Protokoll:
15114

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 114

  • date_rangeDatum: 17. Juni 2004

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:12 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/114 Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung: Eine neue Ernährungsbewegung für Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Ursula Heinen, Julia Klöckner, Peter H. Carstensen (Nord- strand), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU: Über-, Fehl- und Mangelernährung wirksam bekämpfen (Drucksache 15/3310) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Abgeordneten Uwe Schummer, Werner Lensing, Katherina Reiche, weiteren Abgeordneten und der Frak- tion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Modernisierung der dualen Berufsausbildung in Deutschland durch Novellierung des Berufsbildungsrechts (Drucksache 15/2821). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10322 A 10322 A 10322 B 10343 A 10344 B 10344 C 10344 D Deutscher B Stenografisch 114. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Gedenken an die Opfer des 17. Juni 1953 . . . Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Renate Jäger, Verena Wohlleben, Bernd Schmidbauer und Hans-Christian Ströbele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 24 . . . Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Begrüßung des Vizepräsidenten der Assem- blée nationale Yves Bur . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: H U J E C D M J 10319 A 10319 C 10319 C 10321 D 10321 D 10395 C Ursula Heinen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 10326 A 10327 D undestag er Bericht ung en 17. Juni 2004 t : ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Jutta Dümpe-Krüger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . ulia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . lvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . ornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . arlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ella Teuchner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10330 A 10330 D 10332 C 10333 C 10334 B 10335 C 10338 A 10339 A 10339 D 10341 D in Verbindung mit II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 Zusatztagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von den Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Christoph Hartmann (Homburg), weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Be- rufsausbildungsrechts (Drucksache 15/3325) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Maria Böhmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Christoph Hartmann (Homburg) (FDP) . . . . . Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Hans-Werner Bertl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werner Lensing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 32: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Ausführung des Zusatzproto- kolls vom 18. Dezember 1997 zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen (Drucksache 15/3179) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anglei- chung der Pfändungsfreigrenzen in der Sozialversicherung (Drucksache 15/2796) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dirk Niebel, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Lockerung des Verbots wiederholter Befristungen (Drucksache 15/2804) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung eisenbahn- rechtlicher Vorschriften (Drucksache 15/3280) . . . . . . . . . . . . . . . . e f g Z a b c d e 10345 A 10345 A 10347 A 10348 A 10348 C 10350 D 10352 B 10353 D 10354 D 10356 C 10357 D 10358 C 10360 C 10362 A 10362 A 10362 A 10362 B ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Umsetzung gemeinschafts- rechtlicher Vorschriften über die grenzüberschreitende Prozesskosten- hilfe in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten (EG-Prozesskostenhil- fegesetz) (Drucksache 15/3281) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Horst Friedrich (Bay- reuth), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Bessere organisato- rische Kooperation zwischen Auswär- tigem Amt und Wissenschaftsorganisa- tionen (Drucksache 15/2759) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle und weiterer Abgeordne- ter der Fraktion der FDP sowie der Abge- ordneten Holger Haibach, Kristina Köhler (Wiesbaden), Dr. Klaus W. Lippold (Of- fenbach) und weiterer Abgeordneter der Fraktion der CDU/CSU: Engpass zwi- schen Wiesbadener Kreuz und Krifteler Dreieck (Autobahn A 66) beseitigen (Drucksache 15/3104) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 7: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Sie- benten Gesetzes zur Änderung des So- zialgerichtsgesetzes (7. SGGÄndG) (Drucksache 15/3169) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Melderechtsrahmengesetzes (Drucksache 15/3305) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau von Statistiken (Statistikabbaugesetz) (Drucksache 15/3306) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau von Statistiken (Drucksache 15/2416) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Heidi Wright, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Winfried Hermann, Albert Schmidt (Ingolstadt), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des 10362 B 10362 B 10362 C 10362 C 10362 D 10362 D 10362 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 III BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Mehr Sicherheit für Radfahrer – insbeson- dere Schutz vor Unfällen mit LKW im Stadtverkehr (Drucksache 15/3330) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 14. Mai 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksachen 15/3171, 15/3264). . . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 8. Juli 2003 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der mazedonischen Regierung über Soziale Sicherheit (Drucksachen 15/3172, 15/3335). . . . . . . . c) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 14. Oktober 2003 über die Beteiligung der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lett- land, der Republik Litauen, der Re- publik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slo- wenien und der Slowakischen Republik am Europäischen Wirtschaftsraum (Drucksachen 15/3173, 15/3343). . . . . . . . d) Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur effektiveren Nutzung von Dateien im Bereich der Staatsanwalt- schaften (Drucksachen 15/1492, 15/3331). . . . . . . . e) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dritten Ge- setzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (Drucksachen 15/3044, 15/3260). . . . . . . . f) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Fa- kultativprotokoll vom 25. Mai 2000 zum Übereinkommen über die Rechte g h i j) T Z d F m ( Z a b 10363 A 1030010363 B 10363 C 10363 D 10364 A 10364 C des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten (Drucksachen 15/3176, 15/3340) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen zu dem Antrag der Abgeord- neten Peter Götz, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Vorlage eines städtebaulichen Berichts (Drucksachen 15/2158, 15/2896) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Arsen, Kadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische aromatische Kohlenwas- serstoffe in der Luft (Drucksachen 15/1613 Nr. 1.13, 15/2958) ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung (Drucksachen 15/1948 Nr. 1.8, 15/3138) – m) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 124, 125, 126 und 127 zu Petitionen (Drucksachen 15/3225, 15/3226, 15/3227, 15/3228) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 28: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines ünften Gesetzes zur Änderung des Futter- ittelgesetzes Drucksachen 15/3170, 15/3342) . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 8: ) Beschlussempfehlung des Rechtsaus- schusses: Übersicht 7 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfas- sungsgericht (Drucksache 15/3334) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu der Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvR 412/04 (Drucksache 15/3341) . . . . . . . . . . . . . . . 10364 D 10365 A 10365 B 10365 C 10365 D 10366 B 10366 C 10366 C IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 Tagesordnungspunkt 5: Bericht des Petitionsausschusses: Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundes- tag – Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 2003 (Drucksache 15/3150) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karlheinz Guttmacher (FDP) . . . . . . . . . . Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . . Günter Baumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . . Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . . Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Andreas Scheuer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Vera Dominke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordne- ten Dietrich Austermann, Steffen Kampeter, Bernhard Kaster, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Öffentlichkeits- arbeit der Bundesregierung (Drucksachen 15/1960, 15/2912) . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Dietrich Austermann, Steffen Kampeter, Bernhard Kaster, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU: Ausweitung der Öffent- lichkeitsarbeit der Bundesregierung in Zei- ten knapper Kassen (Drucksache 15/3311) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Gerhard Rübenkönig (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Gerhard Rübenkönig (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F D T a b R U J M G G T A C u F ( 10367 A 10367 A 10368 B 10370 C 10372 C 10374 A 10375 A 10375 C 10375 D 10377 B 10378 B 10379 B 10379 C 10379 D 10381 A 10382 B 10383 A 10383 A 10383 B 10385 B 10387 B 10387 D 10388 A ranziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes (Drucksachen 15/3168, 15/3214) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Renate Jäger, Ulrike Mehl, Michael Müller (Düsseldorf), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD so- wie der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Volker Beck (Köln), Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Den Flüssen mehr Raum geben – Ökologische Hochwasser- vorsorge durch integriertes Flussge- bietsmanagement – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, Ulrich Petzold, Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Vorsorgender Hochwasser- schutz im Binnenland – zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Hochwasserschutz – Solidarität erhalten, Eigenverant- wortung stärken (Drucksachen 15/1319, 15/1561, 15/1334, 15/2118) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . enate Jäger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lrich Petzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ustav Herzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . itta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: ntrag der Fraktionen der SPD, der CDU/ SU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN nd der FDP: Evaluierung des Deutsch- ranzösischen Jugendwerkes Drucksache 15/3326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10388 D 10390 A 10390 D 10391 A 10391 B 10392 B 10393 D 10394 D 10395 C 10396 B 10398 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 V Monika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Antje Hermenau (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Hartmut Büttner (Schönebeck), Arnold Vaatz, Wolfgang Bosbach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Jährliche Debatte zum Stand der Rehabilitierung und Ent- schädigung der Opfer der SED-Diktatur (Drucksache 15/2818) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Klaus Haupt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Sibylle Laurischk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Rechtsstaatlichkeit der Telefonüberwa- chung sichern (Drucksache 15/1583) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hermann Bachmaier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zeitlmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Deutsche-Welle-Gesetzes (Drucksache 15/3278) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . . Bernd Neumann (Bremen) (CDU/CSU) . . . . Monika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . H D Z A ( E F H T F N K S ( H A H U H T G K w C ( T D D P J M T B s s – 10398 A 10399 B 10400 D 10401 C 10402 B 10403 B 10404 C 10404 C 10405 C 10407 A 10407 C 10408 A 10408 D 10410 B 10410 C 10411 C 10413 A 10414 C 10415 D 10416 D 10418 A 10418 A 10418 D 10421 A ans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . . r. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 10: ntrag der Abgeordneten Hans Büttner Ingolstadt), Detlef Dzembritzki, Siegmund hrmann, weiterer Abgeordneter und der raktion der SPD sowie der Abgeordneten ans-Christian Ströbele, Volker Beck (Köln), hilo Hoppe, weiterer Abgeordneter und der raktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- EN: Zum Gedenken an die Opfer des olonialkrieges im damaligen Deutsch- üdwestafrika Drucksache 15/3329) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans Büttner (Ingolstadt) (SPD) . . . . . . . . . . nke Eymer (Lübeck) (CDU/CSU) . . . . . . . . ans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lrich Heinrich (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . artwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) . . . agesordnungspunkt 13: roße Anfrage der Abgeordneten Julia löckner, Thomas Rachel, Andreas Storm, eiterer Abgeordneter und der Fraktion der DU/CSU: Förderung der Organspende Drucksache 15/2707) . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Rachel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . . . etlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Selg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . ulia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . arion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin BMGS . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswe- en zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Rehbock-Zureich, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeord- neten Albert Schmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln), Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Die Bahnreform konsequent weiterfüh- ren 10422 B 10423 A 10424 B 10424 C 10425 D 10426 D 10427 C 10428 B 10429 B 10429 C 10430 C 10431 C 10432 B 10433 C 10434 C 10435 C VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 – zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und der FDP: Leitlinien für die Vollendung der Bahnreform (Drucksachen 15/2658, 15/2156, 15/3268) . . Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . Karin Rehbock-Zureich (SPD) . . . . . . . . . . . . Eduard Lintner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Zweiter Bericht der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 15 Abs. 1 der Eu- ropäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (Drucksache 15/3200) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Förde- rung von Regional- und Minderheitenspra- chen in Deutschland (Drucksache 15/3328) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jochen Welt, Beauftragter der Bundes- regierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . Peter H. Carstensen (Nordstrand) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . . Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Henry Nitzsche (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zwei- ten Gesetzes zur Änderung des Zivil- b I T A B w C z G a t ( G D H C W D A T A G A w F ( t S s ( T a 10436 D 10437 A 10438 A 10439 B 10440 C 10441 B 10442 A 10443 B 10443 C 10443 C 10445 B 10446 C 10448 A 10449 A 10499 D 10450 C 10451 C 10453 A 10453 C dienstgesetzes und anderer Vorschriften (Zweites Zivildienstgesetzänderungsge- setz – 2. ZDGÄndG) (Drucksache 15/3279) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ina Lenke, Klaus Haupt, Daniel Bahr (Münster), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung des Zivildienstgesetzes (Zweites Zivildienstgesetzänderungsgesetz – 2. ZDGÄndG) (Drucksache 15/2482) . . . . . . . . . . . . . . . na Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: ntrag der Abgeordneten Günter Nooke, ernd Neumann (Bremen), Renate Blank, eiterer Abgeordneter und der Fraktion der DU/CSU: Förderung von Gedenkstätten ur Diktaturgeschichte in Deutschland – esamtkonzept für ein würdiges Gedenken ller Opfer der beiden deutschen Dikta- uren Drucksache 15/3048) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ünter Nooke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . ans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . . laudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . ngelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 18: ntrag der Abgeordneten Annette Faße, erold Reichenbach, Gerd Andres, weiterer bgeordneter und der Fraktion der SPD so- ie der Abgeordneten Rainder Steenblock, ranziska Eichstädt-Bohlig, Volker Beck Köln), weiterer Abgeordneter und der Frak- ion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: icherheit vor der deutschen Küste verbes- ern – Küstenwache optimieren Drucksache 15/3322) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen – zu dem Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN und der FDP: 10454 C 10454 C 10454 D 10455 C 10455 D 10458 D 10460 A 10460 D 10462 C 10462 D 10463 D 10465 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 VII Wirtschaftliche und organisatori- sche Strukturen der Deutschen Flugsicherung dauerhaft verbessern – zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, Norbert Königshofen, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Wirtschaftliche und organisa- torische Strukturen der Deutschen Flugsicherung dauerhaft verbessern (Drucksachen 15/2393, 15/1322, 15/2634) b) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP: Erträge der Deutschen Flugsi- cherung (DFS) durch das QTE-Lease (US-Cross Border Leasing Transac- tion) vollständig bei der DFS als Eigen- kapital belassen (Drucksache 15/2827) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Tourismus – zu dem Antrag der Abgeordneten Brunhilde Irber, Annette Faße, Renate Gradistanac, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlin- burg), Rainder Steenblock, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Chancen und Poten- ziale des Deutschlandtourismus in der erweiterten Europäischen Union konsequent nutzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen Klimke, Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Den Tou- rismus stärken – Chancen der EU- Erweiterung nutzen (Drucksachen 15/2980, 15/3192, 15/3347) b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Tourismus zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen Klimke, Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Unterstützung grenzübergreifender kommunaler Zusammenarbeit im Rah- men der EU-Osterweiterung (Drucksachen 15/1327, 15/3259) . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Ergebnisse ihrer Bemühungen um die Weiterentwicklung der politischen und ökonomischen Gesamtstrategie für die b T a b N B A L A E S m d r l ( A Z – 10465 C 10465 D 10466 A 10466 B Balkanstaaten und ganz Südosteuropa für das Jahr 2003 (Drucksache 15/2464) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Grundsätzliche Neuausrich- tung der EU-Hilfsmaßnahmen für Süd- osteuropa (Drucksachen 15/2424, 15/3333) . . . . . . . agesordnungspunkt 21: ) Antrag der Abgeordneten Dagmar Schmidt (Meschede), Karin Kortmann, Lothar Binding (Heidelberg), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD so- wie der Abgeordneten Thilo Hoppe, Volker Beck (Köln), Katrin Göring- Eckardt, Krista Sager und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ent- wicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft weiterentwickeln – gemein- sam Armut bekämpfen (Drucksache 15/3327) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen), Dr. Christian Ruck, Dr. Ralf Brauksiepe, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU: Men- schen mit Behinderung in Entwick- lungszusammenarbeit einbeziehen (Drucksache 15/2968) . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 rklärung des Abgeordneten Reinhard chultz (Everswinkel) (SPD) zur Abstim- ung über die Zurückweisung des Einspruchs es Bundesrates gegen das Gesetz zur Siche- ung der nachhaltigen Finanzierungsgrund- agen der gesetzlichen Rentenversicherung 113. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkt 2) . nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung des Zivildienstgesetzes und ande- rer Vorschriften 10466 D 10466 D 10467 B 10467 C 10467 D 10467 B 10469 A 10469 B VIII Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Än- derung des Zivildienstgesetzes (Tagesordnungspunkt 16 a und b) Andreas Weigel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Scheuer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Willi Zylajew (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Jutta Dümpe-Krüger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Riemann-Hanewinckel, Parl. Staatssekretärin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Sicherheit vor der deutschen Küste verbessern – Küstenwache optimieren (Tagesordnungspunkt 18) Annette Faße (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ole Schröder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Wirtschaftliche und organisatorische Strukturen der Deutschen Flugsicherung dauerhaft verbessern – Erträge der Deutschen Flugsicherung (DFS) durch das QTE-Lease (US-Cross Border Leasing Transaction) vollständig bei der DFS als Eigenkapital belassen (Tagesordnungspunkt 19 a und b) Hans-Günter Bruckmann (SPD) . . . . . . . . . . Norbert Königshofen (CDU/CSU) . . . . . . . . . Eduard Oswald (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlungen und Berichte: – – – ( B E J U E A Z – – ( D K M D K A Z d – – ( D P T M 10469 C 10470 D 10471 B 10472 A 10472 C 10473 C 10474 B 10475 D 10476 C 10477 B 10477 D 10478 D 10480 B 10481 A 10482 D 10483 B 10483 D Chancen und Potenziale des Deutschland- tourismus in der erweiterten Europäischen Union konsequent nutzen Den Tourismus stärken – Chancen der EU-Erweiterung nutzen Unterstützung grenzübergreifender kom- munaler Zusammenarbeit im Rahmen der EU-Osterweiterung Tagesordnungspunkt 20 a und b) runhilde Irber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . rnst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ndine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rnst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Bericht der Bundesregierung über die Ergebnisse ihrer Bemühungen um die Weiterentwicklung der politischen und ökonomischen Gesamtstrategie für die Balkanstaaten und ganz Südosteuropa für das Jahr 2003 Beschlussempfehlung und Bericht: Grundsätzliche Neuausrichtung der EU- Hilfsmaßnahmen für Südosteuropa Tagesordnungspunkt 12 a und b) etlef Dzembritzki (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . arl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ichael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . erstin Müller, Staatsministerin AA . . . . . . . . nlage 8 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft weiterentwickeln – gemein- sam Armut bekämpfen Menschen mit Behinderung in Entwick- lungszusammenarbeit einbeziehen Tagesordnungspunkt 21 a und b) agmar Schmidt (Meschede) (SPD) . . . . . . . eter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . hilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arkus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10484 D 10486 B 10487 D 10488 D 10489 D 10490 C 10491 D 10493 B 10494 A 10494 C 10495 B 10498 A 10499 A 10500 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10319 (A) ) (B) ) 114. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    Anlage 8 ung ), das endgültige Ergeb- ebene Stimmen: 585; da- Die Reden der Kollegen Detlef Dzembritzki, SPD- zusammenarbeit einbeziehen steuropa , 15/3333 – von und zu Guttenberg Ausschuss für Verbrauchersch Landwirtschaft Ausschuss für Umwelt, Naturs b) Beratung des Antrags Weiß (Emmendingen) Dr. Ralf Brauksiepe, we Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10469 (A) ) (B) ) das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Fi- von Wehrdienst und Zivildienst maßgebend waren, weisung des Einspruchs des Bundesrates gegen Die Gründe, die für eine unterschiedliche Dauer Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Reinhard Schultz (Everswin- kel) (SPD) zur Abstimmung über die Zurück- M A Ü w d M Z d W w t e Z h d G r d s R E v n s s F a D d z Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Grotthaus, Wolfgang SPD 17.06.2004 Hagemann, Klaus SPD 17.06.2004 Hintze, Peter CDU/CSU 17.06.2004 Kopp, Gudrun FDP 17.06.2004 Dr. Küster, Uwe SPD 17.06.2004 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 17.06.2004* Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 17.06.2004 Link (Diepholz), Walter CDU/CSU 17.06.2004 Lips, Patricia CDU/CSU 17.06.2004 Matschie, Christoph SPD 17.06.2004 Nickels, Christa BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.06.2004 Raidel, Hans CDU/CSU 17.06.2004* Dr. Rexrodt, Günter FDP 17.06.2004 Schröder, Gerhard SPD 17.06.2004 Seiffert, Heinz CDU/CSU 17.06.2004 Strothmann, Lena CDU/CSU 17.06.2004 Dr. Struck, Peter SPD 17.06.2004 Dr. Thomae, Dieter FDP 17.06.2004 Wistuba, Engelbert SPD 17.06.2004 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Ren- tenversicherung (113. Sitzung, Zusatztagesordnungspunkt 22) In der Ergebnisliste ist mein Name nicht aufgeführt. ein Votum lautet „Ja“. nlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung des Zivilgesetzes in anderen Vorschrif- ten – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung des Zivilgesetzes (Tagesordnungspunkt 16 a und b) Andreas Weigel (SPD): Im Grundgesetz heißt es: Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen. ber die Auslegung dieses Grundsatzes ist viel gestritten orden. Lange Zeit ging es aber nicht einmal darum, ob er Zivildienst länger dauern sollte; da war sich die ehrheit einig. Es ging nur darum, wie viele Monate der ivildienst länger dauern sollte. Schließlich galt es in en Augen vieler, eine scheinbare Mehrbelastung des ehrdienstes auszugleichen. Das hatte damals auch et- as mit mangelnder Anerkennung des Zivildienstes zu un. Immer klang hier und da mit, Zivis machten es sich infacher, sie mogelten sich am Wehrdienst vorbei. Die ivildienstleistenden mussten sich ihre Anerkennung art erkämpfen oder besser gesagt: hart erarbeiten und as haben sie geschafft. Zivildienstleistende stehen heute mitten in unserer esellschaft. Seit Einführung des Ersatzdienstes haben und 2,5 Millionen Kriegsdienstverweigerer gezeigt, ass sie sehr wohl bereit sind, sich für unsere Gesell- chaft einzusetzen. Die Leistung der Zivis wird heute zu echt von allen Seiten anerkannt. Sie haben durch ihr ngagement ganze Überzeugungsarbeit geleistet. Dafür erdienen die Zivildienstleistenden unseren Respekt. Als im Jahre 1995 im Deutschen Bundestag über ei- en Gesetzesentwurf zur Änderung wehrrechtlicher Vor- chriften gestritten wurde, vorgelegt von der damals chwarz-gelben Bundesregierung, forderte die SPD- raktion eine Angleichung der Dauer des Zivildienstes n den Grundwehrdienst, und das nicht zum ersten Mal. ie Argumentation des entsprechenden Antrages war amals schon schlüssig und ist es heute umso mehr. Ich itiere: 10470 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) sind entfallen. Die Tatsache, dass der Ersatzdienst von den Ersatzdienstleistenden großen Einsatz er- fordert, beweist zur Genüge die Ernsthaftigkeit der Gewissenentscheidung. Der Gesetzgeber kann da- her zu einer gleichen zeitlichen Dauer von Grund- wehrdienst und Ersatzdienst zurückkehren, wie sie mit dem Wortlaut von Art. 12 a des Grundgesetzes zu vereinbaren ist. Schon damals hat sich die SPD-Fraktion auf die Vor- gabe des Grundgesetzes berufen und sie tut es heute ge- nauso, mit dem schönen Unterschied, dass heute eine Mehrheit in diesem Hause unseren Standpunkt vertritt. Zudem liefert auch ein Vergleich der Belastungssituation von Wehr- und Zivildienstleistenden so gut wie keine Argumente mehr für eine längere Zivildienstdauer. Über die Jahre hat sogar die FDP die Seiten gewech- selt, wie sie das immer mal wieder gerne zu tun pflegt, und fordert heute in einem, wie sie es nennen, Gesetzes- entwurf die Angleichung der Dienstdauer von Wehr- und Zivildienst. Herzlich willkommen, werte Kollegen! Ihr Gesetzentwurf, den wir hier mit beraten, verzichtet aller- dings auf die Regelungen, die eine Reihe weiterer Vor- teile für die Zivildienstleistenden bringen; Frau Parla- mentarische Staatssekretärin Riemann-Hanewinkel hat diese Neuerungen gerade vorgestellt. Ich finde es bedau- erlich, dass Sie diese Bestimmungen nicht im Zivil- dienstgesetz haben wollen. Sie sind nicht nur vorteilhaft für die jungen Leute, sondern sie schaffen auch Klarheit über eine Reihe von Regelungen, die bisher nur adminis- trativ umgesetzt worden sind. Man sollte den Gesetzent- wurf auch in dieser Hinsicht nicht unterschätzen. Ich möchte noch einen Aspekt erwähnen, der zu Un- recht von mancher Seite kritisiert wurde: die Integration der bisherigen Bildungsseminare in die Einführungslehr- gänge. Damit bekommen wir es endlich hin, dass alle Zi- vildienstleistenden auch wirklich an einem Lehrgang teilnehmen können, dass ihre Arbeit pädagogisch-theo- retisch begleitet wird, dass Möglichkeiten der Reflexion geschaffen werden. Wer dann sagt, mit dem Wegfall der Bildungsseminare geschehe genau das Gegenteil, dem sage ich: Erstens haben diese Seminare nur 5 Prozent der Zivildienstleistenden in Anspruch genommen und zwei- tens besteht weiterhin die Möglichkeit, an Begleitsemi- naren teilzunehmen, und zwar bei anderen Trägern. Viel- leicht wird das Angebot dadurch sogar attraktiver und mehr Zivildienstleistende entscheiden sich für die Teil- nahme an Begleitseminaren. Ohnehin wird über eine Er- weiterung des Bildungsangebotes nachgedacht. Der An- satz heißt: Sozialer Dienst/Dienst an der Gesellschaft als Lerndienst. Es darf nicht nur eine schöne Behauptung sein, dass der Erwerb sozialer Kompetenzen, dass freiwilliges En- gagement in sozialen Diensten, ein sinnvoller Baustein für ein späteres Berufsleben sein kann. Die theoretisch pädagogische Einrahmung dieser Dienste ist dafür grundlegend. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme den Ent- wurf des 2. Zivildienständerungsgesetzes abgelehnt, und zwar, weil mit der Verkürzung des Zivildienstes zu- nächst zwangsläufig eine Kürzung des Zuschusses für d D K n d E k G k e m d r f s z f c F e g i g g a M t Z p d d s b W k B w T e a k w g t e W p s M g l p – (C (D ie Träger des Freiwilligen Sozialen Jahres einhergeht. as ist in der Tat bedauerlich, aber in dieser direkten onsequenz eben nicht zu vermeiden. – Ich spreche hier atürlich nur von solchen Fällen, in denen nach § 14 c es Zivildienstgesetzes ein Freiwilliges Soziales Jahr als rsatz für einen Zivildienst abgeleistet wird. – Deshalb ann man nicht das ganze Gesetz verwerfen. Ganz im egenteil: Es gilt hier anzuknüpfen und weiter zu den- en; denn es ist durchaus denkbar, diese Einbußen durch ine Stärkung von Freiwilligendiensten an anderer Stelle ehr als wettzumachen. Wie der Bundesrat möchte auch ich anregen, frei wer- ende Finanzmittel aus dem Zivildienst für die Förde- ung und den Ausbau von Freiwilligendiensten zur Ver- ügung zu stellen. Wir müssen die Zukunftsfähigkeit des ozialen Sektors gewährleisten. In der Tat gilt es diesbe- üglich, die Empfehlungen der Kommission „Impulse ür die Zivilgesellschaft“ zu berücksichtigen. Wir brau- hen eine breitere gesellschaftliche Anerkennung von reiwilligendiensten. Dazu bedarf es nicht zuletzt auch iner großzügigeren finanziellen Förderung. Wir wissen aber auch, dass Zivildienst und Freiwilli- endienste kein Ersatz für neu entstehende Arbeitsplätze m sozialen Bereich sein können. Die Herausforderun- en des demographischen Wandels sind auch den Trä- ern der sozialen Dienste bewusst. Hier sucht man nach nderen, nach neuen Lösungen, wie etwa im Bereich der inijobs. Die Verkürzung des Zivildienstes jedenfalls rifft die freien Träger nicht unvorbereitet. Der vorliegendes Gesetzentwurf ist vernünftig. Der ivieldienst wird dem Wehrdienst angemessen ange- asst. Grundlegende oder ernsthafte Einwände gegen ieses Gesetz gibt es nicht. Bringen wir es schnell auf en Weg! Die Zivildienstleistenden haben einen An- pruch darauf. Andreas Scheuer (CDU/CSU): 1998 konnte man eim Regierungsantritt von Rot-Grün erahnen, dass die ehrpflicht unter dieser Regierung wohl keine gute Zu- unft hat. Anlass zur Hoffnung bestand 2003, als die undesregierung offiziell verlautbaren ließ: Derzeit sind eder Dienstzeitverkürzungen noch Änderungen der auglichkeitskriterien geplant. Doch auch diesmal heißt s: Zu früh gefreut! Wieder versucht Rot-Grün mit der ltbekannten Salamitaktik, den Zivildienst bis zur Un- enntlichkeit auszuhöhlen. Die Verkürzung um einen eiteren Monat und die Herabsetzung der Altersober- renze für die Einberufung um ganze zwei Jahre bedeu- et nichts anderes als die scheibchenweise Demontage iner tragenden Säule des Sozialstaats. Mein Kollege illi Zylajew ist darauf schon sehr genau eingegangen. Nach der eher ergebnisoffenen Diskussion zur Dienst- flicht vor einigen Wochen hat sich an der Grundkon- tellation nichts Wesentliches geändert. Wir haben zwei inister, die, wie wir es bei Rot-Grün ja in anderen Fra- en gewohnt sind, widersprüchlich vorgehen: eine Fami- ienministerin, die ganz aktiv die Abschaffung der Wehr- flicht betreibt und durch ihren Bereich Zivildienst gleichsam über die Hintertür – versucht, den Verteidi- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10471 (A) ) (B) ) gungsminister vom Kurs des Beibehalts der Wehrpflicht abzubringen. Die Lage ist aber wesentlich angespannter, als die Freude von Rot-Grün am Im-Kreis-Diskutieren vermu- ten lässt: Schon 2003 stellte die Regierung fest, dass die Zahl der Zivildienstleistenden bereits jetzt nicht aus- reicht, um die notwendigen Leistungen im Sozial- und Pflegebereich zu erbringen. Eine Vielzahl von Stellen bleibt schon bei der derzeitigen Gesetzeslage unbesetzt. Wie soll das erst aussehen, wenn sich noch weniger junge Männer und dazu noch kürzer hier engagieren? Zudem rekrutieren die Träger und Wohlfahrtsverbände in hoher Zahl aus dem Zivildienst heraus die später wichtigen ehrenamtlich Tätigen. Angesichts dieser Funktion des Zivildienstes kann man also nicht nur ein- fach innerhalb der neun oder zehn relevanten Monate denken; es geht auch um den Fortbestand des Engage- ments der Bürger im Ehrenamt. Ich möchte hier zu bedenken geben: Bei all den Dis- kussionen müssen wir uns schon im Klaren sein, dass gerade die jungen Menschen zur Mitverantwortung in unserer Gesellschaft animiert werden sollen. Das muss der kleinste gemeinsame Nenner sein. Ein Engagement für Staat und Gesellschaft ist der zentrale Punkt, um Strukturen in unserem Land zu erhalten und zu fördern. Das heißt aber auch, dass der Zivildienst eine starke und leistungsfähige Alternative bleiben muss, damit die jun- gen Menschen in unserem Land etwas Positives für ihre Lebensgestaltung mitnehmen. Die schönen Sonntagsreden zum Ehrenamt nutzen da wenig, meine Damen und Herren von Rot-Grün. Sie müssen sich mit den Verbänden unterhalten, dann erfah- ren Sie auch mal etwas von der Praxis. Da gibt es blanke Angst um die Strukturen vor Ort. Uns von der Union ist klar, dass die Bundesregierung Strukturen in unserem Land zerstören will, die sich bewährt haben. Eines näm- lich sollten wir auf lange Sicht nicht aus den Augen ver- lieren, wenn wir über diesen Gesetzesentwurf abstim- men: Wird der Zivildienst weiter gekürzt, eingeschränkt, in kleinen Schritten geschwächt, dann sind wir bald bei der zentralen Frage angelangt, nämlich bei der Abschaf- fung der Wehrpflicht. Und das will Rot-Grün. Meine Damen und Herren von Rot-Grün, wenn wir dann in der Bredouille sind, für unser Sozialsystem ei- nen Ersatz des Zivildienstes zu finden und diesen zu fi- nanzieren, bin ich auf Ihre Vorschläge und Konzepte sehr gespannt. Legen Sie also die Karten auf den Tisch und führen Sie keine Schattendebatten, die in der Konse- quenz nur auf das eine hinauslaufen: die Abschaffung der Wehrpflicht! Willi Zylajew (CDU/CSU): Der uns zur Beratung vorliegende Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung des Zivildienstgesetzes müsste eigentlich einen an- deren Namen tragen. Es müsste „Gesetz zur Aushöhlung des Zivildienstes“ heißen. Denn um nichts anderes geht es in diesem Gesetzentwurf. Im Januar 2003 haben Sie von Rot-Grün mit dem Ers- ten Zivildienstgesetzänderungsgesetz den Bundeszu- s z – l b n h w d u e s v D n S s l m v t n s r t v t g B c z a l a m s e d n d S t s h e z B H d v e d z (C (D chuss pro Zivildienstleistenden von 70 auf 50 Prozent usammengestrichen. Dies hat den zivilen Ersatzdienst eine tragende Säule unserer sozialen Dienste – erheb- ich geschwächt. Unter dem Druck der Wohlfahrtsver- ände haben Sie diese Kürzung auf ein Jahr begrenzt. Damals habe ich mich gefragt, was Rot-Grün wohl och einfallen wird, um den Zivildienst weiter auszu- öhlen und ihn langsam aber sicher abzuschaffen. Nun eiß ich es. Diesmal geht es nicht ans Geld, sondern an ie Dauer des zivilen Ersatzdienstes und an die Befrei- ngstatbestände. Das höhlt den Zivildienst mindestens benso nachhaltig aus wie die Kürzung des Bundeszu- chusses. Mit dem vorliegenden Gesetz soll die Dauer des Zi- ildienstes von zehn auf neun Monate verkürzt werden. ies macht eine sinnvolle Gestaltung des Zivildienstes ahezu unmöglich. Vor allem ältere Menschen oder chwerstbehinderte, die individuell betreut werden müs- en, werden darunter zu leiden haben. Der Zeitraum, in dem ein Zivildienstleistender wirk- ich seinen Dienst an der Gesellschaft leistet, wird im- er kürzer. De facto bliebe bei einem 9-monatigen Zi- ildienst nur noch ein gutes halbes Jahr für die atsächliche Arbeit in den Einrichtungen. Eine Woche immt der staatspolitische Einführungslehrgang in An- pruch, zwei Wochen sind für die fachlichen Einfüh- ungslehrgänge anzusetzen. Hinzu kommt eine mindes- ens zweiwöchige, bei Pflege- und Betreuungsdiensten ierwöchige Einweisung in der Einrichtung hinzu. Na- ürlich muss auch noch der rund dreiwöchige Urlaub ab- ezogen werden. Von Krankheitstagen und vorzeitiger eendigung des Zivildienstes will ich gar nicht erst spre- hen. Dieser kurze Zeitraum schadet allen Beteiligten: den u Betreuenden, die sich in immer kürzeren Abständen uf neue Menschen einstellen müssen, den Zivildienst- eistenden, die immer weniger anspruchsvolle und ver- ntwortungsvolle Tätigkeiten ausüben können. Damit, eine Damen und Herren von Rot-Grün, widersprechen ie sich selber. Angesichts dieser Kürzung kann man von inem „sozialen Lerndienst“, den sie immer wieder for- ern, gar nicht mehr sprechen. Schließlich wird der fi- anzielle und organisatorische Aufwand für die Zivil- ienststräger immer größer. Ich glaube, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die pitzen der Wohlfahrtsverbände angesichts dieser erneu- en Kürzung, die bestimmt nicht die letzte ist, ihren Aus- tieg aus dem Zivildienst verkünden. Aber vielleicht offt die Bundesregierung ja gerade darauf. Vielleicht ist s die Taktik von Rot-Grün, den Zivildienst solange aus- uhöhlen, bis die Zivildienstträger abspringen und die undesregierung bei dieser sozialen Demontage ihre ände in Unschuld waschen kann. Danach werden sie ann vermutlich auch noch behaupten, sie hätten den Zi- ildienst ja erhalten wollen, nur die bösen Verbände ben nicht. Vielleicht geht es der Bundesregierung aber auch nur arum, die nicht vorhandene Wehrgerechtigkeit „schön- urechnen“. Die Wehrungerechtigkeit wird aber keinen 10472 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) Deut besser, wenn die Heranziehungsgrenze vom 25. auf das 23. Lebensjahr herabgesetzt wird und zum Beispiel verheiratete Wehrpflichtige befreit werden oder Wehr- pflichtige zurückgestellt werden, die im Beamtenver- hältnis ausgebildet werden. Ganz im Gegenteil! Selten bedacht wird vor allem die Signalwirkung die- ser Politik auf junge Menschen. Angesichts der Willkür, mit der im Zivildienst herumgefuhrwerkt wird, ist es doch kein Wunder, dass junge Menschen immer weniger einen Sinn im Zivildienst sehen und ihren Dienst ohne Freude ableisten! Das Aushöhlen der Wehrpflicht und des zivilen Er- satzdienstes durch die Bundesregierung muss ein Ende haben. Legen Sie endlich ein mittel- und langfristig trag- fähiges Konzept für den Zivildienst vor! Jutta Dümpe-Krüger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Mit dem Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Än- derung des Zivildienstgesetzes machen wir endlich Schluss mit einer großen Ungleichbehandlung. Denn wichtigster Bestandteil dieses Gesetzes ist, dass der Zi- vildienst auf neun Monate verkürzt und damit dem Wehrdienst angeglichen wird. Grüne haben lange dafür gestritten, dass diejenigen, die ihren Dienst aus Gewis- sensgründen nicht mit Waffen leisten, nicht schlechter gestellt sein dürfen als diejenigen, die das tun. Deshalb sage ich: Der Tag der Einbringung dieses Gesetzes ist ein guter Tag für Rot-Grün. Und es ist auch ein guter Tag für alle Zivildienstleistenden. Mit diesem wichtigen Schritt in die richtige Richtung wird übrigens auch ein Vorschlag der Kommission „Im- pulse für die Zivilgesellschaft“ umgesetzt – im Konsens und sehr zeitnah. Das erscheint mir besonders wichtig, weil wir in der Debatte um die Zukunft von Wehr- und Zivildienst natürlich ganz viele Menschen „mitnehmen“ müssen, auch solche, die sich heute immer noch nicht vorstellen können, dass beides Auslaufmodelle sind. Eines sage ich an dieser Stelle ganz deutlich: Es wird keinen Sinn machen, die Dauer von Wehr- und Zivil- dienst noch weiter abzusenken. Wir sind an dem Punkt angekommen, uns mit der Abschaffung aller Zwangs- dienste auseinander setzen zu müssen. Die Zukunft ge- hört den Freiwilligendiensten! Mit dem Zivildienständerungsgesetz wird die Lebens- planung für junge Männer wesentlich vereinfacht. Sie müssen nicht mehr bis zum 25. Lebensjahr damit rech- nen, eingezogen zu werden. Denn künftig gilt: Zivil- dienstpflichtige werden nur noch bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres einberufen. Ich halte das für einen ganz wichtigen Aspekt. Denn in einer Zeit, in der von jungen Menschen verlangt wird, flexibel zu sein und ihre Schul-, Bildungs- und Ausbildungszeiten immer zügiger zu durchlaufen, kann über ihren Köpfen nicht länger als unbedingt nötig das Damoklesschwert „Zwangsdienst“ schweben. In Zeiten, wo jeder junge Mensch froh ist, einen Job bekommen zu haben, ist es außerdem überaus positiv, dass ein weiterer Rückstellungsgrund geschaffen wurde: Wer die allgemeine Hochschul- oder Fachhoch- schulreife in der Tasche hat, als Kriegsdienstverweigerer anerkannt wird und eine betriebliche Ausbildung macht, d d B d g l S l u t w s w t K d w d s n 2 e t F Z u g S l B k b w d t h d D d r d s R d Z z u Z n f u g (C (D er kann ebenfalls vom Zivildienst zurückgestellt wer- en. Im vorliegenden Gesetz sind weitere Tatbestände zur efreiung vom Zivildienst erheblich ausgeweitet wor- en: Befreit werden können Verheiratete oder eingetra- ene Lebenspartner. Befreit werden kann auch, wer al- ein erziehend oder gemeinsam für ein Kind als orgeberechtigter verantwortlich ist. Ein Zurückstel- ungsgrund ist jetzt auch die Anerkennung zum Erhalt nd zur Fortführung eines eigenen oder elterlichen Be- riebes. Bisher war das nur auf den Bereich von land- irtschaftlichen oder gewerblichen Betrieben be- chränkt. Auch die so genannte „Dritte-Söhne-Regelung“ ist er- eitert worden. Sie gilt demnächst auch für Wehrpflich- ige, deren zwei ältere Brüder Dienst im Zivil- oder atastrophenschutz, im Entwicklungsdienst, einem „an- eren Dienst im Ausland“ nach § 14 b oder einen Frei- illigendienst nach § 14 c geleistet haben. Bisher galt as nur für den Bereich des Wehr- und Zivildienstes. Po- itiv ist auch die Neuregelung für das freiwillige Jahr ach § 14 c, die Urlaubsregelung anzupassen und statt 4 Tage 26 Tage im Jahr Urlaub zu gewähren. Insgesamt bleibt festzustellen, dass der Gesetzentwurf in guter Schritt in die richtige Richtung ist. Christel Riemann-Hanewinckel, Parl. Staatssekre- ärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, rauen und Jugend: Die Kommission „Impulse für die ivilgesellschaft – Perspektiven für Freiwilligendienste nd Zivildienste in Deutschland“ wurde im Mai vergan- enen Jahres von Frau Bundesministerin Renate chmidt eingesetzt und hat am 15. Januar 2004 Empfeh- ungen vorgelegt. Diese Empfehlungen wurden unter eteiligung der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz, der ommunalen Spitzenverbände und der Wohlfahrtsver- ände im Konsens getroffen. Eine der Empfehlungen ar, die Dauer des Zivildienstes an die des Grundwehr- ienstes anzupassen. Dies wurde auch von der parlamen- arischen Begleitgruppe der Impulse-Kommission mehr- eitlich gefordert. Es entspricht ebenso einer Forderung es Bundesrates, „dass die Dauer des Zivildienstes die auer des Grundwehrdienstes nicht überschreiten darf.“ Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verkürzen wir en Zivildienst von zehn auf neun Monate. Die Bundes- egierung folgt mit dem Entwurf für ein Zweites Zivil- ienständerungsgesetz den Vorschlägen vieler gesell- chaftlicher Gruppen. Der Gesetzentwurf weist eine eihe weiterer Veränderungen und Verbesserungen für ie betroffenen jungen Grundwehrdienstpflichtigen und ivildienstpflichtigen auf: Wir senken die Regelaltersgrenze für die Einberufung ur Bundeswehr und die Heranziehung zum Zivildienst m zwei Jahre auf 23 Jahre; Wehrdienstpflichtige und ivildienstpflichtige werden in Zukunft in der Regel nur och bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres einberu- en. Das bedeutet: Sicherheit für die persönliche Lebens- nd Berufsplanung der jungen Leute. Von vielen Arbeit- eberinnen und Arbeitgebern wird bei der Einstellung Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10473 (A) ) (B) ) die Ableistung des Wehrdienstes oder des Zivildienstes vorausgesetzt. Dem tragen wir Rechnung. Die Wehr- pflichtigen werden also in Zukunft ab dem 23. Lebens- jahr ihre Ausbildung ohne Ungewissheiten über den He- ranziehungszeitpunkt planen können bzw. sie stehen ab dem 23. Lebensjahr dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung. Nach § 11 Abs. 4 Nr. 3 wird nach geltendem Recht auf Antrag zurückgestellt, wer einen Ausbildungsab- schnitt „bereits weitgehend“ absolviert hat. In Recht- sprechung und Praxis steht seit langem fest, dass dies nach einem Drittel der Ausbildung der Fall ist. Dies soll jetzt der Klarheit halber ins Gesetz hineingeschrieben werden. Die Dritte-Söhne-Regelung wird ergänzt. Bisher war es Aufgabe dieser Regelung zu verhindern, dass eine Fa- milie durch die Wehrpflicht im besonderen Maße belas- tet wurde. Deshalb sollten dritte Brüder, deren zwei Ge- schwister Wehrdienst oder Zivildienst geleistet hatten, nicht mehr herangezogen werden. In Zukunft gilt dies auch für ältere Brüder, die Dienst im Zivilschutz oder Katastrophenschutz, einen anderen Dienst im Ausland oder ein freiwilliges Jahr nach § 14 c des Zivildienstge- setzes absolviert haben. Wer verheiratet ist, eine eingetragene Lebenspartner- schaft eingegangen ist oder die elterliche Sorge gemein- sam oder als Alleinerziehende ausübt, wird in Zukunft ebenfalls auf Antrag befreit. Denn wer vor Vollendung des 23. Lebensjahres – also bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze – eine solch weit reichende persönli- che Bindung eingeht, soll nicht durch Wehrdienst oder Zivildienst zusätzlichen Belastungen ausgesetzt werden und Gefahr laufen, dass er an diesen Aufgaben scheitert. In Zukunft werden die bisherigen Seminare nach § 36 a Zivildienstgesetz in die Lehrgänge nach § 25 a Zi- vildienstgesetz integriert. Diese Lehrgänge werden so strukturiert, dass sie die Einführung aller Zivildienstleis- tenden ermöglichen. Das hat zur Folge, dass sämtliche Zivildienstleistende eine Woche in politischer Bildung unterwiesen werden. Trotzdem müssen Zivildienstleis- tende nicht auf den Besuch von Seminaren verzichten, die den Anforderungen nach § 36 a ZDG entsprechen. Von Verbänden angebotene Seminare können weiterhin besucht werden. Im Bereich des § 14 c des Zivildienstgesetzes wird der Urlaubsanspruch von 24 Tagen auf 26 Tage herauf- gesetzt. Dies entspricht dem Urlaubsanspruch der Teil- nehmerinnen und Teilnehmer am FSJ/FÖJ bzw. der Wehrdienst- oder Zivildienstpflichtigen. Da sich die Kosten für eine Zivildienstleistung aufgrund der einmo- natigen Zivildienstverkürzung verringern, wird der der- zeitige Zuschuss vom Bund an die Träger von FSJ/FÖJ von höchstens 421,50 Euro je Monat auf 363,80 Euro pro Monat abgesenkt. Hier gibt es Übergangsregelun- gen. Der vorliegende Gesetzentwurf gestaltet den gesell- schaftlichen Wandel mit. Wir schreiben die Entschei- dung fort, dass den Trägern ein Zuschuss gewährt wird, wenn ein anerkannter Kriegsdienstverweigerer ein frei- w 3 D I w d D w s A r h s v e u G n H g b l e d r z o b k o k ä K r s h d z S S s f s d s k (C (D illiges Jahr statt des Zivildienstes ableistet. Über 000 Freiwillige leisten allein in diesem Jahr ihren ienst in den anerkannten Einrichtungen. Das macht das nteresse der jungen Menschen und damit den Bedarf an eiteren Plätzen in FSJ und FÖJ deutlich. Wir werden aher die freiwilligen Jahre weiterhin sehr stark fördern. as Zweite Zivildienständerungsgesetz enthält dazu ichtige Bausteine. Ich bitte Sie daher um Ihre Unter- tützung in der parlamentarischen Beratung. nlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Sicherheit vor der deutschen Küste verbessern – Küstenwache op- timieren (Tagesordnungspunkt 18) Annette Faße (SPD): Ein Öltanker wird von Terro- isten mit Sprengstoff beladen und treibt auf Wilhelms- aven oder eine andere deutsche Hafenstadt zu – so oder o ähnlich könnte man sich einen Terroranschlag zu See orstellen. Wir lernen heutzutage den Terrorismus als ine neue Form der Gefahr kennen. Neue Erkenntnisse nd neue Lösungen sind dringend notwendig, um dieser efahr zu begegnen. Hierin sind wir uns sicher alle ei- ig. Seit dem 1. Januar 2003 haben wir in Cuxhaven das avariekommando aufgebaut. Ein wichtiger und richti- er Schritt zur Abwehr einer großen Schadenslage. In eispielhafter Kooperation zwischen dem Bund und al- en fünf Küstenländern haben wir in anderthalb Jahren ine Einrichtung geschaffen, die ein einheitliches und amit effektives Unfallmanagement bei schweren Hava- ien gewährleistet und beispielhaft in Europa ist, und war unter Ausschöpfung des rechtlichen Spielraumes, hne Änderung der grundgesetzlich garantierten Aufga- enverteilung zwischen Bund und Küstenländern. Jeder ann sich vor Ort über die geleistete Arbeit informieren; ptimieren wird man sie weiterhin, zum Beispiel nach leinen und großen Übungen. Es besteht keine Notwendigkeit, das Grundgesetz zu ndern: weder für das Havariekommando noch für die üstenwache, für Havarien weder noch für denkbare ter- oristische Angriffe auf oder von See. Eine Rechtsper- önlichkeit ist nicht notwendig. Teilweise müssen sehr unterschiedliche Aufgaben mit och spezialisierten Schiffen und Personal erledigt wer- en. Denken Sie dabei nur an die Wartung der See- eichen – eine Routineaufgabe der Wasser- und chifffahrtsverwaltung. Oder an die grenzpolizeiliche icherung – eine originäre Aufgabe des Bundesgrenz- chutzes. Oder an die Kontrollen zur Einhaltung der Be- ischungsraten – eine der Hauptaufgaben der Fischerei- chutzboote. Eine neue nationale Behörde – wie von Ihnen gefor- ert – würde hier mehr neue Probleme schaffen, als be- tehende Probleme lösen: Die Einrichtung einer Bundes- üstenwache nach Ihren Vorstellungen würde bewährte 10474 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) Strukturen und Ressorts aufbrechen – und das nur, damit neue Strukturen und Ressorts mit denselben Aufgaben und denselben Zuständigkeiten wieder aufgebaut wer- den. Der heutige Koordinierungsverbund Küstenwache, auf den Sie, meine Damen und Herren der Opposition, zu Ihrer Regierungszeit sehr stolz waren, hat sich im Kern bewährt. Die Zusammenarbeit zwischen dem Ko- ordinierungsverbund Küstenwache und dem Havarie- kommando funktioniert. Dennoch gilt es, neuen Anforderungen gerecht zu werden. Wir wollen eine Küstenwache. Wir wollen Havariekommando, Küstenwache und Point of Contact unter einem Dach. Die Minister haben sich für den Standort Cuxhaven entschieden, was ich persönlich na- türlich sehr begrüße. Es gilt, bestehende Strukturen zu überprüfen und Synergieeffekte zu nutzen: Wasser- schutzpolizeien und andere Landesbehörden werden weiterhin in einem neuen Küstenwachezentrum betei- ligten. Wir werden behördenübergreifende Organisa- tions- und Weisungsstrukturen, insbesondere für den Ernstfall, schaffen. Die Zusammenarbeit der verschiede- nen Bundes- und Landesbehörden muss einheitlich koor- diniert werden. Es wird ein rasch einsatzfähiges Lage- und Einsatzzentrum für Nord- und Ostsee unter einem Dach geschaffen. Dabei ist eins klar: Den von der CDU/CSU heraufbe- schworenen Kompetenzwirrwarr im Falle einer terroris- tischen Bedrohung wird es in der Realität nicht geben. Ein solcher Ernstfall, von dem wir natürlich hoffen, dass er niemals eintreten wird, löst eine polizeiliche Sonder- lage mit entsprechend klaren Strukturen und Zuständig- keiten aus. Jedes zuständige Ressort erhält umfassende Kompetenzen und Weisungsbefugnisse. Auf dem Land sprechen Sie auch nicht von Kompetenzwirrwarr. – Hier gibt es ebenfalls je nach Gefahrenlage und Situation un- terschiedliche Zuständigkeiten. Der Bundesgrenzschutz kooperiert mit der Polizei der verschiedenen Bundeslän- der und dem Zoll – und keiner würde ernsthaft behaup- ten, dass es dort Unklarheiten über die Aufgabenvertei- lung gibt. Der Föderalismus, meine Damen und Herren, hat sich im Bereich der Gefahrenabwehr bewährt. Er ist fester Bestandteil unseres Grundgesetzes und unserer Gesell- schaft. Er verhindert durch die örtliche Verteilung und die Verschränkung von Kompetenzen auf verschiedene Institutionen und Personen, dass sich zu viel Macht in ei- ner Hand zusammenfindet. Aus diesem Grund ist unser Ziel: die optimale Koordinierung der vorhandenen Strukturen in Abstimmung mit den Bundesländern, im Alltagsbetrieb und im Ernstfall – und nicht die Zentrali- sierung von Kompetenzbereichen. Meine verehrten Damen und Herren, nun gilt es, die vorhandenen Kräfte zu bündeln. Lassen Sie uns Bewähr- tes optimieren, damit die neue Küstenwache, eine schlagkräftige Antwort auf mögliche neue Gefahren wird. Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Grund- sätzlich begrüßen wir Ihr Bemühen um mehr Sicherheit vor der deutschen Küste; das ist keine Frage. Keine F t d u i d g t S a e J 6 n f H z p z z k t c v h b u s d d F n d r l H d d d s b t i u t d w d t d d d N t a (C (D rage ist auch, dass das Havariekommando eine wich- ige Teilfunktionalität der Maritimen Notfallvorsorge arstellt. Ob das allerdings ausreicht, um im Ernstfall wirklich mfassend zu reagieren, scheint die Regierungskoalition n ihrem Antrag selbst anzuzweifeln. Nur so ist die For- erung nach einer schnelleren, effektiveren und kosten- ünstigeren Zusammenarbeit in dem vorliegenden An- rag zu erklären. Ihre Zweifel sind berechtigt. Durch die derzeitige truktur der maritimen Überwachungs- und Vollzugs- ufgaben ist auch das Havariekommando nur bedingt insatzfähig. Deutlich wurde dies im Dezember letzten ahres, als der Frachter „Andinet“ drei Container und 3 Fässer mit hochgiftigem Holzschutzmittel vor der iederländischen Küste verlor. Als die Fässer an den ost- riesischen Inseln zu stranden drohten, fühlte sich das avariekommando – so der damaligen Berichterstattung u entnehmen – zunächst nicht zuständig. Eine katastro- hale Informationspolitik hat die Bevölkerung vor Ort usätzlich beunruhigt. Die notwendige Zusammenarbeit wischen den regionaler Behörden und dem Havarie- ommando hat es anscheinend nicht gegeben. Die Fässer reiben noch immer im Meer; die Suche wurde abgebro- hen. Damit ist die erste Bewährungsprobe für das Ha- ariekommando beinahe selbst zur Havarie geworden. Die anhaltende Abwehrhaltung gegenüber einer ein- eitlichen Küstenwache ist für uns nicht nachvollzieh- ar. Denn im Ziel sind wir uns einig: Wir brauchen einen mfassenden Seesicherheits-, nicht nur einen Küsten- chutz, professionell und kostengünstig. Dafür müssen ie rechtlichen Voraussetzungen jetzt geschaffen wer- en. Alle im Koalitionsantrag aufgeführten – richtigen – orderungen lassen sich durch die Schaffung einer natio- alen Küstenwache auf Anhieb verwirklichen. Doch ist er Antrag lediglich ein weiterer Schritt zur „Koordinie- ung der Koordination“, anstatt endlich einem ganzheit- ichen Lösungsansatz zu folgen und die Kräfte in einer and, mit einheitlicher nationalen Küstenwache nach em möglichen Beispiel der US Coast Guard, zu bün- eln. Durch den Antrag wird das Hauptproblem, nämlich as Nebeneinander von vier verschiedenen Bundesres- orts und 16 Dienststellen auf dem Wasser, nicht beho- en. Es wird lediglich Flickschusterei betrieben. Auch nach einer Optimierung der bestehenden Struk- uren des Koordinierungsverbundes Küstenwache bleibt mmer noch erheblicher Abstimmungsbedarf. Der von ns geforderte Einsatz der Bundesmarine gegen terroris- ische Angriffe wird immer wieder mit dem Verweis auf ie Amtshilfe bzw. das Seerechtsübereinkommen abge- iesen. Der Abstimmungsbedarf im Notfall nimmt da- urch allerdings nicht ab, sondern zu. Der Einsatz der Bundesmarine muss auf eine eindeu- ige und gesicherte Rechtsgrundlage gestellt werden, enn im Ernstfall können BGS und Bundesmarine nicht irekt angefordert werden. Die Ankündigung von Bun- esverkehrsminister Peter Struck in den „Lübecker achrichten“, der offensichtlich unseren Antrag sorgfäl- ig gelesen und verstanden hat, die Bundeswehr jetzt uch zur Bekämpfung von Terrorgefahren auf See ein- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10475 (A) ) (B) ) setzen zu wollen, begrüßen wir; denn damit erfüllt die Bundesregierung ein seit langem gefordertes Anliegen der Unionsparteien. Um diese Entscheidung auf eine ge- sicherte Rechtsgrundlage zu stellen, muss die Bundesre- gierung jetzt wie bei der Luftsicherheit für eine Ände- rung des Grundgesetzes sorgen. Ein Staatsvertrag ist nur die zweitbeste Lösung. Er ermöglicht einen Interpreta- tionsspielraum und damit neue Irritationen. Das in der Vereinbarung fehlende Durchgriffsrecht ist ein Beispiel dafür. Schon jetzt sind die zahlreichen Verträge und Verein- barungen zwischen dem Koordinierungsverbund Küs- tenwache und dem Havariekommando selbst für Fach- leute kaum durchschaubar. Dies führt zwangsläufig zu erheblichen Koordinierungs- und Effizienzverlusten, ab- gesehen davon, dass in der Sicherheitspraxis alle alten Mängel bleiben. Die kompetenten Kräfte vor Ort benöti- gen eine einheitliche Grundlage für das gefahrvolle Han- deln. Der Antrag der Regierungsfraktionen wird hier leider keine wesentliche Abhilfe schaffen. Fakt ist: Es besteht ein Behördendurcheinander und das wird auch durch weitere Optimierungsversuche nicht wesentlich besser. Unsere Forderung lautet deshalb nach wie vor: Wir brauchen eine nationale Küstenwache mit monokrati- scher Führungsstruktur, in der alle schwimmenden Ein- heiten von Bund und Ländern straff zusammengefasst sind. Wir sind uns in dieser Frage nicht nur mit der CDU-Landtagsfraktion in Kiel einig, sondern mit allen Fraktionen des Landtages Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Für eine deutsche Küstenwache zu sein ist kein tages- politischer Populismus, sondern eine Forderung, die wir seit fünf Jahren erheben und die sich auch aus Erfahrun- gen der Havarien der „Pallas“ und einiger Beinahe-Ha- varien der Vergangenheit ergibt, eine Forderung, wie sie sehr sachkundig und verdienstvoll auch von Hans von Wecheln von der Schutzgemeinschaft Deutsche Nord- seeküste vertreten wird. Wir begrüßen die Schaffung eines Küstenwach- zentrums für Nord- und Ostsee. Das ist die Grundlage für eine deutsche Küstenwache. Allerdings bedauern wir die einseitige und unabgestimmte Vorankündigung des Bundesinnenministers und des Bundesverkehrsminis- ters, Cuxhaven zum Standort des neuen Zentrums zu be- nennen. Die voreilige Festlegung nimmt keine Rücksicht auf die vorherrschende gute Infrastruktur am Standort Neustadt. Hier darf das letzte Wort noch nicht gespro- chen sein. Was bei dem bisherigen Konzept auch fehlt, ist eine Zuordnung der Seesicherheitskräfte der Küstenländer. Sie haben bisher einen verantwortungsbewussten Dienst erwiesen und dürfen jetzt nicht in die Ecke gestellt wer- den. Das gilt auch für den BGS. Nach wie vor sind wir von der CDU/CSU-Bundes- tagsfraktion der Auffassung, dass wir eine nationale Küstenwache brauchen, weil nur dann im Notfall Ver- antwortung und Führung in einer Hand liegen und ein Einsatz reibungslos erfolgen kann, weil nur so Material u n n V d n e t te v B n m g B D e s r e D k w c z O d n A t S a s b i d z A w S h i p n s a n S t G J (C (D nd Ausbildung gemeinsam bereitgestellt und durch Sy- ergieeffekte Kosten eingespart werden können, weil ur so hohe einheitliche Standards in der Qualität der ollzugskräfte gewährleistet werden können, weil nur ann Doppelarbeit sowohl im Vollzug als auch im admi- istrativen Bereich vermieden werden kann und weil nur ine bundesweite Finanzierung eine gerechte Lastenver- eilung gewährleistet. Ein zweiter Schritt – nach der Schaffung eines Küs- nwachenzentrums – ist, das Nebeneinander von vier erschiedenen Bundesressorts endlich zu beenden. Alle undesvollzugsaufgaben auf See müssen in einem eige- en Amt oder dem kompetentesten Ministerium zusam- engefasst werden. Ein letzter Schritt ist die Übertra- ung aller Landeskompetenzen auf See auf den Bund bei erücksichtigung der gewachsenen Länderstrukturen. afür ist eine Änderung des Grundgesetzes notwendig. Auch auf europäischer Ebene wird das Thema einer uropäischen Küstenwache weiter auf der Tagesordnung tehen. Deutschland muss sich jetzt zügig darauf vorbe- eiten. Brüssel muss wissen, ob und wann es mit einem inheitlichen Konzept der deutschen Seite rechnen kann. ie EU erwartet einen Ansprechpartner. Die ständigen Optimierungsversuche sind langfristig eine Lösung. Um eine nationale deutsche Küstenwache erden wir langfristig nicht herumkommen. Für die Si- herheit der Menschen auf See und an der Küste und um Schutz der einzigartigen Ökosysteme in Nord- und stsee benötigen wir jetzt eine nationale Küstenwache. Dr. Ole Schröder (CDU/CSU): Sechs Monate nach em Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur Schaffung einer ationalen Küstenwache debattieren wir heute über den ntrag von SPD und Grünen zur Optimierung der Küs- enwache – sechs Monate wertvolle Zeit, die wir im inne des gemeinsamen Wunsches nach mehr Sicherheit uf deutschen Meeren besser hätten nutzen können, echs Monate, in denen wir den Antrag der CDU/CSU eraten und umsetzen hätten können. Doch besser spät als nie – aus diesem Grund begrüße ch den Antrag von der SPD und von den Grünen aus- rücklich. Er zeigt, dass sich inzwischen auch bei Ihnen umindest ein Problembewusstsein entwickelt hat. Wo liegen die Gemeinsamkeiten des vorliegenden ntrages mit dem der CDU/CSU? Zu begrüßen ist, dass ir uns darüber einig sind, dass für eine größtmögliche icherheit auf Nord- und Ostsee ein schnelles einsatzfä- iges Management für alle Gefahrenlagen erforderlich st, dass die aktuellen Strukturen aus Effizienzgesichts- unkten nicht optimal sind, und dass es daher einer euen, effektiven Küstenwache mit einem zentralen Ein- atzzentrum bedarf. Ich halte fest: Wir wünschen uns alle mehr Sicherheit uf See und erkennen, dass die gegebenen Strukturen icht optimal sind. Wo liegen die Defizite der bisherigen trukturen? Wir kennen alle die absurde Anzahl beteilig- er Bundes- und Landesministerien und Behörden bei der ewährleistung der Sicherheit auf See. Seit den 50er- ahren wird nunmehr versucht, diese unterschiedlichen 10476 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) Kompetenzen durch immer weitere Kooperationsverein- barungen zu koordinieren. Mittlerweile gibt es 25 Ver- träge! Das Ergebnis ist ein Nebeneinander von Einheiten und Zuständigkeiten, das mittlerweile selbst von Exper- ten kaum noch überblickt werden kann. Genau diese ineffizienten Strukturen planen die Kol- legen von der SPD und den Grünen jetzt fortzuschrei- ben. Ihr Antrag sieht keinerlei wesentliche strukturellen Änderungen vor. Im Gegenteil, sie planen ein weiteres Kapitel der unendlichen Koordinierungsgeschichte, sie planen die Fortsetzung des institutionellen Chaos. In welchen Bereichen leidet die Sicherheit auf unse- ren Meeren unter der fehlerhaften Organisationsstruk- tur? Betrachten wir zunächst die Abwehr von Gefahren durch Terror und organisierte Kriminalität. Hier ist oft- mals Zeit ein besonders kritischer Faktor; es zählen mit- unter Stunden oder sogar Minuten. Für diese Aufgabe verfügen BGS und die WSP über bestens ausgebildetes Personal. Dazu existieren gut ausgestattete Boote. Auch auf die Marine können wir im Bereich der Terrorismus- abwehr nicht verzichten. Doch für einen effizienten und schnellen Einsatz von Mann und Material benötigen wir klare Befehlsstrukturen mit eindeutigen Handlungsbe- fugnissen. Genau diese sind jedoch nicht vorhanden. Zeit raubende Koordinierung unterschiedlicher Behör- den kann hier über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Wie ist es um die Abwehr von Gefahren durch Hava- rien bestellt? Hier sind wir besser aufgestellt. 2003 ist mit dem Havariekommando eine Organisationsstruktur bei komplexen Schadenslagen geschaffen worden, die gegenüber der vorherigen Situation eine eindeutige Ver- besserung darstellt. Es muss jedoch auch klar gesagt werden: Die gute Arbeit verdanken wir dem motivierten und engagierten Leiter des Havariekommandos sowie dem gesamten Personal. Die gute Arbeit wird hier nicht aufgrund, sondern trotz der bestehenden Organisations- struktur erbracht: Klare Befehlsstrukturen existieren auch hier nicht; auch im so genannten komplexen Scha- densfall fehlen dem Leiter des Havariekommandos die notwendigen Kompetenzen. So sehen keine Strukturen aus, die innerhalb der Eu- ropäischen Union vorbildlich sein sollen. Sie halten ei- nem Vergleich mit den Küstenwachen Englands, Schwe- dens oder der Niederlande nicht stand. Vielmehr wird am Beispiel des deutschen Havariekommandos deutlich, wie aufgrund der föderalen Aufgabenerfüllung notwen- dige Reformen nicht am Erforderlichen, sondern am ak- tuell Möglichen ausgerichtet werden. Wie sieht es neben den geschilderten Extremsituatio- nen mit dem Alltagsbetrieb aus? Schon aus Kostenge- sichtspunkten ist es erforderlich, alle Patrouillefahrten aufeinander abzustimmen, nicht nur zwischen den Boo- ten, die für den Bund unterwegs sind, sondern auch zwi- schen den Booten des Bundes und denen der Wasser- schutzpolizeien der Länder. Hierauf hat bereits der Rechnungshofbericht hingewiesen. Es muss möglich sein, dass unterschiedliche Experten auf einem Schiff fahren. Wenn ein Schiff auf hoher See kontrolliert wird, können sowohl Grenzdelikte als auch Zolldelikte oder Umweltdelikte auftreten. M g D t a t r m g S S w w w s k u u W v S N S K B r N N e K z k S v a K b s F d v l b k H t k h l z m r A r (C (D Sie von den Grünen und der SPD planen nach dem otto „Wir stecken alle Verantwortungsträger in einen roßen Raum und hoffen auf gute Zusammenarbeit“! ieses Vorgehen – ohne gleichzeitig klare Organisa- ionsstrukturen zu schaffen – kann klappen, wenn sich lle Beteiligten gut verstehen und gut zusammen arbei- en; es muss jedoch nicht klappen. Lassen Sie uns bei der Sicherheit auf deutschen Mee- en kein unnötiges Risiko eingehen! Beenden wir ge- einsam die gescheiterten Koordinationsversuche! Or- anisieren wir die Strukturen zur Gefahrenabwehr auf ee nicht weiter entsprechend Ministerien und föderalen trukturen, sondern nach der Aufgabe, der Gefahrenab- ehr! Wir benötigen eine einheitliche nationale Küsten- ache, die alle bestehenden Aufgaben, auch präventive, ahrnimmt. Nur so kann das notwendige Zusammen- piel aller Einsatzkräfte perfekt funktionieren, werden lare Weisungsstränge für alle zur Selbstverständlichkeit nd wird ein höchstmögliches Maß an Professionalität nd Schlagkraft sichergestellt. An die Kollegen, speziell der SPD-Fraktion, die Bitte: agen wir gemeinsam einen wirklichen Schritt nach orn! Legen Sie Ihren Antrag zu den Akten und stimmen ie unserem Antrag zu! Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Letzten Montag haben meine Kollegin Silke tokar und ich ein Fachgespräch zu Küstenschutz und üstenwache veranstaltet. Die an diesem Fachgespräch eteiligten wie zum Beispiel das Bundesinnenministe- ium, die Innenministerien Schleswig-Holsteins und iedersachsens und die Schutzgemeinschaft Deutsche ordseeküste waren einer Meinung: Wir brauchen eine ffektivere und effizientere Aufgabenerledigung beim üstenschutz! Einig waren wir uns auch darin, dass das um 1. Januar 2003 eingerichtete gemeinsame Havarie- ommando als zentrale Führungseinheit bei komplexen chadenslagen einen wichtigen Schritt zur Bewältigung on Havarien darstellt. Aber dieser Schritt reicht nicht us. Denn nach wie vor besteht – auf der Ebene der fünf üstenländer sowie auf der Ebene des Bundes – ein Ne- eneinander von vielfältigen Kompetenzen bei der See- icherheit, der Überwachung, dem Zoll, dem BGS, der ischereiaufsicht sowie dem Seenot- und Rettungs- ienst. Wir haben also auch weiterhin eine Behörden- ielfalt bei weitgehend deckungsgleicher Aufgabenstel- ung. Diese Behörden müssen im Alltagsbetrieb und esonders in einer Sonderlage schneller, effektiver und ostengünstiger zusammenarbeiten. Hierzu braucht das avariekommando zunächst einen Unterbau, um im All- agsgeschäft die Überwachung auf See organisieren zu önnen. Zudem müssen wir alle Kräfte dauerhaft in einer ein- eitlichen Struktur bündeln. Eine räumliche Zusammen- egung des Havariekommandos und des Küstenwach- entrums oder eine Leitstelle der Wasserschutzpolizei it Einbindung der „Vollzugsbehörden des Bundes“ eichten nicht aus. Deswegen fordern wir mit unserem ntrag die Bundesregierung dazu auf, den 1994 einge- ichteten Koordinierungsverbund Deutsche Küstenwa- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10477 (A) ) (B) ) che zu einer neuen, effektiven Küstenwache auszubauen. Wir wollen eine klare Führungs- und Leitungsstruktur herstellen. Alle maritimen Vollzugsaufgaben müssen in einer ganzheitlich zuständigen und eigenverantwortli- chen Behörde gebündelt werden. Auch die Wasser- schutzpolizeien der Länder müssen darin einbezogen werden. Die Vorteile dieser nationalen Küstenwache liegen auf der Hand: eine zentrale nationale und internationale Ansprech- und Meldestelle für die Schifffahrt und die Behörden, eine effiziente und schlanke Verwaltung, Ein- sparmöglichkeiten bei Technik und Logistik, einfache und klare Führungsstrukturen und damit Handlungsfä- higkeit, bessere Bewältigung maritimer Schadenslagen. Die Bündelung der maritimen Vollzugszuständigkei- ten ist zwar ein wichtiger, aber nicht der einzige Schritt, um Nord- und Ostsee besser vor Umweltkatastrophen zu schützen. Denn nicht nur die großen Schiffsunglücke der letzten Jahre waren der Grund für massive Verschmut- zungen der See. Auch die alltägliche Schadstoffbelas- tung, beispielsweise durch illegale Schiffstankreinigun- gen, muss verringert werden. Dies beweisen die immer wieder im Wattenmeer zu findenden verölten Vögel. Auch hier müssen dauerhafte Strukturen geschaffen wer- den, um diese Belastungen deutlich zu verringern. Die derzeitigen Verhandlungen in der Föderalismus- kommission bieten vermutlich auf Jahre hinaus die letzte Chance, um zu einer echten Küstenwache auch unter Einbeziehung der Wasserschutzpolizeien der Länder zu kommen. Auch aus finanziellen Gründen wäre es schade, wenn ein solcher Durchbruch jetzt nicht gelänge, da ja aus der Grobecker-Kommission bekannt ist, dass mit deutlich weniger Personal- und Schiffseinsatz mehr Effektivität für die Schiffssicherheit vor unseren Küsten zu erreichen ist. Das sollte zumindest die Finanzpolitiker zum Nachdenken veranlassen. Wir alle sollten den Mut haben, jetzt durchgreifende Veränderungen durchzuführen, um nicht durch eine er- neute Katastrophe dazu gezwungen zu werden. Hans-Michael Goldmann (FDP): Es ist erfreulich, dass jetzt auch die Regierungskoalition einen Antrag in das Verfahren eingebracht hat. Jetzt steht einer gemein- samen Beratung aller drei Anträge in den Ausschüssen ja nichts mehr im Wege. In den letzten elf Jahren gab es nicht nur das Pallas- Unglück mit den daraus resultierenden 24 Empfehlun- gen der Grobecker-Kommission, die unter anderem die Einrichtung einer nationalen Seewache forderte, sondern auch die Landtage von Schleswig-Holstein und Meck- lenburg-Vorpommern haben sich für die Einrichtung einer solchen Küstenwache ausgesprochen und ihre Bereitschaft signalisiert, Länderkompetenzen für eine solche Küstenwache an den Bund abzugeben. Der heute vorliegende Antrag bleibt leider weit hinter der einstimmig im schleswig-holsteinischen Landtag verabschiedeten Entschließung zurück. f Z C b z w d j d c d w r n r t d b d m l e U g e e f s S r t g ti i S n s e k w A d H R f L (C (D Bereits zum Jahreswechsel 1992/93 gab es eine inter- raktionelle Initiative im Deutschen Bundestag mit dem iel, eine nationale Küstenwache zu schaffen. FDP und DU/CSU haben bereits entsprechende Anträge einge- racht, Rot-Grün hat leider nicht entsprechend nachge- ogen. Die FDP ist für gründliche Reformschritte und ir fordern Rot-Grün auf, Schritt zu halten. Zur Verbesserung der jetzigen Situation sind Ihre For- erungen durchaus geeignet, aber Ihrem Antrag fehlt ede Vision und Perspektive für die Zukunft. Es ist an er Zeit, die notwendigen Schritte zu mehr maritimer Si- herheit zu gehen. Die Einrichtung des Haveriekomman- os war richtig und wichtig und inzwischen sind auch eitere Verbesserungen bei der maritimen Sicherheit er- eicht worden, aber das bisher Erreichte reicht eben noch icht. Auch die Bemühungen, über einen Koordinie- ungsverbund die Einsätze der auf See zuständigen Ab- eilungen der unterschiedlichen Bundesministerien und er Wasserschutzpolizeien besser zu verknüpfen, sind islang nicht überzeugend. Wir brauchen einen ganzheitlichen Lösungsansatz für ie Safety- und Security-Probleme der Schifffahrt. Dabei uss auch die Leichtigkeit des Schiffsverkehrs gewähr- eistet sein. Eine nationale Küstenwache bietet die Chance eines ffizienteren Küstenschutzes, bei dem es im Fall von nfällen nicht erst lange Koordinierungsschwierigkeiten ibt und ein Kompetenzwirrwarr entstehen kann. Eine ffiziente Personalverwaltung kann auf diesem Weg benso erreicht werden wie ein effizientes Beschaf- ungswesen; Doppelarbeit wird vermieden. Unter Einbeziehung bisheriger Aufgaben der Länder ichert eine Küstenwache einheitliche Standards für die chifffahrt und eine faire Lastenteilung, denn von siche- en Zufahrtswegen zu See profitieren nicht nur die Küs- enländer, sondern alle Länder der Bundesrepublik. Doch eine Küstenwache ist leichter gefordert als um- esetzt. Es ist bedauerlich, dass der Antrag der Koali- onsfraktionen zum Beispiel keine Aussage darüber trifft, nwieweit es sinnvoll wäre, zumindest in einem ersten chritt die Bundeskompetenzen zu bündeln. Wenn Rot-Grün Zweifel an der Effizienz einer natio- alen Küstenwache hat, sollten wir gutachterlich unter- uchen lassen, mit welchen Schritten wir zu gutem und ffizientem Küstenschutz und zu sicherem Schiffsver- ehr kommen. Vielleicht können wir uns im Rahmen der eiteren Beratung einig werden, eine solche Studie in uftrag zu geben. Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim Bun- esminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: eute vor genau 60 Jahren ist Island zur unabhängigen epublik geworden. Isländer verstehen viel von der See- ahrt und sie verstehen viel von Philosophie. Halldor axness zum Beispiel hat einmal gesagt: „Was die Menschen trennt, ist gering, gemessen an dem, was sie einen könnte.“ 10478 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) Das zeigen die Anträge, die heute eingebracht werden wieder einmal sehr deutlich. Fangen wir mal mit dem Gemeinsamen an; das ist atmosphärisch einfach ange- nehmer. Die deutschen Küstengewässer sind sicher. Das soll auch so bleiben. Mit dem 11. September 2001 ergab sich die Notwendigkeit, auch den Seeverkehr dem gestiege- nen Sicherheitsbedürfnis anzupassen. Das setzt noch ef- fektivere Kontrollinstrumente voraus. Der vorliegende Antrag der Koalition weist einen guten Weg: Er bündelt im Einsatzfall alle Kräfte des Bundes und der Länder. Er stellt sie unter eine klare Führung mit kurzen Entschei- dungswegen. Das ist der Kern unseres Anliegens. Wir können uns im Einsatzfall keine langen Kom- petenzgerangel und Abstimmungsrunden leisten. Genausowenig können wir uns jahrelange Diskussionen um eine Verfassungsänderung leisten. Es geht um eine Modernisierung, es geht um eine Optimierung der Küstenwache. Aber wir müssen das Rad nicht neu erfin- den. Deswegen ist der Antrag der Koalition doppelt wertvoll. Er weist einen Weg, die Küstenwache inner- halb der bestehenden Strukturen zu stärken. „Innerhalb der bestehenden Strukturen“ bedeutet vor allem, dass wir es uns ersparen, vorher langwierige Verfassungsfra- gen zu klären. Ganz einfach deshalb, weil es nicht sein muss. Das sollte eigentlich auch von der Opposition be- grüßt werden. Allerdings scheiden sich an dieser Frage in der CDU immer noch die Geister: Während die Bundestagsfrak- tion eine Grundgesetzänderung fordert, lehnt die Lan- desregierung in Niedersachsen sie strikt ab. Auf genau solche Diskussionen müssen wir uns nicht einlassen. Wir kommen auf der Basis des geltenden Rechts zu ebenso wirkungsvollen Ergebnissen. Alle notwendigen Maß- nahmen lassen sich im Rahmen der bestehenden Zustän- digkeiten regeln. Mit dem Koordinierungsverbund Küs- tenwache und dem Havariekommando haben wir bereits erfolgreiche Einrichtungen, auf denen wir aufbauen kön- nen. Das wird Ihnen jeder, der sich das in Cuxhaven ein- mal angesehen hat, gerne bestätigen. Es ist das erklärte Ziel der Bundesregierung, alle relevanten Einrichtungen unter einem Dach zusammenzubringen und sie in die Lage zu versetzen, im Alltagsbetrieb noch enger zusam- menzuarbeiten. Jede Sonderlage erfordert eine schlagkräftige Organi- sation und unmissverständliche Führungs- und Entschei- dungsstrukturen. Im Ernstfall muss das jeweils zuständige Ressort umfassende Kompetenzen und Weisungsbefug- nisse haben. Bei einer Havarie führt der Leiter des Hava- riekommandos, im Falle einer terroristischen Bedrohung hat die Polizei das Sagen. Das Kernstück der gemeinsamen Einrichtung wird das gemeinsame Führungs- und Lagezentrum. Als ein- heitliche Informationsplattform gewährleistet es eine schnelle und angemessene Einsatzabwicklung. Die De- tails werden derzeit von den beteiligten Ressorts erarbei- tet. Die Bundesregierung ist bereits mit den Ländern im Gespräch, um sie für eine Zusammenarbeit mit der Küs- tenwache unter einem Dach zu gewinnen. Da können wir ganz optimistisch sein, denn die Küstenländer ver- f r B B z Q a u R s g a c d b n c d d N z A w b g k k k D d u z i G t d F d a (C (D olgen mit ihren Wasserschutzpolizeien die gleiche Ziel- ichtung. Ich will das noch einmal ausdrücklich betonen: Die ehörden der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, des undesgrenzschutzes, des Zolls und des Fischereischut- es arbeiten bereits heute mit großer Kompetenz. Die ualität dieser Arbeit wird auch von der Schifffahrt voll nerkannt. Die Behörden werden unterschiedlichsten Aufgaben nd Anforderungen gerecht. Dafür verdienen sie unseren espekt und unsere Anerkennung. Natürlich kann man elbst Gutes noch verbessern. Deshalb wird derzeit auch eprüft, ob und wie die gut funktionierende Zusammen- rbeit zwischen dem Koordinierungsverbund Küstenwa- he und dem Havariekommando weiter optimiert wer- en kann. Wir sollten aber darauf achten, dass wir die ewährten bestehenden Strukturen nicht zerschlagen, ur weil unbedingt etwas verändert werden soll. Dazu ist das Thema zu wichtig. Es geht um die Si- herheit der deutschen Küstengewässer. Die müssen wir auerhaft gewährleisten. Lassen Sie uns das machen, in- em wir die erforderlichen Einsatzstrukturen für den otfall schaffen, ohne den Alltagsbetrieb auf den Kopf u stellen. nlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Wirtschaftliche und organisatorische Struk- turen der Deutschen Flugsicherung dauer- haft verbessern – Erträge der Deutschen Flugsicherung (DFS) durch das QTE-Lease (US-Cross Border Leasing Transaction) vollständig bei der DFS als Eigenkapital belasten (Tagesordnungspunkt 19a und b) Hans-Günter Bruckmann (SPD): Der Luftverkehr ar und ist eine Wachstumsbranche. Aber – und das ha- en der 11. September 2001 und die Krankheit SARS ezeigt – auch in Wachstumsbranchen gibt es nicht nur ontinuierliche Zuwächse, sondern auch starke Schwan- ungen, auf die die Beteiligten im Bereich der Luftver- ehrswirtschaft angemessen reagieren können müssen. ie wirtschaftlichen und organisatorischen Strukturen er Deutschen Flugsicherung dauerhaft zu verbessern nd sie an die starken Veränderungen im Luftverkehr an- upassen ist die gemeinsame Zielsetzung des interfrakt- onellen Antrags. Veränderungen sind für die DFS nichts Neues: Die eschichte der DFS ist eine Erfolgsstory des dauerhaf- en Wandels. Das zeigt die Organisationsprivatisierung er Bundesanstalt für Flugsicherung zur Deutschen lugsicherung GmbH – DFS – zum 1. Januar 1993. Mit er zivil-militärischen Integration, 1994, der Beteiligung n europäischen Projekten, ab 1996, dem DFS-Betriebs- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10479 (A) ) (B) ) stättenkonzept, 1997, dem Beitritt der DFS zur „Single Sky Group“, 2001, der Einführung der prozessorientier- ten „DFS-Zielorganisation“, 2001, der Entwicklung ei- nes internationalen FS-Procurementsystems, 2002, und der internationalen Auszeichnung „Eagle Award“ der IATA – um nur einige Beispiele für einen erfolgreichen Wandel zu nennen – zeigt sich die Zukunftsfähigkeit der DFS. Diese Strukturanpassungen müssen weitergehen. Dies betrifft vor allem den Rahmen, in dem die DFS wirt- schaftlich tätig sein kann und darf. Als der Bund 1992 die Deutsche Flugsicherung GmbH gründete, stattete er sie mit einem Eigenkapital von 154,3 Millionen Euro aus. Damaliges Ziel war es, mittelfristig eine Eigenkapi- talquote von 20 Prozent zu erreichen. Wir alle wissen, dass es dabei ein Hindernis gibt: Dieses Hindernis ist das derzeitige Flugsicherungsgebührensystem, das auf Voll- kostendeckung ohne Gewinnerzielung ausgerichtet ist. In guten Zeiten funktioniert das hervorragend und wenn alle Prognosen sogar übererfüllt worden sind – und die Kassen geklingelt haben –, war die Lastenverteilung ge- recht und wurde vom Markt akzeptiert. In schlechten Zeiten aber – und das haben die Folgen des 11. September 2001 und SARS gezeigt – stößt das bisherige System an seine Grenzen: Die durch den Rück- gang der Flugbewegungen ausgelöste Unterdeckung hätte es eigentlich erforderlich gemacht, diese Unterde- ckung in die Gebühren des Folgejahres einfließen zu las- sen. Bei gleichbleibend schlechter Konjunktur, insbe- sondere in der Luftfahrt, ist es aber schlicht nicht möglich, diese zwangsläufig höheren Gebühren am Markt durchzusetzen. Es bleibt: Ein Defizit in der Kasse der DFS. Fakt ist: Nach wirtschaftlich erfolgreichen Jahren war das Eigenkapital der DFS bis zum Jahr 2000 zunächst auf 210,4 Millionen Euro angewachsen. Durch die kon- junkturelle Entwicklung und die Ereignisse des 11. Sep- tember 2001 aber hat die DFS im Wirtschaftsjahr 2001 erstmalig mit einem handelsrechtlichen Verlust in Höhe von 33,4 Millionen Euro abgeschlossen. Diese Entwick- lung hat sich im Jahr 2002 fortgesetzt und wäre ebenso für 2003 zu erwarten gewesen, wenn nicht außerordent- liche Erträge durch das im Antrag angesprochene QTE- Leasing erzielt worden wären. Insgesamt wäre es also besser gewesen, das Gebüh- rensystem so zu gestalten, dass derartige Schwankungen besser verkraftbar sind und das Eigenkapital der DFS ge- stärkt wird, getreu einem anderen, ebenso wahren Sprichwort: „Spare in der Zeit – dann hast Du in der Not“. Das ist zum einen der Grund dafür, warum das bis- herige Gebührensystem der DFS einer Reform bedarf aber gleichzeitig auch Begründung dafür, dass wir das Eigenkapital der DFS dadurch stärken wollen, dass wir einen durch Abschluss des QTE-Leasingvertrages erziel- ten einmaligen und außerordentlichen Ertrag in der DFS als Eigenkapital belassen. Aber nicht nur das Gebührensystem, sondern auch an- dere Rahmenbedingungen für die DFS bedürfen einer Weiterentwicklung: Bislang sind auch die Möglichkeiten der DFS, durch Beteiligungen in anderen Geschäftsfel- d s z r n g m w t m G d o d a v S s H r z e g s D u 2 v b e A s L m G n E L l f d g m t t k l (C (D ern außerordentliche Erträge zu erwirtschaften, sehr be- chränkt. Zwar hat der Deutsche Bundestag mit der 11. Novelle um Luftverkehrsgesetz der DFS die Möglichkeit einge- äumt, sich zusätzliche Geschäftsfelder zu erschließen, ach § 65 Bundeshaushaltsordnung dürfen aber Beteili- ungen von mehr als 25 Prozent nur im Einvernehmen it dem Bundesministerium der Finanzen eingegangen erden. Hier benötigen wir größere Flexibilität, um wei- ere Beteiligungen der DFS in anderen Geschäftsfeldern öglich zu machen und zusätzlich die DFS für andere esellschafter zu öffnen. Der bestehende Ordnungsrahmen für die DFS muss aher verfassungskonform weiterentwickelt werden, hne jemals die Hauptaufgabe der DFS, die Sicherung es Luftraums in Deutschland, infrage zu stellen. Die Öffnung der DFS für andere Gesellschafter bietet ber die Chance, sowohl das Eigenkapital der DFS zu erstärken als auch zusätzlichen unternehmerischen achverstand für das Unternehmen zu gewinnen. Aber nicht alle Änderungen, die noch erforderlich ind, können von der DFS alleine vorgenommen werden. ier ist die Politik gefordert. Wir wollen uns dieser be- echtigten Forderung nicht verweigern und haben – nach ahlreichen und langen Verhandlungen – gemeinsam inen Antrag eingebracht, um die nötigen Veränderun- en zu ermöglichen, die die DFS zukunftsfähig machen ollen. Dieser gemeinsame Antrag aller Fraktionen auf der rucksache 15/2393 ist vom Ausschuss für Verkehr, Bau- nd Wohnungswesen in seiner Sitzung vom 11. Februar 004 einstimmig angenommen worden. Der ursprünglich on der CDU/CSU-Fraktion zu diesem Thema einge- rachte Antrag auf der Drucksache Nr. 15/1322 wurde für rledigt erklärt. So weit, so gut. Im Film lächeln immer alle an dieser Stelle und der bspann beginnt, außer man gerät in einen französi- chen Film, da beginnt das Drama dann meist erst. Im eben ist das gelegentlich anders, da trübt dann schon al ein Wermutstropfen die Freude über die erreichten emeinsamkeiten. Hier trägt dieser Wermutstropfen die Drucksachen- ummer 15/2828 und ist der Antrag der Opposition, die rträge der Deutschen Flugsicherung durch das QTE- easing vollständig bei der DFS als Eigenkapital zu be- assen. Und da fühle ich mich dann plötzlich in einen ranzösischen Film versetzt, zielt doch dieser Antrag arauf, den zweiten Spiegelstrich im Forderungsteil des emeinsamen Antrags zu ersetzen. Dort lautet die For- ulierung: … einen durch Abschluss des QTE-Leasingvertra- ges erzielten einmaligen und außerordentlichen Er- trag in der DFS als Eigenkapital zu belassen. Hintergrund dieser Formulierung war und ist die In- ention, den Ertrag aus dem QTE-Leasing zu einem Drit- el dem allgemeinen Haushalt, zu einem Drittel dem Ver- ehrsetat und zu einem Drittel der DFS zukommen zu assen. Diese Aufteilung ist jetzt weder neu noch 10480 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) ungewöhnlich und war und ist auch kein Geheimnis. Im Gegenteil: Alle – das wiederhole ich an dieser Stelle – alle, die an der Schaffung des gemeinsamen Antrags be- teiligt waren, wussten, dass genau diese Aufteilung und nur diese Aufteilung der notwendige Kompromiss war! Wenn man dann aber nach langem Ringen und Ver- handeln – in diesem Fall wurde nun wirklich außerge- wöhnlich lange verhandelt – zu einem Kompromiss ge- kommen ist, dann sollte man auch zu diesem Kompromiss stehen. Aus diesem Grund kann ich den neuerlichen Zusatz- antrag wirklich nicht nachvollziehen: Er stellt einen der Eckpfeiler des gemeinsam zwischen allen Beteiligten ausgehandelten Kompromisses infrage. Das wissen na- türlich auch die Antragsteller. Ich rate den lieben Kolleginnen und Kollegen der Op- position zur vorsichtigen Annäherung an die Realität und an die Erkenntnis, dass nur der gemeinsame Antrag aller Fraktionen die Unterstützung aller Beteiligten fin- den konnte und finden kann und dass der neue Zusatzan- trag vor diesem Hintergrund nicht besonders sinnvoll und schon gar nicht zielführend ist. Er kann daher auch nur abgelehnt werden! Dennoch möchte ich mich noch einmal bei denjenigen Kolleginnen und Kollegen – aller Fraktionen – bedanken, die an der langwierigen Schaffung des gemeinsamen An- trags mitgewirkt haben, zur Weiterentwicklung der DFS und des Luftfahrtstandorts Deutschland. Norbert Königshofen (CDU/CSU): 1992 hat der Bundestag mit der 10. Novelle zum Luftverkehrsgesetz die Organisationsprivatisierung der Flugsicherung in Deutschland durchgesetzt. Daraufhin gründete der Bund die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH. Wegen ihrer Kernaufgabe der Luftverkehrskontrolle muss sie sich aus verfassungsrechtlichen Gründen mehrheitlich in Bun- deseigentum befinden. Tatsächlich gehört die DFS bis heute noch zu 100 Prozent dem Bund. Das Eigenkapital der DFS betrug bei Gründung 154,3 Millionen Euro und sollte durch handelsrechtliche Gewinne aufgestockt werden. Im Jahr 2000 war das Ei- genkapital dann auf 210,4 Millionen Euro angewachsen. Die Entwicklung der DFS war anfangs eine Erfolgsstory. Im Jahr 2000 wurde ihr vom internationalen Verband der Fluggesellschaften, IATA der „Eagle Award“ als bester Flugsicherungsdienstleister der Welt verliehen. Der Ver- band würdigte so die Leistungen der DFS bei Sicherheit, Pünktlichkeit und Kostenbewusstsein. Der terroristische Anschlag auf das World Trade Cen- ter am 11. September 2001 sowie die allgemeine kon- junkturelle Entwicklung haben den internationalen Luft- verkehr schwer beeinträchtigt. In der Folge schloss die DFS das Wirtschaftsjahr 2001 mit einem handelsrechtli- chen Verlust in Höhe von 33,4 Millionen Euro ab. Auch 2002 betrug der Verlust rund 30 Millionen Euro. Die Folge war, dass das Eigenkapital auf rund 141 Millionen Euro zurückging. Gleichzeitig wuchs die Verschuldung der DFS bis Ende 2002 auf rund 600 Millionen Euro. r B S s N d S K e ü d a z C a u c s E c D g d r w t D S f F F „ D F D b d b h m D r t s d Q c a m (C (D Die Entwicklung zeigt, dass das bisherige Flugsiche- ungsgebührensystem die wirtschaftliche und finanzielle asis der DFS nur unzureichend sichert. Es ist ein chönwettersystem, das der DFS in wirtschaftlich chlechten Zeiten zu wenig Handlungsspielraum lässt. ach dem Luftverkehrsgesetz hat sich die DFS kosten- eckend über Flugsicherungsgebühren zu finanzieren. ie werden jährlich für ein Jahr im Voraus festgesetzt. ommt wegen Planungs- bzw. Prognoseabweichungen ine Über- oder Unterdeckung zustande, sind diese im bernächsten Gebührenjahr wieder auszugleichen. Wie wir 2002 erfahren mussten, ist eine Anhebung er Gebührensätze in wirtschaftlich schlechten Zeiten ber nur bedingt möglich. Auch 2003 wäre ein Verlust u erwarten gewesen, wenn nicht Erträge durch das US- ross Border Leasing erzielt worden wären. Daher begrüßt die Union den gemeinsamen Antrag ller Fraktionen zur Verbesserung der wirtschaftlichen nd organisatorischen Strukturen der Deutschen Flugsi- herung. Erstens. So soll ein neues Flugsicherungsgebühren- ystem erarbeitet werden, welches die DFS von externen inflüssen unabhängiger macht. Es soll DFS ermögli- hen, ein angemessenes Eigenkapital zu erreichen. Zweitens. Weiterhin soll der Ordnungsrahmen für die FS so weiterentwickelt werden, dass weitere Beteilun- en an anderen Unternehmen möglich werden. Bisher ist ie DFS an der European Satellite Services Provider/Eu- opean Economic Interest Group, ESSP/EEIG, beteiligt, elche die Möglichkeiten des amerikanischen Satelli- ensystems GPS in der Zivilluftfahrt nutzen will. Die FS will sich darüber hinaus an der „Flight Calibration ervices GmbH“ beteiligen, die Navigationsanlagen lugvermisst. An ihr sind bereits die österreichische lugsicherung Austro Control und die schweizerische lugsicherung Skyguide beteiligt. Ferner strebt die DFS eine echte Beteiligung an der Group EAD Europe SL“, GEAD, mit Sitz in Madrid an. ie GEAD wird im Auftrag Eurocontrols im Raum rankfurt und in Madrid den Betrieb einer europäischen atenbank zur Bereitstellung von Daten für die Flugvor- ereitung der Luftraumnutzer aufnehmen. Die DFS hat ies mitentwickelt und aufgebaut. Ihre Anteile werden isher treuhänderisch von anderen Gesellschaftern ge- alten. Drittens. Die Weiterentwicklung des Ordnungsrah- ens soll auch eine Kapitalprivatisierung ermöglichen. ie DFS muss zwar wegen des sonderpolizeilichen Cha- akters der Flugsicherung mehrheitlich in Bundeseigen- um bleiben, eine Minderheitenbeteiligung privater Ge- ellschafter ist aber ohne weiteres möglich und aus Sicht er Union auch sinnvoll. Viertens. Schließlich soll der durch den Abschluss des TE-Leasingvertrages erzielte einmalige außerordentli- he Ertrag in Höhe von rund 78 Millionen Euro der DFS ls Eigenkapital belassen werden. Es ist in den ersten Gesprächen über den gemeinsa- en Antrag deutlich geworden, dass die Regierung der Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10481 (A) ) (B) ) DFS nur einen Teil des Ertrages zugestehen wollte. Al- lerdings waren wir von der Union der Auffassung, dass sich dies durch Zeitablauf erledigt hatte. So ist eine erste Tranche in Höhe von circa 9,1 Millionen Euro bereits im Jahr 2002 in die Bilanz eingestellt worden. Auch die zweite Tranche in Höhe von circa 68,9 Millionen Euro ist in die Bilanz eingestellt worden, und zwar im Jahr 2003. Daher geht es also nur um die Frage, ob der Bund als Gesellschafter einen Teil des 2003 erzielten Bilanzge- winns an sich abführen lassen will. Das gilt auch für die folgenden Jahre, allerdings unter der Voraussetzung, dass Gewinne erzielt werden. Die Union ist der Auffas- sung, dass der Bilanzgewinn von 2003 und eventuell er- zielte zukünftige Bilanzgewinne in voller Höhe im Un- ternehmen verbleiben sollen. Diese Maßnahmen erhöhen die Eigenkapitalquote der DFS. Und nur so kann die wirtschaftliche Struktur der DFS stabilisiert werden. Im Übrigen werden die Gewinne durch die ge- samte Geschäftstätigkeit erwirtschaftet. Die Union stimmt dem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen zu. Gleichzeitig bitten wir die Koalitions- fraktionen nachdrücklich, dem Klarstellungsantrag von Union und FDP zur Verwendung der QTE-Erlöse zuzu- stimmen. Dies wäre nicht nur im Interesse der Deut- schen Flugsicherung. Die gesamte deutsche Luftver- kehrswirtschaft würde davon profitieren. Eduard Oswald (CDU/CSU): In vielen Fragen der Verkehrspolitik, die uns im Augenblick bewegen, sind wir mit Rot-Grün durchaus nicht einer Meinung. Umso erfreulicher ist es, dass wir uns in einem sehr wichtigen Sektor des Luftverkehrs mit der FDP und der Regie- rungskoalition auf gemeinsame Ziele verständigt haben. Es geht um die Flugsicherung! Nach der Organisations- privatisierung von 1993 wollen wir, dass die Eigenver- antwortung der Gesellschaft gestärkt wird. Die Bundes- regierung muss hierzu die entsprechenden Weichen stellen. Wenn wir in unserem gemeinsamen Antrag fordern, ein neues Flugsicherungsgebührensystem zu erarbeiten, so geschieht das, weil das bestehende System nicht ge- eignet ist, im europäischen Wettbewerb zu bestehen. Das gilt zum einen für die Nutzer von Flugsicherungsdienst- leistungen wie die Fluggesellschaften, die mit unflexi- blen Gebührenmodellen konfrontiert werden. Das gilt erst recht für unsere Deutsche Flugsicherung, die in ei- nem europäischen Markt, der dank Single European Sky im Entstehen ist, in ihrer Situation nur unzureichend „Preispolitik“ betreiben kann und damit einen Wettbe- werbsnachteil hat und behielte. Das bestehende Gebührensystem beruht auf einer Be- rechnung der Kosten der Deutschen Flugsicherung unter Zugrundelegung des zu erwartenden Verkehrsaufkom- mens. Die Gebührenhöhe deckt damit im Idealfall sämt- liche Kosten; allein die für ein privatwirtschaftlich orga- nisiertes Unternehmen notwendige Eigenkapitalquote kann damit aber nicht auf ein notwendiges Maß erhöht werden – geschweige denn, dass die Bildung von Reser- ven für schwerere Zeiten möglich wäre. r b d K k ü t t g a w g m r r f d s 2 z Z s D 1 l d F t b U B s u c s d s S r d s D V d e v a s k b v n n O (C (D Die Schwäche des bestehenden Systems hat sich be- eits nach den furchtbaren Ereignissen des 11. Septem- er 2001 und den darauf folgenden schweren Jahren für ie Luftfahrt mit Irakkrieg, SARS und der allgemeinen onjunkturschwäche gezeigt. Die prognostizierten Ver- ehrszahlen für die Jahre 2001 und 2002 lagen dermaßen ber dem tatsächlichen Aufkommen, dass die festgesetz- en Gebühren bei weitem nicht ausreichten, um die Kos- en zu decken. Die Deutsche Flugsicherung war gezwun- en, die Verluste zunächst aus dem Eigenkapital uszugleichen. Eine Gebührenerhöhung war unaus- eichlich; sie hat die Fluggesellschaften dann aber erade zu einer Zeit getroffen, in der sie durch eigene assivste Einnahmeausfälle eigentlich zum Kostenspa- en gezwungen waren. Wir brauchen daher dringend ein neues Flugsiche- ungsgebührensystem, das diese Unwägbarkeiten ab- ängt. Dabei darf die Eigenkapitalgrundlage nicht weiter ezimiert werden. Im Gegenteil: Die Deutsche Flug- icherung muss endlich die Quote von mindestens 0 Prozent erreichen. Vergleichbare Unternehmen besit- en eine Eigenkapitalquote zwischen 20 und 40 Prozent. ur Aufstockung ihres Eigenkapitals braucht die Deut- che Flugsicherung einen größeren Handlungsspielraum. ies war bei der Organisationsprivatisierung im Jahre 993 auch als notwendiges und legitimes Mittel von al- en beteiligten politischen Kräften anerkannt worden. Eine Maßnahme in diesem Sinne ist das Cross-Bor- er-Leasing-Geschäft (QTE-Leasing) der Deutschen lugsicherung aus dem Jahre 2002/2003, das über posi- ive Steuereffekte bei Investoren in den USA unmittel- are Mittelzuflüsse an das Unternehmen zur Folge hatte. mso weniger ist verständlich, warum die rot-grüne undesregierung die Formulierung „einen durch Ab- chluss des QTE-Leasingvertrages erzielten einmaligen nd außerordentlichen Ertrag in der Deutschen Flugsi- herung als Eigenkapital zu belassen“ offenbar aus- chließlich in ihrem Sinne interpretiert. Es war niemals ie Rede davon, dass „interne Absprachen“ oder „Res- ortvereinbarungen“ der betroffenen Ministerien diesen atz quasi unerkannt limitieren könnten. Wenn sich die Regierungskoalition nun darauf zu- ückzieht, es bestehe eine Vereinbarung, die Erlöse aus em QTE nur zu einem Drittel bei der Deutschen Flug- icherung zu belassen und ansonsten jeweils zu einem rittel an die Bundesministerien der Finanzen und für erkehr, Bau- und Wohnungswesen auszuschütten, so ist as abenteuerlich. Der Finanzminister will sich offenbar ine neue Geldquelle erschließen. Nicht nur der Straßen- erkehr soll also dazu herhalten, den maroden Haushalt ufzubessern – Minister Eichel hat nun auch die Flug- icherung entdeckt. Von welchen Zahlen sprechen wir? Die in der Luftver- ehrswirtschaft verheerenden Jahre 2001 und 2002 ha- en bei der Deutschen Flugsicherung Verluste in Höhe on circa 55 Millionen Euro verursacht, die unmittelbar ur durch die Erlöse aus dem QTE-Geschäft in Höhe von etto 78 Millionen Euro kompensiert werden konnten. hne den QTE-Erlös verbliebe die Eigenkapitalquote bei 10482 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) geschätzten 11,5 statt bislang noch 18,5 Prozent für das Jahr 2004. Die Bundesregierung hat sich bereit erklärt, sich mit der Industrie an der Initiative „Luftverkehr für Deutsch- land“ zu beteiligen. Gemeinsames Ziel ist eine Kosten- senkung im Gesamtsystem, die durch Steigerung der Effizienz, Straffung von Prozessen und Beseitigung bürokratischer Hemmnisse erreicht werden soll. Ein Teil dieses Gesamtsystems macht dabei auch die Flugsiche- rung aus, deren Organisations- und Gebührenstruktur da- bei zukunftsfest gemacht werden soll. Die Bundesregie- rung muss sich die Frage gefallen lassen, warum sie die Initiative „Luftverkehr für Deutschland“ unterstützt, sich aber nicht an die Ziele gebunden fühlt. Es reicht nicht mehr länger aus, nur ein nationales Süppchen zu kochen, insbesondere dann nicht, wenn es uns mittelfristig von den internationalen Mitbewerbern versalzen werden könnte. Wenn wir über den Suppentel- lerrand hinausschauen, können wir etwa in Kanada und Neuseeland sehen, wie ehemalige Behörden für Flug- sicherung sicher, effizient, profitabel und auf wirtschaft- lich sicherem Grund hochprofessionell agieren. Unsere Deutsche Flugsicherung ist im Jahre 2001 zur besten Flugsicherung der Welt gekürt worden. Es wird Zeit, dass wir als Parlament die Voraussetzungen schaf- fen, dass sie es spätestens in den Jahren 2006, 2007, 2008 wieder wird. Alle Beteiligten im Luftverkehr müs- sen für den internationalen Wettbewerb bestmöglich ge- rüstet sein. Es gilt, die Chancen des Luftverkehrsstand- ortes Deutschland zu stärken. Wie aber soll das gehen, wenn dringend benötigtes Geld aus dem Wirtschafts- kreislauf der Deutschen Flugsicherung fast vollständig abgeschöpft werden soll? Um das zu verhindern, haben wir zusammen mit der FDP-Fraktion einen zusätzlichen Antrag eingebracht. Wir stellen damit klar, dass wir im Gegensatz zur rot- grünen Regierung keine kurzfristige Interventionspolitik betreiben, sondern nachhaltige Verkehrspolitik: Der QTE-Barwertvorteil ermöglicht es der Deutschen Flug- sicherung, erstens schneller die Verluste aus den Vorjah- ren auszugleichen und zweitens, den darüber hinaus er- zielten Jahresüberschuss zur Stärkung des Eigenkapitals zu verwenden. Das kommt auch den Fluggesellschaften mittelbar zugute, weil die Deutsche Flugsicherung damit eine solidere Finanzstruktur hat, als es ohne QTE-Erlös der Fall gewesen wäre. Wir müssen die Initiative ergreifen und der Bundesre- gierung klarmachen, dass wir uns die Butter nicht vom Brot nehmen lassen. Der Wille des Parlaments darf nicht nachträglich verfälscht werden, nur weil es offenbar Ab- sprachen in den Regierungsressorts gegeben hat. Wir ha- ben eine ganz klare und übereinstimmende Meinung ver- treten: Der durch das QTE-Cross-Border-Leasing- Geschäft erzielte Jahresüberschuss muss in Gänze bei der Deutschen Flugsicherung verbleiben. Außerdem haben wir mit dem fraktionsübergreifen- den Antrag die Weiterentwicklung des Ordnungsrah- mens für die Deutsche Flugsicherung gefordert. Es ist bereits fünf Jahre her, dass wir das 11. Änderungsgesetz z W r v c g l G D a z E D m m S d b v u s p f u s B H d s w m k F g w m b Z r w w s F B z D a G g I A d g Z g (C (D um Luftverkehrsgesetz auf den Weg gebracht haben. arum, frage ich mich, fällt es den befassten Ministe- ien immer noch so schwer, dem Gesetz Geltung zu erschaffen? Wozu haben wir es der Deutschen Flugsi- herung durch die 11. Novelle denn ermöglicht, Beteili- ungen einzugehen, um außerhalb des Gebührenkreis- aufs Erträge zu erwirtschaften, wenn beantragte enehmigungen für Beteiligungen nicht erteilt werden? ie Deutsche Flugsicherung ist zum Beispiel mittelbar n einer internationalen Gesellschaft beteiligt, die als entrale Referenzdatenbank Luftfahrtinformationen in uropa über Eurocontrol bereitstellt. Einer von der eutschen Flugsicherung beantragten Umwandlung der ittelbaren in eine direkte Beteiligung hat das Bundes- inisterium der Finanzen bisher nicht entsprochen. chon an dem Unternehmenszweck der in Rede stehen- en Beteiligung ist unschwer ablesbar, dass sie unmittel- ar mit dem Kerngeschäft der Deutschen Flugsicherung erknüpft und daher schon aus diesem Grunde völlig nbedenklich ist. Darüber hinaus ist die Deutsche Flug- icherung nur Konsortialpartner in einem Verbund euro- äischer Flugsicherungsdienstleister, der bereits eben- alls direkte Beteiligungen hält. Unabhängig davon muss die Flugsicherung flexibel nd handlungsfähig gemacht werden, wenn zukünftig trategische Entscheidungen zum Erwerb von weiteren eteiligungen anstehen. Natürlich darf kein zusätzliches aushaltsrisiko für den Bund entstehen. Aber befürchtet er Finanzminister denn wirklich, die Fluglotsenorgani- ation wollte Würstchenbuden betreiben oder Kernkraft- erke bauen? Wir haben erlebt, dass Kapitalprivatisierungen ehe- als staatlicher Unternehmen positive Effekte haben önnen. Ich glaube, dass dies auch für den Bereich der lugsicherung gilt. Das muss bedacht und überlegt ange- angen werden nach der Devise: So viel Privatisierung ie nötig bei so viel Sicherheit wie möglich. Davon üssen sich die Entscheidungsträger leiten lassen. Ich in der festen Meinung, dass an diesem mittelfristigen iel kein Weg vorbeiführt, wenn wir eine schlagkräftige, eaktions- und wettbewerbsfähige Flugsicherung haben ollen. Dies käme auch den Fluggesellschaften zugute, enn sie sich entscheiden sollten – etwa als weitere Ge- ellschafter – ein Mitspracherecht bei der Deutschen lugsicherung zu erwerben. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass die undesregierung Ihren Verpflichtungen nachkommt und ügig die notwendigen Maßnahmen ergreift, um die eutsche Flugsicherung weiterhin – auch international – ls Vorzeigeunternehmen zu erhalten! Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Während der landgebundene Verkehr sta- niert oder rückläufig ist, wie im Falle des motorisierten ndividualverkehrs, nimmt der Luftverkehr deutlich zu. llein im ersten Quartal 2004 nahm die Zahl der inner- eutschen Flüge um 2,1 Prozent auf 5,3 Millionen Flug- äste zu. Im internationalen Flugverkehr schnellten die ahlen sogar um 12,3 Prozent auf 11,1 Millionen Passa- iere. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10483 (A) ) (B) ) Diese Flugbewegungen von und nach Deutschland und über dem deutschen Luftraum sicher abzuwickeln, ist Aufgabe der Deutsche Flugsicherung GmbH. Allein im Jahr 2003 kontrollierte die DFS rund 2,5 Millionen Flüge im deutschen Luftraum. Bei der Umwandlung der Bundesanstalt für Flugsi- cherung in die Deutsche Flugsicherung GmbH als bun- deseigenes, aber privatrechtlich organisiertes Unterneh- men zum 1. Januar 1993 stand der Gedanke Pate, dass die hoheitliche Aufgabe der Flugsicherung zwar eigentü- merisch weiterhin im Besitz des Bundes bleiben soll, dass aber gleichzeitig unternehmerisch in einem sich li- beralisierenden europäischen Luftraum agiert werden soll. Diese Liberalisierung ging nicht nur nicht auf Kos- ten der Sicherheit, im Gegenteil: Die Zahl der gefährli- chen Flugzeugannäherungen geht kontinuierlich zurück. Als sich das tragische Unglück des Zusammenstoßes ei- ner russischen Passagiermaschine mit einer Frachtma- schine in Überlingen am Bodensee ereignete, war die schweizerische Flugsicherung zuständig. Die DFS hat die Chance der privatrechtlichen Organi- sation ergriffen und genutzt. Das langjährige Know-how ist mittlerweile in mehreren strategischen Geschäftsbe- reichen zusammengeführt. Dazu gehören zum Beispiel Bereiche wie die Flugvermessung oder das Consulting- Geschäft. Mit diesen und weiteren Dienstleistungen kann die DFS am Markt erfolgreich sein, wenn man – und das ist in diesem Fall der Eigentümer Bund – sie lässt. Voraussetzung für den weiteren wirtschaftlichen Er- folg der DFS ist daher zum einen die Bildung einer an- gemessenen Eigenkapitalquote, die unabhängig von ex- ternen Einflüssen ist, sowie zum anderen ein neuer Ordnungsrahmen, der der DFS die Beteiligung an ande- ren Gesellschaften erlaubt oder eine Beteiligung anderer Gesellschafter an der DFS. Dies kommt, in dem gemein- samen Entschließungantrag aller Fraktionen zum Aus- druck den unsere Fraktion ausdrücklich unterstützt. Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Es ist gute Tradi- tion, dass sich der Deutsche Bundestag, insbesondere der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages, intensiv mit dem Wohl und Wehe der Deutschen Flugsicherung befasst, denn es ist ein Kind des Bundestages als leuch- tendes Beispiel einer gelungenen Organisationsprivati- sierung. Leider wird der Vollzug bestimmter Gesetze, so zum Beispiel der Luftfahrtnovelle aus dem Jahr 1998, nach wie vor vom Finanzministerium nicht in der Weise umgesetzt, wie es der Gesetzgeber vorgesehen hat. Ne- ben diesem eigentlichen Ärgernis wurde und wird die Si- tuation der Deutschen Flugsicherung durch aus Sicht der Liberalen falsche Entscheidungen des Finanzministeri- ums, aber auch durch schwerwiegende Aussagen des Bundeskanzlers vor dem Hintergrund der Ereignisse des 11. September 2001 nicht sachgerecht genug weiterge- führt. Der gemeinsam von allen Fraktionen erarbeitete An- trag mit dem Titel „Wirtschaftliche und organisatorische Strukturen der Deutschen Flugsicherung dauerhaft ver- bessern“ versucht nochmals aufzuzeigen, dass es insbe- sondere darauf ankommt, die Eigenkapitalbasis der D d h B d r K d n F G f r b n b 1 s v i d s Z t v g V i F Ü d d z g s d B E r A f D v m g B s s D v t ti e h b l s (C (D eutschen Flugsicherung zu erhalten, zu stärken und auf ie Ebene anzuheben, die im Gründungsgesetz vorgese- en war. Es ist ausgesprochen kontraproduktiv, wenn der undeskanzler der Lufthansa gegenüber erklärt, nach em 11. September 2001 könne man nicht die Flugsiche- ungsgebühren erhöhen, ohne umgekehrt in gleicher onsequenz der Deutschen Flugsicherung dann entwe- er die Vorschrift der kostendeckenden Gebühren zu ehmen oder aber zumindest bei der Abführung an den inanzminister ebenfalls Gutschriften vorzunehmen. anz besonders dramatisch wird es, wenn die Geschäfts- ührung der Deutschen Flugsicherung in einem Verfah- en aufzeigt, dass es möglich ist, selbst zur Eigenkapital- asis beizutragen und dieses zusätzliche Kapital dann icht der Flugsicherung verbleibt, sondern ebenfalls eim Finanzminister abzugeben ist. Es kommt darauf an, zunächst die Anregungen der 1. Luftfahrtnovelle aus 1998 umzusetzen und der Deut- chen Flugsicherung zu ermöglichen, geschäftsrele- ante zusätzliche Aufgaben zu übernehmen und damit hre Ertragssituation zu verbessern. Es kommt zweitens arauf an, für eine ausgewogenere Kostenstruktur zu orgen und der Flugsicherung zu ermöglichen, in guten eiten Rückstellungen zu bilden, damit nicht in schlech- eren Zeiten für die Luftfahrt sofort Kostenstrukturen erändert werden müssen. Und es kommt vor allen Din- en drittens darauf an, dass die Verwaltung endlich die orschriften umsetzt, die der Gesetzgeber erlässt. Das ist nsbesondere deswegen wichtig, weil sich auch in der lugsicherung der Wettbewerb verstärkt und wir der berzeugung sind, dass die Deutsche Flugsicherung mit en vom Gesetzgeber vorgegebenen Möglichkeiten urchaus in der Lage ist, im europäischen Wettbewerb u bestehen und sich dort entsprechend zu positionieren. Wir werden als Parlament zügig die Umsetzung der esetzlichen Vorschriften überprüfen und uns nicht cheuen, den Finger erneut in die Wunde zu legen und as Thema öffentlich zu debattieren. Iris Gleicke, Parlamentarische Staatssekretärin beim undesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: s ist dieses Haus, dem die DFS Deutsche Flugsiche- ung GmbH ihre Existenz zu verdanken hat. Damals, nfang der 90er-Jahre, gab es zwei wesentliche Gründe ür die „Geburt“ der DFS: Die Flugsicherung in eutschland sollte mit der Organisationsprivatisierung on drei Beschränkungen befreit werden, die die opti- ale Leistungsfähigkeit behinderten: den Beschränkun- en des Beamtenrechts und den Beschränkungen des undeshaushaltes, um damit das Personal der Aufgaben- tellung entsprechend bezahlen zu können, um das Per- onal unabhängig vom Laufbahnsystem des öffentlichen ienstes einstellen zu können und um erforderliche In- estitionen zum Ausbau der Flugsicherungssysteme un- er wirtschaftlichen Bedingungen tätigen zu können. Die von der Bundesregierung betriebene Organisa- onsprivatisierung der Flugsicherung entwickelte sich zu inem vollen Erfolg; die „neue“ Flugsicherung, die DFS, ielt, was man von ihr erwartet hatte. Als äußerlich am esten sichtbares Zeichen konnten – nicht zuletzt natür- ich aufgrund günstiger äußerer Bedingungen – die Flug- icherungsgebühren in den 90er-Jahren mehrfach in der 10484 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) Folge gesenkt werden. Günstige äußere Bedingungen – dazu gehört eine gesunde Luftverkehrsbranche insge- samt, bei der die Kunden der DFS in ausreichendem Umfang ihre Dienste in Anspruch nehmen und für diese Dienste bezahlen. Leider haben uns diese günstigen Bedingungen im Jahr 2001 vorübergehend verlassen. Die Luftverkehrsbe- wegungen entwickelten sich entgegen den Prognosen rückläufig und machten damit eine Schwäche des Ge- bührensystems in der Form, wie es heute international festgelegt ist, erstmals ausgerechnet in einer Phase der Schwäche der Luftfahrtbranche sehr deutlich sichtbar: Rückläufige Verkehrszahlen bedeuteten verminderte Einnahmen der DFS, das heißt Unterdeckung des Bud- gets. Um diese Unterdeckung im Rahmen der bestehen- den Finanzierungsregeln auszugleichen, mussten die Ge- bühren erhöht werden, mit zusätzlicher Belastung für die kränkelnde Luftverkehrsbranche. Hier konnte eine Ab- milderung dieses Effektes nur durch ausnahmsweise und frühest möglich wieder zu kompensierende Inanspruch- nahme der DFS-Eigenkapitalquote erreicht werden, so- dass die Gebühren nur um einen entsprechend reduzier- ten Anteil erhöht werden mussten. Erfreulich ist, dass sich die Verluste der DFS auf die Jahre 2001 und 2002 beschränken. Unabhängig von diesen wieder sehr viel positiveren Rahmenbedingungen sind wir heute hier im Bundestag mit der Frage der gesunden Eigenkapitalquote der DFS und insgesamt einer dauerhaften Verbesserung der wirt- schaftlichen und organisatorischen Bedingungen der DFS befasst, um künftig besser gegen Schwächeperio- den gewappnet zu sein, aber auch um die DFS fit zu ma- chen für Veränderungen im europäischen Umfeld. Punkt l, europäisches Umfeld und organisatorische Strukturen: Die EG-Verordnungen zur Schaffung eines Einheitlichen Europäischen Luftraumes verlangen künf- tig eine Zertifizierung der Flugsicherungsdienste, die un- ter anderem eine ausreichende finanzielle Kraft der Un- ternehmen voraussetzen. Nach aller Voraussicht wird es zu Kooperationen und Zusammenschlüssen von europäi- schen Flugsicherungsunternehmen kommen. Es werden sich mittelfristig nur einige wenige behaupten können, wobei auch strategische Beteiligungen an branchenrele- vanten anderen Unternehmen zur notwendigen starken Position beitragen. Punkt 2, die DFS selbst, unter Verantwortung dieses Hauses entstanden, möchte sich zur Erfüllung ihrer Auf- gaben an anderen Unternehmen beteiligen können und neben ihren Kernaufgaben auch andere Geschäftsfelder betreiben – Nebengeschäfte –, um eine starke Position in Europa abzusichern. Das BMF fordert mit Verweis auf die Privatisierungspolitik der Bundesregierung als Vo- raussetzung für solche Unternehmensbeteiligungen eine möglichst weit gehende Kapitalprivatisierung der DFS, bevor es solchen Beteiligungen zustimmt. Ein entspre- chendes ressortübergreifendes Projekt zur Kapitalpriva- tisierung hat inzwischen seine Arbeit aufgenommen. Punkt 3, die Eigenkapitalquote der DFS: Die eben von mir bereits angesprochenen positiven Veränderun- gen in der Luftverkehrsentwicklung und Effizienzsteige- rungsmaßnahmen in der DFS haben dazu geführt, dass d k C s – D d d n R L z r t i o E c k s B h C m t h A c F c D T b k d d p R l A m p (C (D ie Eigenkapitalquote der DFS wieder verbessert werden onnte, auch ohne dass die QTE-Erträge aus dem US- ross-Border-Leasing-Geschäft im Unternehmen belas- en werden müssen. Dennoch ist die Bundesregierung Ressortabsprache von BMVBW und BMF – bereit, ein rittel der Erträge im Unternehmen zu belassen. Die an- eren zwei Drittel sollen dem Verkehrshaushalt bzw. em allgemeinen Haushalt als Einnahmen zufließen. Da- eben erarbeitet die Europäische Kommission derzeit im ahmen der Initiative zum Einheitlichen Europäischen uftraum einen Verordnungsentwurf mit Grundsätzen ur Erhebung von Flugsicherungsgebühren. Die Bundes- egierung setzt sich dafür ein, hierbei nach Möglichkei- en zu suchen zur Entkopplung von Schwächeperioden n der Luftverkehrsentwicklung von der Gebührenhöhe der zumindest einer weitestmöglichen Abmilderung der ffekte. Und sie ist um Spielräume bemüht, über mögli- he Gewinne die Eigenkapitalquote der DFS erhöhen zu önnen. Vor dem dargestellten Hintergrund kann ich es ab- chließend kurz machen. Ich bitte um Zustimmung zur eschlussempfehlung auf Drucksache 15/2634, das eißt Annahme des Antrags der Fraktionen von SPD, DU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP ge- äß Drucksache 15/2393 „Wirtschaftliche und organisa- orische Strukturen der Deutschen Flugsicherung dauer- aft verbessern“ und Erledigterklärung des Antrags von bgeordneten der CDU/CSU-Fraktion gemäß Drucksa- he 15/1322 mit dem gleichen Titel. Den Antrag der raktionen der CDU/CSU und der FDP gemäß Drucksa- he 15/2827 „Erträge der Deutschen Flugsicherung, FS, durch das QTE-Lease, US-Cross Border Leasing ransaction, vollständig bei der DFS als Eigenkapital elassen“ bitte ich abzulehnen, weil das Ziel, die Eigen- apitalquote der DFS zu verbessern, inzwischen wie argelegt auf andere Weise erreicht wird und die Bun- esregierung nicht zuletzt mit dem Projekt zur Kapital- rivatisierung der DFS intensiv an der Verbesserung der ahmenbedingungen für den Luftverkehr in Deutsch- and arbeitet. nlage 6 zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlungen und Berichte: – Chancen und Potenziale des Deutschland- tourismus in der erweiterten Europäischen Union konsequent nutzen – Den Tourismus stärken – Chancen der EU- Erweiterung nutzen – Unterstützung grenzübergreifender kom- munaler Zusammenarbeit im Rahmen der EU-Osterweiterung (Tagesordnungspunkt 20 a und b) Brunhilde Irber (SPD): Am 1. Mai 2004 sind acht ittel- und osteuropäische Staaten sowie Malta und Zy- ern der Europäischen Union beigetreten. Dies war und Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10485 (A) ) (B) ) wird weiterhin ein historisches Datum für Europa sein. Die Beitrittsstaaten und die bisherigen Mitgliedstaaten haben mit aller Kraft jahrelang darauf hingearbeitet. Mit der Erweiterung wurde fast 15 Jahre nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes die Spaltung des europäischen Kontinentes überwunden. Die Erweiterung schafft nicht nur Stabilität für Frieden und Freiheit, sondern auch Si- cherheit und Wohlstand für ganz Europa. Hierzu werden nicht nur die neuen wirtschaftlichen Beziehungen beitra- gen, sondern auch in ganz entscheidender Form der Tou- rismus. Neben vielen anderen Maßnahmen trägt das ge- genseitige Kennenlernen, mithin der Tourismus, zum Verstehen und Akzeptieren anderer Nationen und Kul- turkreise bei und sichert somit eine friedliche und si- chere Zukunft in Europa. In unserem Antrag legen wir die Chancen und Poten- ziale, die sich durch die EU-Erweiterung ergeben, für den Tourismus dar. Bereits im Jahr 2003 verzeichneten die mittel- und osteuropäischen Staaten ein Gesamtvolu- men von 39,7 Millionen Auslandsreisen. Davon entfie- len alleine auf Deutschland 6,1 Millionen Reisen. Das bedeutet für den Incomingtourismus in Deutschland ei- nen Gesamtumsatz von 2,7 Milliarden Euro. Die drei für Deutschland wichtigsten osteuropäischen Quellmärkte unter den Beitrittsstaaten sind heute Polen mit 2,8 Millionen, die Tschechische Republik mit 1,1 Millionen und Ungarn mit etwa 408 000 Reisen. In Polen ist Deutschland mit einem Marktanteil von 35 Prozent Reiseziel Nummer eins. In den anderen Märkten hat Deutschland mit einem Marktanteil von 10 bis 20 Prozent sehr positive Wachstumsprognosen. Bereits für 2005 rechnet die Deutsche Zentrale für Tou- rismus – DZT – mit einem Anstieg der Reisen aus den acht osteuropäischen Beitrittsländern um 700 000 auf 5,6 Millionen Reisen. Die finanzielle Ausstattung der DZT durch den Bund – von 1998 bis 2003 Steigerung um über 25 Prozent –, ermöglicht es der DZT, diese Märkte gut zu erschließen. Die DZT unternimmt derzeit eine Vielzahl von Aktivitäten, um den Quellmarkt der Beitrittsländer erfolgreich zu bearbeiten. Bereits seit Mitte der 90er-Jahre ist die DZT mit Vertriebsagenturen in Budapest, Prag und Warschau präsent. In den vergan- genen zwei Jahren wurde mit der Marktbearbeitung in der Slowakei und in Slowenien begonnen. Das DZT- Büro in Kopenhagen ist zudem seit 1999 auch in den baltischen Staaten aktiv. Die DZT stärkt mit dieser Ar- beit ganz entscheidend die heimische Tourismuswirt- schaft. Mit steigendem Wohlstand in den Beitrittsländern wird sich auch der Urlaubstourismus positiv entwickeln. Große Chancen ergeben sich insbesondere für die ehe- maligen Grenzregionen. Diese werden aus der Randlage herauswachsen und sich zu prosperierenden Knoten- punkten entwickeln. Die Perspektiven für diese deut- schen Tourismusgebiete werden sich vor allem dann er- schließen, wenn man auf eine gemeinsame Erschließung und Vermarktung von grenzüberschreitenden Natur- und Kulturregionen setzt. Da die Opposition sich in den Forderungen Ihrer An- träge meist immer nur auf eine Aufstockung der Förder- mittel fokusiert, hier nun einige Zahlen, passen Sie gut a d 1 m n t v k G H h G L n l u t o F s e D n f U h L s A r w w C i t e r u E w m l H l z v d w d a (C (D uf: Zur Realisierung bedeutender grenzüberschreiten- er Verkehrsprojekte hat der Bund für den Zeitraum von 999 bis 2007 über 4,7 Milliarden Euro an Investitions- itteln bereitgestellt. In den Jahren 2000 bis 2006 kön- en die Grenzregionen an den Fördermitteln der Struk- urfonds sowie anderer EU-Förderprogramme in Höhe on insgesamt 16,3 Milliarden Euro partizipieren. Dazu ommen Anteile aus der „Gemeinschaftsaktion für renzregionen“, für die zusätzliche Finanzmittel in öhe von rund 265 Millionen Euro von der EU vorgese- en sind. Die Bewältigung des Strukturwandels in den vier renzbundesländern wird insbesondere mit der Bund- änder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regio- alen Wirtschaftsstruktur“ unterstützt. Hierfür wurden al- ein im Jahre 2002 rund 1 034 Millionen Euro vom Bund nd von den Ländern bereitgestellt. Darüber hinaus erhal- en gewerbliche Unternehmen für Investitionen in den stdeutschen Grenzregionen eine erhöhte steuerliche örderung nach dem Investitionszulagengesetz. Die europäischen Maßnahmen gewährleisten im Zu- ammenwirken mit den nationalen Fördermöglichkeiten ine erfolgreiche Flankierung der EU-Erweiterung in eutschland und vor allem in den deutschen Grenzregio- en. Dies bietet hervorragende Ausgangsbedingungen ür grenzübergreifende Tourismuskooperationsprojekte. m im Wettbewerb der touristischen Regionen zu beste- en, müssen die Anbieter ihren Blick auf die eigene eistungsfähigkeit richten. Deutsche Destinationen müs- en ihr eigenes authentisches Profil stärken, spezielle ngebotsvorteile vermarkten und neue Trends zielge- ichtet besetzen. Mit unserem Antrag unterstützen wir die Tourismus- irtschaft in Deutschland. Die Bundesregierung wird eiterhin mit geeigneten Maßnahmen die sich bietenden hancen durch die EU-Erweiterung für den Tourismus n Deutschland effektiv unterstützen. Es wird sichergestellt werden, dass die Deutsche Zen- rale für Tourismus ihre Arbeit in den ost- und mittel- uropäischen Beitrittsländern fortsetzen und intensivie- en kann. Den ost- und mitteleuropäischen Staaten wird Hilfe nd Unterstützung bei der natur- und umweltfreundlichen ntwicklung des Tourismus gegeben werden. Hierbei ird auf unsere Erfahrung mit der Umweltweltdach- arke „Viabono“ zurückgegriffen werden. Mit finanziel- er Unterstützung des BMU werden bereits in diesem erbst Informationsworkshops in Estland, Lettland, Po- en, Ungarn und in der Slowakei durchgeführt. Gegenüber den Ländern regen wir an, die Unterstüt- ung grenzübergreifender Tourismusprojekte zu intensi- ieren. Es müssen die medizinischen und technischen Stan- ards im Kurwesen auf europäischer Ebene angeglichen erden. Wir wollen die umweltfreundliche Schienenverbin- ungen zu den ost- und mitteleuropäischen Staaten zügig usbauen. 10486 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) Kommen wir nun kurz – denn länger lohnt nicht – zu den Anträgen der CDU/CSU: Diese Anträge sind ein Trauerspiel. Neues steht in beiden Anträgen nicht, ob- wohl der eine sehr druckfrisch ist. Nehmen wir doch nur Ihren inhaltlich total veralteten Antrag vom November 2003: Man könnte meinen, sie haben aus einer 15 Jahre alten Vorlage abgeschrieben. Alle dort enthaltenen Gedanken und Forderungen sind bereits seit Jahren umgesetzt und bewähren sich in der Praxis. Was die Bundesregierung und die Europäische Union alles für die kommunale grenzüberschreitende Zusammenarbeit getan haben und wie gut diese Bemü- hungen angenommen und umgesetzt wurden und wer- den, können Sie meiner Rede, festgehalten im Plenarpro- tokoll vom 7. November vergangenen Jahres nachlesen – viel Spaß bei der Lektüre. Nur ein Sache möchte ich gerne wiederholen, sie werden sie ja doch nicht nachle- sen: Alleine für das EU-Bildungsprogramm „Leonardo da Vinci“ stehen für 2000 bis 2006 1,15 Milliarden Euro zur Verfügung. Darüber hinaus unterstützt die Bundesre- gierung mit zahlreichen Programmen die grenzüber- schreitende Aus- und Weiterbildung. Ihr druckfrischer Antrag enthält auch für die bundes- politische Ebene nichts, was von uns nicht schon bear- beitet wird. Ihr neuestes Werk spiegelt das generelle Ver- halten ihrer Partei wider, und dies ist wie immer sehr bedauerlich: Sie schüren Angst und Verunsicherung! Gleich im ersten Absatz ist die Rede von einer „ambiva- lenten Bewertung der EU-Erweiterung“ und von einer „nur schwer überschaubaren Gemengelage von Befürch- tungen“. Wem Sie damit das Wort reden und sich gleich- stellen sind die ewig Gestrigen! Wir hingegen betrachten die EU-Erweiterung als Chance für die heimische Tou- rismuswirtschaft. Sie werden sehen, dass die bewegli- chen und innovativen Köpfe in der Tourismuswirtschaft, ganz gleich welchen Teil der touristischen Dienstleis- tungskette sie bearbeiten, einen enormen Wachstums- schub durch die EU-Erweiterung erhalten werden. Die EU-Erweiterung bietet die Chance zu einem gro- ßen Brückenschlag, nicht nur für die Tourismuswirt- schaft, sondern zuallererst für die Menschen, die sich in Ost und West fremd geworden sind. Es gibt viel zu ent- decken an gemeinsamer europäischer Kultur und Ge- schichte. Wir alle werden durch die Vielfalt der europäi- schen Kulturen und Traditionen bereichert. Mit unserem Antrag begrüßen wir ausdrücklich die Erweiterung der Europäischen Union und bekräftigen hiermit nochmals unsere positive Einstellung hierzu! Ernst Hinsken (CDU/CSU): Die Feierlichkeiten zum 1. Mai sind verklungen, das Feuerwerk ist schon lange abgebrannt, aber die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Auswirkungen, die die EU-Erweiterung auf Deutschland haben wird, insbesondere auf die Regionen entlang der EU-Außengrenze, liegen noch im Nebel. Ganz besonders für die Dienstleistungsbranche mit dem Schwerpunkt Tourismus hat die EU-Erweiterung zwei Gesichter: Chancen und Risiken. Zur Minimierung die- ser Risiken muss alles, was möglich ist, getan werden. Hierzu hat die CDU/CSU-Fraktion einen umfassenden F t s m h d d k c B V L g g e I d z k A e r K n S G d g r k v a u a n m 1 a g e u l n k t D s u 2 n z d o 1 s (C (D orderungskatalog vorgelegt und diese Bundesregierung äte gut daran, diesen aufmerksam Zeile für Zeile zu le- en. Denn keinesfalls ist die Unterstützung der Touris- uswirtschaft durch Rot-Grün so umfassend, wie be- auptet wird. Aber Papier ist ja bekanntlich geduldig. Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Deshalb legen wir en Finger in die offene Wunde. Wir sagen, dass die eutsche Tourismuswirtschaft im Vergleich zu den Kon- urrenten aus den Beitrittsländern in zahlreichen Berei- hen ungleich schlechtere Rahmenbedingungen hat, zum eispiel im Steuerrecht. Dies lässt sich anhand eines ergleichs der Mehrwertsteuersätze der verschiedenen änder eindrucksvoll verdeutlichen. Im Beherbergungs- ewerbe haben sieben von zehn Beitrittsländern niedri- ere Mehrwertsteuersätze vorzuweisen: Zum Beispiel rheben Polen 7 und Ungarn 12 Prozent Mehrwertsteuer. n vier von zehn Beitrittsländern ist dies bei Restaurants er Fall und in sechs von zehn Beitrittsländern bei Frei- eitparks. Polen erhebt bei Freizeitparks sogar überhaupt eine Mehrwertsteuer. Finanzminister Eichel darf die ugen davor nicht länger verschließen. Aber das ist es nicht allein. Deutschland fällt im Steu- rwettlauf bei den Unternehmensteuern allgemein zu- ück. Kein Land in Europa besteuert die Gewinne von apitalgesellschaften so stark wie Deutschland. Mit der EU-Erweiterung haben die deutschen Unter- ehmen ein Niedrigsteuergebiet direkt vor der Haustür. ie haben nun die Möglichkeit, sich direkt hinter der renze niederzulassen, um dadurch gleichzeitig von der eutschen Infrastruktur und von beispielsweise niedri- en polnischen Steuersätzen zu profitieren. Die öster- eichische Regierung reagierte bereits und hat für das ommende Jahr die Senkung der Körperschaftsteuern on 34 auf 25 Prozent angekündigt. Deutschland täte uch gut daran, dies zu tun, da die Differenz zwischen ns und den östlichen Beitrittsländern besonders hoch usfällt. Während für Unternehmen in Deutschland die ominale Steuerbelastung bei rund 39 Prozent liegt, üssen polnische oder slowakische Unternehmen nur 9 Prozent, ungarische sogar nur 18 Prozent dem Fiskus bliefern. Auch das Busgewerbe in den Grenzregionen hat Sor- en. Kein Wort davon im Antrag der Koalition. Der un- ingeschränkte Zugang von Busunternehmen aus Polen nd Tschechien bedeutet, dass unsere vielen, meist fami- iengeführten, kleinen und mittleren Busunternehmen ei- em scharfen Wettbewerb ausgesetzt sind. Denn die Ver- ehrsunternehmen aus den östlichen Nachbarstaaten anken weitaus günstiger und können im Vergleich zu eutschland mit Niedrigstlöhnen kalkulieren. Die durch- chnittlichen Stundenlöhne betragen in Polen 4,50 Euro nd in Tschechien gerade mal 3,90 Euro gegenüber 6,50 Euro hier bei uns. Wenn man sieht, dass die Perso- alkosten in Verkehrsbetrieben zwischen 50 und 60 Pro- ent der Gesamtkosten ausmachen, dann weiß man, dass iese Unterschiede kaum durch Fleiß und Innovation der Flexibilität ausgeglichen werden können. Über 0 000 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Damit die osteuropäischen Busse den mittelständi- chen brandenburgischen und bayerischen Verkehrs- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10487 (A) ) (B) ) markt nicht im wahrsten Sinne des Wortes „überrollen“, muss eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes her, die ausdrücklich festlegt, dass Genehmigungen nach dem Personenbeförderungsgesetz nur an Unternehmen mit inländischem Betriebssitz oder einer inländischen Niederlassung erteilt werden dürfen. Einen von Bayern initiierten Gesetzentwurf des Bundesrates werden wir nach Kräften unterstützen. Geflissentlich übersieht die Koalition in ihrem Antrag auch, dass endlich die einheitliche Besteuerung von Bus- reisen umgesetzt werden muss, um die Durchführung grenzüberschreitender Busreisen zu erleichtern. Sie wis- sen ja, dass in den meisten EU-Staaten die Mehrwert- steuer auf Beförderungsleistungen bei erdgebundenen Reisen unterschiedlich geregelt ist. Ich habe gerade vom billigen Sprit gesprochen. Das führt zum Problem des Tanktourismus. Grenznahe Tank- stellen erlitten Umsatzeinbrüche von bis zu 80 Prozent. Über 300 Stationen mussten schließen. Die Ausfälle an Mineralölsteuer liegen bei weit über 1 Milliarde Euro pro Jahr. Aber statt ein Konzept zur Hilfe vorzulegen, wie die mittelständischen Mineralölverbände, verweist die Bundesregierung nur auf eine Harmonisierung der EU-Steuersätze. Jeder weiß, dass dies in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Auf der anderen Seite kann die Tourismusbranche in Deutschland langfristig voraussichtlich von einer zusätz- lichen touristischen Nachfrage profitieren. Die niedrigen Steuern in den Beitrittsländern werden dort zu Wohl- stand führen. Bereits heute wird für das Deutschland-In- coming aus ganz Osteuropa ein Gesamtumsatz von 2,7 Milliarden Euro erzielt Die DZT sagt für den Zeit- raum 2003 bis 2005 ein Kernpotenzial von rund 5,6 Mil- lionen Reisen aus den Beitrittsländern voraus. Nach einer Expertenbefragung der Fachhochschule München werden die erwarteten Touristenströme jedoch recht unterschiedlich beurteilt. Die größten Gewinn- chancen werden für München und Berlin gesehen. Für die Grenzregionen werden sowohl Verluste als auch Ge- winne erwartet. Daher ist es umso wichtiger, dass sich die Tourismusverantwortlichen in diesen Regionen et- was einfallen lassen, damit die erwarteten EU-Bürger auch in der Grenzregion bleiben und nicht nur durchrei- sen. Neue Ideen sind gefragt. Mir gefällt eine solche aus Österreich sehr gut. Bis zum Ende der Hauptreisezeit ge- währen die Österreicher den neuen EU-Bürgern freien Eintritt bei ausgesuchten Sehenswürdigkeiten. Die Untersuchung der FH München machte auch deutlich, dass viele unserer Kurorte und Heilbäder vor neue Herausforderungen gestellt werden. Ungarn zum Beispiel verfügt über ein sehr ausgiebiges und vielfälti- ges Angebot im Kur- und Heilbäderbereich. 10 Prozent der ausländischen Touristen kommen nur, um zu kuren. Darüber hinaus haben die Ungarn für die Jahre 2003 bis 2005 ein nationales Programm aufgelegt und investieren 510 Millionen Euro in die Sanierung ihrer Kurbäder. Ein anderes Beispiel: In der Slowakei kostet ein durchschnittlicher Kurtag 75 bis 80 Euro, gegenüber 100 bis 105 Euro in Deutschland. Die Ausstattung der E z s 3 h r d S t u u g s d B r g z f n s h B g n T E d i s a i m z u e E r t s i n 5 k e e S e t O D s h n (C (D inrichtungen sowie der bauliche Zustand entsprechen war nicht dem deutschen Standard, sind aber zufrieden- tellend. Das Lohnniveau in der Slowakei liegt bei Euro gegenüber rund 26 Euro in Deutschland. Das eißt, es fällt ein saftiger Gewinn an, der in einigen Jah- en in den Bau neuer Kurbetriebe investiert wird. Daher ist es für die Zukunft umso wichtiger, dass die eutschen Kurorte sich auf ihre Stärken konzentrieren. ie müssen ihren spezifischen Charakter und ihre At- raktionen herausstellen, um so an Profil zu gewinnen nd Nischen zu besetzen. Dabei dürfen unsere Kurorte nd Heilbäder von der Bundesregierung aber nicht allein elassen werden. Es reicht nicht, nur auf den Europäi- chen Heilbäderverband zu verweisen. Die linke Seite es Hauses macht es sich mal wieder leicht. Nein, die undesregierung ist aufgefordert, ihren Einfluss in Eu- opa zu nutzen, um europaweit faire Wettbewerbsbedin- ungen für den Kur- und Heilbäderbereich durchzuset- en. Bei all den hier diskutierten Problemen ist jedoch estzustellen, dass der Tourismus immer mit der Begeg- ung von Menschen und der engen Verbindung von wirt- chaftlichen, sozialen und kulturellen Leistungen zu tun at. Beim Reisen und bei der Zusammenarbeit mit den eitrittsstaaten stellt die sprachliche Verständigung kein rößeres Problem dar. Deutsch lernen Schüler in Slowe- ien zu 83 Prozent, in der Slowakei zu 79 Prozent, in schechien zu 76 Prozent und in Polen zu 62 Prozent. in verstärkter Jugendaustausch, wie im Antrag gefor- ert, wird hier auf fruchtbaren Boden fallen. Aber auch mmerhin 17 Prozent der Erwachsenen in den Beitritts- taaten beherrschen unsere Sprache so gut, dass sie sich usreichend in Deutsch unterhalten können. Deutsch ist n den Beitrittsländern nach Englisch und Russisch die eistgesprochene Sprache. Kein anderer Wirtschafts- weig weist einen derartigen Querschnittscharakter auf nd ist als Motor für die Integrationsprozesse so gut ge- ignet. Ein wichtiger Faktor für das Zusammenwachsen in uropa ist der Städte- und Jugendaustausch. Mit Frank- eich gibt es 2 075 Städtepartnerschaften, mit den Bei- rittsländern insgesamt nur 1 411. Die Städtepartner- chaften mit osteuropäischen Kommunen sind daher ntensiver als bisher zu fördern. Jürgen Klimke (CDU/CSU): Es kann gar nicht ge- ug betont werden: Wir diskutieren heute, am 1. Jahrestag des Volksaufstandes in der DDR gegen die ommunistische Herrschaft, einen Antrag zur EU-Ost- rweiterung. An dem Jahrestag, der an den Protest gegen in System erinnert, das ganz Osteuropa beherrschte, ein ystem, das Europa durch einen Eisernen Vorhang teilte, in System, das jede Opposition brutal erstickte, disku- ieren wir, wie wir mit unseren neuen EU-Partnern im sten Europas das Zusammenleben organisieren wollen. as ist ein bewegender, ein historischer Moment. Aber zur Sache: Gestern im Ausschuss haben wir eine ehr intensive Debatte zu diesem Thema geführt. Leider at die Kollegin Irber ihren Argumenten von gestern ichts Neues hinzuzufügen. Sie erklärt, der Antrag der 10488 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) Union betone nur die negativen Seiten der Erweiterung, er mache den Menschen Angst. Wenn sie – und nicht nur ihr Referent – den Antrag richtig gelesen hätte, wäre ihr sicher aufgefallen, dass wir die Erweiterung positiv darstellen und begrüßen, als Chance für die deutsche Tourismuswirtschaft begreifen und den Jugendaustausch und die Städtepartnerschaften mit unseren neuen Weggefährten im vereinten Europa forcieren wollen. Erstaunlicherweise war unsere grüne Kollegin Kurth gestern auch der Meinung. Das einzig Negative für Sie ist doch nur die Tatsache, dass diese Anstöße von uns, der Opposition, kommen und nicht von Ihnen, dass wir Ihnen, nicht nur bei die- sem Thema, immer einen Schritt voraus sind. Ihr Antrag beschreibt zwar die Chancen der EU-Erweiterung für die Tourismuswirtschaft treffend und auch im Forderungs- teil finden sich unterstützenswerte Punkte wie die Um- weltdachmarke Viabono, die fehlende umfassende Dienstleistungsfreiheit bei Reiseleitern und die anzustre- benden einheitlichen Standards im Heilbäderbereich, aber die Unterstützung der Tourismuswirtschaft durch die Bundesregierung ist eben nicht so umfassend, wie Sie es darstellen. Viele der wirklichen Probleme der Branche sowohl in Deutschland als auch in den Beitritts- ländern werden im Antrag weder erwähnt noch berück- sichtigt. Und das genau ist der Unterschied bei unseren Anträgen: Sie schreiben sich eine Realität herbei, wäh- rend wir die Realität beschreiben. Auf einige Punkte wie eine einheitliche Besteuerung oder faire Wettbewerbsbe- dingungen für Kur- und Heilbäder hat Kollege Hinsken ja schon hingewiesen. Ich will meine Finger in andere Wunden legen. Glauben Sie wirklich, die Mittelausstattung der für Auslandswerbung zuständigen Deutschen Zentrale für Tourismus, DZT, sei ausreichend? Für eine effektive Marktbearbeitung in den neuen EU-Ländern fehlt ihr doch das Geld. Und das brauchen Sie nicht im Keller zu drucken, sondern finden es im Haushalt – durch Um- schichtung. Vorschläge dazu finden Sie ja im Antrag. Ein anderer Punkt ist der Ausbau des deutschen Rad- fernwegenetzes in Kooperation mit den europäischen Nachbarn. Grenzübergreifende Ausbildungsprojekte zwischen Deutschland und den EU-Beitrittstaaten wie das der Ho- telfachschule Pirna müssen die Regel werden und dürfen keine Ausnahme sein. Und – das ist wirklich ein negativer Aspekt der Er- weiterung –: Wir müssen den Sextourismus und die Kin- derprostitution im tschechischen Grenzgebiet eindäm- men. Da wir von der Union ja so pragmatisch sind, liefern wir Ihnen für diese Probleme auch gleich die Lösung mit: Wenn es auf den Tourismus bezogene bilaterale Ge- sprächskreise auf Regierungsebene mit den neuen EU- Staaten gäbe, würden wir heute über die Punkte gar nicht debattieren; denn dann hätten wir ein Gremium, um diese Probleme auf dem kleinen Dienstweg zu bespre- chen. s i g r t s 3 S n B s b s e l J z g p D c l r s w e P G s H d a g E c d n r R n H w w s k k T E U a W (C (D Anlässlich der Debatte um unseren Antrag zur Unter- tützung der grenznahen kommunalen Zusammenarbeit m November letzten Jahres hatte ich auf Chancen hin- ewiesen, die uns Städtepartnerschaften bieten. Und da- auf will ich wieder hinweisen: Die Städtepartnerschaf- en im westlichen Europa haben Vorbildcharakter für olche im Osten. Die Fakten sprechen doch für sich: 294 Partnerschaften bestehen zu westeuropäischen tädten. Allein 2075 entfallen auf französische Kommu- en. Die Zahl der Partnerschaften zu Städten in den EU- eitrittstaaten dagegen nimmt sich bescheiden aus: Hier ind es nur 1 411. Da haben wir einen großen Nachhol- edarf. Dies darf doch kein strittiger Punkt zwischen uns ein: Nachdem wir den politischen, also rationalen, Ver- inigungsprozess vollzogen haben, müssen wir doch al- es tun, damit Europa mit dem Herzen zusammenwächst. ugendaustausch, Aupairs, gemeinsame Ausbildungs- entren in den Grenzregionen – das sind doch überwie- end Projekte und Forderungen, die einfach nur einen olitischen Anschub benötigen. Was ist daran negativ? as ist weder Schwarzmalerei noch kostet es zusätzli- hes Geld. Wenn ich mir hingegen Ihren Antrag durchlese, er- ebe ich eine einzige Huldigungsadresse an die Bundes- egierung. Aber die löst keine Probleme – weder die be- tehenden noch die künftigen. Wir – die Union als Europapartei – werden diese Ent- icklung weiter begleiten und Sie an Ihre Nachlässigkeit rinnern, an die verpasste Chance, einen historischen rozess aktiv mitzugestalten. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Die EU-Osterweiterung war – das ist unum- chränkt positiv zu bewerten – allen Fraktionen dieses auses eine intensive Befassung wert. Wir alle wissen, ass die EU-Erweiterung in wirtschaftlicher Hinsicht für lle Bereiche, auch für den Tourismus, wichtige Impulse ibt. Die europäische Erweiterung wird die Beliebtheit uropas als Urlaubsziel weltweit erhöhen und ich bin si- her, dass alle 25 Mitgliedstaaten davon profitieren wer- en. Sehr wohl müssen sich die verschiedenen Destinatio- en und die unterschiedlichen Tourismussegmente da- auf einstellen, dass ab Mai Europa „größer“ und das eisen noch einfacher wird. Die Entscheidung für einen euen Zielort wird enorm erleichtert. Für uns war es im inblick auf den Deutschlandtourismus aber immer ichtig, nicht bei der Betrachtung möglicher Wettbe- erbsvorteile der neuen EU-Länder zu verweilen. Eine olche Haltung führt nicht weiter. Bezogen auf den von der Opposition immer wieder be- lagten Wettbewerbsdruck lässt sich feststellen, dass es einen wesentlichen Anpassungsdruck für die deutsche ourismuswirtschaft geben wird, der sich allein aus der rweiterung der Europäischen Union ergibt. Bestehende nterschiede im Besteuerungsniveau bedeuten nicht utomatisch nennenswerte Wettbewerbsverzerrungen. ie auch umgekehrt Erfahrungen aus der Anwendung Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10489 (A) ) (B) ) ermäßigter Mehrwertsteuersätze in der Europäischen Union auf bestimmte arbeitsintensive Dienstleistungen zeigen, dass diese nicht automatisch den Lehren des Kathederliberalismus folgen und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führen. Berichte der Europäischen Kom- mission aus dem Jahre 2003 belegen, dass es keine nach- weisbare Wirkung der Mehrwertsteuerermäßigung auf die Beschäftigungsquote gab. Aus unserer Sicht ist es vielmehr richtig und wichtig, zu betonen, dass die deutsche Tourismuswirtschaft ihren Blick auf die eigene Leistungsfähigkeit und einzigartige Besonderheiten richten und ihr Profil schärfen muss. Alleinstellungsmerkmale müssen vermarktet und Ver- besserungen hinsichtlich Service und Barrierefreiheit er- zielt werden. Dann kann der Deutschlandtourismus alle Herausforderungen meistern. Die zunehmende wirtschaftliche Integration zwischen West- und Osteuropa wird zunächst vor allem den Ge- schäftsreisetourismus beleben. Mit deutlich anwachsen- der Kaufkraft in den neuen EU-Ländern dürfte sich aber auch der Urlaubstourismus aus diesen Ländern heraus positiv entwickeln. Die osteuropäischen Beitrittsländer sind bereits jetzt mit 2,4 Millionen Deutschlandreisen ein bedeutender Quellmarkt für den Deutschlandtourismus. Die Deutsche Zentrale für Tourismus hat Osteuropa schon frühzeitig in ihre Marketingaktivitäten eingebunden. Sie rechnet für 2005 bereits mit 5,6 Millionen Deutschlandreisen. Sie soll – dafür setzt sich unser Antrag ein – ihre erfolgrei- che Arbeit fortsetzen. Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie zum transeuro- päischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystem und dem Ausbau der Schienenverkehrsinfrastrukturverbindungen wird sich der Urlaubsreiseverkehr in die EU-Beitrittslän- der, aber auch von dort in andere EU-Länder intensivie- ren. Wir sprechen uns dafür aus, dass dieser Ausbau zü- gig erfolgt. Die EU-Erweiterung wird eine intensivere regionale, grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Tourismus und im Naturschutz ermöglichen, aber auch notwendig machen. Hierauf wendet unser Antrag den Blick. Aber auch der Antrag der CDU/CSU setzt hier richtige Akzente. Auf europäischer Ebene sollen die erfolgreichen An- sätze, nachhaltige Rahmenbedingungen für die Expan- sion der Tourismuswirtschaft zu schaffen, fortgeführt und weiterentwickelt werden. Der Tourismus ist nun ein- mal ein Bereich mit zum Teil gravierenden Auswirkun- gen auf Umwelt, Natur und Klima. Diese zu minimieren und zu vermeiden muss unser gemeinsames Anliegen sein – sowohl in Deutschland als auch in der gesamten EU. Europa ist die am meisten besuchte Tourismusregion der Welt und hat die größte Tourismusdichte. Für uns Grüne bleibt es deshalb eine zentrale Herausforderung für alle touristischen Entwicklungen, dass Natur und Landschaft, von deren Attraktivität Tourismus wesent- lich lebt, bewahrt werden. Gerade auch in den osteuropäi- schen Ländern mit ihrem reichhaltigen Naturerbe brau- chen wir keine Entwicklung mit Enzensberger-Effekt, d w d u g n C d l d u b l A f m s c l D r a s e s b A r A m a g A K w z b Z v r k b s u s d E w i E k t C c (C (D er besagt, dass Touristen von etwas angezogen werden, as verschwindet, wenn sie dort ankommen. Da gerade ie Beitrittsländer noch große Potenziale an unberührter nd intakter Natur haben, sollten bei gemeinsamen, renzüberschreitenden Tourismusprojekten die Richtli- ien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt, BD, „Biodiversität und Tourismusentwicklung“, in iesen Prozessen Anwendung finden. Gerade hinsicht- ich einer natur- und umweltfreundlichen Entwicklung es Tourismus in Osteuropa bietet Deutschland Hilfe nd Unterstützung an. Die Umweltdachmarke „Via- ono“ könnte mit jeweiligen Modifizierungen Grund- age für die Entwicklung naturverträglicher touristischer ngebote sein. Es freut uns, dass die vom Bundesumweltministerium orcierte und finanzierte Einführung der Umweltdach- arke „Viabono“ inzwischen von allen Fraktionen die- es Hauses anerkannt und unterstützt wird. Ich bin si- her, dass es mit dieser breiten Unterstützung eines obenswerten Ansatzes gelingen wird, Viabono in eutschland und in der EU zum Erfolg zu führen. Große Chancen tun sich durch die EU-Osterweite- ung vor allem für die dann ehemaligen Grenzregionen uf. Diese können aus der Randlage herauswachsen und ich zu prosperierenden Knotenpunkten in Mitteleuropa ntwickeln. Vor allem für die kleinen und mittelständi- chen Unternehmen der Tourismuswirtschaft wird es da- ei wichtig sein, Kooperationspartner zu finden und llianzen zu schmieden. Hier kann zielgerichtete Förde- ung schnell zu positiven Effekten für Wirtschaft und rbeitsmarkt führen. Ein sich so entwickelnder Touris- us wird zum Motor des Integrationsprozesses werden – uch in ideeller Hinsicht. Denn er trägt zur Verständi- ung zwischen den Ländern und Regionen bei. Unser vorliegender Antrag sichert die notwendigen ktivitäten des Bundes ab. Wenn auch die Länder und ommunen jeweils ihren Beitrag leisten – davon gehen ir aus –, kann der Deutschlandtourismus der Zukunft uversichtlich entgegensehen. Ernst Burgbacher (FDP): Seit eineinhalb Monaten esteht die Europäische Union aus 25 Mitgliedstaaten. um 1. Mai sind 10 neue Staaten der EU beigetreten, iele davon im Osten Europas. Allerdings ist es keine eine EU-Osterweiterung, wie ein Blick auf die Land- arte zeigt. Die Erweiterung der Europäischen Union irgt für alle Beteiligten große Chancen in den unter- chiedlichen Bereichen des politischen, wirtschaftlichen nd kulturellen Wirkens und auch des persönlichen Zu- ammenlebens. Europa rückt zusammen und Deutschland rückt durch ie Erweiterung stärker in die Mitte Europas. Dass die rweiterung einen Einfluss auf den Tourismus haben ird, ist unzweifelhaft. Der Deutschlandtourismus wird nsbesondere von der unmittelbaren Nähe zu den neuen U-Mitgliedstaaten Polen und Tschechien profitieren önnen. Aber auch für den Incomingtourismus der Bei- rittsländer wird die Mitgliedschaft in der EU eine große hance werden. Es kommt darauf an, dieses vielverspre- hende Potenzial zu nutzen. 10490 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) Der Antrag von SPD und Grünen geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Die FDP-Bundestagsfraktion unterstützt auch selbstverständlich die Zielsetzung, günstige Rahmenbedingungen für eine positive Entwick- lung des Tourismus zu schaffen. Allerdings sind damit im vorliegenden Antrag Forderungen verbunden, die wir für nicht akzeptabel halten. So fordert Rot-Grün – zu Recht –, dass die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) ihre Arbeit in den ost- und mitteleuropäischen Beitrittsländern intensivieren solle. Gleichzeitig plant die Bundesregierung jedoch, den Haushaltstitel für die DZT zu kürzen. Dies passt nicht zusammen. In Punkt 2 ihres Antrages fordern die Koalitionsfrak- tionen die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass die EU mit geeigneten Maßnahmen die Rahmenbe- dingungen für das Wachstum des europäischen Touris- mus in Richtung Nachhaltigkeit gestaltet. Hierzu ist aus unserer Sicht anzumerken, dass es nicht Aufgabe der EU ist, Rahmenbedingungen für den Tourismus zu setzen. Es gilt das Subsidiaritätsprinzip. Naturgemäß legt Rot-Grün einen Schwerpunkt auf die Förderung eines natur- und umweltfreundlichen Touris- mus. Die FDP ist allerdings der Auffassung, dass es al- lein Sache der einzelnen Mitgliedstaaten ist, in welcher Form sie den Tourismus in ihren Ländern fördern wol- len. Belehrungen seitens der Koalition über Natur- und Umweltschutz im Tourismus sollten daher unterbleiben. Aus diesen und anderen Gründen lehnt die FDP-Bundes- tagsfraktion den Antrag von SPD und Grünen ab. Den beiden von der CDU/CSU-Fraktion vorgelegten Anträgen stimmen wir dagegen zu, da wir die Zielrich- tung sowohl von verbesserten grenzübergreifenden Koo- perationen in Form von Städtepartnerschaften als auch die Stärkung des Tourismus in der erweiterten EU unter- stützen. Generell gilt – dies richtet sich an die Adresse der Bundesregierung –: Die EU-Erweiterung bietet der deut- schen Tourismuswirtschaft eine Reihe von Chancen, die sie ergreifen und nutzen muss. Entscheidend hierfür ist, dass die Politik unsere heimischen Unternehmen in die Lage versetzt, sich im stärkeren Wettbewerb behaupten zu können. Die Bundesregierung bleibt nach wie vor aufgefordert, die entsprechenden Rahmenbedingungen unter marktwirtschaftlichen Aspekten zu verbessern. Ich nenne die Steuer- und Arbeitsmarktpolitik, Deregulie- rung und Bürokratieabbau. Die „Chance Europa“ darf nicht verspielt, sie muss ergriffen werden. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Bericht der Bundesregierung über die Er- gebnisse ihrer Bemühungen um die Weiter- entwicklung der politischen und ökonomi- schen Gesamtstrategie für die Balkanstaaten und ganz Südosteuropa für das Jahr 2003 z b F A L t A t c m ö g s c s e f s p B M W s A a n N v g u L w S d E s i t s s s i W g s e s (C (D – Beschlussempfehlung und Bericht: Grund- sätzliche Neuausrichtung der EU-Hilfsmaß- nahmen für Südosteuropa (Tagesordnungspunkt 12 a und b) Detlef Dzembritzki (SPD): In diesem Jahr jährt sich um fünften Mal der Beschluss zur Einrichtung des Sta- ilitätspaktes für Südosteuropa. In dieser Zeit sind große ortschritte bei der Stabilisierung der Region und dem ufbau von Staatswesen und Zivilgesellschaft in den ändern des Westbalkans erzielt worden. Gleichzeitig haben uns die gewalttätigen Ausschrei- ungen im Kosovo vom März dieses Jahres drastisch vor ugen geführt, wie zerbrechlich die Lage in der Region eilweise immer noch ist. Umso wichtiger ist die jährli- he Berichterstattung der Bundesregierung über ihre Be- ühungen zur Weiterentwicklung der politischen und konomischen Gesamtstrategie für Südosteuropa. Natürlich gehört diese Region zu Europa. Sie ist um- eben von Staaten der Europäischen Union. Ihre Stabili- ierung ist ein zentrales Erfordernis für unsere eigene Si- herheit und jeder Anstrengung wert. Dieser Prozess etzt ein langanhaltendes Engagement voraus und muss ine klare Zielstellung enthalten. Daher ist gerade angesichts der beachtlichen Trans- ormation, die die aktuelle Erweiterung der Europäi- chen Union darstellt, die Versicherung der EU-Beitritts- erspektive für alle Länder der Region von besonderer edeutung. Denn diese Perspektive ist zum wichtigsten otor für die Reformen in Südosteuropa geworden. enn der aktuelle Bericht der Bundesregierung bei- pielsweise feststellt, dass der im März 2003 erfolgte ntrag Kroatiens auf EU-Mitgliedschaft stimulierend uf die Investoren gewirkt hat, so wirkt diese Tatsache icht minder stimulierend auf den Reformwillen der achbarländer. Der Balkangipfel der EU in Thessaloniki am 21. Juni ergangenen Jahres hat hier einen deutlichen Impuls ge- eben, als einerseits die Beitrittsperspektive bekräftigt nd andererseits deutlich gemacht wurde, dass jedes der änder nur an seinen eigenen Leistungen gemessen ürde. Die strikte Konditionalität für den jeweiligen tabilisierungs- und Assoziierungsprozess gibt den Län- ern einen Katalog von Aufgaben an die Hand, die sie in igenverantwortung erfüllen müssen. Ich begrüße be- onders, dass die Länder durch regionale Kooperationen n den verschiedensten Sektoren eine gemeinsame Stra- egie für Europa zu entwickeln versuchen, um so als Ge- amtregion ihre Chancen auf einen Beitritt zu verbes- ern. Die in den vergangen Jahren erbrachten Leistungen ind bemerkenswert. Die Demokratisierung der Länder st klar erkennbar. Wiederholt haben demokratische ahlen stattgefunden, Regierungswechsel haben sich in ewaltloser und rechtsstaatlicher Weise vollzogen. Be- onders die Entwicklung in Kroatien und Mazedonien ist rfreulich. Die regionale Kooperation verbessert sich zu- ehends, nicht zuletzt dank der Initiative des Regionalen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10491 (A) ) (B) ) Tisches des Stabilitätspaktes und ihres Sonderkoordina- tors, Herrn Busek. Auch die Menschenrechtslage hat sich in den letzten Jahren in einer Weise verbessert, dass die Menschen- rechtskommission der Vereinten Nationen 2003 erstmals auf eine Resolution zur Menschenrechtslage im ehemali- gen Jugoslawien verzichtet hat. Dennoch gibt es noch ei- niges zu tun, wobei ich persönlich auch ausdrücklich die Bemühungen unseres ehemaligen Kollegen, Herrn Dr. Schwarz-Schilling, als internationaler Streitschlich- ter anerkennen möchte. In vielen Punkten herrscht jedoch noch Handlungsbe- darf. So muss in der gesamten Region mit hoher Priorität und über die Landesgrenzen hinweg die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und Korruption vorange- bracht werden. Die Verlässlichkeit und die Transparenz staatlichen Handelns und ein funktionierendes Rechts- system mit unabhängigen Gerichten müssen in allen Ländern gewährleistet sein. Hier leisten die Europäische Union und auch die Bundesrepublik Deutschland einen wichtigen Beitrag. Wenn nun die öffentliche Aufmerksamkeit sich stär- ker anderen Krisenherden zugewandt hat, so darf das auch als Zeichen einer gewissen Normalisierung der Re- gion verstanden werden. Das darf uns jedoch keinesfalls verleiten, die Risiken und Aufgaben aus den Augen zu verlieren. Die Entwicklung, die Serbien zum Beispiel seit der Ermordung von Zoran Djindjic genommen hat, ist wenig ermutigend. Das Erstarken der radikalen Kräfte und die Zerrissenheit der demokratischen Parteien sind Besorg- nis erregend. Ich freue mich, dass bei der Präsident- schaftswahl am vergangenen Sonntag mit Boris Tadic ein Vertreter der demokratischen Kräfte ein gutes Ergeb- nis erreicht hat. Für seinen möglichen Erfolg in der be- vorstehenden Stichwahl hoffen wir jedoch auf die sich abzeichnende Unterstützung aller anderen demokrati- schen und europaorientierten Parteien Serbiens. Eine Radikalisierung Serbiens wäre nicht nur für das Land selbst verheerend, sondern auch für unsere Stabilisie- rungsbemühungen im Kosovo. Lassen Sie mich bei die- ser Gelegenheit dem designierten neuen Chef der UN- MIK, Herrn Jessen-Petersen, eine glückliche Hand bei seiner schwierigen Mission im Kosovo wünschen. Als Länderbeauftragter des Bundestages möchte ich einige Bemerkungen zu Bosnien und Herzegowina ma- chen. Zweifellos vereinigt dieses Land, das am stärksten unter den Gewaltexzessen der 90er-Jahre zu leiden hatte, in exemplarischer Weise sämtliche Probleme der Region und auch die Licht- und Schattenseiten unserer Bemü- hungen. Auch neun Jahre nach dem Ende der Kriegs- handlungen sind die individuellen wie die kollektiven Wunden und Traumata noch so frisch, dass man sich auf unserer Seite immer wieder davor hüten sollte, ange- sichts mangelnder Fortschritte in manchen Bereichen in Ungeduld zu verfallen. Dennoch müssen wir den Blick nach vorn richten und beispielsweise über die Hemm- nisse diskutieren, die der Entwicklung durch das Ab- kommen von Dayton auferlegt werden. Zweifellos müs- sen die zentralstaatlichen Institutionen gestärkt werden. E v u p m f m l s V W h g n E k w s a A s s E t a E B ß d ( B e b t a t m ö e w w s d 2 P E o t H (C (D s kann auf Dauer nicht sein, dass ein Land mit knapp ier Millionen Menschen von über 150 Ministerinnen nd Ministern regiert wird. Auch werden wir uns mit den weit reichenden Kom- etenzen des Hohen Repräsentanten auseinander setzen üssen. Wenn dieser beispielsweise per Dekret die Re- orm der Kommunalverwaltung in Mostar durchsetzen usste, so lag das an der kompromisslosen Haltung der okalen Akteure. Andererseits können gerade diese es ich leisten, auf Maximalpositionen zu beharren und die erantwortung für notwendige – und in der eigenen ählerschaft unpopuläre – Entscheidungen auf den Ho- en Repräsentanten und seine „Bonn-Powers“ zu verla- ern. Auf Dauer ist dies mit demokratischen Strukturen icht vereinbar und verbaut den Weg für die örtlichen ntscheidungsträger, miteinander zu Kompromissen ommen zu müssen. Die Übergabe der vollen Verant- ortung ist unser Ziel, sie muss jedoch gut vorbereitet ein, um nicht destabilisierend zu wirken. Denn wir können die Region – und damit meine ich lle Länder des Stabilitätspaktes – nicht auf Dauer in bhängigkeit von der internationalen Gemeinschaft las- en. Wenn wir die Länder zu verstärkten eigenen An- trengungen auffordern, muss dies auch mit verstärkter igenverantwortung für ihr Gemeinwesen einhergehen. Aller Widrigkeiten zum Trotz: die Länder des Stabili- ätspaktes für Südosteuropa haben in nur fünf Jahren be- chtliche Fortschritte gemacht. Es ist nicht zuletzt das fortgesetzte und entschlossene ngagement der Bundesregierung und des Deutschen undestages – und das erfreulicherweise oftmals in gro- er Geschlossenheit über Parteigrenzen hinweg –, das iese Entwicklung ermöglicht hat. Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg CDU/CSU): Es grenzt an einen Allgemeinplatz, den alkan und Südosteuropa in ihrer historischen und aktu- llen Entwicklung als eine höchst heterogene Region zu ezeichnen. Allerdings ist es bereits deshalb problema- isch, pauschal eine „Gesamtstrategie“ für die Region ufzulegen oder zu fordern. So sind etwa Kroatien und Slowenien nicht nur kul- urpolitisch Bestandteile Mitteleuropas und in ihrer de- okratischen und wirtschaftlichen Entwicklung ihren stlichen Nachbarn weit voraus. Kroatien hat den für ine funktionierende parlamentarische Demokratie not- endigen Systemwandel weitgehend abgeschlossen, die irtschaftliche Entwicklung stabilisiert sich auf insge- amt beachtenswertem Niveau. Wir unterstützen auch aher die Entscheidung der EU, mit Kroatien ab Anfang 005 Beitrittsverhandlungen aufzunehmen. In Mazedonien und Albanien vermag man trotz aller robleme den Silberstreif eines grundsätzlich positiven ntwicklungspotenzials zu erkennen. Bei anderen lässt sich jedoch ein gewisses Stagnati- nsmoment, ein Verharren in der Entwicklungsperspek- ive nicht verleugnen. Die politische Lage in Bosnien- erzegowina bleibt instabil und die Aufbauleistungen 10492 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) hinsichtlich eines sich selbst tragenden Staates unbefrie- digend. Im Kosovo haben wir in jüngster Zeit bitter er- fahren müssen, wie wenig Fortschritt es im politischen Prozess in den vergangenen fünf Jahren gegeben hat. Gerade für diese beiden Fälle ist nach den zugrunde lie- genden politischen Konzepten zu fragen – im weiteren Sinne auch, um den deutschen Soldaten vor Ort eine Per- spektive für ihren Einsatz zu geben. Letzteren sei an die- ser Stelle ausdrücklich für ihr Engagement gedankt. Die Entwicklung in Serbien-Montenegro gestattet we- der in politischer noch in wirtschaftlicher Hinsicht bis- lang euphorische Reaktionen. Allerdings gibt der Wahl- gang vom vergangenen Wochenende in Serbien – neben weiterhin höchst beunruhigender radikalnationalistischer Tendenzen – im Hinblick auf das Ergebnis von Tadic auch Anlass zu Hoffnung. Es ist Ausdruck eines gele- gentlich allzu unsichtbar gehaltenen, aber ermutigenden Potenzials von Menschen, die tatsächlich tief greifende Reformen wünschen und den nicht nur Sonntagsreden vorbehaltenen Anschluss an den Westen suchen. Diesen Prozess müssen wir nach Kräften unterstützen. Hier ist der Westen, insbesondere auch die Bundesrepublik ge- fordert, jenen „kairos“, einen der selten gewordenen rechten Augenblicke, zu begreifen, ja ihn zu ergreifen und mit Entwicklungsanstößen zu unterfüttern. Stim- mungen, die den Weg nach Europa in sich tragen, sollten in verantwortliche Stimmen münden, in der Umkehrung aber auch bis dahin angesichts des unsteten Charakters von Stimmungen die europäische Stimme vernehmen dürfen. Zugegeben: Insgesamt dürfen und sollten wir in der Region nachhaltige Verbesserungen bei der Stabilisie- rung, Demokratisierung, wirtschaftlichen Entwicklung und regionalen Zusammenarbeit nicht verschweigen. Gleichzeitig sind aber noch entscheidende politische Statusfragen ungelöst und erhebliche ethnische Konflikt- potenziale alles andere denn tatsächlich entschärft. Zudem seien lediglich in Schlagworten erwähnt: unzu- reichende Strukturreformen, unterentwickelte marktwirt- schaftliche Institutionen, mangelhafte Rechtssicherheit, organisierte Kriminalität, Menschenhandel und Korrup- tion. Zur Bekämpfung dieser Missstände erscheint eine Annäherung der Länder des westlichen Balkans an west- liche und europäische Strukturen weiterhin wünschens- wert, kann aber nur unter Beachtung eindeutiger und strikt einzuhaltender Kriterien erfolgen. Dem Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess der EU kommt eine zentrale Bedeutung für die politische und wirtschaftliche Entwicklung der vor der EU-Haustür gelegenen Westbalkan-Region zu und hat im Fall Kroa- tien bereits eindeutige Erfolge gezeitigt. Daneben ist die komplementäre Rolle des Stabilitätspaktes für Südosteu- ropa auch weiterhin für eine hilfreiche und abgestimmte Einbindung der USA entscheidend. Darüber hinaus ist dem von Schwarz-Schilling entwickelten Ansatz einer integrativen Streitbeilegung in Südosteuropa, die auf lo- kaler Ebene ansetzt, ein beachtenswerter Stellenwert ein- zuräumen. Die Defizite des Stabilitätspaktes müssen zweifellos behoben werden, die Forderung der FDP nach einer Auflösung der drei Arbeitstische geht jedoch zu weit, da eine derartige Maßnahme für die Bemühungen d d f E z i k k n s e u h e n e c a b B s G d d i s S s w i m b d n w B P H s R g v P u F s z l d u K s u m e S (C (D er insgesamt 40 Teilnehmerstaaten des Paktes nicht för- erlich wäre. Wir begrüßen die zunehmend führende Rolle der EU ür Sicherheit vor Ort, die sich nicht zuletzt durch das ngagement der EUFOR in Bosnien ab Ende des Jahres eigen wird, sollte doch die EU auch sicherheitspolitisch n absehbarer Zeit – unter Rückgriff auf NATO-Fähig- eiten – für die Region Zuständigkeiten beanspruchen önnen. Bosnien bleibt aber auch Ausdruck potenzieller Span- ungsfelder innerhalb der westlichen Gemeinschaft. Es ei an dieser Stelle nur an die Notwendigkeit eines dau- rhaft komplementären Wechselspiels zwischen NATO nd ESVP erinnert. Der gefundene Konsens zur weitge- enden Übernahme der SFOR-Mission durch die EU ist in ermutigendes Zeichen. Gleichzeitig erwächst hieraus icht lediglich eine Verpflichtung zur Stärkung etwaiger uropäischer Pfeiler, sondern zur parallelen Zukunftssi- herung und Stabilisierung der NATO insgesamt. Gerade uch im Hinblick auf den kommenden Gipfel in Istan- ul, wo bekanntlich auch über einen möglichen Beitritt osniens zum NATO-Bündnis Partnership for Peace ent- chieden werden soll. Zu Letzterem sollte nicht unerwähnt bleiben, dass radmesser für Bosniens NATO-Tauglichkeit unter an- erem seine Bereitschaft, insbesondere diejenige beson- erer Gruppen, zur Vergangenheitsbewältigung ist. Das n einem Untersuchungsbericht einer bosnisch-serbi- chen Kommission erstmals bestätigte Eingeständnis der chuld an dem grauenvollen Massaker von Srebrenica ollte als ein Schritt in die richtige Richtung gewertet erden. Mit dem Bosnien-Sonderbeauftragten Ashdown st allerdings bewusst der Konjunktiv zu wählen, wenn an davon spricht, dass der Bericht und die Äußerungen osnisch-serbischer Politiker deren Willen zum Aus- ruck bringen könnte, Verantwortung gegenüber Srebre- ica wahrzunehmen und den Opfern Gerechtigkeit zuteil erden zu lassen. Ihre Ernsthaftigkeit hat die Führung in anja Luka nach neun Jahren der beinahe vollständigen assivität in diesen Belangen erst noch zu beweisen. ierunter ist auch die Verhaftung und Auslieferung ge- uchter Kriegsverbrecher an Den Haag, allen voran von adovan Karadzic, zu verstehen. Insgesamt darf eine „Gesamtstrategie“ – deren Be- rifflichkeit ich für falsch halte – für die Region nicht erkennen, dass die internationale Gemeinschaft ihre rogramme individuell auf konkrete Länder anwenden nd zuschneiden muss – eingedenk der Tatsache, dass ehlentwicklungen und Instabilität eines Landes die ge- amte Region erschüttern können, wobei freilich Vernet- ungslinien unterschiedlichster Art nicht außer Acht ge- assen werden dürfen. Sollte etwa Bosnien-Herzegowina en Anschluss an die umliegenden Staaten verpassen nd sich zu einem von Nationalismus und organisierter riminalität beherrschten „Schwarzen Loch“ mit ent- prechender Sogwirkung auf dem Balkan entwickeln nd zum Sammelgebiet für islamischen Fundamentalis- us in Europa werden, so würde dies Bemühungen um ine Stärkung der regionalen Zusammenarbeit und die tabilität der gesamten Region generell untergraben. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10493 (A) ) (B) ) Deutschland kommt in der Region eine besondere Verantwortung zu. Wir sind für die meisten Balkanstaa- ten das wichtigste bilaterale europäische Partnerland, zählen zu den prominentesten Geberländern und fast 3 800 deutsche Soldaten flankieren in Bosnien und im Kosovo die politischen Entwicklungsprozesse. Die Bun- desregierung muss sich daher besonders bei der Unter- stützung, Weiterführung, Gestaltung und Optimierung der politischen Prozesse der internationalen Gemein- schaft einbringen. Die Bundesregierung präzisiert bis- lang nicht ihre eigenen konzeptionellen Vorstellungen für die politischen Entwicklungsprozesse für die Region und die einzelnen Länder. Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung hier in den verschiedenen Gremien der internationalen Gemeinschaft eingebracht, um die politi- schen Prozesse in diesen Ländern dynamischer in eine stabilisierende Richtung zu lenken? An der Bundesregierung ist es auch, sich verstärkt um die Abstimmung bzw. Komplementarität der verschiede- nen Programme der internationalen Gemeinschaft zu kümmern, die aufgrund der stockenden politischen und wirtschaftlichen Reformprozesse möglicherweise ver- besserungswürdig ist. Parallelstrukturen müssen abge- baut und zwischen den einzelnen Wiederaufbaustruktu- ren deutlich mehr Kohärenz geschaffen werden. Die Stabilisierung der Region des Balkans bleibt es- senzielle europäische Aufgabe und trifft damit unser al- ler Verantwortung. Michael Stübgen (CDU/CSU): Dass die Situation in Südosteuropa so ist, wie sie sich gegenwärtig darstellt, ist eine Folge der insgesamt erfolgreichen Politik der in- ternationalen Gemeinschaft, der Europäischen Union und auch der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist aber auch – und darauf sei an dieser Stelle hingewiesen – der Erfolg von vielen tausend Menschen, die mit hohem En- gagement, persönlichen Entbehrungen, teilweise auch unter Einsatz ihres Lebens in diesen Ländern seit vielen Jahren zur Friedenssicherung und für den Wiederaufbau arbeiten. Diesen Menschen möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich Dank sagen. So unbefriedigend die gegen- wärtige Situation auch ist, so hat sich doch die Balkan- strategie der internationalen Gemeinschaft und der Euro- päischen Union bis jetzt insofern bewährt, als es keinen Krieg mehr auf dem Balkan gibt und ethnische Ausei- nandersetzungen zurückgedrängt werden konnten. Wenn wir uns allerdings an dieser Stelle über die ak- tuelle Situation in Südosteuropa unterhalten, müssen wir auch die Defizite analysieren und notwendige Verände- rungen unserer Politik diskutieren. Die Situation der ein- zelnen Länder in Südosteuropa ist extrem differenziert. Sie teilen sich aber in zwei Entwicklungsstufen: Zum einen sind das die Länder mit einem gefestigten Staats- gebiet, mit einer kontinuierlichen Entwicklung, bis hin zu einer sich klar abzeichnenden Beitrittsperspektive zur Europäischen Union. Dies sind Bulgarien, Rumänien, Kroatien und auch bedingt Mazedonien. In diesen Län- dern hat sich die Politik der EU, durch die Vermittlung einer klaren Beitrittsperspektive, verbunden mit der Auf- nahme von Beitrittsverhandlungen, diese wirtschaftli- c e h ß 2 n d t B s d 7 z d d l p e d t D S d b p f g d g n p s h p j H M p i w F s s d h w z s t o p g E W b (C (D he, politische und soziale Entwicklung dieser Länder zu ntwickeln, vollständig bewährt. Bulgarien zum Beispiel hat vorgestern die Beitrittsver- andlungen zur Europäischen Union erfolgreich abschlie- en können. Somit ist der Beitrittswunsch Bulgariens für 007 realistisch. Rumänien ist mit den Verhandlungen och nicht so weit, aber der Entwicklungstrend ist ein- eutig. Für Kroatien und Mazedonien ist die EU-Perspek- ive zumindest greifbar. Zum anderen sind es im Wesentlichen die westlichen alkanländer mit einem enormen Entwicklungsrück- tand. Sie erwirtschaften nach Einschätzung einer Studie er Stiftung für Wissenschaft und Politik gerade einmal Prozent des durchschnittlichen europäischen Bruttoso- ialproduktes. Darüber hinaus ist die Staatlichkeit einiger ieser Länder zumindest fragwürdig. Für diese Länder ist ie EU-Mitgliedschaft auf lange Sicht noch nicht mög- ich. Der Gipfel der Staats- und Regierungschefs von Euro- äischer Union und den westlichen Balkanländern vor inem Jahr in Thessaloniki hat aber auch für diese Län- er außer einer leichten Erhöhung der Stabilitätspaktmit- el ausschließlich die Beitrittsperspektive formuliert. ies ist für diese Länder aber noch keine ausreichende trategie. Denn mit der Beitrittsperspektive allein kann iesen Ländern kein ausreichender Anreiz für eine sta- ile Entwicklung geboten werden. Hier muss die Euro- äische Union beginnen umzusteuern. Dafür drei Emp- ehlungen: Erstens. Der Stabilitätspakt Südosteuropa hat sich ins- esamt als ein sehr erfolgreiches Instrument erwiesen, iesen Ländern schnellstmöglich Wiederaufbauhilfe zu ewähren. Die Tatsache, dass in der mittelfristigen Fi- anzplanung des Bundes die Mittel für den Stabilitäts- akt bis 2006 auslaufen, trägt nicht zu einer Investitions- icherung bei. Für den Einsatz der finanziellen Mittel aben sich aber auch Probleme durch die äußerst kom- lexe Struktur des Stabilitätspaktes ergeben. Wichtig ist etzt, dass spätestens für die Finanzperiode ab 2007 die ilfsmaßnahmen der Europäischen Union und der EU- itgliedstaaten – die bisher im Rahmen des Stabilitäts- aktes erfolgt sind – vollständig in die Struktur der EU ntegriert und die Aufgaben einer Agentur übertragen erden. Hierfür muss auch – und zwar für die gesamte inanzperiode bis 2013 – eine eindeutige Finanzierungs- icherheit geschaffen werden. Damit verbunden werden ollten aber auch einheitliche Kriterien für die Vergabe er Förderung. Ich denke, dass in diesem Zusammen- ang eine Initiative der Bundesregierung erforderlich äre. Zweitens. Der Motor für eine stabile Entwicklung hin u Rechtsstaatlichkeit, wirtschaftlicher Entwicklung und ozialem Wohlstand kann aber nur in diesen Ländern ak- iviert werden. Und dies geht – wie es alle mittel- und steuropäischen Länder gezeigt haben – nur, wenn in der olitischen Klasse und in der Bevölkerung die Überzeu- ung wächst, dass sie am wirtschaftlichen Fortschritt der uropäischen Union einschließlich einem entstehenden ettbewerb um die schnellstmögliche Integration teilha- en können. Die Europäische Union muss für diese 10494 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) Länder aber eine klare Zwischenperspektive vor einer vollständigen Mitgliedschaft bieten, die auch für diese Länder erkennbare Erfolgserlebnisse produziert. Diese Strategie muss die Europäische Union jetzt definieren. Drittens. Die künftige Förderung in den südosteuro- päischen Ländern sollte sich stärker an der regionalen Kooperation zwischen diesen kleinen und kleinsten Län- dern orientieren; denn ohne ein Wachsen dieser Koope- ration ist eine langfristige friedliche Entwicklung dieser Region nicht vorstellbar. Es liegt in unserem zwingenden Interesse, dass die südosteuropäischen Länder möglichst rasch Perspekti- ven für die Teilhabe am wirtschaftlichen Fortschritt in Europa erkennen können. Dazu müssen wir uns darauf einstellen, dass wir noch für eine lange Zeit erheblichen finanziellen und technischen Aufwand für die wirt- schaftlichen Aufbaumaßnahmen betreiben müssen. Dies gilt ebenso für den militärischen und polizeilichen Ein- satz. Korrekturen der jetzigen Strategie, um sie auch langfristig stabil zu gestalten, sind allerdings jetzt not- wendig. Dr. Rainer Stinner (FDP): Wenn man den Bericht der Bundesregierung über die Ergebnisse ihrer Bemü- hungen liest, könnte man der Meinung sein, die Welt auf dem Balkan sei doch in Ordnung, alles sei auf das Beste geordnet. Jeder, der die genauen Verhältnisse kennt, weiß, dass das nicht der Wahrheit entspricht. Trotz vieler Anstren- gungen, trotz großer Geldleistungen, trotz vieler Pro- gramme sind die Dinge auf dem Balkan nicht geordnet, gibt es nicht die Fortschritte, die wir alle erwartet haben und die dringend notwendig sind. Schon die Überschrift des Berichtes der Bundesregie- rung ist inkorrekt. Es wird suggeriert, es gäbe eine politi- sche und ökonomische Gesamtstrategie für die Region. Eine solche Gesamtstrategie gibt es aber nicht. Es gibt einzelne Instrumente, die zumeist gut gemeint sind, die aber dringend der Überarbeitung bedürfen. Es gibt aber keine Abstimmung aller Instrumente zur För- derung der Region. Es gibt kein Controlling und kein Monitoring. Es gibt keine Beurteilung der Effektivität und der Effizienz der Instrumente. Das gilt insbesondere für den so hoch gelobten Stabilitätspakt. Auf meine schriftliche Frage vom November 2003 nach der Höhe der Zahlungen der Geberländer des Stabilitätspaktes ant- wortete die Bundesregierung wörtlich: „Eine kontinuier- liche Erhebung der Geberleistungen für Projekte im Rahmen des Stabilitätspaktes existiert nach Kenntnis der Bundesregierung nur im Infrastrukturbereich.“ Deutsch- land hat seit 2000 über 1 Milliarde Euro für Projekte ausgegeben und weiß nicht, ob andere Geber vielleicht die gleichen Projekte finanziert haben. Kein Wunder, dass der Fortschritt auf dem Balkan ausbleibt. Heute und morgen findet ein großes Balkan-Forum unter dem Motto: „Rethinking the Balkans“ statt. Ein solches Rethinking ist dringend geboten. Da darf die Bundesregierung auch ruhig mitdenken. Aber da kommt zu wenig. Wir haben einen ganz konkreten Vorschlag zur w f d e e s k g n n n C i f n A i G E a t u a M i l o D s w b w A G a s e l h s s p d l g s n s M r s (C (D esentlichen Verbesserung der Durchführung der um- angreichen europäischen Hilfe eingebracht. Grundge- anke ist, dass wir ein wesentlich besseres Monitoring, ine wesentlich bessere Koordination brauchen. Es gibt ine Organisation, die in der Region bewiesen hat, dass ie das sehr gut kann, die EAR in Thessaloniki. Die Kolleginnen und Kollegen von der Regierungs- oalition lehnen diesen Vorschlag stereotyp ab. Sie wei- ern sich, neue Wege zu denken. Das bringt uns aber icht weiter, das bringt die Menschen auf dem Balkan icht weiter, das ist auch auf die Dauer unseren Wählern icht zu verkaufen. Wir haben mit Thessaloniki ein starkes politisches ommitment für die Staaten der Region abgegeben; das st richtig. Dieses Commitment muss aber mit Leben ge- üllt werden. Wir müssen neue Wege gehen, wir müssen eu nachdenken. Fangen Sie endlich an, mitzudenken. Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen mt: Ziel der Südosteuropapolitik der Bundesregierung st die langfristige und nachhaltige Stabilisierung der esamtregion. Dies setzt ein massives und andauerndes ngagement voraus. Die Bundesregierung setzt dabei uf den Prozess der Europäisierung, zu dem es keine Al- ernative gibt. Zur Sicherung der erreichten Fortschritte nd Verhinderung neuer Gewaltausbrüche ist vorerst uch noch der Einsatz militärischer und polizeilicher ittel notwendig. Dies haben uns die März-Ereignisse m Kosovo erneut deutlich vor Augen geführt. Trotz des Rückschlags im Kosovo fällt die Gesamtbi- anz für die Region positiv aus. Demokratische Instituti- nen und Verfahren sind inzwischen liberal verankert. ie Sicherheitslage hat sich weiter gebessert, sodass bei- pielsweise die Militärpräsenz in Mazedonien beendet erden konnte. Die Besonnenheit, mit der in der Nach- arschaft des Kosovo auf die März-Unruhen reagiert urde, ist ein Zeichen zunehmender regionaler Stabilität. Oder denken wir an Bosnien und Herzegowina: Lord shdown, der Hohe Repräsentant der internationalen emeinschaft in Bosnien und Herzegowina, hat kürzlich nlässlich eines Deutschlandbesuchs darauf hingewie- en, dass auch Bosnien und Herzegowina ein Beispiel rfolgreicher europäischer Friedens- und Sicherheitspo- itik sind, an der auch Deutschland einen großen Anteil at. Aber der Übergang zu stabilen politischen und wirt- chaftlichen Verhältnissen ist keineswegs überall ge- ichert. Es geht jetzt um die Verstetigung der Reform- rozesse; es geht darum, Demokratie und Rechtsstaat in en Ländern fest zu verankern und funktionsfähige staat- iche Strukturen und Institutionen zu schaffen, und es eht insbesondere auch darum, auf die wirtschaftlich- ozialen Probleme eine Antwort zu finden und die orga- isierte Kriminalität entschlossen zu bekämpfen. Der Wunsch, möglichst bald der EU beizutreten, hat ich für südosteuropäische Staaten als der entscheidende otor für Reformen erwiesen. Das Tempo der Annähe- ung an die EU ist unterschiedlich, das Ziel aber unbe- tritten. Die EU steht zu der Beitrittsperspektive, die sie Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10495 (A) ) (B) ) den Ländern des westlichen Balkans zugesagt hat. Das Tempo der Annäherung an die EU bestimmen diese Län- der aber selbst. Von ihren Eigenanstrengungen hängt es ab, wie bald sie der EU beitreten können. Das Beispiel Kroatiens zeigt, welche Fortschritte mög- lich sind, wenn demokratische und marktwirtschaftliche Reformen konsequent umgesetzt werden. Kroatien macht sich deswegen zu Recht Hoffnungen, auf dem bevorste- henden ER als Beitrittskandidat anerkannt zu werden. Aber das unterschiedliche Reformtempo führt auch zu rasch wachsenden Unterschieden innerhalb der Re- gion. Um zu vermeiden, dass neue Grenzen auf dem Bal- kan entstehen, muss vor allem die regionale Kooperation intensiviert werden. Sie ist unter dem Dach des Stabili- tätspaktes für Südosteuropa bereits von Jahr zu Jahr dichter geworden und zunehmend in die Hände der Län- der der Region übergegangen. Das Wirtschaftswachstum in der Region hat sich seit 2001 zwar verstetigt, in einigen Ländern des westlichen Balkans ist es aber bei weitem nicht ausreichend. Zur Finanzierung der erforderlichen Umstrukturierungsmaß- nahmen sind internationale Kapitalzuflüsse unverzicht- bar. Hier steht die internationale Gemeinschaft auch künftig in der Verantwortung. Gleichzeitig müssen aber die betroffenen Länder auch selbst die hausgemachten Hindernisse erkennen und entschlossen abbauen. Wich- tig sind vor allem die Herstellung von Rechtssicherheit und der Abbau der Korruption sowie die Schaffung eines gemeinsamen Marktes. Eine militärische oder polizeiliche Präsenz der inter- nationalen Gemeinschaft ist in einigen Teilen des westli- chen Balkans bis auf weiteres unverzichtbar. Solange fragile Verfassungsstrukturen und rechtsstaatliche Defi- zite das Funktionieren des Staates behindern und ethni- sche Kategorien das politische Handeln mitbestimmen, würden militante Extremisten es leicht haben, das politi- sche Vakuum zu nutzen, um ihre Ziele gewaltsam durch- zusetzen. Dies dürfen wir nicht zulassen. Die Stabilisierung Südosteuropas bleibt politische Priorität; wir werden deshalb unser Engagement in Süd- osteuropa mit unverändertem Nachdruck fortsetzen. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Entwicklungspartnerschaften mit der Wirt- schaft weiterentwickeln – gemeinsam Armut bekämpfen – Menschen mit Behinderung in Entwick- lungszusammenarbeit einbeziehen (Tagesordnungspunkt 21 a und b) Dagmar Schmidt (Meschede) (SPD): „Die Bilanz der ersten Jahre der PPP-Fazilität ist (…) durchaus positiv und wird von der großen Mehrheit der Beteiligten als Erfolg gewertet.“ o c D l m 2 z W a w m N d S d a E b S B z k g b m M z A s m e v d g l m 5 d r M p a u g k g O B H (C (D Dieser Satz stammt nicht etwa aus einer Informati- nsbroschüre des Bundesministeriums für wirtschaftli- he Zusammenarbeit und Entwicklung, sondern von r. Michael Blank, dem Leiter des Referats Entwick- ungspolitik des Deutschen Industrie- und Handelskam- ertages, veröffentlicht in der Zeitschrift „E+Z“ im Juni 003. Wer hätte eine solche Aussage noch vor einem Jahr- ehnt für möglich gehalten? Entwicklungspolitik und irtschaft galten sowohl aufseiten der Unternehmen als uch bei der Mehrzahl der Aktiven im Bereich der Ent- icklungszusammenarbeit als unvereinbar. Hier die ver- eintlich „weichen“ Themen menschliche Entwicklung, achhaltigkeit und Gerechtigkeit – dort die raue Welt es marktwirtschaftlichen Wettbewerbs. Wo sollte da die chnittmenge gemeinsamer Interessen liegen? Im fünften Jahr nach der Einführung der PPP-Fazilität es Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammen- rbeit und Entwicklung stellen wir nicht ohne Stolz fest: s gibt eine Schnittmenge. Sie ist gar nicht so unschein- ar und unsere Entwicklungspolitik hat sie aktiviert. Wie konnte dies angesichts der Vorbehalte auf beiden eiten gelingen? Die Lösung ist einfach. Die Ängste und efürchtungen, im globalen Geschehen nicht bestehen u können, wenn man die Grundsätze der Armutsbe- ämpfung nicht beachtet, sind bei vielen Beteiligten an- esichts der veränderten weltwirtschaftlichen Rahmen- edingungen gewachsen. Um die Herausforderungen der Globalisierung zu eistern und ihre Chancen zu nutzen, haben wir mit der illenniums-Deklaration, dem Monterrey-Konsensus ur Entwicklungsfinanzierung und dem Johannesburg- ktionsplan die Grundlagen für eine globale Partner- chaft zwischen Nord und Süd zur Bekämpfung der Ar- ut geschaffen. Die Verwirklichung dieses ehrgeizigen Programms rfordert von allen Akteuren – staatlichen, aber auch pri- aten – erhebliche Anstrengungen. Nach Berechnungen er UN benötigen die Entwicklungsländer bei guter Re- ierungsführung allein für die Verwirklichung der Mil- enniums-Entwicklungsziele zusätzliche Mittel im Rah- en der Entwicklungszusammenarbeit in Höhe von 0 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Die Entwicklungs- und Industrieländer haben sich auf er Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Monter- ey im März 2002 auf einen gemeinsamen Ansatz zur obilisierung von Finanzmitteln für die Entwicklungs- olitik geeinigt. Die Entwicklungsländer bekräftigten ihre Eigenver- ntwortung in den Bereichen guter Regierungsführung nd entwicklungsfördernder interner Rahmenbedingun- en wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbe- ämpfung und Beteiligung der Zivilgesellschaft. Im Ge- enzug haben sich die Industrieländer verpflichtet, ihre DA-Quote bis zum Jahr 2006 zu erhöhen, was nach erechnungen der OECD zusätzliche Mittelzusagen in öhe von 16 Milliarden US-Dollar zur Folge hat. 10496 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) Trotz dieser bemerkenswerten Verhandlungserfolge sind die Ziele der Millenniums-Deklaration und des Jo- hannesburg-Aktionsplans nicht alleine mit öffentlichen Mitteln erreichbar. Es gilt, privatwirtschaftliche Res- sourcen zu mobilisieren und die gesellschaftspolitische und soziale Verantwortung der Unternehmen für eine ge- rechte Ausgestaltung der Globalisierung einzufordern. Die Global-Compact-lnitiative von UN-Generalsekre- tär Kofi Annan fordert den Privatsektor auf neun zentrale Werte in den Bereichen Arbeitsnormen, Menschenrechte und Umwelt zu unterstützen und durchzusetzen. Sowohl der Monterrey-Konsensus als auch die Abschlusserklä- rung von Johannesburg betonen die Notwendigkeit, Ent- wicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft einzugehen, um die angestrebten Entwicklungsziele zu erreichen. So muss die Zusammenarbeit von staatlicher Ent- wicklungspolitik und Privatwirtschaft bei solchen Vor- haben ausgebaut werden, die einen entwicklungspoliti- schen Nutzen erbringen und gleichzeitig im Interesse der beteiligten Unternehmen liegen. Damit wurde ein grund- sätzlicher Paradigmenwechsel in der Entwicklungszu- sammenarbeit eingeleitet und ein neues, innovatives Feld der Zusammenarbeit eröffnet, dessen Bedeutung in den kommenden Jahren noch zunehmen wird. Die Bundesrepublik Deutschland nimmt bei der För- derung der Entwicklungspartnerschaften mit der Wirt- schaft international eine Spitzenposition ein. Im Rahmen der so genannten PPP-Fazilität fördern wir seit 1999 Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft. Unter- stützt werden Unternehmensprojekte, die zusätzliches privates Kapital für die soziale und wirtschaftliche Ent- wicklung der Partnerländer mobilisieren. In den ersten drei Jahren standen dafür Mittel des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenar- beit und Entwicklung in Höhe von 56,4 Millionen Euro bereit. Für die zweite dreijährige Phase ab 2002 sind weitere 50 Millionen Euro eingeplant. In vier Jahren konnten so im Rahmen der Fazilität rund 600 innovative Einzelprojekte und langfristige stra- tegische Allianzen mit einem Mittelvolumen von mehr als 200 Millionen Euro schnell und unbürokratisch reali- siert werden. Berücksichtigt man die Investitionsförderung von DEG, KfW und InWEnt, so sind in vier Jahren in 70 Ländern auf vier Kontinenten mehr als l 000 Öffent- lich-Private-Partnerschaften mit einem Mittelvolumen von über 4,7 Milliarden Euro realisiert worden. Mit öf- fentlichen Mitteln in Höhe von 1,8 Milliarden Euro konnten private Investitionen von knapp 3 Milliarden Euro angestoßen werden. Von A wie Aids-Bekämpfung bis Z wie Zertifizierung wurden in unterschiedlichsten Feldern innovative Ein- zelprojekte realisiert. Ohne die Unterstützung des BMZ wären sie ausgeblieben oder ohne entwicklungspoliti- schen Mehrwert realisiert worden. So baut ein deutsch-belgisches pharmazeutisches Fa- milienunternehmen in Bukavu in der Demokratischen Republik Kongo im Rahmen eines PPP-Projektes der G d u d j z t d D d e d W s w „ P s r S f b U D d E D D m d m g b f h d l f D t g s a t h G z s F (C (D TZ unter schwierigsten äußeren Bedingungen die Pro- uktion und Ausgabe preiswerter Aids-Medikamente auf nd engagiert sich bei der Versorgung und der Betreuung er Infizierten. Der öffentliche Beitrag zu diesem Pro- ekt beläuft sich auf rund 200 000 Euro aus der PPP-Fa- ilität und geschätzte 100 000 Euro für fachliche Bera- ung und Unterstützung durch ein von der GTZ urchgeführtes Aids-Projekt im Zeitraum 2003 bis 2006. er Beitrag des Unternehmens beträgt 380 000 Euro für en Aufbau des Produktions- und Diagnosezentrums. Einige Kolleginnen und Kollegen konnten sich auf iner Ausschussreise im April einen persönlichen Ein- ruck von dem Projekt machen. Meine Kollegin Brigitte immer bat gerade gestern in der Sitzung des Aus- chusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- icklung im Rahmen der aktuellen Unterrichtung Kongo“ um Informationen über den aktuellen Stand des rojektes. Wir alle müssen mit ihr hoffen, dass es fortbe- teht. Denn unternehmerischer Einsatz hält sich in Krisen- egionen in Grenzen. Ein weiteres Beispiel bietet ein großes deutsches chuhhaus, das sich im Rahmen eines PPP-Projektes da- ür einsetzt, bei den asiatischen Zulieferbetrieben die Ar- eitsbedingungen durch die Einführung von Sozial- und mweltstandards nachhaltig zu verbessern. Gerade dieses Beispiel zeigt: Ohne PPP liefe die urchsetzung sozialer und ökologischer Mindeststan- ards noch langsamer oder gar nicht an. Aber durch die rfahrung von veränderten Arbeitsbedingungen wird ein ominoeffekt entstehen, der die öffentlichen Mittel zur urchsetzung bald überflüssig macht. Besonders hervorheben möchte ich in diesem Zusam- enhang, dass rund 70 Prozent der Projekte im Rahmen er PPP-Fazilität von kleinen und mittleren Unterneh- en verwirklicht werden. Sie bieten mit kostengünsti- en und technologisch angepassten Lösungsansätzen esonders günstige Voraussetzungen für eine durchgrei- ende Bekämpfung von Armut in den Partnerländern. Denn gerade die kleinen und mittleren Unternehmen aben eine wichtige Multiplikatorenfunktion. Sie wer- en durch PPP-Projekte für die Probleme der Entwick- ungszusammenarbeit sensibilisiert und tragen ihre Er- ahrungen in weite Teile der Wirtschaft hinein. Der Erfolg zeigt sich darin, dass bei den mit der urchführung der Entwicklungspartnerschaften betrau- en Organisationen inzwischen weit mehr Projektanträge estellt werden, als mit den vorhandenen Mitteln umge- etzt werden können. Dennoch: Neue Maßnahmen werden von uns genau uf deren Wirkung hin beobachtet, beurteilt und im wei- eren Verfahren optimiert. Deshalb gab es bereits im frü- en Stadium eine Evaluierung der PPP-Fazilität. Rot- rün hat die Empfehlungen dieser ersten Evaluierung ur Grundlage einer Weiterentwicklung der Partner- chaft mit der Wirtschaft gemacht. Erstens. Die innovativen kleinteiligen Projekte der azilität werden durch strategische Allianzen ergänzt, Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10497 (A) ) (B) ) um so die strukturbildenden Effekte der Entwicklungs- partnerschaften zu erhöhen. Erste erfolgreiche Beispiele für derartige Allianzen sind die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kaffee-Verband und der Außenhandels- vereinigung des deutschen Einzelhandels zur Erarbei- tung und Einführung von Umwelt- und Sozialstandards für Kaffeefirmen und Zulieferbetriebe in der Beklei- dungsindustrie. Zweitens. Die Entwicklungspartnerschaften werden in stärkerem Maße in die bilaterale Entwicklungszusam- menarbeit mit den Partnerländern eingebunden. Dadurch ist es möglich, die Signifikanz des Instruments zu erhö- hen und die Synergieeffekte zwischen staatlicher Ent- wicklungszusammenarbeit und privatwirtschaftlichem Engagement im Rahmen von Entwicklungspartnerschaf- ten zu verstärken. Im Jahr 2003 ist erstmals mehr priva- tes Kapital durch PPP-Projekte im Rahmen der bilatera- len Entwicklungszusammenarbeit eingeworben worden als im Rahmen der Fazilität. Drittens. Wir werden dafür Sorge tragen, dass in der Praxis der Entwicklungspartnerschaften ein besonderes Gewicht auf die Förderung von Maßnahmen gelegt wird, die der strukturellen Armutsminderung, zum Beispiel durch Bildungs- und Qualifizierungsprojekte, dienen. Bei all diesen positiven Entwicklungen möchte ich an dieser Stelle nicht verschweigen, dass es insbesondere vonseiten der Nichtregierungsorganisationen, aber auch vonseiten der Wirtschaft vereinzelt Kritik am Konzept der Entwicklungspartnerschaften gibt. Die Nichtregie- rungsorganisationen befürchten, die Zusammenarbeit mit den Unternehmen werde die Entwicklungspolitik lang- fristig zu einer neuen Form der Außenwirtschaftsförde- rung degradieren. Die Wirtschaft hingegen ist an einer weiteren Lockerung der Kriterien und einer noch unbüro- kratischeren Abwicklung der Genehmigungsverfahren für Entwicklungspartnerschaften interessiert. Dieser Kritik möchte ich entgegenhalten: Die Ab- grenzung zwischen den Entwicklungspartnerschaften und der Außenwirtschaftsförderung ist durch die strikte Orientierung an den entwicklungspolitischen Zielvorga- ben der Bundesregierung bisher und in Zukunft gewähr- leistet. Die Grundlage der Entwicklungspartnerschaften ist und bleibt die Mobilisierung eines Beitrags zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Partnerländer. Die Grundlage ist nicht der Förderbedarf deutscher oder europäischer Unternehmen. Wir wollen die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, aber als Entwicklungspolitikerinnen und Entwicklungs- politiker bestimmen wir die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit und setzen Grenzen. Wir wollen, dass auch in Zukunft Entwicklungspart- nerschaften mit der Wirtschaft fünf Auswahlkriterien er- füllen: Erstens. Sie müssen mit den entwicklungspolitischen Zielvorgaben der Bundesregierung sowie den Länder- und Sektorenkonzepten des Bundesministeriums für w p m w e d g t o z 5 f v v s b W p B d d s l t f l D m l e f s G K c s W G e V m d l F z B b w g (C (D irtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kom- atibel sein. Zweitens. Beide Seiten müssen durch den komple- entären Einsatz öffentlicher und privater Mittel ihre je- eiligen Ziele kostengünstiger, wirksamer und schneller rreichen. Drittens. Es dürfen nur Maßnahmen gefördert wer- en, die ohne öffentlichen Beitrag nicht oder mit gerin- erer entwicklungspolitischer Wirkung von einem Un- ernehmen erbracht würden. Viertens. PPP-Vorhaben müssen allen Unternehmen ffen stehen. Fünftens. Die Unternehmen müssen einen substan- iellen Eigenbeitrag, der in der Regel mindestens 0 Prozent des Gesamtaufwandes betragen sollte, selbst inanzieren. Diese Auswahlkriterien sollten nicht als Hindernis erstanden werden, sondern als Beispiele dafür, wie pri- atwirtschaftliches Gewinnstreben und eine nachhaltige, oziale und wirtschaftliche Entwicklung in Einklang ge- racht werden können. Die Zusammenarbeit zwischen irtschaft und Politik im Rahmen der Entwicklungs- artnerschaften hat somit Laborcharakter. Sie öffnet den lick der Wirtschaft für deren globale Verantwortung in er gemeinsamen Bekämpfung der Armut. Sie öffnet en Horizont für eine gerechte Gestaltung der Globali- ierung. Es ist nicht notwendig, die Kriterien für die Entwick- ungspartnerschaften aufzuweichen, sondern humani- äre, ökologische und soziale Standards nach und nach ür den ganzen Bereich der Außenwirtschaft unwiderruf- ich zu selbstverständlichen Grundsätzen zu machen. enn wenn wir die Herausforderungen der Zukunft eistern wollen, ist es unabdingbar, die gesellschaftspo- itische und soziale Verantwortung der Unternehmen für ine gerechte Ausgestaltung der Globalisierung einzu- ordern. Die Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft ind hier ein wichtiger Hebel, gerade wenn sie mit der lobal-Compact-Initiative von UN-Generalsekretär ofi Annan verknüpft werden. Wenn alle gesellschaftli- hen Kräfte in diesem Sinne sensibilisiert und mobili- iert werden, besteht die Aussicht auf eine gerechtere elt. Wirtschaft und Unternehmen müssen ihren Image- ewinn aus entwicklungspartnerschaftlichem Handeln rkennen und ausbauen. Für die Zivilgesellschaft gilt: Verbraucherinnen und erbraucher müssen ihre Macht einsetzen und mehr und ehr Transparenz im ökonomischen Geschehen einfor- ern. Parlamente überall auf der Welt müssen für die po- itischen Rahmenbedingungen sorgen. So können wir ehlentwicklungen frühzeitig verhindern und die Poten- iale der Entwicklungspartnerschaften für die globale ekämpfung der Armut optimal nutzen. Gerade in diesem Zusammenhang finde ich es sehr edauerlich, dass die Opposition, die sich doch gerade egen ihrer besonderen Nähe zur Wirtschaft immer erne selbst auf die Schulter klopft, auch heute wieder 10498 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) ) (B) ) zur Frage der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit nichts Konstruktives bei- zusteuern weiß. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ihre Rat- und Tatenlosigkeit bei der Auseinandersetzung mit innovativen Ansätzen im Bereich der Entwicklungs- zusammenarbeit macht wieder einmal deutlich, dass Sie die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben. Sie versuchen immer noch, mit den entwicklungspolitischen Konzep- ten von vorgestern die Probleme von übermorgen zu lö- sen. Dennoch hoffe ich, dass sie sich im Rahmen der Ausschussberatungen zum vorliegenden Antrag einer konstruktiven Zusammenarbeit nicht verschließen wer- den. Wir werden auf jeden Fall den erfolgreichen Weg, den wir bei den Entwicklungspartnerschaften mit der Wirt- schaft eingeschlagen haben, fortsetzen und gemeinsam mit der Wirtschaft zur weltweiten Bekämpfung der Ar- mut beitragen. Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU): Wir spre- chen heute über zwei neue Tendenzen in der Entwick- lungszusammenarbeit. Beide beruhen auf Erkenntnissen, die sich in der deutschen entwicklungspolitischen Dis- kussion erst noch richtig durchsetzen müssen. Im Be- reich der Entwicklungspartnerschaften mit der Wirt- schaft stehen wir erst am Anfang der Möglichkeiten; ebenso wie wir erst begonnen haben, die Behindertenar- beit als Aufgabe der Entwicklungszusammenarbeit zu begreifen. Zur Begründung unseres Antrags komme ich später. Doch zunächst einige Anmerkungen zum Antrag der Koalitionsfraktionen: Gemeinsam mit der Bundesregie- rung werben sie aktiv für den Ausbau von Entwicklungs- partnerschaften mit der Wirtschaft. Die Förderung von Private Public Partnership sei eine wichtige sektor- übergreifende Schwerpunktaufgabe. Die Bündelung deutscher Entwicklungszusammenarbeit mit den Ent- wicklungsbeiträgen von international operierenden Un- ternehmen sei von großer Bedeutung. Ich darf feststellen, dass wir den verstärkten Einsatz von PPP grundsätzlich begrüßen. PPP ist sicher ein sinn- volles Instrument, um Unternehmen als kompetente Partner zur Lösung komplexer Probleme zu gewinnen. Wir stimmen Ihnen in der Auffassung zu, dass es sehr viele interessante Ansätze für Entwicklungsallianzen mit der Wirtschaft gibt. Die Spielräume dafür sind längst noch nicht ausgeschöpft, ja noch nicht einmal vollstän- dig ausgelotet. Ein paar kritische Anmerkungen zu diesem Bereich kann ich Ihnen aber nicht ersparen. Betrachtet man sich den Entwicklungshaushalt der vergangenen Jahre, lässt Ihre Begeisterung für PPP einen schlimmen Verdacht aufkommen: Es könnte sich der Eindruck aufdrängen, dass die Beschwörung der Entwicklungspartnerschaft mit der Wirtschaft Ausdruck einer Strategie ist, sinkende öffentliche Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit durch privates Kapital ausgleichen zu wollen. Ange- sichts der haushälterischen Not, in die Sie sich haben b l d e n d d a k g g E c z d s v s b l R v p U H s e r d f w v M P l h B w T l d e e E U A d r E r h P S l T (C (D ringen lassen, ist dieser Gedanke ja auch nur allzu ver- ockend. Ich bitte Sie aber, in Erinnerung zu behalten, ass wirtschaftliche Aktivität Entwicklungspolitik nicht rsetzen kann. Unter anderem zielt Entwicklungspolitik ämlich auch auf die Schaffung öffentlicher Güter, etwa emokratische Institutionen, effektive Rechtsordnung, ie für unternehmerische Betätigung zwar zentrale Vor- ussetzung sind, davon aber nicht hergestellt werden önnen. Die Unternehmen, die sich im Rahmen der PPP enga- ieren, verfolgen das für Unternehmen einzige – und le- itime – Ziel: Sie wollen und müssen Gewinne machen. s ist naiv zu glauben, sie auf Dauer auf karitative Zwe- ke verpflichten zu können. Deshalb gehört es zu den wingenden Voraussetzungen einer erfolgreichen PPP, ass Unternehmen in den Entwicklungsländern gute und tabile Rahmenbedingungen vorfinden. Hier liegen noch iele ungelöste Probleme, die auch weiter mit klassi- chem entwicklungspolitischem Instrumentarium bear- eitet werden müssen. Die großen Mängel, die es in vie- en unserer Partnerländer zum Beispiel bei Steuern, echtssicherheit und Korruptionsproblematik nach wie or gibt, sind mit privatem Kapital nicht zu lösen. Wir sollten uns in diesem Zusammenhang auch ein aar Gedanken machen, wie wir uns stärker den kleinen nternehmen im informellen Sektor zuwenden können. ier muss dem Instrument der Mikrofinanzierung we- entlich mehr Bedeutung zukommen als bisher. Die Ver- inten Nationen haben 2005 zum Jahr der Mitfinanzie- ung ausgerufen. Das ist ein guter Ansatzpunkt, um auf iesem Gebiet Fortschritte zu erzielen, um Hemmnisse ür Mikrofinanzierungsprogramme abzubauen. Entwicklungspartnerschaft heißt, die globalen Ent- icklungsprobleme durch komplementäre Anstrengung on Wirtschaft und Politik anzugehen. Deshalb meine ahnung: Es ist der falsche Weg, die Wirtschaft in die flicht zu rufen, nur um die Entwicklungspolitik allmäh- ich aus dem Spiel nehmen zu können. Wenn Sie das be- erzigen, sind wir gerne zur Zusammenarbeit in diesem ereich bereit. Zu dieser Zusammenarbeit lade ich Sie auch ein, enn es darum geht, die sozialen und ökonomischen eilhabechancen behinderter Menschen in den Entwick- ungsländern zu fördern. Hier müssen wir umdenken. In er Ausschusssitzung am 28. Januar haben wir dazu ja inige Anregungen präsentiert bekommen. Wir müssen rkennen, dass Behinderung in den armen Ländern der rde einerseits eine Erscheinungsform von Armut und nterentwicklung ist, andererseits aber auch selbst zum rmutsrisiko und zum Hemmnis für Entwicklung wer- en kann. Armut kann Ursache und Folge von Behinde- ung sein. Bisher haben wir die Behindertenarbeit in den ntwicklungsländern hauptsächlich immer nur unter ka- itativen Aspekten oder als Menschenrechtsfrage gese- en. Mit dieser Zugangsweise allein ist dem enormen roblem aber nicht beizukommen. Ein Blick auf die Statistik spricht eine eindeutige prache: 80 Prozent der Menschen mit Behinderungen eben in Entwicklungsländern – mit stark steigender endenz. Jede vierte in Armut lebende Familie hat ein Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 10499 (A) ) (B) ) Familienmitglied mit einer Behinderung. Die Ursachen dieser Behinderungen wären vielfach vermeidbar und entstehen durch Armutsfaktoren. Behinderung führt in Entwicklungsländern allzu oft nicht nur zu sozialer Aus- grenzung, Diskriminierung und zur materiellen Verelen- dung der einzelnen unmittelbar von Behinderung betrof- fenen Menschen. Tatsächlich ist die Problematik von solchem Ausmaß, dass die volkswirtschaftlichen Folge- kosten von Behinderung eine erhebliche Belastung für die jeweilige nationale Wirtschaft sind. Zwischen Ar- mut, Unterentwicklung und Behinderung besteht ein un- bestreitbarer struktureller Zusammenhang. Mit unserem Antrag fordern wir, die Behindertenar- beit als eine Querschnittsaufgabe der Entwicklungszu- sammenarbeit zu begreifen. Es muss uns bewusst wer- den, dass wir mit der Berücksichtigung der Belange behinderter Menschen auch an den Kernfragen von Ar- mutsbekämpfung und Entwicklung ansetzen. Ich bitte Sie dafür um Ihre Mithilfe. Es wäre ein schönes Zeichen, wenn Sie sich dazu im Interesse der Sache unserem An- trag anschließen würden. Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir ha- ben im Bundestag in den entwicklungspolitischen De- batten in jüngster Zeit über die Bedeutung der Entwick- lungsziele der Vereinten Nationen – Millennium Development Goals – debattiert. Dabei ist vielfach un- terstrichen worden, dass neben einem substanziellen Beitrag der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit, einer vorteilhafteren Integration in die Weltwirtschaft und der Überwindung von internen Entwicklungshemm- nissen auch die Rolle privater Unternehmen relevant für eine nachhaltige Entwicklung in Entwicklungs- und Schwellenländern ist. Dabei gerät oft und berechtigt das Verhalten transna- tionaler Unternehmen in den Fokus der Debatte. Sie können ganz erheblich zur Förderung sozialer und öko- logischer Standards beitragen. Zu meinem Bedauern existiert bislang noch kein verbindlicher Rahmen bzw. keine Konvention zur Durchsetzung sozialer und ökolo- gischer Standards. In Abwesenheit verbindlicher Regeln unterstützen wir die Förderung freiwilliger Vereinbarun- gen, Verhaltenskodizes, die OECD-Richtlinien für trans- nationale Unternehmen. Vor allem unterstützen wir auch den Global Compact, den der Generalsekretär der Ver- einten Nationen, Kofi Annan, ins Leben gerufen hat und bei dem sich Unternehmen zur Einhaltung und Förde- rung von Menschenrechts-, Umwelt- und Sozialstan- dards selbst verpflichten. Die Zahl der Unternehmen, die sich dem Global Compact angeschlossen haben, ist stark gestiegen. Gleichwohl ist die Zahl der deutschen Unter- nehmen noch relativ klein. Wir Grünen würden sehr begrüßen, wenn mehr deut- sche Unternehmen, die international tätig sind, sich die- ser Initiative anschließen würden. Das beinhaltet auch, dass transparent nachvollziehbar wird, wie durch eine vorbildliche Geschäftspolitik ökonomische Interessen mit sozialen und ökologischen Interessen verbunden werden können. Ich bin im Übrigen davon überzeugt, dass Unternehmen besonders dann eine langfristige Per- spektive haben, wenn sie nicht nur die kurzfristige Bi- l l S M m h d i a W k u f s r K z t B w g o D n d s r s t a s s v e r j d r s s o k t K E n m s S e P g k F b e w (C (D anz im Auge haben, sondern im Sinne einer auch sozia- en und ökologischen Selbstverantwortung – Corporate ocial Responsibility – in anderen Ländern tätig werden. ehr und mehr aufgeklärte Konsumenten und Konsu- entinnen, Umwelt- und Entwicklungsorganisationen aben in der Vergangenheit durch ihr Verhalten bzw. urch weltweit wirksame Kampagnen bewiesen, dass es hnen nicht nur auf die Produkte ankommt, sondern auch uf die Art und Weise ihrer Produktion. In dem Antrag „Entwicklungspartnerschaften mit der irtschaft weiterentwickeln – gemeinsam Armut be- ämpfen“, den wir heute diskutieren, geht es besonders m ein Programm der Bundesregierung zur Förderung öf- entlich-privater Partnerschaften in der Entwicklungszu- ammenarbeit, Public Private Partnership. Wir diskutie- en also weniger über die gesamte Breite wirtschaftlicher ooperation mit Entwicklungs- und Schwellenländern, um Beispiel durch die KFW oder die Deutsche Investi- ions- und Entwicklungsgesellschaft, sondern über die edeutung der Entwicklungspartnerschaft mit der Privat- irtschaft, die im Wesentlichen durch die PPP-Fazilität efördert wird. Um es vorweg zu sagen: Ich halte diese Form der Ko- peration mit der Wirtschaft für sinnvoll, wenn sie zwei inge erreicht. Es sollte erstens erreicht werden, dass in- ovative Einzelprojekte gefördert werden können – und ies nicht nur in unseren Schwerpunktpartnerländern, ondern auch in anderen Ländern. Zweitens sollte er- eicht werden, dass in bestimmten Sektoren Partner- chaften, die im Entwicklungsjargon so genannten stra- egischen Allianzen, gebildet werden können. Wir sagen ber genauso deutlich: Wir müssen bei den Programmen icherstellen, dass keine „Mitnahmeeffekte“ entstehen, ie nicht als klassische Außenwirtschaftsforderung zu erstehen sind. Unsere Zielrichtung liegt darin, einen ntwicklungspolitischen Mehrwert durch die Mobilisie- ung von zusätzlichen privaten Mitteln für sinnvolle Pro- ekte zu erzielen. Es liegt ebenso darin, Projekte zu fördern, die ohne ie Zusammenarbeit mit einer staatlichen Durchfüh- ungsorganisation nicht zustande kämen, Projekte, die innvoll für die Verbreitung angepasster Technologien ind, wie in Nicaragua, wo Solartechnologie, ökologisch rientierter Tourismus und die Ausbildung von Techni- ern in einem Projekt gemeinsam mit der Landkoopera- ive Miraflor und anderen Partnern umgesetzt werden, in enia beim Aufbau einer Biogasanlage oder aber der inführung der Solarenergie auf dem Lande in marokka- ischen Dörfern, sinnvoll für die Bekämpfung der Ar- ut oder die Verbesserung der medizinischen Grundver- orgung. Dies geschieht in verschiedenen afrikanischen taaten durch den Aufbau von Gesundheitsstationen und ine verbesserte Versorgung mit Medikamenten, durch PP-Kooperation. Im Einzelfall sind selbst unter schwierigen Bedingun- en PPP-Projekte möglich. So wird in der Provinz Bu- avu in der Demokratischen Republik Kongo mit der irma Pharmakina PPP ein Gesundheitszentrum aufge- aut, das antiretrovirale Medikamente für an HIV/Aids rkrankte Menschen selbst herstellt und vertreibt. Damit erden Arbeitsplätze geschaffen und den Ärmsten in der 10500 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 114. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 (A) (C) (B) ) Demokratischen Republik Kongo lebenden Aidspatien- ten eine Medikamententherapie ermöglicht. In diesem Fall wirkt ein solches Projekt auch als stabilisierender Faktor in einer Krisenregion. Wenn sich dabei zeigt, dass gerade kleine und mittel- ständische Unternehmen auf hohem Niveau – circa 70 Prozent – von dieser Möglichkeit der Zusammenar- beit Gebrauch machen, ist dies ein begrüßenswerter bale Kaffeewirtschaft haben könnte und seine Anwen- dung in Asien, Afrika und Lateinamerika finden soll. Das Interesse anderer Staaten, solch eine neuartige Ko- operation zu organisieren, zeigt, dass wir diesen Ansatz weiterverfolgen sollten. Ein weiterer viel versprechender Ansatz ist die im Jahr 2002 initiierte langfristig angelegte strategische Al- lianz der GTZ mit der Außenhandelsvereinigung des Nebeneffekt. Denn dadurch werden Unternehmen beim Engagement in Entwicklungsländern unterstützt, die vielleicht wirtschaftliches Neuland betreten und auf ei- nen erfahrenen Partner wie die GTZ angewiesen sind. Nach den Erfahrungen mit dem noch jungen Pro- gramm scheint sich zu zeigen, dass das Potenzial von PPP noch nicht ausgeschöpft ist. So können nicht alle Projekte, die als machbar und sinnvoll erachtet werden, auch entsprechend gefördert werden. Hier sollte geprüft werden, ob man gegebenenfalls mehr Ressourcen für diese Form der Kooperation einsetzen will, wiewohl mir bewusst ist, dass diese Frage aufgrund der engen Spiel- räume im Etat nicht leicht zu beantworten ist. Lassen Sie mich auf eine Kritik zu sprechen kommen, die beispielsweise von Nichtregierungsorganisationen erhoben wird. Neben dem erwähnten Mitnahmeeffekt stellen diese den Ansatz auch infrage, weil mit ihm bes- tenfalls „Insellösungen“ erreicht werden können. Das kann im Einzelfall ein Problem sein und doch denke ich, dass aus den ersten Erfahrungen heraus gelernt worden ist, vor allem indem versucht wird, PPP-Projekte stärker in die allgemeine technische Zusammenarbeit zu inte- grieren. Trotzdem wird man im Einzelfall in Kauf nehmen müssen, dass es auch Projekte gibt, die über ihren Rah- men hinaus keine große Strahlkraft entwickeln. Aber auch das Gegenteil kann der Fall sein, wenn nämlich aus zeitlich, räumlich und finanziell sehr begrenzten Einzel- projekten neue überregionale strukturverändernde Pro- gramme entwickelt werden. Dies ist zum Beispiel bei der HIV-/Aidsbekämpfung in Südafrika der Fall. Ich möchte noch einmal auf die strategischen Allian- zen zu sprechen kommen. Diese sind aus meiner Sicht ein viel versprechender Ansatz. Beispiel strategische Al- lianz im Kaffeesektor: Die seit Jahren fallenden Kaffee- preise sind für die Erzeuger eine Katastrophe. Wenn wir nun versuchen, mit den wichtigsten Kaffeeunternehmen, dem Deutschen Kaffee-Verband, den Produzenten, Be- schäftigten und entwicklungspolitischen Akteuren fai- rere Bedingungen zu vereinbaren – wir sind ein gutes Stück vorangekommen auf diesem Weg –, wäre dies ein wirklich gutes Ergebnis. Ziel ist dabei, einen Verhaltens- kodex zu entwickeln, der Modellcharakter für die glo- d h d w w s w z W d g l i d f t C s U s j p B W G o s s g – G f U d M n (D eutschen Einzelhandels, AVE. Im Mittelpunkt steht ierbei die Verbesserung der Umwelt- und Sozialstan- ards in Zulieferbetrieben der Textilindustrie in Ent- icklungs- und Schwellenländern. Markus Löning (FDP): Es gibt in diesem Antrag et- as, was mich massiv stört: Einerseits wird eine Partner- chaft mit der Wirtschaft angestrebt, andererseits werden ieder die alten Klischees und Vorurteile vom Gegensatz wischen Wirtschaft und Armutsbekämpfung bedient. ie soll denn eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit er Wirtschaft entstehen, wenn die Zusammenarbeit ein- efordert wird, aber gleichzeitig Misstrauen gesät wird? Was noch viel wichtiger ist: Wann verstehen die Kol- egen von der Koalition endlich, dass es die Wirtschaft st, die durch Investitionen Arbeitsplätze schafft, und ass das beste Armutsbekämpfungsprogramm die Schaf- ung von möglichst vielen Arbeitsplätzen ist? Es gibt einen weiteren Punkt, den ich in diesem An- rag für falsch halte: die Bezugnahme auf den Global ompact. Sie vergessen, den richtigen Kontext herzu- tellen: Es ist nicht in erster Linie Verantwortung der nternehmen, für die Einhaltung von Menschenrechts- tandards zu sorgen. Dies ist in erster Linie Aufgabe der eweiligen Staaten. Wir dürfen sie nicht aus ihrer Ver- flichtung und ihrer Verantwortung gegenüber ihren ürgern entlassen. Dabei will ich die Initiativen der irtschaft in diesem Bereich keineswegs schmälern. Im egenteil: Da ist viel erreicht worden. Aber nicht funkti- nierende Staaten können nicht durch unternehmeri- ches Handeln ersetzt werden. Zu guter Letzt möchte ich deutlich machen, dass we- entliche Punkte in diesem Antrag fehlen. Nur wenn es elingt, funktionierende Marktwirtschaften aufzubauen das impliziert immer funktionierende Verwaltung und erichtswesen –, wird es gelingen, Armut zu bekämp- en. Auch nur dann werden Unternehmen in größerem mfang investieren und damit Arbeitsplätze schaffen. Das halten wir Freien Demokraten nach wie vor für en Königsweg bei der Armutsbekämpfung: wenn die enschen der Dritten Welt die Chance haben, aus eige- er Kraft ihren Lebensunterhalt zu verdienen. 114. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 17. Juni 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511400000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und

Herren! Ich bitte Sie, sich zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich)


Heute vor 51 Jahren protestierten in Ostberlin und in der
DDR mutige Männer und Frauen gegen schlechte Ar-
beitsbedingungen, gegen Misswirtschaft und die Erhö-
hung der Arbeitsnormen, also gegen eine indirekte Sen-
kung der Löhne durch die SED-Führung. Doch das
waren nur die Anlässe für Massenproteste, die spontan
das ganze Land erfassten und nicht mehr und nicht weni-
ger forderten als Demokratie, politische Freiheit, gleiche
Rechte für alle. Schon damals wurde vielen Menschen
klar, dass diese politischen Ziele nur unter der Bedin-
gung der deutschen Einheit zu erreichen sein werden.
Dieser Aufstand hat viele Opfer gekostet: Für die einen
wurde jede berufliche Zukunft abgeschnitten, andere
mussten jahrelang ins Gefängnis, viele, zu viele bezahl-
ten mit ihrem Leben für ihre Sehnsucht nach Freiheit,
Gerechtigkeit und Einheit. Wir gedenken der Opfer des
17. Juni 1953.

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Redet
Erst seit die deutsche Einheit 36 Jahre später von ei-
ner anderen Generation Ostdeutscher erreicht worden
ist, die dieselbe Sehnsucht, dieselben politischen Ziele
hatten, werden wir den Menschen, die diesen Aufstand
gewagt haben, wirklich gerecht. Sie waren geistige und
politische Vorgänger und mutige Vorbilder der Bürger-
bewegung des Herbstes von 1989. Sie lehren uns, dass
Freiheit und Demokratie nicht von selbst entstehen, son-
dern erkämpft werden müssen, dass Freiheit und Demo-
kratie die Prinzipien politischer Ordnung sind, die mehr
als alle anderen dem Menschen gemäß sind. Und sie leh-
ren uns hoffentlich auch, dass Freiheit und Demokratie
keine Selbstverständlichkeiten sind, sondern immer wie-
der neu des Engagements bedürfen, immer w
gelernt und verteidigt werden müssen. Auc
wollen wir die Männer und Frauen, die Helde
fer des 17. Juni 1953 nie vergessen. – Ich dan

(C (D ung en 17. Juni 2004 0 Uhr Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir nun in die agesordnung eintreten, möchte ich den beiden Kolleen Bernd Schmidbauer und Hans-Christian Ströbele eweils zu ihrem 65. Geburtstag sowie der Kollegin erena Wohlleben zu ihrem 60. Geburtstag nachträgich die besten Wünsche des Hauses aussprechen. Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene agesordnung um die in einer Zusatzpunktliste aufgeührten Punkte zu erweitern: 1 Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor schweren Wiederholungstaten durch Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung – Drucksache 15/3146 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Innenausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2 Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISESS 90/ DIE GRÜNEN: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung – Drucksache 15/3307 – ext 3 Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb – Drucksache 15/3308 – 4 Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Europäisches Haftbefehlsgesetz – EuHbG)


(Beifall)


(siehe 113. Sitzung)


(siehe 113. Sitzung)


(siehe 113. Sitzung)


che 15/3309 –
. Sitzung)
es Antrags der Abgeordneten Ursula Heinen, Julia
Peter H. Carstensen (Nordstrand), weiterer
ieder neu
h deshalb
n und Op-
ke Ihnen.

– Drucksa

(siehe 113 5 Beratung d Klöckner, Präsident Wolfgang Thierse Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Über-, Fehlund Mangelernährung wirksam bekämpfen – Drucksache 15/3310 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Sportausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung 6 Erste Beratung des von den Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Christoph Hartmann Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Berufsausbildungsrechts – Drucksache 15/3325 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union 7 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a)





(A) )


(B) )


(Ergänzung zu TOP 32)


ten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung
des Sozialgerichtsgesetzes (7. SGGÄndG)

– Drucksache 15/3169 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Rechtsausschuss

(Federführung strittig)

Innenausschuss

b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-
wurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Melde-
rechtsrahmengesetzes
– Drucksache 15/3305 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss

c) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent-

(Statistikabbaugesetz)

– Drucksache 15/3306 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft

d) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zum Abbau von Statistiken
– Drucksache 15/2416 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Heidi Wright,
Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten
Franziska Eichstädt-Bohlig, Winfried Hermann, Albert
Schmidt (Ingolstadt), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Mehr
Sicherheit für Radfahrer – insbesondere Schutz vor
Unfällen mit LKW im Stadtverkehr
– Drucksache 15/3330 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

(C (D 8 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache a)


(Ergänzung zu TOP 33)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1511400100
Übersicht 7 über die dem Deut-
schen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem
Bundesverfassungsgericht
– Drucksache 15/3334 –

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu der Streitsache
vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvR 412/04
– Drucksache 15/3341 –
Berichterstattung:
Andreas Schmidt (Mülheim)


9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dietrich
Austermann, Steffen Kampeter, Bernhard Kaster, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Ausweitung
der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung in Zeiten
knapper Kassen
– Drucksache 15/3311 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend


(Ingolstadt)

geordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten
Hans-Christian Ströbele, Volker Beck (Köln), Thilo Hoppe,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN: Zum Gedenken an die Opfer des
Kolonialkrieges im damaligen Deutsch-Südwestafrika
– Drucksache 15/3329 –

11 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Förderung von Regio-
nal- und Minderheitensprachen in Deutschland
– Drucksache 15/3328 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

12 Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bun-
desbericht Forschung 2004
– Drucksache 15/3300 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

13 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike Flach,
Cornelia Pieper, Christoph Hartmann (Homburg), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Innovationsstrate-
gie für Deutschland – Wissenschaft und Wirtschaft stär-
ken
– Drucksache 15/3332 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Haushaltsausschuss






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

14 a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung

eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neurege-
lung von Luftsicherheitsaufgaben
– Drucksache 15/2361 –

(Erste Beratung 89. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten
Wolfgang Bosbach, Dr. Wolfgang Schäuble, Hartmut
Koschyk, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der
CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung des Grundgesetzes (Artikel 35 und 87 a)

– Drucksache 15/2649 –

(Erste Beratung 100. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses

(4. Ausschuss)

– Drucksache 15/3338 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Frank Hofmann (Volkach)

Clemens Binninger
Silke Stokar von Neuforn
Ernst Burgbacher

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Innenausschusses (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Ab-
geordneten Clemens Binninger, Wolfgang Bosbach,
Hartmut Koschyk, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU: Mehr Sicherheit im Luftverkehr
– Drucksachen 15/747, 15/3338 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Frank Hofmann (Volkach)

Clemens Binninger
Silke Stokar von Neuforn
Ernst Burgbacher

15 – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung
der nachträglichen Sicherungsverwahrung
– Drucksachen 15/2887, 15/2945 –

(Erste Beratung 105. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten
Wolfgang Bosbach, Dr. Norbert Röttgen, Hartmut
Koschyk, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der
CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum
Schutz der Bevölkerung vor schweren Wiederho-
lungstaten durch nachträgliche Anordnung der Un-
terbringung in der Sicherungsverwahrung
– Drucksache 15/2576 –

(Erste Beratung 100. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz der Be-
völkerung vor schweren Wiederholungstaten durch
Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsver-
wahrung
– Drucksache 15/3146 –

(Erste Beratung 113. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses

(6. Ausschuss)

– Drucksache 15/3346 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Erika Simm
Joachim Stünker
Dr. Jürgen Gehb
Dr. Norbert Röttgen
Jerzy Montag
Jörg van Essen

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(C (D 16 Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung – Drucksache 15/904 – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 15/3339 – Berichterstattung: Abgeordnete Dieter Grasedieck Georg Fahrenschon Kerstin Andreae Dr. Andreas Pinkwart 17 – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung von Wagniskapital – Drucksache 15/3189 – – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Besteuerung von Wagniskapitalgesellschaften – Drucksache 15/1405 – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 15/3336 – Berichterstattung: Abgeordnete Stephan Hilsberg Georg Fahrenschon Von der Frist für den Beginn der Beratung soll, soweit rforderlich, abgewichen werden. Ferner sollen die Tagesordnungspunkte 12 a und b Gesamtstrategie für Südosteuropa – heute erst nach agesordnungspunkt 20 sowie der Tagesordnungsunkt 26 – Güterkraftverkehrsgesetz – am Freitag als etzter Tagesordnungspunkt beraten werden. Der Tagesrdnungspunkt 28 – Futtermittelgesetz – soll ohne Deatte behandelt werden. Des Weiteren soll Tagesordungspunkt 24 – Bundesanstalt für Immobilienaufgaen – abgesetzt werden. Außerdem mache ich auf eine nachträgliche Überwei ung im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerksam: Der in der 112. Sitzung des Deutschen Bundestages berwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem usschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe ur Mitberatung überwiesen werden. Antrag der Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, Dr. Werner Hoyer, Ulrich Heinrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für einen Helsinki-Prozess für den Nahen und Mittleren Osten – Drucksache 15/3207 – überwiesen: Auswärtiger Ausschuss Sind Sie mit den genannten Vereinbarungen einvertanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so bechlossen. Präsident Wolfgang Thierse Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 sowie Zusatz punkt 5 auf: 3 Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Eine neue Ernährungsbewegung für Deutschland ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ursula Heinen, Julia Klöckner, Peter H. Carstensen Fraktion der CDU/CSU Über-, Fehlund Mangelernährung wirksam bekämpfen – Drucksache 15/3310 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Sportausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Zu der Regierungserklärung liegen ein Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/ Die Grünen sowie ein Entschließungsantrag der Fraktion der FDP vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache im Anschluss an die Regierungserklärung eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat die Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast. Renate Künast, Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir geben in unserem Gesundheitssystem jährlich weit über 71 Milliarden Euro an Folgekosten für ernährungsmitbedingte Erkrankungen aus; so lauten die letzten Berechnungen. 71 Milliarden Euro pro Jahr – ich glaube, das ist eine Zahl, die uns beeindruckt. Es gibt noch andere Fakten, die einen beeindrucken können. Eine britische Studie besagt zum Beispiel, dass die heutige junge Generation die erste Generation sein wird, die vor ihren Eltern stirbt. Ein dreijähriges Mädchen erlag einem Herzinfarkt infolge von Übergewicht. Mit ihren drei Jahren wog sie 38 Kilogramm. Wenn wir uns die Schuleingangsuntersuchungen anschauen, erkennen wir: Übergewicht und seine Folgen sind ständig wachsende Probleme. Das sagen auch immer mehr Ärzte und Ärztinnen, die in diesem Bereich tätig sind. Wir haben es an dieser Stelle tatsächlich mit einem ernährungsund gesundheitspolitischen Problem mit dramatischen Auswirkungen zu tun. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass weltweit rund 1 Milliarde Menschen übergewichtig ist. Das ist ein Sechstel der Weltbevölkerung. Davon leiden mindestens 300 Millionen Menschen unter Fettleibigkeit, Adipositas. Die W s s s a d l U e g t r g s i 2 Z n g g s s v u m d d n d f s a g U W g – w e – N – (C (D HO spricht von einer Epidemie, wohl wissend, dass es ich hierbei nicht um etwas Ansteckendes handelt. Sie agt, dass sich unser Lebensstil so verändert hat, dass ich Übergewicht und Fettleibigkeit wie eine Epidemie uf der Welt ausbreiten. Wir alle wissen natürlich, dass as nur der eine Teil des Problems ist. Der andere Teil autet, dass weltweit circa 840 Millionen Menschen an nterernährung leiden. Schauen wir uns die USA an, die uns an dieser Stelle inen leichten Wink geben, wohin die Entwicklung noch ehen kann. In den USA betragen die Behandlungskosen für übergewichtige und fettleibige Menschen jährlich und 117 Milliarden US-Dollar. Es wird davon ausgeangen, dass Fettleibigkeit und Bewegungsmangel chon 2005 das Rauchen als Todesursache Nummer eins n den Statistiken der USA überholen wird. In Westeuropa sterben jährlich schätzungsweise 00 000 Menschen an den Folgen von Fettleibigkeit. Die ahlen für Deutschland sind ebenso alarmierend. Die euesten Erhebungen des Robert-Koch-Instituts besaen, dass zwei Drittel der männlichen Bevölkerung und ut die Hälfte der weiblichen Bevölkerung leicht bis tark übergewichtig sind. Mindestens ein Drittel der geamten Gesundheitskosten werden durch Krankheiten erursacht, die durch Fehlernährung, Bewegungsmangel nd erhebliches Übergewicht beeinflusst werden. Das uss man sich vor Augen halten: mindestens ein Drittel er gesamten Gesundheitskosten. Wenn wir das nicht ändern, werden wir die Kosten es Gesundheitssystems nicht im Rahmen halten könen. Bei ungebremstem Trend rechnen Experten damit, ass in 40 Jahren jeder zweite Erwachsene adipös, also ettleibig, ist. Das ist nicht zu finanzieren, ganz zu chweigen von vielen anderen Fragen. Untersuchungen us den USA zeigen: Die Kosten für Arbeitsausfälle aufrund ernährungsmitbedingter Krankheiten werden für nternehmen zu einem ernst zu nehmenden negativen irtschaftsfaktor. Mit diesem Problem muss sich dieses Haus beschäfti en, auch wenn nicht alle zuhören. Jetzt habe ich gemerkt, dass doch jemand zuhört. Ich ollte nur wissen, ob dieses Problem auch in der CDU rkannt wurde und jemanden interessiert. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Wir können beides! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Die Bundesregierung hat Abgeordnete nicht zu maßregeln! Merken Sie sich das!)


(Erste Beratung 63. Sitzung)


(7. Ausschuss)


(Erste Beratung 111. Sitzung)


(Erste Beratung 73. Sitzung)


(7. Ausschuss)





(A) )


(B) )


(Nordstrand), weiterer Abgeordneter und der


(Zuruf von der CDU/CSU)


Nein, Herr Kauder, das würde ich nie wagen.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie haben ja noch 20 Minuten Zeit, sich zu steigern!)

Es geht hier auch um schweres individuelles Leid.
ach Aussagen von Kinder- und Jugendärzten hat sich
das wurde bei Schuleingangsuntersuchungen festge-






(A) )



(B)


Bundesministerin Renate Künast

stellt – die Zahl der Übergewichtigen in den letzten zehn
Jahren verdreifacht.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist aber langweilig!)


– Wir wissen schon aus der Debatte über den demogra-
phischen Wandel, dass manche manches, was klar auf
dem Tisch liegt, lange Zeit langweilig fanden. Das hin-
dert die Bundesregierung aber nicht daran,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie ist besonders langweilig!)


auf dieses Problem hinzuweisen und an einer Lösung zu
arbeiten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Stellen Sie sich das vor: Bei den Schuleingangsunter-
suchungen hat sich herausgestellt, dass sich die Zahl der
übergewichtigen Kinder verdreifacht hat. Jedes fünfte
Kind und jeder dritte Jugendliche ist übergewichtig.
Man muss mittlerweile feststellen, dass zwischen 7 und
8 Prozent der Kinder und Jugendlichen so übergewichtig
sind, dass es das Stadium der Krankheit erreicht hat und
von Kinderärzten als krankhaft bezeichnet wird. Mit die-
sem Punkt müssen wir uns befassen.

Verbunden sind damit schon bei Kindern und Jugend-
lichen Bluthochdruck, koronare Herzerkrankungen, or-
thopädische Erkrankungen und eine rasante Zunahme
von Diabetes Typ II. Wir alle wissen, was das für diese
Kinder heißt. Es bedeutet, dass das, was wir umgangs-
sprachlich Altersdiabetes nennen, inzwischen immer
mehr junge Menschen betrifft. Das Leben gerät im
wahrsten Sinne des Wortes aus der Balance, so wie es
umgekehrt bei Ess-Brech-Sucht und Magersucht aus der
Balance gerät. Die Ursachen können biologischer, sozia-
ler, psychologischer und kultureller Herkunft sein. Sie
alle – aber insbesondere der Lebensstil – spielen eine
Rolle. Es geht um die Situation im privaten und – wie in
der Schule – im öffentlichen Raum.

Immer mehr Kinder, die in die Schule kommen, ha-
ben auch aufgrund von Übergewicht motorische Defizite
und Koordinationsstörungen. Das ist ein Hinweis auf re-
duzierte Entwicklungschancen. Darüber hinaus laufen
diese Kinder Gefahr, ausgegrenzt zu werden.

Wir sagen: Gesunde Ernährung und Gesundheit sind
im Leben ein wichtiges Startkapital, unabhängig vom
Geldbeutel der Eltern. Sie sind auch eine wichtige Vo-
raussetzung dafür, dass jedes Kind seine Möglichkeiten
und Chancen für Ausbildung und seinen weiteren Le-
bensweg nutzen kann.

Wir müssen auf einen Zusammenhang hinweisen, der
definitiv inakzeptabel ist, weshalb das Thema auch nicht
lustig ist oder an den Rand gedrängt werden darf: Es gibt
einen evidenten Zusammenhang zwischen Armut, Her-
kunft, Bildung und Übergewicht. Auf diese Fakten müs-
sen wir unser Augenmerk richten, weil es nicht sein darf,
dass in Zukunft die Herkunft das Gewicht und damit die
Chancen dieser Kinder bestimmt.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


ir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass die Zahl
er übergewichtigen Kinder bei Migrantenfamilien
eilweise doppelt so hoch ist. Das heißt, wir haben es im
ugenblick mit einem besonderen Integrationsproblem
u tun.
Wir wissen, dass Startchancen für alle eine Frage der
erechtigkeit sind. So vielfältig die Ursachen für Über-
ewicht sind, so vielfältig müssen auch die Gegenstrate-
ien gestaltet werden. Hier sind alle gefragt: die Eltern,
ie Schule, die öffentliche Hand, Unternehmer und die
etroffenen. Wir müssen uns fragen: Was hat die Kinder
us dem Gleichgewicht gebracht? Wie können wir Ge-
echtigkeit herstellen?
Es gibt vielfältige Ebenen. Eine Ebene sind die ent-

prechenden Daten. Wir haben in diesem Jahr eine neue
ationale Verzehrserhebung begonnen. Sie soll Grund-
age für eine regelmäßige Ernährungsberichterstattung
ein. Das Robert-Koch-Institut führt zurzeit einen Kin-
er- und Jugend-Survey durch, der auch Auskunft über
as Ernährungs- und Bewegungsverhalten geben soll,
amit wir die notwendigen Daten erhalten. Diese Daten
erden wir später verwenden können, um zu diskutie-
en: Wie sehen die Lebensmittel von morgen aus? Wie
ollen verarbeitete Lebensmittel entwickelt werden, da-
it sie unserem Lebensstil angepasst werden? Dieser
ieht so aus, dass immer weniger Energie verbraucht
ird, während die Lebensmittel immer mehr Energie lie-
ern.
Wir wissen: Wir müssen bei der Werbung ansetzen.
erade so genannte Kinderlebensmittel – in Wahrheit
ind es Süßigkeiten – enthalten zu viel Fett und zu viel
ucker. Hier ist die Verantwortung der Wirtschaft ge-
ragt, mit modernen Lebensmitteln den veränderten Le-
ensstilen gerecht zu werden. Wir brauchen strengere
egeln für die Lebensmittelwerbung und die Lebensmit-
elkennzeichnung, das heißt Regeln für die nährwert-
nd gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel.
as werden wir in Brüssel weiter unterstützen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


In Bezug auf die Gerechtigkeit ist eines selbstver-
tändlich: Wir müssen eine Strategie entwickeln, die auf
ämtliche Lebensbereiche der Kinder zielt und ihnen
tartchancen gibt. Wir brauchen selbstverständlich einen
nternationalen Rahmen. Im Mai dieses Jahres haben die
itgliedstaaten der WHO den Aktionsplan „Globale
trategie zur Ernährung, körperlichen Aktivität und Ge-
undheit“ verabschiedet. Unsere Maßnahmen entspre-
hen längst dieser globalen Strategie und werden es auch
n Zukunft tun.
Wir wissen: Prävention ist immer die beste Alterna-

ive und das Gebot der Stunde. Wir wissen: Der Lebens-
til und unsere Kultur haben sich verändert. Fernsehen
nd Computer dominieren die Freizeit unserer Kinder.
ir wissen: Wenn heute Kinder im öffentlichen Raum

pielen, spielen sie nicht einfach draußen, sondern sie
efinden sich im Kindergarten, im Hort oder in der
)






(A) )



(B) )


Bundesministerin Renate Künast

Schule. Deshalb müssen Ernährung und Bewegung ein
Bestandteil dessen sein, was dort angeboten wird. Wir
wissen: Fundiertes Wissen über Nahrung, Gesundheit
und Ernährung muss zukünftig zum bildungspolitischen
Standard gehören. Dieses Wissen muss gesellschaftliche
Kernkompetenz sein, die entwickelt und gepflegt wer-
den muss. Die Kinder sollen nicht nur Rechnen, Schrei-
ben und Lesen lernen,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr einverstanden, Frau Künast!)


sondern auch wissen, wie sie ihr eigenes körperliches
Wohlbefinden organisieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Deshalb – Fachleute nennen das Setting-Ansätze – muss
bei der Ernährungsbildung tatsächlich alles einbezogen
werden: die sonstige Lebenswelt der Kinder, die Eltern
und die gesamten Einrichtungen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Kernkompetenz erwirbt man nicht mit Verordnungen!)


Wir wissen: Der Umgang mit Lebensmitteln, die Zube-
reitung und gemeinsames Essen sind eine elementare
Kulturtechnik und ein gesellschaftlicher Wert. Dazu ge-
hört, dass den Kindern die Beziehung zu den Lebensmit-
teln vermittelt wird, dass sie erfahren, wie Pflanzen
wachsen, welche Bedeutung Lebensmittel für das kör-
perliche Wohlbefinden haben und wie man das Wohl-
befinden erreicht.

Ich begrüße sehr, um es positiv zu formulieren, dass
die Kultus- und Jugendministerkonferenzen jetzt ange-
fangen haben, sich mit dem Thema Bewegung und Er-
nährung zu beschäftigen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Schon lange!)


Ich muss aber feststellen, dass das für sie noch ein langer
Weg ist.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aber, aber!)

– Sie sagen: „Aber, aber!“


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ich war schon vor 20 Jahren auf solchen Konferenzen!)


– Schauen Sie sich die aktuellen Papiere dazu an!

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr gut!)


Sie sagen, wir könnten uns diesem Thema nicht verwei-
gern; aber Sie tippen es immer in einem Halbsatz an.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Stimmt nicht!)


Sie machen sich viele Gedanken über die Frage, wie
man denn Schulen finanziert und wie das Essen in die-
sem Zusammenhang zu integrieren ist. Dass es aber eine
Frage der Gerechtigkeit ist, wenn in manchen Altersjahr-
gängen ein Viertel der Kinder übergewichtig ist – was
viele Folgeprobleme verursacht – und im Sportunter-

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(C (D icht die Reihe derer, die auf der Bank sitzen und nicht itmachen, immer größer wird – das ist kein individuels Problem –, das müssen Sie noch stärker berücksichtien. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wir können hingucken, wo die meisten herkommen! Gucken wir nach Berlin!)


Ich weiß, woher das kommt. Familien mit Migrations-
intergrund haben es an dieser Stelle besonders schwer.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aha!)

as hat auch etwas mit der Integration im Zusammen-
ang mit der Zuwanderung zu tun. Diese Menschen erle-
en einen doppelten Kulturwandel, der darin besteht,
ass sie sich gleichzeitig in der deutschen Kultur und in
er insgesamt veränderten Lebenswelt zurechtfinden
üssen. Das heißt auch, dass nicht nur die Schulen, son-
ern auch Sportverbände und andere Einrichtungen
onzepte entwickeln müssen, wie man diese Menschen
ier integriert und wie man dieses Problem angeht.
Wir wissen alle, dass das auch etwas mit Landwirt-

chaft zu tun hat. Wir müssen wieder vermitteln, dass
ie gesündesten und besten Lebensmittel mit der besten
nergiebilanz, die ideal zu unserem Leben passen, un-
erarbeitet sind und direkt vom Lande kommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr richtig! Jetzt meinen Sie Rindfleisch?)


Nein, jetzt meine ich, wie man auf Neudeutsch sagt:
An apple per day keeps the doctor away.“ – Die Beson-
erheiten der Landwirtschaft und unserer Landschaften
önnen und müssen von Kindern konkret erfahren wer-
en.
Wir haben als Bundesregierung in den letzten Jahren

iele Maßnahmen ergriffen, bei denen klar ist, dass wir
ie weiter verfestigen, fortführen und ausbauen werden.
ir haben die Kampagne „Kinderleicht! – Besser Essen!
ehr bewegen!“ zur Ernährungsaufklärung und für
ehr Bewegung initiiert. Im Rahmen dieser Kampagne
aben wir – weil die Länder gesagt haben, sie hätten
ein Geld und seien noch nicht so weit – 200 Fortbil-
ungsveranstaltungen für Erzieherinnen und Erzieher er-
öglicht, um diesen für ihre Erziehungsaufgaben das
asiswissen zu vermitteln, das in der Erziehung sonst
icht mehr weitergegeben wird.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist doch nicht Ihr Ernst!)


Es ist so. Alle diese Kurse waren ausgebucht.
Wir haben den Beratungsservice „Fit Kid“ für bessere

rnährungsangebote in Kitas und den Deutschen Prä-
entionspreis für vorbildhafte Projekte der Prävention
nd Gesundheitsförderung eingeführt, an denen sich
uch wichtige Stiftungen beteiligen. In diesem Jahr wer-
en unter dem Stichwort Prävention Maßnahmen zum
hema Ernährung, Bewegung und Stressbewältigung
rämiert, die sich speziell an Kinder und Jugendliche
ichten.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Renate Künast

Wir haben darüber hinaus mit dem Thema Gemein-

schaftsverpflegung noch einen weiteren Ansatz ver-
folgt. Denn die Gemeinschaftsverpflegung nimmt zu
und sie löst bei manchen Kindern und Erwachsenen das
Problem erst aus. Deshalb beziehen wir in das 4-Milliar-
den-Euro-Programm „Zukunft, Bildung und Betreuung“,
mit dem das Angebot an Ganztagsschulen in der Bun-
desrepublik erhöht werden soll, auch die Gemeinschafts-
verpflegung mit ein, zum Beispiel wenn es darum geht,
die entsprechenden Küchen zu bauen.

Das ist aber noch nicht alles. Wir haben einen Anfang
gemacht und verfolgen es wegen der riesigen Nachfrage
auch weiter – wir haben es bereits im Haushalt
verankert –, indem wir allen Schulen, die bereits einen
Ganztagsbetrieb anbieten oder eine Ganztagsschule wer-
den wollen, einen kostenlosen Beratungsservice über die
Deutsche Gesellschaft für Ernährung anbieten, damit sie
selbst das Thema Ernährung aufbereiten, sich entspre-
chend ausrüsten und lernen können, wie das Angebot ge-
staltet werden kann. Unser Angebot wird auch angenom-
men, weil das Problem an Schulen allgemein bekannt ist.

Das „Deutsche Forum Prävention und Gesund-
heitsförderung“ erarbeitet zurzeit sogar Empfehlungen
für gesundheitsförderliche Ganztagsschulen. Dieser An-
satz umfasst weit mehr als das Thema Ernährung. Wir
arbeiten an den notwendigen wissenschaftlichen Grund-
lagen. Die Bundesregierung finanziert mit dem Modell-
vorhaben „Reform der Ernährungs- und Verbraucherbil-
dung in Schulen“ die Erarbeitung solcher Konzepte. Wir
finanzieren im Rahmen sozialökologischer Forschung
die Entwicklung von Strategien, die die subjektiven Fak-
toren einbeziehen, und wir haben einen weiteren Fokus,
und zwar die außerschulische Jugendbildung, in der wir
zahlreiche Projekte – zum Beispiel von sportorientierten
Jugendverbänden – unterstützen. Wie Sie alle wissen,
haben die wirklich dicken Kinder das Problem, dass es
für sie bisher kaum ein Angebot gibt. Wir brauchen in
der Bundesrepublik ein flächendeckendes Angebot, das
Sport, Soziales und Freizeit für diese Kinder miteinander
verbindet, um sie in entsprechenden Gruppen in der Be-
wältigung ihres Problems zu unterstützen.

Ich möchte beim Thema Ernährung eine Zielgruppe
ansprechen, die eine besondere Rolle spielt und sozusa-
gen am anderen Ende des Lebens steht. Dabei handelt es
sich um die Seniorinnen und Senioren. Gesundheit ist
auch für sie ein zentrales Gut, um diese Phase ihres Le-
bens wohlverdient genießen zu können. Viele ältere
Menschen ernähren sich bekanntlich zu einseitig; sie
trinken zu wenig und sie bewegen sich zu wenig. Das ist
ein Problem, das – wenn sie sich nicht mehr selbst er-
nähren können – bei der Gemeinschaftsverpflegung in
Heimen und Krankenhäusern auftritt.

Wir wissen, dass zur Erhaltung der körperlichen und
geistigen Fitness im Alter eine angepasste Ernährungs-
weise unabdingbar ist, weil sich die Bedürfnisse des
Körpers massiv wandeln. Wie gravierend diese Folgen
sein können, wurde während der letzten Hitzeperiode
deutlich, als viele ältere Menschen mit folgenschweren
Kreislaufbeschwerden in Krankenhäuser eingeliefert
wurden. Deshalb haben wir die Kampagne „Fit im

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(C (D lter – Gesund essen, besser leben“ begonnen, bei der ich die Bundesregierung gezielt an die älteren Mitbürerinnen und Mitbürger wendet und bei der wir die entprechenden Verbände mit einbeziehen, die ihrerseits andlungsbedarf festgestellt haben. Wir haben mit der finanziellen Unterstützung von ualitätsstandards zur Ernährung und Flüssigkeitsverorgung älterer Menschen auch den nötigen wissenchaftlichen Hintergrund entwickelt, um allen ambulanen und stationären Institutionen zu Hilfe zu kommen. Ich habe jetzt viel darüber geredet, was wir begonnen aben. Aber klar ist, dass Prävention gerade in diesem ereich definitiv nicht allein vom Staat getragen werden ann. Sie muss vielmehr von der Gesellschaft gewollt nd gelebt werden. Die Gesellschaft muss verstehen ich erinnere daran –, dass sich seit den 80er-Jahren der ebensstil und das Lebensmittelangebot so verändert haen, dass uns im Jahr – mit steigender Tendenz – 0 Milliarden Euro an Gesundheitskosten aufgebürdet erden. Wenn wir wollen, dass es eine Veränderung der ebensgewohnheiten gibt, dann müssen wir bedenken, ass das nicht von heute auf morgen zu erreichen ist. as ist vielmehr ein Prozess, der von vielen Schultern etragen werden muss. Dazu brauchen wir ein breites esellschaftliches Bündnis mit dem ganzen Sachvertand, den wir in diesem Land haben. Wir haben alle gesellschaftlichen Akteure zusammen eholt und bauen eine Plattform „Ernährung und Beegung“. Ich hoffe, dass wir Ende dieses Monats mit en entsprechenden Akteuren diese Gründung tatsächich vorstellen werden. Wir haben die Verbände der Leensmittelwirtschaft sowie die Vertretung der Eltern, des ports, der Kinderheilkunde bis hin zu den Gewerkchaften einbezogen. Auch Krankenkassen haben ihr Ineresse bekundet. Wir wollen mit mehreren Ressorts und elbstverständlich unter Einbeziehung der Länder hier in breites Bündnis hinbekommen, um dafür Sorge zu ragen, dass das, was getan werden muss, nicht hier und a, also in einzelnen Sektoren passiert, sondern dass es lächendeckende Angebote gibt. In guten Kindergärten nd Schulen sollte es zum Standard gehören, Vorgaben ür gute Ernährung und Bildung zu entwickeln. Hier soll ber niemand etwas doppelt oder dreifach machen. Wir ollen das Wissen zusammenpacken und wollen, dass ieses Thema für die Kinder – bis hin zur Freizeitgestalung – adäquat aufbereitet wird, damit sich ein anderer rnährungsstil entwickeln kann. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr gut! Können wir auch Mitglied werden?)


Wenn Sie möchten, dürfen auch Sie.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Okay, dann gebe ich Ihnen gleich meine Beitrittserklärung!)


Wir wissen – ich hoffe, dass ich das hinreichend dar-
estellt habe –: Gute Ernährung entscheidet über die
hancen eines Kindes und eines Jugendlichen im weite-
en Leben. Wir sehen heute, dass gerade Kinder aus






(A) )



(B) )


Bundesministerin Renate Künast

sozial schwächeren Familien und Migrantenkinder hier
größte Probleme haben. Deshalb ist klar: Gute Ernäh-
rung ist eine der zentralen Fragen der Gerechtigkeit. Wir
dürfen nicht zulassen, dass es einen negativen Zusam-
menhang zwischen Armut, Herkunft, Bildung und Über-
gewicht gibt; denn sonst haben viele jungen Menschen
schlechtere Chancen.

Deshalb kann ich nur alle auffordern – einige haben ja
schon danach gefragt –, an dieser Ernährungsbewegung
für Deutschland mitzuarbeiten. Ich glaube, wenn alle
mitmachen, dann können wir sagen: Hiermit legen wir
gemeinsam das Fundament für die Zukunft der nächsten
Generation.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511400200

Ich erteile das Wort Kollegin Ursula Heinen, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Ursula Heinen (CDU):
Rede ID: ID1511400300

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Frau Ministerin, es ist unzweifelhaft:
Ausgewogene Ernährung und Bewegung sind wichtige
Themen. Die Zahlen sind bereits genannt worden: Jeder
dritte Jugendliche und jedes fünfte Kind sind überge-
wichtig. Parallel dazu – das ist bei Ihnen leider etwas zu
kurz gekommen – nimmt auch die Zahl der mangel- und
der unterernährten Kinder oft aufgrund falscher Schön-
heitsideale zu. Deshalb muss das Thema „Ernährung
und gesunde Lebensführung“ in der Tat aufgegriffen
werden. Insofern haben Sie uns voll an Ihrer Seite und
wir unterstützen Sie.

Welches ist aber der richtige Weg?

(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])

Wo ist der richtige Ort für eine solche Debatte? Wann ist
der richtige Zeitpunkt für eine solche Debatte? – Sie ha-
ben uns heute keinen Gesetzentwurf präsentiert. Wir dis-
kutieren auch nicht über ein herausragendes politisches
Ereignis, und das, obwohl Regierungserklärungen ei-
gentlich eine bedeutende verfassungspolitische Verbind-
lichkeit zukommen sollte.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir befürworten zwar Ihre Initiative. Aber wir möch-

ten, dass sie in einem vernünftigen Verhältnis zu anderen
Themen steht, dass auch über andere bedeutende The-
men in angemessener Länge diskutiert werden kann.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir möchten vor allem, dass Sie die Rolle, die der Staat
beim Thema Ernährung einnehmen kann, ehrlich be-
schreiben. Wer Übergewicht hat, trägt auch selbst Ver-
antwortung. Wenn ich zu dick bin, ist das meine Schuld
und nicht Ihre. Wenn ein Autofahrer zu schnell fährt,
trägt er selbst die Verantwortung. Wer raucht, trägt selbst
die Verantwortung. Wir können Schilder aufstellen und

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(C (D or den Folgen überhöhter Geschwindigkeit warnen. ir können Hinweise auf Zigarettenpackungen drucken. ir können Angaben über Fette, Salze und Kohlenydrate auf Lebensmittelverpackungen drucken. Aber er Staat oder das Parlament können dem Einzelnen benso wenig das Rauchen abgewöhnen wie ihn zur Diät wingen. Wir können lediglich Hilfestellung geben. In iesem Sinne begrüßen und unterstützen wir Ihre Initiaive. Aber wir dürfen den Menschen nicht vorgaukeln, ir nähmen ihnen den Entzug beim Rauchen oder die ungergefühle beim Diäten ab. Dass Sie die gesamte Lebensmittelwirtschaft in einer lattform zusammengebunden haben, ist eine gute Leisung und wir begrüßen insbesondere das Engagement er Unternehmen. Schade ist nur, dass Sie zunächst mit iner Zwangsabgabe gedroht und diese in Ihre Überleungen einbezogen hatten. Davon sollten Sie auch bei ukünftigen Gesprächen und Verhandlungen Abstand ehmen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Gerade weil das Thema einer gesunden, ausgewoge-
en Ernährung und Lebensführung wichtig ist, gibt es ei-
ige Fragen, die wir hier besprechen müssen.


(Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] bespricht sich mit Bundesministerin Renate Künast – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Sie scheint es auch nicht zu interessieren! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Frau Ministerin! – Gegenruf des Abg. Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Zensor!)


Erstens. Die Zahlen und Fakten zum Problem der
ber- und Fehlernährung sind seit einem Jahr der
ffentlichkeit bekannt. Die Warnungen der WHO sind
benfalls seit einiger Zeit bekannt. Im letzten Sommer
aben Sie einen entsprechenden Kongress veranstaltet,
ber erst heute kommen Sie mit dieser Initiative ins Par-
ament. Ich hoffe nur, dass Sie das nicht tun, weil das ein
ngenehmes, nettes, Sympathie schaffendes Thema ist,
as von den unangenehmen Themen Ihrer Koalition ab-
enkt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Genau!)


Zweitens. Wir alle wissen, dass sich gesunde Ernäh-
ung nicht gesetzlich und schon gar nicht über den Bund
egeln lässt. Aber das Wenige, was der Bund tun kann,
uss er auch tun. Dazu gehört beispielsweise, die
uständigkeiten zu bündeln und zu koordinieren. Auch
ier stellt sich die Frage: Warum haben Sie das Initiativ-
echt, das Sie seit dieser Legislaturperiode besitzen,
icht schon längst eingesetzt?
Aus unserer Kleinen Anfrage zum Übergewicht bei
indern und Jugendlichen, die meine Kollegin Julia
löckner initiiert hat, geht eindeutig hervor: Das Ver-
raucherschutz- sowie das Gesundheitsministerium, das
undesministerium für Bildung und Forschung und






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(B) )


Ursula Heinen

selbst das Bundesumweltministerium legen Programme
zur Ernährungsaufklärung und Forschungsprogramme
zu diesem Thema auf.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Unkoordiniert!)

Sowohl das Gesundheits- als auch das Verbraucher-
schutzministerium haben jeweils Millionenbeträge für
Aufklärungsmaßnahmen zur Ernährung vorgesehen. Das
ist doch ein klarer Hinweis auf Doppelstrukturen. Also
beantworten Sie uns die Frage: Wer macht denn nun ei-
gentlich was?


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb erwarten wir: Benennen Sie in der Bundesre-

gierung trotz des Querschnittscharakters des Themas ein
eindeutig federführendes Ministerium! Nehmen Sie eine
klare Aufgabenteilung zwischen den Ministerien vor und
gewährleisten Sie, dass diese Aufgabenteilung auch tat-
sächlich durchgehalten wird! Doppelarbeiten kosten nur
Geld,


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Und Zeit!)

und zwar Geld des Steuerzahlers, ohne irgendeinem Be-
troffenen tatsächlich zu nutzen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Was in der Debatte bislang völlig zu kurz gekommen

ist und was auch Sie falsch dargestellt haben, sind die
Leistungen der Bundesländer. Nicht erst gestern sind
die Kultusminister bzw. die Länder – vielleicht die Kul-
tusministerkonferenz – darauf gekommen, etwas zu tun.
Die Länder sind schon sehr, sehr lange an solchen Pro-
grammen beteiligt. Beispielsweise gibt es in Baden-
Württemberg schon seit 1980 entsprechende Ernäh-
rungsprogramme in den Kindergärten, seit 1985 bereits
entsprechende Programme in den Schulen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Keiner weiß was davon!)


Thüringen führt seit 1994 ein spezielles Programm für
Kindertagesstätten durch. Lehrpläne sehen dort Unter-
richtseinheiten zur Ernährung vor.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Wunderbar! Daraus kann man lernen!)


Alle zuständigen Länderministerien – ich rate Ihnen,
zuzuhören – stellen Jahr für Jahr sechsstellige Beträge
bereit, Sachsen beispielsweise 430 000 Euro jährlich, um
Projekte und Programme durchzuführen. Unterstützt
werden diese Bemühungen durch Initiativen der Land-
wirtschaftskammern und der Verbraucherzentralen, aber
eben auch durch die regionalen Landfrauen- und Landju-
gendverbände.


(Beifall bei der CDU/CSU – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Genau! Das Kind braucht halt einen anderen Namen!)


Das Rad, Frau Künast, müssen wir also wirklich nicht
neu erfinden. Ganz im Gegenteil, Sie mischen sich even-
tuell massiv in die Kompetenzen der Länder ein und ge-
fährden damit unter Umständen – das sagt Ihnen auch

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(C (D er Rechnungshof – das vorhandene Engagement der undesländer. (Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Das ist jetzt die neue Masche!)


Was ist also zu tun? Wir brauchen eine einheitliche
trategie zur Bekämpfung der Über- und Fehlernäh-
ung. Dazu zählt, wie Sie bereits gesagt haben, die
urchführung einer nationalen Verzehrstudie, die Auf-
chluss über Ernährungsgewohnheiten gibt. Aber achten
ie auch darauf, dass diese Studie, die immerhin
,3 Millionen Euro kostet, wissenschaftlich transparent
t und wissenschaftlich begleitet wird.
Wir müssen darüber hinaus die Prävention in den Vor-

ergrund der Strategie stellen. Dazu gehören in der Tat
ie Bereitstellung von Material zur Ernährungsaufklä-
ung für Schulen und Ärzte, die Förderung von Ernäh-
ungsberatung durch Kinderärzte usw. Aber auch hier ist
uf die wissenschaftliche Begleitung zu achten. Bei der
ampagne „Kinder leicht“, die Sie vorhin erwähnt ha-
en – dafür geben Sie immerhin ungefähr 1,85 Millionen
uro aus –, sind alle Beteiligten über die Wirksamkeit
ehr im Zweifel, weil es eben an wissenschaftlicher Be-
leitung dieser Kampagne fehlt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


as heißt, Sie wissen noch nicht einmal, ob die Broschü-
en und Materialien, die Sie Erziehern in Kindergärten
n die Hand geben, überhaupt wirken.
Wir wollen Bewegung und Sport bei Kindern und Ju-

endlichen in der Tat fördern. Mit den Ländern sollten
öglichkeiten der Ausdehnung des Schulsports entwi-
kelt werden. Zudem kann der Bau von Spiel- und
portstätten durch Änderung der Vorgaben beim Bau-
nd Planungsrecht erleichtert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es gibt also eine ganze Reihe von Möglichkeiten,

twas zu tun. Aber ich meine, dass Sie mit allen Betei-
gten zusammenarbeiten sollten. Eine Plattform ist si-
herlich ein richtiger Weg dorthin. Aber Sie dürfen die-
es Thema nicht um der Show willen hier in den
undestag bringen, sondern nur dann, wenn Sie es mit
er Ernährung und mit der Bewegung unserer Kinder
nd Jugendlichen tatsächlich ernst meinen.
Recht herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511400400

Ich erteile das Wort der Kollegin Gabriele
iller-Ohm, SPD-Fraktion.

Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1511400500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Krasser

önnen die Gegensätze nicht sein. Im Westsudan sterben
inder unter den Augen ihrer Mütter und Väter einen
chrecklichen Hungertod. In Schweden wird Eltern das
orgerecht entzogen, weil ihr fünfjähriges Kind mit






(A) )



(B) )


Gabriele Hiller-Ohm

43 Kilogramm zu verfetten droht. Bilder von Krankheit
und Tod durch zu wenig Nahrung begleiten uns seit lan-
gem in den Medien. Doch jetzt werden auch die gegen-
teiligen Folgen von Fehlernährung immer sichtbarer.
Übergewicht ist zu einem gravierenden weltweiten Ge-
sundheitsproblem geworden.

Wie sieht es bei uns in Deutschland aus? Jeder Zweite
in unserem Land ist inzwischen zu dick. Da die Grundla-
gen für Fehlernährung und Übergewicht bereits in der
Kindheit gelegt werden, sind unsere Jüngsten besonders
hart betroffen; denn aus dicken Kindern werden in der
Regel dicke Erwachsene mit allen gesundheitlichen Risi-
ken. Diese Risiken sind erheblich. Wenn wir nicht
schnellstens gegensteuern, werden uns unsere Kinder
immer seltener überleben. Dies ist ein ganz wichtiges
Thema und es muss uns auch hier, im Plenum, interes-
sieren.

Ursachen des Dilemmas sind neben genetischer Ver-
anlagung Fehlernährung und mangelnde Bewegung.
Nicht nur wir Erwachsene, auch unsere Kinder werden
immer träger. Sie toben weniger, schauen zu viel fern
und sitzen zu lange vor ihren Computern. Dieses Verhal-
ten beginnt immer häufiger schon bei den ganz Kleinen.
Das bedrückende Fazit eines englischen Wissenschaft-
lers lautet: Unter Dreijährige sind inzwischen genauso
inaktiv wie Büroangestellte.

Welche Bevölkerungsschichten sind besonders be-
troffen? Übergewicht wird mehr und mehr zu einem Pro-
blem der armen Bevölkerungsschichten. Wer wenig
Geld hat, spart auch am Essen. Betroffene Familien er-
nähren sich in der Regel nicht ausgewogen. Sie essen zu
einseitig und zu fett. Die gesundheitlichen Auswirkun-
gen dieses Verhaltens sind den Betroffenen in der Regel
nicht ausreichend bekannt. Übergewichtsprobleme neh-
men in diesen gesellschaftlichen Schichten besonders
zu. Betroffen sind vor allem Kinder. Das lässt sich an
Schuleingangsuntersuchungen sehr deutlich aufzeigen.
Die Lebensperspektiven der Kinder aus ärmeren Haus-
halten sind durch die zunehmende Übergewichtsproble-
matik deutlich eingeschränkt. Krankheiten mit negativen
Auswirkungen auf das Berufsleben und sinkende Le-
benserwartung sind vorprogrammiert.

Hier müssen wir dringend etwas tun. Das ist nicht nur
eine Frage der Gesundheit, sondern auch eine Frage von
sozialer Gerechtigkeit, der wir uns nicht entziehen dür-
fen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was können wir tun? Die Weltgesundheitsorganisa-
tion, die WHO, hat Ende Mai einen Aktionsplan zur Zu-
rückdrängung des Problems der Fehlernährung verab-
schiedet. Darin werden die Mitgliedstaaten aufgefordert,
umfassende Aktionen gegen das Problem des Überge-
wichts zu schmieden. Ich freue mich darüber, dass die
Bundesregierung dieser Initiative so prompt gefolgt ist
und Deutschland jetzt zu den ersten Staaten gehört, die
Ernst machen und eine neue Ernährungsbewegung in
Gang setzen.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Statistik zur Fettleibigkeit in Deutschland zeigt:
ir brauchen in unserer Gesellschaft dringend konzer-

ierte Aktionen für mehr Bewegung und eine gesün-
ere Ernährung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie Fraktion der SPD begrüßt deshalb ausdrücklich die
nitiative der Bundesregierung, die wir mit dem von uns
orliegenden Entschließungsantrag unterstützen.
Ich greife drei Punkte aus unserem Entschließungsan-

rag heraus:
Erste Forderung: Alle Verantwortlichen an einen

isch! Eltern, Ärzte, Kindergärten, Schulen, Kranken-
assen, aber auch die Lebensmittelindustrie und die
erbewirtschaft müssen gemeinsam ihren Beitrag zur
ösung des Problems leisten. Niemand darf sich verwei-
ern.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das bestimmen Sie oder wie?)


Zweite Forderung: Ressortübergreifende Vernetzung
n der Bundesregierung stärken!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ir brauchen ressortübergreifende Strategien zur Prä-
ention ernährungsbedingter Krankheiten.
Dritte Forderung: Kitas und Ganztagsschulen mit aus-

ewogenen Ernährungsangeboten ausstatten! Die von
ns angeschobene Ganztagsschulbewegung wird in un-
erer Gesellschaft zu mehr Chancengleichheit beitragen
nd soziale Gerechtigkeit fördern. Ein ausgewogenes
rnährungsangebot in Schulen und Kindertagesstätten
ird dazu beitragen, der Fehlernährung unserer Kinder
it all ihren schlimmen Folgen entgegenzuwirken.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch die Oppositionsfraktionen haben Anträge vor-
elegt.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Selbst die!)


n einigen Punkten sind wir nicht weit auseinander. Na-
ürlich brauchen wir eine bessere Ernährungserziehung
n den Schulen und Kindertagesstätten. Natürlich wollen
uch wir die Forschung zur Ernährungsvorsorge intensi-
ieren. Ganz klar: Das Verantwortungsbewusstsein von
ätern und Müttern muss gestärkt werden.


(Zuruf)

Ja, sicher doch! – Mehr Sportangebote sind notwendig.
a hören die Übereinstimmungen aber auch schon auf.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposi-

ion, fordern die Bundesregierung auf, verstärkt auf
igeninitiative der Verbraucherinnen und Verbraucher,
ettbewerb und Marktöffnung zu setzen


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)







(A) )


)

Gabriele Hiller-Ohm

und – ich zitiere aus dem Entschließungsantrag der
FDP – „den eingeschlagenen Kurs der einseitigen politi-
schen Steuerung des Konsums zu beenden“.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie brauchen meine Rede nicht vorwegzunehmen!)


Sie lehnen Eingriffe in das Marktgeschehen und Werbe-
einschränkungen kategorisch ab. Der Markt wird es
schon richten, meinen Sie. Tut er aber nicht, meine Da-
men und Herren!


(Lachen bei der CDU/CSU)

In Bezug auf die Übergewichtsproblematik gibt es zur-
zeit nämlich überhaupt keine Markteinschränkungen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)


Wir haben aber das Problem der Fehlernährung.
An dieser Stelle, meine Damen und Herren von der

FDP und der CDU/CSU, kommen Sie uns stets mit dem
mündigen Bürger, der selbst entscheiden könne, was für
ihn gut sei.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Der hat das Vertrauen in Ihre Partei verloren!)


Doch die Kaufentscheidungen der Verbraucherinnen und
Verbraucher sind natürlich auch eng mit der Angebots-
seite und mit der Vermarktung der Produkte verknüpft.

Ich greife als Beispiel nur einmal das Thema Kinder-
lebensmittel heraus. Wir fordern in Bezug auf die
Bewerbung von Kinderlebensmitteln Klarheit und Wahr-
heit. Sie lehnen Werbeeinschränkungen bei Kinder-
lebensmitteln ab.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Pfui! – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch nicht wahr!)


Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der Opposi-
tion: Kennen Sie die neuesten Ergebnisse der Stiftung
Warentest zu Kinderlebensmitteln nicht? Kein einziges
der getesteten Produkte hält, was es verspricht.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ich würde das Essen verbieten!)


Was die Werbung hier gerade in Bezug auf unsere Kin-
der macht, hat mit einer seriösen, verantwortungsvollen
Produktinformation nicht im Geringsten etwas zu tun.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Um die richtigen Kaufentscheidungen fällen zu kön-
nen, müssen die notwendigen Informationen bereitge-
stellt werden. Das ist doch klar. Wir hatten deshalb ein
Verbraucherinformationsgesetz vorgelegt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Haben wir auch!)


Sie torpedieren es, weil es Unternehmen finanziell zu
sehr belasten könnte.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Stimmt doch gar nicht!)


o, meine Damen und Herren von der Opposition, sieht
hr Engagement für die Verbraucherinnen und Verbrau-
her in Wahrheit aus. Wenn es zum Schwur kommt,
neifen Sie.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Frau Ministerin Künast setzt in der neuen Ernäh-
ungsbewegung auf freiwillige Selbstverpflichtung sei-
ens der Wirtschaft.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ernährungsplattform klingt besser!)


ir unterstützen dies ganz ausdrücklich. Ich hoffe sehr,
eine Damen und Herren, dass dieses Konzept aufgehen
ird.


(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Luftnummer!)


ch bin aber ein wenig skeptisch, denn verantwortliches
andeln seitens der Lebensmittelindustrie und der Wer-
ewirtschaft hörte bisher sehr oft dann auf, wenn es um
en Profit ging. Ich nenne ein Beispiel: Die Hemm-
chwelle zum Alkoholkonsum bei Kindern und Jugend-
ichen wird durch kind- und jugendgerecht aufgemachte
lkoholhaltige Süßgetränke, so genannte Alcopops,
eutlich gesenkt. Die Verantwortlichen stört es ganz of-
ensichtlich nicht, dass Deutschlands Kinder beim Alko-
olmissbrauch schon heute den traurigen vierten Platz in
uropa einnehmen.
Natürlich haben Menschen in unserem Land die freie
ahl, das zu kaufen, was sie wollen, doch wir dürfen da-
ei den Einfluss der Werbung nicht außer Acht lassen.
eder weiß doch, was von der Werbung zu halten ist, ar-
umentieren Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der
pposition.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Meinen Sie jetzt Ihre Plakate?)


och der starke Einfluss der Werbung wird inzwischen
och nicht einmal mehr von der wirtschaftsnahen Zei-
ung „Die Welt“ in Zweifel gezogen. Nach Bekanntwer-
en der jüngsten WHO-Schätzungen zum Übergewicht
chreibt sie von einer Werbemaschinerie, die Kinder-
irne impft und Kinder unentwegt zum Verzehr eigent-
ich ungesunder Lebensmittel verleitet.
Wir brauchen eine neue Ernährungsbewegung in
eutschland. Wir brauchen aber auch eine neue Werte-
rientierung, die den Menschen und nicht vorrangig die
nteressen der Wirtschaft in den Mittelpunkt stellt. Kom-
en wir unserer Verantwortung nach.
Danke schön.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(B)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511400600

Ich erteile das Wort Kollegen Hans-Michael

Goldmann, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU] und Julia Klöckner [CDU/CSU])



Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1511400700

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Vielleicht einmal ein Wort vorweg: Es wäre
mir viel sympathischer, wenn wir von Ernährungsplatt-
form e.V. reden würden und nicht von Ernährungsbewe-
gung. Man müsste einmal darüber nachdenken, ob ein
solcher Begriff in diesem Zusammenhang nicht vermie-
den werden könnte.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Geschätzte Frau Ministerin, ich fand es prima, dass
Sie eine Regierungserklärung abgegeben haben. Ich bin
da etwas anderer Meinung als die Kollegin von der
CDU/CSU. Der Sachverhalt betrifft nämlich 80 Millio-
nen Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, Junge
und Alte. Er betrifft einen riesigen Bereich unserer Wirt-
schaft, nämlich den Ernährungssektor insgesamt, einen
der größten Arbeitgeber. Er betrifft sehr viele Arbeits-
plätze. Deswegen ist es natürlich sehr richtig, sich mit
den Problemen und den Herausforderungen zu beschäfti-
gen, die sich in diesem Bereich ergeben.


(Beifall bei der FDP)

Aber, liebe Frau Ministerin – das möchte ich einmal

ganz schlicht sagen –, ich bin zutiefst enttäuscht von Ih-
rer Regierungserklärung. Sie sind den Ansprüchen, die
man an eine Regierungserklärung stellt – „erklären“
heißt ja: Zusammenhänge darstellen und Wechselwir-
kungen aufzeigen sowie Tiefgang in eine Rede hinein-
bringen –, schlicht und ergreifend nicht gerecht gewor-
den. Ihre Ausführungen, die Sie uns hier dargeboten
haben, kann man nicht anders als sehr flach bezeichnen.

Wenn Sie sich Ihren Redetext – Sie haben ihn uns ja
im Vorfeld zur Verfügung gestellt – noch einmal anse-
hen, dann werden Sie selbst feststellen, dass Sie erst auf
Seite 13 Ihrer 14-seitigen Ausführungen einen gewissen
Lösungsansatz entwickeln. Das ist erschreckend.

Nein, das, was Sie uns hier vorgestellt haben, wird
dem, was Sie fordern, nämlich Kernkompetenzen, über-
haupt nicht gerecht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wir sind gerne bereit, Ihnen zu helfen. Auch wir möch-
ten das bestehende Problem tiefgründig betrachten. Des-
wegen wollen wir auch in der Plattform gerne mitwir-
ken. Aber den Weg, den Sie aufzeigen, lehnen wir
entschieden ab. Der Weg der Bevormundung, den Sie
immer wieder gehen, ist mit den liberalen Gedanken der
Eigenverantwortung und des Selbst-Könnens nicht in
Einklang zu bringen. Sie haben in Ihren Ausführungen
wieder deutlich gemacht, dass Sie sich in dieser Frage
auf einem Irrweg befinden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Zwangsabgabe, Werbeverbote, Diskriminierung – ich atte heute Morgen das unendliche Vergnügen, im Fernehen neben Frau Höfken zu stehen, als sie wieder die eutsche Lebensmittelwirtschaft attackiert hat. Ich finde s unerträglich, wenn hier behauptet wird, junge Menchen würden an dem Genuss bestimmter Produkte kreieren. Ich finde es unerträglich, wenn Sie Ihre Arguente darauf aufbauen, dass ein bedauernswertes reijähriges Kind an Übergewicht stirbt. Das wird der ache nicht gerecht. Hier geht es nicht darum, im Haurauf-Stil auf bestimmte Dinge hinzuweisen, sondern arum, zu bündeln, zusammenzuführen und Lösungsege zu entwickeln, die es – das will ich ganz deutlich agen, Frau Künast – in vielfältiger Form schon gibt, ber die von unten kommen müssen. Wir werden diesem roblem im Verordnungsweg, im Gesetzgebungsweg icht gerecht werden. Da haben Sie einen falschen Anatz; a missbrauchen Sie ein Problem, das es bei Kindern, rwachsenen und auch bei Senioren gibt, in unverantortlicher politischer Weise. Ich habe mit Erschrecken Ausführungen Ihrerseits och einmal nachgelesen. Auch heute haben Sie wieder ine Studie zitiert, in der es heißt, dass die junge Generaon die erste sei, die vor ihren Eltern sterbe. (Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Ja! Es gibt diese Studie!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511400800

Kollege Goldmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage

er Kollegin Dümpe-Krüger?


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1511400900

Ich gestatte gerne eine Zwischenfrage.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511401000

Bitte schön.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Kollege, ich frage Sie, ob Ihnen bekannt ist und
ie Sie bewerten, dass speziell das von der Ministerin
ngesprochene Problem der Altersdiabetes bei Kindern
ich rede nicht von der kindlichen Diabetes – ein Phä-
omen ist, das es noch nie zuvor gegeben hat und das
irklich ganz erschreckende Ausmaße angenommen
at, und ob Sie nicht auch der Ansicht sind, dass zu einer
eränderung und Rückführung in diesem Bereich ein
anzheitlicher Ansatz notwendig ist, wie ihn die Minis-
erin hier beschrieben hat.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)



Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1511401100

Geschätzte Kollegin, ich bin sehr entschieden der
uffassung, dass Ihre Ministerin keinen ganzheitlichen
nsatz aufgezeigt hat, sondern einen staatsbezogenen






(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann

Ansatz. Wenn Sie an den Diskussionen, die wir gerade in
letzter Zeit zu dem Thema hatten, an den Veranstaltun-
gen von der Lebensmittelwirtschaft, von Ärzten, von
Kindertagesstätten und von Schulen teilgenommen hät-
ten, wenn Sie im Rahmen der Grünen Woche bei den
Landfrauen Ihre Unterschrift geleistet hätten – alles Ak-
tionen, die auf mehr Aufklärung in diesem Bereich ab-
zielen und darauf, das Wissen und das Können zu erhö-
hen –, dann würden Sie mir eine solche Frage nicht
stellen. Selbstverständlich müssen wir uns um diese
Dinge bemühen. Es gibt auch Studien darüber, die Ihnen
bekannt sein müssten.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Sie scheinen sie nicht zu kennen!)


Aber diese Studien haben etwas mehr Substanz als zum
Beispiel die Studie, die die Frau Ministerin hier ins Ge-
spräch gebracht hat. Sie zeigt im Grunde genommen
einen simplen Mechanismus auf: Die junge Generation
sei die erste, die vor ihren Eltern sterbe. Man darf es
zwar hier nicht sagen, aber: Das ist doch Schwachsinn!
Das wird doch dem Problem überhaupt nicht gerecht!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Das zeigt doch das Problem auf, Herr Goldmann!)


Das Problem ist doch nicht, dass die junge Generation
vor der älteren stirbt, sondern das Problem ist, dass es in
dieser Gesellschaft eine Anzahl von jungen Menschen
– eine zu große Anzahl – gibt, die sich aufgrund gene-
tischer Veranlagung, sozialer Kompetenzen – wir haben
vorhin die Migrationsfrage angesprochen – und schlicht
und ergreifend aufgrund von Bewegungsmangel selbst
in die Situation versetzen, dass ihnen keine freiheitliche
Teilnahme an unserer Gesellschaft mehr möglich ist.
Das ist das Problem, mit dem wir es zu tun haben. Die-
ses Problem lässt sich, wie ich schon gesagt habe, nicht
von oben nach unten lösen, sondern einzig und allein
von unten nach oben. Das weiß eigentlich jeder, der sich
damit beschäftigt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hatte es schon
angesprochen: Der Problemkreis ist komplex. Es geht
um mehr als um Übergewicht; es geht um Lebensstil und
Gesundheit. Ernährung allein und insbesondere, liebe
Kollegin Höfken, einzelne Lebensmittel sind nicht für
die Entstehung von Übergewicht verantwortlich. Das ist
keine Erkenntnis von mir. Das ist auch nicht neu. Das
hat Professor Müller schon vor vielen Jahren in einer
sehr interessanten Adipositaspräventionsstudie darge-
stellt, die in Fachkreisen jeder kennt. Das Ergebnis ist
simpel: Gewichtsunterschiede von Kindern sind im We-
sentlichen auf Unterschiede der körperlichen Aktivität
bzw. Inaktivität, auf soziale Aspekte und mögliche gene-
tische Risiken zurückzuführen.

Frau Künast, Sie wollen einen neuen Lebensstil und
neue Essgewohnheiten. Sie haben immer wieder „Wir
wollen, wir wollen“ gesagt; aber nicht Sie müssen wol-
len, sondern die Bürger.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie haben uns doch Tiefgang versprochen! Wann kommt der denn mal?)


ie wollen den Bürgern den Appetit verderben. Sie un-
erscheiden Lebensmittel in schlecht und gut, in böse
nd gut.
Sie sollten sich einmal mit den Erkenntnissen der
merikaner in diesem Bereich beschäftigen. Dort gibt es
in hohes Maß an Sorge, dass sich Kinder überhaupt
icht mehr ernähren, weil sie Angst davor haben, sich
it den falschen Lebensmitteln zu ernähren. Ich glaube,
s geht darum, das rechte Maß zu finden. Jeder, der mit
indern zu tun hat – hiervon gibt es unter uns ja
inige –, weiß, dass Verbote – zum Beispiel: Iss keine
chokolade! – überhaupt nicht helfen. Es geht vielmehr
arum, aufzuzeigen, was passiert, wenn das Kind zu viel
chokolade isst. Verteufeln hilft in diesem Bereich über-
aupt nicht.


(Zuruf von der SPD: Das will auch niemand!)

Ich hatte es schon angesprochen: In den USA zeich-

en sich die Ergebnisse der Indoktrination in Bezug auf
as Kalorienzählen – das, was Sie machen, ist Indoktri-
ation – längst ab.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch dummes Zeug ohne Tiefgang, was Sie da erzählen!)


merikanische Kinder fürchten sich davor zu essen. Das
önnen Sie doch nicht wollen.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Das ist doch lächerlich!)


Das, was Sie ausgeführt haben, war hochgradig lächer-
ich, geschätzte Kollegin.


(Beifall der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])


ie erklären, dicke Kinder hätten schlechte Startchancen.
iese Aussage ist in Ordnung; damit sind wir einver-
tanden. Aber sorgen Sie dafür, dass sich die Startchan-
en der Menschen verbessern! Stigmatisieren Sie diese
enschen nicht, sondern nehmen Sie sie in die Gesell-
chaft hinein,


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was erzählen Sie da für einen Unsinn!)


ndem Sie diese Plattform dafür nutzen, den Weg von
nten nach oben auszugestalten!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie sagen, dass sich Kinder falsch ernähren. Wir wol-
n den Kindern sowie den Erzieherinnen und Erziehern
ermitteln, wie man sich gesund ernährt. Wir Liberale
ollen also einen ganz anderen politischen Weg be-
chreiten.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben ja gar nicht zugehört!)







(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann

Das hat auch nichts damit zu tun, dass wir uns aus der
staatlichen Verantwortung zurückziehen wollen, Frau
Künast. Wenn Sie jetzt sagen, das sei Quatsch, zeigt dies
wieder, dass Sie sich mit diesem Thema nicht beschäftigt
haben,


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nicht zugehört!)


sondern dieses Thema populistisch nutzen. Sie hüpfen
im Bereich Ernährung, Verbraucherschutz und Land-
wirtschaft von einem Thema zum anderen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Sie hinterlassen an vielen Stellen Schaden. Sie haben bei
der Diskussion um BSE einen riesigen Schaden hinter-
lassen. Sie haben die Gesamtproblematik dieses Themas
nie erkannt. Sie haben die Folgewirkungen dieses The-
mas überhaupt nicht richtig zur Kenntnis genommen. Sie
wollen seit Beginn Ihrer politischen Arbeit in diesem
Hause beim Thema Verbraucherschutz den Verbrauchern
etwas vorgeben, was der Verbraucher überhaupt nicht
nachvollzieht.

Sie behaupten, wir wollten kein Verbraucherinforma-
tionsgesetz.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Ja, genau! – Ute Kumpf [SPD]: Ja doch!)


Das ist völliger Quatsch. Das stimmt schlicht und ergrei-
fend nicht. Wir wollen eine Regelung, die den Verbrau-
cher in die Lage versetzt, selbst Erkenntnis zu gewin-
nen. Wir wollen keinen Angriff auf unternehmerisches
Tun, der die Marktposition der Unternehmen gefährdet
und wieder nationale Alleingänge im Hinblick auf euro-
päische Regelungen bedeutet. Genau das wollen wir
nicht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen das Informationsbedürfnis befriedigen.
Von einseitigen Schuldzuweisungen sind wir Gott sei
Dank meilenweit entfernt. Wir wollen „Ernährungskön-
nen“, Ernährungsbewusstsein. Wir sprechen uns klipp
und klar zum Beispiel gegen die Schuldzuweisung aus,
dass die Lebensmittelwirtschaft verantwortlich dafür
ist – da machen Sie es sich viel zu leicht –, dass es alko-
holkranke Menschen gibt. Sie können doch nicht ernst-
haft sagen, dass Alkoholismus etwas damit zu tun hat,
dass jemand Wein herstellt.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit den Alcopops? Die zielen doch auf Kinder ab!)


Sie können doch nicht ernsthaft sagen, dass Produkte
wie Chips und Schokolade schon deshalb schlimm sind,
weil der eine oder andere diese Produkte aus Unkenntnis
nicht sachgerecht und ernährungsbewusst verwendet.

Frau Künast, wir bieten Ihnen sehr nachdrücklich an:
Lassen Sie uns gemeinsam Wege gehen, die darauf ab-
zielen, den Verbraucher zu informieren und zu konditio-
nieren, den jungen Menschen das Können an die Hand

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(C (D u geben, sich bewusst zu ernähren und sich mehr zu beegen, und die sozialen Defizite abzubauen! Seien Sie itte ein Stück vernünftig und rücken Sie davon ab, von ben bestimmen zu wollen, was unten passiert! Dieser eg ist zum Scheitern verurteilt. Herzlichen Dank. Ich erteile das Wort Kollegin Ulrike Höfken, Fraktion ündnis 90/Die Grünen. Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Prä ident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann den rünen bestimmt nicht mangelnde politische Hartnäkigkeit vorwerfen und unserer Ministerin ganz gewiss icht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
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Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511401300

as, was Sie betreiben, ist aber eine hartnäckige Reali-
ätsverweigerung.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Hast du überhaupt nicht zugehört?)


ie Stiftung Warentest – bestimmt nicht irgendwelcher
olitischer Ideologien verdächtig – sagt zum Beispiel,
bergewicht und Fehlernährung seien eine Epidemie.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist unwissenschaftlich!)


ch denke, auch Ihnen wird das Lachen noch vergehen,
enn es um das Thema „dicke Kinder“ geht.
Die alten Landwirtschaftsministerien unter Ihrer Re-

ierung haben, obwohl das Ministerium auch damals
undesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
orsten hieß, die Frage der Ernährung auf die Land-
rauen abgeschoben – die hat man dann nicht ernst ge-
ug genommen – oder haben Ernährung zu einer Privat-
ngelegenheit gemacht.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Warum sind die nicht in der Plattform mit dabei?)


ir aber werden Ernährung weiter auf die politische Ta-
esordnung setzen, und zwar als politisches Thema.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich sage dies dann noch einmal: Wir werden nicht bil-
igend in Kauf nehmen, wie die Menschheit in den
lauen von Cola und von Hamburgern krepiert.


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist unerträglich! Ich finde das unverschämt!)


as ist leider nicht übertrieben. Die WHO, die Weltge-
undheitsorganisation, hat sehr klargestellt: Die Haupt-
rsache von nicht übertragbaren Krankheiten ist eine
alsche Ernährung. Diese Ursache bedingt 60 Prozent






(A) )



(B) )


Ulrike Höfken

der Todesfälle. Mehr Menschen – das ist tragisch – lei-
den inzwischen an Übergewichtigkeit als an Hunger. Wir
sehen Handlungsbedarf bei beiden Feldern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Unverschämt!)


Das ist übrigens nicht nur weltweit ein Problem. Die
Situation in Deutschland und in Europa ist genauso alar-
mierend. Hier besteht Handlungsbedarf. Wir werden
FDP, CDU und CSU dabei weiter in die Pflicht nehmen.
Wir werden nämlich nicht zulassen, dass die Verbrau-
cher und die verzweifelten Eltern mit diesen Problemen
allein gelassen werden. Eigenverantwortung ist ein
großes Thema der Grünen und auch der Bundesregie-
rung, genauso wie Aufklärung, genauso wie Informa-
tion. Wir brauchen aber dort, wo diese Probleme nicht
mehr durch Selbstverantwortung gelöst werden können,
Schutz und politische Steuerung. Übrigens ist die Initia-
tive der Bundesministerin – auch das muss man ganz
klar sagen – eine Initiative, die vor allem auf Eigenver-
antwortung zielt.

Wir werden aber nicht zulassen, dass sich Bacardi
und Co mit den Alcopops weiter auf die Zielgruppe der
Kinder und Jugendlichen orientieren. Wir werden auch
nicht zulassen, dass weiter Werbefeldzüge für unsinnige
Diäten die Jugendlichen in die Magersucht treiben. Wir
werden auch nicht dulden, dass Fehlernährung weiter
durch Fehlinformationen unterstützt wird.


(Abg. Ulrike Höfken hält ein „Qoo“-Tetrapack hoch)


Ich habe – das mache ich jetzt zum zweiten Mal – die-
ses Produkt „Qoo“ der Firma Coca-Cola mitgebracht.
Ich habe diese Firma nicht besonders auf dem Kieker,
das ist nur ein gutes schlechtes Beispiel. Es kostet übri-
gens etwa 10 Euro pro Liter. Auf der Packung steht:
„Der gesunde Trinkspaß“. Das ist eine ganz klare Fehlin-
formation. Die Stiftung Warentest sagt: Es ist für Kinder
nicht geeignet. Darum sehen wir an solchen Punkten
Handlungsbedarf.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dass die Milch übrigens 23 Cent pro Liter kostet und
molkehaltige Functional-food-Produkte 4 Euro pro Liter
kosten, auch das werden wir weiter versuchen zu verän-
dern.

Wir sagen Ihnen: Schieben Sie die politische Verant-
wortung nicht weiter von sich. Wir wollen hier weiter
gemeinsam vorangehen. Wir lassen insbesondere der
FDP nicht weiter durchgehen, dass sie kein Verbraucher-
informationsgesetz, das diesen Titel wirklich tragen
kann, keine Unterstützung für die Haushaltsmittel für
Verbraucheraufklärung, keine EU-weiten Verbote für
solch irreführenden Werbungen und keine Beschränkung
für Alcopops will. Sie wollen am liebsten nichts tun.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511401400

Kollegin Höfken, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Goldmann?

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(C (D Bitte. Durchaus geschätzte Kollegin Höfken, sind Sie be eit, zur Kenntnis zu nehmen, dass diese Firma, die Sie etzt schon einige Male als Krepierverursacher und als enjenigen genannt haben, der irgendetwas in die lauen nimmt, in besonderem Maße Sponsor von Juendveranstaltungen, von Jugendsport und auch von Erachsenensport ist und zum Beispiel im Rahmen der ußballeuropameisterschaft in Portugal besonderen Verflichtungen nachkommt? (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das mit Ernährung zu tun?)

Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511401500
Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1511401600

Haben Sie das verstanden? Soll ich das noch einmal
iederholen?


(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich werde noch ein anderes Beispiel nennen. Wenn
ch aus dem Wedding zur Arbeit fahre, komme ich an ei-
em großen Sportgelände vorbei, wo sich ganz beson-
ers Coca-Cola gerade für junge Menschen engagiert,
ie sonst wenig Chancen in unserer Gesellschaft haben.
alten Sie es vor diesem Hintergrund nicht schlicht und
rgreifend für unfair, dass Sie dieses Unternehmen, ohne
ass es eine Chance hat, sich zu wehren, hier wegen sei-
er Produkte an den Pranger stellen,


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie im Grunde genommen keineswegs so negativ einzu-
tufen sind, wie Sie das hier getan haben? Ist das nicht
nfair?
Ich frage auch den Herrn Präsidenten: Ist es zulässig,

ass man hier einen der größten Arbeitgeber in Deutsch-
and in dieser Form in den Dreck zieht?

Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511401700

Sie haben jetzt Ihre Interessensverteidigung deutlich

enug gemacht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

ch denke, Freikaufen nein, Mitverantwortung und
elbstverpflichtung ja. Das ist der Weg, den wir be-
chreiten wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


amit habe ich Ihre Frage beantwortet.
Sie selbst haben in Ihrem Antrag die Instrumente der
HO-Strategie herausgestellt. Dann lassen Sie uns
och einmal sehen, was diese WHO-Strategie eigentlich
edeutet. Denn diese Instrumente, die Sie fordern, leh-
en Sie gleichzeitig alle ab: zum Beispiel in Schweden
in Werbeverbot, das sich auf Kinder unter zwölf Jahren
ichtet, zum Beispiel eine Fettsteuer in Großbritannien,






(A) )



(B) )


Ulrike Höfken

zum Beispiel in Finnland Besteuerungs- und Subven-
tionsabbauinstrumente im Hinblick auf die Lösung der
Probleme bei Fehlernährungen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Verbote! Gebote! Jawohl!)


Die WHO-Strategie, die Sie selbst erwähnen, greift die
Steuerungsinstrumente der Politik massiv auf.

Wir sagen: Eigenverantwortung ja, Selbstverpflich-
tung ja, aber nicht, ohne dass ordnungspolitische Instru-
mente, da wo es nötig ist, einbezogen werden. Wir for-
dern Sie auf, die Bundesregierung und Frau Ministerin
Künast in ihrer Initiative zu unterstützen. Wir fordern
Sie auf, bei den Ländern, gerade in Baden-Württemberg,
Einfluss zu nehmen, dass sie die Verbraucherzentralen
bei ihren Bemühungen in der Ernährungsaufklärung, die
Sie hier so herausstellen, unterstützen und nicht weiter
abbauen.


(Ursula Heinen [CDU/CSU]: MecklenburgVorpommern!)


Wir fordern Sie auf, die Themen Gesundheit, Ernährung
und Bewegung in Bildung und Ausbildung mit uns auf
allen Ebenen zu verankern. Wir fordern Sie auf, in die
Puschen zu kommen. Es ist Zeit dazu. Bewegen Sie sich
mit uns!

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511401800

Kollege Goldmann, weil Sie auch mich gefragt ha-

ben, antworte ich Ihnen: Ich denke, wir sind uns einig,
das Recht auf die freie Meinungsäußerung, das beson-
ders in diesem Hause gilt, schließt die Kritik an Firmen,
seien sie noch so groß, ein. Da sind wir uns einig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – HansMichael Goldmann [FDP]: Meinen Sie große Kinder oder große Firmen?)


– Firmen, so groß sie auch sein mögen, können in die-
sem Hause kritisiert werden. Das ist das Recht auf freie
Meinungsäußerung.

Ich erteile jetzt das Wort der Kollegin Julia Klöckner,
CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1511401900

Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Es ist schon ziemlich bizarr, dass wir uns
heute über das Thema Ernährung bzw. Übergewicht und
Fettleibigkeit unterhalten müssen. Man stelle sich eine
solche Debatte einmal vor 40 Jahren oder aus dem Blick-
winkel von Menschen ärmerer Kontinente vor. Just an
diesem Ort wird zu anderer Zeit über Entwicklungszu-
sammenarbeit und Welthungerhilfe debattiert. Wir müs-
sen uns mit einem Luxusproblem in Deutschland aus-
einander setzen, und nicht nur in Amerika, wohin jüngst

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(C (D taatssekretär Berninger reiste, um fettleibige Kinder zu esichtigen. (Heiterkeit bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ch weiß nicht, was es gebracht hat. Wenn für so etwas
teuergelder ausgegeben werden, mag es ja in Ordnung
ein.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das hat nur Geld gekostet!)


Gekostet hat es einiges. Die dort gewonnenen Erkennt-
isse waren so groß, dass sie in die heutige Regierungs-
rklärung eingeflossen sind. Man kann es bei dieser Er-
lärung aber nur Steuergelderverschwendung nennen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir müssen eins sehen – das ist das Fatale –: Niemals

uvor hatten wir so viele gesunde Lebensmittel, wie
ir sie heute haben.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)

as müssen wir einmal hervorheben, bevor hier ein
chlag gegen diejenigen entsteht, die Nahrungsmittel
erstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

an bekommt fast den Eindruck, dass dies die Haupttä-

er und Kriminelle sind, weil sie Nahrungsmittel anbie-
en. Dass wir jetzt eine Auswahl an Nahrungsmitteln und
twas in den Regalen haben, dafür können wir erst ein-
al dankbar sein. Wie wir uns dann ernähren, ist dann
nsere Sache. Ich möchte nicht, dass mir irgendwann ein
inisterium mein tägliches Carepaket vorschreibt. Ich
abe das Recht, mich anders zu ernähren, als es mir die
egierung vorschreiben will.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Unerhört!)


Frau Ministerin, es ist richtig – ich lobe Sie also –,
ass Sie dieses Thema aufgreifen. Von Ihrer Rede war
ch aber schon enttäuscht. Sie haben lediglich eine be-
chreibende Situationsanalyse gegeben. Das haben wir
inlänglich lesen können, aber nicht nur von Ihnen. Die-
es Thema ist nicht von Ihnen erfunden worden, sondern
st seit langem bekannt. Ich hätte mir von Ihnen das ge-
ünscht, was unsere Kollegin, Frau Heinen, aufgegrif-
en hat, nämlich zu sagen, was zu tun ist. Das hat mir in
hrer Regierungserklärung gefehlt. Wenn Sie schon eine
olche Erklärungsform wählen, wäre das sehr ange-
racht gewesen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben dieses Thema aus meiner Sicht viel zu spät

ufgegriffen und sich zu sehr an Werbe- und Imagewirk-
amkeit ausgerichtet. In Ihrer Antwort auf unsere Kleine
nfrage ist nachzulesen, dass sich die einzelnen Minis-
erien des Themas viel zu unkoordiniert annehmen. Sie
ber schreiben vorab ein 270-seitiges Buch mit dem Ti-
el „Die Dickmacher – Warum die Deutschen immer fet-
er werden und was wir dagegen tun müssen“.






(A) )



(B) )


Julia Klöckner


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Hört! Hört! Wo kann man das erwerben? – Ursula Heinen [CDU/CSU]: Wann gibt es das?)


– Das soll im September erscheinen und 17 Euro kosten.
Es ist also nicht für die Schichten, die eigentlich betrof-
fen sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nur Ihr Konterfei, Frau Ministerin, ziert das Buch

„Die Dickmacher“. Ich halte es für sehr unpassend, dass
nur Ihr Konterfei auf dem Buchumschlag zu sehen ist.
Die Frage ist: Worum geht es Ihnen eigentlich, wenn Sie
Ihr Bild auf einem solchen Buch abdrucken lassen? Geht
es Ihnen um das Thema oder um Ihre Selbstdarstellung?


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Ich möchte noch eine Frage stellen: Was passiert
eigentlich mit der angekündigten Ernährungsplatt-
form? Gott sei Dank haben Sie Ihre Idee eines Zwangs-
und Straffonds für Nahrungsmittelhersteller verworfen,
weil Sie damit nicht durchkamen.


(Renate Künast, Bundesministerin: Die hatte ich nie!)


– Wenn Sie die nie hatten, müssen Sie Ihre Pressemittei-
lungen besser kontrollieren; denn nachzulesen ist dies.

Wie ernst meinen Sie es überhaupt mit dieser Platt-
form? Sie sagen, Sie wollen sich mit Ärzten, Ernäh-
rungsberatern, Sportlern, Vertretern der Ernährungsin-
dustrie – nicht mit den Landfrauen; Frau Höfken hat die
Landfrauen hervorgehoben; es wäre schön, wenn man
sie auch einladen würde – an einen runden Tisch setzen
und mit ihnen Lösungsansätze erarbeiten. Jetzt frage ich
mich: Tagt diese Plattform seit einem Jahr im Geheimen
oder wie können Sie in Ihrem Buch sonst deren Lö-
sungskonzept vorlegen? Ich kann mir darauf keinen
Reim machen. Schon der Untertitel Ihres Buches „Wa-
rum die Deutschen immer fetter werden und was wir da-
gegen tun müssen“ deutet auf das Vorliegen einer Lö-
sung hin. Entweder haben Sie mit dem Verlag vereinbart,
dass das bis September noch kommt, oder diejenigen,
die an Ihrer Plattform mitarbeiten, bekommen gesagt,
was sie zu denken und zu sagen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Für uns ist es wichtig, dass Sie uns bitte mit einer Er-
nährungsdiktatur verschonen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das beste Beispiel hierfür ist das von Ihnen angestrebte
Verbot der Health Claims. Wir sind auch gegen irrefüh-
rende Werbung. Dafür gibt es aber schon Gesetze.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach so! – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die ist verboten!)


– Es gibt diese Gesetze und es wäre schön, wenn Sie sich
diese einmal zur Hand nehmen und überprüfen würden.
Ein Verstoß dagegen wird mit Strafen sanktioniert.


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(C (D (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der FDP)


Vielleicht könnten wir einmal klären, wer hier reden
arf.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511402000

Frau Kollegin, Sie sind sehr gut zu verstehen. Auch

ei Ihren Vorrednern gab es von der Fraktion der CDU/
SU Zwischenrufe und der Redner war trotzdem zu hö-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1511402100

Da gab es aber keine trilingualen Gespräche, um per-

önliche Ansichten auszutauschen.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Vielleicht diskutieren Sie lieber mit uns als mit dem Präsidenten! Kommen Sie doch einmal zur Sache! – Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Wir warten die ganze Zeit!)


Sie warten die ganze Zeit. Wir warten noch, bis die Re-
ierungserklärung neu aufgelegt wird und wir wissen,
as Sie tun wollen.
Beängstigend ist für uns, dass in Ihrem Buch auf

2 Seiten Bilder von Kalorienbomben gezeigt werden.

(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meine Güte! Was soll denn das?)

ie kennen das Buch wahrscheinlich noch nicht. Ver-
tändlich, Ihre Überraschung! Man kann Nahrungsmittel
icht in gut oder schlecht, in Bio oder konventionell un-
erteilen. Entscheidend sind der Lebensstil, der Bewe-
ungsstil und die Ernährungweise.
Besonders hervorzuheben ist die Verantwortung der
ltern. Ich weiß, dass Sie ein Problem mit Familienbil-
ern haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ie können doch nicht sagen, dass der Staat eingreifen
uss, weil die Eltern es nicht schaffen, ihren Kindern
as Richtige zu essen zu geben, zu kochen und sich mit
ieser Thematik auseinander zu setzen. Man kann nicht
ur Symptome behandeln. Sie müssen auch an die
urzel gehen. Es bringt nichts, wenn Sie die Kinder in

euere Kuren schicken. Nach drei Monaten kommen sie
ach Hause und das Elend geht von vorne los.
Es ist nicht richtig, dass Sie ein Feuerwerk von Platt-

ormen, Kampagnen und Bewegungen initiieren, sie
ber nicht koordinieren. Die eine Aktion kommt aus dem
undesministerium für Gesundheit und Soziale Siche-
ung, die andere aus Ihrem Ministerium, Frau Künast.
as letztgenannte Ministerium lässt zu den Themen Bro-
chüren drucken, zu denen das erstgenannte Ministerium
chon längst Broschüren bei der Bundeszentrale für ge-
undheitliche Aufklärung in Auftrag gegeben hat und in-
wischen verteilen lässt.






(A) )



(B) )


Julia Klöckner

Ich verstehe nicht, warum Sie, Frau Künast, sich jetzt

als die Entdeckerin der Übergewichtsprävention feiern
lassen und glauben, Sie hätten dieses Thema erfunden
und in Kindergärten, Schulen und Familien eingebracht.
Die Schulen arbeiten schon längst mit entsprechenden
Unterrichtsmaterialien. Ich finde, Sie sollten sich diese
Unterlagen, die mit Steuergeldern finanziert wurden, zu-
nächst einmal anschauen und dann überlegen, was man
noch ergänzen kann.

Ich freue mich, dass das Innenministerium heute ver-
treten ist, denn der Sport spielt auch eine Rolle. Dazu
haben wir bisher leider noch nichts gehört.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Bewegung ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges
Thema. Fördern Sie doch bitte die Sportvereine und die-
jenigen, die ehrenamtlich tätig sind und damit eine so-
ziale Aufgabe erfüllen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Renate Gradistanac [SPD]: Wer hat denn die Übungsleiterpauschale eingeführt?)


Es herrscht, gelinde gesagt, ein Chaos bei der Abstim-
mung zwischen den Ministerien. Imagekampagnen – auch
das müssen wir bedenken –, die diejenigen ansprechen,
die es gar nicht angeht, helfen wenig. Ich weiß, dass da-
mit auch Wähler angesprochen werden sollen. Das ist
fein und in der Demokratie erlaubt. Es hilft aber denkbar
wenig, wenn die betroffenen sozialen Schichten, in de-
nen sich fehlernährte Kinder befinden, die die meiste
Zeit vor dem Fernseher und nicht auf dem Spielplatz
verbringen und zu zuckerreich und zu fett essen, nicht
angesprochen werden.

Wir brauchen Vorbilder. Es ist kontraproduktiv – auch
das muss man berücksichtigen –, wenn Fußballspieler für
Fast-Food-Ketten Werbung machen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Fordern Sie ein Verbot?)


Fatal ist aber noch etwas anderes – das haben sowohl
Kollegin Heinen als auch Kollege Goldmann angespro-
chen –: Versuchen Sie bitte nicht, aus einer Aktion oder
einer Initiative ein kleines Feuerwerk zu veranstalten;
das verpufft nämlich sehr schnell. Wir müssen ganzheit-
lich denken. Der Mensch ist ein ganzheitliches Wesen, er
hat verschiedene Dimensionen. Eine Dimension davon
ist die Frage, wo unsere Nahrungsmittel herkommen.
Der Bezug zu den Nahrungsmitteln ist von Bedeutung.
Wenn die Nahrungsmittel importiert werden, ich nicht
mehr weiß, wo sie herkommen, ich nicht weiß, dass die
Kuh nicht lila ist, muss ich daraus die Schlussfolgerung
ziehen, dass ich den Berufsstand fördern muss. Sie aber
lassen die Bauern und Landwirte dahinvegetieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Förderung der Bauern und Landwirte stellt eine ge-
samtgesellschaftliche Bereicherung dar. Sie kappen die
Wurzel und beklagen anschließend, dass keine Blüte ent-
steht. Sie müssen sich schon für ein Ziel entscheiden und
nicht hin- und herspringen.

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(C (D Wir kommen noch einmal auf das Thema Bewegung u sprechen. Frau Künast, Sie haben in einigen Reden, nter anderem bei der Ernährungsindustrie, gesagt, dass ie Folgen von Fehlernährung durch das geringe Ausaß an Bewegung verschärft würden. Wir hingegen saen, es ist keine Frage von Hauptoder Nebenursache, ondern diese Themen sind gleichrangig. Diese Gleichangigkeit gilt auch für das Thema Mangelund Untererährung. Bitte verschonen Sie uns davor, jetzt das eine hema bevorzugt zu behandeln und im nächsten Jahr die angelund Unterernährung auf die Plattform zu zieen. Sie zitieren sehr gerne aus Studien. Sie müssten auch ie der Charité gelesen haben, nach der 20 bis 30 Proent der Patienten unterernährt sind und mit einem Geichtsverlust von 10 Prozent eine Verdoppelung der Geundheitskosten einhergeht. Bitte lassen Sie uns dieses Thema gesamtgesellschaft ch betrachten. Sprechen Sie, Frau Künast, auch einmal it der Gesundheitsministerin. Es wäre schön, wenn sie eute auch anwesend gewesen wäre. Schließlich betrifft s sie auch, weil sie Gelder für Materialien bereitstellt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir bieten Ihnen unsere Hilfestellung an, sagen Ihnen
erne, wer mit diesem Thema befasst ist. Wir helfen Ih-
en auch beim Koordinieren der Ministerien, wenn es
ein muss. Wir sind für eine verantwortungsvolle, weit-
lickende und nachhaltige Politik, die im Denken und
andeln ideologie- und radikalitätsfrei ist und gesamtge-
ellschaftlich angelegt ist. Wir sind für eine Politik, die
on einem mündigen Bürger und einer mündigen Bürge-
in ausgeht, die von einem mündigen Verbraucher und
unden ausgeht. Bei der Umsetzung einer solchen Poli-
k helfen wir Ihnen sehr gerne.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511402200

Ich erteile das Wort Kollegin Elvira Drobinski-Weiß,

PD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)



Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1511402300

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Mit Dicken macht man gerne Späße
Dicke haben Atemnot
Für Dicke gibt’s nichts anzuzieh’n
Dicke sind zu dick zum Flieh’n

o hieß es Ende der 70er-Jahre in einem Lied über Dicke
on Marius Müller-Westernhagen. Der Text war damals
mstritten, Übergewichtige fühlten sich diskriminiert.
Nun, was für Erwachsene gilt, gilt in verstärktem
aße für Kinder und Jugendliche. Wir haben es heute
chon mehrfach gehört: Jedes fünfte Kind und jeder
ritte Jugendliche in Deutschland ist zu dick und muss
ich deshalb solche Späße über Dicke anhören. „Fett-






(A) )



(B) )


Elvira Drobinski-Weiß

wanst“, „Fettsack“, „Schwabbelkuh“ – der Hohn der Al-
tersgenossen kennt kaum Grenzen. Die Opfer solcher
Beschimpfungen befinden sich in einem Teufelskreis,
denn Spott und soziale Ausgrenzung führen zu Minder-
wertigkeitskomplexen und diese wiederum zu weiteren
Fressattacken.

Chips, Pommes, Hamburger, Schokoriegel und an-
dere Süßigkeiten – alles zu süß und zu fett. Von allem zu
viel wird wahllos heruntergeschlungen. Viele dieser Kin-
der haben kein Verhältnis zum Essen, zur Nahrung und
damit auch zu ihrem Körper: Sie essen nicht, weil sie
Hunger haben, sondern sie stopfen in sich hinein, den
ganzen Tag lang, einfach so nebenher. Nur noch in weni-
gen Familien wird gemeinsam gegessen. Viele dieser
übergewichtigen Kinder ernähren sich unbeaufsichtigt in
Burger- und Imbissketten. Wann sie wirklich hungrig
sind und was ihr Körper braucht, um sich wohl zu füh-
len, dafür haben diese Kinder jedes Gefühl verloren. Ein
so gestörtes Körpergefühl spiegelt sich auch in der Frei-
zeitgestaltung der Kinder und Jugendlichen wider:
Fernsehen und mit dem Computer spielen – das ist be-
quem, da ist ein zu schwerer, unbeweglicher Körper
auch nicht im Weg. Bewegung dagegen, Sport, das ist
anstrengend und da sehen dann auch alle, wie dick und
unbeweglich man ist.

Dicke Kinder sind arme Kinder, dies stimmt im dop-
pelten Sinn: Sie sind arm, weil sie gehänselt und ausge-
grenzt werden, und sie sind arm, weil sie eher sozial
schwachen Strukturen entstammen. Die ohnehin knap-
pen Mittel fließen dann meist nicht in gesunde – weil
letztendlich doch teurere – Lebensmittel. Die Kinder
werden sich selbst überlassen, nicht beaufsichtigt, nicht
zu gesundem Essverhalten oder einer aktiven Freizeitge-
staltung angeleitet. Diese armen Kinder sind aber zu-
gleich „reich“: Sie bekommen viel Taschengeld, das sie
dann für Pommes und Süßigkeiten ausgeben.

Falsche Ernährung verursacht Krankheiten – wir ha-
ben es vorhin vielfach gehört –: Bluthochdruck, Zucker-
krankheit, Gefäßverkalkung, Gelenkerkrankungen, er-
höhte Cholesterinwerte, bis hin zum Herzinfarkt reichen
die gesundheitlichen Folgen. Neue Studien zeigen zu-
dem auch ein erheblich erhöhtes Krebsrisiko, insbeson-
dere des Krebses der Speiseröhre und des Dickdarms,
gerade bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen.
Solche Krankheiten können bei ihnen keine Alterssymp-
tome sein, worauf Frau Ministerin Künast vorhin schon
in sehr dramatischer Weise hingewiesen hat.

Übergewicht ist nicht allein ein deutsches Problem.
Über 1 Milliarde übergewichtige Erwachsene und
17 Millionen übergewichtige Kinder weltweit meldet die
Weltgesundheitsorganisation, WHO, in ihrem jüngsten
Bericht über globale Strategien der Ernährung. Sie
spricht von einer Epidemie, und zwar einer Besorgnis er-
regenden Epidemie.

„Dicke Kinder kosten die Kassen 30 Milliar-
den Euro“ – so titelte die „Welt am Sonntag“ Ende Fe-
bruar. Durch falsche Ernährung verursachte Krankheiten
sind eben auch ein Kostenfaktor für das deutsche Ge-
sundheitssystem. Für die Behandlung dieser Krankhei-
ten geben die gesetzlichen Krankenkassen jährlich also

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(C (D und 30 Milliarden Euro aus. Es besteht also ein drinender Handlungsbedarf. Durch ein bewussteres Ernähungsverhalten ließen sich ernährungsbedingte Krankeiten eindämmen und damit auch Mittel einsparen, die n anderer Stelle sinnvoll verwendet werden könnten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir müssen unsere Kinder und vor allem deren Eltern
das ist mir in den Beiträgen heute immer viel zu kurz
ekommen – für das Thema „gesunde Ernährung“ sensi-
ilisieren. Wir müssen sie über die fatalen Folgen eines
alschen Essverhaltens aufklären. Dies ist natürlich, wie
chon vielfach gefordert, auch eine wichtige Aufgabe
er Kindergärten und Schulen. Dies ist aber auch eine
esamtgesellschaftliche Aufgabe.
In unseren Antrag, den wir heute hier einbringen, sind

ll diese Überlegungen mit eingeflossen. Zumindest ein
iel ist auch dank der Bemühungen von Ministerin
ünast um das Thema „gesunde Ernährung“ bereits er-
eicht worden: Die Medien sind aufmerksam geworden.
m 2. Juni 2004 erschien ein „Stern“-Artikel mit dem
itel: „Generation XXL“. Im April gab es im ZDF drei
endungen unter dem Titel „Dicke Kinder – gefährliche
ukunft?“. „Geo“ hat ebenso wie „Die Zeit“ darüber be-
ichtet. Das heißt, die Berichterstattungen über unge-
unde Ernährungsgewohnheiten und ihre Folgen nehmen
u.
Unser Ziel muss es sein, den Trend zum Übergewicht

urch Ernährungsaufklärung abzuschwächen und
öglichst umzukehren. Bei diesem Ziel sind wir uns si-
her alle einig. Deshalb bitte ich Sie, liebe Kolleginnen
nd Kollegen, unsere Initiativen zum Erreichen dieses
iels über alle Fraktionsgrenzen hinaus zu unterstützen.
Pommes und Hamburger ersetzen kein Mittagessen.
enauso wenig sind Süßwaren und Knabberartikel Le-
ensmittel im eigentlichen Sinne des Wortes, nämlich
ittel zum Leben. Wäre es nicht eine Überlegung wert,
b ein ungesundes Essverhalten nicht auch finanziell un-
ttraktiver gestaltet werden sollte? Ist es gerechtfertigt,
ass Süßwaren und Knabberartikel mit dem ermäßigten
msatzsteuersatz von 7 Prozent besteuert werden?


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das besprechen Sie einmal mit Ihrem Finanzminister!)


chließlich hat der Gesetzgeber bei der Einführung der
msatzsteuer nach dem Mehrwertsteuersystem zum
. Januar 1968 entschieden, dass fast alle Nahrungsmit-
l – ausgenommen die meisten Getränke – aus „sozial-
olitischen Erwägungen“ mit dem ermäßigten Satz be-
teuert werden. Was damals Sinn machte, ist vielleicht
icht mehr aktuell. Solche „sozialpolitischen Erwägun-
en“ könnten gute Gründe dafür sein, ungesunde Nah-
ungsmittel finanziell unattraktiver und gesunde dafür
ttraktiver zu machen.
Auch in anderen Ländern wird über solche Maßnah-
en nachgedacht. In Australien – vorhin wurden auch
chon andere Länder genannt – ist eine Fettsteuer im Ge-
präch, eine Sonderabgabe auf Pommes, Hamburger, Sü-
igkeiten und Süßgetränke.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Enzymsteuer! Künaststeuer!)







(A) )



(B) )


Elvira Drobinski-Weiß

Dort sind bereits 60 Prozent der Bevölkerung überge-
wichtig. Die Zahl der Kinder mit Diabetes ist enorm an-
gestiegen.

Ich möchte mit dem nochmaligen Appell an alle hier
im Haus schließen, unsere Initiativen für eine gesündere
Ernährung, für mehr Bewegung sowie gegen Überge-
wicht und die dramatischen gesundheitlichen Folgen zu
unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511402400

Kollegin Drobinski-Weiß, dies war Ihre erste Rede

hier, nachdem Sie erst vier Wochen Mitglied des Deut-
schen Bundestages sind. Unsere herzliche Gratulation.


(Beifall – Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Danke!)


Ich erteile nun Cornelia Behm, Bündnis 90/Die Grü-
nen, das Wort.


Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511402500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Die Kriegs- und Nachkriegsgenerationen sind
noch immer geprägt vom Hunger, den sie erlitten haben;
Frau Klöckner wies vorhin darauf hin. Es wird gegessen,
was auf den Tisch kommt; der Teller wird aufgegessen;
Essen wirft man nicht weg – diese Worte haben sich tief
in das kollektive Gedächtnis eingeprägt. Am Ende der
Nachkriegszeit kam die Fresswelle. Essen hatte nach
dem Zweiten Weltkrieg für die Menschen große Bedeu-
tung.

Bedingt durch die deutsche Teilung sind jedoch auch
in den Lebensgewohnheiten unterschiedliche Entwick-
lungen in den zwei deutschen Staaten zu erkennen. Im
Westen begann der Siegeszug der Fertiggerichte. Gute
Butter und Schokolade waren Zeichen des Wohlstands.
Das eigene Auto wurde zum Statussymbol. Schwere
körperliche Arbeit wurde durch Technik ersetzt. – Im
Osten war die Auswahl an Fertiggerichten durchaus
überschaubar. Es wurde mehr selbst gekocht. Statt Butter
gab es Margarine. Schlagsahne war lange Zeit Bück-
ware. Wir stellten sie zu festlichen Anlässen her, indem
wir Butter und Milch mit dem Mixer wieder zusammen-
fügten. Dafür aber gab es Schulmilch und Schulessen,
und zwar flächendeckend. Ich bin wohl nicht verdächtig,
DDR-nostalgisch zu sein, sondern schildere das ganz
wertfrei.

Mit dem Mauerfall veränderte sich die Situation in
Ostdeutschland plötzlich gravierend. Es hielten Fertig-
produkte mit einem hohen Gehalt an Fett, Zucker, Zu-
satzstoffen und Geschmacksverstärkern Einzug. Eine
Folge: Der Geschmack der Konsumenten wandelte sich.
Beispielsweise trinken heute jüngere Leute auch in Ost-
deutschland viel süßere Produkte als meine Generation.
Eine weitere Folge: Kinder kennen Obst- und Gemüse-
sorten kaum noch im Rohzustand. Sie wissen nicht, wie
man mit ihnen umgeht und wie ihr unverfälschter Ge-
schmack ist.

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(C (D Was besonders schlimm ist: Kinder sitzen im Zimer, während draußen die Autos „spielen“. Kinder ürfen nicht mehr allein zur Schule radeln oder laufen, ondern werden gefahren. Dazu kommt, dass Schulchließungen aufgrund zurückgehender Schülerzahlen ie Schulwege verlängern und Schulbusse erforderlich achen. Sport ist das Schulfach, welches am häufigsten usfällt. Schulsportgemeinschaften, die diesen Mangel usgleichen, fehlen. Das Ergebnis dieser veränderten Lebensgewohnhein ist bei Kindern besonders gut messbar. Eine Analyse er Einschulungsund Schulabgangsuntersuchungen des esundheitsdienstes im Land Brandenburg stellt fest, ass die 1999 im Land Brandenburg untersuchten sechsnd 16-jährigen Kinder und Jugendlichen durchschnittch schwerer und größer sind sowie höhere Body-Massndizes als zehn Jahre zuvor haben. Dementsprechend at der Anteil übergewichtiger und stark übergewichtier Kinder und Jugendlicher zugenommen. Das ist in ohem Maße besorgniserregend; denn bekanntermaßen erden aus dicken Kindern auch meist dicke Erwachene mit all den gesundheitlichen Problemen. Die Bundesregierung hat bereits zahlreiche Maßnahen ergriffen, um die Dreiecksbeziehung zwischen Beegung, Ernährung und Gesundheit ins rechte Lot zu ringen. Doch die Maßnahmen des Bundes allein reihen nicht aus. eshalb hat Bundesministerin Künast zu einer neuen rnährungsbewegung für Deutschland aufgerufen. ier haben auch die Länder und Kommunen ihren Anteil u leisten. Frei nach dem Motto „Was Hänschen nicht rnt, lernt Hans nimmermehr“ muss die Trendumkehr ei den Kindern ansetzen. Kinder müssen wieder raus an ie frische Luft, müssen lernen, dass Essen Kultur ist nd Bewegung Spaß machen kann. Hier haben die Läner ihre Aufgabe. Wir brauchen in Kitas und Schulen den Lerninhalt Er ährung. Kinder sollen neben dem Schulessen auch chulmilch bekommen. Das darf nicht an der Bequemchkeit der Hausmeister scheitern, wie es mir erst jüngst us Brandenburg geschildert wurde. Kinder müssen reelmäßig Sportunterricht erteilt bekommen. Vereinsport darf nicht kaputt gespart werden. Schulen, vor allen Dingen Grundschulen, müssen ußläufig erreichbar sein. Länder und Kommunen müsen für sichere Schulwege sorgen, damit Kinder wieder ehr laufen und radeln können. Es gibt viel zu tun. Bei den Haushaltsberatungen können Landesund ommunalpolitiker beweisen, wie ernst sie es mit den nvestitionen in die Zukunft meinen. Ich bin auf eine eue Ernährungsbewegung in Deutschland gespannt. (Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ich bin auch gespannt!)


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das stimmt!)


Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511402600

Ich erteile das Wort Kollegin Gesine Lötzsch.

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1511402700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Sehr geehrte Gäste! Ich bin Abgeordnete der PDS.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wir wissen das!)

Um die Sache gleich auf den Punkt zu bringen: Die

Agenda 2010 macht krank und dick. Das werde ich
gleich begründen. Doch vorher einige Worte zur Initia-
tive für eine neue Ernährungsbewegung in Deutschland.
Wir, die PDS, unterstützen die Initiative von Frau
Künast in vielen Punkten. Zum Beispiel ist die Auffor-
derung an die Lebensmittelindustrie, kalorien- und fett-
ärmere Lebensmittel herzustellen, sehr vernünftig. Die
Frage, an der sich das messen lassen muss, ist nur, ob die
Lebensmittelindustrie dieser Aufforderung folgen wird.
Da bin ich eher skeptisch.

Frau Künast, bei mir entsteht oft der Eindruck, dass
Sie die Menschen einfach nur besser erziehen wollen.
Das halte ich nur zum Teil für richtig und möglich. Es ist
hier schon erörtert worden, dass es viele Gründe gibt,
warum sich Menschen ungesund ernähren. Einen Grund
möchte ich an dieser Stelle besonders betonen, da er in
dieser Debatte zwar schon angesprochen wurde, aber et-
was zu kurz gekommen ist.

Armut befördert eine ungesunde Ernährung. Der So-
zialhilfesatz in Deutschland reicht bei einer Familie nur
20 Tage lang für eine gesunde Ernährung. Zu diesem Er-
gebnis gelangten Forscher der Universität Gießen in
einer Studie. Aus finanziellen Gründen verpflegten sich
Sozialhilfeempfänger vorwiegend mit Brot, Kartoffeln
und Teigwaren –


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Eigentlich ziemlich gut!)


so die Ernährungswissenschaftlerin Lehmkühler, die
diese Studie erarbeitet hat. Für ausreichend Obst und
Gemüse reicht das Geld nicht. Die Wissenschaftlerin be-
richtet von den gravierenden Folgen, die diese Fehl-
ernährung besonders bei Kindern hat. Mit dem Begriff
„Streckphase“ beschreiben Betroffene, dass sie Geld und
Essensreste oft bis zur nächsten Geldüberweisung stre-
cken müssen, damit ihr Haushalt über die Runden
kommt bzw. überhaupt etwas zum Essen und Trinken
auf den Tisch kommt.

Unabhängig von dieser Studie aus Gießen möchte ich
noch eine andere von der Universität Kiel anführen, die
zu ähnlichen Ergebnissen über das Ernährungsverhalten
von Kindern kommt. Dort wurde festgestellt – das ist
wirklich alarmierend –, dass Jungen und Mädchen aus
ärmeren Familien oft übergewichtig seien und gleichzei-
tig aufgrund der Mangelernährung an Minderwuchs lit-
ten. Wir reden hier nicht über Uganda oder den Sudan,
wir reden über eines der reichsten Länder der Welt, über
Deutschland.

Es gibt eine soziale Gruppe, die wegen der Agenda
2010 immer größer werden wird, die sich nicht gesund

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(C (D rnähren kann, selbst wenn sie es wollte, weil diese enschen einfach nicht genug Geld in der Tasche haen. Eine Voraussetzung für eine neue Ernährungsbeweung ist also auch die Bekämpfung von Armut in eutschland. Was Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, mit er Agenda 2010 beschlossen haben, ist ein Armutsproramm für weite Teile der Bevölkerung und damit, Frau ünast, ein Armutszeugnis für die Bundesregierung. (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist blan ker Unsinn! Das wissen Sie ganz genau!)


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Das ist überhaupt kein Unsinn. – Zu Beginn des nächs-
en Jahres wird das Arbeitslosengeld II eingeführt wer-
en. Was bedeutet Arbeitslosengeld II? Das bedeutet die
usammenlegung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe
uf dem Niveau der Sozialhilfe. Das bedeutet, dass ein
ensch im Osten Deutschlands, der Arbeitslosenhilfe-
mpfänger war und Arbeitslosengeld-II-Bezieher wird,
ur noch 331 Euro, ein Arbeitslosengeld-II-Bezieher in
erlin und im Westen 345 Euro im Monat zur Verfügung
aben wird. Ich frage Sie, meine Damen und Herren,
nd Sie, Frau Künast: Wie soll man sich im Osten von
31 Euro bzw. im Westen und in Berlin von 345 Euro
esund ernähren? Wie wollen Sie auf der Basis des Ar-
eitslosengeldes II eine gesunde Ernährungsbewegung
ür Deutschland durchsetzen? Das ist die entscheidende
rage.
Die Frage des Übergewichts ist vor allen Dingen eine

oziale Frage. Wenn diese soziale Frage nicht gelöst,
ondern verschärft wird, wird sie diese Ernährungsbewe-
ung behindern bzw. verhindern.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Sehr geehrte Frau Künast, bei mir entsteht der Ein-

ruck, dass die von Ihnen vorgestellte Initiative zwar
ehr gut gemeint ist, dass Sie viele gute Ideen haben und
uch viele Menschen auf eine vernünftige Weise zusam-
engebracht haben, dass aber die zentrale Frage der so-
ialen Absicherung nicht beantwortet wird. Sie wird
ielmehr durch die Agenda 2010 verschärft. Wenn die
ot-grüne Bundesregierung dieses Armutsprogramm
icht korrigiert, wird in Deutschland keine Grundlage
ür eine gesunde Ernährung entstehen. Sie muss die
genda 2010 korrigieren, damit das Ziel von Frau
ünast umgesetzt werden kann. Dabei werden wir Sie
erne unterstützen.
Vielen Dank.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511402800

Ich erteile das Wort Kollegin Marlene Mortler, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Marlene Mortler (CSU):
Rede ID: ID1511402900

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten
amen und Herren! Wir reden heute zur besten Sende-






(A) )



(B) )


Marlene Mortler

und Redezeit im Plenum über Ernährung und Bewe-
gung. Ich habe durchaus Verständnis für die Menschen
in unserem Land, die sich fragen: Habt ihr in Berlin
keine anderen Sorgen?

Die sozialen Sicherungssysteme kollabieren.

(Manfred Helmut Zöllmer [SPD]: Das ist doch Blödsinn!)

Die Schuldenberge wachsen und lassen unseren Nach-
wuchs schon in jungen Jahren alt aussehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ministerin Künast kämpft gegen Kalorien und Kilo-

gramm. Gleichzeitig kämpfen Millionen Menschen auf
der Welt um das nackte Überleben. Das ist verrückt. Es
muss uns auch zu denken geben, dass unter diesen Hun-
gernden Millionen Bauern sind. Es sind Bauern, die Le-
bensmittel – also Mittel zum Leben – erzeugen. Das ist
die eine Seite.

Wir beschäftigen uns heute mit der anderen Seite,
nämlich damit, dass ernährungsbedingte Krankheiten,
die schon im Kindesalter auftreten, massiv auf dem Vor-
marsch sind. Ein neuer Umgang mit Essen und Trinken,
mit Lebensmitteln und dem eigenen Körper ist in der Tat
eine wichtige Zukunftsaufgabe.

Die Zahlen der WHO sind genannt worden. Auch die
in Großbritannien angedachte Fettsteuer ist bereits ange-
sprochen worden. Ich selber konnte im Rahmen einer
Delegationsreise in die USA feststellen, wie viele dicke
Menschen bzw. Kinder dort leben. Ehrlich gesagt war
auch ich schockiert.

Der „Focus“ schreibt in seiner neuesten Ausgabe über
die Wenig-Fett- bzw. Wenig-Kohlenhydrate-Manie in
den USA. Superfett und superdürr sind Extreme; es sind
keine Lösungen. Darüber sind wir uns sicherlich einig.
Essstörungen sind im Gegensatz zu Übergewicht psy-
chosomatische Störungen, die vor allem in der Pubertät
auftreten. Sie wachsen sich nicht aus. Vielen wird die
Magersucht zum Lebensinhalt.

Eine exzessive Beschäftigung mit Körper und Ge-
wicht sowie Diäten sind unter Jugendlichen weit verbrei-
tet. Untersuchungen zeigen, dass sich bereits Sieben- bis
Zehnjährige zu dick finden und Diät halten.

Ich zitiere in diesem Zusammenhang Sie, sehr ver-
ehrte Frau Künast:

Ernährungsbedingte Krankheiten verursachen er-
hebliche Kosten. Sie werden auf etwa ein Drittel
der Gesamtkosten unseres Gesundheitswesens ge-
schätzt. Die Zahlen müssten uns eigentlich wach-
rütteln.

So äußerte sich Frau Künast im Mai 2001 vor dem Bun-
desverband der Verbraucherzentralen in Berlin. Ich
hoffe, dass Sie nun nach drei Jahren endlich aufgewacht
sind und dieses ernste Thema auch ernsthaft angehen,
und zwar nicht als Event, sondern bitte nachhaltig!


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Ich als Bäuerin, Landfrau, Erzeugerin und Hauswirtchafterin habe meine persönliche Regel und Lebenserahrung. Die beste Medizin ist für mich, Produkte der aison und solche aus der Region zu genießen, und zwar edarfsgerecht und – das ist das Sahnehäubchen obenrauf – abwechslungsreich. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch gebe zu, dass das zwar verdammt einfach klingt, aber
vor allem in Berlin – oft sehr schwer umzusetzen ist.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Frau Künast kämpft dafür!)


Ich erkenne Ihre Bemühungen durchaus an, die Men-
chen in Deutschland wieder zu einem verantwortungs-
ollen Ernährungs- und Einkaufsverhalten sowie zu aus-
eichender Bewegung zu motivieren. Darin sind wir uns
inig.
Meine Anerkennung gilt aber auch allen Bäuerinnen

nd Bauern in Deutschland. Sie erzeugen entweder auf
onventionelle oder auf ökologische Weise hochwertige
ahrungsmittel. Auf den Teller darf nur, was unserer
trengen deutschen Gesetzgebung entspricht. Frau Mi-
isterin, es spricht für sich, dass Sie immer wieder still-
chweigend akzeptieren, dass viele ausländische Pro-
ukte importiert werden, die unseren Standards nicht
ntsprechen. Über diese Importe verlieren Sie kein Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Was aber nutzt die Erzeugung hochwertigster Nah-

ungsmittel, wenn andererseits Wissen um den sachge-
echten Umgang und die Verarbeitung immer mehr ver-
oren geht? Meine Tochter hat es einmal auf den Punkt
ebracht, als sie gesagt hat: Mama, viele verstehen, aus
en besten Zutaten das schlimmste Essen zu kochen.
enn wir ehrlich sind, dann müssen wir zugeben, dass
er schleichende Abschied von unseren Schulküchen zur
eschleunigung des negativen Trends beim Ernährungs-
erhalten beigetragen hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)

abei sind unsere Kinder doch begeistert und interes-
iert, wenn sie Lebensmittelerzeugung, Lebensmittelver-
rbeitung und gesundes Essen richtig vermittelt bekom-
en.
Nicht erst seit Frau Künast gibt es Aktionen und Pro-

ekte. Ich denke an dieser Stelle an die Landfrauen. Sie
agen zur Stunde parallel in Berlin und beschäftigen sich
it dem Thema „Hauswirtschaft und Ernährung“ wirk-
ich ernsthaft. Ich denke unter anderem an die bayeri-
chen Landfrauen, die sich zu Ernährungsfachfrauen
ortgebildet haben und die sich im Rahmen des Ernäh-
ungsprojekts „Landfrauen machen Schule“ mit unseren
rodukten auseinander setzen. Ich denke insbesondere an
ie Fachfrauen für Kinderernährung in Baden-Württem-
erg. Dieses Bundesland stellt alleine 500 000 Euro pro
ahr für Aufklärung zur Verfügung. Ich denke weiter an
ie Gesundheitsinitiative „Bayern aktiv“, durch die Kin-
er spielerisch erleben, welche Wirkungen ihr Ess- und






(A) )



(B) )


Marlene Mortler

Bewegungsverhalten auf ihren Körper hat. Ich denke
ebenfalls an Schülerunternehmen zur gesunden Pausen-
verpflegung – sie werden fachlich und finanziell in Bay-
ern unterstützt – oder an das Projekt „anschub.de“. Hier
haben das Kultusministerium, die Barmer Ersatzkasse
und die Bertelsmann-Stiftung von 2004 bis 2007 die Ini-
tiative ergriffen. Alles, was in der Schule zu einer gesun-
den Lebensführung beitragen kann, wird in der Modell-
region Bad Kissingen mit Lehrern, Schülern und Eltern
erprobt. Bestehende Aktivitäten wie Suchtprävention,
gesunde Ernährung und die „Bewegte Schule“ werden in
einem Gesamtkonzept gebündelt und wissenschaftlich
begleitet.

Mehr Gesundheit bedeutet mehr Lebensqualität und
mehr Leistung in der Schule und später im Berufsleben,
aber auch weniger Folgekosten für den Staat. Und mehr
Bewegung ist auch mehr Lebensqualität. Deshalb habe
ich in der letzten Woche auch eine Initiative des Deut-
schen Kinderhilfswerkes unterstützt, bei der es um die
Forderung nach dem Recht von Kindern auf Spielen
geht. Das ist ein Grundrecht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir alle kennen ja die Schilder „Spielen verboten“. Das
müsste eigentlich umgekehrt sein.

Mit der Macht der Medien und der Werbung sind
weitere Einflussfaktoren hinzugekommen. Kinder be-
stimmen – das wissen wir – immer öfter, was auf den
Tisch kommt. Sie haben die Hosen an und sind viel be-
achtete Konsumenten.

Es ist schon richtig, wenn wir im Zusammenhang mit
Kinderlebensmitteln von mehr Fett und Zucker spre-
chen. Ich möchte an dieser Stelle trotzdem eine Lanze
für die Ernährungsindustrie brechen. Erstens reagiert
sie nur auf Verbraucherwünsche und zweitens gibt es
weder gesunde noch ungesunde Nahrungsmittel. Viel-
mehr kommt es auf die Dosierung an. Ehrlich gesagt,
auch ich esse lieber ein Stück fetten als mageren Käse,
weil ich diesen wirklich genießen kann. Aber ich esse
vom fetten Käse etwas weniger.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Auch wenn Werbung vieles beeinflusst: Eltern kön-

nen mit ihren Kindern noch immer direkt reden. Deshalb
brauchen wir mehr Eigenverantwortung. Sie ist sozu-
sagen Pflicht. Aber wir wissen, dass die Familien nicht
alles leisten können. Frau Ministerin, Sie haben sich ja
eine hohe Hürde gesetzt. Wenn wir Ernährungserziehung
wirklich ernst nehmen, dann müssen wir dafür sorgen,
dass sie durchgängig und flächendeckend in allen Alters-
stufen erfolgt.

Nur dann macht sie Sinn. Leider sind wir bisher über
den Projektcharakter nicht hinausgekommen. Das ist der
nächste weitere wichtige Schlüssel.

Ferner gilt es, die verschiedenen Zielgruppen unter-
schiedlich anzusprechen. Wir wissen, dass die altersmä-
ßige Entwicklung heute so schnell geht, dass Kinder, die
zwei Jahrgänge auseinander sind, kaum mehr unter
einen Hut zu bringen sind. Was für den Neunjährigen
vor zehn Jahren noch wahnsinnig cool war, ist für den

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(C (D eunjährigen heute bereits uncool. Den Sechsjährigen ennen Welten vom Vierjährigen; für den Achtjährigen t der Sechsjährige ein Baby. Das heißt, die Kinderzeit erkürzt sich, Kinder lassen sich immer früher immer eniger sagen, abgesehen davon, dass Jungen und Mädhen eh in verschiedenen Universen leben. Meine Heren, nehmen Sie es mir nicht krumm: Mädchen sind chneller reif, Jungen tun nur so. (Beifall bei der CDU/CSU – Jella Teuchner [SPD]: Das hält sich bis ins hohe Alter!)


st ein Produkt für Jungen gut, kaufen es Mädchen trotz-
em; ist ein Produkt für Mädchen gut, mögen es Jungen
och lange nicht. Gesunde Ernährung geht den Jungen
n der Backe vorbei. Aber alle Kinder wollen, dass es
oll und vielfältig schmeckt, dass Essen sich im Mund
ut anfühlt und dass man im Mund damit spielen kann.
eine Damen und Herren, alle wissen inzwischen, dass
ilch gesund ist. Aber wenn wir sagen, „Milch macht
chön“, dann ist das ein größerer Anreiz, Milch zu trin-
en. Das heißt, wir müssen die Kinder dort abholen, wo
ie stehen.
Sie, Frau Ministerin, stehen mit Ihrer Plattform noch

n den Kinderschuhen und wir befürchten, dass nach der
edienwirksamen Sensibilisierung für dieses Thema die
ufmerksamkeit ohne eine grundsätzliche Verbesserung
er Situation verpufft.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511403000

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kom-
en.


Marlene Mortler (CSU):
Rede ID: ID1511403100

Ich bin beim vorletzten Satz. – Ich ziehe hier eine Pa-

allele zur Agrarwende. In Wirklichkeit hat diese viel be-
chworene Agrarwende das Höfesterben beschleunigt.
eine Damen und Herren, die Vermittlung von Basis-
ompetenz bei Kindern und Jugendlichen wird nicht nur
u einer bewussten Ernährung führen, sondern auch zum
ündigen Verbraucher. Daran, sehr geehrte Frau Minis-
erin, werden wir Sie messen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511403200

Ich erteile das Wort Kollegin Jella Teuchner, SPD-

raktion.


Jella Teuchner (SPD):
Rede ID: ID1511403300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im

etzten Jahr hat die Fast-Food-Kette, die heute schon
amentlich erwähnt worden ist, ihren Markenauftritt
omplett umgestaltet. Sie sponsert Sportwettbewerbe.
paß, Bewegung und gesunde Ernährung sind die The-
en, mit denen das Unternehmen in die Öffentlichkeit
ritt, in erster Linie natürlich aus wirtschaftlichem Eigen-
nteresse.






(A) )



(B) )


Jella Teuchner


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die wollen Steuern zahlen!)

In vielen Diskussionen gilt dieses Unternehmen als

Synonym für schlechte Ernährung. Dass das Unterneh-
men sein Image ändern will – weg vom Burger hin zum
knackigen Salat mit Michael Ballack als Markenbot-
schafter –, zeigt, dass die Diskussion um gute Ernährung
mittlerweile in unserer Gesellschaft angekommen ist.
Wir brauchen diese Diskussion. Ich denke, darüber sind
wir uns alle einig. Wir sind uns auch darüber einig, dass
gerade der steigende Anteil übergewichtiger Jugendli-
cher besorgniserregend ist. Wir dürfen aber nicht nur
über Kinder und Jugendliche sprechen, denn deren Er-
nährung wird ja zum großen Teil durch die Eltern ge-
prägt.

Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Er-
nährung und Landwirtschaft hat die Leserinnen und Le-
ser der Zeitschrift „Eltern“ zu ihren Essgewohnheiten
befragt. Das Ergebnis bei einer Zielgruppe mit über-
durchschnittlichem Bildungsniveau: 22 Prozent der Fa-
milien essen seltener als einmal am Tag gemeinsam.
61 Prozent der Kinder verlassen den Tisch, bevor alle
aufgegessen haben.

Das Büro für Technikfolgenabschätzung beschreibt in
seinen Basisanalysen zum TA-Projekt „Entwicklungs-
tendenzen von Nahrungsmittelangebot und -nachfrage
und ihre Folgen“ eine Zunahme der Verwendung von so
genannten Convenienceprodukten; Zeit, Interesse und
Fähigkeit zum aufwendigen Kochen in den privaten
Haushalten nehmen deutlich ab.

Nun sind Fertiggerichte und Tiefkühlkost nicht per se
schlecht oder ungesund. Aber eines zeigt diese Entwick-
lung deutlich: Wir nehmen uns nicht mehr die Zeit, die
Ruhe oder die Muße, zu kochen und zu essen. Oft haben
wir sie leider aber auch nicht. Wir haben es mit einer
Entwicklung zu tun, durch die sich das Ernährungsver-
halten verändert; gleichzeitig bewegen wir uns weniger,
allein schon deshalb, weil wir im Normalfall im Sitzen
arbeiten. Das Wissen um die Ernährung und um die Le-
bensmittel an sich geht verloren. Auch das halte ich für
einen wichtigen Punkt.

Es wird immer wieder von Kindern berichtet, die nur
lila Kühe zeichnen, weil sie noch nie eine lebende Kuh
gesehen haben. Glauben Sie denn wirklich, dass noch
alle Erwachsenen wissen, wann man zum Beispiel meh-
lige oder fest kochende Kartoffeln verwendet? Die ver-
schiedenen Jahreszeiten merkt man am Obstregal ja auch
nur noch an dem Preis für Erdbeeren.

Veränderte Lebensstile, ein verändertes Bewegungs-
verhalten und vor allem fehlendes Wissen um gesunde
Ernährung, das sind die Gründe dafür, dass wir heute
diese Debatte führen müssen. Wir alle kennen die Folgen
der Fehlernährung für den Einzelnen und für die Gesell-
schaft. Wir müssen feststellen, dass die Lösung dieses
Problems dringlicher wird. Wenn Kinder und Jugendli-
che Krankheiten bekommen, die eigentlich nur bei Er-
wachsenen bekannt sind, dann ist es höchste Zeit, zu
handeln.

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(C (D Wir müssen dazu alle ins Boot holen: Die Eltern, die indergärten, die Schulen, die Ärzte, die Krankenkasen, die Verbraucherverbände, die Lebensmittelindustrie nd die Werbewirtschaft. Sie alle müssen mithelfen, das issen um die Ernährung aufzubauen und vor allem Beegung zu fördern. Wir brauchen aber auch eine Verbraucherinformation, ie das Wissen um eine gesunde Ernährung vermittelt. ußerdem brauchen wir ein Produktangebot, das den nforderungen an eine gesunde Ernährung entspricht. s wird zu fett und zu süß gegessen; trotzdem gibt es aum einen ungesüßten Fruchtsaft. Stiftung Warentest at festgestellt, dass Produkte für Kinder zu viel Zucker, u viel Fett und zu viele Kalorien enthalten. Hier haben uch die Lebensmittelhersteller eine Verantwortung, die ie wahrnehmen müssen. Wir können die Zeit aber nicht zurückdrehen. Unser ebensstil hat sich geändert. Unsere Aufgabe ist jetzt, ie Menschen darin zu unterstützen, ein Ernährungsveralten zu lernen, das diesem Lebensstil entspricht. Das st keine Aufgabe, die man den Märkten einfach so überassen kann. Im Entschließungsantrag der FDP werden ie Handlungsaufforderungen der WHO zitiert: weniger ett, Salz und Zucker in bereits bestehenden Produkten, ie Förderung von gesunder Ernährung und Bewegung urch alle gesellschaftlichen Gruppen und eine Untertützung zur Durchsetzung dieser Ziele. Aber können ie mir eigentlich erklären, warum Sie im Forderungsteil hres Antrages genau diese Handlungsaufforderungen so ehement ablehnen? Frau Heinen, Sie haben in Ihrer Rede gesagt, dass Sie ine Bündelung und eine Federführung wollen; anderereits haben Sie beanstandet, das Ganze sei eine Einmichung in Länderkompetenzen. Diese Aussage war also icht ganz eindeutig. Ich komme auf die Ausführungen von Frau Klöckner u sprechen. Eigentlich hatte ich den Eindruck, dass Sie eute früh ganz schlecht gefrühstückt haben. Der Beeich Sport ist in der Rede der Ministerin nämlich sehr ohl behandelt worden. Ich möchte schon daran erinern, wer die Übungsleiterpauschale in diesem Bereich rhöht hat. Das waren doch wir, während Sie all die ahre vorher geschlafen haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir konzentrieren uns in der heutigen Debatte auf
bergewichtige und Fehlernährung. Defizite zeigen sich
ber auch bei alten Menschen in Form von Unterernäh-
ung und Austrocknung. Es ist daher richtig, dass es ne-
en dem Programm „Kinder leicht“ das Programm „Fit
m Alter“ gibt. Wir werden beide Programme fortsetzen
nd weiterentwickeln. Sie allein reichen aber nicht aus.
ir brauchen eine neue Ernährungsbewegung in
eutschland, an der sich möglichst alle gesellschaftli-
hen Gruppen beteiligen.
Heute Vormittag sprechen wir uns alle in dieser De-

atte für eine gesunde Ernährung aus. Es ist jetzt gerade
1 Uhr. Heute Mittag werden die meisten von uns leider
ieder keine Zeit dazu haben, in Ruhe etwas zu essen.
ch bin mir sicher, dass wir das Plenum auch heute nicht
ür eine Mittagspause unterbrechen werden. Trotzdem






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Jella Teuchner

gilt auch heute: Wenn mittags nicht alle Abgeordneten
im Plenum sind, dann sind die, die fehlen, ein Vorbild:
Sie nehmen sich die Zeit fürs Essen.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Oder das Kochen! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist eine ganz neue Begründung für das Fehlen!)


Ich wünsche dazu Ruhe und Muße. Ich wünsche eine ge-
segnete Mahlzeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1511403400

Ich erteile dem Kollegen Friedrich Ostendorff für die

Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen das Wort.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! 49 Prozent der Bevölkerung sind überge-
wichtig, 13 Prozent stark übergewichtig. Übergewicht
hat zwei Hauptursachen: mangelnde Bewegung, falsche
Ernährung. Wir essen nicht mehr, sondern wir essen
falsch.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)

Landwirtschaft und Ernährung sind untrennbar mit-

einander verbunden. Sitzen aber womöglich auch Bau-
ern und übergewichtige Kinder in einem Boot? Sowohl
Kinder als auch Bäuerinnen und Bauern bekommen
schmerzhaft zu spüren, was es bedeutet, wenn eine Ge-
sellschaft die Wertschätzung für ihre Nahrung verliert.

Fehlernährung ist auch Folge von Missachtung und
Unkenntnis der Herkunft und Qualität unserer Nah-
rungsmittel.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr richtig!)


Für uns Bauern bedeutet diese Haltung einen oft gnaden-
losen Preiskampf, weil die Bereitschaft fehlt, für gute
Produkte gute Preise zu zahlen.

Der Bereich Ernährung ist elementarer Bestandteil ei-
ner sinnvollen Agrarpolitik. Das hat man bei der CDU-
Wahlwerbung mit dem Apfel erkannt. Die einseitige
Lobbypolitik vergangener CDU/CSU-Zeiten hat aber zu
einer Entfremdung zwischen Landwirtschaft und Ver-
brauchern sowie vor allem von unserer Nahrung geführt.
Leider arbeitet die Opposition auch heute noch daran,
diesen Prozess zu verstärken.

Ministerin Künast und wir sind mit einer Agrar-
wende angetreten, die die Landwirtschaft und vor allem
ihre Produkte wieder in die Mitte der Gesellschaft rückt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Deshalb sind wir froh darüber, Frau Klöckner, dass sich
unser Staatssekretär auch über die Ernährungspolitik an-
derer Länder informiert.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Wir auch!)

Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, wollen wir

eine transparente Landwirtschaft, die sich nicht verste-

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(C (D ken muss. So entsteht eine Situation, von der Bauern nd Konsumenten gleichermaßen profitieren. Die Menchen merken wieder, dass Nahrungsmittel auch Lebensittel sein können, aber auch, was Qualität, Regionalität nd Jahreszeit bedeuten. (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


ir müssen das Bewusstsein unserer Kinder schärfen,
ie zum Beispiel auch wieder auf die Höfe bringen,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sonntag!)

amit sie erleben können, woher ihr Essen kommt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Jawohl!)

indergeburtstage auf dem Bauernhof anstatt, wie heute,
m Fast-Food-Restaurant sind für Kinder sicherlich auch
ehr spannend.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Albert Deß [CDU/CSU]: Dann müsst ihr verdeckte Ermittler einsetzen!)


Wir müssen mit unseren Produkten aber auch in die
chulen gehen. Das Programm für 10 000 Ganztags-
chulen, das wir aufgelegt haben, bietet die Chance auf
Millionen gesunde, frische Mahlzeiten pro Tag.
Meine Damen und Herren, ist es wirklich ein Fort-

chritt, dass die Küche der unwichtigste Raum in der
ohnung geworden ist? Ich habe immer bedauert, dass
ie Hauswirtschaftslehre aus den meisten Lehrplänen
estrichen wurde. Dies wurde sogar als Erfolg moderner
chulpolitik gefeiert. Moderne Ernährungslehre muss
ieder Schulfach werden.


(Beifall der Abg. Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


as Wissen darüber, wie ein Haushalt zu organisieren ist
nd Lebensmittel bearbeitet werden, ist vielleicht ebenso
ichtig wie das Wissen über Informatik.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511403500

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Tauss?

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Nein, im Moment nicht; das können wir zum Schluss
achen.
Wir wollen Fast Food nicht abschaffen, aber unsere
inder müssen lernen, was sie wann wie oft essen dür-
en. Slow Food und Good Food statt Fast Food, das ist
ie Zukunft. Viele unserer Mitmenschen haben das Ko-
hen verlernt. Die Nahrungsmittelindustrie bringt mit
iel Werbung immer neue Convenience-Food-Angebote
uf den Markt, die oft nur sehr entfernt ahnen lassen, aus
elchem Urprodukt sie entstanden sind. Schlimmer: Sie
erführen unsere Kinder zum schnellen Essen nebenbei
nd schwören sie frühzeitig auf einen industriellen
urchschnittsgeschmack ein.
Gezielte Kinderwerbung, meine Damen und Herren,
üssen wir ächten. Warum sollen Kinder fragen, woher
ebensmittel kommen, wenn man ihnen Fertiggerichte






(A) )



(B) )


Friedrich Ostendorff

– diese sind zu süß oder zu salzig, enthalten zu viele Ka-
lorien, sind zu ballastarm, zu fett, zu vitaminarm und
auch zu teuer – vorsetzt?


(Beifall der Abg. Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


1 Kilogramm konventionell angebaute Kartoffeln
kostet 30 Cent, 1 Kilogramm Biokartoffeln 50 Cent, eine
Tüte Chips, 200 Gramm, 99 Cent; heute Morgen noch
im Edeka-Markt gesehen. Das heißt, die konventionell
angebauten Kartoffeln, legt man den Preis der Tüte
Chips zugrunde, kosten pro Kilogramm 4,95 Euro.

Unsere guten, frischen Produkte müssen wieder zu-
rück auf die Speisekarte, auch deshalb, weil sie viel
preiswerter sind. Richtige Ernährung ist eine gesamtge-
sellschaftliche Aufgabe. Hier geht Aufklärung vor Ge-
winnmaximierung; denn die Folgekosten müssen wir
alle tragen.

Meine Damen und Herren, rot-grüne Agrar-, Ernäh-
rungs- und Verbraucherpolitik will nicht nur regionale
und verbrauchernahe Lebensmittelproduktion, sondern
auch den Umgang mit guten Lebensmitteln fördern.
Deshalb brauchen wir die Ernährungsplattform. Neben
der auch sehr wichtigen Frage des Bewegungsmangels
– hier gilt für uns alle: Jeder Gang macht schlank – sind
frische Lebensmittel sicherlich ein entscheidender He-
bel, einer falschen Ernährung durch Fertigprodukte zu
begegnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511403600

Zu einer Kurzintervention gebe ich das Wort an den

Kollegen Jörg Tauss.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1511403700

Lieber Herr Kollege, ich freue mich sehr, dass auch

unser Ganztagsschulprogramm gewürdigt worden ist.
Die Würdigung des Ganztagsschulprogramms unter dem
Gesichtspunkt der Einrichtung von Schulküchen, die
dazu führen, dass die Schülerinnen und Schüler gesund
ernährt werden, wäre doch möglicherweise der geeig-
nete Anlass für die Opposition, endlich ihre diskriminie-
rende Definition des Ganztagsschulprogramms als Sup-
penküchenprogramm aufzugeben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich glaube, es wäre höchste Zeit, hier wieder die Kirche
ins Dorf zu stellen, sich für diese Polemik zu entschuldi-
gen und deutlich zu machen, dass die Ganztagsschule
selbstverständlich auch dazu da ist, die vernünftige Er-
nährung von Kindern sicherzustellen. Wenn wir davon in
Zukunft ausgehen könnten, hätten wir in diesem Punkt
schon einmal Einigkeit erzielt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wir sind für Kirchen im Dorf!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511403800

Herr Kollege Ostendorff, Sie können antworten.

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(C (D (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Der meinte ihn doch gar nicht, sondern uns!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Danke, Herr Tauss, für diesen Hinweis. Ich denke,

ass wir hier einen sehr wichtigen Baustein dafür setzen,
m unsere Kinder wieder an die Ernährung mit frischen
nd gesunden Produkten zu gewöhnen. Wir erleben,
ass gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
anztagsschulen – hier spreche ich aus eigener Erfah-
ung; denn unser Betrieb beliefert seit vielen Jahren Kin-
ertagesstätten und Schulen mit Produkten von unserem
of – für die Vermittlung der Bedeutung von gesunden
nd frischen Nahrungsmitteln sehr wichtig sind; denn
ie Küchenleiterinnen und -leiter sind in der Regel sehr
ngagiert. Sie sind wichtige Multiplikatoren und sorgen
afür, dass auch die Kinder, die von zu Hause nicht ge-
ügend an diesem Punkt mitbekommen, angehalten wer-
en, sich mit der Frage, wie sie sich richtig ernähren
önnen, auseinander zu setzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511403900

Ich schließe die Aussprache.
Die Entschließungsanträge auf den Drucksachen

5/3323 und 15/3324 sollen zur federführenden Bera-
ung an den Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernäh-
ung und Landwirtschaft und zur Mitberatung an den
portausschuss, den Ausschuss für Familie, Senioren,
rauen und Jugend, den Ausschuss für Gesundheit und
oziale Sicherung und an den Ausschuss für Bildung,
orschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen
erden. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
ann sind die Überweisungen so beschlossen.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/3310 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 sowie Zusatz-

unkt 6 auf:
4 Erste Beratung des von den Abgeordneten Uwe

Schummer, Werner Lensing, Katherina Reiche,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion der
CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Modernisierung der dualen Berufsaus-
bildung in Deutschland durch Novellierung
des Berufsbildungsrechts
– Drucksache 15/2821 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

ZP 6 Erste Beratung des von den Abgeordneten Ulrike

Flach, Cornelia Pieper, Christoph Hartmann

(Homburg), weiteren Abgeordneten und der

Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Reform des Berufsausbildungs-
rechts
– Drucksache 15/3325 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Maria Böhmer, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1511404000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! In Deutschland gibt es erhebliche Probleme
und Hindernisse in Bezug auf die Ausbildung und Be-
schäftigung junger Menschen. Wir alle kennen die
Gründe dafür sehr genau. Die Probleme sind auch nicht
mit der gestrigen Vereinbarung vom Tisch. Wir sind
nämlich konfrontiert mit einer katastrophalen wirtschaft-
lichen Lage, mit zu hohen Lohnkosten und mit einer oft
unzureichenden schulischen Vorbildung der Auszubil-
denden und einem veralteten Berufsbildungsrecht. In
den letzten sechs Jahren hat die Koalition keines dieser
Probleme gelöst. Im Gegenteil: Es ist schlimmer gewor-
den, anstatt dass es besser geworden wäre.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Sie glauben diesen Blödsinn wohl auch noch!)


Jetzt muss dringend umgesteuert werden. Wir brau-
chen eine bessere Wirtschaftspolitik. Wer mehr Ausbil-
dungsplätze will, muss der Wirtschaft die richtigen
Chancen geben. Wir brauchen eine Verbesserung im Be-
reich des Berufsbildungsrechts. Alle Stellschrauben sind
zu justieren, um jungen Menschen eine Chance zu ge-
ben. Ich spreche hier bewusst von Stellschrauben und
nicht von Daumenschrauben;


(Beifall bei der CDU/CSU)

denn die Ausbildungsplatzabgabe, die Sie hier im
Deutschen Bundestag verabschiedet haben, war ein gro-
ßer Fehler. Dieses Gesetzt war getragen von einem tiefen
Misstrauen gegenüber Unternehmern, Handwerkern und
Selbstständigen in Deutschland. Eine Zwangsabgabe
einführen zu wollen war der größte Fehler, den Sie je ge-
macht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christoph Hartmann [Homburg] [FDP])


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(C (D Zu einer vertrauensvollen Kooperation sind Sie noch mmer nicht in der Lage. Das zeigt sich allein daran, ass Sie konstant die Anstrengungen ignoriert haben, die ie deutsche Wirtschaft im letzten Herbst mit ihrem Proramm „Chancengarantie 2003“ unternommen hat, um usätzliche Ausbildungsplätze einzuwerben. Noch wichiger ist, dass es gelungen ist, viele Jugendliche in echten usbildungsverhältnissen unterzubringen. Unter den jetzigen schwierigen wirtschaftlichen Be ingungen, von denen wir alle wissen, was sie für jees einzelne Unternehmen bedeuten, verpflichtet sich ie Wirtschaft, 30 000 neue Ausbildungsplätze und 5 000 Praktikumsplätze bereitzustellen. Das ist unter en gegebenen Bedingungen mehr als beachtlich. Wir egrüßen das und sagen herzlichen Dank für diese Iniiative der Wirtschaft. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christoph Hartmann [Homburg] [FDP] – Jörg Tauss [SPD]: Vielen Dank! Vielen herzlichen Dank!)


Dass die Selbstverpflichtung der Bundesregierung,
err Tauss, auf tönernen Füßen steht, das wissen wir;
enn Ihre Politik ist durch das Leitmotiv „Versprochen –
ebrochen“ gekennzeichnet. In dieser Situation wird
ich die Wirtschaft und werden sich die Jugendlichen
iederfinden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will Sie an dieser Stelle ganz deutlich vor Selbst-

ob und Legendenbildung warnen. Ich zitiere die „Süd-
eutsche Zeitung“ von heute, die mit Blick auf den Aus-
ildungspakt auf Ihr Selbstlob eingeht:

Dieses Argument … lässt außer Acht, welche fata-
len Auswirkungen die Debatte der vergangenen
Monate bereits hatte. In der Realität, in den Betrie-
ben also, hat das Projekt Ausbildungsabgabe zum
Gegenteil des Gewünschten geführt: Die Zahl der
angebotenen Ausbildungsplätze liegt heute um
23 000 niedriger als vor einem Jahr.

ies sei, so die „Süddeutsche Zeitung“, vor allem als
olge des Vertrauensverlustes der Unternehmen in die
olitik der rot-grünen Bundesregierung zu interpretie-
en. – So ist es und nicht anders.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wäre es nach Ihnen gegangen, Frau Bulmahn und

uch die rot-grüne Regierungskoalition, dann wäre heute
ie kontraproduktive Ausbildungsplatzgabe Gesetz und
ealität.


(Werner Lensing [CDU/CSU]: Das muss man sich einmal vorstellen!)


ur weil die Union – das sage ich mit Fug und Recht –
en Vermittlungsausschuss angerufen hat,


(Nicolette Kressl [SPD]: So ein Blödsinn!)

aben wir den Weg freigemacht und dafür gesorgt, dass
ie Wirtschaft bereit war, einen solchen Ausbildungs-
akt zu schließen.






(A) )



(B) )


Dr. Maria Böhmer


(Lachen der Abg. Nicolette Kressl [SPD])


– Sie können darüber lachen, liebe Frau Kressl; das
zeigt, dass Sie noch nicht einmal das Verfahren kennen,
nach dem im Bundesrat gearbeitet wird. Wenn wir nicht
Nein gesagt hätten, gäbe es heute die Ausbildungsplatz-
abgabe mit einer monströsen Bürokratie.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christoph Hartmann [Homburg] [FDP])


Ich sage Ihnen auch ganz klar: Wir werden den
Wunsch von Herrn Müntefering, der erklärt, dass die
Ausbildungsplatzabgabe ruhen solle, auf keinen Fall er-
füllen. Wir bleiben bei unserer Linie: Das Gesetz ruht
nicht, es gibt keine Hängepartie; das Gesetz muss weg.
So werden wir im Vermittlungsausschuss verfahren und
Sie werden dort Farbe bekennen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christoph Hartmann [Homburg] [FDP])


Liebe Frau Kressl, im „Spiegel“ konnte ich nachle-
sen, wie überrascht Sie waren, dass Herr Müntefering
jetzt eine Kehrtwendung vollzogen hat, um sich, wie
der „Spiegel“ schreibt, „ohne großen Gesichtsverlust aus
der Affäre zu ziehen“. Liebe Frau Kressl, wir waren
nicht überrascht; denn wir wissen, dass die SPD und die
Grünen jeden Tag gut sind für ein Überraschungsei, das
sie dem Land und den Bürgerinnen und Bürgern ins Nest
legen. Seit fünfeinhalb Jahren widerlegen Sie mit aller
Kraft die Lebensweisheit von Wilhelm Busch, die da
lautet: „Stets findet Überraschung statt, da, wo man’s
nicht erwartet hat.“ Von Ihnen könnten wir dagegen stets
eine neue Kehrtwende erwarten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Sie haben zu viele Überraschungseier gegessen!)


Wir brauchen ein modernisiertes Berufsbildungsrecht.
Deshalb haben wir eine Gesetzesnovelle vorgelegt. Das
duale Ausbildungssystem muss gestärkt werden. Es ist
die tragende Säule unserer beruflichen Ausbildung. Es
ist und war die Grundlage für eine gute wirtschaftliche
Entwicklung – wir sind oft darum beneidet worden –,
aber es muss den neuen Anforderungen angepasst wer-
den.

Wir kritisieren, dass die Bundesregierung bis heute
keine Kabinettsvorlage – sie hat lediglich Eckpunkte
vorgelegt – zustande gebracht hat. Frau Bulmahn, jetzt
gibt es einen Referentenentwurf, mit dem Sie einen ge-
fährlichen Weg beschreiten. Sie beschreiten den Weg ei-
ner langsamen, aber stetigen Aushöhlung der dualen
Ausbildung; denn wenn Sie Vollzeitschulen mit der dua-
len Ausbildung in Schule und Betrieb gleichsetzen, dann
ist das kontraproduktiv und unverantwortlich. Sie wissen
genau: Die Vermittlungschancen junger Menschen mit
vollzeitschulischer Ausbildung sind geringer als die der-
jenigen, die im dualen System ausgebildet wurden. Des-
halb muss das duale System gestärkt werden, statt Irr-
wege zu beschreiten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Indem Sie Ausbildungsvergütungen kürzen!)


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(C (D Die FDP hat nachgezogen. Ich sage herzlichen Dank afür, dass wir in vielen Fällen eine große Übereinstimung haben. (Jörg Tauss [SPD]: Während Ihrer Regierungszeit gab es die bei diesem Thema nicht!)


ir werden alles daransetzen, die Novellierung des Be-
ufsbildungsrechtes so schnell wie möglich zu realisie-
en.
Ich will vier Punkte nennen, auf die es uns ankommt
die Kollegen Schummer, Lensing und Dobrindt wer-
en diese Punkte dann noch im Detail darlegen –: Wir
ollen modernisieren, indem wir eine beschleunigte
berarbeitung und Neufassung von rund 350 Ausbil-
ungsordnungen angegangen sind. Wir haben damit
chon in unserer Regierungsverantwortung begonnen.
ch darf daran erinnern, dass wir allein 1997 mit Blick
uf die neuen IT-Komponenten Ausbildungsordnungen
ür 49 Berufe neu geschaffen und vorgelegt haben. Aber
ir brauchen schnellere Verfahren. Eine Dauer von der-
eit acht Monaten ist zu lang. Deshalb schlagen wir eine
erfahrensstraffung vor.


(Jörg Tauss [SPD]: Zwei Wochen!)

Wir sprechen uns auch für gestreckte Prüfungen

us; denn es macht keinen Sinn, in Zwischenprüfungen
ur den aktuellen Stand abzufragen, aber das Ergebnis
icht in die Abschlussprüfung eingehen zu lassen.
Wir setzen auf Flexibilisierung durch eine Ausbil-

ung in Stufen und wir wollen der Internationalisie-
ung Rechnung tragen, indem wir sagen: Auch im Aus-
nd erworbene Ausbildungen müssen angerechnet
erden. Dazu brauchen wir einen europatauglichen Aus-
ildungspass.


(Jörg Tauss [SPD]: Guten Morgen!)

Lieber Herr Tauss, „Guten Morgen“ gilt für Sie;


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

enn Sie haben bis heute noch nicht einmal einen Ge-
etzentwurf vorgelegt, über den wir im Parlament ver-
andeln könnten. Das ist ein Offenbarungseid.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Volker Kauder [CDU/CSU]: Offenkundige Inkompetenz in Berlin, sagen die Sozialdemokraten!)


Ich will zwei Punkte ansprechen, von denen ich
enke, dass sie weit über die Frage hinausreichen, wie
ir das Berufsbildungsrecht – dies muss dringlich erfol-
en – reformieren. Wir müssen in einer Wissensgesell-
chaft darauf achten, dass die berufliche Ausbildung mit
chulischer Bildung und anschließender Weiterbildung
ernetzt ist. Auch hier treffen wir bei der Koalition auf
inen Leerraum. Bis heute haben Sie kein schlüssiges
onzept für lebenslanges Lernen vorgelegt. Wir wer-
en auch in dieser Sache eine Vorlage in das Parlament
inbringen.
Der letzte Punkt, den ich ansprechen will: Es muss

ns alle umtreiben, dass die Bugwelle der Hoffnungslo-
en immer größer wird.


(Zurufe von der SPD: Aha! – Endlich!)







(A) )



(B) )


Dr. Maria Böhmer

Sie haben in Ihrer Koalitionsvereinbarung 2002 ge-
schrieben:

Unser Ziel ist: Kein junger Mensch darf nach der
Schule in die Arbeitslosigkeit entlassen werden.

Wir haben derzeit 500 000 junge Menschen unter
25 Jahren, die arbeitslos sind. Denen ist mit all dem, was
Sie bisher getan haben, nicht gedient und nicht geholfen
worden. Sie müssen umsteuern. Wir wollen eine bessere
schulische Vorbereitung, eine Modularisierung, –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511404100

Frau Kollegin!

Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1511404200


– die auch in die Schule hineinreicht. Wir wollen eine
stärkere Vernetzung zwischen Schule, beruflicher Aus-
bildung und Weiterbildung; nur so können die jungen
Menschen in einem veränderten Ausbildungs- und Ar-
beitsmarkt bestehen.

Wir haben Ihnen heute eine Novelle für das Berufsbil-
dungsgesetz auf den Tisch gelegt.


(Jörg Tauss [SPD]: Novelle? Ein Wisch, keine Novelle!)


Greifen Sie zu, wie Ihr Kollege Clement gesagt hat! Sie
haben die Aufgabe, sofort tätig zu werden. Frau
Bulmahn, zögern Sie dieses Gesetzgebungsvorhaben
nicht unnötig hinaus! Handeln Sie jetzt! Das sind wir
den jungen Menschen in unserem Land schuldig.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511404300

Das Wort hat die Bundesministerin für Bildung und

Forschung, Edelgard Bulmahn.

(Beifall bei der SPD)


Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
Herren und Damen! Wenn es eine gesellschaftspolitische
Aufgabe gibt, die wir vor allen anderen zu lösen haben,
dann ist es die, sicherzustellen, dass jungen Menschen
eine qualifizierte Ausbildung ermöglicht wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin froh, dass wir uns gestern mit einem nationa-
len Ausbildungspakt zwischen Bundesregierung und
der Wirtschaft in aller Deutlichkeit dazu verpflichtet ha-
ben, zusätzliche Ausbildungsplätze für die jungen Men-
schen in Deutschland bereitzustellen und ihnen damit
vor allen Dingen die Chance – die Lebenschance, die
Ausbildungschance – zu geben, die sie brauchen. Der
Ausbildungspakt ist deshalb vor allem ein Erfolg für die
jungen Menschen.

Der nationale Ausbildungspakt ist ein Riesenschritt.
Wir müssen in diesem Jahr aber noch spürbare Effekte
auf dem Ausbildungsmarkt erzielen; denn auf dem Prüf-

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(C (D tand steht auch das duale System der beruflichen Bilung. Ohne zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze önnen wir weder sicherstellen, dass alle Jugendlichen in Ausbildungsplatzangebot erhalten, noch, dass die irtschaft die qualifizierten Arbeitskräfte bekommt, die ie braucht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, nur mit einer ualifizierten Ausbildung können wir junge Menschen ür unsere Gesellschaft gewinnen. Nur so sichern wir en Jugendlichen die Teilhabe und die Möglichkeit, insesondere ihre Berufschancen wahrzunehmen. Nur so önnen wir sicherstellen, dass wir in zehn und auch in 0 Jahren qualifizierte Menschen haben, die bereit sind, ür dieses Land, für unsere Gesellschaft zu arbeiten, die ereit sind, den Wohlstand zu sichern und unserem Land ine Zukunftsperspektive zu geben. Eine qualifizierte Ausbildung sicherzustellen ist aber uch deshalb eine der wichtigsten gesellschaftspolitichen Aufgaben, weil sich Unternehmen eben nur mit ut ausgebildeten Menschen im internationalen Wettewerb behaupten können. Ich weise zu Recht immer arauf hin, dass wir schon nach den Daten, die uns jetzt orliegen, aufgrund der demographischen Entwicklung avon ausgehen müssen, dass, wenn wir auf der jetzigen ntwicklungsstufe stehen blieben, in zwölf oder 13 Jahen rund 3,5 Millionen qualifizierte Fachkräfte fehlen ürden. Deshalb muss es uns gelingen, das, was wir im akt vereinbart haben, umzusetzen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es geht nicht nur um ein einfaches Plus, also um
loße Quantität. Es geht vor allem auch um die Weiter-
ntwicklung der Qualität der beruflichen Bildung, und
war auf allen Ebenen.


(Ulrike Flach [FDP]: Dann wird es aber Zeit!)

ehr Qualität in der beruflichen Bildung, dieses Ziel
erfolgt die Bundesregierung mit dem Gesetz zur Re-
orm des Berufsbildungsgesetzes. Ich habe im Februar
004 die Eckwerte zur Reform der beruflichen Bildung
orgelegt. Wir haben vor anderthalb Jahren – einige in
iesem Haus haben das offensichtlich vergessen – be-
eits eine kleine Novelle des Berufsbildungsgesetzes
urchgeführt, die zum Beispiel die Schaffung von Quali-
ikationsbausteinen beinhaltete. Ich bedaure, dass offen-
ichtlich auch diejenigen, die eigentlich Verantwortung
ür diesen Politikbereich tragen, das gar nicht zur Kennt-
is genommen haben. Das wundert mich, ganz offen ge-
agt, ein wenig. Ich denke, man liest zumindest die Ge-
etze, für die man Verantwortung trägt und die man hier
eschließt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511404400

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Tauss?


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ungern!)







(A) )



(B) )


Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung

und Forschung:
Aber selbstverständlich.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1511404500

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Ich teile Ihre Ein-

schätzung, was die Anforderungen an die künftige Be-
rufsausbildung und die Qualität der Berufsausbildung
– auch im internationalen Vergleich – angeht, vollstän-
dig. Würden Sie mir unter diesem Gesichtspunkt viel-
leicht sagen, welchen Sinn es dann hat, wenn im Gesetz-
entwurf der CDU/CSU steht:

Zum anderen gibt es bei Lehrlingen
– sie meinen wohl die Auszubildenden –

und in den Betrieben nach wie vor ein Bedürfnis
nach weniger komplexen Tätigkeiten.

Sind Sie wie die Union der Auffassung, dass wir in Zu-
kunft mit weniger komplexen Tätigkeiten, mit weniger
Qualifikation in den Betrieben zu rechnen haben, oder
glauben Sie, dass das Ziel „mehr Qualität“ den Zu-
kunftsanforderungen gerecht wird?


(Zurufe von der CDU/CSU)

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung

und Forschung:
Ich teile die Auffassung, die in dem Antrag zum Aus-

druck gebracht wird, nicht. Ich halte sie, offen gesagt,
auch für etwas schlicht. Ich bin der Auffassung, dass in
der beruflichen Ausbildung immer mehr Qualifikationen
gefordert werden. Es gibt eine klare Entwicklung in un-
serer Wirtschaft: Die Anforderungen an die Qualifikatio-
nen steigen.

Ich halte es zweitens für wichtig, den Jugendlichen
unterschiedliche Einstiegs- und Qualifikationswege an-
zubieten. Das System der beruflichen Bildung muss es
den Jugendlichen ermöglichen, sich ausgehend von ihrer
beruflichen Bildung weiterbilden zu können. Das ist ein
wichtiger Eckpunkt des Gesetzentwurfs. Ich halte es für
das Entscheidende, dass wir den Jugendlichen entspre-
chend ihrer Voraussetzung unterschiedliche Angebote
und Wege eröffnen. Es reicht nicht aus, simpel zu sagen,
man brauche einfach weniger komplexe Anforderungen.
Wir brauchen unterschiedliche Wege.

Ich mache es der CDU/CSU zum Vorwurf, dass sie
ein Modell entwickelt hat, das zu schlicht ist. Es wird
weder den Anforderungen der Jugendlichen noch denen
der Wirtschaft gerecht.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511404600

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zusatzfrage des

Kollegen Kauder?
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung

und Forschung:
Auch diese gestatte ich, selbstverständlich.

(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt wird es wieder schlicht! – Gegenruf des Abg. Horst Friedrich z A V M R u i P n z i A d o I u g I s – O li F B d D b D I (C (D [Bayreuth] [FDP]: Tauss, du warst schon dran! So schlicht kann es nicht mehr werden!)



Volker Kauder (CDU):
Rede ID: ID1511404700

Frau Ministerin, ich stelle meine Frage im Nachgang

u dem, was Herr Tauss gesagt hat. Ich habe hier einen
rtikel aus der „Stuttgarter Zeitung“, in dem der frühere
orsitzende der SPD in Baden-Württemberg, Ulrich
aurer, sagt:

Leider ist das Ausmaß offenkundiger Inkompetenz
so groß, dass wir nicht nur ein Problem mit dem fal-
schen Kurs haben, sondern auch mit fehlendem
Vertrauen...

Was sagen Sie zu diesem Vorwurf aus den eigenen
eihen?


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christoph Hartmann [Homburg] [FDP])


Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
nd Forschung:
Herr Kauder, ich besitze eine eigene Urteilsfähigkeit;

ch hoffe, Sie auch. Oder müssen Sie sich schon auf
resseartikel beziehen, um sich ein Urteil bilden zu kön-
en? Ich stimme der darin genannten Beurteilung nicht
u. Da ich über eine eigene Urteilsfähigkeit verfüge, will
ch noch einmal auf den Kern zurückkommen.
Ich bedauere es, dass sich die CDU/CSU an der
nhörung zum Referentenentwurf, die heute stattfin-
et, nicht beteiligt. Stattdessen tut Frau Böhmer so, als
b es diesen Referentenentwurf gar nicht gäbe.


(Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Es geht um eine Kabinettsvorlage!)


ch möchte Sie ermuntern, sich konstruktiv an der Arbeit
nd an der Debatte über diesen Gesetzentwurf zu beteili-
en.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch denke, die Arbeit daran liegt im Interesse unserer ge-
amten Gesellschaft.


(Ulrike Flach [FDP]: Sind wir denn dazu eingeladen?)


Natürlich sind Sie dazu eingeladen, Frau Flach. Die
ppositionsparteien sollten sich konstruktiv daran betei-
gen.


(Beifall bei der SPD)

Deshalb sage ich auch noch einmal ausdrücklich,

rau Böhmer: Sie geben den Jugendlichen kein gutes
eispiel, wenn Sie Behauptungen in den Raum stellen,
ie der Sache überhaupt nicht entsprechen.


(Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Das sind Fakten!)


ie Eckpunkte liegen seit 2004 vor. Sie hatten und ha-
en ausreichend Zeit, sich damit auseinander zu setzen.
ie Anhörung zum Referentenentwurf findet heute statt.
ch lade Sie noch einmal ausdrücklich ein, konstruktiv






(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

an dieser Reform mitzuarbeiten. Wir packen hier die um-
fassendste Reform des Berufsbildungsgesetzes seit den
60er-Jahren an. Das ist – das sage ich ausdrücklich – un-
sere Zielsetzung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen mit dieser Novelle erreichen, dass das
duale Ausbildungssystem, die duale Berufsausbildung,
auch weiterhin das Markenzeichen des deutschen Bil-
dungssystems und der deutschen Wirtschaft bleibt. Eine
qualitative Weiterentwicklung der beruflichen Bildung
umfasst deshalb für uns Qualität, Modernität, Flexibilität
und Internationalität.

Wir wollen keine Königswege gesetzgeberisch vorge-
ben, sondern Flexibilität ausbauen und verstärken. Die-
sem Leitgedanken folgt auch der von uns vorgelegte
Entwurf zur Reform der beruflichen Bildung. Dabei ste-
hen folgende Ziele im Mittelpunkt: Wir wollen Innova-
tion durch rasche Modernisierung. Mit modernen und
passgenauen Ausbildungsberufen erschließen wir zu-
sätzliche Ausbildungsmöglichkeiten und verschaffen wir
der Wirtschaft mehr qualifizierte Fachkräfte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diese Bundesregierung hat seit 1999 bereits über
160 Ausbildungsberufe modernisiert bzw. neu geschaf-
fen. Das zeigt, dass wir diese Aufgabe seit 1998 offensiv
angegangen sind. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen
wird im Übrigen inzwischen in diesen modernisierten
bzw. neu geschaffenen Berufen ausgebildet.

Wir wollen Ausbildungschancen für alle. Mit neuen
Förderstrukturen und einer schrittweisen Qualifizierung
in anschlussfähigen Ausbildungsangeboten verbessern
wir die Chancen für benachteiligte Jugendliche. Auch
Stufenausbildungen gehören dazu. Im Übrigen gibt es
seit diesem Jahr vier neue Berufe, die genau diesem Mo-
dell entsprechen.

Wir werden mögliche Zeitverzögerungen bei der Mo-
dernisierung von Ausbildungsberufen noch weiter ab-
bauen. Bei der Entwicklung von zweijährigen Berufen
beispielsweise wird entschieden, wenn sich die Sozial-
partner nicht auf einen Konsens einigen können.

Es geht außerdem um die Berücksichtigung von Ver-
bundausbildung und das Ermöglichen betrieblicher Ab-
weichungen von Ausbildungsordnungen. Durch mehr
Kooperation von Betrieben und beruflichen Schulen
schaffen wir mehr Ausbildungsplätze und erhöhen die
Ausbildungsqualität.

Ein weiteres wichtiges Ziel: Mit der besseren Koope-
ration, mit der Verknüpfung von nationaler und internati-
onaler Ausbildung, von Allgemein- und Berufsausbil-
dung sowie von Ausbildung und Weiterbildung schaffen
wir attraktive und anspruchsvolle Ausbildungsberufe.

Innovation durch Kooperation erreichen wir dadurch,
dass die Verantwortlichen in der Region, in den Ländern,
aber auch in den Gremien des Bundes mehr Entschei-
dungs- und Handlungsspielräume erhalten. Das verstärkt

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(C (D m Übrigen auch den Wettbewerb um die erfolgreichsten ege. In Zukunft, meine sehr geehrten Herren und amen, können die Akteure vor Ort eine stärkere Kooeration der betrieblichen und schulischen Systeme ereinbaren. Das ist im Übrigen der Wunsch aller Lanesregierungen, und zwar unabhängig von der Parteizuehörigkeit. Mit vielfältigen inhaltlichen und zeitlichen ombinationen wird es möglich, die Ausbildungsqualiät zu steigern, alle Ausbildungskapazitäten optimal zu utzen und strukturellen Veränderungen in der Wirtchaft dadurch auch besser gerecht zu werden. Ein Paradigmenwechsel von der betrieblichen hin zur chulischen Ausbildung, wie Sie, Frau Böhmer, es hier argestellt haben, findet nicht statt und ist auch nicht bebsichtigt. (Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Das steht drin!)


Lesen Sie den Text vorher!

(Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Natürlich habe ich ihn gelesen!)

ie sollten den Jugendlichen kein schlechtes Beispiel ge-
en, indem Sie hier etwas anderes darstellen, als in dem
ext steht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ir waren alle zu Recht darüber erschrocken, wie wenig
extverständnis einige Jugendliche haben. Wir sollten
ier kein entsprechendes Beispiel geben.


(Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Frau Bulmahn, Sie reden anders, als Sie handeln!)


n dem Referentenentwurf steht etwas völlig anderes als
as, was Sie erzählt haben, Frau Böhmer.


(Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Nein! Lesen Sie Ihre Eckpunkte! Lesen Sie Ihr Gesetz! – Zuruf des Abg. Jörg Tauss [SPD]: Nichts Neues!)


ch werde gleich noch einmal darauf eingehen.
Wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass sich inzwi-

chen über eine halbe Million Jugendlicher in schuli-
chen Berufsbildungsmaßnahmen befindet, davon circa
00 000 Jugendliche in vollzeitschulischen Berufsbil-
ungsgängen, die zu einem beruflichen Abschluss füh-
en sollen.
Mit der Novelle des Berufsbildungsgesetzes eröffnen
ir den Ländern die Möglichkeit, durch Vereinbarungen
er Landesregierungen mit den Kammern zu erreichen,
ass die Jugendlichen in Zukunft eine Kammerprüfung
blegen können. Das ist eine wichtige Voraussetzung für
en Berufseinstieg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Das wollen die da drüben nicht!)


Mit der Verknüpfung von Aus- und Weiterbildung
chaffen wir im Übrigen konkrete Perspektiven für das
erufliche Fortkommen. Klar konturierte, durchlässige






(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

Wege für berufliche Entwicklung und aufeinander auf-
bauende Möglichkeiten zur beruflichen Höherqualifizie-
rung sind dafür notwendig. Mit dem neuen Gesetz wer-
den wir gesondert zu prüfende Zusatzqualifikationen
einführen, die über das in Ausbildungsordnungen Fest-
gelegte hinausgehen. Dies eröffnet leistungsstarken Ju-
gendlichen zugleich die Option, Teile einer Aufstiegs-
fortbildung bereits während der Erstausbildung zu
absolvieren.

Außerdem werden wir Kompetenzstandards in der
beruflichen Bildung einführen. Sie sind ein wirksames
Instrument zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwick-
lung und sie erhöhen die Chancen unserer Fachkräfte auf
dem internationalen Arbeitsmarkt. Durch Kompetenz-
standards können wir mehr Transparenz über Bildungs-
ziele und fachspezifische Kompetenzen erzielen. So
schaffen wir die Voraussetzung für mehr Vergleichbar-
keit und eine adäquate Anerkennung.

Als Antwort auf die Globalisierung muss die Berufs-
ausbildung internationaler und vor allem europäischer
werden. Internationalität muss auch heißen, mehr Mobi-
lität zu ermöglichen. Mit dem neuen Berufsausbil-
dungsgesetz werden Ausbildungsabschnitte im Ausland
erstmals ein gleichwertiger Teil einer anerkannten Be-
rufsausbildung im dualen System.


(Ulrike Flach [FDP]: Das wurde auch Zeit!)

Deutschland beteiligt sich darüber hinaus an den euro-
päischen Qualifikationen in der Europäischen Union.
Dazu werden wir – das jedenfalls ist unsere Vorstel-
lung – ein System zur Sicherstellung der Anerkennung
entwickeln.

Der vorgelegte Gesetzentwurf der CDU/CSU-Frak-
tion zur Modernisierung der beruflichen Bildung enthält
nur zwei neue Punkte. Alles andere übernehmen Sie aus
unserem Entwurf.


(Zustimmung des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Daraus kann ich schließen – das finde ich durchaus er-
freulich –, dass es eine große Übereinstimmung gibt.


(Werner Lensing [CDU/CSU]: Nach dem, was Sie vortragen, habe ich Zweifel!)


– Herr Lensing, ich habe unseren Entwurf vorgetragen.
An zwei Punkten gehen Sie darüber hinaus. Das lässt
den Schluss zu, dass es eine große Übereinstimmung
gibt.

Ihre zwei zusätzlichen Vorschläge gehen zulasten der
Auszubildenden und tragen nicht zur Verbesserung der
beruflichen Ausbildung bei.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zum einen handelt es sich um den Vorschlag, die Aus-
bildungsvergütung abzusenken. Im Gegensatz zu Ihnen
nehmen wir die Tarifautonomie ernst.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D ie Tarifautonomie hat auch Auswirkungen auf die nicht ertraglich gebundenen Auszubildenden, die von der bsenkung allein betroffen wären. Der zweite Vorschlag beinhaltet die Erhöhung der auer der Probezeit von drei auf sechs Monate bei leichzeitiger Senkung der Ausbildungsdauer auf mögichst nur zwei Jahre. Auch das halte ich für nicht zielührend. Für viel wichtiger und entscheidender halte ich as, was wir bereits vor eineinhalb Jahren mit der letzten ovelle geschaffen haben, dass Jugendlichen nämlich erschiedene Einstiegsmöglichkeiten eröffnet werden, eispielsweise über sechsmonatige Qualifikationsbauteine – die Industrie hat die inhaltliche Ausgestaltung ieser Qualifikationsbausteine inzwischen klar festgeegt – oder Praktika. Dieser von uns beschrittene Weg edeutet sowohl für die Wirtschaft als auch für die Juendlichen einen wirklichen Fortschritt. Meine sehr geehrten Herren und Damen von der DU/CSU, ich muss Ihnen sagen, dass Ihr Gesetzenturf viel zu bürokratisch ist. Wir brauchen nicht mehr ürokratie, sondern mehr Flexibilität in der beruflichen ildung. eshalb sage ich ausdrücklich: Denken Sie um! Dann önnen wir die Reform der beruflichen Bildung gemeinam voranbringen, und zwar im Interesse aller Beteiligen, vor allem natürlich im Interesse der jungen Menchen, die eine berufliche Ausbildung benötigen, aber uch im Interesse unserer Wirtschaft. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511404800

Das Wort hat der Kollege Christoph Hartmann, FDP-

raktion.

Christoph Hartmann (FDP):
Rede ID: ID1511404900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Im Mai haben wir in diesem Haus über die Aus-
ildungsplatzabgabe diskutiert. Alle Redner der Regie-
ungsfraktionen, angefangen bei der Bundesbildungsmi-
isterin, haben der Opposition vorgeworfen, sie habe
eine Konzepte.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist ja auch berechtigt!)

etzt legt ausgerechnet die Opposition Gesetzentwürfe
or, während sich Ihr Gesetzentwurf erst im Stadium des
eferentenentwurfs befindet.


(Jörg Tauss [SPD]: Bitte?)

ur diesbezüglichen Anhörung ist die Opposition selbst-
erständlich nicht eingeladen. Wer im Glashaus sitzt,
ollte nicht mit Steinen werfen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der von Ihnen geschlossene Ausbildungspakt wird
on uns begrüßt. Die Ausbildungsplatzabgabe ist zu-






(A) )



(B) )


Christoph Hartmann (Homburg)


nächst einmal auf Eis gelegt. In diesem Haus haben wir
aber monatelang über die Ausbildungsplatzabgabe ge-
stritten.


(Jörg Tauss [SPD]: Umlage!)

Fraktionen und Ministerien sind damit beschäftigt gewe-
sen. Wenn Sie diese Ressourcen in ein modernes Berufs-
ausbildungsgesetz gesteckt hätten, wären wir heute sehr
viel weiter und es läge nicht erst ein Referentenentwurf
vor. Das wäre das richtige Signal gewesen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wir alle sind der Meinung, dass die berufliche Bil-

dung eine der tragenden Säulen des deutschen Bildungs-
systems ist. Wir müssen sie weiterentwickeln, wir müs-
sen die wirtschaftlichen und die gesellschaftlichen
Herausforderungen annehmen. 90 000 Schüler verlas-
sen jedes Jahr unsere Schulen ohne Abschluss. Immer
mehr Betriebe klagen darüber, dass sie keine geeigneten
Bewerber finden. 15 Prozent der Auszubildenden schaf-
fen die Ausbildung nicht.

Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze geht
zurück. Woran liegt das? Es liegt nicht an der mangeln-
den Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen,


(Jörg Tauss [SPD]: Nein!)

es liegt an den politischen Rahmenbedingungen,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


an der schwachen Konjunktur, an den Insolvenzen, da-
ran, dass unsere Schulen besser werden müssen – wir
müssen auch schwächeren Jugendlichen die Möglichkeit
geben, eine Berufsausbildung zu schaffen –, dass die
Kosten der Ausbildung zu hoch sind, dass der Verwal-
tungsaufwand für die Ausbildung immens ist. Nur wenn
wir die schulischen und die wirtschaftlichen Rahmenbe-
dingungen verbessern, nur wenn wir die Ausbildungs-
hindernisse aus dem Weg räumen, nur dann wird das im
gestern unterzeichneten Ausbildungspakt festgelegte
Ziel wirklich zu erreichen sein.

Wir brauchen die Modernisierung des Berufsausbil-
dungsrechtes.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dazu zählt die Modularisierung der Berufsausbil-
dung. Wir wollen einzelne Stufen haben, die aufeinan-
der aufbauen, die mit der Berufsfähigkeit abschließen
oder an die sich eine Fortsetzung der Berufsausbildung
anschließen kann. Gerade das ist wichtig für Schulmüde,
für theoretisch weniger Begabte, die sonst zu Ausbil-
dungsabbrechern werden. Die Stufenausbildung ist viel
besser als die Ersatzmaßnahmen JUMP Plus oder die
Praktikumsvariante. Das ist ein Weg, den wir gehen soll-
ten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir brauchen mehr Flexibilität, gerade auch im Hin-
blick auf schwächere Jugendliche. Es gibt Theo-

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(C (D ieschwache, die es einfach nicht schaffen, in der vorgeebenen Zeit das bisher notwendige Pensum zu lernen. ür sie brauchen wir dreieinhalbjährige Berufsausbilungen. Wir brauchen aber auch theoriegeminderte weijährige Berufsausbildungen; diese Notwendigkeit ird ja mittlerweile im ganzen Haus eingesehen. Allerdings will ich auf eines hinweisen, Frau Ministe in, weil Sie immer sagen, das gibt es ja schon. a, das gibt es schon, aber das ist, lieber Herr Tauss, erst ei 10 Prozent der Berufsausbildungen der Fall. Das ist iel zu wenig. Da besteht Handlungsbedarf, das muss ehr viel stärker ausgebaut werden. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Wie viel Prozent wollen Sie denn? Nennen Sie einmal eine Prozentzahl!)


(Jörg Tauss [SPD]: Ja!)


In vielen Punkten sind wir ähnlicher Meinung wie die
DU/CSU: bezüglich der zweijährigen Berufsausbil-
ungen, der Ausbildungsplatzabgabe und der Vernet-
ung der Berufsvorbereitung. Das sind Punkte, die wir
chon in der letzten Legislaturperiode gefordert haben
nd für die wir in der letzten Legislaturperiode teilweise
on Ihrer Seite gescholten worden sind. Aber wir sagen
uch ganz klar, dass uns der Gesetzentwurf, den Sie vor-
elegt haben, in einigen Punkten nicht weit genug geht.
ir brauchen mehr Flexibilität. So wollen wir den Kam-
ern die Möglichkeit einräumen, die Berufsbildungs-
usschüsse erheblich zu verkleinern; so werden Auf-
and, Zeit und Geld gespart.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen – auch darauf will ich eingehen, weil Sie,
rau Ministerin, das ebenfalls angesprochen haben – die
usbildungsvergütung flexibel gestalten, und zwar für
ie, die außertariflich beschäftigt sind; deswegen hat das
ichts mit einem Eingriff in die Tarifautonomie zu tun.
s ist besser, wenn ein Jugendlicher für 350 Euro im
onat ausgebildet wird, als wenn er nicht ausgebildet
ird, weil man ihm 750 Euro im Monat zahlen müsste.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir brauchen Entbürokratisierung von Vorschriften,
um Beispiel über Sozialräume, Pausen oder Beschäfti-
ungszeiten. Ich kenne ein Beispiel einer jungen Frau,
ie eine Ausbildung als Tischlerin machen wollte. Der
usbildungsvertrag war unterschrieben, aber er musste
nnulliert werden, weil in dem entsprechenden Ausbil-
ungsbetrieb keine Damentoilette vorhanden ist.


(Jörg Tauss [SPD]: Dieser Gag wird seit 30 Jahren erzählt und wird dadurch nicht besser! Also hören Sie einmal auf damit, mit Verlaub!)


Herr Tauss, es tut mir Leid, dass Sie heute nicht reden
ürfen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Es tut mir gar nicht Leid!)







(A) )



(B) )


Christoph Hartmann (Homburg)


Aber eines ist dazu zu sagen: Diese Geschichte ist keine
Geschichte, die 30 Jahre alt ist, sondern das ist eine Ge-
schichte, die aktuell ist.


(Jörg Tauss [SPD]: Zeigen Sie das mal her! Nennen Sie den Fall! Das möchte ich wissen!)


Sie haben zwar einige bürokratische Hindernisse be-
seitigt, aber der Weg ist konsequent weiterzugehen. Sie
dagegen sind auf der halben Strecke stehen geblieben.

Hinzu kommt die Abschaffung der Verpflichtung, die
in der Jugendauszubildendenvertretung Tätigen zu
übernehmen, und zwar unabhängig von ihrer Qualifika-
tion. Eine Jugendauszubildendenvertretung ist ab einer
Zahl von fünf Auszubildenden einzurichten. Da überlegt
sich doch jeder, ob er einen fünften Auszubildenden ein-
stellt. Hier herrscht Handlungsbedarf. Wir brauchen ein
modernes, zukunftsfähiges und wettbewerbsorientiertes
Berufsbildungsrecht, das den Ansprüchen der Auszubil-
denden und der Arbeitgeber entspricht.

Ein solches Konzept hat Ihnen die FDP heute vorge-
legt. Legen Sie die Ausbildungsplatzabgabe nicht nur
auf Eis, stoppen Sie sie endgültig! Jugendliche und Ar-
beitgeber brauchen Sicherheit. Arbeiten Sie mit an der
Verbesserung der Berufsausbildung in Deutschland!
Helfen Sie mit, das in die Jahre gekommene System zu
reformieren, damit es modern, flexibel und zukunftswei-
send wird!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511405000

Das Wort hat die Kollegin Grietje Bettin, Bündnis 90/

Die Grünen.

Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511405100

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Seit unserer letzten Diskussion hier im Haus zum
Thema Ausbildung hat sich in Deutschland doch wirk-
lich noch einmal richtig etwas bewegt. Das sollte auch
die Opposition anerkennen. Diese Größe besitzen Sie
hier und heute aber leider nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Frau Böhmer, diese Dynamik gerade aufseiten der
Wirtschaft hätten wir uns schon in den vergangenen Jah-
ren gewünscht; denn dann wäre es gar nicht erst zu der
von Ihnen angesprochenen riesigen Bugwelle an jungen
Leuten in Deutschland gekommen, die heute ohne Be-
rufsausbildung auf der Straße stehen und damit ohne
Chance auf eine gesellschaftliche Teilhabe in Deutsch-
land sind. Gerade deshalb begrüßen wir ganz ausdrück-
lich, dass mit dem vorgelegten Pakt auf halbfreiwilliger
Basis – so möchte ich es einmal nennen – nun ein großer
Schritt für die jungen Menschen in unserem Land ge-
macht werden konnte. 30 000 neue Ausbildungsplätze
pro Jahr und zusätzliche Praktikumsplätze stellen eine
wichtige Zielmarke dar; mehr allerdings derzeit auch
noch nicht.

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(C (D Freiwillige Zusagen und Vereinbarungen sind für uns rüne grundsätzlich immer wichtige politische Eleente. Dem steht aber eine lange Liste von Beispielen egenüber, bei denen zwar auf verpflichtende Gesetze ugunsten freiwilliger Lösungen verzichtet wurde, es ber nicht funktioniert hat. Beispielhaft möchte ich den limaschutz oder die Vereinbarung zur Gleichberechtiung von Männern und Frauen in Betrieben nennen – ersprechen, die leider zu häufig nicht eingehalten wuren. Im Interesse der jungen Menschen, gerade aber uch im Interesse der Zukunftsfähigkeit unseres Landes arf das Thema Ausbildungspakt nicht in diese Liste von hemen eingereiht werden. Eine gewisse Skepsis und eine konstruktive Beglei ung des weiteren Prozesses sind aus meiner Sicht notendig. Hier sind wir alle auch als Abgeordnete vor Ort eiterhin gefordert. In Gesprächen mit Unternehmen ehme ich, wenn ich das mit dem Beginn der Diskussion ber die Umlage vergleiche, ein echtes Umdenken wahr. iele suchen nach konstruktiven Lösungen. Der gestrige instimmige Beschluss der Vertreter der regionalen HKn zum Ausbildungspakt zeigt das ganz deutlich. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Werner Lensing [CDU/CSU]: Das war aber ein dünner Beifall!)


Parallel dazu existiert mittlerweile auch ein hoher ge-
ellschaftlicher Erwartungsdruck bezüglich der weiteren
ntwicklung des gesamten Themas Ausbildung in
eutschland.
Eines möchte ich aber noch einmal ganz deutlich sa-

en: Meine Hauptsorge gilt nach wie vor ganz besonders
en jungen Menschen in unserem Land, die keine solche
tarke Lobby wie die Wirtschaft haben. Am Ende dieses
rozesses dürfen sie nicht mithilfe von Gummibegriffen
ie Ausbildungswilligkeit oder Ausbildungsfähigkeit
en schwarzen Peter zugeschoben bekommen;


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


enn schließlich konnten sie sich das Schulsystem in
eutschland, mit dem sie groß geworden sind, nicht aus-
uchen. Die Defizite sind allseits bekannt. Die Länder
ind hier nach wie vor in der Pflicht, etwas zu tun. Dies
st auch im Ausbildungspakt festgehalten.
Alle Jugendlichen, die schon lange oder für diesen
erbst auf einen Ausbildungsplatz warten und nach
inem solchen suchen, sollten sich jetzt motiviert fühlen,
eil nun doch Hoffnung auf einen Ausbildungsplatz be-
teht. Diese Hoffnung dürfen wir nicht enttäuschen. Na-
ürlich weiß auch ich, dass Berufsbilder komplexer wer-
en und dass die Ansprüche an die Auszubildenden
teigen. Können wir aber wirklich guten Gewissens die
ugangsvoraussetzungen für viele auch sehr praktisch
rientierte Berufe einfach ändern und zum Beispiel die
ochschulreife als Eingangsvoraussetzung für den Beruf
es Friseurs einführen?


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: So ein Quatsch!)







(A) )



(B) )


Grietje Bettin

Wie sollen bei jungen Leuten mit einem ordentlichen
Real- oder Hauptschulabschluss Hoffnung und Bewer-
bungsmotivation entstehen? Ich bitte auch die Wirt-
schaft, das nicht aus den Augen zu verlieren.

Nun aber zum zweiten zentralen Thema der heutigen
Diskussion – dieses Thema war richtigerweise immer
mit der Diskussion über die Ausbildungsumlage ver-
knüpft –: der Reform der beruflichen Bildung, ganz kon-
kret der Reform des Berufsbildungsgesetzes. Neben
der reinen Anzahl an Ausbildungsplätzen ist die Struktur
des dualen Systems entscheidend. Das duale System war
und ist nach wie vor ein deutsches Aushängeschild und
ein Standortvorteil. Aber auch dieser Teil des deutschen
Bildungssystems muss den gesellschaftlichen Verände-
rungen angepasst werden. Dazu haben meine Vorredne-
rinnen und Vorredner schon einiges gesagt. Eine solche
Modernisierung der Struktur kann aus meiner Sicht zu
einem Mehr an Ausbildungsplätzen führen. Lassen Sie
mich kurz unsere grünen Vorstellungen zu der Moderni-
sierung der beruflichen Bildung skizzieren.

Erstens. Wir müssen die Ausbildung für Menschen
mit Lernschwierigkeiten verbessern. Eine Modularisie-
rung in einzelne Qualifikationsteile wird für diese
Gruppe extrem hilfreich sein. Für uns aber ist gleichzei-
tig wichtig, dass die Modularisierung nicht dazu führt,
dass viele nur noch zu Hilfskräften ausgebildet werden.
Wir wollen weiterhin den Anspruch auf volle Berufsbil-
der bei Erreichen bestimmter Leistungsstufen sicherstel-
len. Es muss verpflichtend geregelt sein, dass man über
Teilqualifikationen letztendlich zu vollen Berufsbildern
kommt.

Zweitens. Für uns ist eine enge Kooperation der Lern-
orte notwendig. Dafür müssen auch die beruflichen
Schulen autonom werden. Nur so können sie flexibel auf
die Ausbildungssituation vor Ort reagieren.

Drittens – das ist der letzte zentrale Punkt –: Sowohl
für die berufliche Bildung als auch für alle anderen Bil-
dungsbereiche brauchen wir eine effektive Qualitätssi-
cherung. Gleiches gilt für die schon angesprochene In-
ternationalisierung. Die Anrechnung von Ausbildung in
verschiedenen Ländern muss zeitgemäß gelöst werden.

Die Diskussionen zur BBiG-Reform laufen nun schon
seit einigen Monaten mal mehr, mal weniger intensiv.
Wir Grüne haben hier klare Vorstellungen und werden
uns – wie hoffentlich auch die Opposition – weiter kon-
struktiv am Novellierungsprozess beteiligen. Ich hoffe,
dass sich Wirtschaft und Gewerkschaften gemeinsam als
modernisierungsfähig erweisen. Der Entwurf der Union
weicht inhaltlich natürlich in einigen Punkten von unse-
ren Vorstellungen ab. Aber im Ausschuss werden wir
noch Gelegenheit haben, darüber weiter intensiv zu dis-
kutieren. Ich persönlich sehe nach wie vor die Chance,
zügig und unideologisch zu einer durchgreifenden Re-
form des BBiG zu kommen.

Abschließend noch ein kleiner Hinweis auf eine posi-
tive Aktion zum Thema Ausbildung und parteiübergrei-
fende Zusammenarbeit. Am Dienstag war ich zusammen
mit drei Kollegen der anderen Fraktionen – auch der
Kollege Hartmann war dabei – auf einer Veranstaltung

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(C (D er Wirtschaftsjunioren. Diese haben es sich zum Ziel esetzt, Vorreiter in diesem Prozess des gesellschaftlihen Umdenkens zu sein. Sie wollen in den eigenen Reien 1 000 zusätzliche Lehrstellen schaffen, und zwar hne Vorbedingungen. Die Wirtschaftsjunioren sehen lar, dass wir alle gut ausgebildete Menschen brauchen – etzt und in Zukunft. Es ist ein besonders hoffnungsvolles Signal, wenn die unge Generation anfängt, sich um die Zukunft anderer unger Menschen zu kümmern. Ich freue mich, dass iese Initiative von allen Parteien, insbesondere von den ungen Kollegen im Bundestag unterstützt wird. Unterm Strich bin ich mit den verschiedensten Enticklungen bei dem sehr wichtigen Thema Ausbildung m Interesse der zukünftigen Generationen ziemlich zurieden. Wir alle dürfen uns aber noch nicht ausruhen nd zurücklehnen. Noch ist der Dackel nicht gesattelt. m Herbst wird eine erste Bilanz gezogen. Darauf warten ir gespannt. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511405200

Nächster Redner ist der Kollege Uwe Schummer,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Uwe Schummer (CDU):
Rede ID: ID1511405300

Meine Damen! Meine Herren! Ich gratuliere Ihnen

unächst zur Einsicht, dass die Ausbildungsplatzabgabe
estrichen werden muss und Sie sich nur noch auf das
eerdigungsritual verständigen müssen. Wir begrüßen
en Ausbildungspakt. Er wäre sicher schon früher mög-
ich gewesen,


(Lachen des Abg. Jörg Tauss [SPD])

enn dieses Thema bereits im letzten Jahr zur Chefsache
rklärt worden wäre und Gerhard Schröder es nicht im-
er und zu lange zu einer nachgeordneten Angelegen-
eit nachgeordneter Ministerien gemacht hätte. Wir wer-
en sehr sorgsam darauf achten, dass kein
erschiebebahnhof entsteht. So hatten wir im letzten
ahr 162 692 Eintritte in berufsvorbereitende Maßnah-
en. In diesem Jahr sind bei den Arbeitsämtern gerade
1 716 berufsvorbereitende Maßnahmen ausgeschrie-
en. Das heißt, die Wirtschaft schafft es, neue Praktika
nd Einstiegskorridore zu organisieren, aber der Bund
ürzt mehr als die Hälfte. Das werden wir nicht zulassen.
er Bund darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Natürlich ist der Ausbildungsmarkt im Zusammen-

ang mit der generellen Beschäftigung zu sehen. Wir
aben im Jahresvergleich einen Abbau von 592 841 Be-
chäftigungsverhältnissen. Wir haben ein Arbeitsmarkt-
roblem und dieses Arbeitsmarktproblem wirkt sich
uch auf die Ausbildungszahlen aus. Lassen Sie uns
rotzdem gemeinsam, sehr pragmatisch und zielführend,






(A) )



(B) )


Uwe Schummer

wie Frau Bettin es vorhin ausgeführt hat, eine Beratung
über die Novellierung des Berufsbildungsgesetzes star-
ten. Dem dient unser heutiger Entwurf.

Bundeskanzler Schröder hat bereits in seiner ersten
Regierungserklärung im November 1998 Folgendes ge-
sagt: „Ausbildung, Ausbildungsordnungen und Ausbil-
dungsinhalte werden wir flexibler gestalten.“ In der
Koalitionsvereinbarung von 1998 heißt es: „Wir wol-
len … die Modernisierung und Verbesserung der Attrak-
tivität der beruflichen Bildung vorantreiben.“ Nach
sechs Jahren ist es in der Tat Zeit, endlich damit anzu-
fangen. Wir wollen die Berufsausbildung flexibilisieren.
Dazu gehört die engere Kooperation der Ausbildungs-
orte, also zwischen der Berufsschule, der Kammer und
dem Ausbildungsbetrieb. Es muss auch möglich sein,
Ausbildungsinhalte stärker an den Menschen und an den
betrieblichen Wirklichkeiten flexibel auszurichten, wenn
hierdurch das Ausbildungsziel nicht gefährdet wird.


(Werner Lensing [CDU/CSU]: Eindeutig!)

Wir haben 1,3 Millionen Schulabgänger bis 29 Jahre,

die überhaupt keine Berufsausbildung haben.

(Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Eine Kata strophe!)

Das heißt, jedes Jahr produziert unser Bildungssystem
100 000 junge Menschen ohne eine berufliche Perspek-
tive.

Ich möchte einmal darstellen, wie sich die Berufsbil-
der entwickelt haben. In der Pflege wurden nach der
letzten Neuordnung über 500 zusätzliche Theoriestun-
den angesetzt und es wurde die Tür für Hauptschüler
zugeschlagen, obwohl gleichzeitig in Deutschland
20 000 Alten- und Krankenpfleger fehlen. Wir sind das
einzige Land, das das dreijährige Berufsbild des Tank-
warts kennt. Demnächst kommt noch der Diplomtank-
wart.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Die Union will daher Einstiegskorridore für prak-

tisch Begabte. Das Saarland hat ein gutes Beispiel ent-
wickelt. Die erste Stufe ist der Krankenpflegehelfer, was
automatisch zertifiziert wird. Dann kommt die zweite
Stufe und dann entwickelt man das Berufsbild des klas-
sischen Kranken- oder Altenpflegers. Ein weiteres Bei-
spiel ist die Entwicklung vom Kfz-Facharbeiter zum
Mechatroniker, vom Änderungsschneider zum Konfek-
tionsschneider. Die Stufenausbildung, die heute die Aus-
nahme ist, soll zur Regel werden: auf halber Strecke eine
Zwischenzertifizierung, die motiviert, weiterzumachen.
Wer dies nicht will oder kann, der soll die Möglichkeit
erhalten, über Ausbildungsmodule die zweite Stufe
nachzuholen. „Alles oder nichts“ darf es nicht mehr ge-
ben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben auch in der allgemeinen Bildung die Re-

gel: Wer das Abitur nicht schafft, der erhält die mittlere
Reife, wer diese nicht erreicht, hat den Hauptschulab-
schluss. Zertifizierungen sind Zwischenstationen und
nicht das Ende einer Bildungskarriere. Hierbei bauen wir

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(C (D uch auf einen europatauglichen Ausbildungspass. Ausildung und permanente Weiterbildung müssen stärker iteinander verzahnt werden. Dazu gehören auch Ausildungsverbünde bis hin zu Ausbildungspartnerschaften it Betrieben aus anderen EU-Ländern, die stärker echtlich abzusichern sind. Wir brauchen eine Dynamisierung. Die Entwicklung ines Berufsbildes dauert im Konsensverfahren derzeit u lange, weil sich Arbeitgeber und Gewerkschaften icht immer einigen können. Im Schnitt dauert die Enticklung eines neuen Berufsbildes zwei bis drei Jahre, Metallund Elektrobereich bis zu sieben Jahren. Des alb haben wir ein Schlichtersystem entwickelt. Danach ird der Schlichter von beiden Seiten ernannt. Er soll ach sechs Monaten entscheiden. Wenn er nicht entcheiden will, dann entscheidet der Wirtschaftsund rbeitsminister. Zwei Drittel aller Betriebe, die nicht ausbilden, vereisen auf die Kosten. Auch das müssen wir zur Kenntis nehmen. Wenn wir keine Billigausbildung, sondern ualität haben wollen, dann müssen Betriebe gerade im rsten Ausbildungsjahr investieren. Hier ist die Hürde ur Einstellung am höchsten. 2003 betrug die Ausbildungsvergütung in den west eutschen Ländern durchschnittlich 612 Euro. Die pannweite reichte von 250 bis 950 Euro. Deshalb bitte h darum, zu differenzieren: Auch die Kosten für die usbildungsvergütung sind ein Grund dafür, dass nicht enügend Ausbildungsplätze entstehen. Die Betriebsund Tarifpartner sollen einen größeren aum erhalten, Bündnisse für mehr Ausbildungsplätze u schmieden. Dies könnte bedeuten, dass Einstiegsverütungen um ein Drittel abgesenkt werden, wenn im Geenzug zusätzliche Ausbildungsplätze entstehen. Der Ausbildungspakt alleine wird die Erosion der be ieblichen dualen Ausbildung nicht verhindern können. r bedarf der Ergänzung in Form einer Modernisierung es Berufsbildungsgesetzes, das im Kern seit 1977 kaum erändert wurde. Im Interesse der Schulabgänger des ahres 2004 bitte ich Sie: Folgen Sie unserer Gesetzesitiative, aber folgen Sie uns zeitnah! Nächster Redner ist der Kollege Hans-Werner Bertl, PD-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kol egen! Der Deutsche Industrieund Handelskammertag raf sich gestern zu einer Sondervollversammlung in erlin. Gestern Nachmittag wurden von vier Präsidenten er Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft sowie von inisterin Bulmahn und Minister Clement im Bundesanzleramt die Unterschriften für den Ausbildungspakt eleistet. Seit über 20 Jahren erlebe ich Diskussionen zum hema Jugendarbeitslosigkeit – jahreszeitlich bedingt Hans-Werner Bertl nur kurzfristig in der Öffentlichkeit – und stelle fest, dass Politik für die Kompensation eines Mangels zuständig ist, die eigentlich von denen geleistet werden müsste, die zuständig sind und dies nicht wollen oder vielleicht manchmal nicht können. Seit einigen Wochen steht das Thema wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Ich will Ihnen offen sagen: Ich bin so optimistisch, den Vertretern der deutschen Wirtschaft, die gestern ihre Unterschrift geleistet haben, zu trauen und zuzutrauen, dass sie es diesmal ernst meinen. Ich habe am 7. Mai in der Debatte über das Ausbildungsplatzsicherungsgesetz die im „Spiegel“ aufgeführte Liste des Versagens hinsichtlich der Selbstverpflichtungen der deutschen Wirtschaft zitiert und auf die Entschuldigung von Hans-Olaf Henkel hingewiesen, der diese Bilanz des Versagens als Notwehr gegenüber der Politik abgetan hat. Heute bin ich zuversichtlicher und will der deutschen Wirtschaft einen großen Vertrauensvorschuss geben. Ich glaube, dass sie ihr Versprechen diesmal halten will und dies auch schaffen wird. Meinen sie es ernst, ist das Erfüllen der Zusagen – angesichts der Tatsache, dass nur 23 Prozent der ausbildungsberechtigten Unternehmen auch tatsächlich ausbilden – sicherlich eine der leichtesten Übungen; es ist kein großer Kraftakt. Wir werden erleben, dass sich die Repräsentanten der Wirtschaft mit der Solidarität ihrer Mitglieder auseinander zu setzen haben – eine Erfahrung, die letztendlich ihre Legitimation dokumentieren wird. Wir in der Politik kennen solche Erfahrungen, aber wann hat es je in unserem Land eine Sondervollversammlung des Deutschen Industrieund Handelskammertages gegeben, um den jungen Menschen, die in wenigen Tagen ihre Schulen verlassen, ernsthaft zu helfen? Ich glaube, indem sie beim Bundeskanzler, im Fokus der Öffentlichkeit, ihre Unterschrift geleistet haben, sind sie eine große Verpflichtung eingegangen, auf deren Einhaltung jetzt geachtet werden muss. Wir können zwar über den einen oder anderen Satz der Vereinbarung streiten, rätseln oder ihn so interpretieren, wie auch immer er in unsere Vorbehalte zu passen scheint. Was aber in diesem Jahr letztlich zählt, sind die realen Angebote, sind die zusätzlich gewonnenen Lebenschancen für junge Menschen und ist die Botschaft: „Wir brauchen euch! Wir lassen es nicht zu, dass ihr ins Abseits gestellt werdet.“ Die Bilanz wird von uns im Parlament zu bewerten sein. Im Lichte dieser Bilanz hat das Parlament die Souveränität, zu entscheiden, ob das auf Eis gelegte Gesetz aufgetaut wird oder weiter liegen bleibt. Das verstehe ich – ich will das deutlich zum Ausdruck bringen – nach wie vor nicht als Drohung. Auch das habe ich bereits in der Debatte am 7. Mai ausgeführt. Unser Motiv ist Notwehr (Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Das ist doch lächerlich! Misstrauen!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511405400
Hans-Werner Bertl (SPD):
Rede ID: ID1511405500




(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


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(C (D ugunsten derjenigen, die eine Ausbildung brauchen, ie auch für diejenigen, die in wenigen Jahren die Ausebildeten brauchen. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Notwehr!?)


Ja, Notwehr.
In der Diskussion über unser duales System und in

er Auseinandersetzung über den vorliegenden Gesetz-
ntwurf hat es mich gewundert, wie filibusterhaft sich
eile der Medien, aber auch die Opposition seitenweise
amit beschäftigt haben, Sinn oder Unsinn, Probleme
er Anwendung und die Konsequenzen des Gesetzes für
ie Wirtschaft ausgiebig zu diskutieren.
Ich habe aber kaum einmal den Appell lesen können,

un endlich in diesem Land die Ärmel aufzukrempeln,
ich zusammenzusetzen und ein Problem zu lösen,


(Beifall bei der SPD)

elches auch unter den gegenwärtigen, sicherlich nicht
infachen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in unse-
em Land lösbar ist.
Ich sage Ihnen von der Opposition: Sie sollten da-

über nachdenken, ob es Sinn macht, eine Regierung und
ie sie tragenden Koalitionsfraktionen dafür zu kritisie-
en, dass sie im Angesicht stetig steigender Jugend-
rbeitslosigkeit aus berechtigter Sorge zu einem Instru-
ent greifen, welches eine Lösung sein kann und
elches von uns so offen strukturiert worden ist, dass es
ie Verantwortung derjenigen in den Vordergrund stellt,
ie für Ausbildung zuständig sind. Ein solches Gesetz zu
achen ist sicherlich ungewöhnlich und neu. Aber viel-
eicht wollte man es nicht verstehen.


(Werner Lensing [CDU/CSU]: Der geballte Sachverstand steht gegen Ihre Ausführungen, Herr Kollege! – Widerspruch des Abg. Jörg Tauss [SPD])


as ist daran falsch, wenn durch aktives, freiwilliges
andeln ein Gesetz überflüssig sein wird? Ist das nicht
er eigentlich erwünschte Zustand einer Zivilgesell-
chaft, nämlich sich dort verantwortlich zu erklären, wo
an Verantwortung auch wahrnehmen kann, oder geht
s hier nur noch um Kritik und um das Skandalisieren
hne Rücksicht darauf, dass es hier letztendlich um Ju-
endliche geht?


(Beifall bei der SPD)

enn Letzteres der Fall ist, dann muss ich Ihnen sagen,
ass das für mich billige und auch ein Stück weit er-
ärmliche Opposition ist; denn ein konstruktiver Vor-
chlag zur Beseitigung der Jugendarbeitslosigkeit, der
chte Alternativen geboten hätte, ist von Ihnen nicht in
ie Diskussion eingebracht worden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Zusage der Wirtschaft, bis 2007 jährlich
0 000 neue Ausbildungsplätze und 25 000 Prakti-
umsplätze für den Erwerb von betrieblichen






(A) )



(B) )


Hans-Werner Bertl

Einstiegsqualifikationen anzubieten, ist ein positives
Signal an junge Menschen


(Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Das ist aber nicht Ihr Verdienst!)


– doch! – und auch für den Fortbestand des dualen Sys-
tems. Wir alle wissen, dass dieses hochgelobte System
dringender Reformen bedarf. Ich bin davon überzeugt,
dass es keine Selbstverpflichtung der Wirtschaft gege-
ben hätte, wenn wir nicht initiativ geworden wären. Man
sollte also bei der Beurteilung derjenigen sehr vorsichtig
sein, die diesen schwierigen Weg mit der Wirtschaft ent-
wickelt haben, und sie nicht vorschnell diskreditieren.
Vielleicht haben wir beispielsweise im Rahmen der No-
vellierung des Berufsbildungsgesetzes die Möglichkeit,
die Verantwortung dieses Parlaments für die Zukunft
junger Menschen etwas deutlicher zu machen, indem wir
die Anträge, über die heute diskutiert wird, ein Stück zu-
sammenführen.

Ich glaube, dass die Novellierung des Berufsbildungs-
gesetzes – das ist eben deutlich gemacht worden – von
uns vorbereitet ist. Ich sage Ihnen von der CDU/CSU
und FDP ganz offen: Obwohl einige Sachverhalte richtig
dargestellt sind, greifen Ihre beiden Gesetzentwürfe
letztendlich zu kurz. Es kann nicht nur um Reduzierung
von Ausbildungsbestandteilen auf betriebliche Belange
und um Vereinfachung der Ausbildung gehen. Wir müs-
sen vielmehr sehr sorgfältig darüber nachdenken, welche
strukturellen Anpassungen und Veränderungen das duale
System benötigt. Wir wollen mehr jungen Menschen
eine berufliche Erstausbildung ermöglichen. Wir wollen
außerdem die regionale Verantwortung stärken. Das Sys-
tem der Prüfungen gehört ebenfalls auf den Prüfstand.
Sprechen Sie mit Ausbildern! Sie werden feststellen, wie
verzweifelt manche von diesen sind, weil sie sechs Wo-
chen vor der Abschlussprüfung Systeme vermitteln müs-
sen, die zwar von den Prüfern beherrscht werden, die
aber in der Wirklichkeit unserer Arbeitswelt überhaupt
keine Rolle mehr spielen. Das ist ein ganz wichtiger
Aspekt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Einen Aspekt finde ich besonders wichtig. Wir müs-
sen die Berufsbildungsforschung zu einem Bestandteil
und zu einem Aufgabenbereich des Berufsbildungsge-
setzes machen. Nur dann sind wir in der Lage, die Zu-
kunftsfähigkeit des dualen Berufsausbildungssystems zu
sichern und den jungen Menschen damit Möglichkeiten
zur Selbstgestaltung ihres Lebens zu geben sowie beruf-
liche Mobilität zukunftsfest zu machen.

Ich glaube, gestern war ein guter Tag für die jungen
Menschen in Deutschland – sofern sich diejenigen, die
gestern unterschrieben haben, bewusst sind, dass sie jetzt
auf die Solidarität ihrer Mitglieder in den Verbänden an-
gewiesen sind und dass das Ganze im Fokus der Öffent-
lichkeit stattfindet, was lange nicht mehr der Fall war.
Das Thema Berufsausbildung, das heißt Lebenschancen
für junge Menschen, steht vielleicht von nun an perma-
nent im Fokus der Öffentlichkeit. Es darf nicht länger
hingenommen werden, dass wir Hunderttausende junge

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(C (D enschen in Zukunftslosigkeit, in Arbeitslosigkeit, in hancenlosigkeit entlassen. Ich glaube, es hat sich geohnt, diesen Weg zu gehen, gestern die Unterschriften och einzuholen und gemeinsam zu leisten. Danke schön. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511405600

Das Wort hat der Kollege Alexander Dobrindt, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Werner Lensing [CDU/CSU]: Jetzt kommt einer der Höhepunkte!)



Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1511405700

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
err Kollege Bertl, wenn Sie schon der Opposition die
erechtigung absprechen, in dieser Frage die Regierung
u kritisieren, empfehle ich Ihnen: Schauen Sie sich
eute einfach einmal die Presselandschaft an. Dann wer-
en Sie feststellen, dass offensichtlich eine Erleichterung
urch dieses Land geht, weil Ihre vollkommen verfehlte
usbildungsplatzabgabe gescheitert ist.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Werner Bertl [SPD]: Erleichterung, weil junge Menschen Chancen bekommen! Das ist eine berechtigte Erleichterung!)


n seiner Einschätzung, dass dies ein guter Tag für die
ungen Menschen in Deutschland gewesen sein kann,
timme ich dem Bundeskanzler ausdrücklich zu. Aber
ine Glanzleistung dieser Bundesregierung ist das beim
esten Willen nicht gewesen. Im Gegenteil, auf den
unkt kommend muss man sagen: Das Schlimmste ist
erhindert worden,


(Jörg Tauss [SPD]: Nichts als Gemäkel!)

ber das Vertrauen der Menschen in die Verantwortung
er Bundesregierung, das Wichtige und das Richtige zu
un, wurde sicherlich nicht gestärkt.


(Ute Kumpf [SPD]: Es geht uns um die Jungen!)


Wir bitten Sie einfach: Lassen Sie uns jetzt gemein-
am den nächsten Schritt machen. Sonst erhöhen Sie das
isiko, dass Ihr Ausbildungspakt scheitert und für die
ungen Menschen in Deutschland wieder nichts dabei
erauskommt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben bereits vor Monaten angemahnt, das Be-

ufsbildungsgesetz zu reformieren. Wir haben heute in
nserem Gesetzentwurf klare Forderungen dargelegt,
ie ich gern noch einmal wiederhole: Erstens. Wir brau-
hen in einem hohen Maß mehr Flexibilisierung und
ostensenkung in der Ausbildung. Zweitens. Es muss zu
iner Beschleunigung bei der Entwicklung neuer Berufs-
elder kommen. Drittens. Die Anzahl der ausbildungsfä-
igen Betriebe muss gesteigert werden.






(A) )



(B) )


Alexander Dobrindt


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das sind die zentralen Vorschläge, deren Realisierung
dringend notwendig ist, damit der Ausbildungspakt
wirklich erfolgreich sein kann. Machen Sie das Richtige
mit uns, denn die Begeisterung der Menschen ob dieses
Schauspiels Ausbildungsplatzabgabe hält sich bisher
äußerst in Grenzen. Wenn Sie – den Eindruck habe ich
bei Ihren Reden bekommen – dieses Schauspiel jetzt
gern als Teil der Strategie darstellen, die Wirtschaft zu
einer akzeptablen Vereinbarung zu zwingen,


(Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Lachhaft!)

kann ich Ihnen nur sagen, dass Sie damit eindrucksvoll
unter Beweis gestellt haben, wie man mit dem größt-
möglichen Aufwand den größtmöglichen Schaden errei-
chen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Seit wann ist der Pakt ein Schaden? – Jörg Tauss [SPD]: Der Pakt ist doch kein Schaden!)


– Schaden deshalb, weil Unternehmer und Investoren
heute irritiert sind, weil sie sich über die zukünftigen
Rahmenbedingungen des Wirtschaftsstandorts Deutsch-
land nicht mehr im Klaren sind und weil Sie die Jugend-
lichen, die eine Lehrstelle suchen, verunsichert haben,
indem Sie ihnen vorgegaukelt haben, das Lehrstellenpro-
blem sei per Gesetz von oben regelbar. Beides verur-
sacht einen erheblichen Schaden am Wirtschaftsstandort
Deutschland.

Dabei ist die Aufgabenstellung klar: Wir brauchen
mehr Ausbildungsplätze für junge Menschen. Natürlich
geht dies nur, wenn die freiwillige Bereitschaft der
Wirtschaft dazu vorhanden ist. Es ist die Aufgabe der
Politik, hierbei unterstützend zu wirken und die mögli-
chen Hindernisse aus dem Weg zu räumen, anstatt zu-
sätzliche Hürden einzubauen.

Meine Damen und Herren, in den vergangenen Jahren
ist eine Vielzahl von Betrieben ihrer Aufgabe nachge-
kommen und hat im Rahmen der Nachvermittlung zu-
sätzliche Ausbildungsplätze bereitgestellt, mit großen
Anstrengungen, zum Teil bis an die Grenze der Leis-
tungsfähigkeit. Bei 40 000 Unternehmenspleiten in
Deutschland ist das nachvollziehbar. Natürlich bildet ein
Unternehmen nur dann aus, wenn es eine Zukunftsper-
spektive hat, und investiert ein Unternehmen nur dann
30 000 Euro in die Ausbildung eines Lehrlings, wenn es
eine Chance sieht, diesen Lehrling auch weiter beschäf-
tigen zu können. Das ist die eigentliche Misere und diese
Misere können Sie mit Ihrem Ausbildungspakt allein
nicht lösen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir müssen an den Rahmenbedingungen etwas än-

dern. Dazu gehört zwangsläufig, dass das Berufsbil-
dungsgesetz noch mehr an die Anforderungen der Unter-
nehmen angepasst wird. Ausbildung muss flexibler und
kostengünstiger werden und natürlich müssen die Unter-
nehmen auch bei den Ausbildungsvergütungen Ein-
schränkungen vornehmen können.

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(C (D elbstverständlich spielt dieser Kostenfaktor heute eine olle. Mir ist es allemal lieber, wenn ein Ausbildungslatz mit einer Vergütung von 500 Euro geschaffen wird, ls dass einer mit 750 Euro nicht geschaffen wird. (Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Eine Schimäre, die Sie hier aufbauen!)


(Jörg Tauss [SPD]: Natürlich!)


eider sagt Ihr Ausbildungspakt darüber überhaupt
ichts, Herr Tauss.


(Jörg Tauss [SPD]: Sie haben ihn ja nicht einmal gelesen! – Gegenruf des Abg. Werner Lensing [CDU/CSU]: Das ist eine Unterstellung!)


s reicht nicht aus, zu argumentieren, dass die fehlenden
usbildungsplätze von heute die nicht vorhandenen
achkräfte von morgen sind. Wir brauchen einen Ausbil-
ungspakt, der jetzt die Ausbildung für die Betriebe wie-
er attraktiver macht, damit wir den ausbildungswilligen
ugendlichen einen akzeptablen Start ins Berufsleben er-
öglichen können.
Wir müssen hier – darin stimme ich mit dem Bundes-

anzler ausdrücklich überein – ein gesamtgesellschaftli-
hes Problem lösen. Wir dürfen es eben nicht isoliert
etrachten. Deswegen brauchen wir einen Maßnahmen-
ix, der die Chancen auf zusätzliche Ausbildungsplätze
n Deutschland steigen lässt. Ein erheblicher Beitrag, um
iese Steigerung vorzunehmen, ist die Flexibilisierung
es Berufsbildungsrechts, so wie es unser Gesetzentwurf
orsieht. Ich bitte Sie, diesem zu folgen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Das ist ein Bürokratieentwurf!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511405800

Das Wort hat die Kollegin Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1511405900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

um dritten Mal binnen zweier Monate befassen wir uns
eute mit der Berufsausbildung. Dieses Mal haben CDU
nd CSU die Vorlage mit dem Entwurf eines Gesetzes
ur Modernisierung der dualen Berufsausbildung gege-
en. Ich möchte eine Binsenweisheit voranstellen: Man
ann nur modernisieren, was es auch gibt. Das duale
ystem der Berufsausbildung hat in der Bundesrepublik
chwere Schwindsucht, weil immer weniger Unterneh-
en Ausbildung anbieten. Drei von vier Unternehmen in
eutschland bilden nicht aus und circa 200 000 Jugend-
iche erhalten keine betriebliche oder gar keine Ausbil-
ung. Das ist übrigens der Hintergrund, warum die PDS
er Ausbildungsumlage zugestimmt hat.
SPD und Grüne haben die Umlage versprochen. Wir

aben sie hier vor wenigen Wochen debattiert und auch
emeinsam beschlossen. Nun aber wird Rot-Grün wort-
rüchig. Die Umlage sei hinfällig, höre ich. Stattdessen
ibt es nun einen Ausbildungspakt mit der Industrie.


(Jörg Tauss [SPD]: Das steht im Gesetz, Frau Kollegin!)







(A) )



(B) )


Petra Pau

Selbst wenn diese Lehrstellen geschaffen werden, haben
wir den 200 000, die auf der Strecke bleiben, damit noch
keine Alternative geboten.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Mich erinnert das, was Sie im Moment hier auffüh-
ren, an ein bekanntes Sprichwort: „Lieber den Spatz in
der Hand als die Taube auf dem Dach!“ Ihr Tausch, Pakt
gegen Umlage, geht allerdings genau andersherum: Sie
geben die Taube aus der Hand für einen immer noch flü-
gellahmen Spatz.

30 000 Ausbildungsplätze sind in Aussicht gestellt.
Wir alle wissen aber – der DGB hat es vorgerechnet –:
Das reicht hinten und vorne nicht, um das vorhandene
Lehrstellendefizit wirklich zu beheben. Hinzu kommt:
Der Pakt ist ohne Gewähr. Wenn er überprüft wird, dann
haben wir den nächsten Jahrgang enttäuschter Jugendli-
cher ohne Lehrstelle vor der Tür stehen. Deshalb wieder-
hole ich: Das duale System lässt sich nur modernisieren,
wenn es von der Schwindsucht geheilt wird.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Genau dazu bedarf es einer Ausbildungsumlage. Da hilft
auch kein Paktieren mit Sündern.

Gestern wurde ich hier in der Fragestunde des Bun-
destages auf meine Frage, was mit dem Umlagegesetz
werde, von der Bundesregierung belehrt, das sei Sache
des Parlaments. Daher möchte ich die Kolleginnen und
Kollegen der Koalition fragen: Was tun Sie heute Nacht
im Vermittlungsausschuss? Nehmen Sie das beschlos-
sene Gesetz tatsächlich zurück, wie es im Pakt verein-
bart ist? Legen Sie es auf Eis? Oder wollen Sie dieses
Gesetz beschließen und es nicht anwenden, wenn der
Pakt erfüllt wird, so wie es im Gesetz beschrieben ist?
So viel Ehrlichkeit muss in der Politik schon herrschen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Nun zum Gegenstand der heutigen Debatte. CDU und
CSU unterbreiten konkrete Vorschläge für eine bessere
und moderne Berufsausbildung. Das ist gut. Auch wir
fordern seit langem eine gründliche Reform der Ausbil-
dung. Die PDS hat ihr Diskussionsangebot dazu aktuell
in einer „Magdeburger Erklärung“ vorgelegt. Wir kön-
nen uns durchaus mit einigen Vorstellungen der CDU/
CSU anfreunden, etwa damit, dass Ausbildungsgänge
als Module angeboten werden, dass Berufsabschlüsse in-
ternational vergleichbar sein und anerkannt werden sol-
len oder dass erworbene Qualitäten in einem Ausbil-
dungspass verbrieft werden sollen.

Wir können auch gern über eine andere Prüfungsord-
nung reden. Über eine bessere Koordinierung zwischen
betrieblicher und schulischer Ausbildung müssen wir
dringend reden. Überhaupt sollte doch unser gemeinsa-
mes Ziel sein, eine solide Ausbildung und damit faire
Lebenschancen für Jugendliche zu schaffen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


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(C (D Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/ SU, bin ich dann allerdings auch bei den Differenzen wischen uns als PDS und Ihrem Entwurf. Die Opposiion zur Rechten möchte – das kommt auch in dem heute orliegenden FDP-Entwurf zum Ausdruck – flinke Ausildungsgänge zweiter und dritter Klasse zum halben reis. Sie wollen die Ausbildungszeit verkürzen. Sie ollen Theorie aus den Programmen streichen. Sie wolen den Auszubildenden obendrein auch noch ans Geld. inem solchen Bildungsund Sozialabbau zulasten Juendlicher, wie ihn die CDU/CSU hier vorschlägt, wird ie PDS natürlich nicht zustimmen. Danke schön. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511406000

Das Wort hat der Kollege Willi Brase, SPD-Fraktion.


Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1511406100

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

iebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle stimmen
ohl in der Einschätzung überein: Für die jungen Leute
nd für die Eltern ist es gut, dass wir seit mehreren Mo-
aten eine intensive Diskussion über die Zukunft der Ju-
endlichen in unserem Land führen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ir wissen, dass wir die zahlenmäßigen Probleme lösen
üssen. Aber wir sollten die inhaltlichen und strukturel-
en Entwicklungen nicht vergessen: Wo stehen wir? Wel-
he wichtigen Fragen sind im Bereich der beruflichen
ildung zu debattieren, zu lösen und wo sind Entschei-
ungen auf den Weg zu bringen?
Ich möchte in Erinnerung rufen, wie eigentlich die
usgangslage der dualen Ausbildung in unserem Land
st und welche Entwicklungstendenzen wir in den letz-
en Jahrzehnten zur Kenntnis nehmen mussten. Die Aus-
ildungsquote ist seit 1980 von deutlich über 7 Prozent
uf 5 Prozent gesunken, in manchen Facharbeitsmärk-
en, auch in innovativen Bereichen, auf unter 3 Prozent.
enn wir nicht handeln würden, bestünde die Gefahr,
ass sich die betriebliche Berufsausbildung zu einer
estgröße für lernschwache Jugendliche, möglicher-
eise, wenn man manchen Entwürfen glauben darf,
uch für einen Niedriglohnsektor, entwickelt. Ich glaube,
ass wir das nicht zulassen können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben eine schleichende Verstaatlichung der Be-
ufsausbildung zu verzeichnen. Zwischen 1993 und
001 stieg die Zahl der Schüler an Vollzeitschulen um
0 Prozent auf über 542 000. Wir sollten dabei nicht ver-
essen: Das Alter beim Einstieg in die Berufsausbildung
iegt mittlerweile bei über 19 Jahren. Das sind Verände-
ungen in den letzten 20, 30 Jahren, die wir zur Kenntnis
ehmen müssen.






(A) )



(B) )


Willi Brase

Deshalb begrüßen wir ausdrücklich, dass mit dem Re-

ferentenentwurf zum Berufsbildungsgesetz jetzt der Weg
zu einer weiteren Debatte und dann auch zu einer Ent-
scheidungsfindung im Deutschen Bundestag gegangen
wird. Wir werden dabei die Entwürfe der Opposition si-
cherlich gründlich prüfen;


(Werner Lensing [CDU/CSU]: Wohlwollend!)

wir wissen, dass wir es gemeinsam machen müssen.

Ich möchte auf wenige Punkte eingehen.
In den vorliegenden Entwürfen von Union und FDP

– teilweise auch in denen, die aus der Gesellschaft he-
raus entwickelt wurden – werden Stufenausbildung, ver-
kürzte Ausbildung, Module als wichtige Reformziele
dargestellt. Wir müssen aufpassen, glaube ich, dass wir
hier nicht einen falschen Weg gehen. Durch solche Ver-
kürzungen könnten das Berufsprinzip und die Beschäfti-
gungsfähigkeit der jungen Leute aufs Spiel gesetzt wer-
den.


(Beifall bei der SPD)

Wir wissen, dass der große Vorteil der dualen Ausbil-

dung der weiche und effektive Übergang von der Schule
in die Arbeitswelt sowie – damit nach wie vor verbun-
den – eine niedrige erste und zweite Schwelle ist. Wenn
wir es europäisch betrachten, kommen wir zu dem Er-
gebnis, dass die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen in
Deutschland aufgrund dieses Berufsbildungssystems
und der Beschäftigungsfähigkeit nach wie vor wesent-
lich geringer ist als in anderen Ländern.


(Beifall bei der SPD)

Ich warne davor, dieses Positive, diese Fähigkeit des Be-
rufsbildungssystems durch eine schnelle, möglicher-
weise vorschnelle und zu brutale Einführung von Stufen-
ausbildung und Verkürzung von Ausbildungsgängen
aufs Spiel zu setzen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir wollen – das muss eine Reform erreichen – die

berufliche Identität als Voraussetzung für Leistungsbe-
reitschaft, Qualitätsbewusstsein, Verantwortung und In-
tegration in die Gesellschaft. Es muss doch eigentlich
das Ziel sein, die Facharbeitsmärkte zu revitalisieren;
Stichwort: Kernberuflichkeit. Das heißt, wir müssen um-
fassend deutlich machen: Für uns ist neben dem Hoch-
schulbereich vor allem der berufliche Bereich derjenige,
der das Land, die Facharbeiter und die Qualität nach
vorne bringt.

Wir brauchen sie, damit auch unsere Gesellschaft
weiterhin innovativ ist.


(Beifall bei der SPD)

Deshalb sind wir auch dagegen, die einzelnen Ausbil-
dungsordnungen auf der horizontalen Ebene noch stär-
ker zu zerpflücken. Denken Sie nur einmal daran,
welche Ausbildungsordnungen es mittlerweile im kauf-
männischen Bereich gibt: Das geht vom Fitness- bis zum
Sportkaufmann. Ich glaube, wir wären gut beraten, wenn
wir bei der Debatte in den nächsten Monaten überlegten,
wie wir die Kernberufe wieder stärken könnten.

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(C (D Meine Damen und Herren, unsere Aufgabe wird es uch sein, zu überlegen, wie wir einen Teil der jungen eute mitnehmen können. Lassen Sie mich in diesem usammenhang noch etwas zu zweijährigen Ausbilungsgängen bzw. zur Ausbildung in so genannten heoriegeminderten Berufen sagen. Wir wissen, dass das rbeitsplatzangebot in den nächsten acht bis zehn Jahren ür Anund Ungelernte weiterhin sinken wird. Gleicheitig aber junge Leute massiv in zweioder sogar einährige, wie manchmal gewünscht wird, Ausbildungsänge zu schicken würde doch letztendlich bedeuten, ass wir ihnen von vornherein eine Hypothek mit auf en Weg geben, denn sie werden kaum eine vernünftige erspektive haben. Diesen Widerspruch müssen wir in en Beratungen auflösen. s ist nun einmal so, dass es die entsprechenden Arbeitslatzangebote nicht mehr gibt. Ausbilder sagen aus der Praxis heraus zu diesem Pro lem: Geben Sie mir etwas mehr Zeit für die Ausbildung ieser jungen Leute, dann schaffe ich es, auch die chwächeren, die so genannten benachteiligten Jugendichen, so weit zu bringen, dass sie die gleiche Qualifikaion erreichen, wie sie in einem klassischen dreioder reieinhalbjährigen Ausbildungsgang erwerben können. ir sollten den Menschen diesen Weg nicht verbauen, ondern ihnen diese Chance geben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es wird immer wieder da-

über diskutiert – das wurde auch heute in der Debatte
eutlich –, dass die Kosten für die Ausbildung zu hoch
ind, weil die Ausbildungsvergütungen zu hoch sind.
itarbeiter des Bundesinstituts für berufliche Bildung
aben sich in der Ausgabe 3/2004 der Zeitschrift „Be-
ufsbildung in Wissenschaft und Praxis“ der Frage ange-
ommen, welche Bedeutung die Ausbildungsvergütung
n der dualen Ausbildung hat. Ihr Urteil ist sehr eindeu-
ig: Eine pauschale Diskussion um die Höhe der Ausbil-
ungsvergütungen ist nicht angemessen und wird der tat-
ächlichen Situation nicht gerecht. Lassen Sie mich
inige wenige Aussagen hier kurz darstellen:
Erstens. Ein wichtiger Maßstab für die Bewertung der
usbildungsvergütungen ist das Niveau der Löhne und
ehälter der Fachkräfte. Sie haben also festgestellt,
ass die Höhe der Ausbildungsvergütungen sich auch in
icht tariflich gebundenen Bereichen am Niveau der all-
emein gezahlten Löhne und Gehälter orientiert. Gegen-
ber den Fachkräften in der Wirtschaft verdienen Auszu-
ildende ungefähr ein Viertel, gegenüber Beschäftigten
m öffentlichen Dienst 28 Prozent und gegenüber denen
m Handwerk 22 Prozent. Allein diese Feststellung
acht schon deutlich, dass man mit der Forderung, die
usbildungsvergütungen pauschal um 20 oder 30 zu
ürzen, nicht weiterkommt. Im Gegenteil: Damit werden
ieder einmal nur die Jugendlichen belastet. Diese Form
er Politik sollten wir nicht mitmachen.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Willi Brase

Ein zweiter Punkt: In Diskussionen wird immer wie-

der gesagt, die hohen Ausbildungsvergütungen verhin-
derten, dass Unternehmen Jugendliche einstellen. In die-
sem Artikel wird genau das Gegenteil zum Ausdruck
gebracht. Gerade im Bereich der Facharbeiter wird
durch die Höhe der Ausbildungsvergütung der Anreiz
dafür geschaffen, dass sich überhaupt qualifizierte junge
Leute für diesen Weg entscheiden.

Es wurde schließlich untersucht, ob nicht Auszubil-
dende durch ihre Leistung dazu beitragen, letztendlich
die Ausbildungsvergütung zu refinanzieren.

Diese Aussagen bestätigen eindeutig unsere Politik.
Wenn wir also das Angebot an Facharbeitern aufrechter-
halten und diesen Bereich weiter stärken wollen, dann
wäre es absolut kontraproduktiv, bei den Ausbildungs-
vergütungen zu sparen. Es wäre nicht zielführend, einen
solchen Weg einzuschlagen. Das würde genau in die fal-
sche Richtung gehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Das müssen wir Herrn Hartmann noch einmal erklären!)


Meine Damen und Herren, ich würde gern noch etwas
zu der Forderung sagen – sie taucht immer wieder auf –,
bei schulischen Berufsausbildungen im Rahmen einer
Reform von BBiG und Handwerksordnung Kammerprü-
fungen zuzulassen. Ich glaube, dass wir mehr als gut be-
raten sind, darüber in den nächsten Monaten in Ruhe in
den Ausschüssen zu diskutieren. Welche Konsequenzen
hat das, wenn wir die Möglichkeiten, nach einem schuli-
schen Ausbildungsgang an externen Kammerprüfungen
teilzunehmen, ausweiten? Lösen wir damit möglicher-
weise die Berufsfähigkeit, die Beschäftigungsfähigkeit,
die Orientierung auf die Facharbeitsmärkte auf? Ich
stelle das hier bewusst als Frage in der Hoffnung, dass
wir im weiteren Verfahren zu einer sachgerechten Lö-
sung kommen.

Wir wollen nicht –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511406200

Herr Kollege, Ihre Redezeit!


Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1511406300

– danach höre ich auf, Frau Präsidentin –, dass das

Berufsprinzip und die berufliche Bildung in der Bundes-
republik Deutschland durch eine massive weitere Ver-
schulung sozusagen begraben werden. Im Gegenteil, wir
müssen die betrieblichen Ausbildungsplätze stärken. In
diesem Sinne sollten wir in den nächsten Monaten disku-
tieren.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511406400

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Werner Lensing, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! nser heutiger Gesetzentwurf ist gerade nach dem gesrigen Abschluss eines Ausbildungspaktes besonders ichtig, weil er – im Gegensatz zu Ihrer wenig substaniellen Kritik, Frau Bundesministerin Bulmahn – eine ffektive Lösung zur Beseitigung des Lehrstellenmanels und die geeignete Antwort auf den bildungspolitichen Stillstand der Bundesregierung bietet. Meine Damen und Herren von der Regierungskoali ion, anknüpfend an das, was Herr Schummer aus meiner raktion gesagt hat, möchte ich das erklären: Als Vertreer der Opposition hat man bekanntlich nur selten Geleenheit, die Regierung zu loben; (Zuruf von der SPD: Die Gelegenheit haben Sie oft!)

Werner Lensing (CDU):
Rede ID: ID1511406500

(Beifall bei der CDU/CSU)


ber im Interesse unserer Jugendlichen möchte ich ihr
och zum gestern abgeschlossenen Ausbildungspakt
ratulieren – jawohl: gratulieren. Ich gratuliere schließ-
ich aus Überzeugung, weil die Regierung mit dem Ab-
chluss des Ausbildungspaktes genau das umgesetzt hat
wenn auch mit Abstrichen –, was die Union seit Wo-
hen und Monaten mit allerbesten Argumenten gefordert
at.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karlheinz Guttmacher [FDP])


as heißt in gutem CDU/CSU-Deutsch: Freiwilligkeit
tatt Zwang, überzeugende Einsicht statt diktierter Ver-
unft, Einzelverträge statt Megabürokratie.
Gleichwohl ist die von Ihnen im Vorfeld praktizierte

Politik mit der Brechstange“ gescheitert, weil die Re-
ierenden, wie die Verhandlungen zeigten, ganz offen-
ichtlich im Stehen anders denken als im Sitzen.


(Zuruf von der SPD: Das war das Florett!)

eutlich wurde: Was Schröder nicht gelernt hat, lernt der
o genannte Münte nimmermehr.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

eshalb ist Herr Müntefering nicht von ungefähr umge-
allen und mit ihm Teile seiner SPD-Fraktion. Es ist ein
ieg über die Kollektivität des Unsinns.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Sie haben das Gesetz zur Ausbildungsplatzabgabe

m Vorfeld wider besseres Wissen durch den Bundestag
epresst und es anschließend im Bundesrat einfach ver-
chimmeln lassen – in der Hoffnung, dass kein vernunft-
egabter Mensch einen solchen Unsinn weiter zu verfol-
en gedenkt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karlheinz Guttmacher [FDP])


Herr Kollege Bertl, weil Sie eben mit fast brüchiger
timme und leuchtenden Augen die Vorteile des Ausbil-
ungspaktes gepriesen haben, lassen Sie mich folgende
emerkungen machen:






(A) )



(B) )


Werner Lensing


(Hans-Werner Bertl [SPD]: Ich habe die Er wartungen geschildert, die wir haben!)

Erstens kann der Staat die Erfüllung dieses Paktes ge-

nauso wenig einfordern, wie die Verbände die Unterneh-
men zur Ausbildung zwingen können.

Zweitens hat Rot-Grün mit dem Pakt nichts Neues er-
reicht; denn die in dem Ausbildungspakt vereinbarten
Angebote bestanden – das haben wir wiederholt gesagt
und das stimmt so, auch wenn Sie anderer Auffassung
sind – seitens der Wirtschaft bereits lange vor Ihren Be-
mühungen zur Zwangsabgabe.


(Zuruf von der CDU/CSU: Richtig! – Nicolette Kressl [SPD]: Das ist nicht wahr!)


Es gibt nach wie vor keine Garantien und voraussichtlich
auch keine Ausbildungsplätze für alle Jugendlichen,
weil die Betriebe nicht gesamt-, sondern betriebswirt-
schaftlich entscheiden.

Drittens ist es höchst zweifelhaft, dass in diesem Jahr
bei anhaltend schlechter Konjunktur und hoher Insol-
venzquote netto mehr Ausbildungsplätze angeboten
werden als im Vorjahr.


(Widerspruch bei der SPD)

– Da lassen Sie besser Ihre Lippen davon.

Viertens. Verlierer auf der ganzen Linie sind die Ge-
werkschaften.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben zu hoch gepokert und verweigern sich nun
dem Pakt. Sie fordern nur von anderen. Herr Bertl, ich
frage mich zusätzlich, warum sich jetzt, wenn man allge-
mein so begeistert ist, wiederum ganze Teile Ihrer Frak-
tion an dieser Stelle verweigern.


(Nicolette Kressl [SPD]: Blödsinn! – HansWerner Bertl [SPD]: Wer verweigert sich denn?)


Ich habe den Eindruck: Die SPD steht weiter im Abseits.

(Michael Glos [CDU/CSU]: So ist es! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Da bleiben sie stehen! – Da holt sie keiner ab!)


Gerade in dieser Situation kommt unser Entwurf ei-
nes Gesetzes zur Modernisierung des Berufsbildungs-
rechts wie gerufen. Er wird die Ausbildung nunmehr
moderner, schneller und kompakter gestalten. Ich will
das anhand einiger Aspekte begründen:

Erstens. Mit der Schaffung gesetzlicher Grundlagen
für die Verbundausbildung räumen wir weitere Hürden
zur Schaffung neuer Ausbildungsplätze aus dem Wege.

Zweitens. Wir bieten den Unternehmen durch die for-
cierte Erstellung neuer Berufsbilder gezielt Anreize,
nach den konkreten wirtschaftlichen Gegebenheiten aus-
zubilden. Das von uns hierfür erarbeitete Schlichtermo-
dell ist wegweisend.

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(C (D Drittens. Mit einem europatauglichen Ausbildungsass – Frau Kollegin Böhmer hat schon darauf hingeiesen – werden alle erworbenen Qualifikationen eineitlich erfasst. Und schließlich viertens: Wir wollen vor allem die tufenausbildung für dreijährige Ausbildungsgänge. erade für Berufsstarter sind schnelle Erfolgserlebnisse on unschätzbarem Wert. Ich fasse zusammen: Unsere Novelle ist, wenn man ie objektiv betrachtet – und dazu in der Lage ist –, in ich geschlossen und übersichtlich. o bleibt sie auch für kleine Unternehmen, die ausbilen, überschaubar und eigenständig handhabbar. Wir wollen, dass die Motivation aller Beteiligten, uch derjenigen im Schulbereich, also aller Lehrerinnen nd Lehrer sowie aller Schülerinnen und Schüler, geförert wird. Aber das setzt ein deutliches Bekenntnis zum ohen Gut der Leistung voraus. Wer jedoch Leistung esellschaftlich niederredet, macht diese nicht erstreenswert. eistung darf kein Schimpfwort sein oder gar als Synoym für Inhumanität verteufelt werden, wie dies traurierweise viele Jahre in manchen Bundesländern durch ozialdemokratische Regierungen vorexerziert wurde. eshalb stelle ich fest – auch das wollen wir mit unseem Antrag –: Wer Leistung angemessen fordert und förert, handelt zutiefst human. Mein Fazit – ich weiß, dass Sie alle es hören wol en –: Eine solide Ausbildung ist der Schlüssel zu berufichem Erfolg. Unsere duale Ausbildung ist ein zielgeichteter Weg dorthin und weltweit anerkannt. Diese irksam zu fördern und zu modernisieren, das ist der Inalt unseres Entwurfs. Und schließlich: Dies alles gechieht auf dem Weg der Freiwilligkeit und der gesellchaftlichen und wirtschaftlichen Verantwortung. Für wang und Verstaatlichung ist hier kein Platz. Wir sind natürlich gesprächsbereit gegenüber allen nderen Fraktionen, solange sie sich unseren guten Vortellungen anschließen. Vielen Dank. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Nicolette Kressl [SPD]: Übersichtlich schon!)


(Zuruf von der SPD: Wer tut das denn?)


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511406600

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Gesetzent-
ürfe auf den Drucksachen 15/2821 und 15/3325 an die
n der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
chlagen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das
st nicht der Fall. Dann sind die Überweisungen so be-
chlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 32 a bis 32 g sowie

die Zusatzpunkte 7 a bis 7 e auf:
32 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausfüh-
rung des Zusatzprotokolls vom 18. Dezember
1997 zum Übereinkommen über die Überstel-
lung verurteilter Personen
– Drucksache 15/3179 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Heinrich L. Kolb, Rainer Brüderle, Ernst
Burgbacher, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Angleichung der Pfändungs-
freigrenzen in der Sozialversicherung
– Drucksache 15/2796 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dirk
Niebel, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Lockerung des Verbots wiederholter Befris-
tungen
– Drucksache 15/2804 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur
Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften
– Drucksache 15/3280 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über
die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe in
Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten

(EG-Prozesskostenhilfegesetz)

– Drucksache 15/3281 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike

(Bay Z (C (D reuth)

der FDP
Bessere organisatorische Kooperation zwi-
schen Auswärtigem Amt und Wissenschaftsor-
ganisationen
– Drucksache 15/2759 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Auswärtiger Ausschuss

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Daniel Bahr (Münster),
Rainer Brüderle und weiterer Abgeordneter der
Fraktion der FDP sowie der Abgeordneten
Holger Haibach, Kristina Köhler (Wiesbaden),
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) und weiterer
Abgeordneter der Fraktion der CDU/CSU
Engpass zwischen Wiesbadener Kreuz und
Krifteler Dreieck (Autobahn A 66) beseitigen
– Drucksache 15/3104 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

P 7 a)Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes
zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes

(7. SGGÄndG)

– Drucksache 15/3169 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Rechtsausschuss

(Federführung strittig)

Innenausschus

b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur
Änderung des Melderechtsrahmengesetzes
– Drucksache 15/3305 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss

c) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau
von Statistiken (Statistikabbaugesetz)

– Drucksache 15/3306 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft

d) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau von Statis-
tiken
– Drucksache 15/2416 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Heidi

Wright, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig,
Winfried Hermann, Albert Schmidt (Ingolstadt),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Mehr Sicherheit für Radfahrer – insbesondere
Schutz vor Unfällen mit LKW im Stadtver-
kehr
– Drucksache 15/3330 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
ten Verfahren ohne Debatte.

Wir kommen zunächst zu den Tagesordnungspunk-
ten 32 a bis 32 g sowie zu den Zusatzpunkten 7 b bis 7 e,
also noch nicht zum Zusatzpunkt 7 a. Interfraktionell
wird vorgeschlagen, die Vorlagen an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen. Sind Sie
damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die
Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen nunmehr zu Zusatzpunkt 7 a. Es wird
interfraktionell vorgeschlagen, den Gesetzentwurf auf
Drucksache 15/3169 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse zu überweisen. Die Federführung ist
jedoch strittig. Die Fraktionen der SPD und des Bünd-
nisses 90/Die Grünen wünschen Federführung beim
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung. Die
Fraktion der CDU/CSU wünscht Federführung beim
Rechtsausschuss.

Ich lasse zunächst abstimmen über den Überwei-
sungsvorschlag der Fraktion der CDU/CSU: Federfüh-
rung beim Rechtsausschuss. Wer stimmt für diesen
Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit Mehr-
heit der Stimmen des Hauses abgelehnt.

Wer stimmt für den Überweisungsvorschlag der Frak-
tionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen: Fe-
derführung beim Ausschuss für Gesundheit und Soziale
Sicherung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Der Überweisungsvorschlag ist mit den Stimmen von
SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der
CDU/CSU und der FDP angenommen. Damit liegt die
Federführung beim Ausschuss für Gesundheit und So-
ziale Sicherung.

Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 33 a
bis 33 m und 28 sowie zu den Zusatzpunkten 8 a und 8 b.
Es handelt sich um die Beschlussfassung, zu Vorlagen,
zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 33 a:
Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Abkommen vom
14. Mai 2003 zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und der Republik Polen zur Ver-

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(C (D meidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen – Drucksache 15/3171 – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 15/3264 – Berichterstattung: Abgeordnete Horst Schild Peter Rzepka Der Finanzausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/3264, en Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die em Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Geetzentwurf ist mit den Stimmen des ganzen Hauses anenommen. Tagesordnungspunkt 33 b: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 8. Juli 2003 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der mazedonischen Regierung über Soziale Sicherheit – Drucksache 15/3172 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung – Drucksache 15/3335 – Berichterstattung: Abgeordneter Dr. Wolfgang Wodarg Der Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung mpfiehlt auf Drucksache 15/3335, den Gesetzentwurf nzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzenturf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer timmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st damit in zweiter Beratung mit den Stimmen von SPD, ündnis 90/Die Grünen und FDP bei Enthaltung der raktion der CDU/CSU angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Geetzentwurf ist mit demselben Votum wie in der zweiten eratung angenommen. Tagesordnungspunkt 33 c: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 14. Oktober 2003 über die Beteiligung der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik am Europäischen Wirtschaftsraum – Drucksache 15/3173 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union – Drucksache 15/3343 – Berichterstattung: Abgeordnete Günter Gloser Peter Hintze Rainder Steenblock Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union empfiehlt auf Drucksache 15/3343, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 33 d: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur effektiveren Nutzung von Dateien im Bereich der Staatsanwaltschaften – Drucksache 15/1492 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 15/3331 – Berichterstattung: Abgeordnete Erika Simm Daniela Raab Jerzy Montag Jörg van Essen Der Rechtsausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/3331, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. d d c s m C u G b s s d g v d v s D d d b – (C (D Tagesordnungspunkt 33 e: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ – Drucksache 15/3044 – Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 15/3260 – Berichterstattung: Abgeordnete Marga Elser Stephan Mayer Volker Beck Gisela Piltz Der Innenausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/3260, en Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die em Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeihen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Geetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und der DU/CSU bei Enthaltung der FDP angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Geetzentwurf ist mit den Stimmen der SPD, des Bündnises 90/Die Grünen und der CDU/CSU bei Enthaltung er FDP angenommen. Tagesordnungspunkt 33 f: Abstimmung über den von der Bundesregierung ein ebrachten Gesetzentwurf zu dem Fakultativprotokoll om 25. Mai 2000 zum Übereinkommen über die Rechte es Kindes betreffend die Benachteiligung (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Beteiligung, nicht Benachteiligung!)


(Erste Beratung 111. Sitzung)


(Erste Beratung 111. Sitzung)


(13. Ausschuss)





(A) )


(B) )


(Erste Beratung 111. Sitzung)


(Erste Beratung 63. Sitzung)


(Erste Beratung 108. Sitzung)


on Kindern an bewaffneten Konflikten, Druck-
ache 15/3176.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Es heißt „Beteiligung“, nicht „Benachteiligung“!)


er Rechtsausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/3340,
en Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
em Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erhe-
en. – Wer stimmt dagegen? – –


(Michael Glos [CDU/CSU]: Da kann ich nicht mitmachen, es heißt „Beteiligung“!)


Entschuldigung, ich wiederhole die Abstimmung.
Tagesordnungspunkt 33 f:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Fakultativprotokoll
vom 25. Mai 2000 zum Übereinkommen über






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

die Rechte des Kindes betreffend die Beteili-
gung von Kindern an bewaffneten Konflikten
– Drucksache 15/3176 –

(Erste Beratung 111. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)

– Drucksache 15/3340 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Sabine Bätzing
Ute Granold
Irmingard Schewe-Gerigk
Jörg van Essen

Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustim-
men wollen, sich zu erheben. –


(Michael Glos [CDU/CSU]: Okay, jetzt stimmen wir zu!)


Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom-
men. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wir passen wenigstens auf!)


Tagesordnungspunkt 33 g:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen (14. Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Peter Götz, Dirk Fischer

(Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordne-

ter und der Fraktion der CDU/CSU
Vorlage eines städtebaulichen Berichts
– Drucksachen 15/2158, 15/2896 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Petra Weis

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-
schlussempfehlung, den Antrag der Fraktion der CDU/
CSU auf Drucksache 15/2158 zur Vorlage eines städte-
baulichen Berichts für erledigt zu erklären. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Ent-
haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
men des ganzen Hauses angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 15/2896 empfiehlt der Ausschuss die Annahme
einer Entschließung. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen des ganzen
Hauses angenommen.

Tagesordnungspunkt 33 h:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss) zu der Un-
terrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates über Arsen, Kad-

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(C (D mium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft KOM – Drucksachen 15/1613 Nr. 1.13, 15/2958 – Berichterstattung: Abgeordnete Astrid Klug Marie-Luise Dött Winfried Hermann Birgit Homburger Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrichng eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für iese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthalngen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Gegentimmen der CDU/CSU und bei Enthaltung der FDP ngenommen. Tagesordnungspunkt 33 i: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit terrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung KOM – Drucksachen 15/1948 Nr. 1.8, 15/3138 – Berichterstattung: Abgeordnete Petra Bierwirth Ulrich Petzold Winfried Hermann Birgit Homburger Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrichng eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für iese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthalngen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimen des ganzen Hauses angenommen. Wir kommen nun zu den Beschlussempfehlungen des etitionsausschusses. Tagesordnungspunkt 33 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 124 zu Petitionen – Drucksache 15/3225 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalngen? – Die Sammelübersicht 124 ist mit den Stimmen es ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 33 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 125 zu Petitionen – Drucksache 15/3226 – Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal tungen? – Die Sammelübersicht 125 ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 33 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 126 zu Petitionen – Drucksache 15/3227 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 126 ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Gegenstimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen. Tagesordnungspunkt 33 m: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 127 zu Petitionen – Drucksache 15/3228 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 127 ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bei Gegenstimmen der CDU/CSU angenommen. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/2826 empfiehlt der Ausschuss die Annahme einer Entschließung. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Was ist das? Das ist neu! Das ist nicht ausgedruckt! – Ute Kumpf [SPD]: Das ist neu!)





(A) )


(B) )


– Gut, dann rufe ich Tagesordnungspunkt 28 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften
Gesetzes zur Änderung des Futtermittelgeset-
zes
– Drucksache 15/3170 –

(Erste Beratung 111. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-
wirtschaft (10. Ausschuss)

– Drucksache 15/3342 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Wilhelm Priesmeier
Julia Klöckner
Friedrich Ostendorff
Hans-Michael Goldmann

Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 15/3342, den Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen

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(C (D ollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter eratung mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die rünen und CDU/CSU bei Enthaltung der FDP angeommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist damit mit demselben Votum wie bei der zweiten eratung angenommen. Zusatzpunkt 8 a: Beratung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses Übersicht 7 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht – Drucksache 15/3334 – Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Geenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung st mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Zusatzpunkt 8 b: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu der Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvR 412/04 – Drucksache 15/3341 – Berichterstattung: Andreas Schmidt Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung, im Verfahren eine Stellungnahme abzugeen und den Präsidenten zu bitten, einen Prozessvertreer für den Deutschen Bundestag zu bestellen. Wer timmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von PD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bei Enthaltung er CDU/CSU angenommen. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Peinlich!)


Ich komme zurück zu Tagesordnungspunkt 33 g, weil
ir über eine Empfehlung noch nicht abgestimmt haben.
abei geht es um die Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen auf
rucksache 15/2896.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das haben wir doch gemacht! – Ute Kumpf [SPD]: Darüber haben wir abgestimmt!)


Entschuldigung, darüber wurde bereits abgestimmt.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Beratung des Berichts des Petitionsausschusses

(2. Ausschuss)

Bitten und Beschwerden an den Deutschen
Bundestag
Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des
Deutschen Bundestages im Jahr 2003
– Drucksache 15/3150 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Dr. Karlheinz Guttmacher, FDP-Fraktion.


Dr. Karlheinz Guttmacher (FDP):
Rede ID: ID1511406700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-

ginnen und Kollegen! Am 25. Mai dieses Jahres habe ich
gemeinsam mit Vertretern aller Fraktionen unseres Hau-
ses den Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses des
Jahres 2003 dem Herrn Bundestagspräsidenten überge-
ben und ihn anschließend der Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Presseresonanz war außerordentlich gut. Es
wurde deutlich, dass die Ausübung des Petitionsrechts
– jedenfalls auch – ein Seismograph für die Stimmung
unserer Bevölkerung ist. Es ist erstaunlich und erfreu-
lich, wie stark sich Bürger über Petitionen in die Politik
einbringen, und was hier an bürgerschaftlichem
Engagement deutlich wird, zeugt von allem anderen als
von Politikverdrossenheit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Gesundheitsstrukturreform, die Reformen auf
dem Arbeitsmarkt, aber auch die Überarbeitung des
Bundesverkehrswegeplans waren wesentliche Themen
dieser Petitionen. Auch die in den neuen und den alten
Bundesländern nach wie vor vorhandenen Unterschiede
in den rentenrechtlichen Regelungen bewegten im Be-
richtszeitraum zahlreiche Bürgerinnen und Bürger.

Insofern hat sich der Petitionsausschuss seinem Auf-
trag entsprechend der Herausforderung gestellt und ein
enormes Arbeitspensum absolviert: 15 534 Petitions-
verfahren, 12 Prozent mehr als im Jahr 2002, wurden
eingeleitet. Der Ausschuss hat in 19 Sitzungen über
14 451 Petitionen beraten und sie dem Deutschen Bun-
destag zur Abstimmung vorgelegt. Meine lieben
Freunde, dieses Arbeitspensum wäre ohne die gute Zu-
sammenarbeit im Ausschuss und die Unterstützung sei-
tens des Ausschussdienstes nicht zu bewältigen gewe-
sen. Ihnen allen gilt mein ganz besonderer Dank.


(Beifall im ganzen Hause)

Über ein Drittel der Petitionen entfällt auf den Zu-

ständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Ge-
sundheit und Soziale Sicherung. Beachtliche Steigerun-
gen gab es auch im Bundesministerium für Wirtschaft

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(C (D nd Arbeit und auch im Zuständigkeitsbereich des Bunesministeriums für Verkehr, Bauund Wohnungswesen. Wichtig war und ist es, dass der Petitionsausschuss in einem Handeln von seinen Möglichkeiten mutig Gerauch gemacht und die Vielzahl der ihm zur Verfügung tehenden Instrumente entschlossen eingesetzt hat. Es ilt, sich im Gespräch mit Betroffenen und vor Ort ein ild zu machen, bei strittigen Petitionen Akteneinsicht u nehmen und Regierungsmitglieder vor den Ausschuss inzuladen bzw. im kleinen Kreis anzuhören. Diese Intrumente einzusetzen halte ich für das A und O der Petiionsbearbeitung. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Immerhin zwei Drittel der Neueingaben im Jahr 2003
ind Beschwerden über die Arbeit von Behörden, Be-
chwerden über zu viel Bürokratie. In den Fällen, in de-
en konkrete Verbesserungsvorschläge vorgebracht und
ie Änderung gesetzlicher Regelung gefordert werden,
um Beispiel zum Rentenrecht der neuen Bundesländer,
ollten wir stärker am Ball bleiben, damit aus Petitionen
auerhafte Verbesserungen, zum Beispiel bei gesetzli-
hen Regelungen, hervorgehen.
Sehen wir ein Anliegen als berechtigt an und glauben,

ass es für ein Gesetzgebungsverfahren von Belang ist,
eben wir es den Fraktionen zur Kenntnis. Wir wün-
chen uns mehr Mut im Plenum und in den Fraktionen,
ie Vorschläge der Bürger konstruktiv aufzunehmen. Ein
chönes und positives Beispiel aus jüngster Zeit ist die
orderung an die Post, aktualisierte Postleitzahlbücher
u veröffentlichen. Die Idee eines Bürgers, vom Peti-
ionsausschuss aufgenommen, den Fraktionen zur
enntnis gegeben, führte dazu, dass wir hoffen können,
ass die Post endlich Konsequenzen zieht und ein Post-
eitzahlbuch in aktueller Form auf den Markt bringt.
Ich habe vorhin von der Eingabenseite gesprochen,

ie zeigt, wo den Bürger der Schuh drückt. Erwähnen
öchte ich aber auch einige Aspekte von dem, was wir
rreichen konnten. Ich finde es erfreulich, dass alles in
llem bei nahezu jeder zweiten Petition für den Petenten
twas getan werden konnte, sei es auch nur, dass ihm die
ach- und Rechtslage in verständlicher Form vermittelt
orden ist und er einsah, dass und warum seine Be-
chwerde keinen Erfolg haben konnte. Ich möchte kurz
us dem Brief eines Bürgers zitieren:

Das Ergebnis der Prüfung ist für mich negativ aus-
gefallen, für die umfassende und einleuchtende Er-
läuterung jedoch meinen aufrichtigen Dank.

uch so kann man Vertrauen in die Politik schaffen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dem Petitionsausschuss ist es im Jahr 2003 erneut ge-
ungen, in einer Vielzahl von Petitionen wesentlich mehr
u erreichen. So war es möglich, im Rentenrecht Lösun-
en zu finden, die in Einzelfällen für mehr Gerechtigkeit






(A) )



(B) )


Dr. Karlheinz Guttmacher

sorgten und den Betroffenen die Gewissheit gaben, sich
an die richtige Stelle gewandt zu haben. Ich nenne hier
– nur beispielhaft – die Verbesserung der Alterssiche-
rung für Landwirte.

Ich möchte schließlich noch ein weiteres Beispiel be-
sonders erwähnen, wo sich der Petitionsausschuss
bemühte, zur Beseitigung einer Ungleichbehandlung
beizutragen. Es handelt sich um Petitionen zum Gesund-
heitssektor, in denen die Gleichberechtigung von alter-
nativen Heilmethoden und solchen der Schulmedizin
gefordert wurde. Der Ausschuss vertrat hier nach einge-
hender Beratung die Auffassung, dass die gesetzliche
Krankenversicherung den Petenten mehr Wahlmöglich-
keiten bezüglich der Therapien bieten sollte. Die Peti-
tionen wurden folglich der Bundesregierung überwiesen,
damit sie in die Überlegungen zur Reform des Gesund-
heitswesens mit einfließen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein ganz wesentli-
cher Aspekt der Arbeit des Petitionsausschusses ist für
mich – dies auch ganz im Sinne und in Würdigung mei-
ner verstorbenen Ausschussvorsitzenden Marita Sehn –,
die Nähe zu den Menschen zu suchen. Wir haben am
Ende des Berichtsjahres beschlossen, auf Verbraucher-
messen Bürgersprechstunden durchzuführen. Die ersten
Termine, die wir in Berlin bzw. im Mai in Mannheim
wahrgenommen haben, lassen erkennen, wie sehr diese
Sprechstunden von den Menschen unseres Landes ange-
nommen werden. So haben wir vereinbart, dass wir sol-
che Sprechstunden auch im Herbst in Plauen und Nürn-
berg abhalten werden. Wir unterstreichen damit, wie
ernst wir es mit der Beteiligung der Bürger an der Politik
meinen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, ebenso wie
ich vorhin dem Ausschussdienst gedankt habe, möchte
ich mich auch bei allen Ausschussmitgliedern des Peti-
tionsausschusses für ihre engagierte, konstruktive, aber
auch kollegiale Arbeit bedanken.

Vielen Dank.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511406800

Das Wort hat die Kollegin Gabriele Lösekrug-Möller

von der SPD-Fraktion.

Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1511406900

Tu erst das Notwendige, dann das Mögliche und
plötzlich schaffst du das Unmögliche.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Diesen Spruch habe ich vor
wenigen Tagen in einem Zug der Deutschen Bahn gele-
sen. Ich war so frei, zu glauben, dass er sich nicht nur als
Losung für die Deutsche Bahn eignet, sondern ein Motto
ist, das wir auch gut für unsere Petitionsarbeit verwen-
den können.

Ich freue mich sehr, dass ich hier heute im Namen der
SPD-Bundestagsfraktion, insbesondere der Arbeits-

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(C (D ruppe „Petitionen“ und damit auch aller Abgeordnetenüros dem Ausschussdienst Dank sagen darf für die ertrauensvolle und gute Zusammenarbeit im Jahre 003. Ehrlicherweise muss man sagen: Es gab sie schon or 2003 und sie hat natürlich nicht am 31. Dezember 003 aufgehört, sondern setzt sich bis heute fort. Ein guer Grund, davon ausgehen zu dürfen, dass das weiterhin nhält. Wenn es auch kleine Ausnahmen gab – so ist das m Leben –, bestätigt das, dass es ein gutes Miteinander ibt. Des Rätsels Lösung liegt allerdings, wie ich glaube, uch darin, dass sich alle, die an Petitionen arbeiten, der eantwortung der Fragestellungen und der Erfüllung der ünsche der Petenten und Petentinnen widmen und dait auf gutem Kurs sind. Mit Petitionen sind wir mitten im Leben: Wir sind bei enschen aller Lebensalter und aller Lebenslagen, wir ind bei Männern und Frauen – zugegebenermaßen haen uns Männer 2003 öfter geschrieben als Frauen –, wir ind bei Deutschen und Nichtdeutschen, wir sind in allen egionen dieser Republik – gelegentlich sogar im Ausand –, eben bei all denjenigen, denen Art. 17 unseres rundgesetzes das Petitionsrecht einräumt. Allerdings ind wir auch mitten im Leben in einer Zeit großer Vernderungen; ob es eine große Zeit werden wird, kann an ja immer erst im Nachhinein feststellen. Wir alle ind, was die Politik anbelangt, von tief greifenden Reormen betroffen. Das zieht natürlich auch viele Petitioen von Menschen, die von diesem Wandel betroffen ind, nach sich. – Wenn der Vorsitzende nickt, kann ich ur sagen: Ja, das sehen wir wohl alle so. – Das spiegeln ie täglichen Eingänge wider. Deshalb braucht man auch keine prophetische Gabe, m vorauszusagen, dass wir 2004 und auch in den ächsten Jahren nicht an Arbeitsmangel leiden werden. ir wissen das, weil es während der Arbeit des Peti ionsausschusses schon einmal eine große Welle gab, die ngleich größer war als die jetzige: Damit haben uns iele Bürger und Bürgerinnen gerade aus den neuen undesländern nach der Wiedervereinigung ein großes ertrauen entgegengebracht und sie haben viel Hoffnung n die Arbeit dieses Ausschusses gesetzt. Was tun wir eigentlich? Ich finde, wenn man einen ahresbericht diskutiert und so viele Zuhörer und Zuhöerinnen hat, dann lohnt es sich, einmal kurz zu erwähen, was wir eigentlich machen. Als Erstes tun wir etreu meinem Motto natürlich das Notwendige: Im Weentlichen ist es am Ausschussdienst, sauber zu recherhieren, was an dem, was Petenten und Petentinnen vorragen, dran ist. Ich erwähnte es schon: Er tut das xzellent. Dann kommt das Mögliche. Hier sind die Parlamenta ier unter uns gefragt. Wir loten aus, wo wir wie helfen önnen. Unsere klassischen Instrumente sind Materialberweisung, Erwägung und Berücksichtigung, was nser stärkstes Schwert ist. Wir erwarten dann schon, ass dem Votum unseres Ausschusses gefolgt wird. Ich in mir sicher: Im Verlauf der Debatte, die wir jetzt fühen, hören wir dazu sehr viele Beispiele. Was zeichnet unsere Arbeit aus? Wir sehen uns jeden inzelnen Fall mit großer Aufmerksamkeit an. Das heißt, Gabriele Lösekrug-Möller wir sind anders als sonst in der parlamentarischen Arbeit, wo es – ich sage es einmal in Anführungsstrichen – um größere Würfe geht, bei jedem einzelnen Menschen, der uns schreibt. Teilweise sind sie mit den großen Würfen nicht zufrieden, weil sie ein bisschen anders davon betroffen sind, als sich das die Gesetzgeber gedacht haben, oder aber sie machen weitere Vorschläge, wie wir das, was wir tun, verbessern können. Wir suchen in diesem Ausschuss nach Lösungen. Ich sage es frank und frei und bin stolz darauf: Das tun wir oft über Fraktionsgrenzen hinweg. Das ist, wenn ich an das derzeitige politische Klima in diesem Hause denke, gar nicht alltäglich. Ich sage allen Dank, die dazu beitragen. Das geht wirklich quer durch alle Fraktionen des Hauses. Uns eint auch noch etwas anderes: Wir sind ziemliche Sturköpfe und legen bei der Durchsetzung unserer Voten Hartnäckigkeit und Ausdauer an den Tag. Das zeichnet uns aus. Ich denke, das wissen die Petenten und Petentinnen, die sich an uns wenden, auch zu schätzen, weil sie sich sicher sein können, dass wir ihr Anliegen nicht nur lesen, sondern auch prüfen und dass wir nach Lösungen suchen. Dies tun wir – das hat der Herr Vorsitzende auch schon erwähnt – oftmals in Bereichen, in denen man meint, dass immer noch ganze Gruppen von wiehernden Amtsschimmeln durch unsere Amtsstuben preschen. Dort können wir helfen und sagen, dass wir das nicht so lassen und dass wir bessere Lösungen finden wollen. Oftmals finden wir diese auch. Natürlich laden wir hin und wieder auch Regierungsvertreter ein, weil wir – das sage ich auch als eine die Mehrheit vertretende Rednerin – nicht immer damit zufrieden sind, wie unsere Bundesregierung mit unseren Erwägungsbeschlüssen umgeht. Wenn Regierungsvertreter sagen, dass sie unserer Einladung außerordentlich gerne folgen, dann kann ich nur sagen: Dem dürfen Sie nicht zu 100 Prozent Glauben schenken. Ansonsten dürfen Sie das immer; aber an dieser Stelle legen wir schon Wert darauf, dass wir das Regierungshandeln kritisch hinterfragen wollen. Das tun wir auch. Oftmals haben wir eine große Dialogbereitschaft der Regierungsmitglieder erlebt, sodass wir am Ende eine Lösung finden konnten, die wirklich zum Wohle des Petenten war. Deshalb kann ich nur sagen – denken Sie an mein Bahnmotto –: Hin und wieder schaffen wir auch Unmögliches, allerdings nicht immer. Herr Guttmacher, Sie als Vorsitzender haben zu Recht darauf hingewiesen, dass uns in der Petitionsarbeit häufig Anliegen von Petenten vorliegen, die sich an uns wenden, weil sie tiefe Ungerechtigkeiten aus der DDRVergangenheit empfinden. Das bezieht sich manchmal auf Immobilien und häufig auf Rentenfragen. Das sind immer wieder Themen. Es ist ganz schwierig, hier gute Lösungen zu finden. Sie appellieren, Mut zu haben. Ich glaube, den hat der gesamte Ausschuss. Allerdings spüren wir dort auch immer wieder unsere Grenzen. Wir führen eine große Debatte um die Renten. Wir müssen sehen, dass wir das G n W z R l e n d m r i d d h W g k n B t a s o Z m w z L h r b d W i m l d t g W e f A t l v (C (D esamtgeschehen im Lot halten. Auch da suchen wir ach guten Lösungen. Aber ich will auch ehrlich sein: ir finden sie nicht immer zum Wohle der Petenten. Ich will die Debatte um den Jahresbericht 2003 nut en, um einige zukünftige Vorhaben zu schildern; denn ot-Grün will an einer Stelle versuchen, bisher Unmögiches möglich zu machen. Wir haben an zwei Stellen ine Änderung der Verfahrensgrundsätze – wir werden ach der Sommerpause eine entsprechende Vorlage in en Ausschuss einbringen – in Angriff genommen. Wir öchten nämlich gerne, dass unser gutes altes Petitionsecht – das darf man wohl so sagen – eine Veränderung n zwei Punkten erfährt: Wir möchten zum einen gerne, ass Petitionen per E-Mail eingereicht werden können. (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Viel Vergnügen!)





(A) )


(B) )


(Beifall im ganzen Hause)


Jetzt mögen manche fragen: Wie kann es sein, dass es
as immer noch nicht gibt? Recht haben sie. Inzwischen
aben wir E-Government und Online-Kommunikation.
ir wissen, mittlerweile sind 40 Millionen Bundesbür-
er online. Wenn ich dann höre „Viel Vergnügen!“, dann
ann ich nur sagen: So viel Mut braucht man dazu gar
icht.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Ich meine das ernst!)


ei den Petitionen, die uns per E-Mail erreichen, erwar-
en wir, dass der gesamte Name mit kompletter Adresse
ngegeben ist. Das ist nicht anders als bei denen, die uns
chon heute Postkarten schreiben, Briefe an uns senden
der uns Faxe schicken. Deshalb wollen wir auch die
uteilung von Petitionen auf dem modernen und zeitge-
äßen Weg der E-Mails möglich machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir gehen einmal davon aus, dass es uns gelingen
ird, diese Regelung am 1. Januar 2005 in Kraft treten
u lassen. Wir denken dabei insbesondere an junge
eute, die immer weniger schriftlichen Verkehr mit Be-
örden pflegen und gerne E-Mails nutzen. Es ist auch
ichtig, diese Kommunikationsform in das Recht einzu-
inden. Eine Änderung der Verfahrensgrundsätze wird
afür, wie gesagt, nötig sein.
Wir wollen noch einen zweiten Ansatz verwirklichen.
ir singen landauf, landab von Schleswig-Holstein bis

nsbesondere nach Bayern das Hohelied auf direkte De-
okratie und die Beteiligung der Bürger. Die Bürger sol-
en den Staat aktiv gestalten und unterstützen. Wenn man
as aber auf dem Weg der Massen- und Sammelpetition
ut, dann gibt das geltende Recht eine besondere Würdi-
ung dieses umfassenden Ereignisses noch nicht her.
Das sollten wir ändern und das wollen wir auch tun.
ir möchten für Sammel- und Massenpetitionen mit
inem Quorum von 50 000 erreichen, dass es zumindest
ür diese Petenten oder ihre Vertreter eine öffentliche
nhörung im Ausschuss gibt. Wenn es darum geht, Un-
erschriften zu sammeln, darf sich das nicht beliebig
ange hinziehen. Man muss nach Einreichen innerhalb
on drei Wochen auf dieses Quorum kommen. Wir






(A) )



(B) )


Gabriele Lösekrug-Möller

glauben, dass wir damit einen Schritt auf dem Weg zu
noch mehr Bürgernähe machen. Wir nehmen diejenigen
ernst, die mitgestalten wollen. Das ist ein vielleicht klei-
ner, aber, wie ich finde, ein guter und richtiger Schritt in
die richtige Richtung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will nicht verhehlen, dass wir dabei viel Unter-
stützung haben. Das, was ich gerade beschrieben habe,
gibt es auch für das Petitionsrecht in der Bundesre-
publik. Ich meine die Vereinigung zur Förderung des
Petitionsrechts in der Demokratie e. V., die seit Jahren
sehr aktiv ist und von uns geschätzt wird. Diese Vereini-
gung hat eine Fülle von Vorschlägen erarbeitet, was wir
im Sinne einer bürgernahen Petitionsrechtsgestaltung
ändern können. Wir haben uns erlaubt, zwei Vorschläge
als Anregung aufzunehmen. Ich denke, das ist der rich-
tige Weg. An dieser Stelle ein Dankeschön an diese Ver-
einigung. Wir als Parlament können froh sein, dass es
solche Zusammenschlüsse gibt, die uns daran erinnern:
Ihr seid schon ganz gut; an bestimmten Stellen könnt ihr
allerdings noch besser werden. – Dem wollen wir gerne
nachkommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Mir bleibt nicht mehr allzu viel Redezeit, aber sie
muss ausreichen, um ein Lob für die Zusammenarbeit
der Petitionsausschüsse auf Bundes-, Länder- und euro-
päischer Ebene auszusprechen. Ich denke, wir sind einen
großen Schritt vorangekommen. Mein Dank gilt auch
dem Vorsitzenden, der unsere Arbeit mit großem Nach-
druck vorantreibt. Wir sind sehr stolz auf ihn und ich be-
danke mich bei ihm herzlich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir alle machen gut mit. Ich halte unseren Ausschuss
wirklich für ein gutes Team. Wir sind sehr einsatzfreudig
und sehr fleißig. Hin und wieder leisten wir uns einen
parteipolitischen Schlagabtausch. Wenn ich mir die Red-
nerliste anschaue, vermute ich, dass auch diese Debatte
davon nicht frei sein wird. Aber auch darauf freuen wir
uns, weil die lebendige Debatte gut für die Petitionsar-
beit ist.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Haben Sie jemanden Bestimmten in Verdacht?)


– Herr Scheuer, ich gehe jede Wette ein, dass das so ist.
Weil gute Reden kluge Zitate zieren sollen, möchte

ich mit einem solchen Zitat enden. Jean-Jacques
Rousseau hat einmal gesagt: „Sobald einer über die
Staatsangelegenheiten sagt ‚Was geht’s mich an?, muss
man damit rechnen, dass der Staat verloren ist.“ Wir als
Mitglieder des Petitionsausschusses wissen uns mit allen
Petenten und Petentinnen auf der richtigen Seite: der le-
bendigen Demokratie. Das finde ich gut so.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der C t D a t h n z l D w e 5 Z c k d z d h z m s s g 8 B e d f B m b b r v V t u D (C (D CDU/CSU und des Abg. Dr. Karlheinz Guttmacher [FDP])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511407000

Das Wort hat der Kollege Günter Baumann von der
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Das ist ein guter Mann!)



Günter Baumann (CDU):
Rede ID: ID1511407100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die wich-

igste Botschaft, die wir heute den Menschen in
eutschland überbringen sollten, ist, dass wir bei mehr
ls 50 Prozent aller Petitionen etwas für die Menschen
un konnten. Es gab oft spürbare Verbesserungen. Wir
aben nicht immer das maximale Ziel, aber meistens ei-
en Kompromiss erreicht. Wir haben mehr als 50 Pro-
ent der Menschen in irgendeiner Form geholfen.
Art. 17 unseres Grundgesetzes – wir kennen ihn alle –

autet:
Jedermann hat das Recht, sich … mit Beschwerden …
an die Volksvertretung zu wenden.

ies haben letztes Jahr über 15 000 Bürger, Bürgerbe-
egungen und Vereinigungen getan. Es waren – das ist
rstaunlich – über 8 000 aus den neuen Bundesländern.
6 Prozent kamen somit aus den fünf neuen Ländern.
Es ist aus meiner Sicht nicht verwunderlich, dass die

ahl der Petitionen im Jahre 2003 angestiegen ist. Ursa-
hen sehe ich in der hohen Regelungsdichte und Büro-
ratie in Deutschland, in der hohen Arbeitslosigkeit, in
er Rentenkürzung, in einer Vielzahl von ungelösten so-
ialen Problemen, in Schwierigkeiten bei der Umsetzung
er Gesundheitsreform, die viele persönlich betroffen
at, und in der gesamten wirtschaftlichen Lage, die wir
urzeit haben. Der Petitionsausschuss ist eine Art Seis-
ograph, der die Sorgen und Nöte der Menschen in un-
erem Land widerspiegelt.
Aus unserer Sicht bedeutsame Petitionen werden be-

onders behandelt. Sie werden von uns zur Berücksichti-
ung überwiesen. Dies haben wir im letzten Jahr mit
1 Petitionen getan.
Ein Fall ist besonders erwähnenswert: Wir haben den
ürgern des oberbayerischen Ortes Valley geholfen, dass
ine amerikanische Sendeanlage, die Belastungen für
ie Bürger erzeugte, abgeschaltet wurde.
Besondere Befugnisse des Petitionsausschusses sind

ür unsere Arbeit besonders wichtig. Dazu gehört zum
eispiel der Ortstermin, bei dem wir unmittelbar vor Ort
it den Betroffenen und Verantwortlichen über die Pro-
leme diskutieren können. Dies treibt manchmal ganz
esondere Blüten. Ich möchte von einem Beispiel be-
ichten. So wurden unmittelbar vor einer Besichtigung
on erheblichen Bergbauschäden im saarländischen
ölklingen-Fürstenhausen im Auftrag des Bergbauun-
ernehmens, bevor wir kamen, noch rasch Risse gekittet
nd die Häuser angestrichen. Uns sollten potemkinsche
örfer vorgeführt werden. Das kann man sich natürlich






(A) )



(B) )


Günter Baumann

nicht gefallen lassen. Das ist eine Missachtung des Par-
laments, der Abgeordneten.


(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der FDP)


Auch das Recht, Akten einzusehen oder einen Vertre-
ter der Bundesregierung anzuhören, erweist sich gele-
gentlich als hilfreich. Dabei ist manchmal erstaunlich,
mit welcher Hartnäckigkeit manche Institutionen ein Ge-
spräch mit dem Ausschuss verweigern, wobei wir doch
gerade in diesen Gesprächen eine Reihe von Fragen klä-
ren, die jeweiligen Standpunkte austauschen und oft
auch Kompromisse finden können.

Meine Vorredner wiesen bereits darauf hin, dass im
Petitionsausschuss vieles im Konsens geschieht. Aber
hin und wieder lassen sich die Standpunkte der Fraktio-
nen nicht miteinander vereinbaren. Dann bleibt für die
Oppositionsfraktionen die Möglichkeit, eine Einzelaus-
weisung zu verlangen oder einen Änderungsantrag zu
stellen. Dies haben wir im letzten Jahr zweimal getan.
Einmal ging es um den Erhalt des Bundeswehrstandortes
in Bayreuth. Zum anderen wollten wir der sudetendeut-
schen Ackermann-Gemeinde, einer hoch angesehenen
katholischen Gemeinschaft, zu einem Kulturreferenten
verhelfen, um etwas zur deutsch-tschechischen Versöh-
nung beizutragen. Wir haben aber leider keine Mehrheit
im Ausschuss gefunden.

Die große Zahl von Eingaben macht auch deutlich,
dass die Menschen in Deutschland große Hoffnungen in
uns setzen. Oft ist eine Petition ihre letzte Möglichkeit,
Hilfe zu bekommen, weil sie schon an vielen Behörden
und anderen Stellen gescheitert sind.

Als Abgeordneter aus Sachsen möchte ich einige Bei-
spiele aus der Arbeit des Ausschusses aus den neuen
Bundesländern vortragen. Ein entscheidendes Thema ist
dabei die Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur.
Dazu zählen insbesondere offene Vermögensfragen.
Viele Petenten klagen über willkürliche Entscheidungen
der Landesvermögensämter. Ein Fall, in dem wir 2003
endlich Fortschritte erzielen konnten, ist wegen seiner
menschlichen und historischen Dimension besonders
dramatisch, weil sich hier die kommunistische und die
nationalsozialistische Unrechtsepoche bei einer Person
überschneiden.

Ein Bürger aus Brasilien, der 1997 80 Jahre alt war
und von Sozialhilfe lebt, hat sich an den Petitionsaus-
schuss gewandt, weil ihm das brandenburgische Landes-
vermögensamt die Rückgabe seines ehemaligen Fami-
lienbesitzes verweigert hatte. Die Familie des Petenten
war 1945 – das ist zu beachten – gleich zweimal enteig-
net worden, und zwar erst von der Gestapo und dann von
der sowjetischen Militäradministration. Der Vater wurde
von der Gestapo erschossen und die Mutter hat sich aus
Verzweiflung selbst das Leben genommen. Zu DDR-
Zeiten wurden die an einem See in Brandenburg gelege-
nen herrlichen Wassergrundstücke des ehemaligen Land-
wirtschaftsbetriebs als so genannte Wochenendgrundstü-
cke an Funktionäre des DDR-Regimes vergeben.

Als der Petent in Brasilien von der Wende erfuhr,
hatte er die Hoffnung, endlich Gerechtigkeit zu erfahren.

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(C (D r wurde aber über Jahre hinweg bitter enttäuscht. Nach ieben Jahren teilte ihm das Landesvermögensamt erstals mit, dass eine Rückgabe abgelehnt werde und kein ntschädigungsanspruch bestehe. An dieser Haltung hat ich in den Folgejahren nichts geändert. Das Landesverögensamt beruft sich auf den Restitutionsausschluss ei Enteignungen in den Jahren 1945 bis 1949. Dass die rste Enteignung durch die Gestapo erfolgte, wird nicht nerkannt. Kurz nach der Wende waren die lukrativen Grundstü ke zu Niedrigstpreisen an ehemalige Funktionäre der DR verkauft worden. Der Petent hat einen sehr bösen erdacht: Wollte etwa die Landesbehörde diese Veräufe in irgendeiner Form schützen? Der Petitionsausschuss des Bundestags hat sich all die ahre mit mehreren Erwägungsbeschlüssen parteiüberreifend für den Petenten eingesetzt. Das Problem war ber, dass aufgrund der bundesstaatlichen Ordnung die andtage für die Landesbehörden zuständig sind. Der randenburgische Landtag ist der Meinung des brandenurgischen Landesvermögensamts gefolgt, sodass zuächst keine Hilfe möglich war. Dennoch könnte die Peition jetzt noch ein gutes Ende finden. Der Bund hat den ermögensanspruch des Petenten bereits anerkannt. Das st der erste Erfolg. Der zweite Erfolg könnte sich daraus ergeben, dass ir zum 1. Januar 2004 im Bundestag eine Gesetzesänerung beschlossen haben, derzufolge das Bundesverögensamt für Enteignungen aus der NS-Zeit zuständig st. Damit kann nun dem Petenten nach fast 60 Jahren erechtigkeit widerfahren. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Der Petitionsausschuss erfährt auch immer wieder
on DDR-Recht, das im Einigungsvertrag übersehen
orden ist, zum Beispiel die so genannten stecken
ebliebenen Entschädigungen. Dabei handelt es sich
m Entschädigungen, die nach den Enteignungsgesetzen
war der DDR zugesprochen, aber in der Praxis nicht ge-
eistet worden sind. Wer nun glaubte, nach der Wende ei-
en Anspruch auf eine solche Entschädigung geltend
achen zu können, wurde von den Vermögensämtern
chwer enttäuscht. Für eine Auszahlung fehlte im Ver-
ögensgesetz die rechtliche Grundlage.
Der Petitionsausschuss hat dieses Thema jahrelang

mmer wieder aufgegriffen und entsprechende Be-
chlüsse gefasst. Wir konnten im Dezember vergange-
en Jahres im Bundestag das Entschädigungserfüllungs-
esetz verabschieden, sodass den Bürgern im Prinzip
eholfen werden konnte. Aber bedauerlicherweise ist
er Anspruch auf sechs Monate befristet. Diese Frist ist
eider gestern abgelaufen, sodass sicherlich einige diese
rist versäumt haben. Vielen ist aber bestimmt geholfen
orden. Ich denke, wenn weitere Fälle bekannt werden,
ann werden wir sicherlich wie bisher parteiübergrei-
end Möglichkeiten finden, um diesen Menschen zu hel-
en.






(A) )



(B) )


Günter Baumann

Kompliziert im Einzelfall und den Betroffenen sehr

schwer zu vermitteln ist das Rentenrecht. Das gilt insbe-
sondere für die neuen Länder, wo eine Reihe von Proble-
men offen ist, bei denen wir den Bürgern nicht immer
helfen, aber zumindest durch eine Erläuterung oder Er-
klärung den Sachverhalt vermitteln können.

Mir persönlich ist aber eine Gruppe von Betroffenen
ganz besonders wichtig. Es sind diejenigen, die über-
haupt keine oder nur geringste Ansprüche an das Ren-
tensystem stellen können, weil ihnen eine normale Er-
werbsbiografie in der DDR verweigert wurde. Die
Opfer des SED-Regimes haben bis heute nicht die ren-
tenrechtliche Kompensation erfahren, die ihnen auf-
grund ihres mutigen Einsatzes für Freiheit und Demo-
kratie zweifellos zustünde. Dass wir uns – damit meine
ich alle in diesem Lande, die seit der Wende politische
Verantwortung tragen – hier sehr schwer tun, ist und
bleibt beschämend. Es ist für unsere Demokratie, glaube
ich, und auch für unser nationales Gedächtnis wichtig,
dass wir hier etwas tun. Gerade heute, am 17. Juni, dem
51. Jahrestag des Volksaufstands in der ehemaligen
DDR, sollten wir parteiübergreifend über eine Verbesse-
rung der Situation der Opfer des SED-Regimes erneut
nachdenken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich bitte die Kollegen der Regierungsfraktionen – darauf
hoffe ich –, mit uns gemeinsam das Thema noch einmal
anzugehen. Staatsnahe Funktionäre der ehemaligen
DDR und Stasi-Mitarbeiter konnten in den vergangenen
Jahren die Begrenzung ihrer Zusatzrenten vor Gericht
zweimal aufheben lassen. Es darf nicht sein, dass die Tä-
ter mehrmals belohnt worden sind, während die Opfer
immer wieder durch das Raster fallen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Der Bundestag wird demnächst erneut über eine Geset-
zesinitiative zur Einführung einer Opferrente beraten.
Ein entsprechender Antrag wurde von den Bundeslän-
dern Sachsen und Thüringen in den Bundesrat einge-
bracht.

Die Debatte über den Jahresbericht 2003 des Peti-
tionsausschusses gibt mir Gelegenheit, im Namen der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion allen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern des Ausschussdienstes für ihre fleißige,
kompetente und immer sehr kollegiale Arbeit ganz herz-
lich zu danken. Ohne ihre Tätigkeit wäre es uns nicht
möglich, die Berge von Akten zu bewältigen. Einen ganz
herzlichen Dank!


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Wir als Abgeordnete haben mit großem Engagement,
fleißiger Arbeit und meistens in sachlichem Meinungs-
streit dazu beigetragen, dass vielen Bürgern im Land ge-
holfen werden konnte. Das stärkt das Vertrauen in unsere
lebendige Demokratie und ermutigt uns, gemeinsam die-
sen Dienst für unsere Bürger fortzuführen.

Herzlichen Dank.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511407200

Das Wort hat jetzt der Kollege Josef Winkler von
ündnis 90/Die Grünen.


Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511407300

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en!
Mit Mühen und Beschwerden wird man allein fer-
tig, aber die Freude muss man teilen.

o sagt der norwegische Dichter Henrik Ibsen. Daher
eile ich mit Ihnen meine Freude über die hervorragende
ilanz des Jahresberichts 2003 des Petitionsausschusses,
en wir heute vorlegen. Ich hoffe, dass möglichst viele
ürgerinnen und Bürger draußen im Lande nicht nur die
rbeit des Petitionsausschusses zur Kenntnis nehmen,
ondern auch die Möglichkeiten, die sich durch das Peti-
ionsrecht bieten, noch mehr nutzen, als sie das bisher
un.
Ich möchte gleich zu Beginn auf die Ausführungen

on Frau Lösekrug-Möller eingehen; denn ich habe ge-
erkt, dass in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion leichte
nruhe herrschte. Herr Ramsauer hat uns insbesondere
ei den E-Mail-Petitionen viel Spaß gewünscht. Diesen
erden wir mit Sicherheit haben. Herr Baumann, wir
aren in Schottland und haben gesehen, dass beim Peti-
ionsausschuss des schottischen Parlaments ein ähnli-
hes Verfahren über E-Mail sehr gut funktioniert und
chon seit Jahren erprobt wird. Ich empfehle die Lektüre
es Reiseberichtes. Dann wird vielleicht verständlich,
ieso wir entsprechende Überlegungen angestellt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Der Jahresbericht 2003 zeigt: Ob es um die Bewilli-
ung eines Rollstuhls, die Gewährung einer Altersrente
hne Abschläge oder den Lärmschutz in Wohngebieten
eht – das betrifft also alle Ressorts der Bundesregie-
ung –, wenn niemand mehr helfen kann, dann hilft eine
etition. Die Anzahl wurde schon erwähnt. Bei nahezu
eder zweiten Petition von den vielen Tausend konnte et-
as für die Petenten erreicht werden. Ich denke, das ist
ine sehr gute Erfolgsbilanz. Man muss dabei bedenken,
ass oft einzelne Petitionen von vielen Tausend Bürgern
nterstützt werden, sodass sich das multipliziert.
Jede Petition ist in meinen Augen auch Ausdruck des

ertrauens der Bürger in das Parlament, dass es ihre An-
iegen ernst nimmt. Man kann sagen: Die Bürgerinnen
nd Bürger haben viel mehr Lust, sich in die demokrati-
chen Abläufe einzumischen, als man glaubt. Zumindest
st es bei weitem nicht so dramatisch, wie die Wahlbetei-
igung bei mancher Wahl glauben macht. Zumindest auf
undesebene sehe ich das nicht so dramatisch.
Inhalt der Eingaben, die uns auf den Tisch flattern,

ind auch nicht nur Gejammer und Gestöhne. Es sind
iele Ideen, Verbesserungsvorschläge, manchmal auch






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler

Visionen, sehr selten Unsinn, meistens sehr positive
Dinge. Deshalb sage ich auch: Petitionen sind Ausdruck
von Initiative, Kreativität und Verantwortung der Bürger.

Ich will ein besonders interessantes Beispiel vortra-
gen. Es geht um die Petition des Vaters einer schwerbe-
hinderten Tochter. Der Vater hat dem Petitionsausschuss
mitgeteilt, dass ihm bei der Beantragung von Pflegegeld,
weil er die Tochter zu Hause pflegt, der Pflegepauschal-
betrag nur dann gewährt wird, wenn er die Kosten mit
Einzelbelegen nachweist. Weil er ein Kind und nicht
einen älteren Angehörigen pflegt, bekommt er nicht den
Pauschalbetrag, sondern muss alles Spitze auf Knopf
nachweisen.

Ich denke, es war richtig, dass wir vom Petitionsaus-
schuss im Jahr 2002 parteiübergreifend die Bundesregie-
rung und auch die Fraktionen aufgefordert haben, da Ab-
hilfe zu schaffen. 2003 haben wir, wie ich durchaus mit
Stolz verkünden kann, den Arbeitsauftrag als erfüllt an-
sehen können. Das Gesetz wurde geändert. Durch eine
Änderung des Einkommensteuergesetzes mit dem Steu-
errechtsänderungsgesetz 2003 konnte dem Beschluss des
Ausschusses in vollem Umfang entsprochen werden.

Ich habe diesen Petenten besonders herausgehoben,
weil er nicht nur für seinen Einzelfall eine Petition ge-
schrieben hat – seine Situation war ja schon schlimm
genug –, sondern weil er darum gebeten hat, das Pro-
blem generell auch für andere Familien, denen es ähn-
lich geht, zu lösen. Das haben wir jetzt geschafft und
deshalb muss ich diesem Petenten stellvertretend für
viele andere herzlich danken und ihm Respekt zollen.


(Beifall im ganzen Hause)

Man kann also sagen: Das Petitionsrecht ist eine Art

Sauerstoffkur für die Demokratie. Für diese Kur gebührt
auch Dank. Ich schließe mich namens der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen dem Dank der anderen Fraktio-
nen ausdrücklich an und bedanke mich insbesondere bei
dem Ausschussdienst der Fraktionen, aber natürlich
auch bei dem des Deutschen Bundestages. Stellvertre-
tend möchte ich namentlich Herrn Dr. Rakenius, den
Leiter der Unterabteilung Petitionen und Eingaben, und
Herrn Finger, den Leiter des Sekretariats, nennen, die
beide hier Platz genommen haben. Herzlichen Dank!


(Beifall im ganzen Hause)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, solange in

einer Demokratie Gesetze gemacht werden, werden auch
Fehler gemacht, und solange Fehler gemacht werden,
braucht eine Demokratie Bürgerinnen und Bürger, die
den Gesetzgeber auf die Fehler aufmerksam machen.
Herr Kollege Scheuer, die Opposition schafft das
manchmal nicht ganz allein. „Das ist das Schöne an der
Demokratie: Man muss sich nicht alles gefallen lassen“,
schreibt die „Mitteldeutsche Zeitung“ in diesem Zusam-
menhang. Insofern kann man, einen anderen Anwurf aus
der Opposition aufgreifend, auch sagen: Die Petenten,
die sich an den Bundestag richten, sind die preiswertes-
ten Politikberater, die man sich wünschen kann, und er-
sparen uns so manchen Euro.

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(C (D (Günter Baumann [CDU/CSU]: Ihr müsst dann auch mehr Lehren annehmen!)


arauf sage ich, Herr Baumann: Wir nehmen die Lehren
urchaus an. Ich denke, die Zahl der gelösten Petitionen
eigt das auch.
Die zunehmende Zahl von Massenpetitionen deutet

arauf hin, dass immer mehr Menschen, die eigentlich
ie direkte Demokratie wollen, den Umweg über das Pe-
itionsrecht nehmen, weil es derzeit in Deutschland
eine Möglichkeit gibt, Volksentscheide durchzuführen,
a die Union und die Mehrheit der FDP das entspre-
hende Gesetz abgelehnt haben. Auch hier wird sich das
ad der Geschichte noch weiter drehen und wir werden
n dieser Wahlperiode einen erneuten Anlauf starten.
Wir sehen auch Hinweise darauf, in welche Richtung
ir die Gesetzgebung weiterentwickeln müssen. Man
uss ganz klar sagen, dass wir gerade im Bereich der
ranken- und Rentenversicherung große Veränderun-
en vornehmen müssen, um das System, das wir richtig
inden, zu erhalten. In diesem Bereich gehen die Einga-
en sprunghaft in die Höhe. Aus unserer Sicht zeigt die
ielzahl der Petitionen, dass eigentlich ein neues System
efunden werden muss, eine Bürgerversicherung, damit
ie Krankenversicherung und die Rentenversicherung
uf stabile Grundlagen gestellt werden können.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Aber viele Petitionen besagen das Gegenteil!)


Ich will noch anfügen, dass insbesondere im Bereich
uwanderungs- und Asylrecht eine große Anzahl von
etitionen eingeht. Heute ist es offensichtlich zu einer
ndgültigen Einigung über ein Zuwanderungsgesetz ge-
ommen. Ich kenne die Inhalte leider noch nicht ganz.
ines ist aber sicherlich nicht enthalten, nämlich eine
leiberechtsregelung für Hunderttausende von Men-
chen, die sich seit langem hier aufhalten. Es ist sehr be-
auerlich, dass das nicht erreicht werden konnte. So wer-
en wir auch aus diesem Bereich noch lange viele
etitionen bekommen. Ich finde, es ist schade, dass das
n diesem Gesetzgebungsverfahren nicht mit gelöst
urde.
Zum Schluss:
Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt. Der an-
dere packt sie kräftig an und handelt.

o sagte Dante. Insofern, liebe Bürgerinnen und Bürger:
andeln Sie! Schicken Sie uns Petitionen, womöglich
uch per E-Mail! Dann handeln wir und versuchen, alles
u tun, um Ihren berechtigten Anliegen zum Erfolg zu
erhelfen, und das, wenn es irgend geht, liebe Kollegin-
en und Kollegen im ganzen Haus, einheitlich und par-
eiübergreifend.
Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. Karlheinz Guttmacher [FDP])







(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511407400

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Volker Wissing

von der FDP-Fraktion.


Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1511407500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

zahlreichen Petitionen sind ein deutliches Zeichen: Die
Bürgerinnen und Bürger vertrauen dem Petitionsaus-
schuss. Sie verdeutlichen, wie wichtig dieser Ausschuss
ist. Er ist für viele die letzte Anlaufstelle, eine echte Al-
ternative zur Resignation. Es wäre für das Ansehen der
Politik fatal, dieses Vertrauen zu enttäuschen.

Wir dürfen mit dem Erreichten deshalb nicht zufrie-
den sein, sondern wir müssen uns bemühen, das Gute
weiterzuentwickeln. Wir müssen uns ständig fragen, was
wir tun können, damit der Petitionsausschuss die Interes-
sen der Bürgerinnen und Bürger noch besser und noch
effizienter vertreten kann. Das Petitionsrecht muss auf
den Prüfstand. Dort, wo es nötig ist, müssen wir es refor-
mieren. Qualitätskontrolle ist einer der wichtigsten
Schritte zur Qualitätssicherung.


(Beifall bei der FDP)

Unser Petitionsrecht ist seit 1975 unverändert. Die

Gesellschaft hat sich inzwischen – in vielen Bereichen
sogar dramatisch – verändert. Wir müssen uns deshalb
fragen: Wie können wir das Petitionsrecht so gestalten,
dass es den neuen gesellschaftlichen Herausforderungen
gerecht wird? Die Voraussetzungen für eine solche Re-
form sind gut; denn auch die Regierungsparteien, SPD
und Grüne, sehen die Notwendigkeit zur Umgestaltung
des Petitionsrechts. So steht zum Beispiel im Koalitions-
vertrag:

Wir wollen das Petitionsrecht, über die Lösung in-
dividueller Anliegen hinaus, zu einem politischen
Mitwirkungsrecht der Bürgerinnen und Bürger aus-
gestalten.

(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut zitiert!)

Sie haben sich viel vorgenommen, Herr Winkler.

Aber sind Sie diesem Anspruch denn gerecht geworden?
Was ist denn inzwischen passiert? Haben Sie das Petiti-
onsrecht zu einem politischen Mitwirkungsrecht der
Bürgerinnen und Bürger weiterentwickelt?


(Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Aber, Herr Wissing! – Gudrun Schaich-Walch [SPD]: Sie hätten die Reden mal umschreiben können!)


Wo sind die angekündigten Reformen? Ihrem wohlfor-
mulierten Anspruch stehen bisher leider keine Taten ge-
genüber. Wir müssen uns mit der Frage beschäftigen:
Was für einen Stellenwert hat das Petitionsrecht für Sie?

Die Grünen haben vor der Bundestagswahl – Herr
Winkler, jetzt können Sie meinen Zitaten weiter folgen –
einen umfangreichen Forderungskatalog an die Vereini-
gung zur Förderung des Petitionsrechts in der Demokra-
tie geschickt. Damals haben Sie – ich weiß nicht, ob Sie
das schon vergessen haben – die Aussetzung des

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(C (D ollzugs von Verwaltungsmaßnahmen bis zur Entscheiung über eine Petition gefordert. Sie wollten – um nur inige Ihrer Forderungen zu nennen – erweiterte Akteninsichtsund Aktenbeiziehungsrechte, die Schaffung ines Selbstaufgriffsrechts, das Recht der Ausschussinderheit, von den Informationsrechten Gebrauch zu achen, und die Darlegung der Auffassung von Auschussmehrheit und -minderheit in der Beschlussbegrünung. (Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Papier ist geduldig! Das kennen wir von Rot-Grün!)


Man hätte fast annehmen können, Sie seien auf dem
eg zu einer Partei der Bürgerrechte. Aber was ist von

hren Ankündigungen geblieben? Nicht eine einzige Ih-
er Forderungen wurde umgesetzt. Die weiter steigende
ahl an Petitionen zeigt, wie wichtig dieser Ausschuss
st. Ich bin sicher, diese Zahl wäre noch höher, wenn wir
as Petitionsrecht weiter ausbauten.
Stattdessen beobachten wir eine Entwicklung in eine

anz andere Richtung. Die Regierung neigt immer mehr
azu, ohne Not selbst Bürgerbeauftragte einzurichten.
ozu brauchen wir denn eigentlich eine Patientenbeauf-

ragte, wenn wir einen Petitionsausschuss haben? Was
ann Frau Kühn-Mengel, was der Petitionsausschuss
icht kann?


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


urch solche Bürgerbeauftragte werden Bürgeranliegen
etztlich am Parlament vorbei behandelt, vom Parlament
ern gehalten und direkt auf Regierungsebene erledigt.
adurch wird das Näheverhältnis zwischen Parlament
nd Petenten gestört. Für die Bürgerinnen und Bürger
ntsteht der nicht gerade positive Eindruck, dass sich die
bgeordneten nicht mehr unmittelbar um ihre Anliegen
ümmern. Es geht ein hohes Maß an Transparenz und
arlamentarischer Kontrolle verloren. Am Ende steht
ine Schwächung dieses Parlaments.
Ich sage es Ihnen ganz offen: Die FDP hat große Be-

enken gegen die inflationäre Einführung von Regie-
ungsbeauftragten auf den verschiedensten Politikfel-
ern. Der Petitionsausschuss ist das zentrale Gremium
ür die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger. Dabei,
iebe Kolleginnen und Kollegen, sollte es auch bleiben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir sollten gemeinsam darauf hinwirken, dass die Anlie-
en der Bürgerinnen und Bürger nicht auf eine Vielzahl
on Stellen verteilt werden, sondern zusammengeführt
erden, und zwar hier beim Parlament. Nur so können
ir den Anliegen wirklich die erforderliche politische
irkung verleihen.
Die FDP will einen starken und selbstbewussten Peti-

ionsausschuss, einen Petitionsausschuss, der mit den
otwendigen Rechten ausgestattet ist, um den Bürgerin-
en und Bürgern über den Wahltag hinaus politische
itwirkungsmöglichkeiten zu sichern.






(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing

Wir haben die Initiative ergriffen und eine Große An-

frage in den Deutschen Bundestag eingebracht. Wir
möchten, dass Sie von der Bundesregierung den Bürge-
rinnen und Bürgern Klarheit darüber verschaffen, wie
Ernst es Ihnen mit der Ausgestaltung des Petitionsrechts
ist.

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, den Bürge-
rinnen und Bürgern ein Petitionsrecht an die Hand zu ge-
ben, welches sie in die Lage versetzt, unsere Gesell-
schaft auf direkte Weise aktiv mitzugestalten! Die
Umsetzung eines solchen Vorhabens würde allen politi-
schen Parteien in diesem Hohen Hause zur Ehre gerei-
chen und führte zu einer Stärkung unserer Demokratie.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511407600

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen

Josef Winkler das Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Danke, Herr Präsident. – Lieber Herr Kollege
Dr. Wissing, ich schreibe es einmal Ihrer Unerfahrenheit
als gerade erst ins Parlament gekommener Kollege zu,


(Zurufe von der CDU/CSU: Na, na, na!)

dass Sie die Wahlprüfsteine als Gesetzgebungsvor-
schläge verstehen wollen. Natürlich haben die Grünen
seit vielen Jahren sehr weit gehende Überlegungen dazu,


(Ernst Burgbacher [FDP]: Sie machen nur immer das Gegenteil! – Andreas Scheuer [CDU/ CSU]: Komischerweise immer vor Wahltagen!)


wie man das Petitionsrecht weiterentwickeln kann. Frau
Kollegin Lösekrug-Möller hat eben einige Dinge vorge-
stellt, die wir jetzt angehen wollen. Sie hätten Ihre Rede
dementsprechend noch korrigieren können. Das klappt
im nächsten Jahr vielleicht besser.

Die Vorschläge, die wir haben, gehen durchaus wei-
ter. Das ist ein Katalog von bis zu 50 unterschiedlichen
Dingen. So soll zum Beispiel die Opposition gestärkt
werden.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Sie richten sich schon auf die Zeit nach 2006 ein!)


– Mir ist klar, dass Ihnen im Moment besonders am Her-
zen liegt, dass ich diese Forderung durchsetze.

Aber ich sage einmal so: Es muss nicht alles auf ein-
mal kommen. Man sollte ein so wohldurchdachtes In-
strument wie das Petitionsrecht nicht von heute auf mor-
gen überfrachten, aber nach und nach, denke ich, sollte
man neue Elemente ins Petitionsrecht einführen. So wie
ich das einschätze, wird diese Position, dass nicht alles
immer so bleiben muss, wie es ist, auch vom Koalitions-
partner geteilt.

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(C (D Insofern, Herr Kollege, würde ich sagen: Bleiben Sie itte sachlich und gehen Sie nicht nach den Wahlprüfteinen, sondern nach dem Koalitionsvertrag, den Sie ja itiert haben! (Günter Baumann [CDU/CSU]: Kurze Halbwertszeit! – Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Gilt die noch?)


anach handeln wir in diesem Punkt. Wir entwickeln
ieses Instrument weiter. Insofern verstehe ich Ihre An-
ürfe wirklich nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511407700

Zur Erwiderung Herr Kollege Dr. Wissing.


Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1511407800

Zu meinen Erfahrungen. Ich habe inzwischen die Er-

ahrung gemacht, dass in vielen Bereichen Ihren Ankün-
igungen keine Taten folgen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

eswegen wollte ich Sie eben an Ihre großen Ziele erin-
ern, von denen nicht nur wenig, sondern gar nichts um-
esetzt worden ist. Sie sagen nun, es müsse nicht immer
leich alles gemacht werden. Ein bisschen wäre ja auch
chon etwas. In diesem Bereich – das muss ich Ihnen lei-
er vorhalten – hat sich aber überhaupt nichts getan. Ihre
roßen Versprechungen, im Bereich des Petitionsrechts
ie Bürgerrechte zu stärken, sind – die Erfahrung habe
ch gemacht – eine reine Nullnummer geblieben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Günter Baumann [CDU/CSU]: Das war ein Eigentor!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511407900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Marlene Rupprecht

on der SPD-Fraktion.


Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1511408000

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Der Peti-

ionsausschuss tritt einmal im Jahr aus dem Dunkel der
arlamentarischen Arbeit ins Licht des Plenarsaals. Ich
enke, das ist etwas, was man fast mit dem Ausspruch
on Brecht „Die im Dunklen sieht man nicht“ verglei-
hen könnte.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Haben Sie ein poetisches Seminar gemacht?)


Das hätten Sie, Herr Scheuer, manchmal nötig. Aber
assen wir das heute einmal.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte den Kolleginnen und Kollegen, darunter

anz vielen Neuen, ganz herzlich danken sowie auch un-
erem neuen Vorsitzenden, der Nachfolger unserer durch
inen tragischen Unfall ums Leben gekommenen Vorsit-
enden wurde, für seine ruhige und gelassene Art, die






(A) )



(B) )


Marlene Rupprecht (Tuchenbach)


Ausschusssitzungen sehr sachlich und konstruktiv zu
führen. Vielen Dank, Herr Guttmacher.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich denke, es tut gut, im parlamentarischen Ablauf so et-
was zu erleben. Wir zwei gehören ja mit zu den alten Ha-
sen in diesem Ausschuss und haben dabei erkannt: Für
die Petentinnen und Petenten ist die Sachorientierung
das Beste.

Ich möchte klarstellen, was der Petitionsausschuss
ist – gerade auch bei meinen Vorrednern kam das nicht
immer ganz deutlich zum Ausdruck –: Wir sind kein
Gnadenausschuss. Wir können uns nicht über bestehen-
des Recht hinwegsetzen. Das heißt, wir haben uns an
Recht, das gesetzt ist, zu halten.

Außerdem können wir die Gewaltenteilung, die die
bundesrepublikanische Verfassung vorgibt, nicht aufhe-
ben. Ein Urteil eines Gerichtes, über das ein Petent klagt,
können wir nicht hinwegfegen. Wir können dem Peten-
ten nur empfehlen, den Rechtsweg zu beschreiten.

Schließlich haben wir auch nicht die Aufgabe, Regie-
rung zu sein. Ihnen, Herr Dr. Wissing, muss ich einfach
noch einmal sagen: Gewaltenteilung beinhaltet, dass
eine Patientenbeauftragte eine Beauftragte der Regie-
rung ist, der Petitionsausschuss aber eine Einrichtung
des Parlaments, nämlich der Legislative. Diese beiden
Dinge muss man sauber auseinander halten. Das ist ganz
wichtig. Ansonsten würde das Parlament untergemischt.
Auch als Mitglied einer Fraktion, die die Regierung
stellt, lege ich darauf großen Wert. Ich habe eigentlich
gedacht, Ihnen als Jurist wäre das klar.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Vielleicht liegt es aber auch daran, dass unsere Arbeit
nicht gerne gemacht wird, wenn man sie nicht kennt.
Deshalb sind manche Fraktionen dazu übergangen, zu
rollieren. Das heißt, einige Kollegen werden ausge-
tauscht und andere rücken nach. Es fällt nämlich massiv
Arbeit an; diese kostet viel Zeit, aber ist in keinster
Weise öffentlichkeitswirksam. Als Politiker, egal wel-
cher Couleur, leben wir ja nach dem Grundsatz: Tue Gu-
tes und rede darüber! Wir können aber nicht über Einzel-
fälle öffentlich reden. Wir müssen entscheiden, und
zwar, wie ich denke, oft im Sinne der Petentinnen und
Petenten. Wir können allerdings die Daten des Einzel-
nen, dem wir geholfen haben, nicht veröffentlichen.
Deshalb ist diese Arbeit nicht sehr beliebt. Trotzdem gibt
es Abgeordnete, die schon zwei oder drei Wahlperioden
in diesem Ausschuss sind. Hierfür gibt es Gründe: Das
liegt an der Bürgernähe, an der Sacharbeit, die dort ge-
leistet wird, und an unserem präzisen Vorgehen. Die Ba-
sis für Entscheidungen wird uns durch die Vorbereitun-
gen hervorragender Fachleute des Ausschussdienstes
gelegt.

Ich will an ein paar Beispielen zeigen, wie weit die
Sachverhalte reichen, die bei uns im Petitionsausschuss
eingereicht werden. Ich nehme das Beispiel Irakkrieg.

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(C (D 4 000 Bürgerinnen und Bürger haben Eingaben zum rakkrieg gemacht, fast alle mit dem Tenor: Bitte keine riegsbeteiligung, keine Hilfen dazu! Ich glaube, mit er Entscheidung der Regierung, sich nicht an Kriegsinsätzen zu beteiligen, ist man dem Anliegen dieser 4 000 Petenten wirklich gerecht geworden. Mit der eendigung des Krieges eröffnet sich hoffentlich auch ine Chance auf Befriedung im Nahen Osten. Die ganz roße Außenpolitik reicht also bis in unseren Ausschuss inein. Es gibt ebenfalls Anliegen, die ganz alltägliche Dinge etreffen. Zum Beispiel herrscht Unverständnis, warum ine Behörde bestimmt, dass der Briefkasten vor einem ltersheim abgebaut wird, sodass die Menschen bis zu 000 Meter weit zum nächsten Briefkasten – das ist der adius, in dem ein Briefkasten stehen muss – gehen üssen, was Menschen, die in einem Altersheim leben, ft nicht möglich ist. Eine entsprechende Petition ging in, weitere waren sozusagen in Arbeit und sollten einereicht werden. Die Verhandlungen mit der Behörde aben dazu geführt, dass die Briefkästen vor Altersheien vom Abbau ausgenommen und dort belassen weren. Dadurch wird Bürgernähe vermittelt. Wir haben sehr viele Beschwerden, Anliegen und Bit en zum Thema Gesundheit erhalten, auch auf dem Geiet der Kinderheilbehandlung. Da genügt es manchmal, as Bundesversicherungsamt oder die Behörden, die zu ntscheiden haben, darauf aufmerksam zu machen, dass ie die Kinder nicht wie Erwachsene behandeln dürfen, ondern sie im Sinne von Kindern behandeln müssen. ie Kinder haben eine kleinere Lobby; das sage ich auch ls Kinderbeauftragte meiner Fraktion. Ich glaube, an diesen Einzelfällen wird deutlich, dass er Petitionsausschuss Bürgernähe hat und sie nicht erst uchen muss. Viele Anliegen, die den Petitionsausschuss zurzeit er eichen, betreffen die gesetzliche Krankenversicherung. ufgrund der unterschiedlichen Erwerbsbiographien, ber auch der persönlichen Biographien, die teilweise urch Scheidung, Trennung oder anderes gekennzeichet sind, kann es dazu kommen, dass Menschen auf einal keine Krankenversicherung mehr haben. Das kann an sich eigentlich kaum vorstellen und es sind sicher inzelfälle. Aber wenn sich die Fraktionen des Bundesges schon um eine Reform bemühen, sollten in den berlegungen auch diese Fälle berücksichtigt werden. eshalb fordern wir das Gesundheitsministerium zunehend auf, bei einer Reform darauf zu achten, dass die ruppe derer, die nicht erfasst werden und durch das beeffende Netz fallen, von vornherein sehr klein gehalten ird. Wenn man die Erfolge dieser Arbeit sieht, macht man ie Arbeit gern. Wenn man sie länger macht, stellt man est, dass sie auch für einen persönlich ein Gewinn ist. an lernt unheimlich viel. Ich denke, Abgeordnete, die ich in der Parlamentsarbeit auskennen – nicht ganz neue bgeordnete, die sich im parlamentarischen Ablauf erst urechtfinden müssen –, sollten einmal für längere Zeit den Petitionsausschuss gehen, um zu sehen, welche esetze gut gemacht sind und bei welchen vielleicht Marlene Rupprecht handwerkliche Fehler gemacht worden sind – das betrifft alle Regierungen –, wo Schwachstellen sind, was man im Vorfeld besser machen kann und wie man im Nachhinein korrigieren kann. Diese Arbeit ist es, die den Petitionsausschuss auszeichnet. Ich vergleiche ihn mit der Beschwerdeabteilung in einem guten Unternehmen wie zum Beispiel BMW oder Mercedes. Wenn dort eine Beschwerde kommt, dass jemand Schwierigkeiten mit seinem Neuwagen hat, dann kann das ein Einzelfall sein. Wenn aber mehrere Beschwerden kommen, kann man feststellen, dass vielleicht doch etwas an der Hinterachse geändert, der Einstieg vergrößert oder was auch immer korrigiert werden muss. Ein gutes Management in einer Firma beachtet die Wünsche der Kunden. Der Petitionsausschuss sorgt dafür, dass unsere Bürgerinnen und Bürger wie Kunden behandelt werden. Diese Bürgerinnen und Bürger haben uns ja gewählt. In diesem Sinne glaube ich, dass der Petitionsausschuss zwar eine Reform braucht, aber in seiner Grundtendenz nicht angetastet werden darf. Ich denke, dass wir uns mit ganz viel Stolz präsentieren können. Wir arbeiten in einem Ausschuss, der öffentlich wenig beachtet wird. Er bekommt nur einmal im Jahr Redezeit im Parlament, in diesem Jahr heute. Ansonsten sind wir jeden Mittwoch die Ersten, die im Ausschuss sitzen, von halb acht bis neun Uhr, und die Anliegen der Menschen behandeln, meistens über die Grenzen der Fraktionen hinweg. Ich finde das gut. Es hat sich jetzt auch etwas Ruhe über unsere Arbeit gelegt. Nach den anfänglichen Verirrungen in politische Hinterzimmer und Diskussionszirkel sind wir jetzt größtenteils zur Sacharbeit zurückgekehrt. Ein paar brauchen noch ein bisschen Zeit, die wir ihnen auch geben, damit sie mit uns zusammenfinden und wir gemeinsam eine an der Sache orientierte Lösung finden. Ich wünsche uns weiterhin eine gute Zusammenarbeit und die Einbindung aller. Dann schaffen wir es auch, im Sinne der Bürger zu handeln. Danke schön. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Karlheinz Guttmacher [FDP])





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511408100

Das Wort hat jetzt die Kollegin Sibylle Pfeiffer von

der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1511408200

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch Sie kennen das
sicherlich: Sie sind Mitglied im Petitionsausschuss, ha-
ben Hunderte von Petitionen gelesen und bearbeitet und
plötzlich stellen Sie sich die Frage: Petition, was heißt
das eigentlich? Woher kommt dieses Wort? Was steckt
dahinter? Welche Bedeutung hat es? Ich habe einmal
nachgeschaut: „Petition“ kommt aus dem Lateinischen,
stammt von dem Wort „petitio“ und heißt: der Angriff,

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(C (D as Ersuchen. Bei dem Wort „Angriff“ habe ich etwas estutzt und einen Augenblick nachgedacht: Wer greift ier eigentlich wen an? Der Petent den Staat oder umgeehrt? Der Petent den Gesetzgeber oder umgekehrt? Der etent den Ausschuss, seine Mitarbeiter, die Politik? ird überhaupt angegriffen? Fühle ich mich angegrif en? Nein, selbstverständlich nicht. Vor allen Dingen Politiker und Politikerinnen sollten icht lügen. Deshalb will auch ich hier der Wahrheit die hre geben. Manchmal sind Petitionen, die in den Beichterstatterkreislauf hineinkommen, in Wortwahl und usdruck derart aggressiv, böse und polemisch, dass sie ehr wohl als Angriff gewertet werden könnten. Auch rohanrufe und Drohschreiben haben der eine oder anere von uns schon erhalten. Aber sind nicht Aggressiviät und Boshaftigkeit auch ein Ausdruck von Ohnmacht, ilfund Ausweglosigkeit und Frustration über den taat, die Gesetze und deren Durchführung? Selbstverständlich bearbeite ich Petitionen, die in achlicher und emotionsloser Form vorgebracht werden, ieber und auch viel einfacher. Hierbei komme ich dann u der anderen Bedeutung dieses lateinischen Wortes. Petitio“ heißt Ersuchen und bezeichnet die Bitte, eine schriftlich formulierte Eingabe, Beschwerde oder ein esuch an eine staatliche Stelle … bzw. an eine Volksertretung“, die in der Regel hierfür einen Ausschuss ingerichtet hat; so das „Politiklexikon“. Da dies so ist, erden von uns alle Petitionen bearbeitet, egal in welher Form, Ausdrucksweise oder Wortwahl sie eingeeicht werden. Das ist gut so. Denn die Zulässigkeit von etitionen ist ein Bestandteil demokratischer Grundechte. Oft genug gibt es positive Ergebnisse zu vermelden. o kann eine 85-jährige Frau mit ihrem nunmehr von der rankenkasse bewilligten Rollstuhl wieder am gesellchaftlichen Leben innerund außerhalb des Altersheies teilnehmen. Einige andere Beispiele aus dem esundheitsbereich haben Sie schon gehört, auch das eispiel jener Schülerin, deren Vater wir, lieber Josef inkler, darüber informiert haben, dass jetzt alles den ichtigen Weg geht. Aber manchmal kann man als Berichterstatter auch in ewissenskonflikte kommen. Damit meine ich jetzt icht Konflikte, bei denen es darum geht, ob ein Petent ls Fußballer in die Nationalmannschaft aufgenommen erden soll oder nicht, wobei ich nicht weiß, ob das an em Ergebnis von vorgestern etwas geändert hätte. ch spreche von ernsthaften, tiefer gehenden Gewissensonflikten, denen sich jeder von Ihnen schon einmal ausesetzt gefühlt hat. Aus meiner aktuellen Berichterstattung kann ich von inem Petenten berichten, der sich darüber beklagt, dass eine Krankenkasse die Kosten für eine Organtranslantation, die im Ausland auf eigene Veranlassung urchgeführt wurde, nicht übernimmt. Zweifellos ist hier eld gespart worden. Dem Petenten konnte im Ausland im Übrigen schnell – geholfen werden. Auch unter Sibylle Pfeiffer Kostengesichtspunkten hätte man dem Ersuchen durchaus stattgeben können. Aber es gibt neben den Vorschriften, die für uns alle gelten, weitere Aspekte, die beachtet werden sollten. In Deutschland gibt es ein Transplantationsgesetz und europaweit eine Vermittlungsstelle für Organtransplantate. Wenn ein Dialysepatient eine neue Niere transplantiert bekommen soll, muss er sich auf einer Warteliste eintragen lassen und abwarten, bis für ihn eine entsprechende Niere gefunden wurde. Er kann nicht einfach in ein Land gehen, in dem es diese Vorschriften nicht gibt, und sich dort eine Niere kaufen. Denn wir alle wissen, dass es in vielen Ländern illegalen Organhandel gibt, der auf mafiösen Strukturen aufgebaut ist. Menschen lassen sich gegen Bezahlung freiwillig ihre Organe entnehmen, um ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern. Es gibt Hinweise darauf, dass Menschen umgebracht werden, um ihre Körper regelrecht ausschlachten zu können. Diese Organe landen dann auf dem Weltmarkt und werden transplantiert. Ich will auf den Anfang meiner Rede zurückkommen. Ich glaube, dass dem illegalen Organhandel durch Kostenübernahme von staatlicher Seite nicht Vorschub geleistet werden darf. Deshalb ist in diesem Zusammenhang der Begriff „Eingabe“ falsch. Der Begriff „Petition“ stammt aus dem Lateinischen. Petitionen gibt es seit über 2 000 Jahren. Seit jeher setzten Kaiser, Fürsten und Volksvertretungen solche Instrumente ein, um zu erfahren, was das Volk von ihnen hält. Ganz zum Schluss möchte ich noch eines sagen: Herr Kollege Wissing hat nach dem Stellenwert gefragt. Wenn ich mir die Besetzung der Regierungsbank anschaue, dann macht mich das ein bisschen traurig. Aber da bis jetzt der Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung anwesend war, (Zuruf von der CDU/CSU: Er hört trotzdem nicht zu!)


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


könnte es sein – ich weiß es nicht genau –, dass dieses
Thema vielleicht doch etwas mit Angriff zu tun hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511408300

Das Wort hat jetzt der Kollege Gero Storjohann von

der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Gero Storjohann (CDU):
Rede ID: ID1511408400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! In der Bundesrepublik Deutschland ist das Peti-
tionsrecht in Art. 17 des Grundgesetzes festgelegt. In der
Urdemokratie, nämlich im Vereinigten Königreich, gibt
es kein Petitionsrecht. Herr Kollege Winkler hat vorhin
Schottland als Beispiel aufgeführt. Dort handelt es sich
aber um ein Regionalparlament, das es erst seit 1999
gibt. Man kann also nicht davon sprechen, dass man dort
jahrelange Erfahrung hat.

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(C (D Ich möchte mich aber nicht dagegen aussprechen, ass zukünftig Petitionen per E-Mail eingereicht erden können. Bis jetzt bedarf es einer besonderen orm, nämlich der Briefform. Wenn wir also Eingaben er E-Mail zulassen, muss das formblattgebunden gechehen, damit die Angelegenheit ernst genommen wird nd damit wir sie gut bearbeiten können. Zusätzlich rauchen wir ein System, das diese Form der Eingabe eherrscht. Dass Systemeinführungen auch schief gehen önnen, haben Sie uns mit der Maut demonstriert. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das waren die Firmen, die gepatzt haben, und nicht die Regierung!)


eswegen: Vorsicht! Das System muss gut sein, damit
s im Sinne der Petenten vorangeht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aus meinem Arbeitsbereich Verkehr und Wohnungs-
esen möchte ich gerne einige Beispiele aus dem Jahr
003 vorstellen. Aus Berlin gibt es zu berichten, dass
ich ein Petent über die werbliche Nutzung der Fenster
n Linienbussen des öffentlichen Personennahverkehrs
eschwert hat. Es ging um das vollflächige Verkleben
er Busfenster mit Werbung. Durch Werbung, die nur
och ein Loch übrig lässt, kann man schlecht schauen;
an fühlt sich etwas irritiert. Als Berichterstatter habe
ch diese Auffassung des Petenten durchaus nachvollzie-
en können und sein Begehren unterstützt. In Berlin gibt
s bei vielen Doppeldeckerbussen gute Beispiele, die
eigen, dass man interessante Werbung von außen an-
ringen kann, ohne dass die Sicht aus dem Fenster be-
inträchtigt wird.
Allein durch die Debatte im Ausschuss und durch

eröffentlichungen in der Presse ist das Anliegen des
etenten deutlich artikuliert worden, wenngleich es im
usschuss keine Mehrheit fand. Ich bin dankbar, dass es
ieses Instrument des Petitionsausschusses gibt; denn
er Petent findet sein Anliegen wieder.
Bei einem weiteren Fall ging es um die Veräußerung

undeseigener Wohngebäude auf der Insel Sylt nach
bzug der Bundeswehr. 78 Petenten hatten beanstandet,
ass der Bund beabsichtige, auf Sylt 539 Wohneinheiten
u veräußern. Da Sylt ein hochpreisiger Tourismusstand-
rt in einmaliger Insellage ist, gelten hier natürlich an-
ere Marktgegebenheiten. Die Petenten befürchteten
eshalb zu Recht drastische Mieterhöhungen bei Veräu-
erung an Investoren. In der logischen Konsequenz hätte
ies den Fortzug von der Insel auf das Festland für viele
ietparteien bedeutet. Gerade vor dem Hintergrund,
ass viele Mieter diese Wohnungen jahrelang als Dienst-
ohnungen genutzt haben, hätte es eine erhebliche Härte
edeutet, diese gewachsene Nachbarschaft aufzugeben,
umal der Bund eine besondere Fürsorgepflicht gegen-
ber seinen Mietern haben sollte.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Mittlerweile hat es hier, auch mit großer Unterstüt-

ung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, einen ersten
eilerfolg gegeben. So übernimmt die Insel Sylt zu-
ächst ein Paket von insgesamt 68 Wohnungen. Für






(A) )



(B) )


Gero Storjohann

diese wurde ein akzeptabler Preis für beide Seiten ver-
einbart und auch die Mieter, somit die Petenten, sind mit
dieser Lösung einverstanden. Ich hoffe, dass bei der rest-
lichen Abwicklung und Übernahme der Wohnungen
ebenfalls eine einvernehmliche Lösung zustande kom-
men kann.

Mit einer Petition aus Gremersdorf im Kreis Osthol-
stein im schönen Schleswig-Holstein begehren die Ein-
wohner, die Verlängerung der Autobahn A 1 innerhalb
der Ortslage Gremersdorf auf einer Länge von
70 Metern zu überdeckeln. Dadurch wären die Folgen
der Zerschneidung ihres Ortes durch den Ausbau der
Bundesstraße B 207 zur Autobahn gemindert.

Im Vertrauen auf eine mündliche Zusage des Bundes
hatte die Gemeinde seinerzeit auf eine Klage gegen das
Ausbauvorhaben dieses Bauabschnitts verzichtet. Am
24. April 2003 hatte sich der Petitionsausschuss auf An-
trag meiner Fraktion beim Ortstermin ein Bild von der
Lage in Gremersdorf gemacht. Es ist bedauerlich, dass
SPD und Grüne im Petitionsausschuss einer Kompro-
misslösung von 50 Meter Überdeckelung nicht zugäng-
lich waren und die Petition abgelehnt haben.


(Günter Baumann [CDU/CSU]: Das ist unfair!)


Festzustellen ist: Wenn wir hier über eine 70 Meter
lange Wildwechselquerungshilfe über die Autobahn zu
entscheiden hätten, wäre eine rot-grüne Zustimmung
– da bin ich mir ziemlich sicher – eher zu erreichen ge-
wesen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dies macht deutlich, dass manche Probleme im Petiti-

onsausschuss zurzeit nicht gelöst werden können, son-
dern erst mit neuen Mehrheiten nach der Bundestags-
wahl 2006.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511408500

Zu einer Kurzintervention erteile ich der Kollegin

Lösekrug-Möller das Wort.


Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1511408600

Ich möchte meine Kurzintervention auf das beziehen,

was der Kollege Storjohann bezüglich der Petition aus
Gremersdorf ausführte, und dazu ergänzend vortragen,
dass in dieser Gemeinde bereits ein großer Kompromiss
erzielt worden war, bevor man zu der Auffassung ge-
langte, 100 Prozent seines Wunsches auf dem Petitions-
weg erreichen zu wollen.

Wir sind gerade in der aktuellen Diskussion des Bun-
desverkehrswegeplans gut beraten, genau darauf zu ach-
ten, eine gerechte Verteilung der ohnehin schwer zu ver-
teilenden Mittel nach sachlichen Geboten zu betreiben.
Daran sollte sich auch ein Petitionsausschuss halten.

Jetzt geht es um die Gemeinde Gremersdorf. Hier
wurde eine Lösung weit über das übliche Maß hinaus ge-
troffen. Das, was im Rahmen einer Petition verfolgt
wurde, weist in keiner Weise Parallelen zu dem auf, was

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(C (D ier vom Kollegen Storjohann als Wildwechselqueungshilfe angeführt wurde. Ich glaube nicht, dass eine reite Überdeckelung zu einer Verbesserung des dörflihen Klimas führen würde, weil man sich auf dieser rücke von beiden Ortsteilen, sozusagen Auge in Auge nd Hand in Hand, begegnen könnte. Der jetzt erzielte ompromiss – man muss auch berücksichtigen, was jeneits der Beschlusslage des Petitionsausschusses erreicht urde – muss wirklich als angemessen betrachtet weren. Insofern war der Beschluss auf Abschluss dieser etition sachgerecht und richtig. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511408700

Zur Erwiderung, Herr Storjohann.

Gero Storjohann (CDU):
Rede ID: ID1511408800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau

ösekrug-Möller, wir hatten das Votum des schleswig-
olsteinischen Petitionsausschusses im Rücken, als wir
ns mit dieser Thematik beschäftigten. Es gab in Schles-
ig-Holstein und in der Gemeinde Gremersdorf den par-
eiübergreifenden Wunsch, eine Überdeckelung von
0 Metern zu bauen. Im Ergebnis sind 30 Meter heraus-
ekommen.
Um einer räumlichen Trennung dieser Gemeinde für

ie nächsten Jahrhunderte entgegenzuwirken, hielten wir
ieses Anliegen für angebracht und hätten uns die Unter-
tützung auch von Ihrer Fraktion gewünscht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511408900

Das Wort hat jetzt der Kollege Swen Schulz von der

PD-Fraktion.

Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1511409000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine Damen und Herren! Die Kollegin Rupprecht hat
orhin das Licht des Plenarsaals angesprochen. Ich
enke, wir genießen die ansprechende Architektur des
odernisierten Reichstagsgebäudes, weil viel Glas und
elligkeit eine angenehme Atmosphäre schaffen. Diese
estaltung ist aber auch ein Symbol: Jeder Bürger und
ede Bürgerin kann auf der Kuppel oder von der Straße
ns Fenster herantreten und uns, ihren Volksvertretern,
uf die Finger schauen. Das ist ein schönes Symbol für
ransparenz und Offenheit.
Eine institutionelle Entsprechung beim Bundestag

ber das Symbolische hinaus ist der Petitionsausschuss.
it ihm öffnet das Parlament den Menschen die Türen.
ie können eintreten, ohne abschreckende Formalia be-
chten zu müssen, ihre Position, ihre Kritik und ihre Vor-
chläge direkt beim Deutschen Bundestag platzieren und
ie damit auf die politische Tagesordnung setzen. Eine
olle Sache!
Als ich aber zu Beginn der Wahlperiode erzählte, ich

ei unter anderem in den Petitionsausschuss gekommen,
rntete ich meist mitleidige Blicke und Kommentare






(A) )



(B) )


Swen Schulz (Spandau)


wie: Viel Arbeit, wenig Renommee; na ja, als Jüngster
meiner Landessgruppe hätte ich wohl in den Ausschuss
müssen, und Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Umso
größer war meine Freude darüber, dass ich es nicht nur
mit versprengten, in den Petitionsausschuss gezwunge-
nen Neulingen zu tun hatte, sondern dass engagierte,
zum Teil gestandene Abgeordnete anspruchsvolle Arbeit
gestalten.

Nach anderthalb Jahren kann ich bestätigen: Die Tä-
tigkeit ist tatsächlich lehrreich. Sie ist voller Abwechs-
lungen und von Bedeutung. Ich musste aber auch fest-
stellen, dass der Petitionsausschuss häufig immer noch
unterschätzt wird. Wir müssen darum in unserem Bemü-
hen fortfahren, die Bedeutung des Ausschusses zu er-
klären und sein Ansehen zu heben: bei den Bürgern, den
Medien und den Kolleginnen und Kollegen. Es wäre
darüber hinaus auch schön, wenn uns die Bundesregie-
rung noch mehr wertschätzen würde als sowieso schon.
Allerdings ist das auch nicht so wichtig, solange sie tut,
was wir wollen.


(Heiterkeit)

Wir müssen verdeutlichen, welche Funktion, welchen

besonderen Charakter der Petitionsausschuss hat. In ihm
werden Anliegen aus allen Politikbereichen erörtert und
häufiger, als angenommen wird, können wir den Men-
schen helfen. Vielfach führen Petitionen zu politischen
Debatten, Initiativen und Änderungen der Rechtslage.
Mit der großartigen Unterstützung seines Dienstes greift
der Petitionsausschuss Anregungen der Bürger auf und
speist sie mit Anmerkungen versehen in Bundesregie-
rung und Bundestag ein.

Wir machen das, so denke ich, ohne Scheu vor Selbst-
korrektur; denn wir wissen, dass Politik und Verwaltung
Fehler machen, aber auch nicht alle aus einem Gesetz re-
sultierenden praktischen Probleme vorhersehen können.
Manchmal ergeben sich erst nach Jahren so vertrackte
individuelle Konstellationen, in denen eine lang erprobte
Rechtslage nun zu inakzeptablen Ergebnissen führt.

Manchmal werden Probleme ganz neu von Bürgern
angepackt und uns erreichen Vorschläge, die wir aufgrei-
fen. Natürlich gibt es auch Petitionen, in denen aktuelle
öffentliche Debatten kommentiert, bekannte Forderun-
gen unterstützt werden. Es gibt also viele verschiedene
Motive für Menschen, uns zu schreiben.

Auffallend ist über die Jahre die Häufigkeit von Peti-
tionen aus den neuen Bundesländern. Die Bürger dort
wenden sich an den Ausschuss in den gewissermaßen
üblichen Bereichen und zusätzlich in den Fragen, die
sich aus der Einheit und ihren Folgen ergeben. Auch da-
ran sehen wir, dass das Zusammenwachsen Zeit benötigt
und manchmal immer noch Handlungsbedarf besteht.

Nun werden im Petitionsausschuss selbstverständlich
auch parteipolitische Unterschiede deutlich. Wenn ein
Petent eine kontroverse Forderung formuliert, entsteht
darüber natürlich eine Debatte. Das gehört sich auch so.
Es gibt aber auch – vielleicht mehr als in anderen Aus-
schüssen des Bundestages – Gespräche jenseits der Par-
teilinien, weil es häufig eben nicht um ideologische Fra-
gen geht, sondern um die tatsächlichen Erfahrungen der

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(C (D enschen. Die Tätigkeit im Petitionsausschuss trägt eswegen auch ganz sicher zur Erdung der politischen rbeit bei. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In diesem Sinne sind wir „Bundestag at its best“. Wir
iskutieren miteinander: einmal streitig, einmal auf der
uche nach gemeinsamen Lösungen, aber immer entlang
er Eingaben der Bürgerinnen und Bürger. Da fallen die
ituationen, in denen ich mich über die Union ärgere,
eil sie wieder einmal parteipolitisches Kapital aus einer
etition schlagen will, gar nicht so sehr ins Gewicht.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Sie machen das ja nie! – Günter Baumann [CDU/CSU]: Es hatte so schön angefangen!)


Na ja, es mag ja sein, dass es zu früheren Zeiten in an-
eren Konstellationen auch einmal so war, auch wenn
ch mir das gar nicht vorstellen kann.
Der Jahresbericht 2003 des Petitionsausschusses hat

m Gegensatz zu dem des Jahres 2002 in den Medien
tarke Beachtung gefunden. Das liegt wohl daran, dass
s 2002 einen Rückgang der Petitionen gab und 2003
ieder einen Zuwachs. Während der Rückgang im
ahre 2002 nicht weiter erklärt wurde, wurde der Zu-
achs im Jahre 2003 als Zeichen für die Unzufrieden-
eit der Bürger gewertet und auf die Politik der Regie-
ungskoalition zurückgeführt.


(Günter Baumann [CDU/CSU]: Das ist logisch!)


err Baumann hat das hier eben so vorgetragen. Man
uss berücksichtigen, dass viele Petitionen nichts mit
ktuellen Entscheidungen der Regierungskoalition zu
un haben, in anderen wird die Regierung kritisiert, in
anchen wird sie aber auch unterstützt.
Mit 15 534 Petitionen haben wir den zweitniedrigsten
ert seit der Wiedervereinigung. Was sagt uns das, liebe
olleginnen und Kollegen von der Opposition, über die
ufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit den je-
eiligen Regierungen? Wir sollten solche Rechenspiele
nterlassen; denn sie lassen das Petitionswesen im fal-
chen Licht erscheinen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir sollten das Petitionswesen stärken, indem wir in
er Öffentlichkeit dafür werben und den Menschen deut-
ich machen, dass es sinnvoll ist, sich an uns zu wenden.
inige Initiativen der Öffentlichkeitsarbeit sind schon
rfolgreich ergriffen worden, etwa Bürgersprechstunden
ei Messen. Wir können uns darüber hinaus einiges vor-
tellen, was den direkten Kontakt mit Bürgerinnen und
ürgern verbessert, beispielsweise die Einrichtung von
elefonhotlines. Das würde unsere Unterstützung fin-
en. Wir dürfen nicht nur in Berlin sitzen und darauf
arten, dass die Leute von sich aus auf die Idee kom-
en, uns zu schreiben. Wir müssen zu den Leuten gehen
nd sie ansprechen.






(A) )



(B) )


Swen Schulz (Spandau)


Diese Initiativen sollten von einer Modernisierung

des Petitionsrechts begleitet werden. Kollegin Lösekrug-
Möller hat dazu Ausführungen gemacht. Das Petitions-
recht kann direkt demokratische Entscheidungsverfahren
nicht ersetzen oder umgekehrt. Der Charakter von Peti-
tionen und Volksentscheiden ist unterschiedlich. So-
lange sich die CDU/CSU aber gegen mehr Rechte für die
Bürger sträubt und damit nur kokettiert, wenn es partei-
politisch in den Kram passt,


(Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: Das ist eine wüste Unterstellung! Das ist doch Unsinn, was Sie erzählen!)


etwa im Zusammenhang mit der Europäischen Union, ist
ein modernisiertes Petitionsrecht die bedeutendste Mög-
lichkeit für die Bürger, zwischen den Wahlen auf die Po-
litik einzuwirken. Ich denke, dass ist einer von vielen gu-
ten Gründen, den Ausschuss zu stärken, und für mich,
daran mitzuwirken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511409100

Das Wort hat der Kollege Andreas Scheuer von der

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1511409200

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Schulz, im Großen und Ganzen war Ihre
Rede okay, sodass wir mitgehen konnten. Gegen den bö-
sen Unterton und die Unterstellungen verwehren wir uns
allerdings aufs Schärfste. Die Unionsfraktion leistet ei-
nen großen Beitrag. Betrachten Sie die Ausschussreali-
tät: Wie oft wollen wir den Bürgern noch einen Schritt
weiter entgegenkommen, während Sie, weil Sie in der
Regierung sind und auf Ihre Genossen hören müssen, im
Ausschuss auf die Bremse drücken? Die Mehrheitsver-
hältnisse im Ausschuss sind nun einmal eindeutig.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir müssen auch den Haushalt verabschieden! Wenn Sie Geld ausgeben wollen, das wir nicht haben!)


Lassen wir die Ausschussrealität für sich sprechen und
veranstalten wir hier keine Schaufensterreden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Sind Sie für Volksentscheide?)


Die Tätigkeit im Petitionsausschuss will ich mit drei
Begriffen beschreiben: arbeitsintensiv, lehrreich und
hoch spannend. Als Abgeordneter im Deutschen Bun-
destag beschäftigt man sich neben den Bürgeranliegen
aus der Heimat sachpolitisch zumeist mit sehr vielen ab-
strakten Politikfeldern, Gesetzen und Regelungen, leider
auch mit sehr viel Papier. Wir diskutieren in den Fach-
ausschüssen grundsätzliche Positionen und fällen Ent-
scheidungen. Durch die Einzelanliegen und Schicksale

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(C (D m Petitionsausschuss bekommen diese abstrakten rundentscheidungen einen Namen, sie werden greifar; denn sie stammen mitten aus dem Leben und die chicksalsbeschreibungen sind sehr persönlich. Meine ollegen Pfeiffer und Baumann haben schon darauf hinewiesen. Herr Baumann hat das Schicksal eines Bürers aus den neuen Bundesländern angeführt. Frau ollegin Pfeiffer hat ebenfalls ein Einzelschicksal exemlarisch angeführt. Ich denke, ich spreche für alle Kolleginnen und Kol egen, wenn ich sage, dass die Hoffnungen, aber auch erade die Sorgen nicht nur inhaltlich, sondern, je nach inzelfall, auch emotional sehr bewegend sind. Man erält eine Petitionsmappe, meist stoßweise, ins Büro geiefert und muss als Berichterstatter ein Votum abgeben. an liest die Petition und gibt seine Stellungnahme ab. ft muss man vorher aufgrund der Dramatik eines Falles chlucken, man muss die Petition erst einmal weglegen, arüber nachdenken, die Petition und das Einzelschickal erst einmal verdauen. Man muss überlegen, wie man elfen kann. Man bespricht sich mit den Mitarbeitern, en Fachexperten und kommt dann nach genaueren Abägungen zum Ergebnis. Ich beschreibe das so ausführich, um zum Ausdruck zu bringen, dass wir uns das alle über Fraktionsgrenzen hinweg – nicht leicht machen nd dass wir uns mit den Einzelfällen beschäftigen. Das oll an dieser Stelle auch einmal gesagt werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das Leben ist eben der beste Lehrmeister für die Poli-
ik, indem es die Auswirkungen unser aller Politik, Herr
ollege Schulz, im positiven, aber auch im negativen
inne aufzeigt. Aus der Besprechung eines Einzelfalles
ird im Ausschuss häufig eine hitzige Grundsatzdis-
ussion, bei der jede Fraktion ihre Grundposition klar
acht. Viele von uns nehmen diese Beispiele in die
achausschüsse mit, um dort auf die Problemlagen und
ehlentwicklungen hinzuweisen. Die oberste Maxime
ür die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist dabei: Wie
önnen wir helfen? Ich möchte die Tätigkeit noch mit ei-
em Leitbild verbinden: Politik als Dienstleister für die
enschen. Vorhin ist der Begriff „Kunde“ gefallen; das
efällt mir weniger. Ich sage: Wir müssen Dienstleister
ür die Menschen sein.
Sehr geehrte Damen und Herren, bei der Durchsicht

es Jahresberichtes 2003 sind mir eine Reihe von Peti-
ionen aufgefallen, die Anlass gegeben hätten, hier rück-
lickend erwähnt zu werden; die Vorredner haben es
um Teil schon gemacht. Ich möchte mich auf meinen
achbereich – dem Bereich des Ausschusses für Familie,
enioren, Frauen und Jugend – konzentrieren: Ich habe
ein Augenmerk im Petitionsausschuss auf die Kinder
nd Jugendlichen gelegt, auf die Familien. Die Stabilität
ie auch die Zukunft unserer Gesellschaft sind durch ihr
ohl gesichert. Gründe, die Familien dazu zu bewegen,
ine Petition einzureichen, gibt es viele. Ich möchte hier,
rau Kollegin Rupprecht, nicht auf die verfehlten gesell-
chaftspolitischen und familienpolitischen Schwer-
unkte der rot-grünen Bundesregierung eingehen; das






(A) )



(B) )


Andreas Scheuer

machen wir bei der anderen Veranstaltung des Ausschus-
ses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Im Jahr 2003 haben verschiedene Petitionen das Wohl
unserer Kinder in den Mittelpunkt gerückt: die Petition
zur Behandlungspflege während des Schulbesuchs, die
Einstufung pflegebedürftiger Kinder in der Pflegeversi-
cherung oder auch die Bewilligung der Kinderheilbe-
handlung. Vielfach liegt der Grund für eine Petition in
einem für den Bürger oft nicht mehr zu durchdringenden
oder gar beherrschbaren Regelwerk. Eine Bürokratie, die
mit den besten Absichten geschaffen wurde, hat Ausar-
tungen entwickelt. Der Souverän, der Bürger, versteht
diese Ausartungen nicht mehr. Oft werden dann Ver-
zweiflung und – das sei hier auch einmal gesagt – Wut
zum Anlass, eine Petition zu schreiben.

Neben Bitten erreicht uns auch eine Vielzahl von
wertvollen Vorschlägen. So enthielt eine Petition zu den
Heimkosten ganz konkrete Forderungen und Vorschläge.

Ich möchte mich zum Schluss bei allen Bürgerinnen
und Bürgern für ihre offene Art und für ihre klare Spra-
che bedanken. Das soll auch für uns für die nächste Zeit
Auftrag sein: eine Sprache zu finden – gerade auch,
wenn sich der Petitionsausschuss nach außen wendet –,
die die Menschen verstehen, und die komplizierten Ein-
zelschicksale klar und deutlich darzustellen. Lassen Sie
uns so weiterarbeiten!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511409300

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

hat die Kollegin Vera Dominke von der CDU/CSU-Frak-
tion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Vera Dominke (CDU):
Rede ID: ID1511409400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

lange Rednerliste, die jetzt mit mir zu Ende geht, doku-
mentiert die unendliche Vielfalt der Themen, mit denen
sich der Petitionsausschuss befasst: Es gibt wohl kein
Arbeitsgebiet in diesem Hohen Haus, auf dem eine Ab-
geordnete es mit so vielen unterschiedlichen Lebensfel-
dern zu tun bekommt, auf denen einzelne Menschen un-
seres Landes individuellen oder auch allgemeinen
Handlungsbedarf formulieren.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit ganz kurz auf die
Statistik lenken: Von den natürlichen Personen, die im
Jahre 2003 eine Petition einreichten, sind nur knapp ein
Drittel Frauen, mehr als zwei Drittel sind Männer. Das
liegt nun sicherlich nicht daran, dass es für die Frauen in
unserem Lande so viel weniger Probleme gibt als für die
Männer – wahrscheinlich sind die Frauen nur zu mehr
Duldsamkeit erzogen; „sozialisiert“ nennt man das ja
heute.

Relativ wenige Petitionen betrafen den Bildungs- und
Ausbildungsbereich. Häufig ging es dabei um Probleme

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(C (D m Bereich der Bundesausbildungsförderung. Wenn ier der Petitionsausschuss nur in relativ wenigen Fällen bhilfe schaffen konnte, so lag das häufig daran, dass as Anliegen der Petentinnen und Petenten mit der Inention des Bundesausbildungsförderungsgesetzes nicht nbedingt übereinstimmte, das auf die Herstellung und icherung sozialer Chancengleichheit und nicht auf die eseitigung genereller Ungerechtigkeiten gerichtet ist. Da mir nur wenig Zeit verbleibt, möchte ich jetzt an inem konkreten Beispiel verdeutlichen, welche Mögichkeiten dieser Ausschuss hat, politisch Änderungen nzuschieben, wenn er diese Möglichkeiten denn auch utzt. Die erste Petition, die ich als frisch gebackenes Mit lied des Petitionsausschusses auf den Tisch bekam, ichtete sich auf das Anliegen, Fachhochschulingenieuen den gleichberechtigten Zugang zum Referendariat ür den höheren öffentlichen Dienst zu ermöglichen wie niversitätsingenieuren. Diese Petition wurde von allen eutschen Fachhochschulen ebenso unterstützt wie etwa on der Hochschulrektorenkonferenz, in der auch Uniersitätsleitungen sitzen. Aus eigener interner Kenntnis weiß ich um die Quali ät und das hohe auch wissenschaftliche Niveau einer Inenieurausbildung an den Fachhochschulen. Deshalb chien mir dieses Anliegen gerechtfertigt und seine Umetzung längst überfällig zu sein. Ich glaubte also, es sei in Selbstgänger, nachdem ich die Mitglieder meiner Areitsgruppe im Petitionsausschuss von meinem Votum, ämlich Überweisung zur Berücksichtigung – das öchste Votum –, überzeugt hatte. Dabei hatte ich das itat von Hans-Jochen Vogel im Auge, man müsse von olitikern erwarten können, dass Wort und Tat übereintimmen; denn schließlich lesen sich die Stellungnahen von Politikern der Mehrheitsfraktionen zu diesem hema in den einschlägigen Fachmedien so: Der bilungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion sieht in seier Faktion „Anzeichen dafür, dass Veränderungen zuunsten der Fachhochschulen möglich sind.“ Ein nderes Zitat: „Bündnis 90/Die Grünen sind die einzige artei, in der Konsens besteht: Die Gleichwertigkeit der achhochschulen mit den Universitäten muss endlich in en Gesetzen realisiert werden.“ Hier hätte es in der Hand des Petitionsausschusses ge egen, den bestehenden Anachronismus zu beseitigen nd einen fraktionsübergreifenden Anstoß zum Abchneiden alter Zöpfe zu geben. Die Mitglieder der oalitionsfraktionen verweigerten sich aber der Weitereitung der Petition und beerdigten diese sangund klags. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wurde ordentlich abgeschlossen und nicht beerdigt!)


So enttäuschend dieses Abstimmerlebnis auch war,
telle ich zum Abschluss, weil ich jetzt die letzte Redne-
in bin, aber doch versöhnlich fest, dass so etwas nicht
er Regelfall im Petitionsausschuss ist. Als Regelfall er-
ebe ich vielmehr die sachorientierte und am Wohl des






(A) )



(B) )


Vera Dominke

Einzelfalls ausgerichtete Debatte und Entscheidungsfin-
dung. Möge das so bleiben.

Vielen Dank.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511409500

Ich schließe die Aussprache.
Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 6 sowie

Zusatzpunkt 9 auf:
6 Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten

Dietrich Austermann, Steffen Kampeter,
Bernhard Kaster, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
– Drucksachen 15/1960, 15/2912 –

ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dietrich
Austermann, Steffen Kampeter, Bernhard Kaster,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Ausweitung der Öffentlichkeitsarbeit der Bun-
desregierung in Zeiten knapper Kassen
– Drucksache 15/3311 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich sehe
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Bernhard Kaster von der CDU/CSU-
Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Bernhard Kaster (CDU):
Rede ID: ID1511409600

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ich habe gestern vernommen, dass Herr Regierungsspre-
cher Dr. Steg sich darüber beschwert hat, dass die Öf-
fentlichkeitsarbeit der Regierung von uns immer und im-
mer wieder kritisiert würde.


(Otto Fricke [FDP]: Die Kritik ist ja auch sachgerecht!)


Ich kann hier einen Vorschlag machen: Das lässt sich
sehr schnell abstellen: Führen Sie die Öffentlichkeitsar-
beit wieder auf das normale Maß zurück. Reagieren Sie
nicht nur auf die Kritik der Opposition, sondern auch auf
die des Bundesrechnungshofes! Halten Sie sich an Ver-
gabe- und Haushaltsrecht! Dann wird unsere Kritik ver-
stummen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D Es ist so, dass Öffentlichkeitsarbeit von jeder Bundesegierung betrieben wird. Öffentlichkeitsarbeit ergibt ich schon aus dem Grundgesetz, abgeleitet aus Art. 5 zw. 20: Eine jede Bundesregierung ist dazu verpflichet, die Bürger zu informieren und vor allen Dingen ufzuklären. Unsere Verfassung und auch das Bundeserfassungsgericht gehen aber davon aus, dass Öffentichkeitsarbeit die politische Regierungsarbeit begleiten oll und nicht umgekehrt. Was brachte unsere Große Anfrage ans Licht, deren eratung heute auf der Tagesordnung steht? Was wollen ir mit unserem Antrag? Hat es nicht zu allen Zeiten ritik an der Darstellung der Regierung gegeben, und war bei jeder Bundesregierung? Sind wir vielleicht leinlich? Regen wir uns über missratene Plakate auf, lso Peanuts? Nein, in einer Zeit der Rekordverschulung verprassen Sie Steuergelder für die teuerste PR-Ofensive in der Geschichte der Bundesrepublik. as ist so. Auf die Zahlen werde ich noch zu sprechen ommen. Das heutige Ausmaß der Öffentlichkeitsarbeit ist laut undesrechnungshof mit dem der Vorgängerregierungen berhaupt nicht mehr vergleichbar. Die Chancengleicheit im politischen Wettbewerb von Regierung und Oposition soll durch den gigantischen Einsatz von Steuereldern verhindert werden. Vor allem aber – ich komme um Kern – haben Sie gerade in den letzten zwölf Monaen die mediale Inszenierung zum Mittelpunkt der igentlichen Politik gemacht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Andreas Scheuer [CDU/ CSU]: Alles nur Verpackung!)


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Ein Skandal!)


or lauter Panik, Konzept- und Hilflosigkeit jagt eine
illionenteure Kampagne die andere.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)


ie tragen meistens Namen, die die unerfüllten Sehn-
üchte der Koalition auf den Punkt bringen: „Erfolg
raucht alle“,


(Otto Fricke [FDP]: Jedenfalls die SPD!)

Teamarbeit für Deutschland“, „Zeit für mehr“,
Deutschland bewegt sich“. Die Zeit ist zu schade, um
ll das aufzuzählen, was sich teure Werbestrategen für
iese Bundesregierung an Ankündigungen ausdenken.
Insgesamt gab es mehr als ein Dutzend Werbekampa-

nen allein in den letzten zwölf Monaten. Fragen Sie
inmal Unternehmer in der Privatwirtschaft. Sie alle ha-
en schon Probleme, Plakatwände zu mieten. Überall hat
ie Bundesregierung breitflächig plakatiert. Ich frage:
as ist das für ein Politikverständnis? Ich will ein Bei-
piel von vielen nennen. Auf unsere Anfrage hin musste
ie Bundesregierung einräumen, dass die Regierungs-
ropaganda alleine für die so genannte Agenda 2010
ast 17 Millionen Euro durch Anzeigen oder so genannte
ega-Light-Plakate verpulvert hat.






(A) )



(B) )


Bernhard Kaster


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Propaganda“ ist nicht der richtige Begriff! Sie sollten ihn zurücknehmen und überdenken!)


17 Millionen Euro in noch nicht einmal zehn Monaten
verpulvert, und zwar lange bevor überhaupt ein einziges
Gesetz dieser Agenda 2010 beschlossen war. Sie haben
17 Millionen Euro für eine Regierungserklärung ausge-
geben, mit der dem Bürger erklärt wurde, dass er sparen
soll.

Es geht uns nicht darum, darüber zu streiten, ob die
Kosten für Öffentlichkeitsarbeit um 5, 10 oder 15 Pro-
zent gestiegen sind, obwohl dies angesichts der aktuellen
Haushaltssituation vollkommen überzogen wäre. Nein,
der Skandal besteht darin, dass Sie mit Täuschen, Trick-
sen und Tarnen den Aufwand für Imagewerbung entge-
gen allen offiziellen Ankündigungen fast verdreifacht
haben. Das ist das wahre Ausmaß Ihrer Öffentlichkeits-
arbeit und deswegen mit früheren Zeiten nicht mehr ver-
gleichbar.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Unsere Große Anfrage, zahlreiche Kleine Anfragen,

vor allem aber mehrere Rechnungshofberichte haben es
ans Licht gebracht: Sie haben sich längst nicht mehr da-
rauf beschränkt, die offiziell im Haushalt ausgewiesenen
Mittel für Öffentlichkeitsarbeit in Anspruch zu nehmen.
Nein, Sie missbrauchen in großem Stil Haushaltsmittel,
die beispielsweise für Fachpublikationen veranschlagt
sind, für ganz platte Imagewerbung. Eigentlich hatte der
Bundestag diese Gelder für fachliche Broschüren zur
Verfügung gestellt. An der Spitze solcher missbräuchli-
chen Inanspruchnahme steht das Haus von Umweltmi-
nister Trittin.


(Otto Fricke [FDP]: Wen wundert’s!)

Ich zeige Ihnen einmal eine Fachpublikation des Hauses.
Sie sieht folgendermaßen aus: Was macht Jürgen Trittin
heute? Abschalten.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Er würde besser abgeschaltet!)


Das ist eine fachliche Information aus dem Umweltmi-
nisterium.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich glaube, dass Sie das ärgert! Uns freut das!)


Wir sprechen hier nicht von Peanuts. Im Haushalt stehen
für diese Fachinformationen fast 80 Millionen Euro zur
Verfügung, und zwar zusätzlich zu den offiziellen Mit-
teln für Öffentlichkeitsarbeit in Höhe von weit über
80 Millionen Euro. Jürgen Trittin hat es mit dieser Täu-
schung geschafft, sich im Umweltministerium quasi ein
kleines Nebenbundespresseamt zu schaffen. Obwohl er
offiziell nur 293 000 Euro und damit einen der kleinsten
Werbe- und PR-Etats überhaupt hat, gibt sein Haus in
Wahrheit mehrere Millionen Euro für Imagepflege aus.
Bezahlt werden alle diese Plakate und Anzeigen aus al-
len möglichen Haushaltstiteln, nur nicht aus dem Haus-

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(C (D altstitel für Öffentlichkeitsarbeit. Das muss hier einmal esagt werden. (Beifall bei der CDU/CSU – Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Und dann nicht einmal hier anwesend sein!)


Gerade die Zuschussprogramme sind die neuen Lieb-
ingskühe für die rot-grüne PR-Arbeit. Fördermittel für
rneuerbare Energien, Wohnungsmodernisierung oder
uschüsse für den Ökolandbau werden dreist für Image-
flege abgezweigt. Alles wird entgegen dem Haushalts-
echt, entgegen den Vorgaben des Bundesrechnungshofs
m Kleingedruckten des Haushaltes verschleiert.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verdrehen Sie doch nicht so die Tatsachen! – Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Ein Skandal ist das!)


as kann nicht sein. Die Spezialisten dafür sind Herr
inister Stolpe und Herr Minister Trittin oder auch Frau
inisterin Bulmahn.
Wenn man zu den offiziellen PR-Mitteln, den Mitteln

ür Fachinformationen und den Werbeetats der Zuschuss-
rogramme auch noch die PR-Millionen der nachgela-
erten Bereiche wie etwa der Bundesagentur für Arbeit
ddiert, dann kommt man auf eine Summe von fast einer
iertelmilliarde Euro, die die Bundesregierung für Öf-
entlichkeitsarbeit ausgibt. Fast 250 Millionen Euro! Da
rechen in Sachen Öffentlichkeitsarbeit wirklich alle
ämme.
Dabei kommen diese Gelder, zumindest in großen

eilen, einem Netzwerk parteinaher, sogar parteieigener
ienste und Agenturen zugute. Wer sich im Wahlkampf
on Rot-Grün engagiert, wird in Regierungszeiten mit
illionenschweren Werbeaufträgen aus Steuergeldern
berhäuft.


(Otto Fricke [FDP]: Pfui!)

as ist nachweisbar.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Zum goldenen Hirschen!)


ie SPD-Fraktion ist sich nicht zu schade, ihre Regie-
ungsbeteiligung finanziell zu nutzen. Zeitgleich zur
ampagne der Bundesregierung hat die SPD beispiels-
eise eine Anzeigenkampagne zum Thema Ganztags-
chule entwickelt, eine ganz kleine Kampagne aller-
ings, die vielleicht 100 000 Euro gekostet hat. Aber die
roße Kampagne ist aus Steuermitteln finanziert worden.
as sind Einspareffekte, die genutzt werden.


(Otto Fricke [FDP]: Da sieht man, wie viel Geld die SPD hat!)


as Ganze gipfelt darin, dass Regierungssprecher Béla
nda


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Wo ist er denn?)


Wo ist er heute? Vielleicht kann ich einen Hinweis ge-
en – von Teilen seiner Auftragnehmer Preise und Aus-
eichnungen erhält und sie natürlich stolz entgegen-






(A) )



(B) )


Bernhard Kaster

nimmt. So weit sind wir gekommen. Dank abstatten
beim Regierungssprecher können inzwischen viele. Es
winken noch viele Preise. Vielleicht steht gerade wieder
eine Preisverleihung an.

Kernaufgaben der Öffentlichkeitsarbeit – so der Bun-
desrechnungshof – werden neuerdings von Werbeagen-
turen wahrgenommen. Zahlreiche üppige Rahmenver-
träge werden abgeschlossen, zum Teil sogar über die
Dauer der Legislaturperiode hinaus. Welche Heuchelei,
wenn dann auf der Homepage des Bundespresseamtes
auf die umfassende sachliche Informationsvermittlung
auf der Grundlage der Verfassung verwiesen wird.


(Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist auch richtig! Das muss auch so sein! Das ist der Job einer Regierung! Sie kommuniziert mit den Bürgern!)


Wie die Wirklichkeit aussieht, habe ich beschrieben.
Wir appellieren an die Bundesregierung und die Koa-

lition: Hören Sie endlich auf, solche Unsummen für
platte Werbung zu verprassen! Fangen Sie hier mit dem
Sparen an!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Otto Fricke [FDP])


Das Geld ist hinausgeworfen. Der Bürger hat sehr wohl
ein Gespür für Information und dafür, was platte Image-
pflege ist. Die Ergebnisse der Wahlen in der letzten Zeit
zeigen, dass dieses Gespür vorhanden ist.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir machen das nicht von Wahlergebnissen abhängig!)


Fangen Sie hier mit dem Sparen an! Kündigen Sie die
teuren Rahmenverträge mit Werbeagenturen! Kehren Sie
zur sachlichen Information zurück! Halten Sie endlich
die rechtlichen Rahmenbedingungen ein! Beenden Sie
das Tarnen und Täuschen! Es muss auch im Haushalt
wieder gelten: Wo Werbung drin ist, muss auch „Wer-
bung“ draufstehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Der Inhalt muss wieder wichtiger werden als die Ver-

packung. Rudi Völler hätte es auch nichts genützt, wenn
er bei dem Spiel gegen Holland nur – vielleicht einem
Rat von Ihnen folgend – rund ums Stadion Plakate mit
der Aufschrift „Tor“ aufgestellt hätte.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So eine Torheit!)


Vielen Dank.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511409700

Das Wort hat der Kollege Gerhard Rübenkönig von

der SPD-Fraktion.

Gerhard Rübenkönig (SPD):
Rede ID: ID1511409800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

heutige Debatte über die Große Anfrage der Union zur
Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung

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(C (D (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ist überfällig!)


ibt mir die Gelegenheit, hier in aller Deutlichkeit die
nterstellungen und Halbwahrheiten,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Der Bundesregierung endlich mal geradezurücken!)


ie von einigen Damen und Herren der Opposition und
nsbesondere von Ihnen, Herr Kaster, heute vorgetragen
urden, entschieden zurückzuweisen.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Was war daran falsch?)


Wer wollte bestreiten, dass es zu den vornehmsten
echten des Parlaments gehört, die Bundesregierung zu
ontrollieren? Dazu gehört auch die Öffentlichkeitsar-
eit der Bundesregierung, über die wir heute diskutieren.
ennoch gelingt es Ihnen, werter Kollege Kaster, durch
nermüdliche Fragen und Pressemitteilungen dieser In-
ormationsarbeit zusätzlich Aufmerksamkeit zu ver-
chaffen. Das ist in Zeiten knapper Gelder – auch für die
ffentlichkeitsarbeit – eine dauerhafte Unterstützung.
erzlichen Dank dafür!


(Beifall der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Leider setzen Sie sich aber nicht ernsthaft und sach-
erecht mit den Maßnahmen und Vorhaben des Presse-
nd Informationsamtes der Bundesregierung auseinan-
er, wie es Aufgabe und Pflicht der parlamentarischen
ontrolle wäre. Vielmehr kreisen die zahlreichen münd-
chen und schriftlichen Fragen, Kleinen und Großen
nfragen immer wieder um dieselben verschwörungs-
eoretischen Ansätze.
Der Antrag, den Sie diesbezüglich diese Woche vor-

elegt haben, reiht sich nahtlos in Ihre unhaltbaren Spe-
ulationen ein. Darin wird entweder der Verdacht der
etternwirtschaft in die Welt gesetzt oder es wird der
orwurf der unzulässigen Wahlwerbung auf Kosten des
teuerzahlers erhoben. Den jeweils für die Bundesregie-
ung arbeitenden Agenturen, die als Schaltagenturen die
estaltung und Produktion von Anzeigenschaltungen
der Kinospots realisieren, wird dabei unterstellt, dass
ich deren Kassen mit zig Millionen Euro füllen.
In diesem Zusammenhang sei auf die Reihe der Klei-

en Anfragen der CDU/CSU-Fraktion aus dem
ommer 2002 verwiesen. Noch bevor die fünf Kleinen
nfragen in Serie die Bundesregierung erreichten, kur-
ierten die über 150 Einzelfragen bereits in den Medien.
in solches Verfahren ist meiner Meinung nach nicht in
rdnung.


(Beifall des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Abg. Andreas Scheuer [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511409900

Herr Kollege Rübenkönig, erlauben Sie eine Zwi-

chenfrage?






(A) )



(B) )



Gerhard Rübenkönig (SPD):
Rede ID: ID1511410000

Nein, danke.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511410100

Keine Zwischenfrage.

Gerhard Rübenkönig (SPD):
Rede ID: ID1511410200

Im Juni 2003 wurde gar von Ihnen, Herr Kollege

Kaster, eine Strafanzeige gegen das Bundespresseamt
wegen Veruntreuung von Haushaltsmitteln erstattet. Die
Anzeige erlangte eine breite Aufmerksamkeit in den
Boulevardblättern. Die anschließend erfolgte Ohrfeige
der Staatsanwaltschaft in Richtung des Kollegen Kaster
– nämlich die Einstellungsverfügung –


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)


wurde hingegen von den Kollegen der Opposition publi-
zistisch vernachlässigt. Das ist besonders deshalb zu be-
dauern, weil in der Einstellungsverfügung der Staatsan-
waltschaft deutlich wurde, dass Tatsachen für eine
strafrechtliche Verfolgung in keiner Weise vorlagen.

Im Gegenteil: Die Staatsanwaltschaft hatte bei der
Prüfung des Sachverhalts festgestellt, dass es in der Re-
gierung Kohl Hinweise auf eindeutig überhöhte Zahlun-
gen gegeben habe. Die Vorgänge aus der Spätphase der
CDU/CSU-Regierung könnten leider nicht mehr straf-
rechtlich verfolgt werden; denn sie seien im Zweifel ver-
jährt.


(Otto Fricke [FDP]: Wenn ein Zweifel besteht, muss man auch ermitteln! Erzählen Sie doch keinen Quatsch!)


Auf dieser Grundlage wundert es mich nicht, dass das
Interesse der Kollegen von CDU und CSU angesichts
dieses Ergebnisses jäh erlahmte.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Skandalös!)


Insoweit könnte wohl unser Kollege Koppelin – er ist
leider nicht anwesend – Recht gehabt haben, als er be-
reits im Dezember 2002 – man höre! – gegenüber der
„taz“ zum Bericht des Bundesrechnungshofes sagte, die
Affäre sei künstlich hochgezogen. Er fügte hinzu – ich
zitiere weiter aus der „taz“ vom 28. Dezember 2002 –:

Da haben andere Regierungen, auch solche, an de-
nen wir selbst beteiligt waren, schon Schlimmeres
angestellt.

(Otto Fricke [FDP]: Das bleibt aber falsch!)


Lieber Herr Kollege Kaster, lassen Sie mich in Anbe-
tracht der Fußballeuropameisterschaft – Sie haben be-
reits darauf hingewiesen – Folgendes formulieren: Sie
haben mit Ihrer Strafanzeige ein ordentliches Eigentor
geschossen. Das hat die Mannschaft von Völler – Gott
sei Dank – nicht getan. Nicht die rot-grün geführte Bun-
desregierung ist hier zu kritisieren, sondern die Verant-
wortlichen aus den Regierungsjahren der CDU/CSU.


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

Nehmen Sie dies doch endlich einmal zur Kenntnis!

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(C (D Die Große Anfrage der CDU/CSU gibt auch Gelegeneit, deutlich zu machen, dass die eingesetzten aushaltsmittel für die Öffentlichkeitsarbeit der Bunesregierung im Vergleich zu den Ausgaben der Vorgänerregierung bis 2003 deutlich rückläufig waren. Wir haen darüber mehrfach auch im Haushaltsausschuss iskutiert. Mit Ihnen bin ich ebenfalls der Meinung, dass ir alles dafür tun sollten, dass das Geld des Steuerzahers zielund zweckgerichtet eingesetzt wird, dass also iele und Maßnahmen der Regierung so gut, wie es eben eht, kommuniziert werden. Es entspricht dabei nicht en Tatsachen, von einer „drastischen Erhöhung der ittel für Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung“ zu prechen, so wie es in den Vorbemerkungen der Frageteller unterstellt wird. Hören Sie doch endlich mit solhen Spekulationen auf! Sie sind schlichtweg falsch und erden auch dadurch nicht wahrer, dass sie von Ihnen tändig wiederholt werden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


998, also im letzten Jahr der Vorgängerregierung, belie-
en sich die Ausgaben der Bundesregierung für Öffent-
ichkeitsarbeit insgesamt auf 80 Millionen Euro bei ei-
em Gesamtetat des Bundes von 233,6 Milliarden Euro.
either lagen die Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit Jahr
ür Jahr darunter, und zwar auch in den Bundestagswahl-
ahren, was im Gegensatz zu Ihrer Regierungszeit völlig
nders ist.
Die wenigen Mittel sind kommunikativ so zu bün-

eln, dass eine größtmögliche Aufmerksamkeit erzielt
ird. Jeder, der sich professionell mit Kommunikation
eschäftigt, weiß, dass es deshalb hilfreich ist, mit Leit-
genturen zusammenzuarbeiten. Das macht diese Bun-
esregierung nicht anders als die Vorgängerregierung.
er entscheidende Unterschied ist aber, dass das BPA
ie Leistungen ausgeschrieben und die Leitagenturen im
ettbewerb ermittelt hat. Dass sowohl bei der jetzigen
ls auch bei der alten Bundesregierung dabei Agenturen
um Zuge kommen bzw. kamen, die Erfahrung in politi-
cher Kommunikation gesammelt haben, wird nieman-
en erstaunen.


(Otto Fricke [FDP]: Aber möglichst bei der SPD!)


Die federführend vom BPA betreute Kommunikation
ur Agenda 2010 ist für mich der Beweis dafür, dass
uch mit geringen Mitteln eine große Öffentlichkeits-
irksamkeit erzielt werden kann. Diese Auffassung
cheint auch die Fachwelt zu teilen, was – Sie haben es
orhin angesprochen – durch die Auszeichnung sowohl
es Bundespresseamtes mit dem Politik-Award im letz-
en Jahr als auch des Pressesprechers der Bundesregie-
ung mit dem Gold Award in diesem Jahr deutlich wird.
ie Verleihung des Gold Award an den Staatssekretär
éla Anda war dem Kollegen Austermann sogar eine
rage im Bundestag wert. Auch wenn es Herrn
ustermann – leider ist er nicht anwesend – nicht gefällt:
ie Marke „Agenda 2010“ – Herr Kaster, hören Sie gut
u! – ist stark und mittlerweile 89 Prozent der Menschen
ekannt.






(A) )



(B) )


Gerhard Rübenkönig

An diesem nur ganz kurz dargestellten Beispiel wird

Folgendes deutlich:
Erstens. Das Bundespresseamt setzt die knappen

Haushaltsmittel zielgerichtet und wirkungsvoll ein.
Zweitens. Die Öffentlichkeitsarbeit ist für die Erfül-

lung des Auftrags notwendig, politische Vorhaben, ge-
rade auch unpopuläre, zu erläutern, zu erklären und für
Verständnis zu werben. Das ist bei der Regierungskom-
munikation zur Agenda 2010 gelungen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Das haben wir am Sonntag gemerkt!)


Drittens. Deshalb ist Regierungskommunikation ein
notwendiger Beitrag, um das Vertrauen der Bürgerinnen
und Bürger in das Funktionieren der vom Grundgesetz
geschaffenen Staatsordnung zu leisten, genauso wie es
das Bundesverfassungsgericht postuliert hat.

Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, hören
Sie doch endlich auf mit Ihren Unterstellungen und Ver-
dächtigungen. Hören Sie auf, die Öffentlichkeitsarbeit
der Bundesregierung in eine Ecke drängen zu wollen, in
die sie nicht hineingehört. Lernen Sie endlich, konstruk-
tive Oppositionsarbeit zu machen; denn trotz der Ergeb-
nisse vom vergangenen Sonntag, die uns sehr enttäuscht
haben – das sage ich ganz offen –, bin ich der festen
Überzeugung, dass Sie diese Kenntnisse noch weiter
über das Jahr 2006 hinaus brauchen werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Andreas Scheuer [CDU/ CSU]: Der Redenschreiber war gut!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511410300

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem

Kollegen Bernhard Kaster.

Bernhard Kaster (CDU):
Rede ID: ID1511410400

Werter Herr Kollege, ich stelle zunächst einmal fest,

dass Sie auf die Vermehrung der Öffentlichkeitsmittel
neben den offiziellen Mitteln für Öffentlichkeitsarbeit,
die zu einer wahren Verdreifachung der Ausgaben ge-
führt hat, mit keinem Wort eingegangen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Soweit Sie sich auf Zahlen berufen, die auch in der Be-
antwortung der Großen Anfrage genannt sind, sind auch
diese falsch. Im Vergleich zu 1998 beziehen Sie sich auf
eine Zahl von 80 Millionen. Bei den Kosten allein für
die Bundesregierung sind wir inzwischen bei 86 oder
87 Millionen. Man muss aber darauf hinweisen, dass be-
reits unmittelbar nach dem Regierungswechsel ein
Betrag von 4,1 Millionen Euro aus der Zuordnung zur
Öffentlichkeitsarbeit – es war der Titel 685 11, heute
685 07 – herausgenommen und an anderer Stelle neu
verbucht worden ist. Schon allein deshalb stimmt die
ganze Vergleichsrechnung nicht.

Ich muss aber auch auf Ihre Vergleiche eingehen. Ich
gebe das wieder, was vom Bundesregierungshof und

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(C (D uch in vielen Publikationen schon gesagt worden ist: ie untersuchten Zeiträume von 1994 bis 1998 und von 998 bis 2002 sind nur bedingt vergleichbar – ich itiere –: Eine vergleichbare Leitagentur für einen so wesentlichen und finanziell bedeutsamen Teil der Öffentlichkeitsarbeit gab es im ersten Betrachtungszeitraum nicht. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie aber lange gesucht, bis Sie das gefunden haben!)


Ein weiterer wichtiger Punkt: Wenn Sie jetzt hier sa-
en, die Staatsanwaltschaft konnte kein Strafverfahren
inleiten, muss ich aus dem entsprechenden Schreiben –
s ging um die Kritik des Bundesrechnungshofes, um
erstöße gegen das Vergaberecht etc. – zitieren. Es heißt
n dem Schreiben:

Das von Ihnen geschilderte Verhalten mag unter
mancherlei Aspekten diskussionswürdig sein.

Jetzt komme ich zum dem eigentlichen Problem in
ieser Angelegenheit. Die Antwort lautet:

Hierbei gibt es keine Anhaltspunkte für die Schät-
zung eines Schadens, weil ein möglicherweise er-
zielbarer niedriger Preis spekulativ und jedenfalls
mangels tatsächlicher Anhaltspunkte nicht konkre-
tisierbar ist.

Das heißt nichts anderes, als dass Sie, wenn eine Ver-
abe nicht nach Ausschreibung erfolgt, natürlich nicht
ie Möglichkeit haben, einen Schaden anhand einer Ver-
leichsberechnung festzustellen. Das wollte ich der Voll-
tändigkeit halber hier noch gesagt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war überflüssig!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511410500

Zur Erwiderung der Kollege Gerhard Rübenkönig.


Gerhard Rübenkönig (SPD):
Rede ID: ID1511410600

Herr Kollege Kaster, auf das Thema Strafverfahren
öchte ich nicht weiter eingehen, weil wir darüber be-
eits ausführlich diskutiert haben. Sie wollten die Aussa-
en, die dort in Bezug auf die Regierung Kohl gemacht
orden sind, ganz gern nicht veröffentlicht haben. Die-
er Regierung ist jedenfalls nichts nachzuweisen, auch
enn Sie es eben noch einmal versucht haben.
Ich will aber auch zu den Zahlen einiges sagen. Sie

agen zu Recht, die Zahlen 1998/99 seien höher gewe-
en. Sie müssen aber auch einmal richtig in den Haushalt
chauen. Sie haben die Sollzahlen angeführt, Sie müssen
ber die Istzahlen heranziehen. Die Istzahlen liegen we-
entlich unter den von Ihnen genannten Zahlen. Sie sind
amit erheblich niedriger als unter der CDU/CSU-ge-
ührten Bundesregierung.
Danke schön.






(A) )



(B) )


Gerhard Rübenkönig


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Dann werden Sie sie im Jahr 2005 absenken!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511410700

Das Wort hat jetzt der Kollege Otto Fricke von der

FDP-Fraktion.

Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1511410800

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Wenn ein Unternehmen seine Öffentlichkeitsarbeit
intensiviert, dann gibt es dafür zwei Gründe: Entweder
hat man ein gutes Produkt und will es besser bekannt
machen oder man hat ein schlechtes Produkt und ver-
sucht, es auf Teufel komm raus zu verkaufen.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Die Regierung will Ladenhüter verkaufen!)


Jetzt wende ich das einmal auf das an, was Sie ma-
chen, meine Damen und Herren von der Koalition: Ent-
weder haben Sie ein gutes Produkt. Aber Sie selbst wol-
len doch wohl nicht behaupten, dass Ihre Produkte
unbekannt sind. Dass das, was Sie produzieren, bekannt
wird, dafür sorgt schon die deutsche Presse. Oder aber
– ich glaube, das ist eher der Fall – Sie haben ein
schlechtes Produkt und wollen durch das, was Sie an Öf-
fentlichkeitsarbeit machen, verdecken, wie schlecht die-
ses Produkt tatsächlich ist.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: So ist es!)

Was dabei herauskommt, konnten Sie am vergange-

nen Sonntag sehen. Sie erkennen daran, dass Ihr Produkt
schlecht ist. Ich sage Ihnen ganz offen: Ich hoffe, dass
Ihr Produkt verbessert wird und dass es zu besseren Er-
gebnissen für unseren Gesamtstaat kommt. Aber wenn
ich in Ihre Reihen schaue und höre, was Sie so sagen,
dann habe ich die Befürchtung, dass die Einzigen, die
von Ihrer Produktwerbung profitieren, dort in der Mitte
bei den Grünen sitzen, um sich auf Ihre Kosten zu berei-
chern.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie kommen Sie denn darauf?)


Die FDP sagt deutlich: Öffentlichkeitsarbeit soll der
Information dienen – Herr Rübenkönig, Sie haben das
ausgeführt – und eben nicht der Suggestion. Das bedeu-
tet auch: Öffentlichkeitsarbeit soll nicht der Autosugges-
tion dienen. Was Sie betreiben, ist Autosuggestion. Sie
glauben, dass es Ihnen über Öffentlichkeitsarbeit im
Sinne von Werbung gelingt, die Bürger mitzunehmen.
Das werden Sie nicht schaffen. Das geht einfach nicht.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir informieren sie! Wir haben ein Recht darauf!)


Bei der wunderschönen Broschüre zur Agenda 2010
hat der Bürger doch eher das Gefühl, dass ihm die rote
Karte gezeigt wird, als dass er informiert wird. Wir Poli-
tiker haben die Aufgabe, komplexe Sachverhalte ordent-
lich darzustellen und uns nicht einfach nur über
Plattitüden zu unterhalten. Die Vermittlung komplexer

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(C (D achverhalte braucht seine Zeit. Dafür braucht man eine Werbung und keine großen Bilder. Diese Sachveralte müssen vom Bürger verstanden werden. Ich möchte Ihnen dazu folgendes Beispiel nennen: Es ibt von der Bundesregierung ein wunderschönes Plakat it einem Arbeiter in seinem Blaumann; er hat einen elm auf und hinter ihm ist ein großer roter Haken. Ich in in meiner Heimatstadt gefragt worden, ob das beeute, die SPD wolle, dass man seine Arbeit an den roen Nagel hänge. Wenn man mit Bildern Öffentlichkeitsrbeit macht, dann kann das doch irgendwie nicht das rgebnis sein. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie es nicht erklärt?)


Warum habe ich es nicht erklärt? Wenn es so weit ist,
ass schon die Opposition erklären muss, was die Regie-
ung will, dann ist es, glaube ich, Zeit, dass die Opposi-
ion die Regierung übernimmt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Da mir nur drei Minuten Redezeit bleiben, will ich

och auf Folgendes hinweisen: Der informative Gehalt
uss in den Vordergrund gestellt werden. Informativer
ehalt heißt: Man benutzt andere Medien als die nor-
ale Werbebranche. Genau das machen Sie nicht. Sie
ehen über das Werbemedium Zeitung. Was Sie aber
achen müssen, ist, Informationswege zu nutzen, die
ah an den Bürger herankommen, durch die mit den
ürgern detailliert geredet wird, um sie mitzunehmen.
Meine letzte Bemerkung bezieht sich auf das Thema

erdeckte Finanzierung. Die Koalition hat gestern im
aushaltsausschuss einen Beschluss zur Ganztags-
chule gefasst. Es stehen 5 Millionen Euro zur Verfü-
ung, um Öffentlichkeitsarbeit für die Ganztagsschule
u machen. Das kann ich nicht verstehen. Sie sagen im-
er, das sei so ein tolles Projekt und das finde so großen
nklang. Trotzdem geben Sie dafür 5 Millionen Euro
us.
Machen Sie Ihre Öffentlichkeitsarbeit doch bitte so,

ass Sie die dicken Bretter bohren und nicht nur die dün-
en. Wenn Sie die dünnen bohren, dann brechen sie und
ann kommt dabei nichts heraus.
Danke.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511410900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Franziska Eichstädt-
ohlig vom Bündnis 90/Die Grünen.

(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu-

ächst ein Wort zum Kollegen Fricke: Ich glaube, Politik
st komplexer, als dass man sie einfach als Produkt ver-
aufen könnte.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)







(A) )



(B) )


Franziska Eichstädt-Bohlig

Du hast versucht, das in der Rede zumindest anzudeuten.
Ich fände es gut, wenn wir alle ernst nähmen, dass es so
einfach nicht ist.

Dann aber schon zu denen, die die Große Anfrage ge-
stellt und den Antrag eingebracht haben. Ich habe bereits
bei der Vorbereitung auf den heutigen Diskussionstermin
gedacht: Das darf doch nicht wahr sein! Kollege
Seehofer bescheinigt Ihrer Partei, dass Sie im Endeffekt
Wahlversprechen machen, die ungefähr 100 Millio-
nen Euro kosten.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Milliarden!)


– Milliarden. Entschuldigung, ich war bei der falschen
Größenordnung. – Da geht es um Steuergeschenke, Fa-
miliengeld, Kopfpauschalen usw. Im letzten Herbst oder
im Dezember waren Sie im Vermittlungsausschuss zu
feige, die Eigenheimzulage zu streichen. Sie sind bei der
Entfernungspauschale eingeknickt.


(Ilse Falk [CDU/CSU]: Was hat das mit dem Werbeetat zu tun? – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Wir reden über den Werbeetat!)


Ich kann auch die Wohnungsbauprämie, den Agrardiesel
und, und, und nennen. Bei allen großen Sparsummen
knicken Sie ein und sind zu feige, die Auseinanderset-
zung mit der Gesellschaft zu suchen, weil Sie sich das
wahltaktisch nicht trauen.

Jetzt gehen Sie ganz mutig an ein Thema heran, bei
dem es im Endeffekt um 6 Millionen Euro Differenz zu
den Ausgaben geht, die Sie unter der Kohl-Regierung
getätigt haben.


(Bernhard Kaster [CDU/CSU]: 150 Millionen!)


Bei aller Liebe, Kollege Kaster: Es waren unter Ihrer Re-
gierung 80,2 Millionen Euro – jetzt bin ich wieder im
Bereich von Millionen; vorhin war es eindeutig der Be-
reich von Milliarden – und unter unserer Regierung liegt
die Summe bei 86,7 Millionen Euro. Insofern sind das
6,5 Millionen Euro mehr. Wir haben die Ausgaben für
den Bereich zwischendurch deutlich gesenkt. Sie be-
haupten, das sei transferiert worden. Das entspricht nicht
den Tatsachen. Wir haben das dann auf das genannte Vo-
lumen angehoben. Alles andere ist von Ihnen schlicht
zusammengesucht.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Sie haben sich insbesondere über die Fachpublika-
tionen unseres Ministers Trittin beschwert.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wunderbare Sachen sind das!)


Ich habe es geschafft, mir in der Kürze der Zeit ein paar
dieser Publikationen zu besorgen, und zeige sie Ihnen.
„Aus Verantwortung für die Zukunft – Umweltpolitik als
globale Herausforderung“ – ist das aus Ihrer Sicht eine
Fachpublikation oder steht darin nur dummes Ge-
schwätz?

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(C (D (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sollten Sie einmal lesen! Dann würden Sie etwas verstehen!)


Andere Beispiele: „Umweltbericht 2002“, „Umwelt-
olitik – Erneuerbare Energien in Zahlen“, „Beschäfti-
ungspotenziale einer dauerhaft umweltgerechten Ent-
icklung“. Das sind Beispiele von Fachpublikationen,
ie sehr ernst zu nehmen und für die Kommunikation
it der Gesellschaft sehr wichtig sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich will zu dem Thema kommen, um das es eigentlich
eht. Insgesamt sind wir in einer Situation, in der es auf-
rund der Kompliziertheit der Themen – es sind eben
icht Produkte, sondern politische Themen – sehr wich-
ig ist, dass sich die Politik mediale Instrumente in
euer Weise aneignet, mit denen sie mit der Gesellschaft
ommunizieren kann. Außerdem stecken wir in einem
olitischen Transformationsprozess, der so intensiv und
rnst ist, dass es besonders wichtig ist, mit der Gesell-
chaft zu kommunizieren, die Gesellschaft zu informie-
en und die Gesellschaft aufzuklären – das nicht nur mit
achpublikationen, sondern auch mit Instrumenten zum
rreichen medialer Aufmerksamkeit, die die Menschen
berhaupt erst an die Themen heranführen,


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist modern! Das wissen die aber nicht!)


odass sie gegebenenfalls bereit sind, solche Fachpubli-
ationen ernsthaft zur Kenntnis zu nehmen und sich
uch selbst dem Transformationsprozess zu stellen. Sie
issen sehr genau, dass wir ohne solche Instrumente
em Politikverdruss eher weiteren Vorschub leisten.
Wir haben intensive Diskussionen: Rentenreform,
esundheitsreform, Umwelt- und Naturschutz, Energie-
ende, Steuerreform, gesunde Ernährung usw. Wir
aben ein sehr großes Spektrum an Themen. Wenn Sie
einen, dass wir angesichts dessen Werbepolitik wie in
en 50er-Jahren machen können, dann haben Sie die
eichen der Zeit nicht erkannt. Selbstverständlich steht
ie politische Kommunikation in Konkurrenz zu den
odernen Werbekommunikationsbotschaften, die pri-
atwirtschaftliche Akteure in die Gesellschaft hineintra-
en. Dem müssen wir uns stellen. Dem müssen auch Sie
ich stellen. Um es ganz praktisch zu sagen: Dazu gibt es
uch ein Instrument. Oppositionsfraktionen haben einen
rhöhten Etat, damit sie auch ihrerseits intensiver mit der
esellschaft kommunizieren können.


(Otto Fricke [FDP]: 10 Prozent!)

Letzte Bemerkung, Kollege Fricke: Die Kommunika-

ion ausschließlich der Presseberichterstattung und
em Fernsehen zu überlassen würde ich für äußerst ge-
ährlich halten. Es wäre die Bankrotterklärung der Poli-
k, wenn sie sich völlig dem Windchen ausliefern
üsste, das die Medien machen, die natürlich ihre eige-
en Interessen verfolgen, wenn es darum geht, was sie
er Gesellschaft mitteilen wollen.






(A) )



(B) )


Franziska Eichstädt-Bohlig

Jede Regierung hat diese Verantwortung. Diese Re-

gierung nimmt sie völlig korrekt und richtig wahr. In
dem Sinne fände ich es gut, wenn wir uns an dem Thema
nicht weiter verkämpften. In dem Maß, wie das betrie-
ben wird – es wird sparsam und vernünftig betrieben –,
sollten wir das gegenseitig anerkennen, wer auch immer
wann an der Regierung ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Ulrich Petzold [CDU/CSU])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511411000

Das Wort hat die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch.


Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1511411100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Sehr geehrte Gäste, ich bin Abgeordnete der
PDS.

Im Frühsommer 2003 habe ich im Haushaltsaus-
schuss des Bundestages nach einem merkwürdigen Be-
ratervertrag gefragt. Der damalige Chef der Bundesan-
stalt für Arbeit, Herr Gerster, hatte Millionen springen
lassen, um sein Image aufzubessern. Wenige Wochen
später war das Image nicht besser und der Beratervertrag
gelöst. Wenige Monate später war Herr Gerster sogar
seinen Job los.

Die CDU/CSU hat nun meine Anfrage aufgegriffen
und daraus eine richtig große Kampagne gestartet. Ich
finde es einerseits gut, wenn meine Ideen aufgegriffen
werden, doch, meine Damen und Herren der CDU/CSU,
mit Ihrer Anfrage haben Sie wirklich überzogen. Sie ge-
hen auch am Problem vorbei. Die Bundesregierung hat
nämlich ein ganz anderes Problem. Sie glaubt immer
noch – auch nach der für die SPD verlorenen Europa-
wahl –, dass sie ausschließlich ein Vermittlungsproblem
hat und die Wählerinnen und Wähler die Politik der Re-
gierung noch nicht richtig verstanden haben. Doch diese
Annahme, meine Damen und Herren von der SPD, ist
ein gefährlicher Trugschluss.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Die Wähler haben die Agenda 2010 sehr wohl verstan-
den und am Sonntag mit ihrer Stimmabgabe dazu ihre
Meinung gesagt.

Es mache nun wirklich keinen Sinn, wenn die Bun-
desregierung mit immer mehr Geld für Werbeagenturen
versuchen würde, ihr Image aufzubessern. Jede Werbe-
agentur der Welt wäre im Augenblick mit einer Kampa-
gne für die Politik der SPD restlos überfordert.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist reine Information!)


Sie müssen nicht Ihre Werbestrategie ändern, meine Da-
men und Herren, Sie müssen Ihre Politik ändern.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Ihren Wählern haben Sie 1998 und 2002 eine sozialere
Politik als unter Helmut Kohl versprochen, doch selbst
unter der Regierung Kohl wurde nicht so dramatisch

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(C (D eichtum von unten nach oben verteilt wie unter dieser ot-grünen Regierung. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum sind Sie denn 2002 aus dem Parlament herausgeflogen? Was hatten Sie denn für eine Agentur?)


Wir sind nicht in der Regierung, Herr Kollege, und
uch 2002 nicht für die Regierung angetreten.
Ich will Ihnen nur ein Beispiel nennen: die Praxisge-

ühr. Frau Ulla Schmidt kann jeden Tag erklären, dass
ie Gesundheitsreform jetzt endlich greift und die
assen viel Geld sparen. Ja, die Gesundheitsreform
reift, sie greift schamlos in die Taschen der Kranken
nd der sozial Schwachen. Das hat sicher jeder der
äste, die hier oben auf der Tribüne sitzen, in diesem
ahr schon bei Arztbesuchen erfahren. Nach dieser Ge-
undheitsreform kann man nur jedem wünschen: Lieber
eich und gesund als arm und krank.


(Otto Fricke [FDP]: Lieber glücklich und gesund!)


Meine Damen und Herren von der SPD, Sie könnten
illionen bei der Öffentlichkeitsarbeit sparen, wenn Sie
ndlich die Politik machen, für die Sie einmal von Ihren
ählerinnen und Wählern gewählt wurden, indem Sie
ämlich die Gerechtigkeitslücke in unserer Gesell-
chaft schließen.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

s wäre eine falsche Entscheidung, wenn eine sozialde-
okratische Partei wie die SPD ihre soziale Kompetenz
anz aufgeben wollte. Die Menschen haben ja am
onntag mit ihrer Stimmabgabe ein, wie ich glaube,
eutliches Zeichen gesetzt: Sie erwarten von der SPD
ine soziale Politik, ansonsten werden sie keine Stimme
ehr für die SPD abgeben.
Vielen Dank.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511411200

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/3311 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 7 a und 7 b auf:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbes-
serung des vorbeugenden Hochwasserschutzes
– Drucksachen 15/3168, 15/3214 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Renate Jäger,
Ulrike Mehl, Michael Müller (Düsseldorf), weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Dr. Reinhard Loske, Volker
Beck (Köln), Cornelia Behm, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN
Den Flüssen mehr Raum geben – Ökologische
Hochwasservorsorge durch integriertes Fluss-
gebietsmanagement

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Peter

(Hamburg)

der CDU/CSU
Vorsorgender Hochwasserschutz im Binnen-
land

– zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit
Homburger, Angelika Brunkhorst, Hans-Michael
Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP
Hochwasserschutz – Solidarität erhalten, Ei-
genverantwortung stärken

– Drucksachen 15/1319, 15/1561, 15/1334, 15/2118 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Renate Jäger
Ulrich Petzold
Dr. Reinhard Loske
Birgit Homburger
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die

Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort der
Kollegin Renate Jäger, SPD-Fraktion, der ich bei dieser
Gelegenheit auch herzlich zum Geburtstag gratuliere.


(Beifall)



Renate Jäger (SPD):
Rede ID: ID1511411300

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Knapp zwei Jahre ist die Hochwasserka-
tastrophe an Elbe und Donau vorbei. Die schlimmen
Bilder sind im öffentlichen Bewusstsein, so scheint es,
mehr und mehr verblasst. Auch die Bildbände über die
Katastrophe sind wieder weitgehend von den Auslageti-
schen der Buchhandlungen verschwunden. Unser politi-
scher Wille aber, weitere Rechtsgrundlagen für den vor-
beugenden Hochwasserschutz zu schaffen, darf einfach
nicht zerbröseln und darf nicht in kleinen Diskussions-
runden zerredet werden.


(Beifall bei der SPD)

Rund 9 Milliarden Euro Gesamtschäden, über 20 Tote,
Tausende Existenzen, die mühsam wieder aufgebaut

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(C (D erden mussten, das alles ist doch wohl Mahnung geug, präventiv zu handeln. Die allgemeinen Ziele des vorliegenden Gesetzenturfes sind meines Erachtens allgemein akzeptiert; zum eil finden sie sich auch in den Anträgen der Opposition ieder. Dabei geht es hauptsächlich darum, Überchwemmungsgebiete und überschwemmungsgefährete Gebiete festzulegen und sie mit geeigneten Schutzegelungen zu versehen. Es geht darum, die natürlichen berflutungsflächen den Flüssen weitestmöglich zuückzugeben, zumindest aber die verbliebenen Flächen u erhalten. Es geht auch darum, die Siedlungsentwickung den Erfordernissen des Hochwasserschutzes anzuassen sowie den Ausbau und den Unterhalt von Flüssen em Hochwasserschutz unterzuordnen. Uns allen ist bewusst, dass die Hauptverantwortung ür den Hochwasserschutz per Grundgesetz bei den Länern liegt; doch die Ereignisse der Vergangenheit zeigen, ass es notwendig ist, die Länder mit einer geeigneten ahmengesetzgebung hierbei zu unterstützen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Von Bundesseite können verbesserte Rahmenbedin-
ungen aber nur durch Änderungen der hochwasser-
elevanten Vorschriften in Bundesgesetzen erfolgen,
aher auch die Struktur eines Artikelgesetzes. Im Was-
erhaushaltsgesetz sollen einheitliche Leitlinien für die
taatliche Gewässerbewirtschaftung, für eine allge-
eine Schadensminderungspflicht aller Betroffenen,
uch des einzelnen Bürgers, und für schnellere Informa-
ion und Frühwarnung vorgegeben werden. Konkret
erden die Länder verpflichtet, auf der Basis des hun-
ertjährlichen Hochwassers Überschwemmungsgebiete
örmlich festzusetzen und dort künftig keine neuen Bau-
ebiete mehr in die Bauleitpläne aufzunehmen. Die Nut-
ung des Bodens in diesen Gebieten soll generell am
ochwasserschutz ausgerichtet werden. Dies kommt
uch der allgemein anerkannten Grundforderung entge-
en, den Flüssen mehr Raum zu geben.
Aus den negativen Erfahrungen der letzten Hochwas-

er resultieren auch weitere Regelungsaufträge für die
änder. So soll zum Beispiel die Neuinstallation von
lheizungsanlagen in Überschwemmungsgebieten ver-
oten werden, wenn geeignete Alternativen bestehen.
etzteres möchte ich hervorheben, um Missverständnis-
en vorzubeugen: wenn geeignete Alternativen bestehen.
uch sollte der Ackerbau in Überschwemmungsgebie-
en nur zugelassen werden, wenn Bodenerosion und
chadstoffeintrag in die Gewässer nicht zu erwarten
ind. Auf die Problematik des Ackerbaus in Abflussbe-
eichen von Überschwemmungsgebieten wird mein Kol-
ege Gustav Herzog noch etwas differenzierter eingehen.
Auch für die überschwemmungsgefährdeten Gebiete,

ie entweder über das hundertjährliche Hochwasser hi-
ausreichen oder bei bestimmten Hochwasserständen
berflutet werden, zum Beispiel wenn Deiche brechen,
ollen Schutzmaßnahmen vorgesehen werden. Diese
berschwemmungsgefährdeten Gebiete sind – das ist ein
eues Instrument – ebenfalls in Kartenform zu publizie-
en, damit auch Ein- und Anwohner sowie Gewerbetrei-
ende darüber klar informiert sind.






(A) )



(B) )


Renate Jäger

Die Erstellung abgestimmter bundeseinheitlicher

Hochwasserschutzpläne ist eine der wichtigsten Neue-
rungen dieses Gesetzes. Sie sollen dem Zweck dienen,
schadlosen Wasserabfluss zu gewährleisten, technische
Schutzmaßnahmen festzulegen und Rückhalteflächen
wieder herzustellen bzw. neu zu schaffen. Dazu gehört
auch die Wiederherstellung von Auen einschließlich der
dazugehörigen Auenwälder. Rückhalteflächen sind da-
mit in den Raumordnungsplänen klar auszuweisen.

Wir sind uns bewusst, dass diese umfangreichen
Maßnahmen in einer Frist von vier Jahren die Länder in
starkem Maße fordern. Trotzdem sollte die enge Fristset-
zung meines Erachtens beibehalten werden, damit wir
jederzeit auf ein mögliches Hochwasser vorbereitet sind.

Bei der Bekämpfung von Hochwassergefahren ist es
dringend geboten, das gesamte Flusseinzugsgebiet als
Ganzheit zu behandeln. Deshalb muss in den Flussge-
bietseinheiten eine enge Zusammenarbeit aller Institu-
tionen gewährleistet werden. Schutzmaßnahmen müs-
sen an der Stelle eines Flusses erfolgen, an der sie am
wirksamsten und am wirtschaftlichsten sind. Dabei kom-
men die Betroffenen natürlich nicht umhin, sich auch
über einen angemessenen Interessenausgleich zu ver-
ständigen. Die Bundesregierung kann – so haben wir es
im Gesetz festgelegt – als Vermittler angerufen werden,
wenn es denn keine Einigung gibt.

Da große Flüsse auch als Wasserstraßen genutzt
werden, soll im Bundeswasserstraßengesetz klargestellt
werden, dass Maßnahmen zur Unterhaltung und zum
Aus- oder Neubau hochwasserneutral durchzuführen
sind.

Mit diesem Grobabriss wollte ich Ihnen den Gesetz-
entwurf einmal vorstellen. Ich wünsche mir, dass dieser
Gesetzesvorschlag konstruktiv beraten wird. Den unter-
schiedlichen Aspekten und Interessen trägt dieser Ge-
setzentwurf bereits grundsätzlich Rechnung. Über De-
tailfragen sollten wir ideologiefrei diskutieren, damit wir
am Ende ein wirklich wirkungsvolles Gesetz verabschie-
den können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511411400

Das Wort hat der Kollege Ulrich Petzold, CDU/CSU-

Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Ulrich Petzold (CDU):
Rede ID: ID1511411500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Liebe Kollegen! Wenn ich das vor-
liegende Gesetz zum vorbeugenden Hochwasserschutz
mit dem Begriff „Aktionismus“ überschreibe, werden
mir wohl viele derer zustimmen, die die quälend lange
Geschichte dieses Gesetzes mitverfolgt haben. Bezugs-
punkt dieses Gesetzes, wie auch in der Begründung be-
nannt, ist das Hochwasserereignis an der Elbe, eine Ka-
tastrophe, die nicht in diesem Jahr, nicht im vorigen Jahr,
nein, im Jahr 2002 stattgefunden hat. Das Schlimme da-

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(C (D ei war, dass wir jedes Mal, wenn es politisch opportun rschien, wenn politisches Kapital daraus geschlagen erden konnte, von Aktionen des Bundesumweltminisers zum Hochwasserschutz überrascht – oder sollte man ieber sagen: beglückt – wurden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


as erste Mal war im Herbst 2002, kurz vor der Bundes-
agswahl, das Fünfpunkteprogramm. Doch dann hörten
ir ein Jahr lang nichts mehr. Das zweite Mal war am
rsten Jahrestag des Elbehochwassers im August 2003:
s wurde ein Gesetzentwurf vorgelegt. Toll, dachten wir.
och dann hörten wir wieder ein Jahr nichts mehr.


(Heiterkeit der Abg. Gitta Connemann [CDU/ CSU])


etzt, zu Ehren des zweiten Jahrestages des Elbehoch-
assers, werden wir mit einem Gesetzentwurf beglückt,
er endlich auch die Hürden des Kabinettstisches über-
unden hat. Dieser Gesetzentwurf wird nun aber mit ei-
em Zeitdruck versehen, der nach zwei Jahren Bumme-
ei nicht zu verstehen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sehr geehrter Herr Minister, eine sachliche und ziel-
trebige Aufarbeitung eines solchen dramatischen Ereig-
isses, wie ich es persönlich an der Elbe an vorderster
telle mit Sandsäcken in der Hand mitgemacht habe,


(Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind ein richtiger Held!)


telle ich mir anders vor – und die Menschen vor Ort
uch.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

ns wird heute ein Gesetzentwurf mit einer Zeitschiene
orgelegt, die man nur unter dem Motto „Friss, Vogel,
der stirb!“ verstehen kann. Innerhalb von nur wenig
ehr als einem Monat, also innerhalb von zwei Sit-
ungswochen, soll die in fast zwei Jahren versäumte Zeit
ufgeholt werden. Zwischen der Schlussberatung im
usschuss und einer zweiten und dritten Lesung im Ple-
um liegt nach Ihrem Plan ein Tag.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das ist das grüne demokratische Verständnis!)


s gibt also keine Zeit mehr für Veränderungen. Warum
ragt man uns eigentlich noch? Wozu sollen wir als Par-
amentarier überhaupt noch die Hand heben?


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Richtig!)

Wie toll die Qualität dieses Gesetzentwurfes trotz

er zweijährigen Werkelei ist, wird durch die Aus-
chüsse des Bundesrates dokumentiert. 59 Änderungsan-
äge gab es dort, von denen 51 eine teilweise deutliche
ehrheit auch von den von Ihnen regierten Ländern er-

ahren haben. Ist es Absicht der Bundesregierung, einen
andwerklich so bedenklichen Gesetzentwurf durch den
undestag zu jagen, um ihn in den Vermittlungsaus-
chuss zu schicken und anschließend die ganze Schuld






(A) )



(B) )


Ulrich Petzold

für diesen übermäßigen Zeitverzug dem Vermittlungs-
ausschuss anlasten zu können?


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Unerhört!)

Über die Erforderlichkeit von Hochwasserschutz-

maßnahmen wie Wasserrückhaltung, Renaturierung,
Regenwasserversickerung, Bau von Poldern, Deichrück-
verlegungen und Deichertüchtigungen sind wir uns si-
cher schnell einig. Auch in den Bereichen des Baupla-
nungsrechtes, des Raumordnungsrechtes oder bei der
Benennung überschwemmungsgefährdeter Gebiete ent-
hält der Gesetzentwurf durchaus richtige Ansätze. Es ist
richtig, die Menschen in Bebauungsgebieten auf die
Hochwassergefährdung hinzuweisen und ihnen scha-
densmindernde Bauweisen abzuverlangen. Aber weswe-
gen müssen auch für Waldgebiete Überschwemmungs-
gefährdungen ausgewiesen werden? Die Kassen der
Länder und Kommunen sind leer. Wir sollten sie nicht
mit Ausgaben für unnötige Verwaltungsakte belasten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Ackerbauverbot in Überschwemmungs- und

Abflussgebieten hört sich sehr schön an. Doch unsere
Vorfahren haben die fruchtbaren Flussauen an Saale,
Weser und Rhein seit Jahrhunderten oftmals für hoch-
wertige Landwirtschaft genutzt, ohne dass ihnen der Bo-
den weggeschwemmt wurde. Plötzlich soll diese lange
landwirtschaftliche Erfahrung nichts mehr wert sein?
Nachdem selbst Frau Ministerin Höhn festgestellt hat,
dass diese Regelung in Ihrem Gesetz über das Ziel
hinausschießt, sind Sie, liebe Kollegen von der SPD,
endlich ins Grübeln gekommen und haben sich grünen
Profilierungsversuchen widersetzt.

Unverantwortlich ist es allerdings auch, in welcher
Art und Weise die Länder in der derzeitigen Haushalts-
lage mit Kosten belastet werden sollen. Die Kosten für
Ausgleichsleistungen für die Landwirtschaft sind bei
der derzeitigen Regelung im Gesetz ein Kostenblock,
der von den Ländern nicht zu schultern ist und der nach
Ihren eigenen Ausführungen in der Begründung, Herr
Minister, nicht einmal einschätzbar ist.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ja!)

Wenn Minister Trittin die Klage der Länder über die

Kostenbelastung damit abtut, dass er sie auf die Scha-
denshöhe durch die Hochwasserereignisse verweist,
sollte er sich doch einmal fragen: Wo sind die Schäden
entstanden und wodurch sind sie entstanden? Die im-
mense Schadenshöhe wurde in erster Linie durch Schä-
den an Gebäuden und nur zu einem geringeren Teil
durch Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen be-
stimmt. Der Landwirtschaft jetzt einen Großteil der Kos-
ten für den Hochwasserschutz aufzudrücken entspricht
nicht den Schadensereignissen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Zum Zweiten. Die Schäden sind in erster Linie durch

Deichbrüche, also durch das Versagen von Hochwasser-
schutzeinrichtungen, entstanden. Woher Bundesminister
Trittin allerdings die Zahl von 100 Deichbrüchen an der
Elbe nimmt, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Im am
stärksten betroffenen Gebiet an der Mittelelbe, in mei-

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(C (D em Wahlkreis, waren es vier Deichbrüche. Diese Zahl ar allerdings schon hoch genug. Ein weiteres Märchen ist die Vergiftung des Elbwassers. ir haben sowohl das Elbwasser als auch anschießend ie Böden einer intensiven Prüfung unterzogen und in einem Fall eine unzulässig hohe Vergiftung festgestellt. as dann stank, war das in der sommerlichen Hitze steende Brackwasser, das durch Gräben, die vorher aus kologischen Gründen nicht ausgemäht werden durften, icht abfloss. Auch wenn wir die Nebelkerzen endlich beiseite räuen, bleiben noch wichtige Fragen offen: Wonach sollen ir die Schutzmaßnahmen wirklich ausrichten? Bis zu elchen Hochwassermarken soll die Eigenverantworung gehen? Ich bin all den Menschen dankbar, die mit tätiger ilfe oder Geld dazu beigetragen haben, die Schäden ährend der Hochwasserkatastrophe zu verhindern oder u beseitigen. Ich bin stolz auf die Menschen, die die Ärel hochgekrempelt und nicht erst auf Hilfe gewartet aben. Als die Hilfe kam, haben sie diese sinnvoll eingeetzt. ch finde es toll, dass unsere Menschen während der ahrhundertkatastrophe und beim Wiederaufbau zusamengestanden haben. Man kann sich nicht gegen alles und jedes und schon ar nicht gegen Jahrhundertkatastrophen versichern, wie s in Anträgen zum heutigen Thema suggeriert wird. ier ist Solidarität gefragt. Deswegen sind wir ein Volk nd nicht nur ein Bund von anonymen Steuerzahlern. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Michael Kauch [FDP])


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511411600

Das Wort hat der Bundesminister für Umwelt, Natur-

chutz und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin.

Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit:
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau

äger, Sie haben darauf hingewiesen: Die Flutkatastro-
he im Jahre 2002 hat 21 Menschen in Deutschland das
eben gekostet und unmittelbare Sachschäden in Höhe
on 9 Milliarden Euro verursacht.
Wir müssen damit rechnen, dass aufgrund der globa-

en Erwärmung solche Wetterphänomene, also auch
tarkregenereignisse, künftig wieder eintreten. Wenn wir
lso von einer Jahrhundertflut sprechen, sollten wir uns
esser nicht darauf verlassen, dass sie nur einmal in
00 Jahren auftritt.


(Ulrike Mehl [SPD]: So ist es!)

Wenn es aber so ist, dass wir uns auf solche Katastro-

hen einstellen müssen, dann gilt doch der Grundsatz,






(A) )



(B) )


Bundesminister Jürgen Trittin

dass es klüger ist, Schäden vorher zu verhindern, anstatt
sie nachträglich zu beseitigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es ist klüger vorzubeugen, als Schadensersatz zu leisten.
Diese Erkenntnisse sind der Hintergrund für dieses Ge-
setz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasser-
schutzes. Das bedarf bundeseinheitlicher Vorgaben. Wir
setzen hier nur einen Rahmen. Es kann doch nicht wahr
sein, dass es bis heute in Deutschland unterschiedliche
Definitionen des Begriffs Hochwasser gibt, obwohl
manche Flüsse durch ganz Deutschland, andere sogar
durch ganz Europa fließen. Weil Vorbeugung die erste
Voraussetzung ist, müssen wir Überschwemmungsge-
biete nach einem einheitlichen Standard auf der Grund-
lage des so genannten hundertjährlichen Hochwassers
festlegen. Das ist die Basis, auf der Kooperationen zwi-
schen den Ländern stattfinden können.

Wir führen auch eine neue Kategorie ein. Damit zie-
hen wir die Konsequenz aus den Erfahrungen mit den
Deichbrüchen. Lieber Kollege Petzold, es waren erheb-
lich mehr als vier. Dass Deiche, Schotte und Ähnliches
keine hundertprozentige Sicherheit bieten, haben wir bit-
ter erfahren. Deswegen dürfen in überschwemmungs-
gefährdeten Gebieten, die künftig auszuweisen sind,
keine Ölheizungen und – das füge ich hinzu – keine Re-
chenzentren und Ähnliches in den Kellern vorhanden
sein. Solches würde zur Schadensmaximierung statt zur
Schadensminimierung führen.

Wir geben – hier liegt der Kern des Konflikts mit den
Ländern – den Ländern bestimmte Hausaufgaben auf. In
der Regel sind das aber keine neuen Hausaufgaben; denn
im Wasserhaushaltsgesetz und in anderen rechtlichen
Vorschriften gibt es bereits entsprechende Vorgaben. Wir
tragen alle in diversen Ländern Mitverantwortung und
wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass wir es
mit Vollzugsdefiziten zu tun haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Aus diesem Grund setzen wir eine Frist, bis zu der die
Hausaufgaben erledigt sein müssen.

Darüber hinaus machen wir diese Gebiete für die Bür-
gerinnen und Bürger transparent. Künftig soll in der
Bauleitplanung und in den Raumordnungsplänen ge-
kennzeichnet sein, was ein Überschwemmungsgebiet
oder ein überschwemmungsgefährdetes Gebiet ist, damit
jeder, der etwas plant, sich darauf einstellen kann.

Wir brauchen Hochwasseraktionspläne für die
Flusseinzugsgebiete, damit wir zu abgestimmten Hand-
lungen zwischen Ober- und Unterliegern kommen. Es
kann nicht sein, dass die Ausweitung eines Baugebiets
eine Staustufe flussaufwärts dazu führt, dass der Fluss-
unterlieger von Hochwasser betroffen ist. Ein Kölner
Oberbürgermeister hat einmal spöttisch gesagt: Ein Teil
der Fluten, mit denen wir hier kämpfen, ist in Baden-
Württemberg verantwortet. Zu solchen Folgen, und zwar
nicht nur für die Kölner, sondern für alle Unterlieger,
darf es nicht mehr kommen.

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(C (D Solche Aktionspläne müssen auch das beinhalten, was ir entlang der Elbe – Herr Petzold, Sie wissen das – teileise schon freiwillig gemacht haben. Wir müssen zum eispiel die Deiche rückbauen, um den Flüssen mehr aum zu geben. Wir müssen den Flüssen ihren Raum assen, damit sie sich ausdehnen können, ohne Schäden nzurichten. 2002 gab es in den Havelpoldern, wo Mais angebaut urde, ein großes Fischsterben. Darüber hinaus haben ir massive Schadstoffabflüsse und Erosionen in diesen ereichen feststellen müssen. Wir sind uns wahrscheinich in einer ruhigen Diskussion darin einig, dass das eine gute fachliche Praxis war. Deswegen darf in den bflussbereichen, in denen Erosionen unmittelbar droen, keine Grünlandnutzung mehr stattfinden. Übriens verbietet schon heute die gute fachliche Praxis, rünland in Erosionsgebieten umzubrechen. So steht es uch im geltenden Bundesnaturschutzgesetz. Unsere erspektive bis 2013 ist daher, diesen Zustand überall ort wieder herzustellen, wo er zurzeit nicht vorhanden st. Wir müssen schließlich auch Sorge tragen, dass nicht eiter die Ausnahme die Regel ist. Schon heute dürfen ach dem Wasserhaushaltsgesetz neue Baugebiete in berschwemmungsgebieten nur in Ausnahmefällen usgewiesen werden. Diese Ausnahme ist aber vielfach ur Regel gemacht worden. Unser Ziel ist es, diese Ausahmen zu unterbinden; denn wir wollen den Flüssen ihen Raum geben. Solche Baugebiete, solche Gewerbegeiete sind die Flutopfer von morgen. Das gilt es heute urch eine solche Regelung zu verhindern. Ich füge hinzu: Ich glaube, wir tun alle gut daran – bei llen Schwierigkeiten, die solche Regelungen natürlich ür jeden von uns mit sich bringen –, aus dem Jahrhunerthochwasser zu lernen. Lernen heißt ganz konkret: orbeugen statt Schadenersatz. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511411700

Das Wort hat der Kollege Michael Kauch, FDP-Frak-

ion.

Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1511411800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenige

reignisse haben in Deutschland eine solche Welle der
olidarität erzeugt wie das verheerende Hochwasser in
stdeutschland. Wir waren uns damals einig: Solchen
reignissen müssen wir besser vorbeugen.
21 Monate später legt Umweltminister Trittin endlich

inen Gesetzentwurf vor. Wir mussten lange darauf war-
en, aus meiner Sicht viel zu lange. Während die FDP-
raktion bereits vor einem Jahr einen umfassenden An-
rag zum Hochwasserschutz in den Bundestag einge-
racht hat, war der Bundesregierung das Thema offenbar
icht mehr wichtig genug. Der Wahlkampf auf gebro-
henen Deichen war schließlich vorbei.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthält so-
ohl Licht als auch Schatten. Wesentliche Regelungen






(A) )



(B) )


Michael Kauch

zum Hochwasserschutz stammen aus den Zeiten der Re-
gierung aus FDP und CDU/CSU und werden nun weiter
ausgebaut. Es ist vernünftig, bundesweit einheitliche
Grundsätze des Hochwasserschutzes festzuschreiben.
Eine Fortentwicklung der bestehenden Regelungen über
Überschwemmungsgebiete hat in unserem Antrag aus-
drücklich Raum gefunden. Auch die Vorschrift über die
Kooperation in den Flussgebietseinheiten enthält einen
wichtigen Grundgedanken. Aber das allein darf es nicht
sein.

Wir müssen die Grundlage für einen abgestimmten
europäischen Hochwasserschutz legen. Zeigen Sie
hier, Herr Minister, endlich mehr Engagement. Die FDP
fordert die Bundesregierung auf, internationale Hoch-
wasserkonferenzen zu initiieren und in Abstimmung mit
unseren europäischen Nachbarn durchzuführen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dafür bieten sich durch die europäische Wasserrahmen-
richtlinie vorgezeichnete flussgebietsbezogene Struktu-
ren an. Unser Antrag weist den Weg dazu.

Trotz der langen Vorbereitungszeit des Gesetzentwur-
fes ist sich die Koalition noch immer nicht einig. Wie
man der Presse entnehmen kann, streiten Sie speziell
über das von Bundesumweltminister Trittin geplante
Ackerbauverbot. Das wird zweifelsohne einer der
Knackpunkte der Beratungen werden. Ich bin gespannt,
was die Anhörung am Montag im Ausschuss dazu erge-
ben wird. Sollten im Rahmen des Hochwasserschutzes
Maßnahmen erforderlich sein, die die landwirtschaftli-
che Nutzung betreffen, so müssen aus Sicht der FDP die
Landwirte dafür auf jeden Fall eine angemessene Ent-
schädigung erhalten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein generelles Ackerbauverbot in Überschwem-
mungsgebieten lehnt die FDP ab. Der niedersächsische
Umweltminister Sander hat zu Recht angemerkt, dass
dieses in Überschwemmungsgebieten, in denen ein
Hochwasser einmal im Jahrhundert zu erwarten ist,
rechtlich gegen das Übermaßverbot verstoßen würde
und auch fachlich zweifelhaft wäre.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

Der vorgelegte Gesetzentwurf bedarf aus Sicht der

FDP daher noch weiterer Änderungen. Gerne wird sich
die FDP an den Beratungen konstruktiv beteiligen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511411900

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Ehrentribüne

haben Mitglieder der Arbeitsgruppe des Deutschen
Bundestages und der Assemblée nationale zum
Deutsch-Französischen Jugendwerk unter Führung
des Vizepräsidenten der Assemblée nationale Yves Bur
Platz genommen. Sie wollen allerdings erst den nächsten

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(C (D agesordnungspunkt verfolgen. Ich begrüße Sie aber etzt schon sehr herzlich im Namen der Mitglieder des esamten Hauses. Herzlich willkommen! Das Wort hat nun der Kollege Gustav Herzog, SPD raktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ch will mit einer Vorbemerkung beginnen, die etwas mit en Ursachen des Hochwassers zu tun hat. Als ich vor 5 Jahren in meiner Heimatgemeinde Zellertal in die ommunalpolitik eingestiegen bin, gab es im Land heinland-Pfalz eine Philosophie – damals gab es eine DU/FDP-Regierung –: Jeder Tropfen Regenwasser in en Kanal und dann in die Vorflut. Es gab einen Anchlussund Benutzungszwang. Wir alle haben uns rampfhaft bemüht, das Wasser so schnell wie möglich us den Bebauungsbereichen abzuleiten. Heute überprüfen wir in Neubaugebieten die Mög ichkeit, das Oberflächenwasser auf dem Grundstück ersickern zu lassen. Wir schreiben den Menschen vor, isternen zur Brauchwassernutzung oder zur Gartenbeässerung zu bauen. Es hat zwar lange gedauert, aber as Umdenken findet statt. Bei den heutigen Reden der ppositionspolitiker musste ich jedoch feststellen, dass as Umdenken unterschiedlich schnell geht. Herr Kauch, ich habe den Eindruck, dass es bei uns ine Reihe von Gemeinsamkeiten gibt. Ich will die Frage, die von fast allen Rednern gestellt urde, wiederholen: Wie schnell ist alles in Vergesseneit geraten? Eine Äußerung aus dem September 2002, ie ich zitieren möchte, empfinde ich als eindrucksvoll: Das Wasser kam am 12. August und blieb nur einen ag. Ein Tag, der zwölf Jahre Aufbauarbeit und 2,8 Milionen Euro Investitionen zunichte machte. Noch bevor eine Leute anfingen, den Schlamm wegzuschippen, inormierte“ Herr K. die Banken. Es handelt sich um einen andwirtschaftlichen Betrieb, einen Obstbaubetrieb, der n Mitleidenschaft gezogen wurde. Haben wir alle die Bilder der zerstörten Häuser, der bgerissenen Brücken und Straßen, der überschwemmen Äcker und der Kühe, die auf den Feldern in Panik im reis gelaufen sind – es bestand kaum Aussicht, sie zu etten – schon vergessen? Ist es wirklich so, dass unsere esellschaft eher bereit ist, viele Milliarden für die Folen solcher Katastrophen auszugeben als weniger Geld ür die Vorbeugung? Hochwasser hat es schon immer gegeben; aber die chäden waren früher offenbar geringer. In allen heute u beratenden Anträgen und in der Beschlussempfehung sind Lösungsansätze enthalten: Festsetzung von etentionsräumen, schadensminimierende Landnutzung. er Gesetzentwurf der Bundesregierung ist auch im inblick auf diese Ansätze folgerichtig und sehr konseuent. Aber – das ist mehrfach erwähnt worden – auf die änder kommt sehr viel Arbeit zu. Deswegen wird die Gustav Herzog SPD-Fraktion den Zielkonflikt in zwei Punkten besonders abwägen. Erstens. Die zwingende, flächendeckende Ausweisung der Überschwemmungsgebiete nach HQ 100 ist mit sehr viel Aufwand verbunden. Somit könnte die Wirkung verpuffen. Zweitens. Wir sind der Auffassung, die Nutzungsbeschränkungen, zum Beispiel ein Ackerbauverbot oder ein Grünlandgebot, sollten auf die tatsächlich relevanten Flächen konzentriert werden. In der Anhörung wird sich sicherlich ergeben, ob es sich um Erosionsflächen oder Abflussbereiche handelt. Unstrittig ist, dass die Kontamination von Boden und Wasser ein riesiges Problem ist, das wir in diesem Zusammenhang zu lösen haben. An der Erforderlichkeit von Hochwasserschutzmaßnahmen besteht kein Zweifel. Noch weniger Zweifel besteht hier im Hause an der Schwierigkeit der Umsetzung. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, Herr Kollege Petzold, dass die Länder konträre Positionen beziehen. Unter den Vorschlägen des Bundesrates befinden sich aber auch zustimmungsfähige, gute Ansätze. Es ist richtig, dass das BMU das Land Rheinland-Pfalz hervorhebt und lobt. Dort wurde sehr viel und vielfältiges geleistet. Viele wichtige Maßnahmen zum Hochwasserschutz, insbesondere am Rhein, stehen kurz vor der Vollendung. Deswegen sollten wir die deutlichen Hinweise des Landes Rheinland-Pfalz zu diesem Gesetzentwurf auch sehr ernst nehmen. Mir ist es wichtig, zu erwähnen, dass der Erforderlichkeitsgrundsatz, wie er im rheinland-pfälzischen Gesetz steht, sicherlich eine gute Möglichkeit bietet, die Kräfte zu konzentrieren. Ich schlage vor, diese Regelung in unser Gesetz zu übernehmen. Das wird sicherlich eine der wichtigen Fragen bei der Anhörung sein. Mit einem Gesetz werden wir kein Hochwasser verhindern können, aber wir können die Anzahl und das Ausmaß der Hochwasser verhindern und den Schaden mindern. Ich glaube, das ist das, was die Menschen von uns erwarten. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall)

Gustav Herzog (SPD):
Rede ID: ID1511412000

(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511412100

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Gitta Connemann, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1511412200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Well

nich will dieken, mutt wieken. Für die nicht Platt-
deutschkundigen unter Ihnen: Wer nicht deichen will,
muss weichen. Nach dieser Weisheit hat man bei uns im
Friesischen seit vielen hundert Jahren gelebt. Seit Urzei-
ten gibt es Fluten, gibt es Hochwasser. Wasser birgt Ge-
fahren. Im Regelfall wissen die Menschen aber damit

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(C (D mzugehen, zum Beispiel durch Deiche. Sie haben geernt, sich zu wehren, das Wasser zu bändigen und sogar u nutzen. So wurden schon in der Antike Überschwemungsgebiete für den Ackerbau genutzt. In Flussebenen inden wir nach wie vor die wertvollsten Böden; dort ird seit Jahrhunderten Landwirtschaft betrieben. Waserbau und Landwirtschaft gingen stets Hand in Hand. (Julia Klöckner [CDU/CSU]: Nicht bei den Grünen!)


Aber, meine Damen und Herren, was sind schon fünf-
ausend Jahre Wasserbaukultur gegen das Wissen unse-
es mit allen Wassern gewaschenen Umweltministers?


(Beifall bei der CDU/CSU)

ie, Herr Minister, präsentierten der verdutzten Öffent-
ichkeit eigene, völlig neue Erkenntnisse: Für den Hoch-
asserschutz müsse ein Ackerbauverbot her, und zwar
is Ende 2012; über Entschädigungen verlieren Sie kein
ort.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Enteignung!)

an wolle den Bauern nichts Böses, erklärten Sie bei
er Vorlage des Gesetzentwurfs,


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Nichts Gutes!)

ber zukünftig habe Grünlandnutzung im Überschwem-
ungsgebiet erste Priorität. Sie wollen den Bauern also
ichts Böses – so, so. Ihr Gesetzentwurf spricht aber eine
ndere Sprache: ideologisch, unwissenschaftlich, unhalt-
ar.
Hochwasserschutz muss sein. Darüber sind wir alle

ns einig. Das wissen wir aber nicht erst seit den verhee-
enden Flutkatastrophen des Jahres 2002. Herr Kollege
erzog, diese hätten – zumindest in diesem Ausmaß –
ermieden werden können, wenn die vorhandenen Rege-
ungen – wie für die Ausweisung von Bauflächen – be-
chtet worden wären. Deshalb hat zum Beispiel der
eutsche Städte- und Gemeindebund festgestellt, dass es
einer neuen Vorschriften bedarf.


(Gustav Herzog [SPD]: Dann wird auch weiterhin nichts gemacht!)


Jedenfalls brauchen wir keine Vorschriften, wie sie die
undesregierung jetzt plant. Denn ein wirksamer Hoch-
asserschutz wird damit nicht erreicht, aber die Existenz
nserer landwirtschaftlichen Betriebe wird damit gefähr-
et, und dies ohne jede Grundlage.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Bereits rechtlich ist dieser Entwurf unhaltbar. Das Ur-

eil des Bundesrates lautet deswegen: nicht verfassungs-
onform. Das repressive Ackerbauverbot stellt einen
erfassungswidrigen Eingriff in das Grundrecht auf Ei-
entum dar. Viele Mitglieder der Koalition, auch viele
on Ihnen, die heute anwesend sind, teilen diese An-
icht.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Dürfen es aber nicht sagen!)


icht umsonst titelte die „Welt“ am 10. Juni 2004: „Ko-
litionskrach um Trittins Gesetz zum Hochwasser-






(A) )



(B) )


Gitta Connemann

schutz“. Es muss ein kräftiger Krach gewesen sein, denn
diese Vorlage wurde von der Tagesordnung genommen.
Leider wurde sie heute vollkommen unverändert wieder
draufgesetzt. Dabei hat der Bund nicht einmal die Kom-
petenz für dieses Machwerk, denn beim Hochwasser-
schutz handelt es sich um Gefahrenabwehr. Aber wen in
dieser Bundesregierung interessiert schon Kompetenz?
Wer will von Zuständigkeiten sprechen, wenn es um die
Sache geht?

Die Frage ist nur: Wessen Sache? Auf jeden Fall nicht
die Sache des Hochwasserschutzes, denn das geplante
Ackerbauverbot hat mit Hochwasserschutz nichts zu tun.
Mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine. Ich zitiere

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1511412300


Ich habe noch niemanden getroffen, der erklären
kann, wie uns ein Ackerbauverbot ein Mehr an
Raum für den Rückhalt von Hochwasser schafft.

Ich auch nicht. Es wird auch niemand erklären können,

(Beifall bei der CDU/CSU)


denn das Ackerbauverbot spricht gegen jede wissen-
schaftliche Vernunft. Auf Äckern kann wegen niedrige-
rer Abflusswerte mehr Regen versickern als auf mage-
rem oder extensivem Grün- oder Ödland. Damit drängt
sich der Eindruck auf, dass wieder einmal mit pseudo-
wissenschaftlichen Argumenten den Landwirten ihre
Produktionsgrundlage entzogen werden soll – mit nega-
tiven Folgen für die Natur.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Betroffen wären mit rund 900 000 Hektar etwa

7,5 Prozent des gesamten Ackerlandes in Deutschland;
dies käme einer Ertrags- und Vermögensvernichtung von
rund 4 Milliarden Euro gleich. Durch freiwillige Agrar-
umweltprogramme – gemeinsam mit der Landwirt-
schaft – kann für Boden- und Erosionsschutz in Über-
schwemmungsgebieten mehr getan werden. Aber an die-
ser Zusammenarbeit ist jedenfalls Ihnen, Herr Minister,
offensichtlich nicht gelegen. Das sieht übrigens auch der
Bundesrat so – ich zitiere –:

Mit der vorgesehenen Regelung wird ohne Not die
Kooperation mit der Landwirtschaft aufgegeben,
die aber … unabdingbar ist.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Sie ist überhaupt nicht gewollt!)

Selbst Frau Umweltministerin Höhn konstatiert: „Die

derzeit angedachte Regelung belastet die Landwirtschaft
über das wasserwirtschaftlich erforderliche Maß.“ Wo
die Ministerin Recht hat, hat sie Recht.

Es ließe sich an vielen anderen Beispielen zeigen,
dass es bei diesem Gesetzentwurf nicht um den Hoch-
wasserschutz geht. Vielmehr sollen hier auf Kosten der
deutschen Landwirtschaft Wunschvorstellungen des Na-
turschutzes umgesetzt werden. Das ist für mich ein wei-
terer Frontalangriff auf den ländlichen Raum. Ich zitiere
hier auch die Mainzer Umweltministerin Margit Conrad:
Das Ackerbauverbot darf daher – in welcher Form auch
immer – nicht Gesetz werden.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU – Gustav Herzog [SPD]: Zitieren Sie Frau Conrad ruhig öfter!)


Wir setzen auf zielorientierte, sinnvolle Maßnahmen
n Zusammenarbeit mit den landwirtschaftlichen Betrie-
en; denn wir wissen, dass es einen Natur- und damit
uch Hochwasserschutz nur mit und nicht gegen die
andwirtschaft geben kann. Ich hoffe, dass Sie, die Mit-
lieder von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, dies auch
or der nächsten Lesung erkennen werden. Dieser Ge-
etzentwurf mit seinen Einschränkungen für die Land-
irtschaft ist ein Irrweg. Wenn Sie den Bauern wirklich
ichts Böses wollen, dann


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Treten Sie zurück!)


üssen Sie ihn ablehnen. Lassen Sie sich von Ihrem
undesminister nicht an die Leine nehmen!
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511412400

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

en Drucksachen 15/3168 und 15/3214 an die in der Ta-
esordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
ind die Überweisungen so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 7 b. Wir kommen zur Be-

chlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit auf Drucksache 15/2118.
er Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-
mpfehlung die Annahme des Antrags der Fraktionen
er SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Druck-
ache 15/1319 mit dem Titel „Den Flüssen mehr Raum
eben – Ökologische Hochwasservorsorge durch inte-
riertes Flussgebietsmanagement“. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltun-
en? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
er SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen gegen die
timmen von CDU/CSU und FDP angenommen.
Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt

er Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion
er CDU/CSU auf Drucksache 15/1561 mit dem Titel
Vorsorgender Hochwasserschutz im Binnenland“. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenpro-
e! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit
en Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei
egenstimmen von CDU/CSU und FDP angenommen.
Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 sei-

er Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags
er Fraktion der FDP auf Drucksache 15/1334 mit dem
itel „Hochwasserschutz – Solidarität erhalten, Eigen-
erantwortung stärken“. Wer stimmt für diese Beschluss-
mpfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen – Die Be-
chlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und
ündnis 90/Die Grünen bei Gegenstimmen der FDP und
nthaltung von CDU/CSU angenommen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD,
der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN und der FDP
Evaluierung des Deutsch-Französischen Ju-
gendwerkes
– Drucksache 15/3326 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Monika Griefahn, SPD-Fraktion.


Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1511412500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Herren! Meine sehr verehrten Damen! Letztes Jahr ha-
ben wir in Versailles gemeinsam den 40. Jahrestag des
Élysée-Vertrages gefeiert. Ich habe das in vielen Gesprä-
chen hinterher erfahren: Es war für uns alle ein bewe-
gendes Erlebnis, als wir – deutsche und französische Ab-
geordnete – zusammen dort saßen und gemeinsam
unseren Chefs Jacques Chirac und Gerhard Schröder zu-
hörten.

Parallel dazu haben die beiden Parlamentspräsidenten
Wolfgang Thierse und Jean-Louis Debré vereinbart, die
Arbeit zwischen den Parlamenten zu verstärken. Als ers-
ten Auftrag haben sie ganz konkret formuliert, eine
deutsch-französische Parlamentarierarbeitsgruppe
einzusetzen, die die Arbeit des Deutsch-Französischen
Jugendwerks der letzten 40 Jahre analysiert und Vor-
schläge für die zukünftige Arbeit unterbreitet.

Wir diskutieren heute über einen interfraktionellen
Antrag, in dem die Schlussfolgerungen dieser Parlamen-
tarierarbeitsgruppe aufgegriffen werden, die sich seit
Oktober 2003 in monatlichem Rhythmus getroffen, Ak-
teure und Verantwortliche des Deutsch-Französischen
Jugendwerks befragt und einen rund 40-seitigen Bericht
sowie elf Vorschläge vorgelegt hat.

Wir haben eben schon – die Frau Präsidentin hat es
gemacht – den Vizepräsidenten der Nationalversamm-
lung Yves Bur, der gleichzeitig der französische Kopf
der deutsch-französischen Parlamentarierarbeitsgruppe
war, sowie unsere französischen Kollegen begrüßt. Wir
freuen uns, dass wir nächste Woche den Bericht, der von
der Arbeitsgruppe einvernehmlich und über Partei- und
Ländergrenzen hinweg erstellt wurde, beiden Präsiden-
ten – also unserem Präsidenten Thierse und Präsident
Debré – in Paris übergeben dürfen.

Ich bedanke mich für die SPD-Fraktion an dieser
Stelle bei beiden Präsidenten ganz herzlich für diesen
Auftrag. Ich möchte mich auch bei meinen Kolleginnen
und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag und der As-
semblée nationale für die ungemein angenehme und
konstruktive Zusammenarbeit, die wir im letzten Drei-
vierteljahr miteinander haben durften, bedanken. Ich
wiederhole: über alle Partei- und Ländergrenzen hinweg.


(Beifall im ganzen Hause)


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(C (D ch glaube, wir sind ein tolles Team geworden. Wir sind ehr schnell zu gleichen Analysen und Vorschlägen geommen. Wir waren so motiviert bei der Arbeit, dass wir chon auf den nächsten Auftrag der beiden Präsidenten offen. Ich möchte an dieser Stelle dem Deutsch-Französi chen Jugendwerk – die hier anwesenden beiden Genealsekretäre heiße ich herzlich willkommen – und den angjährigen Mitarbeitern des Deutsch-Französischen ugendwerkes danken, von denen ich noch viele aus einer aktiven Zeit im Deutsch-Französischen Jugenderk persönlich kenne. Ich danke auch den Partnerorgaisationen, Verbänden und Institutionen, die es in den etzten 41 Jahren geschafft haben, 7 Millionen Jugendlihe zu motivieren, die deutsche bzw. französische Sprahe zu lernen und die jeweils andere Kultur kennen zu ernen. Sich auf andere Kulturen einzulassen, sich mit ande en Kulturen auseinander zu setzen und vielleicht auch ie Geduld aufzubringen, sich mit Unterschieden inteniv zu beschäftigen und Verständnis dafür zu bekommen, st eine Grundlage für das, was wir kurz als Dialog der ulturen definieren. Das ist meiner Ansicht nach im eutsch-Französischen Jugendwerk vorzüglich geleistet orden. Ich persönlich kann sagen: Ich habe in meinem eruflichen Leben – sei es bei Greenpeace, sei es bei der rbeit im Auswärtigen Ausschuss – von dieser Erfahung sehr profitiert. Ich denke, das werden auch andere emacht haben. Der Élysée-Vertrag und das Deutsch-Französische Ju endwerk sind heute eine Erfolgsgeschichte; denn alle eteiligten haben es geschafft, die Versöhnung zwischen eutschland und Frankreich herzustellen. Für viele Juendliche, auch Deutsche und Franzosen, ist es heute ollkommen normal, miteinander in Europa zu leben. ie erinnern sich nicht mehr an die jahrhundertelangen riege, die Deutsche und Franzosen gegeneinander geührt haben. Franzosen sind für Deutsche keine anderen uropäer als Engländer, Dänen oder Italiener. Aber das issen über die neuen EU-Staaten und ihre Menschen st bei uns „alten Europäern“ noch nicht so stark ausgerägt. Deshalb haben Deutsche und Franzosen gemeinsam n Europa und der globalisierten Welt heute neue Aufgaen. Daraus folgt unsere Forderung nach einem Neuaufrag, nach einer Neubegründung des Deutsch-Franzöischen Jugendwerkes, das seinen bisherigen Auftrag rfolgreich erfüllt hat, nämlich Versöhnung und Freundchaft zu schaffen. Es muss aber in einem neuen, komlexeren Umfeld im gesamteuropäischen Kontext und in iner globalisierten Welt seine Aufgaben zuspitzen, präisieren und vielleicht in einigen Teilen neu definieren. Wir glauben, dass einerseits eine Erweiterung der rogramme mit Drittstaaten gerade in den neuen Beirittsländern der EU erfolgen muss, damit wir genau dieen Mangel an Kenntnissen ausgleichen können. Wir lauben aber auch, dass anderseits die Kontakte mögichst nachhaltig sein müssen und sowohl Aspekte des nterkulturellen Lernens, des Kennenlernens der Lebenseisen als auch die Motivation, die jeweils andere Spra Monika Griefahn che zu lernen, beinhalten sollten. Sprache ist die Grundlage von Verständigung und Verstehen der anderen Kultur. Es reicht eben nicht – das erleben wir heute sehr oft –, dass Jugendliche aus diversen europäischen Ländern, eben auch Franzosen und Deutsche, miteinander englisch sprechen. Wir stellen immer wieder fest, dass die Unkenntnis der Sprache des anderen zu einem Mangel an Verständnis führt, und zwar nicht nur des sprachlichen Verständnisses, sondern auch des gegenseitigen Verstehens. Besonders deutlich ist mir das geworden, als ich eine Gruppe eingeladen hatte, die, unterstützt durch die Handwerkskammer Lüneburg, in die Partnerregion in Rodez im Departement Aveyron gereist ist, um dort in Betrieben – einem Karosseriehersteller, einer Bäckerei und einem Restaurant – mitzuarbeiten, in der Familie zu leben und das jeweils andere Land kennen zu lernen. Diese Jugendlichen haben selbst erlebt, wie wichtig die Sprache als Grundlage gerade für junge Berufstätige ist. Alle kamen zurück und haben mir gesagt: Wir müssen dringend Französisch lernen. Dieses wird neben dem interkulturellen Leben ein wichtiger Faktor für die immer stärkere Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Europa sein. Gerade für junge Berufstätige ist es wichtig, neben Englisch noch eine zweite Sprache zu lernen. Sprachvermittlung ist daher gleichzeitig mit dem interkulturellen Lernen eine große Zukunftsaufgabe. Wir haben unseren Bericht den beiden Regierungen übermittelt. Wir haben mit dem Kuratorium des Deutsch-Französischen Jugendwerkes über unsere Schlussfolgerungen diskutiert und wir hoffen auf eine konstruktive Umsetzung der Schlussfolgerungen durch die beiden Regierungen, deren Aufgabe es ist, die Konkretisierung und die Neuausrichtung gemeinsam mit den Kuratoriumsmitgliedern vorzunehmen und dem Deutsch-Französischen Jugendwerk eine positive Zukunft zu bescheren. Ich glaube daran, dass es auch weiterhin eine wichtige Aufgabe für das Deutsch-Französische Jugendwerk gibt. Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Dr. Andreas Schockenhoff, CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum 40. Jahrestag der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags kamen die Assemblée nationale und der Deutsche Bundestag im Januar 2003 zu einer beeindruckenden Begegnung in Versailles zusammen. Im Anschluss an diese erste gemeinsame Plenarsitzung beriefen die Präsidenten Jean-Louis Debré und Wolfgang Thierse die erste gemeinsame Arbeitsgruppe unserer beiden Parlamente, die sich seit September letzten Jahres mit der Arbeit des Deutsch-Französischen Jugendwerkes beschäftigt hat. e s d u g d w u l z u s s t D F r o d g d n w w l E w g a w z s d b P J u t k e S F S g L m T d w A g h a u (C (D Für unseren Arbeitsauftrag gab es gute Gründe: zum inen die einzigartige Entwicklung der deutsch-französichen Beziehungen in den letzten 40 Jahren, zu denen as Deutsch-Französische Jugendwerk ganz wesentlich nd großartig beigetragen hat. Vielleicht ist es aber auch erade deshalb in der Erfolgsfalle. Die Hauptziele, die em Deutsch-Französischen Jugendwerk 1963 gesetzt urden, erscheinen uns heute längst erreicht. Die Jugend nserer beiden Länder hat sich gegenseitig kennen geernt und entdeckt. Die Versöhnung und Verständigung wischen unseren Völkern sind durch Jugendaustausch nd vielfältige Begegnungen auf einer breiten gesellchaftlichen Basis erfolgt. Das mag einer der Gründe ein, warum es Jahr für Jahr in unseren beiden Parlamenen schwieriger wird, den Haushaltsansatz für das eutsch-Französische Jugendwerk und die paritätische inanzierung durch beide Staaten durchzusetzen und zu echtfertigen. Ein anderer Grund ist sicher – wir müssen das ganz ffen ansprechen –, dass der Anteil der Mittel, der für ie internen Strukturen des Deutsch-Französischen Juendwerks aufgewendet wird, immer größer wird und er Anteil, der für die Projektarbeit mit den Partnerorgaisationen zur Verfügung steht, entsprechend kleiner ird. Die Strukturen des Deutsch-Französischen Jugenderkes stammen aus dem Jahr 1963. Sie wurden 1973 eicht überarbeitet und bestehen seither unverändert fort. s ist an der Zeit, dem Deutsch-Französischen Jugenderk neue Impulse und eine neue Arbeitsgrundlage zu eben, die den Anforderungen eines erweiterten Europa, ber auch des Binnenmarktes und der immer stärkeren irtschaftlichen und gesellschaftlichen Verflechtung wischen unseren beiden Ländern gerecht werden. Obwohl die Jugendlichen die enge deutsch-französi che Freundschaft heute als selbstverständlich empfinen, geht die Kenntnis der Sprache und Kultur des Nacharn in beiden Ländern zurück. Deswegen müssen alle rogramme und Aktivitäten des Deutsch-Französischen ugendwerkes vorrangig Sprachvermittlung fördern nd zum Spracherwerb und interkulturellen Lernen moivieren. In der Berufswelt des 21. Jahrhunderts wird Sprach ompetenz in mindestens zwei Fremdsprachen, also iner Fremdsprache neben dem Englischen, zu einer chlüsselqualifikation. Natürlich kann das Deutschranzösische Jugendwerk nicht die Aufgaben von chule und Hochschule übernehmen, aber es muss junen Franzosen Lust auf Deutsch und jungen Deutschen ust auf Französisch machen, und zwar so früh wie öglich. Ich will etwas in Klammern anmerken, was mit dem hema nicht direkt zu tun hat. Vielleicht müssen wir bilungspolitisch in dieser Hinsicht viel ambitionierter erden. Eigentlich müssen wir doch das Ziel haben, dass biturienten heute mehrere Monate ihrer Schulzeit obliatorisch in einem europäischen Partnerland verbracht aben. Dazu muss uns mehr einfallen als der Hinweis uf die Länderkompetenzen und auf organisatorische nd finanzielle Schwierigkeiten. Dr. Andreas Schockenhoff (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511412600
Dr. Andreas Schockenhoff (CDU):
Rede ID: ID1511412700




(A) )


(B) )


Nicht nur jungen Akademikern eröffnen Sprachen Le-
benschancen. Das Deutsch-Französische Jugendwerk
muss stärker als bisher mit der Wirtschaft und ihren Ver-
bänden Jugendliche auf handwerkliche und gewerbliche
Berufe in deutsch-französischen Unternehmen vorberei-
ten.

Die ökonomische Verflechtung unserer Länder wird
immer enger. Nicht nur große, sondern auch zahlreiche
kleine und mittlere Unternehmen suchen Mitarbeiter, die
sich sowohl in der deutschen als auch der französischen
Unternehmenskultur und Sprache zurechtfinden. Der-
zeit können 20 000 offene Stellen und Ausbildungs-
plätze nicht besetzt werden, weil es keine Bewerber mit
einer entsprechenden deutsch-französischen Qualifika-
tion gibt.

Angesichts der derzeitigen Diskussion über die Ver-
mittlung von Ausbildungsplätzen und Startchancen für
junge Berufsanfänger in unseren beiden Ländern, auf die
ich an dieser Stelle nicht näher eingehen will, liegt es auf
der Hand, Angebote zu realisieren, die jungen Menschen
den Berufseinstieg erleichtern. Zu anderen Schwerpunk-
ten einer inhaltlichen Neuausrichtung werden nachher
noch andere Kollegen Stellung nehmen.

Wir müssen durch eine Neufassung des Abkommens
auch die Struktur des Deutsch-Französischen Jugend-
werks verbessern und modernisieren. Das gilt für das
Verfahren zur Ernennung der Generalsekretäre und Stell-
vertreter, für die Zusammensetzung des Kuratoriums
und insbesondere für das Personalstatut. Der Status einer
internationalen Organisation mit einem eigenen Tarif-
modell und einem eigenen, ziemlich undurchsichtigen
arbeitsrechtlichen Instrumentarium wurde seit 1963
nicht mehr angepasst und ist nicht mehr zeitgemäß.
Wenn Mitarbeiter der EADS auf der Basis des jeweili-
gen nationalen Tarif- und Arbeitsrechts von München
oder Friedrichshafen nach Toulouse oder Mitarbeiter
von Sanofi-Aventis von Frankfurt nach Paris und umge-
kehrt wechseln, dann muss das auch für die Mitglieder
des Deutsch-Französischen Jugendwerks zwischen Paris
und Berlin möglich sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Wie die Kollegin Griefahn eben ausgeführt hat, haben
wir in der Arbeitsgruppe zum Deutsch-Französischen
Jugendwerk über die Fraktionsgrenzen hinweg und un-
geachtet der unterschiedlichen Arbeitssystematik in un-
seren beiden Parlamenten völlig unkompliziert und in
der Zielsetzung einig zusammengearbeitet. Wir unter-
breiten unseren Regierungen einstimmig Vorschläge zur
Überarbeitung des Abkommens zum Deutsch-Französi-
schen Jugendwerk. Dafür möchte ich mich auch bei un-
seren französischen Kollegen auf der Besuchertribüne
ganz herzlich bedanken.


(Beifall im ganzen Hause)


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(C (D Die erste gemeinsame Arbeitsgruppe unserer Parlaente ist ein gelungenes Experiment. Wir sollten diese orm der Zusammenarbeit fortsetzen. Darüber, ob diese usammenarbeit in einem ständigen Ausschuss erfolgen oll, kann man streiten. Es gibt aber viele Zukunftsfraen, auf die wir in Deutschland wie in Frankreich eine ntwort finden müssen. Zudem gibt es viele Fragen von pezifisch deutsch-französischem Interesse, die wir in emeinsamen Enquete-Kommissionen oder Arbeitsruppen mit einem befristeten Arbeitsauftrag besprechen önnten. Ein lohnendes Thema ist beispielsweise die deutsch ranzösische Zusammenarbeit in der Medienpolitik. Wir aben uns in dieser Woche gefragt, warum das Interesse n der Europawahl so gering war. Viele haben in diesem usammenhang das Fehlen einer europäischen Öffentichkeit festgestellt. Es gibt trotz immer engerer wirtchaftlicher und gesellschaftlicher Verflechtungen eutschlands und Frankreichs noch keine deutsch-franösische Öffentlichkeit. Es gibt zwar den Kulturkanal rte; dieser wendet sich aber eher an ein elitäres Publium. Die Frage, wie wir solche Aspekte – vielleicht auch wischen unseren Parlamenten – mithilfe der öffentlichechtlichen Medien verstärkt in der Öffentlichkeit ehandeln könnten, wäre ein lohnendes Thema. Wir mpfehlen den Präsidien unserer Parlamente, den eingechlagenen Weg fortzusetzen und weitere Arbeitsgrupen ins Leben zu rufen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat die Kollegin Antje Hermenau, Bünd is 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle en! Mes chers amis! Ich hätte nie erwartet, dass sich die ranzösischkenntnisse, die ich nach dem Fall der Mauer rworben habe – ich dachte: jetzt, da der ganze Westen uropas auf mich zukommt, sollte ich vielleicht noch ine westeuropäische Fremdsprache lernen –, nicht nur ür mich persönlich lohnen würden, sondern auch im eutschen Bundestag Früchte tragen, von dem ich daals auch nicht wusste, dass ich ihm eines Tages als itglied angehören würde. Das heißt, Fremdsprachen zu ernen kann eine große Bereicherung sein. Es geht nicht ur darum, sich eine „nützliche“ Sprache auszusuchen, ondern auch darum, etwas auszuwählen, das einem remd ist, damit es einen bereichern kann. Wir haben in der Arbeitsgruppe Folgendes gemerkt: ir sind uns in zivilisatorischer Hinsicht sehr ähnlich; as ist ganz klar. Man lebt schließlich ziemlich dicht beiinander auf demselben Kontinent und hat ungefähr das leiche Entwicklungsniveau. Aber wir sind uns doch ein isschen fremd. Die Mentalität und die Gewohnheiten ind anders. Auch das Verhältnis zur Hierarchie ist ein isschen unterschiedlich. Am Ende stellt sich aber Antje Hermenau heraus: Die Kleinigkeiten, die einen sonst veranlassen, zu sagen „Na ja, die Deutschen!“ oder „Na ja, die Franzosen!“, sind eigentlich ganz unwichtig. Jetzt spricht die Ostdeutsche: Wir haben das Gleiche in Deutschland durchgemacht. Es gab lange Probleme mit der Antwort auf die Frage, wie sich Ostund Westdeutsche zusammenfinden sollten, nachdem sie eine Weile getrennt gewesen sind. Die Mauer, die wir hatten, war noch viel schlimmer als die sozusagen ganz normale Grenze zwischen Frankreich und Westdeutschland. Wir haben es geschafft, weil wir uns persönlich kennen gelernt haben und weil wir gemeinsam gearbeitet haben. Wir hatten ein gemeinsames Projekt. Genauso, finde ich, hat diese Arbeitsgruppe deutlich gemacht, dass auch wir, die Franzosen und die Deutschen, in Europa ein gemeinsames Projekt haben. Wir wollen nämlich zum Beispiel erreichen, dass Arbeitnehmer aus Deutschland und Frankreich ohne große Probleme in das jeweils andere Land wechseln können, um in gemeinsamen Industriezweigen, die wir gemeinsam weiterentwickeln wollen und in denen wir zu Global Players werden wollen, mühelos Arbeit zu finden. Es geht aber auch eine Nummer kleiner. Man kann sich zum Beispiel vorstellen, dass deutsche Bauarbeiter eine Weile in Frankreich arbeiten, wo die Baubranche im Moment boomt. Das wäre kein Problem, wenn es nicht die Sprachbarriere oder vielleicht die Scheu vor dem anderen gäbe. Was mich an dieser Arbeitsgruppe fasziniert hat, sind die neuen Möglichkeiten, die wir uns – auch im wirtschaftlichen Sinne – eröffnen können. Ich glaube, dass das für junge Menschen hochgradig attraktiv ist. Der Staat muss dafür sorgen, dass entsprechende Möglichkeiten geschaffen werden. Zum Klima in der Arbeitsgruppe selbst: Sie sehen ja, dass einige Kollegen zu dieser Debatte gekommen sind, die ein besonderes Interesse an der deutsch-französischen Freundschaft hegen. Aber viele sind heute auch nicht gekommen. Das mag einen guten und profanen Grund haben: Unter dem Antrag, den wir jetzt beraten, stehen die Namen aller vier Fraktionsvorsitzenden. Das bedeutet, dass es keinen Streit gibt und dass alles geregelt ist. Um das, was geregelt ist, muss man sich ja nicht mehr kümmern. So viel zur deutschen Mentalität. Die Arbeitsgruppe hat sehr offen zusammengearbeitet. Das Ergebnis, das wir vorlegen, ist durchaus streitbar. Man soll sich nicht täuschen und denken, dass der Bericht der Arbeitsgruppe nur deutsch-französisches Larifari oder wohlmeinendes, hochtrabendes Gerede über die deutsch-französische Freundschaft enthält, weil die Namen aller vier Fraktionsvorsitzenden darunter stehen. Dieser Bericht mit seinen Empfehlungen, den wir dem Parlamentspräsidenten übergeben, ist durchaus eine sehr kritische Würdigung, die in keiner Weise die bisherige Arbeit des Deutsch-Französischen Jugendwerkes herabwürdigen will – diese wird entsprechend honoriert –, sondern die darauf aufmerksam macht, dass es Ernst mit Europa wird. Wer es ernst meint, der muss offen und ehrlich im Umgang sein, der muss zusammenarbeiten und es sogar schaffen, sich neue Projekte zu suchen. Das haben wir geleistet. l u u w e z l P m F u D z F v t d h V d d e m t t v w d S c d D d m d L f c B p 2 (C (D Das Klima in dieser Arbeitsgruppe war außerordentich produktiv, weil wir es uns erlaubt haben, sehr offen nd ehrlich mit den Problemen, vor denen wir standen, mzugehen. Ich kann eigentlich nur jedem Kollegen soohl in der Assemblée nationale als auch im Bundestag mpfehlen, einmal an einer solchen Arbeitsgruppe teilunehmen; denn es verbessert das eigene Befinden deutich, wenn man merkt, dass man so produktiv über artei-, Länderund Mentalitätsgrenzen hinweg zusamenarbeiten kann. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511412800
Antje Hermenau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511412900




(A) )


(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511413000

Das Wort hat die Kollegin Sibylle Laurischk, FDP-

raktion.

Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1511413100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

nd Kollegen!
Vertrauen schenken ist ein Zeichen des Mutes, treu
sein ein Zeichen von Stärke.

ieses Wort von Marie von Ebner-Eschenbach kenn-
eichnet die Aktivitäten des 1963 gegründeten Deutsch-
ranzösischen Jugendwerks, das für die Aussöhnung
on Frankreich und Deutschland Entscheidendes geleis-
et hat. Vor 40 Jahren ging es tatsächlich um ein Zeichen
es Mutes, uns gegenseitig Vertrauen zu schenken. Auch
eute ist es mehr denn je wichtig, den Mut zur konkreten
erwirklichung der europäischen und insbesondere der
eutsch-französischen Freundschaft nach dem Vorbild
er Gründerväter Europas aufzubringen.
Für die junge Generation ist diese Freundschaft heute

ine selbstverständliche Tatsache geworden. Das Ver-
ächtnis von Adenauer und de Gaulle müssen wir wei-
er tragen ganz im Sinne jenes französischen Sprichwor-
es, das lautet:

Tradition heißt nicht, die Asche aufzubewahren,
sondern die Flamme am Brennen zu halten.

Wie kann die Flamme am Brennen gehalten werden,
erehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn die Nach-
uchsgeneration die jeweilige Sprache des Nachbarlan-
es immer seltener spricht? Die Sprache ist aber der
chlüssel zum Verständnis, sie ermöglicht die Entde-
kung der anderen Kultur, sie baut Brücken auf.
Die deutsch-französische Freundschaft besitzt Mo-

ellcharakter in der erweiterten Europäischen Union.
as kann man nicht hoch genug schätzen. Andere Län-
er in der EU verweisen bei der Verarbeitung ihrer ge-
einsamen schwierigen Geschichte immer wieder auf
ie Versöhnung und Zusammenarbeit unserer beiden
änder Deutschland und Frankreich.
Während einer von unserer Arbeitsgruppe durchge-

ührten Anhörung konnten wir erfahren, dass zurzeit
irca 20 000 Arbeitsplätze mit deutsch-französischem
ezug unbesetzt bleiben. In unserer aktuellen Arbeits-
latzlage ist diese Zahl unakzeptabel. Warum sind diese
0 000 Arbeitsplätze frei? Die Antwort ist banal: Weil






(A) )



(B) )


Sibylle Laurischk

die Arbeitgeber keine Bewerber finden, die beide Spra-
chen so gut beherrschen, dass sie in einem deutsch-fran-
zösischen Umfeld arbeiten können. Das ist umso besorg-
niserregender, als Frankreich nach wie vor unser erster
Wirtschaftspartner ist.

Um diesen Herausforderungen zu entsprechen, brau-
chen unsere beiden Länder ein reformiertes, auf den
wechselweisen Spracherwerb und gegenseitiges Begeg-
nen orientiertes Deutsch-Französisches Jugendwerk.
Seit 40 Jahren leistet das DFJW – das will ich an dieser
Stelle in aller Deutlichkeit betonen – eine hervorragende
Arbeit. Das DFJW ist 40 geworden, aber auch seine Um-
gebung hat sich gewandelt. Das Jugendwerk von 1963
entspricht den heutigen schon erwähnten Herausforde-
rungen unserer Zeit nicht mehr.

Der heute zu verabschiedende interfraktionelle An-
trag konstituiert einen ersten Schritt in die richtige Rich-
tung. Damit ist es jedoch nicht getan. Es müssen weitere
entscheidende Schritte folgen. Dazu gehören insbeson-
dere ein nachhaltiges Engagement unserer Jugendlichen,
gemeinsame konkrete deutsch-französische Projekte und
langfristige Austauschprogramme.

All das, was wir heute im Parlament beschließen,
muss auf eine tiefer gehende beidseitige Sensibilisierung
abzielen. Unser Appell richtet sich an unsere jungen
Deutschen und Franzosen, die für dieses Unterfangen
auch Risikobereitschaft zeigen müssen und sich nicht
auf den Lorbeeren ihrer Väter ausruhen dürfen. Gleiches
gilt auch für uns Politiker.

An dieser Stelle möchte ich mich bei meinen deut-
schen und französischen Kollegen für die freundschaftli-
che Zusammenarbeit in dieser ersten interparlamentari-
schen Arbeitsgruppe sehr herzlich bedanken. Es war für
mich und sicher für uns alle eine ganz besondere euro-
päische Erfahrung.

Ich danke Ihnen.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511413200

Nächste Rednerin ist die Kollegin Bettina Hagedorn,

SPD-Fraktion.

Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1511413300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe

Kolleginnen! Als die Präsidien und Parlamente Deutsch-
lands und Frankreichs die Überprüfung der Aufgaben,
der Arbeitsweise und der Effizienz des Deutsch-Franzö-
sischen Jugendwerks beschlossen, hatten meine Kolle-
gin Antje Hermenau und ich als zuständige Haushälte-
rinnen trotz schwierigster Haushaltsberatungen unter
dem Eindruck des 40. Jahrestages der deutsch-französi-
schen Freundschaft gerade die Aufstockung der Mittel
des Jugendwerkes um 3 Millionen Euro im Haushalt
2003 verankert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dieses Geld wurde mangels der notwendigen Kofinan-
zierung durch Frankreich nie ausgegeben, aber unsere

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(C (D itwirkung in der parlamentarischen Arbeitsgruppe war amit vorgezeichnet. Es ist klar, dass unser beider Aufgabe schwerpunktäßig der Blick auf die Finanzausstattung und die Mitelverwendung war; denn schließlich verfügt das eutsch-Französische Jugendwerk seit über drei Jahrehnten über einen relativ konstanten Haushalt von circa 3 Millionen Euro im Jahr, der zu gleichen Teilen aus eiden Ländern finanziert wird – eine Menge Geld, das ie Vielzahl von Jugendbegegnungen und Austauschprorammen seit 1963 erst ermöglicht hat. Dieser Etat ist jedoch im Laufe der Jahre faktisch ge chrumpft, da er nicht an die Kostenentwicklung angeasst wurde, obwohl die Aufgaben des Jugendwerkes eständig wuchsen. Der Haushalt wurde – so will es das onstrukt des Deutsch-Französischen Jugendwerkes als nternationaler Organisation – ohne parlamentarische ontrolle durch das Kuratorium beschlossen. Problemaisch ist darum, dass dieses Kuratorium aus bestimmten ründen zwei Jahre lang gar nicht tagte. Im Laufe der Zeit, so stellten wir Parlamentarier aus eutschland und Frankreich in unserem Bericht übereintimmend fest, hat sich im Etat des Deutsch-Französichen Jugendwerkes ein durchaus unausgewogenes Verältnis zwischen den Ausgaben für Personal und erwaltung einerseits und der inhaltlichen Arbeit für die ugendprojekte andererseits entwickelt. Das – da sind ir alle einer Meinung – muss sich ändern. In dem vorliegenden Bericht, der durchaus ein ehrgei iges Reformprojekt skizziert, gibt es elf Kernfordeungen, zu denen wir gemeinsam gekommen sind. All enjenigen, die diesen Bericht lesen, mag jene Passage uffallen, in der es um die strikte Einhaltung der allgeeinen Haushaltsgrundsätze und um die wirtschaftliche nd sparsame Verwendung öffentlicher Gelder geht. „Eine Selbstverständlichkeit“ werden Sie, meine Kol eginnen und Kollegen des Bundestages, wahrscheinlich agen. Aber leider ist das nicht so, wie die detaillierte eschäftigung mit Haushaltsund Stellenplänen, mit ahresrechnungen und Prüfbemerkungen der letzten ahre durch uns ergab. Ausschreibungsund Vergabeecht müssen künftig ernst genommen und die Einfühung der Kosten-Leistungs-Rechnung sollte umgesetzt erden. Moderne Steuerungsinstrumente sollen im Fianzmanagement helfen, Transparenz herzustellen und ie Ausgaben auf die tatsächlichen Haushaltsansätze zu eschränken. Entscheidend wird aber sein, dass es durch eine Über rbeitung des deutsch-französischen Abkommens geingt, das internationale Statut des Deutsch-Französichen Jugendwerkes durch eine zwischenstaatliche rganisationsform abzulösen, und dass das Personalstaut modernisiert und um die vielen Ausnahmebestimungen entschlackt wird. Vor allem aber ist es unumgänglich, dass ein sehr leiner und effektiver Verwaltungsrat mit Beteiligung er Geldgeber, also der Parlamente, die Reform des eutsch-Französischen Jugendwerkes künftig eng beleitet und insbesondere im Haushaltsrecht Entscheidun Bettina Hagedorn gen trifft. Die vielen Vertreter von Vereinen, Verbänden und Organisationen hingegen sollen im Kuratorium auch künftig mit ihrem fachlichen Know-how inhaltlich wirken und kreative Ideen zur Umsetzung bringen. Die organisatorischen und strukturellen Veränderungen im Deutsch-Französischen Jugendwerk sind aber kein Selbstzweck. Ziel ist es, dass ein größerer Teil des zur Verfügung stehenden Geldes der Arbeit mit den und für die jungen Menschen zugute kommt. Dann und nur dann – da sind wir einig – befürworten wir in der Zukunft eine einvernehmliche Erhöhung des Haushaltsansatzes für das Deutsch-Französische Jugendwerk, damit die Herausforderungen seiner erweiterten Aufgabe in einem zusammenwachsenden Europa bewältigt werden können. Eine europäische Identität erreichen wir vor allem über die gezielte Kooperation der Jugend. Dabei gebührt der Stärkung des bürgerschaftlichen, des friedenssichernden, des sozialen und ökologischen Engagements ein besonderer Stellenwert. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Das Deutsch-Französische Jugendwerk soll die Ju-
gend Deutschlands, Frankreichs und Europas künftig of-
fensiv ansprechen. Es reicht nicht, festzustellen, dass die
Freude am Spracherwerb und das Interesse an der ande-
ren Kultur nachlassen. Die Motivation für eine gemein-
same europäische Zukunft in kultureller Vielfalt muss
geweckt werden. Mit anderen Worten: Dafür muss aktiv
geworben werden.

Medien und Internet ersetzen keine persönliche Be-
gegnung. Sie können aber Hilfsmittel sein, mit denen
man die Jugend vor allem dann erreicht, wenn man sie
selbst kreativ machen lässt, anstatt die Gestaltung ver-
meintlichen Profis teuer zu überlassen. Eine stärkere
echte Beteiligung der Jugend an Projekten für die Ju-
gend, auch das ist eine notwendige Kernforderung unse-
rer Arbeitsgruppe.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich muss zum Ende kommen. Dem Deutsch-Französi-
schen Jugendwerk wünsche ich eine gute Zukunft in ei-
nem zusammenwachsenden Europa. Allen, die an dem
spannenden Reformprozess Anteil haben werden, rufe
ich den Satz unseres ehemaligen Bundespräsidenten
Gustav Heinemann in Erinnerung:

Leben ist Veränderung. Wer sich nicht verändert,
wird auch verlieren, was er bewahren möchte.

Vielen Dank.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511413400

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Thomas Dörflinger, CDU/CSU-Fraktion.


Thomas Dörflinger (CDU):
Rede ID: ID1511413500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf der Suche

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(C (D ach einem Ereignis, das mir in der nun fast sechsjährien Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag besonders m Gedächtnis geblieben ist, gehen meine Gedanken zuück in den Januar 2003, als wir zusammen mit den Koleginnen und Kollegen der Assemblée nationale in Verailles tagten. Das war nicht nur ein optisch beeindruckendes Ereig is, es war auch eine gute Grundlage und ein guter Anatz, ein Stück Selbstverständlichkeit in den bilateralen eziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland nd Frankreich, ein Stück Selbstverständlichkeit deutcher und französischer Außenpolitik wieder ins Beusstsein sowohl der Kolleginnen und Kollegen der eiden Parlamente als auch der deutschen und französichen Öffentlichkeit zurückzurufen. Wir sind uns vermutlich darüber einig, meine Damen nd Herren, dass nichts so gut ist, als dass es nicht noch erbessert werden könnte. Wenn etwas selbstverständich geworden ist, so schön das auch ist, dann birgt das atürlich die Gefahr, dass etwas zur Routine erstarrt. Inofern war es richtig, dass die Präsidien der beiden Paramente die Initiative ergriffen und eine binationale rbeitsgruppe eingerichtet haben, die sich mit dem hema befasst hat: Was ist nach 40 Jahren im Deutschranzösischen Jugendwerk möglicherweise zu verbesern? Schön ist, festzustellen, dass in den über 40 Jahren es Bestehens dieses Jugendwerks gut 7 Millionen Beegnungen zwischen Deutschland und Frankreich eröglicht worden sind. So hat das Deutsch-Französische ugendwerk auch einen wesentlichen Beitrag dazu geeistet, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und rankreich keine akademische Veranstaltung geblieben ind, sondern dass sich tatsächlich Menschen oder Verine begegnet sind, dass man sich auch auf der ganz noralen kommunalen Ebene begegnet und Freundschaft flegt. Wenn wir einen Blick in die Emnid-Studie von 2002 erfen, die das Deutsch-Französische Jugendwerk selbst n Auftrag gegeben hat, dann stellen wir allerdings fest, ass die Neigung, die Sprache des Nachbarstaates zu erernen, eher zurückgegangen ist, und zwar auf beiden eiten, sowohl in Deutschland als auch in Frankreich. iejenigen, die von sich sagen, sie hätten ein bewusstes nteresse an der Sprache des Nachbarlandes, machen geade noch 25 Prozent derjenigen aus, die befragt worden ind. 16 Prozent – im Zweifelsfall müsste ich mich ehrliherweise dazu zählen – sagen, dass die Kenntnisse der prache des Nachbarlands nach eigener Einschätzung ls mittelmäßig zu qualifizieren wären. Deswegen ist es folgerichtig, wenn man beim Sprach rwerb, bei den Sprachkenntnissen ansetzt, weil das etztlich die Basis ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ie alle kennen das aus Ihren Wahlkreisen. Wenn Sie ich mit denjenigen unterhalten, die beispielsweise Städepartnerschaften ins Leben gerufen haben, dann erfahen Sie, dass sich trotz der Tatsache, dass man die Sprahe des anderen auch nach 40 Jahren noch nicht spricht, n der besonderen Herzlichkeit der Begegnung nichts eändert hat. Wir sind uns aber vermutlich darüber einig, Thomas Dörflinger dass es mit Kenntnis der Sprache des Nachbarlandes doch etwas einfacher wäre. Wir können uns beispielsweise dem Ziel zuwenden, gemeinsame Foren für gesellschaftliches Engagement zu bilden und dort nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen. Wir können etwa der Frage nachgehen – ich wähle ein Beispiel aus unserem Fachressort –, worin die Schwierigkeiten beim Europäischen Freiwilligendienst begründet sind, weil das nicht am fehlenden guten Willen, sondern an den unterschiedlichen Sozialversicherungssystemen scheitert. Man könnte die funktionierenden Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich zur Grundlage nehmen und ausprobieren, ob man im bilateralen Verhältnis mit Frankreich eine Lösung erarbeiten kann, die anschließend auch eine tragfähige Basis für die Partnerschaft mit anderen europäischen Staaten bilden kann. Wenn wir so etwas schaffen, haben wir, glaube ich, einen wesentlichen Beitrag geleistet. Die deutsch-französischen Beziehungen sind zu Recht immer wieder als modellhaft für den Bau des gemeinsamen Hauses Europa gewürdigt worden. Sie sind es zweifelsohne auch. Wenn uns in einiger Zeit die ersten Ergebnisse der Neustrukturierung des Deutsch-Französischen Jugendwerks vorliegen, sollten wir das zum Anlass nehmen, einen Schritt weiter zu gehen, andere Jugendwerke und vergleichbare Einrichtungen nach denselben Grundsätzen zu überprüfen, aber auch einen Gedanken daran zu verschwenden, ob die Erfahrungen, die wir in 40 Jahren hier gemacht haben und die gut waren, auch Grundlage für ähnliche Einrichtungen beispielsweise mit den Staaten Mittelund Osteuropas sein können. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)





(A) )


(B) )


Wir als Deutscher Bundestag geben heute unserer Re-
gierung einen Auftrag und das französische Parlament
wird Entsprechendes am 23. Juni in der Assemblée na-
tionale tun. Bei aller verständlichen Begeisterung für
Deutschland und Frankreich sind unser aller Augen in
diesen Tagen aber vermutlich auf ein anderes europäi-
sches Land besonders gerichtet, nämlich auf Portugal.
Lassen Sie mich deshalb mit einem Satz schließen, der
sich insbesondere an unsere französischen Gäste wendet.
Mit Blick auf den heutigen Abend rufe ich Ihnen zu:
Bonne chance! Allez les Bleus!

Herzlichen Dank.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511413600

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der

Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des Bündnisses 90/
Die Grünen und der FDP auf Drucksache 15/3326 mit
dem Titel „Evaluierung des Deutsch-Französischen Ju-
gendwerkes“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den
Stimmen des ganzen Hauses angenommen.


(Beifall im ganzen Hause)


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(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Hartmut Büttner Bosbach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Jährliche Debatte zum Stand der Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer der SEDDiktatur – Drucksache 15/2818 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Innenausschuss Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle in Maria Michalk, CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute vor 1 Jahren verhängte die sowjetische Militäradministraion über 167 Landund Stadtkreise der DDR den usnahmezustand. In weit über 1 000 Betrieben und Geossenschaften kam es zum Streik. Über 1 Million Menchen beteiligten sich an diesem Volksaufstand. Sie ertürmten über 250 öffentliche Gebäude, darunter fünf fS-Kreisdienststellen und zwei SED-Bezirksleitungen. ie Menschen versammelten sich auch vor Gefängnisen, denn sie hatten das Ziel, die politischen Häftlinge u befreien. Aus zwölf Haftanstalten sind knapp 400 Häftlinge befreit worden, von denen allerdings eien Monat später schon wieder 1 200 eingesperrt waren. ie anderen konnten in den Westen flüchten. Die Hauptforderungen im gesamten Land lauteten: ieder mit der SED! Freie Wahlen! Freilassung aller olitischen Häftlinge! – Vorsichtig wurde auch der Geanke der Wiedervereinigung geäußert. Daneben waren n allen Orten sozialpolitische Fragestellungen virulent, ie den Arbeitsund Lebensalltag betrafen. Die Vorkommnisse nutzte die politische Führung, m für eine harte Bestrafung der Angeklagten zu plädieen. Ein Beispiel: Der selbstständige Fotograf Lothar arkwirth wurde von den Staatsorganen zum Haupträelsführer bei den Ereignissen in der Dienststelle des fS in Niesky, einer kleinen Stadt in der Nähe der eutsch-polnischen Grenze, abgestempelt. Per Gnadenntscheid vom 28. August 1956 wurde seine lebenslange aftstrafe in 15 Jahre Zuchthaus umgewandelt. 1964 erolgte seine Entlassung als Letzter von den Verurteilten es 17. Juni 1953. Er saß also elf Jahre in Haft. Obwohl die Ereignisse um den 17. Juni von der SED ührung als faschistischer Putschversuch abgetan wuren und an den Schulen und in der Öffentlichkeit keine rnsthafte Auseinandersetzung erfolgte, lebte dieses Er Maria Michalk eignis in den Köpfen vieler Menschen als Zeichen der Hoffnung weiter. Erst nach dem Untergang des SED-Regimes und der Öffnung der Archive wurde das ganze Ausmaß der damaligen Proteste deutlich. Der Gedenktag soll den Mut und den Freiheitswillen der damaligen Menschen im Bewusstsein der heutigen Menschen wach halten. Wir als Parlament wollen zugleich immer wieder nachfragen, wie wir den Opfern der SED-Diktatur insgesamt rechtliche Rehabilitierung und materielle Entschädigung zukommen lassen können. Dass die Aufarbeitung des SED-Unrechts für die Menschen selbst noch nicht abgeschlossen ist, sehen wir an dem ungebrochenen Wunsch, in ihre Akten Einsicht zu nehmen. Deshalb ist es wirklich positiv zu bewerten, dass fraktionsübergreifend die Antragsfrist weiter verlängert wurde. Auch dass die Ausgleichsleistungen im Beruflichen Rehabilitierungsgesetz zum 1. Januar dieses Jahres erhöht wurden, ist ein richtiges Signal. Aber machen wir uns nichts vor: Viele Menschen, die besondere Schicksale erlittenen haben, leben bescheiden von der Grundsicherung und verstehen die Welt nicht mehr, wenn sie lesen müssen, dass ihren damaligen Peinigern monatliche Renten gezahlt werden – ja, gezahlt werden müssen –, von denen sie nur träumen können. Wir wissen, dass nicht alles erlittene Unrecht ungeschehen gemacht werden kann; ein hundertprozentiger Ausgleich ist in diesem Leben wohl nicht möglich. Wir haben aber die Aufgabe, nicht nachzulassen in dem Bemühen, den tatsächlichen Ausgleich zu hinterfragen und zu verbessern. Dazu gehören ideelle Gesten und materielle Leistungen. Im ersten Punkt sind wir uns mit der Regierungskoalition wohl einig, im zweiten bisher leider nicht. Wir müssen mehr für die Opfer der SED-Diktatur tun. Der heutige Gedenktag erinnert uns auch an die Verpflichtung, zur historischen Aufarbeitung beizutragen und die Verantwortung für die Gegenwart zu übernehmen. Ich will es so tun: Freie Wahlen, sagte ich, lautete damals eine Forderung. Sie sind seit 14 Jahren im vereinten Deutschland für alle Menschen erreicht. Bei der heutigen Bekanntgabe des amtlichen Ergebnisses der Kommunalwahlen vom letzten Sonntag müssen wir feststellen, dass rund die Hälfte der Wahlberechtigten von ihrem Wahlrecht aktuell leider keinen Gebrauch gemacht hat. Das Recht auf freie Wahlen schließt wohl auch das Recht, nicht wählen zu gehen, ein. Aber was ist das für ein Signal? Die Geschichte lehrt uns, solche Signale sehr ernst zu nehmen. Auch das ist ein Vermächtnis der Frauen und Männer des 17. Juni an uns alle. Wir bekunden allen Opfern gegenüber unseren ehrlichen Respekt und unsere Dankbarkeit für ihren Mut und setzen uns unvoreingenommen und unbürokratisch immer wieder für eine bessere Entschädigung ein, bis sie uns wirklich gelungen ist. Ich danke Ihnen. H u t D s 1 d l V r D K a n e v t s w b w u l D d d D s f s le D f d 1 1 E r w m j g l w z W g b s n k (C (D Nächster Redner ist der Kollege Hans-Joachim acker, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen nd Kollegen! Bevor ich auf den Antrag der Unionsfrakion eingehe, möchte auch ich gern an das historische atum 17. Juni 1953 erinnern. Am heutigen Tag jährt ich zum 51. Mal der Volksaufstand in der DDR. Am 7. Juni 1953 erhoben sich Menschen in der DDR und emonstrierten für Freiheit, Demokratie und die Herstelung der deutschen Einheit. Ausgangspunkt für den olksaufstand – auch das sollte noch einmal in Erinneung gerufen werden –, der von der Arbeiterschaft der DR – der im SED-Duktus sozial gesehen führenden raft der Gesellschaft – ausging, war die von der SED m 14. Mai 1953 beschlossene Erhöhung der Arbeitsormen. Dieser Kurs wurde zwar korrigiert und durch inen so genannten neuen Kurs ersetzt; die von der SED orgenommenen Korrekturen an den Beschlüssen konnen jedoch den Protest nicht aufhalten. Bereits im Vorfeld des 17. Juni 1953 gab es Demon trationen mit Tausenden Beteiligten. Der Höhepunkt ar jedoch der Demonstrationszug, der von den Bauareitern der Stalinallee in Ostberlin ausging und von Sojetpanzern niedergewalzt wurde. Für die für Freiheit nd Demokratie streikenden Bauarbeiter der Stalinalee, die Stahlarbeiter von Hennigsdorf und die anderen emonstranten verband sich mit ihrer Auflehnung gegen as politische System in der DDR der Ruf nach der eutschen Einheit. Viele haben für ihren mutigen Einsatz für Freiheit und emokratie schwer bezahlen müssen. Sie wurden eingeperrt, lange beruflich benachteiligt oder durch den Wafeneinsatz getötet. Ihnen allen gilt unser Respekt und unere Achtung. Der Volksaufstand am 17. Juni in Ostberlin und in vien anderen Städten der DDR endete tragisch. Dennoch: as Vermächtnis der mutigen Frauen und Männer ist erüllt. Die friedliche Revolution 1989 in der DDR und ie Herstellung der deutschen Einheit am 3. Oktober 990 stehen in einem geschichtlichen Kontext mit dem 7. Juni 1953. Für uns alle bleibt es Verpflichtung, die reignisse des 17. Juni im Geschichtsbewusstsein unsees gesamten Volkes lebendig zu halten. Daraus erächst für uns auch die Verantwortung, Freiheit und Deokratie zu verteidigen. Diese Lehre aus unserer üngsten deutschen Geschichte müssen wir an die folenden Generationen weitergeben. Gegenüber den Opfern der SED-Diktatur trägt die Po itik in Deutschland Verantwortung. Dazu gehört, sie, soeit es geht, von den Folgen der politischen Verfolgung u befreien. Der Gesetzgeber hat diese Aufgabe nach der iedervereinigung angepackt. Bereits die demokratisch ewählte letzte Volkskammer hat sich mit diesem Thema eschäftigt. Wir haben Rehabilitierungsgesetze verabchiedet, nach denen die strafrechtlichen Unrechtsmaßahmen aufgehoben und Verfolgte entschädigt werden önnen. Eine Rehabilitierung war und ist ebenso für im Hans-Joachim Hacker verwaltungsrechtlichen und beruflichen Bereich erlittene politische Verfolgung möglich. Bis hierhin – ich spreche jetzt insbesondere Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Union, an – stimmen wir sicherlich überein. Auch das sage ich an dieser Stelle: Hierfür haben wir in den letzten 14 Jahren nach der deutschen Einheit in Bonn und Berlin gestritten und hier haben wir uns gemeinsam engagiert. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Union, Sie wissen, dass die unter Ihrer politischen Verantwortung gemeinsam mit Ihrem Koalitionspartner FDP vorgelegten Gesetze in diesem Bereich offensichtlich Regelungsdefizite hatten. Das ist doch unbestritten. (Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Ja, das ist unbestritten!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1511413700




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(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511413800
Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1511413900




(A) )


(B) )


Auf die damaligen Änderungsanträge der SPD-Bundes-
tagsfraktion sind Sie nicht eingegangen. Ich sage es hier
einmal auf den Punkt gebracht, Frau Michalk: Es wäre
richtig gewesen, wenn die damalige Bundesregierung in
den 90-er-Jahren Berichte über den Stand der Rehabili-
tierung und die Situation der Opfer vorgelegt hätte.

Es ist ebenso richtig, dass wir im letzten Jahr die An-
tragsfristen für die drei Rehabilitierungsgesetze noch-
mals – es war nicht das erste Mal – bis zum 31. Dezem-
ber 2007 verlängert haben. Ebenso sind die Beträge
– dies wurde richtigerweise ausgeführt –, die Antragsbe-
rechtigte erhalten können, wenn eine berufliche Rehabi-
litierung erfolgt ist, in einem bescheidenen Maße ange-
hoben worden. Richtig ist doch aber auch, dass die
meisten betroffenen Menschen zum Glück Anträge ge-
stellt haben und der größte Teil der Rehabilitierungsan-
träge abgearbeitet worden ist. Das war immer der Sinn
der Gesetzgebung und das Interesse aller Fraktionen im
Deutschen Bundestag.

Wir haben heute also den Sachverhalt zu verzeichnen,
dass die meisten Anträge abgearbeitet sind und wir mit
dem Zweiten Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungs-
rechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfol-
gung in der DDR aus dem Jahre 1999 die offensichtli-
chen Defizite Ihrer Gesetzgebung – da schaue ich einmal
ganz bewusst in Richtung FDP; die FDP hatte damals ja
die Verantwortung im Justizministerium – beseitigt ha-
ben. Ich erinnere an die einheitliche Erhöhung der Haft-
entschädigung auf 600 DM, an die Einführung sozialer
Ausgleichsleistungen für nächste Angehörige von Hin-
gerichteten, an der Mauer Umgekommenen oder an den
Folgen der politischen Haft Verstorbenen und an die
deutliche Aufstockung der finanziellen Mittel für die
Stiftung für ehemalige politische Häftlinge.


(Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Die ihr jetzt abwickeln wollt!)


– Herr Büttner, 300 000 DM unter Ihrer Regie stehen
1,5 Millionen DM pro Jahr unter unserer Verantwortung
gegenüber.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mehr: 300 000 oder 1,5 Millionen?)


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(C (D arüber hinaus haben wir mehrfach Millionenbeträge ur Verfügung gestellt, um dem Schicksal der Betroffeen, die über diese Stiftung Leistungen erhalten, gerecht u werden. Auch heute – ich wende mich jetzt ganz direkt an die etroffenen, an die Opfer der SED-Diktatur und an die erbände, die deren Interessen auch gegenüber der Poliik wahrnehmen – gilt der Appell der SPD-Bundestagsraktion an die SED-Opfer, die noch keinen Antrag getellt haben: Nehmen Sie Ihr Recht in Anspruch! Wir lle aus dem Deutschen Bundestag wollen, dass Sie zu hrem Recht kommen, dass Sie rehabilitiert werden und ass Sie die gesetzlichen Leistungen erhalten, die der undesgesetzgeber festgelegt hat. (Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Wenn dann noch Geld da ist!)


Ich frage mich, was die Union mit ihrem Antrag ei-
entlich beabsichtigt, in dem sie die Bundesregierung
uffordert, jährlich einen Bericht zum Stand der Rehabi-
tierung und Entschädigung der Opfer der SED-Diktatur
orzulegen. Es ist keine Vermutung, sondern durch Ihr
gieren in den letzten Jahren bewiesen, dass Sie be-
usst eine bestimmte Gelegenheit schaffen wollen, um
mer wieder eine Diskussion über die angeblichen Un-

erechtigkeiten gegenüber den Opfern der SED-Diktatur
u führen. Wenn es denn solche gegeben hat – ich unter-
treiche, dass es die gegeben hat –, dann haben Sie selbst
ährend Ihrer Regierungsverantwortung diese Unge-
echtigkeiten geschaffen. Ich habe auf die entsprechen-
en Punkte hingewiesen; ich will das an dieser Stelle
icht wiederholen.
Hinter Ihren Überlegungen steht in Wirklichkeit das

iel, auf dem Rücken der Opfer der SED-Diktatur eine
useinandersetzung mit der Bundesregierung und mit
en Koalitionsfraktionen zu führen. Das ist der eigentli-
he Hintergrund Ihres Agierens.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das ist eine Unterstellung!)


ch sage dazu ganz pointiert: Das ist doppelzüngig, weil
ie nach dem eigenen Versagen in der Rehabilitierungs-
esetzgebung jetzt die rot-grüne Bundesregierung und
ie Koalitionsfraktionen gegen die Opfer und ihre Ver-
ände ausspielen wollen. Aber wir waren es – ich wie-
erhole das –, die Ihre Fehler in der Rehabilitierungsge-
etzgebung bereinigt haben.
Zum Schluss möchte ich versuchen, einen Konsens zu

inden. Ein positives Signal zu Ihrem Antrag kann es aus
er heutigen Debatte und den weiteren Erörterungen in
en Ausschüssen nur dann geben, wenn die gesamte Ge-
ellschaft – insbesondere die Verantwortlichen in den
chulen und anderen Bildungseinrichtungen – die
eschichte des Widerstandes gegen die SED-Diktatur
ach hält. Das Schicksal der Opfer darf nicht vergessen
erden. Wir müssen aus dieser geschichtlichen Erfah-
ung ableiten, dass Freiheit und Demokratie in Deutsch-
nd am besten dadurch verteidigt werden, dass sich
öglichst viele Menschen in unserem Gemeinwesen
ngagieren, sich auch an Wahlen beteiligen und gegen






(A) )



(B) )


Hans-Joachim Hacker

jegliche Erscheinungsformen von Intoleranz und Demo-
kratiefeindlichkeit zusammenstehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511414000

Nächster Redner ist der Kollege Klaus Haupt, FDP-

Fraktion.


Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1511414100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der 17. Juni 1953 präsentierte der gesamten Weltöffent-
lichkeit die brutale Gewalttätigkeit der zweiten deut-
schen Diktatur. Der 17. Juni ist ein Tag, an dem wir alle
uns daran erinnern, dass die DDR nicht so war, wie es
heute in vernebelnder und verklärender Ostalgie in Fern-
sehsendungen, in Filmen und auf Veranstaltungen oft
scheint.

„Zur Zukunft gehört die Erinnerung“ war deshalb
Motto eines gestern abgeschlossenen Pilotprojektes in
meiner Heimatstadt Hoyerswerda, das ich in Zusam-
menarbeit mit den Schulen und anderen Verbündeten
initiiert hatte. Es ermöglichte gerade jungen Menschen,
eine Zeit kennen zu lernen, die sie selbst nicht kennen
gelernt haben. Ein halbes Jahr lang konnten die Schüle-
rinnen und Schüler durch Gespräche mit Zeitzeugen, ei-
nen Projekttag im Bautzener Staatssicherheitsgefängnis,
ein Theaterstück und eine Diskussionsveranstaltung mit
Marianne Birthler authentische Einblicke in die jüngste
Vergangenheit gewinnen. Gestern fand dieses Projekt
seinen Abschluss in Gesprächen mit zwölf Opfern der
DDR-Staatssicherheit. Alle Beteiligten waren sich einig,
dass dieses bis jetzt einmalige Modellprojekt in ganz
Deutschland Nachahmung finden sollte. Denn: Die
junge Generation ist zwar nicht verantwortlich für die
Vergangenheit, aber verantwortlich für das, was in der
Zukunft kommt.

Aufklären statt verklären ist notwendiger denn je.
So ist der 17. Juni auch ein Tag, um den Blick nach
vorne zu richten. Hierzu gehört es – darauf hat Bundes-
präsident Rau zu Recht hingewiesen –, den Opfern des
SED-Unrechts rechtliche Rehabilitierung und mate-
rielle Entschädigung zukommen zu lassen.

Das vereinte Deutschland hat sich dieser Aufgabe ge-
stellt, sie aber noch nicht zu Ende geführt. Durch ver-
schiedene Gesetze haben wir seit 1992 versucht, den Op-
fern des DDR-Unrechtsregimes zu helfen. Doch noch
immer warten Opfer politischer Verfolgung auf eine an-
gemessene finanzielle Wiedergutmachung für erlittenes
Leid.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: So ist es!)

Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom

28. April 1999 hat sich die Gerechtigkeitslücke zwi-
schen Verfolgten und Verfolgern weiter vergrößert.


(Beifall des Abg. Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU])


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(C (D eshalb hat die FDP-Bundestagsfraktion ein drittes ED-Unrechtsbereinigungsgesetz vorgelegt, das eine onatliche Rente in Höhe von 500 Euro für die Opfer olitischer Verfolgung vorsieht. Leider haben sich die oalitionsfraktionen nicht zu dieser unbürokratischen ilfe für die Opfer durchringen können. Die FDP lässt sich jedoch nicht entmutigen. Wer Wi erstand gegen das SED-Unrechtsregime geleistet und ür Demokratie und Freiheit erhebliche persönliche und oziale Nachteile in Kauf genommen hat, muss heute in ielen Fällen mit einer spärlichen Mindestrente auskomen. Das empfinden wir als ungerecht. Herr Kollege Haupt, gestatten Sie eine Zwischenfrage es Kollegen Hacker? Ja, bitte. Herr Haupt, mir liegen das Schicksal und die soziale ituation der Opfer der SED wie Ihnen am Herzen. Ich öchte Sie trotzdem etwas fragen. Es ist bekannt, dass ie Opfer der NS-Diktatur nicht schon für die Zeit der aft in Konzentrationslagern und Zuchthäusern Rentennsprüche erworben haben, sondern nur dann, wenn sie n ihrer Gesundheit geschädigt wurden oder einen ganz onkreten Nachweis führen konnten. Ich möchte wissen: ie können Sie es vertreten, hier für eine Opfergruppe ine pauschale Rente zu fordern, während Sie einer aneren Opfergruppe diese nicht zugestehen? Kollege Hacker, gestatten Sie mir eine erste Bemer ung. Ich finde alle Versuche, die einen Opfer gegen die nderen auszuspielen, schäbig. Sie versuchen das in Ihen Argumentationen jedoch immer wieder. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ute Kumpf [SPD]: Das ist zynisch!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511414200
Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1511414300
Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1511414400
Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1511414500

Meine zweite Bemerkung. Unser Antrag sah eine un-
ürokratische Vorgehensweise vor,


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNISS 90/ DIE GRÜNEN]: Es geht nicht um Bürokratie, sondern um Gerechtigkeit!)


eil dieser Nachweis in der Praxis – das wissen Sie ganz
enau – nicht so einfach zu führen und juristisch höchst
roblematisch ist. Deshalb versuchen wir mit unserem
ntrag, den direkt Betroffenen – sie sind im Renten-
lter – mit einer unbürokratischen 500-Euro-Entschädi-
ung zu helfen. So einfach ist das.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das beantwortet meine Frage aber nicht!)


Damit müssen Sie leben, nicht ich.
Die FDP unterstützt daher den vorliegenden Antrag

er Union. Er hält die Erinnerung an den 17. Juni






(A) )



(B) )


Klaus Haupt

1953 wach und das Thema der Rehabilitierung und Ent-
schädigung der Opfer der SED-Diktatur auf der Tages-
ordnung. Wir alle müssen uns dieser Aufgabe jährlich
aufs Neue stellen. Das sind wir den Opfern, aber auch
unserem demokratischen Rechtsstaat schuldig; denn zur
Zukunft gehört die Erinnerung.

Danke.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511414600

Das Wort hat die Kollegin Silke Stokar von Neuforn

von Bündnis 90/Die Grünen.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich erin-

nere mich noch daran, dass wir am 17. Juni des letzten
Jahres anlässlich des 50. Jahrestages hier eine sehr be-
wegende Gedenkveranstaltung durchgeführt haben.
Wenn ich mir heute die Reihen und den Rahmen dieser
Debatte anschaue und die heutige Berichterstattung der
Medien werte, komme ich zu dem Schluss, dass wir zur
Kenntnis nehmen müssen, dass der 51. Jahrestag des
17. Juni 1953 nicht die gleiche Würdigung erfährt und
ihm nicht die gleiche Wichtigkeit eingeräumt wird.

Ich bedanke mich deswegen noch einmal ausdrück-
lich bei meinem FDP-Kollegen, weil er hier die vielen
kleinen Veranstaltungen, die im Lande stattfinden, ins
Gedächtnis gerufen und bekannt gemacht hat. Ich habe
im letzten Jahr in meiner Rede darauf aufmerksam
gemacht, dass der 17. Juni ein gesamtdeutscher
Gedenktag ist. Es ist wichtig, der jüngeren Generation
bewusst zu machen, dass der 17. Juni ein wichtiges
gesamtdeutsches Datum ist, weil mutige Menschen ge-
gen Unterdrückung und Diktatur aufgestanden sind. Ich
halte den Antrag der Union daher eher für eine Entwür-
digung als für eine Würdigung des 17. Juni.


(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Das ist ungeheuerlich!)


Diesen Gedenktag in diesem Haus zu einem Berichtstag
der Bundesregierung zu degradieren, das halte ich für zu
wenig.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Was haben Sie denn gemacht?)


Herr Hacker hat sehr gut darauf hingewiesen – ich
neige dazu, das etwas zuzuspitzen –, dass hier Gerichts-
urteile, die natürlich von manchen als Ungerechtigkeit
empfunden werden, weil die Renten der ehemaligen
SED-Mitglieder erhöht werden und es den Opfern
schlecht geht, von Ihnen bedauert werden. Dann müssen
Sie aber auch sagen, dass man für die Grundlage dieser
Gerichtsurteile nicht die Gerichte schelten kann; denn
die Grundlage haben Sie in Ihrer Verantwortung im Eini-
gungsvertrag gelegt.


(Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Das war der gesamte Deutsche Bundestag! Das ist eine Unverschämtheit! SPD genauso wie Union und die FDP!)



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(C (D Der Einigungsvertrag ist die Grundlage dieser Geichtsurteile (Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Das ist unglaublich!)


nd dafür tragen Sie die Verantwortung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Was sagt der Koalitionspartner dazu? Sie entweihen den 17. Juni!)


Während Ihrer Regierungszeit und danach haben Sie
ichts, nicht einmal das Mögliche für die Opfer getan.
ch will Ihnen sagen, was Rot-Grün getan hat. Wir haben
ls Erstes die Haftentschädigung, die Sie jahrelang auf
nterstem Niveau gehalten haben, verdoppelt. Die ande-
en Punkte hat Herr Hacker gut benannt.
Wir sollten es einmal auf den Punkt bringen: Sie ma-

hen mit dem Thema den Versuch eines Kulturkamp-
es, den Sie aber nicht offen auszutragen wagen, im Ge-
enteil. Lesen Sie doch einmal nach, was Herr
arschewski so offen in den Postillen der Vertriebenen-
erbände sagt. Ihm geht es darum, eine Besserstellung
er SED-Opfer gegenüber den Nazi-Opfern durchzuset-
en.


(Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Das ist Quatsch! Eine Gleichstellung!)


as ist mit Rot-Grün nicht zu machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

ch finde es gut, dass Sie sich nicht trauen, hier im Deut-
chen Bundestag diesen Kulturkampf offen auszutragen.
ie wissen, Sie würden ihn gesellschaftlich verlieren.
Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Das ist würdelos, was Sie gemacht haben!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511414700

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
rnold Vaatz, CDU/CSU-Fraktion.

Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1511414800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Ich betrachte es als unangemessen, auf das Ge-
ede der Kollegin Stokar von einem angeblichen Kultur-
ampf einzugehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

enn das wäre in der Tat eine Demütigung der Men-
chen, die in ihrem Leben viel riskiert und viel verloren
aben und sich heute nicht genügend rehabilitiert sehen.
Es ist nicht allein der Eindruck der Kollegin Michalk,

icht allein der Eindruck des Kollegen Haupt und nicht
llein mein Eindruck, dass auf die Frage, ob das Thema
er angemessenen Entschädigung und angemessenen
ürdigung der Opfer des DDR-Regimes zu den Akten






(A) )



(B) )


Arnold Vaatz

gelegt werden kann oder nicht, eindeutig mit Nein geant-
wortet werden muss.

Ich darf ein Zitat des Herrn Bundespräsidenten hinzu-
fügen. Er hat vor einigen Tagen – nicht vor einem Jahr –
gesagt:

Den Opfern des DDR-Regimes muss materielle und
immaterielle Anerkennung zuteil werden. Auch ein
Jahr später bleibe ich dabei, dass da manches hinter
dem zurückgeblieben ist, was wir uns unter Gerech-
tigkeit vorstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das ist der Anlass unserer heutigen Debatte. Wir sind
dem Herrn Bundespräsidenten dafür dankbar, dass er
sich überhaupt dazu geäußert hat. Wir hätten es gern ge-
sehen, wenn es nicht die einzige vernehmbare Stimme
aus dem rot-grünen Lager gewesen wäre, die diese
Worte sagt und diese Ansicht teilt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Wir haben gehandelt, Herr Vaatz! – Gegenruf des Abg. Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/ CSU]: Quatsch!)


Es ist unserem Antrag zu verdanken, dass wir heute,
am 51. Jahrestag des 17. Juni, in diesem Haus über-
haupt über dieses Thema – über die Gedenkrede des
Herrn Bundestagspräsidenten hinaus – politisch debat-
tieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dies allein ist schon eine Aufgabe, die wir als Bundestag
haben. Denn wir haben gegenüber der jungen Genera-
tion die Verpflichtung, das Erinnern an diesen Tag wach
zu halten und den Menschen zu zeigen, dass ihr Einsatz
uns noch heute wichtig ist. Schon allein dafür ist eine
solche Debatte notwendig,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ganz abgesehen davon, dass wir, wie der Herr Bundes-
präsident richtig erkannt hat, auch noch eine ganze
Reihe von Gerechtigkeitsdefiziten zu besprechen ha-
ben.

Herr Stolpe – lassen wir einmal die Frage beiseite, ob
er heute wirklich der geeignetste Vertreter der Bundesre-
gierung bei der Opferehrung in Berlin-Wedding war; im-
merhin hat er den Takt besessen, nicht alle seine Orden
anzulegen, die er im Laufe seines Lebens errungen hat –
hat die berechtigte Frage gestellt, wie wir denn in Zu-
kunft den 17. Juni in der Erinnerung der deutschen Öf-
fentlichkeit wach halten wollen. Diese Frage haben auch
wir uns gestellt. Wir finden, wie ehrlich die Würdigung
der Aufständischen des 17. Juni voriges Jahr wirklich
gewesen ist, hat etwas mit den Lebensumständen zu tun,
die unser Staat ihnen heute einräumt.

Deshalb fordern wir von der Bundesregierung, jähr-
lich zum 17. Juni einen Bericht zur Aufarbeitung des
DDR-Unrechts und zur Lage der Opfer vorzulegen.
Herr Hacker, wenn Sie sagen, ein solcher Berichtsantrag

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(C (D äre im Jahr 1991 gut gewesen, sei heute aber verspätet, ann kann ich Ihnen nur sagen: Der Herr Bundespräsient stellt fest, dass die Frage nicht verspätet ist. Sie ist ktuell. Heute ist es noch nötiger als damals, zu fragen, b die Maßnahmen, die der Deutsche Bundestag im aufe der Zeit getroffen hat, nun, 15 Jahre nach der Wieervereinigung, hinreichend gewesen sind oder nicht. amals trat es offen zutage. Frau Stokar von Neuforn, wenn Sie meinen, dass ein erichtsgegenstand – ein Sachgegenstand oder eine ruppe von Personen – dadurch entwürdigt wird, dass m Bundestag über ihn berichtet wird, dann frage ich Sie ach Ihrer Auffassung zu diesem Haus. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben das nicht verstanden! Der 17. Juni ist mehr als ein Bericht!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Niemand bestreitet, dass er mehr ist. Wir erheben kei-
en Absolutheitsanspruch. Das sollten wir uns gegensei-
ig auch nicht unterstellen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNISS 90/ DIE GRÜNEN]: Dann sollten Sie nicht so einen Quatsch erzählen!)


Der Staat kann nicht in Gestalt seines Bundespräsi-
enten Mängel bei den rechtlichen Rehabilitierungen
eststellen und in Gestalt seines Parlaments die Beseiti-
ung dieser Mängel ablehnen. Das wird von den Betrof-
enen als Heuchelei empfunden und untergräbt die Iden-
ifikation mit unserer Demokratie.
Lieber Herr Hacker, Sie betonen, wir seien für diese
efizite verantwortlich, weil wir es während unserer Re-
ierungszeit verbockt hätten. Dazu sage ich Ihnen ers-
ens, dass wir von diesem Pult aus schon mehrfach ein-
eräumt haben, dass wir keine endgültige Lösung dieser
ngelegenheit gefunden haben. Zweitens. Es dürfte
elbstverständlich sein, dass es der Anspruch einer nach-
olgenden Regierung sein muss, die von der Vorgänger-
egierung hinterlassenen ungelösten Fragen zu klären.


(Beifall bei der CDU/CSU)

enn Sie tatsächlich der Meinung sind, dass es eine
ehlleistung unsererseits gewesen sei, dieses Problem
icht gänzlich zu lösen, dann frage ich Sie, weshalb Sie
s nicht tun.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das haben wir doch 1999 gemacht!)


Jetzt kommen wir zu der Frage, wie Sie es getan ha-
en. Sehr geehrter Herr Hacker, ich erinnere mich noch
ehr gut an Ihre Ausführungen, in denen Sie darauf hin-
iesen, dass die Stiftungen dazu ausersehen seien, die
ntstandenen Härten zu beseitigen. Das war ein Lippen-
ekenntnis. Kurz darauf hat das Bundesinnenministe-
ium bei der Stiftung nämlich eine Deckungslücke von
napp 4 Millionen Euro festgestellt und die Auflösung
ieser Stiftung bis zum Jahr 2005 angeregt. Das ist die
ealität Ihrer Alternativen. Das sollte man der Öffent-
ichkeit in aller Deutlichkeit sagen.






(A) )



(B) )


Arnold Vaatz


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Nehmen Sie die Zahlen zur Kenntnis!)

Das ist aber noch nicht alles. Herr Stolpe hat heute ge-

sagt, die Demonstranten des 17. Juni und die Träger der
Revolution von 1989 seien eine Einheit gewesen. Ange-
sichts der Tatsache, dass die Mittel der Stiftung zur Auf-
arbeitung der SED-Diktatur gekürzt werden sollen und
auch die Projekte zum 15. Jahrestag der Revolution von
1989 infrage stehen, frage ich Sie, ob die Einheit viel-
leicht darin besteht, dass Sie das Gedenken an beide
Ereignisse nach Möglichkeit unterbinden wollen, indem
Sie die finanziellen Mittel zur Aufrechterhaltung der
Erinnerung an diese Ereignisse kürzen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511414900

Herr Kollege Vaatz, Ihre Redezeit ist zu Ende.

(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Herr Vaatz, man kann Sie doch nicht mehr ernst nehmen!)



Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1511415000

Ganz herzlichen Dank. – Ich kann Sie nur auffordern,

die Angelegenheit richtig zu stellen. Nehmen Sie unse-
ren Berichtsantrag an und erklären Sie öffentlich, wie
Sie sich Erinnerungskultur und ihre Unterstützung
durch die Regierung in der Bundesrepublik Deutschland
vorstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Unseriös!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511415100

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/2818 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen, wobei die Federfüh-
rung beim Rechtsausschuss liegen soll. Sind Sie damit
einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
sung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Jörg van
Essen, Rainer Funke, Sibylle Laurischk, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Rechtsstaatlichkeit der Telefonüberwachung
sichern
– Drucksache 15/1583 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
FDP fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen Wi-
derspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Rainer Funke, FDP-Fraktion.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ine Binsenweisheit, dass die Zahl der Telefonüberwahungen jährlich kontinuierlich steigt. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider!)

Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1511415200

Herr Ströbele, Sie haben Recht. – Schon seit einigen
ahren fragt mein Kollege Jörg van Essen regelmäßig die
ktuellen Zahlen bei der Bundesregierung nach. Die
rgebnisse sind erschreckend: Im Jahre 2001 gab es eine
unahme um 15,4 Prozent, im Jahre 2002 eine weitere
unahme um 7 Prozent. Ich will deutlich machen, dass
ie Telefonüberwachung ein wichtiges Instrument zur
ffizienten Bekämpfung der Kriminalität ist. Gerade
ei schweren Verbrechen hat es sich ausgezahlt, dass die
taatlichen Strafverfolgungsbehörden die Kommunika-
ion Verdächtiger überwachen können. Die Telefonüber-
achung hat sich insbesondere bei der Bekämpfung der
rganisierten Kriminalität und der Drogenkriminalität
urchaus bewährt, da in diesem Bereich aufgrund seiner
trukturen auf konventionelle Weise schwer zu ermitteln
st.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Wir haben jedoch sicherzustellen, dass die Anord-

ung der Telefonüberwachungsmaßnahmen rechts-
taatlich einwandfrei erfolgt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


avon kann wenigstens zurzeit in keiner Weise die Rede
ein; auch da müssen Sie, Herr Ströbele, sagen: Das
timmt.


(Beifall bei der FDP – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)


eit vielen Jahren fordert daher die Bundestagsfraktion
er FDP die Bundesregierung auf, die notwendigen Re-
ormen bezüglich der Telefonüberwachung vorzuneh-
en. Auch Herr Bachmaier war immer derselben Mei-
ung.


(Hermann Bachmaier [SPD]: Ist es nach wie vor!)


Die Bundesregierung hat daraufhin regelmäßig vorge-
ragen, dass zunächst die Ergebnisse eines Gutachtens
es Max-Planck-Instituts abgewartet werden sollen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Das stimmt, Herr Ströbele: Dem haben auch wir uns
ngeschlossen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


un liegt das Gutachten seit über einem Jahr vor und
uch ein weiteres Gutachten der Universität Bielefeld
iegt vor. Doch geschehen ist bis heute nichts.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)







(A) )



(B) )


Rainer Funke

– Auch das stimmt!


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles andere hat gestimmt, aber das war falsch! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt hört’s auf!)


Jetzt bin ich natürlich sehr gespannt. Vielleicht sagen ja
Sie, Herr Kollege Bachmaier, in Ihrer nachfolgenden
Rede: „Wir werden in den nächsten Wochen einen Ge-
setzentwurf einbringen.“ – Dann würden wir uns freuen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, eben!)


Dann muss die richterliche Anordnung der Telefon-
überwachung aber unter Berücksichtigung rechtsstaat-
licher Gesichtspunkte erfolgen und es muss eine richter-
liche Überprüfung der Anordnung möglich sein. Nach
dem Gutachten des Max-Planck-Instituts wird ja schlicht
das Formular genommen und angekreuzt, aber keine
vernünftige Begründung für die Anordnung gegeben


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


und der Bürger von der Abhörung auch im Nachhinein
nicht informiert. Nur bei einem Drittel der Akten gibt es
überhaupt Hinweise darauf, dass darüber nachgedacht
worden ist, eine Benachrichtigung vorzunehmen.

All das zeigt, wie wichtig es wäre, hier eine gesetzli-
che Grundlage zu schaffen, die Sie, bislang wenigstens,
nicht geschaffen haben,


(Beifall bei der FDP)

obwohl Sie – wie wir in Hamburg sagen würden – seit
Jahren dazu in der Lage gewesen wären.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt wieder nicht!)


Die Bilanz von Rot-Grün der vergangenen Jahre im
Bereich der Rechtsstaatlichkeit und der Bürgerrechte
zeigt, dass die Bundesregierung keine großen Hemmun-
gen hat, in die Freiheitsrechte der Bürger einzugreifen.
Das hat sich in vielen Gesetzen gezeigt.


(Joachim Stünker [SPD]: Jetzt reicht es aber, Herr Funke! Also! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können Sie nicht sagen! Ungeheuerlich!)


– Herr Stünker, ich will es Ihnen doch gerade begründen,
deswegen unterbrechen Sie mich doch bitte nicht. Ich
nenne Ihnen Beispiele: bei der Änderung des G-10-Ge-
setzes, beim Terrorismusbekämpfungsgesetz und gerade
in jüngster Zeit bei der Änderung des Telekommunika-
tionsgesetzes. Herr Stünker, Sie sind bei den Beratungen
zum großen Teil nicht dabei gewesen, zum Beispiel be-
züglich des Telekommunikationsgesetzes. Sie hätten mit
Ihrer Fraktion dieses Telekommunikationsgesetz verhin-
dern können und müssen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber gewagt!)


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(C (D Die liberale Rechtsstaatspartei FDP fordert die Bunesregierung daher auf, (Joachim Stünker [SPD]: Das spüren wir täglich!)


ie gesetzlichen Voraussetzungen für Anordnung und
auer der Telefonüberwachung in der Strafprozessord-
ung zu konkretisieren und endlich einen entsprechen-
en Entwurf vorzulegen. Insoweit ist die Diskussion, die
ir heute über unseren Antrag führen, eine – wie ich
laube – nützliche Diskussion, weil sie Sie nicht nur an-
egen, sondern vielleicht auch dazu treiben wird, endlich
en geforderten Gesetzentwurf vorzulegen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt jetzt nicht!)


Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511415300

Danke schön. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete
ermann Bachmaier.

Hermann Bachmaier (SPD):
Rede ID: ID1511415400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

unke, es freut uns, wenn die FDP ihre zeitweise kräftig
erschütteten rechtstaatlichen Traditionen wiederent-
eckt.


(Rainer Funke [FDP]: Bei mir ist noch nie was verschüttet gewesen! Das wissen Sie ganz genau!)


Herr Funke, ich habe doch nicht von Ihnen gespro-
hen. Hören Sie genauer hin!
Es ist unbestritten, dass wir die strafprozessualen
ahmenbedingungen für die Telefonüberwachung
rundlegend neu regeln müssen; damit das gleich von
ornherein klar ist.


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD])

ehrere Untersuchungen – Sie sprachen davon –, vor al-

em des Max-Planck-Instituts für Strafrecht und der Uni-
ersität Bielefeld, belegen, dass die rechtsstaatliche
ontrolle der Telefonüberwachung dringend verbessert
erden muss; das ist unbestritten. Auch das Bundesver-
assungsgericht hat in seinem Urteil zur Wohnraumüber-
achung vom März dieses Jahres, das wir noch abge-
artet haben, nochmals mit aller Klarheit deutlich
emacht, dass dem Schutz der Privatsphäre vor akusti-
chen Überwachungsmaßnahmen im Rechtsstaat Bun-
esrepublik eine große Bedeutung zukommt. Das sind
ie Grundlagen.
Die Untersuchungen haben ergeben, dass vor dem
intergrund einer starken Zunahme der Telefonüberwa-
hungsmaßnahmen auch immer mehr unbeteiligte Dritte
n Mitleidenschaft gezogen werden und dass vor allem
ie ermittlungsrichterliche Kontrolle nur äußerst unzu-
eichend wahrgenommen werden kann. Die richter-
ichen Anordnungen ergehen in aller Regel formalis-
isch und sie gehen selten hinreichend auf den Einzelfall






(A) )



(B) )


Hermann Bachmaier

ein. Die Richter haben auch keine Erfolgskontrolle bzw.
Misserfolgskontrolle in dem notwendigen Maße.

Der Straftatenkatalog des jetzigen § 100 a StPO ist
hoch problematisch. Dieser Katalog wurde immer wie-
der punktuell und anlassbezogen ergänzt. Inzwischen ist
er in sich nicht mehr stimmig und gewährleistet nicht in
hinreichendem Maße, dass die Überwachung tatsächlich
nur bei schweren Delikten zum Einsatz kommt. Es be-
stehen auch Zweifel daran, dass die Telefonüberwa-
chung nur dann angeordnet wird, wenn bestimmte Tatsa-
chen den Verdacht auf eine der genannten Straftaten
nahe legen und – das ist das Entscheidende – andere Er-
mittlungsmaßnahmen keinen Erfolg versprechen. Sie ist
also subsidiär einzusetzen. Die Pflicht zur nachträgli-
chen Benachrichtigung von Abgehörten wird biswei-
len sträflich vernachlässigt. Dies hat vielerlei Gründe,
die hier noch nicht erörtert werden können, im Gesetzge-
bungsverfahren aber erörtert werden müssen.

All diese rechtsstaatlichen Mängel sind umso bedenk-
licher, als die Telefonüberwachung in den letzten Jahren
stark zugenommen hat. Herr Funke hat darauf hingewie-
sen. Dies ist sicherlich zum Teil darauf zurückzuführen,
dass sich die Zahl der neuen Telefonanschlüsse, insbe-
sondere im Bereich der Mobiltelefone, in wenigen Jah-
ren vervielfacht hat. Das Telefon hat bei der Planung und
Organisation von Straftaten schon immer eine nicht un-
erhebliche Rolle gespielt. Die Ermittler meinen nicht zu
Unrecht, dass sich diese Tendenz in den zurückliegenden
Jahren eher noch verstärkt hat. In einer wirksamen Tele-
fonüberwachung sehen sie deshalb den Schlüssel für
eine wirksamere Aufklärung von Straftaten.

Die festgestellten rechtsstaatlichen Mängel werden
der Bedeutung des verfassungsrechtlich geschützten
Fernmeldegeheimnisses nicht mehr hinreichend ge-
recht. Das Abhören von Telefongesprächen ist ein
Grundrechtseingriff und deshalb keine Nullachtfünf-
zehn-Ermittlungsmaßnahme.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Telefone dürfen nur bei Delikten von erheblichem
Gewicht, nur bei konkretisiertem Verdacht und nur dann,
wenn andere Ermittlungsmaßnahmen keinen Erfolg ver-
sprechen, überwacht werden. In diesen Fällen – dazu be-
kennen wir uns – brauchen wir allerdings die Telefon-
überwachung zur effektiven Strafverfolgung.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Also doch!)

Wenn diese Voraussetzungen aber nicht vorliegen, dann
müssen wir uns darauf verlassen können, dass wir am
Telefon ungestört, unüberwacht und frei miteinander re-
den können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Rainer Funke [FDP] – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: So weit kommt es noch!)


Wenn wir als Unbeteiligte dennoch abgehört werden,
müssen wir uns darauf verlassen können, dass wir zu-
mindest nachträglich darüber benachrichtigt werden.


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(C (D (Rainer Funke [FDP]: Ach? Was tun Sie denn dagegen?)


Langsam, ich sage es Ihnen doch gleich. – Meine
amen und Herren, die Regierungskoalition wird die be-
tehenden und festgestellten Mängel der Telefonüberwa-
hung aufgreifen und abstellen. Das Bundesjustizminis-
erium und die Koalitionsfraktionen erarbeiten derzeit
inen Gesetzentwurf zur Reform der strafprozessualen
ahmenbedingungen für die Telefonüberwachung. Das
iel dieses Entwurfes ist es, die in den Gutachten doku-
entierte mangelnde rechtsstaatliche Kontrolle wieder
erzustellen. Sie sehen also, sehr geehrte Kolleginnen
nd Kollegen von der FDP, dass auch die von Ihnen mit
em heute in erster Lesung zu beratenden Antrag ange-
prochenen Probleme bei der ins Auge gefassten Reform
on zentraler Bedeutung sind.


(Rainer Funke [FDP]: Hic Rhodus, hic salta!)

Herr Funke, ich bin glaube, dass Schnellschüsse in die-
em sensiblen Bereich niemandem dienen. Das Urteil
es Bundesverfassungsgerichtes ist erst vor wenigen
onaten ergangen. Schneller, als wir dies machen, kann
ies niemand verantwortlich tun.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, Kri-
erien für die Straftaten zu erarbeiten, bei denen im Rah-
en der Ermittlung die Telefonüberwachung möglich
ein soll. Eine in sich stimmige generelle Regelung wäre
ernünftiger als der bestehende Straftatenkatalog mit
einen Unstimmigkeiten.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)


Ich meine auch, dass wir auch dafür Sorge tragen soll-
en, dass die richterliche Kontrolle grundsätzlich von
ichterinnen und Richtern wahrgenommen wird, die
inschlägige Erfahrungen im Umgang mit einem derart
ensiblen Ermittlungsinstrument haben. Auch müssen
ie Belange der Zeugnisverweigerungsberechtigten und
erufsgeheimnisträger berücksichtigt werden und gesi-
hert sein. Mit den konkreten Fragen werden wir uns in
ürze im Rahmen der Beratungen des Regierungsent-
urfes beschäftigen.
Ich jedenfalls freue mich, dass wir mit Ihnen, sehr ge-

hrte Damen und Herren von der FDP-Fraktion, bei der
rundsätzlichen Beurteilung der zu klärenden Fragen ein
ohes Maß an Übereinstimmung feststellen können. Ich
in gespannt, ob dies bei der Realisierung unseres Ge-
etzgebungsvorhabens im selben Maße gewährleistet ist.
eshalb herzlichen Dank für Ihre Initiative, derer es aber
icht bedurft hätte. Wir haben ohnehin bereits gehandelt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511415500

Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Zeitlmann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Wolfgang Zeitlmann (CSU):
Rede ID: ID1511415600

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Wir diskutieren über ein Papier der FDP, das
mich aufgrund der Überschrift an Kubicki erinnert, was
aber zeitlich nicht hinkommt.


(Lachen des Abg. Joachim Stünker [SPD])

Offensichtlich sucht die FDP neue Felder, um rechts-
staatliches politisches Handeln einzufordern.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber freuen wir uns!)


Dazu sage ich: Die Problematik ist – das kann man
gar nicht bestreiten – aufgrund dieses Gutachtens neu zu
diskutieren. Es ist eindeutig, dass die Regierung am
Zuge ist, und wenn sie, wie die Bundesministerin in ei-
nem Interview angedeutet hat, Handlungsbedarf sieht,
dann möge sie etwas vorlegen.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Warum unterstellen Sie uns dann Profilierungssucht?)


– Ich unterstelle Ihnen nur insoweit Profilierungssucht,
als ich dem Antrag wenig Bedeutsames entnehmen
kann.


(Lachen des Abg. Joachim Stünker [SPD])

Entweder Sie sind der Auffassung, dass etwas im Argen
liegt. Dann müssen Sie konkrete Vorschläge machen.
Oder Sie sind der Auffassung, dass die Situation nicht so
schlimm ist. Dann braucht man darüber nicht unter einer
Überschrift zu debattieren, die den Eindruck erweckt, als
ob die Rechtsstaatlichkeit nicht gesichert sei.

Ich habe nicht das Gefühl, dass das Urteil des Bun-
desverfassungsgerichts primär diesen Punkt betrifft.
Man kann darüber streiten, ob neben dem großen
Lauschangriff auch die Telefonüberwachung gemeint ist.
Aber expressis verbis habe zumindest ich dazu im Urteil
nichts gefunden. Aber bitte, wenn die Bundesregierung
eine andere Meinung hat und hier Handlungsbedarf
sieht, dann bin ich auf das gespannt, was kommt.

Ich meine, dass sich die Telefonüberwachung, die im
Übrigen, wenn ich es richtig gesehen habe, 1968 ins Ge-
setzblatt aufgenommen wurde, durchaus bewährt hat
und mit ihr viele Erfolge zu verzeichnen waren. Prakti-
ker halten sie für notwendig. Ich glaube, darüber brau-
chen wir nicht zu diskutieren. Sie hat sich eindeutig be-
währt.

Bei dem Zahlenvergleich aber, Herr Kollege Funke,
sollte man sich schon die Mühe machen, einmal gegen-
zurechnen, wie stark der Telefonverkehr angewachsen
ist. In dem Gutachten des Max-Planck-Instituts werden
die Zweifel weniger an der Zahl der Überwachungen als
an Details wie der Dokumentation und der Entschei-
dungsgründe festgemacht. Ich glaube auch nicht, dass
man in Zeiten steigender Kriminalität sagen kann, dass
die Anzahl der Mittel, die die Polizei und die Sicher-
heitsorgane zur Verfügung haben, automatisch auch stei-
gen muss. Ich schätze, dass sich die Zahl der Telefon-
nummern aufgrund der verstärkten Handynutzung allein
in diesem Lande – ich weiß es nicht – verzehnfacht oder
verzwanzigfacht hat. So gesehen könnte man eher von

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(C (D iner verringerten Kontrolldichte bei der Telefonüberwahung sprechen. (Rainer Funke [FDP]: Dann lesen Sie mal die Gutachten!)


Ich habe die Gutachten schon gelesen, wenn auch viel-
eicht nicht mit der Intensität wie Sie.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist jedenfalls zu viel!)


Eines habe ich mir geschworen: nie mehr einen Be-
icht zu fordern. Wir haben uns einmal im Innenaus-
chuss eine Übersicht geben lassen, wie viele Berichte
ro Jahr das Parlament nur im Bereich der Innenpolitik
infordert. Ich kam zu dem Ergebnis, dass keiner von
ns diese Berichte auch nur im Ansatz gelesen haben
ann.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)


Ich gebe gern zu, Ströbele, dass Sie ein genialer Be-
ichtsleser sind. Alle meine selbstkritischen Äußerungen
ürde ich nie auf Sie ausdehnen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


ch weiß, dass Sie ein fanatischer Aktenleser sind. Ich
ache aber ein großes Fragezeichen hinter die Frage, ob
s sinnvoll ist, so viele Berichte anzufordern. Das gilt
nsbesondere im Hinblick auf die von uns immer wieder
eforderte Verschlankung des Staates. Es wäre einmal
nteressant, die Bundesregierung zu fragen, wie viel
anpower in der Regierung nur mit der Erstellung von
erichten beschäftigt ist. Ich würde dann aber auch da-
um bitten, dass wir ehrlich bekennen, wie viele von uns
iese Berichte gelesen haben.
Ein Punkt ist mir allerdings aufgefallen: Das ist die
eitergehende Begründungspflicht. Die FDP fordert,
ass die Dokumentation der Entscheidungsgründe über
ie Zulässigkeit der Telefonüberwachung verstärkt wer-
en muss. Dazu muss ich klar sagen, sie möge doch die
änderparlamente bemühen; denn die Dokumentations-
flicht unterliegt der Rechtsaufsicht der Länder und ist
urch Bundesgesetz nicht zu ändern.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das Problem! Das hat er gar nicht gesagt!)


Ich meine auch, dass man zumindest – Herr
achmaier hat das schon angekündigt – den Straftaten-
atalog des § 100 a StPO daraufhin überprüfen muss, ob
ielleicht etwas darin fehlt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt habe ich gehofft, dass Sie sagen, „dass man etwas streichen kann“!)


ie Argumentation, dass es Straftaten gibt, die in der
ergangenheit statistisch kaum einen Anlass für eine Te-
efonüberwachung gaben, überzeugt mich noch nicht.






(A) )



(B) )


Wolfgang Zeitlmann

Wir haben viele Straftatbestände, die nicht sehr häufig
vorkommen und trotzdem nicht aus dem Strafgesetzbuch
herausgenommen werden. Das Gleiche würde ich für die
Telefonüberwachung in Anspruch nehmen.

Erklären Sie mir einmal, wieso zum Beispiel Verbre-
chen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen
nach dem Völkerstrafgesetzbuch nicht in dem Katalog
enthalten sind.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine berechtigte Frage!)


Die besonders schweren Fälle des Betrugs, des Compu-
terbetrugs, des Subventionsbetrugs und des Bankrotts
sind ebenfalls nicht enthalten, weiterhin Korruptionsde-
likte, Vorteilsannahme, Bestechlichkeit und Vorteilsge-
währung. Dasselbe gilt für alle Formen des sexuellen
Missbrauchs von Kindern, für alle Formen des schweren
Menschenhandels sowie des Umgangs mit kinderporno-
graphischen Schriften nach § 184 b Abs. 1 Strafgesetz-
buch. Da gibt es Lücken.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Ich diskutiere sofort mit Ihnen darüber, wo man etwas
streichen könnte.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Damit habe ich kein Problem.
Bei der Benachrichtigungspflicht aber sollte man

die Kirche im Dorf lassen. Die Gefahr, dass wir uns um
fremde Sachen kümmern, ist doch sehr groß. Im Gutach-
ten des Max-Planck-Instituts wird aufgeführt, dass in
15 Prozent der Fälle zu dürftig begründet wird. Ich halte
diese Zahl vor allem unter Berücksichtigung der richter-
lichen Unabhängigkeit nicht für ein so gravierendes Pro-
blem, das – dies wurde hier so dargestellt – eine gesetzli-
che Änderung erfordert.

Ich schlage zusammenfassend vor: Lassen Sie uns
bitte alles überprüfen, aber lassen Sie uns gerade in einer
Zeit, in der die Kriminalität zunimmt und in der die Ter-
rorismusbekämpfung im Vordergrund steht, das Mittel
der Telefonüberwachung schärfen, statt es zu schwä-
chen. Ich fürchte, dass in diesem Hause – ich denke da-
bei insbesondere an Herrn Ströbele – eher angestrebt
wird, das Mittel stumpf zu machen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Ungeheuerlich!)


– Ich bin von Ihnen vieles gewöhnt, Herr Ströbele.
Ich glaube, dass wir unsere Mittel zur Bekämpfung

der Kriminalität eher schärfen müssen, als sie zu schwä-
chen. Ich habe die Hoffnung, dass diese Debatte dazu
führt, dass intensiver über die Möglichkeiten nachge-
dacht wird, wie wir unserer Polizei im Kampf gegen die
Kriminalität behilflich sein können. Dann wäre sie ein
Erfolg.

Das Stumpfmachen unserer Mittel zugunsten eines
weiteren Aufweichens und einer weiteren Liberalisie-
rung der bestehenden Regelungen findet nicht unsere

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(C (D ustimmung, Herr Funke. Wir glauben vielmehr, dass es m eine Stärkung der Sicherheitsorgane geht statt um re Schwächung. (Rainer Funke [FDP]: Alles andere hätte ich mir auch nicht vorstellen können!)


Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511415700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Christian

tröbele.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Herr Kollege Funke, wir freuen uns natürlich über
hren Antrag. Wenn wir in der Opposition wären, dann
ätten wir zumindest, was den ersten Teil des Antrags
ngeht – die Forderungen im zweiten Teil nehme ich da-
on aus –, im Deutschen Bundestag möglicherweise ei-
en ähnlichen Antrag eingebracht.
Aber – darin unterscheiden wir uns von Ihnen – wir

tellen die Regierung; wir gehören einer Regierungskoa-
ition an. Deshalb bringen wir keine Anträge ein, in de-
en die Bundesregierung aufgefordert wird, zu handeln,
ondern wir handeln selber.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Joachim Stünker [SPD] – Lachen bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der FDP)


ir sind schon lange in dem Bereich tätig, um den es
ier geht. Insofern habe ich mich über Ihre Rede geär-
ert. Sie haben ausgeführt, dass die Bundesregierung
ichts macht. Ich habe mich bei dieser Bemerkung ge-
ragt, ob Ihnen wirklich entgangen ist, wie viele Stunden
es vergangenen Jahres wir nach meiner Erinnerung ge-
ade den § 100 a StPO beraten haben. Denn auch wir
aben schon erkannt – übrigens schon, bevor das Gut-
chten des Max-Planck-Instituts vorlag –, dass Defizite
orhanden sind und Handlungsbedarf besteht. Wir haben
ber den Standpunkt vertreten, dass wir – wenn schon
in solches Gutachten in Auftrag gegeben worden ist –
as Ergebnis abwarten sollten, weil wir damit die nötige
achkenntnis erlangen, um das Richtige zu tun.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das sollten Sie mal öfter tun!)


Meine erste schriftliche Ausarbeitung der Vorschläge
er Grünen dazu datiert nicht vom 24. September ver-
angenen Jahres wie Ihr Antrag, sondern vom 24. Januar
ergangenen Jahres.


(Rainer Funke [FDP]: Was hat das genutzt?)

amals haben wir uns erstmals Gedanken zu dem
hema gemacht, die wir schriftlich festgehalten und zu
iskutieren begonnen haben. Aber das Problem ist nicht
o leicht zu lösen, Herr Funke. Das ist auch Ihrem An-
rag zu entnehmen.






(A) )



(B) )


Hans-Christian Ströbele

Die heutige Diskussion hat gezeigt – insofern bin ich

dem Kollegen Zeitlmann sehr dankbar –, dass schon
über den ersten Punkt Ihres Forderungskatalogs lange
und intensiv diskutiert werden kann. Auf der einen Seite
hat der Kollege Zeitlmann festgestellt – etwas anderes
haben wir von ihm auch nicht erwartet –, dass in
§ 100 a StPO eine ganze Reihe von Straftatbeständen
nicht aufgeführt sind. Es gibt Straftatbestände, über die
man in der Tat reden kann, wie die Aufstachelung zum
Angriffskrieg und Ähnliches.

Auf der anderen Seite meinen Sie, Herr Funke, dass
eine ganze Reihe von Straftatbeständen in § 100 a
StPO gestrichen werden kann. Sie sagen aber nicht – das
nehme ich Ihnen ein bisschen übel –, welche Straftatbe-
stände Sie im Einzelnen streichen wollen. Machen Sie
doch einmal, so wie es Herr Zeitlmann getan hat, den ei-
nen oder anderen Vorschlag! Sagen Sie doch auch, wel-
che Straftatbestände Sie in § 100 a StPO aufnehmen
wollen! Denn an diesem Punkt müssen Sie Farbe beken-
nen. Sie können nicht nur Forderungen in die Welt set-
zen, sondern Sie müssen auch angeben, an welcher
Stelle die Regelungen ausgeweitet oder eingeschränkt
werden sollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Allein über diese Frage kann sehr lange und intensiv dis-
kutiert werden.

Nachdem wir gemerkt haben, dass dieses Problem
sehr schwer zu lösen ist, haben wir versucht, eine grund-
sätzliche Regelung zu finden, damit wir nicht alle Jahre
wieder von Herrn Zeitlmann oder wem auch immer ge-
mahnt werden, einen Straftatbestand mit aufzunehmen,
während von den Grünen oder von wem auch immer ge-
fordert wird, den einen oder anderen Straftatbestand he-
rauszunehmen. Darüber debattieren wir noch. Aber ich
glaube, dass wir bereits eine Lösung gefunden haben,
über die Sie mit uns sehr bald diskutieren können.

Herr Kollege Funke, genauso verhält es sich mit dem
anderen Punkt, den Sie anmahnen. Sie haben völlig
Recht: Es geht nicht an, dass Richter – obwohl es im Ge-
setz anders steht – ihre Entscheidungen nicht begründen
oder dass sie das Ganze mit einem Formelsatz, der zur
Sache selber nichts enthält, abhandeln, der meistens
noch nicht einmal von ihnen, sondern von der Staats-
anwaltschaft stammt und den sie einfach nur unterschrei-
ben. So geht es nicht weiter.

Wir wollen auch – das steht schon heute im Gesetz –,
dass die Betroffenen einer Überwachung anschließend
benachrichtigt werden, damit sie von ihren rechtsstaatli-
chen Befugnissen Gebrauch machen können, nachträg-
lich überprüfen zu lassen, ob die Abhörmaßnahme in
Ordnung war oder ob es sich um einen Willkürakt han-
delte. Aber die Benachrichtigungen sind in einer gro-
ßen Anzahl von Fällen nicht vorgenommen worden.
Nach der Bielefelder Untersuchung ist nicht einmal in
einem Drittel der Fälle eine Benachrichtigung erfolgt.
Aber, Herr Kollege Funke, Sie sagen nicht, wie Sie hier
für Abhilfe sorgen wollen. Wollen Sie alle Richter in der
Bundesrepublik Deutschland oder nur diejenigen aus-

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(C (D echseln, die bisher nicht begründet haben? Wie wollen ie das machen? Wir, der Gesetzgeber, müssen darüber achdenken, wie wir garantieren können, dass tatsächich das gemacht wird, was gesetzlich festgelegt ist, das eißt, wie wir eine richterliche Zuständigkeit schaffen önnen, die das garantiert, und welche Konsequenzen es öglicherweise haben wird, wenn der Benachrichtiungsund der Begründungspflicht nicht nachgekomen wird. Das ist ein ganz schwieriges Kapitel, über das ir auch lange diskutiert haben. Nun komme ich zum letzten Punkt. Sie sagen eben alls völlig zu Recht – hier stimmen wir überein; ich ehe das völlig anders als der Kollege Zeitlmann, weil ch diese Berichte auch lese –: Wir wollen mindestens edes Jahr einen Bericht der Bundesregierung dazu haen. Aber, Herr Kollege Funke – hier hat Herr Zeitlmann ieder Recht –, solche Berichte kann die Bundesregieung nicht von sich aus erstellen. Hier ist sie vielmehr ringend darauf angewiesen, dass die Bundesländer die ntsprechenden Daten liefern; denn die Daten stammen ast ausschließlich von den Justizverwaltungen der Bunesländer. Die Erstellung des angesprochenen Gutachens durch das Max-Planck-Institut hat unter anderem eshalb so lange gedauert, weil die entsprechenden Daen zurückgehalten worden sind. Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511415800
Frau Präsidentin, mein letzter Satz. – Herr Kollege

unke, deshalb hoffe ich auf Unterstützung Ihrer Frak-
ion und insbesondere derjenigen Bundesländer, in de-
en die Freien Demokraten mitregieren, im Bundesrat,
enn wir jetzt einen Gesetzentwurf auf den Weg brin-
en, in dem wir ganz genau die Berichtspflicht der Jus-
izverwaltungen der Bundesländer, wann sie welche Da-
en zu liefern haben, festlegen. Wenn Sie uns hier
nterstützen würden, wäre das ein hervorragender
chritt. Dann hätte sich die heutige Debatte gelohnt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Rainer Funke [FDP]: Da haben Sie selbstverständlich unsere Unterstützung!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511415900

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Petra Pau.

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1511416000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ie Zahl der Telefonüberwachungen hat in den zurück-
iegenden Jahren drastisch zugenommen. Binnen fünf
ahren hat sich ihre Zahl verfünffacht, oder anders ge-
agt: Auch unter Rot-Grün wird zunehmend in Bürger-
echte eingegriffen. Das ist die Bilanz nach fünf Jahren
emeinsamer Regierung von SPD und Bündnis 90/Die
rünen.
Nun hat die FDP dieses Thema auf die Tagesordnung

esetzt. Ich finde es wichtig.






(A) )



(B) )


Petra Pau


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [frak tionslos])

Ebenso habe ich für die PDS im Bundestag ausdrücklich
das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gewürdigt.
Es hat die ausufernde Praxis des großen Lauschangrif-
fes gerügt. Allerdings vermisse ich bisher entsprechende
Konsequenzen bei der Bundesregierung und in den
meisten Bundesländern. Früher war das übrigens ein
originäres Thema der Grünen. Heute ist ihr Bürger-
rechtsinstinkt – so meine Beobachtung – aufgebraucht.
Ich bedauere das ganz ausdrücklich.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Voll daneben!)


Herr Kollege Ströbele, nun zu Ihnen: Das, was Sie
eben abgeliefert haben, war eine schlichte Luftnummer.
Sie sind inzwischen offensichtlich zum bürgerrechtsan-
kündigungspolitischen Sprecher ernannt worden.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Das habe ich zumindest Ihrem Vortrag entnommen und
das gilt besonders, wenn Sie tatsächlich schon im Januar
vergangenen Jahres angekündigt haben, Konsequenzen
zu ziehen.

Nun wieder zum eigentlichen Gegenstand: Die Tele-
fonüberwachung ist aus rechtsstaatlicher Sicht eine Aus-
nahme, die zwingend begründet werden muss. Die Pra-
xis spricht aber eine andere Sprache.


(Zuruf des Abg. Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU])

– Zu Ihrem Zuruf, Herr Kollege: Es stimmt, es gibt auch
im Deutschen Bundestag Menschen, die Angehörige der
PDS sind und die aus der bitteren Geschichte gelernt ha-
ben. Daher nehme ich mir das Recht, heute auch Ein-
griffe in Bürgerrechte hier zu kritisieren.


(Beifall des Rainer Funke [FDP] und der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das ist schön!)


Schon vor Jahresfrist hat der damalige Bundesdaten-
schutzbeauftragte moniert, die Telefonüberwachung sei
von einer Ausnahme zum Standard mutiert. Jüngste Un-
tersuchungen – sie wurden hier schon zitiert – belegen,
dass sie obendrein lax genehmigt oder aber überhaupt
nicht mehr begründet wird. Die Polizei hat ein Begehr
und immer mehr Richter stimmen ganz unbedarft zu.
Das ist ein Armutszeugnis. Ich denke, wir müssen dafür
sorgen, dass hier wieder Recht und Gesetz einziehen und
im schlimmsten Fall auch die entsprechenden Kennt-
nisse vermittelt werden.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie, Frau Kollegin?)


– Wenn Herr Ströbele pausenlos „Wie?“ fragt, frage ich
mich ernsthaft, ob Sie, der Sie an der Regierung sind,
vielleicht auch einmal das Handwerkszeug in die Hand
nehmen.

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(C (D Von Bundesinnenminister Schily erwarte ich übrigens n dieser Frage keine Besserung mehr. Er hat sich mit en unsäglichen Otto-Paketen und manchem, was er etzt auch noch in das Zuwanderungsgesetz eingebracht at, endgültig disqualifiziert. Aber vielleicht – das ist zuindest meine Bitte – fühlt sich ja die Bundesjustizmiisterin angesprochen und nimmt sich dieser Sache endich an. Hinzu kommen in der Praxis weitere Unterlassungen. er überwacht wird, hat ein Recht darauf, nachträglich arüber informiert zu werden. Das ist geregelt, aber auch n dieser Frage wird in der Praxis sträflich gegen Recht nd Gesetz verstoßen. Stattdessen wird unentwegt verucht, die ausufernde Überwachungspraxis auch noch echtlich auszuweiten. Deshalb tut aus meiner Sicht dreierlei Not: Die poli eiliche Praxis muss auf das Recht zurückgeführt weren; das Recht muss sich am Grundgesetz orientieren nd die Politik muss die verbrieften Bürgerrechte stären, gerade auch Rot-Grün. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber sehr allgemein!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511416100

Das Wort hat jetzt der Parlamentarische Staatssekretär
lfred Hartenbach.
Al
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1511416200

Verehrtes Präsidium! Verehrte Frau Vorsitzende, unter

hrem Vorsitz rede ich besonders gern. – Meine lieben
olleginnen und Kollegen! Herr Funke, ich bin begeis-
ert, dass der Geist von Hirsch und Baum wieder in Ihren
eihen weilt; nur fürchte ich, dass die Attraktivität der
DP als Koalitionspartner der CDU damit erheblich ab-
immt.


(Rainer Funke [FDP]: Das ist einzig unsere Sorge! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Jeder hat seine Last zu tragen!)


Ich mache mir um Sie Sorgen, weil ich nämlich den
nfang Ihres Antrages ganz gut finde. In Ihrem Antrag
teht: Der Rechtsstaat ist verpflichtet, die Menschen vor
riminalität, besonders vor schwerer Kriminalität, wirk-
am zu schützen. Dabei ist die Telekommunikations-
berwachung ein unentbehrliches Instrument. – Das ist
ohl wahr. Wo wir es nämlich mit kriminellen Vernet-
ungen zu tun haben, ist die Telekommunikationsüber-
achung ein erfolgreiches – übrigens häufig auch das
inzige – Mittel, um kriminelle Organisationsstrukturen
achzuweisen und neue Ermittlungsansätze zu finden.
Der Rechtsstaat hatte es in den letzten Jahren nicht

ur mit neuen Kriminalitätsformen zu tun, sondern
leichzeitig mit einer rasanten technischen Entwick-
ung im Bereich der Telekommunikation. Während der
esetzgeber 1968 bei der Einführung des § 100 a StPO
m Wesentlichen nur die Überwachung der Festnetzan-
chlüsse regeln musste, ist mittlerweile die Anzahl von






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach

Mobiltelefonanschlüssen enorm angestiegen, von 1997
bis 2002 von 8 auf 60 Millionen.

Auf diese neue Situation muss der Rechtsstaat reagie-
ren. Die Strafverfolgung muss mit den neuen Techniken,
die natürlich auch von Straftätern genutzt werden,
Schritt halten, ohne dass der Staat dabei mit neuen tech-
nischen Mitteln die Grundrechte seiner Bürgerinnen und
Bürger aushöhlt. Dem Satz, der nicht nur an Stamm-
tischen zu hören ist, „Wer nichts zu verbergen hat,
braucht auch nichts zu fürchten“, und der damit oft ver-
bundenen Vorstellung, Verbrechensbekämpfung habe
Vorrang vor Individualschutz, ist entschieden entgegen-
zutreten.

Es sind vielfältige neue Anwendungsmöglichkeiten
zu prüfen, wie zum Beispiel die Standortpeilung von
entwendeten Mobiltelefonen oder die Erstellung von Be-
wegungsbildern durch so genannte stille SMS. Damit
sind schwierige rechtliche und rechtspolitische Fragen
verbunden.

Wir wollen deshalb Regelungen schaffen, die für die
Rechtsanwendung unter besonderer Beachtung des ver-
fassungsrechtlich geschützten Telekommunikationsge-
heimnisses praktikabel und vor allem für die betroffenen
Bürger transparent sind.


(Rainer Funke [FDP]: Das fällt doch nicht vom Himmel!)


Derzeit überarbeiten wir nach der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 3. März die Regelungen
zur akustischen Wohnraumüberwachung. Das Bundes-
ministerium der Justiz wird hierzu voraussichtlich in
Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Kürze?)


– „In Kürze“ heißt, ich glaube, schon in der übernächs-
ten Woche.

Außerdem steht die Reform der Telekommunikations-
überwachung auf der Agenda. Herr Funke, ich wundere
mich immer wieder über Ihre Sprüche. Einmal sagen
Sie, wir peitschten Gesetze durch. Wenn wir es, wie
jetzt, sehr sorgfältig beraten, sind wir Ihnen dann wieder
zu langsam. Ich kann Ihnen nur sagen: Der Rechtsstaat
ist manchmal eine Schnecke; aber in diesem Fall ist es
gut, dass die rechtsstaatlichen Überprüfungen in der
Weise vor sich gehen.

Ich möchte Ihnen in der mir noch verbleibenden Zeit
einige unserer Überlegungen skizzieren. Die starre und
unübersichtliche Auflistung von Anlasstaten, wie sie
bisher im § 100 a StPO steht, gehört auf den Prüfstand.
Wir können uns vorstellen, diese Auflistung durch einen
Katalog materieller Wertkriterien zu ersetzen. Solche
Kriterien könnten zum Beispiel sein: die Schwere der
Straftat und die besondere Erforderlichkeit und Geeig-
netheit der Telekommunikationsüberwachung zur Auf-
klärung einer Straftat.

Damit könnten wir, erstens, den leidigen Diskussio-
nen über Ausweitung und, was sehr selten ist, Einschrän-
kung des Straftatenkatalogs entgegentreten. Zweitens

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(C (D ürde die bei einem Kriterienkatalog immer erforderlihe Abwägung der Grundrechtsrelevanz von Überwahungsmaßnahmen besser Rechnung tragen als ein nach nd nach ausfransender und im Grunde willkürlicher nlasstatenkatalog. Mir greift, verehrter Herr Kollege unke, Ihr Antrag in diesem Punkt zu kurz, weil auch ie wieder lediglich am Katalog herumdoktern wollen nd nicht die Fantasie aufbringen, die nun einmal notendig ist, um hier grundsätzlich Neues zu schaffen. Wir wollen auch den Rechtsschutz im Verfahren noch esser absichern. Wir wissen aus dem Bericht des ax-Planck-Instituts, dass Richter Maßnahmen oft nur ormelhaft begründen. Dem Mangel an Transparenz und echtlichem Gehör wollen wir durch eine qualifizierte egründungspflicht begegnen. Die Untersuchung hat ns auch vor Augen geführt, dass die Benachrichtiungspflicht leider immer noch zu selten richtig wahrgeommen wird. Wir können hier nur, wie es im Gesetz teht, an die Vertreter der Praxis appellieren und sie erahnen, diese Aufgabe künftig ernst zu nehmen und den enschen, die abgehört worden sind, mitzuteilen, dass ie abgehört worden sind. Ich kann mir nichts Schlimeres vorstellen, als dass man als Betroffener von dritter eite erfährt, dass man abgehört worden ist, und dass an sich dagegen dann gar nicht wehren kann. Wir haben schon sehr weit gehende Beratungen ge ührt. Herr Staatssekretär, achten Sie ein bisschen auf die eit! A Ich habe noch ungefähr einen halben Satz zu sagen. Wir werden diese Beratungen zu einem guten Ab chluss bringen. Ich hoffe, ich habe Sie ein bisschen neugierig geacht. Mir standen leider nur fünf Minuten zu, wie Ihen, Herr Funke, obwohl ich inhaltlich mindestens vieral so viel wie Sie hätte sagen können. Hoffentlich ommen wir zu einer guten inhaltlichen Diskussion. Ich reue mich, dass Sie wieder mit im Boot sind. Danke schön. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Jürgen Gehb [CDU/ CSU]: Das sind ja rhetorische Feuerwerke, die hier abgebrannt werden!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511416300
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1511416400


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511416500

Ich schließe damit die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/1583 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Deutsche-Welle-Gesetzes
– Drucksache 15/3278 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
die Staatsministerin Christina Weiss.

D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1511416600


Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Die Debatten der Vergangenheit über die Sinn-
haftigkeit, die Ausrichtung und die Chancen des deut-
schen Auslandssenders sind Geschichte. Über alle Par-
teigrenzen hinweg sind wir uns längst einig: Wir
brauchen die staatsunabhängige, modern und professio-
nell arbeitende Deutsche Welle, die unser Land im Aus-
land als eine europäisch gewachsene Kulturnation
ebenso wie als demokratischen Verfassungsstaat präsen-
tiert, und dies in deutscher Sprache, aber auch in den
Sprachen der Welt.

Die Deutsche Welle ist nicht nur eine Botschafterin
unseres Gemeinwesens; sie ist auch eine Mittlerin zwi-
schen den Kulturen. In dieser Rolle wird sie ebenfalls
immer wichtiger und wird immer stärker wahrgenom-
men. Wir erleben immer wieder, dass der deutsche Aus-
landsrundfunk in vielen Krisenregionen der Welt als eine
unabhängige, unbestechliche, zuverlässige Informations-
quelle anerkannt und als Entwicklungshelfer in Sachen
Demokratie verstanden wird. Das gilt vor allem für die
Regionen der Welt, die unserer politischen Solidarität
besonders bedürfen wie im Augenblick Afghanistan,
Irak oder auch Afrika.

Nach der Neufassung des Gesetzes soll die Deutsche
Welle diesem hohen Anspruch stärker gerecht werden
können. Die Bundesregierung setzt mit dieser Gesetzes-
novelle auf die Organisation der Selbstverpflichtung des
Senders und auf den Dialog mit allen, die sich aufgrund
ihres Sachverstandes und ihres Amtes konstruktiv für die
Deutsche Welle einbringen wollen. Das erste und das
letzte Wort hinsichtlich des Programms hat jedoch der
Sender. Die Programmautonomie bleibt unangetastet.

51 Jahre nach ihrer Gründung braucht die Deutsche
Welle in einer sich wandelnden globalen Welt Verläss-
lichkeit in den politischen und in den finanziellen Rah-
menbedingungen. Nur so kann sie als moderne Medien-
anstalt im Konzert mit anderen in- und ausländischen
Sendern bestehen und nur so kann sie die internationalen
Kooperationen, zu denen das Gesetz verpflichtet, be-
gründen und ausbauen.

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(C (D Der Befragung der Bundesregierung am 24. März ntnahm ich Signale des Inhalts, dass für Sie, meine amen und Herren, die Selbstbewirtschaftung von undesmitteln ein wichtiges Prinzip ist. s ist ein Prinzip, das, wie wir alle wissen, seit 1999 raktiziert wird. Auch ich habe Interesse daran, dass die eutsche Welle mit den jährlich zur Verfügung gestellen Bundesmitteln sparsam und effizient umgeht. iesem Ziel entspricht es, dass die Mittel weiterhin berjährig und damit über einen längeren Zeitraum beirtschaftet werden können. (Beifall des Abg. Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD] sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Jawohl!)


(Beifall bei der SPD)


Die Deutsche Welle kann mit diesem innovativen und
ür manche Landesrundfunkanstalt schon geradezu als
odellhaft geltenden Gesetz die nächsten Jahrzehnte das
ein, was wir alle von ihr erwarten, nämlich eine freie
timme in der freien Welt, eine Stimme, die bestens dazu
eeignet ist, den Dialog zwischen den Kulturen und Völ-
ern nicht nur zu beschreiben, sondern auch praktisch zu
ühren.
In diesem Sinne danke ich Ihnen, meine Damen und
erren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511416700

Das war aber eine vorbildlich kurze Rede der

taatsministerin. – Das Wort hat jetzt der Abgeordnete
ernd Neumann.


(Beifall des Abg. Günter Nooke [CDU/CSU])



Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1511416800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Vor-

age des Gesetzentwurfs zur Deutschen Welle ist ein
ängst überfälliger Schritt. Nach zwei misslungenen Re-
ormkonzepten unter den Staatsministern Naumann und
ida-Rümelin in der letzten Legislaturperiode nimmt,
ie es scheint, die Neugestaltung des deutschen Aus-
andsrundfunks, die bereits in der Koalitionsvereinba-
ung von Rot-Grün von 1998 versprochen wurde, nach
ünfeinhalb Jahren endlich konkrete Formen an.
Insgesamt betrachtet, von einigen Punkten abgesehen,

st die Richtung okay. Wir unterstützen besonders, dass
er Programmauftrag lediglich in einer Generalklausel
m Gesetz festgelegt und damit die uneingeschränkte
erantwortung der Deutschen Welle für ihr Programm
esichert werden soll. Damit wird die gebotene Staats-
erne gewährleistet. Das war nicht immer so in den
berlegungen des Amtes.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Hanten-Papier!)







(A) )



(B) )


Bernd Neumann (Bremen)


– Herr Kollege Otto, Sie weisen zu Recht auf das so ge-
nannte Hanten-Papier von September 2000 hin. Darin
wurde durch einige Zielsetzungen die gebotene Staats-
ferne massiv verletzt. Gott sei Dank ist das nun nicht
mehr der Fall. Deswegen ist das positiv.

Ich empfinde es ebenfalls als positiv, dass wir es der
Deutschen Welle durch ein so genanntes Selbstevaluie-
rungs- und Selbstregulierungsverfahren überlassen, die
Programmgrundsätze und Zielsetzungen selbst zu kon-
trollieren. Dennoch sind diejenigen wie wir, die das Geld
zur Verfügung stellen, nicht völlig außen vor, weil wir
als Bundestag wie auch Sie, die Bundesregierung, im
Rahmen des Beteiligungsverfahrens die Möglichkeit zur
Stellungnahme erhalten. Das ist richtig, denn wir wollen
uns über das austauschen, was mit den Haushaltsmitteln
in beträchtlicher Höhe gemacht wird.

Ich begrüße auch, dass die Bundesregierung dem Ver-
langen der Gewerkschaft Verdi, die personelle Mitbe-
stimmung bei Programm gestaltenden Mitarbeitern in
der Deutschen Welle zu erweitern – hier ist das PVG ge-
meint –, nicht nachgekommen ist. Ich halte das deshalb
für richtig, weil sich die Mitbestimmungsmodalitäten
der Deutschen Welle bewährt haben; dort, wo man es än-
dern wollte, gibt es in der Tat keine konkreten Probleme.
Wir haben übrigens bei den Länderanstalten Regelungen
in gleicher Weise, so beim Mitteldeutschen Rundfunk,
beim NDR und beim Rundfunk Berlin-Brandenburg.
Wir haben kürzlich in Bremen, weil sich die Bestimmun-
gen des Deutsche-Welle-Gesetzes zur Mitbestimmung
bewährt haben, diese Mitbestimmungsregelung über-
nommen.

Soweit zu den Dingen, die positiv sind. Ich möchte
jetzt vier Punkte nennen, bei denen wir Veränderungen
wollen, was wir demnächst auch in Änderungsanträgen
deutlich machen werden.

Der erste Punkt betrifft die Ziele, § 4. Dort geht es da-
rum, ob wir – insbesondere die Kollegen aus dem Kul-
turausschuss des Deutschen Bundestages – bereit sind,
zum Ausdruck zu bringen, dass die Deutsche Welle
Deutschland auch als europäische Kulturnation darstel-
len soll, so wie das im Referentenentwurf, den Sie vor-
gelegt haben, stand. In dem von der Regierung beschlos-
senen Entwurf fehlt dieser Begriff. Darin ist nur davon
die Rede, dass man Deutschland in seiner ganzen Viel-
falt darstellen solle. Nun könnte man sagen, das sei
Wortklauberei. Aber das ist es wohl nicht, denn sonst
hätten Sie es ja nicht in dieser Form hineingeschrieben.
Dann wurde behauptet, im Außenministerium habe man
Bedenken gehabt. Außenminister Fischer war in unse-
rem Ausschuss. Wir haben ihn danach gefragt und er hat
gesagt, damit habe er kein Problem, das sei nicht sein
Punkt. Deshalb werden wir vorschlagen, dass die Deut-
sche Welle durchaus Deutschland als europäische Kul-
turnation zum Ausdruck bringen soll.


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Jawohl!)

Der zweite Punkt betrifft die Planungssicherheit. In

dieser Hinsicht gibt es schlimme Erfahrungen. Ich erin-
nere Sie daran, dass in den Jahren von 1998 bis heute
ohne eine Veränderung der Aufgaben eine Reduzierung

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(C (D es Haushaltes um 150 Millionen Euro erfolgte. 2005 eläuft sich das Budget für die Deutsche Welle auf 70 Millionen Euro. Normalerweise hätten wir ohne Eröhung, wenn wir nur die Preissteigerung einrechneten, eute auf der alten Grundlage von 1998 ein Niveau von 57 Millionen Euro haben müssen. Wenn wir dann über ie Diskussion über die Gebühren der öffentlich-rechtlihen Rundfunkanstalten und darüber nachdenken, was ie alles wollen und wie sie klagen, (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Und wie viel sie zusätzlich bekommen haben!)


uss ich sagen: Diese Kürzung hat die Deutsche Welle
icht verdient. Umso wichtiger ist es, dass wir mehr Pla-
ungssicherheit schaffen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Planungssicherheit heißt: finanzielle Sicherheit über
ehrere Jahre. Eine solche Rundfunkanstalt kann man
icht wie die Verlängerung einer Behörde behandeln.
uch da wäre Planungssicherheit gar nicht schlecht. Be-
onders für eine Rundfunkanstalt ist es aber nötig, dass
ie in einem längeren Prozess planen, kalkulieren und
rogramm machen kann. Deswegen ist auch in § 4 a
nter „Aufgabenplanung“ die Zielsetzung aufgenommen
orden, dass die Deutsche Welle eine Aufgabenplanung
ür einen Zeitraum von vier Jahren vornehmen soll. Wei-
er heißt es:

Planungsgrundlage sind die finanziellen Rahmen-
daten der Bundesregierung, soweit die Deutsche
Welle betroffen ist.

ann – Kollege Otto hat in der Fragestunde bereits da-
auf hingewiesen – heißt es aber konkret dazu in § 4 b,
Beteiligungsverfahren“:

Die Bundesregierung teilt der Deutschen Welle die
im laufenden Haushaltsverfahren beschlossenen fi-
nanziellen Rahmendaten mit …

lso sind das Daten nicht für vier Jahre, sondern nur für
in Jahr. Ein Einwand könnte sein – Sie bringen ihn gar
icht mehr –, das sei nicht so zu verstehen. Dazu sage
ch: Doch, das ist so zu verstehen. Denn in Ihrem Refe-
entenentwurf hatten Sie eine andere Formulierung, die
ämlich Planungssicherheit bedeutet hätte. Dort hieß es:

Die Bundesregierung teilt der Deutschen Welle die
im laufenden Haushaltsverfahren beschlossene mit-
telfristige Finanzplanung mit …

lso merke: Entsprechend dem neuen Entwurf werden
ie Daten nur für ein Jahr mitgeteilt. Richtig wäre es, für
ier Jahre finanzielle Planungssicherheit zu schaffen. Es
st enttäuschend, dass Sie dies nicht vorsehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dritter Punkt. Zur mittelfristigen Planungssicherheit

ehören auch eine flexible Wirtschaftsführung und über-
ährige Verfügbarkeit der Mittel. Sie haben angespro-
hen, dass Sie das richtig finden, und begrüßen, dass wir
as unterstützen. Sie haben das auch expressis verbis in
en Referentenentwurf hineingeschrieben – was richtig
ar. Wie man sieht, hat der Bundesfinanzminister – wer






(A) )



(B) )


Bernd Neumann (Bremen)


sonst sollte es gewesen sein? – diesen Passus im konkre-
ten Entwurf wieder gestrichen. Dahinter steht ja etwas.
Meine Damen und Herren von der SPD, wenn wir mit
der Ministerin der Auffassung sind, dass das wieder im
Entwurf stehen soll, dann stimmen Sie unserem Antrag
zu, den wir diesbezüglich einbringen werden.

Vierter und letzter Punkt. Die berechtigte Forderung
der Deutschen Welle, dass ebenso wie bei den Landes-
rundfunkanstalten die Finanzierungshöhe durch eine un-
abhängige Kommission ermittelt werden soll, die dann
einen Vorschlag macht – es ist am Ende immer das Par-
lament, das bewilligt –, ist im Entwurf leider nicht auf-
genommen worden. Damit wird die Chance, die Finan-
zierung der Deutschen Welle in verfassungskonformer
Weise auszuprägen und so die Grundsätze des Achten
Rundfunkurteils des Bundesverfassungsgerichts hin-
sichtlich der politischen Unabhängigkeit und Staatsferne
des Senders zu berücksichtigen, versäumt.

Zu diesen vier Punkten werden wir dann im Aus-
schuss Änderungsanträge einbringen.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch kurz zwei
Punkte nennen, die auch mit Geld und mit der Deutschen
Welle sowieso zu tun haben. Das eine ist der Punkt
„German Channel“. Die Anlauffinanzierung läuft im
nächsten Jahr aus und die Abonnentenzahlen kommen
nicht einmal annähernd in den Bereich, in dem sich das
Programm selbst tragen würde – wir haben ja be-
schlossen, dass es sich selbst tragen soll. Gefordert
sind 70 000 Abonnenten, tatsächlich sind es nach drei-
einhalb Jahren nur 7 700. Ein Teil des Beschlusses von
damals war – das wurde deutlich von allen Fraktionen
getragen –, dass es keine weiteren Finanzspritzen für das
Programm geben wird.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: So ist es!)


Außerdem hat die CDU/CSU damals deutlich gemacht,
dass das originäre dreisprachige Fernsehprogramm der
Deutschen Welle – dreisprachig: Deutsch, Englisch und
Spanisch – dadurch nicht gefährdet werden darf.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: So ist es!)


Wie man jetzt sieht – ich komme in meinem letzten
Punkt darauf –, ist das spanischsprachige Programm ge-
fährdet, weil der Deutschen Welle die Mittel für die ori-
ginären Programme, wie es scheint, fehlen. Fazit:
Channel D ist eine wirklich gute Idee; nur, solange die
Deutsche Welle stark unterfinanziert ist und, wie wir
jetzt sehen, die originären Aufgaben nicht erfüllen kann,
ist es nicht zu verantworten, dem Programm weitere
Mittel zur Verfügung zu stellen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Lassen Sie mich einen letzten Punkt ansprechen. Vor
wenigen Wochen haben die Direktoren und der Inten-
dant auf einer Klausurtagung der Deutschen Welle die
Streichung des spanischsprachigen Fernsehpro-
gramms aus Kostengründen beschlossen. Es ist vorgese-

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(C (D en, das nur noch mit Untertiteln zu machen. Ich sage tzt schon: Das kommt für uns auf keinen Fall infrage. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Das sagt der Bundeskanzler auch!)


arum? – Die Einstellung ist gleichzusetzen – so finden
ir – mit einem Abbruch der über viele Jahre aufgebau-
n lateinamerikanischen Arbeit der Deutschen Welle.
erade mit ihrem spanischsprachigen Programm zählt
ie Deutsche Welle dort zu den deutschen Symbolen und
ympathieträgern. Das Programm wird insbesondere in
ateinamerika besonders stark frequentiert. Das
eutschsprachige wie auch das englischsprachige Ange-
ot der Deutschen Welle sind kein Ersatz in Lateiname-
ika, wo Fremdsprachenkenntnisse selbst in gebildeten
reisen häufig nicht dazu ausreichen, ein fremdsprachi-
es Fernsehprogramm zu verstehen. Die geplante Unter-
telung eines Nachrichtenprogramms ist in Lateiname-
ika nicht üblich, sodass das nur auf eine sehr geringe
kzeptanz stößt.
Die Bundesregierung stellte in der Antwort auf eine
leine Antrage der CDU/CSU zum Beispiel fest,
eutschland komme auf Rang drei, nach den USA und
panien, im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung
ls Investor. Wenn die Bundesregierung dann in dieser
ntwort auf die Kleine Anfrage schreibt, sie würde es
edauern, wenn das spanischsprachige Programm einge-
tellt würde, und wenn darüber hinaus Ihr Bundeskanz-
r Gerhard Schröder kürzlich erklärt hat, die Einstellung
es spanischsprachigen Programms dürfe nicht infrage
ommen, dann sollte es eine Selbstverständlichkeit sein,
ass wir der Deutschen Welle signalisieren: Das finden
ir nicht gut.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Gelegentlich folgen wir Herrn Schröder!)


Verehrte Damen und Herren aus der Koalition, Sie ha-
en an meiner grundsätzlichen Einschätzung wie auch
n meinen Bemerkungen im Hinblick auf mögliche Ver-
nderungen gemerkt, dass es – wenn wir ein Stück auf-
inander zugehen – möglich sein müsste, das Deutsche-
elle-Gesetz erneut einstimmig zu verabschieden. Ich

inde, das tut einer Rundfunkanstalt, die ja über viele
ahre Programm machen muss, gut. Es wäre auch ein
tück Sicherheit, denn man kann – da werden Sie mir
echt geben – nicht in jedem Fall davon ausgehen, dass
ie, die besondere Verantwortung tragen, das ewig tun
erden. Aus diesem Grunde wäre es gut, wenn wir der
eutschen Welle mit einem einstimmigen Beschluss
iederum Planungssicherheit für die nächsten Jahre ge-
en würden.
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511416900

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Monika Griefahn.






(A) )



(B) )



Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1511417000

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol-

legen! Lieber Bernd Neumann, vor meinen eigentlichen
Ausführungen zum Gesetz möchte ich zweierlei zu den
beiden letzten von Ihnen genannten Punkten sagen. Zu-
nächst: Channel D ist schon pleite; wir haben nur noch
German TV.


(Bernd Neumann [Bremen] [CDU/CSU]: Habe ich doch gemeint!)


Wir sind uns doch einig und haben es besprochen: Wenn
die Auswertung vorliegt und sich herausstellt, dass das
nicht erfolgreich ist, dann müssen wir genau überlegen,
was wir machen. Ich glaube nicht, dass irgendjemand
bereit ist, weiter Geld auszugeben, wenn etwas nicht er-
folgreich ist. Aber wir müssen die Auswertung abwar-
ten. Wir haben sie uns für das Frühjahr vorgenommen;
im Herbst wird es die Auswertungspapiere geben, und
dann werden wir gemeinsam beschließen. Ich glaube,
dass es, wenn die Fakten vorliegen, keine so unter-
schiedlichen Einstellungen geben wird.

Meine zweite Vorbemerkung betrifft das spanisch-
sprachige Fernsehen. Ich muss mich ein wenig wun-
dern: Viele von uns – auch in der SPD-Fraktion – haben
gegen die Einstellung des spanischsprachigen Fernse-
hens protestiert. Aber man muss doch auch ganz klar se-
hen, dass wir uns immer dafür eingesetzt haben, dass die
Deutsche Welle ein staatsferner Rundfunk ist. Wenn also
Intendanz und Redaktion vor dem Hintergrund des zur
Verfügung stehenden Geldes


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Aber da hakt es doch!)


beschließen, nicht eine Stunde spanischsprachiges Fern-
sehen, sondern – für die Hälfte des Geldes – fünf Stun-
den Untertitelung zu bringen, dann können wir das gut
finden oder nicht, aber es ist die Entscheidung des Sen-
ders selbst.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Aber es ist unsere Entscheidung, wie viel Geld die bekommen! Da hakt es!)


– Das wird sicherlich immer wieder die Frage sein. Aber
es geht um die Staatsferne.

Der Sender bringt neben 22 Stunden englischem und
deutschem Programm eine Stunde lang ein spanisches
Programm, das dann wiederholt wird. Über die Überle-
gung des Senders, stattdessen fünf Stunden Untertite-
lung zu machen, kann man sicherlich diskutieren; man
sollte sie aber respektieren. Ich möchte gar keine ab-
schließende Wertung abgeben. Wir werden abwarten,
was die Haushaltsdebatten im Herbst bringen werden
und wie viel Geld wir gemeinsam für die Deutsche
Welle aufbringen können.

Mit der Vorlage des Gesetzentwurfs ist meiner An-
sicht nach ein großer Wurf gelungen. Wir haben es mit
einer Gesetzesnovelle zu tun, die – Frau Staatsministerin
hat das schon gesagt – in den Medien ihresgleichen
sucht. Wir haben bereits seit 1998 darüber debattiert, in
welcher Form das Gesetz der Deutschen Welle refor-
miert werden soll oder muss. Dabei war es bei allen im

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(C (D aus immer unstreitig, dass es Neuregelungen geben uss. Es gab und gibt viele Debatten über Sinn und Uninn der Welle insgesamt. Ich glaube, wir im Hause sind ns einig, dass die Welle notwendig ist. Worüber wir disutieren, ist, wie ihr Programm aussehen soll und wie hre spezifischen Zielgruppen zu erreichen sind. Diese ebatten waren notwendig; ohne sie kann die Welle icht das leisten, was sie leisten soll. Sie hat sich durch ie Debatten, die wir in den letzten Jahren gehabt haben, nabhängig von der Gesetzesnovellierung schon zu inem modernen Sender entwickelt, der in der medialen ußenrepräsentanz der Bundesrepublik eine entscheiende und, wie ich denke, zentrale Rolle spielt. Ich möchte in diesem Zusammenhang aus einer ak uellen Studie, die von Forsa erstellt worden ist, zitieren. örer und Zuschauer der Deutschen Welle wurden in en USA und in Russland, in zwei für uns sehr wichtien Ländern, befragt. Die Berichterstattung über eutschland ist in diesen Ländern eher gering. Sie ist in ussland etwas umfangreicher als in den USA, aber in eiden Fällen eher undifferenziert. Allerdings ist unter en Nutzern der Deutsche-Welle-Angebote in beiden ändern ein deutlich differenzierteres Bild festzustellen. lischees und Vorurteile über Deutschland sind unter en Deutsche-Welle-Nutzern in beiden Ländern weniger orhanden als bei anderen Befragten. Die Nutzer der elle haben auch ein weniger rückwärtsgewandtes eutschlandbild als andere. An diesem Beispiel zeigt sich, dass die Deutsche elle ihrem Programmauftrag gerecht wird, indem sie rstens Lücken der Berichterstattung in anderen Ländern üllt und zweitens dazu beiträgt, ein mindestens aktueles Bild von Deutschland zu vermitteln. Das ist ein wichiger Punkt, der in dem Programmauftrag neu aufgenomen wird. Ich stimme Bernd Neumann zu – ich denke, ass wir dazu einen gemeinsamen Antrag aller Fraktioen hinbekommen können –, dass wir Deutschland als uropäische Kulturnation präsentieren sollten. Dieser unkt kann im Rahmen eines gemeinsam eingebrachten nderungsantrags berücksichtigt werden. Die Welle ist nicht mehr nur ein reiner Nachrichten ender – eigentlich war sie das nie –, sondern sie trägt azu bei, im Austausch mit Hörern, Zuschauern und Oninenutzern ein Forum des Dialoges in, über und mit eutschland zu sein. Ich betone dies besonders, weil die nlinenutzung immer wichtiger wird. Ich stelle mir eien modernen Auslandsrundfunk so vor, dass es einen irklichen Austausch gibt und dass er nicht ein reines ransportmittel für, wie es in § 4 des alten Deutscheelle-Gesetzes heißt, „deutsche Auffassungen zu wich igen Fragen“ ist. Ein weiterer wichtiger Punkt in dem Gesetzentwurf st die Verankerung der Telemedien. Dieser zentrale unkt wird gerade bei den deutschen Rundfunkanstalten icht immer angemessen beachtet. Es ist ganz wichtig, ass wir diesen Punkt im Deutsche-Welle-Gesetz veranern konnten. Für mich ist außerdem wichtig, dass es im Rahmen der ukünftigen Arbeit der Welle eine enge Kooperation und oordination mit Bundestag, Bundesregierung und Monika Griefahn Öffentlichkeit geben wird. Das heißt, wir werden einen transparenten Prozess, ein Beteiligungsverfahren, haben, das es der Welle ermöglicht, in Konsultationen eben mit Bundestag, Bundesregierung und Öffentlichkeit über Zielgruppen, Aufgabenplanung, Sendegebiete und Vertriebswege selbst zu bestimmen und diese Punkte in einem offenen Beratungsprozess zu justieren. Bislang war der Bundestag nur dann beteiligt, wenn wir uns gemeldet haben. Die Mitarbeit wird durch das Gesetz formalisiert. Das ist wichtig und eine prima Sache. Das Parlament bekommt so die Möglichkeit, sich intensiver als bisher mit der Arbeit der Welle auseinander zu setzen. Das ist im Sinne des von mir angesprochenen Dialogprozesses. Die Deutsche Welle wird sich darüber hinaus weiter für die Verbreitung von Deutschkursen engagieren, wie sie das bisher schon in Eigenregie und in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut tut. Der Auftrag, die deutsche Sprache weltweit zu vermitteln, damit nicht Englisch die einzige Sprache im Angebot ist, ist ein ganz wichtiger Punkt. (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


Die Bereitstellung der notwendigen Mittel – wir ha-
ben schon darüber diskutiert – bringt immer Schwierig-
keiten mit sich. Die gewachsenen Aufgaben in der Kri-
senprävention, die im Kosovo, in Afghanistan und jetzt
auch in der arabisch-islamischen Welt erfüllt werden, be-
deuten neue Aspekte in der auswärtigen Medienarbeit.
Wir haben Schwierigkeiten, eine entsprechende Finan-
zierung sicherzustellen. Aber wir werden gemeinsam da-
ran arbeiten, dass die Erfüllung der Aufgaben mit dem
neuen Gesetz und der Selbstbewirtschaftung möglich ist
– die Frau Ministerin hat es schon angesprochen – und
dass die Welle den notwendigen Handlungsspielraum
bekommt. Wir werden gemeinsam dafür streiten.

In diesem Sinne wünsche ich, dass wir nach den Bera-
tungen im Ausschuss das Deutsche-Welle-Gesetz ge-
meinsam verabschieden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511417100

Nächster Redner ist der Kollege Hans-Joachim Otto,

FDP-Fraktion.

Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1511417200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich will es gleich vorweg sagen: Dieser Gesetzentwurf
ist sicherlich eine gute Grundlage. Ich werde seitens der
FDP-Fraktion alles dafür tun, dass eine einstimmige Ver-
abschiedung dieses Gesetzes gelingt.

Bevor ich zu Einzelheiten komme, möchte ich in den
nur drei Minuten, die ich habe, auf Punkte eingehen, die
eben Frau Griefahn und Herr Neumann erwähnt haben,
weil sie für die konkrete Ausgestaltung wichtig sind.

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(C (D German TV und das spanischsprachige Programm urden erwähnt. Es ist schon wahr, liebe Frau Griefahn, ass wir uns als Parlament mit Sicherheit nicht in die rage einmischen, ob die Intendanz und die Gremien der eutschen Welle das spanischsprachige Programm aufeben oder nicht. Aber wenn Sie sagen, es sei sozusagen ine reine Idee des Intendanten der Deutschen Welle geesen, das spanischsprachige Programm aufzugeben, ist as nicht korrekt. Er unterliegt Haushaltszwängen und aushaltsnöten. Die Deutsche Welle würde das spanischsprachige rogramm sehr gern weiterführen. Herr Kollege eumann hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das rogramm der Deutschen Welle in Lateinamerika eine berdurchschnittlich hohe Akzeptanz hat. Wir sollten ales daransetzen, dass das spanischsprachige Programm eibehalten wird. Die Sicherung des spanischsprachigen rogramms kostet nur rund 1 Million Euro pro Jahr, ährend das verunglückte German TV 5,1 Millionen uro kostet. Da, meine Damen und Herren, liegt der und begraben. Wir haben es aufgrund politischer Imlikationen zugelassen, dass German TV zulasten des tats der Deutschen Welle aufgenommen wurde, und etzt müssen wir alles daransetzen, dass die entstandene chieflage beseitigt wird. (Jörg Tauss [SPD]: Sag nichts gegen neue Medien!)


Wir haben ganz klar gesagt, Herr Tauss: Wir brauchen
ie „Brandmauer“, dass das Experiment German TV
icht zulasten des Etats der Deutschen Welle geht. Aber
enau das droht jetzt.


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Ist doch extra gewesen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie
önnen mir eine Frage stellen; aber in der kurzen mir zur
erfügung stehenden Zeit kann ich darauf leider nicht
ingehen.
Aus den genannten Gründen legen wir großen Wert

arauf, dass der Grundsatz der Selbstbewirtschaftung
nd der Grundsatz der überjährigen Verfügbarkeit der
aushaltsmittel in dem im Prinzip guten Entwurf ver-
nkert werden, damit die freie Stimme für die freie Welt
otz der Haushaltszahlen, die wir in den letzten Jahren
eststellen mussten, erhalten werden kann. Hand aufs
erz: Es hat kaum eine andere Institution gegeben, die
n den letzten fünf Jahren so starke Kürzungen hat hin-
ehmen müssen wie die Deutsche Welle, weil es einen
eologischen oder persönlichen Rachefeldzug gab.


(Jörg Tauss [SPD]: Ah ja!)

Lieber Herr Tauss, 325 Millionen Euro waren der Etat
Jahre 1994; im Jahr 2004 sind es gerade noch

65 Millionen Euro.

(Jörg Tauss [SPD]: Vergleichen Sie einmal in ternational!)

ährend der Haushalt bei ARD und ZDF hochgefahren
urde, wurde er bei der Deutschen Welle heruntergefah-
en.






(A) )



(B) )


Hans-Joachim Otto (Frankfurt)


Deswegen, meine Damen und Herren – das ist mein

abschließendes Wort –, ist es wichtig, dass wir uns als
Freunde der Deutschen Welle, als Freunde des deutschen
Auslandssenders über die Fraktionsgrenzen hinweg da-
rauf verständigen, zu einem einstimmigen Beschluss zu
kommen. Da erwarte ich, dass von allen Seiten Kompro-
misse eingegangen werden, damit wir die Situation des
Senders sowie die Unabhängigkeit und die planerische
Sicherheit des Senders stärken.

Meine Damen und Herren, wir werden im Ausschuss
konstruktiv mitarbeiten. An die Fraktionen von SPD und
Grünen habe ich die Bitte, ihren Teil dazu beizutragen,


(Jörg Tauss [SPD]: Sie kennen uns doch!)

dass wir den Auslandssender Deutsche Welle mit einem
einstimmig verabschiedeten Gesetz stärken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511417300

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Antje Vollmer vom Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511417400

Frau Präsidentin, vielen Dank für die Sitzungsvertre-

tung.
Meine Damen und Herren, nicht gerade zum 50., aber

doch zum 51. Geburtstag der Deutschen Welle hat die
Bundesregierung ein modernes Gesetz für sie vorgelegt.
Modern ist das Gesetz, weil es tatsächlich den neuen
Verhältnissen eines deutschen Auslandssenders auch un-
ter Globalisierungsbedingungen Rechnung trägt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Schon längst ist die Deutsche Welle nicht einfach nur
noch ein Instrument zur schlichten Information über
Land, Leute und Landschaft in Deutschland, sondern sie
soll die Bundesrepublik in ihrer kulturellen Vielfalt und
nach meiner Vorstellung auch als europäische Kulturna-
tion präsentieren. Da bin ich ganz mit den Kollegen ein-
verstanden, die das gesagt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nicht zuletzt soll sie auch unter Globalisierungsgesichts-
punkten um das Interesse von Eliten an unserem Land
werben. Sie soll den interkulturellen Dialog fördern und
einen Beitrag zur Krisenprävention leisten. All das ist
wichtig als Standortbestimmung und Festlegung, welche
Aufgaben ein solcher deutscher Auslandssender heutzu-
tage hat. Dabei wird ihm deutlich aufgegeben, Zielgrup-
pen und Schwerpunktregionen genau und für bestimmte
Zeiträume festzulegen, was außerordentlich wichtig ist,
weil man nicht einfach mit der Gießkanne die Welt be-
regnen will, sondern weil man sehr zielgenau auf Inte-
resse antworten will, das auf uns gerichtet ist, und selber
in bestimmten Krisenregionen wirken will.

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(C (D Wichtig ist die neu eingeführte konkrete Nennung des nternetauftritts als dritte Säule neben Fernsehund adioangeboten. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


as ist insofern von besonders großer Bedeutung, weil
s die Möglichkeit eines echten Dialogs und die gleich-
eitige Verwendung von beliebig vielen Sprachen zu-
ässt, was auch angesichts des Problems wichtig ist, das
ir alle angesprochen haben, nämlich des spanischspra-
higen Rundfunk- und Fernsehprogramms.
Bei der Aufgabenplanung ist ein Prozess eingeführt
orden, der das Parlament und die Bundesregierung
urch einen Rückkopplungsmechanismus einbezieht und
en ich außerordentlich wichtig finde. Wenn wir schon
ie Verantwortung haben und übernehmen, dann möch-
en wir auch in diesen Dialog einbezogen sein. Ich bin
ehr gespannt, wie dieser Konsultationsprozess, der
leichzeitig ein Reflexionsprozess über unseren Standort
nd unsere Art der Kommunikation mit der Welt und ih-
en Eliten darstellt, ausläuft. Ich finde, das ist eine sehr
ichtige Neuerung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Deutsche Welle hat in den letzten Jahren – das be-

treitet niemand – eine enorme Sparleistung vollbringen
üssen. Vielleicht – so hart das auch für sie war – ist sie
amit besser für die neue Zeit gerüstet als die öffentlich-
echtlichen Anstalten,

(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Aha! Kür zen wir jetzt bei denen auch ein bisschen?)

ei denen auch ich das eine oder andere an notwendigen
eformen sehe.


(Beifall des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU])


ch glaube, die sollten sich einmal sehr genau ansehen,
as die Deutsche Welle gemacht hat.


(Beifall des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Was das spanischsprachige Programm betrifft, kann
ch mich nur unserem hoch geschätzten Bundeskanzler
nschließen. Ich freue mich, dass auch die Opposition
as tut. Ich sehe hier ein Problem. Dieses Programm
ird in den Diskussionen eine wichtige Rolle spielen.
an muss wirklich überlegen, ob es tatsächlich so ist,
ass in diesen Ländern Untertitelungen üblich sind und
en Seh- und Hörgewohnheiten der Hörer oder der Fern-
ehzuschauer entsprechen. Das ist ein erster Schritt zum
ewünschten Dialog und zur Rückkopplung mit dem
arlament. Wir werden darüber noch diskutieren, insbe-
ondere angesichts des leidigen Projektes von German
V.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Dann müssen wir uns aber beeilen mit dem Gesetzentwurf!)


Hier kann ich darauf hinweisen, dass wir von meiner
raktion mit die allerersten waren – lange vor Ihnen,






(A) )



(B) )


Dr. Antje Vollmer

Herr Otto und Herr Neumann –, die gesagt haben: Das
ist ein sehr problematisches Projekt. Es stammt übrigens
– jedenfalls die Vorplanung dazu –, soweit ich das weiß,
aus der Amtszeit des früheren Intendanten, der Ihnen
sehr nahe stand.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Die Bedenken haben wir vor Ihnen geäußert, wenn ich das so sagen darf!)


Dass es statt der erwarteten 100 000 Abonnenten nur
7 700 gibt, ist doch ein Anlass, sich sehr ernsthaft zu
überlegen, ob dieses Projekt Zukunft hat. Ehrlich gesagt
glaube ich, dass es keine hat.


(Beifall des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Ich sehe hier innerhalb der Kollegen des Hauses mehr
Einigkeit, als Sie behaupten. Wir werden darüber nach-
denken müssen und in diesem Zusammenhang werden
wir auch noch einmal über die Frage der spanischspra-
chigen Sendungen diskutieren können.

Die Deutsche Welle insgesamt musste immer auf klei-
nerem Fuß leben als ihre mächtigen Kollegen BBC
World und Voice of America. Aber das ist ihr alles in al-
lem ganz gut bekommen. Heute erreicht sie 30 Millionen
Hörer und ist damit der drittgrößte Auslandssender. Für
sie immer außerordentlich wichtig waren journalisti-
sche Freiheit und journalistische Qualität. Dieses Ge-
setz wird gute Voraussetzungen schaffen, sie weiterhin
zu behalten.

Ich wünsche unseren Beratungen viel Erfolg und
glaube, dass sich eine Einigkeit abzeichnen wird, die wir
auch ausdrücken sollten.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1511417500

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-

wurfs auf Drucksache 15/3278 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 10 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans
Büttner (Ingolstadt), Detlef Dzembritzki,
Siegmund Ehrmann, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten
Hans-Christian Ströbele, Volker Beck (Köln),
Thilo Hoppe, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Zum Gedenken an die Opfer des Kolonialkrie-
ges im damaligen Deutsch-Südwestafrika
– Drucksache 15/3329 –

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(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache ein halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre keien Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege ans Büttner, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen! Liebe ollegen! Am 12. Januar 1904 begann in der damaligen olonie Deutsch-Südwestafrika der Aufstand der Herero nd Nama gegen das Kolonialregime des deutschen Kaierreichs, in dessen Folge über 100 000 Afrikaner, Mäner, Frauen und Kinder, getötet und ermordet wurden. Das Vorgehen der kaiserlichen Kolonialtruppen war benso wie das anderer Kolonialmächte durch eine, wie istoriker es beschreiben, rassistische Geisteshaltung eprägt, die in Afrikanern minderwertige Menschen sah, enen jegliche Würde abgesprochen und jegliche enschliche Behandlung aberkannt wurde. Diese Geiseshaltung wurde in unserem Lande damals lediglich von er Sozialdemokratie, angeführt von ihrem Vorsitzenden ugust Bebel, bekämpft, was die damals in diesem ause, im Reichstag in Berlin, geführten Debatten beleen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es waren noch ein paar andere, aber gut!)

Hans Büttner (SPD):
Rede ID: ID1511417600

iese Geisteshaltung führte in Deutschland schließlich
um terroristischen Naziregime und dem staatlich orga-
isierten Genozid gegen Juden, Sinti und Roma sowie
eistig Behinderte. Von dieser mörderischen Geisteshal-
ung wurde Deutschland durch den gemeinsamen Kampf
er Alliierten 1945 befreit.
Die afrikanischen Völker in Südwestafrika mussten

nter dieser Geisteshaltung bis 1990 leiden; denn sie fei-
rte fröhliche Urstände in der Politik der Apartheid des
amaligen Südafrikas, das die Verwaltung der Kolonie
ach dem Ersten Weltkrieg vom Völkerbund über ihre
amalige Kolonialmacht übertragen bekommen hat und
ach seiner Loslösung aus dem Empire bis 1990 wider-
echtlich weiterführte.
Die Bundesrepublik hat ihre Lektion aus diesen dunk-

en Zeiten deutscher Geschichte gelernt.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu
achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staat-
lichen Gewalt. Das Deutsche Volk bekennt sich da-
rum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Men-
schenrechten als Grundlage jeder menschlichen
Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit
in der Welt.

o beschreibt es Art. 1 unseres Grundgesetzes, der unab-
nderbar, festgemauert unser tägliches Handeln in Ge-
ellschaft und Politik bestimmen muss.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Hans Büttner (Ingolstadt)


Von diesem Geist wurde und wird seither auch die

deutsche Außenpolitik gegenüber Afrika weitgehend ge-
prägt, gerade seit der Phase der Dekolonialisierung nach
1960. Respektierung der Menschenwürde unabhängig
von Hautfarbe und Herkunft heißt aber auch Anerken-
nung von Selbstbestimmung auf dieser Basis organisier-
ter Staaten und Wahrnehmung der besonderen Ver-
antwortung aus der Geschichte durch besondere
Beziehungen zu den Ländern, gegenüber denen
Deutschland in der Vergangenheit koloniale Altschulden
hatte. Das galt zunächst gegenüber Tansania und Kame-
run, seit 1989 ebenso gegenüber dem 1990 unabhängig
gewordenen Namibia, dem ehemaligen Südwestafrika.

In einer gemeinsamen Entschließung hat dies der
Deutsche Bundestag am 16. März 1989 wie folgt festge-
schrieben:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregie-
rung auf, wegen ihrer besonderen Verantwortung
gegenüber Namibia in Absprache mit den wichtigs-
ten politischen Kräften Namibias die Aufnahme ei-
ner umfassenden Zusammenarbeit umgehend vor-
zubereiten, damit die Voraussetzungen dafür
geschaffen werden, dass nach Konstituierung einer
frei gewählten Regierung in Namibia die wirt-
schaftliche, entwicklungspolitische und kulturpoli-
tische Zusammenarbeit aufgenommen werden
kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Namibia

– so heißt es weiter in dieser Entschließung, die von na-
hezu allen Parteien getragen wurde –

sollte – unter Nutzung bisheriger Erfahrungen – ein
besonderer Schwerpunkt deutscher Entwicklungs-
zusammenarbeit werden.

Namibia ist seither Schwerpunkt deutscher Entwick-
lungszusammenarbeit. Das selbstbestimmte Namibia ist
dabei ein beispielhafter Partner. Namibia hat eine in
Afrika beispiellose Pressefreiheit, einen exakten Rechts-
staat, es hat eine politische Diskussionskultur innerhalb
der Parteien. Namibia ist somit ein Stabilitätsfaktor in
Afrika, wie es nicht zuletzt auch die Entscheidungen
über den Nachfolgekandidaten innerhalb der Mehrheits-
partei SWAPO vor wenigen Wochen gezeigt haben.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Selbstbestimmung und Selbstverantwortung auf

rechtsstaatlicher Grundlage heißen aber auch, dass es die
alleinige Entscheidung der namibischen Bevölkerung
ist, wie sie jetzt mit den Geschehnissen der Vergangen-
heit auf ihrem Staatsgebiet umgeht. Die Bundesregie-
rung, egal welcher Couleur, war deshalb immer gut bera-
ten, nicht auf Forderungen einzelner Gruppen
einzugehen und sich dadurch instrumentalisieren zu las-
sen, sondern sich darauf zu konzentrieren, der Gesell-
schaft Namibias bei der Lösung dieser Probleme global
durch besondere Partnerschaft zu helfen.

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(C (D Mit dem vorliegenden Antrag bekräftigt der Deutsche undestag seine Verantwortung aus der Geschichte geenüber dem demokratischen Rechtsstaat Namibia. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die besondere Partnerschaft zu Namibia erfordert
ber auch eine weitere Intensivierung des politischen
ialogs mit Namibia auf den Spitzenebenen der Politik,
on Parlament und Regierung. Ich begrüße es deshalb
ußerordentlich, dass nach dem Bundesaußenminister
och in diesem Sommer auch unsere Ministerin für wirt-
chaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem-
ächst weitere Minister zu Gesprächen nach Namibia
eisen werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ch begrüße es auch, dass wir möglichst bald und mög-
ichst frühzeitig mit den aktiven und kommenden Politi-
ern Namibias durch Gegeneinladungen den Dialog füh-
en können, und zwar nicht nur auf der Ebene der
egierung, sondern ich möchte uns alle dazu einladen,


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

en Dialog auch auf der Ebene des Parlaments zu inten-
ivieren und weiterzuführen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


olitik auf gleicher Augenhöhe, die Achtung der Würde
es Menschen erfordert auch Respekt vor den handeln-
en Personen und darf sich nicht auf materielle Leistun-
en beschränken. Dies können wir und sollten wir im
ahmen unserer Afrikapolitik auch am Beispiel Na-
ibias, aber nicht nur dort, wieder stärker beachten.
Mit dem vorliegenden Antrag bekräftigt der Deutsche
undestag diese Werteorientierung der deutschen Au-
enpolitik und im Speziellen sein besonderes Verhältnis
u Namibia. Ich bin sicher, dass er von allen Parteien
ieses Hauses mitgetragen werden kann. Ich möchte an
ie alle appellieren, dabei mitzuwirken und mitzuhelfen
nd das auch durch einen einstimmigen Beschluss zu un-
erstreichen.
Ich danke Ihnen und schenke Ihnen drei Minuten
edezeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511417700

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Anke Eymer.


Anke Eymer (CDU):
Rede ID: ID1511417800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
amen und Herren! Namibia – das ehemalige Deutsch-
üdwestafrika – steht vor großen Herausforderungen. Bei
er Bewältigung dieser anstehenden Probleme ist die
ilfe der Völkergemeinschaft unverzichtbar. Wir reden
ier auf der Grundlage einer gemeinsamen Entschließung






(A) )



(B) )


Anke Eymer (Lübeck)


des Deutschen Bundestages von 1989 zur damals bevor-
stehenden Unabhängigkeit Namibias. Schon zu diesem
Zeitpunkt hat Deutschland die Bereitschaft zu einem be-
sonderen Engagement deutlich gemacht; das entsprach
unserer historischen Verbindung. Diese Bereitschaft
muss auch weiterhin gelten und uns als einen verlässli-
chen Partner in Namibia und Afrika ausweisen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Reise des deutschen Bundeskanzlers in diesem

Januar ging zwar nicht nach Namibia, trotzdem ist ein
wichtiges Thema – der Aufstand der Herero und seine
Niederschlagung – bei seinem Besuch vor der AU, der
Afrikanischen Union, zur Sprache gekommen. In der
Antwort, die der Präsident der Afrikanischen Union ge-
geben hat, wurde eine grundsätzliche Überzeugung der
afrikanischen Partner deutlich: Für einen gleichberech-
tigten Dialog und ein erstarkendes afrikanisches Selbst-
bewusstsein ist das offene Eingeständnis von Fehlern
und grausamen Verbrechen, die in der gemeinsamen Ge-
schichte auf europäischer Seite begangen wurden, weit
mehr von Bedeutung als manch eine materielle Überle-
gung.

Der Blick auf die koloniale Vergangenheit Afrikas
zeigt eine Ausbeutungsgeschichte, an der über Jahrhun-
derte mehr als nur europäische Staaten teilgenommen
haben. Wir Deutsche können dieses traurige Datum des
11. August 1904 nutzen, um auch in einem zusammen-
wachsenden Europa unsere Verantwortung und Trauer
nicht nur zu benennen, sondern sie beispielhaft auch in
Politik umzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der vorliegende Antrag von SPD und Grünen geht
daher grundsätzlich nicht in die falsche Richtung.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber schön! – Zuruf von der FDP: Schön gesagt!)


Unter dem Titel des „Opfergedenkens“ wird auch auf ein
aktuelles Thema, die Landreform, eingegangen. Ob
diese stillschweigende Verknüpfung hier sinnvoll ist, sei
dahingestellt. Sicher hilft es aber nicht, in einem partner-
schaftlichen Dialog, den wir mit Namibia pflegen, kon-
struktive Kritik auszublenden. Diesen Eindruck erwe-
cken Sie mit dem vorliegenden Antrag aber. Erstens
muss klar sein, dass die Reihe der Problemfelder in Na-
mibia über dasjenige einer Landreform hinausgeht.
Zweitens gebietet es die Wichtigkeit dieser Angelegen-
heit, sie nicht en passant unter einem anderem Thema
schnell zu verkaufen.

Themen der Landreform sind wichtig und brisant.
Wie groß die Gefahren aus fehlschlagenden Reformen
dieser Art werden können, sehen wir ja in anderen Län-
dern des südlichen Afrikas. Es ist bedauerlich, wie un-
kritisch, ja fast schon beschönigend über den noch nicht
erfolgreichen Prozess der Landreform in Ihrem Papier
gesprochen wird. Ich möchte auf dieses Thema hier
nicht weiter eingehen, auch deshalb nicht, weil Ihr An-
trag seinem Titel entsprechend für diese Debatte etwas

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(C (D nderes ausweist. Ich weise nur darauf hin, dass hieran eutlich wird, wie unbedarft und vielleicht auch ungechickt politische Themen Afrikas zusammengeworfen nd in einem schnellen Aufguss erledigt werden sollen. In den Jahren seit der Unabhängigkeit Namibias im ahre 1990 ist Deutschland der größte Partner Namibias uf dem Gebiet der Entwicklungspolitik. Das ist auch er Tatsache geschuldet, dass es eine 30-jährige koloiale Vergangenheit aus der Zeit des deutschen Kaisereiches gibt, die 1915 ihr Ende fand. Zum 11. August ieses Jahres jährt sich zum 100. Mal die Niederlage der olksgruppe der Herero in der Schlacht am Waterberg. en Opfern unter den verschiedenen Bevölkerungsgrupen aus der oft blutigen und menschenverachtenden afrianischen Kolonialzeit, die die deutsche Geschichte mit u verantworten hat, gilt unser stilles Gedenken und unere Trauer. Dieses bewusste Erinnern an die Geschichte ist aber ur dann verantwortet, wenn es sinnvoll in eine Politik on heute einbezogen wird. Das heißt: Erstens. Afrika uss deutlicher in die europäische Politik eingebunden erden. Zweitens. Das Afrika des 21. Jahrhunderts muss u einem Produkt der Afrikaner werden. Dies muss abeits von unkritischer und ideologisierter Schönfärberei der politischen Schnellschüssen geschehen. Nur so ird ein kritisch-konstruktiver Dialog mit unseren afrianischen Partnern möglich sein. Ich hoffe sehr, dass wir den afrikanischen Themen ier im Deutschen Bundestag in Zukunft mehr Aufmerkamkeit widmen und Chancen für eine sinnvolle Zusamenarbeit finden werden. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Ulrich Heinrich [FDP] und des Abg. HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511417900

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hans-Christian

tröbele.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

rau Kollegin Eymer, Ihren letzten Satz unterstütze ich
oll und ich habe auch geklatscht. Ich darf darauf hin-
eisen, dass die Überschrift des vorliegenden Antrags
autet: „Zum Gedenken an die Opfer des Kolonialkrieges
m damaligen Deutsch-Südwestafrika“. Es geht also
icht um die generelle Politik gegenüber Namibia. Dazu
ibt es viel und sicher auch Kritisches zu sagen. Hier
ber geht es um das konkrete Gedenken.
Ich war im Januar dieses Jahres zum 100. Jahrestag

es Beginns des Aufstandes der Hereros gegen die deut-
chen Kolonialherren in Namibia. Ich habe ein wunder-
chönes Land vorgefunden, das rein äußerlich, wenn
an durchfährt, sehr stark durch Europa und durch
eutschland geprägt erscheint. Das betrifft nicht nur die






(A) )



(B) )


Hans-Christian Ströbele

Straßen, sondern auch die Häuser und Ortschaften. Das
freut einen zunächst.

Ich habe dann gesehen, dass diese Straßen über Hun-
derte von Kilometern rechts und links von Zäunen einge-
grenzt sind. Hinter diesen Zäunen liegen die großen Far-
men. Ich habe mich gefragt: Wo leben hier eigentlich die
schwarzen Menschen? Wo sind die Dörfer und die klei-
nen Städte? Wo sind die Bewohner und deren Siedlun-
gen? Ich habe gehört, dass es sie kaum mehr gibt. Die
wenigen Familien leben als Landarbeiter auf den Far-
men. Dieses Bild von Namibia ist ein Ergebnis deutscher
Kolonialpolitik.

Die deutschen Kolonialherren haben Ende des
19. Jahrhunderts der dortigen Bevölkerung das Land ge-
nommen und an die deutschen Siedler verteilt. Viel Land
ist noch heute in den Händen von Siedlern aus Europa
bzw. aus Deutschland. Die großen Farmen sind nur zu
einem ganz geringen Anteil in den Händen von Schwar-
zen. Als sich die Hereros, die dort zu Hause waren und
denen das Land genommen wurde, vor 100 Jahren auf-
lehnten, haben die Deutschen gegen dieses Volk und ge-
gen das Volk der Nama, die sich anschließend erhoben
haben, einen Vernichtungskrieg geführt.

Ich möchte nur ein Zitat über den Hintergrund und
den Auftrag der damaligen Kriegsführung verlesen.
Der damalige oberkommandierende deutsche General-
leutnant von Trotha hat am 4. November 1904 dazu er-
klärt – ich zitiere –:

Ich kenne genügend Stämme in Afrika. Sie gleichen
sich alle in dem Gedankengang, dass sie nur der
Gewalt weichen. Diese Gewalt mit krassem Terro-
rismus und selbst mit Grausamkeit auszuüben, war
und ist meine Politik. Ich vernichte die aufständi-
schen Stämme mit Strömen von Blut.

Das war der Auftrag, der damals an die deutschen Trup-
pen ergangen ist.

Die Deutschen haben nicht nur einen Vernichtungs-
krieg geführt. Sie haben die ersten Konzentrationslager
der deutschen Geschichte – es waren fünf – eingerichtet.
45 Prozent der Insassen haben die Konzentrationslager
nicht überlebt. Von den 80 000 Hereros, die vor Beginn
des Krieges gezählt worden waren, haben circa 15 000
den Vernichtungskrieg überlebt. Von den circa
20 000 Nama waren es circa 9 000.

An diese deutschen Taten erinnern wir uns heute. Wir
verabschieden heute diesen Antrag. Ich bitte um Ihre Zu-
stimmung, weil wir unser Gedenken an dieses deutsche
Handeln vor 100 Jahren deutschen Delegationen, die
zum Jahrestag der Schlacht am Waterberg nach Namibia
fahren, mitgeben wollen. Wir wollen unsere Trauer und
unser Bedauern gegenüber dem Volk der Hereros und
der Nama und den anderen Völkern in Namibia zum
Ausdruck bringen, und zwar ohne Wenn und Aber. Un-
sere politische und moralische Verantwortung für das,
was in deutschem Namen dort geschehen ist, für diesen
Vernichtungskrieg wollen wir übernehmen und durch
den Deutschen Bundestag anerkennen. Um nicht weni-
ger und nicht mehr geht es in diesem Antrag. Ich hätte
mir den Antrag anders gewünscht. Er ist sehr stark ver-

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(C (D ndert worden. Aber diese Botschaft kommt klar zum usdruck. Ich meine, der Deutsche Bundestag sollte sich azu bereit finden, diese Botschaft geschlossen und eineitlich nach Namibia zum 100. Jahrestag des Gedenens an dieses deutsche Tun zu verabschieden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511418000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ulrich Heinrich.

Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1511418100

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! Wir gedenken heute eines traurigen Ereignisses in
er deutsch-namibischen Geschichte, nämlich des Auf-
tandes der Hereros und Nama gegen die Kolonialmacht
eutschland und dessen Niederschlagung vor 100 Jah-
en. Besonders schlimm war die billigende Hinnahme,
ass ganze Bevölkerungsgruppen vernichtet worden
ind. Deshalb dürfen wir die blutige Niederschlagung
er Aufstände nicht vergessen.
Wir gedenken heute hier im Bundestag der Opfer un-

er den Hereros und Nama. Als ich bei meiner letzten
frikareise in Ruanda war und in Kigali die Gedenk-
tätte besucht habe, die zum 10. Jahrestag des Genozids
rrichtet worden ist, war ich erschüttert, weil ich durch
ehr eindeutige Bilder genau an diese Taten und die da-
alige Situation erinnert worden bin. Das hat mich tief
eeindruckt.
Namibia ist der jüngste Staat Afrikas, gegründet

990. Deutschland spielte damals eine entscheidende
olle bei der Unabhängigkeit Namibias, deren Prozess
ast elf Jahre gedauert hat. Die Resolution 435, die auch
urch die intensive Unterstützung des damaligen Außen-
inisters Hans-Dietrich Genscher zustande kam und
ach quälenden Verhandlungen von den Vereinten Na-
ionen verabschiedet worden ist, hat die Grundlage dafür
elegt. Wir bekräftigen heute die besondere Verantwor-
ung für die Geschichte, aber auch die besondere Ver-
flichtung in der Gegenwart und in der Zukunft.
Dieses wird durch die enge wirtschaftliche Zusam-
enarbeit und ganz besonders in der Entwicklungs-
usammenarbeit deutlich. Um nur eine Zahl zu nennen:
n den Jahren seit 1990 ist Hilfe in Höhe von etwa
00 Millionen Euro in dieses Land geflossen. Das ist
ine beachtliche Summe und unterstreicht die Richtig-
eit unserer damaligen Entscheidung. Wir wollen und
üssen in der heutigen Situation die Hilfe fortsetzen.
Ich möchte noch kurz – meine Redezeit von drei Mi-

uten ist fast beendet – ein kritisches Wort zu dem heuti-
en Staat Namibia sagen. Mich erfüllt die Landreform
it Sorge, und wir müssen darüber, wie die Landreform
urchgesetzt werden soll, kritische Betrachtungen an-
tellen. Das Prinzip des willigen Käufers und des willi-
en Verkäufers auf der Grundlage der Verfassung wird
ffensichtlich in einer Art und Weise interpretiert, die
ragen aufwirft.
Vor einiger Zeit wurden Farmer aufgefordert, ihre

ändereien dem Staat anzubieten. Wer innerhalb von






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(B) )


Ulrich Heinrich

14 Tagen nicht antwortet, läuft Gefahr, dass nach einer
richterlichen Entscheidung sein Land enteignet wird. Er
erhält zwar eine Entschädigung, aber in den Farmerfami-
lien ist trotzdem eine enorme Unruhe entstanden. Denn
wie jeder weiß, kommen die Investitionsbereitschaft und
die weitere Planung in den Betrieben zum Erliegen,
wenn ein solcher Akt voraussehbar ist. Es gibt deutliche
Signale vonseiten der Opposition, die diese Politik heftig
kritisiert. Sie wissen, wie wichtig eine funktionierende
Landwirtschaft ist. Sie wissen auch, dass sie in Namibia
zurzeit noch ein bedeutender Wirtschaftsbereich ist und
welche Gefahr besteht, wenn es zu Irritationen und Unsi-
cherheiten kommt.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511418200

Herr Kollege!


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1511418300

Deshalb möchte ich heute festhalten: Trotz allem sind

unsere Gedanken bei den Opfern und trotz allem war
und ist es richtig, dass wir ihrer heute gedenken.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511418400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hartwig Fischer.


Hartwig Fischer (CDU):
Rede ID: ID1511418500

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir gedenken der Op-
fer der damaligen grauenhaften Taten. Meine Vorredner
haben den Beginn des Hereroaufstandes gegen die deut-
schen Kolonialherren ist Südwestafrika bereits erwähnt.
Nachdem im Januar 1904 die ersten Schüsse gefallen
waren, kam es im August am Waterberg zur Entschei-
dungsschlacht, die wenige Wochen später mit der Flucht
eines großen Teils des Hererovolkes in die damals was-
serlose Omahekewüste endete. Hierbei verhungerten
oder verdursteten die meisten der Vertriebenen. Es war
ein furchtbarer Feldzug der kaiserlichen Schutztruppe.
Auch an der Tatsache einer humanitären Katastrophe
kann und darf nicht gezweifelt werden. Neben der hohen
Zahl der Opfer war das Grauenhafte die billigende Hin-
nahme der Vernichtung von Teilen einer ganzen Volks-
gruppe.

Selbstverständlich wollen und müssen wir Deutschen
uns der kolonialen Vergangenheit mit aller Klarheit und
Deutlichkeit stellen. Deshalb halte ich es für richtig, dass
wir der Opfer des Herero- und Namavolkes auch im
Bundestag gedenken. Wir wollen damit dazu beitragen,
den Opfern ihre Würde und Ehre wiederzugeben. Das
wäre gerade auch aus der Sicht der heute lebenden Nach-
fahren ein besonders wichtiger Akt, um endlich wenigs-
tens eine Art von Frieden mit ihnen zu schließen.

Die Geschehnisse sind 100 Jahre her und die Schuldi-
gen sind nicht mehr am Leben. Ich plädiere deshalb da-
für, dass wir das Gedenken an damals zum Anlass neh-

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(C (D en, unsere engen Beziehungen zu Namibia weiter zu ntensivieren und unsere namibischen Freunde und Parter besonders zu unterstützen. Ich halte dies vor dem intergrund der besonderen kulturellen, wirtschaftlichen nd politischen Beziehungen zwischen Namibia und eutschland, wie sie unter anderem in der einstimmig eschlossenen Bundestagsresolution vom 16. März 1989 emeinsam manifestiert wurden, für richtig und absolut otwendig. (Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich habe in Vorbereitung auf diese Debatte die Rede-
eiträge der Kollegen Toetemeyer, Hornhues und Frau
amm-Brücher zu der damaligen Debatte nachgelesen,
eil ich seinerzeit dem Parlament noch nicht angehört
abe. Die Diskussion damals zeigte, für wie zerbrechlich
ie Situation gehalten wurde.
Namibias friedlicher Weg in die Unabhängigkeit war

eispielhaft. Auch das unabhängige Namibia müssen wir
uf seinem weiteren Weg in die Zukunft als Freund und
artner begleiten. Namibia ist und bleibt ein wichtiger
artner Deutschlands in Afrika. Umgekehrt ist Deutsch-
and auch für Namibia ein besonders wichtiger Partner,
ie zum Beispiel der namibische Botschafter, Hanno
umpf, gerade am Nationalfeiertag wieder deutlich be-
ont hat.
Ich begrüße daher außerordentlich die intensive Koo-

eration zwischen Deutschland und Namibia im Bereich
er Entwicklungszusammenarbeit. Kein anderes Land
er Welt erhält pro Kopf so viel Unterstützung von deut-
cher Seite wie Namibia. Weiterhin ist Deutschland der
rößte Einzelgeber von Entwicklungshilfe für das Land.
ies ist Ausdruck unserer tiefen Verbundenheit und
reundschaft mit der namibischen Bevölkerung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es sei mir jedoch in diesem Zusammenhang erlaubt,
n das Gespräch der Bundesministerin Wieczorek-Zeul
it dem namibischen Präsidenten Sam Nujoma im Juni
002 in Berlin zu erinnern. Für den Kooperationssektor
Ländliche Entwicklung“ sowie für die Konzeption ei-
er ökologisch und ökonomisch nachhaltigen, verfas-
ungs- und gesetzeskonformen Landreform wurde da-
als von der rot-grünen Regierung schnelle und vor
llem unbürokratische Hilfe zugesagt. Aus namibischer
icht erscheint die Umsetzung jedoch als ausgesprochen
chleppend und bürokratisch. Teilweise wird im Aus-
leiben ernsthafter internationaler Hilfe sogar ein Motiv
ür die sich radikalisierende Debatte über die Land-
eform in Namibia gesehen.
Frau Eid, ich möchte daher die Bundesregierung ein-

ringlich auffordern, die Umsetzung ihrer Zusagen zu
berprüfen und gegebenenfalls korrigierend und be-
chleunigend einzugreifen. Deutschlands Stimme und
ein Verhalten haben Gewicht und Einfluss in Namibia.
nser Kollege Ruck hat am 17. Mai dieses Jahres des-
alb einen Brief an Ihre Ministerin gerichtet mit der






(A) )



(B) )


Hartwig Fischer (Göttingen)


Bitte, uns zu beantworten, warum dies alles so schlep-
pend erfolgt. Eine Antwort ist bis heute nicht gegeben
worden.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt brauchen diejenigen
Kräfte Namibias, die an einer stabilen, friedlichen und
nachhaltigen Entwicklung des Landes festhalten, unsere
tatkräftige, energische Unterstützung. Sollte in Namibia
der Eindruck entstehen, dass Deutschland das Interesse
an der Zukunft des Landes verliert oder allenfalls büro-
kratisch-schwunglos handelt, dann besteht die ernste Ge-
fahr, dass politische Hardliner und Befürworter einer
konzeptions- und perspektivlosen Enteignungspolitik die
Oberhand gewinnen. Namibia muss neben Südafrika ein
sicherheitspolitischer Stabilitätsanker im südlichen
Afrika bleiben.

Herr Ströbele, Sie haben eben an uns appelliert, dass
es zu einer gemeinsamen Entschließung kommen muss.
Die Kollegin Eymer ist auf Einzelheiten Ihres Antrages
bereits eingegangen. Ich bedauere, dass wir uns heute
hier enthalten müssen. Ich will dies aber begründen. Sie
haben Ihren Antrag überfallartig eingebracht. Wir haben
ihn zuerst in einer anderen Fassung erhalten, nachdem
die Gremien des Deutschen Bundestages, deren Zeitab-
läufe uns allen bekannt sind, getagt hatten. Wir haben
danach Ihren Antrag in der endgültigen Fassung bekom-
men. Obwohl ich persönlich im Gespräch darum gebeten
hatte, war es nicht möglich, heute das erste Mal über Ih-
ren Antrag zu debattieren und in 14 Tagen einen inter-
fraktionellen Antrag vorzulegen. Ich glaube, dass dies
gerade vor dem Hintergrund des Antrages, auf den man
sich 1989 geeinigt hatte, möglich gewesen wäre.

Wir werden uns heute der Stimme enthalten. Ich finde
es schade, dass es keine andere Möglichkeit gab.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511418600

Ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag

der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit
dem Titel „Zum Gedenken an die Opfer des Kolonial-
krieges im damaligen Deutsch-Südwestafrika“, Druck-
sache 15/3329. Wer stimmt für den Antrag? – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit
den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen so-
wie der Abgeordneten Pau bei Enthaltung von CDU/
CSU und FDP angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:
Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Julia Klöckner, Thomas Rachel, Andreas Storm,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Förderung der Organspende
– Drucksache 15/2707 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

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(C (D Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat als Erster er Abgeordnete Thomas Rachel. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ie Menschen denken nicht gerne über ihre Endlichkeit ach. Sie denken auch nicht gerne über den Tod und ber die Fragen nach, die damit verbunden sind. Ob wir ach unserem Tod unsere Organe zur Verfügung stellen ollen, ist eine solche Frage. Ohne Anstoß setzen wir uns amit nicht gerne auseinander. Wenn man Sie fragen ürde, ob Sie mit Ihren Angehörigen darüber gesprohen haben oder ob Sie einen Organspendeausweis beitzen, würden die wenigsten von Ihnen dies bejahen. 0 Prozent der Deutschen wären zwar grundsätzlich beeit, ein Organ zu spenden. Aber nur 12 Prozent haben inen Organspendeausweis. Dies zeigt die nicht ausreihende Information und Mobilisierung der Bevölkerung. Das Transplantationsgesetz von 1997 mit der „ereiterten Zustimmungslösung“ bezeichnet Organtranslantation als Gemeinschaftsaufgabe. Wir haben alles zu un, um die notwendige Menge an Organen zu erreichen. ieben Jahre nach Verabschiedung des Transplantationsesetzes müssen wir feststellen, dass dieses Ziel nicht ereicht worden ist. Die heute vorliegende Große Anfrage der CDU/ SU-Bundestagsfraktion bietet eine sehr gute Gelegeneit, die weiterhin bestehenden Probleme im Bereich der rgantransplantation in den Fokus der Öffentlichkeit zu ücken. Obwohl sich binnen 25 Jahren die Zahl der rgantransplantationen um den Faktor 100 erhöht hat 1968 noch 32 Transplantationen, im Jahr 2001 3 863 –, ibt es zu wenig Organe, um allen hilfsbedürftigen Menchen zu helfen und ihr Leben zu retten. Hätten wir eine ustimmungsrate von 50 Prozent und eine optimale oordinierung zwischen den Zentren und den Krankenäusern, könnte die Versorgung gesichert werden. Warum also, meine Damen und Herren, stehen über 2 000 Menschen in Deutschland auf einer Warteliste nd hoffen auf ein lebensrettendes Organ? Muss es so leiben, dass ein Drittel dieser Patienten stirbt, weil nicht echtzeitig ein Organ zur Verfügung steht? Es darf nicht o bleiben, meine Damen und Herren, denn Organspenen betrachten wir Christdemokraten als einen Akt armherziger Solidarität. Auch die Kirchen haben wichtige ethische Beiträge um Thema Organtransplantation geleistet. Ich erinnere n die Schrift der beiden Kirchen „Gott ist ein Freund es Lebens“ und an die Schrift „Organtransplantation“. n der Erklärung von 1989 haben die Kirchen gesagt: Die Kirchen wollen auch weiterhin die Bereitschaft zur Organspende wecken und stärken. Die Organspende kann eine Tat der Nächstenliebe über den Tod hinaus sein. Die Bundesregierung sieht leider beim Thema Organpende – ich zitiere – „keinen direkten Handlungsbearf“. Nein, sie kürzt sogar die Geldmittel für ihre Kamagne. Im Jahr 2002 stand nur noch die Hälfte der eldmittel für die Kampagne zur Organspendebereitchaft zur Verfügung. Da fragt man sich: Wie will diese Thomas Rachel Bundesregierung eigentlich ihrer Aufgabe nachkommen, die Organspendebereitschaft zu erhöhen? Auch auf weitere drängende Fragen kommen keine Antworten. Zum Beispiel stellt sich das Problem, dass sich nur 40 Prozent aller Krankenhäuser mit Intensivstation an der Organspende beteiligen. Nach dem Transplantationsgesetz besteht aber eine Pflicht, Patienten zu melden, die als Spender infrage kämen. Aber was tut die Regierung, zusammen mit den Bundesländern, dafür, dass die Krankenhäuser diese Meldepflicht auch erfüllen? Es muss dringend sichergestellt werden, dass Patienten mit Hirntod den Transplantationszentren gemeldet werden; andernfalls gehen Organe verloren und sterben Patienten. Auch angesichts der Diskussion um die Ausweitung der Lebendspende bleibt die Bundesregierung weitgehend untätig. Die Zahl der Lebendspenden hat zugenommen. Eine enge Begrenzung auf besondere Näheverhältnisse wurde durch die Rechtsprechung infrage gestellt. So soll die Cross-over-Spende nicht mehr schlechthin ausgeschlossen sein. Lebendspenden bergen aber Probleme. Sie betreffen einmal die Freiwilligkeit der Spende; zum anderen gibt es für die Spender selber keinen therapeutischen Nutzen. Vielmehr ist die Entnahme eines Organs mit gesundheitlichen Risiken und psychischer Belastung verbunden. Im Hinblick auf den Mangel an postmortalen Spendeorganen wird zunehmend die Subsidiarität der Lebendorganspende infrage gestellt. Wir fordern, daran festzuhalten, dass eine Lebendspende nur dann zulässig ist, wenn kein postmortales Spendeorgan zur Verfügung steht. Die Ausweitung der Lebendspende darf nicht zur Vernachlässigung der Bemühungen um postmortale Spenden führen. Wir müssen dringend die Forschung im Bereich der Transplantationsmedizin, zum Beispiel auf den Gebieten der Xenotransplantation und der Entwicklung künstlicher Organe, intensivieren. Meine Damen und Herren, wir sehen im Bereich der Organtransplantation dringenden Handlungsbedarf. Die Bundesregierung tut diesbezüglich leider zu wenig. Auf jeden Fall wird die Enquete-Kommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“ dieses Parlaments – ich freue mich, viele Kollegen hier unter uns zu sehen – konkrete Vorschläge für das Parlament erarbeiten. Die Missstände, die wir zurzeit haben, zu ignorieren heißt nämlich, die zahlreichen Menschen, die dringend ein Organ brauchen, das lebensrettend ist, allein zu lassen – mit tödlichen Folgen. Dies wollen wir nicht. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. W l B n g R l s d 5 d m w h e k 8 f i e s s l m n z d m s d d k w n a M P m w b w d m w n I d d d D m (C (D Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Wolfgang odarg. Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kol egen! Die CDU/CSU hat eine Große Anfrage an die undesregierung gerichtet. Die Antworten liegen noch icht vor. Die Bundesregierung hat zu dem Thema Oranspende natürlich regelmäßig Bericht erstattet; das obert-Koch-Institut schildert die Situation. Ihre Vorage bezieht sich in einigen Punkten darauf. Es ist wichtig, dass das Ganze noch ein wenig an chaulicher wird. Pro Tag spenden in Deutschland etwa rei so genannte hirntote Menschen ihre Organe. Nur Prozent dieser Menschen teilen über einen Organspeneausweis mit: Ja, ich will, dass das so geschieht. – Man uss also schon mehrere Tage auf einen solchen Fall arten. Bei weiteren 8 Prozent ist es so, dass die Angeörigen sagen: Ja, ich glaube, er hat einmal gesagt, dass r das wohl will. – Der Wille dieses Hirntoten wird also olportiert, ohne dass er schriftlich vorliegt. Bei 7 Prozent derjenigen, die als hirntote Organspender inrage kommen und denen Organe entnommen werden, st es so, dass die Angehörigen praktisch stellvertretend ntscheiden. Eigentlich wissen sie es nicht genau, aber ie vermuten, dass dies sein Wille ist: Es wird wohl so ein; er war ja ein guter Mensch. – Es gibt also Konstelationen, die sehr bedrückend sind. Der Druck, der auf Angehörigen, die das entscheiden üssen, im Krankenhaus lastet, ist sehr groß. Wir kenen Angehörige, die es hinterher bereut haben, Ja gesagt u haben. Wir kennen auch Angehörige, bei denen es aners ist. Sie denken: Es ist gut so, dass das Herz jetzt jeand anders zugute kommt, also in einem anderen Menchen weiterschlagen kann. Oder sie denken: Es ist gut, ass jemand nicht mehr zur Dialyse fahren muss, sonern mit einer gespendeten Niere wieder arbeiten ann. – Die Gefühle sind also sehr gemischt. Wir wundern uns, dass von den Krankenhäusern so enig Fälle gemeldet werden. Wir müssen zur Kenntnis ehmen, dass das Personal, das in den Krankenhäusern rbeitet, auch nicht viel anders fühlt und denkt als die enschen, die als Spender infrage kommen. Auch beim ersonal ist es so, dass etwa zwei Drittel derjenigen, die an fragt, sagen: Ja, ich finde es gut, dass gespendet ird. – Dennoch sind es sehr wenige, die das schriftlich ekunden, zum Beispiel durch einen Organspendeauseis, den man mit sich trägt. Im Krankenhaus ist es meines Erachtens so – ich kann as auch aus eigener Erfahrung sagen, aus Gesprächen it dem Personal in den Krankenhäusern, die ich immer ieder geführt habe –, dass Ärzte und Pflegepersonal icht in den Ruch kommen möchten, dem Patienten im nteresse Dritter gegenüberzutreten. Das heißt, sie haben en Angehörigen und den Patienten gegenüber nicht nur as Wohl ihres Patienten, sondern auch das Wohl Dritter, ie auf Organe warten, im Hinterkopf. Das beißt sich. ort gibt es Konflikte, auch beim Personal. Das muss an zur Kenntnis nehmen. Dr. Wolfgang Wodarg Der Deutsche Bundestag hat deshalb 1997 die Melde pflicht für die Krankenhäuser gesetzlich verankert. Die Krankenhäuser halten sich nicht oder kaum daran. Daher müssen wir uns wirklich fragen, ob man durch eine solche Pflicht Vertrauen schafft und ob man durch solche Zwangsmaßnahmen das notwendige Bewusstsein schaffen kann. Zusätzlich zu dieser Debatte wird eine Diskussion über Organhandel geführt. Mit Organtransplantationen wird sehr viel Geld verdient. Es wird nicht nur die Arbeit der Ärzte und des Pflegepersonals bezahlt; das Organ selbst ist zur Ware im weltweiten Handel geworden. Es ist möglich, in andere Länder, nach China, nach Israel, zu fahren und dort Organe zu kaufen. Was das bedeutet, können wir uns nur schwer vorstellen. Da bedarf es schon einiger Vorstellungskraft. Wir versuchen in der Enquete-Kommission, durch Befragungen und durch Anhörungen weiterzukommen. Ingrid Schneider, die für uns eine Stellungnahme geschrieben hat, sagt, angesichts der Möglichkeit, jetzt im Ausland Organe zu kaufen, und zwar als Lebendspende, komme von Familien typischerweise die Frage: Warum soll ich jemandem aus meiner Familie oder meinem Freundeskreis das Risiko einer Organspende zumuten, wenn ich doch eine Niere kaufen kann? Daran zeigt sich ein bisschen, was es mit sich bringt, wenn es denn gegen Geld Organe gibt. Dann entsteht ein Organtransfer, der zurzeit natürlich von Süden nach Norden, von Osten nach Westen, von Frauen zu Männern, von Schwarzen zu Weißen, von Armen zu Reichen geht. Genau das kann man beobachten. Genau darüber hat der Europarat erst vor kurzem berichtet. Wir haben im Europarat eine Entschließung formuliert, in der der zunehmende Organhandel angeprangert wird, in der von den 45 Mitgliedstaaten des Europarates ganz deutlich gesagt wird, der Verkauf von Organen, von Menschenteilen und von ganzen Menschen – dort wurde auch über Menschenhandel gesprochen – sei gleichermaßen zu verurteilen; da komme man ganz stark in Konflikt mit den Menschenrechten. Deswegen lehnen wir auch die Tendenz ab, die wir in Deutschland beobachten. Die Forderung, die jetzt erhoben wird, nämlich dass es einen Markt für Organe auch in Deutschland geben soll, dass es Menschen erlaubt sein soll, ihre Organe zu verkaufen, wie das Oberender und Rudolf aus Bayreuth im Oktober vorigen Jahres veröffentlicht haben, die auch von der Deutschen Stiftung Organtransplantation immer wieder in die Diskussion eingebracht wird und die aus den Fragen der CDU/CSU-Fraktion herausklingt – man will hier einen Bewusstseinswandel schaffen und die Menschen über finanzielle Anreize dazu bringen, ihre Organe zu verkaufen –, lehnen wir ab. Das wollen wir nicht. Das darf in Deutschland nicht stattfinden. Das wird auch die Bundesregierung nicht anders sehen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Thomas Rachel (CDU):
Rede ID: ID1511418700




(A) )


(B) )


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Genau!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511418800
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1511418900




(A) )


(B) )


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)


In Israel wird eine Niere für etwa 100 000 Dollar ver-
kauft. Der Gewinn aus dem Handel mit einer Niere liegt

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(C (D aut Oberender und Rudolf bei 50 000 bis 70 000 USollar. Herr Kollege Wodarg, da Sie offenkundig übersehen aben, dass Ihre Redezeit längst abgelaufen ist, (Thomas Rachel [CDU/CSU]: Aber bei wei tem!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511419000
arf ich Sie – nehmen Sie es mir nicht übel – daran erin-
ern.

Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1511419100

Schade. Ich hätte den Anwesenden gern noch viele in-

eressante Informationen gegeben. Wir werden von der
taatssekretärin aber noch viele Informationen bekom-
en. Wir werden das Thema erneut diskutieren, wenn
ie Große Anfrage beantwortet ist. Aber man soll ja die
elegenheit nutzen.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511419200

Das Wort hat nun der Kollege Detlef Parr für die

DP-Fraktion.

Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1511419300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde
ir etwas mehr Selbstdisziplin abverlangen.
Die Transplantation von Organen in einen anderen
enschen bleibt für mich immer noch ein Wunder des
edizinischen Fortschritts. Sie wird seit nunmehr fast
0 Jahren in Deutschland durchgeführt. Leben wird da-
urch gerettet, Lebensqualität erheblich verbessert.
Doch der Fortschritt hat leider seine Grenzen. Die

ahl der Organspenden konnte mit den medizinischen
öglichkeiten und dem gestiegenen Bedarf nicht mehr
chritt halten. Derzeit warten 11 500 Patientinnen und
atienten auf ein Spenderorgan. Die durchschnittliche
artezeit bis zur Transplantation einer Niere beispiels-
eise beträgt etwa fünf Jahre. Das Warten auf ein Herz
der eine Leber bedeutet meist einen Wettlauf mit der
eit, den viele Patienten nicht gewinnen.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Ja! – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: So ist es!)


Bezogen auf die Einwohnerzahl werden in Deutsch-
and weit weniger Organe transplantiert als in den meis-
en unserer Nachbarstaaten. Aus gutem Grund fragt die
DU/CSU bei der Bundesregierung nach; denn die Zah-
en aus der Gesundheitsberichterstattung des Bundes
ind höchst beunruhigend.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ja!)

2001 lag der Beteiligungsgrad der Krankenhäuser mit

ntensivstationen bei 44 Prozent. Gerade bei den Kran-
enhäusern der Grundversorgung ist die Beteiligung ge-
ing. Nur 5,2 Prozent aller postmortalen Organentnahmen






(A) )



(B) )


Detlef Parr

erfolgten aufgrund eines Organspendeausweises – mit
der Folge, dass nur bei 54 Prozent der potenziellen Or-
ganspender Organe entnommen werden konnten, da es
in den anderen Fällen zu einer Ablehnung durch die An-
gehörigen gekommen war. Wenn aber 67 Prozent der
Bevölkerung bei einer Umfrage ihre ausdrückliche Ak-
zeptanz erklärten, als Organspender zur Verfügung zu
stehen, dann kann und muss durch massive Aufklärung
der Bevölkerung, durch Thematisierung in der Gesell-
schaft die Zahl derer erhöht werden, die ihre Akzeptanz
schriftlich oder zumindest mündlich klar äußern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wichtig ist für die FDP: Die Zustimmungslösung
steht für uns nicht zur Disposition. Jeder Mensch muss
das Recht haben, selbst zu entscheiden. Eine Wider-
spruchslösung lehnen wir deswegen weiterhin ab.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Wolfgang Wodarg [SPD])


Ein Thema, das immer stärker in die öffentliche Dis-
kussion rückt, die Lebendspende, wurde auch in der
Anfrage thematisiert. Es ist gut, dass sich die Enquete-
Kommission „Recht und Ethik in der modernen Medi-
zin“ intensiv damit befasst; denn wir werden und müssen
über die Ausweitung der möglichen Spender für eine Le-
bendspende reden. Der Staat sollte meiner Meinung
nach keine Organspenden verhindern, wenn ein einwilli-
gungsfähiger und aufgeklärter Bürger ein Organ ohne
finanzielle Interessen spenden will, um ein Menschenle-
ben zu retten. Die Beschränkung auf Empfänger, zu
denen der Organspender ein Näheverhältnis hat, er-
scheint nicht mehr haltbar. Überkreuzspenden und altru-
istische Spenden in einen Organpool sollten ermöglicht
werden; auch über die Zulassung einer Organspende für
einen bestimmten Empfänger ohne besonderes Nähever-
hältnis sollte nachgedacht werden, vorausgesetzt, eine
eingehende ethische Prüfung ergibt, dass es sich nicht
um Organhandel handelt. Darin, Herr Kollege Wodarg,
sind wir einer Meinung: Organhandel als Geschäft ist in
Deutschland nicht zu akzeptieren.

Wir sind gespannt, wie die Antworten der Bundesre-
gierung auf die Fragen der Union lauten, und freuen uns
auf die Debatte im Parlament, die die Union anstößt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511419400

Nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Selg, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Wodarg [SPD])


Petra Selg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1511419500

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion der
CDU/CSU hat vor knapp drei Monaten eine Große An-
frage zur Förderung der Organspende an die Bundesre-
gierung gerichtet. Die Anfrage umfasst immerhin

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(C (D 7 Fragen. Die CDU/CSU erwartet natürlich – das hoffe ch zumindest –, dass diese Fragen fundiert und umfasend beantwortet werden. Anscheinend ist sie jedoch icht bereit, der Bundesregierung die Zeit zuzugestehen, ie für das Einholen der notwendigen Informationen nun inmal notwendig ist. (Julia Klöckner [CDU/CSU]: Wie kommen Sie denn darauf? Wer hat das gesagt?)


ie Unionsfraktion weiß doch selbst am besten, dass
hre Fragen nicht nur die Bereiche von Bund und Län-
ern betreffen, sondern zum Beispiel auch die Trans-
lantationszentren, die Kostenträger und vor allem die
eutsche Stiftung Organtransplantation als Koordinie-
ungsstelle.
Sollte die CDU/CSU jedoch tatsächlich so misstrau-

sch gegenüber der Bundesregierung sein, was die Be-
ntwortung ihrer Fragen angeht, so frage ich mich, wa-
um sie sich nicht auf das ureigene Beratungsorgan des
undestages, die Enquete-Kommission, beruft,


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Wodarg [SPD])


at doch der Bundestag nicht nur in der letzten, sondern
uch in dieser Wahlperiode die Enquete-Kommission
Recht und Ethik in der modernen Medizin“ einge-
etzt, die sich explizit unter anderem mit der Organ-
pende auseinander setzt und von der ich weiß, dass in
hr auch Mitglieder der CDU/CSU vertreten sind.


(Zuruf der Abg. Julai Klöckner [CDU/CSU])

Schreien Sie doch nicht immer! Hören Sie zu!


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Wer blökt denn hier?)


ie Enquete-Kommission wird voraussichtlich Ende des
ahres einen Zwischenbericht zum Thema Lebendorgan-
pende vorlegen. Deshalb frage ich mich: Sollte nicht
nabhängig von der Beantwortung der Anfrage durch
ie Bundesregierung dieser Bericht abgewartet werden,
evor man beispielsweise über eine Weiterentwicklung
es Transplantationsgesetzes in Richtung Lebendorgan-
pende nachdenkt? Wenn Sie den Prozess bis Ende des
ahres nicht abwarten können – Sie sitzen in dieser En-
uete-Kommission –, dann tragen Sie dazu bei, dass er
eschleunigt wird.


(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr gut!)


Ich möchte nicht weiter über die Intention der CDU/
SU spekulieren, diese Beratung heute Abend hier ein-
ufordern. Dazu ist die Thematik der Organspende und
hre gesetzliche Regelung einfach ein zu sensibles Feld.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Lieber mal zur Sache!)


enau deshalb ist als Erstes grundsätzlich festzuhalten,
ass das Transplantationsgesetz insgesamt weitgehend
echtssicherheit geschaffen hat. Es ermöglicht eine trag-
ähige Regelung für die Praxis der Organtransplantation.
u diesem Ergebnis ist übrigens auch die Enquete-Kom-






(A) )



(B) )


Petra Selg

mission in ihrem Abschlussbericht 2000 gekommen; ich
hoffe, Sie haben ihn gelesen.

Thematisierungsbedarf gibt es vor allem aus drei
Gründen: Der erste Grund ist die Tatsache, dass die Län-
der bei der Umsetzung des Transplantationsgesetzes
hinterherhinken. So gibt es erst wenige Landesgesetze,
die sich dieser Zuständigkeit annehmen, und dies, ob-
wohl es nachweislich positive Effekte auf die Zunahme
der Transplantationen postmortal gespendeter Organe
gibt.

Auch auf Länderebene hat man in der Zwischenzeit
erkannt, dass es hier großen Nachholbedarf gibt. So be-
fasst sich die heute und morgen tagende Gesundheitsmi-
nisterkonferenz mit einem Antrag zur Verbesserung der
Organspendesituation. Hierbei werden wichtige Knack-
punkte benannt: die Versorgungsaufträge der Kranken-
häuser, die Unterstützung der Deutschen Stiftung Organ-
transplantation als Koordinierungsstelle und die
Notwendigkeit konkreter Vorgaben für die Zulassung als
Transplantationszentrum.

Der zweite Grund steht im Zusammenhang mit der
europäischen Geweberichtlinie, die Vorgaben für die
Transplantation von Gewebe und Zellen macht. Hierbei
gibt es bezüglich der Transplantation von Gewebe Über-
schneidungen mit dem Transplantationsgesetz. Wie sol-
len zum Beispiel die Verteilungskriterien für Augen-
hornhäute gestaltet werden? Wie ist mit dem Gewebe
nicht transplantabler Organe umzugehen, also etwa mit
Herzklappen oder Leberzellen? Dies fällt nicht unter das
derzeitige Transplantationsgesetz. Hier geht es bei der
Verteilung derzeit nach dem Motto zu: Wer zuerst
kommt, mahlt zuerst – oder er nimmt sich, was er
braucht.

Der dritte Grund ist die tendenzielle Ausweitung der
Lebendorganspende. Hier steht, wie gesagt, ein Bericht
der Enquete-Kommission aus, der meiner Meinung nach
abzuwarten ist. Noch einmal: Sollte er durch Ihre Mitar-
beit schneller kommen, wäre nichts dagegen einzuwen-
den. Bei der Debatte um die Lebendorganspenden wird
dann hoffentlich berücksichtigt werden, dass es zu kei-
ner Beeinträchtigung der Postmortalspende kommen
darf und dass ein Hauptaugenmerk auf den Versiche-
rungsschutz für Lebendorganspender liegt.

Zusammenfassend ist festzustellen: Die Große An-
frage der CDU/CSU geht an dem eigentlichen Themati-
sierungsbedarf vorbei, nämlich der Umsetzung durch
landesrechtliche Regelungen und den Verteilungsregeln
für Gewebe. Sie können aber sicher sein, Herr Rachel,
dass Sie Ihre Antworten bekommen; denn an Sachthe-
men ist die Bundesregierung und ist auch die Koalition
immer interessiert. Sie können auch sicher sein, dass wir
das Thema gerne in den Focus der Debatte führen. Nur,
für Showeinlagen dieser Art ist das Thema nicht geeig-
net.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die der SPD)


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(C (D Ich erteile das Wort der Kollegin Julia Klöckner, DU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich enke, dieses Thema ist nicht dazu geeignet, Applaus zu rheischen, dem einen oder anderen eins draufzugeben der ihn vorzuführen. Dieses Thema ist eines der wenien Themen hier im Parlament, bei denen es in der Tat m Leben und um Tod geht und bei denen wir zusamenarbeiten müssen. (Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann tun Sie es doch!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511419600
Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1511419700

Ich glaube nicht, dass man über ein Thema, zu dem
or sieben Jahren ein Gesetz verabschiedet worden ist,
icht mehr nachdenken muss, nur weil ein Abschlussbe-
icht einer Enquete-Kommission – das war übrigens
ein Abschlussbericht; denn sonst stünde dieses Thema
n der Enquete-Kommission nicht mehr auf der Tages-
rdnung – bzw. ein Ergebnis vorliegt.
Ich finde es sehr traurig, dass Sie diesen Zungen-

chlag in die Debatte hineingebracht haben; denn es geht
ier um eine Große Anfrage.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ch weiß jetzt nicht, ob Sie mit den parlamentarischen
orgehensweisen nicht vertraut sind.


(Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich!)


s gibt eine Große Anfrage – ich weiß nicht, ob diese ei-
er Enquete-Kommission entgegensteht.


(Zuruf von der FDP: Nein! Mitnichten!)

enn Sie sich einmal das Programm unserer Enquete-
ommission, insbesondere der Themengruppe Trans-
lantationsmedizin, anschauen würden, dann würden Sie
ehen, dass es durchaus um ganz andere Themen geht als
m das, was Sie uns in die Schuhe zu schieben versucht
aben. Es geht nicht um Profilierung, sondern es geht
irklich darum: Wie können wir akut und sehr schnell
ptimieren und Möglichkeiten nutzen, die bisher nicht
enutzt wurden, um dadurch Menschenleben zu retten?


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie Sie wissen, kann man, wenn man eine Große An-

rage eingereicht hat, nach drei Wochen oder auch später

(Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach drei Monaten!)

nein, Sie sollten sich einmal informieren – beantragen,
ass man frühestens nach drei Monaten und vor allen
ingen, wenn die Anfrage beantwortet ist, eine Debatte
azu führt.


(Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer muss sich jetzt informieren, Sie oder ich?)







(A) )



(B) )


Julia Klöckner

Ich weiß nicht, warum Sie sagen, wir seien skeptisch;
das wundert mich schon sehr. Weder Herr Rachel noch
Herr Parr haben etwas Entsprechendes gesagt. Wir
möchten dieses Thema auf die Tagesordnung bringen,
weil es ein wichtiges Thema ist


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

und weil wir auch den Menschen ein Zeichen geben wol-
len, die auf der Warteliste stehen, für viele ist es nämlich
eine Todesliste. Wenn wir heute Morgen zur Prime Time
um 9 Uhr zu einer Regierungserklärung über das Über-
gewicht in Deutschland reden, dann, so finde ich, kann
man auch um 19 Uhr über Menschen reden, die auf ein
lebensrettendes Organ warten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nach rund sieben Jahren ist es nämlich an der Zeit,

einmal zu schauen, ob das Ziel erreicht worden ist, das
mit dem Transplantationsgesetz 1997 beabsichtigt
wurde, nämlich die Förderung der Organspende als Ge-
meinschaftsaufgabe. Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe.
Kollege Rachel und Kollege Parr, aber auch Kollege
Wodarg haben es erwähnt: Es ist in der Tat erschütternd,
dass rund 14 000 Menschen auf der Warteliste stehen.

Ich kann Ihnen sagen, was mich sehr betroffen ge-
macht hat und warum wir uns in dieser Frage so sehr en-
gagieren. „Durst ist schlimmer als Heimweh“ hat einmal
eine Dialysepatientin gesagt. Sie darf nur ein Glas Was-
ser trinken; sie steht seit Jahren auf der Warteliste und
weiß, dass ihre Chancen, mit einer transplantierten Niere
zu überleben, umso schlechter sind, je länger sie auf der
Warteliste ist und an der Dialyse hängt. Das lässt einen
nachdenklich werden. Ich denke, das ist Grund genug,
einmal nachzufragen, ob sich das, was man vor sieben
Jahren beschlossen hat, bewährt hat. Gegebenenfalls
müssen wir uns fragen, was man tun kann, damit das ef-
fektiver wird.

Teilweise gibt es eine grundsätzliche Zustimmung zur
Organspende, teilweise wollen sich Menschen damit
einfach nicht beschäftigen. Wir haben das Thema auf die
Tagesordnung gesetzt, um diese Problematik wieder in
das Bewusstsein der Menschen zu bringen. Wenn Sie
Menschen fragen, ob sie ein Organ nehmen würden,
dann wird die Antwort regelmäßig sein, dass sie
das – zum Beispiel, wenn sie einen Unfall hatten – na-
türlich machen würden. Wenn man dieselben Menschen
dann aber fragt, ob sie auch einen Organspendeausweis
haben, dann heißt es häufig: Darüber habe ich nicht
nachgedacht. Man wird ja auch nicht damit konfron-
tiert. – An dieser Stelle möchten wir einen Beitrag leis-
ten.

Es ist kein wirkliches Argument, dass doch ein Be-
richt der Bundesregierung vorliege. Ein Bericht an sich
ist noch kein Qualitätsmerkmal. Wir müssen schauen,
was die Ergebnisse sind und was wir mit diesen Ergeb-
nissen machen. Deshalb haben wir die Große Anfrage
gestellt, die in drei Bereiche eingeteilt ist. Zum einen
geht es um das Thema der postmortalen Spende, dem
sich die Enquete-Kommission erst im nächsten Jahr zu-
wendet. Zudem geht es um die Lebendspende. Dazu stel-

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(C (D n wir Fragen, die uns bei der Arbeit in der Enqueteommission helfen. Deshalb sind wir dankbar, wenn wir uf zuverlässige Daten vom Ministerium zurückgreifen önnen. Schließlich geht es um die Xenotransplantation, lso um Forschungsentwicklungen in der Zukunft. Es ist och schön, wenn wir das Ministerium in dieser kompleen Frage mitnehmen können. Ausgehend von dieser geschilderten kritischen Enticklung möchten wir wissen, wie ernst der Bundesreierung das Thema ist. Die Gelder für Informationsmitl sind in den vergangenen Jahren halbiert worden. enn ich aber kein Informationsmaterial habe, wenn h mit dem Thema nicht in Berührung komme, dann ache ich mir auch keine Gedanken darüber. Dieser unkt ist uns wichtig. Ich glaube, Kollege Wodarg möchte eine Zwischen rage stellen. Genauso ist es. Offenkundig wollen Sie die Zwi chenfrage auch zulassen. Bitte schön, Herr Wodarg. Vielen Dank. – Frau Klöckner, als ich Ihre Fragen ge esen habe, habe ich mich gewundert, dass Sie zwar sehr ntensiv an die Menschen denken, die auf Organe warten natürlich ist das ein wichtiger Punkt –, dass Sie aber und das fehlt mir – kein Gespür für die andere Seite eigen. Es ist klar, dass viele von denen, die spenden, ichts mehr sagen können. Aber man muss doch einmal ie Situation der Angehörigen hinterfragen: Wie geht s denen hinterher? Was ist mit denen? Wie haben die as verarbeitet? Das fehlt mir bei Ihnen völlig. Was bei Ihnen außerdem fehlt – das ärgert mich sehr, as ärgert mich sogar am allermeisten –, ist, dass Sie in einerlei Weise fragen, was man denn tun kann, damit iese Warteliste nicht immer länger wird – außer natürich, dass man versucht, Organe zu beschaffen. Es hat och Gründe, dass die Nieren versagen. Die Leute haben inen schlecht eingestellten Blutzucker und Bluthochruck. Können Sie eine Frage stellen? Die Leute nehmen Schmerzmedikamente ein, für die n der Öffentlichkeit geworben wird. ll das sind die wichtigsten Gründe für Nierenversaen. Herr Kollege, Sie müssten jetzt in der Tat eine Frage tellen; denn zu einer Kurzintervention haben Sie das ort weder erbeten noch erhalten. Meine Frage ist, weshalb diese Fragen in der Großen Anfrage nicht auftauchen. Ich habe eine Gegenfrage, Herr Wodarg: Warum ha ben Sie die Große Anfrage nicht gescheit durchgelesen? Sehr wohl stehen diese Fragen darin. (Detlef Parr [FDP]: Sie müssen stehen bleiben, Herr Kollege!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511419800
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1511419900
Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1511420000
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1511420100

(Zurufe von der CDU/CSU: Frage stellen!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511420200




(A) )


(B) )

Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1511420300
Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1511420400

– Stehen bleiben! Ich würde auch bei Ihnen gerne stehen
bleiben.

Herr Wodarg, wir können gerne nachher diese Fragen
durchgehen. Wir haben sehr wohl danach gefragt, was
getan wird, um die Betreuung der Angehörigen zu ver-
bessern. Denn in der Tat geht es um die Angehörigen,
die ja zustimmen müssen, die aber eine gewisse Hemm-
schwelle haben, wenn ein von Ihnen geliebter Mensch
verstorben ist. Sie werden auch die Fragen finden: Wird
denn genügend bei der Personalausbildung in den Klini-
ken getan, damit diese besser mit den Betroffenen umge-
hen können? Gibt es Organisationen bzw. Initiativen, die
sich nachher mit den Angehörigen treffen? Welche wei-
teren Maßnahmen schlägt die Bundesregierung vor, um
hier weitergehend tätig werden zu können?

Vielleicht kennen Sie nicht alle Fragen in der Großen
Anfrage. Wir können sie gerne durchgehen.


(Detlef Parr [FDP]: Und Lesen!)

– Und lesen. – Ich bin sicher, dass wir die von Ihnen an-
gesprochenen Fragen darin finden werden.

Sie haben mir das Stichwort gegeben, um zu einem
anderen Aspekt überleiten zu können. Wir wollen mit
unseren Fragen herausfinden, wo es Missstände gibt.
Wir halten dies für sehr wichtig. Aus dem Ministerium
bekommt man aber zwischen den Zeilen gesagt, man
müsse sich erst einmal einen Überblick verschaffen, zur-
zeit gebe es anderes zu tun und man sei unterbesetzt.
Darauf antworte ich: Es wird Zeit, dass Sie sich einmal
einen Überblick verschaffen. Es ist bei dieser Thematik
fatal, dass Sie keinen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir stellen auch konkrete Forderungen. Wir haben

Vorstellungen, was man tun könnte, ohne dass das Ge-
setz geändert werden muss. Wir könnten uns zum Bei-
spiel vorstellen, dass es einen entsprechenden Vermerk
auf der Krankenversichertenkarte gibt. Die Kranken-
kassen wollen alles von ihren Mitgliedern wissen. Daher
können sie auch abfragen, ob jemand Organspender wer-
den möchte. Das kann auf einer Versichertenkarte gut
vermerkt werden.

Wichtig ist für uns, dass die Aufklärung weiterhin
forciert wird, dass es entsprechende Materialien gibt und
dass die Auseinandersetzung über diese Thematik wei-
tergeführt wird. Wir fordern, dass diese Thematik in die
Lehrpläne aufgenommen wird. Obwohl es Ländersache
ist, müssen wir das Thema ansprechen, ob es nicht sinn-
voll ist, die Aufklärungsarbeit im Rahmen von Fächern

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(C (D ie Biologie, Ethik und Religion zu integrieren. Wenn an seine Führerscheinprüfung macht, muss man auch ber jedes Schild Bescheid wissen. Ganz wichtig ist es, darauf zu achten, dass sich die liniken mit dieser Thematik beschäftigen; denn sie ind die Schnittstelle. Wir müssen hinterfragen, warum s viele kleine Kliniken unterlassen, hier aktiv zu weren. Legen sie dabei drauf, wenn sie eine oder zwei ächte einen Nierentoten auf der Intensivstation versoren müssen? Oder ist das Pflegepersonal nicht genügend ensibilisiert, um mit den Angehörigen in angemessener eise umgehen zu können? Uns geht es keinesfalls um Populismus. Die DSO, die ie so gerne zitieren, ist dankbar, dass die Union dieses hema aufgegriffen hat und Anstöße gibt. Hier geht es icht um ein Gegeneinander, sondern um ein Miteinaner, um denjenigen zu helfen, die sich nicht selbst helfen önnen. Zum Schluss dieses Tagesordnungspunktes erhält die arlamentarische Staatssekretärin Caspers-Merk das ort. M Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich rinnere mich noch gut daran, als 1967 die erste Herzransplantation durchgeführt wurde. Sie sorgte internaional für großes Aufsehen. Keiner hatte damals gelaubt, dass das möglich ist und dass Patienten mit inem fremden Herzen überleben können. Heute gehört iese Operation zum Standard in den deutschen Herzentren, wo Tag für Tag Herztransplantationen mit groem Erfolg vorgenommen werden. Es ist also richtig, ass wir uns mit der Frage beschäftigen, welche Ergebisse mit dem Transplantationsgesetz erzielt werden onnten. Frau Kollegin Klöckner, das Transplantationsgesetz urde von uns mitgetragen. Sie waren damals an der Reierung; (Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ich war damals an der Uni!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511420500
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1511420600

ir waren in der Opposition. Wir haben 1997 dieses Ge-
etz gemeinsam verabschiedet, weil wir wollten, dass
ine sichere Rechtsgrundlage für die Spende, für die
ntnahme und für die Transplantation von Organen ge-
chaffen wird.
Das Gesetz hat sich im Wesentlichen bewährt. Dies
ar auch die Einschätzung auf der Gesundheitsminister-
onferenz, von der ich gerade komme. Die Länderminis-
er stellen fest, dass das Gesetz ein Erfolg ist. Im Jahr
003 wurden 11 Prozent mehr Organe als im Jahr 2002
espendet. Es gibt also eine deutlich positive Tendenz.
ir haben auch eine Zunahme der Transplantationen

nsgesamt. Es geht aufwärts. Das ist die gute Botschaft.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk

Aber auch die Kritik ist berechtigt, dass die Wartelis-

ten immer noch zu lang sind und dass wir im europäi-
schen Vergleich noch keinen Spitzenplatz belegen, son-
dern einen Platz, der uns veranlassen sollte, darüber
nachzudenken, was wir tun können.

Natürlich kann man die Anzahl der gespendeten Or-
gane nicht planen und nicht verordnen. Da ist Überzeu-
gungsarbeit notwendig und die vorhandenen „Stell-
schrauben“ müssen richtig eingestellt sein.

In diesem Zusammenhang will ich darauf hinweisen,
dass die Zahlen, die hier genannt wurden, nicht korrekt
sind. Seit 1997 wurden insgesamt über 7 Millionen Euro
in die Aufklärungskampagne „Organspende schenkt Le-
ben“ der BZgA gesteckt. Es ist richtig, dass es im letzten
Jahr weniger war; dafür ist es in diesem Jahr doppelt so
viel wie im vergangenen Jahr. Das hat aber auch damit
zu tun, dass man zunächst die Nachfrage nach einer Bro-
schüre abwartet.

Die Summe, die die BZgA ausgibt, hängt auch mit
der Bereitschaft der Länder zusammen, gemeinsame Ak-
tionen zu starten. Es macht nämlich keinen Sinn, zum
Beispiel fünf Broschüren an dieselben Gruppen zu ver-
teilen, wenn man stattdessen durch Gemeinschafts-
aktionen mit Kooperationspartnern, insbesondere mit
Krankenhäusern und Ärzten, wesentlich bessere Ergeb-
nisse erzielt. Deswegen ist es, denke ich, richtig, dass es
bei der BZgA diesen Schwerpunkt gibt und dass wir im
Jahre 2004 wieder mehr Geld für Kampagnen, aber auch
für Gemeinschaftsaktionen zur Verfügung stellen. Ich
glaube, damit schlägt die Bundesregierung eine richtige
Maßnahme vor.

Was ist die zweite „Stellschraube“? Die zweite „Stell-
schraube“ ist die Meldepflicht für die Krankenhäuser,
die noch nicht in ausreichendem Maße melden. Das
wurde heute von allen Rednerinnen und Rednern be-
klagt. An dieser Stelle ist die Frage berechtigt: Wer ist
denn dafür zuständig? Die Bundesregierung ist es nicht;
sondern hier gibt es eine klare Verantwortung der Län-
der. Diese Verantwortung der Länder muss eingefordert
werden. Es ist nicht in Ordnung, dass immer noch nicht
jedes der 100 Krankenhäuser der Maximalversorgung
meldet, obwohl eine Meldepflicht gesetzlich geregelt ist.

Was haben wir als Bund getan? Wir haben unsere
Hausaufgaben erledigt, liebe Kolleginnen und Kollegen
von der Union. Wir haben seit 1. Januar darauf hinge-
wirkt, dass zum Beispiel die Vergütung, die für den Auf-
wand der Meldung pauschal gewährt wird, erhöht wird.
Das ist ein wichtiger Anreiz, damit die Krankenhäuser
melden.

Ich sage es aber noch einmal: Es kann nicht sein, dass
einerseits die Krankenhausplanung Ländersache ist, an-
dererseits aber dann, wenn der Meldepflicht nicht hinrei-
chend nachgekommen wird, der Bund zuständig sein
soll. Da müssen die Länder an ihre Verantwortung erin-
nert werden. Ich erwarte, dass sich die Landesministerin-
nen und Landesminister ihrer politischen Aufgabe stel-
len und die Krankenhäuser darauf hinweisen, dass es zu
ihrem Versorgungsauftrag gehört, bei Organspenden ih-
rer Meldepflicht nachzukommen.

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(C (D Die dritte Aufgabe ist es, weiterhin für eine stärkere esellschaftliche Akzeptanz zu sorgen. Das können wir icht nur über Broschüren tun, sondern das muss jede nd jeder in seinem Umfeld machen. Wir müssen die orhandenen Sorgen und Nöte ernst nehmen und die orurteile abbauen. Wir müssen dafür sorgen, dass nieand die ethischen Grundsätze außer Acht lässt und wir üssen die ethischen Bedenken der Spender und ihrer ngehörigen ernst nehmen. ur so kommen wir weiter. Nun komme ich zu der Frage, welche Rolle die nquete-Kommission in diesem Zusammenhang spielt. nquete-Kommissionen des Deutschen Bundestages ind Beratungsgremien, die sich der Bundestag selbst chafft. Eine Enquete-Kommission hat dieses Thema als chwerpunkt. Sie wird sich auch zu dem ethisch sehr trittigen Thema der Lebendspende äußern. Die Bundesegierung sollte dem Votum der Enquete-Kommission icht vorgreifen, weil damit eine Beratung in der Enuete-Kommission überflüssig wäre. Die Bundesregieung ist sehr an den Äußerungen der Enquete-Kommision interessiert. Ich will an dieser Stelle betonen: Einen rganhandel wird es mit dieser Bundesregierung nicht eben; das ist ausdrücklich ausgeschlossen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Detlef Parr [FDP]: Öffentliche Debatte!)


Wir werden dafür sorgen, dass nicht Anreize finan-
ieller Art geschaffen werden. Wir werden auch dafür
orgen, dass die hohen ethischen Standards, die in
eutschland bei der Organspende existieren, beibehalten
erden.
Mein Appell geht an Sie: Helfen Sie dort, wo Sie
berzeugungsarbeit leisten können, dieses Thema zu
ördern. Ihre Fragen beantworten wir gern, allerdings
uss jeder wissen: Die Hauptverantwortung liegt bei
en Beteiligten und bei den Ländern. Deswegen sind
uch sie mit in die Pflicht zu nehmen. Wir haben dies
urch eine Abfrage bei den Ländern getan. Wir werden,
owie die Ergebnisse aus den Ländern vorliegen, Ihre
ragen umfassend und kompetent beantworten.
Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511420700

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 14:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen (14. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Karin
Rehbock-Zureich, Sören Bartol, Uwe
Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD sowie der Abgeordneten Albert
Schmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln),






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN
Die Bahnreform konsequent weiterführen

– zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und
der FDP
Leitlinien für die Vollendung der Bahnreform
– Drucksachen 15/2658, 15/2156, 15/3268 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Karin Rehbock-Zureich
Eduard Lintner

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist auch
für diese Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. –
Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
die Parlamentarische Staatssekretärin Angelika Mertens.

A
Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1511420800


Herr Präsident! Meine liebe Kolleginnen und Kolle-
gen! Zehn Jahre Bahnreform – das war ein Datum, das
wir zum Anlass genommen haben, uns in den letzten
Wochen heftig zu streiten. Das zeigt uns vor allen Din-
gen: Die Bahnreform ist nicht abgeschlossen, die Bahn-
reform geht vielmehr in eine entscheidende Phase.

Sieht man sich die vorliegenden Anträge etwas ge-
nauer an, dann stellt man fest, dass es mehr Gemein-
samkeiten gibt, als auf den ersten Blick zu vermuten
wäre.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Jawohl! Es entwickelt sich ganz gut!)


Zum Beispiel die Beibehaltung der Ziele der Bahnre-
form, die Beibehaltung der verfassungsrechtlichen Ver-
antwortung des Bundes für die Schieneninfrastruktur,
die Sicherung des Wettbewerbs auf der Schiene, die Öff-
nung des europäischen Schienennetzes, die Erhöhung
der Wirtschaftlichkeit der Bahn und die Transparenz der
Unternehmensbereiche der Bahn und die sorgfältige Prü-
fung der Voraussetzungen für einen Börsengang der DB
AG sind Grundsätze, die die Bundesregierung nur unter-
streichen kann.

Und wir handeln auch entsprechend, zum Beispiel mit
dem Entwurf des Dritten Gesetzes zur Änderung eisen-
bahnrechtlicher Vorschriften, also der Umsetzung des
ersten Eisenbahnpakets und der Empfehlungen der
Taskforce „Zukunft Schiene“. Wir haben maßgeblichen
Anteil in Europa am zweiten Eisenbahnpaket. Mit der
Unterstützung des Parlamentes sind weitere Fortschritte
bei der Liberalisierung des Schienenverkehrs erreicht
worden. Regierung und Koalition haben dafür gesorgt,
dass im Durchschnitt rund 3,8 Milliarden Euro jährlich
in die Schienenwege investiert wurden. Das haben wir
trotz der notwendigen und schmerzhaften Haushaltskon-
solidierung geschafft.

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(C (D (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Jetzt kommen wir zu unseren Anträgen!)


Schließlich gehört hierzu auch die Vorbereitung eines
öglichen Börsengangs der DB AG. Der Börsengang
önnte ein Gütesiegel des Kapitalmarkts für eine erfolg-
eiche Vollendung der Bahnreform werden. Ich denke,
a sind wir uns im Grundsatz einig.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Wir sind auf dem Weg dazu!)


as war bei der Bahnreform – es gibt hier noch einige,
ie sie damals mit beraten haben – auch so angedacht.
Der Börsengang würde jedenfalls das Unternehmen

n die Lage versetzen, flexibel auf Erfordernisse eines
ynamischen Marktes zu reagieren. Der europäische
chienen- bzw. Bahnmarkt wird in den nächsten Jahren
in sehr dynamischer Markt sein. Ein dynamischer
arkt stellt Anforderungen an Unternehmen, die dauer-
aft konkurrenzfähig sein wollen. Das setzt vor allem
ie Fähigkeit voraus, schnell auf Veränderungen reagie-
en zu können.
Ein Börsengang setzt die Wirtschaftlichkeit des Un-

ernehmens voraus. Um eine Entscheidungsgrundlage zu
ekommen, liegen noch einige Arbeiten vor uns. Diese
rbeiten werden sorgfältig durchgeführt. Trotz der be-
chriebenen Gemeinsamkeiten wird es – ich glaube, das
st eine Prognose, die man durchaus anstellen kann –
um Wie und Wann eines Börsengangs mehr als zwei
einungen geben. Darüber werden wir dann in den Aus-
chüssen und im Plenum miteinander diskutieren.
Seit Mitte 2003 führt das BMVBW zusammen mit

en beteiligten Ressorts und der DB AG Gespräche und
rüft, welche Voraussetzungen im Unternehmen und bei
en rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingun-
en geschaffen werden müssen. Diese Gespräche wer-
en wir weiterführen. Wir werden die verkehrs-, finanz-
nd haushaltspolitischen Chancen und Risiken aller Al-
ernativen und Vorschläge sorgfältig prüfen und uns
azu selbstverständlich auch externen Sachverstands
edienen. Auf der Grundlage des Gutachtens von
organ Stanley werden wir außerdem die weitere
nternehmensentwicklung genau beobachten. Die nach-
altige, konsolidierte wirtschaftliche Situation des Un-
ernehmens ist – das weiß jeder – Voraussetzung für ei-
en erfolgreichen Börsengang.
Ich würde mich freuen, wenn wir im weiteren Verlauf

er Beratungen unter Berücksichtigung der verschiede-
en Möglichkeiten über die Chancen und Risiken des
nternehmens auf dem deutschen, europäischen und
uch auf dem internationalen Markt nüchtern und ohne
deologische Scheuklappen diskutieren würden und dar-
egen würden, wo wir jeweils die Zukunft des Unterneh-
ens sehen. Ich könnte mir vorstellen, dass es eine grö-
ere grundsätzliche Übereinstimmung gibt, als es
ielleicht nach der heutigen halbstündigen Diskussion
um Ausdruck kommt.
Danke.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511420900

Nächster Redner ist der Kollege Dirk Fischer, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dirk Fischer (CDU):
Rede ID: ID1511421000

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Du kannst nicht anders mit der Bahn fahren, als die
Schienen gelegt sind; so Wilhelm Voigt, der Hauptmann
von Köpenick.


(Siegfried Scheffler [SPD]: Danke schön!)

Zur Vollendung der Bahnreform bedarf es aus unserer

Sicht jetzt der richtigen Weichenstellung. Der ge-
wünschte Börsengang der DB AG – dieses Ziel eint uns,
glaube ich, alle – darf nicht unter einen falschen Zeit-
druck gesetzt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es muss sehr wohl überlegt werden, unter welchen
strukturellen, verkehrspolitischen und ökonomischen
Rahmenbedingungen er erfolgen soll. Wer das anders
machen will, läuft Gefahr, die Bahnreform gegen die
Wand und die DB AG in die Pleite zu fahren.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Oder auf das Abstellgleis!)


Wir erwarten von der Bundesregierung, dass die Ziele
der Bahnreform beibehalten werden, nämlich mehr
Verkehr auf die Schiene zu bringen und eine geringere
Belastung des Steuerzahlers und des Haushalts zu errei-
chen. Deswegen ist vor einer Teilprivatisierung der
DB AG eine mehrjährige positive Gewinnentwicklung
des Gesamtkonzerns, und zwar aus gewöhnlicher
Geschäftstätigkeit, erforderlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ein Börsengang gestützt auf Haushaltsfinanzierung,
Auflösung von Rückstellungen und die Verschiebung
dringend notwendiger Investitionen ist nicht tragfähig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das Parlament erwartet die Einbeziehung externen

Sachverstands bei der Wahl des Privatisierungsmodells.
Der Gutachtenauftrag, der jetzt ausgeschrieben wird,
muss ergebnisoffen sein und alle denkbaren Varianten
unter betriebswirtschaftlichen, verkehrspolitischen und
volkswirtschaftlichen Aspekten umfassen.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

Wesentlich ist, inwieweit diese Varianten den Zielen der
Bahnreform, aber auch der Infrastrukturverantwor-
tung des Bundes, wie sie sich aus Art. 87 e des Grund-
gesetzes ergibt, gerecht werden.

Erfreulich ist, dass diese Überzeugung von allen
Fraktionen geteilt wird und die Zustimmung zahlreicher
Verbände und der Öffentlichkeit genießt. Der im Ver-
kehrsausschuss am 5. Mai 2004 gemeinsam verabschie-
dete Entschließungsantrag knüpft an den breiten parla-
mentarischen Konsens zur Bahnreform des Jahres 1993

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(C (D n. Er wird heute dem Parlament zur Beschlussfassung mpfohlen. (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Guter Ausschuss!)


Der viel zu eng gefasste Auftrag an Morgan Stanley
om Oktober 2003, nur den Börsengang der DB AG mit
tegriertem Netz zu begutachten, entspricht nicht den
nsprüchen des Parlaments an eine sachgerechte Ent-
cheidungsvorbereitung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz interfraktio-

eller Beschlussempfehlung, die natürlich dem Hause
ekannt war – die Ausschreibung für ein Monitoringver-
ahren auf der Basis dieses unter einseitigen Vorgaben
ntstandenen Morgan-Stanley-Gutachtens ist aus unserer
icht in diesem Zusammenhang völlig unverständlich.
ie Beratung, die gestern im Ausschuss mit Minister
tolpe stattgefunden hat, lässt aber hoffen, dass jetzt eine
rgebnisoffene Prüfung und eine zwischen Bundesregie-
ung und Parlament abgestimmte Entscheidung für ein
rivatisierungsgesetz vorbereitet werden. Immerhin:
inister Dr. Stolpe hat uns gestern – dafür sind wir
ankbar – den Schulterschluss versprochen.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Jawohl, der Zug ist auf dem richtigen Gleis! – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Hoffentlich weiß er das heute noch!)


Sehr bemerkenswert aber und für das Parlament ins-
esamt bedenkenswert ist das Gutachterergebnis, dass
ich ein vollständig privatisierter Bahnkonzern nur dann
uf dem Kapitalmarkt behaupten könne, wenn die
B AG nach ihrem Börsengang mit Netz über Jahre er-
ebliche Bundesmittel erhielte. Bundesregierung und
undestag müssen sich der Tragweite eines solchen Fa-
its des Gutachtens bewusst werden: Die Bahn wäre er-
olgsunabhängig subventioniert und gegen Wettbewerb
bgeschirmt – das wäre eine Abkehr von den Zielen der
ahnreform.
Frau Kollegin Mertens, Sie haben eben von der Siche-

ung des Wettbewerbs auf der Schiene gesprochen. Das
inde ich angesichts des Anteils eines Unternehmens
der DB AG – am Schienenverkehrsmarkt eine hoch-
teressante Aussage, denn im Personenfernverkehr hat
ie einen Marktanteil von 99,5 Prozent, im Personennah-
erkehr einen Marktanteil von 96 Prozent – ohne Regio-
alisierungsmittel und das Prinzip des Bestellens durch
ie Länder wären es wahrscheinlich auch 99,5 Prozent –
nd im Güterverkehr einen Marktanteil von 95,5 Pro-
ent. Die angeblich nahezu 200 oder 250 Bahnen, die
ich „auf dem Netz tummeln“, wie immer gesagt wird,
aben die restlichen Marktanteile; da muss man echt die
upe nehmen, um deren Marktanteile noch mit bloßem
uge erkennen zu können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nein, es geht darum, Wettbewerb herzustellen, zu er-
öglichen, durchzusetzen, damit wir in den Schienen-
erkehrsmarkt Dynamik bekommen, wie wir sie auch
uf der Straße haben, wo der LKW-Verkehr der DB AG






(A) )



(B) )


Dirk Fischer (Hamburg)


bzw. dem Schienenverkehrssektor unverändert Marktan-
teile abnimmt. Wir brauchen die Freisetzung der Dyna-
mik privaten Kapitals im Schienenverkehrsmarkt. Das
ist unser Wunsch, mit dem wir den Verkehrsträger vo-
ranbringen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Der Steuerzahler darf nicht die Gewinne von Aktionären
finanzieren. Das Schienennetz darf nicht zu einem blo-
ßen Renditeobjekt des Kapitalmarkts verkommen. An-
gesichts der grundgesetzlich vorgegebenen Infrastruk-
turverantwortung dürfen doch nicht die in England
gemachten Fehler wiederholt werden: Für das Netz darf
der Shareholder Profit nicht zur Handlungsmaxime des
Bahnvorstandes werden. Hier geht es auch um einen
wichtigen Aspekt der Daseinsvorsorge im ganzen Land.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, auch

zehn Jahre nach Beginn der Bahnreform ist die DB AG
weiter im Sanierungsprozess; darüber kann keine Propa-
ganda hinwegtäuschen. Wir haben im Jahre 2003 einen
Konzernbilanzverlust von 245 Millionen Euro gehabt.
Die Verbindlichkeiten haben sich gegenüber 2002 um
2,5 Milliarden Euro auf jetzt 27 Milliarden Euro erhöht.
Beim Start der Bahnreform, am 1. Januar 1994, waren es
0 Euro, denn der Bund hat alle Altschulden in seinen
Haushalt übernommen. Die Eigenkapitalquote ist gegen-
über 2002 um weitere 1,7 Prozent auf nur noch
10,7 Prozent abgesunken. Als es losging, 1994, waren es
29,6 Prozent, also nahezu die 30 Prozent, die wir haben
wollen. Die Umsätze der Bahn ohne Stinnes stagnieren
bei 15,9 Milliarden Euro.

Die Bundesregierung wäre gut beraten, im Schulter-
schluss mit dem Parlament und dessen Gesetzgebungs-
befugnis sowie vor dem Hintergrund ihrer Verantwor-
tung als Alleineigentümer die weiteren Schritte zu
unternehmen. Nur so kann am Ende des Prozesses – und
damit noch zum richtigen Zeitpunkt – die Bahnreform
erfolgreich vollendet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511421100

Das Wort hat nun der Kollege Albert Schmidt,

Bündnis 90/Die Grünen.
Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In

bemerkenswerter und, wie ich finde, beispielloser Ein-
mütigkeit hat der Verkehrsausschuss des Deutschen
Bundestages am 5. Mai dieses Jahres einen gemeinsa-
men Entschließungsantrag beschlossen, der uns heute
noch einmal zur Abstimmung vorliegt, in dem wir alle
gemeinsam die Bedingungen nennen, die wir für die Er-
reichung der Kapitalmarktfähigkeit des Bundeskon-
zerns Deutsche Bahn AG bzw. für eine Teilprivatisie-
rung desselben für unabdingbar halten. Diese
Entschließung verdient es, in den wesentlichen Punkten
noch einmal in Erinnerung gerufen zu werden; denn dort
heißt es:


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(C (D Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, eine Grundsatzentscheidung über eine mögliche Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG … erst dann zu treffen, wenn der nachhaltige wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens DB AG, insbesondere eine mehrjährige positive Gewinnentwicklung, feststeht. (Beifall des Abg. Georg Brunnhuber [CDU/ CSU])

Eine dauerhafte Rentabilität

auch das scheint mir wichtig, noch einmal in Erinne-
ung zu rufen –

der DB AG darf nicht auf Leistungen des Bundes
und damit der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen –

für den Ausbau der Schieneninfrastruktur beru-
hen …

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Wie sehr wir Recht hatten, dies damals ganz präzise
ufzuschreiben, hat wenige Wochen später die Veröf-
entlichung der Kurzfassung des Gutachtens von
organ Stanley gezeigt; denn dort wird Punkt für Punkt
ufgelistet und zusammengefasst, welche Wirtschaft-
ichkeitsdaten im Einzelnen als Hürden genommen wer-
en müssen, um eine sinnvolle Teilprivatisierung zu er-
eichen, die die Bezeichnung Börsengang oder
apitalmarktfähigkeit verdient und nicht in Wahrheit ei-
en Notverkauf bedeutet.
Als Voraussetzungen und Bedingungen werden zum
eispiel genannt: die Klärung des europäischen Verga-
erechts – wegen der Nahverkehrsaufträge sieht
organ Stanley offenbar Bedarf –, eine zehn Jahre lange
achhaltige Finanzierung des Netzes über die Bestands-
etzmittel, eine nachhaltige Garantie für die Regionali-
ierungsmittel, ein – dies wird vor allem genannt – Turn-
round in den beiden Unternehmensbereichen Fernver-
ehr und Fahrweg – beide sind derzeit defizitär –, die Er-
eichung einer Dividendenrendite von 4 bis 5 Prozent
nd einer Kapitalkostenrendite von 8,7 Prozent. All das
ind Benchmarks, Zielwerte, von deren Erreichung wir
m Moment meilenweit entfernt sind.


(Beifall des Abg. Georg Brunnhuber [CDU/ CSU])


as muss man ganz nüchtern zur Kenntnis nehmen. Ich
laube, deshalb war unsere Erinnerung an die grundsätz-
iche Bedeutung solcher Voraussetzungen sehr richtig
nd zielführend.


(Beifall im ganzen Hause)

Darüber hinaus haben wir in diesem gemeinsamen
ntrag, der uns heute noch einmal zur Beratung und Ab-
timmung vorliegt, auch verlangt, dass vor einer Grund-
atzentscheidung – das betone ich – über eine mögliche
eilprivatisierung der Deutschen Bahn AG die ver-
ehrs-, finanz- und haushaltspolitischen Chancen und
isiken der infrage kommenden Privatisierungs-






(A) )



(B) )


Albert Schmidt (Ingolstadt)


modelle – zumindest des so genannten Vertrags- und des
Eigentumsmodells – unter Einbeziehung externen Sach-
verstandes umfassend und ergebnisoffen zu prüfen sind.
Das heißt, wir wollen eben nicht, dass uns im Parlament
eine Vorfestlegung auf ein bestimmtes Modell – und sei
es das eines integrierten Börsenganges – nach der
Methode vorgelegt wird: Vogel friss oder stirb.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])


Wir wollen, dass hier ganz nüchtern und sachlich analy-
siert wird. Es soll insbesondere das Modell ergebnis-
offen analysiert, geprüft und bewertet werden, das den
Behalt der Infrastruktur, also des Eigentums am Netz in
der öffentlichen Hand, zur Grundlage hat.


(Beifall des Abg. Georg Brunnhuber [CDU/ CSU])


Warum ist uns das so wichtig? Das hat ja keine ideo-
logischen Gründe und das hat auch nichts damit zu tun,
dass wir ein Generalmisstrauen gegen alles und jedes
hätten oder etwa gegen die Privatisierung per se wären.
Der Hauptgrund ist einfach, dass uns die Sorge eint;
denn wenn man die Infrastruktur und das Streckennetz
– und sei es nur zu Anteilen – in die Hand eines privaten
Shareholders gibt, dann liegt es in der Logik der Sache,
dass dadurch ein brutaler Renditedruck auf diesen Schie-
nenstrecken lastet, was bei der Straße nicht der Fall ist.
Die Einführung quasi einer neuen Chancenungleichheit
auf dem Verkehrsmarkt würde bedeuten, dass der Druck
entstehen würde, in der Tendenz zu einem Schrumpf-
netz zu kommen, nämlich zur Abstoßung und Stillle-
gung der Teile des Netzes, die nicht rentabel sind. Das ist
genau das, was wir nicht wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich sage das sehr pointiert auch an die Adresse der
Gewerkschaften und ihrer Vertreter im Aufsichtsrat:
Eine Tendenz zum Schrumpfnetz heißt auch eine Ten-
denz zu weniger Arbeitsplätzen. Das muss klar sein.
Darüber hilft auch ein Beschäftigungspakt nicht hinweg;
denn auch der ist irgendwann zu Ende. Das Netz aber
würde weiter schrumpfen.

Die Botschaft unseres gemeinsamen Beschlusses lau-
tet nicht, dass wir gegen Privatisierung sind. Wir sind
sehr wohl für die Beteiligung privaten Kapitals am
Schienenmarkt und auch an dem Konzern Deutsche
Bahn AG. Aber die Privatisierung muss richtig ablaufen.
Wir sind von dem Zeitplan, wie er uns jetzt von mancher
Seite nahe gebracht wird, ebenso wenig überzeugt wie
von dem Modell, das uns jetzt als die allein selig ma-
chende Wahrheit alternativlos dargestellt wird. So funk-
tioniert es nicht.

Der Deutsche Bundestag ist selbstbewusst genug,
heute deutlich zu machen: Wir wollen nicht nur mitre-
den, sondern wir sind an dieser Stelle die Vertreter des
Eigentümers und wir haben es zu entscheiden.

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(C (D (Eduard Oswald [CDU/CSU]: So ist es! Sehr wahr! Vertreter des Volkes!)


as werden wir nach den Maßgaben unserer Analysen,
ewertungen und gemeinsamen Erkenntnisse tun.


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511421200

Ich erteile das Wort dem Kollegen Horst Friedrich,

DP-Fraktion.


Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1511421300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ehr verehrte Frau Staatssekretärin! Das letzte Wort
ann ich aufgreifen, lieber Kollege Schmidt: Wir müssen
eutlich machen, dass wir alle, die wir hier sitzen, für die
rivatisierung und für die Vollendung der von uns ange-
egten Bahnreform sind. Es wird immer so getan, als ob
emand, der die Art und Weise, wie die Bahn an die
örse gehen soll, gegen Privatisierung sei. Das ist nicht
er Fall. Wogegen wir uns wehren, ist eine Privatisie-
ung im Schweinsgalopp.


(Beifall bei der FDP)

Sehr verehrte Frau Staatssekretärin, gerade die Bun-

esregierung sollte nach den Erfahrungen mit dem Ver-
ahren bei der Maut aufpassen, dass ihr bei diesem sehr
iel schwerwiegenderen Privatisierungsvorgang, bei
em die Konsequenzen sehr viel teurer werden und in
eiten Bereichen nicht mehr zu reparieren sind, nicht
as Gleiche passiert. Ich habe – zusammen mit der gan-
en FDP-Fraktion – Sorge, dass die Fortführung und
erfeinerung des Morgan-Stanley-Gutachtens entgegen
en Beteuerungen im europäischen Ausschreibungsver-
ahren bereits veröffentlicht ist.
Was bedeutet das? Wenn ein privater Eigentümer ein-
al am Schienennetz der Bahn beteiligt ist, kann die
rennung von Netz und Betrieb wahrscheinlich nicht
ehr beschlossen werden. Diese Festlegung gilt es zu
erhindern. Das müsste für Sie die Richtschnur sein. An-
onsten passiert das, was wir alle nicht wollen: Der Bör-
engang eines integrierten Unternehmens bedeutet eine
erkleinerte, hoch subventionierte und gegen Wettbe-
erb auf Dauer abgeschirmte Bahn und damit ganz be-
usst – das möchte ich deutlich sagen – den Abschied
on den Zielen unserer gemeinsam eingeleiteten Bahnre-
orm.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Eduard Lintner [CDU/CSU])


Darüber hinaus muss man eines feststellen: Sowohl in
er Kurz- wie auch in der Langfassung des Gutachtens
ind die Zahlen, die Morgan Stanley feststellt, eine
challende Ohrfeige für das Management der Bahn.


(Beifall bei der FDP)

ie Bahn ist eben in allen Punkten nicht börsenfähig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Horst Friedrich (Bayreuth)


Das ist das Gegenteil von dem, was uns Herr Mehdorn
am laufenden Band vorzugaukeln versucht. Normaler-
weise müsste ein Gutachter nach dieser Grundlagenerhe-
bung seriöserweise sagen: Ein Börsengang ist momentan
nicht möglich; macht erst einmal eure Hausaufgaben. –
Das steht auch im Gutachten. Warum allerdings ein paar
Seiten weiter als Ergebnis festgestellt wird, dass ein Bör-
sengang möglich sei, auch wenn es ein sportlicher Wett-
bewerb sei – dabei ist das Wort „sportlich“ nicht defi-
niert –, ist fraglich. Wenn jemand, der in seinem Leben
noch nie einen Marathonlauf bestritten hat, übermorgen
am Olympia-Marathonlauf teilnimmt und den Sieg da-
vonträgt, dann ist das sportlich. Ich glaube, die Hürden
der Deutschen Bahn beim Börsengang sind vergleichbar.

Nein, es muss in einer seriösen Untersuchung ohne je-
den Zeitzwang festgelegt werden, welche Alternativen
möglich sind und wo die Vor- und Nachteile liegen. Das
kann man eben nicht nur aus der Sicht des Kapitalmark-
tes definieren, sondern das muss auch aus ordnungspoli-
tischer und verkehrspolitischer Sicht festgelegt werden.
Deswegen bin ich dankbar, dass zum einen der Verkehrs-
ausschuss diese gemeinsame Entschließung verabschie-
det hat und dass zum anderen heute im Plenum darüber
debattiert wird, damit vom ganzen Bundestag aus das
Signal an den Bahntower am Potsdamer Platz ergeht:
Gegen uns ist eine Privatisierung im Schweinsgalopp
nicht machbar.

Hier muss deutlicher, länger und gründlicher disku-
tiert werden.


(Beifall bei der FDP)

Ich danke für die Aufmerksamkeit und freue mich auf

die weitere gemeinsame Zusammenarbeit in diesem
Punkt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511421400

Nun hat das Wort die Kollegin Karin Rehbock-

Zureich, SPD-Fraktion.


Karin Rehbock-Zureich (SPD):
Rede ID: ID1511421500

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Wir stehen heute im Bereich der Schienenpolitik
vor wichtigen Entscheidungen. Es geht erstens um die
zukünftige Rolle des Verkehrsträgers Schiene im Tran-
sitland Deutschland und zweitens darum, welche Rolle
die Schiene im zukünftigen Europa spielt.

Wir haben in unserem Antrag den Wettbewerb, den
Netzzugang und die Chancengleichheit im Schienennetz
thematisiert. Wir werden die Ergebnisse der Arbeit der
Taskforce umsetzen. Die Verkehrspolitik wird auch in
Zukunft die Entwicklung dieses Verkehrssystems be-
stimmen. Verkehrspolitik gibt vor, welche Verkehrsträ-
ger welche Zuwächse erhalten können. Dies gilt auch für
die Schiene.

Wir werden im Zusammenhang mit der Diskussion
über die Chancengleichheit und über den Zugang zu die-

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(C (D em Netz die dritte Novelle des Allgemeinen Eisenahngesetzes auf den Weg bringen und wir sind übereugt, dass dies ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung es Wettbewerbs und zur Eigenständigkeit der Netz AG t. Ein weiterer wichtiger Punkt, über den wir heute dis utieren, ist die Überlegung zur Teilprivatisierung der B AG. 1993 wurde die Bahnreform mit breiter, parteibergreifender Mehrheit beschlossen. Wir stehen heute ieder vor der Situation, dass es ohne das Parlament eine Entscheidung gibt und ein Börsengang bzw. eine eilprivatisierung ohne den Bundesrat, das heißt ohne ie Länder, nicht machbar ist. Wir, die SPD-Fraktion, legen großen Wert darauf, ass die Chancen und die Risiken ergebnisoffen und umassend diskutiert werden. Vor der Entscheidung über as Ob und das Wie dieser Teilprivatisierung muss eine rüfung aller Auswirkungen erfolgen. Für uns gilt: orgfalt vor Eile. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie Auswirkungen müssen sich in der verkehrspoliti-
chen Realität in den nächsten Jahrzehnten bewähren.
or der Entscheidung des Parlaments müssen einige Vo-
aussetzungen erfüllt werden:
Der nachhaltige wirtschaftliche Erfolg der DB AG
uss deutlich erkennbar sein. Es darf nicht sein – darauf
st vorhin schon hingewiesen worden –, dass die Leis-
ungen des Bundes für die Rendite eine Rolle spielen.
as verkehrspolitische Ziel, mehr Verkehr auf die
chiene zu bringen, muss im Vordergrund jeglicher Ent-
cheidung stehen.


(Unruhe)

Ich freue mich, dass sich so viele Kolleginnen und
ollegen diese wichtige Debatte anhören.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as heißt für uns, dass das Vertragsmodell und das Ei-
entumsmodell gleichermaßen überprüft werden, damit
ir eine Entscheidungsgrundlage haben, um Risiken und
hancen abschätzen zu können. Denn in dem Gutachten
on Morgan Stanley erfolgt die Bewertung ausschließ-
ich aus der Sicht eines möglichen Investors. Morgan
tanley lässt viele Fragen offen und stellt kritische Fra-
en, die zunächst einmal abgearbeitet werden müssen.
Die Fragen sind kein Pappenstiel. Erstens muss die

auerhafte Absicherung der Bundesmittel über mindes-
ens zehn Jahre hinweg gesichert sein. Zweitens muss
ie vollständige Umstellung von Darlehen auf Baukos-
enzuschüsse erfolgen. Des Weiteren – auch das ist für
ns ein Knackpunkt – wird der Regionalverkehr zum
ernstück einer positiven Bewertung der Teilprivatisie-
ung. Das bedeutet – Morgan Stanley macht dies zur
oraussetzung –, dass die Erhöhung und langfristige
estlegung der Regionalisierungsmittel auf dem gegen-
ärtigen Niveau gesichert sein müssen. Dies setzt vo-
aus, dass die DB AG einen Marktanteil von 50 Prozent






(A) )



(B) )


Karin Rehbock-Zureich

gewinnt, um den wirtschaftlichen Erfolg abzusichern.
Bei den Ausschreibungen ist das derzeit nicht der Fall.
Insofern bleiben die Fragezeichen bestehen.

Wir meinen, dass zunächst alle Knackpunkte, Kritik-
punkte und Risiken aufgelistet werden müssen. Uns
müssen auch vergleichbare Bewertungen anderer Unter-
nehmen vorliegen, damit wir eine Entscheidung treffen
können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511421600

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

Kollege Eduard Lintner, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1511421700

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Heute ist schon mehrfach betont worden, dass sich
– obwohl uns die Bahnreform schon seit über zehn Jah-
ren beschäftigt – nach wie vor alle Seiten des Hauses da-
rin einig sind, dass sie zum Erfolg geführt werden muss.
Auch an der damaligen Zielsetzung wird unverändert
festgehalten.

Ich merke das deshalb an, weil wir jetzt kurioserweise
den Sachverhalt haben, dass die Einigkeit zwischen den
Parlamentariern der Opposition und der Regierungskoa-
lition größer ist als beispielsweise die Einigkeit mit dem
Ministerium oder erst recht mit dem Bahnvorstand. Der
gemeinsame Beifall, der in diesem Hause ein seltenes
Erlebnis ist, hat das sozusagen akustisch herausgestellt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dabei sind sich die Vertreter aller Fraktionen darin ei-
nig – das ist in der Ausschussberatung ausdrücklich fest-
gestellt worden –, dass die Bahnreform in erster Linie
Sache der Parlamentarier und weniger der Bundesregie-
rung ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])


Das hat erhebliche Konsequenzen für das Verfahren,
die zum Teil schon erwähnt worden sind. Eine Konse-
quenz ist zum Beispiel, dass unserem Begehren gefolgt
und ein zusätzliches Gutachten eingeholt werden muss,
das ergebnisoffen von unabhängigen Sachverständigen
erarbeitet wird und in dem die Frage geklärt werden soll,
ob es nicht besser wäre, ohne das Netz nur mit dem Be-
trieb an die Börse zu gehen.


(Beifall des Abg. Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir werden sehr darauf achten, dass dieses Gutachten im
Gegensatz zu dem schon vorliegenden Gutachten die
von uns gestellten Qualitätsanforderungen erfüllt.

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(C (D Mit diesem Schritt, der eigentlichen Privatisierung er Bahn, sind noch sehr schwierige rechtliche und iskalische Probleme verbunden. Deshalb glaube ich icht wie die meisten im Saal an den von der Bahn voregebenen und angestrebten Zeitplan bis 2006. Ich will in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, ass vom Bundestag beispielsweise erwartet wird, dass r sich verpflichtet, der Bahn in den nächsten zehn Jahen mindestens 2,5 Milliarden Euro jährlich für den rhalt des Bestandsnetzes zur Verfügung zu stellen, und ass den Ländern die Regionalisierungsmittel in Höhe on 10 Milliarden Euro jährlich über das Jahr 2008 hiaus gewährt werden. Hierbei geht es um Zuschüsse des undes in Höhe von immerhin rund 95 Milliarden Euro n den nächsten zehn Jahren. Allein die Dimension ieser Finanzzusagen zeigt doch, dass eine schnelle ösung, wie sie immer wieder gefordert wird, nicht öglich sein wird. Sie ist extrem unwahrscheinlich. Im Übrigen muss ich auch darauf hinweisen, dass die undesregierung den Fortgang der Bahnreform auf aneren Feldern durchaus tatkräftiger hätte unterstützen önnen, als sie dies getan hat. Ich denke hier beispielseise an die europäischen Rahmenbedingungen für den chienenverkehr. Das Europäische Parlament hat beipielsweise die Liberalisierung des Netzzugangs für en Güterverkehr bis 2006 gefordert. (Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Bleiben Sie ganz sachlich!)


Lieber Kollege Weis, auch Sie wissen das. – Die Bun-
esregierung hat sich dafür nicht stark gemacht. Jetzt
oll die Liberalisierung 2008 kommen. Ob die Franzosen
is dahin tatsächlich tätig werden und konkurrierenden
isenbahnunternehmen den Zugang zu ihrem Schienen-
etz erlauben werden, steht für mich überhaupt noch
icht fest. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit lassen
kepsis angebracht erscheinen.
Wir wissen doch, dass eine der zentralen Forderungen

Erhöhung des Anteils des Schienengüterverkehrs am
esamtvolumen des Güterverkehrs – nur dann zu ver-
irklichen ist, wenn der Eisenbahn lange Transportwege
ur Verfügung stehen und sie die Strecken schnell, zu-
erlässig und pünktlich überbrücken kann. Das ist eine
anz wesentliche Voraussetzung, die bis heute nicht er-
üllt ist, auch weil die Bundesregierung – das muss ich
hr schon vorhalten – Jahr für Jahr hat verstreichen las-
en, ohne auf europäischer Ebene zum Beispiel die Libe-
alisierung der Netze von Frankreich oder Spanien zu
etreiben.
Im Übrigen hätte sich die Bundesregierung an einem

nderen Sachverhalt in Frankreich – das ist interessant
ein Vorbild nehmen sollen. Frau Kollegin Rehbock-
ureich, die französische Regierung hat beispielsweise
m Jahre 2003 ihrer Bahn allein für neue Strecken
,2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Jahre
004 werden es sogar 2,7 Milliarden Euro sein. Im Ver-
leich dazu wird die Bundesregierung entgegen allen
eteuerungen, die wir aus der Vergangenheit kennen,
ünftig die Mittel für Neu- und Ausbau auf etwa
00 Millionen Euro zurückfahren. Das heißt im Klartext,






(A) )



(B) )


Eduard Lintner

dass der Deutschen Bahn bei ihrem schwierigen Weg in
die Wirtschaftlichkeit nicht geholfen wird.

Vor diesem Hintergrund bleibt mir nur die Feststel-
lung, dass das, was hier immer wieder hinsichtlich der
Priorität des Eisenbahnwesens und des Schienenver-
kehrs versprochen worden ist, mittlerweile leider Maku-
latur ist. Herr Schmidt – das kann ich Ihnen nicht erspa-
ren –, auch die Beteuerungen der Grünen, hier besonders
stark und durchsetzungsfähig zu sein, haben sich leider
als reine Luftblase erwiesen. Ich hoffe, dass Sie in die-
sem Punkt zu alter Effektivität zurückfinden werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511421800

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des

Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen auf
Drucksache 15/3268, über die ich gesondert abstimmen
lasse. Der Ausschuss empfiehlt unter I seiner Beschluss-
empfehlung die Annahme des Antrags der Fraktionen
von SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache
15/2658 mit dem Titel „Die Bahnreform konsequent
weiterführen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die
Beschlussempfehlung ist mit Mehrheit angenommen.

Unter II seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der
Ausschuss die Ablehnung des Antrages der Fraktionen
der CDU/CSU und der FDP auf Drucksache 15/2156 mit
dem Titel „Leitlinien für die Vollendung der Bahnre-
form“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
Auch diese Beschlussempfehlung ist mit der Mehrheit
der Koalition gegen die Stimmen der Opposition ange-
nommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss für Verkehr,
Bau- und Wohnungswesen unter III seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 15/3268 die Annahme einer
Entschließung. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Stimmt jemand dagegen? – Enthält sich jemand
der Stimme? – Dann ist diese Beschlussempfehlung ein-
stimmig angenommen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Den Kollegen, die uns jetzt wieder verlassen müssen,
danken wir für die zeitweilige Unterbrechung ihrer an-
derweitigen Aktivitäten und wünschen noch einen ge-
mütlichen weiteren Abend.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 15 sowie den
Zusatzpunkt 11 auf:

15 Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung
Zweiter Bericht der Bundesrepublik Deutsch-
land gemäß Art. 15 Abs. 1 der Europäischen

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(C (D Charta der Regionaloder Minderheitensprachen – Drucksache 15/3200 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Kultur und Medien P 11 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Förderung von Regionalund Minderheitensprachen in Deutschland – Drucksache 15/3328 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Kultur und Medien Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für iese Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgeehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so eschlossen. Da für diese Debatte keine Simultandolmetscher zur erfügung stehen, bitte ich um besonders konzentrierte ufmerksamkeit. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu ächst dem Kollegen Jochen Welt für die SPD-Fraktion. Jochen Welt, Beauftragter der Bundesregierung für ussiedlerfragen und nationale Minderheiten: Moin Moin, Herr Präsident! Dobre dzien, god dag, atscho diwes und guten Tag, meine lieben Kolleginnen nd Kollegen! Als Beauftragter der Bundesregierung für ationale Minderheiten hätte ich heute gerne in den prachen der nationalen Minderheiten zu Ihnen gesprohen. Um den Stenografischen Dienst nicht an den Rand er Verzweiflung zu bringen und um nicht eine Mindereit zu bevorzugen, halte ich mich an die uns alle verbinende Verkehrssprache Hochdeutsch. Zugegeben: Außer Recklinghäuser Platt“ beschränken sich meine Kenntisse in den Minderheitensprachen auf einige wesentlihe Wörter. Der uns vorliegende Zweite Bericht der Bundesrepu lik Deutschland gemäß Art. 15 Abs. 1 der Europäichen Charta der Regionaloder Minderheitensprachen eigt: Wir haben engagierte und kreative Minderheitenrganisationen; wir leisten eine gute Minderheitenarbeit. ir haben in Deutschland erhebliche Fortschritte bei der örderung unserer Regionalund Minderheitensprachen rzielt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was ist Sprache? Sprache ist Verständigungsmittel in
ort und Schrift. Sprache ist Ausdruck von Kultur.
prache ist Ausdruck der Bedürfnisse, der Hoffnungen
nd der alltäglichen Arbeit. Sprache ist lautmalerisch,






(A) )



(B) )


Beauftragter der Bundesregierung Jochen Welt und nationale Minderheiten: Beauftragter der Bundesregierung Jochen Welt

aber letztlich malt jeder seine eigenen Bilder. Hier ein
paar Beispiele: Bei uns regnet es Bindfäden, bei den
Engländern „cats and dogs“; während wir manchmal
„zwischen allen Stühlen“ sitzen, sitzen die Engländer
„auf dem Zaun“. Bei der Übersetzung von Texten stößt
man naturgemäß an Grenzen. Wegen der Unterschiede
im Vokabular und in der Grammatik ist eine Umsetzung
eins zu eins oft nicht möglich. In der Sprache der Inuit
Grönlands etwa gibt es zwölf Wörter für Schnee in sei-
nen verschiedenen Zuständen. Diese Differenzierung
kennen wir nicht, weil wir sie nicht brauchen.

Die deutsche Gegenwartssprache ist vielfältigen Ein-
flüssen der internationalen Kommunikation ausge-
setzt. Die Globalisierung macht auch vor der Sprache
nicht Halt. Wir sind „fashionable“ und „trendy“. Der
Engländer von heute ist „zeitgeisty“. Die Engländer
„wedel“ von den Bergen, die Amerikaner – sie waren
schon immer ein wenig rasanter – „schuss down the
hills“, während wir auf Snowboards curven. Es gibt wei-
tere international verwandte Germanismen: Gemütlich-
keit, Kindergarten, Dirndl, Rucksack, Rollmops, Leit-
motiv, Alzheimer, Realpolitik und Genscherism.
Sprache ist also immer im Fluss und entwickelt sich wie
die Technik und die Kultur weiter. „Handy“ ist ein neues
deutsches Wort für das Telefon, das man in der Hand
trägt; die Engländer sprechen von „cell phone“, ange-
lehnt an die Empfangszonen.

Trotz oder gerade wegen dieser sprachlichen Vermen-
gungen gilt es, die vorhandene sprachliche und damit
kulturelle Vielfalt zu schützen. Ich denke, das muss un-
ser gemeinsames politisches Ziel sein.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


Für die nationalen Minderheiten erfüllt der Gebrauch
ihrer Sprache gleich mehrere Funktionen: Zum einen ist
sie das geeigneteste Medium, spezifisch durch die
Volksgruppe geprägte Sachverhalte untereinander zu
kommunizieren. Zum anderen dient sie als Erkennungs-
zeichen innerhalb der Volksgruppe und gegenüber der
Mehrheitsbevölkerung. Sie dient gegenüber der Öffent-
lichkeit als Signal dafür, dass eine Volksgruppe existiert.
Dies gilt vor allem hier in Mitteleuropa, wo sich die
Minderheiten nicht durch Religion, Aussehen oder Sied-
lungsstrukturen von der Mehrheitsbevölkerung unter-
scheiden. Gerade die Bedeutung der Sprache als hör-
und sichtbarer Hinweis auf die Existenz von Minderhei-
ten macht verständlich, warum diese auf die Verwen-
dung ihrer Sprache im öffentlichen Raum drängen, sei es
auf Ortstafeln oder auf Autobahnwegweisern. Manche
mögen bei dieser Angelegenheit schmunzeln. Verwal-
tungsbeamte in den Ministerien stehen bei derartigen
Wünschen vielfach die Haare zu Berge. Es geht aber um
mehr als nur um Wörter auf Schildern und auf Tafeln; es
geht um die vermittelbare und erlebbare Identität einer
sprachlichen Minderheit. Ein aktuelles Beispiel ist der
Entwurf eines Friesisch-Gesetzes für das Land Schles-
wig-Holstein, das zweisprachige Behördenbezeichungen
im nordfriesischen Sprachgebiet vorsieht.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Dat is woll wohr!)


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(C (D Zum Dritten gibt eine bewahrte und aktiv genutzte inderheitensprache die Möglichkeit, den engen Kon akt zu Staaten und Volksgruppen zu pflegen, denen man ich ganz besonders verbunden weiß. Dies gilt nicht nur ür die dänische Minderheit, für die die Literatur und die edien Dänemarks zum täglichen Brot gehören, sonern auch für die Friesen Deutschlands mit ihren Konakten nach Westfriesland, für die Sinti und Roma – ihre prache ist mit den Sprachen von Volksgruppen in fast anz Europa verwandt – und schließlich für die Sorben, ie die sprachliche Nähe zu anderen Völkern slawischer unge intensiv nutzen. Schließlich ist die Kenntnis der Minderheitensprache ei den Mitgliedern der Volksgruppe äußerst hilfreich ür den Dialog zwischen den Generationen, insbesonere in den Familien. Wenn die Großeltern die Sprache och beherrschen, die Enkel aber nicht mehr, dann geht in wichtiger Teil der Gesprächsfähigkeit in den Famiien verloren. Deutschland hat im Jahr 1997 die traditionellen Min erheiten unter den besonderen Schutz des Rahmenüberinkommens des Europarates zum Schutz nationaler inderheiten gestellt. Damit haben wir nicht nur ihr echt auf politische Partizipation anerkannt, sondern wir aben ihnen zugleich den Anspruch auf einen eigenen ulturellen und damit sprachlichen Bereich zuerkannt. Eingedenk der geschilderten Bedeutung der eigenen prache für das Leben der nationalen Minderheiten hat er Gesetzgeber konsequent gehandelt und nach dem ahmenübereinkommen auch die Europäische Sprahencharta ratifiziert. Die Sprachencharta stellt hohe nforderungen an Bund, Länder und Gemeinden. Die ollständige Erfüllung der übernommenen Verpflichtunen wird auch vom Europarat nicht als ein Vorgang beriffen, der mit der Ratifizierung abgeschlossen ist. Es andelt sich vielmehr um einen dynamischen Prozess, in em der Europarat, die Regierungen des Bundes und der änder sowie nicht zuletzt die Organisationen der prachgruppen in einem vertrauensvollen Dialog zusamenwirken. Die Bundesregierung betrachtet die Möglichkeit zur utzung der Regionaloder Minderheitensprachen im mgang mit der Verwaltung und mit den Justizbehörden ls wichtiges Element zum Erhalt und zur Förderung der prachen. Bund und Länder sind sich weitgehend daüber einig, dass zur Schaffung eines entsprechenden ewusstseins bei allen beteiligten Kreisen eine verbeserte Öffentlichkeitsarbeit der staatlichen Stellen wünchenswert ist. Gerade im Hinblick auf die Minderheiensprachen werden konkrete Maßnahmen vorbereitet. Mit der Sprachencharta ist auch Niederdeutsch – als inzige Regionalsprache – zum Kreis derjenigen Sprahen, die über das Rahmenübereinkommen hinaus gechützt werden sollen, hinzugetreten. Für den Schutz des iederdeutschen gilt eine ganze Reihe der von mir in ezug auf die Minderheitensprachen genannten Gründe n gleicher Weise. Die nationalen Minderheiten verfügen seit Jahrzehn en über zivilgesellschaftliche Organisationen, durch die Beauftragter der Bundesregierung Jochen Welt und nationale Minderheiten: Beauftragter der Bundesregierung Jochen Welt ein sehr konstruktiver und hilfreicher Dialog mit den staatlichen Stellen – auch zum Schutz ihrer Sprachen – geführt werden kann. Auch die Sprecher des Niederdeutschen haben sich vor nicht allzu langer Zeit über die regionale Ebene hinaus zu einem Bundesrat zusammengeschlossen. Sein bisheriges Auftreten verspricht den öffentlichen Stellen einen kompetenten, bundesweit handelnden Gesprächspartner. Auch der Bundesrat für Niederdeutsch muss aus meiner Sicht als gleichberechtigter Dialogpartner anerkannt werden. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Daher werde ich mich dafür einsetzen, dass auch für den
Bundesrat für Niederdeutsch ein Beratender Ausschuss
beim Bundesministerium des Innern eingesetzt wird.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


Schutz und Förderung der Minderheiten- und Regio-
nalsprachen in Deutschland stellen eine überparteiliche
Aufgabe und Verpflichtung dar. Ich wünsche mir des-
halb heute eine breite Mehrheit für den Antrag „Förde-
rung von Regional- und Minderheitensprachen in
Deutschland“ bzw. eine gute und intensive Beratung im
zuständigen Ausschuss.

Bund und Länder gestalten in einem dynamischen
Prozess die Umsetzung der Sprachencharta. Die Regio-
nal- und Minderheitensprachen werden auch in Zukunft
in Deutschland umfangreich geschützt und gefördert. Sie
sind und bleiben damit lebendig. – Bei den Sinti und
Roma wünscht man sich zum Abschied einen glückli-
chen Weg. In diesem Sinne: Latscho drom!


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511421900

Das Wort hat nun der Kollege Wolfgang Börnsen,

CDU/CSU-Fraktion.

Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1511422000

So, leeve Kollegen, ik will nu bloots so snacken, as

mi dat Muul wussen is.
Verehrte Vörsitter! Leeve Fruunslüüd un Mannslüüd!

Nee, dat Woort Präsident gifft dat nich in uns plattdüüt-
sche Spraak. „Vörsitter“, dat lööt sik een döörwussenen
Nedderdüütschen noch gefallen; aver dormit is doch to
Enn mit sien Respekt vör de Obrigkeit.


(Heiterkeit und Beifall im ganzen Hause)

Deit mi leed, Kolleg Norbert Lammert! Een akurate
Plattdüütsche, dat is een Urdemokrat. De Kopp böögen,
nee, dat deit he nich! Wer kennt nich in uns Republik
dat, wat se an de Westküst, in Schleswig-Holstein, ver-
tellen doon: Lever dood as Slav! So hebben wi dat.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Een Plattdüütschen kann mehr as Brot eeten. He

kümmt to sien Weltsicht dör twee Spraken: Hochdüütsch
un Plattdüütsch. In de Hansetied hett ganz Nordeuropa

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(C (D latt snackt. Bummelich 8 Millionen Lüüd vertellen un erstohn hüüttodaags noch Platt. Dat is een ganze Barg. n twee Spraken to Huus to sien, dat is gewaltig un dat is nerkennswert. Denn twee sünd mehr as een. Un wat lehrt uns dat? De plattdüütsch snaken deit, dat noch lang keen Döösbaddel. Man, nich nur de Nedderüütschen könen sik in twee Spraken utdrücken, an de ost kloppen un de Kopp stolt in de Nack nehmen. Nee, twee Spraken, dat gellt uk för de 50 000 Sorben bi uns ’t Land, för de Dänen, för de Freesen, för de Sinti un oma, de bi uns to Huus sünd. Doch dat is noch lang nich allns. Ingelsch un Fran öösch snackt de Mehrtall vun düsse Minschen uk noch o as wi natürlich ok hier in’t Parlament. Man de Ünnercheed is: De Minschen vun de Minnerheiten könen dree praken: een Weltspraak mit dat Ingelsch oder Franöösch, een Landesspraak mit dat Hochdüütsche un een ohberschaftspraak mit Platt, Dänisch, Sorbisch oder omanes. Düt Bispill: Een plus twee, in een groode praak un twee anner Spraken to Huus to sien, dat schall odell in Europa warrn. Dat wülln de klooken Lüüd vun rüssel. Uns türkisch, polnisch oder italienisch Landsüd, de bi uns to Huus sünd, för de gellt dat ok. In’t Johr 2000 in Lissabon hett uns Europaobrigkeit at so in de Kopp kreegen un fastleggt, dat jedeneen in ll de 25 Länner in uns Europa in sien Moderspraak to uus sien schall un in twee anner Spraken „top“ sien chall. Dree meent, dat du dien Weltsicht nich alleen ut en Quell schöpfen schasst. Dree meent, dat du Achtung n Respekt lehren deist för anner Spraken, för anner ulturen, för Minschen, de anners sünd as du. (Beifall der Abg. Gitta Connemann [CDU/ CSU])


ree meent, dat ok de lütten Spraken een Tokunft heb-
en möten. Dree meent, dat Minschen nich utgrenzt
arrn. Denn dat Geföhl hebben nu wecken von uns Kol-
gen hüüt avend, de nich Plattdüütsch verstahn doon,
at se butenvör sünd. Aver so geiht uns Noorddüütschen
at ok, wenn wi in dat deepe schööne Bayern, in dat
eepe schööne Swaben oder na Sachsen gahn.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was hast du gesagt?)


loots, de Ünnerscheed is, dat sünd nur Dialekte. Bi uns
dat een eegne wussen Spraak.


(Beifall im ganzen Hause)

Man, wat man will, is noch lang nich, wat man deit.
e lütten Spraken bi uns hebben dat nich licht in uns Re-
ublik. In’t Fernsehen, in de Kiekkist, sünd se butenvör,
’t Radio sünd se man af un an to hören. In de lütten
rintmedien musst se lang sööken. Bi mi to Huus, in
lensburg, gifft dat noch een Blatt, „Flensborg Avis“, dat
in twee Spraken to Huus: In Dänisch un Hochdüütsch.
n Dänisch un Plattdüütsch kannst goot lesen.
In de Hochschoolen sünd de lütten Spraken ganz weg.

n de Grund-, Sekundar- un Berufsschoolen, wo man
remdspraken lehrt, finnst du Regional- oder Minderhei-
nspraken ok nich mehr. Dat mutt sik ännern, finnt wi.






(A) )



(B) )


Wolfgang Börnsen (Bönstrup)


Neben de Welt- un de Landesspraak schull de Heimat-,
de Nohberschaftsspraak vun de Kinnergoorn bit hen to
de Schoolen, wenn de Öllern wülln, een Recht hebben
op Tokunft.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Man, wenn dat nich so komen deit, dann geiht dat so

sinnig bargdaar mit de lütten Spraken. Dor hölpt ok keen
Sprakenpakt vun Lissabon mehr. Dor is ok keen Hölp,
dat de fief Spraken, von de wi snacken doon, een Euro-
pachartatauglichkeit hebben. All dat hölpt nich, wenn
keen Will is in de Gesellschaft för een nee’e Lebendig-
keit för lütte Spraken un för ehr Tokunft to sorgen.

Dat heet anners rüm: Bi de Bildung, in de Medien,
vör’t Gericht un bi de Behörden mutt dat mehr Kaffüüt
geven doon för tweete Spraken. Dat seggt ok dat Minis-
terkomitee in Straßborg. Dat hett uns Republik besöcht,
hett uns op de Finger keeken, ob wi dat ok inhoolen
doon mit de Sprakencharta.

De Sprakenbericht, de hüüt hier diskuteert ward, hett
500 Sieden. Dat is een gewaltige Dokument. Un de Re-
geerung hett ne Masse Anworten wusst. De Straßborger
seggen: Dat süht nich to ring ut in Düütschland mit de
lütten Spraaken. Man, de Idee vun de Europacharta is in
de Kööp vun de Spezialisten, aver noch lang nich bi de
Lüüd anlangt. Dor mutt mehr passeeren. 500 Sieden
Rechtfertigung, dat is veel Papeer. Dat reckt nich ut. Dor
höört Klümp bi de Supp!


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Sehr richtig!)


De Bundesregeern – dat hett Kolleg Jochen Welt ja
seggt – will mehr doon för de Plattdüütschen. Aber ein
poor Moneten, Jochen Welt, gehörn ok dorto.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


De europäische Sprakencharta – wenn man so will: de
Magna Charta för Tweetspraken – will düsse Trend noch
een anner Dreih geven. Se will, dat de 70 lütten Spraken
in Europa Bestand behoolen. Jede sövte Minsch in
Europa is in een Tweetspraak to Huus.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Bayerisch und Deutsch!)


Dat is sotoseggen sien Heimat, de Sinnstiftung för sien
Leven. Nimmst du düsse Minschen ehr Heimatspraak,
verleeren se de Boden ünner de Fööt. Nee, dat dörf nich
ween!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dor sünd wi uns hier in’t Parlament ok eenig ween.
Vör söss Johr hebben wi all tosamen seggt: Die Euro-
pacharta, dat is richtig. Dor mööt wi all ünnerschrieven.
Dat mookt wi mit. Düt Dokument is een Rode List för
Spraken, de op de Kipp stahn doon. Griepen wi de nich
ünner de Arms, gahn se doot! Jede Wuch starven twee
bet dree Spraken in uns Welt, hunnert över’t Johr un du-
send in teinn Johr.

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(C (D Herr Kollege, darf der Kollege Carstensen eine Zwi chenfrage stellen? Och, dat harr ik doch geern. Das deutet schon auf Absprache hin, was ich nicht anz so gerne hätte. (Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Absprache ist auch eine Minderheitensprache!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511422100
Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1511422200
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511422300


Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1511422400

Nee, kann ik mi gor nich denken.


Peter H. Carstensen (CDU):
Rede ID: ID1511422500

An sik harrn wi dat gor nich nödig, dat wi dat afspre-

en dään. Aver, leeve Wolfgang Börnsen, villicht kann ik
n Twüschenfraag op Plattdüütsch maken, obwohl dat
it Freesen to doon hett. Leider bün ik nich in de Laag,
p Freesch to snacken, obwohl ik ut en Kreis kaam, Herr
räsident, wo fief Spraken snackt warrt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511422600

Meine Güte!


Peter H. Carstensen (CDU):
Rede ID: ID1511422700

Ja. Disse Spraken sünd: Hoochdüütsch, Plattdüütsch,

reesch, Dänisch un Sonnerjysk – Sonnerjysk, dat is
lattdänisch, wenn man so will. Un, leeve Wolfgang
örnsen, ik much geern weten vun di: Kannst du villicht
k en beten wat noch över de Situation vun de freesche
praak snacken? Un kannst du uns villicht seggen, ob
at nich notwendig is, nich bloots de Beförderung vun
e Minnerheiten över de Spraken en Förderung to geben,
ondern ok de gesamte Kultur vun de Lüüd mit in de
örderung rintosetten, dormit wi uns nich op een Deel
loots konzentrieren, sondern weten, dat jüst bi de Free-
en ja en beten mehr is as bloots de freesische Spraak, de
e tosamenhöllt, sondern de gesamte Kultur, de ja över
ehrere Johrhunnerte wussen is.


Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1511422800

Dat is en ganz swore Fraag, leeve Peter Harry. Nee,

ver Peter Harry Carstensen hett ja nich Unrecht. De
praak is nich allns: 'n Stück vun Kultur is 'n Stück ok
un de Inhoolt vun de Lüüd, de dat leven doon. Un wenn
an dat will, wenn man seggen will: „De Lüüd hebben
en Recht, in se ehrs Minnerheitenspraak to Huus to
ien“, denn höört nich nur de Sprakenförderung dorto,
enn mütt ok de gesamte Kultur fördert warrn. Dat heet:
n de Kinnergoorn, in de Scholen un wo dat machbar is,
ütt dat 'n Förderung geven. Denn dat hebben wi doch
verall sehn: Wenn man dat nich doon deit, denn verle-
en de Lüüd de Boden ünner de Fööt un dat könen wi
ich wüllen.






(A) )



(B) )


Wolfgang Börnsen (Bönstrup)


Un dor is ok noch 'n tweete Saak – un insofern hett

Peter Harry Carstensen Recht –: Dor entwickelt sik en
grote Ehrenamtlichkeit bi Lüüd, de mit Spraken to doon
hebben. De trecken sik ganz gewaltig tosamen, um ok
för se ehrs Rechte, för se ehrs Ideen un för se ehrs Spra-
ken wat to doon. Un grade bi de Freesen, ob Nordfreesen
oder bi de Saterfreesen, hest du dat ja: dat wirkliche Per-
sönlichkeiten dor achter stahn, weil se seggen: Dat is ok
'n Bekenntnis för se ehrs Heimat, in de se to Huus sünd.


(Heiterkeit im ganzen Hause)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511422900

Also, Herr Kollege Börnsen, da die Frage so schwie-

rig war, ist sie erstaunlich präzise beantwortet worden.
Deswegen bin ich dankbar, dass sich der Kollege
Carstensen freiwillig wieder hingesetzt hat.


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])



Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1511423000

Ach, der Kolleg Carstensen deit een Masse för de

Freesen; so is dat ja nich.

(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Auf Bayerisch wäre die Antwort kürzer gewesen! Sie hätte geheißen: Nur die Sprache zu fördern ist a weng z’weng!)


– Goot. Aver dat köönt wi ok mitnehmen.
Ik will noch op twee Saken opmerksam maken, wat

wichtig is un wat mit Spraken to doon hett. Eenmal, dat
dat wirklich een Sprakendood gifft in de Welt, dat dat so
veel Spraken nich mehr geben deit. Un dat is för de
Buntheit un för de Lebendigkeit vun de Welt trurig,
wenn man immer mehr Spraken verleren deit. Wi heb-
ben nur noch 7 000.

Wat ok wichtig ist: In uns Europaraat, as dat anfüng
mit de Sprakencharta, hebben 17 Länner seggt: Wi mo-
ken mit. Aver 20 Länder hebben seggt: Wi moken nich
mit. Wi sünd noch nich so wiet. Dor will ik mit Jochen
Welt een Opfödderung maken: Wi möten noch mehr drü-
cken. Ok de annern, wo Minnerheiten to Huus sünd, mö-
ten sik dorto bekennen, dat Spraak ok een Stück vun de
Kultur is un to de Minschen dorto gehören deit.

Aver ik will noch wat Tweetes seggen: Dat gifft veel
Haun un Elend in de Welt, veel Mord un Doodslag.
Wenn du mal kieken deist, wo dat na de Tweete Welt-
krieg överall Konflikte, Kriege geben het, dann is dat
immer dor wesen, wo Minnerheiten, ok Spraakminner-
heiten, nich to se ehrs Recht kamen sünd. Kiek di de Ko-
sovo an; kiek di de Schann in de Sudan an. Dat sünd im-
mer de Lütten, wo de Groten op prügeln doon, un de
Lütten kamen nich to Woort. Dat bringt Konflikte; dat
bringt Arger un dat bringt Mord un Doodslag. Also, wer
sik för lütte Spraken un ok för Rechte von den Minschen
insetten deit, de sorgt ok dorför, dat dat een Stück Freden
geven deit.


(Beifall im ganzen Hause)


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(C (D Bi uns in Düütschland sünd wi teemlich wiethen kaen. Wi hebben een Modell schafft vör allen Dingen in oorddüütschland, dat man Respekt un Anerkennung ett för de annern. Dat is ok wichtig dorför, dat man mienanner torecht kamen deit. Un wi hebben ok een Tweetes schafft: uns Sprakenal ianz, de wi gründet hebben mit 44 Kollegen, mit Rode n Swatte un Geele. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Un Gröne!)


Ja, de Gröne nich to vergeten. – Dorbi is dorbi. Wi
ebben seggt: De Minnerheiten möten ok in de nee’e
orfatung vun Europa Platz finden. Dat heet: Ok een Ar-
ikel mutt sien in de nee’e Verfatung vun Europa, dat
an Respekt un Anerkennung för de Förderung von
innerheiten gifft.
Nu hett uns Staatsminister Bury dat graad jüst to

üsse Tied mitdeelt. Dat gifft in Tokunft in uns nee’e
erfatung vun Europa in Art. I, dat ok de Minnerheiten
en Platz un een Recht hebben op Tokunft. Dat is een
roote Erfolg un Anerkennung för all, de mitholpen heb-
en.


(Beifall im ganzen Hause)

Wi sünd froh, dat jetzt, nachdem de Europacharta een

tück worn is in uns Republik, de Entwicklung in de
innergoorn un in de Schoolen langsam dorthin geiht,
ik mit een tweete Spraak utenanner to setten. Wi seggen
artliche Dank för all, de mitholpen hebben dorbi un de
n de Schruuv dreiht hebben.
Aver de Freesen, Sinti, Roma, Sorben un de Platt-

üütschen in uns Republik bruuk nich nur schöne Wöör
üüt un sunst noch mal un Sünndagsreden. Wi möten se
nner de Arms griepen,


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: So ist das!)


amit se bald ok alleen loopen könen. Dat wüllen wi all
osamen.
Man een weet nich, dat wi alleen in Amerika noch

0 000 Minschen hebben, die plattdüütsch snacken doot.
n nich nur dor, ok in annern Länner gifft dat noch veel,
e hier immer leevt hebben, oder se ehr Familien, de
ttrocken sünd un woanners düsse Kultur fastholen
oon. Is doch schöön, wenn de Minschen in de bunte
elt to Huus sünd, wo dat veele Spraken geven deit, wo
an ok Toleranz lehrt un wo man ok een Stück to Huus
.
Hartliche Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511423100

Nun hat der Kollege Rainder Steenblock, Bündnis 90/
ie Grünen, das Wort.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: „S-teenblock“ hat er extra gesagt!)







(A) )



(B) )



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN)

„S-teenblock“, ja. – Herr Präsident! Liebe Kollegin-

nen und Kollegen! Mein Name legt in der Tat eine nord-
deutsche Affinität nahe. Ich will meine ostfriesische Ver-
gangenheit gar nicht leugnen. Ich habe mir schon
gedacht, dass ich hier nach dem Kollegen Börnsen dran
bin. Aber ich sage ganz offen: Die Relikte meiner ost-
friesischen Sprachkenntnisse sind so gering, dass ich lie-
ber hochdeutsch spreche, obwohl ich eine große Verbun-
denheit zu meiner Heimat habe. Ich glaube, dass Sprache
als Heimat ganz wichtig ist.

Aber jeder muss bei seinen Fähigkeiten bleiben, lie-
ber Kollege Wolfgang Börnsen. Darum habe ich mich
entschieden, am 5. September am 1. Minderheiten-Ma-
rathon in Flensburg teilzunehmen und dort für die Min-
derheiten mitzulaufen.


(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Auch das ist eine Form von kultureller Arbeit – im sport-
lichen Bereich –, die ganz wichtig ist, um die Verbindun-
gen zwischen den einzelnen Gruppen in diesem Bereich
aufrechtzuerhalten und zu verstärken.

Sprache ist Heimat. Sie verbindet. Sie schafft Identi-
tät. Aber wir müssen auch sagen: Sprache trennt. Wir
sollten dieses Problem nicht unter den Tisch kehren.
Grenzen, Unverständnis und Konflikte durch verschie-
dene Sprachen in der Gesellschaft sind nicht zu vernach-
lässigen. Deshalb ist es ein zentrales Ziel von Politik, da-
für zu sorgen, dass Sprache keine Barrieren mehr
schafft, dass Sprache nicht ausgrenzt.

Wir haben es in Deutschland – insbesondere in
Schleswig-Holstein, dem Bundesland, in dem ich jetzt
wohne – geschafft, dass unterschiedliche Sprachen zu ei-
nem verbindenden Element zwischen Minderheiten wer-
den. Minderheiten reden miteinander über ihre Pro-
bleme. Minderheiten werden von der Mehrheit bei der
Wahrnehmung ihrer berechtigten Interessen unterstützt.

Es ist ein ganz sensibler Bereich und typisch für eine
Gesellschaft, wie sie mit Sprache umgeht. Es ist ein Aus-
druck dessen, wie sie Konflikte löst. Das ist uns viel-
leicht schon etwas fremd geworden. Ich habe in der letz-
ten Woche in Lettland und in Estland gesehen, zu
welchen politischen Problemen Sprachprobleme führen.
Wer die Sprachprobleme der russischen Minderheiten
und die sich daraus ergebenden politischen Machtfragen
in diesen Gesellschaften studiert hat, weiß, welche Pro-
zesse im Umgang mit Minderheiten wir erfolgreich be-
wältigt haben.

Allerdings müssen wir gerade bei der Sprachgruppe
der Sinti und Roma noch viel Arbeit investieren, um die
gesellschaftliche Akzeptanz für ihre Sprache und ihre
Kultur zu erhöhen. Das gilt besonders vor dem Hinter-
grund unserer Erfahrung und der besonderen Verantwor-
tung, die wir beim Umgang mit der Europäischen Spra-
chencharta haben.

Wir haben es geschafft, unsere Minderheiten – auch
sprachlich – zu integrieren und zu unterstützen. Aber ich
gebe Wolfgang Börnsen völlig Recht: Unterstützung

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(C (D ann nicht nur aus moralischem Beistand und Sonntagseden bestehen, sondern muss sich auch darin ausdrüken, dass wir materielle Ressourcen dieser Gesellschaft ür diese Arbeit zur Verfügung stellen. Das ist wichtig; aran sollten wir arbeiten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Lieber Kollege Carstensen, wir brauchen das ehren-
mtliche Engagement. Ohne das ehrenamtliche En-
agement können wir in diesem ganzen kulturellen Be-
eich überhaupt nichts erreichen. Wir sollten uns bei den
ielen Leuten bedanken, die sehr viel Lebenszeit in diese
rbeit stecken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


hne diese engagierten Bürgerinnen und Bürger wären
iese Sprachen in einer ganz schlimmen, zum Teil hoff-
ungslosen Situation.
Wir als Gesellschaft müssen unsere Verantwortung

egenüber diesen Menschen nicht nur durch verbale,
ondern auch durch finanzielle Anerkennung ausdrü-
ken.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Nicht nur als Folklore sehen!)


aran müssen wir alle zusammen arbeiten. Wir haben
erabredet, in der Ausschussberatung gerade diese Frage
eu zu thematisieren und zu versuchen, Lösungen zu
onkretisieren.
Unsere Verantwortung gilt auch für den europäi-

chen Integrationsprozess. Bei der Integration von Ru-
änien und Bulgarien in die Europäische Union werden
ultur und Sprache der Sinti und Roma eine ganz beson-
ere Rolle spielen. Wir alle sind gefordert, unser Scherf-
ein dazu beizutragen, die Integration von Sprache und
ultur der Sinti und Roma zu unterstützen.
Es geht auch darum, unsere Erfahrungen mit der Inte-

ration von autochthonen Minderheiten auf die Sprach-
inderheiten zu übertragen, die sich durch Migration er-
eben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


ir haben dieses Integrationsproblem im Zusammen-
ang mit dem Zuwanderungsgesetz sehr intensiv disku-
iert. Ich glaube, dass die Erfahrungen, die wir – zum
eispiel in Schleswig-Holstein mit dem Minderheiten-
entrum – machen, uns gute Hinweise darauf geben, wie
ir Minderheiten integrieren und ihre Kulturen akzeptie-
en können. Das ist ein ganz wichtiger Bereich.
Sprachminderheiten sind auf Zugang zu den Medien

nserer Gesellschaft angewiesen, damit kulturelle Aus-
inandersetzung und Sprachförderung stattfinden kön-
en. Das zweite wichtige Element neben der Unterstüt-
ung von kulturellen Vereinigungen muss daher sein,






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock

dass wir diesen Gruppen einen Zugang zu den modernen
Medien ermöglichen, also zum Fernsehen und – nicht
ganz so modern, aber auch wichtig – zum Hörfunk.
Staatliche Einrichtungen sollten die Präsenz von Min-
derheitensprachen im Internet fördern. Kommunen, Lan-
desregierungen und Bundesregierung sollten auf sie hin-
weisen und entsprechende Links setzen. Die
Minderheiten müssen Gelegenheit haben, sich in unse-
ren Medien darzustellen. Das ist eine zentrale Vorausset-
zung dafür, dass ihre Kulturen lebendig bleiben und sich
immer wieder erneuern können. Dafür sollen wir alle zu-
sammen kämpfen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei allen Fraktionen)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511423200

Das Wort hat nun der Kollege Jürgen Koppelin, FDP-

Fraktion.

Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1511423300

Leeve Herr Vörsitter! Leeve Fruunslüüd! Leeve

Mannslüüd! Dat kümmt nich oft vör, dat en wie ik von
de Opposition wat von de Regierung laben deit,


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Das sollten Sie öfter tun! Das muss mal gesagt werden!)


aver de Unnerichtung von de Regierung över de Minner-
heitenspraken is en gode Bericht, wat dor op en Dutt
sammelt worrn is. Dat mutt man respektieren; dor mutt
man seggen, dat is eenwandfrie.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wat besonners goot is, dat wi ok mol erfohrn doot,
wat dat so all an Aktivitäten in de Länders un in Organi-
sationen geven deit, un ok doröver wat erfohren doot, wo
uns nedderdüütsche Sprok noch snackt ward. Dat is
goot, dat wi den Bericht kriegt hebben. Denn wie hett
Klaus Groth al schreben: „Min Modersprok, wie klingst
Du schöön, wi bis Du mi vertrut.“ Un dat dat wedder
ward, dat uns plattdüütsche Modersprok nich nur von
Oma un Opa snackt ward, sönnern ok uns jung Lüüd
wedder vertrut ward, dor mööt wi uns drum kümmern.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wi beklogt in disse Tied oft de aggressive Spraak von
uns junge Lüüd. Wenn de all platt snacken wörn, denn
glööv ik, denn geev dat keen Aggressivität mehr oder
veel weniger bi de jungen Lüüd.

De meisten, de platt snacken doon, kennt dat ja: Dor
kümmt mol en Striet un de een seggt to’n annern:
Mensch, klei mi an Mors! Denn seggt de anner: Du mi
ok! Aver dorför gifft dat kein an’t Muul. Dor verträgt de
sik ganz schnell wedder.

In acht Bunnesländer köönt Minschen Platt snacken.
Wenn dat so is, denn is dat goot un mutt pleegt warn.

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(C (D Bi disse Gelegenheit mutt ik ok noch wat los warn: e hütige Debatt in uns Parlament is keen Utspraak över Mundartsprachen“, wie uns Öllersrat meent, (Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: So ist das!)


onnern hier geiht dat um de Pleeg un Förderung von
innerheitenspraken. Dat is en gewaltigen Unnerschied,
b dat „Mundartsprachen“ oder Minnerheitenspraken
ind.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ik will hüüt bi disse Utspraak nich kriteseren, sonnern
denk, wi schullen hier ok mal laben: to’n Bispeel al de
ereene, wo bi uns im Norden noch platt snackt ward,
o de Vörstand platt snackt un wo manch Versammlung
p Platt afholen ward.
Ik will ok mal doran erinnern, dat ik so manch Ge-
eendeversammlung kenn, wo ok platt snackt ward.
en groten Bebuungsplan kannst du beter begriepen,
enn du dat op Platt besnacken deist. Mi wär’s bloot
ev, wenn ok de Architekt von de Bebuungsplan platt
naken kun. Denn künnt man ok beter begriepen, watt he
gentlich will. Also, wenn du bi uns in de Dörp en Ge-
chäft moken wüllst, denn bist du goot beroten, wenn du
latt snacken deist. Wer da uut Süüddüütschland to uns
ommen deit, de soll vörher mal en beten Platt lernen. Ik
lööv, denn kann he ok beter Geschäfte moken.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Ik will bi disse Gelegenheit noch wat anners seggen,
at ik utsproken goot find: Dat is, dat manchen Paster
edder anfangt, sien Goddesdeenst op Platt aftohollen.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Dat hett Luther schon seggt!)


Lüüd, jüm glöövt gor nich, wenn jüm dat ni sülben
iterleevt hebbt. Denn is de Kark mal wedder richtig
ull. Un ik find ok goot, dat wi nu ok in de meisten Kar-
en plattdüütsche Gesangböker hebbt un de Wachholtz-
erlag ut Niemünster in Dezember von dat letzte Johr ok
at „Ne’e Testament“ in Plattdüütsch rutbrocht hett. Dat
ok wat, wo ik glööv, dat wi dat mal laben schüllt.
Ik glööv, tosamen köönt wi noch bannig veel för uns

lattdüütsche Sprok moken. Rainder Steenblock hett ok
at dorvon ansproken. So wünsch ik mi mehr Platt-
üütsch in uns Klönkassen un in Televischen, denn de
ffentlich-Rechtlichen hebbt mit dat Betohlen von de
ebühren ok en Kulturopdrag.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511423400

Herr Kollege Koppelin, lassen Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Börnsen zu?


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1511423500

Mit groten Vergnögen.


Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1511423600

Afsnackt is dat nich.






(A) )



(B) )


Wolfgang Börnsen (Bönstrup)


Leeve Jörn, du hest grode seggt, dat dat heel wichtig

is, dat man sik mehr um de plattdüütsche Spraak küm-
mern deit. Weer dat nich en wirklich goote Idee, dat uns
Landesparlamente, ob in Hamborg oder Mecklenborg
oder Bremen oder ok in Sleswig-Holsteen, sik maal
mehr in de Landesspraak utenannersetten doon un nich
alleen nur in Hochdüütsch. Denn in de Länner ward ja
platt snackt. Is dat nich ok wichtig, dat se ok begriepen,
wi kriegt jedes Johr 170 ne’e Böker op Platt, wi hebbt
över 6 000 Theatergruppen, un dat se mal en Geföhl dor-
för kriegen, dat Platt mehr is as Folklore?


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511423700

Das kann man ja noch schön in die Föderalismuskom-

mission einführen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Bitte schön, Herr Kollege.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1511423800

Ik mark al, uns Vörsitter, de kann dat doch allens ver-

stohn.

(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Man goot so!)

Ik bin di sehr dankbar dorför, dat du de Froog stellt

hest: zum een, weil ik als Liberaler bloot veereenhalf
Minuten to snacken hebb. So kunn ik noch en beten län-
ger snacken.


(Heiterkeit bei der FDP – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Hebb ik gor nich dran dacht!)


Aver ik will dat gern beantworten: De Landdag vun Sles-
wig-Holsteen mokt dat ja ab un to. Ik will ok mal den
Präsidenten vun de Landdag, ok wenn he vun de Sozial-
demokraten is, en beten laben. He sorgt ok mit dorför,
dat wi disse plattdüütschen Debatten in’n Landtag
mookt. Dat köönt wi noch mehr moken. Ik köönt mi vör-
stellen, Peter Harry, dat man in’t nächste Johr, so af
März, ok in’t Landeskabinett noch en beten platt sna-
cken kann.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Rudolf Bindig [SPD]: Kein Beifall von der SPD! Das haben wir verstanden!)


Ik will noch en Punkt ansnacken, de mi wichtig is,
hier to vertellen: Ik glööv, bevör dat nu bi ARD und ZDF
Gebührenerhöhung gifft – wat di ja gern wöllt –, mööt
wi uns mit de ok mal unnerhollen, wat se egentlich mit
uns Minnerheitensproken mookt. Dat hool ik för drin-
gend nootwennig, denn de hebbt en Kulturopdrag und
mööt sik dorüm kümmern.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dringend kümmern mööt wi uns um dat Friesisch; dat

is ja andüüdt worrn. Dor mööt wi noch veel mehr mo-
ken, ok wenn to’n Bispeel de Friesenrat seker veel
mookt. Ik will bi disse Gelegenheit bi den Friesenrat
Dank seggen för sien Aktivitäten.

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(C (D Ik will aver klor un dütlich seggen: Mit Geld oder mit nwiesungen vun de Regierung is dat nich doon. Wi ööt dorför sorgen, dat ok in’t Öllernhuus wedder plattüütsch oder friesisch oder dänisch – oder wat jümmers or is – snackt ward. Wi, de wi disse Spraken snacken öönt, hebbt de Opgaav, disse wunnerbaren Spraken an ns Kinner wiedertogeven. Un deshalb segg ik to’n Schluss von mien Bidrag en tspruch – dat is hier noch nich snackt worrn –: „En Lun önner Spreek es en Lun sönner Seel.“ Dat is Helgoläner Friesisch. Wer dat nich verstoon hett, den will ik dat ern översetten: En Land ohne Spraak is en Land ohne eel. Nu hebbt dat wohl all verstoon. Weest all bedankt för disse Debatt un för jüm Operksamkeit, dat Sie mi tohöört hebbt. Ich stelle mit besonderem Respekt fest, dass das Ein alten der Redezeit in Platt offenkundig leichter gelingt ls in Hochdeutsch. Nun erteile ich der Kollegin Gesine Lötzsch das Wort. Vielen Dank, Herr Präsiden! Meine Damen und Her en! Es herrscht hier eine sehr angenehme Atmosphäre, ber trotzdem erlaube ich mir die Bemerkung, dass auch ie Minderheitenpolitik dieser Bundesregierung allerlei idersprüche beinhaltet. Als nationale Minderheiten werden in Deutschland ekanntlich vier Ethnien anerkannt: die dänische Minerheit, die Friesen, die deutschen Sinti und Roma sowie as sorbische Volk. Bemerkenswert und richtig finde ich ie Hervorhebung des besonderen Status der Sorben. as Bewusstsein, eben keine Deutschen zu sein, ist seit ber 1000 Jahren wichtige Komponente sorbischer Idenität. Erinnert sei daran, was 1937 den Nazis als Vorwand ür die Einleitung massiver Repressalien gegen die sorische Bevölkerung einschließlich Sprachverbot und erhaftungen diente. (Widerspruch bei der SPD und der CDU/ CSU – Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Was sagen Sie denn dazu, Frau Michalk? – Maria Michalk [CDU/CSU], zu Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD] gewandt: Zur PDS sage ich gar nichts!)


(Beifall bei allen Fraktionen)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511423900

(Heiterkeit)

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1511424000

s war die einhellige Weigerung des Vorstandes der Do-
owina, des Dachverbandes sorbischer Vereine, sich
ine Satzung aufzwingen zu lassen, in der die Sorben zu
Wendisch sprechenden Deutschen“ deklariert werden
ollten.
Nicht anders dürfte es um die Identität der Dänen in

üdschleswig bestellt sein. Meine Damen und Herren,
ie erinnern sich vielleicht: Es ist noch gar nicht so
ange her, dass sie nicht bereit waren, sich an Veranstal-
ungen zu beteiligen, auf denen die Flagge Schleswig-






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch

Holsteins gezeigt wurde. Ihre Fahne ist und bleibt der
Danebrog.

Auch die ihre Muttersprache noch beherrschenden
Friesen lassen sich bei weitem nicht alle durch das
Deutschtum vereinnahmen. Das Grundgesetz jedoch de-
klariert alle Inhaber deutscher Pässe zu Deutschen. Zu-
gespitzt gesagt: Danach ist die Anerkennung nationaler
Minderheiten in Deutschland eigentlich verfassungswid-
rig.


(Rudolf Bindig [SPD]: Was ist denn das für ein wirres Zeug? – Dr. Cornelie SonntagWolgast [SPD]: Absolut neben der Sache! – Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Da sind die Minderheiten viel, viel weiter!)


– Hören Sie doch erst einmal zu!
Ich meine, es ist höchste Zeit, den antiquierten

Art. 116 des Grundgesetzes endlich ersatzlos zu strei-
chen.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Der Hauptwiderspruch bundesdeutscher Minderhei-

tenpolitik ist jedoch die unterschiedliche Behandlung der
vier autochthonen Minderheiten einerseits und der nach
dem Zweiten Weltkrieg eingewanderten Minderheiten
andererseits; Herr Kollege Steenblock ist bereits darauf
eingegangen. Die autochthonen Minderheiten sind aner-
kannt und haben zu Recht Anspruch auf Förderung ihrer
Sprache und Kultur. Von den allochthonen, also den spä-
ter eingewanderten Minderheiten – einer Bevölkerung
von mehreren Millionen – verlangt zum Beispiel der
Bundesinnenminister explizit die Germanisierung.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Frechheit!)


O-Ton Schily:
Ich will nicht, dass sich eine homogene Minderheit
entwickelt, deren erste Sprache Türkisch ist … Die
Muttersprache muss Deutsch sein oder werden.

Wo bleibt da die Toleranz des vom Bundeskanzler
höchstpersönlich gewürdigten Toleranzpreisträgers
Schily?


(Rudolf Bindig [SPD]: Das deutsche Volk setzt sich aus mehreren Sprachgruppen zusammen! – Weitere Zurufe von der SPD und der CDU/CSU)


Könnte es sein, dass der neuerdings in den Medien wie-
der beklagte Rückgang der Einbürgerungsanträge auch
damit zusammenhängt?


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Pfui!)

– Was heißt hier „Pfui!“? Was ist das für ein Zwischen-
ruf? – Wie soll da die Integration der ausländischen Mit-
bürger, wie sie meist genannt werden, gelingen?

Wir werden in Deutschland nur gut und friedlich zu-
sammenleben können, wenn wir Unterschiede nicht als
Hindernis, sondern als Bereicherung für unsere Gesell-

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(C (D chaft empfinden. Auf die Zwischenrufe eingehend, erke ich an: Augenscheinlich fällt Ihnen das schwer, eine Damen und Herren. Vielen Dank. Nun hat die Kollegin Karin Evers-Meyer, SPD-Frak ion, das Wort. (Beifall bei der SPD – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Karin, nu seeg mal wat Fröhliches!)


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1511424100


Karin Evers-Meyer (SPD):
Rede ID: ID1511424200

Verehrter Herr Vörsitter! Leeve Fruunslüüd un
annslüüd! Fief Johr is dat her, dor is de Europäische
harta för Regional- un Minderheitenspraken Gesetz
orrn. Von dorum snackt oder praat wi över den tweeten
taatenbericht von de Spraken-Charta. Mit de Ünner-
chrift ünner de Charta gifft dat ok för de plattdüütsche
praak – för de snack ik vandagen oder vanavend so’n
eten – en Regelwark, wor nipp un nau binnen steiht:
lattdüütsch is en Stück Kultur un dit Stück Kultur is
ichtig för de Minschen in’n Noorden vun Düütschland;
n us Bundesregerung un de Bundeslänner staht dor dan-
enswerterwies för in.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Du snackst ’n schöönes Platt!)


an so’n lüttjes beten hett dor för de Plattdüütschen een
ul seten.
De Minschen hebbt wiss und wohrhaftig dacht, wenn

at Gesetz eerst dor is un wenn dat ok noch vun Europa
ümmt, denn müss dat doch egentlich bannig vörangahn.
enn warrt wat doon för us Spraak. Denn maakt wi Pro-
ekte mit Plattdüütsch in’n Kinnergoorn, in de School
ganz wichtig –, an’n Arbeitsplatz. Un beter warrt dat
k in de Kultur: bi de plattdüütschen Böker, bi de Musik-
ruppen, bi de Theaters.
Man wenn wi nipp un nau henkiekt, denn warrt wi
ies: so richtig röögt hett sik för de Plattdüütschen noch
or nix. Snacken is een Ding; Doon is ’n anner.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


o liggt dat nu an? De wichtigste Punkt is woll düsse: In
e Spraken-Charta steiht Platt blangen de Minderhei-
enspraken. De Minderheiten- oder Autochtonenspra-
en höört ethnische Gruppen to. Se hebbt to’n Bispill ge-
eensame Traditionen, ehre Trachten un so wieder. De
lattdüütschen sünd avers blots över ehre Spraak ver-
unnen.
In de Charta gellt för Freesch, Sorbisch, Däänsch un

e Spraken vun de Sinti un Roma un ok för Platt desülvi-
en Regeln. Un ik meen, wenn dat een Gesetz geven
eit, denn schullen ja woll ok desülvigen Regeln gellen
ör all de Sprakengruppen, üm de dat hier geiht. Se hört
och all de Regional- oder Minderheitenspraken to.






(A) )



(B) )


Karin Evers-Meyer


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das ist ein Wort!)


Man dat is ok bloots wedder de halve Wohrheit. Denn
dat gifft opstunns nich een politisch Gremium, wo de
Plattdüütschen gliekberechtigt mit de Minderheiten in
een Boot sitt. De Charta will egentlich wat doon för de
ganze Grupp vun de lütten Spraken. Un dorüm geiht
mien Appell eerstmaal villicht ok an de Minderheiten,
dat se de Plattdüütschen nich länger minnachtig ankie-
ken un utgrenzen doot.

Wi mööt uns fragen, wat us Bundesregierung noch
doon kann, dat wi vun düssen Missstand wegkaamt. De
lüttjen Kulturen in uns Land sünd eenfach to wichtig, as
dat dat dor ok noch en Ünnscheed opböört warrt twü-
schen de lüttjen Kulturen: de ut de eerste Klass un de ut
de tweete Klass.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Da hast du Recht!)


Ok de Bund will hier nu sien Part övernehmen. De Platt-
düütschen hebbt nu twors en Bundesraat, mit Lüüd, de
wählt sünd sogar. Man recht wat rieten köönt de nich.
Düt Gremium warrt nich anerkannt un he hett reinweg
nix in de Melk to krömen. Dorum is dat ganz wichtig,
dat de Bundesregerung den Bundesraat für Nedder-
düütsch bi allens, wat an is – „was anliegt“ seggt wi in
hoochdüütsch –, estemeert. Un dat jüst so, as dat bi de
Maten vun de autochtonen Minnerheiten begäng is. Dor-
mit he dat kann, bruukt de Bundesraat för Nedder-
düütsch en institutionelle oder offitschelle Form.


(Beifall bei allen Fraktionen)

In de nu vörliggenden tweeten Staatenbericht to de

Spraken-Charta, de nu op’n Disch liggt, geiht dat dorüm,
woans dat denn ümsett warrt, wat in de Charta allens
binnen steiht. Meist 500 Sieden un en Drüttel dorvun
geiht över Platt. Faktisch steiht Plattdüütsch hier blangen
de annern lüttjen Spraken in Düütschland. Un vun’n
Grundsatz her – hebbt wi faststellt – is dat genau richtig
so. Goot is, dat de Länder överhaupt Bericht geven mööt
över ehr Doon. Man so wunnerbor, as dat hier op’t Pa-
pier to lesen is, so wunnerbor steiht dat för dat Plattdüüt-
sche – bit op een poor Utnahmen in Oostfreesland –
denn doch nich. In Oostfreesland kann man jeden Dag
op de Straat Platt hören: an’n Arbeitsplatz, in’n Kinner-
gaarn. Un dor maakt se ok ’n Barg för de Regional-
spraak. Man, wo süht dat in de annern Regionen vun
Neddersassen ut? In de Lünborger Heid oder in’t Ossen-
brügger Land?

Wenn för uns Plattdüütsch en Stück vun de noord-
düütsche Kultur is, denn langt dat nich, wenn bloots dor
wat makt warrt, wo dat noch mehr oder weniger goot le-
ven deit. Wenn wi nämlich noch teihn Johr mehr töövt,
denn bruukt wi villicht gor nix mehr to maken. Nee,
Sprakenschutz heet ja doch, dat de Spraak dor to ehr
Recht kümmt, wo se to Huus is. Un dat is se nu maal in
ganz Noorddüütschland: in nich weniger as acht Bundes-
länner bit hin to Nordrhein-Westfalen. Wo man hört,
8 Millionen Minschen snackt noch Platt. Man dat warrt
Johr för Johr bedrohlich weniger. De Charta will nu hel-

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(C (D en, dat düt Stück Spraakkultur nich egaalweg lütter un inner warrt. (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Wenn wi aver vun de plattdüütsche Kultur snackt,
enn meent wi ’n beten mehr as snacken. Denn meent wi
k en Stück Geschichte vun us Land. Un wi meent Le-
er, Gedichten, Romane, Theater:


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Sehr richtig! Genau das ist der Punkt!)


k dat Plattdüütsche in’t Radio, in’t Fernsehn oder in de
eitung. Dat allens tohoop gifft de Minschen dat, wat
an hüüt Levensqualität nöömt. Wi all weet, dat düsse
eel vun de Kultur in de Hand vun de Länder liggt. Un
’n Staatenbericht hebbt se dat allens opschreven. Man
k hier wedder mütt ik faststellen, de Würklichkeit süht
n beten anners ut: In Neddersassen hett de Landesrege-
ung jüst de institutionelle Förderung för den Nedder-
üütschen Bühnenbund üm rund een Veertel tosamen-
treken.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Das ist aber gar nicht schön!)


esülvige Landesregerung seggt „Ja“ dorto, dat an de
öttinger Universität de eenzige Lehrstuhl „Nedder-
üütsche Philologie“ ganz streken warrt – un dat, wo
üsse Punkt extra in de Charta opföhrt is un dat Land dor
k sien Krüüz maakt hett.
Klor, de Länner mööt sporen. Wenn bi de Kultur

poort warrt, denn is dat Plattdüütsche jümmers mit
orbi in de eerste Reeg. Dor gifft dat keen extra Schutz.
an wi schüllt ok bedenken: De plattdüütsche Kultur
ett al jümmers veel weniger Geld kregen as de Kultur
un de anner Minderheiten – un as dat Hoochdüütsche al
ng. Un wenn vun düt lütt Beten nu ok noch wat weg-
treken warrt, denn deit dat hier besunners weh. Dat gellt
brigens nich bloots för Neddersassen, nee, in Schles-
ig-Holsteen is dat jüst so, nich ganz so schlimm, aver
or hebbt wi ok ’n paar Dinge to beklogen.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Na, na! Guck Dir das mal an mit den Friesen!)


Wi weet all, dat de Bundesregerung un de Länner
ich in Geld swemmen doot. Dorüm mutt de Bundesre-
erung – se will dat ja ok – dorför sorgen, dat bi de EU
e Geller, de in’n Huusholt för de Regional- un Minner-
eitenspraken vörsehn sünd, utbetahlt warrt. Un wenn se
at dennoch schafft, to verklaarn, dat dat Johr 2008 to’n
prakenjohr warrt in Düütschland,


(Beifall bei der SPD)

enn hett de Bundesregerung veel für uns nedderdüüt-
che Spraak doon. Un dorför segg ik in Naam von all de
edderdüütschen Dank.


(Beifall bei allen Fraktionen – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Hast Du fein mokt!)







(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511424300

Das Wort hat jetzt die Kollegin Maria Michalk von

der CDU/CSU-Fraktion.


Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1511424400

Česćeny knjez prezident! Česćeni knježa, wažene

damy, waženi hosćo!
Für die Gäste sage ich, dass ich diese Rede in meiner

sorbischen Muttersprache spreche.
Mjez łužiskimi horami a Błótowskej krajinu, na

brjóhach Sprjewje tu su Serbja zhromadnje z němskej
ludnosću žiwi. To je naša domizna. Serbja nimaja
swójski maćerny kraj. Najebać wšitkich historiskich
napřećiwkow su sej Serbja dlěje hac 1 500 lět swoju
wosebitosć zdźerželi a wuwili, wosebje serbsku rěč.
Wokoło Chośebuza gronimy dolnoserbski a wokoło
Budyšina hornjoserbsce.

Delnjoserbšćina je bóle přichilena pólšćinje a
hornjoserbšćina bóle k čěskej rěči. Tutón fakt a
zhromadne historiske korjenje wolóža mjezsobne
dorozumjenje z našimi susodami. Naše stare serbske
přisłowo praji: „Ze serbskej hubu přindźeš přez Pólsku a
Čěsku do Ruskej“. W rozšěrjenej Europje hladamy hišće
dokładnišo na to, zo so europska mysl šěroko přesadźi.


(Beifall bei allen Fraktionen)

To budźe so nam ćim lěpje zešlachćić, hdyž twarimy

emocionalne, kulturelne, sociopolitiske, hospodarske a
wosebje rěčne mosty. Maćerna rěč a identita słušatej
hromadźe. Bjez němsko-serbskeje dwurěčnosće by naša
Lužica była kaž „hłowa bjez wobliča“. Tohodla je nam
zdźerženje serbskeje rěče tak wažne.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nawuknje so serbšćina w staršiskim domje, je to

najlěpje a tež najtuńšo. A to je tež najrjeńšo, dokelž so
tak nan a mać a dźěćo najsylnišo we wobłuku němskeho
wobswěta jako zhromadnosć skruća. Dźěći němskich
staršich maja wězo tež móžnosć, serbšćinu na přikład we
WITAJ-skupinach nawuknyć. Tutón projekt so přeco
lěpje přesadźi. Za to trjebamy pak tež w přichodźe statnu
podpěru.

Serbske šule maja, kaž wšitke druhe šule, z demo-
grafiskim wuwićom ćeže a dyrbja z konsekwencami
wobchadžeć. Tež my mamy bohužel přemało dorosta. Za
dalše wobstaće serbskeho šulstwa dyrbja za nas
wuwzaćne rjadowanja płaćić, štož je zdobom z přidatnej
financnej podpěru zwjazane. Wo to wojujemy kóžde
lěto.


(Beifall bei allen Fraktionen)

Serbske šule trjebaja wězo tež serbske wučbnicy a
wuwučowanski material.

Angažowani sobudźěłaćerjo Rěčneho centruma
WITAJ a tež čestnohamtscy so wo to staraja. Wučbnicy
pak so jenož w snadnych ličbach ćišća, jenož tak wjele
kaž trjebamy. Zo by płaćizna wučbnicow za staršich
naposledk móžna była, je tež tu dalša přiražka trěbna.

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(C (D Tute naličenja móža so dale wjesć. Sym chcyła na to kedźbnić, zo dyrbja w konsekwency globalizacije w ašim swěće mjeńšiny wulki asimilaciski ćišć udźerźeć. Naša wosobinska wola za přetraće serbstwa dosahaca statna podpěra słušatej tež hromadźe. ohodla witam jara druhu rozprawu zwjazkoweho nježerstwa k Europskej charće regionalnych a jeńšinowych rěčow. Mam z tym jako zapósłanča prěni róć móžnosć, moje wuwjedźenja w mojej maćeršćinje odać. To je za mnje historiski podawk. Ja sonju w maćeršćinje a so tež w maćeršćinje modlu. ot naroda sem sym dwurěčnje wotrostła. Tutu ohatosć přeju wšitkim dźěćom. Wjacerěčnosć je kluč o přichoda. W tutym duktusu trjebamy runoprawnosć egionalnych a mjeńšinowych rěčow a tohodla wosebite pěchowanje. Frau Kollegin Michalk, erlauben Sie eine wischenfrage? Knjez prezident, knjeni Michałkowa, kak Wy to idźiće, trjebamy wosebity mjeńšinowy artikel w uropskich wustawkach? (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Wir haben Sprachentalente bei uns!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511424500

(Heiterkeit)

Henry Nitzsche (Plos):
Rede ID: ID1511424600


Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1511424700

Ja so dźakuju za tute prašenje. – Ich antworte erst auf

orbisch und übersetze Ihnen das anschließend.

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben die Frage gar nicht verstanden! – Heiterkeit)


We wobłuku diskusije Zakładneho zakonja smy na to
kedźbnili, zo trjebamy mjeńšinowy artikl. Tam je so
am prajiło, zo bychmy dyrbjeli tuton problem rjadować
Europskej wustawje. Ja trochu wobžaruju, zo so to
jeńdźe w tutym wokomiku slachćić. Runje dźensa so w
rüsselu wo tym jedna. Dźakuju.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Für die Kollegen werde ich das fairerweise
bersetzen, sofern das nicht auf meine Redezeit
ngerechnet wird.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511424800

Übersetzen Sie bitte!


Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1511424900

Der Kollege Nitzsche hat mich gefragt, ob ich es für

otwendig erachte, dass in der Europäischen Verfassung
in eigenständiger Minderheitenartikel aufgenommen
ird. Ich habe ihm geantwortet, dass wir bei der
iskussion über die Änderung des Grundgesetzes im






(A) )



(B) )


Maria Michalk

Zuge der deutschen Einheit sehr für einen
Minderheitenschutzartikel gekämpft haben. Seinerzeit
wurden wir immer wieder auf die Chance der
Europäischen Verfassung hingewiesen. Da, wie Sie
wissen, gerade heute in den entsprechenden Gremien
darüber beraten wird, bin ich etwas traurig, dass eine
solche Formulierung wohl nicht expressis verbis
aufgenommen werden wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Du hast das eben auf sorbisch ein bisschen anders gesagt! – Heiterkeit)


– Das steht ja dann im Protokoll. Eigens dafür wurde
eine sorbische Protokollantin eingeflogen.

Předpołožena rozprawa dopokaza, zo su w němskej
republice zasadne wěcy na polu mjeńšinoweho prawa
rjadowane. Porućenje ministerskeho komiteja pokaza
pak tež, w kotrych jednotliwych dypkach je dalše
jednanje trěbne. Wón je němskemu knježerstwu
doporučił, serbšćinu, wosebje tež delnjoserbšćinu,
skrućić, dokelž hrozy strach, zo so pominje.

Serbske šulstwo ma so stabilizować. To njeje jenož
nadawk krajow, tež zwjazk ma so na přiměrjene wašnje
wobdźělić, tež na dalekubłanjach wučerjow. Serbska rěč
ma so šěršo w zjawnym žiwjenju jewić a tež w medijach.

Tež naše serbske institucije su trěbne za serbsku rěč,
kaž Rěčny centrum WITAJ, Serbski institut, Ludowe
nakładnistwo Domowina, Němsko-Serbske ludowe
dźiwadło a Serbski ludowy ansambl, a tež projektne
dźěło mam za wažne. Wšitko to přewodźa Domowina
jako rěčnica Serbow z jeje towarstwami. Wo financny
zakład stara so Załožba za serbski lud. Mamy potajkim
přeco lěpje fungowace struktury. Bjez financnych
přiražkow zwjazka, Swobodneho kraja Sakskeje a
Braniborskeje njeby to wšitko móžno było. Za to sym
jara dźakowna.


(Beifall bei allen Fraktionen)

Ale přez zwjazk připowědźene skrótšenje srědkow

Załožby za serbski lud na žadyn pad w duktusu tuteje
rozprawy njesteji. Hišće 15. měrca 2002 je zwjazk
pisomnje připowědźił, zo wostanje srjedźodobnje
přiražka zwjazka w dotalnej wysokosći. Na to smy so
spušćili. Ale hižo lětsa je skrótšenje fakt a za klětu
připowědźene. Z toho wuchadźaca njewěstosć nas
aktualnje jara zaběra a pohibuje. Kaž zwjazk němsku rěč
z prawom we wukraju spěchuje, tak ma wón
winowatosć, za dosahowace spěchowanje regionalnych
a mjeńšinowych rěčow w tukraju.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Hört! Hört!)


Naše štyri mjeńšinowe rěče a regionalna rěč
Nižozemskeje wupjelnja sobu tutón „pisany kwěćel“
europskich rěčow. Prócujemy so wo to, zo to tak
wostanje. Za to ma zwjazk wosebitu zamołwitosć.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Das ist ja jetzt ganz neu! – Heiterkeit)


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(C (D Ja so jara wjeselu na dalše zhromadne dźěło na dobro šěch w tutym kraju. Ja so jara wutrobnje dźakuju. Da ich Frau Kollegin Michalk nicht auf sorbisch auf ie Überschreitung ihrer Redezeit hinweisen konnte, onnte sie in aller Ruhe zu Ende reden. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird berweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 15/3200 nd 15/3328 an die in der Tagesordnung aufgeführten usschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanen? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so eschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 16 a und 16 b auf: a)


(Beifall bei allen Fraktionen)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511425000

(Heiterkeit)


gebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur
Änderung des Zivildienstgesetzes und anderer

(Zweites Zivildienstgesetzänderungsgesetz – 2. ZDGÄndG)

– Drucksache 15/3279 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ina
Lenke, Klaus Haupt, Daniel Bahr (Münster),
weiteren Abgeordneten und der Fraktion der
FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Ge-
setzes zur Änderung des Zivildienstgesetzes

(Zweites Zivildienstgesetzänderungsgesetz – 2. ZDGÄndG)

– Drucksache 15/2482 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Verteidigungsausschuss

Aufgrund einer interfraktionellen Vereinbarung ist für
ie Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Da aber
ie meisten Reden zu Protokoll genommen werden sol-
en, werden wir diese Zeit gar nicht benötigen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der
ollegin Ina Lenke von der FDP-Fraktion.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1511425100

Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Die

DP-Fraktion hat sich im Deutschen Bundestag wieder-
olt vehement und mit Nachdruck für die Aussetzung
er Wehrpflicht und damit auch für ein Ende des Zivil-
ienstes eingesetzt.


(Beifall bei der FDP)

ir wissen, dass wir auch in der SPD Unterstützer ha-
en. Wie ich sehe, hat auch die Staatssekretärin der SPD
hren Redebeitrag zu diesem Thema zu Protokoll gege-
en. Das zeigt mir, dass dieses Thema heute Abend






(A) )



(B) )


Ina Lenke

möglichst ohne Aufsehen im Parlament abgehandelt
werden soll.

Meine Damen und Herren von den Grünen, zu Nicht-
regierungszeiten hatten die Grünen ein größeres Inte-
resse an der Aussetzung der Wehrpflicht, als dies heute
Abend der Fall ist.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Schmarren! Das wissen Sie genau!)


Ich habe den Eindruck, dass für die Grünen die Wehr-
pflicht nur noch ein Randthema ist.

Liebe Kollegen, die FDP hat Anfang dieses Jahres, im
Februar 2004, die Initiative ergriffen und einen eigenen
Gesetzentwurf zur Verkürzung der Zivildienstzeit auf
neun Monate in den Bundestag eingebracht. Ich will für
die FDP – auch am späten Abend – ganz deutlich unter-
streichen, dass dies für uns nur eine Übergangslösung
ist. Denn unser eigentliches Ziel ist die Aussetzung der
Wehrpflicht. Die Arbeit der Zivildienstleistenden und
die Arbeit der Wehrpflichtigen sind gleichwertig und
deshalb sollen beide Gruppen nur neun Monate dienen.
Ich hoffe, dass sich die SPD-Familienministerin Schmidt
im Kabinett weiterhin für das Aussetzen der Wehrpflicht
engagiert.

Wir alle und ganz besonders die Grünen sollten den
Vorstellungen des Innenministers Schily und den Vor-
stellungen der Justizministerin Zypries eine klare Ab-
sage erteilen. Denn Zypries und Schily wollen einen
Zwangsdienst von zwölf Monaten in der Bundes-
republik Deutschland einführen. Allein die Diskussion
hierüber ist für jeden Demokraten eine Zumutung. Welt-
weit existiert nämlich dieser Zwangsdienst, den Schily
und Zypries wollen, nur noch in der Militärdiktatur der
Union Myanmar, die besser unter dem Namen Birma be-
kannt ist.

Nun zum Regierungsentwurf. Ich halte ihn für nicht
ausgereift. Einig sind wir uns darin, was die Kürzung des
Zivildienstes anbelangt. Aber was die Änderungen be-
züglich des Wehrdienstes betrifft, hat meine Fraktion
noch Beratungsbedarf. Dazu brauchen wir eine Anhö-
rung. Wie Sie alle wissen, existieren mehrere Gerichts-
urteile, die die Praxis der Einberufung zum Wehr-
und Zivildienst für mit der Verfassung nicht vereinbar
erklären. Ich denke an das Urteil von Köln. Die FDP hält
es nämlich für eine Willkür, dass der Gesetzgeber Grup-
pen von Wehrpflichtigen aus der Wehrpflicht entlässt,
die nach den Kriterien der Landesverteidigung eigentlich
tauglich wären.

Besonders vor dem Hintergrund der ergangenen Ge-
richtsurteile halten wir dieses Vorgehen der Bundes-
regierung für politisch-verfassungsrechtlich äußerst
bedenklich. Es kann doch nicht angehen, dass die Wehr-
pflicht zunehmend verfassungswidrig organisiert wird.
Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf der FDP zügig
zu verabschieden und den weiter gehenden Änderungs-
bedarf, der in dem Regierungsentwurf beschrieben ist,
sachgerecht zu beraten.

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(C (D Ich komme zum Schluss. Der Verkürzung der Zivilienstzeit, so wie sie die FDP in ihrem Gesetzentwurf orschlägt, kann auch ohne Anhörung zugestimmt weren. Die übrigen Reden sollen zu Protokoll genommen erden. Es handelt sich um die Reden der Parlamentarichen Staatssekretärin Christel Riemann-Hanewinckel owie der Kollegin Jutta Dümpe-Krüger, Bündnis 90/ ie Grünen, und der Kollegen Willi Zylajew, CDU/ SU, Andreas Weigel, SPD und Andreas Scheuer, CDU/ SU-Fraktion.1)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511425200
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Gesetz-

ntwürfe auf den Drucksachen 15/3279 und 15/2482 an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse sowie
ur Mitberatung an den Haushaltsausschuss zu überwei-
en. Gibt es dazu andere Vorschläge? – Das ist nicht der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Günter
Nooke, Bernd Neumann (Bremen), Renate
Blank, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Förderung von Gedenkstätten zur Diktatur-
geschichte in Deutschland – Gesamtkonzept
für ein würdiges Gedenken aller Opfer der
beiden deutschen Diktaturen
– Drucksache 15/3048 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Als erstem Redner erteile

ch das Wort dem Kollegen Günter Nooke.

Günter Nooke (CDU):
Rede ID: ID1511425300

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Es

st kein Zufall, dass wir heute, am 17. Juni, einen Antrag
mit einem zugegebenermaßen etwas sperrigen Titel –
inbringen.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn er nur sperrig wäre!)


nser Antragstext beginnt mit der Feststellung:
Zu den konstitutiven Elementen des wiederverein-
ten Deutschlands gehört das Gedenken an die Opfer

Anlage 3






(A) )



(B) )


Günter Nooke

der beiden totalitären Diktaturen des 20. Jahr-
hunderts: Nationalsozialismus und Kommunismus.
Beide sind Bestandteile der deutschen Geschichte.

Wir haben bewusst das Wort „Diktaturgeschichte“ im
Titel unseres Antrags gewählt, um deutlich zu machen,
dass die deutsche Geschichte im vergangenen Jahrhun-
dert von zwei Diktaturen geprägt war.

Ich möchte gleich zu Beginn unmissverständlich fest-
stellen: Dabei geht es in keiner Weise darum, das Terror-
system des Nationalsozialismus mit der SED-Diktatur
gleichzusetzen oder gar die Singularität des Holocaust
anzuzweifeln.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das passiert aber!)


In unserem Antrag werden auch keine Opfergruppen
vermischt. Das sind unhaltbare Unterstellungen, die
durch keine einzige Textstelle in unserem Antrag belegt
werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielmehr beginnt gleich der zweite Absatz unseres

Antrags mit einem für mich selbstverständlichen Satz,
den ich allen jüdischen Opferorganisationen, aber auch
allen anderen Organisationen gegenüber als tiefe persön-
liche Überzeugung und dauerhaftes Handlungsprinzip
der CDU/CSU-Fraktion zitieren möchte:

Das Nationalsozialistische Regime hat mit dem
millionenfachen Mord an den europäischen Juden
ein singuläres Verbrechen begangen, das immer ein
spezielles Gedenken erfordern wird.

(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Das haben Sie schön nachgeschoben!)

– Ich kann noch viele selbstverständliche Aussagen hin-
zufügen. Jeden, der versucht, sich vorzustellen, wie der
im Naziregime organisierte industrielle Massenmord an
den Juden abgelaufen ist, überkommt ein Schaudern,
Scham und das sichere Gefühl, dass wir uns niemals der
Verantwortung entziehen dürfen, daran zu erinnern, was
Deutsche den europäischen Juden angetan haben.

Es besteht kein Zweifel: Bautzen ist nicht Auschwitz.
Trotzdem muss auch Bautzen als Synonym für die Ver-
brechen der SED-Herrschaft Teil unseres nationalen Be-
wusstseins sein.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Dabei berufen wir uns ausdrücklich auf die Ergebnisse
der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages
zu den Folgen der SED-Diktatur. Im Schlussbericht wird
festgestellt – ich zitiere –:

Die Erinnerung an die beiden Diktaturen, die die
Feindschaft gegen Demokratie und Rechtsstaat ver-
bunden hat, schärft das Bewusstsein für den Wert
von Freiheit, Recht und Demokratie. Dies, wie die
notwendige Aufklärung über die Geschichte der
beiden Diktaturen, ist der Kern des antitotalitären
Konsenses und der demokratischen Erinnerungs-
kultur der Deutschen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D In diesem Zusammenhang hat die rot-grüne Bundesegierung in einer Unterrichtung in der vergangenen Leislaturperiode betont, dass die Gedenkstätten an den uthentischen Orten zur Erinnerung an beide Diktaturen nd zum Gedenken an die Opfer Stützpunkte von zentraer Bedeutung sind. Die Erinnerungskultur müsse als geamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Aufgabe anesehen werden. Das alles sollte zwischen uns unstrittig sein. Umso edauerlicher ist es, dass von der Regierung auch bezoen auf den letzten Teil nur Lippenbekenntnisse zu höen sind, während in der Sache wenig geschehen ist. Zuindest erwarte ich, dass Sie uns nicht vorwerfen, wir ürden diesen Konsens verlassen, weil Sie sich nicht ehr daran erinnern lassen wollen. (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


s wäre vielmehr zu wünschen, wir könnten auch in die-
er Debatte und in den Beratungen unseres Antrags an
en Konsens, den ich eben dargestellt habe, anknüpfen.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie heben doch den Konsens auf!)


Die nationale Bedeutung der NS-Gedenkstätten für
ie Erinnerungskultur ist unstrittig. Wenn es um die an-
emessene und langfristig abgesicherte Finanzierung
eht, ist die aktuelle Lage auch für diese Gedenkstätten
chon nicht mehr ganz so klar. Die Arbeit dieser Einrich-
ungen ist nicht nur über Projektförderungen zu unter-
tützen, sondern sie sollte über eine institutionelle För-
erung langfristig abgesichert werden.
Das im Bericht der Enquete-Kommission ebenfalls

ngesprochene Gedenken an die SED-Diktatur ist dage-
en im öffentlichen Bewusstsein ungenügend verankert
nd in den Gedenkstätten unzureichend umgesetzt. Das
st der Grund für unseren Antrag.
Wir verabschieden uns nicht vom Konsens aller Par-

eien mit Ausnahme der PDS in den Enquete-Kommis-
ionen der 12. und 13. Legislaturperiode. Wir wollen
ielmehr, dass er auch in den SBZ- und DDR-Gedenk-
tätten umgesetzt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)

in weiteres Beispiel für die ungenügende Bewusst-
einslage zeigt auch die Debatte über die SED-Opfer-
enten am heutigen Nachmittag.
Der wesentliche Grund, warum wir diesen Antrag für

otwendig erachten und weswegen wir die öffentliche
iskussion ausdrücklich begrüßen, lässt sich in einem
atz zusammenfassen:

Hierzulande wird die stalinistische Vergangenheit
der DDR … meist als Regionalgeschichte abgetan,
statt als gesamtdeutsches Erbe angenommen zu
werden.

Das ist ein Zitat aus einer Berliner Tageszeitung, dem
Tagesspiegel“ vom 6. Juni dieses Jahres, der sich nicht
it unserem Antrag, sondern mit der Flick-Collection,






(A) )



(B) )


Günter Nooke

der Topographie des Terrors und der Gedenkkultur in
Deutschland ganz allgemein befasste. Mit dem Zusam-
menbruch der DDR „wuchs der deutschen Erinnerungs-
kultur die Beschäftigung mit dem Stalinismus zu“, heißt
es in dem zuvor erwähnten Artikel von Bernhard Schulz.
Auch die CDU/CSU-Fraktion ist der Meinung, dass die-
ser Aufgabe bislang nur unzureichend nachgekommen
wird. Die SED-Diktatur kann nicht als Angelegenheit
der neuen Bundesländer, als regionales Ereignis abgetan
werden. Die DDR war Teil Deutschlands. Die Debatte,
die wir heute nur spät am Abend und kurz führen kön-
nen, wird offensichtlich nicht nur von meiner Fraktion
für dringend notwendig erachtet.

In unserem Antrag fordern wir ein Gesamtkonzept
für ein würdiges Gedenken aller Opfer der beiden deut-
schen Diktaturen. Die damit verbundenen inhaltlichen,
administrativen und finanziellen Fragen sind zwischen
Bund und Ländern zu klären. Dass hier Handlungsbedarf
besteht, weiß jeder, der die Szene etwas kennt. Es kann
nicht sein, dass die zuständige Staatsministerin, Frau
Weiss, einfach verkündet, sie wolle die Topographie des
Terrors in Bundeskompetenz übernehmen. Nicht im Ge-
ringsten wird bedacht, dass es nicht Aufgabe des Bundes
sein kann, nur in Berlin und nur Einrichtungen, die sich
auf die NS-Zeit beziehen, zu 100 Prozent zu fördern.
Was Rot-Grün und insbesondere die Staatsministerin
machen, ist aus meiner Sicht konzeptlos. Es wirkt wie
Geschichtspolitik im Zugriffsverfahren nach Gutsher-
renart,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

mehr oder weniger gesteuert durch ideologische Vorbe-
halte bzw. Vorlieben, als Unterstützung eines Berliner
Senats, der völlig unfähig ist, auch nur einen einzigen
Bau allein und zu den vorgesehenen Kosten fertig zu
stellen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Hinzu kam der fehlende Mut aller Beteiligten, über

die Frage nach der bautechnischen Realisierbarkeit des
Zumthor-Entwurfs acht Jahre früher zu diskutieren;
denn das hätte politisch nicht korrekt erscheinen können.
Das hat uns hier in Berlin schon fast 15 Millionen Euro
gekostet. Davon hätten zehn SBZ-/DDR-Gedenkstätten
zehn Jahre lang besser finanziert werden können, als sie
es heute sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich finde, niemand kann uns verbieten, hier darüber zu
streiten.

Frau Staatsministerin, an dieser Stelle eine Frage zu
Ihrer heutigen Presseeinlassung, wir strebten mit unse-
rem Antrag eine „radikale Abkehr“ vom bisherigen
„Prinzip der inhaltlichen Neutralität des Bundes“ an.
Was meinen Sie damit vor allem angesichts der inhaltli-
chen Debatten, die Sie selbst aus dem Kuratorium des
Denkmals für die ermordeten Juden Europas kennen, in
dem wir ja beide Mitglieder sind? Geschieht die Über-
nahme der Topographie des Terrors ohne inhaltlichen
Sinn und Verstand? Wenn Sie damit meinen sollten, dass
die Bundesregierung keine Inhalte von Gedenkkultur

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(C (D orgibt, dann frage ich Sie allerdings, wo das in unserem ntrag geschieht. Oder meinen Sie mit Neutralität, dass er Bund nur für NS-Geschichte zuständig ist, das anere aber Sache der neuen Bundesländer sei? Dann träfe a unser Antrag ins Schwarze. Wir jedenfalls halten diese nhaltliche Debatte für notwendig und interessant. Nehen Sie vielleicht doch einmal die Unterlagen der Enuete-Kommissionen mit in den Urlaub! Wir stellen mit unserem Antrag aber nicht nur Forde ungen an andere. Wir selbst legen vielmehr Ziele und riterien vor, nach denen Gedenkstätten von nationaler nd exemplarischer Bedeutung ausgewählt werden önnten. Natürlich wissen wir, dass eine solche Liste treitig bleibt. Eine solche Liste zu erweitern ist aber ehr viel einfacher, als sich für eine stärkere, dauerhafte undesfinanzierung wenigstens einiger weniger Geenkstätten von besonderer Bedeutung zu entscheiden. Was können wir in der Erinnerungsund Gedenkkul ur in Deutschland, in der Aufgabenverteilung zwischen und und Ländern, bei der Mitwirkung von Wissenchaft und Universitäten sowie bei der Einbeziehung von pfergruppen und auch bei der finanziellen Verantworung des Staates besser machen? Diese inhaltliche Disussion ist doch überfällig, Frau Staatsministerin; denn s ist durchaus sinnvoll, 15 Jahre nach der friedlichen evolution eine Zwischenbilanz zu ziehen und nach en unterschiedlichen Erfahrungen bei der Umsetzung er Ergebnisse der Enquete-Kommissionen zur SEDiktatur zu fragen. Es ist dabei unvermeidbar, über eide, die NSund die SED-Diktatur im vergangenen ahrhundert, zu sprechen, und zwar nicht nur wegen Iher eigenen Konzeption, die es schon gibt und an die Sie ich nicht halten, sondern auch wegen der gegenseitigen ezüge und deshalb, weil es Orte gibt, die an Gewaltverrechen der beiden Diktaturen erinnern. Noch einmal: er von beiden deutschen Diktaturen spricht, der meint amit nicht, dass sie gleichgesetzt werden. Die Unterchiede herauszuarbeiten und zu begründen ist Teil des onzeptes. Das ist die inhaltliche Debatte, die Sie vieleicht verdrängen wollen. Aber das spricht für sich und egen Sie. Nun ist allerdings die Debatte, die wir hier führen, icht ganz so unaufgeregt, wie ich das bisher vorgetraen habe. Deshalb will ich in der verbleibenden Zeit weigstens auf einige Missverständnisse und Vorwürfe och kurz eingehen. In einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaften er KZ-Gedenkstätten in der Bundesrepublik Deutschand wird der Antrag als ein „erinnerungspolitischer Paadigmenwechsel“ kritisiert. (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


er den vorliegenden Antrag liest und meine Ausfüh-
ungen nicht bewusst missverstehen will, weiß, dass da-
on keine Rede sein kann. Vielmehr müssen sich
iejenigen, die solche Vorwürfe erheben, fragen lassen,
b sie nicht von der unvollständigen Umsetzung der






(A) )



(B) )


Günter Nooke

Beschlüsse profitieren und deshalb gar kein Interesse am
alten gemeinsamen Paradigma haben.

Die Leiter der KZ-Gedenkstätten haben nicht nur ihre
durch eine pauschale Unterstellung gekennzeichnete
Pressemeldung vom Januar wiederholt. Ihre erweiterte
Kritik wird zwar dadurch besser, dass sie differenzierter
vorgetragen wird, aber sie bleibt auch differenziert
falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Herren Historiker können für ihre Behauptungen
keinen einzigen Textbeleg aus dem Antrag anführen, ob-
wohl doch Quellenstudium und Quellenkritik ihre ei-
gentliche Profession wäre. Sie bekommen deshalb zu
Recht heute in der „FAZ“ unwissenschaftlichen und po-
lemischen Stil attestiert.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie stellen Behauptungen auf, die niemand, weder im
Antrag noch anderswo, erhoben hat. Wer als Historiker
seine Reputation so aufs Spiel setzt, provoziert vielmehr
Fragen, die ganz anders lauten: Geht es den Herren und
Damen überhaupt um eine sachliche Debatte


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Auweia!)

oder besteht ihr Interesse nicht vielmehr darin, eine öf-
fentliche Debatte zu verhindern? Und was wäre dafür
besser geeignet als die Unterstellung, hier würden NS-
Verbrechen verharmlost oder der Holocaust relativiert?
Das muss ich mit Abscheu zurückweisen.


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Sie müssen sich aber sehr getroffen fühlen!)


In der Begründung des Antrages wird auch auf zurzeit
laufende Debatten zur Erinnerungskultur verwiesen.
Wir wollen uns nicht dem Vorwurf aussetzen, wir täten
so, als wüssten wir nichts davon. Das kann man im An-
trag nachlesen. Es handelt sich dabei um die Opfer von
Krieg und Vertreibung, um zivile Opfer der alliierten
Luftangriffe und um die Diskussion um ein Freiheits-
und Einheitsdenkmal auf der Berliner Schlossfreiheit.


(Beifall der Abg. Vera Lengsfeld [CDU/CSU])

Daraus abzuleiten, wir würden Opfergruppen unzulässig
vermischen, weil wir in der Begründung erwähnen, dass
es sich bei diesen Themen nicht um Opfer der beiden
Diktaturen handelt, ist absurd.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511425400

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.


Günter Nooke (CDU):
Rede ID: ID1511425500

Einen Augenblick noch. – Machen wir uns nichts vor.

Wir befinden uns mitten in einer geschichtspolitischen
Debatte. Ich finde das gut und wir sollten diese Debatte
führen. Es ist noch vieles anzumerken, zum Beispiel
auch, ob es nicht doch um die Frage der Finanzierung
geht. Wenn Gedenkstättenleiter für ihre Einrichtung
kämpfen, habe ich als Politiker volles Verständnis dafür.

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(C (D Herr Kollege, bitte. Ein letzter Satz: Es wäre nur gut, man würde sich azu dann auch bekennen. Ich bedauere es, wenn die rofessoren sich zu schade sind, hier als Lobbyisten aufutreten. Aber ich wünschte mir, sie würden dann weigstens dem Ersteren – ihrer Aufgabe als Professoren – erecht. Wir sollten die Debatte sachlich führen und uns Mühe eben, diesen Tag würdevoll zu begehen, und uns hier ielleicht auch an das erinnern, was wir heute früh auf em Weddinger Friedhof getan haben. Herr Kollege Nooke, bitte. Sie strapazieren meine eduld etwas. Als Letztes wünsche ich mir, dass wir auch diese De atte jenseits aller Polemisierung und Polarisierung fühen können. Ich habe mich über viele Stellungnahmen us Ihren Reihen geärgert. Ich habe sie nicht zitiert. Es äre gut, Sie würden sie nicht wiederholen. Danke. Das Wort hat jetzt für die Bundesregierung die Staatsinisterin Christina Weiss. D Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Herr Nooke, wenn man Ihnen zuhört, gewinnt man en Eindruck, dass der Antrag vielleicht gar nicht so notendig ist, wie Sie es hier dargestellt haben. Lassen Sie ich zuerst ein Missverständnis aufklären oder es zuindest nicht so im Raum stehen. Die Topographie des Terrors ist eine Einrichtung des andes Berlin und der Bund beteiligt sich gemäß dem edenkstättenkonzept mit 50 Prozent an der Finanzieung. Nach Einsicht in das Scheitern des Berliner Bauorhabens haben wir die Bauherrenschaft verändert, um inen Neubeginn zu ermöglichen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Und das war sehr gut so!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511425600
Günter Nooke (CDU):
Rede ID: ID1511425700
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511425800
Günter Nooke (CDU):
Rede ID: ID1511425900

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511426000
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1511426100

Ich glaube, es ist Konsens in diesem Hause – davon
ehe ich aus und dabei bleibe ich auch nach Ihrer Rede,
err Nooke –, dass die Gedenkstättenförderung eine
ernaufgabe der Kulturpolitik ist. Die Konzeption der
edenkstättenförderung ist aber zugleich auch eine sehr
rfolgreiche Arbeit.
Auch wenn Sie in Ihrem Antrag davon nichts wissen
ollen, legt diese Konzeption der Bundesregierung die






(A) )



(B) )


Staatsministerin Dr. Christina Weiss

Rahmenbedingungen sehr präzise fest. Jährlich errei-
chen die zuständigen Stellen in den Bundesländern Hin-
weise, in welcher Zeitspanne welche Förderanträge vor-
gelegt werden sollten und welchen formalen und
welchen inhaltlichen Kriterien sie genügen müssen.
Wirklich niemand kann unbekümmert behaupten, er
wisse nicht, welche Fördermöglichkeiten bestünden. Ge-
nauso wenig sollte unterstellt werden, der Bund vergebe
seine Mittel auch noch nach Gutdünken.

Die Geschichte des vorliegenden Antrags verrät
schon sein Ziel. Wir alle wissen, dass dieser Antrag nicht
neu ist. Wir alle wissen, dass es eine Fassung gab, die
zurückgezogen wurde. Der zweifelhafte Text war in den
Sog der heftigen Debatte um die gesetzliche Grundlage
der Stiftung Sächsische Gedenkstätten geraten und hatte
einen Streit darüber entfacht, wie mit dem Gedenken an
die beiden deutschen Diktaturen im 20. Jahrhundert zu
verfahren sei.

Während man in Sachsen noch über die Konsequen-
zen aus dieser Diskussion nachsinnt, glauben die Verfas-
ser des erneut vorgelegten Antrags, durch die Streichung
der inkriminierten Bezüge auf die Stiftung Sächsische
Gedenkstätten die alten Vorwürfe restlos tilgen zu kön-
nen. Nach wie vor aber sind diese Hinweise von nicht zu
verdrängender Deutlichkeit: Die Verfasser wollen einen
Paradigmenwechsel in der Geschichtsbetrachtung und
konsequenterweise auch in der Geschichtspolitik.


(Vera Lengsfeld [CDU/CSU]: Das müssten Sie aber beweisen, wenn Sie es behaupten!)


Zum einen bedeutet dies eine – sei es auch nur eine zu
beargwöhnende – Gleichsetzung der Opfer des National-
sozialismus, der Opfer des SED-Regimes und der deut-
schen Zivilopfer, die Bombenkrieg und Vertreibung zu
erleiden hatten.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Das Gegenteil steht im Antrag! Können Sie nicht mehr lesen?)


– Ich beantworte Ihre zweite Frage nachher noch sehr
präzise. – Zum anderen soll die Bundesregierung be-
stimmen, was gefördert wird.

Ende der 80er-Jahre entspann sich der Historikerstreit
über die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Ver-
brechen. Gleichzeitig sah sich unser Land mit einer hef-
tigen Auseinandersetzung um die Gründungen des Hau-
ses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und
des Deutschen Historischen Museums konfrontiert. Vor
diesem Hintergrund kamen wir damals parteiübergrei-
fend zu dem sehr sinnvollen Schluss: Es darf und es wird
kein regierungsamtliches Geschichtsbild geben.

Wenn ich diesen Antrag genau lese, dann reibe ich
mir die Augen etwas verwundert. Da steht:

Bei der inhaltlichen Arbeit wirken Bund und das je-
weilige Land gleichberechtigt zusammen,

– aber –
die Wissenschaft wird dabei angemessen beteiligt.

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(C (D esen Sie es genau! Was die Politik als historisch richtig nd wichtig einstuft, darf von der Wissenschaft bestäigt werden. (Günter Nooke [CDU/CSU]: Was haben Sie denn bei der Aufzählung der Gedenkstätten gemacht?)


Wenn dann im weiteren Text großzügig die „Pluralität
er Konzeptionen“ sowie „dezentrale Lern- und Zu-
angsmöglichkeiten“ und „die Zusammenarbeit der Ge-
enkstätten mit Schulen und anderen Trägern politischer
ildungsarbeit“ zugestanden wird, so wird diese Garan-
ie, wie es dort heißt, „trotz der zentralen finanziellen
erantwortung“ gewährt. „Zentrale finanzielle Verant-
ortung“ heißt nicht mehr, dass man miteinander klare
bsprachen trifft. „Zentrale finanzielle Verantwortung“
eißt: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Das darf nicht
ein; auf diesem Niveau können wir nicht arbeiten.
Die Gedenkstättenarbeit in Deutschland ist internatio-

al geachtet und sie ist hervorragend beleumundet. Ich
ill die drei Grundlagen in Erinnerung bringen, die
iese stabile Erinnerungskultur ermöglicht haben:
Erstens. Gedenkstättenarbeit ist eine gesamtgesell-

chaftliche Aufgabe.
Zweitens. Die heute bestehenden Einrichtungen sind

us bürgerschaftlichem Engagement entstanden. Die ge-
amtgesellschaftliche Einbindung der Gedenkstätten-
rbeit muss auch in Zukunft gewährleistet bleiben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Günter Nooke [CDU/CSU]: Steht in unserem Antrag!)


Drittens. Gemäß der Kompetenzverteilung des
rundgesetzes liegt die Zuständigkeit für den Erhalt und
ie Pflege der Gedenkstätten zunächst bei den Ländern.
In Fällen herausragender nationaler und internationa-

er Bedeutung kann der Bund dennoch fördernd tätig
erden. Dies setzt wissenschaftlich fundierte Anträge
oraus, die von den jeweiligen Sitzländern der Einrich-
ungen mit der Zusage der hälftigen Finanzierung an den
und weitergeleitet werden. Bei der Vergabe seiner Mit-
el wird der Bund – das ist ganz wichtig – von einem un-
bhängigen Expertengremium beraten. Auf diesem Fun-
ament basiert die Gedenkstättenförderung seit 1999.


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Das war aber nicht bekannt!)


Sie widmet sich den Gedenkstätten zur Erinnerung an
ie Opfer des nationalsozialistischen Terrorregimes
benso wie den Orten, an denen der Opfer der SED-Dik-
atur gedacht wird. Ich bedauere es, dass die Gedenkstät-
en zur Erinnerung an das SED-Unrecht relativ wenige
nträge einreichen.
Ich will noch einmal sagen: Auch die zu beargwöh-

ende Gleichsetzung verschiedener Opfergruppen ist
ine Relativierung


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Textbeleg! Frau Ministerin, den Textbeleg bitte!)







(A) )



(B) )


Staatsministerin Dr. Christina Weiss

und alles, was nach Relativierung aussieht, nach Relati-
vierung der nationalsozialistischen Verbrechen an den
europäischen Juden, kann dem Ansehen Deutschlands
im Ausland nur schaden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP], der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] und der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


Man kann über alle Veränderungen reden. Man kann
über die Aufnahme neuer Anträge reden. Man kann über
mehr Finanzierung reden. Aber bevor man verändert,
muss man sich der Folgen der Veränderung bewusst
sein. Für die Gedenkstättenförderung des Bundes, für
unser Konzept, vermag ich im Augenblick keinen Verän-
derungsbedarf zu erkennen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] und der Abg. Petra Pau [fraktionslos])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511426200

Das Wort hat der Kollege Hans-Joachim Otto von der

FDP-Fraktion.

Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1511426300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist

eine Debatte, die mich mit Betroffenheit erfüllt. Ich be-
fürchte, dass die gesamte Auseinandersetzung über die-
sen Antrag die Gefahr birgt, Schaden für dieses Haus
und sogar für unser Land nach sich zu ziehen.


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Richtig! Das ist wahr!)


Ich unterstelle Ihnen, Herr Kollege Nooke, ganz be-
stimmt nicht, dass Sie hier in irgendeiner Weise NS- und
SED-Diktatur gleichstellen wollen. Dafür steht auch Ihre
Vergangenheit. Sie sind in diesem Punkt, wie ich finde,
absolut integer. Aber die Tatsache, dass Sie in Ihrem An-
trag ein integrales Konzept – wörtlich: integrales Kon-
zept – für diese beiden Sachverhalte fordern, die doch
historisch und auch in ihren Auswirkungen so unter-
schiedlich sind, provoziert leider Missverständnisse. Die
Tatsache, dass wir eine internationale Debatte zu diesem
Antrag haben und auch in Deutschland eine sehr unappe-
titliche, sehr schwer wiegende Debatte haben, sollte uns
zu äußerster Sensibilität veranlassen.

Ich habe großes Verständnis, Herr Kollege Nooke,
wenn Sie sagen – ich unterstütze es sogar –: Wir müssen
für die Erhaltung von Gedenkstätten zur SED-Vergan-
genheit mehr tun, gezielter etwas tun. Frau Staatsminis-
terin Weiss, Sie haben gesagt, dass Ihnen dazu relativ
wenig Anträge vorliegen. Ich kann Sie nur auf Folgen-
des hinweisen: Eines der wichtigsten Objekte, bei denen
wir dringend etwas tun müssen, ist das Untersuchungs-
gefängnis in Hohenschönhausen. Da müssen wir wirk-
lich etwas tun.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Ich bin dezidiert der Meinung, dass es auch noch anere Gedenkstätten zur SED-Vergangenheit gibt, für die ir etwas tun müssen, für die wir mehr tun müssen als isher. Deswegen ist mein Vorschlag: Lassen Sie uns aber bitte im Konsens – das Gedenkstättenkonzept aus em Jahr 1999 weiterentwickeln! s ist ein Problem, dass in den neuen Bundesländern und uch im Land Berlin die Mittel für die Kofinanzierung icht vorhanden sind. Das bewirkt im Ergebnis, dass eiige der Gedenkstätten zur SED-Vergangenheit nicht usreichend gefördert werden können. Wir Liberalen sind bereit, Frau Staatsministerin, mit hnen – Sie haben die Überlegung auch schon angesprohen – das Gedenkstättenkonzept für diese Fälle zu moifizieren. Aber das erfordert es nicht, lieber Herr Kolege Nooke, innerhalb des Gedenkstättenkonzepts eine pezifische Regelung für die Gedenkstätten zu den beien Diktaturen vorzusehen, und deswegen würde ich Sie itten, Ihren Antrag zurückzuziehen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Günter Nooke [CDU/CSU]: Das kann ja wohl nicht wahr sein!)


(Günter Nooke [CDU/CSU]: So ist es!)


a werden Dinge zusammengebracht, die nicht zusam-
engehören. Ich will, dass sämtliche Gedenkstätten,
eien es solche zu einer Diktatur oder auch zu anderen
nlässen, integraler Bestandteil des Gesamtkonzepts
ind.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Das steht da!)

Ihr Antrag, so wie Sie ihn formuliert haben – Sie ha-

en es heute auch noch einmal betont –, führt zu dem
erdacht der Relativierung und zu Missverständnissen.
ch will Ihnen da keine Absicht unterstellen, aber Sie
ürden diesem Haus und, so glaube ich, auch der CDU/
SU-Fraktion wirklich einen großen Gefallen tun, wenn
ie diesen Antrag nicht weiterverfolgen, sondern sich
uf den Weg begeben, den ich Ihnen eben vorgeschlagen
abe. Lassen Sie uns gemeinsam mehr für die Gedenk-
tätten zur SED-Vergangenheit tun, lassen Sie uns das
edenkstättenkonzept des Bundes weiterentwickeln und
das ist meine herzliche Bitte an Sie – lassen Sie uns
on dieser schwierigen Diskussion, die inzwischen die
renzen dieses Landes überschritten hat, Abstand neh-
en!


(Beifall bei der FDP und der SPD sowie der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] und der Abg. Petra Pau [fraktionslos])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511426400

Das Wort hat die Kollegin Claudia Roth vom Bünd-

is 90/Die Grünen.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu

llererst, Herr Nooke: Sie haben den späten Zeitpunkt,
u dem diese Debatte geführt wird, bedauert. Es war Ihre






(A) )



(B) )


Claudia Roth (Augsburg)


Fraktion, die dafür eingetreten ist, dass diese Debatte um
diese Uhrzeit stattfindet;


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)


fragen Sie sich also bitte einmal selber, warum Ihre
Fraktion nicht dafür gesorgt hat, dass wir heute Morgen
um 11 Uhr über dieses Thema debattiert haben. Wir hät-
ten das sehr gerne getan.


(Beifall des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Vielleicht haben Ihre Fraktion oder Ihre Fraktions-
spitze auch ein Stück weit eine breitere öffentliche
Wahrnehmung dieser Auseinandersetzung gescheut;
denn – darauf bestehe ich, Herr Nooke – der vorliegende
Antrag kündigt natürlich den Konsens der Enquete-
Kommission zur Überwindung der Folgen der SED-Dik-
tatur im Prozess der deutschen Einheit und das Gedenk-
stättenkonzept der Bundesregierung von 1999 auf.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Wo denn? Belegen Sie doch einmal einen Satz von Ihren Unterstellungen!)


In Ihrem Antrag, Herr Nooke, setzen Sie in der Tat auf
eine pauschalierende Gleichsetzung von DDR-Unrecht
und Nationalsozialismus. Der Antrag spricht von dop-
pelter Vergangenheit.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Das hat die Enquete-Kommission auch! Sie zitieren die Enquete-Kommission!)


Wer von doppelter Vergangenheit redet, der setzt damit
die Identität von scheinbar Gleichem voraus, Herr
Nooke. Durch Unterlassen, durch Pauschalieren und
durch Vereinfachen


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Sie kennen nichts von den Beratungen der Enquete-Kommission! Setzen Sie sich lieber hin!)


signalisiert die Union eine Gleichrangigkeit zweier Sys-
teme, wo keine Gleichrangigkeit ist und wo sie auch
nicht herbeigeredet werden darf.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511426500

Frau Kollegin Roth, erlauben Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Bosbach?
Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-

NEN):
Nein. – Diese Gleichsetzung ist angesichts der Ein-

zigartigkeit des Holocaust inakzeptabel. Wenn Sie nicht
wollen, dass man Ihren Antrag so interpretiert, dann zie-
hen Sie diesen Antrag bitte zurück; denn genau so ist er
zu interpretieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] und der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


Wer nicht unterscheidet, wer nicht differenziert, wer
Geschichte als Gleichmacherei betreibt, der macht sich

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(C (D chuldig an der Relativierung des Nationalsozialismus nd somit schuldig an der Bagatellisierung des größten erbrechens der Menschheitsgeschichte. Wer nicht mehr ifferenziert, der ignoriert auch unsere historische Verntwortung. Herr Nooke, wenn so viele, wenn praktisch lle Opferorganisationen Ihren Antrag genau so interpreieren, dann kann an Ihrem Antrag nicht nur etwas falsch u interpretieren sein, sondern dann geht es auch um ine Zielrichtung, die an den alten Historikerstreit annüpft. Darauf will ich gleich eingehen. (Günter Nooke [CDU/CSU]: Sie haben Diktatur nicht erlebt, Frau Roth! Wenn sich alle einig sind, bedeutet das noch nicht, dass alle Recht haben!)


Sie, Herr Nooke, oder Teile der Union behaupten, die
rinnerung an das DDR-Unrecht werde vernachläs-
igt, weil das Gedenken an die Opfer des Nationalsozia-
ismus überproportional gefördert werde.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: So steht es nicht im Antrag! Sie sind nicht in der Lage, einen einzigen Teil des Antrags korrekt zu zitieren!)


em ist massiv zu widersprechen. Mit der Birthler-Be-
örde, mit der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Dikta-
ur und mit über 350 Erinnerungsorten wird engagiert
uf die Aufarbeitung der Folgen der SED-Diktatur ge-
etzt und wird auch das notwendige Erinnern an ihre Op-
er geleistet. Wenn mehr getan werden kann, Herr Otto,
ann sollte selbstverständlich mehr getan werden.
Unter dem Oberbegriff des Opfergedenkens, Herr
ooke, üben Sie den Schulterschluss mit dem Ewigges-
rigen.


(Vera Lengsfeld [CDU/CSU]: Es ist ungeheuerlich!)


ch bin mir ziemlich sicher, dass dahinter auch eine Art
on Geschichtsrevisionismus steht, der von der übergro-
en Mehrheit der Bürgerrechtler und Bürgerrechtlerin-
en abgelehnt wird. Tun Sie doch nicht so, als hätten wir
iese Auseinandersetzung nicht, als hätten wir den His-
orikerstreit nicht,


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Den haben wir schon vor 15 Jahren entschieden!)


ls hätten wir nicht die Auseinandersetzungen über
ußerungen von Nolte, die durchaus als Geschichtsrevi-
ionismus zu bezeichnen sind. Das war ein leicht durch-
chaubarer Versuch der Umwertung und eines schlei-
henden Paradigmenwechsels. Davon dürfen wir uns
icht täuschen lassen.


(Beifall des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich glaube, dass es ziemlich klar ist, wohin diese
deologische Reise gehen soll. Das zeigt auch der Be-
ründungsteil Ihres Antrags. In Ihrem Antrag werden
nterschiedslos die Opfer von Krieg und Vertreibung
nd die Opfer in der Zivilbevölkerung mit eingereiht und
ann mündet der Antrag in die Forderung nach einem
ahnmal für die Bombenopfer des alliierten Luftkriegs






(A) )



(B) )


Claudia Roth (Augsburg)


und in die Forderung nach einem Zentrum gegen Vertrei-
bungen.

Frau Staatsministerin Weiss hat schon die Geschichte
dieses Antrags dargestellt. Sie hat davon berichtet, wie
sich die gesamten Repräsentanten der NS-Opfer aus dem
Stiftungsrat der Sächsischen Gedenkstätten zurückgezo-
gen haben, Herr Nooke. Was haben Sie jetzt getan? Sie
haben kosmetisch verändert, indem Sie den Verweis auf
Sachsen wegretuschiert haben; aber an der Stoßrichtung
Ihres Antrags hat sich nichts geändert.

Ich finde, das ist sehr durchschaubar. Sie müssen sich
doch fragen, warum aus der ganzen Welt Briefe ankom-
men.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Ich habe Ihnen in meiner Rede ein Angebot gemacht!)


Aus der ganzen Welt, Herr Nooke, zum Beispiel aus Yad
Vashem, aus Theresienstadt, von Opfergruppen aus Nor-
wegen, aus Paris, aus New York. In all diesen Briefen
kommt die tiefe und, wie ich finde, berechtigte Sorge
zum Ausdruck,


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Wo ist das denn belegt?)


dass es um die Neubewertung der deutschen Geschichte
und damit auch um ein Stück Entsorgung der deutschen
Geschichte gehen soll.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Legen Sie einen Beweis vor für das, was Sie da unterstellen!)


Damit zerschlagen Sie national und international Porzel-
lan. Sie zerstören Vertrauen, das über sehr lange Zeit ge-
wachsen ist. Sie reißen Wunden bei Überlebenden des
Holocaust auf. Dem müssen wir uns entgegenstellen.
Deswegen: Ziehen Sie diesen Antrag zurück, Herr
Nooke!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511426600

Frau Kollegin Roth, kommen Sie bitte zum Schluss.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Ich möchte mit einem Zitat des Direktors von Yad
Vashem enden. Avner Shalev hat am 14. Juni geschrie-
ben:

Das vorgelegte Gesetz ist ein Affront gegen die his-
torische Wahrheit.

(Günter Nooke [CDU/CSU]: Da sie von Gesetz spricht, hat sie den Antrag nie gelesen!)

An die Verbrechen des totalitären kommunistischen
Regimes muss erinnert werden.

(Günter Nooke [CDU/CSU]: Abgeschrieben bei Herrn Knigge!)

Diese Erinnerung darf jedoch nicht zu einer Verein-
fachung und einer falschen Darstellung der Vergan-
genheit führen, die an Geschichtsrevisionismus

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(C (D grenzt. Erinnerung muss wurzeln in einer korrekten Beschreibung der Vergangenheit. amit habe ich den Direktor von Yad Vashem zitiert. em ist, Herr Nooke, nichts hinzuzufügen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Günter Nooke [CDU/CSU]: Bleibt trotzdem falsch, was dort unterstellt wird! Es ist nur peinlich, wie Sie hier sprechen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511426700

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen
olfgang Bosbach das Wort.


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1511426800

Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol-

egen! In der mir vorliegenden Fassung des Antrages des
ollegen Nooke und anderer vom 4. Mai 2004 heißt es
nter anderem wörtlich:

Das Nationalsozialistische Regime hat mit dem
millionenfachen Mord an den europäischen Juden
ein singuläres Verbrechen begangen, das immer ein
spezielles Gedenken erfordern wird.

orgeworfen wird dem Kollegen Nooke und allen ande-
en Antragstellerinnen und Antragstellern unter anderem
ie pauschalierte Gleichsetzung. Das, was in dem Antrag
teht, ist exakt das Gegenteil von dem, was den Antrag-
tellern vorgeworfen wird.


(Vera Lengsfeld [CDU/CSU]: Das nehmen die einfach nicht zur Kenntnis!)


ein einziger der Vorwürfe, die von den letzten Rednern
rhoben worden sind, ist auch nur mit einer Silbe des
ntrages begründet worden. Die Kritiker haben keine
inzige Textstelle erwähnt, um damit ihre Vorwürfe zu
egründen. Es handelt sich nur um Behauptungen. Eine
undierte Begründung war in der Kritik nicht enthalten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Günter Nooke [CDU/CSU]: Die kennen ja den Antrag nicht! So ist das, wenn man sich Reden schreiben lässt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511426900

Ich erteile jetzt der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch das
ort.


(Vera Lengsfeld [CDU/CSU]: Jetzt kommt die Spezialistin!)



Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1511427000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Die „Berliner Zeitung“ schrieb am 2. Juni – ich zi-
iere mit Erlaubnis des Präsidenten –: „CDU will DDR
nd NS-Zeit gleichsetzen.“ Diese Überschrift trifft den
ern Ihres Antrages, meine Damen und Herren, und er
uft deshalb zu Recht national und international Empö-
ung hervor.






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch


(Vera Lengsfeld [CDU/CSU]: Mensch, setzen Sie sich lieber einmal mit Ihrer eigenen Geschichte auseinander!)


Frau Roth hat eben schon Briefe zitiert. Ich möchte ein
weiteres Zitat hinzufügen. Dr. Jan Munk, Direktor der
Gedenkstätten Theresienstadt und Vorsitzender der Fö-
deration der Jüdischen Gemeinde in der Tschechischen
Republik, schrieb mir, dass die Umsetzung dieses Antra-
ges „auch in den Nachbarländern und anderswo in der
Welt … Besorgnis hervorrufen könnte.“


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Dass Sie sich nicht schämen – am 17. Juni!)


Ähnliche Briefe bekamen wir alle aus den USA, Öster-
reich und Norwegen. Ich finde es schon unverfroren,
meine Damen und Herren von der CDU, dass Sie hier ei-
nen Antrag auf die Tagesordnung setzen, der schon ein-
mal aufgrund von massiven Protesten zurückgezogen
werden musste. Nun wird er von Ihnen wieder fast un-
verändert in den Bundestag eingebracht.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Weil schon damals die Kritik nicht substanziell war!)


Das zeigt, wie Sie von der CDU mit öffentlicher Kritik
umgehen: Sie wird einfach ignoriert.

Herr Nooke und Kollegen, um es ganz deutlich zu sa-
gen: Es geht Ihnen nicht um die Opfer in der DDR, son-
dern es geht darum, mit der DDR-Geschichte die NS-
Geschichte reinzuwaschen. Es geht um selbsternannte
Opfer wie Hitlers Marinerichter Filbinger, den Sie als
CDU für die Wahl des Bundespräsidenten nominiert hat-
ten.


(Vera Lengsfeld [CDU/CSU]: Das ist wirklich unsäglich! Das müssen wir uns von Ihnen nicht anhören!)


Filbinger, der im Dienste eines verbrecherischen Sys-
tems noch kurz vor Kriegsende Todesurteile unter-
schrieb und an Exekutionen beteiligt war, wurde von der
CDU als würdig empfunden, zum siebenten Mal einen
Bundespräsidenten zu wählen.

Ihr Antrag, meine Damen und Herren von der CDU/
CSU, ist unglaubwürdig und reiner Ablasshandel. Sie
sind bereit, Gedenkstätten zu bauen. Doch Sie sind nicht
wirklich bereit, Ihr Denken zu ändern. Es ist doch hoch-
gradig unglaubwürdig, wenn Sie einerseits ein Gedenk-
stättenkonzept von der Bundesregierung fordern – Frau
Staatsministerin hat entsprechend darauf reagiert – und
andererseits Hitlers Marinerichter Filbinger ehren, in-
dem Sie ihn für die Bundesversammlung nominieren.

Ich habe mich in Baden-Württemberg erkundigt. Es
wurde bisher noch kein Widerstandskämpfer gegen den
Faschismus durch die dortige CDU für die Wahl eines
Bundespräsidenten nominiert,


(Vera Lengsfeld [CDU/CSU]: Dafür nominiert die PDS Stasispitzel für die Bundesversammlung, Frau Lötzsch!)


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(C (D afür aber sieben Mal Hitlers Marinerichter Filbinger, er auch noch Ehrenvorsitzender der CDU in Badenürttemberg ist. Ich frage Frau Merkel – sie ist leider nicht anwesend, ber sie trägt die Verantwortung – : Was will die CDU ungen Menschen – ich will es wiederholen; es scheint ie aufzuregen – mit der siebenfachen Nominierung von errn Filbinger eigentlich sagen? Wollen Sie damit saen – Zitat Filbinger – : „Was früher Recht war, kann eute nicht Unrecht sein“? Wollen Sie damit sagen, dass ibelungentreue zu einem verbrecherischen System beohnt werden muss? (Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Das sind ganz alte Kamellen!)


(Widerspruch von der CDU/CSU)


Der Antrag der CDU/CSU ist an Boshaftigkeit und
ücke nicht zu überbieten.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das muss gerade die PDS sagen!)


r schadet dem Ansehen der Bundesrepublik Deutsch-
and. Ich fordere Sie auf – damit schließe ich mich mei-
en Vorrednern außer denen der CDU/CSU an – , diesen
ntrag zurückzuziehen.
Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Zuruf von der CDU/CSU: Sie müssen den Antrag mal lesen! – Maria Michalk [CDU/CSU]: Diesmal haben Sie vergessen, zu sagen, dass Sie von der PDS sind!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511427100

Das Wort hat jetzt die Kollegin Angelika Krüger-

eißner von der SPD-Fraktion.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1511427200

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und
ollegen! Nachdem die CDU/CSU ihren sehr umstritte-
en Gedenkstättenantrag zurückgezogen hatte


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Wir haben den Antrag nicht zurückgezogen!)


ich meine den Antrag vom November – , habe ich
rnsthaft gehofft, dass wir uns mit diesem Papier nicht
ehr auseinander setzen müssen. Aber es kam anders.
erade in der heutigen Debatte ist mir bewusst gewor-
en, dass das, was die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Ge-
enkstätten festgestellt hat, sehr wohl begründet ist,


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Wie kommt es, dass die Zeitungen und seriösen Kommentatoren das ganz anders sehen?)


ämlich dass Sie ohne Grund den in einem langen Dis-
ussionsprozess gefundenen Konsens einseitig aufkün-
igen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Angelika Krüger-Leißner

Es ist mir absolut rätselhaft, was Sie getrieben hat, an
diesem Entwurf weiterhin festzuhalten. Offenbar geht es
einigen Ihrer Fraktionskollegen, die ihre Unterstützung
zurückgezogen haben, nicht anders. Diesen Punkt sollte
man beachten.

Dass wir in Bezug auf die Gedenkstätten noch einiges
zu tun haben, ist offensichtlich. Das leugne ich auch gar
nicht. Aber wir können dies weiterhin sehr gut tun auf
der Grundlage des Gedenkstättenkonzepts der Bundesre-
gierung, das die Ergebnisse der Enquete-Kommission
widerspiegelt.

Wir wollen – es ist mir wichtig, dies zu erwähnen – ,
dass die historische Forschung und der geschichtswis-
senschaftliche Diskurs die Grundlage für die Entwick-
lung der demokratischen Erinnerungskultur sind und
bleiben, und nicht die Politik. Denn das hatten wir schon
in der DDR. An diesem Tag sollte man sich daran erin-
nern, Herr Nooke.

Ich frage mich also: Was verfolgen Sie mit diesem
Antrag? Bei meinen Überlegungen muss ich zunächst
feststellen, dass Sie sich trotz einiger Ausbesserungen
weiterhin an dem sächsischen Konzept orientieren. Das
ist unübersehbar. Ich frage daher: Warum sollten wir uns
auf Bundesebene ausgerechnet an dem Land orientieren,
das das schwammigste und problematischste Gesetz in
der Gedenkstättenfrage zu bieten hat?


(Beifall bei der SPD)

Die ausdrückliche Unterscheidung zwischen NS-Ter-

rorregime und SED-Diktatur, wie sie die Enquete-
Kommission des Bundestages gefordert hat, wird dort
nicht mehr vorgenommen. Zusammenhänge zwischen
den beiden Diktaturen werden nicht da hergestellt, wo
sie historisch richtig sind, sondern nur da, wo sie für ein
bestimmtes Geschichtsbild opportun erscheinen. Das Ri-
siko, Opferverbände dabei zu düpieren, nehmen Sie sehr
wohl in Kauf.

Die Reaktionen im In- und Ausland sind verheerend.
Von allen Seiten wird der mit Ihrem Antrag verbundene
erinnerungspolitische Paradigmenwechsel abgelehnt. Im
Verhältnis zu Israel ist die Wirkung besonders fatal. Der
Leiter der Diaspora-Abteilung des israelischen Außen-
ministeriums, Nimrod Barkan, hat bereits deutlich ge-
macht, dass „eine Verabschiedung dieses Gesetzes einer
radikalen Veränderung der Beziehungen gleichkommen“
würde, „die sich bis heute zwischen dem jüdischen Volk
und Deutschland entwickelt haben“. Ähnlich heftige
Botschaften erreichen uns von den Vereinigten Staaten.
Nahezu alle Gedenkstätten haben sich dazu geäußert.
Avner Shalev von Yad Vashem bezeichnet den Antrag in
einem Brief an Frau Merkel als „Affront gegen die histo-
rische Wahrheit“. Für mich ist unbegreiflich, dass Sie
das nicht zum Nachdenken zwingt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ist Ihnen, meine Damen und Herren von der Union,
eigentlich auch nur im Ansatz klar, wie viel gewachsene
Glaubwürdigkeit in die demokratische Erinnerungskul-
tur in unserem Land Sie damit kaputtmachen?

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(C (D (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau!)


inzu kommt die Tatsache, dass die deutsche Leiderfah-
ung im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg bei
er CDU derart prominent in Denkmale gefasst werden
oll, dass eine Verwischung der Verantwortung sowie
ine falsche Darstellung von Ursache und Wirkung
ahrscheinlich sind.
Ich glaube, dass Sie einer gefährlichen Tendenz im

ktuellen Umgang mit der Erinnerung an den Zweiten
eltkrieg aufgesessen sind, einer Tendenz, die ver-
eintliche Zusammenhänge zwischen Verbrechen des
S-Regimes und dem Unrecht der DDR herstellt und
ine Gleichsetzung beider Systeme und ihrer Opfer in-
endiert. Das ist – lassen Sie sich das sagen! – historisch
alsch.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Sagen Sie mir die Sätze, die falsch sind! Das ist doch totaler Unfug, was Sie hier machen! Lesen Sie Ihre eigene Dokumentation! Lesen Sie die Enquete-Kommission! Dann sagen Sie mir, was im Antrag falsch ist!)


ch empfehle Ihnen deshalb ganz dringend: Nehmen Sie
ie breite Kritik an und ziehen Sie das von Ihnen vorge-
egte Konzept zurück! Das wäre anständig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


enn Sie nicht ein so dickes Fell hätten, hätten Sie ei-
entlich schon längst gemerkt, dass Sie sich mit Ihrem
ückwärts gewandten Antrag in einer Sackgasse befin-
en. Sie nehmen wichtige Verbände der Opfer, aber auch
ie Gedenkstätten nicht mit.


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Die Historiker und die Wissenschaft!)


as aber können und wollen wir uns nicht leisten. Wir
ollen das national nicht, und wir wollen es internatio-
al nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich einen Vorschlag machen. Vielleicht
ören Sie mir auch einmal zu.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Wenn Sie etwas sagen, was den Text betrifft, tue ich es sofort! – Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Sobald Sie zum Antrag reden, hören wir zu!)


ch möchte gern den Vorschlag von Herrn Otto aufgrei-
en. Denn es ist ganz offensichtlich, dass es, besonders
as die Gedenkstätten zur Erinnerung an die SED-Dik-
atur betrifft, noch offene Fragen gibt. Wir sollten den
tand der Gedenkstättenarbeit jetzt – wir haben das
onzept vor genau fünf Jahren verabschiedet – einmal
berprüfen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Sehr vernünftig! – Günter Nooke [CDU/CSU]: Das habe ich übrigens genannt!)







(A) )



(B) )


Angelika Krüger-Leißner

Es gibt Punkte, an denen es hakt; wir kennen sie alle.
Hier müssen wir zu Lösungen kommen. Daran ist mir
sehr gelegen.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Das ist doch ein Angebot! Das steht noch gar nicht drin!)


Deshalb brauchen wir aber kein neues Konzept. Ich ap-
pelliere also an Sie, an alle, die den Antrag unterschrie-
ben haben: Kommen Sie zu dem Konsens im Umgang
mit der deutschen Vergangenheit zurück! Wir haben mit
dem Gedenkstättenkonzept dafür eine wirklich gute
Grundlage.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1511427300

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/3048 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Die Reden zu den weiteren Tagesordnungspunkten
sollen zu Protokoll genommen werden. Ich bitte Sie aber
noch kurz um Geduld, damit wir alles für das Protokoll
ordentlich abwickeln.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Annette
Faße, Gerold Reichenbach, Gerd Andres, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Rainder Steenblock, Franziska
Eichstädt-Bohlig, Volker Beck (Köln), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
Sicherheit vor der deutschen Küste verbessern
– Küstenwache optimieren
– Drucksache 15/3322 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Die Reden sollen zu Protokoll genommen werden. Es
handelt sich um die Reden der Kolleginnen Annette
Faße und Angelika Mertens, SPD, sowie der Kollegen
Dr. Ole Schröder, Wolfgang Börnsen, CDU/CSU,
Rainder Steenblock, Bündnis 90/Die Grünen, und Hans-
Michael Goldmann, FDP.1)

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf
Drucksache 15/3322 zur federführenden Beratung an
den Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen,
zur Mitberatung an den Innenausschuss, den Rechtsaus-

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1) Anlage 4 2)

(C (D chuss, den Finanzausschuss, den Haushaltsausschuss, en Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und andwirtschaft, an den Ausschuss für Umwelt, Naturchutz und Reaktorsicherheit und an den Ausschuss für ie Angelegenheiten der Europäischen Union zu übereisen. Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht er Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b auf: a)


richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen (14. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Fraktionen der SPD, der
CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN und der FDP
Wirtschaftliche und organisatorische Struktu-
ren der Deutschen Flugsicherung dauerhaft
verbessern

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Fischer

(Hamburg), Eduard Oswald, Norbert

Königshofen, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Wirtschaftliche und organisatorische Struktu-
ren der Deutschen Flugsicherung dauerhaft
verbessern
– Drucksachen 15/2393, 15/1322, 15/2634 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Günter Bruckmann
Albert Schmidt (Ingolstadt)

Norbert Königshofen
Horst Friedrich (Bayreuth)


b) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und der FDP
Erträge der Deutschen Flugsicherung (DFS)


(US-Cross Border Leasing Transaction)

Eigenkapital belassen
– Drucksache 15/2827 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

Auch hier sollen die Reden zu Protokoll genommen
erden. Es handelt sich um die Reden der Kollegen
ans-Günter Bruckmann und der Parlamentarischen
taatssekretärin Iris Gleicke, SPD, Norbert Königshofen
nd Eduard Oswald, CDU/CSU, Albert Schmidt, Bünd-
is 90/Die Grünen, und Horst Friedrich, FDP.2)
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

chusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen auf
rucksache 15/2634. Der Ausschuss empfiehlt unter
r. 1 seiner Beschlussempfehlung die Annahme des An-
rages der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des
ündnisses 90/Die Grünen und der FDP auf
rucksache 15/2393 mit dem Titel „Wirtschaftliche und

Anlage 5






(A) )



(B) )


Angelika Krüger-Leißner

organisatorische Strukturen der Deutschen Flugsiche-
rung dauerhaft verbessern“. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig
angenommen.

Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss, den Antrag der
Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/1322 mit
dem Titel „Wirtschaftliche und organisatorische Struktu-
ren der Deutschen Flugsicherung dauerhaft verbessern“
für erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die
Beschlussempfehlung ist ebenfalls einstimmig ange-
nommen.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/2827 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Jetzt rufe ich die Tagesordnungspunkte 20 a und 20 b
auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(19. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Brunhilde
Irber, Annette Faße, Renate Gradistanac, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg),
Rainder Steenblock, Volker Beck (Köln), weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN
Chancen und Potenziale des Deutschlandtou-
rismus in der erweiterten Europäischen Union
konsequent nutzen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen Klimke,
Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Den Tourismus stärken – Chancen der EU-
Erweiterung nutzen
– Drucksachen 15/2980, 15/3192, 15/3347 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Jürgen Klimke
Brunhilde Irber

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(19. Ausschuss)

Klimke, Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Unterstützung grenzübergreifender kommu-
naler Zusammenarbeit im Rahmen der EU-
Osterweiterung
– Drucksachen 15/1327, 15/3259 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Ernst Burgbacher

Auch hier sollen die Reden zu Protokoll genommen
werden, nämlich die von Brunhilde Irber, SPD, Jürgen

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1)

(C (D limke und Ernst Hinsken, CDU/CSU, Undine Kurth, ündnis 90/Die Grünen, Ernst Burgbacher, FDP.1)

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

chusses für Tourismus auf Drucksache 15/3347. Der
usschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussemp-
ehlung die Annahme des Antrages der Fraktionen der
PD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf
rucksache 15/2980 mit dem Titel „Chancen und Poten-
iale des Deutschlandtourismus in der erweiterten Euro-
äischen Union konsequent nutzen“. Wer stimmt für
iese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
er enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist ange-
ommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ge-
en die Stimmen der Oppositionsfraktionen.
Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung

es Antrages der Fraktion der CDU/CSU auf
rucksache 15/3192 mit dem Titel „Den Tourismus
tärken – Chancen der EU-Erweiterung nutzen“. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
st mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegen-
timmen der Oppositionsfraktionen angenommen.
Tagesordnungspunkt 20 b: Beschlussempfehlung des
usschusses für Tourismus auf Drucksache 15/3259 zu
em Antrag der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel
Unterstützung grenzübergreifender kommunaler Zusam-
enarbeit im Rahmen der EU-Osterweiterung“. Der Aus-
chuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/1327 ab-
ulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Be-
chlussempfehlung ist angenommen mit den Stimmen
er Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
ionsfraktionen.
Jetzt rufe ich die Tagesordnungspunkte 12 a und 12 b

uf:
a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-

gierung
Bericht der Bundesregierung über die Ergeb-
nisse ihrer Bemühungen um die Weiterent-
wicklung der politischen und ökonomischen
Gesamtstrategie für die Balkanstaaten und
ganz Südosteuropa für das Jahr 2003
– Drucksache 15/2464 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Dr. Rainer Stinner, Daniel Bahr (Münster),

Anlage 6






(A) (C)



(B) )


Angelika Krüger-Leißner
Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Grundsätzliche Neuausrichtung der EU-Hilfs-
maßnahmen für Südo
– Drucksachen 15/2424
Berichterstattung:
Abgeordnete Uta Zapf
Karl-Theodor Freiherr
Marianne Tritz
Dr. Rainer Stinner

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

utz, Ernährung und
chutz und Reaktorsicherheit
der Abgeordneten Peter
, Dr. Christian Ruck,
iterer Abgeordneter und

der Fraktion der CDU/CSU
Menschen mit Behinderung in Entwicklungs-
Fraktion, Michael Stübgen und Karl-Theodor Freiherr
von und zu Guttenberg, CDU/CSU-Fraktion, der Staats-
ministerin Kerstin Müller und Dr. Rainer Stinner von der
FDP-Fraktion werden zu Protokoll genommen.1)

Tagesordnungspunkt 12 a: Interfraktionell wird Über-
weisung der Vorlage auf Drucksache 15/2464 an die in
der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-
gen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
Dann ist das so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 12 b: Beschlussempfehlung des
Auswärtigen Ausschusses auf Drucksache 15/3333 zu
dem Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel „Grund-
sätzliche Neuausrichtung der EU-Hilfsmaßnahmen für
Südosteuropa“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag
auf Drucksache 15/2424 abzulehnen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen und der CDU/CSU
bei Gegenstimmen der FDP-Fraktion angenommen.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 21 a und b auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dagmar

Schmidt (Meschede), Karin Kortmann, Lothar
Binding (Heidelberg), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten
Thilo Hoppe, Volker Beck (Köln), Katrin Göring-
Eckardt, Krista Sager und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Entwicklungspartnerschaften mit der Wirt-
schaft weiterentwickeln – gemeinsam Armut
bekämpfen
– Drucksache 15/3327 –

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1) Anlage 7 2)

Berichtig

(B nis ist wie folgt zu lesen: Abgeg von: ja: 302; nein: 283. (D – Drucksache 15/2968 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Die Reden der Kollegen Dagmar Schmidt (Mechede)

DU/CSU-Fraktion, Thilo Hoppe, Bündnis 90/Die Grü-
en, und Markus Löning, FDP-Fraktion, werden zu Pro-
okoll genommen.2)
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf
rucksache 15/3327 zur federführenden Beratung an
en Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
ntwicklung sowie zur Mitberatung an den Ausschuss
ür Wirtschaft und Arbeit, den Ausschuss für Verbrau-
herschutz, Ernährung und Landwirtschaft und an den
usschuss für Umwelt, Naturschutz und
eaktorsicherheit zu überweisen. Die Drucksache auf
orlage 15/2968 soll an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse überwiesen werden. Gibt es ander-
eitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann sind
ie Überweisungen so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-

rdnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen
undestages auf morgen, Freitag, den 18. Juni 2004,
Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.