Energiepolitik zusamen sehen. Es sind zwei Seiten einer Medaille. Eine Meodie, die Sie hier häufig anschlagen, nach der wir zu den oldenen alten Zeiten zurückkehren, als alles billig, bilig, billig war, können wir einfach vergessen! Wir stehen or Problemen und vor Gestaltungsaufgaben, die wir icht mit billiger Polemik aus der Welt schaffen können. as möchte ich noch einmal an die Adresse der Union nd der FDP sagen. Wenn man volkswirtschaftlich argumentiert und sagt, an wolle erneuerbare Energien, Energieeffizienz und nergieeinsparung fördern – bei allem unterstützen Sie ns nicht –, heißt das doch im Grunde nichts anderes, als ass wir teure Ölimporte durch inländischen Ingenieurserstand, durch inländische Handwerksleistungen und urch inländische Industrieproduktion ersetzen. Wir sind on dieser Strategie der Energieeffizienz so sehr übereugt, weil sie sowohl beschäftigungspolitisch als auch limaund energiepolitisch gut ist. Das ist ein wichtiger nterschied zwischen uns. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Pfeiffer, Sie haben vorhin die Frage von Frau
ustedt nicht beantwortet. Sie hat gefragt, wie der Bun-
esrat in Sachen Eneuerbare-Energien-Gesetz abge-
timmt hat. Wenn Sie geantwortet hätten, hätten Sie sa-
en müssen, der Bundesrat habe zugestimmt, weil er im
egensatz zur Bundestagsfraktion der CDU/CSU er-
annt hat, dass das EEG ein gutes und wichtiges Gesetz
t. In Zukunft werden Sie nackt dastehen; einige Länder
erden nicht nackt dastehen, weil sie am Ende des Ta-
es, wenn abgerechnet und geprüft wird, was durch die-
es Gesetz bewirkt worden ist, gern auf der Seite der Ge-
inner sein möchten. Ich habe auch gar nichts dagegen,
h habe mich sehr darüber gefreut.
Als dritten Punkt möchte ich den Wettbewerb an-

prechen, den zu Recht auch Herr Brüderle gerade schon
ngesprochen hat. Im Moment tun wir im Prinzip nichts
nderes, als einen Ordnungsrahmen zu schaffen. Wir
ommen weg von der Tradition der Energiepolitik, bei
er der große Staat mit der großen Industrie große
bsprachen getroffen hat, häufig unter Beteiligung der
roßen Gewerkschaften, manchmal allerdings zulasten
ritter. Wir kommen jetzt zu einem geregelten Ord-
ungsrahmen. Der Staat zieht sich zurück und wir kom-






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske

men auch ein bisschen weg von dem Korporatismus. Wir
brauchen – das ist für uns wichtig – fairen Wettbewerb.
Wir brauchen und wollen in Zukunft keine Monopolge-
winne. Wir wollen aber Investitionen und Planungssi-
cherheit. Darauf haben die Unternehmen einen An-
spruch; das ist sehr wichtig, wie Rolf Hempelmann eben
zu Recht gesagt hat.

Ich möchte aber noch einmal die Notwendigkeit eines
Wettbewerbs um Qualitätsziele betonen. Es geht nicht
darum, die Illusion zu schüren, es könne alles immer bil-
liger werden, sondern es geht darum, einerseits Investi-
tionen sicherzustellen und andererseits Monopolrenditen
zu verhindern. Das ist unsere Gestaltungsaufgabe, bei
der wir auch auf Ihre Unterstützung setzen.

Abschließend möchte ich noch sagen: Ich glaube, es
ist ganz wichtig, auch die Verbraucherinnen und Ver-
braucher verstärkt einzubeziehen. Wir hatten vor weni-
gen Tagen eine Veranstaltung hier in Berlin, bei der es
um das englische Modell ging. Auch wir müssen ver-
stärkt darüber nachdenken, wie wir neben der Regulie-
rungsbehörde, die sehr wichtig ist, die Verbraucherinte-
ressen stärker berücksichtigen können.

Letzter Punkt: Ihre Forderung, wir brauchten endlich
eine Energiestrategie, ist natürlich ein bisschen populis-
tisch, obwohl schon etwas Wahres dran ist.


(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Aha!)

– Nicht „aha“, nicht immer so billig! – Zurzeit liegen
viele Fäden verbindungslos herum. Wir haben Ziele bei
den erneuerbaren Energien, bei der Kraft-Wärme-Kopp-
lung und beim Atomausstieg. Es ist schon eine Anstren-
gung wert, zu versuchen, die Enden dieser verschiedenen
Fäden, die in der Landschaft herumliegen, zusammenzu-
binden, um zu einer integrierten Klimaschutz- und Ener-
giestrategie zu kommen. Diese Strategie brauchen wir in
der Tat und wir brauchen auch einen großen Konsens.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512908600

Nächster Redner ist der Kollege Professor Dr. Rolf

Bietmann, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Rolf Bietmann (CDU):
Rede ID: ID1512908700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Kollege Loske, dass Energiepolitik und Klimaschutz zu-
sammengehören, ist völlig unstreitig; aber das energie-
politische Dreieck, von dem wir sprechen, umfasst auch
die Wirtschaftlichkeit. Dieses Argument der Wirtschaft-
lichkeit scheinen Sie in Ihren Betrachtungen regelmäßig
zu vergessen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dirk Manzewski [SPD]: Heute haben wir aber darüber gesprochen! – Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wettbewerb hat aber doch etwas mit Wirtschaftlichkeit zu tun!)


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(C (D as wundert mich auch nicht, denn bis heute haben es PD und Grüne nicht geschafft, ein abgestimmtes Eneriekonzept der Bundesregierung vorzulegen. Die Inteessengegensätze zwischen einem der Steinkohle verflichteten Wirtschaftsminister und einem auf Windkraft etzenden Umweltminister lassen sich offenkundig nicht berbrücken. (Rolf Hempelmann [SPD]: Wir bekommen beides sehr gut miteinander vereinbart!)


olge ist ein Ausufern von Fehlentwicklungen mit kata-
trophalen Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutsch-
and. Immer mehr Menschen in unserem Land kapieren,
ass diese Politik die Wettbewerbsfähigkeit der Wirt-
chaft, die Schaffung von Arbeitsplätzen und den priva-
en finanziellen Bewegungsspielraum der Bürger ein-
chränkt. Die Bürger werden das staatliche Abkassieren
ber den Strompreis nicht mehr mitmachen.
Grundlage für eine nachhaltige Energieversorgung in
eutschland muss ein ausgewogener Energiemix sein.
ierzu gehört, dass einzelne Energieträger weder privi-
egiert noch willkürlich ausgegrenzt werden. Es müssen
ielmehr alle Optionen für die Nutzung der verfügbaren
nergieträger offen gehalten werden, gerade wegen der
essourcenproblematik, Herr Kollege Müller. Hierzu
ählen sowohl die erneuerbaren Energien als auch die
ernenergie. Immer deutlicher wird, dass die mit dem
eschluss über den Ausstieg aus der friedlichen Nutzung
er Kernenergie verbundene Vision über die Zukunft der
eutschen Energiepolitik scheitern wird. Bis heute hat
ie Bundesregierung die Frage nicht beantwortet, Herr
inister Clement, wie 30 Prozent der deutschen Strom-
rzeugung wirtschaftlich und klimaverträglich ersetzt
erden können. Wer die Antwort darauf nicht geben
ann, der muss über den Ausstiegsbeschluss nachden-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Das stimmt doch nicht! Natürlich ist das beantwortet!)


Sie wollen doch wohl nicht glauben, dass Sie tatsäch-
ich mit erneuerbaren Energien, deren Anteil, wenn alles
ut läuft, auf 12,5 Prozent gesteigert werden kann, den
rsatz für den Ausfall von 30 Prozent Kernenergie leis-
en können.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Sie kennen die Szenarien doch gar nicht!)


ie glauben doch nicht, dass der Kraftwerkspark in
eutschland, der ohnehin in den Jahren 2010 bis 2020
it einem Kostenaufwand von 40 bis 50 Milliarden Euro
rneuert werden muss, über dieses Maß hinaus erneue-
ungsfähig ist. Das glauben Sie selbst nicht. Sie führen
ns in eine energiepolitische Sackgasse und damit scha-
en Sie dem Standort Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Lesen Sie mal! Wir sind viel weiter! – Ulrich Kelber [SPD]: Haben Sie die Szenarien der EnqueteKommission gelesen oder nicht?)







(A) )



(B) )


Dr. Rolf Bietmann

Die Union hat sich zu den erneuerbaren Energien

bekannt. In den letzten Jahren konnten große technische
Fortschritte und Effizienzsteigerungen erzielt werden.
Ziel der Förderung muss es sein, neue Anreize zur Wei-
ter- bzw. Neuentwicklung zu schaffen und gleichzeitig
die erneuerbaren Energien möglichst schnell zu Wirt-
schaftlichkeit hinzuführen, um deren Wettbewerbsfähig-
keit zu erreichen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dabei muss eine Verzahnung mit anderen Instrumenten
– das ist ganz entscheidend für die Zukunft – wie dem
Emissionshandel und der Ökosteuer im Rahmen eines
langfristigen, in sich geschlossenen energiepolitischen
Konzeptes erfolgen. Die derzeitige Praxis der Überför-
derung von Windkraftanlagen an windgünstigen Stand-
orten und der gleichzeitige Ausbau von windungünsti-
gen Standorten sind weder ökologisch noch ökonomisch
sinnvoll.

Ich sage aus langjähriger Kenntnis von kommunaler
Politik, dass insbesondere unsere bereits industriell ge-
prägten großen Städte heute über das Bundesbaugesetz-
buch gezwungen werden, letzte verfügbare Freiflächen
als privilegierte Vorhaben für Windparkanlagen und
nicht für die Freizeit der Menschen zur Verfügung zu
stellen. Das ist für mich ein nicht nachvollziehbarer poli-
tischer Unfug.


(Ulrich Kelber [SPD]: Quark!)

Die Förderung erneuerbarer Energien muss sich an den
Kriterien Wirtschaftlichkeit und Effizienz und darf sich
nicht an der wirtschaftlichen Beglückung kapitalstarker
Fondsanleger für Windkraftparks orientieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Frau Hustedt, Sie haben die Photovoltaik angespro-

chen. Das ist ein spannendes Thema. Mit der Förderung,
die wir zurzeit in der Bundesrepublik Deutschland prak-
tizieren, erleben wir in der Tat einen Boom.


(Gudrun Kopp [FDP]: Zu welchen Preisen?)

Nur, dieser Boom führt dazu, dass Solarzellen in
Deutschland nicht hinreichend produziert und aus Japan
importiert werden. Ihr Förderungsprogramm für Photo-
voltaik


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben zugestimmt!)


ist das beste Wirtschaftsförderungsprogramm für Photo-
voltaik in Japan, aber leider nicht in Deutschland. Das ist
die Realität, mit der wir es zu tun haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir brauchen eine neue Energiepolitik in Deutsch-

land mit verlässlichen Rahmenbedingungen. Energie-
wirtschaft ist eine der Schlüsselindustrien unseres Lan-
des. Darum darf sie nicht länger Experimentierfeld einer
konzeptionslosen Politik sein.

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(C (D Herr Kollege, gestatten Sie eine Zusatzfrage des Kol egen Kelber? Von Herrn Kelber immer. Vielen Dank. – Es gäbe viele Zwischenfragen, aber ch beschränke mich auf eine. Sie haben den Kapazitätsusbau in der Photovoltaikindustrie angesprochen. Ist hnen bekannt, dass die deutschen Firmen bis Ende 2006 ine Vervierfachung der Kapazitäten in Angriff genomen haben? Ein Beispiel ist das Bonner Unternehmen olar-World, das in Sachsen produziert. Herr Kelber, mir ist insbesondere bekannt, dass deut che Banken und deutsche Sparkassen Programme aufelegt haben, die da lauten: Wenn du Photovoltaik finanierst und dies über uns kreditieren lässt, dann haben wir ach zehn Jahren die Finanzierung deiner Maßnahme esichert und in weiteren zehn Jahren können wir aus ieser Förderung der Photovoltaik deine Rente mitfinanieren. (Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So billig!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512908800
Dr. Rolf Bietmann (CDU):
Rede ID: ID1512908900
Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1512909000
Dr. Rolf Bietmann (CDU):
Rede ID: ID1512909100

as ist ein falscher Förderungsansatz und das wissen Sie
uch.
Hinzu kommt, dass der gerade entstehende Boom
das ist unbestreitbar – der deutschen Wirtschaft nur be-
ingt zugute kommt, weil zurzeit japanische Solarzellen
en Markt beherrschen, die in der Bundesrepublik
eutschland massiv eingesetzt werden. Wir fördern
urch diese Politik massiv den Wirtschaftsstandort Ja-
an, aber nicht den Wirtschaftsstandort Deutschland.


(Beifall des Abg. Dirk Niebel [FDP] – Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet!)


Energiepolitik ist Klimapolitik. Das ist keine Frage.
ber Energiepolitik ist auch Wirtschaftspolitik. Wer
nergiepolitik betreibt, muss Klimaschutz, Versorgungs-
icherheit und Wirtschaftlichkeit sinnvoll verbinden.
as funktioniert bei dem Tandem Trittin/Clement nicht.
as ist die eigentliche Problematik der Energiepolitik in
eutschland.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ie haben kein Konzept, weil Sie die Ministerien nicht
usammenbringen. Das können Sie auch durch noch so
chönes Gerede über internationale Zusammenhänge
icht vertuschen, Herr Müller.


(Beifall bei der CDU/CSU – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erzählen Sie lieber mal was über Köln!)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512909200

Das Wort hat der Bundesminister für Wirtschaft und

Arbeit, Wolfgang Clement.

(Beifall bei der SPD)


Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Es ist klar, dass die Energiepolitik jetzt unsere
zentrale Aufmerksamkeit erfordert. Wir brauchen in die-
ser Phase mehr Wachstum und Beschäftigung. Die Ener-
giepolitik muss in diesen Prozess eingebunden werden
und ihn nach Möglichkeit unterstützen. Dabei ist es not-
wendig – darin besteht, wenn ich es richtig sehe, allge-
meine Übereinstimmung –, dass die Energieversorgung
sicher – das ist in der heutigen Zeit von besonderer Be-
deutung –, umwelt- und klimaverträglich und auch wirt-
schaftlich ist.

Die gegenwärtige Situation ist von einer weltweit
steigenden Energienachfrage und weltweit zunehmen-
den Versorgungsengpässen geprägt. Deshalb ist es mir
unverständlich, Frau Abgeordnete Wöhrl, wie Sie bei-
spielsweise über die Kohle- und Koksfragen so hinweg-
huschen können; denn in ganz Deutschland – ob in Hes-
sen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg oder
anderswo – stoßen gerade Metall verarbeitende Unter-
nehmen an die Grenzen ihrer Produktionsfähigkeit und
warnen ebenso wie der gesamte Mittelstand, der mit Me-
tallverarbeitung zu tun hat, dringend davor, die von Ih-
nen empfohlene Richtung einzuschlagen.

Hinzu kommt, dass die Rohstoffpreise steigen. In die-
ser Situation bewegen wir uns zurzeit.

Auch mir ist klar, dass eine weitere Verengung unse-
res Energiemixes keinesfalls eine Antwort sein kann.
Wir diskutieren allerdings über unterschiedliche Vorstel-
lungen von Energiemix, Herr Kollege Bietmann. Für
uns, die Koalition, ist das Auslaufen der Kernenergie
beschlossen. Sie haben die von dem Kollegen Müller an-
gesprochenen Fragen nicht beantwortet. Wie stellen Sie
sich den weiteren Fortgang der Kernenergie in Deutsch-
land vor? Sind Sie tatsächlich für die Fortsetzung bzw.
das Wiederaufnehmen des Prozesses einschließlich des
Einstiegs in die Plutoniumwirtschaft? Wie beantworten
Sie die Entsorgungsfrage in Deutschland? Welche Posi-
tion vertritt die Union in diesem Zusammenhang? Sie
verwenden immer wieder die gleichen Vokabeln, sagen
aber letztlich wenig Konkretes über die Gestaltung des
Energiemixes.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie reden ständig von Energieprogrammen. Nennen
Sie mir ein Unternehmen in Deutschland, das in die
Atomenergie investieren will. Kein einziges Unterneh-
men ist dazu bereit.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Sie haben doch jeglichen Schiffbruch in dieser Hinsicht
miterlebt. So, wie Sie agieren, ist das in der Opposition
möglich. Sie könnten das aber keine einzige Sekunde

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(C (D ortsetzen, wenn Sie Regierungsverantwortung tragen ürden. as ist das Problem. Wir haben den Ausstieg aus der Kernenergie be chlossen. Er wird wie beschlossen stattfinden, und zwar n sehr übersichtlicher Form und in der Weise, dass die nergiepolitik entsprechend angepasst werden kann. Daür ist der Energiemix – allerdings in anderer Form – otwendig, wie wir ihn im Blick haben. Das heißt, alles ndere, das zur Verfügung stehen muss, steht nicht zur isposition. Im Gegenteil: Ansonsten brauchen wir von llem mehr. Wir brauchen erneuerbare Energien und ollen deshalb bis 2020 ihren Anteil an der Stromverorgung auf 20 Prozent steigern. Sie sprechen sich auf der einen Seite für erneuerbare nergien aus – das müssen Sie auch, weil Sie wissen, ass die Bürgerinnen und Bürger dafür sind –, aber auf er anderen Seite polemisieren Sie ständig gegen die Fianzierungsbedingungen, die für die Förderung der ereuerbaren Energien notwendig sind. Wie stellen Sie ich die Finanzierung vor? Ich habe diese Frage schon m Bundesrat gestellt und hätte sie gerne auch von Ihnen eantwortet. Wie sieht eigentlich Ihr Modell aus? Sie können nicht tändig nur gegen die politische Preisgestaltung polemiieren. Selbstverständlich kostet das alles Geld. Das wisen alle Bürgerinnen und Bürger und sie sind auch beeit, zu zahlen. Aber Sie wollen gerne Ihre bisherige olemik aufrechterhalten. Das werde ich Ihnen nicht urchgehen lassen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Gudrun Kopp [FDP]: Selbstverständlich!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512909300

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Kopp?

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft
nd Arbeit:
Frau Präsidentin, das gestatte ich nicht.
Wir werden des Weiteren mehr fossile Energieträger

insetzen müssen; denn der Ausstieg aus der Kernener-
ie erzwingt einen steigenden Anteil der Kohleverstro-
ung. Das wird auch geschehen. Da es so beliebt ist, mit
ir die Steinkohle zu verbinden, sage ich Ihnen, Herr
ollege Bietmann: Als Kölner wissen Sie, dass ich mich
icht nur für die Steinkohle, sondern auch – anders als
iele Ihrer „mutigen“ Kollegen – für die Braunkohle ein-
esetzt habe. Wie Sie wissen, wird die Braunkohle nicht
ubventioniert und ist außerordentlich wirtschaftlich ein-
etzbar. Wenn wir diskutieren, täte also ein Schuss mehr
airness Ihrerseits gut.


(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen mehr Klimaschutz. Auch er muss wirt-

chaftlich betrieben werden. Deshalb brauchen wir zu-
ätzlich zu dem, was ich bereits angesprochen habe,






(A) )



(B) )


Bundesminister Wolfgang Clement

mehr Energieeinsparungen sowie mehr Forschung auf
all diesen Feldern, insbesondere in Richtung schadstoff-
ärmerer Kohleverstromung. Wir haben bereits Regelun-
gen zur Förderung der erneuerbaren Energien im Erneu-
erbare-Energien-Gesetz und Regelungen zum EU-
weiten Emissionshandel getroffen. Die Bedingungen,
unter denen in Deutschland Energiepolitik betrieben
wird – ob Sie das nun Energieprogramm nennen oder
nicht; ich bin in der Lage, Ihnen binnen zehn Minuten
darzulegen, wie unser Energieprogramm aussieht –, sind
für alle absolut klar. Das ist im Grunde genommen in
wenigen Sätzen, worum es geht.

Entscheidend ist natürlich bei allem, dass die Wettbe-
werbsfähigkeit unserer Industrie, und zwar selbstver-
ständlich einschließlich der energieintensiven Unterneh-
men, erhalten und mit dem Klimaschutz vereinbar bleibt.
Das ist die Kunst, die wir vollbringen müssen. Wir sind
gegenwärtig dabei, das umzusetzen. Dabei können und
wollen wir uns die höchsten Strompreise in Europa nicht
leisten. Deutschland ist schließlich keine Insel. Um
Marktpreise für Strom und Gas zu erreichen, müssen wir
das Energiewirtschaftsgesetz novellieren. Da der Prozess
der Selbstregulierung der Marktkräfte bzw. der Markt-
partner, auf den wir bisher gesetzt haben, ausgereizt ist,
gehen wir nun zu einem anderen System, dem Regulie-
rungssystem, über. Dieses System ist bereits sowohl im
Bundesrat als auch hier im Parlament unter allen Aspek-
ten dargestellt worden.

Wir sehen einen völlig neuen Rechtsrahmen für die
Strompreis- und Gaspreisregulierung vor. Ich denke,
dass die von uns vorgeschlagenen Instrumente für die
Lösung der spezifischen Probleme in Deutschland maß-
geschneidert sind. Es gibt insbesondere klare Entflech-
tungsvorgaben, die die Neutralität des Netzbetriebs ge-
währleisten werden, damit es nicht länger heißt: Wer das
Netz hat, hat die Macht. Wir müssen mit Gesetzen und
Verordnungen zur Netzregulierung für Rechtssicherheit
und einheitliche Wettbewerbsbedingungen sorgen. Das
wird mithilfe des von uns vorgeschlagenen Benchmar-
king- und Vergleichsmarktverfahrens – wie es in moder-
nen Kontrollverfahren üblich ist – garantiert. Das bedeu-
tet, dass schwarze Schafe bei der Preisgestaltung sehr
rasch identifiziert werden können und dass ein entspre-
chendes Missbrauchsverfahren eingeleitet werden kann,
das sehr wohl Zähne haben wird.

Diese Aufgabe soll die Regulierungsbehörde für
Telekommunikation und Post übernehmen. Ich wun-
dere mich ein bisschen über Ihre Einwände dagegen;
denn sie ist weltweit als eine außerordentlich erfolgrei-
che Regulierungsbehörde anerkannt. Sie ist in der Regu-
lierung solcher Prozesse erfahren wie keine andere. Sie
wird für die Erfüllung dieser neuen Aufgabe keineswegs
mehr Personal benötigen als das Bundeskartellamt,
wenn es diese Aufgabe übernommen hätte. Selbstver-
ständlich wird mehr Personal benötigt. Aber wir haben
den Personalmehraufwand äußerst knapp kalkuliert, weil
wir nicht auf einen solchen Kontrollmoloch setzen, wie
Sie ihn offensichtlich vorsehen.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Die Effizienz der Missbrauchsverfahren der Regulieungsbehörde ist gesichert. Die Behörde wird über umassende Ermittlungsrechte verfügen. Es gibt außerdem itwirkungspflichten der Netzbetreiber und kurze Ver ahrensfristen. Die Missbrauchsentscheidungen der Beörde werden sofort vollzogen. Des Weiteren gibt es umangreiche Schadenersatzpflichten der Netzbetreiber inschließlich der Pflicht zur Verzinsung vom Schadenintritt an. Vor allen Dingen hat die Regulierungsbeörde die Möglichkeit, rückwirkend ungerechtfertigte orteile, die sich die Energieversorger verschafft haben, ber fünf Jahre abzuschöpfen. Alles, was wir vorgeschlagen haben, wird aus meiner icht zu einer sehr effizienten Regulierung führen. Es ist lles andere als eine Gefälligkeitsregulierung. Es ist aber uch keine Superregulierung. Ich hatte schon im Bundesrat das Vergnügen, darsteln zu können, was ich von der so genannten Ex-anterüfung halte. Dieser Begriff soll kernig klingen und as Ganze soll gut gemeint sein. Tatsächlich ist das, was ie vorschlagen, etwas Superbürokratisches. Das habe h schon im Bundesrat gesagt. Es handelt sich um etwas öllig anderes als die Regulierung von Post und Teleommunikation. Wenn man die Preisgestaltung von 700 Unternehmen im Vorhinein überprüfen will, dann ekommt man eine Superbehörde. Wenn man dann noch avon spricht, dass man Rechtssicherheit schaffen will, ann muss man sich darauf einstellen, dass jedes zweite erfahren rechtlich angegriffen wird; es wird zu Grundatzstreitigkeiten kommen. Was Sie vorhaben, ist der abolut falsche Weg. Es ist schon darauf hingewiesen worden – ich glaube, on Herrn Kollegen Hempelmann –, dass es in den Bunesländern bei den Genehmigungsverfahren eine solche x-ante-Prüfung gibt. Ich selbst war einmal für eine solhe Genehmigungsbehörde verantwortlich und weiß, ie zahnlos dieser Tiger in Wahrheit gewesen ist. Desalb kann ich nicht empfehlen, diesen Weg zu gehen. Wir haben eine Anreizregulierung vorgesehen. Sie erden das im parlamentarischen Verfahren diskutieren. m Bundesrat wird das ebenfalls ausreichend diskutiert. ch gehe davon aus, dass es zu einer Verständigung komen kann und muss und dass wir diese Verständigung ei gutem Willen, den ich bei allen Beteiligten vorausetze, auch finden können. Wir müssen hier für eine Reulierung sorgen, nachdem sich der Weg der freiwilligen elbstverpflichtung als nicht erfolgversprechend erwieen hat. Meine Bitte ist, dass dieser Weg schnell beschritten ird. Wenn man in ungewöhnlicher Weise vorgeht, ist es öglich, hier zum 1. Januar 2005 zu einer Verständigung u kommen. Wenn es zu einer solchen raschen Verstänigung kommt und die Regulierungsbehörde ihre Arbeit o rasch wie möglich aufnehmen kann, ist es für uns und ür alle Beteiligten gut. (Gudrun Kopp [FDP]: Wann kommen denn die Verordnungen?)


Die dazugehörigen Verordnungen werden von nun an
chritt für Schritt erlassen. Ich glaube, am 4. Oktober






(A) )



(B) )


Bundesminister Wolfgang Clement

liegt die nächste vor. Sie werden das natürlich mitgeteilt
bekommen. Über diese Verordnungen wird eine ausrei-
chende und vernünftige Diskussion möglich sein.

Meine Bitte ist: Was man innerhalb von drei Monaten
lösen kann, sollte man auch innerhalb von drei Monaten
zu lösen versuchen. Das wäre jedenfalls für die Strom-
und Gaspreisentwicklung und für den Markt in Deutsch-
land insgesamt gut.

Lassen Sie mich darauf hinweisen, dass vor diesem Hin-
tergrund die Ankündigungen von Strom- und Gasunterneh-
men, die Preise und die Tarife zu erhöhen, für die Konjunk-
tur und die gegenwärtige Entwicklung nicht gut sind. Das
haben wir in ausreichender Weise deutlich gemacht. Es
gibt darüber Gespräche mit den Energieversorgern. Es
wird weitere Gespräche geben, nicht zuletzt beim Bun-
deskanzler. In diesen Gesprächen werden wir die Ener-
gieversorgungsunternehmen auch an ihre Verantwortung
für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland erin-
nern und erinnern müssen. Ich bitte sie ausdrücklich da-
rum, auf die angekündigten Strom- und Gaspreiserhö-
hungen zu verzichten, bis der Regulierer sein Handwerk
beginnen und seine Arbeit aufnehmen kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich denke, es ist recht und billig, dass dies geschieht.
Wir müssen in den weiteren Gesprächen darüber re-

den, wie die Energieversorgungsunternehmen mit den
energieintensiven Unternehmen in Deutschland umge-
hen und wie wir die Wettbewerbsfähigkeit der energiein-
tensiven Industrie in Deutschland auf Dauer und verläss-
lich sichern. Das sind sehr wichtige Fragen, die
beantwortet werden müssen.

Die Abfolge ist völlig klar: Wir werden mit den Ener-
gieversorgern über die aktuelle Preisgestaltung sprechen,
und zwar mit der Aufforderung, ihrer Verantwortung in
der gegenwärtigen konjunkturellen Situation gerecht zu
werden. Nach den Ankündigungen, die Preise und Tarife
zu erhöhen, will die Kartellbehörde klärend tätig wer-
den, um festzustellen – ich begrüße das sehr –, ob
Marktmissbrauch stattgefunden hat.

Wir erwarten, dass mit weiteren Maßnahmen gewartet
wird, bis die Regulierungsbehörde in Deutschland ihre
Arbeit aufgenommen hat, um die Netzregulierung dann
entsprechend vornehmen und um Wettbewerb in den
Netzen herstellen zu können. Ich denke, das ist eine ver-
nünftige Abfolge der Schritte. Ich wäre sehr dankbar,
wenn dies – bei allen Meinungsunterschieden, die wir
nicht überwinden werden – gemeinsam so gesehen wer-
den könnte. Diese Schritte sind eigentlich vor aller Au-
gen. Sie sind erreichbar, insbesondere dann, wenn auch
Sie sich unter Zeitdruck setzen lassen und mit dafür sor-
gen, dass wir dieses Ziel zum 1. Januar 2005 erreichen.

Herr Professor Bietmann, ich bin davon überzeugt,
dass wir die Weichen in der Energiepolitik richtig stel-
len. Übrigens, dass es Spannungen gibt, beispielsweise
zwischen Kabinettskollegen, das finde ich nicht unwich-
tig. Man schafft Ressorts, beispielsweise für Wirtschaft,
Energiepolitik und Umwelt, um solche Spannungen zu

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(C (D aben. Wenn man keine Spannungen möchte, dann raucht man nicht mehrere Ressorts. Verschiedene Resorts sind notwendig, um bestimmte Konflikte innerhalb iner Gesellschaft auszutragen. Das ist notwendig und uch richtig. Sie werden das auf kommunaler und auf andesebene erleben. Ich praktiziere das bis heute und enke, das ist auch absolut richtig. (Rolf Hempelmann [SPD]: Und innerhalb von Fraktionen!)


Es funktioniert manchmal sogar innerhalb von Fraktio-
en, wenn auch nur unter Aufwendung von großen Mü-
en. Im Moment ist davon die Opposition betroffen, wie
ir an vielen Fällen feststellen können. Wir haben des-
alb Verständnis dafür, dass Sie viel Kraft in diesen Sek-
or investieren müssen.
Ich meine, dass wir die Weichen grundsätzlich richtig

tellen, auch wenn natürlich über viele Einzelheiten dis-
utiert werden kann. Es geht um den Erhalt eines breiten
nergiemixes in Deutschland, und zwar langfristig ohne
ie Kernenergie. Es geht um einen wachstumsverträgli-
hen Klimaschutz; das ist ein außerordentlich schwer zu
rreichendes Ziel, das wir aber immer beachten müssen.
ir brauchen Umwelt- und Klimaschutz; der Weg dahin
uss aber wachstumsverträglich sein. Schließlich brau-
hen wir offene Märkte, auf denen Wettbewerb herrscht.
amit geben wir Investoren die nötige Planungssicher-
eit.
Entsprechende Investitionen werden natürlich, um

as auch einmal klarzustellen, Frau Kollegin Wöhrl, ge-
ätigt werden. Von der Tatsache, dass es solche Investi-
ionen in Deutschland geben wird – ich könnte Ihnen
onkrete Beispiele hierfür benennen – und in Milliarden-
öhe auch schon gibt, werden all Ihre Sprüche über die
ngebliche Investitionsunsicherheit, die unsere Energie-
olitik verursache, widerlegt. Das ist das Interessante.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie müssen sich von Ihren Bildern lösen, denn so, wie
ie sie darstellen, stimmen sie nicht. Es wird im Bereich
er erneuerbaren Energien in einer Form investiert, wie
s sie bisher nicht gegeben hat. Sie haben solche Investi-
ionen mit Ihrer Politik nicht hervorgerufen. Noch viel
tärker wird im Bereich der fossilen Energieträger, etwa
m Bereich der Braunkohle, investiert werden. Das ist ja
m Braunkohleprozess angelegt. Es finden also Investi-
ionen in Milliardenhöhe statt. Ich wäre froh, wenn es sie
n anderen Wirtschaftssektoren ebenso gäbe. Auf diesem
eld jedenfalls gehen Ihre Angriffe fehl. Sie folgen hier
us meiner Sicht überholten Bildern. Von diesen sollten
ie sich lösen, jedenfalls dann, wenn Sie auf der Höhe
er klimapolitischen und energiepolitischen Diskussion
leiben wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich wünsche mir, dass Sie ungeachtet dieser Mei-

ungsunterschiede, die ausgetragen werden müssen
das ist auch richtig und wichtig so –, zur Zusammenar-
eit bereit sind. Auch im Bundesrat habe ich diese erbe-
en. Wir werden auf die Länder zugehen und sie dann






(A) )



(B) )


Bundesminister Wolfgang Clement

fragen, ob es noch sinnvoll und zeitgemäß ist, Länderre-
gulierungsbehörden zu unterhalten, wenn es eine
schlanke Regulierungsbehörde auf Bundesebene gibt.
Wenn man sich von solchen Mischverwaltungs- bzw.
Mischbehördensystemen verabschieden will – und das
wollen wir ja auch –, dann sollte man so etwas nicht neu
aufbauen. Ebenso sollten wir uns über die Form und Art
einer effektiven Regulierung verständigen und dafür sor-
gen, dass diese so rasch wie möglich erfolgt.

Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512909400

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Julia Klöckner, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1512909500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrter Herr Minister Clement, Sie haben eben mit
gebremstem Engagement von Ihrer Hoffnung gespro-
chen, dass man sich über die Frage der Regulierung ver-
ständigt. Ich glaube, Sie müssten sich erst einmal mit Ih-
rem kleinen Koalitionspartner darüber verständigen.
Dessen Redner haben heute die Frage, ob es eine Ex-
ante- oder eine Ex-post-Regelung geben soll, ganz ge-
schickt umschifft. Sie, Herr Clement, sind gegen eine
Ex-ante-Regelung, die Grünen sind für eine Ex-ante-Re-
gelung. Es wäre vielleicht ganz gut, wenn Sie erst einmal
schauen, in welche Richtung es gehen soll. Vielleicht ist
diese Differenz auch ein Grund, warum heute Herr
Trittin und Frau Künast nicht da sind. Haben sie Rede-
verbot? Ich weiß es nicht.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Ohne die geht es gut! – Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das kann ich Ihnen erklären! – Zuruf von der SPD: Was soll der Quatsch denn?)


Energiepreise und Standortsicherung haben auch et-
was mit der Lage der privaten Haushalte und damit aller
Verbraucherinnen und Verbraucher hier in Deutschland
zu tun. Die Energiepreise sind erheblich gestiegen. Ich
habe hierzu sehr wenig von den Kollegen der SPD ge-
hört. Vielleicht können Sie sich diese Preise sehr gut
leisten. Doch dass die Heizölpreise in den vergangenen
acht Monaten um fast 30 Prozent angestiegen sind, wird
uns alle betreffen: Sie, Herr Minister, uns Abgeordnete
und die Bürgerinnen und Bürger. Nur: Von diesen kön-
nen sich sehr viele dieses nicht so gut wie wir leisten.
Sollen die Familien, die die Bundesregierung sowieso
schon ziemlich schamlos abzockt,


(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)

jetzt ihre Energiepreise dadurch senken, dass sie die Hei-
zung abstellen oder dicke Wollpullover anziehen? Das
wäre sehr zynisch.

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(C (D Energiepolitik ist auch ein Thema des Verbraucherchutzes. Deshalb frage ich mich: Wo ist denn eigentlich hre Ministerin Frau Künast, die selbst ernannte Jeanne ’Arc des Verbraucherschutzes, die immer und überall twas zum Verbraucherschutz sagt? (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


an hört diesmal nichts von ihr. Aber ich hätte gern ein-
al etwas zum Thema Verbraucherpreise von ihr ver-
ommen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Wo ist denn eine steuerliche Belastung beim Heizöl?)


o ist sie denn heute? Vielleicht ist sie noch zu sehr mit
hrem Ernährungskongress beschäftigt. Das Energie-
hema kann man vielleicht nicht so gut populistisch be-
etzen. Hier geht es ganz klar um Verbraucherinteressen,
ie unterstützt werden müssen. Deshalb danken wir auch
en Verbraucherzentralen, die sich der Verbraucher an-
enommen haben;


(Ulrich Kelber [SPD]: Beim Heizöl?)

uch wir tun das hier.
Nach sechs Jahren rot-grüner Energiepolitik müssen
ir Grundsätzliches hinterfragen. Die Preisspirale bei
trom und Gas wird von ganz klar umrissenen Faktoren
ach oben getrieben. Zum einen sind es die gestiegenen
eltmarktpreise für Öl, Kohle und Gas, auf die sich
ie Bundesregierung allzu gerne beruft. Das darf sie
uch. Aber sie sollte ebenso zur Kenntnis nehmen, dass
um anderen die eigenen staatlichen Kosten eine große
olle spielen; diese werden jedoch allzu gerne unter-
chlagen.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: So ist es!)

Die Frage nach der Energiepolitik hängt auch mit der

rage zusammen, wofür Herr Trittin das Geld hinaus-
irft.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

eispiele dafür gibt es genügend. Seine Politik ist, ge-
inde gesagt, nur suboptimal für unser Land. Schauen
ir uns doch einmal einige Beispiele an.
Vielleicht waren Sie ja bei der Party dabei oder ärgern

ich, dass Sie nicht eingeladen wurden. Jedenfalls hat
err Trittin, als das Kernkraftwerk in Stade abgeschal-
et wurde, eine Party gegeben; auf Steuerkosten gab es
ine schöne Torte. Kostenpunkt: 30 411 Euro. Zusätzlich
ab es eine Anzeigenserie. Kostenpunkt: 191 000 Euro.
nd da sprechen Sie davon, dass wir keinen Spielraum
ätten! Für die Bürgerinnen und Bürger gäbe es bei den
teuerbelastungen kaum einen Spielraum; aber für so et-
as ist Geld da.
Wenn wir über den wunderbaren Energiemix reden,

er Sicherheit für die Verbraucher bringt, sollten Sie
ieder von unten anfangen und logisch diskutieren, statt
infach so reinzublöken, nur weil Sie sich die Energie-
osten finanziell leisten können.






(A) )



(B) )


Julia Klöckner


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Die schlechteste Rede der ganzen Debatte!)


Hinterfragen müssen wir ganz offen die staatliche
Verteuerung von Energie, nicht zuletzt weil diese auch
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat. So schwer sind
doch die Zusammenhänge gar nicht zu verstehen. Viel-
leicht hören Sie einmal zu; auch des Lesens sind Sie ja,
glaube ich, mächtig.

Das novellierte EEG hat zu einem Ausbau hoch sub-
ventionierter Stromerzeugung geführt. Der politisch ge-
wollte Ausbau der Windkraft bringt zudem erhebliche
Kosten mit sich, die an die Bürgerinnen und Bürger wei-
tergegeben werden. Wenn Sie, Frau Hustedt, davon spre-
chen, dass die überwiegende Zahl der Deutschen auf
Windenergie setzt – so ein Windrad ist ja etwas
Schönes –, dann klären Sie die Bürgerinnen und Bürger
bitte auch über die Windenergie auf


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Die sind nicht so blöd wie Sie!)


und sagen Sie, was zum Beispiel ist, wenn es windstill
ist; das Gleiche gilt für die Sonnenenergie, wenn die
Sonne nicht scheint. Man kann gerne einmal bei Kerzen-
schein zusammensitzen; aber irgendwann macht das kei-
nen Spaß mehr.


(Zurufe von der SPD: Helau!)

Es geht um das Portemonnaie unserer Bürgerinnen

und Bürger. Ich bin schon etwas erstaunt, dass das hier
keine Rolle spielt. Der Strompreis ist in Deutschland
doppelt so hoch wie zum Beispiel der in England. Des-
wegen treten wir dafür ein, dass ex ante reguliert wird,
dass nicht ausgebeutet wird, dass es keine Quersubven-
tionen gibt, dass die Verbraucherinteressen vertreten
werden und dass der zur Energiedurchleitung notwen-
dige Wettbewerb entsteht, aber auch dafür, dass eine
gute Wirtschaftspolitik, eine gute Verbraucherpolitik und
eine gute Umweltpolitik vernünftig gebündelt werden,
statt das Ganze lediglich einem Ressort zu überlassen,
was dazu führt, dass die anderen nur dann reden, wenn
es ihnen gerade gut passt.

Die Union ist auf der Seite der Verbraucher.

(Zurufe von der SPD: Oh!)


Wenn das auch für Sie gilt und Sie die Familien unter-
stützen und entlasten wollen, dann stimmen Sie unserem
Antrag zu und folgen Sie dem, was auch der Bundesrat
gefordert hat. So schwer ist das doch gar nicht!


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Das war die lustigste Rede der ganzen Debatte!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512909600

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-

ses für Wirtschaft und Arbeit auf Drucksache 15/3389.
Unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung emp-
fiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrages der

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(C (D raktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/1349 mit dem itel „Energiepolitik ist Standortpolitik“. Wer stimmt für iese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – er enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den timmen der Koalitionsfraktionen angenommen. Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab ehnung des Antrages der Fraktion der FDP auf Drucksahe 15/367 mit dem Titel „Zukunftsprogramm Energie orlegen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die eschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitinsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und DP angenommen. Weiterhin empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe c einer Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antraes der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/761 mit em Titel „Stromrechnungen transparent gestalten“. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen ie Stimmen der CDU/CSUund der FDP-Fraktion anenommen. Schließlich empfiehlt der Ausschuss für Wirtschaft nd Arbeit unter Buchstabe d seiner Beschlussempfehung auf Drucksache 15/3389 die Ablehnung des Antraes der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/2760 mit em Titel „Nationales Energieprogramm vorlegen – Plaungssicherheit für Wirtschaft und Verbraucher herstelen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussmpfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktioen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angeommen. Tagesordnungspunkte 4 b und 4 c sowie usatzpunkt 1: Interfraktionell wird die Überweisung er Vorlagen auf den Drucksachen 15/823, 15/3509 und 5/3809 an die in der Tagesordnung aufgeführten Auschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – as ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so bechlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 30 a bis 30 g sowie ie Zusatzpunkte 2 a und 2 b auf: 30 a)


gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Aus-
schluss von Dienst-, Amts- und Versorgungsbe-
zügen von den Einkommensanpassungen 2003/
2004 (Anpassungsausschlussgesetz)

– Drucksache 15/3783 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Verteidigungsausschuss

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Ge-
setze
– Drucksache 15/3784 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)







(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Übereinkommens vom 29. Mai 1990
zur Errichtung der Europäischen Bank für
Wiederaufbau und Entwicklung
– Drucksache 15/3785 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Gräbergesetzes
– Drucksache 15/3753 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum EU-
Truppenstatut vom 17. November 2003
– Drucksache 15/3786 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Be-
schluss der im Rat der Europäischen Union
vereinigten Vertreter der Regierungen der
Mitgliedstaaten vom 28. April 2004 betreffend
die Vorrechte und Immunitäten von ATHENA
– Drucksache 15/3787 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

g) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Weltbevölkerung und Entwicklung – zehn
Jahre nach Kairo
– Drucksache 15/3812 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 2 a)Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle
Pfeiffer, Dr. Christian Ruck, Annette Widmann-
Mauz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Weltbevölkerungspolitik zehn Jahre nach
Kairo
– Drucksache 15/3798 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Gesundheit und Soziale Sicherung Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union b)

Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas
Strobl (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Fototafeln zum 17. Juni 1953 erhalten
– Drucksache 15/3800 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Innenausschuss

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
en Verfahren ohne Debatte.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an

ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
berweisen. Der nunmehr ausschließlich von den Frak-
ionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen ein-
ebrachte Entwurf auf Drucksache 15/3812 mit dem
euen Titel „Weltbevölkerung und Entwicklung – zehn
ahre nach Kairo“ soll an dieselben Ausschüsse wie die
orlage auf Drucksache 15/3798 überwiesen werden.
ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
ind die Überweisungen so beschlossen.
Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 31 a

nd 31 b sowie 31 e bis 31 h. Es handelt sich um die
eschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aus-
prache vorgesehen ist.
Tagesordnungspunkt 31 a:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. Ja-
nuar 2003 zwischen der Regierung der
Bundesrepublik Deutschland und dem
Schweizerischen Bundesrat über Bau und Er-
haltung einer Autobahnbrücke über den

(BadenWürttemberg)

– Drucksache 15/3178 –

(Erste Beratung 118. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

(14. Ausschuss)

– Drucksache 15/3833 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Georg Brunnhuber

Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswe-
en empfiehlt auf Drucksache 15/3833, den Gesetzent-
urf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
ntwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 31 b:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Anpassung der Vorschriften über die Amts-
hilfe im Bereich der Europäischen Union sowie
zur Umsetzung der Richtlinie 2003/49/EG des
Rates vom 3. Juni 2003 über eine gemeinsame
Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und
Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unter-

(EGAmtshilfe-Anpassungsgesetz)

– Drucksachen 15/3679, 15/3788, 15/3820 –

(Erste Beratung 121. Sitzung)

aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi-

nanzausschusses (7. Ausschuss)

– Drucksache 15/3827 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Florian Pronold
Peter Rzepka


(8. Ausschuss)

– Drucksache 15/3845 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Waltraud Lehn
Alexander Bonde
Otto Fricke

Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 15/3827, den Gesetzentwurf
in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejeni-
gen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ihr
Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der
Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung einstimmig
angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig ange-
nommen.

Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe-
titionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 31 e:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 145 zu Petitionen
– Drucksache 15/3728 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 145 ist einstimmig ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 31 f:

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(C (D Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 146 zu Petitionen – Drucksache 15/3729 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 146 ist einstimmig anenommen. Tagesordnungspunkt 31 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 147 zu Petitionen – Drucksache 15/3730 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 147 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der CDU/ SUund der FDP-Fraktion angenommen. Tagesordnungspunkt 31 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 148 zu Petitionen – Drucksache 15/3731 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Die Sammelübersicht 148 ist mit den Stimen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von DU/CSUund FDP-Fraktion angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a und 5 b sowie usatzpunkt 3 auf: 5 a)



(3. Ausschuss)

Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter
deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer
Internationalen Sicherheitsunterstützungs-
truppe in Afghanistan unter Führung der
NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386

(2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002)

vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. No-
vember 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober
2003 und 1563 (2004) vom 17. September
2004 des Sicherheitsrats der Vereinten Natio-
nen
– Drucksachen 15/3710, 15/3826 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gert Weisskirchen (Wiesloch)

Dr. Friedbert Pflüger
Dr. Ludger Volmer
Dr. Werner Hoyer


(8. Ausschuss)

– Drucksache 15/3835 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Alexander Bonde






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Lothar Mark
Herbert Frankenhauser
Dietrich Austermann
Otto Fricke

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Günther Friedrich Nolting, Dr. Werner Hoyer,
Helga Daub, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Mandat für Kabul und Kunduz/Faizabad
trennen
– Drucksachen 15/3712, 15/3825 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gert Weisskirchen (Wiesloch)

Dr. Friedbert Pflüger
Dr. Ludger Volmer
Dr. Werner Hoyer

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Friedbert Pflüger, Christian Schmidt (Fürth),
Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Für ein konsequentes Engagement in Afgha-
nistan
– Drucksache 15/3801 –

Ich weise darauf hin, dass wir über die Beschlussemp-
fehlung zum Antrag der Bundesregierung später nament-
lich abstimmen werden.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner das Wort dem Bundesminister Dr. Peter Struck.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Peter Struck (SPD):
Rede ID: ID1512909700

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Ich möchte das Parlament zunächst
über den Anschlag informieren, dem unsere Soldaten im
Wiederaufbauteam in Kunduz gestern Abend ausgesetzt
waren. Bei diesem Anschlag wurden fünf Soldaten ver-
letzt: drei deutsche und zwei Schweizer. Ein deutscher
Oberfeldwebel erlitt schwere Verletzungen. Er ist noch
in Kunduz operiert und heute über Termes nach
Deutschland ausgeflogen worden und ist auf dem Weg
zu uns. Sein Zustand ist stabil.

Wir haben natürlich die Angehörigen der betroffenen
Soldaten sowie die Militärattachés der anderen Natio-
nen, die in Kunduz zusammen mit uns eingesetzt sind,
verständigt.

Diesem Raketeneinschlag, aus dem diese Verletzun-
gen resultierten, ging um 18.13 Uhr deutscher Zeit etwa
500 Meter nordwestlich unseres PRTs eine Explosion
voraus. Es hat sich eine dritte Rakete gefunden, die ab-

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(C (D eschossen wurde, die allerdings nicht explodiert ist und on uns entschärft worden ist. Meine Damen und Herren, das bestätigt die Einschät ung, zu der wir in den zuständigen Ausschüssen insgeamt gekommen sind, dass im Vorfeld der Präsidentchaftswahlen in Afghanistan, die am 9. Oktober ieses Jahres stattfinden, diejenigen, die gegen eine deokratische Entwicklung in Afghanistan sind, massiv egen diejenigen vorgehen werden, die diese demokratiche Entwicklung mittragen und stützen. An dieser Stelle sollten wir unseren Soldaten in Kun uz, in Faizabad und in Kabul von hier aus alles Gute ünschen und ihnen für die Arbeit danken, die sie für ie afghanische Bevölkerung tun. Ich weiß – ich wende mich jetzt direkt an die Kolle innen und Kollegen der FDP-Fraktion –, dass Sie das andat in Kabul zwar für richtig halten – wir sind in abul mit insgesamt 8 000 Soldatinnen und Soldaten us 36 Staaten; davon stellt die Bundeswehr rund 000 –, dass Sie aber Probleme mit den Wiederaufbaueams in Kunduz und Faizabad haben. Ich bin dem Kolegen Leibrecht dankbar, der mich am Wochenende beleitet hat, um zu sehen, wie es in Faizabad und Kunduz ussieht, und möchte Sie alle herzlich bitten, auch die raktionsund Parteivorsitzenden, wenn es die Zeit eraubt, unsere Soldaten dort zu besuchen. Für mich beteht kein Zweifel daran, dass es richtig ist, in Kunduz nd Faizabad vertreten zu sein. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall im ganzen Hause)


In beiden PRTs gibt es Multinationalität: in Kunduz
us Frankreich, Belgien, Ungarn, der Schweiz und Groß-
ritannien. Die Niederlande waren dort vertreten und ge-
en jetzt aufgrund der Erfahrungen, die sie mit unserem
iederaufbauteam gemacht haben, in ein eigenes Team

n der Provinz Baghlan. Es gibt auch Multinationalität in
aizabad. Anfang nächsten Jahres werden jeweils
0 Soldaten sowohl aus Tschechien als auch aus Däne-
ark hinzukommen. Kroatien hat eine Beteiligung im
ivilen Bereich angekündigt.
Ich möchte noch einmal betonen, dass wir die heute

m Bundestag zu treffende Entscheidung über den
fghanistaneinsatz nicht als Routine ansehen sollten.
ie gestrigen Erfahrungen zeigen, dass mit der Entschei-
ung, die wir jetzt treffen wollen, auch die Entscheidung
ber das Leben von deutschen Soldatinnen und Soldaten
erbunden ist. Es ist kein Routineeinsatz, über den das
arlament zu entscheiden hat, sondern ein Einsatz, bei
em Soldaten gefährdet sind.
Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit gegen An-

chläge, wie wir sie gestern erlebt haben; das sage ich als
erteidigungsminister. Wie soll man verhindern, dass
on den Bergen in einigen tausend Metern Entfernung
us geschossen wird? Unsere Soldaten wissen das. Sie
ind sich der Gefahrensituation in Afghanistan bewusst.
ie nehmen ihren Auftrag sehr ernst; sie sind überzeugt






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Peter Struck

von diesem Auftrag. Das ist den Kolleginnen und Kolle-
gen, die immer in Afghanistan sind, und denen, die mich
bei dieser Reise begleitet haben, klar gemacht worden.
Niemand stellt dieses Engagement infrage. Ich bin dem
Bundestag auch sehr dankbar, dass er dieses Engage-
ment mit trägt.

Deutschland hat eine große Verantwortung für Afgha-
nistan. In Deutschland wurden drei Konferenzen dazu
durchgeführt. Es ist nun möglich, dass am 9. Oktober ein
Präsident gewählt werden kann, und zwar auch von
Frauen. Der Anteil der Frauen an den registrierten Wäh-
lern in Afghanistan beträgt 48 Prozent. Das ist ein großer
Erfolg, den man nicht klein reden darf.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich bin froh und stolz darauf, dass die Bundeswehr zu
diesem Erfolg wesentlich beigetragen hat. Ich denke,
dass wir dieses Mandat verlängern sollten. Wir sollten
die Aufgaben, die uns dort bevorstehen, ernst nehmen.
Ich versichere, dass wir, wenn es nötig ist, bei der Aus-
stattung und Ausrüstung der dort eingesetzten Solda-
ten – Gleiches gilt für die Soldaten auf dem Balkan –
Verbesserungen durchzuführen, dies selbstverständlich
tun werden. Die Soldaten haben einen Anspruch darauf,
das zu bekommen, was sie brauchen, um ihren Auftrag
zu erfüllen. Dafür stehe ich als Verteidigungsminister
und so wird es immer bleiben.

Ich hoffe sehr, dass das Parlament die Arbeit der Bun-
deswehr auch in Afghanistan, worüber jetzt zu reden ist,
honoriert und dass es anerkennt, welch große persönli-
che Leistung die Soldaten dort erbringen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512909800

Das Wort hat der Kollege Dr. Friedbert Pflüger von

der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Friedbert Pflüger (CDU):
Rede ID: ID1512909900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Gestern sind, wie der Verteidigungsminister
eben berichtet hat, drei Bundeswehrsoldaten bei einem
Raketenangriff verletzt worden, einer davon schwer. Wir
alle denken an sie und wünschen ihnen eine rasche und
umfassende Genesung.


(Beifall im ganzen Hause)

Wir denken auch an die 14 deutschen Soldaten, die

seit Beginn des Einsatzes im Januar 2002 in Afghanistan
ums Leben gekommen sind, sowie an ihre Kameraden
aus etlichen anderen Ländern. Ihren Familien gelten un-
ser Mitgefühl und unser Dank für dieses größte Opfer,
das ein Mensch für Frieden, Freiheit und das Vaterland
leisten kann.

Wer wollte bestreiten, dass es in unserem Land immer
wieder Zweifel am Sinn des Engagements so fern der

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(C (D eimat gibt? Wenn wir heute im Bundestag über die erlängerung des Mandates entscheiden, dann müssen ir uns sehr ernsthaft die Frage nach dem Sinn stellen nd beantworten. Ferner müssen wir die Frage beantorten, ob wir für die Sicherheit unserer Soldaten dort as Größtmögliche tun. Unsere Soldaten sind in Afghanistan zum Schutz der undesrepublik Deutschland und ihrer Bürger. Am . September 2004 erklärte der Chef des Bundesnachichtendienstes, Hanning, dass die Terrorgefahr durch l-Qaida größer denn je sei; auch Einrichtungen in eutschland seien gefährdet. Der EU-Koordinator für ntiterrormaßnahmen, de Vries, ließ am 23. Juni 2004 issen, dass alle Länder in Europa, auch Deutschland, m Fadenkreuz der al-Qaida-Terrorkommandos stünden. m Vortag bereits hatte der Generaldirektor der Internaionalen Atomenergieorganisation, al-Baradei, erklärt, ass die Gefahr des Einsatzes einer „schmutzigen“ tombombe bei einem der nächsten Terrorakte größer ei als je zuvor. Wir wissen, dass Afghanistan bis 2001 der Ausgangs unkt des islamistischen Terrors gewesen ist. In den Laern im Land sind 20 000 Terroristen ausgebildet und in ie Welt geschickt worden. Den Nahund Fernkampf, en Umgang mit Sprengsätzen, militärische Strategien, en Umgang mit den Medien und dem Internet haben sie ort gelernt. Der tägliche Terror in der Welt, den wir eute erleben, hat seinen Ausgangspunkt in der Verbinung des totalitären Gottesstaates der Taliban mit alaida. Würde sich die Staatengemeinschaft jetzt zurückiehen, so würden morgen die Taliban wiederkommen; o würden dort morgen neue Terrorcamps entstehen. Unere Soldaten sind eben nicht aus einem idealistischen utmenschentum in Afghanistan; vielmehr sind sie dort n erster Linie für unsere Sicherheit. Wir sorgen für icherheit, damit die Terroristen und die Taliban nicht ieder zurückkommen können. Wir haben schon genüend Gefährder und Schläfer bei uns in Europa und wir ollen nicht, dass weitere ausgebildet werden und zu ns kommen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir sehen, dass es in Afghanistan Fortschritte gibt.
,6 Millionen Flüchtlinge sind seit 2001 in ihre Heimat
urückgekehrt; das ist ein deutlicher Beweis dafür, dass
s in weiten Teilen Afghanistans, neben den nach wie
or bestehenden großen Problemen, auch mehr Sicher-
eit gibt.
Wenn wir als CDU/CSU heute der Verlängerung des
andats zustimmen, dann tun wir das nicht, weil wir mit
llem einverstanden wären oder weil wir der Meinung
ären, dass es dort keine Fehlentwicklungen gegeben
ätte. Wir tun es, weil wir etwas für die Sicherheit unse-
er Bürger tun wollen. Aber die Fehlentwicklungen müs-
en wir hier auch benennen und es ist unsere Verantwor-
ung als Opposition, darauf aufmerksam zu machen.
Eine der Fehlentwicklungen betrifft die Drogenthe-
atik. Wir haben im Jahr 2003 eine Rekordernte von






(A) )



(B) )


Dr. Friedbert Pflüger

3 600 Tonnen Rohopium gehabt; in diesem Jahr werden
es wahrscheinlich 4 600 Tonnen sein, das wäre eine neue
Rekordernte. Drogen aus Afghanistan überschwemmen
den Markt in Europa. Politiker, Warlords, Personen, die
jedenfalls indirekt durch die ISAF, durch unser Engage-
ment, mit stabilisiert werden, verdienen daran. Das darf
nicht so bleiben. Spätestens für die Zeit nach den Präsi-
dentenwahlen brauchen wir ein glaubwürdiges Konzept.
Herr Bundesminister, glauben Sie uns, wir werden das
im nächsten Jahr ganz genau beobachten. Unsere Bürger
haben ein Recht auf Sicherheit vor dem Terror aus
Afghanistan; aber sie haben auch ein Recht darauf, dass
nicht Drogen aus Afghanistan Tod für unsere Kinder
bringen. Beides gehört zusammen und beides werden
wir einfordern, wenn wir in einem Jahr zusammenkom-
men und über eine mögliche weitere Verlängerung spre-
chen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir müssen uns ebenfalls fragen: Wie ist es mit der
Sicherheit der Soldaten in Faizabad? Diese Frage haben
wir, mein Kollege Christian Schmidt und ich, themati-
siert, unmittelbar nachdem wir aus der Presse erfahren
haben, dass Sie das Engagement der Bundeswehr nach
Faizabad ausdehnen wollen.

Wir werden jetzt also mit etwa 100 Soldaten nach
Faizabad gehen, einem Ort, zu dem man auf der Straße
von Kunduz 14 Stunden braucht. Wir alle wissen, dass
man nur unter Sichtbedingungen in Faizabad landen
kann. Wie sieht es mit der Sicherheit im Winter aus,
wenn die Straßen nicht mehr zugänglich sind? Ist das
Lager mitten im Ort überhaupt gegen mögliche Terroris-
ten zu schützen? Die Teilnehmer an der Reise mit dem
Bundesminister, mit denen ich gesprochen habe, berich-
teten, dass auf den Straßen von Faizabad keine große
Freundlichkeit geherrscht habe. Dort wird nicht gelä-
chelt und gewunken, wie wir es aus Kabul gewohnt sind.


(Widerspruch des Abg. Rainer Arnold [SPD])

Die „Financial Times Deutschland“ vom 17. Septem-

ber berichtete von einem Brief des Bürgermeisters und
der Ältesten von Faizabad an den Gouverneur mit dem
Ratschlag, die Bundeswehr solle ihr Lager lieber außer-
halb der Stadt aufschlagen, damit die Soldaten nicht mit
Frauen in Kontakt kämen. Man wünsche, dass keine Or-
ganisation, in der Bewaffnete arbeiteten, in der Stadt ihr
Lager habe. Am Tag der Demonstration, am 17. Septem-
ber, haben wir doch erlebt, wie schnell sich dort eine ex-
plosive Stimmung aufbauen kann. Sind unsere Soldaten
dort sicher? Wie sicher sind sie?

Der Herr Bundesverteidigungsminister ist am
14. September im ZDF von Herrn Kleber gefragt wor-
den:

Können Sie das verantworten, in abgeschlossener
Lage 90 Mann, die sich im Zweifel gegen gar nichts
wehren können?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1512910000

Es gibt im Augenblick … keine Bereitschaft im
Bundestag, das Kontingent … aufzustocken.

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(C (D Herr Bundesminister, uns haben Sie nicht gefragt. enn Sie der Meinung sind, es sei für die Sicherheit der ort stationierten Soldaten notwendig, mehr Soldaten orthin zu schicken, dann sollten Sie einen entsprechenen Vorschlag machen. Mit uns können Sie darüber eden; wir werden alles tun, was für die Sicherheit der oldaten notwendig ist. Schieben Sie aber bitte die Verntwortung nicht auf den Deutschen Bundestag! Sie traen sie. Karl Feldmeyer berichtete in der „Frankfurter Allgeeinen Zeitung“ von vorgestern von dem Besuch in aizabad, dass der Bundesminister und seine Delegation us Sicherheitsgründen darauf verzichtet hätten, das rankenhaus zu besichtigen, das von der Bundeswehr it aufgebaut wird, weil es in einer Sackgasse liege. eine Damen und Herren, hier stellt sich die Frage: enn bei einer hoch geschützten Delegation Sichereitsbedenken dahin gehend bestehen, dass man nicht jeen Punkt in Faizabad erreichen kann, kann man es dann en Soldaten zumuten, dass sie dort jeden Tag ihren ienst leisten? Stimmt das, was uns Herr Feldmeyer in er „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ berichtete, Herr undesminister? (Dr. Peter Struck, Bundesminister: Das stimmt doch überhaupt nicht! Das ist falsch! – Rainer Arnold [SPD]: Das stimmt nicht!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


iese ernsten Fragen, die mit der Sicherheit unserer Sol-
aten zusammenhängen, sind legitim und müssen ge-
tellt und beantwortet werden.
Wir haben uns in der Union mit diesen Fragen be-

chäftigt. Wir haben sie in jeder Ausschusssitzung ge-
tellt, wie es unsere Aufgabe und unsere Verpflichtung
st. Aber wir können nicht den Oberfeldherrn spielen.
ir können aus der Ferne nicht jede Sicherheitsfrage be-
ntworten.


(Marianne Tritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann fahren Sie doch mal hin, Herr Pflüger!)


Wenn der Bundesminister und der stellvertretende
eneralinspekteur uns gestern im Ausschuss auf die
iederholte Nachfrage erklärt haben, wir könnten dieses
ngagement militärisch verantworten, wenn auch der
tellvertretende Vorsitzende des Bundeswehrverbandes,
stermeier, mit dem ich heute Morgen noch einmal vor
em Hintergrund der Anschläge in Kunduz gesprochen
abe, klar sagt, er glaube, dass unsere Leute dort gut aus-
ebildet seien, sodass man deren Einsatz verantworten
önne, dann fällt es dem Deutschen Bundestag schwer,
us der Ferne zu einer anderen Analyse zu kommen.
Deswegen sagen wir ganz klar und deutlich: Das

ngagement der Bundeswehr in Afghanistan ist richtig
nd notwendig, weil wir unser Land vor den Taliban und
en Terroristen schützen wollen. Aber wir hoffen, dass
ie Fragen, die hinsichtlich der Sicherheit unserer Leute
nd hinsichtlich der Drogenproblematik aufgeworfen
orden sind, gut beantwortet werden. Wir wünschen
hnen, Herr Bundesminister, eine glückliche Hand. Vor






(A) )



(B) )


Dr. Friedbert Pflüger

allen Dingen wünschen wir den Soldaten, die wir dorthin
schicken, dass sie sicher nach Hause zurückkommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512910100

Das Wort hat jetzt der Kollege Winfried Nachtwei

vom Bündnis 90/Die Grünen.


Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512910200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Gestern Abend wurde erstmalig die Liegenschaft des
deutsch geführten Wiederaufbauteams in Kunduz mit
Raketen angegriffen. Den verletzten Soldaten wün-
schen wir baldige und vollständige Genesung.


(Beifall im ganzen Hause)

Wir sind bestürzt über diesen Vorfall, allerdings von

ihm auch nicht völlig überrascht; denn auch im Einsatz-
gebiet von ISAF muss seit langer Zeit mit Anschlägen
solcher Art gerechnet werden – in Kabul haben wir sie
öfter erlebt –, in zunehmendem Maße vor den bevorste-
henden Wahlen. Solche Angriffe sollen vor allem poli-
tisch verunsichern sowie die Wahlen und den Stabilisie-
rungsprozess stören.

Ganz entscheidend ist, wie darauf von den afgha-
nischen Sicherheitsorganen, von der afghanischen Be-
völkerung und von der internationalen Gemeinschaft re-
agiert wird. Deshalb ist es jetzt sehr wichtig – darin sind
sich erfreulicherweise alle bisherigen Redner einig –,
dass wir tatsächlich in dem Willen fest bleiben müssen,
die Vereinten Nationen und die afghanische Zentralre-
gierung bei der Gewalteindämmung, bei der Stabilisie-
rung und beim Aufbau des Landes zu unterstützen.
Schlechte Nachrichten wie jetzt dürfen nicht zu verkürz-
ter Wahrnehmung führen. Fakt ist nämlich, dass die Ent-
wicklung in den verschiedenen Regionen Afghanistans
sehr unterschiedlich verläuft, aber auch, dass es inzwi-
schen Fortschritte gibt, von denen man vor drei Jahren
nicht zu träumen gewagt hätte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ein Beispiel ist bereits genannt worden: Mehr als

3 Millionen Flüchtlinge sind in das Land zurückgekom-
men. Das ist auch eine Abstimmung mit den Füßen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Vor einem Jahr billigte der Bundestag das Vorhaben
der Bundesregierung, in Nordostafghanistan, in der
Großregion Kunduz, ein Wiederaufbauteam einzurich-
ten. Dieses Konzept der Wiederaufbauteams war unver-
zichtbar, um eine Stabilisierung und Wahlen im ganzen
Land überhaupt erst zu ermöglichen. Es war ein Pilot-
projekt von ISAF und NATO und hat sich – das kann
man jetzt ohne jede Übertreibung feststellen – als der
richtige Weg bewährt. Inzwischen ist dieses Netz erheb-
lich ausgeweitet worden. Die ganze Nordregion ist von

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(C (D iesem Netz erfasst. Letzte Lücke war die Region Faizaad. Herr Pflüger, Sie haben eben zu Recht einige Fragen ufgeworfen; wir waren vor Ort und haben Auge in uge mit den Offizieren gesprochen, ohne dass die resse dabei war. Es ist richtig, dass dies aus der Ferne fragwürdig er cheint. Aber wir haben uns vor Ort über die Stärke anerer Wiederaufbauteams, über die Verstärkungsund nterstützungsmöglichkeiten, über die nahe liegenden vakuierungsmöglichkeiten sowie über die Bewertung on NATO und ISAF informiert. Die gewonnenen Erenntnisse führten bei uns zu dem Schluss, dass dieser insatz verantwortbar ist. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Die Wiederaufbauteams sollen der Zentralregierung
ei der Entwaffnung und beim Wiederaufbau der Polizei
ückendeckung geben. Sie sollen nicht, wie es in der
iskussion immer wieder durcheinander geworfen wird,
irekten Schutz für Entwicklungshelfer und humanitäre
elfer bringen. Ihre Aufgaben sind viel breiter. Sie sol-
en Helfern Zuflucht bieten, aber natürlich keine Eskorte
ein; das ist Unsinn. Deswegen geht viel Kritik völlig an
er Sache vorbei.
Wir haben Kunduz im Januar und jetzt wieder be-

ucht. So konnten wir feststellen, was sich augenfällig
etan hat: Erstens hat sich die Bautätigkeit entwickelt,
nd zwar auch in Faizabad; man sieht schon jetzt nach
en ersten Wochen, dass sich einiges tut. Zweitens spielt
ie Zentralregierung inzwischen eine viel ausgepräg-
ere Rolle. Diese Aufzählung ließe sich fortsetzen.
Herr Gerhardt, Sie sprachen von einer Nadel im Heu-

aufen. Wenn man bei diesem Beispiel bleibt, dann han-
elt es sich eher um eine Nadel im Wollknäuel, mit dem
ich einiges anstellen lässt.
Richtig bleibt der Kurs der internationalen Gemein-

chaft, die schwachen afghanischen Staatsorgane zu un-
erstützen und ihre Fähigkeiten zu verbessern. Dazu be-
arf es Klugheit, Geduld und Entschiedenheit. Dafür ist
n der Tat ein stärkeres internationales Engagement drin-
end nötig. Wir können allerdings auch feststellen, dass
ie Bundesrepublik Deutschland hierbei vorbildlich ist.
eshalb unterstützen wir diesen Antrag.
Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512910300

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Werner Hoyer von

er FDP-Fraktion.


Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1512910400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
uch von mir zunächst ein Wort des Mitgefühls und des
unsches auf baldige, vollständige Genesung derer, die






(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer

gestern bei dem schlimmen Anschlag verwundet worden
sind.


(Beifall im ganzen Hause)

Vor einem Jahr hat die FDP-Bundestagsfraktion die

Ausweitung des Mandats von Kabul auf Kunduz abge-
lehnt. Das werden wir auch heute tun, weil keines der
Argumente, die wir hier damals vorgetragen haben, mitt-
lerweile ausgeräumt wurde. Dieser Einsatz ist nichts
Halbes und nichts Ganzes. Er ist nicht zu Ende gedacht
und in kein internationales Konzept bzw. Netzwerk ein-
gebettet.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat die NATO denn vor?)


Er birgt hohe Risiken in sich und bleibt für unsere Solda-
ten wegen der ungelösten, ja noch nicht einmal ange-
packten Drogenfrage eine Mission Impossible.


(Beifall bei der FDP)

Schon vor einem Jahr haben wir gesagt, dass wir die

Ausweitung des Mandats auf Kunduz ablehnen, zu dem
Einsatz in Kabul aber Ja sagen. Deswegen haben wir be-
antragt, dass hierüber getrennt abgestimmt wird. Das hat
die Bundesregierung nicht ermöglicht. Das bedauern
wir. Aus diesem Grunde haben wir unsere unterschiedli-
che Meinung zu den beiden Einsatzorten heute in einer
Protokollerklärung deutlich gemacht.

In der Logik unseres Verhaltens liegt weder ein Ab-
zug aus Kabul noch – das erst recht nicht – ein Im-Stich-
Lassen der Menschen in Afghanistan.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)

Die Stabilisierung der Zentralregierung in Kabul ist nach
wie vor dringend erforderlich. Die Ausweitung der
Macht der Zentralgewalt auf die Provinzen und die mili-
tärische Absicherung des Wiederaufbaus setzen ein flä-
chendeckendes Netz regionaler Wiederaufbauteams
voraus, dessen Schaffung uns die Bundesregierung seit
18 Monaten immer wieder vorgaukelt.


(Beifall bei der FDP)

Geradezu gebetsmühlenartig haben der Verteidi-

gungs- und der Außenminister in den betreffenden Aus-
schüssen vorgetragen, dass in Zukunft noch einige an-
dere Staaten ihre eigenen PRTs nach Afghanistan senden
werden. Aber nichts ist geschehen. Der von mir wirklich
sehr geschätzte NATO-Generalsekretär hat seine Reise
durch die NATO-Hauptstädte geradezu wie ein Bittstel-
ler angetreten und darum gebeten, dass weitere PRTs ge-
stellt werden. Aber nichts ist geschehen. Deswegen ist
der Versuch, ein solches Netzwerk herzustellen, in einem
Flop geendet. Zwar war bereits die auf dem Istanbuler
NATO-Gipfel getroffene Entscheidung, 10 000 Soldaten
zur Verfügung zu stellen, für mich nicht ausreichend.
Aber selbst diese Zahl ist bei weitem nicht erreicht wor-
den.


(Beifall bei der FDP)

Das ist eine schwere Niederlage für die deutsche Außen-
politik und eine große Blamage für die NATO.

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(C (D Der Außenminister macht sich ja immer auf gönnerafte Weise Sorgen um die vermeintlich bedrohte, gute lte Tradition liberaler Außenpolitik. Als wir diese olitik allerdings betrieben haben, Herr Fischer, waren ie davon nicht sehr begeistert; ebenso war auch Ihre altung zur Bundeswehr damals noch eine völlig anere. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ber über unsere außenpolitische Kontinuität brauchen
ie sich keine Sorgen zu machen. Der wesentliche Punkt
st, dass eine der Konstanten unserer Außenpolitik stets
ewesen ist, unser Handeln auf internationaler und vor
llem auf europäischer Ebene einzubetten. Wir hätten
ns mit einer unverbindlichen Absichtserklärung unserer
reunde in der NATO niemals zufrieden gegeben.


(Beifall bei der FDP)

Warum sagen uns denn die Kolleginnen und Kollegen

us den Auswärtigen Ausschüssen anderer NATO- und
U-Länder, dass sie nicht im Traum daran denken, sich
it einem PRT zu beteiligen? Das tun sie, weil sie vom
onzept nicht überzeugt sind und weil sie die Risiken
ehr hoch einschätzen.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Inzwischen sind es 16 Länder! – Gegenruf des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Wo sind die denn?)


Unsere heutige Entscheidung wäre eine andere, wenn
ie Bundesregierung glaubhaft hätte darstellen können,
ass sie die Partner in EU und NATO auf ein gemeinsa-
es PRT-Konzept einschwören kann.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur weil sie zögern, sollen wir noch stärker zögern?)


ie kann es nicht. Im Gegenteil, weitere Nationen kön-
en ihre PRTs wohl erst dann schicken, wenn die Wahlen
tattgefunden haben. Das ist in sich nicht besonders lo-
isch.
Machen wir uns nichts vor: Der Einsatz der Bundeswehr
Afghanistan ist ein langfristiger Einsatz. Wir reden dabei
ber sehr viele Jahre. Das sollte die Bundesregierung den
ürgerinnen und Bürgern klar sagen. Wenn man das tut,
raucht man ein umfassendes und überzeugendes
onzept. Hierfür fehlen drei essenzielle Elemente:
Erstens fehlen das internationale und insbesondere

as westliche Einvernehmen über das Engagement einer
ehr viel größeren Anzahl von Partnern bei den PRTs in
iner wirklichen Netzwerkstruktur.
Zweitens fehlt das abgestimmte Zusammenwirken

er Bundeswehr mit den zivilen Hilfsorganisationen.
Drittens fehlt eine überzeugende Vorstellung der in-

ernationalen Partner und der afghanischen Autoritäten
avon, wie man mit dem Drogenthema umgehen will.
Keine dieser Bedingungen kann die Bundesregierung

zw. die Völkergemeinschaft erfüllen.






(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)

Das deutsche PRT ist neben dem britischen PRT, das

von der Terrorbekämfungsmission Enduring Freedom
nun umfirmiert wurde, und demnächst dem niederländi-
schen sowie anderen PRTs, die zur OEF gehören, ziem-
lich alleine. Die Nichtregierungsorganisationen haben
nach wie vor ein sehr ambivalentes Verhältnis zur Prä-
senz der Bundeswehr. Für einige von ihnen sind die Sol-
daten nützliche Idioten, wenn es gefährlich wird. Für an-
dere gilt, dass man sie lieber auf Distanz hält oder dass
man, wie die Gesellschaft für bedrohte Völker das in ei-
ner Erklärung gestern getan hat, den Einsatz ausdrück-
lich als kontraproduktiv ablehnt.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Argumente sind völlig daneben!)


Schließlich versteckt sich die Bundesregierung bei
der Drogenbekämpfung hinter den britischen Partnern,
deren Auftrag es ja ist, sich um die Drogenbekämpfung
zu kümmern. Diese werden aber weniger und nicht stär-
ker aktiv in dieser Frage und scheinen ihr Konzept noch
einmal grundsätzlich überdenken zu müssen. Eine ernst-
hafte Drogenbekämpfung setzt die ernsthafte Auseinan-
dersetzung mit den Drogenbaronen und den regionalen
Machthabern voraus. Das sind die eigentlichen Macht-
haber dieses Landes und sie werden es vermutlich auch
noch sein, wenn sie demnächst eine parlamentarische
Basis haben. Was glauben Sie eigentlich, wer nächstes
Jahr in das Parlament gewählt wird? Die Bilder von
patrouillierenden Bundeswehrsoldaten vor blühenden
Mohnfeldern, von denen 80 Prozent des in der Welt pro-
duzierten und in Köln, Frankfurt und Rostock verkauften
Heroins kommen, werden die Glaubwürdigkeit jeder na-
tionalen Drogenbekämpfungsstrategie auf Null bringen.


(Beifall bei der FDP – Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wissen Sie eigentlich, dass die Bundeswehr zur indirekten Drogenbekämpfung beiträgt?)


Zum Schluss ein Wort zur Bundeswehr. Die FDP lässt
sich bei ihrer Unterstützung unserer Soldatinnen und
Soldaten im Einsatz von niemandem übertreffen. Dies
gilt aber auch für unsere Sorge und Fürsorge, wenn wir,
das Parlament, sie in einen gefährlichen Einsatz schi-
cken. Dann tragen wir nämlich die Verantwortung dafür.
Deshalb ist für die FDP glasklar: Vor der Erteilung des
Mandats müssen wir uns, wie das heute hier geschieht,
streiten. Wenn das Parlament entschieden hat, werden
wir uns alle geschlossen hinter die Soldatinnen und Sol-
daten der Bundeswehr stellen. Wir müssen dann unseren
Beitrag dazu leisten, dass sie das, was sie zu einer erfolg-
reichen Erfüllung ihres Auftrages brauchen, auch tat-
sächlich bekommen.

Wir erkennen die Leistungen der Bundeswehr auch
in Faizabad und in Kunduz an, Herr Bundesverteidi-
gungsminister. Es gibt sehr viele Orte auf dieser Welt, an
denen die Bundeswehr segensreich tätig werden könnte.
Dort ist sie jedoch nicht. Wir beschränken uns dort auf
Entwicklungspolitik, leisten humanitäre Hilfe und
manchmal leider auch gar nichts, weil wir nicht alles tun

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(C (D önnen. Das kann also nicht das Argument dafür sein, iesen Einsatz für richtig zu halten. (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Völlig richtig!)


Deswegen müssen wir unseren Dank für das enga-
ierte Handeln unserer Soldatinnen und Soldaten in
unduz, in Faizabad und in Kabul mit einer Kritik an
er Politik der Bundesregierung verbinden, die die Sol-
aten in einen Einsatz schickt, den wir nicht für richtig
alten.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512910500

Das Wort hat jetzt der Bundesminister Joseph Fischer.


Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512910600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Afghanis-

an steht wenige Tage vor den ersten freien Präsident-
chaftswahlen am 9. Oktober 2004. Das klingt fast wie
ine Selbstverständlichkeit. Diejenigen, die die Ge-
chichte dieses Landes in den vergangenen drei Jahren
ennen, wissen allerdings, welche enormen Leistungen
as bedeutet. Diese Wahlen gründen auf einer Verfas-
ung, die sich das afghanische Volk – die Vertreter aller
laubensrichtungen, Stämme und ethnischen Gruppen –
egeben hat. Das ist eine zweite fast nicht für möglich
ehaltene Realität. Das geschieht jetzt im ganzen Land.
Im Süden und im Südosten gibt es nach wie vor sehr

roße Probleme in den paschtunischen Gebieten. Aber,
eine Damen und Herren von der FDP, niemand würde
errn Karzai heute noch als Bürgermeister von Kabul
ezeichnen. Auch das ist ein gewaltiger Fortschritt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Vor drei Jahren wurde der Petersberg-Prozess auf den
eg gebracht. Sie sprechen immer von dem „Konzept“.

ch kann nur sagen: Lest das „Konzept“ doch nach!
Das Petersberg-Konzept, das damals unter der Lei-

ung von Lakhdar Brahimi, dem Sondergesandten der
ereinten Nationen, mit den Vertretern der afghanischen
emokratie beschlossen wurde, unterstützt von der in-
ernationalen Staatengemeinschaft, wurde Stufe für
tufe auch dank der Sicherheitsfunktion umgesetzt, die
nsere und verbündete Soldaten dabei geleistet haben,
nd zwar mit hohem Risiko und leider auch mit Opfern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Umsetzung dieses Konzeptes kommt jetzt mit
en Wahlen in eine entscheidende Phase. Der erste
chritt sind die Präsidentschaftswahlen. Der zweite
chritt – auch dieser ist alles andere als einfach zu errei-
hen; ich bin aber sicher, dass er wie alle anderen
chritte umgesetzt wird – sind die Parlamentswahlen.
enau das ist der Inhalt des Petersberg-Konzepts. Wir
aben die Berlin-Konferenz einberufen, weil klar ist,
ass mit den Wahlen der Wiederaufbau und die Stabili-
ierung noch nicht abgeschlossen sind.






(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

Meine Damen und Herren von der FDP, ich nehme

Ihre Argumente sehr ernst; ich habe sorgfältig zugehört.
Aber die Behauptung, dass es kein Konzept für die Wie-
deraufbauteams geben würde, ist spätestens seit dem Be-
schluss der NATO in Istanbul falsch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Noch nicht einmal das ist umgesetzt!)


– Ich nehme Ihr Argument auf, dass es noch nicht umge-
setzt wurde. Dieses Problem der Schaffung zusätzlicher
Truppen in Form von Verstärkungen, der Force Genera-
tion, bezieht sich nicht nur auf die PRTs. Das Drogen-
problem, das Problem der Truppenverstärkung und des
größeren Engagements und all das, was Sie aufgeführt
haben, gelten selbstverständlich auch für Kabul. Das
verstehe ich bei Ihrer Argumentation nicht, meine Da-
men und Herren von der FDP.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es ist doch nicht so, dass in Kabul keine Warlords
oder Dorgenbarone tätig wären, die für die Zustände ver-
antwortlich sind, die wir Schritt für Schritt überwinden
wollen, nämlich die Parzellierung des Landes und die
Privatarmeen. All das gilt für Kabul ganz genauso. Sie
können doch nicht bestreiten – ein Besuch in Kunduz
macht das sofort und unmittelbar klar, das ist aber auch
in Masar-i-Scharif und anderen Städten der Fall; lassen
Sie sich das vom Bundesaußenminister mit drei Beamten
in Herat mitteilen –, dass es wichtig ist, dort ein kleines
amerikanisches PRT vor Ort zu haben. Wenn unsere Di-
plomaten verschiedene Male in Schwierigkeiten waren,
so konnten sie sich letztendlich auf die vorzügliche Zu-
sammenarbeit mit unseren amerikanischen Bündnispart-
nern verlassen. Es ist einfach nicht richtig, wenn Sie be-
haupten, dass die PRTs nichts bringen würden, sondern
sie haben ganz entscheidend dazu beigetragen, dass
Karzai heute eben nicht mehr nur Bürgermeister von Ka-
bul ist, sondern sein Einfluss weit darüber hinausgeht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie müssen doch die Entwicklungen in Herat und ande-
ren Städten zur Kenntnis nehmen.

Ich akzeptiere zwar Ihre Entscheidung. Aber wenn
ich Ihre Argumente von der Sache her prüfe – das ist
keine parteipolitische Prüfung –, halte ich sie im Lichte
der Realität, mit der wir es zu tun haben, für nicht belast-
bar.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Es ist ganz entscheidend, dass wir diesen Prozess jetzt
voranbringen. Wir werden über den Abschluss des Pe-
tersberg-Prozesses hinaus nach den Wahlen präsent blei-
ben müssen. Auf die Drogenproblematik gehe ich
gerne noch einmal ein. Kollege Pflüger, mit Blick auf
die Debatte von vor einem Jahr warne ich vor Illusionen,
muss aber gleich zu Beginn nochmals den Vorwurf zu-
rückweisen, dass unsere britischen Freunde nicht aktiv
und engagiert tätig wären. Klar ist auch: Wir können

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(C (D ehler, wie sie etwa in Lateinamerika im so genannten rieg gegen die Drogen gemacht wurden, nicht einfach lind wiederholen. Es ist ja nicht so, dass dies eine Erolgsstrategie wäre. Wir müssen – dieses Konzept steht dahinter – mit em Polizeiaufbau weiterkommen. Der Polizeiaufbau das ist ein weiteres Element der Provincial Reonstruction Teams – muss auch in den Provinzen vertärkt werden. Gerade in den Provinzen kommt es entcheidend darauf an, nicht nur den Aufbau der Polizei oranzutreiben, sondern auch die notwendigen Qualifiationen zu vermitteln. Hier wird eine enge Kooperation wischen uns und Großbritannien von großer Bedeutung ein. Wir sind für den Polizeiaufbau zuständig und die riten für die Drogenbekämpfung. Das muss in der Quaifizierung afghanischer Polizisten zusammengeführt erden, die aus vielerlei Gründen die Hauptarbeit bei er Drogenbekämpfung zu leisten haben. Ein zweites Element sind die ökonomischen Alterna iven. Machen wir uns doch nichts vor: Viele Familien ind vom Anbau von Schlafmohn finanziell abhängig. ie werden daran festhalten, wenn die Alternative chlicht und einfach darin besteht, ansonsten kein Ausommen mehr für die Familie und damit keine Perspekive zu haben. Diese Erfahrung wird nicht nur in Afghaistan gemacht. Deswegen sind ökonomische lternativen wie die Entwicklung einer legalen Ökonoie und einer Lebensperspektive für diese Menschen on entscheidender Bedeutung. Dies ist das zweite Eleent. Das dritte Element ist das Ausgreifen der Zentralgealt. Selbstverständlich bedarf es auch hier einer entprechenden Transparenz und Kontrolle durch die interationale Staatengemeinschaft. Das vierte Element ist die internationale Kooperation er Anrainerländer und der Länder, durch die der Droenhandel tatsächlich geführt wird. Diese vier Elemente, Kollege Pflüger, stehen für uns m Vordergrund. Ich nehme an, auch Sie haben nicht geeint, dass wir hier kurzfristig Erfolge erzielen können. ch wollte nur nochmals unterstreichen, dass es hier am ngagement nicht fehlen wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU])


Ich meine das nicht kritisch, ich wollte es nur noch-
als unterstreichen.
Wenn man diese vier Elemente zusammen betrachtet,
eine Damen und Herren, wird doch klar, dass gerade
ie Soldaten der Bundeswehr in diesem gefahrvollen
insatz herausragende Leistungen erbracht haben. Ich
öchte aber auch die Entwicklungshelferinnen und -hel-
er und unsere Diplomaten hier nicht vergessen, die
benfalls eine gefährliche und unverzichtbare Arbeit ge-
eistet haben und in Zukunft leisten werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

In der jetzigen entscheidenden Phase der Umsetzung

dieses Konzeptes und bei allen Schwierigkeiten geht es
mir, wenn ich auf Afghanistan schaue, jedes Mal so: Bli-
cke ich voraus, sehe ich, so könnte man fast sagen, ein
Gebirge von Problemen, das fast nicht zu überwinden zu
sein scheint. Blicke ich jedoch zurück auf die erste Peters-
berg-Konferenz, sehe ich beeindruckende Fortschritte.
Die Kürze der Zeit lässt es nicht zu, alle erfolgreichen
Projekte aufzuzählen. Ich nenne als Beispiele nur die
Schulprojekte und die Reintegration von Frauen und
Mädchen.

Alle diese Erfolge waren nur möglich, weil wir uns
engagiert haben. Wir kommen nun in die entscheidende
Phase, die gefahrvoll sein wird, weil der Terrorismus ge-
nau jetzt versuchen wird, eine demokratische Legitima-
tion zu verhindern. Aber wir müssen dennoch eines fest-
stellen: Die Tatsache, dass sich über 10 Millionen
Afghaninnen und Afghanen haben registrieren lassen, ist
ein beeindruckendes Votum für die demokratische Er-
neuerung dieses Landes.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dafür stehen wir ein, meine Damen und Herren. Dafür
stehen unsere Soldaten ein. Deshalb bitte ich Sie um Ihr
Vertrauen für ein weiteres Jahr und um Unterstützung für
den Antrag der Bundesregierung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512910700

Das Wort hat jetzt der Kollege Christian Schmidt von

der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1512910800

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen!

Wenn man, wie einige von uns, am Sonntag zusammen
mit dem Minister ein Briefing in dem Gebäude angehört
hat, das gestern Abend beschossen worden ist, und wenn
man weiß, dass dabei deutsche Soldaten und ein Schwei-
zer Soldat zu Schaden gekommen sind, wird man ein
Stück nachdenklich. Die Nachdenklichkeit tut uns allen
gut, gerade vor solch einer Entscheidung. So können wir
zeitnah, sozusagen mittelbar betroffen und mitfühlend
mit denen, die unmittelbar betroffen sind, reflektieren,
ob der Weg, den wir gehen, richtig ist. Dann kommt man
sehr schnell zur Frage nach der Verantwortung. Über
welche Verantwortung reden wir hier? Wir reden als Ab-
geordnete des Deutschen Bundestages über die Verant-
wortung, die unsere Verfassung uns gibt. Wir reden über
die Verantwortung, ob wir dem Parlamentsheer Bundes-
wehr für einen Einsatz, der nicht vom Parlament – dazu
sind wir nicht in der Lage und das wollen wir auch gar
nicht sein –, sondern von der Regierung ausgearbeitet
und konzipiert wird, ein politisches Ja geben oder ob wir
die politische Grundlinie infrage stellen.

Zur politischen Grundlinie ist hier bereits einiges ge-
sagt worden. Der Kollege Pflüger hat ausführlich auf
den Grund für den Einsatz in Afghanistan hingewiesen:

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(C (D ir wollen vermeiden, dass der Terror in unser Land ommt, und ihn deshalb dort bekämpfen. Über diese poitische Grundlinie haben wir heute mit zu entscheiden. erade für jemanden, der in der Verteidigungspolitik enagiert ist, liegt es nahe zu sagen: Wir müssten über ehr reden. Einige Kollegen, so auch der Kollege Hoyer on der FDP, haben diese Fragen nach dem Einsatz elbst schon angesprochen. Nun kann ich mir auch vorstellen, dass man Fragen um konkreten Einsatz stellen kann. Natürlich sind Faiabad betreffend Fragezeichen angebracht. Wir müssen avon ausgehen können, dass die Sicherheit unserer Solaten optimal gewährleistet ist. Ein Wort dazu: Selbsterständlich wird es nicht möglich sein, einen absoluten chutz für Soldaten sicherzustellen. Das bringen der ienst und der Beruf mit sich, so wie es bei der Polizei nd bei Katastrophenschutzorganisationen, aber auch bei iplomaten der Fall ist. Nur, wenn dieser Dienst, den oldaten tun, so gefährlich ist, dann haben sie einen Anpruch darauf, dass die vermeidbaren Risiken vermieden erden. Die Bundesregierung und die militärische Fühung haben uns gesagt, dass das getan werde. Wir nehen das zur Kenntnis. Wir können das nicht im Detail ewerten, genauso wenig, wie ich im Detail bewerten ann, ob ein PRT in Kunduz mit 110 oder besser mit 00 Soldaten ausgestattet sein sollte. Wir nehmen nur ur Kenntnis, dass der Verteidigungsminister sich selbst iese Frage gestellt und sie damit in die politische Deatte gebracht hat. Dann können wir auch erwarten, dass ir hierauf eine Antwort erhalten und – wenn es notwenig ist – einen entsprechenden Antrag vorgelegt bekomen. Die politische Grundentscheidung, die wir heute zu reffen haben, betrifft die Verantwortung. Die Ausfühungsentscheidung bleibt bei der Regierung und bei deen, die Verantwortung tragen. Dazu wünschen wir Ihen aus der Sicht der Soldaten viel Glück. Allerdings agen wir auch, was die politische Grundentscheidung etrifft: Wir müssen erwarten können, dass die Art und eise der Auftragsausführung erfolgsorientiert ist. Das Drogenproblem ist angesprochen worden. Es rückt uns nicht nur hier in unseren Städten schwer geug. Wenn es uns nicht gelingt, diesen Staat ein Stück eit zu stabilisieren und zu verhindern, dass dessen Reräsentanten vom Drogenhandel profitieren, also die inger derer, die dort agieren, klebrig sind, dann haben ir verloren. Deswegen muss auf die Drogenbekämpung großer Wert gelegt werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Herr Bundesaußenminister, wir wissen alle, dass Dro-
enbekämpfung nicht dadurch erfolgen kann, dass man
infach einen Hebel umlegt. Drogenbekämpfung ist eine
angwierige Aufgabe. Aber die Erfahrung in allen Dro-
enproduktionsländern zeigt uns, dass das Geld, das bei
en Drogen produzierenden Bauern ankommt, nicht die
asse ist. Wenn wir das Geld, das in das Land fließt,
insetzen würden, um Entwicklungsprogramme für die
rogen produzierenden Bauern aufzulegen, dann würde






(A) )



(B) )


Christian Schmidt (Fürth)


sich die Einkommenssituation der Betroffenen sehr
schnell verändern. Man muss oben beginnen.

Ich habe den Eindruck – darüber bin ich sehr froh –,
dass ein gewisser Erfolg bei der Stabilisierung Afghanis-
tans erzielt worden ist. Es trifft in der Tat nicht mehr zu,
dass Herr Karzai nur der Bürgermeister von Kabul ist.
Wir stellen fest, dass der Einfluss der Zentralregierung
auf die Provinzen größer geworden ist. Ich halte das als
erfreulichen Tatbestand fest. Nur so kann es uns gelin-
gen, auf längere Sicht zu stabilisieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


Unsere Soldaten sind aber auch in einer Situation, in
der sie wissen müssen, dass die Verbündeten da sind. Ich
glaube, wir werden im nächsten Jahr Fragen stellen müs-
sen. Kollege Pflüger hat das angesprochen. Wie geht es
mit einer engeren Abstimmung zwischen ISAF, also dem
Mandat, in dessen Rahmen die Bundeswehr agiert, und
OEF voran, der wirklichen Antiterrorbekämpfung, mit
der angefangen wurde?

Wie kann das verknüpft werden? Was ist mit der Sta-
bilität der Nachbarländer und deren Einflussnahme auf
Afghanistan?

Wie können wir unseren Soldaten, denen wir alles
Soldatenglück, viel Erfolg und Gesundheit wünschen,
nicht nur vermitteln, dass ihr Einsatz sinnvoll ist, son-
dern auch, dass sie nicht alleine sind? Die Sorge, dass
sich Teile der NATO nicht beteiligen, ist noch nicht aus-
geräumt. Das wird auch hinsichtlich der Handlungsfä-
higkeit der NATO eine Rolle spielen. Insofern erwarten
wir, dass unsere Regierung an diesem Thema intensiv ar-
beitet.

Ansonsten bleibt uns zu hoffen, dass das, was gestern
passiert ist, eine Ausnahme bleibt. Allerdings werden
wir alle erkennen müssen, dass nicht auszuschließen ist,
dass sich so etwas wiederholt. Über die Details der Erhö-
hung der Sicherheitsmaßnahmen werden wir in den Aus-
schüssen zu reden haben. Dies werden wir sehr ernst
nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512910900

Das Wort hat jetzt der Kollege Rainer Arnold von der

SPD-Fraktion.


Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1512911000

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bei

meinem Besuch in Faizabad und Kunduz am vergangenen
Wochenende haben sich mir zwei Bilder besonders einge-
prägt. Bei dem einen Bild denke ich an die Soldaten, die in
den beiden Lagern mitten in der Stadt mit großem En-
gagement und großer Motivation ihrer Arbeit nachge-
hen. In den Gesprächen mit ihnen wurde klar, dass sie
die Gefahren, denen sie dort ausgesetzt werden, nicht
verdrängen. Sie nehmen die Risiken durchaus wahr. Ich
habe eher den Eindruck, dass in der deutschen Gesell-

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(C (D chaft manchmal gern darüber hinweggesehen wird. Die oldaten wissen aber, dass ihre Arbeit gefährlich ist. Ich hätte eine Bitte, Herr Hoyer. Man sollte zur Beur eilung dessen, was für die Sicherheit der Soldaten notendig ist, nicht den Rat von Journalisten einholen. Bei anchen von ihnen habe ich den Eindruck, dass sie gar icht mehr reisen müssen, weil sie schon vorher alles issen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Habe ich zu dem Thema ein Wort gesagt? Nein! Kein Wort!)


Ich ziehe es vor, den Rat der Soldatinnen und Solda-
en einzuholen. Diese müssen selbst beurteilen, was sie
u ihrer Sicherheit brauchen. Dies muss von politischer
eite zur Verfügung gestellt werden. Sie können sich
arauf verlassen, dass wir das tun. Aber wir lernen täg-
ich neu und schmerzhaft, dass es keinen absoluten
chutz vor den so genannten asymmetrischen Bedrohun-
en – also vor Terroristen – gibt.
Unsere Gedanken sind am heutigen Tag bei den ver-

etzten schweizerischen und deutschen Soldaten, denen
uch wir eine gute Genesung wünschen.


(Beifall im ganzen Hause)

Eines ist in den vergangenen Stunden sehr deutlich

eworden, nämlich dass die Deutschen großen Wert auf
ine optimale Sanitätsversorgung im Einsatz legen. Es
st ein entscheidender Schlüssel für die Motivation und
kzeptanz der Soldaten, dass sie, wenn etwas passiert,
m Einsatzgebiet operiert und behandelt und innerhalb
on Stunden zu einer deutschen Universitätsklinik aus-
eflogen werden. Das zu wissen ist für sie sehr wichtig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Als zweites Bild habe ich die vielen Kinder in Erin-

erung, die entlang der Straßen zu sehen waren, als wir
urch die Stadt gefahren sind. Diese Kinder, die erkenn-
ar an Mangelernährung leiden, empfangen die deut-
chen Soldaten mit einer unglaublichen Freundlichkeit.
benso wie die Erwachsenen winken und lachen sie.
as die Kinder zeigen, spiegelt das wider, was in den
amilien besprochen wird, nämlich dass die Soldaten
afür sorgen, dass nach 25 Jahren Elend und Krieg in
iesem Land der Prozess zur Nationenbildung und Stabi-
ität unumkehrbar wird. Es ist sichtbar und spürbar, dass
ie mit den Soldaten Hoffnung verbinden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, wir sollten noch einmal deutlich machen,
as die Soldaten bei den PRTs tatsächlich tun. Sie neh-
en Transmissionsaufgaben für die Zentralregierung
ahr und unterstützen die Bildung von Netzwerken mit
llen Akteuren in der Stadt, ob staatliche und nicht staat-
iche. Wie wir gehört haben, funktioniert dies sehr gut.
Auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zu-

ammenarbeit und Entwicklung leistet einen Beitrag, der
en Menschen eine Zukunft bietet. Dazu zählt die Per-
pektive, dass im nächsten Jahr 80 Prozent der Haushalte
n Kunduz wieder Wasser haben werden. Die Behaup-






(A) )



(B) )


Rainer Arnold

tung, die Deutschen leisteten keinen Beitrag gegen den
Drogenkampf, ist absurd. Wer die Drogen bekämpfen
will, muss sicherlich auch militärisch robust und hart
auftreten. Das ist bei den Briten der Fall und das muss
auch die afghanische Polizei tun. Wer den Drogenanbau
aber nachhaltig bekämpfen will, der muss den dort le-
benden Menschen ökonomische Perspektiven geben.
Wenn das BMZ eine Zuckerfabrik aufbaut und Saatgut
an die Bauern verteilt, dann ist das also ein zentraler Be-
standteil im Kampf gegen den Drogenanbau in Afgha-
nistan.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das PRT soll des Weiteren die Wahlen absichern.
Das sind die Aufgaben. Die Aufgabe ist nicht, durch

massive militärische Präsenz in der Fläche Stabilität zu
erzeugen. Afghanistan ist schließlich ein souveräner
Staat und kein Protektorat. Wir haben dort eine unter-
stützende und keine lenkende Funktion.

An die Adresse der Kollegen von der FDP gerichtet:
Die PRTs sind keine deutsche Idee gewesen. Sie gehen
vielmehr auf einen Beschluss der NATO zurück. Die
UNO hat wiederum beschlossen, das Mandat von Kabul
auf die Provinzen auszudehnen. Ich finde es sehr bedau-
erlich und traurig, dass sich eine Partei mit Ihrer außen-
politischen Tradition von einem gemeinsamen Beschluss
der Völkergemeinschaft auf diese Art und Weise verab-
schiedet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir stimmen der Fortsetzung des Einsatzes der Bun-
deswehr in Kabul, Faizabad und Kunduz aus zwei Grün-
den zu. Der erste Grund ist: Wir stehen zu unserer huma-
nitären Verantwortung. Es ist richtig, was der
Außenminister gesagt hat. Die Deutschen haben auf der
Konferenz auf dem Petersberg wichtige Impulse für den
politischen Prozess gegeben. Wer dies tut, wird auch da-
ran gemessen, ob er bereit ist, an der praktischen Imple-
mentierung und der Umsetzung vor Ort mitzuhelfen,
auch wenn dafür große finanzielle und menschliche An-
strengungen notwendig sind.

Der zweite Grund ist – ganz nüchtern betrachtet –:
Wir engagieren uns dort auch aus europäischem und ins-
besondere deutschem Interesse. Die Menschen in
Deutschland wollen nicht mehr zusehen, dass Afghanis-
tan wieder ein Zufluchtsort für die Ausbildung von Ter-
roristen wird, die uns dann in Europa bedrohen. Deshalb
liegt es in unserem Interesse, dass der jetzt in Gang ge-
setzte Prozess in Afghanistan unumkehrbar bleibt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512911100

Das Wort hat die Kollegin Petra Pau.

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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit rei Jahren wird in schlechter Regelmäßigkeit das militäische Mandat der Bundeswehr für Afghanistan verlänert und erweitert. Anfangs war das noch ein brisanter organg. Aber inzwischen scheint das für Rot-Grün und uch für die CDU/CSU kaum noch der Rede wert zu ein, im Gegensatz zur PDS im Bundestag. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1512911200

ir haben den Kriegseinsatz am Hindukusch stets abge-
hnt und wir werden auch dieses Mal Nein sagen.
Nun habe ich die Bundesregierung am 17. September

ieses Jahres gefragt, wie viele militärische Auseinan-
ersetzungen, Überfälle und Angriffe es in Afghanistan
isher im Jahr 2004 gegeben hat. Die erste Reaktion lau-
te, die vorgegebene Frist für die Beantwortung meiner
rage könne leider nicht eingehalten werden. Nachdem
ch gemäß der Geschäftsordnung des Bundestages weiter
uf eine Antwort vor der heutigen Abstimmung gedrängt
atte, bekam ich dann doch noch eine. Ich zitiere:

Kräfte der Anti-Terror-Koalition sind nach hiesi-
gem Kenntnisstand von Januar 2004 bis heute lan-
desweit in ca. 460 Vorfälle – darunter kleinere
Schießereien bis mehrstündige Gefechte – … ver-
wickelt worden.

60 Vorfälle in achteinhalb Monaten! Das sind im
urchschnitt fast zwei Überfälle oder Angriffe täglich.
llein diese Zahl verbietet es, den Afghanistaneinsatz
er Bundeswehr als Normalität abzuhaken.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Außerdem hat mir das Verteidigungsministerium in
einer Antwort bestätigt: Auf den „Afghanistan-Karten
er Vereinten Nationen wird fast die Hälfte des Landes
ls Gebiete mit mittlerem und höherem Risiko ausgewie-
en“, also als feindliche Umgebung. Der Kollege
olting von der FDP meinte dieser Tage im Fernsehma-
azin „Fakt“, er habe das Gefühl, die Risiken werden
on der Bundesregierung heruntergespielt, um so leich-
r die Zustimmung des Parlaments zu erhalten. Ich be-
ürchte, er hat Recht. Die PDS im Bundestag hat mehr-
ach eine ehrliche Bestandsaufnahme gefordert – bislang
ergebens. Aber sie ist überfällig.
Schließlich will ich noch einmal daran erinnern, mit
elcher Begründung das militärische Afghanistanaben-
uer begonnen wurde. Nach dem 11. September 2001
ollte Bin Laden gefangen und sollten Terrornetze zer-
chlagen werden. Nach über drei Jahren gehört zu einer
ritischen Bestandsaufnahme auch eine Antwort auf die
rage, was aus diesem Vorhaben, dem angeblichen
rund des Einsatzes der Soldaten, geworden ist.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Jetzt verwechseln Sie ISAF und Enduring Freedom!)







(A) )



(B) )


Petra Pau

Nunmehr wollen Sie das Bundeswehrmandat für ein

viertes Jahr beschließen. Nebenbei gesagt, das wird
310 Millionen Euro – das ist jedenfalls die offizielle
Zahl – kosten. Die PDS im Bundestag hat schon zu Be-
ginn des Afghanistaneinsatzes gewarnt: Der Kampf ge-
gen den Terrorismus lässt sich gewinnen; ein Krieg ge-
gen den Terror lässt sich nicht gewinnen. Daran hat sich
bis heute nichts geändert.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512911300

Das Wort hat jetzt der Kollege Gert Weisskirchen von

der SPD-Fraktion.


Gert Weisskirchen (SPD):
Rede ID: ID1512911400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In

wenigen Stunden wird der junge Bundeswehrsoldat an
der Universitätsklinik in Köln sein. Wir alle hoffen sehr,
dass er bei den Ärzten genau die Versorgung finden
wird, die er braucht, damit er so schnell wie möglich
wieder gesund werden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)


Mit diesem Vorfall hat sich gezeigt, wie manche in
Afghanistan das beurteilen, was am 9. Oktober gesche-
hen soll: Sie verstehen unter Wahlkampf etwas ganz an-
deres als die Mehrheit der Menschen in Afghanistan.
Dort soll versucht werden, eine demokratische Wahl zu
verhindern. Wahlkampf heißt für sie, militärische Mittel
einzusetzen, um gegen eine demokratische Wahl zu
kämpfen. Genau das müssen wir verhindern. Das ist ei-
ner der wesentlichen Gründe, warum die SPD-Bundes-
tagsfraktion Sie darum bittet, alles zu tun, dass dieser
Wahlkampf demokratisch verläuft und dass die Men-
schen in Afghanistan endlich selbst entscheiden können,
ob Afghanistan einen Weg in eine vernünftige, in eine
friedliche Zukunft gehen soll.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Man schaue sich an, wie sich Afghanistan entwickelt

hat. Man schaue sich den Weg an, der von den Afghanen
selbst gewählt worden ist. Er wird im nächsten Frühjahr
durch Kommunalwahlen und Nationalwahlen komplet-
tiert werden. Solche Wahlen werden das erste Mal in der
Geschichte dieses geschundenen Landes stattfinden.
Dieses Land wurde von vielen immer nur als Opfer gese-
hen. Es ist von außen immer bedroht worden. Man hat
von außen versucht, sich die Rohstoffe dieses Landes
und die Produkte der Arbeit seiner Menschen – ihre Fä-
higkeiten sind ihr eigentlicher Schatz – anzueignen. Die-
ses Land wurde immer wieder fremdbestimmt.

Dieses Land hat zum ersten Mal in seiner Geschichte
die Chance, selbstbestimmt in eine eigene, demokrati-
sche, friedliche Zukunft zu gehen. Deshalb bitten wir
alle darum – auch die Mitglieder der FDP-Fraktion, die,
wenn sie sich mit der Sache im Detail befassten, nicht zu
ihrer, wie ich finde, falschen Entscheidung kämen –,

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(C (D afür zu sorgen, dass Afghanistan auf seinem Weg voanschreiten kann. Das geht nur, wenn der Deutsche Bundestag dem An ag der Bundesregierung jetzt zustimmt. Unsere Verantortung als demokratisch gewähltes Parlament besteht arin, mitzuhelfen, dass andere Demokratien in dieser elt eine Chance haben, endlich das zu verwirklichen, as von den Menschen schon jahrzehntelang gefordert ird, nämlich den ersten Schritt in die Demokratie zu ehen. Am 9. Oktober werden in Afghanistan Präsidentchaftswahlen und im Frühjahr 2005 Parlamentswahlen bgehalten. Wir erwarten von allen, besonders von der DP, dass sie diesem Weg zustimmen. Die SPD-Fraktion ittet darum. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, auch dem etzten Redner in dieser Aussprache noch Gehör zu chenken. Das Wort hat der Kollege Dr. Ralf Brauksiepe von der DU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die ustimmung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum ntrag der Bundesregierung entspringt auch in diesem ahr nicht einem Automatismus, sondern wir sind zu dieer Haltung nach einer sorgfältigen Abwägung gekomen. Wir sehen natürlich die nach wie vor bestehenden nd sich zum Teil in jüngster Zeit leider sogar zuspitzenen Probleme in Afghanistan: Die zunehmenden terroistischen Anschläge, denen auch in diesen Stunden ieder Soldaten zum Opfer gefallen sind, die Rekorderebnisse bei Drogenanbau und -ernte sowie die nach wie or problematische humanitäre und Menschenrechtslage n weiten Teilen des Landes sind angesprochen worden. Die entscheidende Frage, über die wir heute zu ent cheiden haben, lautet ja nicht, ob in Afghanistan schon lles in Ordnung oder jedenfalls auf gutem Wege ist. Voausgesetzt, dass für jeden verantwortungsvollen Politier seit dem 11. September 2001 klar ist, dass wir ein igeninteresse an der positiven Entwicklung Afghanisans haben, lautet die entscheidende Frage vielmehr: ird sich die Entwicklung in Afghanistan besser volliehen, wenn unsere Soldaten im Land bleiben oder enn wir uns zurückziehen? Es ist für uns nicht erkennar, wie die Probleme auch nur ansatzweise dadurch geöst würden, dass sich deutsche Soldaten zurückziehen. Wir bedauern es sehr, dass es der Bundesregierung isher nicht gelungen ist, noch mehr Partnerstaaten azu zu bewegen, sich an PRTs zu beteiligen. In Richung auf die FDP-Kollegen sage ich in diesem Zusamenhang aber auch: Wenn man das Konzept für richtig ält und nur bedauert, dass nicht mehr mitmachen, ist es och völlig falsch, die Konsequenz zu ziehen, wir ma Dr. Ralf Brauksiepe chen das, was wir für richtig halten, in Zukunft nicht mehr. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Unverschämtheit!)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512911500

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1512911600




(A) )


(B) )


Zumal vor dem Hintergrund der nun anstehenden Präsi-
dentschafts- und Parlamentswahlen wäre es, wie ich
denke, das völlig falsche Signal, zu diesem Zeitpunkt
den Einsatz abzubrechen. Auch angesichts der Terroran-
schläge dieser Tage kann unsere Antwort nur lauten: Wir
weichen nicht dem Terror, wir lassen die Menschen
Afghanistans in dieser Situation nicht allein, sondern
stehen zu ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dessen ungeachtet muss auch erwähnt werden, dass

wir mit der Ausweitung des PRT-Konzeptes auf Faiza-
bad sehr wohl Probleme haben. Dabei geht es nicht in
erster Linie um die formaljuristische Frage, wie weit die-
ser Einsatz bisher durch das Mandat gedeckt war. Die
Beratungen im entwicklungspolitischen Fachausschuss
wie auch unsere fraktionsinternen Beratungen haben
vielmehr unsere Bedenken, was die Sicherheit unserer
Soldaten angeht, eher bestärkt als widerlegt. Wahr ist
aber auch: Wir müssen uns hier auf das Urteil der politi-
schen und militärischen Führung der Bundeswehr ver-
lassen können.

Wir können allerdings nicht akzeptieren, dass in der
Bundesregierung offenbar nach wie vor ein Gegeneinan-
der von BMZ und dem Rest der Bundesregierung
herrscht. Das ist für uns nicht zu akzeptieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der eigentliche Sinn des PRT-Konzeptes besteht ja ge-
rade darin, den zivilen Wiederaufbau militärisch abzusi-
chern. Wo immer dieser zivile Wiederaufbau nicht statt-
findet, wird auch die militärische Absicherung ad
absurdum geführt. Deswegen ist es unverantwortlich
und darüber hinaus auch sachlich falsch, wenn die Ent-
wicklungshilfeministerin unter Bezugnahme auf die Ent-
scheidung der Bundeswehr, nach Faizabad zu gehen,
zunächst erklärt, sie habe für Entwicklungshilfemaßnah-
men in Faizabad kein Geld. Das stimmt nicht.

Afghanistan ist auch nicht der Ort, um partei- und re-
gierungsinterne Scharmützel auszutragen. Wenn wir
gute Ausübung der Regierungsgewalt von anderen for-
dern, müssen wir bei uns selber anfangen. In einer guten
Regierung – das gilt auch für unsere – muss Teamgeist
zwischen den beteiligten Ministerien herrschen. Deshalb
fordern wir die Leitung des BMZ auf, endlich das Miss-
trauen gegen die von eigenen Parteifreunden geführte
Bundeswehr zu überwinden und der eigenen Verantwor-
tung in Afghanistan gerecht zu werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir haben unsere konkreten Forderungen in einem An-
trag klar zum Ausdruck gebracht. Ich will hier nur noch
einmal auf die Drogenproblematik zu sprechen kom-
men. Der Umstand, dass etwa die Hälfte des afghani-
schen Bruttosozialproduktes auf Drogenanbau und -han-

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(C (D el basiert, darf uns alle nicht ruhen lassen. Wir können ns auch nicht auf den Hinweis zurückziehen, wir achten die Polizeiausbildung und ansonsten seien für ie Drogenbekämpfung unsere britischen Partner zutändig. So notwendig es ist, durch unsere Entwickungszusammenarbeit den Menschen vor Ort Einkomensalternativen zu bieten, was zu Recht angesprochen orden ist, so notwendig ist es auch, den Druck auf die fghanische Regierung dahin gehend zu verstärken, ass sie einen klaren Schnitt macht und sich noch stärer als bisher von den Warlords absetzt, deren politiche Basis in dem wirtschaftlichen Gewinn aus dem rogenhandel besteht. Man darf sich da nicht selbst etas in die Tasche lügen und so tun, als seien die armen auern das Hauptproblem. Der politische Wille, das rogenproblem zu lösen, muss auch bei den afghanichen Verantwortlichen in Kabul und darüber hinaus estärkt werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es bleibt aber dabei: Auch die Stärkung des politi-
chen Willens der afghanischen Führung ist nicht da-
urch zu erreichen, dass wir uns aus Kabul, Kunduz und
aizabad zurückziehen. Weil es aus unserer Sicht keine
lternative zur Verlängerung des Mandates einer deut-
chen Beteiligung am ISAF-Einsatz gibt, stimmen wir
em Antrag der Bundesregierung zu. Wir wünschen
llen Soldatinnen und Soldaten eine gute Heimkehr, dan-
en den Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshel-
ern für ihren couragierten Einsatz und wünschen ihnen
on Herzen auch für die Zukunft allen Erfolg.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512911700

Ich schließe die Aussprache.
Es liegen zahlreiche Erklärungen aus den Reihen der
DU/CSU-Fraktion und der FDP-Fraktion nach § 31 der
eschäftsordnung vor, die wir zu Protokoll nehmen.1)
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auswärti-

en Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung
ur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher
treitkräfte an dem Einsatz einer internationalen Sicher-
eitsunterstützungstruppe in Afghanistan, Drucksache
5/3826. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
rucksache 15/3710 anzunehmen. Es ist namentliche
bstimmung verlangt. Ich bitte die Schriftführerinnen
nd Schriftführer, ihre Plätze einzunehmen. Die Kolle-
innen und Kollegen bitte ich, darauf zu achten, dass ihr
ame auf der Stimmkarte verzeichnet ist. Damit ist die
bstimmung eröffnet.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine

timmkarte nicht abgegeben hat? – Das scheint nicht der
all zu sein. Ich schließe die Abstimmung und bitte die
chriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung

Anlagen 2 bis 7






(A) )



(B)


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
später bekannt gegeben.1)

Ich bitte Sie, die Plätze wieder einzunehmen oder den
Plenarsaal zu verlassen, damit wir die Abstimmungen
fortsetzen können.


(Unruhe bei der CDU/CSU)

– Herr Kollege Kauder, können Sie ein wenig für Ord-
nung sorgen, damit ich die Abstimmungen fortsetzen
kann?

Tagesordnungspunkt 5 b. Wir stimmen ab über die
Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf
Drucksache 15/3825 zu dem Antrag der Fraktion der
FDP mit dem Titel „Mandat für Kabul und Kunduz/
Faizabad trennen“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag
auf Drucksache 15/3712 abzulehnen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen und der CDU/CSU-Frak-
tion gegen die Stimmen der FDP-Fraktion bei
Enthaltung von zwei fraktionslosen Abgeordneten ange-
nommen.

Zusatzpunkt 3. Wir kommen zur Abstimmung über
den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache
15/3801 mit dem Titel „Für ein konsequentes Engage-
ment in Afghanistan“. Wer stimmt für diesen
Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
Der Antrag ist bei Zustimmung der CDU/CSU-Fraktion
gegen die Stimmen aller anderen Fraktionen und der
fraktionslosen Abgeordneten abgelehnt.

Ich rufe den Zusatzpunkt 4 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Pläne der CDU zur Einschränkung von Ar-
beitnehmer- und Sozialrechten

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Ludwig Stiegler von der SPD-Frak-
tion das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Ludwig Stiegler (SPD):
Rede ID: ID1512911800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Wahl-

jahr 2004 ist vorüber. Die CDU nimmt die Tarnkappe ab
und kommt mit dem heraus, was sie immer schon
dachte, was sie aber in all den Wahlkämpfen verschwie-
gen hat.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie behalten Ihren roten Pullover an, Herr Stiegler!)


Aber ich muss sagen: Das ist nichts Schlechtes; auch
eine solche Cacata Carta hat eine gute Seite: Die Men-
schen wissen jetzt, dass Sie die Tarifautonomie zerstören
wollen. Die Menschen wissen jetzt, dass Sie die Be-
triebsverfassung zerschlagen wollen.

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w1) Siehe Seite 11759 D

(C (D (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie wissen, dass Sie nur Verhetzungen machen!)


ie Menschen wissen jetzt, dass Sie die Leute für einen
eringeren Stundenlohn länger arbeiten lassen wollen.

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die Leute wissen, dass wir neue Arbeitsplätze schaffen!)

as ist das wahre Gesicht einer zerrissenen Partei.

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die Leute wissen, dass sie neue Chancen bekommen!)

Wir haben das Merz-Gesicht. Es schaut zurück ins

ergangene Jahrhundert. Wir haben die Milbradts, die
m liebsten mit der PDS demonstrieren würden. Wir ha-
en den Rüttgers, der sich am liebsten die Tarnkappe ei-
es Robin Hood aufsetzen würde.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


an kann also sagen: Sie sind ein sehr bunter Haufen.
lles und das Gegenteil von allem sind bei Ihnen vertre-
en.


(Dirk Niebel [FDP]: Das nennt sich dann Volkspartei!)


Ja, das ist weiß Gott ein bunt gestaltetes Volk.

(Dirk Niebel [FDP]: Sie sind doch auch eine!)


ie gesagt: Alles und das Gegenteil von allem sind bei
hnen vertreten.
Es kommt ab und zu die Tendenz hinzu, dass der

chafspelz abgelegt und der schwarze Wolf sichtbar
ird. Das ist das Entscheidende.


(Beifall bei der SPD – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Reden Sie mal über die Arbeitslosigkeit und über die Verschuldung!)


Ihre Vorstellungen zum Kündigungsschutz bedeuten
ür alle Neueinstellungen: Hire and fire! Für die aller-
eisten neu eingestellten Personen sehen Sie eine Pro-
ezeit von drei Jahren vor anstatt zumindest Sicherheit
ür drei Jahre durch eine Befristung.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Bei Ihnen sind es drei Jahre Arbeitslosigkeit!)


ie Arbeitnehmer werden wissen, was sie zu erwarten
aben, wenn Sie ihnen den Schutz durch Sozialpläne
ehmen. Zum Kündigungsschutz hat schon Norbert
lüm gesagt: Der Abbau des Kündigungsschutzes be-
eutet mehr Beschäftigung. Das Gegenteil davon ist ein-
etreten.


(Beifall bei der SPD)

Sie wollen eine generelle Arbeitszeitverlängerung

hne Lohnausgleich und erwarten davon positive Be-
chäftigungseffekte. Lieber Karl-Josef Laumann, ich
mpfehle die Lektüre des jüngsten IAB-Kurzberichts,
r. 10 vom 28. Juli 2004. Dieser dürfte einem Sozialpo-
itiker eigentlich nicht entgangen sein. Wenn Sie ihn le-
en, werden Sie lernen, dass alle Unternehmer per saldo
eniger und nicht zusätzliche Beschäftigung erwarten
)






(A) )



(B) )


Ludwig Stiegler

ferne Herr Brüderle: „Herr Bundeskanzler, Sie müssen heit über Kreuz und wir werden dieses Land weiter or-dentlich regieren.

men.“


(Beifall bei der SPD – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie müssen Binnenmarktpolitik machen!)


Mein Gott, bleiben Sie doch konsequent!
Ich erinnere an die Fehlleistungen bei der Koksver-

sorgung. Großartige Planer haben die Kokereien abge-
baut und jetzt bestehen Schwierigkeiten im Hinblick auf
die Stahlversorgung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich erinnere an die Fehlleistungen derer, die sich vom
Shareholder-Value haben knechten lassen, obwohl die

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Endgültiges Ergebnis
Abgegebenen Stimmen: 560
davon

ja: 509
nein: 48
enthalten: 3

Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr (Neuruppin)

Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Sören Bartol

Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Marion Caspers-Merk

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(D Glück auf! (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das war jetzt eine Drohung!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512911900

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe

ch das von den Schriftführerinnen und Schriftführern
rmittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung
ekannt. Abgegebene Stimmen 560. Mit Ja haben ge-
timmt 509, mit Nein haben gestimmt 48, Enthaltungen
rei. Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

r. Peter Danckert
r. Herta Däubler-Gmelin
arl Diller
artin Dörmann
eter Dreßen
lvira Drobinski-Weiss
etlef Dzembritzki
ebastian Edathy
iegmund Ehrmann
ans Eichel
arga Elser
ernot Erler
etra Ernstberger
arin Evers-Meyer
nnette Faße
lke Ferner
abriele Fograscher
ainer Fornahl
abriele Frechen
agmar Freitag
ilo Friedrich (Mettmann)

ris Gleicke

Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann

(Wackernheim)


Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
den Mist, den die Manager angestellt haben, ausräu-
und dass die Verlängerung der A
kürzung von den allermeisten n
den. Aber das nehmen Sie nich

Ihr Programm führt nicht z
Arbeit unter Verletzung der m
führt zu Wohlstand bei den ob
stört ihn für die anderen. Es is
jetzt wissen, woran sie bei Ihne

Am schlimmsten wird es, w
ger und Unternehmer leisten v
den Fehlleistungen der Manage
des Investmentbankings mit all
Kreditversorgung des Mittelsta


(Beifall bei der SPD und DIE GRÜN Die Herren, die sich als Wertste sich als Wertvernichter größter (Beifall bei Abgeord Ich erinnere an Karstadt. Da rbeitszeit und die Lohnegativ eingeschätzt wert zur Kenntnis. u Wachstum. Es führt zu enschlichen Würde. Es eren Schichten und zert gut, dass die Menschen n sind. enn Sie schreiben: Manaiel für unser Land. Von r, von den Fehlleistungen seinen Folgen bis hin zur nds reden Sie nicht. dem BÜNDNIS 90/ EN)

igerer bezeichnen, haben
Art erwiesen.
neten der SPD)
fordert sogar der staats-

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etriebswirtschaft längst sieht,
alue allein nicht bringt. Es ist
eutsche Wirtschaft zulasten d
ollen. Fangen Sie oben an! H
chutz anders werden,


(Otto Fricke [FDP]: Das i rung!)


amit man nicht Mist bauen un
en Abfindung in die Büsche sc


(Beifall bei der SPD sowi des BÜNDNISSES 90 Meine Damen und Herren, einungsumfragen und Wahle ir moderate Veränderungen v aben die Menschen lange Ze hnen passiere nichts. Jetzt, d as Sie machen wollen, schm chnee in der Sonne. Sagen Sie ahr ist! Dann sind Sie wenigs (C dass es der Shareholderbezeichnend, dass Sie die er Arbeitnehmer sanieren ier muss der Kündigungs st Sache der Regie d sich dann mit einer hohlagen kann. e bei Abgeordneten /DIE GRÜNEN)

Sie haben zwei Jahre bei
n davon profitiert, dass
orgenommen haben. Sie
it glauben gemacht, bei
a die Menschen wissen,
ilzt die Zustimmung wie
also den Menschen, was
tens nicht mit der Wahr-






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Iris Hoffmann (Wismar)

Frank Hofmann (Volkach)

Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Brunhilde Irber
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Klaus-Werner Jonas
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Bärbel Kofler
Dr. Heinz Köhler (Coburg)

Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Christine Lehder
Waltraud Lehn
Dr. Elke Leonhard
Götz-Peter Lohmann
Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Caren Marks
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller (Düsseldorf)

Christian Müller (Zittau)

Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Volker Neumann (Bramsche)


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ietmar Nietan
r. Erika Ober
olger Ortel
einz Paula
ohannes Pflug
oachim Poß
r. Wilhelm Priesmeier
lorian Pronold
r. Sascha Raabe
arin Rehbock-Zureich
erold Reichenbach
r. Carola Reimann
hristel Riemann-
Hanewinckel
alter Riester
einhold Robbe
ené Röspel
r. Ernst Dieter Rossmann
arin Roth (Esslingen)

ichael Roth (Heringen)

erhard Rübenkönig
rtwin Runde
arlene Rupprecht

(Tuchenbach)

homas Sauer
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xel Schäfer (Bochum)

udrun Schaich-Walch
ernd Scheelen
r. Hermann Scheer
iegfried Scheffler
orst Schild
orst Schmidbauer

(Nürnberg)

lla Schmidt (Aachen)

ilvia Schmidt (Eisleben)

agmar Schmidt (Meschede)

ilhelm Schmidt (Salzgitter)

einz Schmitt (Landau)

arsten Schneider
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arsten Schönfeld
ritz Schösser
ilfried Schreck
ttmar Schreiner
erhard Schröder
rigitte Schulte (Hameln)

einhard Schultz

(Everswinkel)

wen Schulz (Spandau)

r. Angelica Schwall-Düren
r. Martin Schwanholz
olf Schwanitz
rika Simm
r. Sigrid Skarpelis-Sperk
r. Cornelie Sonntag-
Wolgast
olfgang Spanier
r. Margrit Spielmann
örg-Otto Spiller
r. Ditmar Staffelt
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hristoph Strässer
ita Streb-Hesse
r. Peter Struck
oachim Stünker
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ella Teuchner
r. Gerald Thalheim
olfgang Thierse
ranz Thönnes
ans-Jürgen Uhl
üdiger Veit
imone Violka
örg Vogelsänger
te Vogt (Pforzheim)

r. Marlies Volkmer
ans Georg Wagner
edi Wegener
ndreas Weigel
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einhard Weis (Stendal)

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rof. Gert Weisskirchen

(Wiesloch)

r. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
r. Rainer Wend
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nge Wettig-Danielmeier
r. Margrit Wetzel
ndrea Wicklein
ürgen Wieczorek (Böhlen)

eidemarie Wieczorek-Zeul
r. Dieter Wiefelspütz
rigitte Wimmer (Karlsruhe)

ngelbert Wistuba
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r. Wolfgang Wodarg
erena Wohlleben
altraud Wolff

(Wolmirstedt)

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anfred Helmut Zöllmer
r. Christoph Zöpel
DU/CSU
lrich Adam
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ietrich Austermann
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rnst-Reinhard Beck

(Reutlingen)

eronika Bellmann
r. Christoph Bergner
tto Bernhardt
rof. Dr. Rolf Bietmann
lemens Binninger
eter Bleser
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ochen Borchert
olfgang Bosbach
r. Wolfgang Bötsch
laus Brähmig
r. Ralf Brauksiepe
elge Braun
onika Brüning
eorg Brunnhuber
erena Butalikakis
artmut Büttner

(Schönebeck)


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(Nordstrand)

r. Maria Flachsbarth
laus-Peter Flosbach
r. Hans-Peter Friedrich

(Hof)

rich G. Fritz
ochen-Konrad Fromme
r. Jürgen Gehb
orbert Geis
oland Gewalt
berhard Gienger
eorg Girisch
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alf Göbel
r. Reinhard Göhner
osef Göppel
eter Götz
r. Wolfgang Götzer
te Granold
einhard Grindel
ermann Gröhe
ichael Grosse-Brömer
arkus Grübel
anfred Grund
arl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg
lav Gutting
olger-Heinrich Haibach
erda Hasselfeldt
elmut Heiderich
rsula Heinen
iegfried Helias
da Carmen Freia Heller
ichael Hennrich
ürgen Herrmann
ernd Heynemann
rnst Hinsken
eter Hintze
obert Hochbaum
laus Hofbauer
oachim Hörster
ubert Hüppe
r. Peter Jahr
rof. Dr. Egon Jüttner
artholomäus Kalb
mgard Karwatzki
ernhard Kaster






(A) (C)



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden

Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Renate Blank
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)

Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler (Wiesbaden)

Manfred Kolbe
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn (Zingst)

Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold

(Offenbach)


Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski

(Recklinghausen)


Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Conny Mayer (Freiburg)

Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Angela Merkel
Friedrich Merz
Laurenz Meyer (Hamm)

Doris Meyer (Tapfheim)

Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Bernward Müller (Gera)

Bernd Neumann (Bremen)

Henry Nitzsche
Michaela Noll
Günter Nooke
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Melanie Oßwald
Eduard Oswald
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp

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r. Peter Ramsauer
hrista Reichard (Dresden)

atherina Reiche
laus Riegert
r. Heinz Riesenhuber
annelore Roedel
ranz-Xaver Romer
r. Klaus Rose
urt J. Rossmanith
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
lbert Rupprecht (Weiden)

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nita Schäfer (Saalstadt)

r. Wolfgang Schäuble
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eorg Schirmbeck
ngela Schmid
ernd Schmidbauer
hristian Schmidt (Fürth)

ndreas Schmidt (Mülheim)

r. Andreas Schockenhoff
r. Ole Schröder
ernhard Schulte-Drüggelte
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ilhelm Josef Sebastian
orst Seehofer
urt Segner
atthias Sehling
arion Seib
einz Seiffert
ernd Siebert
homas Silberhorn
ens Spahn
hristian von Stetten
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ndreas Storm
atthäus Strebl
homas Strobl (Heilbronn)

ena Strothmann
ichael Stübgen
ntje Tillmann
deltraut Töpfer
r. Hans-Peter Uhl
rnold Vaatz
olkmar Uwe Vogel
ndrea Astrid Voßhoff
erhard Wächter
arko Wanderwitz
eter Weiß (Emmendingen)

erald Weiß (Groß-Gerau)

go Wellenreuther
nnette Widmann-Mauz
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ranziska Eichstädt-Bohlig
r. Uschi Eid
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oseph Fischer (Frankfurt)

atrin Göring-Eckardt
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ichaele Hustedt
ritz Kuhn
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ndine Kurth (Quedlinburg)

r. Reinhard Loske
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erstin Müller (Köln)

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laudia Roth (Augsburg)

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lbert Schmidt (Ingolstadt)

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(Homburg)


(Frankfurt)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1512912000

Angesichts dessen, dass wir heute eine Debatte über ei-
nen Leitantrag der CDU führen, den die CDU bis zum
Parteitag im Dezember besprechen will, müssen wir lei-
der feststellen, lieber Herr Kollege Stiegler, dass in den
letzten zwei Jahren jeden Tag 1 600 sozialversicherungs-
pflichtige Arbeitsplätze verloren gegangen sind.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Du weißt genau, dass das nicht stimmt! Der Beschäftigungsabbau ist zum Stillstand gekommen!)


Wir leben in einer Zeit, in der jeder fünfte Mensch in
den neuen Bundesländern arbeitslos ist und in der das
Pro-Kopf-Einkommen in der Bundesrepublik Deutsch-
land, verglichen mit den Ländern der alten EU, nur noch
in Griechenland und Portugal niedriger ist.


(Peter Dreßen [SPD]: Auch das ist nicht wahr!)


Deswegen finde ich es richtig, dass wir in der CDU eine
Diskussion über ein Programm führen, das darauf ausge-
richtet ist, und zwar in allen Politikfeldern, für mehr Be-
schäftigung in Deutschland zu sorgen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Daher lautet die große Überschrift dieses Antrages: „So-
zial ist, was Beschäftigung schafft“.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist auch richtig!)


Herr Kollege Stiegler, das Enttäuschende an Ihrer
Rede ist, dass Sie keinen einzigen Vorschlag gemacht
haben, wie man die Situation in Deutschland verbessern
kann.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Wir machen Politik!)

Ich glaube, wir sind es unserem Land und der Bevölke-
rung schuldig,


(Ludwig Stiegler [SPD]: Zurück ins 18. Jahrhundert!)


gemeinsam darüber zu streiten, wer die besseren Ideen
hat, um mehr Beschäftigung in Deutschland zu schaffen.

Wir, die CDU, werden, beginnend mit dem Parteitag
in Düsseldorf bis zur Erstellung und Verabschiedung ei-
nes Wahlprogramms, den Menschen ein deutliches Bild

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(C (D avon aufzeigen, wie wir das Land gestalten würden, enn wir eine gestaltende Mehrheit hätten. (Peter Dreßen [SPD]: Da kriegt man aber Angst!)


ch finde, die Menschen in Deutschland haben einen An-
pruch darauf.


(Beifall bei der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Bravo!)


ch habe in den Versammlungen die Feststellung ge-
acht, lieber Kollege Stiegler, dass die Leute gar nicht
ollen, dass wir über die SPD schimpfen. Sie wollen
ielmehr wissen, was wir täten, wenn wir die Möglich-
eit zur Gestaltung hätten.


(Ute Kumpf [SPD]: Das ist richtig so! Da haben sie Recht!)


Deswegen werden wir es nicht so machen wie Sie. Sie
aben in Ihrem Programm zur Bundestagswahl 2002 un-
r der Rubrik 5, „Rechte der Arbeitnehmer“, noch ge-
chrieben:

Der Kündigungsschutz gilt auch wieder in kleine-
ren Betrieben mit mehr als fünf Beschäftigten.

ch sage Ihnen jetzt einmal, was Sie in dieser Wahl-
eriode beschlossen haben: Sie haben die Zahl der Be-
chäftigten von fünf auf zehn erhöht.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Mit Ihnen im Vermittlungsausschuss!)


ie haben beschlossen, dass für Ältere ab dem
2. Lebensjahr der soziale Kündigungsschutz nicht mehr
ilt. Sie haben beschlossen, dass bei Firmen, die neu ge-
ründet werden, in den ersten vier Jahren der soziale
ündigungsschutz nicht mehr gilt. Das ist der Unter-
chied zwischen uns und Ihnen: Wir sagen in unserem
rogramm vor der Wahl, was wir wollen. Sie haben die
enschen nach der Wahl, zumindest von Ihrem Wahl-
rogramm her, belogen und betrogen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Peter Dreßen [SPD]: Wer hat das denn im Vermittlungsausschuss durchgesetzt?)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will noch etwas
um Thema Kündigungsschutz klarstellen. Sie werden
unserem Leitantrag keinen Punkt finden, der besagt,
ass wir irgendeinem Arbeitnehmer in Deutschland, der
eute ein Kündigungsschutzrecht hat, seinen Kündi-
ungsschutz nehmen.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Jedes Jahr gäbe es 1 Million Neueinstellungen ohne Kündigungsschutzrecht!)


ir unterbreiten vielmehr Vorschläge, von denen wir
lauben, dass sie verstärkt und schneller zu Einstellun-
en führen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das reicht nicht an der Stelle!)







(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann

Viele unserer Vorschläge haben wir bereits in den Bun-
destag eingebracht, zum Beispiel die Erhöhung der
Schwelle für den Kündigungsschutz auf 20 Arbeitneh-
mer für die Kleinbetriebe. Wir haben uns ein Bild davon
gemacht und glauben, dass die persönlichen Bindungen
dort so eng sind, dass das mehr wirkt als jedes Kündi-
gungsschutzgesetz.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Dann bräuchten wir den Kündigungsschutz gar nicht!)


Wir sind der Meinung, dass eine Option zwischen
Abfindung und sozialem Kündigungsschutz vertretbar
ist, vor allem wenn man bedenkt, dass weit mehr als
90 Prozent aller Arbeitsgerichtsurteile mit Abfindungen
enden. Ich glaube auch, dass der Vorschlag, den sozialen
Kündigungsschutz bei Neueinstellungen erst nach drei
Jahren greifen zu lassen, eine Überlegung ist, die man
mit Fug und Recht anstellen und zu der man auch stehen
kann. Denn unser Ziel ist nicht, dass die Betroffenen kei-
nen Kündigungsschutz bekommen; vielmehr ist unser
Ziel, dass Personen eingestellt werden und nach Ablauf
der Frist in eine dauerhafte Beschäftigung kommen und
somit Kündigungsschutz genießen.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Drei Jahre Probezeit!)


Deswegen glaube ich, dass unser Programm sehr wohl
vertretbar ist und viel Zustimmung finden wird.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ludwig Stiegler [SPD]: Das war keine große Begeisterung! Man merkt, wie schwer es dir gefallen ist, das zu verteidigen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512912100

Als nächster Rednerin gebe ich der Kollegin Thea

Dückert vom Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512912200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrter Herr Kollege Laumann, natürlich haben
wir und die Bevölkerung einen Anspruch und ein Recht
darauf, endlich zu erfahren, welches Programm für
Deutschland Sie vorschlagen. In dem Zusammenhang
bedanke ich mich bei der SPD-Fraktion dafür, dass es
uns über die Homepage der SPD-Fraktion überhaupt ge-
lungen ist, an den Text Ihres wunderbaren Antrages
heranzukommen.


(Lachen des Abg. Dirk Niebel [FDP])

Sie scheinen ihn verheimlichen zu wollen, Herr
Laumann, und ich kann das gut verstehen.

Heute Morgen habe ich schon mitbekommen, dass es
einige Absetzbewegungen in Bezug auf Ihre eigenen
Vorschläge gibt. Das ist ja nichts Neues; das gibt es ja,
schon nach kurzer Zeit, immer wieder. Aber dass Ihre ei-
gene Parteivorsitzende offenbar von dem ablenken will,
was Sie in dem Antrag vorgeschlagen haben, stimmt
dann doch bedenklich. Ich habe heute Morgen gelesen,
dass Frau Merkel meint, dass Sie in den Augen der Wäh-

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(C (D erinnen und Wähler besser dastehen würden, wenn es hnen gelingen würde, den Eindruck zu erwecken, dass ie alle bei fröhlichem Miteinander zusammen sind. (Ludwig Stiegler [SPD]: Das sieht man! Nur fröhliches Miteinander!)


ch glaube, dass das angesichts des Programms, das Sie
n Ihrem Leitantrag vorschlagen, wahrscheinlich auch
ie einzige Möglichkeit ist, überhaupt noch Menschen
u gewinnen.
In diesem Antrag gibt es zwei zentrale Elemente, Herr

aumann: zum einen den Abbau der Arbeitnehmerrechte
nd zum anderen den Abbau sozialer Leistungen. Das
ennzeichnet Ihren Antrag; ich werde Ihnen das zeigen.
eswegen meinen Sie auch, dass es wichtig ist, einen
ufruf zum fröhlichen Miteinander zu machen. Denn
it diesen Konzepten kann man sich wirklich nicht an-
reunden.
Erster Punkt: Kündigungsschutz. Sie wollen die

chwelle bei 20 Arbeitnehmern im Betrieb ansetzen.
as bedeutet, dass 91 Prozent der Betriebe nicht mehr
nter die Regelungen des Kündigungsschutzes fallen.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Das führt doch zu Neueinstellungen, Frau Dückert! Das wissen Sie ganz genau!)


azu kommt, dass der Kündigungsschutz erst nach drei
ahren greifen soll. Heute beträgt die Probezeit ein hal-
es Jahr. Meiner Ansicht nach, Herr Laumann, ist das
eine Schikane.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


as bedeutet, dass Menschen, die heute neu eingestellt
erden, drei Jahre in Unsicherheit gelassen werden, ob-
ohl jeder vernünftig geführte Betrieb natürlich spätes-
ens nach einem halben Jahr erkennen kann, ob die be-
reffende Arbeitskraft in den Betrieb passt und für ihn
twas bringt. Das ist Schikane und das Ganze wird nicht
egründet, sondern einfach mit Glaubenssätzen garniert.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Laumann, Sie schreiben, dass Sie hoffen, dass

as mehr Beschäftigung bringt; Herr Merz in seinem
euesten Buch behauptet das sogar. Aber wenn Sie sich
inmal mit den in den letzten Jahren erstellten Untersu-
hungen, etwa der OECD, auseinander setzen würden,
ürden Sie merken, dass alle aufzeigen, dass eine Ein-
chränkung beim Kündigungsschutz nicht die Arbeitslo-
enquote senkt, dass sie allerdings das Einstellen und
reisetzen, also das Hire und Fire, befördern kann. Ich
laube, dass Sie genau dahin wollen; das passt nämlich
uch zu Ihrer Niedriglohnstrategie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich komme jetzt zu dem zweiten Punkt in Ihrem An-
rag, mit dem Sie zeigen, dass es eigentlich um Sozialab-
au geht. Sie schlagen vor, dass die Beiträge zur Arbeits-
osenversicherung von 6,5 auf 4 Prozent gesenkt werden






(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert

sollen. Das ist an sich löblich, weil die Lohnnebenkosten
natürlich herunter müssen. Ich wäre froh gewesen, wenn
Ihnen das in den 90er-Jahren eingefallen wäre,


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Da ist Ihnen ganz was anderes eingefallen!)


in denen aufgrund Ihrer Politik die Lohnnebenkosten um
über 8 Prozent gestiegen sind. Die Senkung auf 4 Prozent
bedeutete eine Einsparung in der Arbeitslosenversiche-
rung von etwas mehr als 20 Milliarden Euro. Dies ist – so
begründen Sie es auch – exakt der Umfang des Haushalts
für die aktive Arbeitsmarktpolitik.

Das bedeutet, dass Sie, meine Damen und Herren, im-
mer noch auf das vollständig verstaubte und unsoziale
Konzept setzen, den Menschen zwar den Transfer zu ge-
währen, ihnen aber keine Hilfestellung im Zusammen-
hang mit einem Strukturwandel zu geben, der mehr Qua-
lifikation, Beweglichkeit und Flexibilität erfordert.
Damit können Sie keine Reha-Maßnahmen und keine
Qualifizierungsmaßnahmen für Behinderte finanzieren.
Gestern war ich zum Beispiel in einem Betrieb, der ge-
rade in Insolvenz geht. Sie können auch keine Transfer-
gesellschaften finanzieren, die den Belegschaften helfen,
den Anschluss zu finden und in eine andere Beschäfti-
gung zu kommen, wenn Arbeitsplätze kaputtgehen.
Nein, Sie wollen unter dem Etikett „Lohnnebenkosten
runter“ schlichtweg alle Brücken zum ersten Arbeits-
markt abbrechen, die wir ausgebaut und modernisiert ha-
ben. Das ist Ihre Politik.


(Zuruf von der SPD: Sehr wahr!)

Was dann bleibt, sehen wir auch: der Niedriglohnsek-

tor als angeblicher Rettungsanker. Das ist ein sehr inte-
ressanter Punkt in Ihrem Konzept. Sie schwadronieren
an einer Stelle darüber, dass die Staatsquote herunter
müsse. Sie sagen der Bevölkerung aber nicht, dass der
Niedriglohnsektor flächendeckend Subventionen in
Höhe von 20 bis 30 Milliarden Euro erforderlich macht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512912300

Frau Dückert, kommen Sie bitte zum Schluss.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512912400

Ich komme zum Schluss.
Diese Subventionen bedeuten eine Erhöhung der

Staatsquote. Das sollten Sie einmal der Bevölkerung
darstellen. In diesem Zusammenhang sollten Sie auch
einmal vernünftig erklären, wieso wir mit Ländern wie
Tschechien oder Marokko in einen Billiglohnwettkampf
treten sollen und wie wir damit eine Chance im Rahmen
der künftigen europäischen Entwicklung und der Ar-
beitsmarktpolitik haben sollen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wo steht denn das?)


Das bedeutet nämlich Ihr Konzept.
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Das Wort hat der Kollege Dirk Niebel von der FDP raktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Man könnte sich fragen, was diese Aktuelle tunde überhaupt soll, wenn man nur ihren Titel sieht. ie Regierungsfraktionen kommen auf die Idee, über eien noch nicht abgestimmten, in den Gremien der Partei och nicht einmal beratenen und auf den eigenen Interetseiten nicht abrufbaren Entwurf eines Leitantrages ine Aktuelle Stunde im Deutschen Bundestag zu verantalten. (Ute Kumpf [SPD]: Herr Niebel, den Antrag können Sie auf unserer Internetseite abrufen!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512912500

(Ute Kumpf [SPD]: Der Nebel-Niebel!)

Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1512912600

Es spiegelt den desolaten Zustand dieser Bundesre-
ierung und der sie tragenden Fraktionen wider,


(Ludwig Stiegler [SPD]: Das sieht man an Ihrem Umfrageergebnis!)


ass Sie nichts Wichtigeres zu tun haben, als sich über
ntragsentwürfe, die noch nicht beraten und abgestimmt
ind, im Deutschen Bundestag zu unterhalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

ies ist eine klassische Diskussion der immer kleiner
erdenden so genannten Volksparteien,


(Ute Kumpf [SPD]: Wo sind Ihre 18 Prozent, Herr Niebel?)


ie versuchen, in ihren eigenen Reihen die unterschied-
chsten Strömungen unter einen Hut zu bringen, aber
ie Probleme des Landes nicht lösen können.


(Beifall bei der FDP)

Die Union ist auf einem richtigen Weg, wenn der An-

agsentwurf tatsächlich das beinhalten sollte, was man
ber ihn hört. Ich konnte ihn noch nicht lesen, weil ich
ie Internetseite der SPD nicht aufrufe.


(Lachen bei der SPD)

ie SPD ist bei jeder noch so kleinen Reform in interne
rabenkämpfe verstrickt. Sie haben es Ende letzten Jah-
es im Vermittlungsverfahren nach schwersten Geburts-
ehen hinbekommen, im Hinblick auf den Kündigungs-
chutz auf Punkt, Komma und Strich wortgleich den
esetzestext von 1998 wieder ins Gesetz zu schreiben,
essen Abschaffung Sie 1998 als eine große Errungen-
chaft gefeiert haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Um Arbeitnehmerrechte überhaupt in Anspruch neh-
en zu können, muss man doch die Menschen in diesem
and erst einmal in die Lage versetzen, Arbeitnehmer zu
erden. Das ist doch das Problem.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dirk Niebel

Wir diskutieren in diesem Land in einer geradezu skurri-
len Art und Weise über Hartz I bis IV und die Agenda
2010 mit dem Impetus, dass mit diesen notwendigen und
in die richtige Richtung gehenden Reformschrittchen das
Phänomen der Massen- und Langzeitarbeitslosigkeit be-
kämpft werden können. In welchem Land leben wir
denn? Alles, was Sie bisher vorgeschlagen haben, kann
im besten Fall eine effizientere Vermittlung bereits vor-
handener Arbeitsplätze organisieren und damit den
Suchzeitraum verkürzen, was wichtig ist und Geld spart
und was wir durchaus unterstützen. Es schafft nur keinen
neuen Arbeitsplatz, außer vielleicht bei der Bundesagen-
tur für Arbeit,


(Ute Kumpf [SPD]: Jetzt sind wir bei Ihrem Lieblingsthema angelangt!)


die wegen des Murkses bei der EDV jetzt auch noch 4
000 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befris-
tet einstellen muss.

Um neue Arbeitsplätze zu schaffen, müssen Sie an die
Rahmenbedingungen herangehen. Zu den Rahmenbe-
dingungen gehört zuallererst ein einfaches, vernünftiges
und transparentes Steuersystem mit niedrigen Steuersät-
zen von 15, 25 und 35 Prozent, wie wir es vorgeschlagen
haben.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Das gibt den Betrieben, aber auch den Privaten Luft zum
Atmen sowie Geld zum Investieren und zum Konsumie-
ren. Das kurbelt die Wirtschaft an und schafft wiederum
Arbeitsplätze.

Sie müssen an die Rahmenbedingung des Arbeits-
rechts und natürlich auch die des Kündigungsschutzes
herangehen. Gucken Sie doch einmal nach Dänemark!
Dort gibt es einen viel geringeren, besonderen Kündi-
gungsschutz als in Deutschland. Ja, dort wird auch häufi-
ger entlassen – das ist richtig –, aber es wird auch viel
häufiger eingestellt. Die Chance muss doch darin beste-
hen, überhaupt erst einmal in den Arbeitsmarkt hinein-
zukommen. Sie machen gemeinsam mit Ihren Gewerk-
schaftskollegen die ganze Zeit über im Höchstfall – auch
nicht wirklich – Politik für Arbeitsplatzbesitzende; aber
für diejenigen, die draußen stehen, tun Sie überhaupt
nichts.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Chimäre, dass Arbeitnehmerrechte mit Gewerk-

schaftspositionen gleichzusetzen seien, muss endlich ein
Ende haben. Das können wir uns bei fast 7 Millionen Ar-
beitslosen in Deutschland einfach nicht mehr leisten.
Das bedeutet, wir müssen die Mitbestimmung auf ein
solches Maß zurückfahren, dass die Betriebe wieder ar-
beiten können. Was haben eigentlich Gewerkschafts-
funktionäre in Aufsichtsräten von Betrieben zu tun, in
denen sie noch nie beschäftigt gewesen sind?


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: So ist es!)


Wir müssen dafür sorgen, dass Betriebsräte in kleinen
Betrieben nicht schon ab fünf Mitarbeitern gewählt wer-
den können, sondern erst ab einem Quorum von mindes-

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(C (D ens 50 Mitarbeitern bei insgesamt 200 Beschäftigten, die afür sind, dass überhaupt ein Betriebsrat gewählt wird. Wir müssen dafür sorgen, dass Betriebsverfassung, arifvertragsrecht und Kündigungsschutzrecht an die otwendigkeiten der kleinen und mittleren Betriebe anepasst werden; sie sind es, die in diesem Land Arbeitsnd Ausbildungsplätze schaffen, nicht die Großbetriebe ie Holzmann und Kaufhof oder sonst wer. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal uf das zurückkommen, was Kollege Stiegler – wahrcheinlich, weil er die „Bild“-Zeitung nicht gelesen hat der nicht lesen kann – fälschlicherweise gesagt hat. as, was Kollege Brüderle der „Bild“-Zeitung gesagt at, ist völlig richtig. Dieser Kanzler sollte tunlichst gar ichts zur Chefsache machen, weil alles das, was er zur hefsache gemacht hat, den Bach hinuntergegangen ist. ines allerdings hat er zu machen: Er hat den Rahmen afür zu schaffen, dass der Einzelhandel überhaupt eine berlebenschance hat. Das hat mit dem Kündigungschutzgesetz, mit Ladenöffnungszeiten und mit Ökoteuer auf Stromkosten und Ähnlichem zu tun. enn diese Rahmenbedingungen nicht stimmen, dann ehen Arbeitsplätze verloren. (Ludwig Stiegler [SPD]: Vielleicht hat es auch etwas mit dem Management zu tun!)


(Lachen bei der SPD)


Von daher freue ich mich, dass sich die Union auf ei-
em richtigen Weg befindet. Ich hoffe, dass über die Po-
itionen, über die jetzt zu diskutieren begonnen wird,
icht wieder ein interner Streit ausbricht, wie das bei
leiner werdenden Volksparteien manchmal der Fall ist,
nd dass sie tatsächlich einmal klare Linie zeigt; denn
ieses Land braucht Verlässlichkeit insbesondere hin-
ichtlich der Arbeitsmarktpolitik. Nur dann, wenn wir
erlässlichkeit schaffen, sind die Betriebe auch bereit
nd bringen sie den Mut auf, die Menschen wieder in
rbeit und Lohn zu bringen.
Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wenn er das mit den kleinen Volksparteien nicht gesagt hätte, hätte ich ja noch geklatscht!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512912700

Das Wort hat jetzt der Kollege Klaus Brandner von

er SPD-Fraktion.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1512912800

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten
amen und Herren! Drei Tage nach den Kommunalwah-
en in Nordrhein-Westfalen wird bekannt, welche Ein-
chränkungen von Arbeitnehmer- und Sozialrechten die
DU/CSU plant. Entweder haben Sie sich vorher nicht
etraut oder Sie haben die Öffentlichkeit bewusst im Un-
laren gelassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Klaus Brandner

Um es deutlich zu sagen: Vor der Wahl lief Herr

Rüttgers noch übers Land und forderte eine Generalrevi-
sion der Arbeitsmarktgesetze. Er schlug sich auf die
Seite der angeblich Entrechteten,


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Popanz!)

denen Sie vor lauter Schutz keine Freiheit und keine
Chancen einräumen wollten. Herr Milbradt war derje-
nige, der Arm in Arm mit den politischen Außenseitern
gegen die Arbeitsmarktgesetze demonstrieren wollte, die
er zuvor selbst mit beschlossen hatte. Nun kommt end-
lich zutage, was Sie tatsächlich vorhaben und welcher
Sozialabbau Ihnen vorschwebt.

Mit der heutigen Aktuellen Stunde gibt Ihnen die
SPD-Fraktion, meine Damen und Herren von der Oppo-
sition, die Gelegenheit, hier öffentlich Stellung zu den
von Ihnen favorisierten Einschränkungen von Arbeit-
nehmer- und Sozialrechten zu beziehen. Diese würden
ansonsten noch lange im Verborgenen bleiben. Aus mei-
ner Sicht hat Herr Laumann eben gerade die Chance ver-
passt, uns zu erläutern, welche Antworten Sie auf die
Beschäftigungskrise geben.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Wer regiert denn?)


Mit dem Abbau von Kündigungsschutz und der Ein-
schränkung von Tarifautonomie, mit der Abschaffung ei-
nes erfolgreichen Teilzeitgesetzes, mit der Verlängerung
der Arbeitszeit oder der Reduzierung der Betriebsverfas-
sung haben wir noch nicht einen einzigen Arbeitsplatz
gewonnen. Wenn Sie Ihren Sozialabbau als die bessere
Idee bezeichnen, dann ist Ihnen wirklich nicht viel ein-
gefallen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Sie haben überhaupt keine einzige Idee!)


Nein, ich will es ganz deutlich sagen: Sie haben all die
Vorschläge, die wir im Vermittlungsverfahren gemacht
haben, die sinnvoll sind und für mehr Beschäftigung sor-
gen können, abgelehnt. Genau diese aber möchten Sie
jetzt zu Ihren Themen machen. Lassen Sie mich nur ein
Thema ansprechen: den Zuverdienst in Beschäftigungs-
bereichen, in denen die Wertschöpfung gering ist. Wir
wollten die Zuverdienstgrenze für Arbeitslosengeld-II-
Empfangende anheben. Sie haben das verhindert. Ihre
Ideologie lautete: Die Menschen sollen für den Sozialhil-
fesatz arbeiten und dürfen nicht einen Cent hinzuverdie-
nen. Das ist die Wahrheit.

Es muss deutlich gesagt werden: Wer einen flexiblen
Kombilohn will, der hätte die Pläne von Rot-Grün unter-
stützen müssen. Sie haben durch Ihre Politik dazu beige-
tragen, dass der Bereich der geringfügigen Beschäfti-
gungen, für Arbeitslosengeld-II-Empfangende nicht
attraktiv wird, dass hier nicht mehr Beschäftigung ent-
stehen wird. Aber jetzt sagen Sie, hier müsse etwas getan
werden! So verlogen ist Ihre Arbeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Das Gleiche trifft, was mich ärgert, auch auf das hema Schonvermögen zu. Jetzt tun Sie so, als hätten ie die Älteren mehr schonen wollen. Sie haben oberalb der Sozialhilfesätze überhaupt kein Schonvermögen ulassen wollen. Im Laufe des Vermittlungsverfahrens ollten Sie dann die Kapitallebensversicherungen der 0bis 60-Jährigen stärker schützen. Sie müssen nur einal eins und eins zusammenzählen, was das ausgemacht ätte. Das, was wir von vornherein gefordert und umgeetzt haben, war viel mehr. Ziehen Sie daher nicht übers and und behaupten Sie nicht so verlogen, dass Sie die lteren schützen wollten und sich gerne für sie eingeetzt hätten! Nein, Sie haben keinen Finger gerührt und hnen nicht geholfen. Das muss Ihnen einmal deutlich esagt werden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Die Leute sollen doch erst einmal in Arbeit kommen!)


Meine Damen und Herren, Sie öffnen den Gift-
chrank; darin ist aber keine heilende Medizin. Sie wol-
en nicht gestalten, sondern verunsichern. Aber wer Ver-
nsicherung stiftet, der sorgt letztlich dafür, dass sich die
irtschaft nicht positiv entwickeln kann. Das Wirt-
chaftsklima und der Sozialstaat brauchen Sicherheit.
ie sollen die Menschen die Flexibilität, von der Sie re-
en, entwickeln, wenn sie keinen Boden unter den Füßen
aben?


(Dirk Niebel [FDP]: Das müssen Sie gerade sagen!)


Deshalb ist das Bild, das Sie, lieber Karl-Josef
aumann, in den letzten Tagen im „Tagesspiegel“ ge-
eichnet haben, aus meiner Sicht nicht ausgewogen. Es
rifft nicht zu. Sie sagen, dass in Ihrem Programm Flexi-
ilität und Sicherheit in einem ausgewogenen Verhältnis
tehen. Ja, für Flexibilität sind Sie. Allerdings entziehen
ie den Menschen die Sicherheit. Dann kann keine
lexibilität entstehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Karl-Josef Laumann [CDU/ CSU]: So ein Quatsch! – Dirk Niebel [FDP]: Das ist doch gar nicht wahr!)


Das sehen wir beispielsweise bei Ihren Vorschlägen
um Kündigungsschutz. Den Kündigungsschutz erst
ach drei Jahren Betriebszugehörigkeit zu ermöglichen,
epaart damit, dass der Kündigungsschutz erst in Betrie-
en ab 20 Beschäftigten gilt,


(Otto Fricke [FDP]: Genau!)

edeutet, dass mehr als 12 Millionen Menschen in
eutschland keinen Kündigungsschutz mehr hätten und
ie somit die Möglichkeit verlieren, gegen willkürliche
ündigungen vorzugehen.


(Dirk Niebel [FDP]: So ein Quatsch! Das steht doch alles im BGB! Lesen Sie das doch mal nach! Erzählen Sie nicht immer die gleichen Ammenmärchen! Sie belügen doch das Volk!)







(A) )



(B) )


Klaus Brandner

Dazu möchte ich Ihnen ganz deutlich sagen: Ich habe

gelernt, dass im Arbeitsrecht Rechte und Pflichten ver-
einbart werden. Für Sie gibt es scheinbar nur Pflichten.
Dass Menschen auch Rechte und eine Würde haben, ha-
ben Sie völlig vergessen und hinten angestellt.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist übelster Klassenkampf, was Sie hier liefern! Unterste Schublade!)


Nur so kann ich Herrn Kauders öffentliche Aussage
werten, die lautet: „Lieber eine Arbeitschance ohne
Kündigungsschutz als arbeitslos mit Kündigungs-
schutz“. Wie Sie gerade den Älteren in unserem Land
Angst machen, das halte ich für verwerflich.

Herr Kauder hat im „Frühstücksfernsehen“ gesagt,
dass es für die 55-Jährigen schwer ist, in den Arbeitspro-
zess zu kommen, weil der Kündigungsschutz hohe Hür-
den darstellt.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die haben nur die Arbeitslosigkeit als Perspektive!)


Sie wissen, dass die 52-Jährigen überhaupt keinen Kün-
digungsschutz haben, wenn sie neu eingestellt werden.
Wir haben das Befristungsgesetz so gestaltet, dass ältere
Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund befristet einge-
stellt werden können. Wenn Sie wollen, dass die Be-
schäftigungsquote der Älteren angehoben wird, dann
helfen Sie doch endlich mit und sagen, dass wir älteren
Personen Chancen eröffnet haben! Indem Sie so tun, als
hätte sich nichts geändert, sorgen Sie dafür, dass die Ar-
beitslosigkeit insbesondere der Älteren zementiert wird.
Das ist nicht in Ordnung. Das muss ich Ihnen hinter die
Ohren schreiben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512912900

Herr Brandner, Sie sind schon weit über der Zeit.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1512913000

Dann lassen Sie mich meine letzte Bemerkung ma-

chen: Ich bitte sehr darum, dass die Gruppenbildung in-
nerhalb der CDU/CSU – die einen wollen, dass es noch
härter zugeht, und die anderen, der kleine soziale Flügel,
möchte Sozialpflästerchen verteilen – endlich enttarnt
wird.


(Dirk Niebel [FDP]: Den gibt es bei euch gar nicht, oder?)


Denn im Kern haben Sie nur den Flügel, der gradlinig
Sozialabbau betreibt. Das ist nicht in Ordnung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512913100

Das Wort hat die Kollegin Dagmar Wöhrl von der

CDU/CSU.

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(C (D (Ludwig Stiegler [SPD]: Jetzt geht wieder das Vertrauen verloren! Wir haben kein Vertrauen!)



Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1512913200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
err Brandner, Sie haben am Schluss eine Bitte an uns
eäußert. Ich glaube, auch wir können eine Bitte äußern:
enn Sie hier reden, dann tun Sie das bitte den Fakten
ntsprechend und erzählen Sie der Bevölkerung, die hier
nd draußen vor dem Fernseher sitzt, keine Lügen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD – Wolfgang Grotthaus [SPD]: Kommen Sie zur Wahrheit!)


Sie sagen, dass 12 Millionen Menschen von heute auf
orgen keinen Kündigungsschutz mehr hätten. Das ist
elogen, weil diese Regelung nur für Neueinstellungen
nd nicht für bestehende Arbeitsverhältnisse gelten
ürde.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass in einem einzigen Jahr 8 Millionen Beschäftigungsverhältnisse neu entstehen!)


Herr Brandner, Sie hätten heute die Chance dieser Ak-
uellen Stunde ergreifen und einmal darlegen sollen, was
ie dagegen tun wollen, dass in unserem Land mehr als
Millionen Menschen arbeitslos sind.


(Dirk Niebel [FDP]: Die Bundesagentur aufheben!)


ie regieren nämlich und Sie haben den Regierungsauf-
rag, diesen Menschen zu helfen und sie in Arbeit zu
ringen.


(Klaus Brandner [SPD]: Den nehmen wir doch wahr!)


Von Ihrer Seite kommt aber nichts außer einer intern
der über die Medien geführten Diskussion zum Beispiel
ber Mindestlöhne, als ob Sie die hohe Arbeitslosenzahl
amit beseitigen könnten. Das ist doch Quatsch hoch
ehn. So geben Sie keinem einzigen Arbeitssuchenden
ukünftig irgendeinen Job.


(Beifall des Abg. Hans Michelbach [CDU/ CSU] – Klaus Brandner [SPD]: Das behauptet ja auch niemand!)


Herr Brandner, es geht nicht darum, dass wir zu viele
eschäftigte haben, die einfache Tätigkeiten mit gerin-
en Löhnen ausüben und die wir durch gesetzliche
wangslöhne schützen müssen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie behaupten das doch!)


as ist doch nicht der Punkt. So schaffen wir es doch
icht, Menschen in Arbeit zu bringen.
Es gibt 2 Millionen Arbeitslose, die gering qualifi-

iert sind. Lassen Sie deshalb solche Gespensterdebatten
nd bringen Sie Vorschläge, die den Menschen wieder






(A) )



(B) )


Dagmar Wöhrl

Hoffnung und Zuversicht geben, endlich wieder in Lohn
und Arbeit zu kommen.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Wir haben nicht nur Vorschläge, sondern Gesetze!)


Dazu brauchen wir mehr Flexibilität. Wir werden Ihnen
hundertmal ins Gebetbuch schreiben, dass wir mehr
Flexibilität brauchen, weil das der richtige Weg ist. Wir
müssen die betrieblichen Bündnisse auch gesetzlich ver-
ankern.


(Anette Kramme [SPD]: Glauben Sie daran?)

– Ich glaube daran und ich weiß, dass es helfen wird,
Frau Kollegin.

Der Kanzler steht hier immer noch im Wort, das er
bisher nicht erfüllt hat.


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Das ist jemand, der schon einmal in der Industrie gearbeitet und sie hautnah erlebt hat!)


Auch eine Gewerkschaft wie Verdi muss sich an ihre ei-
gene Nase fassen und sich fragen, warum sie bei der Be-
schäftigungssicherung nicht an die betroffenen Men-
schen denkt.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Sagen Sie den Leuten, was Sie wollen! Damit helfen Sie uns am besten! – Klaus Brandner [SPD]: Aber bei der Wahrheit bleiben!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, wenn
Sie ganz ehrlich zu sich selbst sind, dann wissen Sie
ganz genau, dass mit dem Vorschlag der CDU, der sich
momentan noch in der Diskussionsphase befindet, kein
Kahlschlag gegen den Kündigungsschutz geplant ist.


(Zuruf von der SPD: Was denn sonst?)

Das ist billigster Wahlkampf. Sie schielen auf den
Sonntag, an dem es Stichwahlen in Nordrhein-Westfalen
geben wird. Deswegen gehen Sie hier mit einer ganz bil-
ligen und populistischen Polemik nach vorne.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Sie werfen wieder Nebelkerzen!)


Ich sage Ihnen: Kein einziger der jetzt Beschäftigten
wird schlechter gestellt.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Es wäre viel besser gewesen, wenn das Thema der heuti-
gen Aktuellen Stunde gelautet hätte: Die Politik von
Rot-Grün zur Einschränkung der Rechte von Arbeitssu-
chenden. Das wäre ein richtiges Thema für eine Aktuelle
Stunde.


(Klaus Brandner [SPD]: Frau Wöhrl, bleiben Sie jetzt einmal bei der Wahrheit!)


Was machen Sie und wem schaden Sie? Sie schaden
den jungen Menschen, den Frauen, den Behinderten und
den Langzeitarbeitslosen.


(Klaus Brandner [SPD]: Wir machen was für junge Menschen, wie Sie wissen! Ausbildungspakt, Beschäftigungsangebote!)


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(C (D as kommt nicht von mir. Das geht aus der letzten ECD-Analyse hervor. In ihr ist man ganz eindeutig zu em Schluss gekommen, dass die Bevölkerungsgruppen, ie ich eben erwähnt habe, durch einen zu rigiden Künigungsschutz benachteiligt werden und außen vor bleien. (Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Sie wissen, dass das eine alte Ausgabe ist! Geben Sie der Wahrheit die Ehre und sagen Sie, dass die das verändert haben! Lernen Sie diese Veränderung!)


Herr Brandner, Sie sitzen mit den Arbeitsplatzbesit-
ern in einem Boot und lassen niemand anderen an Bord,
bwohl sie dringend an Bord müssen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist so unseriös wie Ihre ganze Arbeit!)


ie beste Absicherung ist ein anständiger Job. Das kön-
en Sie nicht verneinen; das wissen Sie doch auch.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Das tun wir!)

an muss doch jede Chance ergreifen, das auch durch
esetze zu erreichen.
Wir wollen kein Hire and Fire. Sie können hundert-
al das Gegenteil sagen. Das wird immer populistischer
chwachsinn sein.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Sie schreiben es! Was ist das denn anderes, wenn kein Kündigungsschutz besteht?)


icher muss man eines klar sagen: Die Wahrscheinlich-
eit, in Amerika einen Job zu verlieren, ist viermal grö-
er als in Deutschland; das stimmt und ist Fakt. Auf der
nderen Seite muss man aber auch sehen: Die Chance,
ieder einen Job zu bekommen, ist in Amerika zehnmal
öher als in Deutschland.


(Peter Dreßen [SPD]: 1-Dollar-Jobs! – Gegenruf des Abg. Dirk Niebel [FDP]: Ein Dollar ist doch noch weniger als ein Euro!)


Da Sie um die Arbeitnehmer so besorgt sind, muss
an sich schon fragen, warum die Unternehmen nicht
instellen. Warum ordnen sie lieber Überstunden an,
enn es neue Aufträge gibt?


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Arbeitszeitverlängerung“ sage ich da nur!)


arum wenden sie sich an Zeitarbeitsfirmen? Das muss
och einen Grund haben. Für uns von der Union ist es
ichtig, dass Einstellungen wieder erleichtert werden.
ür uns ist der beste Arbeitnehmerschutz immer noch


(Ludwig Stiegler [SPD]: Der Abbau des Kündigungsschutzes! Arme CDU!)


ie Chance für Menschen auf einen Arbeitsplatz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, wenn

ie das nächste Mal wieder von Sozialabbau sprechen,
ann rate ich Ihnen: Kehren Sie erst einmal vor Ihrer ei-






(A) )



(B) )


Dagmar Wöhrl

genen Türe, bevor Sie solche Aktuellen Stunden bean-
tragen.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Stehen sie zu dem, was Sie aufgeschrieben haben!)


Das ist allerbilligste Polemik, was Sie machen. Sie stel-
len sich ohne ein eigenes Konzept hier vorne hin. Bevor
Sie dieses nicht auf den Tisch gelegt haben, erübrigt sich
alles andere.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Wo war denn das Vertrauen? Das war ja heute gar nicht da! Das habe ich heute vermisst!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512913300

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Markus Kurth.


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512913400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau

Wöhrl, wenn Sie uns bitten, bei der Wahrheit zu bleiben,
dann bitte ich Sie, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen,
dass jedes Jahr 8 Millionen Beschäftigungsverhältnisse
neu beginnen. Wenn Sie dann für Neueinstellungen den
Kündigungsschutz aufheben, dann haben wir nach drei
Jahren 24 Millionen Menschen ohne Kündigungsschutz.
Insofern hat Herr Brandner nicht die Unwahrheit gesagt,
sondern die Wahrheit, um das einmal klarzustellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Unionsfrak-
tion, Angela Merkel hat Ihnen in der letzten Fraktionssit-
zung ins Stammbuch geschrieben, Sie müssten sich
schämen. Sie bezog das auf den Prozess Ihrer internen
politischen Willensbildung. Ich finde, man muss sich in-
terner Diskussionen nicht schämen. Wir verfolgen das
jedoch interessiert. Schämen sollten Sie sich aber – nicht
nur manchmal, sondern ständig – für Forderungen wie
die nach Arbeitszeitverlängerungen ohne Lohnausgleich
oder nach der Möglichkeit der Ausdehnung der Wochen-
arbeitszeit auf bis zu 73 Stunden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sind vollkommen unwirkliche Vorschläge, die bei
mir Erinnerungen an alte Geschichtsbücher wecken, wo
Wahlplakate aus der Kaiserzeit abgebildet waren, auf de-
nen Arbeiter den Zwölfstundentag forderten.


(Dirk Niebel [FDP]: Zur Kaiserzeit gab es keine Wahlen! Das war keine Demokratie! Die Grünen werden auch immer schlimmer!)


Mit den Rezepten des 19. Jahrhunderts kann eine Wis-
sensgesellschaft keinen Erfolg haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hildegard Müller – das war wohl mal Ihre junge

Wilde – erklärt in der „Welt“, diese Arbeitszeiten – sie
bezieht sich ausdrücklich auf die Arbeitszeit von
73 Wochenstunden – sollten nicht die Regel sein. – Wie
gnädig! Ihre Volksvertreterin möchte keine Wochenar-
beitszeit von 73 Stunden. Aber bei betrieblichen Erfor-

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(C (D ernissen sollte dann der Arbeitstag auch einmal 3 Stunden am Tag dauern, und zwar sechs Tage die Wohe. Ich sage Ihnen: Sollte dieser Vorschlag Wirklichkeit erden – Herr Rogowski hat ihn ja sofort begrüßt –, ürden wir sehr schnell erleben, wie häufig „betrieblihe Erfordernisse“ entstehen würden, die solche Arbeitseiten notwendig machen würden. Erzählen Sie das doch den Menschen in ländlichen reisen wie in Schleswig-Holstein oder den Pendlern im uhrgebiet, die bis zu einer Stunde zu ihrem Arbeitslatz brauchen. Sagen Sie den Menschen, dass sie, wenn s nach Ihnen geht, den Schlafsack demnächst gleich mit n den Betrieb nehmen können, weil es sich gar nicht ehr lohnt, nach Hause zu fahren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Veronika Bellmann [CDU/CSU]: Billige Polemik!)


ie müssen sich einmal vergegenwärtigen: Arbeitende
enschen sind keine Nutztiere.


(Dirk Niebel [FDP]: Pfui! – Ludwig Stiegler [SPD]: Die Arbeitsstättenverordnung wollen sie auch abschaffen! Mittelstand ohne Arbeitsstättenverordnung!)


Nun könnte man Ihren Vorschlag für sich betrachtet
ls Kuriosität, als ein ziemlich bizarres Beispiel und ei-
en tragischen Fall von individueller Verirrung abtun.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Was ist denn das für einer?)


enn man sich aber noch das anschaut, was in Ihrem
rogramm oder in Ihrem Leitantragsentwurf steht, dann
uss man einmal die kombinierte Wirkung Ihrer gesam-
en Vorschläge sehen: Abschaffung des Kündigungs-
chutzes bei Neueinstellungen im Zusammenhang mit
er Heraufsetzung der Schwelle bis zu 20 Beschäftigte
lus Niedriglohnsektor plus Zerstörung des Flächenta-
ifs. Diese kombinatorische Wirkung – sie ist offensicht-
ich beabsichtigt – wird eine Stimmungslage erzeugen,
ie Angst zum ständigen Begleiter am Arbeitsplatz und
n der Arbeitswelt macht. Das wollen Sie offenbar. Ihre
orstellung von der Wettbewerbsgesellschaft folgt dem
rinzip: Catch as catch can. Das kann es nicht sein.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)

Wenn wir genauer hinsehen, stoßen wir auf eklatante
idersprüche. Ich zitiere aus Ihrem Entwurf zum Thema
amilienpolitik: Wir brauchen familiengerechte Jobs,
icht aber jobgerechte Familien.


(Ilse Falk [CDU/CSU]: Das ist doch richtig!)

as ist ein völlig richtiger Satz. Aber wie passt das zu-
ammen mit der Forderung nach dem Streichen des
echtsanspruchs auf Teilzeit? Wie passt das zusammen
it Arbeitszeitverlängerung? Wie passt das zusammen
it Niedriglohnprogrammen?


(Dirk Niebel [FDP]: Heute ist es so, dass Frauen nicht mehr eingestellt werden! Sie könnten ja schwanger werden!)







(A) )



(B) )


Markus Kurth

Und wie passt das zusammen mit der ständigen Kritik an
unseren Programmen, mit denen wir die Betreuung von
unter Dreijährigen verbessern wollen? Das passt einfach
nicht zusammen. Das ist widersprüchlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ilse Falk [CDU/CSU]: Ist doch Quatsch!)


Sie betreiben gesellschaftliche Verunsicherung größ-
ten Ausmaßes. Das finde ich dramatisch, gerade auch
angesichts der Tatsache, dass im Moment 100 000 Be-
schäftigte bei Karstadt um ihre Arbeitsplätze fürchten.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Daran sind Sie doch mit schuld!)


Wenige Monate nachdem wir den Kündigungsschutz
verändert haben, mit Ihnen zusammen übrigens, brau-
chen diese Beschäftigten alles andere als eine neue Kün-
digungsschutzdebatte.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie sind daran schuld!)


Sie brauchen vielmehr einen Aufbruch mit den Instru-
menten und mit den Voraussetzungen, die wir in diesem
Hause geschaffen haben. Teilweise haben wir sie mit Ih-
rer Hilfe geschaffen, aber die Initiative für mehr Be-
schäftigung geht von Rot-Grün aus. Lassen Sie sich das
ins Stammbuch schreiben, und bis Sie das eingesehen
haben, schämen Sie sich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Ich wusste gar nicht, dass schon wieder Fasching ist! Eigentlich ist es doch erst am 11. 11. so weit! – Zurufe von der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512913500

Das Wort hat jetzt der Parlamentarische Staatssekretär

Gerd Andres.

(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Jetzt sollten wir mal wieder zur Sache kommen! – Klaus Brandner [SPD]: Es wird selbst der Regierung schwer fallen, bei so einem Antrag sachlich zu bleiben!)


G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1512913600


Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich finde, manche Vorgänge in der Union haben
durchaus ihren Reiz. Endlich, unmittelbar nach der
Kommunalwahl in NRW, lässt die CDU die Katze aus
dem Sack. Ich sage voraus: Es ist jetzt für die Leute wie-
der leichter zu erkennen und wieder deutlicher, wer auf
welcher Seite steht. Das war ja in den letzten Wochen
nicht immer so. Viele prominente Parteifreunde der
Union waren doch zwischen der Teilnahme an Montags-
demos und einem Erstsemester-Kolloquium über Neoli-
beralismus hin und her gerissen. Meine Damen und Her-
ren von der Opposition, nicht anders kann man doch Ihr
Verhalten in den letzten Wochen kommentieren: erst ei-
sern sich an immer schärferen Einschnitten berauschen,
um nach den ersten Widerständen mit gleicher Verve ge-

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(C (D en sich selbst zu demonstrieren. Das haben wir erleben önnen. (Dirk Niebel [FDP]: Auch Herr Ströbele war dabei! Wo ist denn Herr Ströbele?)


Man muss die schlichte Frage stellen: Wo ist denn
err Laurenz Meyer, der im August in einer wilden
ressekonferenz über die angeblichen Folgen von
artz IV geredet hat? Wo ist er denn? Ich glaube, er ist
uch für diesen Antrag verantwortlich.
Zumindest kann nun niemand mehr sagen und Ihnen

orhalten, Sie würden Ihre wahren Absichten verschlei-
rn.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Die sind doch alle bekannt!)


ach intensiver Lektüre dieses Antrages möchte ich Ih-
en nur einen Rat geben: Schaffen Sie bei allem unge-
tümen Reformeifer den Sozialstaat nicht aus Versehen
b. Zum Glück ist das nur eine theoretische Überlegung,
a die Wählerinnen und Wähler Ihren Vorstellungen be-
timmt nicht folgen werden.
Besonders schön finde ich, dass ausgerechnet in Düs-

eldorf, also im Stammland des scheinbar sozialen Vor-
ämpfers Rüttgers, die Maske endlich fallen soll. Hier
oll der Antrag verabschiedet werden. Ich schlage der
nion vor: Nennen Sie ihn doch „Düsseldorfer Antrag“.
as wäre richtig schön und käme gut an.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ielleicht wird Herr Rüttgers dann ja noch vorschlagen,
en Tagungsort zu verlegen.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Sie meinen wohl, das sei eine Einladung zum Karneval!)


Der Antrag hat es wirklich in sich. Sie formulieren die
eitestgehende Abschaffung des Kündigungsschutzes.
ie argumentieren massiv für eine Einschränkung der
itbestimmung. Sie wollen die Tarifautonomie ein-
chränken. Sie sehen Lohnsenkungen für Arbeitnehmer
or. Sie fordern die Abschaffung des Rechtsanspruchs
uf Teilzeitarbeit. Sie kürzen die aktive Arbeitsmarktpo-
tik. Sie wollen Kopfpauschalen in der Krankenversi-
herung einführen und Sie schlagen vor, keine Lohnan-
leichung im Osten vorzunehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann je-

em nur empfehlen: Besorgen Sie sich diesen Antrag.
uf der Website der SPD können Sie ihn abrufen.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Da haben Sie wohl falsch abgeschrieben!)


nderswo war er nicht zu bekommen. Ich habe auch
ersucht, ihn über die Union zu bekommen.
Zum Teil sind die Vorschläge überflüssig wie ein
ropf. Das muss ich wirklich sagen, meine sehr verehr-
n Damen und Herren.


(Beifall bei den Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres

Vor kaum einem Jahr haben wir das Kündigungs-

schutzgesetz verändert, und bevor es wirken kann, ver-
unsichern Sie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
mit Ihren Vorschlägen. „Überflüssig“ stimmt, aber leider
nur auf den ersten Blick. In Wirklichkeit sind solche und
andere Vorschläge schädlich, denn die Menschen verlie-
ren das Vertrauen in die Stabilität der Rahmenbedingun-
gen, die für ihre Entscheidungen wichtig sind. Das kann
die Entscheidung eines Arbeitnehmers sein, ein Auto zu
kaufen, das können aber auch unternehmerische Ent-
scheidungen von größerer Tragweite sein.

Ich komme noch einmal auf das Beispiel Kündi-
gungsschutz zurück. Kündigungsschutz setzt nicht nur
den Arbeitgebern Grenzen, er schützt auch vor Willkür
und bietet Erwartungssicherheit. Wer von uns würde sich
denn ein Auto kaufen, wenn er täglich befürchten
müsste, dass er morgen auf der Straße sitzt? Dabei ist es
doch eine Tatsache, die auch der Opposition nicht ent-
gangen sein dürfte, dass die konjunkturelle Situation in
Deutschland derzeit sehr gespalten ist: starke Exportdy-
namik, schwache Binnendynamik. Wir brauchen mehr
Schwung auf dem Binnenmarkt, aber gerade diesen wird
die Union mit diesen Vorschlägen abwürgen. Ich finde,
das ist verantwortungslos, und ich fordere Sie, meine
Damen und Herren von der Opposition, auf: Hören Sie
auf, die Menschen zu verunsichern!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ein weiteres Beispiel, das Sie nachlesen können – Sie
müssen nur Ihr Papier lesen –, ist folgendes: Sie haben
sich das vorzeitige Auslaufen der Altersteilzeit auf die
Fahnen geschrieben.


(Dirk Niebel [FDP]: Die muss weg!)

Warum wollen Sie eine ohnehin bis 2009 befristete För-
derung kurzfristig abschaffen und damit die Personalpla-
nung unzähliger Betriebe über den Haufen werfen?


(Ludwig Stiegler [SPD]: „Vertrauen“!)

Sehen so die stabilen Rahmenbedingungen aus, die ei-
nen erfolgreichen Wirtschaftsstandort Deutschland aus-
zeichnen?


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Der Minister hat eine andere Auffassung!)


Ich glaube das nicht. Dabei ist es nicht genug, dass Ihre
Vorschläge für sich betrachtet ins Leere laufen. Ihr
74 Seiten starkes Papier ist in sich völlig inkonsistent. Es
widerspricht sich von Kapitel zu Kapitel. Ziel einer
Überlegung – das beschreiben Sie sehr schön – ist, die
Frühverrentung zu verringern. Das machen Sie sich zu
Eigen. Sie übertreiben sogar in einigen Punkten mächtig.
Ich habe das eben erwähnt. Gleichzeitig fordern Sie jetzt
aber, dass die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes stär-
ker an die Einzahlungsdauer gekoppelt werden soll.


(Klaus Brandner [SPD]: So ein Unsinn!)

Wir würden hier den Teufel mit dem Beelzebub aus-

treiben. Gerade die ehemals lange Arbeitslosengeldbe-
zugsdauer hat doch dazu geführt, dass die Betriebe mas-
senweise ältere Arbeitnehmer in den Ruhestand geschickt

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(C (D aben. Mir scheint, dass dies ein ziemlich missglückter ersuch ist, Herrn Rüttgers mit ins Boot zu holen. Ich ann nur konstatieren: Viele Köche verderben den Brei. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen in der Union, ie waren auch schon einmal weiter. Nur so lässt sich och erklären, dass Sie noch am 19. Dezember letzten ahres – ich habe das Protokoll mitgebracht – den Geseten zur Reform auf dem Arbeitsmarkt zugestimmt haen. Abgegebene Stimmen: 596, davon 592 mit Ja, mit ein ganze vier Stimmen. Alle Redner der Union, die etzt hier antreten, Frau Wöhrl und auch Herr Göhner leich noch, haben zugestimmt. Mit diesem Gesetz haen wir die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes auf wölf Monate festgelegt, für Ältere auf 18 Monate. Wir aben den Kündigungsschutz verändert. Was sind eientlich Ihre Entscheidungen für den Bürger wert, wenn ie Reformen noch nicht einmal ein Jahr wirken können nd Sie nach dem Motto handeln: Was interessiert mich ein Geschwätz von gestern? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


brigens – Herr Göhner, Sie können gleich darauf ein-
ehen – war das Gesetz gar nicht zustimmungspflichtig.


(Zuruf des Abg. Dirk Niebel [FDP])

ie haben Wert darauf gelegt, das in einem Paket in den
ermittlungsausschuss zu bringen. Wir haben den Kün-
igungsschutz und alles andere auch Punkt für Punkt
iskutiert. Damals waren Sie einverstanden. Übrigens,
err Niebel, der immer dazwischenruft und für den die
undesagentur für Arbeit noch einen Arbeitsplatz frei-
ält, hat diesem Gesetz auch zugestimmt.


(Zuruf des Abg. Dirk Niebel [FDP])

as Gesetz war gar nicht zustimmungspflichtig. Das
ätten Sie gar nicht zu machen brauchen, Herr Niebel.
Sie sehen, man kann auch jeden Tag eine neue Sau

urchs Dorf jagen, immer nach der Melodie: Wer bietet
ehr? Mit dem Antrag haben Sie Ihr wirkliches sozial-
olitisches Gesicht gezeigt.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Ja, die Kompetenz für mehr Arbeitsplätze und bessere Chancen!)


ch will Ihnen ausdrücklich sagen, dass die Bundesregie-
ung und die Koalitionsfraktionen wichtige Strukturre-
ormen beschlossen und umgesetzt haben. Die haben wir
das habe ich gerade gesagt – mit den Stimmen der Op-
osition beschlossen. Ich glaube, dass es wichtig ist,
iese Strukturreformen jetzt wirken zu lassen. Sie müs-
en sich jetzt erst einmal entfalten können. Ich glaube
uch, dass ihre Wirkung nicht durch wenig durchdachte
orschläge befördert wird, sondern dass diese zur Verun-
icherung der Bürgerinnen und Bürger beitragen. Ich
ann Sie nur auffordern: Stellen Sie das ein und helfen
ie mit, unser Land auf einen stabilen Kurs zu bringen!
Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512913700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Erich Fritz.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1512913800

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Herr Staatssekretär, wenn der Regierung nichts
mehr einfällt, dann geht sie zur Beschimpfung der Oppo-
sition über. Das kennen wir aus diesem Hause bereits.
Der Beitrag war insofern nicht sehr wichtig.

Diese ganze Aktuelle Stunde wirft ein Licht auf das
Reformverständnis der SPD.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Sie ist Ihnen peinlich!)


– Sie haben wieder auf Ihre typische Art agiert, Herr
Stiegler. Sie sind in Bayern auf dem besten Wege, für die
SPD ein Wahlergebnis wie in Sachsen zu erreichen. Ma-
chen Sie ruhig weiter so!


(Ludwig Stiegler [SPD]: Die CSU hilft uns sehr!)


Enttäuscht bin ich nur von dem, was Herr Brandner hier
vorgetragen hat, weil er es eigentlich besser wissen
müsste.

Während Sie 1998 den Menschen eingeredet haben,
die Reformschritte der CDU/CSU-Regierung seien un-
nötig und könnten ohne Schaden rückgängig gemacht
werden, versuchen Sie jetzt, den Eindruck zu erwecken,
mit den Hartz-Reformen seien unsere Probleme sozusa-
gen gelöst. Statt in Deutschland ein Klima zu schaffen,
in dem offen und langfristig orientiert über Alternativen
gestritten werden kann, damit sich die Menschen in Re-
formprozesse einbezogen fühlen und den Willen zur
Veränderung hin zu neuen Zielen aufbringen, verdächti-
gen Sie jeden Diskussionsvorschlag aufgrund kurzfristi-
ger politischer Interessen.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Wir sagen nur die Wahrheit!)


Das konnten wir heute beobachten.
Sie haben aus Ihrem Versagen bei der Kommunika-

tion der Hartz-Reformen nichts gelernt. Sie haben nicht
gelernt, dass dieses Land insgesamt auf einen Verände-
rungswillen angewiesen ist. Sie selbst haben immer wie-
der angekündigt, dass die Reformen, die Sie jetzt vorge-
nommen haben, ein erster Schritt seien.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie rudern doch zurück! Sie haben die Hartz-Reformen doch selber mitbeschlossen!)


Weitere Reformen müssen also folgen. Sie sagen aber
nicht, welche. Wir werden auf unserem Düsseldorfer
Parteitag Antworten darauf geben. Sie können sich da-
rauf verlassen, dass es gute Antworten sein werden.

Übrigens vielen Dank für Ihren Vorschlag, Herr
Andres. Die Düsseldorfer Erklärung von 1949 – das ist
55 Jahre her – war das zentrale Dokument für die Ent-
wicklung der sozialen Marktwirtschaft. 55 Jahre später

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(C (D erden wir in Düsseldorf Antworten geben, nach denen ie noch lange suchen müssen, weil Sie nicht die Mentaität haben, die für solche Antworten notwendig ist. Sie versuchen, der Diskussion zu entrinnen. (Ludwig Stiegler [SPD]: Nein! Wir suchen sie!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie reden vage über Innovationsfähigkeit. Das Jahr der
nnovation, das der Bundeskanzler ausgerufen hat, ist
ald vorbei, aber nichts ist passiert. Ein Blick in den For-
chungsbericht der Bundesregierung zeigt, dass es sehr
ühsam und langwierig werden wird, bis Forschung,
ntwicklung und Innovationsfähigkeit zu einer Verbes-
erung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unter-
ehmen führen.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Damit haben wir schon vor sechs Jahren begonnen!)


In der Zwischenzeit müssen wir einen Wachstumweg
eschreiten, der – das sollte außer Zweifel stehen – Maß-
ahmen zum Abbau der Bürokratie und zur Flexibilisie-
ung des Arbeitsmarktes umfasst. Sie tun so, als sei das
icht nötig, und werden damit selbst zum Wachstums-
emmnis.
Wenn in Deutschland 15 bis 20 Prozent der arbeitsfä-

igen Bevölkerung der Zugang zum Arbeitsmarkt ver-
perrt ist, dann ist dies ein Kernproblem der Wirtschafts-
olitik, der Sozialpolitik und der Familienpolitik. Es ist
in gesellschaftliches Kernproblem.
Wer das Bemühen um Lösungswege polemisch be-

andelt, wie Sie es hier tun, und versucht, jeden Diskus-
ionsansatz zu diskreditieren, der steigert die Politikver-
rossenheit und bezieht die Menschen nicht in eine
ringend nötige Diskussion mit ein. Er bestätigt sie viel-
ehr in alten Verhaltensweisen, die einem Verände-
ungsprozess hinderlich sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])


ie wollen das Spiel von 1998 wiederholen, bis zur Bun-
estagwahl nichts mehr tun und den Menschen versi-
hern, es sei alles gut. Glauben Sie wirklich, dass das
and dies jetzt braucht? Da lobe ich mir eine ernsthafte
ebatte, wie sie in der Union schon seit Jahren geführt
ird und jetzt in dem Antrag für den Parteitag in Düssel-
orf kulminiert.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Debatte? Ach so! Ich dachte, das ist ein Antrag!)


Das ist ein Antrag für einen Parteitag.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Ein Leitantrag!)


ch weiß nicht, wie Sie Parteitage gestalten. Über den
ntrag wird diskutiert. Dann werden wir sehen, zu wel-
hem sinnvollen Ergebnis die Diskussion führen wird.
Jede Anstrengung und jede Idee, die die Schwelle

um Eintritt in den Arbeitsmarkt senkt, ist willkommen.
ir wollen die Hürden für die Beschäftigung von älteren






(A) )



(B) )


Erich G. Fritz

Arbeitnehmern abbauen. Das ist ein Ziel, für das sich
jede Anstrengung lohnt und auch jeder Streit sinnvoll ist,
Herr Stiegler. Wir brauchen einen politischen Wettbe-
werb der Ideen. Sagen Sie doch, wie Sie es erreichen
wollen, dass die nur betriebswirtschaftlich sinnvolle,
volkswirtschaftlich und gesellschaftspolitisch aber un-
sinnige Aussortierung von Arbeitnehmern über 55 ver-
ändert werden kann! Machen Sie doch weitere Vor-
schläge, wenn Sie erkennen, dass die bisher von Ihnen
durchgeführten Maßnahmen nicht wirken! Keine Alter-
nativen vorzulegen, aber überkommene Reaktionsmus-
ter zu bedienen, das ist keine Politik, sondern nur billige
Taktik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Seien Sie geduldig! Sie können die Diskussion in der
Union aufmerksam verfolgen. Sie können jede Woche
eine Aktuelle Stunde dazu beantragen, damit die Diskus-
sion in der deutschen Politik auch die richtige Breite ge-
winnt.

Sie stellen sich nicht nur heute als Lobbyist der Ar-
beitsplatzbesitzer dar. Der neue, wenig herzliche Schul-
terschluss mit den Gewerkschaften ist vermutlich der
Grund dafür. Wir wissen, dass einiges geändert werden
muss, damit mehr eingestellt wird. Aber es macht auch
keinen Sinn, berechtigte Schutzinteressen zu missachten
und die Angst von Beschäftigten um ihren Arbeitsplatz
nicht ernst zu nehmen. Natürlich wissen wir das. Wir
sind nicht nur willens, sondern auch in der Lage, diese
beiden Seiten des Problems so zu behandeln, dass ein
Lösungsvorschlag herauskommt, der den Betroffenen
wirklich dienlich ist. Sie haben in den letzten Jahren da-
gegen nur für Scheinalternativen gesorgt. Es gab wohl-
klingende Gesetzesnamen wie „Job-AQTIV-Gesetz“
und eine wunderbare PR, aber keine Ergebnisse.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512913900

Herr Kollege, denken Sie an Ihre Redezeit.

Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1512914000

Darf ich noch ein paar Sätze sagen?

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512914100

Das hängt davon ab, wie lange Sie brauchen. Sie re-

den bereits über fünf Minuten.

Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1512914200

Es gab andere Kollegen, die viel mehr überzogen ha-

ben. – Herr Kurth hat im Zusammenhang mit unserem
Vorschlag, sich stärker an europäischen Regelungen zu
orientieren, von der 73-Stunden-Woche gesprochen. Ei-
nen solchen Unsinn kann man doch nicht ernsthaft ver-
breiten. Als Dortmunder möchte ich Ihnen einmal ein
praktisches Beispiel nennen – ich führe extra keines aus
der Privatwirtschaft an –: Die EDG, ein städtisches Un-
ternehmen in Dortmund, dessen Geschäftsführer SPD-
Mitglied ist und dessen Betriebsrat SPD-dominiert ist,
hat einen wöchentlichen Arbeitszeitrahmen von
70 Stunden. Die Arbeitnehmer sind damit zufrieden und
das Unternehmen ist dadurch wettbewerbsfähiger. Ich
weiß nicht, was Sie dagegen haben, solche Formen der

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(C (D lexibilität einzuführen, mit denen alle zufrieden sind. ie verhindern immer nur, weil Sie aus Ihren alten Denkustern nicht herauskommen. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512914300

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Anette Kramme.


Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1512914400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Innovation, Fortschritt, Modernität – Ihr Leit-
ntrag quillt über von solchen Begrifflichkeiten und
underschönen Redewendungen. Aber Gott sei Dank ist
hetorik nicht alles. Ihre Arbeitsmarktpolitik ist tatsäch-
ich wenig innovativ und wenig fortschrittlich. Sie ist so-
ar ziemlich unmodern. Ich hätte nicht gedacht, dass ich
em bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber
emals Recht geben würde. Aber er hat völlig Recht,
enn er sagt: Die können Schröder und Fischer nicht das
asser reichen. Wer gemeint ist, muss ich, glaube ich,
icht näher erläutern.


(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren von CDU und CSU, Sie

leiben bei Ihrer schlichten Politikprämisse: Die Arbeit-
ehmerinnen und Arbeitnehmer sind die Saupreußen der
ation. Ihr Rezept lautet: Die Arbeitnehmerrechte müs-
en nur zerschlagen, der Kündigungsschutz muss nur ab-
ebaut und die Gewerkschaften müssen nur bekämpft
erden, dann sieht es in diesem Land besser aus. Das ist
alsch, und zwar sowohl in politischer als auch in wis-
enschaftlicher Hinsicht. Herr Kollege Fritz, wenn Sie
agen, dass wir nicht bereit seien, uns mit Ihnen ausei-
ander zu setzen, dann ist das insoweit richtig, als es
innlos ist, sich ständig mit Thesen zu beschäftigen, de-
en genaues Gegenteil richtig ist, wie die Wissenschaft
elegt hat. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur aus
er Studie des IAB vom 12. Dezember 2003 zitieren:

Empirische Untersuchungen zu den Arbeitsmarkt-
wirkungen des Kündigungsschutzgesetzes zeigen
ein differenziertes Bild. So gibt es kaum Hinweise,
dass die Regelungsdichte auf das Niveau von Be-
schäftigung und Arbeitslosigkeit Einfluss hat.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Sehr wahr!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich

offe, dass Sie Ihren Leitantrag jedem Betrieb dieses
andes zuschicken werden und dass er jeder Arbeitneh-
erin und jedem Arbeitnehmer ausgehändigt wird. Ich
ehe davon aus, dass dann das eintritt, was die „Berliner
eitung“ festgestellt hat:

Die Kunst, sich um Kopf und Kragen zu reden, ver-
steht in der Bundespolitik – abgesehen von Guido
Westerwelle – derzeit niemand so gut wie Angela
Merkel.

(Dirk Niebel [FDP]: Sie sind ja der gespielte Witz!)







(A) )


)

Anette Kramme

– Vielen Dank!

Sie wollen den Kündigungsschutz verringern. In den
ersten drei Jahren nach der Einstellung soll es keinen
Kündigungsschutz geben. Außerdem soll der Kündi-
gungsschutz Betriebe, die weniger als 20 Arbeitnehmer
haben, gar nicht erfassen. Des Weiteren soll es bei Neu-
einstellungen das Recht geben, zwischen Abfindung und
Kündigungsschutz zu wählen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Na und?)

Ich wiederhole das, was Herr Brandner gesagt hat – auch
wenn sich Frau Wöhrl heftig dagegen wehrt –: Das be-
deutet, dass mittelfristig 90 Prozent der Betriebe und
28 Prozent der Arbeitnehmer aus dem Kündigungs-
schutz herausfallen werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern,
dass Sie inhaltsgleiche Anträge bereits mehrfach in die-
sem Haus eingebracht haben


(Zurufe von der CDU/CSU: Aha!)

und dass Sie jedes Mal Übergangsregelungen nicht vor-
gesehen haben. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass es,
wenn Sie an der Regierung wären, sofort zu dem kom-
men würde, was Herr Brandner angenommen hat.


(Dirk Niebel [FDP]: Also war es doch nicht wegen der Wahlen!)


– Dass die CDU ihren Leitantrag zurückgehalten hat, hat
nach meiner Einschätzung sehr wohl etwas mit den
Wahlen zu tun.

Ich möchte im Zusammenhang mit dem Kündigungs-
schutz auf einen zweiten Punkt zu sprechen kommen.
Was Sie dort machen – Sie wollen ein formales Wahl-
recht einräumen –, ist schlichtweg Hohn. Denn welcher
Arbeitgeber wird den vermeintlichen „Prozessheini“ in
seinem Betrieb einstellen? Rein tatsächlich würde also
kein Wahlrecht zur Verfügung stehen.

Ich frage mich auch: Weshalb haben Sie die Zustim-
mung im Bundesrat zur Änderung des Kündigungs-
schutzgesetzes, so wie wir es hier verabschiedet haben,
erteilt?


(Dirk Niebel [FDP]: Weil wir das 1998 schon einmal wortgleich so hatten! Eigenheimzulage!)


Wie groß ist die Halbwertszeit Ihrer Politik? Wie sehr
können sich die Menschen in diesem Lande auf Sie ver-
lassen?

Die SPD-Fraktion steht demgegenüber für Sicherheit
und Planbarkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das soll wohl ein Witz sein! – Dirk Niebel [FDP]: Eigenheimzulage!)


Familiengründungen wird es nur geben, wenn Menschen
– anders, als es bei Ihnen der Fall ist – nicht wie eine
Ware, wie ein Handy oder wie ein Auto, behandelt wer-
den.

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(C (D Meine Damen und Herren von der Union, es gibt keierlei nachweisbaren Zusammenhang zwischen dem Areitsrecht und der Höhe der Arbeitslosigkeit. Das stellt uch die konservative OECD fest. Ich schlage eines vor: ir sollten erst die Evaluierung der Änderungen des ündigungsschutzes abwarten, die wir vorgenommen aben. Ein weiterer Vorschlag, den Sie unterbreiten, bezieht ich auf die Tarifautonomie: mehr Entscheidungen auf etriebsratsebene. Klar, das hört sich gut an. Das ist aber ur scheinbar gut; denn es geht Ihnen nur um ein Einzies: Sie wollen das Erpressungspotenzial, das vor Ort xistiert, ausnutzen. Welcher Betriebsratsvorsitzende ird vor Ort zu Lohnsenkungen Nein sagen, wenn ihm onkret mit Kündigungen gedroht wird? In diesem Zusammenhang muss eines gesehen wer en: Sie wollen den Arbeitnehmern in den Betrieben icht gleichzeitig ein Streikrecht einräumen. Sie wollen atsächlich, dass sich die Arbeitgeber mit einem Verandlungspartner auseinander setzen, der nicht die gleihen Chancen hat. (Klaus Brandner [SPD]: Arbeitnehmern die Hände binden und selbst das Sagen haben!)


(Peter Dreßen [SPD]: So ist es!)


Haargenau, so ist es.
Meine Damen und Herren von der CDU, die Gründe

ür die Probleme des Standortes Deutschland liegen
icht bei den Arbeitnehmern. Wir wollen ein Miteinan-
er von Arbeitgebern und Arbeitnehmern; Sie wollen ein
egeneinander. Wir stehen für die Erneuerung des So-
ialsystems; Sie symbolisieren die Abrissbirne. Die Bür-
erinnen und Bürger können nun zwischen Aufbau und
ufbruch wählen. Ich bin mir sicher, das Ergebnis wird
ugunsten der SPD ausfallen.
Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Der Beifall auf der anderen Seite war ein bisschen schwach!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512914500

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Reinhard Göhner.

Dr. Reinhard Göhner (CDU):
Rede ID: ID1512914600

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Ich will versuchen,

iese Debatte auf eine sachliche Ebene zu bringen. Sie
reten hier an und sagen: Die Einschränkung des Kündi-
ungsschutzes bei Neueinstellungen bedeutet den Abbau
on Arbeitnehmerrechten.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt Herr Arentz auch! Das ist Ihr Kollege!)


enn Sie das wirklich ernst meinen, dann frage ich Sie:
as war denn dann die von Ihnen mit beschlossene
Herr Andres hat daran erinnert, wofür man seine Hand
ehoben hat – und richtige Anhebung der Schwelle im
ündigungsschutzrecht von fünf auf zehn Arbeitneh-
er?

(B)







(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Göhner

Sie haben die Regelung getroffen – Herr Brandner hat

eingefordert, die sich aus dieser Änderung ergebenen
Chancen zu nutzen –, dass neu eingestellte Arbeitneh-
mer, die 52 oder älter sind, praktisch keinen Kündi-
gungsschutz mehr haben. War diese Einschränkung des
Kündigungsschutzes ein Abbau von Arbeitnehmerrech-
ten oder haben Sie das – richtigerweise – vielleicht ge-
macht, um die Chancen älterer Arbeitnehmer, eingestellt
zu werden, zu verbessern und die Beschäftigungshemm-
nisse zu beseitigen?


(Dirk Niebel [FDP]: Tja!)

Rüsten Sie in dieser Debatte doch erst einmal ab!

Frau Dückert, Sie, eine Grüne, haben den Vorschlag
gemacht – dieser Vorschlag hat seinen Niederschlag im
Gesetzblatt gefunden –, dass von Existenzgründern ein-
gestellte Arbeitnehmer in den ersten 48 Monaten – nicht
wie sonst in den ersten 36 Monaten – faktisch keinen
Kündigungsschutz haben. Das war richtig: Sie wollten
Existenzgründern die Sorge nehmen, ein Problem mit
der Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer zu haben,
wenn das Geschäft nicht so läuft, wie man es sich bei der
Gründung vorgestellt hat.

Aber wenn solche Einschränkungen des Kündigungs-
schutzes, für die Sie Ihre Hand gehoben haben, richtig
waren, wenn Sie also erkannt haben, dass das Beschäfti-
gungshemmnisse waren, dann rüsten Sie in dieser De-
batte ab, indem Sie nicht mehr jede Veränderung auf die-
sem Gebiet zunächst einmal als Abbau von
Arbeitnehmerrechten diskriminieren!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das sind die Widersprüche!)


Herr Andres, Sie haben hier von Sozialabbau – Stich-
wort „Anhebung der Schwelle von zehn auf 20 Arbeit-
nehmer in einem Betrieb“ – gesprochen. Sie haben da-
mals hier im Bundestag einen Gesetzentwurf
eingebracht, in dem zum Beispiel die Arbeitnehmer, die
befristet angestellt waren, aus der Berechnung des
Schwellenwertes herausgenommen wurden. Wäre man
dem gefolgt, wäre die Konsequenz gewesen, dass neu
eingestellte Arbeitnehmer in Betrieben mit 50 oder 100
Arbeitnehmern nicht mehr unter den Kündigungsschutz
gefallen wären. Wir haben jetzt vorgeschlagen, diese
Schwelle auf 20 Arbeitnehmer zu heben. Sagen Sie des-
halb hier jetzt nicht, das sei der Zusammenbruch der Ar-
beitnehmerrechte in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich finde, Sie müssen das wirklich solide zurückführen.

Zu Ihrer Behauptung, Herr Brandner, 12 Millionen
Menschen würde der Kündigungsschutz entzogen, ist zu
sagen: Entzogen wird niemandem etwas. Dann tragen
Sie vor, dass es bei Neueinstellungen keinen Kündi-
gungsschutz mehr gäbe.


(Klaus Brandner [SPD]: 8 Millionen in einem Jahr!)


Nun behaupten Sie, Herr Brandner, nicht wider besseres
Wissen das Gegenteil, denn Sie wissen doch ganz genau,

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(C (D ass heute bei dem größten Teil der Einstellungen Areitsverträge mit einer sachgrundlosen Befristung nach em Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverräge und damit faktisch ohne Kündigungsschutz gechlossen werden. (Klaus Brandner [SPD]: Warum wollen Sie noch mehr?)


Sie haben sich unseren Leitantrag vielleicht aus dem
nternet heruntergeladen, gelesen haben Sie ihn nicht.
ie CDU/CSU schlägt nämlich in ihrem Antrag vor, die
öglichkeit, sachgrundlos befristet einzustellen, abzu-
chaffen. Über diesen Vorschlag sollten wir einmal ge-
einsam nachdenken. Es verhält sich doch so: Die Re-
elungen zur Ausweitung befristeter Arbeitsverhältnisse
uf der Basis von sachgrundlosen Befristungen haben
rsprünglich wir eingeführt und sie wurden von Ihnen in
er Absicht modifiziert


(Dirk Niebel [FDP]: Wir auch!)

das haben wir selbstverständlich gemeinsam propa-
iert –, den Kündigungsschutz in diesem Bereich einzu-
chränken.
Daraus ist mittlerweile ein höchstkompliziertes ar-

eitsrechtliches Gebilde erwachsen.

(Ute Kumpf [SPD]: Da habt ihr ausnahms weise Recht!)

issen Sie, was das eigentliche Problem des Arbeits-

echtes in Deutschland ist? Dass es so kompliziert ge-
orden ist, dass es kaum noch jemand beherrscht.


(Klaus Brandner [SPD]: Wir haben es vereinfacht!)


ch bin Fachanwalt für Arbeitsrecht und kann Ihnen aus
igener Erfahrung sagen: Das, was wir alle, also auch die
orgängerregierung, auf dem Gebiet gemacht haben,
tellt ein gewaltiges Beschäftigungsprogramm für meine
akultät, also für die Fachanwälte für Arbeitsrecht, dar.
ie beim Steuerrecht haben wir hier ein Grundproblem:
eil das Arbeitsrecht so kompliziert geworden ist, sucht

eder nach Lücken und Auswegen. Um nicht mit Einstel-
ungen in einem Arbeitsrecht gefangen zu sein, das man
icht versteht, wählt man den Weg über Leiharbeitneh-
er, mehr Überstunden oder mehr Befristungen.


(Dirk Niebel [FDP]: Oder mehr Schwarzarbeit!)


Eigentlich brauchen wir in Deutschland etwas ganz
nderes – und das ist Gegenstand des CDU/CSU-Antra-
es –, nämlich ein neues Arbeitsgesetzbuch zur Rege-
ung des Arbeitsvertragsrechts.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

as wurde im Zusammenhang mit dem Einigungsver-
rag sogar vom Bundestag verlangt. Ich finde, wir soll-
en gemeinsam darauf hinarbeiten, die vielen Veräste-
ungen der heute vorhandenen Gesetze so übersichtlich
usammenzufassen, wie wir es im Sozialgesetzbuch ge-
acht haben. Denn nur wenn das Arbeitsrecht für die
eteiligten einigermaßen verständlich ist, wird es nicht






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Göhner

weiterhin ein Beschäftigungshemmnis in Deutschland
darstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512914700

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Petra Pau.

Petra Pau (DIE LINKE.):
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die CDU/CSU schlägt Reformen vor. Es handelt sich
aber mitnichten um Verbesserungen. Es geht um So-
zialabbau. Der Kündigungsschutz soll gelockert oder gar
abgeschafft werden, die Arbeitszeit soll verlängert und
die Löhne sollen gesenkt werden. Die Opposition zur
Rechten hat fürwahr einen Jahrhundertschritt vor: aller-
dings keinen nach vorne, sondern einen ganz weit zu-
rück.

Glaubt man dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“,

(Dirk Niebel [FDP]: Das dürfen Sie nie machen!)

dann verrät der vorliegende Antrag nicht einmal alles,
was CDU und CSU wirklich vorhaben. Zugleich wun-
dert sich der „Spiegel“ über die aktuelle Aufregung.
„Die Vorschläge sind keineswegs neu“, schreibt er und
verweist auf eine gemeinsame Sitzung der Chefs von
CDU und CSU im Frühjahr in Berlin. Ich finde, da greift
nun wiederum der „Spiegel“ zu kurz.

Uns allen empfehle ich eine Lektüre aus dem Jahre
1997. Sie heißt: „Zukunftsbericht der Freistaaten Bayern
und Sachsen“. Dieser wurde damals von Edmund
Stoiber und Kurt Biedenkopf feierlich präsentiert.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Gute Leute!)

Wer ihn lesen will, muss allerdings findig sein, denn das
großartige Dokument wurde offenbar von allen Websei-
ten der CDU und der CSU entfernt. Die zentrale Bot-
schaft des CDU/CSU-Dokuments hieß: Der Standort
Deutschland kann modernisiert werden, vorausgesetzt,
der Sozialstaat wird abgebaut und man nimmt in Kauf,
dass ein Drittel der Bevölkerung systematisch verarmt.
Die PDS hat eine bessere Alternative. Sie heißt „Agenda
sozial“. Diese ist problemlos auf all unseren Webseiten
zu finden. So viel zum Werbeblock.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Nun zurück zum so genannten CDU/CSU-Zukunfts-
bericht. Inzwischen wurden bzw. werden 75 Prozent al-
ler Vorschläge daraus umgesetzt, allerdings durch die
Agenda 2010 der rot-grünen Koalition. Nun mahnt die
CDU/CSU das letzte Viertel dieses Zukunftsberichts an.
Das ist der Kern der Debatte, die wir hier führen.

Die PDS im Bundestag hat die Agenda 2010 des
Kanzlers abgelehnt und wir lehnen selbstverständlich
auch die Verschärfungen ab, die von der CDU/CSU hier
gefordert werden.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Dirk Niebel [FDP]: Die werden k A L u m D n S K s m s S G l w S a W A i d d – n C n n t B k m n n (C (D doch hier gar nicht gefordert! Das sind Parteitagsbeschlüsse! Sie fassen doch auch Parteitagsbeschlüsse!)


Sie sind übrigens auch ökonomisch Unsinn. Sie be-
lagen ja immer wieder die hohen Lohnnebenkosten.
uf dem Weltmarkt fragt niemand nach den hohen
ohnnebenkosten. Dort sind niedrige Lohnstückkosten
nd hohe Qualität gefragt. Deutschland ist Exportwelt-
eister.
Sie beklagen immer wieder den kriselnden Markt.
en Markt an sich gibt es aber nicht. Der deutsche Bin-
enmarkt ist krank und er bekommt Schüttelfrost, wenn
ie die Löhne noch mehr kürzen und die allgemeine
aufkraft noch weiter beschneiden.
Der Sozialdemokratie wurde zuweilen vorgeworfen,

ie sei eine willfährige Krankenschwester des Kapitalis-
us. Dazu kann ich nur sagen: Die CDU/CSU ist
chlimmer, denn sie leistet dem Sozialstaat vorsätzlich
terbehilfe.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Dirk Niebel [FDP]: Rotfront!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512914900

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Wolfgang
rotthaus.

Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1512915000

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kol-

eginnen und Kollegen! Eigentlich ist es ja nichts Neues,
as in dem CDU-Papier steht.


(Dirk Niebel [FDP]: Warum dann die Aufregung?)


ie haben Ihre Vorschläge des Öfteren propagiert und sie
uch schon einmal in einem Antrag in den Ausschuss für
irtschaft und Arbeit eingebracht.


(Dirk Niebel [FDP]: Was ist dann aktuell an dieser Stunde? Warum machen wir das dann?)


ber seit einigen Monaten liegen Sie damit sehr zurück,
nsbesondere wahrscheinlich wegen der Wahlen, die in
en letzten Wochen anstanden.
Es ist auch in der Öffentlichkeit so bekannt gewor-

en:

(Dr. Reinhard Göhner [CDU/CSU]: Es ist also keineswegs neu, wie Ihre Vorredner das behauptet haben!)


Herr Kollege Göhner, zu Ihnen komme ich gleich
och. – „Bild-T.Online“ titelte gestern: Jetzt holt die
DU den Sozialhammer raus. „Bild-T.Online“ ist wohl
achweislich eine Zeitung, die den Sozialdemokraten
icht sehr nahe steht und sie nicht verwöhnt. Wenn sie so
itelt – ich kann die Menschen nur bitten, sich an den
ildschirmen durchzulesen, was da geschrieben steht –,
ann man sich ausmalen, dass das mit dem Sozialham-
er tatsächlich stimmt. Diese Formulierung trifft es ge-
au; denn Mitbestimmung, Tarifautonomie und Arbeit-
ehmerrechte stehen bei den Überlegungen der CDU






(A) )



(B) )


Wolfgang Grotthaus

nicht nur auf dem Prüfstand, sie sollen vielmehr platt ge-
macht werden.


(Dirk Niebel [FDP]: Welche Arbeitnehmerrechte haben eigentlich die Arbeitslosen?)


– Herr Niebel, zu Ihren Zwischenbemerkungen will ich
einmal ein Wort sagen: Der Inhalt Ihrer Zwischenbemer-
kungen ist direkt proportional zu Ihrem Intellekt. Da-
rüber sollten Sie vielleicht einmal nachdenken.


(Beifall der Abg. Erika Lotz [SPD] – Dirk Niebel [FDP]: Das heißt, dass es sehr gute Zwischenrufe sind!)


Mit diesem Frontalangriff auf das Tarifsystem werden
über weniger Kündigungsschutz, eine höhere Wochenar-
beitszeit, die Unterstützung von Lohndumping durch die
Schaffung eines Niedriglohnbereiches, die Schaffung
des Anspruchs auf Teilzeitjobs und die Verlängerung der
Probezeit in eklatanter Weise Arbeitnehmerrechte sowie
die Rechte der Tarifvertragsparteien infrage gestellt. Der
Einzige in dieser Republik – außer Ihrer Fraktion natür-
lich –, der darüber jubelt, ist Herr Rogowski. Das ist für
mich nicht erstaunlich; aber ich frage mich: Wo sind die
Stimmen von Rüttgers, Milbradt und Arentz? Arentz
wurde gestern noch dazu befragt und hat gesagt, er wolle
zurzeit nichts sagen, weil er sich in die Diskussion ein-
bringe. Aber ich werde Arentz gleich noch zitieren.

Ich bin einmal gespannt, wie die beiden gerade ge-
nannten Kollegen im Landtagswahlkampf in Nordrhein-
Westfalen argumentieren werden. Ich kann Sie nur bit-
ten, nein auffordern, die Diskussion tatsächlich weiter
voranzutreiben und Ihren Leitantrag unter dem Begriff
„Düsseldorfer Beschlüsse“ noch vor dem Landtagswahl-
kampf zu verabschieden. Das ist eine herzliche Bitte.

Ich erinnere daran, dass die Beiträge zur Arbeitslo-
senversicherung gesenkt werden sollen. Das hört sich
unheimlich gut an; aber gleichzeitig – das ist hier deut-
lich gemacht worden – erfolgt eine völlige Verabschie-
dung aus der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Das sagen Sie
nicht; denn Sie verstecken sich lieber hinter so flachen
Sprüchen wie „Besser einen Job ohne Kündigungsschutz
als arbeitslos mit Kündigungsschutz“.


(Dirk Niebel [FDP]: Stimmt ja!)

Die Kollegen aus meiner Fraktion haben schon deut-

lich gemacht, welche Dinge wir im Bereich des Kündi-
gungsschutzes angegangen sind. Ich fühle mich aller-
dings sehr betroffen, wenn der Kollege Laumann nicht
das erwähnt, was im Bundesrat von Ihrer Fraktion noch
verschärft worden ist. Der Kollegin Wöhrl möchte ich
auf den Weg geben: Alles das, was Sie gesagt haben,
habe ich als Arbeitnehmer in dem Babcock-Konzern, der
aufgrund unternehmerischer Fehler platt gemacht wor-
den ist, mitbekommen, nämlich mehr Überstunden,
mehr Engagement und Verzicht auf Arbeitnehmerrechte.
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben auf Ur-
laubsgeld und Weihnachtsgeld verzichtet und unbezahlte
Mehrarbeit geleistet.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Wer Arbeit sucht, braucht keinen Kündigungsschutz, sondern Arbeit!)


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(C (D er Mensch, der dieses Unternehmen vor die Wand geahren hat, ist mit einer hohen Abfindung weggegangen. ie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchten gar icht auf den Kündigungsschutz zu verzichten. Sie hatn nämlich keinen, weil die Firma in die Insolvenz geangen ist. 20 000 Arbeitsplätze in dieser Republik waen platt gemacht. arüber sollten Sie einmal mit den Menschen in den Beieben diskutieren. Ich mache Ihnen einen Vorschlag, rau Wöhrl: Sie haben einen Unternehmer im Haus. Disutieren Sie dies einmal mit den Menschen, die in seiem Unternehmen beschäftigt sind. Es gilt, sich einmal sachkundig zu machen; denn es ist chlicht dummes Zeug, wenn gesagt wird, Neueinstelngen würden dann erfolgen, wenn der Kündigungschutz zurückgefahren würde. (Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Da merkt man, dass Sie von der Realität keine Ahnung haben!)


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


Ich weiß, dass Sie so denken, Frau Kollegin
öhrl. – Das bestätigt auch Ihr Kollege Arentz, der nach

hrer Auffassung ebenfalls von der Realität keine Ah-
ung haben dürfte.


(Dirk Niebel [FDP]: Das stimmt! Er ist bei der CDA!)


ch zitiere die „WAZ“ vom 28. September 2004:
Arentz hatte den Kündigungsschutz als „Königs-
recht der Arbeitnehmer“ bezeichnet. Wer daran die
Axt anlege, schaffe keine zusätzlichen Arbeits-
plätze, sondern zusätzliche Angst vor Arbeitslosig-
keit.


(Klaus Brandner [SPD]: Recht hat er!)

Arentz verwies auf die von der Regierungskoalition
geschaffenen Möglichkeiten, über 52-Jährige auf
Dauer befristet einzustellen. Dies habe jedoch kei-
neswegs dazu geführt, dass Unternehmen bevorzugt
Bewerber dieser Altersgruppe einstellten.

Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, Sie
ollten sich einmal mit dem Kollegen Arentz unterhal-
n. Er ist näher an den Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
ehmern in den Betrieben als Sie.


(Klaus Brandner [SPD]: Nur zu sagen hat er leider nichts!)


Ich sage sehr deutlich: Ich glaube nicht, dass es allein
m die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
er geht. Es geht auch um die Möglichkeiten und um
en Einfluss einer bestimmten Tarifpartei, nämlich des
GB und seiner Gewerkschaften.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512915100

Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1512915200

Ich komme zum Schluss.






(A) )



(B) )


Wolfgang Grotthaus

Dies ist deutlich geworden, als Ihr stellvertretender

Fraktionsvorsitzender, Herr Merz, in diesem Haus ge-
sagt hat: Wohin kämen wir denn, wenn wir die Frösche
fragen würden, ob wir den Sumpf austrocknen dürfen?
Herr Kollege Göhner, Sie als Hauptgeschäftsführer der
BDA sind nicht nur einer dieser Frösche. Sie formulie-
ren sogar noch die entsprechenden Anträge mit.

Der Leitantrag, den Sie auf Ihrem Parteitag einbrin-
gen, trägt die Überschrift „Wachstum, Arbeit und Wohl-
stand“. Es müsste aber heißen: „Sozialabbau, Aushebe-
lung der Tarifautonomie und Zukunft verfrühstücken“.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Ein schlimmes Weltbild!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512915300

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Franz Xaver

Romer.

(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Jetzt bin ich aber gespannt!)



Franz Romer (CDU):
Rede ID: ID1512915400

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine

Herren! So wie vormals Arbeitnehmer- und Sozialrechte
zum Schutz der Arbeitnehmer eingeführt wurden, hat
sich dieser Schutz unter den heutigen Bedingungen
manchmal ins Gegenteil verkehrt.


(Widerspruch bei der SPD)

Wenn wir heute die Arbeitnehmer schützen wollen, müs-
sen wir uns von starren Regelungen verabschieden und
alles auf den Prüfstand stellen, was die Schaffung von
Arbeitsplätzen oder Neueinstellungen verhindert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Auch der Kündigungsschutz darf nicht unantastbar

sein wie eine heilige Kuh.

(Erika Lotz [SPD]: Eijeijei!)


Dies sage ich als jemand, der von der Arbeitnehmerseite
kommt, sie gut kennt und sich ihr verpflichtet fühlt. Wo
ist denn der Kündigungsschutz bei befristeten Verträgen,
Leiharbeitern, Ich-AGs und den 40 000 Insolvenzen?


(Ludwig Stiegler [SPD]: Bei befristeten Verträgen gibt es einen Kündigungsschutz!)


Vom Kündigungsschutz profitieren nur diejenigen, die
einen Arbeitsplatz haben. Geht der Betrieb Pleite, hilft
kein Kündigungsschutz mehr. Auch ist den Arbeitsu-
chenden damit nicht geholfen.

Für die über 50-Jährigen existiert schon jetzt kaum
Schutz vor Kündigungen. Dies wurde von Ihrer Regie-
rung beschlossen. Untersuchungen belegen, dass Be-
triebe, vor allem im Handwerk, wegen der starren Kün-
digungsschutzregeln auf Neueinstellungen verzichten.
Dies darf so nicht sein. Der Kündigungsschutz soll den
Arbeitnehmer vor willkürlicher Kündigung schützen.
Dies wird auch weiterhin so bleiben. Bestehende Ar-
beitsverträge will niemand ändern.

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(C (D Wie sieht die Wirklichkeit heute aus? Welcher Arbeiteber würde bei guter Auftragslage seine Fachkräfte einach entlassen? Dies wäre doch absurd. nternehmer und Handwerk kämpfen in diesen Tagen emeinsam mit ihren Arbeitskräften um ihre Existenz. abei gehen sie oft unter Einsatz ihres Privatvermögens in hohes Risiko ein und denken nicht zuletzt an die Siherung der Arbeitsplätze. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)


Entlassungen haben heute weniger mit Willkür als mit
nvermeidbarkeit zu tun. Deshalb müssen die Rahmen-
edingungen geändert werden. Die CDU fordert die Be-
eitigung von Einstellungshemmnissen; denn gerade
leine Firmen müssen flexibel auf die Auftragslage re-
gieren können. Es sollte auch die Möglichkeit gegeben
erden, dass die Vertragsparteien bei Neueinstellungen
rivate Vereinbarungen im Hinblick auf eine Kündigung
reffen können. Wir wollen mehr betriebliche Bündnisse.
er Staat muss nicht immer per Gesetz auch das kleinste
etail regeln. Es würde ausreichen, den richtigen Rah-
en zur Verfügung zu stellen. Dies fällt der Bundes-
egierung in ihrer Regelungswut aber sichtlich schwer.
Auch die Tarifpartner müssen umdenken. Die Ge-
erkschaften dürfen sich nicht nur für die Arbeitnehmer
erantwortlich fühlen und dabei die Arbeitslosen unbe-
ücksichtigt lassen. Forderungen nach kürzeren Arbeits-
eiten und Beharren auf unflexiblen Kündigungsschutz-
egeln passen nicht mehr in diese Zeit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

as wir brauchen, ist eine Entbürokratisierung, eine
ntrümpelung des Arbeitsmarktes, Vertrauen und die
ereitschaft, wieder in Arbeitsplätze zu investieren. Dies
st der beste Kündigungsschutz für alle.
Was die Damen und Herren von der Regierung in der

ergangenheit gemacht haben, ist eine Verunsicherung
nserer Gesellschaft. Im Zuge dessen wurden Arbeits-
lätze ins Ausland verlagert oder nicht mehr ersetzt und
ernichtet. Wir haben die niedrigste Beschäftigungs-
uote und die höchsten Arbeitslosenzahlen.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Nein! Die hatten wir unter Kohl!)


a muss es doch erlaubt sein, sich Gedanken über not-
endige Veränderungen zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


enen, die draußen stehen, muss wieder die Tür geöffnet
erden, um ins Erwerbsleben zurückzukehren.
Zu Recht wird immer wieder hervorgehoben: Sozial

st, was Arbeitsplätze schafft, auch wenn dieser Prozess
anchmal wehtut. Regierungen anderer Länder haben es
ns mit großem Erfolg mutig vorgemacht.
Die viel diskutierten Hartz-Gesetze bringen uns kei-

en einzigen Arbeitsplatz.






(A) )



(B) )


Franz Romer


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum waren Sie dann dafür? Warum haben Sie dann zugestimmt?)


Es könnten aber in Deutschland viele Arbeitsplätze ge-
schaffen werden. Ich nenne hier nur die Bereiche Dienst-
leistung, Umwelt und Forschung. Dort gibt es viel zu er-
ledigen. Packen wir es an, statt es weiter zu behindern!
Wir müssen es wirklich wollen und auch unpopuläre
Entscheidungen treffen. Alle sind jetzt gefordert: Politik,
Arbeitgeber, Gewerkschaften und Arbeitnehmer.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512915500

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hans-Werner

Bertl.


Hans-Werner Bertl (SPD):
Rede ID: ID1512915600

Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen!

Sie haben Recht: Man muss sich Gedanken machen. Ich
finde nur, die Union sollte zu ihren Gedanken stehen.
Wir haben eines erlebt: Sie haben die Menschen in den
letzten Wochen fürchterlich getäuscht. Ihr Programm
kommt jetzt wie eine Geheimakte,


(Widerspruch von der CDU/CSU)

fast wie „Merkel I“, aus der Versenkung. Wenige Tage
nach der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen trauen
Sie sich, die Menschen darüber zu informieren, wohin
Sie wollen.


(Dirk Niebel [FDP]: Ich glaube, der Informationsfluss in der SPD-Fraktion ist nicht gut!)


Ich finde es sehr spannend, wie Sie in dem Vermitt-
lungsverfahren um das Vierte Gesetz für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vorgegangen sind. Er-
staunlicherweise merken die Bürgerinnen und Bürger im
Land, was dort passiert, wie Sie dort knallhart Forderun-
gen stellen und sich anschließend in die Büsche schla-
gen. Es war für mich erstaunlich, wie viele Ihrer Ober-
bürgermeisterkandidaten sich im Rahmen der
Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen genau wie Herr
Milbradt von diesem Gesetz distanziert haben. Auch der
Oppositionsführer im nordrhein-westfälischen Landtag
spielt eine ganz elende Rolle. Er verlangt eine General-
revision aller Gesetze.

Sie haben in diesen Tagen mehrere Kapitel zur Bot-
schaft vom Wachstum in einem schlanken Staat auf den
Tisch gelegt. Diese Botschaft folgt einer ganz simplen
Strategie: Weg mit der Partnerschaft zwischen Arbeitge-
ber und Arbeitnehmer! Dem Erfolgsmodell von
50 Jahren sozialer Marktwirtschaft und Wirtschaftsde-
mokratie sprechen Sie die Kündigung aus. Sie streichen
es aus Ihrem politischen Repertoire, weil es für Sie stö-
rend und überholt ist.

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(C (D Das Ganze machen Sie – es ist notwendig, hier daüber zu diskutieren –, indem Sie eine Drohkulisse von eutschland im Stillstand oder Rückschritt inszenieren. hre Botschaft ist, dass Deutschland der Ort der Resignaion, der Ort des Elends und des Bedeutungsverlustes ist. ie merken nicht – ich finde, Sie müssten es merken; enn einen Teil der Quittung haben Sie in den letzten Taen bekommen –, dass Ihnen die Bürgerinnen und Bürer das nicht mehr abnehmen. Denn die Wirklichkeit ist ine andere. Ihr Weg wird nicht mehr nachvollzogen, eil die Menschen nicht so weit weg von den Diskussioen und Realitäten sind. Unser Weg, das Sozialsystem zukunftssicher zu ma hen, ist von Ihnen nicht mitgegangen worden. Dies geört sich eigentlich, wenn man entsprechende Bechlüsse gefasst hat. Ihre Haltung, in den nicht ffentlichen Sitzungen des Vermittlungsausschusses assive Einschnitte zu verlangen, ist deutlich geworden. hre Strategie, vor den Wahlen Ihre Vorstellungen tief zu ergraben und dann, wenn man glaubt, genügend Zeit zu aben, mit diesen langsam herauszukommen, wird nicht ufgehen. Auch Ihre Botschaft, die Sie den Menschen geben ollen, dass nämlich alles besser wird, wenn wir all das ur Seite legen und infrage stellen, was in den letzten 0 Jahren sozialpartnerschaftlich in der sozialen Marktirtschaft errungen wurde, wird nicht zum Erfolg fühen. Ich nenne als Stichworte den Jugendschutz, die ochschulen, das Hochschulrahmengesetz und Studienebühren. Sie blenden völlig aus, welche Erfolge wir mit er Reform des BAföG hatten. Sie stellen ohne jede Disussion die Autonomie der Tarifparteien im Tarifsystem öllig infrage. Arbeitsrechtliche Bestimmungen sollen egfallen und Lohnstrukturen neu geordnet werden. Areitsrecht, arbeitsrechtliche Verordnungen, Mitbestimung – Sie machen viele vage, verklausulierte Andeuungen. Einen Punkt möchte ich besonders ansprechen, weil r mir sehr aufgefallen ist: die logischen Brüche und äuschungen in Ihrem Papier. Ich habe es vor mir lieen; es lohnt sich, dies genau zu lesen. (Klaus Brandner [SPD]: Es ist besser, wenn es liegen bleibt!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


arin fordern Sie im Zusammenhang mit Familienpoli-
ik – es ist eben schon angesprochen worden – familien-
erechte Jobs und nicht die jobgerechte Familie. Das ist
m Rahmen Ihrer politischen Philosophie – der Schutz
er Familie – eine wichtige Aussage. Wo aber bleibt Ihre
osition in der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik?
ie Frage lautet: Wollen wir jobgerechte Arbeitnehmer?
st das die Hauptforderung, deren Umsetzung nur dann
öglich ist, wenn wir 50 Jahre Sozialpartnerschaft über
en Haufen werfen? Das kann doch nicht Ihre Antwort
uf die Herausforderungen, vor denen unser Land im
oment steht, sein.
Es ist meines Erachtens völlig in Ordnung, dass Sie

ier ein Programm vorlegen, über das Sie diskutieren
ollen. Ich finde aber, dass Sie dieses Programm dann






(A) )



(B) )


Hans-Werner Bertl

auch tatsächlich so nach außen tragen sollten, dass die
Menschen in unserem Land es wahrnehmen können. Sie
sollten die Diskussion darüber ermöglichen. Diese haben
wir heute durch die Aktuelle Stunde möglich gemacht.
Wir werden das weitermachen. Wenn Sie die Diskussion
im Lande nicht führen, dann werden wir sie führen und
den Menschen zeigen, was Sie wollen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512915700

Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Dr. Heinz Riesenhuber, Dagmar Wöhrl, Karl-
Josef Laumann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Nachhaltige Stärkung des Mittelstands durch
Innovationsförderung
– Drucksachen 15/1782, 15/3457 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Widerspruch höre
ich nicht. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Heinz Riesenhuber.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1512915800

Frau Präsidentin! Meine lieben Kollegen! Vor fast ei-

nem Jahr haben wir diese Große Anfrage gestellt. Neun
Monate haben wir auf die Antwort gewartet. Wir sind
glücklich, diese jetzt zu haben. In neun Monaten entsteht
ein ganzer Mensch. In diesem Zeitraum kann man auch
eine gute Antwort zusammenbasteln. Heraus kam eine
große Anzahl von Aussagen von fleißigen und tüchtigen
Beamten. Diese werden wir jetzt mit Liebe betrachten.

Was wir brauchen und uns gemeinsam ansehen müs-
sen, ist, ob wir eine konsistente Strategie haben, die in
diesem Bereich hilft. Der innovative Mittelstand – so
weit sind wir uns sicher einig – ist eine der großen Stär-
ken unserer Wirtschaft. Wir haben in Deutschland
200 000 Unternehmen, die jährlich neue Produkte oder
neue Verfahren auf den Markt bringen. Wir haben
35 000 Unternehmen, die kontinuierlich Forschung be-
treiben. Diese Zahl ist innerhalb eines Jahrzehnts, vom
Ende der 70er-Jahre bis zum Ende der 80er-Jahre, um
mehr als 25 000 gestiegen. Das ist ein enormer Sprung.
Der forschende Mittelstand gibt 5,3 Milliarden Euro für
Forschung aus.

Er ist für 75 Prozent der Patente verantwortlich. Ich
zähle sie; ich bewerte sie nicht. Ich weiß, dass man hier
Einschränkungen machen kann. Der forschende Mittel-
stand ist es, der Innovationen in der Gesellschaft weiter-
bringt. Dadurch, dass er sich immer wieder erneuert,
dass etablierte Unternehmen neue Techniken nutzen,

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(C (D ass neue Unternehmen auf der Basis von neuer Technik der von neuen Dienstleistungen, die auf neue Technik urückgehen, gegründet werden, ist er einer der dynamichen Kräfte unserer Volkswirtschaft insgesamt. Deshalb efassen wir uns heute mit ihm; er stellt für uns eine zenrale Aufgabe dar. Nun verhält es sich zweifellos so, dass nicht jede In ovation im Mittelstand der liebevollen Zuwendung der undesregierung bedarf. Wenn dies so wäre, wären wir n einer schrecklichen Lage. Vielmehr kommen viele Inovationen, bis in ganz kleine Unternehmen, von selber ustande. Wenn die Frau meines Bäckers einen Cateringervice eröffnet, wenn sich ein Klempner, ein Maler und in Installateur zusammentun, um ein Bad innerhalb von wölf Tagen komplett renovieren zu können, wenn eiige junge Leute die Homepage für eine Polsterei gestalen – dies alles ist Innovation. Der Staat kann nur dort ilfreich sein, wo der innovative Mittelstand ein Mehr an echnik zustande bringt, wo er mehr für die Volkswirtchaft erarbeitet, als es seinem betriebswirtschaftlichen rtrag entspricht. Deshalb setzen wir hier an. Wie ist die Lage? Wir haben die zahlreichen und in altsreichen Antworten der Bundesregierung auf unsere roße Anfrage zugrunde gelegt, aber auch andere Daten. um Glück sind wir nicht allein auf die Bundesregierung ngewiesen. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wollen Sie jetzt eigentlich?)


(Beifall bei der CDU/CSU)


as gilt auch für den Mittelstand; sonst wäre er in einer
och schwierigeren Lage. Wir sehen uns einigen Fakten
egenüber, die beunruhigend sind. Der erste ist: In den
etzten Jahren stagniert die Forschungskapazität.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum denn?)


ugleich ist die Förderung durch die Bundesregierung
ückläufig. Der Grad der Gründungsintensität ist rück-
äufig; im Jahr 2002 waren es im IuK-Bereich minus
0 Prozent, bei den Spitzentechnologien sogar minus
8 Prozent. Nach dem Bundesforschungsbericht ist die
ahl der Gründungen im Bereich der forschungsintensi-
en Unternehmen von 3 050 auf 2 250 zurückgegangen,
lso um 800. Diese enorme Abnahme bezieht sich auf
en Zeitraum von 1998 bis 2002.
Nun fragt man sich: Was tut die Bundesregierung?
as kann sie tun? Ich will mich jetzt nicht auf die Viel-

alt der Programme der Bundesregierung beziehen. Ich
reue mich über Dinge, die gelingen. Beim Humange-
omprojekt, bei der Informationsgesellschaft haben wir
anz vernünftige Ansätze. Wir haben auch bei den Pro-
rammen, die wir zur Mikrosystemtechnik und zur Na-
otechnologie aufgelegt haben, eine ordentliche Ent-
icklung zu verzeichnen. Aber den Sprung in die
ärkte haben wir nicht einmal im Bereich der Mikrosys-

emtechnik, mit der wir vor vielen Jahren schon begon-
en haben, geschafft, von wenigen, einzelnen Ausnah-
en abgesehen.






(A) )



(B) )


Dr. Heinz Riesenhuber

In Bezug auf die Gründung von Unternehmen ist

die Lage noch nicht vollständig befriedigend, nicht
wahr, Herr Schlauch? Wir haben, auch mit Ihren Vorgän-
gern, lange an einer klaren Besteuerung der Fonds gear-
beitet; wir haben gemeinsam dem Finanzminister an sein
hartes Herz gegriffen. Wir haben hinsichtlich der Be-
steuerung des Carried Interest Fortschritte gemacht,
wenn ich auch sagen muss, dass diese Besteuerung bei
uns nicht so gut ist wie in anderen Ländern, wo das als
Kapitalertrag und nicht als Einkommen besteuert wird.
Im Hinblick auf das, was die Kollegen von der SPD auf
ihrem Parteitag durchgesetzt haben, dass nämlich die
Wesentlichkeitsgrenze bei Beteiligungen heraufgesetzt
wird, sind wir überhaupt nicht weitergekommen; auch
daran müssen wir noch arbeiten. Der Hightech-Master-
plan weist viele reizvolle Einzelheiten auf, aber eine Ge-
samtstrategie war es nicht. Der EIF/ERP-Fonds hat zwei
Jahre vor sich hin gedümpelt, bis es so weit war, dass in
den letzten Wochen die ersten Abschlüsse getätigt wur-
den. Darüber sind wir glücklich und dafür sind wir dank-
bar.


(Beifall des Abg. Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Endlich mal was!)


In vielem, lieber Herr Kuhn, sind wir tatsächlich bei-
sammen. Ich will auch nicht die Bundesregierung in ih-
rer gesamten Schlechtigkeit hier vorführen;


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


ich will vielmehr versuchen, die Probleme aufzuzeigen,
die sie lösen will. Dazu gehört beispielsweise, dass die
Zahl der neuen Programme relativ begrenzt ist. Inno-Net
ist ein gutes und neues Programm; es ist innovativ. Aber
mit 17,5 Millionen ist es offenkundig unterfinanziert.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die Nanotechnologie?)


– Ich habe die Nanotechnologie hier gerade würdigend
und lobend erwähnt. Vor zwei Jahren habe ich sie als
Programm vorgeschlagen. Ich bin sicher, dass Sie da-
mals auch so weit gedacht haben. Aber leider dauert al-
les so lange. Innovation lebt davon, dass man schneller
als die Konkurrenz ist. Aber nach dem Bericht der For-
schungsministerin über die technologische Wettbe-
werbsfähigkeit sind wir langsamer als unsere Konkur-
renten. Das ist unser Problem.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt
ziemlich wenig neue Programme. Viele Programme mit
neuen Titeln sind im Grunde genommen Fortschreibun-
gen alter Programme: Pro Inno ist eine Fortschreibung
des Programms „Forschungskooperation“, BTU wird
jetzt als BTU-Startfonds aufgelegt und soll, wie ich höre,
im November endlich tatsächlich herauskommen. Das
ist eine Fortschreibung von TOU usw. EXIST Transfer
ist aus EXIST fortgeschrieben, Bio-Profile aus Bio-Re-
gio.

Die Frage, ob der Regierung etwas Neues einfällt, ist
nicht ganz irrelevant. Wenn der Staat auf dem Weg in die
Wissensgesellschaft einen Beitrag leisten soll, dann

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(C (D üssen wir manchmal auch unübersehbare Signale auftellen. Sie haben die indirekt-spezifischen Programme bgeschafft. Bei ihnen ging es nicht darum – das ist ein rundsätzliches Missverständnis –, dass man an irgendelche Leute Geld transferiert. Nach Ihrer Auffassung st Pro Inno der Ersatz für diese Vorgängerprogramme. as ist aber von ganz anderer Art. Es geht hier darum, ignale aufzustellen, wie wir es früher bei Total Quality anagement, bei CADCAM-Techniken, bei der Mikrolektronik und bei der Biotechnologie getan haben. Hier eicht es nicht aus, nur in einzelnen Bereichen etwas zu un. Auch dürfen die Programme nicht ständig weiteraufen; sie müssen enden. Die Menschen müssen wissen, ass sie sich beeilen müssen und nicht immer etwas beommen. Sie haben die vom BDI vorgeschlagene Forschungs rämie – ich halte sie für einen interessanten Vorschlag, m die Forschung als Thema überhaupt wieder ins Licht u rücken – bis jetzt meines Wissens noch nicht einmal iskutiert. Heute leuchtet die Innovationskraft der Innoationsministerien relativ schwach. Die Frage, wie weit echnik strahlt, ist auch eine Frage der Darstellung. enn man heute an Technik denkt, denkt man eher an aftflaschen und Blechdosen; man denkt mehr an Herrn rittin als an Frau Bulmahn. Das ist suboptimal. (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


as ist nicht der Geist, aus dem heraus wir in Deutsch-
and Zukunft gewinnen können. – Ich sehe bei der Koali-
ion herzliche Zustimmung. Ich freue mich, dass wir uns
uch hierin einig sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Strahlkraft der neuen Techniken wird nicht von

er Bundesregierung entfaltet. Es reicht nicht aus, dass
ie ein „Jahr der Innovation“ ausrufen. Das „Jahr der
nnovation“ kann man nicht als Überschrift setzen, um
ann zu warten, dass von irgendjemandem ein Inhalt
ommt. Nach meiner Kenntnis ist bis jetzt, sieht man
on Geschäftsstellen, Räten, Kommissionen und Konfe-
enzen ab, auf diesem Gebiet noch nichts Inhaltliches
assiert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

enn die Bundesregierung führen will, muss sie sich
berlegen, was sie will. Dann muss sie damit heraus-
ommen und es durchsetzen. Sie sollte aber nicht das
eutsche Volk mit ingeniösen Kommissionen befassen
nd hoffen, dass von dort die Erleuchtung kommt, derer
ie selbst ermangelt. Das ist zu wenig.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Weshalb blockieren Sie dann die Spitzenuniversitäten?)


Hier geht es um die Frage, wie man die Forschungs-
olitik anlegt. Hier gibt es zum Teil eine hervorragende
ottom-up-Entwicklung. Unsere Beamten sind großar-
ig. Sie haben sich auch nicht dadurch geändert, dass es






(A) )



(B) )


Dr. Heinz Riesenhuber

eine andere Regierung gibt. Sie müssen eher noch besser
sein, um die Defizite dieser Regierung auszugleichen.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Aber wir brauchen hier ein Konzept von oben: eine

Vision des Weges in die Wissensgesellschaft, die dann in
die einzelnen Bereiche heruntergebrochen wird.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ihr blockiert doch!)


Dazu gehört zum einen, dass sich die Bundesregierung
entschließt, ein einziges Gesicht für die Forschung vor-
zuzeigen. Liebe Frau Reiche, Sie haben davon gespro-
chen, dass wir ein Innovationsministerium bräuchten.
Das löste noch nicht alle Probleme; aber es vermiede
völlig verquere Managementfehler. Innerhalb des Bun-
desministeriums für Wirtschaft und Arbeit werden alle
Themen von Hartz bis zu Energie und Telekommunika-
tion behandelt. Dass der Wirtschaftsminister als For-
schungspolitiker das deutsche Volk mit Leidenschaft in
die Zukunft führt, haben wir noch nicht deutlich erken-
nen können. Er hat halt zu viel zu tun. Die Forschungs-
ministerin hat so viele Probleme mit der Bildung – das
reicht von IGLU bis PISA und wie diese Gespenster alle
heißen –, dass sie als Verantwortliche für Forschung
überhaupt nicht auftaucht.

Wenn wir dies alles zu einer einzigen, in sich stimmi-
gen Forschungsstrategie zusammenbringen, dann haben
wir eine Lösung des Problems.

Zum anderen gehört dazu das Geld. – Geben Sie mir
noch eine halbe Minute, Frau Präsidentin.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512915900

Sie wissen, wie ungern ich gerade Sie unterbreche.


Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1512916000

Der Kollege Ernst Hinsken schenkt mir eine Minute.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512916100

Das ist wunderbar; darüber freuen wir uns alle.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist auch Innovation!)



Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1512916200

Vielen Dank; das ist noble Freundschaft.
Freunde, lasst mich noch ein Wort zum Geld sagen.

Die Haushaltsansätze liegen weit unterhalb dessen, was
man uns erzählt hat. Wenn man von Gesamtschulen bis
Bildung alles weglässt, was eben nicht Forschung ist, so
sind die Forschungsmittel im Gesamthaushalt des Bun-
des nur geringfügig gestiegen, und zwar von
8,15 Milliarden Euro im Jahr 1998 auf 8,88 Milliarden
Euro im Soll 2004. Über die gesamte Regierungszeit be-
deutet dies einen Zuwachs von 9 Prozent. Wenn Sie es
auf die einzelnen Ressorts herunterbrechen, dann wird es
nicht besser. Ich könnte Ihnen die Zahlen hier vortragen.

Ich möchte jetzt nicht über die Eigenheimzulage re-
den; darüber haben wir heute früh diskutiert.

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(C (D (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das verstehen wir!)


ch rede auch nicht über die Steinkohle. Nur so viel:
an sollte einmal überprüfen, was die höheren Energie-
reise für den Subventionsbedarf bei der Steinkohle be-
euten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ch rede auch nicht über die Windenergie. Es ist eine
roteske Situation, dass wir im nächsten Jahr mehr Geld
ür die Windenergie als für die Steinkohle ausgeben.
enn wir die 2,5 Milliarden Euro für die Forschung hät-

en, dann hätten wir eine andere Welt.
Vielmehr rede ich davon, dass man mit sanftmütiger
escheidenheit und liebevoller Geduld mit seinen Haus-
ältern spricht und Euro für Euro das Geld zusammen-
ucht, so wie es unsere Kollegen getan haben. Um
00 Millionen Euro, die von den Haushältern gedeckt
erden, wollen wir den Forschungshaushalt erhöhen.
etzt tun Sie sich zusammen, liebe Freunde von der Koa-
ition, und machen Sie das Gleiche für den Haushalt des
irtschaftsministers! Dann haben wir ein Plus von
00 Millionen Euro. Treten Sie unseren Anträge bei. Wir
erden Ihren Anträgen beitreten. So bekommen wir
ann gemeinsam ein großartiges und zukunftsfähiges
onzept.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Freunde, die Welt lebt nicht nur von den majes-

ätischen Reden und den großen Überschriften. Sie lebt
avon, dass man im eigenen Haus in Kleinarbeit die
ufgaben erledigt. Ich lade Sie ein, demütig an den klei-
en Punkten zu arbeiten. Im „Jahr der Innovation“ soll-
en Sie vor allen Dingen überlegen, wie Sie die Bundes-
egierung so innovieren, dass sie handlungsfähig und
trahlkräftig ist, damit sie unser Land in eine Zukunft
ührt, die von Technik begeistert ist und verantwortlich
it ihr umgeht, damit sie den Mittelstand mitreißt und
ie Leute nicht in einer permanenten Depression hängen
ässt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512916300

Das Wort hat jetzt der Parlamentarische Staatssekretär
lrich Kasparick.
Ul
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1512916400

Frau Präsidentin! Sehr verehrter Herr Kollege
iesenhuber, auf diesen Moment habe ich mich schon
ängere Zeit gefreut.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Sie auch?)

ch genieße es immer „mit wohlwollendem Herzen“, wie
ie sagen würden, wenn Sie hier vortragen.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Demütigen Herzens!)


eute habe ich allerdings vermisst, dass Sie sich auf den
eg gemacht haben.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Ulrich Kasparick


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist das In novative!)

Üblicherweise laufen Sie hinter dem Rednerpult herum;
das habe ich vermisst. Es war für mich ein Ausdruck da-
für, dass Sie tatsächlich in einem bestimmten Verständ-
nis von Politik stehen geblieben sind.

Die Welt hat sich seit den Zeiten, in denen Sie Verant-
wortung trugen, erheblich verändert. Ich achte Ihre Leis-
tungen für die Technologiepolitik in diesem Land sehr,
aber das, was wir seitdem an Globalisierungstendenzen
wahrnehmen, der damit verbundene enorme internatio-
nale Druck, unter dem insbesondere der hoch innovative
Mittelstand in Deutschland steht, ist ein völlig neues
Phänomen. Darüber haben Sie gar nicht gesprochen.
Vielmehr haben Sie eine Auffassung von Technologie
vertreten, die in den Zeiten, in denen Sie Verantwortung
hatten, angemessen und ordentlich war.

Ich darf allerdings eines noch hinzufügen: Sie wissen,
ich bin neu in der Funktion im Ministerium.


(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Das merkt man auch!)


Da ist es gut, sich darüber zu informieren, welche Situa-
tion wir vorfanden, als wir 1998 in die Verantwortung
kamen. Sie haben eben davon gesprochen, Sie vermiss-
ten eine Vision für Technologie- und Innovationspolitik.
Ich erinnere Sie mit einem kleinen Augenzwinkern an
den schönen Satz des Altkanzlers: „Wer Visionen hat,
sollte mal zum Doktor gehen.“


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Von welchem Altkanzler, bitte?)


– Von unserem! Helmut Schmidt hat eine Menge von In-
novationen verstanden.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das war aber vor 1982!)


So einfach, wie Sie versuchen, eine nationale Techno-
logie zu backen, ist die Welt nicht mehr, weil wir im Rah-
men internationaler Verflechtungen agieren müssen. Wir
waren es, die die AiF antragsberechtigt für europäische
Mittel gemacht haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir waren es, die den Mittelständlern entsprechende Zu-
gangsmöglichkeiten verschafft haben.


(René Röspel [SPD]: Bravo!)

Deshalb habe ich es sehr vermisst, dass Sie in Ihrer

von mir mit warmem Herzen verfolgten Rede nichts
dazu gesagt haben. Was bedeutet es denn für den innova-
tiven Mittelstand, sich in einer solchen Wirtschaft zu ori-
entieren? Es gibt in Deutschland Standorte, an denen
man sich mit diesen Prozessen sehr intensiv beschäftigen
kann. Dazu lade ich Sie herzlich ein. Man kann das in
Jena studieren – im Rahmen des Fachbereichs „Optische
Technologien“ –; man kann es auch in Dresden studie-
ren. Dort gehen wir, gemeinsam mit der Fraunhofer-Ge-
sellschaft und Infineon, völlig neue Wege: Wir bauen
eine Technologieplattform auf, die es uns erlauben wird,

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(C (D en Standort Dresden zur Nummer eins in Europa zu ntwickeln. Das ist mittelstandsfördernde Innovationsolitik! Die kann man dort gewissermaßen besichtigen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen iesenhuber? Ul Ich freue mich immer auf eine Auseinandersetzung it ihm. Ich will jetzt nicht über die großartige Entwicklung in ena oder Dresden sprechen, Ul Warum nicht? weil diese Entwicklung schon zu meiner Zeit begon en hat, erst Recht aber unter meinen Nachfolgern. Das st der Grund, weshalb sie so erfolgreich war. Auch hier aben Sie nur das fortgeschrieben, was schon da war. Sie sprechen hier voller Begeisterung von der AiF nd ihrem Glanze. Könnten Sie mir erläutern, wie es angesichts dieser erzlichen Liebe zur AiF, von der Sie sprechen, dazu ommen kann, dass die Mittelzuweisungen seit 1998 bei er AiF kaum gestiegen sind, dass aus dem Soll des letzen Jahres von 97 Millionen Euro nur 90 Millionen Euro m Ist geworden sind? Jedes Jahr werden bei Ihnen Abtriche vom Soll gemacht, 100 Millionen Euro allein eim Arbeitsministerium für den innovativen Mitteltand und 730 Millionen Euro beim Forschungsministeium. In dieser Situation klingen die großartigen internaionalen Visionen, die Sie uns vortragen, relativ usredenhaft. Würden Sie mir erläutern, wie Sie diese mstände in Ihr Weltbild einordnen? Ul Das erläutere ich Ihnen sehr gerne, verehrter Herr Pro essor Riesenhuber; denn Ihre Frage zeigt genau meinen auptkritikpunkt: Sie argumentieren wieder national. ir sagen: Wir haben die AiF für europäische Mittel an ragsberechtigt gemacht und erschließen völlig neue Fianzierungsquellen für sie. Darin unterscheidet sich uner Politikansatz. Wir müssen insbesondere den hoch nnovativen Mittelstand, der sehr exportabhängig ist, auf ie internationalen Märkte bringen. Der Unterschied zwichen unseren Ansätzen ist, dass wir weg von der natioalen und hin zu einer europäischen Perspektive wollen. Wenn Sie gestatten, mache ich noch ein paar Bemer ungen zum Thema Geld: Erstens. Wir haben eine Situaion vorgefunden, in der die Ausgaben gesunken sind. Parl. Staatssekretär Ulrich Kasparick Der Bereich Forschung war ein Steinbruch. Seit 1998 ist im Gesamthaushalt für Bildung und Forschung, der gemeinsam verantwortet wird, ein Aufwuchs von 36 Prozent zu verzeichnen. (Dr. Heinz Riesenhuber [CDU/CSU]: Bei der Forschung?)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512916500
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1512916600
Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1512916700
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1512916800
Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1512916900
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1512917000




(A) )


(B) )


Ich weiß, dass Sie aus dem Technologiebereich kom-
men.


(Dr. Heinz Riesenhuber [CDU/CSU]: Nein, wir sprechen heute über Forschung!)


Aber heute werden Bildung und Forschung von einem
Haus verantwortet, verehrter Herr Professor Riesenhuber.


(Dr. Heinz Riesenhuber [CDU/CSU]: Richtig!)


Zu diesem Aufwuchs von 36 Prozent kam es nicht
ohne Grund. Denn wenn man über Technologie redet,
muss man auch schauen, was am Beginn der Entwick-
lungskette steht. Selbst hier engagiert sich der Bund,
weil die Länder, was alle, die etwas von Forschungsför-
derung verstehen, beklagen, an dieser Stelle sträflich
versagt haben.

Zweitens. Warum sagen Sie eigentlich nicht, dass
Herr Stoiber alle Haushalte um 5 Prozent kürzen
möchte? Das würde angesichts der Struktur des Bundes-
haushalts exorbitante Kürzungen im Forschungshaushalt
bedeuten. Wenn wir also schon offen und ehrlich mitei-
nander reden, dann gehört zur Wahrheit auch, dass unser
süddeutscher Freund, dessen Äußerungen wir alle mit
warmem Herzen verfolgen,


(Dr. Carola Reimann [SPD]: Oh nein!)

bei allen Haushaltstiteln kürzen will. Deshalb rate ich
uns allen, ein bisschen zurückhaltender zu sein und uns,
anstatt große Worte von großen Visionen zu machen, auf
die Alltagsarbeit zu konzentrieren.

Sie haben die Beamten unseres Ministeriums gelobt.
Einige von ihnen kennen Sie noch aus Ihrer Zeit als Mi-
nister. Diese Beamten lerne ich jetzt kennen. Sie erzäh-
len aus dieser Zeit gute Geschichten. Mit unserer Ant-
wort auf Ihre Große Anfrage haben wir Ihnen das
schriftlich zur Verfügung gestellt und Ihnen ins Stamm-
buch geschrieben. Wir haben uns sehr darüber gefreut,
dass Sie uns danach gefragt haben, welche Technologie-
politik diese Regierung verantwortet. Unsere Antwort
liegt Ihnen vor.

Ein letzter Satz zur Finanzierung: Wir würden gerne
noch mehr tun.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512917100

Herr Kollege Riesenhuber, ich glaube, Sie dürfen sich

setzen.

U
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1512917200


Deshalb die Bitte: Helfen Sie mit, dass die
6 Milliarden Euro frei werden, die wir dringend brau-

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(C (D hen, um in der Technologieund Innovationsförderung och besser zu werden. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512917300

Herr Kollege Riesenhuber, jetzt haben Sie die Ant-
ort der Bundesregierung fast persönlich erhalten.


(Dr. Heinz Riesenhuber [CDU/CSU]: Ich bin fasziniert, Frau Präsidentin!)


Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rainer Brüderle.

Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1512917400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Nach-

altige Stärkung des Mittelstands durch Innovationsför-
erung“ – so lautet der Titel der Anfrage von
rofessor Riesenhuber. Er hat den Titel treffend gewählt,
lug gefragt und brillant gesprochen. Etwas anderes ha-
en wir von ihm auch gar nicht erwartet.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Aber, verehrter Herr Professor Riesenhuber, was soll

ine Bundesregierung aus unternehmensskeptischen So-
ialdemokraten und fortschrittsfeindlichen Grünen da-
auf antworten?


(Beifall bei der FDP und der CDU/ CSU – Widerspruch bei der SPD)


ür eine wahrhaft nachhaltige Stärkung des Mittelstands
urch Innovationsförderung ist diese Regierung schlicht-
eg die falsche Adresse. Die Stärkung der Innovations-
ähigkeit des Mittelstands in Deutschland setzt mehr als
ie Vermehrung des technischen Wissens voraus. In den
ebatten wird eines oft vergessen: Das genialste Innova-
ionsverfahren ist ein funktionierender Wettbewerb, ein
unktionierender Markt, der gesteuert wird und in dem
ichtig gerechnet wird, wodurch neue Innovationen und
ntwicklungen möglich werden. Ich weiß, dass Ihnen
as fremd ist.
Hier ist ein entscheidender Punkt. Der deutsche Mit-

elstand ist miserabel mit Kapital ausgestattet; die Eigen-
apitalquote beträgt unter 8 Prozent. Durch Überregle-
entierungen werden schwierige Rahmenbedingungen
esetzt. Wir haben vorhin über den Arbeitsmarkt debat-
iert. Diese Überreglementierungen machen es vielen
etrieben mit guten Ideen und Entwicklungsmöglichkei-
en unmöglich, das Potenzial für Innovationen und Ver-
nderungen, das in ihnen steckt, so einzubringen, wie es
öglich wäre, wenn die Märkte anders funktionieren
ürden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Auch das gesellschaftliche Klima, in dem sich Inno-

ationsprozesse entwickeln bzw. vollziehen können und
urch das sie möglich oder nicht möglich gemacht wer-
en, spielt eine große Rolle. Es rächt sich eben, dass man
ahrelang Ängste beschrieben und Innovationsprozesse
erhindert hat. Mit viel Geld müssen jetzt die Gebiete






(A) )



(B) )


Rainer Brüderle

wieder aufgeforstet werden – mit ersten Erfolgen –, aus
denen man damals Unternehmen vertrieben hat, weil
man nicht den Mut hatte, die Weichen bei der Forschung
und Entwicklung richtig zu stellen. Als Beispiel nenne
ich das Bioregion-Programm Rhein-Main und Rhein-
Neckar.

Ich kann mich sehr gut daran erinnern, dass man in
der Stadt Ludwigshafen – der damalige sozialdemokrati-
sche Oberbürgermeister hieß Dr. Ludwig – viele Monate
benötigte, um ein Mittel gegen Diabetes auf biotechno-
logische Weise herstellen zu können. Zwei Jahre lang
haben sich die Anhörungen und Verfahren nach dem
Bundes-Immissionsschutzgesetz hingezogen. Wenn man
hier die Weichen nicht richtig stellt, hat das natürlich
Konsequenzen: Die Entwicklungen finden in anderen
Ländern und nicht hier statt.

Der nächste Punkt ist, dass die Innovationsquote bei
Grün-Rot ein Rekordtief nach dem anderen erreicht. In-
sofern muss man fast dankbar für jeden Euro sein, der
von Grün-Rot überhaupt noch irgendwo investiert wird.
Professor Riesenhuber hat das ja angesprochen. Es wird
das x-te Förderprogramm aufgelegt, um zu versuchen,
irgendetwas Innovatives anzustoßen. Sie haben tolle Na-
men dafür: Hightech-Masterplan, Pro Inno, Future 2000.
Am Erfinden von Namen liegt es also wirklich nicht.

Kernpunkt ist aber, dass Sie eine verfehlte Wirt-
schaftspolitik für den deutschen Mittelstand in schwerer
See nicht dadurch kompensieren können, dass Sie bunte
Regenschirme und Schwimmwesten in Form von diesem
oder jenem kleinen Förderprogramm ausgeben. So kann
es nicht funktionieren.

Die Gentechnik ist in Deutschland fast unmöglich
gemacht worden. Herr Clement spricht sich in einem
Akt der Verzweiflung für die Stammzellenforschung aus.
Frau Künast und ihre grünen Kollegen machen im Saar-
land und anderswo Wahlkampf mit der Forderung nach
„gentechnikfreien Bundesländern“. Ich wiederhole: gen-
technikfreie Bundesländer! In einem solchen Klima
kann nicht das entstehen, was wir dringend brauchen: In-
novationsprozesse, neue Ideen, Mittelstandsförderung
und neue Arbeitsplätze.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das können Sie auch nicht ausgleichen, indem Sie
eine „Innovationsoffensive“ – das klingt fast militärisch
bzw. planwirtschaftlich – ausrufen. Vor gut 20 Jahren ha-
ben die Grünen in ihrem ersten Parteiprogramm noch
den Computer verteufelt, heute wollen sie sich als Inter-
netpartei profilieren. Es war Joschka Fischer persönlich,
der die Insulinproduktion aus Deutschland vertrieben
hat. Die Zuckerkranken in Deutschland sind heute auf
saubere Insulinimporte aus dem Ausland angewiesen.
Ich möchte nicht in ein paar Jahren die Debatte führen,
ob wir gentechnisch hergestellte Medikamente gegen
Parkinson oder Krebs importieren dürfen. Deutschland
war einmal Apotheke der Welt. Sie aber haben hier vie-
les an potenziellen Entwicklungen gerade auch bei klei-
neren Betrieben behindert und unterdrückt.

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(C (D Innovativ ist diese Bundesregierung eigentlich nur eim Ablenken von den eigentlichen Problemen; das ist hre Stärke. Wenn wir aber Innovation, Wachstum und ohlstand fördern wollen, brauchen wir eine Rückbeinnung auf ganz andere Prinzipien. Wir müssen Enticklungen ermöglichen, die sich rechnen. Wenn sich twas in der Wirtschaft nicht rechnet, dann führt man es icht weiter. Sie können zwar einen Investor zwingen, nsinniges fortzuführen, weil er die Entwicklung nicht nterbrechen kann, aber er wird nichts Neues entwikeln. Wir müssen gerade den eigentümergeführten Betrie en, den Mittelständlern, die Möglichkeit geben, sich inzubringen. Handwerksbetriebe können zwar nicht ie große Konzerne Flugzeuge und Weltraumtechnik erstellen. Aber die Konzerne leben zum großen Teil on der Innovationskraft der Mittelständler. Die Ferigungstiefe in der Automobilindustrie beträgt heute 0 Prozent. Das heißt, 80 Prozent dessen, was VW verauft, stellt VW gar nicht her. Es sind in der Regel mitelständische Strukturen, die das an Produktivität und ffizienzgewinn hinzuführen, was die Konzerne gar icht mehr herstellen können. Sie waren klug genug, ies outgesourct zu haben. Vor zehn oder zwölf Jahren ar die deutsche Automobilindustrie gerade dabei, ihre nternationale Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Sie hat ie dadurch wiedergewonnen, dass sie ihre Fertiungstiefe dramatisch reduziert hat, um sich das Wissen, ie Fähigkeit und die Innovationskraft von Mittelständern stärker zu erschließen. Das hat zur Folge, dass wir Glückwünsche an deut che Nobelpreisträger heute in der Regel in die USA chicken müssen, weil sie dort erfolgreich wirken, woingegen sie aus Deutschland schon lange ausgewandert ind. eshalb hat Professor Riesenhuber zu Recht auf die ernpunkte hingewiesen. Dem jungen Kollegen, der eifig lernt – vielleicht wird er es eines Tages auch versteen –, kann man nur sagen: Lenken Sie Ihren Blick auch uf die Entwicklungen jenseits von Programmen! (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Diese Arroganz!)


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Leider wahr!)


Er hat es doch so dargestellt! Im Übrigen: Wenn sich
emand, der neu dabei ist, darüber wundert, dass Herr
iesenhuber nicht herumgewandert ist, und deshalb da-
auf schließt, dass er altmodisch ist, finde ich das auch
in bisschen arrogant.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512917500

Herr Kollege, denken auch Sie bitte an die ablaufende
edezeit!


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1512917600

Frau Präsidentin, ich bin bei meinem letzten Satz

ewesen. – Sie müssen ein Klima schaffen, in dem






(A) )



(B) )


Rainer Brüderle

Entwicklungen überhaupt möglich sind. Dafür müssen
Sie die Mittel bereitstellen, die Voraussetzungen schaf-
fen und die Menschen ermuntern, anstatt sich rechthabe-
risch mit dem Verweis auf Pseudo-Schwimmwesten zu
weigern, Fehler zu korrigieren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512917700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Fritz Kuhn.


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512917800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Brüderle, Ihre Innovationsfähigkeit als wirtschafts-
politischer Sprecher der FDP haben wir in jüngster Zeit
erleben können, als Sie sich wie die Klammeraffen an
die alte Handwerksordnung oder die Interessen der Ärzte
und Pharmaindustrie gehängt haben. Auf diesem Sektor
waren Sie zu keinerlei Reformen fähig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das hat doch mit Innovation nichts zu tun!)


– Selbstverständlich, Herr Hinsken. Er hat ein Beispiel
nach dem anderen gebracht und in diese Richtung argu-
mentiert. Zur Innovationsfähigkeit gehört auch eine ge-
wisse Beweglichkeit. In der Marktwirtschaft muss man
nicht mehr zeitgemäße Subventionen und wettbewerbs-
verzerrende Mechanismen bekämpfen. Das haben Sie
nicht getan. Damit haben Sie sich deutlich diskreditiert.

Ihre Story von der Gentechnik und von den Grünen,
die Sie hier erzählen, ist doch abstrus.


(Rainer Brüderle [FDP]: Sie ist leider wahr!)

Ich will das einmal klarstellen: Deutschland ist – das un-
terstützen wir – ein hervorragender Gentechnikstandort.
Das gilt insbesondere für die Rote Gentechnik, aber auch
für die Weiße Gentechnik, die für den Umweltschutz re-
levant ist. Ich nenne nur die Standorte südlich von Mün-
chen, Heidelberg und Berlin/Brandenburg, die Sie auch
kennen.


(Zuruf der Abg. Katherina Reiche [CDU/CSU])


– Dass gerade in Brandenburg neue Betriebe der Roten
Gentechnik entstehen, sollten Sie wissen.


(Katherina Reiche [CDU/CSU]: Aber in der Grünen?)


Und dass diese Betriebe durch die neuen Programme der
Bundesregierung unterstützt werden, kann man doch
nicht einfach mit einem Federstrich abtun.


(Zuruf der Abg. Katherina Reiche [CDU/CSU])


– Wollen Sie eine Frage stellen?

(Katherina Reiche [CDU/CSU]: Nein!)


Das kann man nicht einfach mit solchen Sprüchen à la
Brüderle zur Seite wischen.

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(C (D (Rainer Brüderle [FDP]: Sie sagen einfach die Unwahrheit! Wie so oft!)


Es ist richtig, Herr Brüderle, dass wir uns eine Frage
tellen. Wenn die große Mehrzahl der Verbraucherinnen
nd Verbraucher keine gentechnisch manipulierten land-
irtschaftlichen Produkte will, dann müssen wir uns,
enn wir so etwas zulassen und zulassen müssen, natür-
ich fragen, ob wir sicherstellen können, dass für die
cker der Bauern, die Gentechnik ablehnen, keinerlei
efahren von benachbarten gentechnisch manipulierten
ckern ausgehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Heinrich [FDP]: Das ist eine einfältige Ausrede!)


iese Frage haben wir gestellt und wir haben sie im
inne der Freiheit der Menschen, die nicht gentechnisch
anipuliertes essen wollen, auch präzise beantwortet.
as ist der Unterschied zwischen der freiheitlichen Par-
ei der FDP und uns.


(Rainer Brüderle [FDP]: Verbieten ist Freiheit!)


ns Fortschrittsfeindlichkeit anzudichten, das können
ie sich wirklich sparen, Herr Brüderle. Wenn Sie so et-
as vortragen, wirkt das irgendwie immer nur gallig,
ntspricht aber nicht der gesellschaftlichen Wirklichkeit.


(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Eure Hilfstruppen haben doch alles platt getrampelt!)


Ich komme jetzt zur Anfrage von Herrn Riesenhuber
nd zur Antwort der Bundesregierung. Wir brauchen uns
icht gegenseitig zu sagen, was wir alles gemeinsam toll
emacht haben. Es sind einige Erfolge erzielt worden,
um Beispiel bei den Dachfonds. Man kann jetzt mehr
vestieren und damit mehr Venture Capital mobilisie-
en.
Aber ich will im Sinne von Dialog und weil ich weiß,

ass Sie sich ernsthaft mit der Frage beschäftigen, auch
agen, womit ich nicht zufrieden bin. Ich glaube, dass
ie Finanzierungsbedingungen für Venture-Capital-
onds in Deutschland noch nicht gut genug sind, denn
ie Banken werden die teuren innovativen Firmen allein
icht finanzieren können.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Da hat er Recht!)

enn ich einen Vergleich mit Frankreich, England oder
it anderen Standorten ziehe, muss ich feststellen, dass
s da noch Probleme gibt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP] – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wo er Recht hat, hat er Recht!)


eshalb möchte ich über Ihre Anfrage und über die Be-
ntwortung hinaus einen Vorschlag machen.
Venture Capital ist eine ganz besondere Branche. Es

edeutet, dass man bei vielen Engagements Verluste hat
das liegt in der Natur der Sache –, dass man aber die
öglichkeit haben muss, die vielen Verluste durch die
enigen Gewinne, die man erzielt, oder durch das, was






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn

man davon übrig behält, auszugleichen. Wir müssen uns
die Frage stellen, ob wir für diese Branche nicht Sonder-
bedingungen brauchen, weil solche Probleme in anderen
Wirtschaftszweigen so nicht auftreten.

Ich bin der Überzeugung, dass es richtig ist, zum Bei-
spiel über den Weg des Gesetzes über Unternehmensbe-
teiligungsgesellschaften bestimmte Günstigerstellungen
für diese Branche zu erreichen, und denke dabei an Ver-
lustvorträge, an die Verrechenbarkeit von Gewinnen und
Verlusten aus verschiedenen stillen Beteiligungen und
vieles andere mehr. Darüber sollten wir ernsthaft in der
Koalition und auch im ganzen Haus sprechen.

Wenn wir das wollen, geht eines allerdings nicht:
Dann können wir bei einer allgemeinen Steuerreform
nicht sagen, dass wir alle Ausnahmen ablehnen. An die-
ser Stelle muss man bereit sein, ordnungspolitisch zu
springen und zu sagen: In bestimmten Bereichen sind
bessere Finanzierungsbedingungen notwendig, um Inno-
vationen zu stärken. Darüber wird in der Koalition inten-
siv diskutiert und ich meine, wir sollten uns auch einmal
im Ausschuss die Zeit nehmen, über diese Fragen aus-
führlich zu reden. Die damit verbundenen komplizierten
rechtlichen und steuerrechtlichen Fragen sind nicht ganz
einfach zu lösen.

Herr Riesenhuber, zur Frage der Mittel, die in Innova-
tionsförderung insgesamt fließen, eine kurze Bemer-
kung: Seit 1998 hat die Bundesregierung die Mittel für
Forschung und Wissenschaft um 1 Milliarde Euro er-
höht. Das ist noch nicht die Summe, die wir erreichen
wollen. Wenn wir die Lissabon-Ziele ernst nehmen,
müssen wir noch zulegen. Aber natürlich stellt sich die
Frage, wie wir das finanzieren. Ich kann Ihnen in diesem
Zusammenhang nicht ersparen, dass ich noch einmal ein
Wort zur Eigenheimzulage sage. Sie macht ordnungspo-
litisch in der jetzigen Situation keinen Sinn mehr. Um
die Lissabon-Ziele zu erreichen, müssten wir in
Deutschland – nicht nur die Politik allein, sondern Wirt-
schaft und Politik – Jahr für Jahr zwischen 500 und
600 Millionen Euro zusätzlich für diesen Bereich ausge-
ben.


(Dr. Heinz Riesenhuber [CDU/CSU]: Nein, nein! Allein der Bund!)


Wenn wir dies machen wollen, ergibt es ordnungspoli-
tisch überhaupt keinen Sinn mehr, das Wohneigentum zu
subventionieren, wo doch die Wohnungsmärkte in wei-
ten Teilen Deutschlands übersättigt sind und uns ande-
rerseits das Geld fehlt, notwendige Innovationen zu fi-
nanzieren. Es geht nicht, dass Sie sich hierhin stellen und
sagen – das haben Sie getan –, Sie wollten jetzt nicht
über die Eigenheimzulage diskutieren. Ich sage Ihnen
klipp und klar: Wer an dieser alten Subvention festhält
und die Mittel für Bildung, Wissenschaft und Forschung
in unserem Land nicht freisetzt, der müsste eigentlich
beim Thema Innovationsfinanzierung schweigen. Er hat
keinen wirklichen Zukunftsbeitrag geleistet, weil er sich
am Alten festklammert und nichts Neues eröffnet. Des-
wegen liegen Sie in diesem Punkt falsch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Wir von den Grünen werden die Innovationsdebatte nd die Innovationsoffensive der Bundesregierung weierhin kritisch unterstützen. Das heißt, dass wir es absout richtig finden, hier einen Schwerpunkt zu setzen. Ich ill noch einmal klar und deutlich sagen: Allein mit Areitsmarktreformen und dem Umbau des Sozialstaats erden wir die Arbeitslosigkeit nicht bekämpfen könen. Das Gesetz des Standorts Bundesrepublik Deutschand heißt, dass wir hier Dinge machen müssen, die man n anderen Standorten, egal bei welchen Kostenstruktuen, noch nicht machen kann, weil man die Fähigkeiten azu noch nicht hat. Ich betone: noch. Die anderen chlafen nicht und werden einiges von dem, was wir eute können, in einiger Zeit auch tun können. Wer dieses Gesetz akzeptiert hat, der muss in Men chen und noch einmal in Menschen investieren. Bei der ildung muss er im Kindergarten beginnen und dann in ie Schule, die Weiterbildung, die Hochschule und in die orschung investieren. Das ist die Aufgabe, der wir uns tellen müssen, sonst hilft die Politik der Arbeitsarktreformen überhaupt nicht. Das ist der Weg, den wir eschreiten. Ich kann der Regierung versichern, dass eine Fraktion diesen Prozess fortschrittsfreundlich, ber kritisch bezüglich der Frage, wo die Mittel am besen einzusetzen sind, begleiten wird. Herr Riesenhuber, bei manchen Ihrer Äußerungen püre ich, dass Sie, wenn Sie nicht gerade hier für die nion reden müssten, auch sehen, dass manches ganz ut läuft. Über das, was noch nicht so gut läuft, unterhalen wir uns und dann bringen wir die Verbesserungen auf en Weg. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512917900

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ernst Hinsken.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1512918000

Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und
ollegen! Lassen Sie mich zunächst die Möglichkeit
utzen, unserem verehrten Kollegen Hartmut Schauerte
erzliche Genesungswünsche zu übermitteln.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


r wäre heute der Hauptredner für unsere Fraktion ge-
esen. Er ist momentan im Genesungsurlaub und befin-
et sich auf dem Weg der Besserung. Ich möchte ihm zu-
ufen, falls er zuschaut, er soll alles tun, damit er sich
öglichst bald wieder in unseren Reihen befindet und
eine Meinung und seinen Sachverstand einbringt, wie
an das von tüchtigen Abgeordneten erwartet.
Her
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1512918100
Es war nicht allzu viel dahinter. Davon hat sich die
ede von Herrn Kuhn wohltuend abgehoben.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Hört! Hört!)







(A) )



(B) )


Ernst Hinsken

Er hat aber wie ein gewandelter Grüner gesprochen,

einmal so und einmal so. Ich kann vieles nicht nachvoll-
ziehen. Wenn Sie sich dessen erinnern würden, was Sie
noch vor sechs bis acht Jahren gesagt haben, dann wüss-
ten Sie, Herr Kuhn, dass Sie ganz weit von dem entfernt
waren, was Sie heute zum Besten gegeben haben.

Innovationen sind der wichtigste Treibstoff für die
wirtschaftliche Entwicklung. Innovationen sind der Kern
jeder Strategie für mehr Wachstum und Beschäftigung.
Innovationen waren die Ursache für den ungeheuren
industriellen Aufschwung in Deutschland zu Beginn
des 20. Jahrhunderts. In vielen Industriestaaten waren
die Deutschen zu dieser Zeit Weltmarktführer. Die deut-
schen Unternehmer standen für technische Innovationen
und Spitzenprodukte in der Elektrotechnik. Unsere Vor-
fahren sorgten mit bahnbrechenden Innovationen in der
Chemie und Pharmaindustrie wie Kunstdünger, Aspirin
und lichtechten Farben für Exportschlager. Zwischen
1901 und 1919 arbeiteten 20 von 57 Nobelpreisträgern
im Bereich Naturwissenschaften in Deutschland.

Wie sieht es heute aus? Herr Kollege Brüderle, Sie
haben bereits kurz darauf verwiesen: Seit 1998 gab es
vier naturwissenschaftliche Nobelpreise für Deutsche.
Aber sie alle forschten nicht bei uns, sondern in den
USA. Auch das muss uns zu denken geben. Deutschland
war einmal das Land der Tüftler, Erfinder und Unterneh-
mer. Der Vergleich zwischen damals – dem Beginn des
20. Jahrhunderts – und heute ist entmutigend.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kommen Sie mal zu mir nach Heidelberg! Dann werden Sie sich wundern! Da rauscht es!)


Die Ideen scheinen knapp zu werden. Wo es noch Ideen
gibt, kommt es zu Widerstand und Pannen, und zwar
gerade bei Ihnen, bei Grün und Rot.

Neue Kernkraftwerke werden nicht mehr gebaut, Herr
Kuhn. Gentechnische Großversuche fallen technikfeind-
licher Zerstörungswut zum Opfer. Der Bau einer War-
tungshalle auf einem Großflughafen dauert länger als die
Entwicklung eines Flugzeuges, das dort gewartet werden
soll. Die satellitengestützte Technik zur Erhebung einer
Autobahngebühr für Lastwagen funktioniert nicht. Wir
warten seit Jahren darauf, dass der Transrapid im eige-
nen Land fährt, meine verehrten Herren Parlamentari-
sche Staatssekretäre, die Sie im Gegensatz zu den Minis-
tern heute Gott sei Dank zahlreich zugegen sind. Aber,
Herr Dr. Staffelt und Herr Schlauch, es müsste im ge-
meinsamen Interesse von uns allen liegen, dass der
Transrapid nicht nur in China fährt, sondern auch bei uns
eingesetzt werden kann.


(Beifall des Abg. Dr. Heinz Riesenhuber [CDU/CSU])


Das steht synonym für die Entwicklung, die in der Bun-
desrepublik Deutschland zu verzeichnen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Unsinn!)


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(C (D Meine Damen und Herren von der SPD und der grüen Fraktion, die letzte von Ihnen gebilligte Erfindung ar (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Farbfernseher! Das kenne ich schon!)


er Farbfernseher. Das ist wohl bekannt und liegt wahr-
ich sehr lange zurück. Aber davon alleine können wir
icht leben.
Nach sechs Jahren rot-grüner Bundesregierung schril-
n die Alarmglocken für den Innovationsstandort
eutschland laut. Im internationalen Vergleich liegen wir
ei den Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen
ezogen auf das Bruttosozialprodukt mit unter
,5 Prozent deutlich hinter anderen Ländern. Herr Kol-
ege Riesenhuber, Sie haben bereits den Finger auf diese
ffene Wunde gelegt. In den USA sind es 2,6 Prozent, in
apan 3,1 Prozent und in Finnland sogar 3,4 Prozent.
ber wir liegen deutlich unter 2,5 Prozent.
Darunter leidet vor allen Dingen der Mittelstand. Die
undesregierung nimmt ihm damit die Luft zum Atmen.
as ist das Verwerfliche. Denn die Folge ist: Obwohl der
ittelstand das Rückgrat unserer Volkswirtschaft ist, ist
er Innovationsbeitrag kleiner und mittlerer Unterneh-
en derzeit eher enttäuschend. Der KMU-Anteil – der
nteil der kleinen und mittleren Unternehmen – an den
orschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Wirtschaft
ank in Deutschland von 15 Prozent im Jahr des Regie-
ungswechsels, 1998, auf 13 Prozent im Jahr 2002 – das
st ein Minus von 2 Prozentpunkten –, während die USA
ei gleicher Ausgangslage zwischen 1998 und 2002 ein
lus von sage und schreibe 4 Prozentpunkten verzeich-
en konnten.


(René Röspel [SPD]: Wenn sich der staatliche Anteil erhöht, dann muss der private Anteil zurückgehen!)


Melden Sie sich zu Wort, dann bekommen Sie auch
ine Antwort! Zwischenrufe bringen nichts. Sie werden
icht gehört, noch nicht einmal von mir hier vorne.
Erschreckend ist, dass kleine und mittlere Unterneh-
en seit Jahren immer weniger in Forschung und Ent-
icklung investieren. In diesem Jahr wollen drei von
ier Unternehmen gar keine Investitionen mehr tätigen.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aufgehetzt von Ihnen!)


Es ist nicht mehr nachvollziehbar, dass kleine und
ittlere Unternehmen heute mit ihren Produkten weni-
er Geld verdienen als vor fünf Jahren. Der Umsatz, der
uf neue Produkte zurückzuführen ist, sank 2001 sogar
nter das Niveau von 1997. Innerhalb von zwei Jahren
at sich der Anteil des Personals im Bereich Forschung
nd Entwicklung im Mittelstand um 10 Prozent verrin-
ert.
Nicht nachvollziehbar ist auch – darin pflichte ich
errn Kuhn bei –, dass der Mittelstand infolge der Ban-
enkrise und einer restriktiven Kreditvergabe im Vor-
riff auf Basel II kaum noch Kredite für Forschungsakti-
itäten bekommt.






(A) )



(B) )


Ernst Hinsken

Aber was unternehmen Sie, um auf die Banken dahin

gehend einzuwirken, dass sie verstärkt Mittel zur Verfü-
gung stellen? Sie von der Bundesregierung tun meiner
Meinung nach hier viel zu wenig. Sie selbst sind die
größte Innovationsbremse für den Mittelstand. Das
möchte ich ausdrücklich sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Ich frage die Bundesregierung, was sie tun will, um
endlich mehr Innovationen im Mittelstand zu ermögli-
chen, damit auch hier Wachstum entsteht. Sie von der
Bundesregierung dürfen nicht nur reden, sondern sie
müssen auch etwas tun. Ich frage Sie deshalb: Was un-
ternehmen Sie, damit die unternehmerische Umsetzung
von Spitzentechnologien wieder in den Mittelpunkt der
Wirtschafts-, der Forschungs- und der Bildungspolitik
rückt? Sie sind doch in der Pflicht, die Produktion am
Standort Deutschland zu sichern. Das bedeutet zuerst In-
novationen und eine höhere Wertschöpfung und dann
höhere Löhne. Es darf nicht umgekehrt sein.

Die bürokratischen Hürden für Unternehmen sind
leider viel zu hoch. Bis eine neue GmbH ihre Tore bei
uns öffnen kann, vergehen 45 Tage. In Australien und
Kanada müssen im Gegensatz zu Deutschland nur zwei
Anträge gestellt werden. Die Registrierung lässt sich on-
line abwickeln und ist in zwei bis drei Tagen abgeschlos-
sen. Das Genehmigungsverfahren bei einer Unterneh-
mensgründung dauert in den USA vier Tage und in den
Niederlanden elf Tage. Bei uns ist es im Vergleich zu den
Niederlanden also mehr als viermal so lang. Wir müssen
uns an den kürzeren Zeiten im Ausland orientieren; denn
nur so werden gute Ideen zur Reife gebracht.

Deutsche Unternehmen müssen auch wieder richtig
forschen und entwickeln können. Weder Verbraucher-
schutz noch Tierschutz noch Stoffpolitik noch Umwelt-
schutz dürfen über das sachlich Gebotene hinaus zur Re-
gel werden. Das sage ich ausdrücklich im Hinblick auf
das, was Sie vorhin zur Gentechnologie ausgeführt ha-
ben. In den USA, in Frankreich, Großbritannien, in den
Niederlanden und in Kanada machen die staatlichen Gel-
der – bei zum Teil niedrigeren Steuersätzen – einen An-
teil von sage und schreibe 11 bis 16 Prozent an den For-
schungs- und Entwicklungsausgaben der Wirtschaft aus.
Bei uns in Deutschland sind es magere 7,5 Prozent.

Deutschland braucht wieder eine umfassende Inno-
vationskultur sowie Mut zur Technik und Freude am
Tüfteln. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Wir alle sind gefordert, positive Beispiele technologi-
scher Innovationen, Erfolge durch Veränderungen, den
Nutzen von technologischen Erfindungen sowie erfolg-
reiche Unternehmer und unternehmerische Initiativen
stärker herauszustellen. Deutsche Topwissenschaftler
dürfen nach dem Studium nicht länger zu Hunderten un-
ser Land verlassen und zum Beispiel in die USA aus-
wandern, nur weil sie dort bessere Fortbildungsmöglich-
keiten vorfinden als bei uns. Diesem Exodus muss die
Bundesregierung ein Ende bereiten. Die Politik muss die
richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Eltern und
Schulen sollten gemeinsam die naturwissenschaftliche
Bildung fördern und die Jugend für Technik begeistern.

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(C (D Kürzlich haben bei einem Symposium, das unter Leiung der werten Kollegin Frau Reiche stand, Wirtschafter und Wissenschaftler gefordert, dass die entscheiende Triebkraft für mehr Innovationen in Deutschland ine starke Wagniskapitalindustrie sein muss. Das ist ichtig. Herr Kollege Hinsken, es geht zum Ende, weil Sie so roßzügig gegenüber Herrn Riesenhuber waren. Wenn Sie mir das mit einer Minute vergelten würden, äre ich dankbar. Nein. Ich habe Ihnen das schon vergolten. Jetzt geht s wirklich zum Schluss. Frau Präsidentin, mein letzter Satz. – Ich möchte ierzu sechs Punkte vortragen, – Nein. – die ich in einem Satz zusammenfasse. Herr Kollege Hinsken, das mache ich nicht mit. Sa en Sie einen letzten Satz und dann ist es gut. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bedauere ehr, dass ich meine sechs Punkte nicht mehr vortragen ann. Wer sie kennen lernen möchte, der sollte sich bei ir melden. Ich werde sie ihm schriftlich geben. Herzlichen Dank. So gibt es weiterhin einen regen Austausch. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Carola Reimann. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ch glaube, wir alle in diesem Hause sind uns einig auch beim Herrn Kollegen Hinsken hatte ich einen solhen Satz gehört –, dass die technologische Leistungsfäigkeit unseres Landes ganz maßgeblich von innovatien kleinen und mittleren Unternehmen bestimmt wird nd die Innovationskraft für Wachstum und Beschäftiung von zentraler Bedeutung ist. Dr. Carola Reimann Aufgrund flexibler Unternehmensstrukturen und ho her Risikobereitschaft sowie aufgrund von Unkonventionalität sind erfindungsreiche kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland an der Weltspitze. Das muss man einmal sagen; das Gejammer aus den Reihen der Opposition kann ich da nicht ganz nachvollziehen. Wir haben sehr erfolgreiche kleine und mittelständische Unternehmen, die gerade international sehr gut aufgestellt sind. Deutschlands Position als weltweit zweitgrößter Technologieexporteur kommt nicht von ungefähr und wäre ohne sie gar nicht denkbar. Die Fakten sprechen für sich. Pro Jahr bringen circa 200 000 kleine und mittlere Unternehmen neue, innovative Produkte und Dienstleistungen auf den Markt. Aber von diesen 200 000 Unternehmen betreiben nur 35 000 kontinuierlich Forschung und Entwicklung. Da liegt der Handlungsbedarf. Denn mittelständische Unternehmen sind sehr flexibel. Sie sind offener für neue Ideen. Wer mit einer neuen Idee in ein kleines oder mittelständisches Unternehmen kommt, redet nicht mit dem Forschungsvorstand oder mit dem Vorstand für Entwicklung, sondern direkt mit dem Entwickler. So kann die Idee sehr viel schneller in die Tat und in ein Produkt umgesetzt werden. Dadurch sind kleine und mittelständische Unternehmen besser in der Lage, die neuen Erkenntnissen innewohnenden Potenziale zu nutzen. In den kommenden Jahren wird – das wissen wir alle – ihre Bedeutung deshalb noch zunehmen. Denn die Umsetzung von Innovationen geht Hand in Hand viel schneller. Wir werden den Technologietransfer noch ganz erheblich ausbauen müssen. Wir haben dafür aber auch schon sehr viel getan. Da muss sich die Bundesregierung in keiner Weise verstecken. Die neuen Modelle der Zusammenarbeit, die wir integriert haben, sind wesentlich und entscheidend. Die öffentlich geförderte Forschung auf der einen Seite ist sehr viel besser als zu Ihren Zeiten ausgestattet; das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen. Die neuen Modelle der Zusammenarbeit zwischen Forschung und mittelständischen Unternehmen auf der anderen Seite erschließen Potenziale für die Wissenschaft und für die Wirtschaft im KMU-Bereich sehr viel schneller. Ich will auf die zwei Formen des Technologietransfers eingehen. Die Forschungskooperation ist eine besonders intensive Form des Technologietransfers. Aber zunehmend werden auch Wissenschaftsnetze und innovative Netzwerke wichtig. Deswegen, Kollege Hinsken – Sie telefonieren jetzt leider –, (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ich höre aber das, was Sie sagen! Sagen Sie ja nichts Falsches!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512918200
Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1512918300
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512918400
Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1512918500

(Heiterkeit)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512918600
Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1512918700
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512918800
Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1512918900

(Heiterkeit)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512919000
Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1512919100




(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


ist nicht nur die Höhe der Forschungsausgaben von Be-
lang, sondern vor allen Dingen auch die Integration der
kleinen und mittleren Unternehmen in die Forschungs-
netzwerke. Hier muss die Förderung ansetzen.

Im Zeitraum von 1998 bis 2003 wurden kleine und
mittelständische Unternehmen in die Netzwerke der
Spitzenforschung mit einem Forschungsvolumen von

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(C (D ,7 Milliarden Euro einbezogen. Das sind Zahlen, die ir bis dahin nie hatten. Im gleichen Zeitraum sind auch ie Anzahl der geförderten kleinen und mittleren Unterehmen sowie ihr Anteil am Gesamtfördervolumen der irtschaft ganz erheblich gestiegen. So sind die BMBFittel, die an kleine und mittelständische Unternehmen ehen, in diesem Zeitraum um über 55 Prozent gestieen. Auch die Anzahl der geförderten Unternehmen ist m gleichen Zeitraum sehr deutlich – von 1 132 auf über 900 – angewachsen. Diese Entwicklung ist ein deutlicher Beweis dafür, ass die direkte Projektförderung – und nicht nur die inirekten Maßnahmen – aus dem Hause Bildung und Forchung viel stärker als in der Vergangenheit am Bedarf er kleinen und mittelständischen Unternehmen ausgeichtet wurde. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie immer wieder geäußerte Ansicht, Projektmittel aus
em BMBF flössen in erster Linie in Kooperationen mit
roßunternehmen, gehört wirklich der Vergangenheit
n.
Zunehmend saugen kleine und mittelständische Un-

ernehmen Honig aus der Nutzung innovativer Netze. Da
st nicht nur die Förderung durch das BMBF anzuspre-
hen; auch das Bundesministerium für Wirtschaft und
rbeit unterstützt diesen Transfer und die Zusammenar-
eit durch verschiedene Programme. Herr Kollege
iesenhuber sagte, er wolle dieses ganze Füllhorn von
rogrammen nicht nennen. Ich glaube, ein paar sollte
an schon nennen.
Beispielsweise möchte ich auf das Programm unter

em Titel 686 58 verweisen, das den zugegebenermaßen
twas sperrigen Namen „Leistungssteigerung der tech-
isch-ökonomischen Infrastruktur zu Gunsten der deut-
chen Wirtschaft, insbesondere kleinen und mittleren
nternehmen“ trägt.


(Rainer Brüderle [FDP]: Nomen est omen!)

as sich dahinter verbirgt, Herr Brüderle, ist die hand-

este Nutzung von Forschungsergebnissen, die in den
rei Ressortforschungseinrichtungen des Wirtschaftsmi-
isteriums, nämlich der PTB, Physikalisch-Technische
undesanstalt – eine ausgewiesen gute Anstalt –, der
AM, der Bundesanstalt für Materialforschung und -prü-
ung – im Übrigen sehr nah an den Zulieferern –, und der
GR, der Bundesanstalt für Geowissenschaften und
ohstoffe, erarbeitet werden. In Bezug auf den Umgang
it Eigentumsrechten – Sie als Liberaler müssten ja wis-
en, dass das ein sehr heikles Thema ist – stellt das einen
ehr großen Schritt dar.
Ich will das Programm NEMO, Netzwerkmanage-
ent-Ost, nennen, das seinen Schwerpunkt auf die Ent-
icklung innovativer Netzwerke in den neuen Bundes-
ändern gelegt hat. Da ist das Programm Inno-Net zu
ennen, das Verbundprojekte fördert, bei denen jeweils
indestens zwei Forschungseinrichtungen und mindes-
ens vier KMUs kooperieren. Ich will INNO-WATT an-
prechen, das sich an Wachstumsträger in benachteilig-






(A) )



(B) )


Dr. Carola Reimann

ten Regionen wendet, und vor allen Dingen das
Programm Pro Inno, das sehr erfolgreich gelaufen ist
und bei dessen Weiterführung auch wieder ein besonde-
rer Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit von kleinen
und mittelständischen Unternehmen und Forschungsein-
richtungen gelegt wird.

Auch in den vom BMBF geförderten Kompetenznet-
zen sind kleine und mittlere Unternehmen sehr stark ein-
gebunden, insbesondere in Netzwerke, bei denen es um
neue Technologien geht. Nehmen wir zum Beispiel Op-
tec-Net. Da geht es um die Zulieferer von optischen
Technologien. 66 Prozent der Mitglieder dieses Netz-
werkes sind kleine und mittelständische Unternehmen.
Es geht also nicht nur um die Höhe der Förderung, son-
dern auch um den Anteil von kleinen und mittelständi-
schen Unternehmen.

Ich möchte noch auf ein besonderes Forschungsgebiet
zu sprechen kommen, die Nanotechnologie. Es ist schon
vorhin angeklungen, dass in Deutschland zwei Jahre frü-
her als in den USA Nanotechnologie gefördert worden
ist. Mit der parallelen Förderstrategie in den letzten Jah-
ren – auf der einen Seite Projektförderung und auf der
anderen Seite Förderung von Kompetenznetzen als un-
terstützende Infrastruktur – wurde erreicht


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie sind jetzt auch über die Zeit!)


– gerade so, Herr Hinsken –, dass wir nicht nur im Wis-
senschaftsbereich einen der vorderen Plätze einnehmen,
sondern die Anzahl der Technologieunternehmen zuge-
nommen hat und ihr Renommee verbessert worden ist.
Diese Förderung wird in dem Rahmenkonzept „Nano-
technologie erobert Märkte“ fortgesetzt.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512919200

Frau Kollegin!


Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1512919300

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Das An-

liegen des Konzeptes ist es, im Rahmen von Leitinnova-
tionen anwendungsorientierte Produkte zu fördern, die
an der wirtschaftlichen Wertschöpfungskette – –


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist ungerecht!)


– Herr Hinsken, Sie werden es doch wohl schaffen, noch
zwei Minuten zuzuhören.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512919400

Nein, Frau Kollegin, auch Ihr Schlusswort muss jetzt

kommen.


Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1512919500

Ich komme zum Schluss. – Im Bereich der Nanotech-

nologie sind in diesem Jahr – lassen Sie mich diese Zahl
nennen – etwa 25 Prozent der Fördergelder, also ein
maßgeblicher Anteil, an kleine und mittlere Unterneh-
men geflossen. Weitere 25 Prozent gingen an die Groß-
industrie.

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(C (D Frau Kollegin! Die restlichen 50 Prozent gingen in den Forschungs ereich. Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen dafür, dass ie Förderpolitik sehr stark auf die kleinen und mitteltändischen Unternehmen abstellt und ihnen dabei hilft, nnovative Produkte auf den Markt zu bringen. Danke. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512919600
Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1512919700


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512919800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Christian Lange.

Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1512919900

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Wenn die Debatte am heutigen Nachmittag um
ie Große Anfrage der CDU/CSU einen Sinn hat, dann
en, dass man Gemeinsamkeiten beschwört und sich ge-
enseitig versichert, dass man an einem Strang zieht.
eines Erachtens sollte sie aber auch den Zweck haben,

ür die Akzeptanz von Technik und Forschung in unserer
esellschaft zu werben. Ich sage das an dieser Stelle,
eil ich glaube, dass dies nicht durch das Hau-drauf-Ge-
ede à la Hinsken und Brüderle gelingt, sondern eher
urch eine differenzierte Debatte.
Ich will Ihnen das mit Erfahrungen aus meinem Wahl-

reis begründen. Ich habe in meinem Wahlkreis, wie si-
herlich viele von Ihnen auch, Bürgerinitiativen gegen
obilfunkanlagen. Das sind besorgte Bürgerinnen und
ürger, die nicht technikfeindlich sind, aber Angst ha-
en. Es sind auch nicht alles Rote oder Grüne.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das sind diejenigen, die mit Handys rumlaufen!)


s sind viele, die in kirchlichen Gruppen aktiv sind. Un-
ere Aufgabe als Politiker ist es, sie argumentativ zu
berzeugen.
In meinem Wahlkreis gibt es auch Bürgerinitiativen

egen genmanipuliertes Getreide. Auch diese Bürger
ind nicht alle Rote oder Grüne, viele sind aus kirchli-
hen Gruppen in unserer Gesellschaft. Unsere Aufgabe
st, differenziert zu argumentieren, statt draufzuhauen;
enn wenn wir draufhauen, werden wir sie sicher nicht
berzeugen, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der SPD)

Deshalb ist die Frage: Wie sieht der Arbeitsplatz der

ukunft aus? Das ist eine Frage, auf die alle diese Leute,
ie Ängste haben, eine Antwort haben wollen, weil sie
issen, sie brauchen Arbeit, Lohn und Brot für ihre Fa-
ilien. Deshalb ist es wichtig, dass wir im Zusammen-
ang mit dieser Debatte, die wir heute rund um Ihre
roße Anfrage führen, die Erfolge in den Mittelpunkt
ücken, die wir der Forschungspolitik dieser Bundesre-
ierung verdanken.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)







(A) )



(B) )


Christian Lange (Backnang)


Zwischen 1998 und 2003 hat die Anzahl der geför-

derten kleinen und mittleren Unternehmen um rund
72 Prozent zugenommen. Im selben Zeitraum ist der
KMU-Anteil an den geförderten Wirtschaftsunterneh-
men von circa 61 Prozent auf gut 70 Prozent angewach-
sen. Durch die Einbindung in das Netzwerk und die Spit-
zenforschung hatten KMU von 1998 bis 2003 Zugang zu
einem Forschungsvolumen von gut 1,7 Milliarden Euro.
Dem Wissens- und Technologietransfer zugunsten klei-
ner und mittlerer Unternehmen in Deutschland wurden
damit neue Impulse gegeben.

Innovative KMUs sind im Innovationswettbewerb
auf leistungsfähige Partner angewiesen. Sie profitieren
deshalb maßgeblich von gestiegenen Investitionen in die
öffentliche Forschung in Deutschland. Im Zeitraum
2001 bis Mitte 2004 wurde etwa das Modellprojekt „Er-
leichterung von Existenzgründungen aus Forschungsein-
richtungen“ mit einem Gesamtvolumen von 9,7 Millio-
nen Euro durchgeführt. Ziel dieses Modellversuches ist
die Unterstützung außeruniversitärer Forschungsergeb-
nisse bei der Förderung und Umsetzung von Ausgrün-
dungsvorhaben. Im Rahmen dieses Vorhabens wurden
bis Ende 2003 45 Ausgründungen realisiert, davon übri-
gens ein Viertel in den neuen Ländern, in denen bis jetzt
rund 250 neue Arbeitsplätze entstanden sind.

An diesen Beispielen soll deutlich werden, welche
Auswirkungen die abstrakten Zahlen in Millionen- und
Milliardenhöhe, die in der Forschungsdebatte, die wir
hier führen, genannt werden, für Bürgerinnen und Bür-
ger haben und weshalb es sinnvoll ist, sich dafür einzu-
setzen.

Genaue Aussagen über den absoluten Beschäfti-
gungsbeitrag beispielsweise innovativer Gründungen
sind generell zwar schwer möglich. Für forschungs- und
wissensintensive Gründungen aber hat das ZEW in einer
Studie aus dem Jahr 2002 das Wachstum der Beschäf-
tigtenzahl untersucht. Dabei wiesen 57 Prozent der
Spin-offs aus der öffentlichen Forschung, die zwischen
1996 und 2002 gegründet wurden und die Anfang 2001
noch bestanden, ein positives Beschäftigungswachstum
auf. Bei akademischen Start-ups waren es 52 Prozent,
bei nicht akademischen Gründungen 41 Prozent. In
überlebenden akademischen Gründungen wurde eine
durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Zahl der
Beschäftigten von rund 20 Prozent ermittelt – plus
20 Prozent an Arbeitsplätzen, meine Damen und Herren!
Durch die akademischen Gründungen in forschungs-
und wissensintensiven Branchen wurden 215 000 Voll-
zeitarbeitsplätze geschaffen.

Ich meine, diese Zahlen können sich sehen lassen.
Deshalb müssen wir das hier deutlich sagen, die Bundes-
regierung in ihrem Kurs bestätigen und sie auffordern:
Weiter so!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will auf ein Argument eingehen, das in der De-
batte gefallen ist: die Stärkung der Eigenkapitalquote
der KMUs. Darin sind wir uns in der Tat einig. Deshalb
will ich darauf eingehen und gerne auch Ihren Vor-

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(C (D chlag, Herr Kollege Kuhn, aufgreifen, uns mit dem hema Venture Capital in einer Ausschusssitzung ausinander zu setzen. Aber wenn hier der Eindruck ereckt wird, wie es in den berühmten Mittelstandsdebaten immer wieder der Fall ist, dass der Mittelstand egenüber der Großindustrie benachteiligt würde, muss ch das zum wiederholten Male zurückweisen, weil es infach falsch ist. Der berühmte Vergleich, der in der Arumentation insbesondere vonseiten der Kollegen der DP immer wieder auftaucht, dass Kapitalgesellschaften ur 25 Prozent Körperschaftsteuer zahlen, während Peronengesellschaften 45 Prozent Einkommensteuer zahen, ist falsch und greift zu kurz. Deshalb lassen Sie ich an dieser Stelle sagen: Auch diejenigen Unternehen, die nicht im Hightechbereich tätig sind, sind auf enügend Luft für Innovationen in ihrem Betrieb angeiesen. Dazu ist es in der Tat notwendig, sie steuerlich u entlasten. Ich will drei Argumente dafür nennen, dass ir das tun: Erstens müssen Kapitalgesellschaften zusätzlich ewerbesteuer zahlen, was im Durchschnitt mit knapp 4 Prozent zu Buche schlägt. Also liegt ihre steuerliche esamtbelastung in Deutschland bei rund 39 Prozent. ersonengesellschaften können die Gewerbesteuer hinegen mit ihrer Einkommensteuerschuld pauschal verechnen. Das ist übrigens etwas, was insbesondere die elbstständigen über Jahre und Jahrzehnte gefordert haen und was diese Bundesregierung durchgesetzt hat. Zweitens wird die Körperschaftsteuer von 25 Prozent om ersten bis zum letzten Euro des Gewinns erhoben, ährend die Einkommensteuer progressiv ausgestaltet st. Bei Personenunternehmen sind nur die Gesellschafer steuerpflichtig, aber nicht die Gesellschaft selbst. Das edeutet, dass den Personenunternehmern wie jedem aneren Privaten der Grundfreibetrag und – wenn er Kiner hat – Kinderfreibeträge zustehen. Drittens – der Vollständigkeit halber will ich Ihnen och dieses Argument entgegenhalten – stimmt die Beauptung nicht, dass die Personengesellschaft, beispielseise der kleine Gründer, gegenüber der großen Aktienesellschaft benachteiligt wird. Um im Jahr 2005 eine en Körperschaften entsprechende durchschnittliche Geamtbelastung von rund 39 Prozent zu erreichen, muss in lediger Personenunternehmer rund 130 000 Euro ersteuern, ein verheirateter Unternehmer rund 45 000 Euro. Leider erreichen nur etwa 5 Prozent aller ersonenunternehmen in Deutschland einen solchen Geinn vor Steuern. Deswegen kann nicht von einer Beachteiligung von jungen, innovativen Unternehmern esprochen werden. Ich bitte Sie daher, diese Behaupung nicht immer zu wiederholen. Ohne Zweifel ist die Eigenkapitalausstattung ein Pro lem. Deshalb sind alle Maßnahmen, die in diesem Zuammenhang sinnvoll sind, zu ergreifen. Die Wachstumsprognosen, was die gesamtwirtschaft iche Entwicklung anbelangt, schauen – das wissen Sie – ut aus. Ich will betonen, dass sich der Anteil der F Christian Lange und-E-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt sehen lassen kann. Er ist zwar noch nicht so hoch, wie wir uns das alle wünschen – er ist noch weit von 4 Prozent entfernt –, aber es ist immerhin ein Schritt in die richtige Richtung. Auch das muss einmal gesagt werden. Im Jahre 1998, als wir die Regierung übernehmen durften, hatten die F-und-E-Ausgaben einen Anteil von 2,31 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Im Jahre 2002 betrug dieser Anteil ausweislich der Stellungnahme der Bundesregierung 2,52 Prozent. Zum einen gebührt es sich eigentlich, der Bundesregierung für diese Steigerung zu danken und zu sagen: Weiter so! Zum anderen ist es ein Ansporn, sich Gedanken darüber zu machen, wie wir diesen Anteil noch erhöhen können. Das hat in der Tat etwas mit der Erschließung von weiteren Finanzierungsquellen zu tun. Zum Beispiel können wir 8 Milliarden bis 9 Milliarden Euro durch die Abschaffung der Eigenheimzulage freisetzen. Die Frage ist doch, ob wir angesichts eines überhitzten Wohnungsmarktes weiterhin Subventionen für Häuser und Wohnungen brauchen oder ob es nicht besser ist, in Innovationen zu investieren. Genau das wollen wir. Deshalb wünsche ich mir, dass die Debatte nicht nach einem Schwarz-weiß-Schema verläuft, sondern dass stärker differenziert wird. So können wir die Bürgerinnen und Bürger davon überzeugen, dass sie unmittelbar von Forschung und technologischer Entwicklung in Deutschland profitieren, weil ihr Arbeitsplatz sicher ist. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall der Abg. Dr. Carola Reimann [SPD])


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512920000

Ich schließe die Aussprache.
Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 7 a bis 7 c auf:
a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (18. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Erika
Ober, Karin Kortmann, Detlef Dzembritzki,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD sowie der Abgeordneten Thilo Hoppe,
Hans-Christian Ströbele, Volker Beck (Köln),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Globale Bekämpfung von HIV/Aids intensi-
vieren

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Conny
Mayer (Freiburg), Dr. Christian Ruck, Annette

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(C (D Widmann-Mauz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Entwicklungspolitik muss Bekämpfung von HIV/Aids verstärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrich Heinrich, Markus Löning, Dr. Guido Westerwelle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Bekämpfung von HIV/Aids zu einem Hauptanliegen in der Entwicklungspolitik machen – Drucksachen 15/2408, 15/2465, 15/2469, 15/3411 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Erika Ober Dr. Conny Mayer Thilo Hoppe Ulrich Heinrich b)

richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Siegmund
Ehrmann, Karin Kortmann, Detlef Dzembritzki,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Thilo Hoppe, Hans-
Christian Ströbele, Volker Beck (Köln), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
Auf dem Weg zur Erreichung der Millennium
Development Goals (MDGs) – Probleme bei
der Zielerreichung erkennen und bewältigen
– Drucksachen 15/1005, 15/3506 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Siegmund Ehrmann
Dr. Christian Ruck
Thilo Hoppe
Markus Löning

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Christian Ruck, Dr. Friedbert Pflüger,
Dr. Ralf Brauksiepe, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Weltweite Armutsbekämpfung richtig machen
– Drucksache 15/3098 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Stunde vorgesehen. – Dazu höre ich
einen Widerspruch. Dann ist es so vereinbart.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort für

die SPD-Fraktion zunächst der Kollegin Karin
Kortmann.


Karin Kortmann (SPD):
Rede ID: ID1512920100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Gegenstand der heutigen entwicklungspoliti-
schen Debatte ist, wie wir die UN-Resolution 55/2 er-
folgreich umsetzen können. Ich erinnere daran, dass
180 Staats- und Regierungschefs vor genau vier Jahren
die Milleniumserklärung unterzeichnet und sich damit
verpflichtet haben, die acht Milleniumsziele bis zum
Jahre 2015 umzusetzen. Wir alle wissen, dass es ein sehr
ambitioniertes Programm ist, durch neue Entwicklungs-
partnerschaften weltweit zur Halbierung der Armut und
zur Beseitigung des extremen Hungers beizutragen.
Zwei Jahre später wurde dann auf der UN-Konferenz
„Financing for Development“ in Monterrey bekräftigt,
dass die Länder eine Partnerschaft zur Erhöhung der
Auslandshilfe, zur Ausweitung des Welthandels und zur
Vertiefung der politischen und institutionellen Reformen
eingehen.

Seitdem ist, auch wenn dieses Ziel immer wieder in-
frage gestellt wird, viel geschehen: Die Vereinten Natio-
nen haben wichtige Umsetzungsschritte zur Erreichung
der so genannten MDGs beschlossen haben. Eveline
Herfkens, die frühere niederländische Entwicklungsmi-
nisterin, hat sehr engagiert die Rolle eines Motors für die
Umsetzung dieser Ziele übernommen und ist als Sonder-
beauftragte von Kofi Annan tätig. Die Vereinten Natio-
nen beabsichtigen, im nächsten Jahr in Deutschland eine
wichtige Koordinierungsstelle einzurichten, damit die
MDGs noch stärker in das Bewusststein der Akteure ge-
raten können.

Es gibt wichtige Geberländer, die mittlerweile ihre
ODA-Quoten erhöht haben. Die EU hat sich bis zum
Jahr 2006 auf 0,39 Prozent des Bruttonationaleinkom-
mens festgelegt. Neben den nationalen Haushalten wird
zurzeit über neue Finanzierungsquellen diskutiert und
intensiver darüber beraten, zum Beispiel über den guten
Ansatz von Gordon Brown im Hinblick auf einen erwei-
terten Schuldenerlass oder über die mir keineswegs plau-
sible Überlegung, dass eine weltweite Waffensteuer
Geld für die Armutsbekämpfung bringen soll.

Wir stellen Geberharmonisierungen in den Mittel-
punkt; sie sind neu in den Zielkatalog aufzunehmen. Die
Bundesregierung hat mit der Erreichung der MDGs ein
Aktionsprogramm beschlossen, das unter den Regierun-
gen einmalig ist. Sie hat mittlerweile dazu einen zweiten
Bericht vorgelegt. Zudem haben sich neue Entwick-
lungspartnerschaften gegründet, unter anderem die
meiner Meinung nach sehr zu unterstützende Global-
Marshallplan-Initiative.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Aber auch der Referenzrahmen für die klassischen
Politikfelder, für die Entwicklungspolitik, die Außen-
und die Sicherheitspolitik, hat sich stark verschoben.
Das gilt für die großen Herausforderungen wie Armut,

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(C (D errorismus oder Staatszerfall, denen die Politik gegenbersteht. Das gilt für die Zielsetzungen und Instrumente olitischen Handelns. Ich erinnere an die Diskussionen ber die militärische und die zivile Hilfe sowie an die ebatten über Prävention und Reaktion. Aber auch auf en unterschiedlichen Politikebenen, auf regionaler, naonaler und globaler Ebene, müssen Lösungen gefunden erden. Der Notwendigkeit einer besseren Vernetzung der ntwicklungs-, Außenund Sicherheitspolitik, aber uch weiterer Politikfelder, wie sie heute bereits in der fghanistandebatte genannt worden sind, kommt angeichts der neuen Konfliktstrukturen eine zentrale Bedeung zu. Damit wird der Sicherheitsbegriff neu beschrieen. Sicherheit wird heute als globale Sicherheit eschrieben, als eine Sicherheit, die weniger an militäricher Dominanz und viel mehr an vernetzter Politik zur teuerung von nachhaltigen Entwicklungsprozessen orintiert ist. Darauf hat die Bundesregierung Antworten gegeben. ch erinnere an das Konzept der erweiterten Sicherheit es Verteidigungsministeriums, an die Neuansätze des undesministeriums für wirtschaftliche Zusammenareit und Entwicklung zur globalen Strukturpolitik und uch an das Konzept der zivilen Krisenprävention, das om Auswärtigen Amt und vom BMZ gemeinsam erareitet wurde. Die menschliche Sicherheit, mit der wir es zu tun ha en, macht nicht mehr die Staaten zum maßgeblichen iel von Sicherheitsüberlegungen, sondern rückt ihre unktion als Mittel, für die Sicherheit der Menschen zu orgen, in den Vordergrund. Damit haben wir als Enticklungspolitikerinnen und Entwicklungspolitiker es it der Sicherheit vor Dürre und Hunger, mit der Sichereit vor Drogenund Waffenhandel, mit der Sicherheit or Korruption, mit der Sicherheit vor Nahrungsund asserknappheit, aber auch mit der Sicherheit vor Arut zu tun. Der Entwicklungsausschuss der OECD hat sich im rühjahr auf seiner Jahrestagung in Paris einstimmig auf ine Strategie zur Verbesserung der Sicherheitslage in en Entwicklungsländern geeinigt. Die Geber vereinarten, die Zusammenarbeit mit wichtigen Akteuren wie olizei, Parlament, Justiz und Zivilbevölkerung zu veressern. Sie einigten sich außerdem auf drei Bereiche, in de en künftig Unterstützung als öffentliche Entwicklungsusammenarbeit anerkannt werden kann. Der erste Beeich ist, dass bei Initiativen der Entwicklungsländer ehr Transparenz im Hinblick auf die Verteidigungsausaben zu schaffen ist. Die zweite Überlegung geht von er Stärkung der Zivilgesellschaft als Kontrollinstanz ei der Reform der Sicherheitssektoren aus. Der dritte unkt war, die Umsetzung von Gesetzen, die die Rekruerung von Kindersoldaten verhindern sollen. James Wolfensohn, der Präsident der Weltbank, hat nlässlich der Vorstellung des diesjährigen Weltentwickngsberichtes darauf verwiesen, dass Konflikte in vien Ländern der Welt die Entwicklung untergraben und Karin Kortmann dass Frieden und Entwicklung Hand in Hand gehen müssen. Dem können wir sicherlich nur beipflichten. Ich bin froh darüber, dass Bewegung auf dem internationalen Handelsmarkt, in der EU-Subventionspolitik, in den Handelserleichterungen und in der WTO entstanden ist und dass die Rohstoffausbeutung und die Privatisierung öffentlicher Güter stärker öffentliche Sanktionen erfahren. Wolfensohn sagte aber auch, dass selbst wenn wir lernen, die Entwicklungshilfe wirksamer zu machen, sie auch weiterhin wohl dafür kritisiert wird, nicht wirksam genug zu sein. Mit diesem schicksalhaft formulierten Satz habe ich allerdings meine Probleme. Ich mag mich damit nicht abfinden. Der Erfolg von Entwicklungspolitik hängt auch von den Wirkungen anderer Politiken ab, welche die Wirkungen der Entwicklungszusammenarbeit gewollt oder ungewollt unterstützen, aber auch beeinträchtigen können. Vor zwei Monaten legten die Vereinten Nationen mit ihrem Bericht zur menschlichen Entwicklung die neuesten Zahlen vor. Danach ist der Lebensstandard in vielen Teilen der Welt heute niedriger als im Jahr 1990 und der Durchschnittsbürger in 46 Ländern der Welt heute ärmer als in den 90er-Jahren. Nach dem Human Development Index, der sich vorwiegend über das Pro-Kopf-Einkommen, die Lebenserwartung und den Bildungsstand der Bevölkerung errechnet, haben seit 1990 weltweit 20 Länder einen Entwicklungsrückschritt zu beklagen. Betroffen sind in erster Linie die Länder im südlichen Afrika. Die Lebenserwartung in acht afrikanischen Ländern ist vor allem durch die Ausbreitung von Aids auf 40 Jahre und weniger gesunken. Im Jahr 2001 lebten dort 47 Prozent der Bevölkerung in absoluter Armut, 5 Prozent mehr als noch vor 20 Jahren. Anders verhält es sich in anderen Regionen der Welt. Beispielsweise leben in Asien heute 200 Millionen Menschen weniger als noch 1990 von nur 1 Dollar pro Tag. Wir werden deshalb im kommenden Jahr bei der ersten Bilanzierung fünf Jahre nach der Millenniumserklärung sehr unterschiedliche Länderund Regionalentwicklungen feststellen. Die Konsequenz kann nur sein – wie wir es gestern im Obleutegespräch miteinander besprochen haben –, dass wir erstens nicht nach dem Gießkannenprinzip Entwicklungsressourcen verteilen, sondern noch stringenter an den Länderschwerpunktsetzungen arbeiten, dass wir zweitens klare Aufgabenverteilungen mit anderen bilateralen und multilateralen Gebern festlegen, dass wir drittens die Geberaktivitäten an den Armutsentwicklungsstrategien, die in den Entwicklungsländern erarbeitet werden, anpassen, dass wir uns viertens an den Strukturen des Landes orientieren und keine zusätzlichen eigenständigen und damit oftmals unnötigen EZ-Strukturen aufbauen und dass wir uns fünftens auf ausgewiesene Sektorenbereiche, die die deutsche Entwicklungszusammenarbeit auszeichnen, konzentrieren. Ich bin sicher, dass unsere Entwicklungsministerin, die heute an dieser Debatte nicht teilnehmen kann, weil s d d l D t A s w z T S n s s u v l d v e g a t l s g d A w w w n i z n g s s w s A l (C (D ie bereits auf dem Weg zur Weltbankkonferenz ist, uns ort in diesem Sinne sehr gut vertritt. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





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(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512920200

Nächster Redner ist der Kollege Christian Ruck für

ie CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1512920300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben

eere Kassen und hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland.
as heißt, wir Entwicklungspolitiker werden immer öf-
er mit der Frage konfrontiert, warum wir Geld für die
rmen in aller Welt geben, wenn es vielen Deutschen
chlechter geht. Daher müssen wir klar machen: Welt-
eite Armutsbekämpfung ist richtig und wichtig, und
war auch für unsere eigene Zukunft. Das ist auch der
enor unseres Antrages, über den wir heute diskutieren.
Armutsbekämpfung ist zum einen richtig als Gebot der

olidarität, der Humanität und der Nächstenliebe. Es ist
icht hinzunehmen, dass Hunderte von Millionen Men-
chen in Entwicklungsländern in extremer Armut und Per-
pektivlosigkeit dahinvegetieren, einer Perspektivlosigkeit
nd Armut, die wir uns in Deutschland gar nicht mehr
orstellen können. Gott sei Dank haben unsere Lands-
eute Deutschland zum Spendenweltmeister gemacht;
as sind wir nach wie vor. Viele unserer Landsleute in-
estieren einen Großteil ihrer Freizeit in humanitäre und
ntwicklungspolitische Organisationen sowie in Nichtre-
ierungsorganisationen und Kirchen. Ich glaube, es ist
n dieser Stelle angebracht, auch diesen in der weltwei-
en Armutsbekämpfung so engagierten Mitbürgern herz-
ich zu danken.


(Beifall im ganzen Hause)

Andererseits hat Bundespräsident Köhler vor kurzem

ehr richtig gesagt, die Armutsbekämpfung sei die
rößte Herausforderung für Stabilität und Frieden in
er Welt. Diese Aussage macht deutlich, dass weltweite
rmutsbekämpfung nicht nur richtig, sondern auch
ichtig ist. Sie ist wichtig für die Menschen in den Ent-
icklungsländern genauso wie für uns Deutsche; die
eltweite Armutsbekämpfung dient auch unseren eige-
en Interessen.
Die strategische Bedeutung der Entwicklungspolitik

st in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Ohne effi-
iente Politik zur nachhaltigen Entwicklung gibt es keine
achhaltige Strategie für Stabilität und Wachstum und
egen Terrorismus, soziale Sprengsätze und Umweltzer-
törung. Auch unsere sicherheitspolitischen und Frieden
ichernden Maßnahmen in fragilen Entwicklungsländern
ie zum Beispiel in Afghanistan oder auf dem Balkan
tehen ohne Armutsbekämpfung auf tönernen Füßen.
Natürlich ist weltweite Armutsbekämpfung schwierig.
chtbaren Erfolgen, zum Beispiel in der Gesundheitspo-
itik oder bei der Alphabetisierung in Asien, stehen auch






(A) )



(B) )


Dr. Christian Ruck

wirklich frustrierende negative Erfahrungen gegenüber,
zum Beispiel in vielen Ländern Afrikas. Wir müssen uns
aber immer vor Augen halten, dass bereits heute 800 Mil-
lionen Menschen hungern und sogar 24 000 Menschen,
vor allem Kinder, täglich verhungern. Diese Zahl wird
sich womöglich bis zum Jahre 2050 verdreifachen. An-
gesichts dieser sich anbahnenden globalen Tragödie
müssen wir uns immer wieder selbst fragen: Bewegen
wir uns mit unseren Konzepten zur Armutsbekämpfung
wirklich auf dem richtigen Weg?

Unseres Erachtens befindet sich die Bundesregierung
mit ihrem Konzept nicht auf dem richtigen Weg. Große
Sprüche, aber keine Substanz –


(Beifall bei der CDU/CSU)

das ist für mich das Fazit, wenn man den rot-grünen Me-
dienrummel dem gegenüberstellt, was wirklich passiert
ist und noch passiert. Musterbeispiel ist das Aktionspro-
gramm 2015. Es wurde 2001 mit großem Pressetamtam
der Öffentlichkeit vorgestellt, aber die Umsetzung dieses
Programms klemmt. Die Bundesregierung hat ganz of-
fensichtlich die Problematik unterschätzt, vor der man
steht, wenn man eine zwar symbolträchtige, aber als
Grundlage für konkretes Regierungshandeln untaugliche
Zielsetzung zu einem konkreten nationalen Arbeitsauf-
trag umformulieren will. Deswegen hat die Wochenzei-
tung „Die Zeit“ das Aktionsgebräu des Bundeskanzler-
amtes auch als Geschwafel bezeichnet.

Es kommt auch einer Bankrotterklärung gleich, dass
die Bundesregierung trotz entsprechender Ankündigung
vor dreieinhalb Jahren immer noch keinen Umsetzungs-
plan vorgelegt hat. Ich glaube, dass wir auf diesen Um-
setzungsplan auch weiterhin vergebens warten werden.
Stattdessen versucht sich die Bundesregierung aus der
Misere zu befreien, indem sie ihr Engagement für die
weltweite Armutsbekämpfung mit wirklich geradezu
olympiareifen Tricksereien hochjubelt. Ich glaube, wir
sind im Jahre 2004 bei 88,19 Prozent der Vorhaben zur
Armutsbekämpfung angekommen. Vollkommen zu
Recht haben die deutschen Kirchen der BMZ-Leitung
Etikettenschwindel vorgeworfen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Im Ergebnis muss man leider sagen, dass das Ak-

tionsprogramm den Bundeskanzler und andere beteiligte
Ressorts völlig kalt gelassen hat. Symptomatisch hierfür ist,
dass Kanzler Schröder während seiner ersten Reise nach
Afrika versprochen hat, eine wegweisende Bundestagsde-
batte zu diesem von Armut geplagten Kontinent durchzu-
führen. Auf diese Debatte warten wir leider bis heute. Auch
das Auswärtige Amt, auf dessen Kooperation das BMZ
bei der Arbeit in vielen Entwicklungsländern angewie-
sen ist, lässt das BMZ oft im Regen stehen, zum Beispiel
im Kongo. Für eine rasche und flexible Beteiligung an
der Stabilisierung staatlicher Krisen zeigt sich die Bun-
desregierung oft zu schwerfällig; das BMZ ist alleine
überfordert. Dies hat man heute auch bei der Debatte
über Afghanistan gesehen. Wenn es um schnelle Reak-
tionen geht, sind wir in unserer Entwicklungspolitik teil-
weise nicht mehr handlungsfähig, weil wir kein Geld
mehr haben.

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(C (D Das hehre Ziel des Aktionsprogramms 2015, das geamte Bundeskabinett in die Armutsbekämpfung einzuinden, ist den alltäglichen Ressortegoismen zum Opfer efallen. Auch das schon beschriebene Ziel, bis 2006 en Anteil der Mittel für die Entwicklungszusammenareit auf 0,33 Prozent unseres Nationaleinkommens zu eben, ist in weite Ferne gerückt. (Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: So ist es leider!)


ies ist gerade im Hinblick auf den deutschen Beitrag zu
en Milleniumszielen eine Blamage vor der internatio-
alen Öffentlichkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Karin Kortmann [SPD]: 2006 ist in zwei Jahren!)


Ja, ich nehme alles zurück.

(Karin Kortmann [SPD]: Alles müssen Sie nicht zurücknehmen!)

Aber den letzten Satz würde ich dann zurücknehmen
nd mich sogar noch darüber freuen, Frau Kortmann.


(Ute Kumpf [SPD]: Nehmen Sie den Mund mal nicht so voll!)


Hinzu kommen auch handwerkliche Fehler. Die wur-
en schon angesprochen; wir diskutieren darüber auch in
ller Offenheit. Das Konzentrationskonzept der BMZ-
ührung kann nicht überzeugen. Regional herrscht oft
in erratisches Gießkannenprinzip. In den jeweiligen
artnerländern herrscht trotz aller Konzentrations-
chwüre – bei unserer Indienreise vor wenigen Wochen
aben wir dies erlebt –


(Gernot Erler [SPD]: Hört! Hört!)

in bunter Fleckerlteppich aus verschiedensten Maxi-
nd Miniprogrammen und -projekten. Vor allem in den
chwellenländern geht damit die Signifikanz unserer
ntwicklungszusammenarbeit verloren. Andererseits
erden gerade Kooperationssektoren wie Bildung und
ändliche Entwicklung, die für die Armutsbekämpfung
o wichtig sind, stiefmütterlich behandelt. Eine erfreuli-
he Ausnahme – dafür haben viele Parlamentarier aus al-
en Fraktionen gekämpft – ist, dass die Bekämpfung von
IV und Aids ernst genommen wird; darüber werden
achher noch unsere Kolleginnen sprechen. Dieser Be-
eich wurde sehr schnell mit erheblichen Mitteln ausge-
tattet.
Aber wir haben nach wie vor manche Probleme in der

ntwicklungspolitik nicht im Griff. Entwicklungsres-
ourcen werden verschwendet, weil die Akteure auf in-
ernationaler und EU-Ebene unkoordiniert Doppelarbeit
eisten oder gar gegeneinander agieren. Auch hier fällt
ie Koordinierungsbilanz des BMZ leider sehr dürftig
us. Dasselbe gilt für die EU-Kommission. Wir haben
ns schon oft darüber beklagt, dass die Kommission in-
wischen vom BMZ eine halbe Milliarde Euro erhält,
bwohl sie in ihrer Entwicklungszusammenarbeit immer
ehr Geld unkontrolliert über direkte Budgethilfe hi-
ausbläst. Auch lässt sie ihre Entwicklungszusammenar-






(A) )



(B) )


Dr. Christian Ruck

beit nur sehr widerwillig von uns und den anderen EU-
Partnerstaaten koordinieren.


(Karin Kortmann [SPD]: Aber aufgrund von IWF-Verpflichtungen, die zu Ihrer Zeit schon beschlossen worden sind!)


– Nach sechs Jahren rot-grüner Bundesregierung ist dies
ein etwas spärlicher Hinweis auf das, was in der EU pas-
siert oder nicht passiert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Entscheidend für die Effizienz der internationalen Ar-

mutsbekämpfung ist, dass wir uns nicht selbst in die Ta-
sche lügen, sondern die wirklich wichtigen Stellschrau-
ben benennen. Für mich sind es erstens Good
Governance und zweitens die Beteiligung der Ent-
wicklungsländer an der Globalisierung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Hauptverantwortlich für die fehlenden Erfolge in der

Armutsbekämpfung ist Bad Governance. Ich erinnere an
das, was Weltbankvizepräsident Richard im Ausschuss
gesagt hat:

Bad Governance ist das größte Hindernis für effek-
tive Armutsbekämpfung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Bad Governance ist auch das größte Hindernis für Wirt-
schaftswachstum.

Was nun die Einbindung der ärmeren Länder in den
Welthandel angeht, haben sich bisher überhaupt keine
Fortschritte ergeben. Auch hier müssen wir über unser
Vorgehen sorgfältig diskutieren. Eine blinde Liberalisie-
rung der Weltmärkte bringt unseren Zielgruppen oft
nichts. Wir müssen den Abbau des Protektionismus so
organisieren, dass die Armen in den Entwicklungslän-
dern davon profitieren. Jetzt stellt man bei der rot-grü-
nen Bundesregierung eine wenig Erfolg versprechende
Tendenz fest: Die deutschen Bauern werden ärmer, aber
die Armen in den Entwicklungsländern ebenfalls. Das ist
auf jeden Fall die falsche Strategie.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Mein Fazit lautet deshalb: Neben einer besseren Aus-

stattung der Entwicklungszusammenarbeit, neben einer
Steigerung der Effizienz unserer Strukturen und einer
gezielten Auswahl der Partnerländer und Kooperations-
sektoren müssen wir wirksamer als bisher auf die Ver-
besserung der Rahmenbedingungen setzen, nämlich auf
die Integration der Entwicklungsländer, zum Beispiel
durch Mikrofinanzierung – nächstes Jahr ist das UN-Jahr
der Mikrofinanzierung – und durch Agrarreformen, um
auch wirklich den Armen eine Perspektive zu geben.

Außerdem müssen wir bei der Reform der internen
Politik in den Entwicklungsländern vorankommen. Not-
falls müssen wir diese Good Governance, die Rechtssi-
cherheit, die Achtung der Menschenrechte usw., provo-
zieren und erzwingen. Das kann Entwicklungspolitik
nicht allein. Dafür, Frau Kortmann, brauchen wir natür-

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(C (D ch eine viel engere Verzahnung und Abstimmung zwichen Entwicklungs-, Außenund Sicherheitspolitik. Herr Kollege! Wir brauchen ein effizienteres Krisenmanagement Stichworte Sudan und Kongo –, und zwar tatsächlich nd nicht nur auf dem Papier, Frau Kortmann. Wenn wir ierbei nicht vorwärts kommen, dann ist auch die Arutsbekämpfung zum Scheitern verurteilt. Herr Kollege, wenn Zusammenfassungen nach Ab auf der Redezeit angekündigt werden, dann wäre es chön, wenn sie knapper ausfallen könnten. Nun erteile ich für die Bundesregierung der Parlaentarischen Staatssekretärin Dr. Uschi Eid das Wort. Dr Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen nd Herren! Auf der Konferenz von Rio 1992 hat sich ie Weltgemeinschaft hinsichtlich der wirtschaftlichen nd sozialen Entwicklung auf das Leitbild der Nachaltigkeit geeinigt. Im September 2000 haben sich die ereinten Nationen mit der Jahrtausenderklärung – auch illeniumserklärung genannt – ein Dokument geschaf en, das die Ziele der Weltkonferenzen und Aktionspläne er 90er-Jahre zusammenfasst. Es richtet unser Handeln uf die drängendsten Ziele und Herausforderungen des 1. Jahrhunderts aus. Die Staatengemeinschaft musste sich acht Jahre nach io auf politische Prioritäten verständigen. Das bis dain eher unkoordinierte Bemühen von Entwicklungsnd Industriestaaten hatte uns auf dem Weg zu einer irklich nachhaltigen Entwicklung nur wenige Schritte orangebracht. Die Entwicklungslücke blieb bestehen. inzelne Länder machten zwar große Fortschritte, aber äufig zum Preis einer zerstörten Umwelt oder sozialer erwerfungen. Die Probleme sind uns allen bekannt; ich uss sie hier nicht einzeln benennen. Deshalb war und st diese Prioritätensetzung grundsätzlich richtig. Die illeniumsziele geben uns Orientierung, damit unser andeln in einer gemeinschaftlichen Anstrengung von ord und Süd, von Arm und Reich insgesamt zielgericheter wird und wir somit Nachhaltigkeit in den internaionalen Beziehungen und in der wirtschaftlichen Enticklung verwirklichen können. Das ist die Grundlage er Politik der Bundesregierung. Daran werden wir weier hart arbeiten und das setzen wir auch um. Herr Ruck, Sie müssen uns in diesem Zusammenhang ar nicht belehren; denn wir geben dafür 3,7 Miliarden Euro pro Jahr allein aus unserem Haushalt aus nd arbeiten daran mit guten Mitarbeiterinnen und Mitrbeitern in unserem Haus, in der GTZ und in anderen Parl. Staatssekretärin Dr. Uschi Eid Durchführungsorganisationen sowie mit zwei ziemlich guten Damen an der Spitze. (Beifall bei der SPD – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/ CSU]: Die kennen wir ja gar nicht!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512920400
Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1512920500

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512920600
Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512920700




(A) )


(B) )


Die Staatengemeinschaft hat sich vor allem dem Ziel
der Halbierung von extremer Armut verschrieben.
Viele sind skeptisch und fragen sich, ob uns das wirklich
gelingen wird. Die Antwort darauf kann nur lauten: Es
bleibt uns gar keine andere Wahl. Ja, wir müssen die Ar-
mut halbieren; denn jeder Mensch, der an Hunger stirbt,
ist ein Opfer zu viel. Der Tod jeder einzelnen Mutter, die
wegen mangelnder Gesundheitsfürsorge bei der Geburt
eines Kindes stirbt, ist nicht zu verantworten. Aber wo-
rin bestehen die Voraussetzungen, um dieses Ziel errei-
chen zu können?

Erstens. Besonders die Länder mit den meisten und
ärmsten Menschen müssen ihre Verantwortung überneh-
men und eine klare, entwicklungsorientierte Innenpolitik
verfolgen. Gefragt ist zweitens eine ernst gemeinte Un-
terstützung dieser Länder durch die internationale Ge-
meinschaft. Das schließt drittens selbstverständlich auch
die deutsche Entwicklungspolitik ein, weshalb der
Kampf gegen die extreme Armut ein wichtiger Bestand-
teil unserer Entwicklungskooperation ist.

Meine Damen und Herren, jenseits dieser Vorausset-
zungen steht eines fest: Die Erreichung der Millenniums-
ziele wird sich auf jeden Fall in Afrika entscheiden. Im
Hinblick auf die Halbierung der Armut und des Hungers
machen Asien und Lateinamerika Fortschritte. In Afrika
südlich der Sahara aber sind sogar Rückschritte zu ver-
zeichnen. Gute Aussichten, Ziel Nr. 2, die allgemeine
Primarschulbildung, zu erreichen, haben Lateinamerika
und die Karibik. In Subsahara-Afrika sind die Einschu-
lungsraten weiterhin chronisch niedrig, auch wenn es in
einzelnen Ländern erhebliche Verbesserungen gibt.

Bei der Versorgung mit Trinkwasser und sanitären
Grunddiensten hinkt Afrika hoffnungslos hinterher. Die
neuesten Zahlen von UNICEF und WHO zeigen deut-
lich: Statistisch gesehen ist die Welt insgesamt auf Kurs.
Aber Subsahara-Afrika liegt weit zurück. Lediglich
58 von 100 Menschen haben dort Zugang zu sauberem
Wasser, 42 haben diesen Zugang nicht. Darüber kann
auch ein Land wie Tansania, das in den letzten Jahren ei-
nen ungeheuren Zuwachs zu verzeichnen hatte, oder ein
Land wie Namibia, dessen Bevölkerung zu 90 Prozent
mit Trinkwasser versorgt ist, nicht hinwegtäuschen.

Das Millenniumsziel Nr. 6 legt fest, dass bis 2015 die
Ausbreitung von HIV/Aids zum Stillstand gebracht und
die Trendwende der steigenden Infektionsraten eingelei-
tet sein muss. Ein Blick darauf zeigt, dass Afrika am
stärksten betroffen ist, weshalb dort bei der Aids-Be-
kämpfung unser regionaler Schwerpunkt liegt.

Welche Schlussfolgerungen ziehen wir aus dem Ge-
sagten? Erstens. Reformorientierte Afrikaner, die in ih-
ren Ländern wirksame Schritte zur Erreichung der Mil-
lenniumsziele unternehmen, werden von uns unterstützt.
Die Bundesregierung fördert Demokratie, unterstützt
Umweltmaßnahmen, hilft bei der Korruptionsbekämp-

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(C (D ung und stellt bei Reformen in der Finanzund Wirtchaftspolitik Beratung zur Verfügung. Zweitens. Die Bundesregierung investiert gezielt in ie Bereiche, auf die sich die Staaten gemeinschaftlich n Form der Millenniumsziele geeinigt haben. Ich öchte nur zwei Beispiele nennen: Über 350 Millionen uro fließen pro Jahr im Rahmen unserer Entwicklungsusammenarbeit in den Wasserbereich. Damit sind wir eltweit der zweitgrößte bilaterale Geber. Die Europäiche Kommission hat mit ihrem Wasserfonds in Höhe on 500 Millionen Euro und mit einem Förderschwerunkt auf Afrika einen wichtigen Schritt getan, um zu eier besseren Wasserversorgung beizutragen. Die Bundesregierung geht die Aids-Bekämpfung ntschiedener an als je zuvor, auch entschiedener als unere Vorgänger, Herr Ruck. In dieser Hinsicht müssen ie uns gar nichts sagen. (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Doch, ich sage Ihnen etwas! – Ulrich Heinrich [FDP]: Lenken Sie nicht ab!)


edes Jahr wenden wir über 300 Millionen Euro für die
ids-Bekämpfung auf. Allein auf dem afrikanischen
ontinent sind wir in 28 Ländern engagiert.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das heißt noch gar nichts!)


Drittens. Wenn der Kampf gegen Armut und für
ohlfahrtssteigerung wirksam und nachhaltig sein soll,
üssen die politischen Entscheidungsträger in den Ent-
icklungsländern den politischen Willen dazu haben.
as ist die Grundvoraussetzung jeglichen Handelns. Wir
ind bereit, sie dabei zu unterstützen, ihren politischen
illen umzusetzen.
Meine Damen und Herren, bei aller Konzentration auf

ie festgesetzten Jahrtausendziele dürfen wichtige The-
en jedoch nicht aus dem Blick geraten. So hätte zum
eispiel – hier stimme ich Ihnen, Herr Ruck, vollkom-
en zu – der Bereich verantwortliches Regierungshan-
eln eine größere Beachtung im Zielkatalog verdient.
chließlich sind förderliche politische und ökonomische
ahmenbedingungen für Entwicklungserfolge unab-
ingbar. Auch hätte ich mir wirtschaftspolitische Ziele
ewünscht; denn ohne Wirtschaftswachstum sind viele
iele schwer zu erreichen. Armut kann aber nur dann re-
uziert werden, wenn über Investitionen in Erziehung
nd Gesundheit hinaus Arbeitsplätze und Einkommen
ür die Armen geschaffen werden.
Warum gibt es zum Beispiel kein Millenniumsziel, das

ie Entwicklungsländer verpflichtet, bis zum Jahr 2015
ie Anzahl der steuerpflichtigen Reichen, die dort keine
teuern zahlen, zumindest zu halbieren? Warum gibt es
ein Millenniumsziel, das die beteiligten Länder ver-
flichtet, die bürokratischen Hürden zur Gründung eines
nternehmens bis 2015 mindestens zu halbieren? Wa-
um gibt es kein Millenniumsziel, welches festlegt, dass
lle Gesetze, durch die die Pressefreiheit eingeschränkt
ird, bis 2015 aufgehoben sein müssen?


(Beifall des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] und des Abg. Markus Löning Parl. Staatssekretärin Dr. Uschi Eid [FDP] – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/ CSU]: Sehr gut!)





(A) )


(B) )


Zum Beispiel hat kein geringerer als Amartya Sen den
Zusammenhang zwischen Demokratie, Pressefreiheit
und Armutsreduzierung nachgewiesen.

Herr Präsident, diese und andere Aspekte werden wir
in unserer bilateralen und multilateralen Zusammenar-
beit auch weiterhin berücksichtigen und mit der Unter-
stützung dieses Hauses ganz konsequent umsetzen. Wir
sind überzeugt, dass das notwendig und richtig ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512920800

Das Wort hat nun der Kollege Ulrich Heinrich, FDP-

Fraktion.


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1512920900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Frau Kortmann, als wir das letzte Mal hier
diskutiert haben, haben wir gemeinsam einen Antrag auf
den Weg gebracht. Alle Fraktionen waren daran betei-
ligt. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass das ge-
klappt hat.

Alle Fraktionen haben eingesehen, dass das, was in
diesem Antrag steht, notwendig ist und umgesetzt wer-
den muss. Wenn ich mir Ihren Antrag zu den Millen-
nium Development Goals ansehe, dann erkenne ich
aber, dass Sie all das, was wir aufgeschrieben haben, of-
fensichtlich vergessen haben. Auch heute haben Sie kein
Wort davon erwähnt, dass die Millennium Development
Goals nur dann erreicht werden können, wenn wir bei
der Bekämpfung von HIV/Aids entsprechende Erfolge
haben. In Ihren Forderungen haben Sie mit keinem ein-
zigen Wort dokumentiert, dass Ihnen das im Zusammen-
hang mit den entsprechenden Millennium Development
Goals als notwendig erscheint.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Karin Kortmann [SPD]: Nur zur Klarstellung: Es gibt einen gemeinsamen Antrag zu den Millennium Development Goals! Zu jedem einzelnen Ziel wird es von uns einen eigenen Antrag geben!)


– Wenn Sie sich zu Wort melden, dann dürfen Sie hier
gerne etwas sagen.

Frau Kortmann, ich sage Ihnen: Es ist nicht einsehbar
und nicht verständlich, dass Sie einen solchen Antrag zu
diesem unglaublich breiten Spektrum präsentieren und
darin kein Wort zu HIV/Aids vermerken. Ich denke, Sie
haben es wahrscheinlich noch nicht verstanden und ver-
innerlicht. Deshalb möchte ich Ihnen das noch einmal
ganz deutlich sagen: Wenn das Millenniumsziel Nr. 6
– die Bekämpfung von HIV/Aids – nicht erreicht wird,
dann werden auch andere Ziele nicht erreicht werden
können.


(Beifall des Abg. Markus Löning [FDP])


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(C (D Ich nenne einige Beispiele: Millenniumsziel Nr. 1: Bekämpfung von extremer rmut und Hunger. Glauben Sie, dass Sie dieses Ziel ereichen können, wenn uns die Menschen wegsterben und enn diejenigen, die sich normalerweise in ihrer aktiven hase befinden würden, nicht arbeiten können und nicht berleben? Millenniumsziel Nr. 2: die Primärschulausbildung für lle sicherstellen. Dadurch soll eine wesentliche Verbeserung erreicht werden. Die Lehrer in den Ländern steren derzeit schneller weg, als sie ausgebildet werden önnen. Sie haben davon nichts erwähnt. Millenniumsziel Nr. 4: Reduzierung der Kindersterb chkeit. Wir alle wissen, dass viele Kinder durch die utter-Kind-Übertragung enorm gefährdet und einem roßen Risiko ausgesetzt sind. Millenniumsziel Nr. 5: Verbesserung der Gesund eitsversorgung der Mütter. Die verheerenden Auswirungen sind uns allen bekannt. Wir werden diese Ziele nicht erreichen, wenn wir un er Augenmerk nicht verstärkt auf die Bekämpfung von IV/Aids richten. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Karin Kortmann [SPD]: Machen wir doch!)

Sie machen es nicht. Sie haben unseren Anträgen in
en Haushaltsberatungen nicht zugestimmt.


(Beifall bei der FDP – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Unerhört!)


Wir haben hier klar und deutlich Position bezogen.
ir haben in den Anträgen 50 Millionen Euro für die bi-

aterale Förderung und 50 Millionen Euro für die direkte
örderung über die Vereinten Nationen gefordert. Sie
aben beide Anträge abgelehnt. Sie fabrizieren glän-
ende Papiere. Wie ich Ihnen allerdings gerade nachge-
iesen habe, fehlen darin wichtige Dinge. Auch bekom-
en Sie nicht das Geld zusammen, das notwendig wäre,
m unserer Entwicklungspolitik überhaupt zum Durch-
ruch verhelfen zu können.


(Beifall bei der FDP)

Ich sage Ihnen: Wir können unsere Entwicklungspoli-

k und ihre Wirkung fast auf null zurückschrauben,
enn es uns nicht gelingt, einen größeren Schwerpunkt
uf die Bekämpfung von HIV/Aids zu setzen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

iese ganze Angelegenheit ist mir sehr Ernst. Ich bin
eit weg von Polemik. Ich möchte Ihnen vortragen, was
n dem Weltgesundheitsbericht von 2004 dazu steht:
ids verlangsame das Wirtschaftswachstum und er-
chwere die Bekämpfung von Hunger und Unterernäh-
ung, in stark betroffenen Ländern drohe ein kompletter
konomischer Zusammenbruch. – Das steht im Bericht
er Weltgesundheitsbehörde. Sie aber verwenden in Ih-
em Papier kein einziges Wort auf dieses Thema, obwohl
ie die Millenniumsziele avisieren.


(Karin Kortmann [SPD]: Lesen Sie den Antrag!)







(A) )



(B) )


Ulrich Heinrich

Lassen Sie mich zum Schluss auf Folgendes hinwei-

sen: Zwar kann die Ministerin heute an der Debatte nicht
teilnehmen, aber ich habe mit Interesse ihr Interview in
der heutigen Ausgabe der „FAZ“ gelesen. Dort heißt es:

So müssen wir jetzt Aids in Afrika massiv bekämp-
fen, um zu verhindern, daß ganze Gesellschaften
und Staaten verfallen.

Das war Originalton Ministerin Wieczorek-Zeul.
Ich unterstreiche diese Aussage nachdrücklich. Sie

aber haben weder in Ihrem Regierungshandeln noch in
Ihrer Antragsgestaltung kapiert, dass wir diese wichtigen
Punkte entsprechend berücksichtigen müssen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Karin Kortmann [SPD]: Das ist Unsinn, Herr Heinrich!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512921000

Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Siegmund

Ehrmann, SPD-Fraktion.

Siegmund Ehrmann (SPD):
Rede ID: ID1512921100

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Liebe Kollegen! Herr Heinrich, es dürfte Ih-
rer Aufmerksamkeit entgangen sein, dass wir dem
Thema HIV/Aids eine derartige Bedeutung beimessen,
dass wir dazu einen eigenen Antrag eingebracht haben.


(Ulrich Heinrich [FDP]: In dem anderen habt ihr es glatt vergessen!)


– Dafür haben wir es in dem einen Antrag vertieft. Die
Kollegin Ober wird dazu noch Ausführungen machen.
Insofern sollten Sie den Ball etwas flacher halten.

Werte Frau Parlamentarische Staatssekretärin, Sie ha-
ben es gar nicht nötig, sich ausschließlich selbst zu lo-
ben. Das Leitungsteam des Hauses, die Ministerin und
Sie, ist in der Tat sehr engagiert. Das führt mich zu Herrn
Dr. Ruck. Wenn Sie den Vorwurf in den Raum stellen, das
Regierungshandeln sei inkohärent, dann empfehle ich Ih-
nen zur besonderen Lektüre den Afrikaaktionsplan. Das
ist ein Musterbeispiel.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das ist wirklich ein Musterbeispiel! Papier ist geduldig!)


Wenn man ihn nicht nur durchblättert, sondern beim
Durchblättern auch Geist und Verstand einschaltet,
kommt man zu erstaunlichen Erkenntnissen.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Danke für den Tipp!)


Herr Dr. Ruck, ich verabreiche Ihnen noch etwas See-
lenbalsam. Sie haben wohltuend sachlich begonnen; das
möchte ich durchaus anerkennen. Allerdings sind Sie
dann in Betrachtungsweisen üblicher Oppositionsrollen
zurückgefallen. Wo steht unsere Strategie im Wider-
spruch zu Ihrer Kernforderung, wir müssten Good Go-
vernance akzentuieren und Partizipation betreiben? Das
ist eine der Grundlagen unserer Strukturpolitik, die wir
vorantreiben.

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(C (D (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Besonders in Afrika!)


Anfang September legte UN-Generalsekretär Kofi
nnan der Vollversammlung den dritten Statusbericht
u den Entwicklungszielen vor. Frau Dr. Eid hat einige
spekte aufgeführt. Wir haben uns in unserer Aus-
chussarbeit – darauf ist auch Herr Ruck zu sprechen ge-
ommen – mit den Bewertungen durch die Repräsentan-
en der Institutionen internationaler Entwicklungs-
usammenarbeit befasst. Die Frage ist: Wo stehen wir
eute? Die Merkmale sind beschrieben worden. Bei der
rmutsbekämpfung in Ost- und Südostasien gibt es po-
itive Entwicklungen. Fortschritte gibt es auch in den
ordafrikanischen Staaten. Frau Dr. Eid hat auf die
rundschulversorgung in Lateinamerika und in der Ka-
ibik hingewiesen.
Die Zahl grausamer Hungersnöte geht deutlich zu-

ück, obwohl das, was passiert, noch immer erschre-
kend und erschütternd ist. Neuesten Statistiken zufolge
ibt es, im weltweiten Maßstab betrachtet, einen verbes-
erten Zugang zu Wasser, obwohl gerade dieses wert-
olle öffentliche Gut auf mittlere Sicht zu verknappen
roht und neue Konfliktherde hervorrufen dürfte.
Die vereinbarten weltweiten Entwicklungsziele haben

er internationalen Entwicklungszusammenarbeit einen
eutlichen Schub gegeben. Vertretbare, klar messbare
nd zeitgebundene Ziele haben den Handlungsdruck auf
lle erhöht.
In der Tat gibt es, Herr Dr. Ruck, auch wenn man das

nstrumentarium gut ausgerichtet hat, kritische, sich zu-
pitzende Befunde, über die man nicht hinwegsehen
ann. Die Erfolge einiger Regionen sind deutlich auf
irtschaftswachstum zurückzuführen, wir erkennen
ber auch Disparitäten in der Gruppe der Entwicklungs-
änder. Manche Entwicklungsländer hatten in den 90er-
ahren ein Wirtschaftswachstum von 5 Prozent und
ehr, während die Länder, die nicht unter solch günsti-
en Vorzeichen standen, nur 1 Prozent realisieren konn-
en.


(Markus Löning [FDP]: Wie wir, zum Beispiel!)


Wir sind da auf einem guten Weg, Herr Löning. Wenn
ie Länder, über die wir gerade reden, unsere Probleme
ätten, wären wir im weltweiten Maßstab doch genau an
em Ziel, zu dem wir die Weltgemeinschaft bringen wol-
en.
Ein großes Problem ist die Entwicklungsfinanzierung.
ie internationalen Organisationen haben uns dargelegt,
ass mindestens 50 Milliarden US-Dollar notwendig
ind, um allein im Bereich Erziehung, Gesundheit,
rinkwasser und Sanitäreinrichtungen voranzukommen.
ch möchte in diesem Zusammenhang von hier aus aus-
rücklich die Haltung unserer Ministerin Wieczorek-
eul zum aktuellen britischen HIPC-Vorstoß begrüßen.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Was hat denn Herr Eichel dazu gesagt?)


Unsere Etatlage ist mir sehr wohl bewusst – und den-
och: Gerade die afrikanischen Staaten, so eine aktuelle






(A) )



(B) )


Siegmund Ehrmann

UNCTAD-Studie, haben ohne ein Schuldenmoratorium
keine Chance voranzukommen. Ich persönlich hoffe
– das sage ich ausdrücklich als Entwicklungspolitiker
der SPD-Fraktion –, dass die Konferenz des IWF und
der Weltbank am Wochenende einen guten Impuls setzen
wird.

Neben den Aspekten der Entwicklungsfinanzierung
– ich habe die Disparitäten beim Wirtschaftswachstum in
der Gruppe der Entwicklungsländer schon angesprochen –
ist der große Hammer natürlich die Krisenregion Subsa-
hara-Afrika. Auch darauf hat Frau Staatssekretärin Eid
verwiesen.

Meine Damen und Herren, mit dem Aktionspro-
gramm 2015 leistet die Bundesregierung einen großen
Beitrag, um den Entwicklungszielen zu dienen, und sie
geht deutlich darüber hinaus. Herr Dr. Ruck, wenn wir
einmal unsere innenpolitische Situation ganz allgemein
betrachten, merken wir doch alle, wie ungeheuer schwer
es selbst in relativ stabilen Systemen ist, Organisationen
auf neue Lagen einzustellen. Wenn ich mir dann vor-
stelle, was seit 2000 in der internationalen Entwick-
lungszusammenarbeit in Gang gekommen ist, kann ich
das im Vergleich zu unseren Bestrebungen im weltwei-
ten Maßstab sicherlich positiv hervorheben, erst recht,
wenn stabile und instabile Systeme miteinander koope-
rieren müssen, um weltweit Fortschritte zu erreichen. In-
sofern ist es wie bei der Betrachtung des halb vollen
oder halb leeren Glases: Es kommt auf die innere Hal-
tung zu den Problemen an. Ich bin überzeugt, dass wir
auf einem sehr guten Weg sind.

Das Aktionsprogramm stellt einen Beitrag zu einer
verbesserten Koordination der Geberländer dar. Die
Kohärenz des Regierungshandelns wurde deutlich
verbessert und ist mit Sicherheit jetzt deutlich besser als
zu den alten Zeiten, die ich nur kurz erwähnen möchte.
Eine stärkere Konzentration auf Partner und Sektoren
wurde vorgenommen und die Förderung von Good Go-
vernance in den Entwicklungsländern steht mit Priorität
auf der Agenda. Nur so lassen sich die Effekte der Ent-
wicklungszusammenarbeit stabilisieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich
zum Schluss eine Anregung unterbreiten. Gestern erhielt
ich einen Brief unserer Kollegin Dr. Volkmer, der mich
erfreute und den ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.
Ich komme auf eine einleitende Bemerkung von Ihnen,
Herr Dr. Ruck, zurück, bei der es um die Akzeptanz der
Entwicklungspolitik in Deutschland ging. Ich zitiere aus
dem Brief von Frau Dr. Volkmer:

Ich habe vor wenigen Tagen ein Fotobuch bekom-
men,

– Sie haben es wahrscheinlich auch bekommen –
mit dem „first8“ die 25 000 Entscheidungsträger in
der Welt

– es geht um die Entscheidungsträger, die in Politik, in
Parlamenten, in Regierungen Verantwortung tragen –

an die acht Milleniums-Entwicklungsziele und de-
ren weitere Verfolgung erinnern will.

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(C (D Vermutlich haben alle MdBs dieses Buch bekommen. Das halte ich für gut, weil es nicht allein euch Entwicklungspolitikern überantwortet werden darf, für diese wichtigen Ziele zu arbeiten. nschließend regt unsere Kollegin an – das möchte ich ier weitergeben, weil uns das alle betrifft; wir sind da rotz mancher Kabbeleien nah beieinander –: Wir sollten emeinsam erreichen, dass jede Kollegin und jeder Kolege aufgrund des Impulses von first8 etwas mit den ntwicklungszielen verbindet, und wir sollten gemeinam erreichen, dass über die Entwicklungspolitiker hiaus jeder Kollege und jede Kollegin in seiner bzw. ihrer rbeit vor Ort auch von dem Muss weltweiter Chancenerechtigkeit berichtet. Nur wenn wir selbst über die politischen Auseinan ersetzungen vor Ort hinaus gemeinsam werbend eintreen, können wir das öffentliche Bewusstsein schärfen nd deutlich zur Akzeptanz der Entwicklungszusamenarbeit und ihres Finanzbedarfes beitragen. Ich würde ich freuen, wenn wir uns interfraktionell auf das Ob nd auf das Wie einer solchen gemeinsamen Initiative erständigen könnten. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512921200

Dr. Conny Mayer ist die nächste Rednerin für die
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Conny Mayer (CDU):
Rede ID: ID1512921300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Frau Staatsse-
retärin, Sie haben in Ihrer Rede darauf verwiesen, dass
ie Regierung heute weit mehr zur Bekämpfung von
IV/Aids unternimmt, als es vor 1998 der Fall war. Das
st richtig, aber die Zahl der Infizierten stieg in den ver-
angenen Jahren dramatisch an. Es gibt Gott sei Dank
öllig neue Instrumente. Denken Sie an den Global Aids
onds und andere. Es gibt bei Medikamenten absolut re-
olutionäre Entwicklungen. Deshalb finde ich es un-
achlich und auch nicht legitim, die Zahlen von 1998 mit
enen von 2004 und den folgenden Jahren zu verglei-
hen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Lassen Sie mich jetzt mit einem Zitat beginnen:
So zahlreich sind die Erinnerungen, die aufgezeich-
net werden sollen, so viele Millionen Schriften wer-
den von denen bleiben, die gerade jetzt oder in na-
her Zukunft an Aids sterben werden. Die
allermeisten dieser Millionen Menschen sterben
vorzeitig … Ihre Kinder … werden in vielen Fällen
in die Heimatlosigkeit hinausgetrieben. Herrenlose
Horden von elternlosen Kindern werden über die
Kontinente dahin treiben.






(A) )



(B) )


Dr. Conny Mayer (Freiburg)


Das ist ein Zitat aus dem neuen Buch des Bestseller-
autors – Sie kennen ihn vielleicht als Krimiautor –
Henning Mankell, der in Mosambik lebt. Er ist nach
Uganda gefahren und hat mit Aidskranken gesprochen.
Er hat über die Memory Books berichtet. Das sind kleine
Bücher, die aidskranke Eltern für ihre Kinder schreiben,
um diesen von ihrem Leben und dem Aufwachsen der
Kinder zu berichten. Das soll eine bleibende Erinnerung
für das Leben nach dem Tod der Eltern sein.

Ende 2003 gab es in Subsahara-Afrika nach Angaben
von UNAIDS über 12 Millionen Aidswaisen. Bereits
heute leben mehr als 4 Millionen Aidswaisen im südli-
chen Afrika. Es sind Kinder, die durch den Tod der El-
tern zu Waisen werden und Verantwortung für Ge-
schwister übernehmen müssen, auf sich selbst gestellt
sind, selber um ihr Überleben kämpfen müssen und die
vor allem in den Großstädten oft ohne den Verbund der
Großfamilie sind. Es sind Kinder, die arbeiten, anstatt
zur Schule zu gehen, die ausgebeutet werden oder als
Kindersoldaten kämpfen müssen. Es sind Kinder, die oft
selbst mit diesem Virus infiziert sind.

Diese Millionen von Aidswaisen – wir hatten das in
der Debatte noch nicht ausführlich besprochen; deshalb
will ich eindringlich auf diese Problematik hinweisen –
sind eine Herausforderung, die wir bisher in der Ent-
wicklungspolitik noch nicht hatten. Deshalb möchte ich
Sie alle bitten, sie in unserer künftigen Arbeit zu berück-
sichtigen und im Blick zu haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber nicht nur Kinder sind betroffen. Ganze Gesell-
schaften – Herr Heinrich hat schon darauf hingewiesen –
verändern sich. Lehrer sterben weg. Schauen Sie sich die
Verwaltung an. Jeder siebte Beamte in Südafrika ist infi-
ziert. 60 Prozent aller Soldaten in Sambia sind HIV/
Aids-infiziert. Wir gehen davon aus – das gilt für viele
Länder in Afrika –, dass die Infektionsrate beim Militär
bis zu fünf Mal so hoch ist wie in der zivilen Bevölke-
rung.

In Nigeria stirbt schon jetzt jeder zweite Soldat an
Aids. Der Ausfall von Streitkräften oder Polizei bedeutet
zwar zunächst nur ein nationales Risiko für das betref-
fende Land; langfristig kann er aber auch zu einem Si-
cherheitsrisiko führen, das auch für uns ein Problem
werden kann.

Ich will noch einen anderen Gedanken aufgreifen, den
der Kollege Heinrich schon angesprochen hat. Wir haben
uns gemeinsam – darüber haben wir schon diskutiert – die
Halbierung der Armut zum Ziel gesetzt. HIV/Aids stei-
gert das Armutsrisiko. Wenn ganze Bevölkerungsschich-
ten wegbrechen, sind die wirtschaftlichen und sozialen
Folgen verheerend. Die 20- bis 40-Jährigen, die eigent-
lich dazu beitragen, dass die Wirtschaft und das gesell-
schaftliche Leben funktionieren, sind am stärksten von
HIV/Aids betroffen. Wenn diese Infizierten wegsterben,
dann wird unser Ziel der Halbierung der Armut in weite
Ferne rücken. Wir sind weit von diesem Ziel entfernt.

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(C (D eshalb können und dürfen wir die Armutsbekämpfung icht diskutieren, ohne HIV/Aids zu berücksichtigen. (Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der FDP)


Lassen Sie mich nach der Analyse eines hervorheben
ich will mich nicht ganz so kritisch äußern wie Sie,
err Heinrich –: Ich bin glücklich darüber, dass es ge-
ungen ist, den Antrag meiner Fraktion vom Frühjahr
ieses Jahres in die gemeinsame Beschlussempfehlung
inzubringen, und dass wir uns gemeinsam darauf ver-
tändigen konnten, HIV/Aids zu einem wichtigen
hema der Entwicklungspolitik zu machen. Dabei
chließe ich ausdrücklich auch die Initiativen anlässlich
er Haushaltsberatungen ein.
Lassen Sie mich abschließend zwei zentrale politische
erausforderungen nennen, die wir beim Thema HIV/
ids zu bewältigen haben und die als drängende Pro-
leme vor uns liegen. Erstens reicht es nicht aus, Geld für
edikamente zur Verfügung zu stellen. Nur wenn es in
en Entwicklungsländern gelingt, eine medizinische
nfrastruktur zu schaffen, kann das von uns zur Verfü-
ung gestellte Geld sinnvoll eingesetzt werden. Ge-
raucht werden Krankenstationen und Labors und die
echnischen Möglichkeiten, HIV/Aids-Tests durchzufüh-
en. Des Weiteren wird gut ausgebildetes Personal benö-
igt. Wir müssen es schaffen, insbesondere das medizini-
che Personal zu schulen und zu unterstützen, wo es uns
öglich ist. Langfristige Kooperationen zwischen Klini-
en sind eine Möglichkeit, Know-how auszutauschen.
nsbesondere in Osteuropa sehe ich dabei besonderen
andlungsbedarf.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die zweite zentrale Herausforderung, vor der wir Ent-
icklungspolitiker beim Thema HIV/Aids stehen, ist die
oordination der beteiligten Geber. Es gibt – das ist
beraus erfreulich – ein beträchtliches Engagement zu-
unsten der Prävention wie auch für HIV-Infizierte und
idskranke auf nationaler und auf internationaler Ebene,
onseiten staatlicher Stellen wie auch von NROs. Aber
ie Verbesserung der Koordination und Harmonisie-
ung all dieser Aktivitäten ist eine Aufgabe, die derzeit
och nicht optimal gelöst ist. Sie stellt eine der zentralen
erausforderungen dar, die wir in diesem Bereich ange-
en müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal Henning
ankell zitieren:

Es gibt eine wachsende Anzahl von Menschen, die
einsehen müssen, dass ihr Leben unerwartet kurz
werden wird. Sie werden ihre Kinder nicht beglei-
ten können, bis diese herangewachsen sind und al-
lein zurechtkommen. Deshalb schreiben sie ihre
kleinen Bücher, um nicht ganz aus dem Gedächtnis
der Kinder gelöscht zu werden.

amit bezieht er sich noch einmal auf die Memory
ooks. Ich möchte an uns alle appellieren, gemeinsam
afür einzutreten, dass in Zukunft nicht mehr, sondern






(A) )



(B) )


Dr. Conny Mayer (Freiburg)


immer weniger solcher Memory Books geschrieben wer-
den müssen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512921400

Das Wort hat nun die Kollegin Gesine Lötzsch.

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1512921500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Sehr geehrte Gäste, ich bin Abgeordnete der PDS.
Die Anträge von SPD und Grünen gehen meiner Mei-

nung nach zwar in die richtige Richtung, aber sie werden
der globalen Dramatik der Aidsepidemie nicht gerecht.
Allein in Afrika werden in der kommenden Dekade mehr
Menschen sterben, als in allen Kriegen des 20. Jahrhun-
derts zusammen. Bis Ende 2010 werden voraussichtlich
50 bis 75 Millionen Menschen mit HIV infiziert sein.
Aids ist damit zu einem globalen sicherheitspolitischen
Problem geworden.

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind jähr-
lich 6 bis 8 Milliarden US-Dollar erforderlich, um eine
weltweit wirksame Aidsbekämpfung zu leisten. Tatsäch-
lich steht dem Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids,
Tuberkulose und Malaria aber nur ein Drittel dieser fi-
nanziellen Ressourcen zur Verfügung.

Die Koalitionsfraktionen betonen in ihrem Antrag
stolz, dass die Bundesrepublik bis zum Jahr 2007
300 Millionen Euro in den globalen Fonds einzahlen
wird. Im Jahr 2005 sind 72 Millionen Euro für diesen
Fonds im Haushalt eingestellt. Das hört sich zwar gut an.
Doch setzt man diese Zahlen ins Verhältnis zu anderen
Haushaltszahlen, dann wird deutlich, dass die Regierung
die Prioritäten falsch setzt und dass die Aidsgefahr noch
immer unterschätzt wird.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Die Bundesregierung gibt in diesem Jahr für den zwei-
felhaften Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan
– meine Kollegin Petra Pau hat darauf heute Morgen
schon hingewiesen – über 300 Millionen Euro aus. Da-
mit gibt sie in einem Jahr in Afghanistan mehr Geld aus,
als sie insgesamt in den internationalen Fonds zur Be-
kämpfung von Aids bis 2007 einzahlen will. Allein die
Personalausgaben für den Afghanistaneinsatz betragen
im Jahr 2004 rund 71 Millionen Euro. Dies wiederum
entspricht in etwa der Summe, die die Bundesregierung
2005 in den Anti-Aids-Fonds einzahlen will. Ich weiß,
dass Sie solche Vergleiche überhaupt nicht mögen. Doch
der Bezug ist nicht konstruiert, sondern zwingend. Wenn
man sich eine globale Bedrohungsanalyse zur Hand
nimmt, dann wird es offensichtlich: Die Aidsepidemie
ist eine gefährlichere globale Bedrohung als die afghani-
schen Warlords.

Wir, die PDS, erwarten von der Bundesregierung ei-
nen höheren finanziellen Beitrag zur Bekämpfung von
Aids.

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(C (D ir halten es auch nicht für sachgerecht, dass die EUommission von 2003 bis 2007 nur 340 Millionen Euro n diesen Fonds einzahlen will. Ich fordere die Bundesegierung auf, ihren Einfluss geltend zu machen und ein rößeres Engagement von der EU und den G-8-Staaten u verlangen. Wir werden trotzdem Ihren Anträgen zustimmen; enn jeder Schritt in die richtige Richtung ist besser als ar keiner. Das Wort hat nun die Kollegin Dr. Erika Ober, SPD raktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen nd Kollegen! Wir haben heute schon viel über die Prolematik der Entwicklungspolitik sowie die weltweiten robleme, die uns alle beschäftigen, wie zum Beispiel rmutsbekämpfung, Versorgung mit sauberem Wasser nd zunehmende Krankheiten in den Entwicklungslänern, gehört. Die Millenniumsziele hat bereits die Staatsekretärin angesprochen. Ich möchte heute zu dem Thema HIV/Aids Stellung eziehen. Die diesbezüglichen Zahlen möchte ich nicht iederholen. Wir wissen, dass wir weltweit vor dem roblem stehen, dass sich HIV/Aids weiter ausbreitet, nd dass alle unsere Bemühungen und die anderer Staaen bisher nicht ausreichen, um die Seuche HIV/Aids inzudämmen. Wir kennen zwar das Problem. Aber die efahr ist trotz gemeinsamer zielgerichteter Anstrenungen noch nicht gebannt. Frau Mayer, Sie haben auferufen, diese Problematik gemeinsam anzugehen. Das un wir. Wir haben die vorliegende Beschlussempfehung zu HIV/Aids einvernehmlich beschlossen. Wir sollen es bei diesem wichtigen Thema vermeiden, kleinkaierte und parteipolitische Debatten zu führen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512921600
Dr. Erika Ober (SPD):
Rede ID: ID1512921700

Aus diesem Grunde möchte ich Herrn Heinrich per-
önlich ansprechen. Ihren Rundumschlag kann ich nicht
erstehen. In acht Minuten kann Frau Kortmann nicht
lle Anträge behandeln. Ich spreche speziell über das
hema HIV/Aids. Sie können ja gerne zu den vier An-
rägen der anderen Fraktionen Stellung beziehen.
Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung verstän-

igen wir uns im Großen und Ganzen darauf, dass der
eutsche Einsatz zur Bekämpfung von HIV/Aids nicht
achlassen darf. Das ist der Kern der gemeinsamen Be-
chlussempfehlung, Herr Heinrich.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512921800

Darf der Kollege Heinrich Ihnen eine Zwischenfrage

tellen?






(A) )



(B) )



Dr. Erika Ober (SPD):
Rede ID: ID1512921900

Bitte.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512922000

Herr Heinrich, bitte.

Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1512922100

Ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es er-

freulich ist, dass eine gemeinsame Beschlussempfehlung
zustande gekommen ist. Ich habe aber den gemeinsamen
Antrag der SPD und der Grünen mit der Überschrift
„Auf dem Weg zur Erreichung der Millennium Develop-
ment Goals … – Probleme bei der Zielerreichung erken-
nen und bewältigen“ kritisiert; denn in Ihren Forderun-
gen an die Bundesregierung haben Sie kein einziges Mal
Bezug auf HIV/Aids genommen.


(Karin Kortmann [SPD]: Es gibt einen eigenen Antrag!)


Das war meine Kritik. Diese Kritik muss man hier
deutlich machen. Denn wer in der Überschrift die Pro-
blematik, das Milleniumziel zu erreichen, so generell an-
spricht und HIV als einen der Schlüsselbereiche in den
Forderungen nicht erwähnt, sondern nur in einem Halb-
satz darauf hinweist, dass sich die Situation verschlech-
tert hat, hat das Thema verfehlt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Dr. Erika Ober (SPD):
Rede ID: ID1512922200

Herr Heinrich, ich verweise auf die Beschlussempfeh-

lung, die wir gemeinsam verabschiedet haben. Ich
denke, dass wir darin dieses Thema ausreichend bearbei-
tet haben.


(Karin Kortmann [SPD]: Eigener Antrag!)

– Es liegt wirklich ein eigener Antrag vor. Die anderen
Anträge stehen ja noch zur Debatte.

Ich möchte weiter zu meinem Thema HIV/Aids aus-
führen. Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung ha-
ben wir uns im Großen und Ganzen darauf verständigt,
dass der deutsche Einsatz zur Bekämpfung von HIV/
Aids nicht nachlassen darf. Das war unser aller Ziel und
ist unser aller Wunsch. Es muss weiter nach Möglichkei-
ten gesucht werden, unseren Beitrag zu intensivieren.
Wenn sich Aids unbegrenzt ausdehnen kann, werden die
Probleme größer und die Lösungen immer schwieriger.
Das haben wir alle erkannt.

Die Bundesregierung hat in Kenntnis dieses Zusam-
menhangs den Etat des Einzelplans 23 für 2005 erhöht.


(Zurufe von der CDU/CSU: Was? – Das stimmt doch gar nicht!)


Die Mittel für den globalen Fonds zur Bekämpfung von
Aids, Malaria und Tuberkulose – GFATM – werden auf
72 Millionen Euro nahezu verdoppelt. Von den Mitteln
des Europäischen Entwicklungsfonds für den GFATM
von insgesamt 262 Millionen Euro trägt Deutschland al-
leine 50 Millionen Euro. Ich meine, das ist eine beach-
tenswerte Summe. Wir sollten uns da nicht immer klein-
reden und hintenanstellen.

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(C (D arüber hinaus gibt es weitere Aktivitäten zur Aidsbeämpfung auf EU-Ebene, an denen Deutschland beteigt ist. Zusätzlich zu diesen Erhöhungen haben sich die Re ierungsfraktionen dafür eingesetzt, die Mittel für die idsbekämpfung um weitere 20 Millionen Euro aufzutocken: zum einen 10 Millionen Euro zusätzlich für den FATM und zum anderen 10 Millionen Euro je zur älfte für technische und finanzielle Zusammenarbeit. Wir bleiben bei dem Ansatz der Bundesregierung, auf ehreren Ebenen zu fördern: erstens bei der Zusammenrbeit internationaler Gremien wie dem GFATM, zweins bilateral bei der Unterstützung von Kooperationsnd Partnerländern und drittens bei der Kohärenzarbeit uf nationaler Ebene. Wir brauchen in der Aidsbekämpfung weiterhin den olitischen Dialog und den Ausbau des Gesundheitsweens in den Partnerländern. Wir wollen auch die Prävenion fördern und Entwicklungspartnerschaften ausbauen. Kofi Annan hat schon im Jahre 2002 vorgeschlagen, ie Wirtschaft in den GFATM einzubinden. Wir müssen eute leider feststellen, dass die Beteiligung der Privatirtschaft nur mäßig ausfällt. Außerdem muss der Zugang zu Medikamenten für lle erleichtert werden. Die Suche nach einem Impfstoff ollte vorangetrieben werden. Hier ist sicher politisches, irtschaftliches, kirchliches und zivilgesellschaftliches ngagement gefragt. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir lle kennen die Steigerungsraten von HIV in Osteuropa. ie Vorteile der Osterweiterung der Europäischen Union ind alle unbestritten. Aber wir können nicht abstreiten, ass es eine gewisse Asymmetrie in den Gesundheitssysemen gibt. Eine noch größere Asymmetrie ist zu erkenen, wenn man über die neuen Grenzen der EU hinaus ach Osten schaut. Wir müssen damit rechnen, dass ehr Menschen bei uns behandelt werden wollen, die nderswo keine Behandlung bekommen können. Maßgeblich für den weiteren Verlauf der Epidemie in steuropa, aber auch in China, Indien und Afrika wird ein, wie ernst die Regierungen dort die Bedrohung nehen. Alle Erfahrungen aus Westeuropa sprechen für eien offenen, ehrlichen Umgang mit der Epidemie. Wir in eutschland haben mit Aufklärungskampagnen gute Erahrungen gemacht. In unserer Funktion als Parlamentaier sollten wir die Gelegenheit nutzen, mit Gesprächsartnern im Inund Ausland über Aids zu reden. Wir ollten uns diesem Gespräch nicht verschließen. Noch esser ist es, das Thema Aids direkt anzusprechen. Wir wollen auch keine Stigmatisierung. Besondere ormen von Stigmatisierung zeigen sich oft im Umgang it Drogenkonsumenten. Der intravenöse Drogengerauch ist vor allem in Osteuropa ein Hauptinfektionseg. Wir wissen, dass Drogenabhängigkeit dort als traftat und nicht als Krankheit angesehen wird. In der kraine zum Beispiel werden Drogenkonsumenten kriinalisiert und nicht therapiert. Wenn das Tabu Drogen Dr. Erika Ober gebrauch nicht fällt, kann man diesen Infektionsweg vor Ort auch nicht eindämmen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


Am Beispiel Drogengebrauch zeigt sich auch, dass es
nicht allein auf die Ausstattung mit finanziellen Mitteln
ankommt. Mehr Geld ist natürlich wünschenswert. Wer
braucht das nicht? Wir könnten es auch gut in Sachen
HIV/Aids gebrauchen, um noch mehr Aufklärung und
Hilfe leisten zu können. Zum einen müssen wir aber an-
gesichts unserer Haushaltslage realistisch bleiben, zum
anderen kann der Kampf gegen Aids aber nur erfolgreich
sein, wenn auch Bewusstsein und Engagement hinzu-
kommen. Unser Engagement muss andernorts zum
Nachdenken anregen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, von unserer
Seite besteht große Einigkeit darüber, den politischen
Dialog offen zu gestalten und konkrete Unterstützung
für Institutionen und Organisationen vor Ort anzubieten.
Seit dem Auftreten von Aids wird so offen und so öffent-
lich über sexuell übertragbare Krankheiten gesprochen
wie nie zuvor. Das ist eine Stärke im Kampf gegen Aids.
Wir sind mit unserem Engagement und auch finanziell
nicht so schlecht aufgestellt, wie es manchmal hier be-
hauptet wird. Laut UNAIDS ist Deutschland in absolu-
ten Zahlen drittgrößter bilateraler Geber in der Aidsbe-
kämpfung nach den USA und Großbritannien.
Deutschland ist in 50 Ländern aktiv und unterstützt der-
zeit in 16 Ländern schwerpunktmäßig den Gesundheits-
sektor. Durchschnittlich stellt die Bundesregierung jähr-
lich rund 300 Millionen Euro für die Aidsbekämpfung
bereit. Jetzt haben wir den deutschen Beitrag erhöht. Das
ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Aids. In diesem
Sinne wollen wir weitermachen. Das zeichnet unsere Po-
litik aus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512922300

Zum Schluss dieses Tagesordnungspunktes erhält die

Kollegin Anke Eymer für die CDU/CSU-Fraktion das
Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Anke Eymer (CDU):
Rede ID: ID1512922400

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Wir reden heute über zwei wichtige
und in sich vielschichtige Themenkomplexe, die in einer
unheilvollen Wechselwirkung stehen: die Bekämpfung
der Armut und die globale Bekämpfung von HIV und
Aids.

Über 40 Millionen HIV-Infizierte gibt es heute welt-
weit. Im vergangenen Jahr wurden 4,8 Millionen HIV-
Neuinfektionen registriert. Das sind so viele wie in kei-
nem anderen Jahr zuvor. Das bedeutet: Die zahlreichen
nationalen und internationalen Bemühungen haben nicht

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(C (D u dem notwendigen Erfolg geführt, nämlich der Einämmung dieser Pandemie. Der große Afrikaner und ehemalige Präsident Süd frikas, Nelson Mandela, hat in einem Interview Anfang ieses Jahres eine einfache Wahrheit ausgesprochen: Wir müssen diese Krankheit beherrschen, sonst werden wir von ihr beherrscht. r ruft damit gleichzeitig alle Verantwortlichen auf, in em Kampf gegen die Ausbreitung und in der Sorge um ie Betroffenen nicht nachzulassen. Es sind oft gerade ie ärmsten Länder, in denen die Aidsrate bedrohlich och ist. Es ist dort oft unmöglich, eigene wirtschaftliche nstrengungen zur Reduzierung der Armut, zum Aufau von nötigen zivilgesellschaftlichen Strukturen und um Ausbau bzw. zur Stabilisierung der politischen trukturen durchzuführen. Wie wollen Sie eine Region wirtschaftlich fördern, enn der Großteil der erwachsenen Bevölkerung an ids erkrankt oder schon verstorben ist und Kinder und ugendliche zusammen mit der Großelterngeneration m das nackte Überleben kämpfen? Ich begrüße daher usdrücklich die Beschlussempfehlung, fraktionsüberreifend zu einem Antrag zu kommen, um die Bemüungen im weltweiten Kampf gegen HIV und Aids zu erstärken. Dabei kann es aber nicht nur um ein Mehr an Einsatz nd Ausgaben gehen, sondern es muss auch um ein Beser gehen. Welche Konzepte können den zur Verfügung tehenden Mitteln zugrunde gelegt werden, damit diese ffektiver und nachhaltiger eingesetzt werden? Wo könen Kräfte sinnvoll zusammengeführt werden, wo könen Doppelungen vermieden werden? Besonders die Frage der Verzerrung und Doppelung urch unklare Kompetenzen gerade im Bereich der Auenpolitik und der Entwicklungspolitik muss bei uns ndlich von den Verantwortlichen geklärt werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


m es in ganz klaren Worten zu sagen: Es geht gerade in
er Armutsbekämpfung um ein Mehr an strategischem
ragmatismus. Armutsbekämpfung nicht theoretisch
iskutieren, sondern richtig machen –


(Beifall bei der CDU/CSU)

ichtig machen, indem bei knapper werdenden Ressour-
en eine sinnvolle Konzentration des Mitteleinsatzes,
ine bessere Ausnutzung von Synergieeffekten und eine
lare Kompetenzverteilung auf der Geberseite stehen.
ichtig machen heißt auch, in den Ländern, mit denen
ir zusammenarbeiten, in die unsere Gelder fließen, da-
auf zu achten, dass dort die notwendigen Rahmenbedin-
ungen gegeben sind oder vorrangig geschaffen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bedrohung von großen Bevölkerungsteilen durch
IV und Aids ist kein Problem allein der afrikanischen
änder. Das klang in dieser Debatte schon an. Indien so-
ie zahlreiche Länder in Ostasien und in Europa sind






(A) )



(B) )


Anke Eymer (Lübeck)


ebenso durch HIV stark bedroht. Hier bilden sich neue
Schwerpunkte einer Aidsepidemie aus. Für uns hat ge-
rade das Gebiet der ost- und südosteuropäischen Län-
der an den Grenzen der erweiterten EU ein besonderes
Gewicht. In großer Geschwindigkeit breitet sich hier die
HIV-Infektion aus. Aids ist schon lange zu einer Bedro-
hung nicht nur von einzelnen Gruppen, sondern der Ge-
samtbevölkerung geworden.

Eine große Gefahr besteht darin, dass sich in diesen
Ländern die Fehler wiederholen, die in der Vergangen-
heit in anderen Ländern gemacht wurden. Die Leugnung
oder Verdrängung der Bedrohung durch Aids und die
Stigmatisierung und Ausgrenzung der Betroffenen ver-
hindern eine breite Aufklärung und Prävention in der
Bevölkerung. Das sind aber die effektivsten Mittel im
Kampf gegen HIV und Aids.

Ein Weiteres möchte ich in diesem Zusammenhang
unterstreichen. Es herrscht zunehmend – übrigens auch
bei unseren Jugendlichen – wieder Unkenntnis über HIV
und Aids und über die Ansteckungswege. Gerade in der
Generation der Jugendlichen weiß man oft nicht mehr,
dass Aids nicht heilbar ist. Dazu kommt, dass neben
Frauen, bei denen ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht,
Kinder und Jugendliche zu der am meisten gefährdeten
Gruppe gehören. Nach Schätzungen von UNICEF wer-
den bis zum Jahr 2010 bis zu 20 Millionen Aidswaisen
in Afrika leben; heute sind es bereits 13 Millionen.

Ich möchte mit einem weiteren Zitat von Nelson
Mandela schließen:

Die Zukunft einer Nation ist nur so vielverspre-
chend wie die nächste Generation ihrer Bürger.

Unsere Politik muss sich verstärkt diesen bedrohli-
chen Tatsachen zuwenden.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512922500

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen nun zur Beschlussempfehlung des Aus-

schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung auf Drucksache 15/3411, und zwar zunächst zu
dem Antrag der Fraktionen der SPD und des Bündnis-
ses 90/Die Grünen auf Drucksache 15/2408 mit dem
Titel „Globale Bekämpfung von HIV/Aids intensivie-
ren“ und zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 15/2465 mit dem Titel „Entwicklungspolitik
muss Bekämpfung von HIV/Aids verstärken“. Der Aus-
schuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfeh-
lung, die genannten Anträge zusammenzuführen und un-
ter der Überschrift „Globale Politik muss Bekämpfung
von HIV/Aids intensivieren“ in der Ausschussfassung
anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Möchte jemand dagegen stimmen oder sich der
Stimme enthalten? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die
Beschlussempfehlung einstimmig angenommen.

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(C (D Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt er Ausschuss die Ablehnung des Antrages der Fraktion er FDP auf Drucksache 15/2469 mit dem Titel „Beämpfung von HIV/Aids zu einem Hauptanliegen in der ntwicklungspolitik machen“. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich der Stimme? – Die Beschlussempfehlung ist it den Stimmen der Koalition angenommen. Tagesordnungspunkt 7 b. Hier liegt eine Beschluss mpfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusamenarbeit und Entwicklung auf Drucksache 15/3506 um Antrag der Fraktionen der SPD und des Bündnises 90/Die Grünen mit dem Titel „Auf dem Weg zur Ereichung der Millenium Development Goals robleme bei der Zielerreichung erkennen und bewältien“ vor. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf rucksache 15/1005 anzunehmen. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer nthält sich der Stimme? – Die Beschlussempfehlung ist ehrheitlich angenommen. Tagesordnungspunkt 7 c. Interfraktionell wird die berweisung der Vorlage auf Drucksache 15/3098 an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgechlagen. Darf ich dazu Ihr Einverständnis feststellen? – as ist der Fall. Dann ist es so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft – zu dem Antrag der Abgeordneten Cajus Julius Caesar, Peter H. Carstensen Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Urwaldschutz durch nachhaltige Holzund Forstwirtschaft stärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm, Sören Bartol, Dr. Herta DäublerGmelin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Cornelia Behm, Undine Kurth Beck Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Urwaldschutz verstärken – Drucksache 15/2747, 15/3464, 15/3794 – Berichterstattung: Abgeordnete Gabriele Hiller-Ohm Cajus Julius Caesar Cornelia Behm Dr. Christel Happach-Kasan Hierzu soll nach einer interfraktionellen Vereinbarung ine halbe Stunde debattiert werden. – Ich höre dazu keien Widerspruch. Dann haben wir das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die SPD raktion erhält zunächst die Kollegin Gabriele Hillerhm. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD Fraktion setzt sich seit langem intensiv für den Schutz der Urwälder ein. Sie tut dies auf nationaler, auf europäischer und auf internationaler Ebene. Uns ist eine Vernetzung aller möglichen Handlungsfelder wichtig, damit wir bei diesem Thema endlich vorankommen. Wir haben einen Antrag vorgelegt, der genau dies verfolgt: Wir nehmen alle politischen Ebenen in die Pflicht. Diesen Ansatz vermisse ich bei dem vorliegenden Antrag der CDU/CSU-Fraktion. Das ist bedauerlich; denn im Ziel sind wir uns in diesem Hause alle einig: Die Zerstörung der Urwälder muss gestoppt werden. Jedes Jahr wird eine Waldfläche halb so groß wie Italien vernichtet. Das darf so nicht weitergehen. Obwohl jeder weiß, wie unwahrscheinlich wichtig die Wälder, vor allem die tropischen Regenwälder, für die gesamte Menschheit sind, werden sie weiterhin rigoros zerstört. Sie, Herr Kollege Caesar, haben mit eigenen Augen erlebt, wie wertvolle Torfmoorurwälder in Indonesien durch künstliche Kanäle entwässert wurden, damit die Holzfällertrupps im wahrsten Sinne des Wortes noch besser zuschlagen können. Wir brauchen die Wälder für unser Klima, als Süßwasserfilter und Wasserspeicher, als Grundlage für Pflanzen, Tiere und Menschen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )

Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1512922600

Nirgendwo ist die Artenvielfalt so groß wie in den
tropischen Regenwäldern. Diese Vielfalt geht mit jedem
Hektar Wald, der vernichtet wird, verloren. Hier dürfen
wir nicht tatenlos zusehen. Hier müssen wir handeln.
Das tut die SPD-Fraktion. Deshalb haben wir gemein-
sam mit unserem Koalitionspartner diesen umfassenden
Antrag eingebracht.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Wir brauchen Geld und keine Anträge!)


Worin unterscheidet sich unser Antrag von dem der
CDU/CSU-Fraktion? Das ist ganz einfach. Die CDU/
CSU-Fraktion fordert etwas, was so nicht geht. Sie for-
dert ausschließlich nationale Lösungen. Deutschland ist
jedoch keine Insel. Wir sind eingebettet in Europa und
europäische Gesetzgebungsverfahren. Wir können zum
Beispiel im Außenhandelsrecht nicht einfach sagen, dass
wir unsere Handelsgrenzen dicht machen und nichts
mehr herein lassen. Das geht nicht.

Hier müssen wir europäische Lösungen finden und
das ist auch gut so.

Wenn auf europäischer Ebene gesagt wird: Wir wol-
len keine Holzimporte aus illegalen Einschlägen, wir
verbieten, kontrollieren und sanktionieren das, dann ist
dies allemal wirkungsvoller, als wenn Deutschland einen
nationalen Alleingang unternimmt. Die Europäische
Kommission hat inzwischen erste Vorschläge zur Ein-
dämmung illegaler Holzimporte vorgelegt. Das ist ein
richtiger Schritt in die richtige Richtung.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber ein kleiner!)


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(C (D Auch im Hinblick auf die internationale Ebene bietet hr Antrag nichts. Nur Schweigen im Walde. Wie sieht es auf nationaler Ebene aus? Große Töne in er Presse, zum Beispiel zu Ihrem Vorschlag, Herr Kolege Caesar, die Vergaberichtlinien der Hermesbürgchaften zu verschärfen. Was finden wir darüber in Ihem Antrag? Kein einziges Wort! Wie es aussieht, haben hre Fraktionskollegen diesen Vorschlag im Vorweg assiv abgeholzt. Zu Ihrer Information: In unserem Anrag ist diese Forderung enthalten. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich freue mich sehr, dass wir heute im Bundestag über
iese so wichtige Problematik debattieren und politische
ösungen auf den Weg bringen.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wir freuen uns, dass Sie von Ihrem eigenen Antrag so begeistert sind!)


s wäre schön gewesen, wenn wir das gemeinsam ge-
chafft hätten. Warum war das nicht möglich? Ich werde
s Ihnen sagen: Anfang des Jahres lud Greenpeace zu ei-
em parlamentarischen Abend ein und stellte ein
rwaldschutzgesetz vor. Die CDU/CSU-Fraktion hat die
orderung von Greenpeace schnell und bereitwillig auf-
egriffen.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das war doch gut! – Cajus Julius Caesar [CDU/CSU]: Wir sind nun einmal schnell!)


err Kollege Caesar, es ist schon erstaunlich: Warum
ieser denkwürdige Kuschelkurs mit den Leuten von
reenpeace,


(Zurufe von der SPD: Oh! – Cajus Julius Caesar [CDU/CSU]: Nur kein Neid!)


uf die Sie, meine Damen und Herren von der Opposi-
ion, sonst so gerne schimpfen?


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Kleinkariert!)


anz einfach: Die CDU/CSU-Fraktion weiß genau, dass
ie gestellten Forderungen auf nationaler Ebene so über-
aupt nicht umsetzbar sind. Aus diesem Grund können
ir Ihren Antrag nicht mittragen


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das ist eine Ausrede!)


nd haben einen eigenen eingebracht. Wir machen näm-
ich im Gegensatz zu Ihnen keine Luftnummern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Wir haben Ihnen Verhandlungen angeboten, um zu-
indest die europäische Ebene mit in den Forderungska-
alog aufzunehmen. Wir sind dabei bei Ihnen auf Granit
estoßen. Geben Sie es zu, meine Damen und Herren
on der CDU/CSU-Fraktion: Sie waren von vornherein
berhaupt nicht an Gesprächen und Verhandlungen mit
ns interessiert. Ich bedauere das wirklich sehr. Denn






(A) )



(B) )


Gabriele Hiller-Ohm

gerade bei einem für die gesamte Menschheit so wichti-
gen Thema erwarte ich, dass ideologische Grabenkämpfe
überwunden werden.

Unser Antrag enthält im Gegensatz zu Ihrem ein Bün-
del aus nationalen, europäischen und internationalen
Forderungen. Es bestehen gute Aussichten, diese auch
durchzusetzen. Wenn es Ihnen, meine Damen und Her-
ren von der Opposition, tatsächlich ernst mit dem Schutz
der Urwälder ist, dann können Sie unserem Antrag Ihre
Zustimmung nicht verweigern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512922700

Das Wort hat der Kollege Cajus Julius Caesar für die

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Cajus Julius Caesar (CDU):
Rede ID: ID1512922800

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Dem Erhalt der tropischen Wälder, aber auch der gesam-
ten Urwälder kommt für die Union eine zentrale Bedeu-
tung zu. Wir, die Union, wollen den Urwald retten. Des-
halb setzen wir darauf, dass Sie uns mithelfen.

Zugegeben, die Urwälder, die Tropenwälder, die Na-
turwälder sind weit weg und deshalb sehr oft nicht direkt
in unserem Bewusstsein. Dennoch wird es uns hart tref-
fen, wenn wir nicht in der Lage sind, entsprechende
Handlungsmaßnahmen in Angriff zu nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb haben wir den Antrag „Urwaldschutz durch
nachhaltige Holz- und Forstwirtschaft stärken“ schon am
23. März dieses Jahres vorgelegt. Sie, die SPD und die
Grünen, haben dann einige Monate später einen eigenen
Antrag eingebracht,


(Kurt Segner [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

weil Sie damals erkannt haben: Der Antrag der CDU/
CSU ist nicht schlecht. Er enthält das, was die Retter des
Urwalds und die Naturschutzverbände vertreten. Aber er
steht auch in Einklang mit der Holzwirtschaft. Deshalb
ist es der richtige Weg nach vorn. Dies ist der Weg, den
Urwald zu retten und gleichzeitig nachhaltige Forstwirt-
schaft zu betreiben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei der Beratung des Antrages haben wir erlebt, dass

es Zustimmung seitens der FDP gab, aber auch viele an-
erkennende Worte vonseiten der SPD und der Grünen.
Deshalb waren wir als Union enttäuscht, dass Sie dann
nicht in der Lage waren, unserem Antrag tatsächlich zu
folgen und zuzustimmen. Ich meine, man sollte bei die-
sem Thema über Parteigrenzen und über Fraktionsgren-
zen hinwegschauen, um den Urwald zu schützen und zu
erhalten.

In Ihrem Antrag finden wir sehr viel Eigenlob.

(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Aber nicht im Forderungsteil!)


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(C (D ir können zur Kenntnis nehmen, dass die Bundesregieung an sehr vielen Konferenzen teilgenommen hat. ber es muss uns darum gehen, tatsächlich zu handeln. Schauen wir uns die Problematik an, so können wir eststellen: 15 Millionen Hektar Urwald gehen jährlich erloren. Nur etwa die Hälfte dieser Fläche wird Jahr für ahr wieder aufgeforstet, und zwar durch Plantagenwäler oder durch Palmölplantagen. Da sagen wir: Das kann o nicht weitergehen, das können wir nicht hinnehmen nd hier müssen wir tätig werden. Täglich sind es 0 000 Hektar Urwald, die verloren gehen. Deshalb haen wir unseren Antrag gestellt. Dass Sie einen eigenen ntrag vorgelegt und noch ein paar zusätzliche Möglicheiten gefunden haben, um dieses oder jenes noch weiter oranzubringen, tut der Sache an sich nur gut. Unsere Forderung, die Einfuhr illegal geschlagenen der gehandelten Holzes zu unterbinden, ist der richtige eg im Sinne der Urwälder oder anderer Primärwälder. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ir hatten gehofft, dass Sie unseren Antrag und unsere
orgehensweise unterstützen würden. Denn es ist wich-
g, dass wir die noch vorhandenen intakten Wälder kar-
ographisch erfassen und dass wir die Daten laufend fort-
chreiben. Aber es ist auch wichtig, dass das Holz, das
us diesen Ländern exportiert und von uns bzw. in die
U importiert wird, einen Legalitätsnachweis besitzt.
ch glaube, dass das von großer Bedeutung ist. Deshalb
üssen wir dies auch erreichen. Derjenige, der diesen
achweis nicht erbringt und illegal geschlagenes Holz
inführt und damit handelt, sollte mit Sanktionsmaßnah-
en rechnen müssen. Das ist der richtige Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Illegalität, Kriminalität und Profitgier Einzelner dür-
en unsere Natur weder in den exportierenden Ländern
och hier in diesem Maße beeinträchtigen. Der Zertifi-
ierungsnachweis der importierten Hölzer muss unab-
ingbar sein. Ich glaube, darin sind wir uns einig. Aber
ir müssen darauf achten, dass wir nicht im Streit um
ertifizierungssysteme das Gesamtkonzept zerschlagen.
eshalb muss es unser Weg sein, nach den Kriterien zu
chauen und die Zertifizierungssysteme, die diese Krite-
ien erfüllen, alle anzuerkennen und das Holz, das nach
iesen Kriterien eingeführt wird, zu verwenden und die
erwendung zu befürworten.
Damit helfen wir den Menschen in den exportieren-

en Ländern, nicht in die Armut zu geraten. Damit hel-
en wir, den auch im Tropenwald umweltfreundlich er-
eugten Rohstoff Holz sinnvoll zu verwenden. Damit
agen wir auf der einen Seite dem Schutz der Natur
echnung und auf der anderen Seite gleichzeitig der
irtschaftlichen Entwicklung der Länder. Wir sorgen da-
it auch für das Einkommen der dort lebenden Men-
chen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb ist es wichtig, dass wir neben dem FSC-Sys-
m das PEFC-System, aber beispielsweise auch die Zer-






(A) )



(B) )


Cajus Julius Caesar

tifizierungssyteme, die in Malaysia auf den Weg ge-
bracht worden sind – wie das MTCC-System –, hier
anerkennen und darauf achten, dass die Kriterien dieser
Systeme erfüllt werden.

Die EU-Kommission hat freiwillige Partnerschaften
beschlossen. Dies ist der Weg in die richtige Richtung.
Dies muss dann in entsprechende gesetzliche Regelun-
gen münden. Ich glaube, da sind wir uns einig. Ich hoffe
es zumindest. Ziel muss es sein, dass die europäischen
und auch die deutschen Verbraucher reinen Gewissens
Gartenmöbel oder Möbel überhaupt auch aus dem Tro-
penwald erwerben können.

Illegaler Holzeinschlag bedeutet Artenrückgang, Ver-
steppung, Verwüstung und erhebliche Klimaverände-
rung. Deshalb ist dies nicht nur für die Länder, die direkt
davon betroffen sind, sondern für uns alle ein wichtiges
Thema.

Wir geben unserer Wirtschaft neue Vorgaben, bei-
spielsweise durch den Emissionshandel. Wir diskutieren
im Deutschen Bundestag darüber, wie wir mit den erneu-
erbaren Energien umgehen. Beispielsweise werden die
erneuerbaren Energien durch die Stromeinspeisungsver-
gütung mit rund 2,5 Milliarden Euro jährlich unterstützt.
Wir müssen auch darüber nachdenken, ob all die Maß-
nahmen, die wir hier treffen, richtig sind, wenn gleich-
zeitig an anderer Stelle so viel CO2 in die Umwelt ge-langt, dass diese Maßnahmen durch die Umweltschäden
wieder zunichte gemacht werden. Deshalb ist es so
wichtig, dass wir die Bedeutung der Urwaldzerstörung
erkennen.

Die Waldbrände in Indonesien setzen ungeheure
Mengen an CO2 frei. In nur wenigen Monaten sind dort10 Millionen Hektar Wald verbrannt. Wenn Sie diese
Fläche mit der Waldfläche der Bundesrepublik Deutsch-
land von rund 10,7 Millionen Hektar vergleichen, dann
bedeutet das, dass in etwa die Waldfläche Deutschlands
in nur wenigen Monaten verbrennt. Die Wolke aus die-
sen Bränden ist 2 000 mal 4 000 Kilometer groß. Die
Menschen in den dortigen Städten mussten Schutzmas-
ken tragen. Wer sich das vor Augen führt, der weiß, wel-
che Schäden durch diese Brände verursacht werden. Ich
habe ein Bild mitgebracht, auf dem man die Zerstörun-
gen ansatzweise erkennen kann. Ich gebe dieses Bild
gerne an die Kollegen weiter.

Man muss sich auch verdeutlichen, was nach der Ab-
holzung, nach der Entnahme wertvoller Stämme, nach
der Brandrodung passiert: Dann werden Tausende von Ki-
lometern – beispielsweise in Indonesien über 4 000 Kilo-
meter – an Wasserkanälen gebaut, die natürlich dazu die-
nen, das Holz zu transportieren. Es werden aber auch
Entwässerungskanäle gebaut, was dazu führt, dass der
Grundwasserspiegel innerhalb weniger Monate um ein
bis zwei Meter sinkt. Das Ergebnis sind weitere Brände
und ein weiterer Verlust der Artenvielfalt. Außerdem ist
eine Wiederaufforstung nicht möglich. Auf den gerode-
ten Flächen siedeln sich sehr arme Gras- und Farnsys-
teme an, was dazu führt, dass das gesamte Land versteppt
und letztendlich kaum noch etwas dort wächst. Selbst
Land- und Viehwirtschaft sind dann kaum noch möglich.

Wenn wir dies einmal unter den globalen Aspekten
beleuchten, dann erkennen wir, dass die Versteppung

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(C (D nd Verwüstung letztendlich zu erheblichen Schäden für as Gesamtklima führt. Wir können auch feststellen, ass im Urwald an anderer Stelle, nämlich dort, wo es ich nicht um Torfwälder handelt, riesige Erdmassen urch den Straßenbau bewegt werden. Zuerst werden ort die wertvollsten Stämme genutzt; dann kommt die apierund Zelluloseindustrie. In Teilen dieser Wälder orgt auch Brandrodung dafür, dass es zu Vergrasung nd Versteppung kommt. Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass wir als Bür er, insbesondere aber auch als politisch Verantwortliche efordert sind. Wir müssen dafür sorgen, dass auch die olz abnehmenden Länder nicht wegschauen. Wir müsen Verantwortung übernehmen und müssen darauf achen, dass wir in der Tat nur Holz einführen und mit Holz andeln, das aus legalem Holzeinschlag stammt. afür müssen wir alle sorgen und kämpfen. Immerhin ist es so – da sollten wir uns nicht aus der erantwortung stehlen –, dass auch Deutschland Sperrolzabnehmer ist. Kenner der Materie wissen, dass rund 0 Prozent der Tropenholzimporte in die EU aus illegaem Holzeinschlag stammen. Ich sage es deshalb noch inmal: Wegschauen ist hier nicht der richtige Weg. Wir üssen uns dieser Verantwortung stellen und den richtien Weg gehen. Sie haben eben die Hermesbürgschaften angespro hen. Ich bin in den vergangenen Wochen auf sie eingeangen, weil ich es nicht für richtig halte, dass Bürgchaften oder Gelder bereitgestellt werden, die nvestitionen in Maschinen zulassen, die wiederum für en illegalen Holzeinschlag Verwendung finden. Auch ie wissen, dass Gelder in das Unternehmen APP geflosen sind; dieses Unternehmen ist dafür bekannt, dass es iese Gelder in dunklen Kanälen versickern lässt. So ber kann keine verantwortbare Politik im Sinne der alderhaltung und des Umweltschutzes aussehen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ganz wichtig ist s, darauf zu achten, dass die vor Ort lebenden Menchen nicht in die Armut getrieben werden. Wir müssen aher bei den legal arbeitenden Firmen dafür sorgen, ass sie ihr Preisgefüge halten können und es nicht durch llegalen Holzeinschlag in Gefahr gebracht wird. Wenn wir die wertvollsten Naturressourcen dieser rde erhalten, dann tragen wir entscheidend zum Erhalt er Lebensgrundlagen der gesamten Menschheit bei – icht nur der vor Ort lebenden Menschen, sondern auch on uns allen und unseren Kindern. Werden wir unserer erantwortung gerecht! Der Erhalt der noch vorhandeen Urwälder durch nachhaltige Bewirtschaftung bedeuet Armutsbekämpfung, Klimaschutz, Artenvielfalt und achhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Wir müssen ieser Verantwortung gemeinsam gerecht werden. Ich offe, dass wir es auch gemeinsam schaffen werden. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kurt Segner [CDU/CSU]: Das war eine Rede mit Substanz!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512922900

Das Wort hat nun die Kollegin Cornelia Behm, Bünd-

nis 90/Die Grünen.


Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512923000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ein Bild hat sich mir eingeprägt. Es zeigt ha-
itianische Kinder, die Trinkwasserbeutel aus Schlamm-
fluten fischen. Dieses Bild gehörte zu den Schlagzeilen
der letzten Woche, die die verheerenden Folgen des Tro-
pensturms „Jeanne“ auf Haiti beschrieben. „Jeanne“ hat
dort mindestens 1 200 Menschen das Leben gekostet;
mehr als 1 250 werden noch vermisst.

Hauptgrund dafür, dass die mit dem Sturm einherge-
henden Regenfälle solche immensen Schäden anrichten
konnten, ist nach Expertenangaben die massive Abhol-
zung des Waldes. Zur Zeit seiner Entdeckung im
15. Jahrhundert war Haiti noch völlig mit Wald bedeckt.
Vor allem der enorme Energiebedarf in den letzten Jahr-
zehnten, der zu mehr als 70 Prozent mit Brennholz ge-
deckt wird, hat dazu geführt, dass heute nur noch knapp
5 Prozent der Insel bewaldet sind.

Für die weltweite Zerstörung von Urwäldern ist Haiti
ein Beispiel von vielen. Auch die Gründe für Waldzer-
störung sind vielfältig. Griechenland wurde bereits in
der Antike großflächig entwaldet. Das Holz wurde für
den Bau der Schiffe gebraucht, die Griechenlands Ruhm
als Seefahrernation festigen sollten. Heute wird Wald in
Brasilien zu Ackerland, damit mit billigem Soja der
Weltmarkt erobert werden kann. In Südostasien wird der
Wald zu Einwegstäbchen verarbeitet oder er muss
Palmölplantagen weichen.

Im „Neuen Deutschland“ vom 20. September wird
der von mir sehr geschätzte Kollege Caesar zitiert. Er
zeigte sich entsetzt darüber, dass indonesische Torf-
moorurwälder in Sumatra mit Kanälen entwässert wer-
den. So werden sie für Holzfällertrupps zugänglich, aber
auch unwiederbringlich zerstört.

Ob Griechenland, Haiti oder Sumatra, durch Vernich-
tung der Wälder werden Regionen devastiert und ihr
ökologisches Gleichgewicht wird empfindlich gestört.
Die Bewohner werden ihrer natürlichen Lebensgrund-
lage beraubt.

Im Bewusstsein, dass Wälder und ganz besonders Ur-
wälder als die letzten noch verbliebenen naturbelassenen
Waldgebiete der Erde unverzichtbar sind, haben sowohl
die CDU/CSU-Fraktion als auch die Koalition Anträge
zum Urwaldschutz vorgelegt. Die CDU/CSU fordert in
ihrem Antrag die Bundesregierung auf, sich für einen
verbesserten Schutz der Urwälder einzusetzen und ins-
besondere Maßnahmen gegen die Einfuhr, den Handel
mit sowie die Verarbeitung und Ingebrauchnahme von il-
legal geschlagenem Holz zu ergreifen.

Das sind zweifellos richtige und wichtige Gedanken;
dennoch greifen sie zu kurz. Diese Maßnahmen erfassen
nur das letzte und das vorletzte Glied der Kette und sie
sind ein zahnloser Tiger; denn die Märkte in Ostasien
sind in höchstem Maße aufnahmebereit für Holz, auch
für illegal geschlagenes Holz. Was nützt es, wenn

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(C (D eutschland die Einfuhr verbietet und dafür China noch in bisschen mehr illegal geschlagenes Holz abnimmt? Unser Antrag dagegen zeigt den ganzen Kanon unter chiedlicher Ansatzpunkte für einen wirksamen Urwaldchutz auf. (Beifall der Abg. Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


abei geht er erheblich über nationale Maßnahmen ge-
en illegal geschlagenes Holz hinaus. Er macht deutlich,
ass auch Urwaldschutz eine Frage der Nachhaltigkeit
t, die ökonomische, ökologische und soziale Aspekte
at. Diese drei Aspekte in Einklang zu bringen ist eine
erausforderung, vor der wir entwickelten Länder ge-
einsam mit den Ländern stehen, deren wirtschaftliche
ituation sie bisher zum Raubbau an ihren Lebensgrund-
gen zwingt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die letzten naturbe-
ssenen Wälder dieser Erde dürfen nicht für ein Klin-
eln im Geldbeutel gewissenloser Unternehmer geopfert
erden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


anz sicher bedarf es international abgestimmter Aktio-
en gegen illegalen Holzeinschlag und gegen den Han-
el mit illegal geschlagenem Holz. Es bedarf jedoch vor
llem einer Politik des verantwortlichen Handelns aller
kteure auf allen Ebenen. Es braucht sowohl internatio-
al wirksame Rechtsinstrumente zum Schutz der Wälder
ls auch eine Bevölkerung, die bereit ist, ihren Wald zu
chützen, weil sie erkannt hat, dass sie von einer nach-
altigen Nutzung profitiert.
Inzwischen gibt es nach diesem Prinzip „Schutz

urch Nutzung“ viele Projekte in Kolumbien, in Brasi-
en und in anderen Teilen der Welt. Im Land Branden-
urg arbeitet das UNESCO-Schutzgebiet Biosphärenre-
ervat Spreewald seit 1997 auf der Basis eines
ooperationsvertrags mit dem philippinischen Biosphä-
enreservat Palawan zusammen. Dort erfolgen Austau-
che; die philippinischen Partner werden in ihrem Be-
treben zur Erhaltung des Urwalds unterstützt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Interesse eines
tsächlich wirksamen Urwaldschutzes bitte ich Sie, dem
eiter gehenden Antrag der Koalitionsfraktionen Ihre
timme zu geben.
Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512923100

Für die FDP-Fraktion hat nun die Kollegin Angelika
runkhorst das Wort.


Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1512923200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 15 Millio-

en Hektar naturnaher Wälder gehen jedes Jahr verloren.
ie Situation in einigen Ländern ist dramatisch. Denken






(A) )



(B) )


Angelika Brunkhorst

wir an Indonesien! Dort geht der ungehemmte Raubbau
voran.

Vor diesem Hintergrund ist es eigentlich unverständ-
lich, dass wir es nicht geschafft haben, zu einem gemein-
samen Antrag zu diesem Thema zu kommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Das können Sie ja noch ändern!)


Wir sind uns in wesentlichen Punkten einig. Der Schutz
der letzten verbliebenen Urwälder muss eine Aufgabe al-
ler Fraktionen sein, der sich alle verpflichtet fühlen.

Die dramatische Situation vieler Urwälder schreitet
voran; der illegale Holzeinschlag wurde hier bereits ge-
nannt. In mancher Region ist natürlich auch die Armut
Ursache für den illegalen Einschlag; das sollten wir nicht
vergessen. In Anbetracht all dieser Zusammenhänge
halte ich das Lob im Antrag der Koalitionsfraktionen in
Bezug auf die rot-grüne Bundesregierung für etwas de-
platziert. Es geht an der Sache vorbei und rettet keinen
einzigen weiteren Baum.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Lesen Sie die Forderungen in unserem Antrag!)


– Ja, die habe ich gelesen.
Jeder hat ein Gefühl dafür, was Urwälder sind. Aber

es muss etwas mehr darum gehen, was Urwälder ganz
konkret sind. Wir brauchen international abgestimmte
Definitionen. Ich denke, wir müssen der Bundesregie-
rung den Auftrag erteilen, sich auf internationaler Ebene
intensiv an der Erarbeitung einheitlicher Definitionen für
die unterschiedlichen Waldkategorien wie Urwälder,
Altwälder oder Sekundärwälder zu beteiligen. Dieser
Prozess wurde schon vom Waldforum der Vereinten Na-
tionen angestoßen. Von der FAO wurde eine Harmoni-
sierung, Sammlung und Systematisierung bereits beste-
hender waldrelevanter Definitionen eingeleitet. Das
befürworten wir von der FDP ganz ausdrücklich.

Die von der Regierung betriebene einseitige Förde-
rung nur eines Holzzertifikates hat sich im internationa-
len Urwaldschutz aus unserer Sicht nicht bewährt. Es
gibt insgesamt acht Zertifikate. Es ist in der Sache völ-
lig verfehlt, nur eines hervorzuheben. Ich denke, hier
handelt Rot-Grün auch aus nationaler Befindlichkeit.
Das ist überhaupt nicht im Interesse der internationalen
Aufgabe des Urwaldschutzes.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die FAO drängt auf Anerkennung aller Zertifikate; denn
sie alle leisten ihren Beitrag zum Urwaldschutz. Dieser
Weg sollte auch in Deutschland verfolgt werden.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Nun komme ich zum Inlandsmarkt. Deutschland ist

nach den USA und Japan weltweit der drittgrößte Impor-
teur von Holz und Holzprodukten. Deswegen haben wir
eine besondere Verantwortung. Eine weitere Bürokrati-

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(C (D ierung der Waldwirtschaft in unserem Land erhöht den ruck und verstärkt dadurch wiederum mittelbar den edarf an Holzimporten. Das ist ein falscher Weg, der n diesem Zusammenhang einmal erwähnt werden muss. Wir wollen den Kampf gegen den illegalen Holzein chlag führen. Wir wollen, dass die Waldnutzung der inheimischen Bevölkerung in den Entwicklungsländern elbst zugute kommt. Deswegen sollten wir versuchen, en armen Ländern der Erde dabei zu helfen, ihre Wäler in entsprechender Weise für die Bekämpfung der rmut zu nutzen und gleichzeitig ein verstärktes Beusstsein für die Bedeutung des Schutzes ihres eigenen aldes zu entwickeln. Statt weiterer internationaler Verrdnungen ist Hilfe zur Selbsthilfe angesagt. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Einen Beitrag dazu könnte die Weltbank leisten, die
ine Strategie zum Schutz dieser Wälder entwickelt hat,
deren Rahmen das Potenzial der Wälder zur Vermin-
erung der Armut eingesetzt werden soll. Die Wälder
ollen in eine nachhaltige Entwicklung integriert werden
nd es sollen lokal und global bedeutsame Wälder ge-
chützt werden.
Wir brauchen den Erhalt der Wälder der Erde für das

eben der Menschen vor Ort, für die biologische Viel-
alt, die Sicherung der Wasserressourcen und den Klima-
chutz. Wir unterstützen den Antrag der Unionsfraktio-
en und lehnen den Antrag der Koalition ab.
Danke.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512923300

Zum Schluss dieses Tagesordnungspunktes erhält der
ollege Dr. Sascha Raabe für die SPD-Fraktion das
ort.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1512923400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr geehrten Damen und Herren! „Es ist immer
infacher, die Umwelt des anderen zu schützen.“ Dieses
itat stammt von der brasilianischen Umweltministerin
arina Silva, die übrigens selbst als Indigena aus dem
mazonasgebiet stammt. Wenn man berücksichtigt, dass
ir in Europa unsere Urwälder längst abgeholzt haben,
st es verständlich, dass uns aus den Entwicklungslän-
ern zum Teil Skepsis entgegengebracht wird, wenn wir
en Schutz der dortigen Regenwälder anmahnen.
Allerdings wissen wir spätestens seit der UNCED-
onferenz in Rio de Janeiro im Jahr 1992, dass Umwelt
nd Entwicklung zusammengehören und sich nicht aus-
chließen. Das weiß natürlich auch Marina Silva, die
ich übrigens sehr für den Erhalt der Regenwälder im
mazonasgebiet einsetzt. Es geht also darum, den Ur-
ald zu schützen und den Menschen vor Ort aus ihrer
rmut zu helfen.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)







(A) )



(B) )


Dr. Sascha Raabe

Das erreichen wir aber nicht, indem wir alle Urwälder zu
Naturschutzparks deklarieren, so sinnvoll und gut ge-
meint dies im Einzelfall auch sein mag. Nein, die Urwäl-
der bergen auch ein Wirtschaftspotenzial, welches für
die Bevölkerung vor Ort einen Anreiz bieten kann, den
Wald aus genau diesem Grund nicht zu zerstören, son-
dern ihn nachhaltig zu nutzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


So berechnet das brasilianische Umweltinstitut
IMAZON, dass durch nachhaltige Waldbewirtschaftung
rund viermal höhere Einkünfte als durch die zum Teil
praktizierte Abrodung und Nutzung durch Rinderherden
erzielt werden können und dass dadurch die Zahl der Ar-
beitsplätze in der Region verdoppelt werden könnte.

Es gibt bereits erfolgreiche Unternehmen wie
Precious Woods, die in der nachhaltigen Forstwirtschaft
tätig sind und dadurch den illegalen Holzeinschlag in
ihrem Waldgebiet verhindern. Dies können sie wirt-
schaftlich durchaus gewinnbringend tun.

In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ge-
nießt die Förderung von nachhaltiger Waldbewirtschaf-
tung einen hohen Stellenwert. Wir geben rund
130 Millionen Euro pro Jahr für forstliche Projekte aus.
Das kann sich sehen lassen. Ziel ist es, die bisherige ille-
gale Holzgewinnung ebenso wie die legale traditionelle
Forstwirtschaft durch eine nachhaltige Waldbewirt-
schaftung abzulösen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Auch die Teile des bereits unter Naturschutz stehenden
Regenwaldes könnten effektiv geschützt werden, wenn
ein Gürtel nachhaltig genutzter Waldfläche um sie he-
rum gezogen werden könnte.

Meine Damen und Herren von der Opposition, Ihr
Antrag zeigt eine verkürzte Sicht der Dinge. Es ist kein
gemeinsamer Antrag mit uns zustande gekommen. Das
hat auch seinen Grund. Sie sprechen nämlich ausschließ-
lich von der Einfuhr illegalen Holzes und davon, wie
dies zu vermeiden sei. Sie gehen das Problem aber zu
spät an; denn in Ihren Forderungen beziehen Sie sich nur
auf die Einfuhr von illegalem Holz und verlagern das
Problem damit auf andere Absatzmärkte. Der Titel Ihres
Antrages heißt zwar „Urwaldschutz durch nachhaltige
Holz- und Forstwirtschaft stärken“, im Text und in Ihren
Forderungen gehen Sie aber mit keinem Wort darauf ein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Cajus Julius Caesar [CDU/CSU]: Lesen Sie den ganzen Antrag!)


Herr Caesar, wir stimmen heute nicht über Ihre Rede
ab, in der Sie durchaus auch auf die nachhaltige Forst-
wirtschaft eingegangen sind, sondern über Ihren Antrag.
Vielleicht haben Sie unseren Antrag vor Ihrer Rede ja
gelesen. Es ist sehr schön, dass Sie ein paar Argumente
überzeugt haben.

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(C (D (Bernhard Schulte-Drüggelte [CDU/CSU]: Ist das ein Witzbold oder was ist das?)


Ich befürchte aber, dass Sie aller Rhetorik zum Trotz
n der traditionellen Forstwirtschaft festhalten wollen.
amit spreche ich jetzt die gesamte CDU/CSU-Fraktion
n. Sie übersehen dabei, dass die Zerstörung des Regen-
aldes nicht nur ein Problem des illegalen Holzeinschla-
es, sondern auch ein Problem des legalen Holzeinschla-
es ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie Urwälder können nämlich nur geschützt werden,
enn die Forstwirtschaft nicht nur legal, sondern auch
achhaltig betrieben wird. Das muss kontrolliert und
ertifiziert werden. Das FSC-Siegel, das hier schon ei-
ige Male erwähnt wurde und durch das die Einhaltung
kologischer und sozialer Kriterien garantiert wird, wäre
um Beispiel ein sehr gutes Mittel dafür.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deswegen wird der Bund bei Baumaßnahmen künftig
ur noch nachhaltig geschlagenes und entsprechend zer-
ifiziertes Holz verwenden. Wir gehen hier mit gutem
eispiel voran. Auch jeder Verbraucher kann beim Ein-
auf in Baumärkten oder Möbelhäusern einen Beitrag
azu leisten. Um einen Beitrag zum Schutz des Regen-
aldes zu leisten, muss man nicht nur Krombacher Bier
rinken, sondern man kann auch Möbel kaufen, die ein
SC-Siegel tragen.
Man muss sich auch vor Augen halten, dass wir das

icht nur für andere Menschen tun. Wir selber haben
uch einen Nutzen davon, denn es trägt zum Klima-
chutz bei; wir haben es schon gehört. Ganz wichtig ist
uch die biologische Vielfalt in den Regenwäldern, die
eilpflanzen und Heilmittel für neue Medikamente her-
orbringen. Im Unterschied zu Ihrem Antrag, in dem
azu nichts zu finden ist, steht in unserem Antrag, dass
ir die Konvention über die biologische Vielfalt beibe-
alten wollen, die auch eine gerechte Verteilung der Ge-
inne aus der Nutzung der biologischen Vielfalt der Re-
enwälder beinhaltet.
Ich sehe, dass meine Redezeit zu Ende geht. Es gilt

icht mehr das alte Umweltmotto „Global denken, lokal
andeln“; wir müssen vielmehr global und national han-
eln. Wenn die Opposition „Denken“ im Sinne des
achdenkens über unseren Antrag versteht, dann, so
laube ich, können Sie unserem Antrag nur zustimmen.
n diesem Sinne bitte ich darum.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512923500

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-

es für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
uf Drucksache 15/3794. Der Ausschuss empfiehlt unter






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des An-
trags der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/2747
mit dem Titel „Urwaldschutz durch nachhaltige Holz- und
Forstwirtschaft stärken“. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalition
bei Gegenstimmen von CDU/CSU und FDP angenom-
men.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Annahme
des Antrags der Fraktionen der SPD und des Bündnis-
ses 90/Die Grünen auf Drucksache 15/3464 mit dem
Titel: „Urwaldschutz verstärken“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koa-
lition gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP ange-
nommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:
Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung
Bericht der Bundesregierung über Maßnah-
men auf dem Gebiet der Unfallverhütung im
Straßenverkehr 2002 und 2003 – Unfallverhü-
tungsbericht Straßenverkehr 2002/2003 –
– Drucksache 15/3427 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Parla-
mentarische Staatssekretärin, Frau Iris Gleicke.

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Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1512923600


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren! Im Jahr 2003 wurden in
Deutschland mit 6 613 im Straßenverkehr tödlich Verun-
glückten die wenigsten Verkehrstoten seit der Einfüh-
rung der Statistik der Straßenverkehrsunfälle im
Jahre 1953 registriert. Zum Vergleich: 1970 gab es al-
leine auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik über
19 000 Tote. 1991, also kurz nach der Wiedervereini-
gung, lag die Zahl der Verkehrstoten bei 11 300.

Auch wenn wir uns einig sind, dass jeder Verkehrstote
einer zu viel ist, kann klar festgestellt werden: Die Zahl
der Verkehrstoten auf unseren Straßen ist von 1970 bis
heute um mehr als zwei Drittel zurückgegangen. Gleich-
zeitig gilt es, zu bedenken, dass sich in diesem Zeitraum
die Fahrleistung und der Kfz-Bestand mehr als verdrei-
facht haben. Auch für dieses Jahr erwarten wir sinkende
Unfallzahlen. Die Prognosen sind recht vielverspre-
chend. In den Monaten Januar bis Juli 2004 waren die
Unfallzahlen im Straßenverkehr gegenüber dem entspre-
chenden Vorjahreszeitraum rückläufig: bei den Getöte-
ten um minus 15 Prozent, bei den Verletzten um minus
9 Prozent, bei Unfällen mit Personenschaden um minus

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(C (D Prozent und bei Straßenverkehrsunfällen insgesamt um inus 1 Prozent. Trotz aller Erfolge gibt es aber noch lange keinen rund, sich auf diesen Lorbeeren auszuruhen. Wir wolen noch mehr Sicherheit auf unseren Straßen. Deshalb aben wir bereits im Jahre 2001 unser Programm für ehr Sicherheit im Straßenverkehr auf den Weg geracht. Damit wollen wir das Verkehrsklima in Deutschand verbessern. Wir wollen schwächere Verkehrsteilehmerinnen und Verkehrsteilnehmer schützen. Wir ollen die Unfallrisiken von jungen Fahrerinnen und ahrern reduzieren, die Verkehrssicherheit auf den andstraßen erhöhen und das Gefahrenpotenzial schweer Nutzfahrzeuge mindern. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In diesem Zusammenhang gestatten Sie mir, heute
bend eine Bitte an Sie zu richten, liebe Kolleginnen
nd Kollegen. Wie Sie wissen, beschäftige ich mich
chon seit geraumer Zeit mit dem für Radfahrer beson-
ers gefährlichen toten Winkel bei LKWs. Wir haben Ih-
en im vergangenen Juni gemeinsam mit dem Verband
er Automobilindustrie neue Spiegelsysteme vorgestellt,
ie dieses Problem lösen. Ich konnte mich in dieser Wo-
he auf der Nutzfahrzeuge-IAA davon überzeugen, dass
iese Spiegel jetzt bei den Herstellern bestellt werden
önnen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ich mich auch!)


as gilt für Neufahrzeuge und auch für die Nachrüstung
er LKWs, die zurzeit auf unseren Straßen unterwegs
ind.
Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass

ie mit den Spediteuren in Ihren Wahlkreisen reden und
afür werben, dass diese Nachrüstung tatsächlich vorge-
ommen wird, die Flotten umgerüstet und die Spiegel an
en LKWs befestigt werden, damit das Problem des to-
en Winkels auf unseren Straßen bald der Vergangenheit
ngehört.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


o können wir gemeinsam und ganz konkret einen Bei-
rag für mehr Verkehrssicherheit leisten. Eine entspre-
hende ausführliche Information gestatte ich mir Ihnen
llen noch in dieser Woche zukommen zu lassen.
Damit Maßnahmen und Fortschritte unseres Ver-

ehrssicherheitsprogramms dokumentiert werden kön-
en, soll der Unfallverhütungsbericht zu einem Control-
ing-Instrument für die Umsetzung des Programms
eiterentwickelt werden. Deshalb enthält der Unfallver-
ütungsbericht ein neu gestaltetes Kapitel, in dem die
aßnahmen rückblickend für den Berichtszeitraum dar-
estellt werden. Gleichzeitig wird aber auch ein Aus-
lick darauf gegeben, welche weiteren Schritte erfolgen
erden. Jeder kann also nachvollziehen, was in den letz-
en zwei Jahren geschehen ist und was in Zukunft unter-
ommen wird.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung wird

ihre Verkehrssicherheitsarbeit intensiv fortsetzen. Hierzu
wird auch unsere Kampagne „Rücksicht ist besser“ bei-
tragen, die im Juli von Minister Dr. Stolpe persönlich ge-
startet wurde.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Bravo!)

Wir wollen damit die soziale Verantwortung jedes Ein-
zelnen stärken und zu einer Veränderung des Verkehrs-
klimas und des Verkehrsverhaltens beitragen. Auf unse-
ren Straßen ist kein Platz für Aggressionen und für
Rücksichtslosigkeit, worunter besonders die schwäche-
ren Verkehrsteilnehmer, unsere Kinder, aber auch die äl-
teren Menschen, zu leiden haben.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ein weises Wort gelassen ausgesprochen!)


Mehr Rücksicht und mehr Sicherheit im Straßenver-
kehr – das ist eine Aufgabe, die die Politik nicht allein
bewältigen kann. Das ist vollkommen klar. Wir brauchen
hier ganz engagierte Mitstreiter, denn Sicherheit im Stra-
ßenverkehr ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Deshalb bin ich froh und dankbar, dass viele Organisa-
tionen in Deutschland ihren Beitrag zu diesem wichtigen
Anliegen leisten. Ich möchte heute Abend die Gelegen-
heit nutzen, allen engagierten Mitstreitern, insbesondere
den ehrenamtlichen Helfern, ganz herzlich zu danken,
denn ohne sie wäre eine breit angelegte wirkungsvolle
Verkehrssicherheitsarbeit kaum möglich und es gäbe
auch die vielen Erfolge nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Verkehrssicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Sie
kostet natürlich auch Geld. Deshalb ist eine ausrei-
chende finanzielle Ausstattung wichtig.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist das Entscheidende!)


Aber auch hier gilt: Der Staat kann nicht alles allein tra-
gen. Daher zum Schluss mein Appell an alle gesell-
schaftlichen Kräfte in unserem Land: Bitte unterstützen
Sie uns! Bitte beteiligen Sie sich an dieser Aufgabe! Es
lohnt sich. Der Rückgang bei der Zahl der Verkehrstoten
ist hierfür nicht nur ein guter zahlenmäßiger Beleg, son-
dern er ist auch Ausdruck der Reife unserer Gesellschaft
und unseres Gemeinwesens.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512923700

Nächster Redner ist der Kollege Gero Storjohann,

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Mein erstes Wort gilt den Mitarbeitern des Verehrsministeriums, denen ich für die Erstellung dieses erichtes herzlich danke. Er bietet immer eine Grundage für die Überprüfung der Arbeit, die wir aus dem arlament an das Ministerium herantragen. Anhand des erichtes können wir feststellen, ob es etwas gefruchtet at und wo eventuell noch neue Handlungsfelder für uns iegen. Der Unfallverhütungsbericht zeigt erneut, meine Daen und Herren: Wir müssen uns weiter für die Verbeserung der Verkehrssicherheit einsetzen, denn jeder auf nseren Straßen verunglückte Mensch ist einer zu viel. nsbesondere gilt es, die Unfallrisiken junger Fahrerinen und Fahrer zu reduzieren. Wie wir alle wissen, sind ie 18bis 24-Jährigen überproportional häufig in Verehrsunfälle verwickelt. Der aktuelle Unfallverhütungsericht macht deutlich: Die freiwillige zweite Ausbilungsphase für Fahranfänger und das begleitete Fahren, ei dem das Land Niedersachsen eine Vorreiterrolle einenommen hat, sind wichtige Beiträge zu einer Reduzieung der Unfallzahlen bei dieser Personengruppe. Darüber hinaus stoßen wir bei jungen Fahranfängern ber seit einiger Zeit auf ein Problem, das im aktuellen ericht überhaupt nicht erwähnt wird: die Teilnahme am traßenverkehr unter Drogeneinfluss. Hier haben insbeondere die so genannten Partydrogen wie Ecstasy, Popers oder Speed eine unrühmliche Bekanntheit erlangt. as Führen eines Kraftfahrzeugs nach Einnahme dieser artydrogen, aber auch nach dem Rauchen von Hasch ist enauso wenig ein Kavaliersdelikt wie das Fahren unter lkoholeinfluss. Ich spreche hier ein Thema an, das Eltern große Sor en bereitet, da sie keinen Einfluss auf ihre Kinder im lter von 16, 17 oder 18 Jahren haben. Die Sorge der Elern besteht darin, dass sie sich fragen, was passiert, enn ihre Kinder in ein Auto steigen, dessen Fahrer uner Drogeneinfluss steht. Ich habe in meinem Wahlkreis eider erlebt, dass dies ein reales Problem mit häufig tödichem Ausgang ist. Deshalb habe ich die Bitte, dass wir ersuchen, durch verstärkte Polizeiarbeit die Dunkelzifern bei Fahrten unter Drogeneinfluss aufzuhellen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Heidi Wright [SPD]: Prävention ist da auch wichtig!)

Gero Storjohann (CDU):
Rede ID: ID1512923800

(Beifall bei der CDU/CSU)


ie Möglichkeiten des Drogenerkennungsprogramms
üssen deshalb von den Polizeien der Länder noch stär-
er genutzt werden. In den einzelnen Bundesländern
erden Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis we-
en des Fahrens unter Drogeneinfluss leider immer noch
u unterschiedlich gehandhabt. Deshalb: Das Ministe-
ium muss hier handeln. Ich fordere die Bundesregie-
ung auf, den Ländern bei der Bewältigung dieses Pro-
lems zu helfen. Entwickeln Sie gemeinsam mit den
ändern Lösungen zu einer wirkungsvolleren Vermei-
ung des Fahrens unter Drogeneinfluss!


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Gero Storjohann

Erhebliche Sorgen muss uns aber auch die Sicherheit

schwächerer Verkehrsteilnehmer bereiten. Fußgänger,
Radfahrer sowie Motorradfahrer sind im Vergleich zu
PKW- und LKW-Insassen einem besonderen Risiko aus-
gesetzt. Insgesamt gab es 2003 auf deutschen Straßen
6 618 Unfalltote. Unter ihnen befanden sich 1 059 Mo-
torradfahrer. Beim Lesen dieser Zahlen kam ich doch ins
Stutzen; denn das macht einen Anteil von 16 Prozent
aus. Was noch schwerer wiegt: Gegenüber 2002 hat sich
die Zahl der verunglückten Motorradfahrer entgegen der
allgemeinen Unfallentwicklung erhöht. Im Jahr 2002 ka-
men 1 044 Motorradfahrer bei Verkehrsunfällen ums Le-
ben. Hinzu kommen viele Schwerstverletzte. Es ist zu
bedenken, dass Motorradfahrer überwiegend im Früh-
ling und im Sommer unterwegs sind. Das heißt, wir be-
trachten nicht zwölf Monate, sondern sechs bis acht. Das
macht deutlich, welch hohem Risiko Zweiradfahrer im
Straßenverkehr ausgesetzt sind.


(Zuruf von der CDU/CSU: Gut, dass das einmal jemand so detailliert darstellt! Das ist ganz wichtig!)


Wir erleben leider zu oft, dass Motorradfahrer ohne
Helm oder mit zu hoher Geschwindigkeit auf unseren
Straßen unterwegs sind. Deshalb fordere ich die Bundes-
regierung auf, eine Verkehrssicherheitskampagne zu
starten, um die Motorradfahrer an ihre Helmpflicht zu
erinnern. Zudem sollten Motorradfahrer hierbei auch zu
verkehrsgerechtem Verhalten aufgefordert und es sollte
an ihre Vernunft appelliert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Noch größere Probleme kommen auf uns zu, wenn im
nächsten Jahr die neue Fahrlizenz S startet. Diese be-
zieht sich auf Fahrzeuge, die als Quads bezeichnet wer-
den. Sie können bis zu 45 Kilometer schnell sein und
man darf sie ohne Helm fahren. Es sind Spaßmobile, die
aus den USA kommen. Ich habe die Hoffnung, dass man
merkt, dass sie, weil sie vierrädrig sind, viel Platz weg-
nehmen und man sie nicht wie ein Fahrrad mal eben in
den Keller schieben kann. Wir müssen darauf hinwirken,
dass sie in Zukunft kein besonderes Verkehrssicherheits-
risiko darstellen.

Im Verkehrsunfallbericht ist weiterhin zu lesen, dass
der Schutz der schwächeren gegenüber den stärkeren
Verkehrsteilnehmern zu verbessern sei. Die stärkeren
Verkehrsteilnehmer seien zur besonderen Rücksicht-
nahme anzuhalten. Was aber macht das Ministerium, um
dieses Ziel zu erreichen? Es legt die ohnehin schon viel
zu knapp bemessenen Mittel in einer zweifelhaften Si-
cherheitskampagne an. Die Frau Staatssekretärin hat sie
angesprochen; es handelt sich um die Kampagne: Rück-
sicht ist besser. Sie haben das Plakat vielleicht schon ge-
sehen. Ich meine, dieses Plakat stellt keinen Sinnzusam-
menhang mit den Gefahren des Straßenverkehrs her.


(Heidi Wright [SPD]: Aber einen emotionalen!)


Der Junge mit der Narbe kann sich überall verletzt haben
– ich habe einige Zeit gebraucht, um die Narbe zu entde-

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(C (D ken –, auf dem Spielplatz oder in einer Badeanstalt. eswegen: Aufklärung ja, aber Mittel müssen optimal nd dürfen nicht suboptimal eingesetzt werden. Diesen insatz halte ich für nicht angemessen. Das war ein subptimaler Mitteleinsatz. Wir haben in dieser Woche ehrenamtliche Kampa nen gesehen, die zu loben sind. Bei Safety Stars wurden ns schöne Plakate präsentiert, die einleuchtend waren nd an die Menschen appelliert haben, sicher und ohne lkohol zu fahren. Für das Plakat der Bundesregierung ätte man nicht viel Geld zahlen müssen. Es geht auch esser, Frau Staatssekretärin. Verkehrssicherheitspolitik muss richtig betrieben wer en. Nicht nur Plakate, sondern auch Verkehrsschilder üssen eine klare Aussage beinhalten. Deshalb muss ndlich die Kombination von Stoppschild und Andreasreuz an unbeschrankten Bahnübergängen zugelassen erden. Das Dilemma bei unbeschrankten Bahnüberängen ist lange genug beschrieben worden; es ist auch elegt. Deshalb sollten wir seitens des Parlaments die oraussetzungen dafür schaffen, die Kombination von toppschild und Andreaskreuz zu ermöglichen, um nicht nur an unbeschrankten Bahnübergängen, sondern m gesamten Straßenverkehr – die Verkehrssicherheit zu rhöhen. Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit! Lassen Sie uns daran weiter arbeiten! Ich freue mich uf die Ausschussarbeit zu diesem Thema. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512923900
Gero Storjohann (CDU):
Rede ID: ID1512924000


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512924100

Das Wort hat der Kollege Peter Hettlich, Bündnis 90/
ie Grünen.


Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512924200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Die Entwicklung der aktuellen Un-
allzahlen in Deutschland müsste uns eigentlich froh
timmen. Denn nach den aktuellen Zahlen können wir
ieses Jahr mit deutlich weniger Verkehrstoten als im
ahr 2003 rechnen. Es scheint sogar möglich, in 2004
rstmals die Schwelle von 6 000 Verkehrstoten zu unter-
chreiten.
Das zeigt deutlich, dass die Bemühungen auf allen

benen Früchte tragen. Dabei gebührt unser Dank einer
ielzahl von Akteuren, die sich seit vielen Jahren im Be-
eich der Unfallverhütung engagieren. Ich möchte an
ieser Stelle insbesondere den vielen ehrenamtlich Akti-
en danken, die sich vor Ort, in vielen lokalen Initiativen
nd Vereinen, bei der Verbesserung der Verkehrssicher-
eit große Verdienste erworben haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )


Peter Hettlich

Wohlgemerkt, ich sagte eben, das müsste uns froh stim-

men; denn selbst 6 000 Verkehrstote sind immer noch
6 000 zu viel und auch die Zahl von über 450 000 Verun-
glückten – darunter rund 85 000 Schwerverletzte – sollte
uns weiterhin Ansporn sein, in unseren Bemühungen um
die Verbesserung der Verkehrssicherheit nicht nachzu-
lassen.

Hinter jedem Verunglückten steht ein Schicksal; hin-
ter Todesfällen und Schwerverletzten stehen Tragödien.
Wir dürfen nicht vergessen, dass auch unsere Gesell-
schaft durch diese Fälle einen unersetzbaren Verlust er-
leidet.

Der Unfallverhütungsbericht der Bundesregierung
sollte uns daher bestärken, den eingeschlagenen Weg
noch konsequenter zu beschreiten. Das Kapitel „Prioritä-
ten setzen“ beispielsweise beschreibt fünf zentrale
Handlungsfelder, die kurz- und langfristige Maßnahmen
beinhalten.

Für mich hat zum Beispiel die Kampagne „Gelassen
läuft’s“ eine große Bedeutung; denn sie setzt zum einen
beim Verkehrsklima und zum anderen beim schwächsten
Glied in der Kette an, nämlich bei uns, bei den Verkehrs-
teilnehmern, beim Faktor Mensch.

Auf der Veranstaltung „Multi modal mobil“ unserer
Bundestagsfraktion am 24. April dieses Jahres hatte
Matthias Knobloch vom ACE im Forum Verkehrssicher-
heit einige sehr interessante Aspekte in die Diskussion
eingebracht, über die es sich nachzudenken lohnt. Der
Kernsatz lautete: Verkehr und damit Verkehrssicherheit
konkurrieren gegen andere „Alltagsprobleme“ und ha-
ben dabei schlechte Chancen. – Dabei fällt mir spontan
das bekannte Kampagnebild „Wer fährt?“ ein, das einen
rauchenden, Kaffee trinkenden und telefonierenden Au-
tofahrer zeigt. Wir scheinen uns bereits so sehr an das
Arbeits- und Lebensumfeld Auto gewöhnt zu haben,
dass wir häufig gar nicht mehr registrieren, wie sehr wir
schon den Alltagsroutinen verhaftet sind.

Routine – das wissen wir zum Beispiel von Extrem-
sportlern oder Menschen in Gefahrenberufen – kann
aber lebensgefährlich werden, wenn wir dadurch unsere
Grenzen und somit auch Grenzsituationen nicht mehr er-
kennen und richtig einschätzen. Knobloch fordert daher:
Emotionalisieren, statt Gelassenheit zu verbreiten . – Die
Initiative „Vorsicht Menschen(s)kinder“ hat große Auf-
merksamkeit mit ihrem Plakat gewonnen – es ist uns si-
cherlich allen bekannt –, das einen Mann zeigt und dazu
den Spruch: Haus gebaut, Baum gepflanzt, Kind verlo-
ren.

Was ist nun der richtige Weg: Emotionalisierung
oder Gelassenheit? Ich meine, die Mischung aus bei-
dem macht es. Die hohe Emotionalisierung weckt
schneller Aufmerksamkeit und Betroffenheit, hat aber
vor allen Dingen bei nicht unmittelbar Betroffenen eine
geringe Langzeitwirkung. Die Strategie „Die Entde-
ckung der Gelassenheit“ hat da sicherlich eine langsa-
mere, aber dafür nachhaltigere Wirkung.

Wir scheinen also auf einem richtigen Weg zu sein.
Wenn ich mir die sinkenden Unfallzahlen näher an-
schaue und die Zahlen für das erste Halbjahr und den

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(C (D uli 2004 auf dieses Jahr hochrechne – alles unter Beücksichtigung der Tatsache, dass die Unfallraten im weiten Halbjahr im Durchschnitt höher sind –, dann önnen wir dieses Jahr tatsächlich die 6 000er-Marke bei en Getöteten und die 450 000er-Marke bei den Verletzen unterschreiten. Ich freue mich auch darüber, dass insbesondere in den stdeutschen Bundesländern Brandenburg, Mecklenurg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, in denen die ahl der Getöteten je 1 Million Einwohner nach wie vor rheblich über dem Bundesdurchschnitt liegt, eine deutich positivere Entwicklung zu beobachten ist. Ich warne jedoch davor, von einer linearen Fortset ung dieser Entwicklung auszugehen. Über die Frage, arum wir in diesem Jahr einen derart überproportionaen Rückgang der Zahl der Unfälle mit Personenschäden m Vergleich zu den Unfallzahlen insgesamt zu verzeichen haben, sollten wir bald nach Vorliegen der endgültien Zahlen im Ausschuss diskutieren. Dann müsste auch ine Aussage darüber möglich sein, ob es sich hier tatächlich um einen Trend handelt und, wenn ja, auf welhen Entwicklungen dieser beruht. Eines müsste uns aber deutlich geworden sein: Das um Beispiel vom VCD in seiner Studie zu Vision Zero orgegebene Ziel von 3 500 Toten weniger und 250 000 Veretzten weniger binnen zehn Jahren erscheint angesichts ieser Entwicklung nicht mehr so utopisch. Es ist tatsächich erreichbar. Auf den Feldern „Recht und Gesetz“, Fahrzeug“, „Infrastruktur“ und „Mensch“ gibt es noch ine Vielzahl von zusätzlichen Handlungsmöglichkeiten. ir sollten diese nutzen und uns vornehmen, dieses große iel zu erreichen. Wie gesagt, 6 000 Verkehrstote sind 000 Verkehrstote zu viel. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512924300

Nächster Redner ist der Kollege Horst Friedrich,

DP-Fraktion.


Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1512924400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ch kann für die FDP nur in den Chor derjenigen ein-
timmen, die angesichts des vorliegenden Unfallverhü-
ungsberichts feststellen, dass es seit Einführung der Sta-
istik – mit einer kurzen Unterbrechung durch die
eutsche Einheit aus bekannten Gründen – wieder posi-
ive Rekordzahlen gibt und dass das eine Bestätigung da-
ür ist, dass die Arbeit teilweise Früchte trägt. Aber – das
öchte ich sehr deutlich betonen – bestimmte Zahlen
leiben konstant, wie beispielsweise die Zahl der im
uto der Eltern getöteten Kinder. An diesem Fakt hat
ich seit Aufnahme der Arbeit im Wesentlichen nichts
erändert. Noch immer stirbt mehr als die Hälfte aller im
traßenverkehr getöteten Kinder im Auto der Eltern,
eil sie nicht ausreichend oder gar nicht angeschnallt
aren. Das ist für mich nach wie vor ein Skandal. Man
at zwar Geld für alles Mögliche, wie zum Beispiel






(A) )



(B) )


Horst Friedrich (Bayreuth)


Breitreifen und große Lautsprecher, aber offensichtlich
keine 50, 60 oder 70 Euro, um ein adäquates Sicherheits-
system für die eigenen Kinder im Auto einbauen zu las-
sen. Darauf muss viel deutlicher hingewiesen werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wichtig sind aber auch die Randbedingungen. Die Si-
cherheitsarbeit, die die Verkehrswachten, der Deutsche
Verkehrssicherheitsrat, die Polizei und die Fahrschulen
leisten, ist ein Schwerpunkt. Ein anderer ist die qualifi-
zierte Rettungssituation, die entscheidend für die relativ
geringe Zahl der im Straßenverkehr Getöteten ist. Der
dritte Schwerpunkt ist eine gut funktionierende Ver-
kehrsinfrastruktur. Hier scheinen wir an Boden zu verlie-
ren. Das sage ich deswegen, weil die meisten Unfälle
– was sowohl die absoluten Zahlen der Unfälle als auch
die Zahl der Getöteten angeht – auf außerörtlichen Stra-
ßen, die keine Autobahnen sind, geschehen. Wir sind da-
bei, mit der Haushaltsdotierung des Verkehrswegeplans
die Axt an die Wurzel einer guten Verkehrssicherheitsar-
beit zu legen. Das liegt in der Verantwortung der jetzigen
Regierung. Wer die Verkehrsinfrastruktur so herunter-
fährt und wer es in Kauf nimmt, dass unsere Straßen flä-
chendeckend zusammenbrechen,


(Heidi Wright [SPD]: Erzählen Sie doch nichts!)


wie es derzeit der Fall ist, der legt die Axt an die Wurzel
der Verkehrssicherheitsarbeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das gilt in gleicher Konsequenz auch – das sage ich

an die Adresse der Bundesländer –,

(Heidi Wright [SPD]: Jawohl!)


wenn man Rettungsdiensten Fahrzeuge und Material
nicht in ausreichendem Maße und nicht rechtzeitig zur
Verfügung stellt. Das sind zwei wesentliche Stellschrau-
ben, die die Verkehrssicherheitsarbeit ergänzen müssen.

Wir nehmen mit Freude zur Kenntnis, dass die Zahl
der Betroffenen geringer geworden ist. Aber wir können
die Hände nicht in den Schoß legen. Wir müssen weiter-
arbeiten. Frau Staatssekretärin, es interessiert mich eben-
falls, ob und inwieweit der Versuch „Begleitetes Fahren
mit 17“ in Niedersachsen Früchte trägt. Darüber werden
wir sicherlich noch diskutieren müssen. Das ist einer der
Schwerpunkte. Die Gesamtentwicklung gibt sicherlich
keinen Anlass, sich auszuruhen. Die Diskussion muss
fortgesetzt werden, vielleicht mit anderen Schwerpunk-
ten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512924500

Das Wort hat die Kollegin Heidi Wright, SPD-Frak-

tion.

(Beifall bei der SPD)


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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! em Staatssekretär Hartenbach möchte ich sagen, dass ch mich immer noch für den Schutz des deutschen Wales einsetze, aber seit zwei Jahren insbesondere für höere Verkehrssicherheit, wie es auch die Kollegen aus em entsprechenden Fachausschuss tun. Der Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr liegt ns alljährlich im Fachausschuss vor. Vielleicht denkt ich mancher, man müsse ihn nicht auch noch im Pleum diskutieren, es sei ohnehin jedes Jahr dasselbe. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Die Debatte könnte zu etwas früherer Uhrzeit stattfinden!)

Heidemarie Wright (SPD):
Rede ID: ID1512924600

ch sage: Doch, wir müssen ihn im Plenum diskutieren:
egen der guten Nachrichten – die Zahlen der getöteten
nd der verunfallten Menschen nehmen ab –, aber insbe-
ondere auch wegen der schlechten Nachrichten. Immer
och verunglücken zu viele Menschen auf Deutschlands
traßen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Seit 1991 ist die Zahl der Verkehrstoten – wir haben
s schon gehört – um mehr als 41 Prozent zurückgegan-
en, die Zahl der Schwerverletzten um fast 35 Prozent.
azu beigetragen haben Verbesserungen der passiven
icherheit in Fahrzeugen, die Einführung umfassender
erkehrsregelungen, die Optimierung im Rettungswesen
owie die Verbesserung der Infrastruktur. Dennoch teile
ch Ihre Befürchtung, Herr Friedrich, dass sich das nega-
iv weiterentwickelt. Das gilt insbesondere für die Infra-
truktur; ich komme aus Bayern und muss da leider über
chlechte Staatsstraßen klagen. Aber das ist heute nicht
nbedingt das Thema.
Ich begrüße, dass das Bundesverkehrsministerium

ine Reihe von Initiativen zur Aufklärung und zur Ver-
esserung der Verkehrssicherheit gestartet hat. Es ist
chon darauf hingewiesen worden. 2001 wurde das Pro-
ramm für mehr Sicherheit im Straßenverkehr be-
chlossen. Seitdem hat sich der Unfallverhütungsbericht
traßenverkehr zu einem Kontrollinstrument hinsicht-
ich der Umsetzung des Programms weiterentwickelt.
as Programm ist wichtig, weil es aufzeigt, wie Men-
chenleben geschützt, Unfallfolgen gelindert und – auch
as ist zu sagen – der volkswirtschaftliche Schaden als
olge von Verkehrsunfällen nachhaltig gemindert wer-
en kann.
Auf zwei Ziele des Programms für mehr Sicherheit

m Straßenverkehr will ich hier Ihr besonderes Augen-
erk lenken. Da ist zunächst – er ist von den meisten
ier schon erwähnt worden – der Schutz der schwäche-
en und der schwächsten Verkehrsteilnehmer: Kinder,
ahrradfahrer und Motorradfahrer. Jawohl, Herr
torjohann, hier haben wir eine ganz schlechte Entwick-
ung; wir müssen uns darum kümmern.
Wir haben uns – darauf können wir alle stolz sein –

m eine Minderung der Gefahren gekümmert, die durch
en toten Winkel bei LKWs entstehen. Staatssekretärin






(A) )



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Heidi Wright

Gleicke hat darauf hingewiesen, dass wir da im europäi-
schen, aber auch im nationalen Benehmen zu einer Ver-
besserung kommen. Es wird verbesserte Spiegelsysteme
geben. Aktuell werden sie auf der IAA für Nutzfahr-
zeuge angeboten. Ich habe im Vorgriff auf die Aufforde-
rung der Staatssekretärin schon in der letzten Woche an
meine Spediteure geschrieben.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das überrascht!)


Ich habe mich riesig darüber gefreut, was die Firma
Albert Schuck GmbH & Co. KG aus Aschaffenburg un-
ter dem 27. September schreibt:

Sehr geehrte Frau Wright,
heute ist unser Fuhrparkleiter auf der Messe in Han-
nover, u. a. auch, um den passenden Rückspiegel
ausfindig zu machen. Er hat Vollmacht, die für uns
erforderliche Anzahl an Ort und Stelle zu kaufen.
Wir werden, wie immer, wenn es um die Sicherheit
geht, einer der Ersten in Deutschland sein, welcher
diese sinnvolle Investition tätigen wird. Hoffen wir,
dass unsere Kollegen ebenso denken.

Ich finde, das ist toll.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ein zweites Thema hat Herr Friedrich angesprochen:

das Anschnallen bzw. Nichtanschnallen von Kindern in
PKW.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: So ist es!)

Jüngst gab es eine bundesweite Kampagne „Kind im
Auto 2003“. Im Zuge dessen wurde festgestellt, dass im-
mer noch jedes dritte Kind im Auto unzureichend oder
überhaupt nicht gesichert ist. Im Ortsverkehr ist sogar je-
des zweite Kind falsch gesichert.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Im Zweifel steht es zwischen den Vordersitzen!)


Das ist unglaublich. Ich verstärke hiermit den Appell:
Das darf nicht sein! Eltern sind natürlich zuvorderst ver-
antwortlich. Für jeden, der ein Kind im Auto mitnimmt,
gilt: Erst gurten, dann starten!


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Die haben sich ja beschwert, als wir die Anschnallpflicht für Mitfahrer auf dem Rücksitz eingeführt haben!)


Drittens. Vielleicht geht es sogar ohne Anschnallen,
nämlich wenn man gar kein Auto benutzt: „I walk to
school“, „zu Fuß“ – oder mit dem Fahrrad – „zur
Schule“.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Zu Fuß ist es auf dem flachen Land etwas schwierig!)


Diesen Appell habe ich an die Eltern, die Gemeinden
und die Schulen in meinem Wahlkreis gerichtet. Ich
denke, es wäre auch ein ganz sinnvoller Beitrag zu mehr
Verkehrssicherheit, wenn Eltern das Auto stehen lassen

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(C (D nd den Schulweg mit ihren Kindern neu organisieren ürden. Ich will noch ein weiteres Ziel des Programms für ehr Sicherheit im Straßenverkehr benennen: Es handelt ich darum, dass ein Klimawandel auf deutschen Straen Not tut. Raserei, Drängelei und rücksichtsloses Veralten findet sich auf unseren Straßen. Mich haben viele erichte darüber, insbesondere während der Urlaubszeit, rschreckt. Das Recht des Stärkeren ist immer noch das tärkste Unrecht. Das müssen wir, liebe Kolleginnen und ollegen, überall anprangern. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Der ganz normale Wahnsinn!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512924700

Frau Kollegin, Sie müssen auf Ihre Zeit achten.

Heidemarie Wright (SPD):
Rede ID: ID1512924800

Nachhaltige Mobilität und Sicherheit fangen im Kopf

n. Deshalb: Nachdenken lohnt sich.
Zum Nachdenken regt ein noch eindringlicheres Bei-

piel aus dieser Kampagne als das, was Sie, Herr
torjohann gefunden haben, an, nämlich die Anzeige mit
er Überschrift „Emotional gedacht“. Ich denke, diese
ewirkt etwas. Wenn uns hier aber noch etwas Besseres
infällt, sind wir sicherlich alle dafür zu haben.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512924900

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

duard Lintner, CDU/CSU-Fraktion.

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1512925000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Ganz am Ende des von der Bundesregierung
orgelegten Unfallverhütungsberichts Straßenverkehr
indet sich auf den Seiten 54 bis 59 das Kapitel mit der
berschrift „Sichere Verkehrswege“. Speziell auf die-
es Kapitel möchte ich Bezug nehmen. Dort wird näm-
ich an mehreren Stellen darauf hingewiesen, dass Inves-
itionen in der richtigen Art und an der richtigen Stelle
es Straßennetzes eine ganz maßgebliche Bedeutung für
ie Sicherheit auf unseren Straßen haben. Das versteht
ich von selbst.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


eispielsweise wird empfohlen, Ortsumgehungen zu
auen, Unfallschwerpunkte zu beseitigen oder zum Bei-
piel auch sichere und geregelte Überholmöglichkeiten
u schaffen, etwa durch die abschnittsweise Anlage zu-
ätzlicher Fahrstreifen usw. Das alles ist richtig. Tatsa-
he ist nur, dass die Bundesregierung gerade die Investi-
ionsmittel für den Bau und die Instandhaltung von
undesfernstraßen ständig kürzt und so die erklärten und
m Bericht geäußerten guten Absichten selbst ad ab-
urdum führt.






(A) )



(B) )


Eduard Lintner


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Das ist definitiv nicht richtig!)


– Ich wäre da nicht ganz so voreilig, Herr Weis.
Ein konkretes Beispiel dazu ist Ihr Umgang mit den

Einnahmen aus der LKW-Maut.

(Zuruf von der SPD: Falsche Debatte!)


Nach § 11 des Mautgesetzes sind Sie ausdrücklich ver-
pflichtet, diese Mittel, zusätzlich zu den bisher dafür
vorgesehenen Geldern, überwiegend für Investitionen
– wie es wörtlich heißt – in den Bundesfernstraßenbau
zur Verfügung zu stellen.

Die LKW-Maut soll jährlich 2,8 Milliarden Euro er-
bringen, davon ziehen Sie aber rund 700 Millionen Euro
für den Einzug der Maut und die anderen Nebenkosten
ab; es verbleiben also nur etwa 2,1 Milliarden Euro. Ent-
gegen dem Gebot, diese Mittel überwiegend für den
Straßenbau zu verwenden, haben Sie hierfür nur
1,06 Milliarden Euro vorgesehen. Eigentlich hätten
2003, weil der fiktive Mautanteil ja zur Verfügung ge-
stellt wurde, für den Bau und die Pflege von Bundesfern-
straßen etwa 4,5 Milliarden Euro vorhanden sein müs-
sen. Tatsächlich waren es aber nur 3,8 Milliarden, weil
Sie die dafür eingeplanten regulären Haushaltsmittel un-
ter Verstoß gegen die gesetzlich normierte Pflicht ein-
fach um mehr als 700 Millionen Euro abgesenkt haben.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Skandal!)

Dieser willkürliche Umgang mit eigentlich zweckge-

bundenen Investitionsmitteln hat in der Praxis natürlich
fatale Konsequenzen, nämlich unter anderem die drasti-
sche Verschlechterung des Zustands des vorhandenen
Straßennetzes.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist leider wahr!)


Wir alle, meine Damen und Herren, kennen mittlerweile
eine Fülle von Beispielen aus unseren Wahlkreisen, wo
Bundesfernstraßen nicht in einem für die optimale Ver-
kehrssicherheit zwingend erforderlichen guten Zustand
erhalten worden sind und erhalten werden. Risse und
Schäden in den Teerdecken, längere Passagen mit erneu-
erungsbedürftigen Belägen, Ortsumgehungen, die nicht
realisiert werden, und lange Abschnitte, auf denen nicht
überholt werden kann, kennzeichnen heute leider unser
Bundesfernstraßennetz. Dieser bedauernswerte Zustand
drückt sich nicht zuletzt in der Tatsache aus, dass Sie
heuer für die Erhaltung von Bundesfernstraßen erstmals
mehr ausgeben müssen, als Ihnen für den Neubau ver-
bleibt. Das ist die Konsequenz aus der ganzen Ge-
schichte.

Die Straßenbauverwaltungen – auch damit sage ich
Ihnen wahrscheinlich nichts Neues – reagieren darauf
mit drastischen Verkehrseinschränkungen und Verboten.
Die Autofahrer reagieren wütend, Aggressionen werden
geweckt und so zusätzliche Gefahren und Unfallursa-
chen geschaffen.


(Heidi Wright [SPD]: Um Gottes willen! Das ist doch wohl kein Alibi!)


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(C (D Ich kann Ihnen, Frau Kollegin Wright, ein Beispiel us meinem Wohnort Münnerstadt schildern. Die sehr tark befahrene Straße B 19 weist eine Steigstrecke auf, n deren Ende eine leichte Linkskurve zu einem Unfallchwerpunkt geworden ist. Vor Jahren hat man diese teigstrecke mit einer Überholspur für PKWs versehen. ür beide Spuren, also die Kriechspur und die Überholpur, gilt aber mittlerweile eine Geschwindigkeitsbechränkung auf 60 km/h. Das macht die Überholspur utzlos, ärgert die PKW-Fahrer und verführt, weil die inschränkung als willkürlich und schikanös eingestuft ird, zu ständigen Übertretungen, (Heidi Wright [SPD]: Ist das ein Alibi? – Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Wer hat das Schild aufgestellt?)


as wiederum durch verstärkte Polizeikontrollen be-
ämpft wird. Grund für die Geschwindigkeitsbeschrän-
ung ist laut Auskunft des Straßenbauamtes ein falscher,
or allem bei Nässe zu glatter Straßenbelag. Die einzig
innvolle Gegenmaßnahme, nämlich der Austausch die-
es gefährlichen Belages, aber unterbleibt, weil die Mit-
l, die der Bund für den Unterhalt vorhandener Straßen
ur Verfügung stellt,


(Heidi Wright [SPD]: Ich erkläre Ihnen morgen einmal, wie das geht!)


infach nicht mehr ausreichen, um all die als notwendig
rkannten Reparaturmaßnahmen durchzuführen. Es
leibt also beim Unfallschwerpunkt, obwohl man weiß,
ie abgeholfen werden könnte.


(Heidi Wright [SPD]: § 1 StraßenverkehrsOrdnung!)


Mit anderen Worten – das ist unangenehm, ich gebe
s zu –: Der beste und wirksamste Beitrag des Bundes zu
ehr Sicherheit auf unseren Straßen wäre es, wenn die
undesregierung endlich das für den Erhalt unseres Stra-
ennetzes in einem optimalen Zustand notwendige Geld
ieder zur Verfügung stellen würde. Das ist das erste
nd wichtigste Gebot für die Unfallverhütung auf unse-
en Straßen.
Ich möchte zum Schluss all jenen danken, die sich eh-

enamtlich im Bereich der Verkehrssicherheit engagie-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ie stellen sich in ihrer Freizeit in den Dienst der guten
ache. Ich meine insbesondere die Leute, die sich bei-
pielsweise bei der Verkehrswacht engagieren. Ihnen sei
eute aus Anlass dieser Debatte einmal ganz ausdrück-
ch und herzlich gedankt.
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512925100

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/3427 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
sung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a und 10 b auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit


(Münster)

FDP
Normenflut wirksam begrenzen – Überflüssige
Normen abschaffen
– Drucksache 15/1233 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit
Homburger, Rainer Brüderle, Daniel Bahr

(Münster), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der FDP
Anreize zum Bürokratieabbau setzen – Büro-
kratische Pflichtdienste bezahlen
– Drucksache 15/1811 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
FDP fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen Wi-
derspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Birgit Homburger, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1512925200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben heute Abend in der Tat ein extrem wichtiges
Thema auf der Tagesordnung, nämlich das Thema Büro-
kratieabbau. Wir debattieren über zwei Vorlagen der
FDP-Bundestagsfraktion.

Wir müssen in Zukunft verstärkt darauf achten, dass
Gesetze nur erlassen werden, wenn sie wirklich nötig
sind, und wir werden den Mut haben, überflüssige Para-
graphen zu streichen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist ein Zitat der Bundesjustizministerin vom August
letzten Jahres.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Hört! Hört!)


Aber wie sieht es mit der Einhaltung dieses Verspre-
chens aus? Zu Beginn dieses Jahres hatten wir
2 000 Gesetze mit rund 46 000 Einzelvorschriften. Dazu
kamen 3 000 Rechtsverordnungen mit fast 39 000 Ein-
zelvorschriften. Es gab in der Summe also ungefähr
85 000 Einzelvorschriften in Deutschland.

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(C (D (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Plus die Verwaltungsausführungen!)


as ist eine Regelungsdichte, die man kaum mehr
urchdringen kann. Hinzu kommt außerdem eine ganze
eihe von EU-Regelungen, die in Deutschland gelten.
Erst in der vergangenen Woche hat der Präsident des
undesverfassungsgerichts, Professor Papier, auf dem
eutschen Juristentag in Bonn gesagt, die Normenflut
berziehe die Zivilgesellschaft und die Wirtschaft mit
ehltau. Ich kann nur sagen: Er hat Recht. Wenn Sie mir
icht glauben, glauben Sie wenigstens ihm.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Heidi Wright [SPD])


Ich komme noch zu Ihnen. Bevor Sie dazwischenru-
en, warten Sie es einmal ab!
Der Wunsch nach Einzelfallgerechtigkeit und der

ersuch, jedes noch so kleine Detail in einem Gesetz
der in einer Verordnung zu regeln, führen doch nicht zu
ehr Gerechtigkeit,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht! Das sagen Sie einmal dem Einzelnen!)


ondern verkehren sich ins Gegenteil, Herr Ströbele. So
st das.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Situation ist doch zwischenzeitlich so: Wenn sich

in Bürger rechtstreu verhalten will, dann braucht er fast
chon einen persönlichen Anwalt, der ihn durchs Leben
egleitet. Anders schafft er es nicht mehr.


(Heidi Wright [SPD]: Gesunden Menschenverstand braucht man dazu!)


Hinzu kommt: Die ständigen Änderungen und Nach-
esserungen von Gesetzen führen nicht zu einer Verein-
achung. Sie verkomplizieren vielmehr die Regelungen
is zur Unanwendbarkeit. Im Ergebnis führt das zu man-
elnder Transparenz im gesamten Rechtssystem und zur
echtsunsicherheit bei den Bürgerinnen und Bürgern.
eswegen brauchen wir nicht mehr, sondern weniger
egulierung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Eine weitere Folge des Rechtsdschungels, den wir in
eutschland haben, sind Kosten, Kosten und noch ein-
al Kosten. Das Institut für Mittelstandsforschung hat
m Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums eine Er-
ebung durchgeführt – das ist völlig unverdächtig; die
ahl kommt also nicht von uns – und hat festgestellt,
ass jährlich Bürokratielasten in Höhe von
6 Milliarden Euro anfallen. Das sind übrigens 50 Pro-
ent mehr als 1995. Die Unternehmen wurden gefragt,
arum das so ist. Die Antwort war, dass der Hauptgrund
ie rot-grüne Bundesregierung ist,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Das kann gar nicht sein!)


ie immer mehr Gesetze und Verordnungen verabschie-
et hat, die zu mehr Komplikationen geführt haben.






(A) )



(B) )


Birgit Homburger

Ich kann nur sagen: Die Hauptlast in diesem Bereich

schultern die kleinen und mittleren Unternehmen, die
pro Arbeitsplatz und Jahr deutlich mehr aufwenden müs-
sen als die Großunternehmen. Das bedeutet, dass genau
diejenigen belastet werden, die wir für Dynamik, Inno-
vation und Wachstum brauchen. Daher muss man sich
nicht wundern, dass es in Deutschland nicht aufwärts
geht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viele Gesetze haben Sie denn gemacht?)


Das alles zeigt, wie dringend notwendig unsere Initia-
tive zum Bürokratieabbau ist. Der Staat und vor allen
Dingen die rot-grüne Regierung brauchen offensichtlich
Druck. Deshalb fordern wir, die Unternehmen für alle
neuen bürokratischen Pflichtdienste zu bezahlen; denn
nur das bietet einen echten Anreiz zum Bürokratieabbau.
Ich kann es nicht einsehen, dass sich der Staat jeden
Handschlag bezahlen lässt. Beispielsweise behält er auf-
grund seines Aufwandes beim Einzug der Kirchensteuer
im Durchschnitt 3 Prozent des Kirchensteueraufkom-
mens ein.


(Lachen des Abg. Joachim Stünker [SPD] – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schaffen wir sie ab!)


Aber wer berechnet die Kirchensteuer? Das ist doch
nicht das Finanzamt, sondern der Unternehmer. Das
heißt, der Unternehmer und nicht das Finanzamt muss
entlastet werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr merkwürdige Geschichte! Haben Sie das mit den Kirchen besprochen? – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das zahlen doch die Kirchen!)


Wenn ich mir die verzweifelten Versuche von Herrn
Clement zum Bürokratieabbau ansehe, dann muss ich
sagen, dass von dem groß angekündigten Masterplan
nichts mehr übrig geblieben ist. Auf der einen Seite ver-
kündet Herr Clement, er wolle irgendeine Regelung ab-
schaffen. Wunderbar! Wir sind sofort dafür. Wenn er
eine kleine Möglichkeit entdeckt, dann freut er sich wie
ein Feuerwehrmann, der gerade einen brennenden Busch
gelöscht hat. Auf der anderen Seite hat irgendein Kabi-
nettskollege ein Stück Wald angezündet.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir zündeln nicht!)


Das ist die Situation, in der wir uns befinden.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich kann Ihnen das an einem Beispiel verdeutlichen.
Während Herr Clement marginale Änderungen im Gast-
stättenrecht durchsetzt, bringt Herr Eichel ein Formular
für die Einnahmenüberschussrechnung auf den Weg.
Dieses Formular war eigentlich als Vereinfachung und
zur Entlastung der Betriebe gedacht. Aber das Gegenteil
von dem, was der Deutsche Bundestag wollte, kommt

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(C (D abei heraus, nämlich 82 Zeilen, drei Seiten und fünf eiten Erklärungen dazu. Das kennzeichnet Ihre Bemüungen zum Bürokratieabbau. Frau Kollegin, Sie müssen sich kurz fassen. Ja gerne, Frau Präsidentin. Ich komme zum Schluss. Ich bitte darum. Wir haben in unserem Antrag Möglichkeiten zum Bü okratieabbau aufgezeigt. Wir haben eine Befristung von esetzen und Verordnungen vorgeschlagen. Ich kann der DU/CSU, die sich in diesem Sommer ebenfalls dazu eäußert hat, nur sagen: Willkommen bei der FDP. Sie aben es einfach: Sie können unserem Antrag zustimen. Ich würde mich freuen, wenn Sie den zwei zum iederholten Mal eingebrachten, konkreten Initiativen nserer Fraktion zustimmen würden, – Frau Kollegin, Sie müssen jetzt wirklich zum Schluss ommen. – zumal angeblich wir alle einer Meinung sind. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Michael Bürsch, SPD-Frak ion. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512925300
Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1512925400
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512925500
Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1512925600
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512925700
Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1512925800

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512925900

Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1512926000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine Damen und Herren! Der Vorteil des zweiten Red-
ers zu einem Tagesordnungspunkt ist, dass er das vom
opf auf die Füße stellen kann, was von der Opposition
n den Raum gestellt wurde. Seit es in Deutschland Ge-
etze gibt, Frau Kollegin, beschäftigt sich die Politik na-
ürlich immer wieder mit dem Thema Bürokratieabbau.
s handelt sich sozusagen um eine tägliche, monatliche
nd jährliche Wiedervorlage. Kenner werden an die
underbare Vorlage des Films „Und ewig grüßt das
urmeltier“ erinnert: Jeden Tag kommt das auf den
isch, was wir schon gestern erlebt haben.
Leider ist der Begriff „Bürokratieabbau“ inzwischen

u einem sehr beliebigen Allgemeinplatz geworden.
uch heute liegen uns wieder zwei Anträge der FDP
or, die die wuchernde Bürokratie als Wurzel nahezu
llen politischen Übels identifiziert haben. Da uns die






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch

FDP-Fraktion in letzter Zeit mit einer Vielzahl ähnli-
cher Anträge in Atem hält, möchte ich das zum Anlass
nehmen, heute ein paar seriöse Anmerkungen zu die-
sem Thema zu machen.


(Heiterkeit des Abg. Joachim Stünker [SPD])

Die Anträge der FDP zeigen zweierlei Zielsetzungen

auf, die die Bundesregierung schon längst umgesetzt hat.
Oder sie unterbreiten Vorschläge, die eine ernsthafte
Diskussion wirklich nicht verdienen, manchmal aber
auch die Frage aufwerfen, Frau Kollegin, warum die
FDP den Bundestag damit immer dann beschäftigen
will, wenn sie gerade in der Opposition ist. Das ist auf-
fällig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Weil das nicht so lange ist!)


Ich habe dazu folgende Anregung: Vor der Abfassung
aller möglichen Anträge im Bundestag, die auch Büro-
kratie schaffen, empfiehlt sich die Lektüre einschlägiger
Gesetze, Verordnungen und vorhandener Regelungen.
Oft kann die Bundesregierung, liebe FDP, auf das alte
Prinzip vom Hasen und vom Igel verweisen: Ick bin all
dor. Dies soll heißen: Jetzt erhobene FDP-Forderungen
sind schon längst erfüllt.


(Birgit Homburger [FDP]: Oh!)

Ich werde den Nachweis erbringen.

Erstes Stichwort: Rechtsbereinigung. Die Bundesre-
gierung beschäftigt sich innerhalb ihrer Initiative zum
Bürokratieabbau umfassend mit dem Projekt der Rechts-
bereinigung. Jedes Ressort wird die Rechtsvorschriften
seines Zuständigkeitsbereiches systematisch auf Mög-
lichkeiten der Bereinigung untersuchen.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wann denn?)


Das Bundesjustizministerium wird aller Voraussicht
nach noch bis Ende dieses Jahres das erste Rechtsberei-
nigungsgesetz für seinen Zuständigkeitsbereich einbrin-
gen. Das Gesetz wird – das ist schon jetzt voraussehbar –
einen beträchtlichen Umfang haben.


(Birgit Homburger [FDP]: Alles Ankündigungen!)


In 176 Artikeln sollen Gesetze bereinigt werden. Was
will die FDP mehr?


(Birgit Homburger [FDP]: Substanz!)

Auch das Bundesinnenministerium ist schon bei der Vor-
bereitung einer Vorlage für ein solches Gesetz. Eine
Kernforderung Ihres vorliegenden Antrags ist damit er-
füllt.

Ein jährliches Rechtsbereinigungsgesetz, wie es die
FDP fordert, ist eine reine Arbeitsbeschaffungsmaß-
nahme für die Ministerien, die bei Gott Wichtigeres zu
tun haben. Einen ersten Beitrag zum Bürokratieabbau
kann die FDP selbst leisten, indem sie die Ministerien
nicht mit der Forderung jährlicher Bereinigungsgesetze
von der eigentlichen Arbeit abhält.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Das Parlament stört!)


Zweites Stichwort: Gesetzesfolgenabschätzung.
uch bei diesem Thema hat die FDP schlicht übersehen,
ass die Einführung der so genannten blauen Prüffragen
ur Notwendigkeit und zu dem Umfang neuer Gesetze
berhaupt nicht mehr erforderlich ist; denn die so ge-
annten blauen Prüffragen von 1984, von dunnemals,
ind vollständig in die neue Gemeinsame Geschäftsord-
ung, in die GGO, eingearbeitet worden.


(Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär: Jawohl! Sehr gut!)


eben den zentralen Fragen nach Notwendigkeit, Wirk-
amkeit und Verständlichkeit von Gesetzesvorhaben sind
usätzliche, die Gesetzgebungsqualität verbessernde In-
trumente eingeführt worden. Ein Blick in die Vorschrif-
n – das hat schon der Repetitor zu Ihnen als Juristen
esagt –


(Birgit Homburger [FDP]: Ich bin keine Juristin!)


rleichtert die Rechtsfindung. In § 43 GGO sind detail-
erte Prüffragen enthalten. In § 44 GGO ist eine wirk-
ame Gesetzesfolgenabschätzung geregelt, die die Kos-
n für die Wirtschaft, insbesondere für mittelständische
nternehmen, Frau Kollegin, erfasst. Die Regelungen
er Gemeinsamen Geschäftsordnung enthalten damit be-
eits strenge Begründungspflichten für die Gesetzge-
ung.


(Birgit Homburger [FDP]: Scheint aber nicht auszureichen!)


Ihr drittes Stichwort: die Prüfung der Befristung von
echtsvorschriften auf fünf Jahre und die Befristung
on Verwaltungsvorschriften generell auf fünf Jahre.
enn die FDP einmal in § 43 Abs. 1 Nr. 6 GGO ge-
chaut hätte, hätte sie gesehen, dass eine solche Prüfung
er Befristung schon längst eingeführt ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dem Vorschlag, Verwaltungsvorschriften ohne jede

inzelfallprüfung generell zu befristen, stehen allerdings
rhebliche Bedenken gegenüber.


(Birgit Homburger [FDP]: Das denke ich auch!)


chon bei der Umsetzung von unbefristetem EU-Recht
n nationales deutsches Recht wäre eine solche Befris-
ung, wie sie die FDP fordert, rechtlich überhaupt nicht
öglich und Ihre Juristen wissen das.


(Birgit Homburger [FDP]: Das ist nicht richtig! Hinter mir sitzt ein Jurist, der widerspricht Ihnen!)


Auch darf ich in diesem Zusammenhang auf die An-
örung des Innenausschusses vom 28. Juni dieses Jahres
erweisen, in der der Sachverständige Professor Bull
utmaßte, dass die Verwaltung aufgehobene Verwal-
ungsvorschriften anschließend oft unter der Hand weiter
nwendet. Das ist eine Rückmeldung aus der Praxis.






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch

Wenn Sie mit Verwaltungspraktikern und Rechtsanwäl-
ten reden, werden diese Ihnen gerne bestätigen, dass in
Bundesländern, in denen Verwaltungsvorschriften, zum
Beispiel im Baubereich, bereits abgeschafft worden sind,
diese anschließend von der Verwaltung als Auslegungs-
hilfe weiter verwendet werden. In der Verwaltung
möchte man nämlich wissen, woran bitte schön sie sich
orientieren sollen.


(Birgit Homburger [FDP]: Nach dem Motto „Das Parlament stört“!)


Die Verwaltung handelt dann also aus praktischen Erwä-
gungen weiterhin nach den bisherigen Verwaltungsvor-
schriften. Diese sind für den Bürger aber nicht mehr
greifbar bzw. angreifbar.

Ich nehme den Zwischenruf gerne auf: Das Parlament
stört nicht, aber das Parlament muss auch gönnen kön-
nen. Es muss auch die Verwaltung machen lassen,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Birgit Homburger [FDP]: Machen Sie gern, aber mit Vorschriften!)


und zwar nach Vorgaben, die in der GGO und in anderen
einschlägigen Gesetzen enthalten sind. Das ist der Nach-
weis, den ich Ihnen erbringe.

Die von der FDP prophezeite Entwicklung läuft damit
genau umgekehrt: Statt Transparenz und Klarheit wer-
den durch Ihre Abschaffung von Verwaltungsvorschrif-
ten Chaos und Verworrenheit gestiftet. Der Bürger wird
nicht mündiger, sondern seine Chancen bei der Rechts-
suche werden womöglich geschmälert.

Viertes Stichwort: Bürokratie-TÜV und Erstat-
tungsverfahren. Der Bürokratie-TÜV – er taucht wie
das Ungeheuer von Loch Ness jedes Jahr auf – verur-
sacht nach einhelliger Ansicht von Fachleuten nur neue
Bürokratie und neue Kosten für Unternehmen. Denn die
Wirtschaft selbst müsste zu entsprechenden Mitteilun-
gen gezwungen werden, um auf der Seite der Verwal-
tung aussagekräftige Daten sammeln zu können.


(Birgit Homburger [FDP]: Quatsch! Völliger Nonsens!)


Auch Erstattungen für administrative Pflichtdienste
von Unternehmen, wie Sie es vorschlagen, sind mit gra-
vierenden haushälterischen und organisatorischen Kon-
sequenzen verbunden. Es widerspricht doch auch Ihrem
Staatsverständnis, dass Unternehmen für das Ausfüllen
von Formularen und das Abführen von Abgaben und
Steuern ein Entgelt erhalten. Diese Pflichten bestehen
nicht ohne Grund, sondern sie erfüllen wichtige Staats-
aufgaben wie die Finanz- und Wirtschaftsplanung.

Auch könnten die Bürgerinnen und Bürger mit gutem
Grund einfordern, in Zukunft einen Obolus für das Aus-
füllen ihrer eigenen Steuererklärung zu verlangen. Ihre
Idee wird doch ad absurdum geführt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch des Wahlzettels!)



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(C (D Auch des Wahlzettels, genau, man könnte alle möglihen Entgeltpflichten einführen. Die Wahrnehmung deokratischer Rechte muss nicht zum Nulltarif erfolgen. (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Ja, ja, erst wählen, dann zahlen!)


Lassen Sie mich ein paar letzte grundsätzliche Be-
erkungen zum heutigen Thema machen. Der Begriff
ürokratieabbau wird von der Opposition mittlerweile
ls Schlagwort, Allgemeinplatz und Allheilmittel zu-
leich verwendet, ohne dass wirklich mehr geklärt
ürde, was sich mit dem Problem eigentlich verbindet.
In seiner Stellungnahme in der Anhörung im Innen-

usschuss stellte der Sachverständige Professor Jann
est, dass es

in Deutschland vermutlich keine einfachere und bil-
ligere Art und Weise gibt, sich öffentlich Beifall zu
sichern, als die Bürokratie zu beschuldigen und Bü-
rokratieabbau zu fordern.

iesen billigen Beifall scheint die alte Programmpartei
DP in ihrer derzeitigen programmatischen Einöde sehr
u genießen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heidi Wright [SPD]: Gut erkannt, Herr Kollege! – Otto Fricke [FDP]: Das ist jetzt weniger populistisch!)


Ich frage mich in diesem Zusammenhang, warum der
eriöse Kollege Max Stadler interessanterweise einen Ih-
er Anträge nicht unterschrieben hat. Max wird sich da-
ei etwas gedacht haben.


(Lachen der Abg. Birgit Homburger [FDP])

Das Problem von zu viel Bürokratie begegnet uns auf

ielen Ebenen, die wir auseinander halten müssen, wol-
en wir uns dieser Aufgabe ernsthaft annehmen. Ich und
ndere in meiner Fraktion wollen das natürlich. Bürokra-
ieabbau findet zunächst innerhalb der Verwaltung statt.
ier kommt es auf mehrere Faktoren an, damit die Ver-
altung auf allen staatlichen Ebenen bürgernah und auf-
eschlossen, schnell und kostensparend arbeiten kann.
as ist ein langwieriger Prozess der Schulung von Ver-
altungspersonal, der Verwaltungsmodernisierung und
or allem auch des Einsatzes neuer technologischer Ein-
ichtungen wie dem E-Government.
Solche Maßnahmen lassen sich nicht in Populismen

nd Patentrezepte fassen. Fachleute aus der Verwaltung
agen Ihnen, dass mindestens die Hälfte des Bürokratie-
ufwandes, den Sie beklagen, nicht aus Gesetzen selbst,
ondern aus der Anwendung und Umsetzung von Geset-
en stammt.


(Birgit Homburger [FDP]: Deswegen wollten wir die Verordnungen und Verwaltungsvorschriften begrenzen! Das hatte einen Grund!)


as heißt, die Probleme liegen auf der Ebene der An-
ender. Wir brauchen daher eine andere Verwaltungs-
ultur, als wir sie jetzt haben.
Ein Letztes noch: Vielfach werden die Absenkung von

esetzlichen Standards und von Schutz- und Bürgerrech-
n sowie die Abschaffung der Einzelfallgerechtigkeit als






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch

Bürokratieabbau bezeichnet. Die Anträge der FDP han-
deln rein zufällig einmal nicht von dieser ewigen Litanei.
Es ist aber auch kein Zufall, dass der von der FDP gela-
dene Sachverständige für die Anhörung im Innenaus-
schuss in seiner Stellungnahme schrieb, dass angebliche
Überregulierungen abzuschaffen seien und auf die Mün-
digkeit der Bürger zu setzen sei. Und wo findet er diese
Überregulierungen? Er findet sie im Verbraucherschutz,
etwa bei Ratenzahlungsverträgen, bei Haustürgeschäf-
ten, im Reiseverkehr und im Mietrecht. Ich frage die
FDP: Wie erklären Sie bitte einem mündigen Bürger, der
als Tourist im Ausland festsitzt, weil das Reiseunterneh-
men Pleite gemacht hat, dass Sie die Reiseverkehrsvor-
schriften im BGB abgeschafft haben und er deshalb noch
eine ganze Weile im Ausland sitzen muss?


(Beifall des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] – Birgit Homburger [FDP]: Das hat kein Mensch gefordert! Ihr Auftritt ist wirklich kabarettreif!)


Die CDU – auch das sollten wir ins Auge fassen – er-
wägt in ihrem Leitantrag zum nächsten Bundesparteitag,
alle bestehenden Genehmigungspflichten daraufhin zu
überprüfen, ob sie verzichtbar sind. Es werden Vor-
schläge gemacht, die markig und dynamisch klingen,
aber wolkig bleiben. Wer bei der Frage nach Genehmi-
gungserfordernissen so tut, als trieben wild gewordene
Beamte und politische Hasardeure ihr Unwesen, der soll
sich einmal Großprojekte wie den Ausbau des Frankfur-
ter Flughafens anschauen. Wie wäre es, wenn die Frank-
furter Flughafengesellschaft ihre neue Startbahn ganz
ohne Genehmigungserfordernisse bauen würde? Das
kann nicht ernsthaft in Ihrem Sinne sein.

Die SPD-Fraktion wird den FDP-Anträgen in dieser
Form nicht zustimmen.


(Otto Fricke [FDP]: Das überrascht mich!)

Die SPD-Fraktion würde allerdings einem Antrag mit
leicht abgeänderter Zielsetzung zustimmen, wenn der
lauten würde: „Antragsflut wirksam begrenzen – über-
flüssige FDP-Anträge abschaffen“.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512926100

Das Wort hat die Kollegin Andrea Voßhoff, CDU/

CSU-Fraktion.


Andrea Astrid Voßhoff (CDU):
Rede ID: ID1512926200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-

gen! Herr Kollege Bürsch, es ist ja nicht allein die Oppo-
sition, die die Notwendigkeit des Bürokratieabbaus in
Deutschland immer wieder thematisiert. Nach einer ak-
tuellen Weltbankstudie, nämlich der „Doing Business
2005“, lähmt Bürokratie nach wie vor die deutsche Wirt-
schaft.


(Beifall der Abg. Birgit Homburger [FDP])

Der Weltbank-Vizepräsident Klein wird im „Handels-
blatt“ mit dem Satz zitiert:


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(C (D In den von uns untersuchten Bereichen nämlich Unternehmensansiedlung und Standortfreundichkeit – hat sich in Deutschland im vergangenen Jahr nichts getan. nsgesamt ist das derzeit am Standort Deutschland gelende Regelwerk laut Weltbank international kaum noch onkurrenzfähig. Die rechtlichen Rahmenbedingungen ür Unternehmen sind nicht nur in Industriestaaten wie en USA und Frankreich deutlich besser, selbst die Sloakei, Botswana und Thailand schneiden besser ab als er Standort Deutschland. Wenn uns das nicht alarmiert, err Bürsch, dann weiß ich nicht, was eine solche Studie oll. s ist schlicht nichts anderes als eine internationale Ohreige für den „Masterplan Bürokratieabbau“ des Wirtchaftsministers Clement und für die von Ihnen bechriebenen vermeintlichen Initiativen zum Abbau von ürokratie. Diese Bewertung zeigt auch, dass es eben nicht aus eicht, nur einen kleinen Katalog mit einigen Einzelfallegelungen, die abgeschafft werden sollen, in die Welt u setzen. Den Stöpsel der Gesetzesbadewanne ein weig anzuheben und andererseits den rot-grünen Regulieungshahn voll aufzudrehen, das kann nicht funktionieen. Wir haben als CDU/CSU immer gesagt, wir rauchen einen ganzheitlichen Ansatz zum Abbau von ürokratie und zur Deregulierung, der im Kern zwei hemenfelder umfasst: Wie gelingt es, den Normenbetand zu durchforsten und zu bereinigen, und welche Intrumente brauchen wir, um künftige Gesetzgebungsvoraben nicht zu neuen bürokratischen Monstern werden u lassen? Auch der Bundesrechnungshof hat in seinem rgebnisbericht 2004 eine Rechtsbereinigung empfohen. Als ich im Juli eine Pressemitteilung der Justizminis erin Zypries gelesen habe, war ich hoch erfreut. Dort eißt es: „Kehraus im Normenbestand: Mehr als 200 Reelungen werden aufgehoben“. (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wir packen das an!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ie haben das ja vorhin so gelobt, Herr Bürsch. Das ist
uch sehr schön und sehr erfreulich. Als Beispiele dafür,
as aufgehoben wird, werden in der Pressemitteilung
enannt: das Gesetz zur Durchführung des Reichskon-
ordats von 1933, das Gesetz zur Wiederherstellung der
echtseinheit auf dem Gebiet der Gerichtsverfassung
on 1950, die Verordnung über das allgemeine Dienstal-
er der Richter in besonderen Fällen von 1962 usw.
ompliment an das Justizministerium, dass dort diese
egelungen überhaupt noch gefunden wurden! Außer-
em habe ich mich gefragt, warum gerade diese Rege-
ungen als beispielhaft für die 200 genannt wurden. Wa-
en es die jüngsten?


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Sie haben die trivialen Beispiele genommen!)







(A) )



(B) )


Andrea Astrid Voßhoff

– Die stehen in der Pressemitteilung der Justizministerin
beispielhaft genannt.

Es ist richtig und wichtig, veraltete und bedeutungs-
lose Rechtsnormen abzuschaffen. Aber dies reicht nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Erfreulich ist auch die Ankündigung der Justizminis-

terin, man wolle aus der Rechtsbereinigung Erkenntnisse
gewinnen, wie künftig noch bessere Gesetze gemacht
werden könnten. Eine späte Erkenntnis ist immer noch
besser als keine.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Sie ist lernfähig!)

Ich kann Ihnen dazu auch einen guten Tipp geben, wie
man zu einem besseren Gesetz kommt: Der Inhalt eines
Gesetzes wird ja immer von der politischen Zielsetzung
bestimmt. Wer also bessere Gesetze will, muss daher in
erster Linie eine bessere Politik machen, meine Damen
und Herren von Rot-Grün.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


In diesem Sinne wäre es wesentlich zielführender gewe-
sen, wenn eine Vielzahl Ihrer Gesetze gar nicht erst die
Druckerschwärze des Bundesgesetzblattes erreicht hätte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dankenswerterweise waren Fragen nach einer besse-

ren Gesetzgebung auch ein Mittelpunktthema auf dem
65. Deutschen Juristentag; die Kollegin Homburger er-
wähnte es bereits. Der Präsident des Juristentages, Pro-
fessor Paul Kirchhof, verglich den vorhandenen Nor-
menbestand mit einem „gepflegten Vorgarten, aus dem
ein Dschungel“ geworden ist. Ich begrüße es sehr, dass
Herr Kirchhof angeboten hat, dieses Thema gemeinsam
mit dem Rechtsausschuss zu diskutieren; denn eine sol-
che Diskussion ist gerade mit Blick auf den zuständigen
Arbeitsbereich des Rechtsausschusses außerordentlich
sinnvoll und wünschenswert.

Im Gesetzgebungsverfahren ist der politische Wille
das eine, die handwerkliche Gesetzesformulierung und
die Gesetzesfolgenabschätzung sind das andere. Da
nun einmal die überwiegende Anzahl der Gesetze in den
Ministerien erstellt wird, ist für das Parlament gerade
auch die Gesetzesfolgenabschätzung ein wichtiges In-
strument.

Herr Bürsch, Sie haben die GGO zitiert. Sie stellt den
theoretischen Anspruch dar. In der Praxis sieht es aber
anders aus.


(Beifall bei der FDP)

Aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine
Anfrage der CDU/CSU-Fraktion wurde ersichtlich, dass
die Gesetzesfolgen auf ministerieller Ebene ermittelt
werden. Was davon im Gesetzentwurf veröffentlicht
wird, darüber entscheidet die rot-grüne Bundesregie-
rung – natürlich durch ihre politische Brille. Wenn ir-
gendwelche Bedenken geäußert werden, dann – davon
gehe ich aus – tauchen sie im Gesetzentwurf nicht auf.
Deshalb ist die ministerielle Gesetzesfolgenabschätzung
in der GGO nur Makulatur.

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(C (D Für das Parlament ist aber die Folgenabschätzung ein ichtiges Instrument. Wie sonst sollten die Abgeordneen Klarheit darüber erhalten, ob das Gewollte auch ereicht wird und welche Auswirkungen es zeitigen wird? nhörungen und Unterrichtungen, also die Instrumentaien, die wir nutzen können, reichen nach meiner Auffasung dazu gar nicht aus. In der Kürze der Zeit sind die nzuhörenden mit diesem Thema oft auch gar nicht zu onfrontieren. Deshalb sollte das Parlament auch Zugriff uf die Recherchen haben, die die Ministerien zur Gesetesfolgenabschätzung vorgenommen haben. Wir brauhen parlamentarische Instrumente, um bei künftigen esetzgebungsverfahren unnötige bürokratische Hemmisse zu vermeiden. Wir haben von der CDU/CSU dazu eine Vielzahl von orschlägen unterbreitet. Auch die von der FDP geforerten Maßnahmen wären in vielen Fällen hilfreich. Ich eiß allerdings nicht, ob eine generelle Befristung von esetzen sinnvoll ist. Im Interesse der Rechtssicherheit ür die Bürgerinnen und Bürger halte ich dies nur für ein egrenzt einsetzbares Mittel. Aber bei Verordnungen nd Verwaltungsvorschriften kann man jede Initiative nterstützen, die zur Begrenzung, Befristung und Konrolle beiträgt. Lassen Sie mich dazu ein Beispiel aus meiner Heiatstadt nennen: Die Stadt Rathenow hatte die Idee, rauungen unter freiem Himmel am Fuße des renovieren Bismarckturms stattfinden zu lassen. Dies gehe icht, hieß es nach der erforderlichen Prüfung, das Peronenstandsgesetzes des Bundes spreche dagegen. eine Recherche ergab Folgendes: In § 8 des Personenstandsgesetzes heißt es lediglich, ie Trauung solle in würdiger Form stattfinden. Das Näere regelt aber eine Verwaltungsvorschrift des Bundesnnenministeriums. ort wiederum heißt es: Der Raum, in dem die Ehe geschlossen wird, muss diesen Anforderungen also der würdigen Form – entsprechen. äheres regelt ein Erlass des zuständigen Landesinneninisteriums. Ein fleißiger Beamter im Landesinnenmiisterium von Brandenburg kam 1995 offenbar zu der berlegung, da in der Verwaltungsvorschrift von einem aum die Rede sei, könne eine Trauung wohl nicht auerhalb eines Raumes vollzogen werden. Es wurde ein rlass gefertigt, in dem es heißt, dass Trauungen außeralb geschlossener Räume unzulässig seien. Dieser Erass wird jetzt abgeschafft. Es kann auch unter freiem immel geheiratet werden. (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Sehr gut! – Dr. Michael Bürsch [SPD]: In Schleswig-Holstein sind wir den direkten Weg gegangen!)


(Beifall bei der FDP)


(Birgit Homburger [FDP]: Abschaffen!)







(A) )



(B) )


Andrea Astrid Voßhoff

Ein solcher Erlass wäre allerdings überhaupt nicht erfor-
derlich gewesen, da das Personenstandsgesetz eine Trau-
ung unter freiem Himmel nie verboten hat.


(Beifall bei der FDP)

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, sollten

unsere gemeinsamen Vorschläge diskutiert werden. Sie
sollten nicht nur reden, sondern auch handeln. Unterstüt-
zen Sie die Vorschläge von CDU/CSU und FDP. Dann
wird es im „Doing Business 2006“ heißen, dass
Deutschland auf einem guten Wege ist.

Danke.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512926300

Das Wort hat der Kollege Jerzy Montag, Bündnis 90/

Die Grünen.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512926400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Wieder einmal behandeln
wir zwei Anträge der Oppositionspartei FDP zum Büro-
kratieabbau und zur Normenflut. Diese beiden Anträge
reihen sich in eine Flut von Papieren Ihrer Fraktion zu
diesem Thema ein. Eines davon habe ich mitgebracht:
„Kampagne Bürokratieabbau“.


(Birgit Homburger [FDP]: Das ist aber eine Drucksache!)


Darin, Frau Kollegin Homburger, lese ich auf Seite 2
Ihre Drohung an das Parlament, jede Woche im Deut-
schen Bundestag solche Anträge wie die heute Abend zu
behandelnden vorzulegen.

Sie, meine Damen und Herren von der FDP, beklagen
die Papierflut und die Normenflut, mit denen sich Bürge-
rinnen und Bürger herumschlagen müssen, und produzie-
ren eben diese Flut im parlamentarischen Verfahren.
Das dient wirklich nicht der Glaubwürdigkeit Ihres An-
liegens.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der FDP: Sie müssen die Anträge mal lesen!)


Solcher Anträge, wie Sie sie stellen, bedarf es nicht. Rot-
Grün – Kollege Bürsch hat das lang und breit ausge-
führt – hat schon längst die Ärmel hochgekrempelt. Wir
sind kräftig dabei, Überflüssiges an Normen aufzuspü-
ren. Meine Damen und Herren von der FDP, dabei fin-
den wir erstaunlicherweise unglaublich viel aus der Zeit
Ihrer langjährigen Regierungsbeteiligung.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD – Birgit Homburger [FDP]: Und noch mehr aus der eigenen Regierungsbeteiligung!)


Ich stimme Ihnen zu, dass es Gesetze gibt, deren Er-
forderlichkeit überprüft werden sollte.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D amit hat das Justizministerium begonnen. Es hat im ahmen der Initiative der Bundesregierung zum Büroratieabbau eine Liste von über 200 Gesetzen vorgelegt, ie zur Streichung vorgeschlagen worden sind. Darunter ind einige ganz alte Gesetze; sie zu streichen ist doch anz sinnvoll. Was Ihre Polemik gegen das Justizminiserium in diesem Zusammenhang soll, weiß ich nicht, ber wenn Sie diese Liste der 200 Gesetze und nicht nur ie Presseerklärung einmal durchgelesen hätten, dann ätten Sie darunter auch einige aus neueren Zeiten geunden. Die von Ihnen eingeforderte Rechtsbereinigung st also bereits in vollem Gange. Wir unterstützen dieses orgehen der Bundesregierung und werden es schnell nd konsequent umsetzen. Wir wehren uns jedoch gegen Ihre Darstellung, meine amen und Herren von der FDP, mit der Sie Rechtsnoren ausschließlich als „Faktor betriebsund volkswirtchaftlicher Kosten in erheblichem Ausmaß“ denaturieen. Mit einer solchen einseitigen Darstellung nterschlagen Sie die zentrale Rolle des Rechts, die Geellschaft zu gestalten. Deshalb darf die Debatte um die eduzierung der Normenflut nicht dazu missbraucht erden, Verbraucherschutzrechte zu reduzieren, Umeltschutzstandards zu senken oder auf solche gesetzlihen Regelungen zu verzichten hören Sie zu, liebe Kolleginnen und Kollegen Liberale –, ie die Freiheitsrechte der Bürger sichern sollen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Birgit Homburger [FDP]: So ein Nonsens!)


Nicht die Summe aller gesetzlichen Regelungen be-
ründet die von Ihnen kritisierte Normenflut; vielmehr
eht es um solche Normen, für die es kein gesellschaftli-
hes Erfordernis mehr gibt.


(Zuruf von der FDP: Genau!)

m sie geht es; sie wollen wir auch tatsächlich abschaf-
en.
Jetzt zu Ihrem Vorschlag, alle Gesetze zu befristen:
amit bringen Sie dem Parlament generelles Misstrauen
ntgegen. Sie unterstellen nämlich, der Gesetzgeber ign-
riere die notwendige Rechtsförmigkeitsprüfung. Ein
olches Misstrauen ist unberechtigt und nicht zielfüh-
end. Ihr Vorschlag bietet auch nicht die Vorteile, die Sie
ersprechen. Der Vorschlag führt zu einem erheblichen
ehraufwand, weil er routinemäßige und unsinnige par-

amentarische Befassungen provoziert. Es besteht die
efahr pauschaler und unreflektierter Verlängerungen.


(Otto Fricke [FDP]: Wer hat denn die Antiterrorgesetze befristet?)


ür die Rechtsanwender bedeuten befristete Gesetze
usätzliche Rechtsunsicherheit.
Meine Damen und Herren, meine Kritik sagt nichts

arüber aus, dass es in Einzelfällen sinnvoll und geboten
ein kann, gesetzliche Regelungen zeitlich zu befristen
nd sie auch einer Evaluation zu unterwerfen. Sie schla-






(A) )



(B) )


Jerzy Montag

gen jedoch vor, dies bei allen Gesetzen zu machen, also
mit der Gießkanne über das gesamte Rechtswerk zu ge-
hen.


(Widerspruch bei der FDP)

– Doch; lesen Sie Ihre eigenen Anträge. Darin werden
Sie es finden.

Befristungen sind nur dann sinnvoll, wenn die Zieler-
reichung durch ein Gesetz nicht sicher ist und das vom
Gesetzgeber gewählte Mittel zugleich einen erheblichen
Eingriff in die Bürger- und Freiheitsrechte bedeutet. Hier
sichert die Befristung, die Eingriffe auf das dringend Er-
forderliche und zwingend Notwendige zu begrenzen.

Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zu der Nor-
menflut, die Sie aus Europa zu uns herüberschwappen
sehen. Die Gestaltung des einheitlichen europäischen
Rechtsraums erfordert nun einmal gesetzliche Rahmen-
bedingungen auch in Deutschland. Ich persönlich halte
nichts davon, dass Sie den Grundsatz der Subsidiarität
als europäische Normenflutbegrenzungsnorm missbrau-
chen und so den Einigungsprozess konterkarieren.


(Zuruf von der FDP: Quatsch!)

Meine Damen und Herren von der FDP, machen Sie

sich doch bitte an die konstruktive Arbeit, statt Anträge
wie die heute von Ihnen vorgelegten wöchentlich zu dis-
kutieren.

Nennen Sie – Ihre Kollegin hat das in ihrem Beitrag
wunderbar gemacht; ich danke Ihnen dafür – konkrete
Normen, die Sie aufgehoben sehen wollen.


(Birgit Homburger [FDP]: Das haben wir gemacht!)


Liefern Sie dazu eine nachvollziehbare und stichhaltige
Begründung. Dann werden Sie sehen, dass sich parla-
mentarische Arbeit auch aus der Opposition heraus loh-
nen kann.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512926500

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Stephan Mayer, CDU/CSU-Fraktion.

Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1512926600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Herr Kollege
Dr. Bürsch, mein Vorteil als letzter Redner ist, dass ich
die fehlerhaften und falschen Aussagen der Kollegen
von den Grünen und der SPD Gott sei Dank noch korri-
gieren kann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Dann können Sie sich ja jetzt wieder setzen!)


Ich persönlich finde es gut, dass wir uns mittlerweile
in fast jeder Sitzungswoche mit dem wichtigen Thema

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(C (D ürokratieabbau beschäftigen; denn dieses Thema ist ach wie vor sehr drängend und brisant. Laut einer Umrage des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn belagt mittlerweile mehr als jedes dritte Unternehmen, ass die bürokratiebedingten Kosten in den letzten ünf Jahren stark gestiegen sind. Weitere 54 Prozent der efragten geben an, dass diese Kosten gestiegen sind, nd nur 12 Prozent bewerteten die Belastung als kontant. (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist gefühlte Büro kratie! Da können Sie uns viel vorrechnen!)

Des Weiteren wird aus dieser Umfrage klar, dass sich

ie Bürokratiekosten mittlerweile wie eine Fessel insbe-
ondere um kleinere und mittelständische Unternehmen
chlängeln. Sie bewegen sich umgekehrt proportional
ur Größe der Unternehmen. Vor allem kleinere Unter-
ehmen werden durch die Bürokratiekosten erheblich
elastet.
So betrug die Belastung für Unternehmen mit einem

is neun Beschäftigten im Durchschnitt 4 361 Euro pro
eschäftigtem. Gegenüber 1994 ist dies immerhin ein
nstieg um 865 Euro. Das entspricht einer Steigerung
on 24,8 Prozent. Bei Unternehmen mit zehn bis 19 Be-
chäftigten lag der Bürokratieaufwand im Jahre 2003 bei
727 Euro pro Arbeitsplatz. Im Jahre 1994 waren es
558 Euro. Dies entspricht immerhin einer Steigerung
on 1 169 Euro bzw. 75 Prozent. Gesamtwirtschaftlich
rgibt sich für die Unternehmen in Deutschland eine Be-
astung von sage und schreibe 46 Milliarden Euro, von
enen 84 Prozent auf den Mittelstand entfallen. Nominal
ind die Bürokratiekosten für die Wirtschaft zwischen
994 und 2003, also in nur zehn Jahren, um rund
0 Prozent gestiegen.
Wie reagiert die rot-grüne Bundesregierung darauf?

s werden, wie auch heute wieder vom Kollegen
r. Bürsch, vollmundige Ankündigungen gemacht. Der
irtschafts- und Arbeitsminister Clement hat das
hema Bürokratieabbau kurz nach seiner Ernennung zur
hefsache erklärt und einen Masterplan Bürokratieab-
au ins Leben gerufen. Er hat laut gebrüllt, ist letztend-
ich aber als Bettvorleger gelandet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Insgesamt sind im Februar 2003 54 Maßnahmen an-

ekündigt worden. Ein Jahr später, im Februar 2004, ist
ie traurige Bilanz, dass nur zwei Maßnahmen erfolg-
eich umgesetzt worden sind und dass sich sieben wei-
ere noch in der Umsetzung befinden. Daraufhin ist
ngekündigt worden, dass ein zweiter Masterplan Büro-
ratieabbau ausgerufen wird. Die Unternehmen und
irtschaftsverbände in Deutschland sind angehalten
orden, Vorschläge zu unterbreiten. Immerhin sind von-
eiten der Unternehmen über 1 000 Vorschläge zu Ein-
elmaßnahmen eingegangen.
Wie sieht das Ergebnis aus? Nur 34 Maßnahmen fan-

en den Weg in Herrn Clements zweiten Masterplan
ürokratieabbau. Aber auch dieser wurde nicht entspre-
hend umgesetzt. Ganz im Gegenteil: Auf der Kabinetts-
itzung im Mai dieses Jahres wurde dieser Plan erheblich
estutzt. Das Ergebnis war, dass letztendlich nur






(A) )



(B) )


Stephan Mayer (Altötting)


29 Maßnahmen von – ich wiederhole – über 1 000 Vor-
schlägen in diesen zweiten Masterplan Bürokratieabbau
eingegangen sind.

Das ist nicht der große Wurf, der angekündigt wurde.
Ganz im Gegenteil: Der Ball ist Herrn Clement auf die
Fußspitze gefallen. Wie sieht das Ergebnis, entgegen den
Aussagen von Herrn Bürsch, tatsächlich aus? In der
aktuellen 15. Wahlperiode sind von Rot-Grün 169 neue
Gesetze und sage und schreibe 637 Rechtsverordnungen
erlassen worden. Im Gegensatz dazu sind nur 37 Gesetze
außer Kraft gesetzt und 158 Rechtsverordnungen einge-
stellt worden.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Zählen Sie doch mal die aus 16 Jahren Helmut Kohl zusammen!)


Ich kann Herrn Clement bzw. der rot-grünen Bundes-
regierung nur empfehlen, Nachhilfeunterricht bei eini-
gen unionsgeführten Landesregierungen zu nehmen.
Dort macht man es nämlich erheblich besser. Im Saar-
land zum Beispiel hat Ministerpräsident Peter Müller in
nur einer Wahlperiode 2 300 Verwaltungsvorschriften er-
satzlos gestrichen


(Fritz Rudolf Körper [SPD]: Und keiner hat es gemerkt!)


und 200 Genehmigungspflichten aufgehoben. Wenn man
die gesamten Verwaltungsvorschriften, die im Saarland
abgeschafft wurden, auf einem Papierstapel zusammen-
fasst, dann wiegt dieser immerhin 40 Kilogramm. Ich
glaube, das ist eine ganz stolze Bilanz. Auch Baden-
Württemberg hat mutige Maßnahmen ergriffen. Insge-
samt hat es 44 Initiativen in den Bundesrat eingebracht
und 107 Einzelmaßnahmen bereits durchgesetzt.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen – alle haben das gemacht!)


Die Bayerische Staatsregierung hat die Henzler-Kom-
mission mit dem Thema Bürokratieabbau beauftragt.
Bereits ein Jahr nach Beendigung der Arbeiten der
Henzler-Kommission sind 103 Empfehlungen geprüft,
93 aufgegriffen, 77 auf den Weg gebracht und 16 bereits
vollständig umgesetzt worden. Dazu gehören auch ehr-
geizige Maßnahmen wie beispielsweise das Aussetzen
des Widerspruchsverfahrens, das pilotartig in einem Re-
gierungsbezirk in Mittelfranken durchgeführt wurde. Ich
könnte mir das auch sehr gut für die Bundesebene vor-
stellen. Allein aufgrund dieser Maßnahme rechnet man
mit einer Einsparung von ungefähr 3 000 Verwaltungs-
verfahren im Jahr.

Die Zahl der Landesverordnungen ist bereits zum
Jahresende 2003 um 16 Prozent zurückgegangen und die
Zahl der Landesgesetze ist um 10 Prozent gesunken.
Man hört jetzt aber nicht auf. Ganz im Gegenteil: Die
Verfahren werden fortgeführt. Man ist dabei, rund
160 Verordnungen abzuschaffen. Es wird damit gerech-
net, dies Ende 2004 abschließen zu können. Nach dem
Abschluss dieser Maßnahmen soll die Zahl der Landes-
verordnungen um ungefähr 30 Prozent gesunken sein.

Ich glaube, in den Vorschlägen der FDP-Fraktion
steckt sehr viel Gutes. Man sollte mit Sicherheit weiter-

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(C (D in prüfen, ob die Geltungsdauer der Gesetze in Zuunft stärker befristet werden kann. Ich glaube, dass eine efristung nicht für alle Gesetze infrage kommen wird. an denke nur an das BGB, das HGB und die Steuergeetze. Vor allem die Rechtsklarheit und die Rechtssichereit dürfen nicht beeinträchtigt werden. Besonders die nternehmen legen darauf sehr viel Wert. Stattdessen könnte man sich aber Selbstverpflichtun en auferlegen. Beispielsweise könnte man sich selbst uferlegen, 200 Gesetze und 250 Rechtsverordnungen m Jahr auf ihren Fortbestand zu überprüfen. Auch eine ins-zu-zwei-Regel, wie wir sie in unserem Antrag Freiheit wagen — Bürokratie abbauen“ vorgestellt haen, könnte sich als richtig erweisen: Der Gesetzgeber erpflichtet sich, erst zwei alte Gesetze abzuschaffen, evor er ein neues erlässt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, ass die beiden Anträge der FDP, die wir heute behaneln, wichtige Schritte in die richtige Richtung sind. Die DU/CSU-Fraktion haben Sie auf jeden Fall auf Ihrer eite, wenn es darum geht, die Bürokratie in Deutschand weiter abzubauen. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 15/1233 und 15/1811 an die in der Taesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf: Beratung der Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz Tätigkeitsbericht 2001 und 2002 des Bundesbeauftragten für den Datenschutz – 19. Tätigkeitsbericht – – Drucksache 15/888 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Verteidigungsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Kultur und Medien Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf örper und die Abgeordneten Beatrix Philipp, Silke tokar von Neuforn, Ernst Burgbacher, Barbara Wittig nd Petra Pau haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.1)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512926700

Anlage 8






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/888 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
sung so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:
Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Jürgen Klimke, Klaus Brähmig, Dr. Christian
Ruck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Tourismus in Entwicklungsländern
– Drucksachen 15/2027, 15/3031 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Jürgen Klimke.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1512926800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zu-

kunft des weltweiten Tourismus wird nicht zuletzt davon
abhängen, ob sich für die Bevölkerung in diesen Zielge-
bieten eine sozial verantwortliche Form entwickelt; denn
nur so können wir nach unserer Auffassung ein weiteres
wirtschaftliches und soziales Auseinanderdriften der
Kontinente stoppen und vor allen Dingen auch eine Ge-
waltspirale verhindern.

Vor diesem Hintergrund ist unsere Große Anfrage
„Tourismus in Entwicklungsländern“ zu sehen. Wir
wollten von der Bundesregierung wissen, welche Erfah-
rungen sie in der internationalen tourismusbezogenen
entwicklungspolitischen Zusammenarbeit gesammelt
hat. Anhand von zehn Entwicklungsländern mit den
höchsten Besucherzahlen sollte dargelegt werden, inwie-
weit der Tourismus die wirtschaftliche Entwicklung dort
tatsächlich unterstützt, in welchem Ausmaß die lokale
Bevölkerung davon profitiert und ob – das ist für uns
ganz wichtig – die Erhaltung der nationalen Identität in
diesem Bereich eine Rolle spielt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch kritische Punkte wie Sextourismus, Kinderpros-

titution, Sicherheitsfragen, die gesundheitliche Vorsorge
deutscher Touristen im Ausland, gerade in Entwick-
lungsländern, und nach Deutschland eingeschleppte
Krankheiten haben wir weitgehend hinterfragt. Die Ant-
worten der Bundesregierung ergeben – um dies vorweg-
zunehmen –, dass der Tourismus bei der wirtschaftlichen
und sozialen Entwicklung eine wirklich wichtige Rolle
spielt. Alle näher untersuchten Entwicklungsländer, von
denen ich gesprochen habe, setzen den Tourismus zur
Schaffung von Arbeitsplätzen und – auch das ist sehr
wichtig – zur Erwirtschaftung von Devisen erfolgreich
ein. So weit, so gut.

Wir wären natürlich eine schlechte Opposition, wenn
wir dazu unsere Reden zu Protokoll geben würden und

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(C (D s bei diesem Urteil beließen. Gerade ein ungelenkter ourismus – das betont auch die Bundesregierung – ann ökonomische, ökologische und gesellschaftliche erwerfungen auslösen. Beispiele dazu gibt es wirklich enug. Ich denke an die Insel Bali, die Dominikanische epublik oder auch an Afrika, wo es sich Touristen nicht ehmen lassen, über einheimische Dörfer quasi herzufalen, um nach ihrem Verständnis „Kultur pur“ zu erleben. Um aktuell zu bleiben: Gestern Abend – Kollegin chmidt war dabei – saßen wir mit Parlamentariern aus lgerien zusammen. Sie haben uns bestätigt, dass der ourismus auch für sie ein wichtiger Entwicklungsfaktor ei, aber sie wollten ihn nicht in der Form, wie sie ihn an er spanischen Küste und auf Mallorca erlebt hätten. as möchten sie verhindern und daraus die Konsequenen ziehen. Nachhaltiger Tourismus ist die Zukunft des Tourisus. Hier klaffen die Ansprüche zwischen Wirklichkeit nd der tatsächlichen Entwicklungsarbeit der rot-grünen inisterien auseinander; denn leider fördert die Bundes egierung nur wenig primär auf den Tourismus bezogene rojekte, zumal mit einem relativ geringen Einsatz vor rt. Doch, Frau Irber. Es kommt noch schlimmer: Es wird icht evaluiert, bewertet oder überprüft, was mit den eldern gemacht wird. Schauen Sie sich Frage 41 und ie Antwort an, Frau Kollegin: Reine Tourismusprogramme wurden im Rahmen des Zentralen Evaluierungsprogramms des ... BMZ in den letzten Jahren nicht evaluiert. iese Formulierung ist sehr nett, aber soll wohl heißen: s wird eben nicht geprüft. Hier stoßen wir wieder einmal auf ein zentrales Pro lem von Rot-Grün, das wir auch woanders finden: Geld ird verteilt, ohne auf den Erfolg zu achten. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der ollegin Schmidt? Bitte, ja. Werter Herr Kollege Klimke, zum Ersten wüsste ich on Ihnen gerne, wie Sie dieses Thema im Kontext des uvor behandelten Punktes – Bürokratieabbau – sehen. Zum Zweiten: Sie haben gerade behauptet, bei der undesregierung sei im Ministerium für wirtschaftliche usammenarbeit und Entwicklung ein Auseinanderklafen von Anspruch und Wirklichkeit festzustellen. Haben ie nicht registriert, dass es über 80 Einzelmaßnahmen in iesem Bereich gibt? Ist Ihnen entgangen, dass unser hemaliger Minister Eppler dem Anspruch, den Sie heute ür sich reklamieren, schon vor 30 Jahren Rechnung Dagmar Schmidt getragen hat? In diesem Punkt müssen Sie uns wirklich nicht katholisch machen; diese Erkenntnis haben wir seit 30 Jahren. Damals sind die „Sympathie-Magazine“ entstanden. Vielleicht kennen Sie sie und können dann für deren Publizierung und Bekanntmachung sorgen. Frau Kollegin, das war eine sehr lange Frage. Ich hoffe, ich habe den ersten Teil richtig in Erinnerung; es ging um Bürokratie. Verstehe ich Ihre Frage richtig, dass Sie meinen, es sei bürokratisch, dass ich hier zu einer Großen Anfrage, die wir gestellt haben, als Einziger rede, während Sie meinen, nicht reden zu müssen und Ihre Reden zu Protokoll geben? Wenn Sie das meinen, kann ich nur sagen: Das ist völlig falsch. (Brunhilde Irber [SPD]: Das ist Profilierungssucht!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Brunhilde Irber [SPD]: Das stimmt nicht!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512926900
Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1512927000
Dagmar Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1512927100




(A) )


(B) )

Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1512927200

Für uns ist das ein ganz wichtiges Thema. Sie können
nicht im zweiten Teil Ihrer Frage die Wichtigkeit des
Themas betonen, und sich dann zurückziehen und nicht
reden. Sie hätten doch auch von diesem Rednerpult aus
einen Beitrag zur Debatte leisten können, statt sich nur
auf Fragen zu konzentrieren.

Zweitens. Ich kann nur feststellen, dass gesagt wor-
den ist: Wir evaluieren in einzelnen Punkten nicht.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das wäre ja auch wieder Bürokratie! Darüber haben wir doch gerade debattiert!)


Ich meine, dass durchaus auch kleinere Summen evalu-
iert werden müssen. Für manchen sind 1 000, 5 000 oder
50 000 Euro, die er nicht ausgeben kann, sehr viel Geld,
aber wir prüfen nicht, wie das Geld, das wir den Ent-
wicklungsländern zur Verfügung stellen, dort verwendet
wird. Das halte ich für falsch.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich möchte unsere weitere Kritik an den Antworten

auf unsere Fragen mit zwei oder drei anderen Beispielen
untermauern. Meine Damen und Herren, wir haben ge-
rade festgestellt, dass Devisenbeschaffung ein wichtiges
wirtschaftspolitisches Ziel von Entwicklungsländern ist.
Tourismus ist sehr oft die einzige Möglichkeit, Devisen
ins Land zu bringen. Das hat zur Folge, dass das in eini-
gen Orten schamlos ausgenutzt wird. Der Studienkreis
für Tourismus und Entwicklung hat diese Erkenntnis in
seinem so genannten „Ammerlander Gesprächskreis“ im
Jahr 2001 schon thematisiert. Von einem gnadenlosen
Diktat ausländischer Reiseunternehmen berichtete zum
Beispiel ein Touristiker aus der Türkei. Er erklärte, mehr
noch als die deutschen legten die englischen Veranstalter
den Anbietern die Daumenschrauben an, die Gewinnbe-
teiligung werde hemmungslos gedrückt,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was uns alles angerechnet wird!)


neue Projekte und Erschließungen erfolgten ohne Rück-
sicht auf die örtliche Infrastruktur und die Manager der
externen Firmen kämen manchmal gar nicht aus der

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(C (D ranche und hätten überhaupt keine Beziehung zu den ielländern. Ich frage mich: Wenn schon der Druck auf die Türkei, uf ein doch relativ zivilisiertes Urlaubsland, o groß ist, wie muss es dann erst in anderen Ländern ussehen, deren touristische Infrastruktur nicht so weit ntwickelt ist? Bei Privatinitiativen mag es diese Fehlentwicklungen eben, aber bei durch Steuergelder mitfinanzierten Maßahmen dürfen wir sie nicht hinnehmen. Folgerichtig haen wir der Bundesregierung die Frage gestellt: Wie ann und sollte man Tourismus in Entwicklungsländern ür Gäste und Bewohner zum gegenseitigen Nutzen ausauen und fördern? Meine Damen und Herren, eine enge Zusammenar eit muss mögliche negative soziale und ökologische irkungen von unkontrollierter Tourismusentwicklung erhindern, sie zumindest minimieren. Dies kann durch ine qualifizierte Beratung bei der Planung und Durchührung erfolgen sowie durch eine Bewertung – durch ine Evaluierung, wie vorhin bereits gesagt – von Maserplänen und von spezifischen Entwicklungsprogramen. Hier ist die Bundesregierung in der Pflicht, auch enn Sie das vielleicht nicht hören mögen. Sie muss hier ktiv werden. Leider waren Ihre Antworten auf unsere ragen zu diesem Thema nur globaler Natur. Hier muss achgebessert werden. Meine Damen und Herren, nicht nur die Politik ist in er Pflicht, auch die Anbieter, die Veranstalter und die ouristen sind in der Pflicht und müssen ihren Beitrag eisten. Das geht manchmal einfacher, als man denkt. in Beispiel: Oft werden in touristischen Zielgebieten in er Dritten Welt religiöse und kulturelle Traditionen ach angeblichen Wünschen und Ansprüchen der Touisten aus dem Zusammenhang gerissen, verändert, verinfacht und verkürzt dargestellt. Hier ist neben dem Anieter auch jeder Tourist, der dorthin reist, selbst in der erantwortung. Er kann Nein sagen, er kann Hollywoodourismus verhindern und er kann verlangen, Kultur in er ursprünglichen Form zu erfahren. Eine Aufklärungskampagne der Bundesregierung in ooperation mit den Anbietern könnte auch diese Zivilourage fördern. Wir unterstützen den Ansatz der Bunesregierung, sich an der soziokulturellen Diskussion zu eteiligen, die es – Sie haben völlig Recht, Frau chmidt – ja schon seit Eppler gibt. Den Ansatz, die Beölkerung zu einem offenen Umgang mit anderen Länern und fremden Kulturen zu gewinnen, unterstützen ir. Lassen Sie mich zu einem anderen Thema kommen, nd zwar zu einem tragischen und widerwärtigen Aspekt es Tourismus gerade in den Entwicklungsländern. Das ind Kindersex und Zwangsprostitution. Hier kann das iel nur lauten: aufklären und bekämpfen. Wir haben ieses Thema im Übrigen zum Inhalt einer Großen Anrage gemacht, die wir in den Bundestag eingebracht ha Jürgen Klimke ben, weil wir meinen, dass wir über dieses Thema separat debattieren müssen. Es darf nicht sein, dass Kinder als Sexobjekte angesehen und missbraucht werden. Die Folgen kennen wir. Sie sind meistens nicht umkehrbar. Ich spreche von Geschlechtskrankheiten, HIV-Infektionen, frühzeitigen Schwangerschaften, Drogenmissbrauch, Depression und sogar Selbstmord. (Brunhilde Irber [SPD]: Unterstützen Sie uns mal!)


(Lachen des Abg. Ernst Küchler [SPD])





(A) )


(B) )


– Ich habe den Eindruck, dass wir hier einen Konsens
haben, Frau Irber. – Ich möchte deutlich unterstreichen:
Bei der Bekämpfung der Kinderprostitution müssen wir
alle gemeinsam zusammenarbeiten. Wir fordern eine
noch stärkere und noch langfristigere Beteiligung der
Reisebranche an den Präventionsaktionen und Informa-
tionskampagnen.

Nach dem 11. September, nach SARS und nach dem
Terrorismus bestimmen heute drei weitere Faktoren die
Entwicklung des Tourismus in der Welt: erstens die
Wirtschaftskrise, die dazu führt, dass die Menschen lie-
ber sparen, statt zu konsumieren, zweitens die Tatsache,
dass neue und schnelle Technologien es den Kunden er-
möglichen, relativ rasch Reisen zu buchen – eine Reise
nach Kenia können Sie heute Abend problemlos per In-
ternet buchen und übermorgen antreten –, und drittens
die Schieflage in der Luftfahrt. Ohne Flugzeuge gäbe es
keine moderne Freizeitindustrie. Gleichzeitig ist zu
beobachten, dass die Zahl der Billigflieger zunimmt.

Die Folgen tragen die Länder der Dritten Welt, für die
der Tourismus meist die einzige Geldeinnahme darstellt.
Ich habe die Negativfaktoren eben genannt, möchte sie
noch zusammenfassen: Es sind das Diktat der Anbieter,
die Dominanz des ausländischen Kapitals, eine nur auf
touristische Bedürfnisse ausgerichtete Infrastruktur, kul-
turelle Ignoranz und Missbrauch von Kindern durch
Kinderprostitution.

Die Große Anfrage hat ferner deutlich gemacht, dass
die Bundesregierung aus unserer Sicht auf dem Gebiet
des nachhaltigen Tourismus in der Dritten Welt sinnvolle
und vernünftige Ansätze verfolgt. Es bestehen Defizite,
über die ich gesprochen habe, insbesondere in der Auf-
klärung und in der Evaluierung, die dringend beseitigt
werden müssen. Generell geht die Regierung einen rich-
tigen Weg. Wir werden sie auf diesem Weg kritisch und
konstruktiv begleiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512927300

Die Kollegin Dagmar Schmidt, der Kollege Ernst

Burgbacher und die Kollegin Undine Kurth haben ihre
Reden zu Protokoll gegeben.1)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

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1) Anlage 9 2)

(C (D Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses der Unterrichtung der Bundesregierung Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über die europäische Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafverfahren KOM – Drucksachen 15/2519 Nr. 2.2, 15/3831 – Berichterstattung: Abgeordnete Axel Schäfer Michael Grosse-Brömer Jerzy Montag Sibylle Laurischk Es liegt ein gemeinsamer Entschließungsantrag der raktionen der CDU/CSU und der FDP vor. Die Kolleen Axel Schäfer, Michael Grosse-Brömer, Jerzy ontag und Rainer Funke haben ihre Reden zu Protooll gegeben.2)

Wir kommen deshalb zur Beschlussempfehlung des
echtsausschusses zur Unterrichtung der Bundesregie-
ung über einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss
es Rates über die europäische Beweisanordnung zur Er-
angung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Ver-
endung in Strafverfahren, Drucksache 15/3831. Der
usschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrichtung eine
ntschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koa-
ition gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP
ngenommen.
Abstimmung über den Entschließungsantrag der

raktionen der CDU/CSU und der FDP auf
rucksache 15/3832. Wer stimmt für diesen Entschlie-
ungsantrag? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Ent-
chließungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition ab-
elehnt.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Regelung der Versorgung bei besonderen

(Einsatzversorgungsgesetz – EinsatzVG)

– Drucksache 15/3416 –

(Erste Beratung 116. Sitzung)

a)Beschlussempfehlung und Bericht des Innen-
ausschusses (4. Ausschuss)

– Drucksache 15/3829 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Peter Kemper
Clemens Binninger

Anlage10






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Silke Stokar von Neuforn
Dr. Max Stadler


(8. Ausschuss)

– Drucksache 15/… –
Berichterstattung:
Abgeordneter …

Die Redner Hans-Peter Kemper, Clemens Binninger,
Silke Stokar von Neuforn, Günther Friedrich Nolting,
Petra Heß und Ernst-Reinhard Beck haben ihre Reden zu
Protokoll gegeben.1)

Wir kommen deshalb zur Abstimmung über den von
der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur
Regelung der Versorgung bei besonderen Auslandsver-
wendungen, Drucksache 15/3416. Der Innenausschuss
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/3829, den Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom-
men.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Beratung ange-
nommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 16 a und 16 b auf:
a) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD

und des Bündnisses 90/Die Grünen
Belarus vor den Parlamentswahlen und dem
Referendum
– Drucksache 15/3811 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Claudia
Nolte, Irmgard Karwatzki, Dr. Friedbert Pflüger,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Belarus vor den Parlamentswahlen 2004
– Drucksache 15/3802 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Claudia Nolte, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Claudia Nolte (CDU):
Rede ID: ID1512927400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! In wenigen Tagen findet in Minsk eine deut-
sche Woche statt, in deren Rahmen eine Reihe von Ver-

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a1) Anlage 10

(C (D nstaltungen durchgeführt wird, bei denen viel über das eutschlandbild zu erfahren sein wird. Auch ich werde die Gelegenheit haben, dort zu spre hen und die deutschen Erfahrungen im Transformaionsprozess zu vermitteln. Ich glaube, dass dies für elarus ein wichtiges Thema ist; denn auch Belarus ist in Transformationsland. Nach dem Zerfall der Sowjetnion und der Erlangung der Unabhängigkeit hat sich ort in den letzten Jahren vieles verändert. Gerade in den nfangsjahren ist auch manches sehr Gute erreicht woren. Man hat damit begonnen, demokratische Strukturen ufzubauen, und auch die wirtschaftliche Entwicklung urde vorangetrieben. Hinzu kam, dass Belarus das Glück hatte, dass es in em Land keine Nationalitätenkonflikte wie in manchen achfolgestaaten der zerfallenen Sowjetunion gab. Die brüstungsbestrebungen müssen ebenfalls sehr positiv ervorgehoben werden. Ich verweise auch gerne darauf, dass es zwischen elarus und Deutschland eine Reihe von wirtschaftlihen und kulturellen Kontakten gibt. Erstaunlich fand ch bei der Beschäftigung mit Belarus in den letzten Moaten, dass etwa ein Viertel der Schüler in diesem Land eutsch als Fremdsprache lernt. Das zeigt auch, dass an uns in Belarus eine große Offenheit entgegenbringt. Ein großer Anteil der humanitären Hilfe für dieses and stammt aus deutschen nicht staatlichen Quellen. ber 500 deutsche Vereine und Organisationen arbeiten nzwischen im gesellschaftlichen Bereich. Angesichts er heutigen Lage in Belarus, die von der massiven Bechneidung der Freiheitsund Menschenrechte geprägt st, lässt sich diese positive Entwicklung kaum ausreihend würdigen. Denn seit der Änderung der demokratichen Verfassung 1996 und der Verlängerung der Amtseit von Präsident Lukaschenko durch ein sehr mstrittenes Referendum kann Belarus nicht mehr als deokratischer und freier Staat betrachtet werden. Insbesondere die Lage der Menschenrechte ist be orgniserregend. Die Todesstrafe ist nach wie vor nicht bgeschafft worden. Erniedrigende Strafen und willküriche Festnahmen sind an der Tagesordnung. In den letzten Monaten wurden Dutzende von Nicht egierungsorganisationen – darunter viele Menschenechtsorganisationen – verboten. Journalisten und Geerkschafter werden willkürlich festgenommen. Die edien werden zensiert, Journalisten verfolgt. Die wich igsten unabhängigen Zeitungen sind verboten worden nd die wenigen unabhängig gebliebenen Medien müsen ihre Blätter im Ausland drucken lassen. Durch den ersuch, jede unabhängige Meinung zu unterdrücken, chadet sich Belarus am meisten selbst. as jüngste Beispiel: Der Entzug der Lizenz der Euroäisch-Humanistischen Universität in Minsk führt zu inem massiven Verlust an Forschung, freiem Geist und uten Wissenschaftlern. Man kann sich ja vorstellen, wo ie jungen Leute ihre Zukunft suchen werden, dass sie lso im Zweifel ihr eigenes Land verlassen werden. Claudia Nolte Durch die Aushöhlung der Demokratie und die Miss achtung internationaler Vereinbarungen hat der weißrussische Präsident Lukaschenko sein Land isoliert. Belarus ist kein Mitglied des Europarates. Die Verhandlungen im Rahmen des Nachbarschaftskonzepts der Europäischen Union sind ausgesetzt worden. Eine der wenigen internationalen Organisationen, die Verbindung zu Belarus haben, ist die OSZE. Auf den Tagungen der Parlamentarischen Versammlung der OSZE ist Belarus immer wieder ein Thema. Viele Entwicklungen werden dort kritisch beleuchtet und kritisiert. Auf der letzten Sitzung ist allerdings eine Resolution zurückgezogen worden, weil sich die belarussische Delegation verpflichtet hat – das wollten wir honorieren –, mit dafür Sorge zu tragen, dass die Wahlen im Oktober dieses Jahres den OSZE-Standards genügen. Ich denke, das ist ein Zeichen dafür, dass wir bemüht sind, jeglichen Fortschritt bei der demokratischen Entwicklung zu unterstützen, und dass es uns nicht um Vorverurteilungen geht. Wir müssen allerdings mit Bedauern feststellen, dass die Kriterien für eine freie und faire Wahl wohl wiederum nicht erfüllt werden. Die Wahlgesetzgebung ist nicht in der Weise geändert worden, dass sie den Standards für demokratische Wahlen entspricht. Etwa die Hälfte der Kandidaten der Opposition für die Parlamentswahlen wurde nicht registriert. Eine öffentliche Pluralität in den Medien ist ebenfalls nicht gegeben. Die Opposition hat außerdem nur einen sehr beschränkten Zugang zu den staatlichen Medien und die unabhängigen Medien werden, wie gesagt, in ihrer Arbeit stark behindert. Schon die letzten Parlamentswahlen im Oktober 2000 waren aus Sicht der damaligen Wahlbeobachter schlicht undemokratisch. Natürlich begrüßen wir sehr, dass die belarussische Regierung die OSZE um Wahlbeobachtung gebeten und Wahlbeobachter eingeladen hat. Diese sind bereits vor Ort. Dem müssen aber auch Konsequenzen folgen. Das heißt für mich, dass die belarussische Regierung natürlich aufgefordert ist, alles dafür zu tun, dass die Standards für demokratische Wahlen eingehalten werden und dass allen Kandidaten Chancengleichheit garantiert wird. Ebenso muss sichergestellt sein, dass die Auszählung der Stimmen ohne Manipulation erfolgen wird. Das wird umso eher möglich sein, je pluraler die Wahlkommissionen für die Stimmenauszählung zusammengesetzt sind. Auch hier gibt es also ein Handlungsfeld. Es ist schwer, mit einem Land intensive und freundschaftliche Beziehungen zu unterhalten, das sich selber isoliert, das anscheinend die ausgestreckte Hand nicht nehmen möchte. Aber gerade vor dem Hintergrund, dass Belarus ein neuer Nachbar der Europäischen Union ist, kann uns dieses Land nicht gleichgültig sein. Der Umstand der Selbstisolation ist sehr zu beklagen. Schließlich bieten gemeinsame Grenzen auch Chancen. Ein Austausch auf wirtschaftlicher und kultureller Ebene wäre aufgrund der Nähe viel leichter möglich. g d h d f M S t e k r d b s f l z k S s E i ü D d u l d b d O V t s s d v W g d B w f m H f ü (C (D Wir wissen, dass es in Belarus selbst viele Menschen ibt, die sich mit der Situation in ihrem Land nicht abfinen wollen. Es gibt eine Opposition, die Änderungen erbeiführen möchte und ein großes Interesse an dem emokratischen Weg ihres Landes hat. Aus eigener Erahrung mit der ehemaligen DDR wissen wir, was für enschen, die in der Opposition tätig sind, wichtig ist. ie brauchen Unterstützung und vor allen Dingen Konakte und Informationen. Mit unserem Antrag möchten wir deshalb Impulse für ntsprechende Hilfestellungen geben. Wir schlagen ganz lare Schritte vor. Beispielsweise gehört dazu die Einichtung eines Fonds, mit dem die Europäische Union ie Zivilgesellschaft auch ohne Kooperation mit der elarussischen Regierung unterstützen kann. Außerdem chlagen wir die Einrichtung eines freien Radiosenders ür Belarus vor, und zwar außerhalb des Landes, weil eider die belarussischen Medien die Aufgabe einer unensierten Berichterstattung derzeit nicht übernehmen önnen. Zudem ist es über einen solchen unabhängigen ender viel leichter möglich, Informationen breit und chnell zu streuen, nicht zuletzt Informationen über die uropäische Union. Denn die Europäische Union steht n Belarus für Freiheit und Perspektive. Aber Kenntnisse ber die Europäische Union sind dort kaum verbreitet. as heißt, wir brauchen mehr Öffentlichkeitsarbeit urch und über die Europäische Union, über die Werte nd Ziele, die wir teilen. Schließlich fordern wir ein Einreiseverbot für die po itische Führung von Belarus und damit für die Träger er Verantwortung für die Isolierung des Landes. Es gibt ereits einen Beschluss des Europäischen Rates von vor rei Tagen. In ihm wird ein Einreiseverbot für diejenigen ffiziellen verhängt, die laut des Pourgourides-Reports erantwortung für das Verschwinden von drei Opposiionsführern und einem Journalisten tragen. Wir untertützen diesen Beschluss ausdrücklich. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde mich ehr freuen, wenn unsere sehr konkreten Forderungen in iesem Hohen Haus Unterstützung erhielten. Ich bin daon überzeugt, dass es notwendig ist, auch nach den ahlen in Belarus dieses Land im Auge zu behalten und emeinsam darüber zu beraten, was wir tun können, um as Land aus der Selbstisolation zu führen. Gerade weil elarus ein Nachbar der Europäischen Union ist, haben ir dieses Interesse an seiner Entwicklung. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Rainer Funke [FDP])


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





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(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die Hektik der parlamentarischen Beratungen im Vor-
eld hat einen gemeinsamen Antrag nicht möglich ge-
acht. Aber ich denke, wir haben Einigkeit im Hohen
ause über diese Ziele und über den Wunsch nach
reien, demokratischen Wahlen in Belarus. Im Wissen
ber diese Einigkeit danke ich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512927500

Das Wort hat die Kollegin Uta Zapf, SPD-Fraktion.






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Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1512927600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Tatsache, dass zwei Tagesordnungspunkte zu Proto-
koll gegeben worden sind, verhindert, dass uns Herr
Lukaschenko eine weitere schlaflose Nacht bereitet. Lei-
der habe ich nicht die kompletten Ausführungen der
Kollegin Nolte hören können. Aber ich glaube, dass wir
ihre Sorgen teilen.

Frau Nolte hat soeben gesagt, sie bedauere, dass wir
keinen gemeinsamen Antrag haben stellen können. Ich
bedauere das genauso. Wir haben uns schon darüber aus-
getauscht.

Ich teile die Auffassung, dass dies nicht das letzte Mal
sein wird, dass wir uns mit diesem Land, das uns so nah,
aber gleichzeitig so fern ist, werden beschäftigen müs-
sen. Denn wir tragen Verantwortung für die Gestaltung
von Politik in ganz Europa, auch bei Nachbarn, die sehr
widerspenstig sind und sich isolieren.

Unser Antrag beschränkt sich im Gegensatz zum An-
trag der CDU/CSU, den Frau Nolte hier samt den kon-
kreten Forderungen vorgetragen hat, auf die Situation
vor den Wahlen und auf das, was wir im Hinblick auf die
Durchführung dieser Wahlen erwarten und erhoffen. Es
gibt also keinen Unterschied zwischen den beiden Anträ-
gen in der Beschreibung der politischen Situation. Das
ist deutlich geworden. Der Unterschied liegt darin, dass
Sie jetzt sehr konkrete Beschlüsse wollen. Ich denke, wir
sollten uns über diesen Teil nach den Wahlen, wenn die
Ergebnisse und die Analyse vorliegen, noch einmal un-
terhalten.

Manche Forderungen, die in dem CDU/CSU-Antrag
stehen, sind im Übrigen schon auf dem Weg oder erfüllt.
Über andere wird man noch sehr genau diskutieren müs-
sen.

Ausschlaggebend für freie und faire Wahlen sind
nicht nur der Auszählungsprozess, sondern auch der
Aufstellungsprozess und der ganze Vorwahlprozess,
den wir im Moment sehen. Da gibt es doch Dinge, die
uns sehr bedrücken, zum Beispiel die Besetzung der
Wahlkommissionen, in denen die Opposition nur man-
gelhaft vertreten ist. Sie hat zwei Vertreter in der zentra-
len Wahlkommission. In den lokalen und regionalen
Wahlkommissionen ist sie nur in mikrobischen Spuren
zu finden.

Die Prozeduren der Zulassung von Kandidatinnen
und Kandidaten sind ausgesprochen mangelhaft, insbe-
sondere wo es freie oder Oppositionskandidaten betrifft.

Der ungehinderte Wahlkampf unter gleichen Bedin-
gungen für alle ist weiß Gott nicht gegeben. Wir be-
obachten Behinderungen der Opposition in hohem Maße
und gleichzeitig eine Förderung der loyalen Kandidaten,
die Lukaschenko anhängen.

Positiv ist – das begrüßen wir sehr –, dass ODIHR,
also das Büro für bürokratische Institutionen und Men-
schenrechte, eingeladen wurde, eine vollständige Wahl-
beobachtung vorzunehmen, nachdem bei den Präsident-
schaftswahlen 2001 nur eine begrenzte Wahlbeobach-
tung möglich war. Wir bedauern allerdings, dass die im

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(C (D orbericht von ODIHR zu den Wahlen gemachten Vorchläge zur Organisation und zur Vorgehensweise nicht mgesetzt wurden. Wir haben ja schon bedauert, dass as Wahlgesetz nicht geändert wurde. Dies stellt wirkich einen gravierenden Mangel dar. Man wird sehen üssen, wie sich dieses Defizit auswirken wird. Ob es sich um freie und faire Wahlen handeln wird, st jetzt im Vorfeld noch nicht zu sagen. Ein Urteil daüber steht uns jetzt auch noch nicht zu, sondern erst ann, wenn das endgültige Ergebnis vorliegt. Ich glaube ber, dass ganz bestimmte Vorgänge, die wir im Vorfeld er Wahlen schon jetzt beobachten können, uns Anlass ur Sorge geben. Deshalb gehe ich darauf jetzt hier einal etwas detaillierter ein. So sieht das Wahlgesetz vor, ass Initiativgruppen Unterschriften für Kandidatinnen nd Kandidaten sammeln können und ein Kandidat dann ugelassen wird, wenn eine gewisse Anzahl von Unterchriften gesammelt wurde. Das hat schon immer chwierigkeiten gemacht, weil zum Teil Unterschriften icht anerkannt wurden. Diesmal hat man eine sehr subtile Methode gefunden, ie Aufstellung solcher Kandidatinnen und Kandidaten m Vorfeld abzuwürgen. Man hat es nämlich so geregelt, ass zunächst zehn Leute eine Initiativgruppe gründen nd ihre Bereitschaft erklären müssen, solche Unterchriften zu sammeln. Wenn diese zehn Initiativgruppenitglieder namentlich benannt wurden, beginnt ein Proess der Repression gegen sie, sodass die Gefahr besteht, ass einige ihre Unterschrift zurückziehen und damit der andidat nicht mehr ins Rennen geschickt werden kann. chon im Vorfeld wurden, wie ich meine, mit großer orgfalt, entsprechende Druckmittel aufgebaut. Vor etwa nderthalb Jahren hat Lukaschenko veranlasst, dass alle ngestellten und Arbeiter in Staatsbetrieben nur noch injahresverträge erhalten. Das heißt, diese Personen ind, wenn sie sich bei solch einer Initiativgruppe engaieren, vom Verlust ihres Jobs und damit auch in ihrer ozialen Sicherheit bedroht. Wir wissen, dass dies ein anz effektives Drohmittel ist. Wenn man eine Familie at und nicht weiß, ob man einen neuen Job bekommt, irkt ein solches Mittel natürlich besonders schnell. Wir haben außerdem im Vorfeld der Wahlen beobachn können, dass die sehr lebendige Landschaft der zivilen rganisationen – die OSZE hatte ja in ihrem Bericht ach den Präsidentschaftswahlen diese Bestandteile der ivilgesellschaft als Träger einer möglichen Demokratiierung in Belarus hervorgehoben – extrem unter Druck esetzt wurde und Organisationen dieser lebendigen deokratischen Gemeinde verboten wurden. Seit 2003 urden 56 Nichtregierungsorganisationen verboten. All iese Organisationen haben sich bei den letzten Wahlen eteiligt, von der Unterstützung von Kandidaten bis hin ur Wahlbeobachtung. Diese Zivilgesellschaft wird also ystematisch zerschlagen. Das geht so weit, liebe Kolleinnen und Kollegen, dass das hoch renommierte belaussische Helsinki-Komitee jetzt unmittelbar von der chließung bedroht ist. Es ist zwar nicht das erste Mal, ber bisher hat man nicht gewagt, daran zu rühren. Diesal jedoch scheint man Ernst machen zu wollen. Uta Zapf Warum geschah dieses, liebe Kolleginnen und Kolle gen? Dieses Helsinki-Komitee hat es gewagt, beim obersten Gerichtshof eine Klage gegen das Referendum einzureichen. Es will damit die Rechtmäßigkeit eines solchen Referendums überprüfen lassen. Daraufhin hat der oberste Staatsanwalt Anklage gegen das HelsinkiKomitee mit dem Ziel der Schließung dieser Organisation eingereicht. Dies zeigt ein Ausmaß von undemokratischem Verhalten, das auch bei vielen Kritikern und Kritikerinnen, die Lukaschenko irgendwie in die Quere kommen, zum Tragen kommt, indem kleinste Vorwände zum Anlass genommen werden, Prozesse gegen sie anzustrengen, sodass sie ins Gefängnis wandern oder Ähnliches mit ihnen geschieht. Die Zivilgesellschaft aber ist genau das, worauf wir setzen müssen. Deshalb ist mit der Forderung, diese Zivilgesellschaft zu stärken und zu stützen und dabei zu helfen, dass sich dort Demokratie entwickeln kann, eine ganz wichtige Zukunftsaufgabe für uns verbunden. (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Claudia Nolte [CDU/CSU] und des Abg. Rainer Funke [FDP])





(A) )


(B) )


Die weiter gehenden Forderungen, liebe Kollegin
Nolte, sollten wir erst einmal intern miteinander bespre-
chen. Wir haben ja im Rahmen der OSZE-Parlamen-
tariergruppe Gelegenheit, dieses Thema gemeinsam zu
behandeln. Wir könnten als Parlament einen wichtigen
Schritt machen, wenn wir an dieser Stelle eine gemein-
same Position entwickelten.

Lassen Sie mich noch zwei Worte zu gewiss enttäu-
schenden Prozessen sagen. 1999 hat Präsident
Lukaschenko beim Istanbuler Gipfel der OSZE im Vor-
feld der Parlamentswahlen 2000 Verpflichtungen unter-
schrieben, zum Beispiel die Verpflichtung, der Opposi-
tion freien Zugang zu den Medien zu gewähren. Er hat
sogar ein Abkommen mit der Opposition geschlossen,
das aber kurz darauf gebrochen wurde. Jetzt hat es wie-
der ein solches Versprechen gegeben, mit dem eine ge-
naue Anzahl von Minuten für einen Auftritt im Fernse-
hen und ein Platz in den offiziellen Staatszeitungen
festgelegt wurden, damit die Opposition dort für ihre
Politik werben kann. Wir werden aufmerksam beobach-
ten, ob das geschieht. Das wird sich ja in Kürze erwei-
sen; denn der Wahlkampf dauert nicht mehr allzu lang.

Wir als Parlamentarier haben aber auch einige Krite-
rien mit mehreren Resolutionen entwickelt, und zwar so-
wohl in der OSZE-Parlamentarierversammlung als auch
hier in der deutsch-belarussischen Gruppe und im ge-
samten Parlament. Darin wird gefordert, dass das Parla-
ment in Belarus mehr Rechte erhält. Darin kommt aber
auch zum Ausdruck, dass wir im Auge behalten werden,
ob zum Beispiel das Wahlgesetz und das Mediengesetz
so gestaltet werden, dass sie den Kriterien der OSZE ent-
sprechen.

All das ist noch offen, jedenfalls in Bezug auf die jetzt
anstehenden Wahlen. Die bisherige Entwicklung, liebe
Kolleginnen und Kollegen, macht mich allerdings sehr
traurig; denn ich sehe keine großen Fortschritte in die-
sem Land, das, wie Sie, Frau Nolte, sagen, eigentlich zu

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(C (D ns gehört, das nicht isoliert sein sollte, das europäisch st, das in unserer Nachbarschaft liegt. Es ist traurig, dass ie Situation dort so ist. Aber wir alle können für uns saen: Wir werden nicht aufhören, an der Demokratisieung dieses Landes zu arbeiten und diejenigen zu untertützen, die die Demokratisierung in Belarus anstreben nd sich darum bemühen. Herzlichen Dank. Das Wort hat der Kollege Rainer Funke, FDP-Frak ion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit ei er Delegation des Menschenrechtsausschusses habe ich or zehn Tagen gemeinsam mit der Kollegin Frau arwatzki Minsk besucht. Das war keine bequeme, aber ine, wie ich meine, ungeheuer wichtige Reise. Wir sind n Minsk mit allen bedeutenden Menschenrechtlern und ppositionellen zusammengetroffen, allesamt beeinruckende Persönlichkeiten, die nicht nur unter eobachtung, sondern unter direkter Verfolgung des ukaschenko-Regimes zu leiden haben und trotzdem uneirrt und mutig an ihrem Kampf für Menschenrechte, ürgerliche Freiheiten und Demokratie in Weißrussland esthalten. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Claudia Nolte [CDU/ CSU])


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512927700
Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1512927800

Diese überzeugten Demokraten schauen mit großer
orge auf den herannahenden Wahltag. Mit dem Verfas-
ungsreferendum will Präsident Lukaschenko seinen
weifelhaften Ruhm als letzter Diktator Europas fest-
chreiben. Leider steht für die Wahlen und damit auch
ür das Referendum aber schon heute fest, dass sie weder
rei noch fair sein werden. Insoweit erlaube ich mir, Ih-
en etwas zu widersprechen, Frau Kollegin Zapf.


(Uta Zapf [SPD]: Das habe ich mir fast gedacht!)


on einer unabhängigen Presse, die für einen fairen
ahlkampf unerlässlich ist, kann in Weißrussland ohne-
in keine Rede sein.
Oppositionelle Parteien werden – genau wie die meis-

en kritischen NGOs – vom Regime an der Registrierung
ehindert oder mit Steuer- oder Verwaltungsvorschriften
is an die Grenze ihrer Arbeitsfähigkeit malträtiert. Sie
aben zu Recht darauf hingewiesen, dass 56 NGOs oder
orfeldorganisationen verboten worden sind. Angesichts
ieser Tatsache kann man nicht mehr von freien oder fai-
en Wahlen sprechen.
Durch die Einführung des so genannten Kontrakt-

ystems, demzufolge Arbeitsplätze nur noch mit Einjah-
esverträgen vergeben werden, können und werden kriti-
che oppositionelle Stimmen unter zusätzlichen Druck
esetzt werden. Die Oppositionsparteien sind in den
ahlkommissionen vollkommen unterrepräsentiert.






(A) )



(B) )


Rainer Funke

Schließlich müssen viele Weißrussen, beispielsweise die
Studenten, schon zu vorgezogenen Wahlterminen ihre
Stimme abgeben. Diese liegen außerhalb jeglicher Wahl-
beobachtung und sind daher mit erheblichen zusätzli-
chen Manipulationsmöglichkeiten verbunden.

Unser Eindruck vor zehn Tagen war, dass sich ein
ganz finsteres Bild ergibt. Aber wenn man mit den auf-
rechten, mutigen Demokraten in Belarus zusammen-
trifft, dann weiß man, dass Hoffnung besteht und dass
wir dieses Land in der Mitte unseres Kontinents nicht al-
lein lassen dürfen. Insoweit sind wir uns alle im Parla-
ment einig. Darüber freue ich mich. Ich hätte mir aller-
dings gewünscht, dass sich diese Einigkeit in einem
gemeinsamen Antrag ausgedrückt hätte. Das wäre die
richtige Antwort an Lukaschenko gewesen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512927900

Der Kollege Rainder Steenblock, Bündnis 90/Die

Grünen, hat seine Rede zu Protokoll gegeben.1)

(Beifall des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der

Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
auf Drucksache 15/3811 mit dem Titel „Belarus vor den
Parlamentswahlen und dem Referendum“. Wer stimmt
für diesen Antrag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
Der Antrag ist mit den Stimmen der Koalition gegen die
Stimmen der FDP bei Enthaltung der CDU/CSU ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 16 b: Abstimmung über den An-
trag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/3802
mit dem Titel „Belarus vor den Parlamentswahlen
2004“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den
Stimmen der Koalition abgelehnt.

Ich rufe den Zusatzpunkt 5 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Claudia
Nolte, Dr. Friedbert Pflüger, Dr. Wolfgang
Bötsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Für eine demokratische und freie Präsidenten-
wahl 2004 in der Ukraine
– Drucksache 15/3799 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

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e1) Anlage 12

(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle in Claudia Nolte, CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 3 Jahre sind seit der Unabhängigkeit der Ukraine verangen. Man kann mit Recht sagen, dass es in all diesen ahren eine positive Entwicklung gegeben hat und dass ie Bilanz im Großen und Ganzen durchaus hoffnungsoll stimmt. Es wurde manches erreicht: Es bestehen stabile staat iche Strukturen und auch die wirtschaftliche Entwickung ist gut; das merken wir in Deutschland an den vertärkten Handelsbeziehungen. Besonders unter der mtszeit des Ministerpräsidenten Juschtschenko sind irtschaftsreformen erfolgreich durchgeführt worden. r hat sehr engagiert der Korruption den Kampf angeagt. Leider sind nach ihm diese Reformen ins Stocken eraten. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sind die Ende ktober anstehenden Präsidentschaftswahlen besonders ichtig. Es gibt zwei aussichtsreiche Kandidaten, nämich Juschtschenko und der derzeitige Ministerpräsident anukowitsch, der Kandidat, der von dem jetzigen Präsienten Kutschma favorisiert wird. Schon jetzt zeigt sich: s wird mit Sicherheit eine spannende Wahl. Derzeit iegt Juschtschenko noch deutlich vor Janukowitsch. Ich enke, dass viele Ukrainer seine Amtszeit als Ministerräsident noch in guter Erinnerung haben. Auf der andeen Seite muss man sehen, dass der derzeitige Ministerräsident einen Amtsbonus mitbringt und in seinem egierungshandeln durch die eine oder andere politische aßnahme natürlich für gute Stimmung sorgen kann. Positiv sehe ich, dass wir in der Ukraine Alternativen aben. Das heißt, wir haben eine starke Opposition, die uch Gewicht hat. Ich denke, das ist ein Zeichen dafür, ass sich eine demokratische Gesellschaft entwickelt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Uta Zapf [SPD])

Claudia Nolte (CDU):
Rede ID: ID1512928000

Umso entscheidender ist es nun, dass auch die Wah-
en demokratisch sind. Das heißt, dass sie fair und frei
ind. Es gibt leider Anzeichen, die einen zumindest
keptisch machen müssen. Schon 1999, bei den vorheri-
en Präsidentschaftswahlen, mussten Wahlbeobachter
uf deutliche Mängel hinweisen. Auch die Bürgermeis-
erwahl im Ort Mukachewo am 18. April dieses Jahres,
ie als eine Art Testwahl angesehen worden ist, wies
nstimmigkeiten und administrative Probleme auf.
iese äußerten sich beispielsweise in dem Diebstahl der
okumente mit den Auszählungsergebnissen und Proto-
ollen der Wahlkommission. Da sind also nicht irgend-
elche Dinge passiert.
Der Wahlvorgang als solcher ist die eine Sache. Aber

uch hier gilt, was wir schon zu Belarus gesagt haben:
as Vorfeld der Wahl ist die andere Sache. Auch da gilt
s, Fairness zu bewahren und Chancengleichheit her-






(A) )



(B) )


Claudia Nolte

zustellen. Auch hier müssen wir leider feststellen, dass
dies in der öffentlichen Wahrnehmung so nicht gegeben
ist. Wir haben eine reichhaltige Berichterstattung über
den Ministerpräsidenten; Juschtschenko kommt in den
Medien kaum vor – und wenn, dann eher negativ. Das
heißt, er wird in der Möglichkeit, für sich selber Wahl-
kampf zu machen, sehr beschnitten.

Nun begrüßen wir es sehr, dass auch die Ukraine
Wahlbeobachter der OSZE eingeladen hat und schon
jetzt Beobachter vor Ort sind, was aus besagten Grün-
den, wegen des Vorfeldes der Wahl, sehr wichtig ist. Es
werden circa 650 OSZE-Wahlbeobachter da sein und da-
mit eine sehr hohe Präsenz sicherstellen. Das halte ich
für eine sehr wichtige Maßnahme und eine gute Ent-
wicklung.

Ich finde es aber auch wichtig, dass die Wahlkom-
missionen, die die Verantwortung für die Stimmauszäh-
lung tragen, gleichermaßen demokratisch zusammenge-
setzt sind und ihrer Verantwortung gerecht werden
können. Es ist zwar derzeit möglich, dass auch die Op-
position Vertreter entsenden kann. Aber die Frage ist na-
türlich, in welcher Stärke sie präsent sein werden und
welche Widerspruchsmöglichkeiten sie haben.

Derzeit befindet sich überdies ein Entwurf zur Ände-
rung des Wahlgesetzes im Parlament, in dem vorgese-
hen ist, dass sich auch NGOs an den Wahlkommissionen
beteiligen können, was ja eine Chance dafür wäre, dass
auch im NGO-Bereich existierende demokratische
Gruppierungen an der Wahlauszählung teilnehmen. Wir
ermuntern das ukrainische Parlament, diese Reform
noch vor der Wahl in Kraft treten zu lassen, damit sie
Wirkung entfalten kann.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich persönlich finde es bedauerlich, dass wir in Bezug
auf die Ukraine solche Probleme erleben und darüber
sprechen müssen. Die Ukraine ist ein Land, dem wir uns
sehr verbunden fühlen, das sehr europäisch ist und glei-
chermaßen zu unseren Nachbarn gehört. Ich frage mich
ein Stück weit, wo unsere Verantwortung dabei liegt.
Wir konnten erleben, dass in den Ländern, die eine klare
europäische Perspektive erhalten haben, sehr große
Kräfte für demokratische Reformen freigesetzt worden
sind und sehr viel bewegt worden ist.

Ist nicht vielleicht eine Ursache für die Wankelmütig-
keit in der politischen Ausrichtung und im klaren Be-
kenntnis zur Demokratie, dass diese klaren Perspektiven
für die Ukraine nicht vorhanden waren und die Ange-
bote, die gemacht worden sind, für die Ukraine letztend-
lich nicht sehr überzeugend waren? Ich denke an das
Nachbarschaftskonzept, das recht spät entwickelt wor-
den ist und das in den Augen der Ukraine bedeutet hat:
Man setzt sie mit Ländern gleich, für die eine europäi-
sche Perspektive ganz klar ausgeschlossen ist. Man hat
in der Ukraine das Gefühl, dass keine angemessene Be-
wertung der Ukraine vorgenommen worden ist.

Ich glaube schon, dass Europa mehr Anreize zur Sta-
bilisierung der Demokratie in der Ukraine geben kann.

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(C (D ch hoffe, dass wir diesen Punkt im Ausschuss intensiver etrachten und ihm mehr Aufmerksamkeit schenken önnen. Vielleicht – das ist ja noch möglich – können ir uns im Ausschuss auf einen gemeinsamen Antrag erständigen. Ich würde das sehr begrüßend; denn ich laube, dass wir alle wollen, dass die Wahlen frei, fair nd demokratisch sind. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512928100

Die Kollegin Jelena Hoffmann sowie die Kollegen
arald Leibrecht und Rainder Steenblock haben ihre Re-
en zu Protokoll geben.1)
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
anfred Grund, CDU/CSU-Fraktion.


Manfred Grund (CDU):
Rede ID: ID1512928200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor eini-

en Jahren hatte ich die Möglichkeit, an einer Veranstal-
ung der NATO im Rahmen des Programms „Partner-
chaft für den Frieden“ teilzunehmen. Bei einer
iskussionsveranstaltung waren neben den Parlamenta-
iern und den Botschaftern der Staaten bei der NATO in
rüssel auch Militärs, zum Beispiel aus Russland, aus
asachstan und aus Aserbaidschan, anwesend. Während
er Diskussion stand ein russischer General auf und
ragte, ob man denn nicht sehen würde, dass mit der EU-
sterweiterung und mit der vorangegangenen NATO-
sterweiterung die NATO und die EU in Richtung Osten
nd damit in Richtung Russland vorrückten und es da-
urch zu einer Bedrohung Russlands käme. Es war span-
end zu sehen, wer auf diese Frage antworten wollte. Ein
olnischer General stand auf und sagte: Nicht die NATO
nd nicht die EU rücken nach Osten, sondern Europa
indet seine Mitte wieder.
Was für ein Bild, meine lieben Freunde! Europa fin-

et seine Mitte wieder, und zwar in einem Prozess, den
ir gemeinsam seit 15 Jahren in Europa und auch in
eutschland beobachten können und der zu vielen und
ehr guten Ergebnissen geführt hat, wenn auch manches
nders wünschenswert und vorstellbar gewesen wäre.
Wir haben sicher kein Problem, zu dieser geistigen
itte in Europa Polen, Ungarn und die baltischen Staa-

en zu zählen. Wir tun uns schon etwas schwerer, wenn
s um die Ukraine geht. Ich glaube, wir haben die
kraine betreffend von Europa und von Deutschland aus
in Wahrnehmungsproblem. Wenn wir nach Osten
chauen, sehen wir Polen und das große Russland. Das
ag vielerlei Gründe haben: geschichtliche Ursachen,
irtschaftliche Gründe und auch energiepolitische
ründe. Dass aber zwischen diesen beiden Ländern die
kraine liegt, einer der flächenmäßig größten Staaten
uropas mit 48 Millionen Einwohnern und mit einer be-
erkenswerten Geschichte, sehen wir kaum.

Anlage 13






(A) (C)



(B) )


Manfred Grund
Das Magdeburger Stadtrecht war im Mittelalter in den

ukrainischen Städten die Kommunalverfassung. Das
ukrainische Herrscherhaus, die Kiewer Rus, war mit fast
allen europäischen Herrscherfamilien verbunden und
verheiratet. Nach der Eroberung Konstantinopels durch
die Türken 1453 war der Schwerpunkt der christlichen
Orthodoxie die Ukraine. Nun treten wir dem Gedanken
einer möglichen Erweiterung der EU in Richtung Türkei
viel näher, als uns gedanklich mit der Ukraine zu be-
schäftigen. Ich glaube, wir müssen unseren Blick auf die
Ukraine schärfen.

Signale aufzunehmen und in einen fruchtbaren Dialog
mit einer demokratischen Ukraine einzutreten.

Ich freue mich auf die Beratungen zu diesem Antrag
und auf die Zusammenarbeit, die im Interesse Deutsch-
lands und auch der Ukraine notwendig ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512928300



(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es ist aber nicht nur diese Seite Europas, die sich ein

wenig in ihrer Darstellung ändern muss. Auch die
Ukraine muss bemüht sein, positive Signale in Richtung
Europa zu senden. Vieles, was uns an Informationen, an
Zeitungs- und Fernsehberichten erreicht – Frau Kollegin
Nolte hat darauf hingewiesen –, ist ziemlich negativen
Charakters, insbesondere was die politische Entwick-
lung betrifft. Frau Kollegin Nolte hat die Entwicklung
bei den Wahlen in Mukachewo angesprochen. Man
könnte auch die Behinderung der Oppositionsarbeit des
Wahlbündnisses „Nasha Ukraina“ nennen, das Anfang
dieses Jahres in Donezk, im Zentrum der Schwermetall-
industrie und damit auch des russischen Einflusses, ver-
sucht hat, eine Parteiveranstaltung durchzuführen; sie
würde massiv gestört.

Vielerlei Dinge haben wir aus der Sicht unserer ziem-
lich eingespielten Demokratie an der Ukraine auszuset-
zen. Aber es sei auf Folgendes hingewiesen: Wir haben
es hier mit einer Präsidentschaftswahl zu tun, bei der
mehrere Kandidaten antreten, nicht wie bei der Wahl
in Russland, bei der auf dem Stimmzettel nur ein Kandi-
dat stand. Zwei von diesen Kandidaten haben berech-
tigte Aussichten, in eine Stichwahl zu kommen. Es wird
spannend sein, wer gewinnt.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Hoffentlich Juschtschenko!)


– Sie sagen: hoffentlich Juschtschenko. Aber der Aus-
gang der Wahl ist ziemlich offen.

Wir werden mit dem dann gewählten Präsidenten zu-
sammenarbeiten müssen. Mit dem einen wird es uns et-
was leichter fallen, mit dem anderen tut man sich viel-
leicht etwas schwerer. Wenn von dem dann gewählten
Präsidenten – vorausgesetzt die Wahlen sind frei, fair
und von der OSZE anerkannt – Signale in Richtung
Europa gesandt werden, sollten wir bereit sein, diese

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(D Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 15/3799 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit inverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweiung so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm – Drucksache 15/3782 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Die Kollegen Petra Bierwirth, SPD, Franz Obermeier, DU/CSU, Bundesminister Jürgen Trittin und Michael auch, FDP, haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.1)

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 15/3782 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
azu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
ann ist die Überweisung so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-

rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-

estages auf morgen, Freitag, den 1. Oktober 2004,
Uhr, ein.
Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen, den
itarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Gästen auf
er Tribüne einen schönen Abend.
Die Sitzung ist geschlossen.