Protokoll:
15108

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 108

  • date_rangeDatum: 6. Mai 2004

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:57 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/108 CSU eingebrachten Entwurfs eines Drit- beit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung (Drucksachen 15/2573, 15/3077, 15/3079, 15/3078) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhin- terziehung (Drucksachen 15/2948, 15/3077, 15/3079, 15/3078) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . Elke Wülfing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ten Gesetzes zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Drittes SGB VIII-Änderungsgesetz – 3. SGB VIII- ÄndG) (Drucksachen 15/1114, 15/3000) . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Sozialge- setzbuches – Achtes Buch – (SGB VIII) (Drucksachen 15/1406, 15/3000) . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Klaus Haupt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jutta Dümpe-Krüger (BÜNDNIS 90/ 9734 D 9735 A 9735 B 9737 A 9740 A 9754 C 9754 C 9754 D 9756 B 9757 C 9758 D Deutscher B Stenografisch 108. Sitz Berlin, Donnerstag, I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Gernot Erler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 19 . . . Zur Geschäftsordnung Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Intensivie- rung der Bekämpfung der Schwarzar- S J P E F R T – 9733 A 9733 A 9734 C 9734 C Carl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . 9741 C 9743 C undestag er Bericht ung den 6. Mai 2004 t : tefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . rnst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . lorian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . oland Gewalt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 4: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Maria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer, Antje Blumenthal, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion der CDU/ 9746 C 9747 B 9748 B 9749 C 9750 B 9751 D 9752 D DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Scheuer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9760 A 9761 C II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . Kerstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . . Thomas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes zu dem Vierund- dreißigsten Gesetz zur Änderung des Las- tenausgleichsgesetzes (34. ÄndGLAG) (Drucksachen 15/1854, 15/2230, 15/2558, 15/3058) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes zu dem Gesetz zur Durchführung von Verordnungen der Eu- ropäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Gentechnik und zur Änderung der Neuartige-Lebensmittel- und -Lebensmit- telzutaten-Verordnung (Drucksachen 15/2397, 15/2520, 15/2597, 15/2669, 15/2902, 15/3059) . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes zu dem Gesetz zur Durchführung einer Repräsentativstatistik über die Bevölkerung und den Arbeits- markt sowie die Wohnsituation der Haus- halte (Mikrozensusgesetz 2005 – MZG 2005) (Drucksachen 15/2543, 15/2673, 15/2904, 15/3060) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes zu dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Verletzten im Strafverfahren (Opferrechtsreformgesetz – OpferRRG) (Drucksachen 15/1976, 15/2536, 15/2609, 15/2906, 15/3062) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 13: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes zu dem Telekom- munikationsgesetz (TKG) (Drucksachen 15/2316, 15/2345, 15/2674, 15/2679, 15/2907, 15/3063) . . . . . . . . . . . . . . T a b c d e f g h i 9762 D 9763 C 9765 B 9765 D 9767 C 9769 A 9770 A 9770 B 9770 C 9770 D 9771 A agesordnungspunkt 27: ) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Än- derung des Gesetzes zur Errichtung ei- ner Stiftung „Erinnerung, Verantwor- tung und Zukunft“ (Drucksache 15/3044) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Güterkraft- verkehrsgesetzes (Drucksache 15/2989) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (Drucksache 15/2133) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Er- gänzung der Kronzeugenregelungen im Strafrecht und zur Wiedereinführung einer Kronzeugenregelung bei terroris- tischen Straftaten (KrzErgG) (Drucksache 15/2771) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Fleischhygienegesetzes und der Fleischhygiene-Verordnung (Drucksache 15/2772) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes (Drucksache 15/2773 ) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Protokoll vom 16. Mai 2003 zum Internationalen Übereinkommen von 1992 über die Errichtung eines In- ternationalen Fonds zur Entschädi- gung für Ölverschmutzungsschäden (Drucksache 15/2947) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung von Vorschriften über die Entschädigung für Ölver- schmutzungsschäden durch Seeschiffe (Drucksache 15/2949) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des VN-Waffenüber- einkommens (Drucksache 15/2926) . . . . . . . . . . . . . . . . 9771 A 9771 B 9771 B 9771 C 9771 C 9771 C 9771 C 9771 D 9771 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 III Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Antrag der Abgeordneten Monika Griefahn, Eckhardt Barthel (Berlin), Ulla Burchardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Schaffung eines internatio- nalen Instruments zum Schutz der kul- turellen Vielfalt unterstützen (Drucksache 15/3054) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Zum Übereinkommen Nr. 185 der Internatio- nalen Arbeitsorganisation (IAO) über Ausweise für Seeleute und zur verein- fachten Freistellung vom Visumserfor- dernis (Drucksache 15/3053) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Zum Übereinkommen Nr. 185 der Internatio- nalen Arbeitsorganisation (IAO) über Ausweise für Seeleute und zur verein- fachten Freistellung vom Visumserfor- dernis (Drucksache 15/3043) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Horst Friedrich (Bayreuth), Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Zum Übereinkommen Nr. 185 der Internatio- nalen Arbeitsorganisation (IAO) über Ausweise für Seeleute und zur verein- fachten Freistellung vom Visumserfor- dernis (Drucksache 15/3057) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Angelika Krüger- Leißner, Rainer Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Volker Beck (Köln), Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abgeord- neter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Der 60. Jahrestag des Kriegsendes im Jahr 2005 (Drucksache 15/2974) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- b c d e f T a 9772 A 9772 A 9772 B 9772 B 9772 C kommen vom 27. März 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Tadschikistan zur Ver- meidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkom- men und vom Vermögen (Drucksachen 15/2925, 15/3070) . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung von Ver- kehrsleistungen (Verkehrsleistungsge- setz – VerkLG) (Drucksachen 15/2769, 15/3024) . . . . . . . ) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Maasübereinkommen vom 3. Dezember 2002 (Drucksachen 15/2147, 15/2959) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ver- bringung von Abfällen (Drucksachen 15/1547 Nr. 2.53, 15/2957) ) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über un- lautere Geschäftspraktiken im binnen- marktinternen Geschäftsverkehr zwi- schen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinien 84/ 450/EWG, 97/7/EG und 98/27/EG (Richtlinie über unlautere Geschäfts- praktiken) (Drucksachen 15/1547 Nr. 2.61, 15/3056) )–i)Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 113, 114, 115 und 116 zu Petitionen (Drucksachen 15/2982, 15/2983, 15/2984, 15/2985) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: ) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Reinhard Schultz (Evers- winkel), Marion Caspers-Merk, Klaus Kirschner, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie den Abgeordne- ten Birgitt Bender, Ulrike Höfken, Michaele Hustedt, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesse- rung des Schutzes junger Menschen vor 9772 D 9773 A 9773 B 9773 C 9773 D 9774 A IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 Gefahren des Alkohol- und Tabakkon- sums (Drucksachen 15/2587, 15/3084). . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Ursula Heinen, Gerlinde Kaupa, Maria Eichhorn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Verbesse- rung der Maßnahmen zum Schutze der Kinder und Jugendlichen vor Alkoholsucht – zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Haupt, Detlef Parr, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Besserer Schutz von Kindern und Jugendli- chen vor Missbrauch von Alcopops und anderen alkoholischen Ready- to-drink-Getränken (Drucksachen 15/2646, 15/2619, 15/3085) Ingrid Arndt-Brauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Georg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Simone Violka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Georg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . Klaus Haupt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Bätzing (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marion Caspers-Merk (SPD) . . . . . . . . . . . . . Klaus Haupt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Bätzing (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Jella Teuchner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jella Teuchner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursula Heinen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . T a b i Z A J n g V u G C ( i Z A C b t i ( U A H U E D U T B s n 9774 B 9774 C 9774 D 9776 C 9777 B 9779 A 9780 A 9780 B 9781 A 9782 C 9783 D 9784 B 9784 D 9785 B 9785 C 9787 A 9787 D 9788 B 9788 D 9789 D 9790 B 9790 C 9791 B agesordnungspunkt 6: ) Antrag der Abgeordneten Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Katherina Reiche, Thomas Rachel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Nano- technologische Forschung und Anwen- dungen in Deutschland stärken (Drucksache 15/2650) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Bericht des Ausschusses für Bildung, For- schung und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56 a der Geschäftsordnung: Technikfolgenabschätzung – hier: TA- Projekt – Nanotechnologie (Drucksache 15/2713) . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 3: ntrag der Abgeordneten Ulla Burchardt, örg Tauss, Rainer Arnold, weiterer Abgeord- eter und der Fraktion der SPD sowie der Ab- eordneten Hans-Josef Fell, Grietje Bettin, olker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter nd der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE RÜNEN: Aufbruch in den Nanokosmos – hancen nutzen, Risiken abschätzen Drucksache 15/3051). . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 4: ntrag der Abgeordneten Ulrike Flach, ornelia Pieper, Christoph Hartmann (Hom- urg), weiterer Abgeordneter und der Frak- ion der FDP: Forschung und Entwicklung n der Nanotechnologie voranbringen Drucksache 15/3074) . . . . . . . . . . . . . . . . . . lla Burchardt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . delgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Martin Mayer (Siegertsbrunn) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lrich Kasparick (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Bildung, Forschung und Tech- ikfolgenabschätzung 9792 D 9793 A 9793 A 9793 B 9793 C 9795 C 9798 A 9799 B 9800 B 9801 D 9802 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 V – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Christoph Hartmann (Homburg), weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Ressort- forschungseinrichtungen des Bundes regelmäßig im Hinblick auf internatio- nale Qualitätsanforderungen an das deutsche Forschungssystem evaluieren – zu dem Antrag der Abgeordneten Helge Braun, Dr. Maria Böhmer, Katherina Reiche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Ressortfor- schung des Bundes effizienter gestalten und evaluieren – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Carola Reimann, Walter Schöler, Carsten Schneider, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Antje Hermenau, Hans-Josef Fell, Volker Beck (Köln), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/ DIE GRÜNEN: Qualitätssiche- rung des deutschen Forschungssystems (Drucksachen 15/222, 15/1981, 15/2665, 15/3068) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Helge Braun (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zu dem Antrag der Abge- ordneten Peter H. Carstensen (Nordstrand), Dr. Peter Paziorek, Bernhard Schulte- Drüggelte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Multitalent nach- wachsender Rohstoff effizient fördern (Drucksachen 15/1788, 15/2366) . . . . . . . . . . Reinhold Hemker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Bernhard Schulte-Drüggelte (CDU/CSU) . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . Albert Deß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernhard Schulte-Drüggelte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T a b c d i Z A R A k ( H H M 9803 B 9803 C 9805 A 9806 B 9807 C 9808 B 9809 B 9810 C 9810 D 9811 C 9812 D 9814 A 9815 A 9816 C 9817 A Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Afrika auf dem Weg zu Eigenverantwortung und Selbstbestimmung unterstützen (Drucksachen 15/2478, 15/3071) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Hans Büttner (Ingol- stadt), Brigitte Wimmer (Karlsruhe), Detlef Dzembritzki, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Marianne Tritz, Claudia Roth (Augsburg), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Den Stabilisierungsprozess in der De- mokratischen Republik Kongo nachhal- tig unterstützen (Drucksachen 15/2479, 15/3072) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Dr. Friedbert Pflüger, Hermann Gröhe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Eine neue Politik für Afrika südlich der Sahara – Afrika for- dern und fördern (Drucksachen 15/2574, 15/3073) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Dr. Friedbert Pflüger, Hartwig Fischer (Göttingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Umdenken in der Kongopolitik (Drucksachen 15/2335, 15/3086) . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 5: ntrag der Abgeordneten Ulrich Heinrich, ainer Funke, Dr. Werner Hoyer, weiterer bgeordneter und der Fraktion der FDP: Völ- ermord im Sudan verhindern Drucksache 15/3040) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans Büttner (Ingolstadt) (SPD) . . . . . . . . . . artwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) . . . arianne Tritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9817 C 9818 C 9819 C 9819 C 9819 D 9819 D 9820 A 9820 A 9821 D 9823 D VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 Ulrich Heinrich (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Anke Eymer (Lübeck) (CDU/CSU) . . . . . . . . Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) . . . . . . . . Klaus-Jürgen Hedrich (CDU/CSU) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Abgeordneten Rainer Funke, Jörg van Essen, Sibylle Laurischk, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Lebenspartner- schaftsgesetzes (Lebenspartnerschaftsgesetz- ergänzungsgesetz – LPartGErgG) (Drucksache 15/2477) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Funke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olaf Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Unterrichtung durch den Wehr- beauftragten: Jahresbericht 2003 (45. Be- richt) (Drucksache 15/2600) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Willfried Penner, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages . . . . . . . . . . . . Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . . Walter Kolbow, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helga Daub (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Raidel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Merten (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hedi Wegener (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Erwin Marschewski (Recklinghausen), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Keine Kürzungen von Integrationsmaß- nahmen (Drucksachen 15/1691, 15/2900) . . . . . . . . . . Willi Zylajew (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . J G J J R Z B s s d A r ( T Z d G o ( T A C u m u ( C M D S T Z d E w w ( T A K w C ( 9825 A 9825 D 9827 B 9828 A 9828 C 9829 D 9830 A 9831 B 9833 A 9835 C 9836 C 9837 D 9838 A 9840 B 9842 A 9843 C 9844 B 9845 B 9846 C 9847 C 9848 B 9848 C ochen Welt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . isela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . osef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ochen-Konrad Fromme (CDU/CSU) . . . . . . ita Streb-Hesse (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 14: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge- chäftsordnung: Immunität von Mitglie- ern der Bundesversammlung – hier: ntrag auf Genehmigung zur Durchfüh- ung der Strafverfolgung Drucksache 15/3107) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 13: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes zur Änderung der Bundesärzte- rdnung und anderer Gesetze Drucksachen 15/2350, 15/3039) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: ntrag der Fraktionen der SPD, der CDU/ SU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN nd der FDP: Den Weg zur Einheit und De- okratisierung in der Republik Moldau nterstützen Drucksache 15/3052) . . . . . . . . . . . . . . . . . . laudia Nolte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . arkus Meckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . iegfried Helias (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 15: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines lften Gesetzes zur Änderung des Außen- irtschaftsgesetzes (AWG) und der Außen- irtschaftsverordnung (AWV) Drucksachen 15/2537, 15/3076) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: ntrag der Abgeordneten Dr. Martina rogmann, Ursula Heinen, Julia Klöckner, eiterer Abgeordneter und der Fraktion der DU/CSU: Spam effektiv bekämpfen Drucksache 15/2655) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9848 C 9850 D 9851 C 9852 D 9854 A 9855 D 9856 A 9856 B 9856 B 9857 D 9859 C 9860 B 9861 B 9861 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 VII Tagesordnungspunkt 17: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung der im Dezember 2002 vorgenommenen Änderungen des In- ternationalen Übereinkommens von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See und des Internationalen Codes für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Ha- fenanlagen (Drucksachen 15/2700, 15/2952, 15/3082) . . Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Margrit Wetzel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Werner Kuhn (Zingst) (CDU/CSU) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tier- seuchengesetzes (Drucksachen 15/2943, 15/3069) . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Jerzy Montag, Josef Philip Winkler und Jutta Dümpe-Krüger (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zu- sammenhängender Steuerhinterziehung (Ta- gesordnungspunkt 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Keine Kürzungen von Integrationsmaßnah- men (Tagesordnungspunkt 12) Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . A Z d d ( D H D P D A Z A t ( M A Z d r u ( C E D A G P D A Z d g U U D U G 9862 A 9862 A 9862 D 9864 C 9865 B 9866 A 9867 B 9868 C 9868 D 9869 A 9869 B 9869 D nlage 4 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung er Bundesärzteordnung und anderer Gesetze Tagesordnungspunkt 13) r. Erika Ober (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . elge Braun (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans Georg Faust (CDU/CSU) . . . . . . . . etra Selg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung des ntrags: Den Weg zur Einheit und Demokra- isierung in der Republik Moldau unterstützen Tagesordnungspunkt 14) arianne Tritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Ände- ung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) nd der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) Tagesordnungspunkt 15) hristian Müller (Zittau) (SPD) . . . . . . . . . . rich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . r. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . lexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . udrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Spam effektiv bekämpfen (Ta- esordnungspunkt 16) lrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rsula Heinen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Martina Krogmann (CDU/CSU) . . . . . . . lrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . udrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9870 D 9872 B 9873 B 9874 B 9875 A 9875 C 9876 B 9877 A 9878 B 9879 B 9880 B 9881 A 9881 C 9882 B 9884 A 9885 A 9886 D 9887 D VIII Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Än- derung des Tierseuchengesetzes (Tagesord- nungspunkt 18) Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär BMVEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9888 B 9889 B 9890 A 9891 A 9892 A 9892 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 9733 (A) ) (B) ) 108. Sitz Berlin, Donnerstag, Beginn: 9.0
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    Anlage 8 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 9869 (A) ) (B) ) wurde der Gesetzentwurf nicht unwesentlich verbessert. in die deutsche Gesellschaft bedeutet dagegen für die Bezeichnung als Schwarzarbeit herauszunehmen. Damit Die Integration von Menschen aus anderen Ländern Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Jerzy Montag, Josef Philip Winkler und Jutta Dümpe-Krüger (alle BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung (Ta- gesordnungspunkt 3) Organisierte und gewerbliche Schwarzarbeit hat in Deutschland ein nicht hinnehmbares Niveau erreicht. Sie schädigt gesetzestreue Unternehmer wie Arbeitnehmer und verursacht hohe Einnahmeausfälle bei den Sozial- kassen und beim Fiskus. Die Zielsetzung, die Bekämp- fung der Schwarzarbeit im gewerblichen Bereich zu in- tensivieren, unterstützen wir deshalb voll und ganz. Im Gesetzgebungsverfahren ist es gelungen, so ge- nannte haushaltsnahe geringfügige Beschäftigungen aus dem Aufgabenkatalog des Zolls und Dienst- und Werkleistungen unter Angehörigen, im Gefälligkeitsbe- reich und im Rahmen der Nachbarschaftshilfe aus der t S d r n g n u s S e i S a a m w b F g i g s t S n d s s u w S h A i B W k m d D g O Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bülow, Marco SPD 06.05.2004 Evers-Meyer, Karin SPD 06.05.2004 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 06.05.2004 Hagemann, Klaus SPD 06.05.2004 Hoffmann (Chemnitz), Jelena SPD 06.05.2004 Lehn, Waltraud SPD 06.05.2004 Link (Diepholz), Walter CDU/CSU 06.05.2004 Dr. Lippold (Offenbach), Klaus W. CDU/CSU 06.05.2004 Matschie, Christoph SPD 06.05.2004 Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.05.2004 Nickels, Christa BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 06.05.2004 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht Wir haben aber weiterhin Bedenken, alle so genann- en Minijobs auch im nichtgewerblichen Bereich als chwarzarbeit durch den Zoll zu bekämpfen. Wir sehen ie Gefahr, damit Menschen ohne verwerfbares Un- echtsbewusstsein zu verfolgen, und fürchten, dass die otwendige Konzentration auf die Bekämpfung der or- anisierten und gewerblichen Schwarzarbeit Schaden ehmen könnte. Die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmerinnen nd Arbeitsnehmer außerhalb der Legalität oder zu we- entlich ungünstigeren Arbeitsbedingungen ist Teil der chwarzarbeit. Auch die gilt es zu bekämpfen. Es ist uns in zentrales Anliegen, Lohndumping zu vermeiden. Die m Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der chwarzarbeit hierzu vorgesehenen Maßnahmen gehen ber nach unserer Auffassung zu einseitig auf Kosten der usländischen Arbeitnehmer. Es wird der Eindruck ver- ittelt, als ob diese Menschen in aller Regel sich be- usst für eine Beschäftigung zu ungünstigeren Arbeits- edingungen entscheiden würden, obwohl sie in vielen ällen keine echte Wahl haben, einer legalen Beschäfti- ung nachzugehen. Wir sind der Auffassung, dass noch ntensiver auch die Arbeitgeber zurVerantwortung gezo- en werden müssen, wenn sie unter Umgehung des deut- chen und internationale Arbeits- und Sozialrechts Kos- en sparen oder sich unredlicher ausländischer ubunternehmen bedienen. Dieser Aspekt findet nur we- ige Berücksichtigung, wenn wir auch sehen, dass mit er Neufassung der Strafvorschriften über den Men- chenhandel in einem Gesetz zur Änderung des Strafge- etzbuchs diese Formen der Ausbeutung der Arbeitskraft nter erhebliche Strafdrohung genommen werden. Trotz dieser Bedenken stimmen wir dem Gesetzent- urf zu, weil die Intensivierung der Bekämpfung der chwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuer- interziehung notwendig und richtig ist. nlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Keine Kürzungen von Integrations- maßnahmen (Tagesordnungspunkt 12) Petra Pau (fraktionslos): Das Zuwanderungsgesetz st nun hoffentlich in der Gestalt, wie es zuletzt in den eratungen auf dem Tisch lag, endgültig Geschichte. orüber Koalition und bürgerliche Opposition noch dis- utiert haben, hatte mit einem liberalen Recht oder gar it Integration schon lange nichts mehr zu tun. Vielmehr rohte der Rückfall in längst überwunden geglaubte enkweisen des Polizeirechts, nach dem ein Ausländer rundsätzlich als eine Bedrohung der Sicherheit und rdnung angesehen wird. 9870 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 (A) ) (B) ) PDS die vollständige Partizipation am politischen, sozia- len, kulturellen und wirtschaftlichen Leben in der neuen Heimat. Dazu gehört auch die Möglichkeit, die Sprache der Mehrheitsgesellschaft zu erlernen. Insoweit ist es tat- sächlich unverständlich, wenn die staatlichen Mittel für Deutschkurse nicht aufgestockt, sondern reduziert wer- den sollen. Aber der Antrag der Union streift nur das eigentliche Problem. Betroffen sind nicht „nur“ Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler sowie ausländische Asylberechtigte, sondern Probleme haben viele andere Gruppen in noch höherem Maße: Ausländische Studierende können Deutschkurse an den Universitäten beziehungsweise Stu- dienkollegs belegen. Auch für Dozenten gibt es solche Angebote. Firmenmanager, Diplomaten und Menschen mit viel Geld können Lehrgänge an privaten Instituten be- suchen. Die „normalen“ ausländischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen kommen hier allerdings nicht vor, von Asylsuchenden und Aussiedlern und Aussiedlerinnen ganz zu schweigen. Im Auftrag des Bundes – und von ihm bezahlt – bietet der Sprachverband Deutsch für ausländische Arbeitneh- mer zusätzliche Deutschkurse an. Doch auch hier ist der „Kundenkreis“ von vornherein eingeschränkt: Gefördert werden nur Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und ihre Familienangehörigen aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie aus den früheren Gastarbei- teranwerbestaaten Türkei, Marokko, Tunesien und dem ehemaligen Jugoslawien. Hinzu kommen Menschen, die als Vertragsarbeitnehmer und Vertragsarbeitnehmerin- nen aus Angola, Mosambik und Vietnam in die damalige DDR gekommen sind. Schön. Nur, was ist mit dem Flüchtling aus Togo, der Deutsch lernen möchte? Oder mit der chinesischen Frau, die hier arbeitet und ebenfalls Deutschkenntnisse braucht? Diese wenden sich mögli- cherweise an die Volkshochschule vor Ort, denn die bie- tet ja oft auch Sprachkurse an. Dort wartet jedoch wieder eine Enttäuschung: Die Kurse bei der VHS werden häu- fig von den Arbeitsämtern finanziert. Und deren Richtli- nien schreiben vor, dass solche Fördermaßnahmen Asyl- berechtigten und Spätaussiedlern vorbehalten bleiben sollen. Also auch hier wieder Fehlanzeige für die Asyl suchende Frau oder den zwar als Flüchtling, nicht aber als Asylberechtigten anerkannten Mann. Zu dieser Realität steht die Position der CDU/CSU, aber auch von Teilen der Regierungskoalition in krassem Gegensatz. Im Streit um das Zuwanderungsgesetz haben Sie gefordert, den Besuch von Deutschkursen zur Pflicht zu machen und die Nichtteilnahme zu bestrafen. Einen Rechtsanspruch darauf, einen Deutschkurs überhaupt besuchen zu können, wollten Sie dagegen nicht einräu- men. Integration darf vor allem nicht zur Assimilation wer- den: Menschen ausländischer Herkunft dürfen nicht ge- zwungen werden, ihre Muttersprache und ihre eigenen Traditionen und Kulturen aufzugeben. Integration ist keine Einbahnstraße, sondern erfordert Leistungen so- wohl der Zuwandernden als auch der Aufnahmegesell- schaft. Deshalb fordern auch die Wohlfahrtsverbände, dass der Förderung der Mehrsprachigkeit zukünftig be- s s c m w g G f g H M g m z i c g M g d d d s r D w d t B b m c K D b G z s f n A Z S i s n r d (C (D ondere Bedeutung zugemessen werde. Dies schließt die tärkere Anerkennung und Förderung der Mutterspra- hen der Migrantinnen und Migranten als Fremdsprache it ein. Die PDS fordert anstelle eines polizeirechtlichen Ein- anderungsverhinderungsgesetzes eine wirksame Inte- rationspolitik mit dem Ziel der sozialen und politischen leichstellung der Migrantinnen und Migranten und des riedlichen Zusammenlebens von Bürgerinnen und Bür- ern unterschiedlicher ethnisch-kultureller und religiöser erkunft. Unter anderem ist die Chancengleichheit von enschen nicht deutscher Herkunftssprache beim Zu- ang zu allen Bildungsstufen durch gesonderte Maßnah- en, die die Integration in die Gesellschaft erleichtern, u gewährleisten. Dazu gehören auch Sprachlehrgänge n ausreichendem Umfang, denn das Erlernen der Spra- he ist eine der wichtigsten Integrationsvoraussetzun- en. Die PDS will andererseits, dass die Migranten und igrantinnen ihre eigene Kultur und Sprache nicht auf- eben müssen. Deshalb treten wir für das Recht auf För- erung der Muttersprache ein. Dazu gehört auch die För- erung der interkulturellen Erziehung und Bildung. Integration hört aber nicht mit Spracherwerb und Bil- ung auf. Im Gegenteil: Alle Rahmenbedingungen müs- en dazu führen, dass alle Menschen unabhängig von ih- em Pass in Deutschland gleichberechtigt leben können. as schließt die Herstellung des Wahlrechts für Einge- anderte auf allen Ebenen ein, aber auch den umfassen- en Schutz für Verfolgte und Flüchtlinge aus Notsitua- ionen, die Angleichung der sozialen Standards – zum eispiel durch die Abschaffung des berüchtigten Asyl- ewerberleistungsgesetzes –, das Ermöglichen des Fa- iliennachzugs für alle Angehörigen und die Anglei- hung des deutschen Rechts an die Standards der UN- inderrechts- und der UN-Wanderarbeiterkonvention. as bedeutet zudem Schutz für „Illegalisierte“ vor Aus- eutung und unmenschlichen Lebensverhältnissen. Das Scheitern des Zuwanderungsgesetzes gibt die elegenheit, von der Diskussion über noch mehr Poli- eirecht im Ausländerrecht endlich wegzukommen und ich mit den wirklichen Problemen zu beschäftigen. Wir ordern die Koalition auf, diese Chance endlich wahrzu- ehmen. nlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung und ande- rer Gesetze (Tagesordnungspunkt 13) Dr. Erika Ober (SPD): Die fraktionsübergreifende ustimmung im Ausschuss für Gesundheit und Soziale icherung zu der vollständigen Abschaffung der „Arzt m Praktikum“-Phase von letzter Woche begrüße ich ehr. Mit dem uns heute vorliegenden Gesetzentwurf utzen wir die Möglichkeit, die ärztliche Ausbildung zu eformieren und das AiP abzuschaffen Das dient auch er Verbesserung der Qualität der medizinischen Versor- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 9871 (A) ) (B) ) gung. Deshalb bin ich optimistisch, dass der Gesetzent- wurf heute von der breiten Mehrheit des Hauses getra- gen wird. Neben der Modernisierung der ärztlichen Ausbildung werden in der Vorlage mit der Umsetzung der entspre- chenden EU-Richtlinie außerdem notwendige Änderun- gen in den Heilberufsgesetzen vorgenommen. Der Wechsel von einem Rechtssystem zum anderen stellt Be- troffene oft vor Probleme. Der vorliegende Entwurf ver- bessert die Rechtsstellung von nicht deutschen Staatsan- gehörigen, die in einem Heilberuf in Deutschland tätig sein wollen. Das verbessert die Situation für Patientin- nen und Patienten, weil bundeseinheitliche Mindestvo- raussetzungen für Zulassungen zu Heilberufen auch der Qualität der Versorgung dienen. Eingeführt wurde das AiP Mitte der 80er-Jahre. In Zeiten hoher Studentenzahlen im Fach Humanmedizin wurden in der ärztlichen Ausbildung praktische Anteile nicht ausreichend berücksichtigt. Das AiP sollte damals die praktische Qualifikation junger Ärzte und Ärztinnen verbessern. Das Manko an praktischer Erfahrung wäh- rend des Studiums sollte mit der praktischen Ausbildung nach dem dritten Staatsexamen ausgeglichen werden. Das AiP ist inzwischen entbehrlich geworden. Denn durch das In-Kraft-Treten der neuen Approbationsord- nung für Ärzte vom 27. Juni 2002 konnte die praktische ärztliche Ausbildung in die Gesamtausbildung an der Universität integriert und somit der Versorgungswirk- lichkeit angepasst werden. Besonders dem allgemeinme- dizinischen und hausärztlichen Bereich wurde ein höhe- rer Stellenwert zuerkannt. Angesichts unserer alternden Gesellschaft war dies dringend notwendig geworden, auch um zum Beispiel zu erreichen, dass ältere Men- schen so lange wir möglich in ihrer gewohnten Umge- bung bleiben können. Mit der neuen Approbationsord- nung von 2002 wurde die Grundvoraussetzung dafür geschaffen, die dem Studium nachgelagerte Phase des AiP zum 1. Oktober 2004 abzuschaffen. Mit ihr wurde das Medizinstudium neu ausgerichtet. Theorie und Pra- xis wurden besser miteinander verzahnt. Die Ausbildung ist näher am Patienten. Eine weitere Voraussetzung für das Ende des AiP wurde im GMG geschaffen. Die Finanzmittel von circa 300 Millionen Euro zur Abschaffung des AiP werden durch das GMG aufgefangen. Dies ist dort mit Änderun- gen zur Bundespflegesatzordnung und zum Krankenhaus- entgeltgesetz geregelt. Im GMG ist auch die Vergütung für die letzten drei Monate des Jahres 2004 mit einem Bedarf von circa 75 Millionen Euro geregelt. Die Differenz der Vergütung zwischen vollapprobier- tem Assistenzarzt und teilapprobiertem AiPler liegt der- zeit bei 29 000 Euro im Jahr. Das ist eine recht stattliche, gleichwohl aber überfällige Aufstockung des Anfangs- gehalts. Bei circa 10 000 anzunehmenden Studienab- schlüssen im Fach Humanmedizin ergibt sich also ein Finanzbedarf von 300 Millionen Euro innerhalb eines Jahres. Mit der kompletten Abschaffung des AiP greifen wir die Ergebnisse der öffentlichen Anhörung von Sach- v u v V m n ß z 2 b m n k t V w l f A d W d s w J l A b z m g d m a Z B m f i A u t d f g t d A d A s g n d (C (D erständigen zum AiP auf. Damit gehen wir über die rsprünglich vorgesehene rein finanzielle Gleichstellung on AiPlern und Assistenzärzten noch hinaus. Neben der erbesserung der Bezahlung der AiPler verzichten wir it diesem Entwurf auf eine Übergangslösung, wie sie och in der ersten Lesung vorgesehen war. Wir beschlie- en heute die statusrechtliche Gleichstellung von Medi- instudentinnen und -studenten, die bis zum 1. Oktober 004 noch AiPler sind, mit denen, die nach dem 1. Okto- er 2004 als Assistenzärzte nach dem letzten Staatsexa- en in ihren Beruf starten. Mit dem Entwurf gehen wir auch über die so ge- annte Optionslösung hinaus, die in der Anhörung dis- utiert wurde. Sie sah vor, AiPlern zum Stichtag 1. Ok- ober 2004 eine Wahlmöglichkeit zu geben, ob sie die ollapprobation oder an ihrem AiP-Vertrag festhalten ollen. Ich denke, dass die heute abzustimmende Vor- age der Situation am besten gerecht wird. Diese Verbesserung der Situation ärztlicher Berufsan- änger entspricht nicht nur dem vielfach vorgetragenen nliegen der Studentinnen und Studenten, sondern auch en Vorstellungen der Ärzte- und Krankenhausverbände. ir tragen mit dieser Regelung angesichts eines drohen- en Ärztemangels in Deutschland auch dem gesamtge- ellschaftlichen Interesse an engagierten jungen Nach- uchsärzten Rechnung. In der öffentlichen Anhörung vom 31. März dieses ahres wurde neben dem AiP auch die Übergangsrege- ung thematisiert, welche sich aus der 2002 geänderten pprobationsordnung ergibt. Diese Übergangsregelung ezieht sich auf den Studienablauf im Fach Humanmedi- in. Sie steht dabei in keinem direkten Zusammenhang it der Abschaffung des AiP. Dennoch darf es uns nicht leichgültig sein, wann Studierende ihr Studium been- en, die genau in diese Übergangsphase fallen und wo- öglich unverschuldet Verzögerungen in ihrem Studien- blauf hinnehmen müssten. Deshalb begrüße ich die usage der Bundesregierung, diesen Sachverhalt mit den undesländern zu erörtern. Denn diese sind im Zusam- enspiel mit den Landesprüfungsämtern für die Durch- ührung der Prüfungen zuständig. Hier ist eine Lösung m Interesse der Betroffenen wünschenswert. Was gewinnen die jungen Nachwuchsärzte durch die nnahme dieses Gesetzentwurfes? Endlich werden mehrfach staatlich examinierte Ärzte nd Ärztinnen auch angemessen bezahlt. Bislang erhiel- en dreifach staatlich examinierte Ärzte und Ärztinnen, ie ihre universitäre Ausbildung abgeschlossen hatten, ür ihre Arbeit nach dem Studium eine Ausbildungsver- ütung. Die Arbeitszeiten entsprechen denen von Assis- enzärztinnen und -ärzten. Dennoch fällt die Vergütung erzeit noch um circa 29 000 Euro im Jahr geringer aus. ußerdem ist ein AiPler nicht voll verantwortlich, son- ern muss stets unter der Aufsicht eines vollapprobierten rztes handeln. AiPler übten dennoch im Regelfall die- elben Tätigkeiten wie Assistenzärzte aus, waren also ünstige Arbeitskräfte. Mit der neuen Approbationsord- ung 2002 haben sich die Voraussetzungen aber bereits erart geändert, dass die Abschaffung des AiP – jetzt, 9872 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 (A) ) (B) ) wo im GMG auch die finanziellen Grundlagen geschaf- fen wurden – die Konsequenz sein muss. Schon lange wurde von Betroffenen aus vielerlei Gründen die Forderung gestellt, das AiP abzuschaffen. Eine der wesentlichsten Gründe war die Ungleichbe- handlung von AiPlern mit anderen Ärzten und Ärztin- nen. Dieser Forderung werden wir nun gerecht. Die ärzt- liche Ausbildung ist modernisiert worden und damit setzt die SPD ihren Kurs der letzten Legislatur konse- quent fort. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass junge Mediziner und Medizinerinnen vermehrt in andere Län- der abwandern, um dort ärztlich tätig zu werden. Auch ist festzustellen, dass viele Nachwuchskräfte Tätigkeiten ausführen, die mit der kurativen medizinischen Versor- gung im klassischen Sinne nichts mehr zu tun haben. Der Arztberuf wird durch die der Arbeit angemessenen Entlohnung wieder attraktiver. Die finanzielle und recht- liche Gleichstellung kann der ärztlichen Abwanderung vorbeugen. Patientinnen und Patienten brauchen unsere gut ausgebildeten Medizinerinnen und Mediziner, die motiviert sind, hier vor Ort als Ärzte zu arbeiten. In erster Linie hat die fachlich dringend erforderliche Abschaffung des AiP positive Auswirkungen auf den ärztlichen Nachwuchs, in zweiter Linie aber auch auf die Patientinnen und Patienten. Auch die Krankenhäuser können profitieren. Denn immer häufiger fehlen dort Nachwuchsmediziner. Mit der Gleichbehandlung wird nun der Berufseinstieg, aber auch der Arztberuf insge- samt aufgewertet. Mit der Zustimmung des Deutschen Bundestages zu dem uns vorliegenden Gesetzentwurf, werden Jungärzte die beste Situation für den Berufseinstieg in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg vorfinden. Auch in der Me- dizinalassistentenzeit, an die ich mich selbst noch gut er- innern kann, oder in anderen Ausbildungszeiten waren die Berufsanfänger sowohl finanziell als auch status- rechtlich schlechter gestellt. Deshalb freue ich mich über die Entscheidung, die heute zu fällen ist und der wir alle gemeinsam positiv gegenüberstehen. Helge Braun (CDU/CSU): Endlich wird zum 1. Ok- tober dieses Jahres die Phase Arzt im Praktikum, AiP, abgeschafft. Endlich sage ich als Arzt, der das AiP selbst absolviert hat. Endlich sage ich auch als Bundestagsab- geordneter. Die Ausbildung zum Arzt wird ohne das AiP attrakti- ver. Die Ausbildungszeit verkürzt sich. Karriereperspek- tiven sind für Studenten früher sichtbar. Der Arztberuf musste für junge Menschen dringend interessanter ge- macht werden. Denn der steigende Bedarf an jungen Ärzten kann zunehmend schlechter erfüllt werden. Die Zahl der Approbationen ist in den letzten sechs Jahren um 22 Prozent gesunken. Die Facharztanerken- nungen sind sogar um 25 Prozent zurückgegangen. Im Jahr 2000 standen 9 100 Studiumsabsolventen nur 7 100 abgeschlossene AiP-Phasen gegenüber. Dies heißt: Viele a m t h s m Ä O d K a t r g v d L k u w n f s R D g A I G v J j H Ä M d e d f w b r d d u g ß a d A m r a (C (D ngehende Mediziner haben nach ihrem Studium nicht ehr das AiP angeschlossen. 22 Prozent der Absolven- en eines Medizinstudiums wurden also kein Arzt. Sie aben Tätigkeiten in anderen Branchen aufgenommen. Mangels Nachwuchsmedizinern zeichnet sich in deut- chen Krankenhäusern ein dramatischer Fachkräfte- angel ab. Jedes zweite Krankenhaus kann Stellen im rztlichen Dienst nicht mehr besetzen. Besonders in stdeutschland wird das ärztliche Versorgungsnetz ramatisch dünn. Schätzungen zufolge sind allein in rankenhäusern rund 4 800 ärztliche Stellen vakant. Der Mangel an Nachwuchs hat aber auch noch eine ndere Ursache. Deutsche Krankenhäuser und Universi- ätskliniken stehen im nationalen Wettbewerb mit ande- en Branchen. Ein Assistenzarzt verdient deutlich weni- er als ein Berufseinsteiger in der Wirtschaft mit ergleichbarer Ausbildung. Zudem sind die Arbeitsbe- ingungen in Krankenhäusern oft nicht allzu attraktiv: ange Arbeitszeiten und ausgeprägte Hierarchien wir- en auf Berufseinsteiger häufig abschreckend. Die deutsche Krankenversorgung steht aber nicht nur ntereinander und mit anderen Branchen im Wettbe- erb. Zunehmend wandern deutsche Nachwuchsmedizi- er ins Ausland ab. Dieser so genannte Braindrain er- olgt hauptsächlich in die USA. Aber auch die kandinavischen Länder bieten für junge Ärzte attraktive ahmenbedingungen. Diese Abwanderung ist für eutschland zum einen fatal, weil wir trotz Ärzteman- els Nachwuchs verlieren. Zum anderen aber stellt die bwanderung ärztlichen Nachwuchses eine verlorene nvestition dar. Kein Studiengang kostet den Staat so viel eld wie der zum Mediziner. Während der Staat je Uni- ersitätsstudent durchschnittlich rund 8 000 Euro pro ahr ausgibt, müssen für jeden angehenden Mediziner ährlich ungefähr 28 000 Euro aufgewandt werden. Die älfte der gesamten Hochschulausgaben wird für die rzteausbildung benötigt. Für jeden ausgewanderten edizinhochschulabsolventen hätte man 14 BWL-Stu- enten finanzieren können. Der Braindrain bei Ärzten hat zwei Aussagen: Zum inen zeugt er von der qualitativ hochwertigen Ausbil- ung der deutschen Ärzte, sodass diese im Ausland ge- ragt sind. Zum anderen aber gehen Deutschland Nach- uchskräfte verloren, die dringend benötigt werden. Wir rauchen daher attraktivere Arbeitsbedingungen für Be- ufseinsteiger und mehr junge Menschen, die Arzt wer- en wollen. Während also deutsche Kliniken im Wettbewerb um en Nachwuchs stehen, können sie selbst nur erschwert m ausländische Studenten werben. Kliniken haben roße rechtliche Schwierigkeiten, junge Ärzte von au- erhalb der EU nach Deutschland zu holen. Da die Fach- rztausbildung nicht mehr zur medizinischen Ausbil- ung gehört, bekommen junge ausländische Ärzte keine ufenthaltsgenehmigung. Hier haben leider die Grünen it dem Scheitern der Verhandlungen zum Zuwande- ungsgesetz eine große Chance vertan, dem Ärztemangel bzuhelfen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 9873 (A) ) (B) ) Der Mangel an Nachwuchs wird sich auch in Zukunft auf absehbare Zeit nicht entspannen. Mehr als die Hälfte aller ambulant tätigen Ärzte wird in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen. Doch der Anteil junger Ärzte sinkt seit geraumer Zeit. Die Folgen des fehlenden Nachwuchses in der Ärzte- schaft werden durch den demographischen Wandel noch verschärft. Mit steigender Lebenserwartung wächst auch der Bedarf ärztlicher Betreuung im Alter, sodass allein deswegen eine Zunahme von Approbationen erforder- lich ist. Die Entwicklung in Deutschland ist: Bei steigen- den Patientenzahlen haben wir immer weniger Ärzte, weil der Nachwuchs fehlt. Hiergegen ist die nun bereits zum Oktober 2004 erfol- gende Abschaffung des AiP eine notwendige Maß- nahme. Das AiP wurde eingeführt im Jahr 1988, als es einen starken Überhang an Medizinabsolventen gab. 16 Jahre später – wir haben Ärztemangel – kann das AiP abgeschafft werden. Studium und das Praktische Jahr sind nun so gestaltet, dass der Absolvent des Medizin- studiums auf die verantwortungsvolle Aufgabe des Arz- tes auch ohne AiP vorbereitet ist. Ursprüngliche Pläne der Bundesregierung, die Abschaffung des AiP mit Übergangsregelungen bis zum Jahr 2009 zu gestalten, hätten die ärztliche Versorgung in Deutschland zusätz- lich verschärft. Der heutige Beschluss des Bundestages, das AiP ab- zuschaffen, muss der Auftakt zu weiteren Verbesserun- gen der Rahmenbedingungen für Medizinstudenten und Absolventen sein. Wollen wir dem stetig steigenden Ärz- temangel entgegnen, dann ist die Bundesregierung ge- fordert, wieder verstärkt junge Menschen für den Beruf des Arztes zu interessieren, Ausbildung für Mediziner attraktiver zu gestalten und Abwanderung von Medizi- nern in andere Branchen und ins Ausland einzudämmen, indem attraktive Rahmenbedingungen für junge Ärzte geschaffen werden. Denn mit kränkelnden Studiums- und Berufsbedingungen können wir niemanden für den Arztberuf begeistern. Dr. Hans Georg Faust (CDU/CSU): Heute ist ein Tag der Freude für Medizinstudentinnen und Medizin- studenten, für alle die, die im praktischen Jahr Dienst am Patienten tun, für die, die trotz schwerer werdender Rah- menbedingungen bereit sind, sich als Ärztinnen oder Arzt in den Dienst kranker Menschen zu stellen: Der Arzt im Praktikum wird ohne Wenn und Aber abge- schafft. Damit wird der unwürdige Zustand für junge Menschen nach langem Studium, praktischem Jahr und Staatsexamen beseitigt, dass sie dann immer noch nicht in der Lage sind, mit dem schwer verdienten Lohn eine Familie zu ernähren. Die Entgelte für Ärzte im Prakti- kum reichten dafür einfach nicht aus. Hier wird jetzt ein Signal gesetzt, dass die Politik es ernst meint mit dem Versprechen, den Beruf des Arztes für junge Menschen wieder attraktiver zu machen. Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregie- rung vom Januar dieses Jahres sah eine Beibehaltung des Arztes im Praktikum für alle vor, die ihr drittes Staatsex- amen vor dem 1. Oktober 2004 ablegen. Nach der Anhö- r d s a n s a s a v w w M S g g m a k d g k S b d d A s d d s b s s s p t G A g s f t l u l e c J s Z m d (C (D ung hat sich fraktionsübergreifend die Auffassung urchgesetzt, dass der einzig sinnvolle Weg darin be- teht, mit dem Datum 1. Oktober allen Ärzten die Voll- pprobation zu geben. Bei dem Für und Wider ging es ausnahmsweise mal icht primär ums Geld. Denn die Bereitstellung der zu- ätzlichen Mittel für die Aufstockung der AiP-Gehälter uf ein normales Assistenzarztgehalt war ja bereits ge- etzlich geregelt. Nein, es war eher die Unsicherheit, ob lle AiPler auch gemäß der gesetzlichen Empfehlung on Seiten der Krankenhäuser entsprechend bezahlt orden wären. „Weitere Probleme mit dem Gesetzent- urf schienen vorprogrammiert: Was hätte die junge utter machen sollen, die nach Ablegung des dritten taatsexamens sich zwei Jahre um die Kindererziehung ekümmert hat und die Arzt-im-Praktikum-Phase nicht eleistet hat? Sollte sie diese noch später nachholen üssen? Wer bietet diese Ausbildungsstelle dann noch n? Nein, als einziges ernsthaftes Argument gegen die omplette Abschaffung des Arztes im Praktikum sprach, ass möglicherweise Kündigungen aufgrund des Ein- reifens in bestehende Ausbildungsverträge erfolgen önnten. In der Anhörung hat sich ergeben, dass die achverständigen diese Befürchtung für zwar theoretisch erechtigt, in der Praxis aber für vollkommen unbegrün- et halten. Dieser Auffassung haben sich im Ausschuss ann auch alle fraktionsübergreifend angeschlossen. Der rzt im Praktikum wird zum 1. Oktober abgeschafft. Im Verfahren sind dann noch für die praktische Um- etzung wichtige Dinge geregelt worden. Zum Beispiel, ass die Mehrkosten für die Abschaffung des AIPler für ie Krankenhäuser, die ihre Budgetvereinbarung 2004 chon abgeschlossen haben, im Jahr 2005 in die Verein- arung über das Budget einzubeziehen sind. Das interes- iert vornehmlich die Krankenhausdirektoren und Ge- chäftsführer. Die Studierenden wird interessieren, dass im Aus- chuss darauf hingewiesen wurde, dass die für die Ap- robationserteilung zuständigen Landesbehörden gehal- en sein sollten, bereits vor dem In-Kraft-Treten des esetzes die Bearbeitung von Anträgen auf Erteilung der pprobation vorzubereiten, damit es nicht durch Verzö- erungen zu personellen Engpässen in den Krankenhäu- ern kommt. Hier ist die Bundesregierung aufgefordert, ür eine frühzeitige und umfassende Information der Be- roffenen über die zuständigen Behörden zu sorgen. Mit der Abschaffung des AIP hat die Gesundheitspo- itik ein Signal gesetzt, dass ihr der ärztliche Berufsstand nd insbesondere der ärztliche Nachwuchs am Herzen iegen. Doch dieses Signal allein reicht nicht aus, um ine Trendwende in Negativentwicklung bei der ärztli- hen Versorgung herbeizuführen. Wir haben ein Nachwuchsproblem. Während sich im ahr 1998 noch knapp 8 000 Absolventen des Medizin- tudiums bei den Ärztekammern anmeldeten, war diese ahl vier Jahre später auf 6 600 zurückgegangen. Dra- atisch ist die Tatsache, dass immer mehr Medizinstu- enten ihr Studium abbrechen und die mit Staatsexamen 9874 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 (A) ) (B) ) häufig nicht in der Humanmedizin ärztlich tätig werden. In den alten Bundesländern können fast jedes zweite Krankenhaus und in den neuen Bundesländern vier Fünftel aller Häuser offene Stellen für Ärzte nicht beset- zen. Die Arbeitsbedingungen junger Ärztinnen und Ärzte müssen grundlegend verbessert werden. Dazu gehören nach dem Verwirrspiel über das Arbeitszeitgesetz klare Arbeitszeitregelungen. Dazu gehört, dass die Mediziner- ausbildung noch praxisnäher gestaltet werden muss, dass es weniger Regulierung und Bürokratie in den Praxen und den Krankenhäusern geben muss. Mehr als 30 Pro- zent der durchschnittlichen Arbeitszeit verbringt der Arzt mit Dokumentation und Verwaltungsarbeit und da- mit nicht mehr am Patienten. Praxisnahe Ausbildung, kollegiale ärztliche Arbeit im Team, eine angemessene Vergütung und Wertschätzung des ärztlichen Berufs durch die Gesellschaft, das sind Voraussetzungen, unter denen Ärzte auch in schwierigen Zeiten bereit sind, sich aufopferungsvoll um ihre Patien- ten zu kümmern, ohne Rücksicht auf eine 40-Stunden- Woche, häufig in Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit. Wertschätzung der Gesellschaft und der Politik? Krimi- nelle Energie und fehlendes Rechtsbewusstsein wurde den Ärzten im Schwarzbuch des Gesundheitsministeri- ums vorgeworfen. Auch wenn Teile des Schwarzbuches jetzt gelöscht sind, so lässt die Tatsache, dass dieses Schwarzbuch überhaupt entstehen konnte, darauf schlie- ßen, dass das Verhältnis von Rot-Grün zur deutschen Ärzteschaft doch erheblich gestört ist. Die Ärzte sind es leid, immer dann, wenn die Gesund- heitspolitik Schwierigkeiten hat, als Abzocker und Profi- teure des Systems hingestellt zu werden. Das gibt es noch, das Berufsethos der Ärzte, die in erster Linie an ihre Patienten und erst in zweiter Linie an ihr eigenes materielles Wohlergehen denken. Wenn dies nicht so wäre, dann hätten die jungen Ärzte im Praktikum, denen wir heute helfen, nicht so engagiert und klaglos gearbei- tet. Petra Selg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Während der ersten Lesung des Gesetzentwurfs zur Änderung der Bundesärzteordnung wurde bereits deutlich, dass es über dessen grundsätzliches Anliegen kaum Meinungsver- schiedenheiten gibt. Zum einen geht es darum, mit der Abschaffung der AiP-Phase die ärztliche Berufslaufbahn attraktiver zu machen. Rot-Grün tut damit etwas für Nachwuchsge- winnung im eigenen Land. Zum anderen trägt der Ge- setzentwurf durch die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Harmonisierung der ärztlichen Berufe bei. So machen wir es auch Ärztinnen und Ärzten aus anderen EU-Län- dern leichter, in Deutschland zu arbeiten. Bei den Aus- schussberatungen kristallisierte sich bei zwei Punkten al- lerdings Nachbesserungsbedarf heraus. Dies sind die Stichtagsregelung der AiP-Abschaffung sowie die Fi- nanzierung der Mehrkosten. Zuerst zur Stichtagsregelung: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass nur die Studenten, die n s d e v A z v s l d n p f p B c d h r v d i v s r d G i d s A f V s w a a g d b g M h d 3 F A g G d U R a m z (C (D ach dem 1. Oktober 2004 ihr drittes Staatsexamen be- tehen, sofort ihre Vollapprobation erhalten. Sie könnten ann von den Krankenhäusern sofort als Assistenzärzte ingestellt werden. Alle diejenigen Studenten jedoch, die or diesem Datum ihr Studium abschließen, müssten die iP-Phase noch vollständig ableisten. Um eine finan- ielle Ungleichbehandlung zu vermeiden, war allerdings orgesehen, dass diese AiP dieselbe Vergütung wie As- istenzärzte erhalten. Hintergrund dieser Stichtagsrege- ung war, dass Mediziner, die vor Oktober 2003 das Stu- ium aufgenommen haben, die novellierte Ausbildung icht komplett durchlaufen haben. Und gerade dieses raxisbezogenere Studium macht ja erst das AiP über- lüssig. Mit der Stichtagsregelung wären jedoch Umsetzungs- robleme verbunden gewesen, die das Anliegen der undesregierung konterkariert hätten. So ist unklar, wel- he Auswirkungen dies auf die internen Hierarchien in en Krankenhäusern oder auf den beruflichen Aufstieg ätte. In welchem Verhältnis steht ein Mediziner, der be- eits den AiP ableistet zu einem Assistenzarzt, der frisch om Studium kommt? Darüber hinaus bestand Anlass zu er Befürchtung, dass Examenskandidaten womöglich hre Prüfungen verschieben würden, um auf diese Weise on der Neuregelung zu profitieren. Angesichts dieser Problematik einigte sich der Aus- chuss auf einen von Rot-Grün eingebrachten Ände- ungsantrag, der die generelle Abschaffung des AiP ab em l. Oktober 2004 fordert. Durch die Änderung des esetzentwurfs können auch diejenigen Studenten, die hr Studium vor dem 1. Oktober abgeschlossen haben, zu iesem Stichtag die Vollapprobation beantragen. Dabei pielt keine Rolle, ob sie bereits AiP sind oder nicht. Das rgument, damit unzulässig in Tarifverträge einzugrei- en, konnten wir entkräften. So haben wir die Zusage der ertragsparteien der AiP-Ausbildungsverträge, dass Be- tandsschutzinteressen der Betroffenen nicht berührt erden. Mit der Änderung des Gesetzentwurfes erreichen wir lso, dass die Absolventen nicht nur finanziell, sondern uch statusrechtlich gleichgesetzt werden. Mit der zügi- en und vollständigen Abschaffung der AiP-Phase sen- en wir ein klares Signal an junge Menschen, dass wir emüht sind, die Attraktivität des Arztberufes zu stei- ern. Der zweite unklare Punkt betraf die Finanzierung der ehrkosten für die Krankenhäuser. Bereits im GMG atten wir festgelegt, dass den Krankenhäusern für ie Bezahlung der neuen Assistenzärzte zusätzliche 00 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Die inanzierungsoption wurde im Rahmen der öffentlichen nhörung zwar von den meisten Experten begrüßt, zu- leich aber als nicht ausreichend empfunden. So sei ein roßteil der Budgetvereinbarungen bei In-Kraft-Treten es Gesetzes für das Jahr 2004 bereits abgeschlossen. m diese Lücke zu schließen, empfiehlt der Ausschuss egelungen sowohl für das Krankenhausentgeltgesetz ls auch die Bundespflegesatzverordnung, nach denen es öglich wird, diese Mehrkosten einmalig rückwirkend u berücksichtigen. Ich denke, dass wir nun die richtige Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 9875 (A) ) (B) ) Antwort auf den Handlungsbedarf gefunden haben. Die Ärztin und der Arzt im Praktikum, die ja immer auch Sy- nonym waren für die billige Arbeitskraft im Kranken- haus, werden ab Oktober der Vergangenheit angehören. Und für die Finanzierungsprobleme haben wir ebenfalls eine gute Regelung gefunden. Es ist ja im Übrigen – so viel zum Abschluss – auch erfreulich, dass sich einmal alle Fraktionen über etwas wirklich einig sind. Detlef Parr (FDP): Wir alle atmen mit den Betroffe- nen. Der AiP ist abgeschafft, auch mit ausdrücklicher Unterstützung meiner Fraktion. So ist ein erster Schritt getan, die Arbeitsbedingungen junger Ärzte zu verbes- sern. Die FDP begrüßt, dass die Stichtagsregelung ge- strichen wurde und der AiP nun am 1. Oktober 2004 der Vergangenheit angehören wird. Dies gibt den jungen an- gehenden Medizinern Planungssicherheit. Aber es wer- den noch sehr viel mehr Maßnahmen folgen müssen, um dem schon bestehenden und noch weiter drohenden Ärz- temangel zu begegnen und den Arztberuf für junge Men- schen wieder attraktiver zu machen. Aktuelle Zahlen sprechen für sich. Der Nachwuchs bricht weg. Die Zahl der Studienabsolventen ist rückläu- fig. Die Neuzugänge in den Arztberuf verzeichnen seit 1998 einen Rückgang von rund l5 Prozent. Immer mehr Junge wandern in andere Berufe oder ins Ausland ab. Der Anteil der älteren Ärzte steigt dafür kontinuierlich an, ebenso wie die Zahl derjenigen, die aus Altersgrün- den aus der ärztlichen Berufstätigkeit ausscheiden. Ver- sorgungsengpässe haben wir heute schon vor allem in den neuen Bundesländern. Als ersten Reparaturschritt fordern wir die Aufhe- bung der Altersbegrenzung für Vertragsärzte. Dies löst nicht die Probleme des Nachwuchsmangels, dient aber der Sicherstellung der medizinischen Versorgung. Doch viel wichtiger ist es, den jungen Ärzten wieder Perspektiven zu geben, um im kurativen Berufsfeld zu bleiben oder auch wieder dahin zurückzukehren. Dies fängt bei den Arbeitsbedingungen in den Krankenhäu- sern an, hört aber dort nicht auf. Überstunden und schlechte Vergütung sind ein harter Berufsstart für junge Ärzte. Früher haben sie solche Arbeitsbedingungen im Krankenhaus noch geschluckt, weil sie eine Perspektive für die Zukunft hatten. Sie hatten als Freiberufler die ei- gene Praxis im Blick. Einkommen winkten, für die es sich lohnte, Durststrecken in Kauf zu nehmen. Diese Perspektive ist ihnen seit Jahren genommen. Heute stehen die jungen Ärzte vor einer großen Ver- unsicherung. Die Vergütungsaussicht ist mau, die eigene Praxis ist in Anbetracht von Versorgungszentren und ambulanter Versorgung im Krankenhaus in weite Ferne gerückt. Ein Leben als Angestellter widerspricht dem ärztlichen Berufsbild als „freier Beruf“. So ist er heute immer noch in der Bundesärzteordnung definiert. Die Therapiefreiheit wird zunehmend durch von Kassen ge- steuerte Versorgungsprogramme eingeschränkt. Und die Bundesregierung tut alles, den Arztberuf in der Öffent- lichkeit schlechtzureden. Der Korruptionsbeauftragte war der Anfang, das unsägliche Schwarzbuch zu „ l S t S z d f K t G A n K t i S s z M s m D v t g i l V r u v a s w d d T L f r w m i z (C (D 100 Tage Gesundheitsreform“ war ein trauriges, vor- äufiges Ende. Mit solchen Diffamierungen schaden Sie, Frau chmidt, vor allem den Patienten. Denn Sie treiben wei- ere Ärzte aus dem System. Da nutzt es auch nicht, das chwarzbuch in diesen Tagen stillschweigend wieder urückzuziehen. Der Flurschaden bleibt. Wir sollten alle ie Bundesärzteordnung ernst nehmen: Heilberufe sind reie Berufe. Und nur, wenn Sie, liebe Kolleginnen und ollegen von Rot-Grün, das Staatskorsett in die Requisi- enkammer verbannen, wird sich der Wachstumsmarkt esundheit entfalten können. nlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Den Weg zur Einheit und Demokratisierung in der Republik Moldau unterstützen (Tagesordnungspunkt 14) Marianne Tritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zu- ächst möchte ich allen beteiligten Kolleginnen und ollegen danken, dass wir nun einen gemeinsamen An- rag für die Republik Moldau verabschieden können. Es st ein gutes Zeichen, dass wir gemeinsam an einem trang ziehen, um den Weg zur Einheit und Demokrati- ierung in der Republik Moldau zu unterstützen. Unsere erste Debatte im Januar hatte es bereits ge- eigt: Die Unterschiede bei der Beurteilung der Lage in oldau und den weiteren erforderlichen Schritten zwi- chen den Fraktionen des Deutschen Bundestages waren arginal. Es besteht Einigkeit darüber, dass insbesondere eutschland sich nicht verstecken muss, wenn wir die erschiedenen Unterstützungen und Hilfestellungen be- rachten, die für Moldau auf dem Weg in die Demokratie eleistet wurden und werden. Es besteht auch Einigkeit darüber, dass die Regierung n Moldau nun ihre Bemühungen und Aktivitäten erheb- ich verstärken muss. Eine Vielzahl von Abkommen und ereinbarungen mit der OSZE, der EU und dem Europa- at müssen jetzt von der Regierung Moldaus intensiver mgesetzt werden. Dies betrifft den weiteren Aufbau on rechtsstaatlichen und demokratischen Strukturen, ber auch die Stärkung von gesellschaftlichen und wirt- chaftlichen Strukturen. Wir sind uns einig darüber, dass die künftige Ent- icklung Moldaus ganz entscheidend von der Lösung er Transnistrien-Frage abhängt. Die Wiederherstellung er Einheit mit dem seit 1991 abgespaltenen Landesteil ransnistrien und die Überwindung der Spaltung des andes ist die entscheidende Grundlage für die Schaf- ung demokratischer und zivilgesellschaftlicher Struktu- en. Da muss aber noch sehr viel geschehen. Russland ird seinen zentralen Beitrag zur Konfliktlösung leisten üssen. Diese besteht nicht darin, die Republik Moldau n dauerhafte Abhängigkeit zu bringen, wie durch das in- wischen gescheiterte russische „Kozak-Memorandum“. 9876 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 (A) ) (B) ) Eine Lösung des Konfliktes muss unter Wahrung der territorialen Integrität Moldaus dazu führen, dass Trans- nistrien sich den internationalen Überwachungsmecha- nismen nicht mehr entziehen kann. Dazu brauchen wir die Unterstützung Russlands. Die Bundesregierung wird deshalb ihre Bemühungen fortsetzen, in bilateralen Gesprächen mit der russischen Regierung darauf zu dringen, dass der Wiedervereini- gungsprozess in Moldau weiter vorankommt. Die OSZE bleibt weiter aufgerufen, maßgeblich an ei- ner Lösung mitzuwirken, der sowohl die Führung als auch die Bevölkerung beider Landesteile zustimmen können. Deutschland wird in Gesprächen mit Russland auch auf die Umsetzung der Abzugsverpflichtungen der russischen Truppen drängen. Weiterhin setzt sich die Bundesregierung bei der EU-Kommission für die Eröff- nung einer EU-Delegation in Chisinau ein. Wir wollen, dass Moldau die Chance nutzt, sich der Europäischen Union zuzuwenden. Mit unserem gemein- samen Antrag machen wir deutlich, dass wir unser En- gagement für die Entwicklung Moldaus weiter verstärken wollen. Wir wollen zeigen, dass wir sehr an der stärke- ren Anbindung Moldaus an Europa interessiert sind. Deutschland wird zusammen mit den europäischen und internationalen Partnern auf verschiedenen Ebenen mit- wirken, damit eine gemeinsame Perspektive für Europas ärmstes Land erarbeitet werden kann. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Elften Geset- zes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) (Tagesordnungspunkt 15) Christian Müller (Zittau) (SPD): Die Bundesregie- rung hat soeben noch einmal Notwendigkeit und Inhalt der vorgesehenen Änderung des Außenwirtschaftsgeset- zes begründet. Eine politische Reaktionsmöglichkeit auf anstehende Veräußerungen von rüstungspolitisch sensi- blen Unternehmen, zu denen auch Hersteller von Anla- gen zu ebenso sensibler Kommunikation gehören, an ge- bietsfremde Erwerber ist angesichts der jüngeren Erfahrungen, die sich mit den Stichworten „MTU“ oder „HDW“ verbinden, offenbar notwendig. In der Anhörung vom 26. April 2004 wurde dazu sei- tens des Instituts für Sicherheitsstudien der Europäi- schen Union hervorgehoben: Die geplante Neuregelung sichert … Mitsprache beim Zugriff auf nationale wehrtechnische Kern- kompetenzen. Letztere sind die Voraussetzung da- für, deutsche Interessen bei der Entwicklung einer europäischen Rüstungspolitik einbringen zu kön- nen. … Das gilt auch hinsichtlich der Rolle der Bundesrepublik beim Aufbau der ESVP. Auch wenn industrielle Zusammenschlüsse und Übernahmen vor allem wirtschaftlich Sinn machen müs- s w u S g s s d r a m h r i k r M g s a k g z s u b a i k a a n l r g d n K r (C (D en, so sind sie angesichts der besonderen Bedeutung der ehrtechnischen Industrie per Definition hochpolitisch nd werden auch im Ausland keinesfalls dem freien piel marktwirtschaftlicher Kräfte überlassen. Dabei eht es nicht nur um den Schutz sensibler Technologien, ondern auch um die industrielle Unterfütterung politi- cher Bindungen. Das Recht, Nein … zu sagen, sichert … die Verfü- gungsgewalt über industrielle Kernkompetenzen. Dabei kann es in der Regel nicht darum gehen, ge- plante Übernahmen tatsächlich zu untersagen. Der Vorteil des Genehmigungsvorbehalts besteht viel- mehr darin, dass er als Hebel eingesetzt werden kann, um bestimmte Zusagen zur Versorgungssi- cherheit durchzusetzen. In den europäischen Nachbarstaaten wird die Zu- sage in der Regel erteilt, wenn der Käufer sich etwa zur Einhaltung bestehender Lieferverträge oder zum Erhalt bestimmter technologischer Kompeten- zen verpflichtet. Die Möglichkeit, die Übernahme gegebenenfalls zu blockieren, verbessert dabei die Verhandlungsposition der Regierung ganz entschei- dend. Zwischenzeitlich hatte ich den Eindruck gewonnen, ass die deutsche Industrie akzeptiert, dass die Bundes- epublik mit ihren Partnern in Europa und in Amerika uf Augenhöhe verhandeln können muss. Lassen Sie ich hoffen, dass dies auch weiterhin gilt. In der heutigen Debatte wird behauptet, das vorgese- en Verfahren sei im Verhältnis zu anderen Ländern zu estriktiv. Dies trifft wohl nicht den Kern. Angesichts der n den USA oder Großbritannien vorgesehenen Möglich- eit, Transaktionen rückwirkend zu untersagen oder gar ückgängig zu machen, ist dieser offenbar sehr wirksame echanismus ein Damoklesschwert, das trotz fehlenden esetzlichen Meldezwanges nicht unterschätzt werden ollte. Jedenfalls führen staatliche Regelungen in diesen und nderen Ländern nicht dazu, dass Fusionen und Ver- äufe von Anteilen behindert werden. Auch hier bei uns eht es am Ende darum, einen präventiven Mechanismus u haben, der im gegebenen Fall zu einem Dialog zwi- chen Wirtschaft und Behörden führen wird und muss nd auf den Erhalt von Sicherheit, Technologie und Ar- eitsplätzen zu richten ist. Hinsichtlich des Eingriffsverfahrens haben wir zuletzt lternativ über das vorgesehene Genehmigungsverfahren n Relation zu einer Meldepflicht mit Verbotsmöglich- eit intensiv diskutiert. Wenn eine derartige Regelung uf einen seltenen Ausnahmefall zielt, ist letztendlich uch die Wirkung beider Verfahren ähnlich. Rechtstech- isch ist beides möglich, ein Genehmigungsverfahren iegt allerdings in der Systematik des Außenwirtschafts- echts und stellt als „Genehmigung“ einen positiven Vor- ang im Verhältnis zu einem „Verbot“ dar. Abgesehen avon fiel die dazugehörige Entscheidung letztendlich ach einem Abwägungsprozess in Bundesregierung und oalition. Ich selbst hätte mir allerdings auch den ande- en Weg sehr gut vorstellen können. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 9877 (A) ) (B) ) Der weiter gefasste Geltungsbereich der gesetzlichen Änderung – Rüstungsgüter – im Verhältnis zu dem der AWV – Kriegswaffen – wurde von der Bundesregierung begründet. Die im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit am Mittwoch festgehaltene Protokollnotiz regelt rechts- verbindlich im Rahmen einer Gesamtabwägung die not- wendigen Einschränkungen für Unternehmen, die in ge- ringem Umfang andere Rüstungsgüter herstellen. Zitat: Bei einer möglichen Ausweitung der Genehmi- gungspflicht des § 52 AWV auf Unternehmen, die andere Rüstungsgüter als Kriegswaffen herstellen oder entwickeln, berücksichtigt der Verordnungsge- ber im Rahmen einer Gesamtabwägung neben der Bedeutung dieser Wirtschaftsgüter für die nationa- len Sicherheitsinteressen auch technologisches Ni- veau sowie ihren Anteil an der Gesamtproduktion der betroffenen Unternehmen. Erich G. Fitz (CDU/CSU): Wir diskutieren heute in zweiter und dritter Lesung über einen Gesetzentwurf, von dem wir nach der Anhörung vom 26. April glaubten und glauben konnten, ihn in dieser Form nicht wieder auf den Tisch zu bekommen. Denn die Anhörung des Wirtschaftsausschusses hat eindrucksvoll die von der Union von Beginn an vertretene Position bestätigt, dass die von der Bundesregierung vorgesehene Einführung eines Genehmigungsvorbehaltes für den Erwerb von Rüstungsunternehmen und Unternehmen der Krypto- wirtschaft durch gebietsfremde Erwerber der falsche Weg ist. Die Sachverständigen waren sich nahezu einig, dass das Ziel der Sicherheitsvorsorge auch durch das mildere Mittel einer Meldepflicht zu erreichen und die geplante Maßnahme weder geeignet noch erforderlich noch ange- messen ist, Schlüsseltechnologien und die Kernfähig- keiten der deutschen Rüstungswirtschaft zu erhalten. Eine generelle Genehmigungspflicht wurde zudem als integrationshemmend und nicht geeignet bezeichnet, die Rolle Deutschlands als aktiver Partner vor allem beim Aufbau der europäischen Sicherheits- und Verteidi- gungspolitik zu fördern. Unabhängig davon, dass die Union und eine Reihe von Sachverständigen der Meinung waren, ein solches Gesetz sei überhaupt nicht nötig, schien es zwischenzeit- lich auch so – das konnte man jedenfalls den Signalen von Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion entnehmen –, dass sich Regierung und Opposition auf eine Melde- pflicht mit Verbotsvorbehalt einigen könnten. Eine solche Meldepflicht hätte den Charme gehabt, dass ei- nerseits die durch einen Genehmigungsvorbehalt ge- schaffene starke Reglementierung weggefallen wäre, andererseits aber auch Eingriffsmöglichkeiten seitens der Bundesregierung im Bedrohungsfall möglich gewe- sen wären. Irgendwann in der Zeit zwischen der Anhö- rung und der gestrigen Ausschusssitzung muss die SPD- Bundestagsfraktion offenbar einen Querschuss vonseiten des kleineren Koalitionspartners erhalten haben, der den zum Greifen nahe scheinenden Kompromiss, nämlich eine Meldepflicht mit Verbotsvorbehalt einzuführen, v n E a n m s n i l p n m i d s E e K E t u B f L I d D i r W n n e s w h I s d l R d d D z F z r s p N n (C (D om Tisch gefegt hat. Schade, dass Rot-Grün sich kei- en Ruck gegeben hat und den Sachargumenten und mpfehlungen der Sachverständigen nicht gefolgt ist. Die Union wird den Gesetzentwurf, über den heute bgestimmt werden soll, aus folgenden Gründen ableh- en: Erstens. Die deutschen wehrtechnischen Unterneh- en sind angesichts des seit 1990 dramatisch ge- chrumpften nationalen Rüstungsmarktes auf internatio- ale Kooperationen und Verflechtungen auch über nternationale Kapitalbeteiligungen angewiesen. Anders assen sich keine leistungsfähigen wehrtechnischen Ka- azitäten in Deutschland erhalten. Wir halten dies aber ur durch verstärkten Rüstungsexport in Kooperation it unseren europäischen Partnern für möglich. Leider st dies dank des geplanten Genehmigungsvorbehaltes, er wie die ohnehin schon vorhandene restriktive deut- che Rüstungsexportgenehmigungspolitik – inklusive ndverbleibsklausel – das falsche Signal setzt, nicht so infach. Wir sind der Auffassung, dass eine behördliche ontrolle von Unternehmensbeteiligungen weder zur xistenzsicherung der wehrtechnischen Industrie bei- rägt noch fehlende Aufträge ersetzt. Zweitens. Erschwert würden zudem multinationale nd transatlantische Joint Ventures, was zwangsläufig zu eschränkungen im Handels- und Investitionsbereich ührt. Ein Sachverständiger nannte das Gesetz gar eine ex Antiamericana. Dies schadet der Attraktivität des ndustriestandortes Deutschland und trägt auch nicht azu bei, technologische Kompetenzen am Standort eutschland zu halten. Drittens. Planwirtschaft hilft der deutschen Rüstungs- ndustrie nicht weiter. Wohin zu viel Einmischung füh- en kann, zeigt das Beispiel Frankreich, das etwa in der ehrtechnik penibel darauf achtet, Kernkompetenzen ational zu erhalten mit der Folge, dass sowohl im Mari- ebereich wie auch bei der Heerestechnik Unternehmen xistieren, die weder wettbewerbsfähig noch rentabel ind. Natürlich besteht auch das Ziel der Union darin, ehrtechnische Kernfähigkeiten in Deutschland zu er- alten. Die geplante AWG-Änderung ist aber das falsche nstrument. Was wir stattdessen brauchen, sind verbes- erte Rahmenbedingungen für die deutsche Rüstungsin- ustrie und die Förderung von Forschung und Entwick- ung. Wenn sich die Rahmenbedingungen für die üstungsindustrie nicht verbessern, kann auch das von er Bundesregierung geplante Gesetz einen Ausverkauf er deutschen wehrtechnischen Industrie nicht aufhalten. ie Situation der Rüstungsindustrie verbessern würde um Beispiel eine Erhöhung der Forschungsmittel; denn orschungs- und Entwicklungsmittel entscheiden nicht uletzt über unsere Partnerschaftsfähigkeit. In Frank- eich und Großbritannien zielt die militärische For- chung viel stärker auch auf das Sichern von Ex- ortchancen. Da haben wir in Deutschland noch großen achholbedarf. Viertens. Europäische Lösungen müssen Vorrang vor ationalen Regelungen haben. Vorrangig muss die 9878 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 (A) ) (B) ) Schaffung einer europäischen Rüstungsindustrie bzw. ei- nes europäischen Rüstungsmarktes sein. Dieses Ziel ist jedoch nicht zuletzt deshalb gefährdet, weil das von der Bundesregierung vorgesehene Einspruchsrecht bei Übernahmewünschen von Gebietsfremden, also auch von Firmen aus EU-Staaten, gelten soll. Wie man gleich- zeitig betonen kann, das Gesetz richte sich gerade nicht gegen europäische Kooperationen, bleibt ein Geheimnis der Regierung. Wie sehr sich die Schaffung eines europäischen Rüs- tungsmarktes gerade in Zeiten knapper europäischer Haushalte lohnen würde, belegt die Studie des britischen Wirtschaftswissenschaftlers Keith Hartley, wonach ein liberalisierter Rüstungsmarkt mit einer europäischen Be- schaffungsagentur helfen könnte, Kosten von bis zu 15 Milliarden Euro im Jahr zu sparen. Wir fordern die Bundesregierung daher auf, sich verstärkt für den Auf- bau eines europäischen Rüstungsmarktes einzusetzen und aktiv in der Arbeitsgruppe zur Gründung der EU- Rüstungsagentur mitzuwirken. Dort werden Antworten auf die entscheidenden Herausforderungen der Zukunft erarbeitet, nämlich Antworten auf die Entwicklung ge- meinsamer Verteidigungsfähigkeiten, die Rüstungskoo- peration und Stärkung der industriellen und technologi- schen Basis in Europa, die Schaffung eines wettbewerbsfähigen europäischen Marktes für die Ver- teidigungsindustrie und die Förderung von Forschung und Entwicklung. Nur EU-Lösungen bieten Europa si- cherheitspolitische Unabhängigkeit. Deshalb müssen na- tionale Alleingänge, wie Sie sie wünschen, vermieden werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, den Gesetzent- wurf zurückzuziehen, weil dadurch weder die Sicher- heitsbedürfnisse befriedigt noch die Probleme der deutschen Rüstungsindustrie gelöst werden können. Vielmehr nimmt der Staat den verbliebenen Rüstungsun- ternehmen jeglichen Spielraum, sich in einem globalisie- renden und von Unternehmenszusammenschlüssen ge- prägten Umfeld zu positionieren. Im Übrigen setzt das geplante zusätzliche Genehmigungsverfahren außen- wirtschaftspolitisch ein Signal, das dem Ziel der von Rot-Grün verabschiedeten Außenwirtschaftsoffensive widerspricht. Eine Einigung auf eine Meldepflicht für ausländische Interessenten wäre eine praktikable Alter- native gewesen. Schade, dass Rot-Grün so bockbeinig war. Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): Heute wird trotz aller Verhinderungs- und Verbesserungsversuche der Opposition eine Änderung des Außenwirtschaftsgeset- zes, AWG, mit den Stimmen der Regierungskoalition be- schlossen. Dies stimmt mich sehr ärgerlich und zerstört meinen Glauben in Ihre Politik vollends. Meine Damen und Herren, die Bundesregierung legt hier einen völlig falschen Patriotismus an den Tag und sie ist sich über die mittel- und langfristigen Konsequenzen ihres Handelns überhaupt nicht im Klaren. Im Vorfeld zu diesem Gesetz haben wir eine Anhö- rung durchgeführt, die so eindeutig zu einem Ergebnis führte, nämlich einen Genehmigungsvorbehalt nicht ein- z b a S l i D m v o S s e s v D d S L g p v n h d d p c A a a d t d t k l h F l n 1 c F g k d R t d i t d t r (C (D uführen, wie nur selten eine Anhörung dies zutage ringt. Dabei waren es nicht nur die betroffenen Kreise, llen voran der BDI, sondern auch unabhängige, neutrale achverständige, die Ihr Gesetzvorhaben verurteilten. Nun haben Sie uns gestern im Ausschuss erklärt, ähn- ich wie bei den Exportgenehmigungen müsse nun auch m AWG ein Genehmigungsvorbehalt enthalten sein. er alles entscheidende Grund dafür sei die Rechtssyste- atik. Wenn Sie dies einem Unternehmer erzählen, der or der Entscheidung steht, eine Beteiligung einzugehen der ansonsten sein Geschäft aufzugeben, dann passen ie auf, dass man Sie nicht für verrückt erklärt. Rechts- ystematik ist wichtig, aber Sie entscheiden hier letzt- ndlich über Gesetze, die direkte Nachteile für die Wirt- chaft bedeuten. Dies verdeutlicht für mich Ihr völlig erfehltes Gespür für wirtschaftliche Zusammenhänge. ass Sie uns dann trotzdem überzeugen wollen, Ihr Han- eln diene Sicherheits- und Verteidigungsinteressen und ie bezweckten, wehrtechnische Spitzentechnologie im ande zu halten, wirkt nur noch wenig glaubwürdig. Ein weiteres Problem wird die Reichweite des rot- rünen Gesetzesentwurfes sein. Es ist zum jetzigen Zeit- unkt nicht auszuschließen, dass Zulieferbetriebe und zi- ile Unternehmen, die in geringem Umfang militärisch utzbare Produkte herstellen, dem Genehmigungsvorbe- alt unterliegen werden. Für das Thema „Dual Use“ for- ere ich Sie zu noch größerer Klarheit auf. Ihre Rüstungspolitik ist auch vom Grundansatz her urchweg widersprüchlich. Beim Thema Rüstungsex- orte reden schon Ihre eigenen Genossen von einer Lo- kerung der restriktiven Handhabung. Sowohl Herr rnold als auch Herr Gloser forderten im „Handelsblatt“ m 11. September 2003 eine lockerere Haltung. Es ist lso nicht nur der Union und dem BDI bewusst, dass die eutsche Wehrindustrie an der unteren Grenze der Exis- enzsicherung angekommen ist. Denn Ihre Politik lässt eutsche Rüstungsfirmen ausbluten. Dass Sie nun mit der Änderung des AWG unsere Rüs- ungsindustrie mit einem erneuten Schutzwall umgeben, ann man nicht mehr nachvollziehen. Die Lage ist näm- ich schon ernst genug: Sie haben den Verteidigungs- aushalt derart zusammengekürzt, dass der Posten für orschung und Entwicklung bald nur noch unter „ferner iefen“ zu finden ist: 2003 gaben Sie hierfür 220 Millio- en Euro aus und dieses Jahr stehen gerade einmal 9 Millionen Euro mehr zur Verfügung. Die USA ste- ken hingegen 62,8 Milliarden Euro in die militärische orschung und Entwicklung. Die Äußerung des Kolle- en Arnold im „Handelsblatt“ am 12. Dezember 2003 lingt da wie Hohn: „Die Forschung ist der Schlüssel für ie Bewahrung der technologischen Fähigkeiten der üstungsindustrie“. Sie statten die Bundeswehr mit Ma- erial aus, das Sie bald nur noch in Museen finden wer- en, und Sie verkünden regelmäßig neue Kürzungspläne m Verteidigungshaushalt. Wenn man aber derartig Ver- eidigungspolitik betreibt, ist es kein Wunder, dass die eutsche Rüstungsindustrie allein mit inländischen Auf- rägen nicht überlebensfähig ist. Wer sich dann noch da- über wundert, dass unsere Unternehmen das gefundene Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 9879 (A) ) (B) ) Fressen für ausländische Firmen sind, der glänzt mit wirtschaftlicher Naivität. Ihr Gesetz hält die Hand vor die Augen, die eigentlich sehen sollten, dass wir in Zeiten zunehmender europäi- scher Rüstungskooperationen leben. Ihr Genehmigungs- vorbehalt ist der Deckel auf eine Schwachstelle in der deutschen Industrie. Sie machen es nur noch schlimmer. Durch die ohnehin schon restriktive Handhabung des AWG sind wir im Rüstungssektor bereits jetzt häufig zweiter Sieger. Mit dieser Regelung nehmen Sie den ver- bliebenen Rüstungsunternehmen jeglichen Spielraum, sich in einem globalisierenden und fusionierenden Um- feld zu positionieren. Stattdessen sollten Sie die deut- schen Rüstungsunternehmen wettbewerbsfähig machen und deren strategische Ausrichtung am internationalen Markt fördern. Doch mit Planwirtschaft und neuen büro- kratischen Regelungen für die Industrie schlagen Sie den Sargnagel nur noch tiefer hinein. Was nützt ein Verbot internationaler Zusammenschlüsse, wenn national nicht für Ausgleich gesorgt wird? Der einzige Schutz, den die deutsche Rüstungsindustrie benötigt, ist der Schutz vor dieser rot-grünen Bundesregierung. Ich fordere Sie auf, lösen Sie Ihre überholten Moral- probleme und schauen Sie konstruktiv in die Zukunft. Dieses Gesetz sollten Sie umgehend zurückziehen, es schafft lediglich nachteilige nationale Alleingänge. Schaffen Sie stattdessen einen einheitlichen europäi- schen Rüstungsmarkt, erhöhen Sie die wehrtechnischen Investitionen und schaffen Sie Arbeitsplätze durch Teil- nahme am freien Wettbewerb! Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir beschließen heute den Antrag zur Änderung des Au- ßenwirtschaftsgesetzes. Dabei geht es um die Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen, den Erwerb von natio- nalen Rüstungsunternehmen zum Schutz unserer we- sentlichen Sicherheitsinteressen beschränken zu können. Bisher konnte der Erwerb wesentlicher Anteile unserer Rüstungsindustrie von ausländischen Firmen selbst in dem Falle, dass Sicherheitsinteressen gravierend betrof- fen wären, nicht verhindert werden. Das wird sich nun ändern. In der Debatte muss man meines Erachtens zwei Punkte beachten: Erstens. Der Bereich der Rüstungsindustrie ist kein „normaler“ Wirtschaftszweig. Wir können den Handel mit Kriegswaffen und Rüstungsgütern nicht dem freien Spiel des Marktes überlassen. Ebenso wenig können wir, wenn deutsche Sicherheitsinteressen betroffen sind, dem Verkauf ganzer Rüstungsunternehmen tatenlos zusehen. Mit dem Hinweis auf Arbeitsplätze und Technologie fordert die deutsche Industrie von der Bundesregierung oftmals industriepolitische Entscheidungen – überspitzt gesagt: „Buy German“ oder „Buy European“. Wenn wir durch – auch – industriepolitisch motivierte Beschaffun- gen mit staatlichen Mitteln diesen Bereich unterstützen, dann erwächst daraus auch eine Verpflichtung anders- herum. Mit Planwirtschaft oder nationalem Alleingang haben die neuen Regelungen schon deshalb nichts zu t G l W r d s h N d l t n s A w m w a D h r d m s S z n e A B d t d s k u h d b R r h I R k c s F e B s l S d h (C (D un. Wir befinden uns vielmehr in guter internationaler esellschaft. Die USA, Frankreich, Großbritannien, Ita- ien – alle haben bereits auf die ein oder andere Art und eise ihre Industrie vor Übernahmen geschützt. Wir wa- en die letzte Nation mit bedeutender Rüstungsindustrie, ie keine Handlungsfähigkeit bei der Kollision wirt- chaftlicher mit sicherheitspolitischen Interessen besaß. Dabei wird auch gerne übersehen, dass die Besonder- eiten dieses Marktes bei weitem nicht immer zum achteil der deutschen und europäischen Rüstungsin- ustrie ausfallen. Bei der Beschaffung ist doch die Über- ebensfähigkeit der deutschen und europäischen Rüs- ungsindustrie ein Argument, das oft, wenn nicht sogar ach meiner Meinung zu oft, eine bedeutende Rolle pielt. Tiger, Eurofighter, Meteor, Iris-T, A 400 M – die ufzählung lässt sich beliebig verlängern, und niemand ill behaupten, dass die gewählte Lösung nur aufgrund ilitärischer Anforderungen oder Wirtschaftlichkeitser- ägungen zustande gekommen ist. Zweitens. Manchmal wurde in der Debatte so getan, ls würde der Verkauf von Unternehmensanteilen in eutschland generell verboten. Das ist Unsinn. Es geht ier um einen rechtlichen Hebel, mit dem die Ministe- ien im Notfall intervenieren können. Eine Entschei- ung, inwieweit durch die Veräußerung von Unterneh- ensanteilen nationale Sicherheitsinteressen berührt ind, ist stark von der jeweiligen Situation abhängig. Die chwarzmalerei ist unsachlich. Es wird immer um Ein- elfallentscheidungen gehen. Europäische Zusammenarbeit und europäische Fusio- en wird es auch in Zukunft geben. Ich befürworte die uropäische Zusammenarbeit ebenso wie den weiteren usbau europäischer Strukturen zu einer gemeinsamen eschaffungspolitik. Dass demnach bei einer Entschei- ung über einen Erwerb durch einen europäischen Inves- or ein anderer Maßstab anzuwenden ist als bei einem urch einen nicht EU-Investor, versteht sich doch von elbst. Rot-Grün wird sich auch in Zukunft für eine Stär- ung der europäisch-koordinierten Rüstungsindustrie nd Beschaffung einsetzen. Eine europäische Sicher- eitsstruktur ist ebenso wie die OCCAR ein Baustein in iese Richtung und wird auch von uns unterstützt. Ich in auch der Meinung, dass wir eine echte europäische üstungsagentur benötigen, die Kompetenzen einge- äumt bekommt, die über reine Koordination hinausge- en, und unterstütze insofern auch die Forderungen der ndustrie. Die Definition deutscher Kernfähigkeiten der üstungsindustrie ist ein weiterer Baustein, der in Zu- unft die Entscheidung über die Berührung unserer Si- herheitsinteressen vorhersehbarer macht. Nach der öffentlichen Anhörung vor dem Wirt- chaftsausschuss am Montag letzter Woche wurde die rage diskutiert, ob statt des Genehmigungsvorbehalts ine Mitteilungspflicht mit Widerrufsvorbehalt für alle eteiligten besser wäre. Abgesehen davon, dass die Vor- chläge einzelner Industrievertreter reichlich spät vorge- egt wurden, lautet die Antwort: nein. Die betroffene Rüstungsindustrie steht auf dem tandpunkt, dass eine Mitteilungspflicht die Interessen er Regierung im selben Maße schützt wie der vorgese- ene Genehmigungsvorbehalt. Dies ist aber nicht der 9880 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 (A) ) (B) ) Fall. Die Mitteilungspflicht hätte die Regierung im Zweifelsfall in eine juristisch unsicherere Situation ge- bracht. Ich habe vollstes Verständnis, dass die Industrie versucht hat, den Gesetzesentwurf abzumildern, da sie jede potentielle Einmischung des Staates in die unter- nehmerische Freiheit verhindern möchte. Ein umso grö- ßeres Kompliment ist dafür jenen zu machen, die – im Gegensatz zur anfänglichen Taktik des BDI – bis zuletzt versucht hatten, sich konstruktiv einzubringen. Die Koa- lition musste in dieser Frage aber eindeutig bleiben. Die entscheidende Frage – da sind wir uns wohl alle einig – ist, ob ein Unternehmensverkauf tatsächlich un- sere Sicherheitsinteressen beeinträchtigt. Wenn nein, wird die Genehmigung auch erteilt werden, wenn ja, darf die Beschränkung keinen unnötigen juristischen Unwäg- barkeiten unterworfen sein. Die entscheidende Frage wird die Genehmigungspraxis sein, nicht die juristische Konstruktion des Beteiligungsverfahrens. Auch wenn die Industrie der Meinung ist, die Mit- teilungspflicht wäre verhältnismäßiger: Schon alleine durch die Möglichkeit, die Genehmigung unter Auflagen zu erteilen, würde dem Ministerium ein wichtiges Instru- ment fehlen, um gerade eine verhältnismäßige Entschei- dung zu treffen. Die Ansicht, bei einer Mitteilungspflicht würde man sich im Vorfeld schon einvernehmlich eini- gen, hat den Reiz, dass sie praktisch vielleicht funktio- nieren würde. Im Zweifel begeben wir uns aber wieder in juristisch turbulentes Fahrwasser. In dieser Hinsicht waren auch die Stellungnahmen durch das BMWA und AA eindeutig. Wobei auch bei einem Verfahren mit Ge- nehmigungsvorbehalt den Betroffenen keineswegs ge- nommen ist, sich auch in Zukunft weiter vorher mit den Ministerien an einen Tisch zu setzten – hierzu kann ich nur weiterhin ermutigen. Bundeswehr und deutsch-euro- päische Rüstungsindustrie werden auch in Zukunft gut zusammenarbeiten, da bin ich mir sicher. Gudrun Kopp (FDP): Das grundsätzliche Ziel des vorliegenden Gesetzes, nämlich wehrtechnische Kernfä- higkeiten und Kompetenzen in Deutschland zu erhalten, war im Verlauf der parlamentarischen Beratungen nie strittig. Im Interesse unserer Sicherheit und der damit verbundenen Arbeitsplätze im Rüstungssektor gab und gibt es fraktionsübergreifende Übereinstimmung, dass es hier bestimmter Vorkehrungen bedarf, um zu vermeiden, dass technologisches Know-how, das häufig nur durch die Bereitstellung öffentlicher Mittel im Rahmen der Rüstungsbeschaffung der Streitkräfte erworben werden konnte, ins Ausland abwandert. Dass dieser von allen Fraktionen getragene Grund- satzkonsens von der Bundesregierung nunmehr aufge- kündigt wurde, ist sehr bedauerlich. Die Bundesregie- rung hatte im Verlauf der Beratungen den Eindruck vermittelt, dass sie durchaus zu Änderungen ihres Ge- setzentwurfs bereit gewesen wäre, um diesen Konsens zu erhalten. Nicht zuletzt deshalb wurde ja schließlich auch die Anhörung im Wirtschaftsausschuss durchge- führt. Dass Ergebnis dieser Anhörung war dabei mehr als eindeutig: h v c t d d d t e w m s B l w r d s s w I W g t m K B g d s D Z d a B Ü ö t B I n I ß b s z v d t s l d a k d d (C (D Der von der Bundesregierung vorgelegte und dennoch eute unverändert zu beratende Gesetzentwurf wurde on den Sachverständigen nahezu einmütig als unzurei- hend, unverhältnismäßig und nicht zielführend bewer- et. Deshalb haben wir Liberale Lernbereitschaft seitens er Bundesregierung vorausgesetzt und erwartet, dass er Gesetzentwurf überarbeitet würde und insbesondere ie beiden strittigen Punkte des Genehmigungsvorbehal- es und des Anwendungsbereiches milder und weniger ingriffsintensiv ausgestaltet würden. Diese Hoffnung urde jedoch enttäuscht, was wohl in erster Linie der ir völlig unverständlichen Haltung der Grünen in die- er Frage geschuldet ist. Offenkundig bestimmen in der undesregierung nach der Abdankung von Bundeskanz- er Schröder als Parteivorsitzenden die Grünen mittler- eile die Richtlinien der Politik, wie in der Zuwande- ungsfrage so auch hier. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal kurz arstellen, welche beiden Punkte im vorliegenden Ge- etzentwurf von der Fraktion der FDP – und, soweit ich ehe, auch von der CDU/CSU – im Besonderen kritisiert erden und den Ausschlag für unsere Ablehnung geben: nvestitionen ausländischer Investoren in deutsche ehrtechnikunternehmen werden durch das vorlie- ende Gesetz unverhältnismäßig erschwert. Die Ausfuhr echnologischer Industrieprodukte deutscher Unterneh- en außerhalb des engen Kreises der Produzenten von riegswaffen wird weiter behindert. Gegen den ausdrücklichen Rat der Experten hält die undesregierung an der Einführung eines Genehmi- ungsvorbehaltes fest und entscheidet sich damit gegen as weniger eingriffsintensive, aber ebenso wirksame In- trument der Meldepflicht mit Einspruchsmöglichkeit. iese Meldepflicht erfüllt in der Praxis den gleichen weck, schafft weniger Unsicherheit und ist vor allem ie unbürokratischere Lösung. In der Regel werden sich usländische Investoren ohnehin um das Wohlwollen der undesregierung im Falle von Beteiligungen oder gar bernahmen deutscher Unternehmen bemühen, da die ffentliche Hand – sprich die Bundeswehr – in den meis- en Fällen einen maßgeblichen Großkunden derartiger etriebe darstellt. Insofern liegt es in ihrem ureigensten nteresse, keine verdeckten oder unfreundlichen Über- ahmen gegen den Willen der Regierung durchzusetzen. m Übrigen ist völlig unklar, wie Sie eigentlich bei grö- eren börsennotierten Unternehmen feststellen wollen zw. wie diese selbst feststellen können, ob ein ausländi- cher Investor die Genehmigungsschwelle von 25 Pro- ent überschritten hat. Deshalb ist der hier von Ihnen orgesehene Genehmigungsvorbehalt schlicht unsinnig. Was die Ausweitung des Gesetzes auf Unternehmen, ie nicht nur reine Kriegswaffen, sondern auch Rüs- ungsgüter im weiteren Sinne herstellen, angeht, so er- cheint uns Ihr Beharren auf der ursprünglichen Rege- ung nachgerade fatal. Es ist völlig unverhältnismäßig, ass Sie jetzt über die reinen Kriegswaffen hinaus auch ndere Unternehmen mit einbeziehen. Da hilft uns auch eine Protokollnotiz aus dem Wirtschaftsausschuss, mit er Sie die betroffenen Unternehmen beruhigen wollen, er Verordnungsgeber würde schon eine verträgliche Lö- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 9881 (A) ) (B) ) sung herbeiführen. Wenn das so klar ist, dann schreiben Sie es doch in das Gesetz! Zu unserem Bedauern also müssen wir als FDP-Frak- tion im Deutschen Bundestag das vorliegende Gesetz ab- lehnen. Dies ist schade, weil in dieser wirtschafts- und sicherheitspolitisch sensiblen Frage ein überfraktioneller Konsens wünschenswert und auch erreichbar gewesen wäre. Offenkundig aber ist dies am gegenwärtigen Zu- stand der Koalition gescheitert. Petra Pau (fraktionslos): Das Außenwirtschafts- gesetz soll geändert werden. Vereinfacht gesagt, soll der Verkauf deutscher Rüstungsunternehmen erschwert wer- den. Ausländische Käufer brauchen künftig eine zusätz- liche Genehmigung und die deutsche Regierung erhält ein Vetorecht, wenn eigene Interessen betroffen werden. Dem kann die PDS grundsätzlich zustimmen, auch wenn der Teufel wie immer im Detail steckt. Aber da wir ge- gen Rüstungsexporte sind, sind wir natürlich auch gegen den Export von Rüstungsexporteuren. Also befürworten wir alles, was Rüstungsexporte erschweren oder hem- men könnte. Eine andere, aber zwingend folgende Frage ist, ob das modifizierte Gesetz wirklich dazu beiträgt, Rüstungs- exporte zu beschränken, mehr noch, ob die Beschrän- kung von Rüstungsexporten mit diesem Gesetz wirklich beabsichtigt wird. Die großen Rüstungsunternehmen sind längst internationalisiert. Sie entziehen sich ver- meintlich deutschen Interessen und liegen auch außer Reichweite dieses Gesetzes. National kontrolliert wer- den nur die Heeresausrüster, Teile des Marinesektors und ein kleiner Teil der Luft- und Raumfahrtindustrie. Das ist mehr als nichts, aber es wirft die nächste Frage auf: Warum wird der Begriff „militärische Sicherheit“ so eng, materiell definiert? Warum umfasst er nicht ebenso Patente oder Kapazitäten für biologische Waffen? Man kann doch nicht ernsthaft ständig große Gefahren be- schwören und, wenn es wirklich ernst wird, den Schwanz einziehen. Besonders glaubwürdig ist das nicht. Ich glaube übrigens auch nicht, dass das unterneh- mensfreundliche Wirtschaftsministerium wirklich ein guter Feuermelder ist, wenn es darum geht, Unterneh- mensinteressen zurückzudrängen. Sie wissen sicher, dass es auch andere Interpretatio- nen über den Sinn und Zweck dieses Gesetzes gibt. Demnach geht es nicht darum, Rüstungsexporte wirklich zu begrenzen. Es geht darum, einen Fuß in der Tür zu haben, falls sich Rüstungsgrößen an „deutschen Interes- sen“ vorbei formieren. Das hätte sogar eine innere Lo- gik. Die EU soll hochgerüstet werden. Das ist Programm und soll sogar als Pflichtaufgabe in die EU-Verfassung. Ergo gibt es genügend deutsche Unternehmen, die daran mitverdienen wollen, und es gibt ein deutsches Interesse, dabei zu sein. Das ist nicht unser Interesse, nicht das der PDS. Aber genau diese Annahme lässt der vorliegende Gesetzentwurf zu. Das vorliegende Gesetz kann also bestenfalls ein Auf- takt für weit reichende Veränderungen des Außenwirt- schafts- und Kriegswaffenkontrollgesetzes sein. Es r n s t a d g A o n H z a K c m b m D s g E d t u e L g u t r n s z d t s t H R S s d G i d G I r s n d A v (C (D eicht bei weitem nicht, um Versprechen aus den rot-grü- en Koalitionsvereinbarungen einzulösen. Und es reicht chon gar nicht, um alle Rüstungsexporte strengen Kon- rollen zu unterwerfen, sie einzuschränken und letztlich bzuschaffen. Dr. Ditmar Staffelt (Parl. Staatssekretär beim Bun- esminister für Wirtschaft und Arbeit): Mit dem vorlie- enden Entwurf eines 11. Gesetzes zur Änderung des ußenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsver- rdnung verfolgt die Bundesregierung das Ziel, die ationalen Sicherheitsinteressen und die internationale andlungsfähigkeit Deutschlands im Rüstungsbereich u stärken. Mit der Einführung der Genehmigungspflicht für den usländischen Erwerb von deutschen Unternehmen, die riegswaffen oder Kryptosysteme Herstellen, wird si- hergestellt, dass eine staatliche Einflussnahme und da- it eine notwendige politische Reaktionsmöglichkeit esteht, wenn wesentliche Sicherheitsinteressen oder die ilitärische Sicherheitsvorsorge beeinträchtigt werden. urch die Neuregelung werden die sicherheitspoliti- chen Ziele, insbesondere die sicherheits- und verteidi- ungspolitische Kooperationsfähigkeit Deutschlands im G- und NATO- Bereich und die Versorgungssicherheit er Streitkräfte, gestärkt. Zugleich wird die Koopera- ionsfähigkeit der deutschen wehrtechnischen Industrie nterstützt. Um auf sicherheitspolitischem Terrain international ine Rolle spielen zu können, muss Deutschland in der age sein, eigenes wehrtechnisches Potenzial als „Mit- ift“ einzubringen. Deutschland muss über quantitativ nd qualitativ hochwertige Rüstungskapazitäten und echnologische Fähigkeiten verfügen, um als gleichbe- echtigter Partner an der Gestaltung und Umsetzung ei- er Rüstungszusammenarbeit im Rahmen der europäi- chen Sicherheits- und Verteidigungspolitik mitwirken u können. Durch einen sonst möglichen Ausverkauf der eutschen wehrtechnischen Industrie würde der interna- ionale Stellenwert Deutschlands im militärischen und icherheitspolitischen Bereich in hohem Maße beein- rächtigt. Mit der vorgesehenen Gesetzesänderung werden die andlungs- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen üstungs- und Kryptoindustrie einerseits und nationale icherheitsinteressen andererseits ausgewogen berück- ichtigt. Zudem wird ein Handlungsrahmen geschaffen, er in vielen anderen Ländern – etwa USA, Frankreich, roßbritannien und Spanien – bereits geltendes Recht st. Wir begeben uns in diesem Bereich also lediglich auf as Niveau der in den befreundeten Ländern – USA, roßbritannien, Frankreich und Spanien – existierenden nstrumente. Es sind folgende Regelungen vorgesehen: Erweite- ung des Sicherheitsbegriffs im Außenwirtschaftsgesetz owie Schaffung einer Ermächtigung zur Einführung ei- es Genehmigungsvorbehalts für die Übernahme von eutschen Rüstungs- bzw. Kryptounternehmen durch usländer. Erfasst von der Regelung wird der Erwerb on in Deutschland ansässigen Unternehmen, die 9882 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 (A) ) (B) ) Kriegswaffen nach der Kriegswaffenliste oder Güter der sensitiven Regierungskommunikation – Kryptosysteme – entwickeln oder herstellen, durch im Ausland ansässige Unternehmen. Eine Genehmigung ist erforderlich, wenn das ausländische Unternehmen nach dem Kauf mindes- tens 25 Prozent der Stimmrechte erhält. Um den beteiligten Unternehmen schnellstmöglich Rechtssicherheit zu geben, gilt der Erwerb als geneh- migt, wenn binnen eines Monats keine anderweitige Ent- scheidung getroffen wird. Die Genehmigung muss beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit beantragt werden. Das Ministerium entscheidet im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem BMVg. Für den Kryptobereich entscheidet zusätzlich das BMI. Zum Anwendungsbereich der Genehmigungspflicht möchte ich Folgendes klarstellen: Die gesetzliche Er- mächtigungsgrundlage im Außenwirtschaftsgesetz erfasst auch Unternehmen, die keine Kriegswaffen, sondern sonstige Rüstungsgüter herstellen. Von dieser weiter ge- henden Ermächtigungsgrundlage wird in der Ausfüllungs- vorschrift der Außenwirtschaftsverordnung nur für Unter- nehmen Gebrauch gemacht, die Kriegswaffen herstellen. Die weiter gehende Ermächtigungsgrundlage ist erforder- lich, um in Zukunft gegebenenfalls möglichst rasch durch eine Änderung der Außenwirtschaftsverordnung auf ver- änderte sicherheitspolitische Rahmenbedingungen reagie- ren zu können. Eine mögliche Erweiterung des Anwendungsbe- reichs der Genehmigungspflicht wird jedoch nur zielge- richtet unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeits- grundsatzes und der Belange der Wirtschaft erfolgen. Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat hierzu eine entsprechende Protokollerklärung abgegeben, die neben den Sicherheitsinteressen auch das technologische Ni- veau der Produkte und ihren Anteil an der Gesamtpro- duktion der betroffenen Unternehmen angemessen be- rücksichtigt. Unternehmen, die Dual-Use-Produkte herstellen, sind von der Gesetzesänderung nicht betrof- fen. Mit dem Entwurf setzt sich die Bundesregierung da- für ein, eine konkurrenzfähige und starke deutsche Rüs- tungsindustrie zu erhalten, die den Kern einer eng ver- netzten europäischen Verteidigungsindustrie zusammen mit anderen europäischen Partner bilden kann. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Spam effektiv be- kämpfen (Tagesordnungspunkt 16) Ulrich Kelber (SPD): Selten beschäftigt sich der Deutsche Bundestag mit Themen der Telekommunika- tion und Informationstechnologie. Viel zu selten ange- sichts der Wichtigkeit dieser Branchen und dieser Tech- nologien für unsere Gesellschaft und Wirtschaft. Mit dem Antrag von CDU/CSU zu Spam steht heute aber wieder einmal ein Thema aus dem Bereich Tele- k g S W m D a T m c g d s – t u t t d u a z li S M K 2 A P P Ü W P s P s n r ö d d u e b m K g m m s (C (D ommunikation und Informationstechnologie auf der Ta- esordnung des Deutschen Bundestages. Spam ist mehr als unerwünschte Werbe-E-Mails. pam-E-Mails sind oft auch noch Träger von Viren, ürmern, Dialern und Trojanern. Spam wird zuneh- end zur Bedrohung für die Wissensgesellschaft. Deswegen ist Spam zu Recht ein Thema für den eutschen Bundestag. Da sind wir uns mit CDU/CSU ls heutigem Antragsteller einig. Die Zahlen beim hema Spam sind bedrückend, die ungebrochene Dyna- ik des Problems alarmierend. Waren 2001 weltweit nur irca 7 Prozent der E-Mails Spam, sind es 2004 schon ut 50 Prozent. Und für 2006 rechnen Experten damit, ass wenigstens zweidrittel aller E-Mails weltweit Spam ind. Die Zahlen für Deutschland sind – wenn überhaupt nur unmerklich besser. Gut 20 Prozent aller Spam-E-Mails sind nicht nur läs- ig, sondern enthalten bereits Viren, Würmer, Trojaner nd Dialer. Damit werden Millionen PCs und die Da- eien darauf gefährdet. Spam wirbt für illegale Inhalte wie zum Beispiel Ket- enbriefe. Pornographische und andere jugendgefähr- ende Inhalte werden von den Spammern automatisiert nd ohne Unterscheidung des Empfängers verschickt, uch Kinder sehen sie. Spammer verdienen nach Schät- ungen von Experten schon über 5 Milliarden Euro jähr- ch mit ihren illegalen Aktivitäten. Manche Massen- pammer sind längst zu Millionären auf Kosten von illionen geworden. Alle durch Spam verursachten osten zusammengerechnet liegen wohl schon bei über 0 Milliarden Euro. Alleine in Europa, und das jährlich. ber diese dramatischen Zahlen alleine beschreiben das roblem Spam nur zum Teil. Wie sieht die Praxis an den Cs aus? In Unternehmen sinkt die Produktivität durch die berflutung der E-Mail-Postfächer. Die Dialer, Viren, ürmer und Trojaner im Spam verseuchen Millionen Cs im Land. Viele Privatleute und Kleinunternehmen ind mit den Folgen von Viren- und Würmerbefall Ihrer Cs durch verseuchte Spam völlig überfordert. Men- chen mit geringer Nutzung des Internet finden fast nur och Spam in ihren Postfächern. Viele Spam-Filter sper- en in der Hitze des Gefechts auch einmal wichtige seri- se E-Mails. Und zuletzt, mir aber auch am wichtigsten: Die Kin- er, deren Medienkompetenz wir auch an den PCs för- ern wollen, werden mit jugendgefährdenden Inhalten nd verseuchten Spam überflutet. Alles das führt zu einem sinkenden Vertrauen in die lektronischen Medien. Über die Hälfte der Menschen efürchtet schon, am PC ausspioniert zu werden. Viele isstrauen zunehmend der Sicherheit elektronischer ommunikation überhaupt. Spam ist damit ein direkter Angriff auf die Wissens- esellschaft, auf E-Learning, E-Business und E-Govern- ent. Wir müssen diesen Angriff ernst nehmen. Er trifft itten ins Herz vieler Innovationen unserer Gesell- chaft. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 9883 (A) ) (B) ) CDU/CSU und SPD sind sich in der Beschreibung des Problems einig. Wir sind uns auch einig, dass Spam ein Thema für den Deutschen Bundestag und die Deutsche Bundesre- gierung zu sein hat, aber mit ihrem Antrag heute haben Sie es sich dann doch ein bisschen zu einfach gemacht, meine Damen und Herren von der Opposition. Diese Kritik müssen Sie sich gefallen lassen. Sie haben nur einen Teil der notwendigen weiteren Maßnahmen angesprochen, Sie haben sich nicht um die Umsetzung von Vorschlägen gekümmert, sondern nur ei- nen allgemeinen Forderungskatalog aufgeschrieben. Drei ihrer fünf Forderungen sind längst Realität, sie betreffen die internationale Kooperation und die Zusam- menarbeit mit der IT-Wirtschaft. Die beiden anderen be- schreiben durchaus richtige Elemente für weitere gesetz- liche Maßnahmen, bleiben aber bruchstückhaft. Wo ist denn ein Gesetzentwurf der Opposition für die nationalen Maßnahmen, die die Opposition jetzt fordert? Diese Mühen einer konkreten Umsetzung muss man sich schon machen, wenn man sich nicht dem Verdacht aus- setzen will, nur in Schlagzeilen zu denken, statt sich um die Lösung des Problems zu kümmern. Deswegen lehnen wir den Antrag von CDU/CSU heute ab. Wir sind aber bereit zur gemeinsamen Arbeit an konkreten Verbesserungen, die den Menschen wirk- lich Hilfe bringen. Erste Vorschläge sind in der Koalition bereits in der Beratung. Darauf werde ich noch eingehen. Die EU-Kommission hat mit der Richtlinie zum Da- tenschutz bei der elektronischen Kommunikation alle Mitgliedstaaten aufgefordert, die Rechtswidrigkeit von Spam gesetzlich klar zu regeln. Bis dahin hatte sich Rechtswidrigkeit von Spam aus verschiedenen Urteilen deutscher Gerichte seit den 70er-Jahren ergeben. Jetzt stellen wir die Definition von Spam auf eine gesetzliche Grundlage. Der Aufforderung der EU-Kommission kommt Deutschland durch die Novelle des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb nach. In Zukunft hat jede Bürge- rin und jeder Bürger einen Unterlassungsanspruch gegen Spam, können Unternehmen gegen Wettbewerber vorge- hen, die Spam nutzen, können Gewinne durch Spam ein- gezogen werden etc. Es gibt also schon jetzt durchaus konkrete Schritte ge- gen Spam in Deutschland von Seiten des Gesetzgebers. Und auch viele Provider handeln auf der technischen Ebene gegen Spam. Die entscheidende Frage für den Deutschen Bundes- tag als Gesetzgeber ist jetzt: Reichen diese ersten Maß- nahmen gegen Spam? Die EU-Kommission hat im Januar alle Mitgliedstaa- ten aufgefordert, zusätzliche Schritte gegen Spam zu un- ternehmen. Dabei ist insbesondere auch die Möglichkeit benannt worden, Spammer mit Bußgeldern zu belegen oder sogar strafrechtlich zu verfolgen. m d i z l r S w z w n t W G d m g a t a n n f M d R n t d n g b g o b v r S s h a w f b c w a (C (D Die Einschätzung, ob weitere gesetzliche Maßnah- en notwendig sind, sind in der Fachwelt geteilt. Selbst ie großen Internetprovider in Deutschland streiten sich n dieser Frage. Innerhalb einer Woche habe ich von wei solchen Unternehmen genau entgegengesetzte Stel- ungnahmen erhalten. Das macht es der Politik nicht ge- ade leichter, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Eines ist klar: Gesetze alleine können gegen die pam-Flut nichts ausrichten. Sicherlich ist es besonders ichtig, die technologischen Maßnahmen gegen Spam u verbessern. Wir erwarten hier von den großen Hard- arefirmen, den großen Softwarehäusern und den Inter- etprovidern zügige weitere Aktivitäten. Sicherlich müssen die E-Mail-Nutzer verantwor- ungsvoller und informierter mit dem Medium umgehen. er zum Beispiel seine E-Mail-Adresse für jedes kleine ewinnspiel hinterlässt, muss sich nachher nicht über ie Spams an diese E-Mail-Adresse wundern. Sicherlich müssen vor allem die nationalen Maßnah- en international besser abgestimmt werden. Für Spams ibt es keine Grenzen. Die Verfolgung der Spammer darf lso auch nicht an den Grenzen eines Staates enden. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir auch wei- ere gesetzliche Schritte gegen Spam benötigen, gerade uch in Deutschland als einem der großen Telekommu- ikations- und Informationstechnologiemärkte. Nur wer ational handelt, kann internationale Kooperationen ein- ordern. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir vor allem die assen-Spammer strafrechtlich verfolgen oder zumin- est mit hohen Bußgeldern konfrontieren müssen. Das isiko für Spammer muss merklich steigen. Sie haben Anfang März in den Medien verfolgen kön- en, dass einige SPD-Abgeordnete deswegen SPD-in- ern einen konkreten Gesetzentwurf eingebracht haben, er genau dies regeln soll. Dieser Gesetzesentwurf wird un zwischen den Berichterstattern und den Arbeits- ruppen diskutiert. Man muss da gar kein Versteckspiel etreiben, es gibt noch wichtige Fragen zu klären und es ibt auch unterschiedliche Ansichten zum Thema! Einige fragen, ob man nicht zunächst abwarten sollte, b die Novelle des Gesetzes gegen den unlauteren Wett- ewerb nicht erfolgreich genug ist in der Bekämpfung on Spam. Es ist noch nicht klar, wo ein neues Gesetz echtstechnisch am besten implementiert werden könnte. Zu Recht wollen einige klären, ob die vorgesehenen trafen verhältnismäßig sind. Man muss sich fragen las- en, welche Behörden haben denn das richtige Know- ow für die Verfolgung der Spammer. Dies und vieles nderes mehr ist zu bedenken, wenn es zu einem hand- erklich guten und effektiven Gesetz kommen soll. Sie sehen, dass ist ein bisschen mehr Arbeit, als ein- ach nur einen Forderungskatalog in die Debatte einzu- ringen. Nur solche konkreten Beratungen, nur entspre- hende konkrete Beschlüsse helfen den Menschen irklich. Alles andere wäre weiße Salbe gegen eine kute Bedrohung wie Spam. 9884 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 (A) ) (B) ) Wie sehen aus Sicht eines Befürworters zusätzlicher gesetzlicher Regelungen, wie ich es bin, notwendige Elemente eines solchen Anti-Spam-Gesetzes aus? Dazu drei Beispiele: Schon der erste Versuch von Massen-Spam muss zu einer empfindlichen Strafe füh- ren. Die großen Provider werden helfen, die Massen- Spammer zu identifizieren. Einige sind uns ja schon heute bekannt. Internationale Zusammenarbeit wird den Druck weiter verstärken. Wer sich durch falsche IP-Adressen und Header ver- steckt, mit irreführenden Betreff-Zeilen trickst oder fremde Rechner für Spam nutzt, muss bestraft werden. Das Sammeln von E-Mail-Adressen durch so genannte „Ernte-Programme“ oder durch Ausprobieren von Buch- stabenkombinationen sollte illegal werden. Diese beiden Methoden wird für kein seriöses Geschäftsmodell benö- tigt. Spam ist für die Wissensgesellschaft wie eine Pest- epedemie. Wir brauchen das Zusammenspiel von verant- wortungsbewussten Nutzern, aktiver IT-Wirtschaft und konsequenter Gesetzgebung, um diese Pest einzudäm- men. Erste gesetzliche und technische Maßnahmen sind er- folgt. Ich bin fest davon überzeugt, dass weitere Schritte des Gesetzgebers notwendig sind, diese sollten im Deut- schen Bundestag mit großer Mehrheit erfolgen. Ursula Heinen (CDU/CSU): Seit mehreren Jahren wachsen die technischen Möglichkeiten zur Kommuni- kation enorm. Gerade das Internet bietet uns erhebliche Arbeitsvereinfachungen und Informationsmöglichkeiten an. Besonders in unserem Beruf wissen wir dies alle zu schätzen. Doch gleichzeitig wachsen die Probleme wegen zu- nehmenden Missbrauchs, Betrügereien etc. an. Im letz- ten Jahr haben wir uns ausführlich mit den so genannten Dialern beschäftigt, den Mehrwertdiensterufnummern, dann mit unerbetener Telefonwerbung, mit der unerbete- nen Zusendung von sms – ein Thema, das wir im Übri- gen auch noch einmal beraten müssen! – und nun mit den unerbeten zugesandten Mails, den Spams. Hunderte von Spam-Mails erreichen uns tagtäglich. Nach einem Wochenende sind das auf meiner E-Mail-Adresse mon- tags morgens fast 80 Prozent. Und wir müssen feststellen: Es handelt sich für den Gesetzgeber um eine komplizierte Materie, denn der ra- sante technische Fortschritt lässt sich kaum in den lang- wierigen parlamentarischen Prozess einspeisen. Zudem müsste der Gesetzgeber immer einen Schritt schneller sein bzw. weiter denken als diejenige, die wie hier beim Internet betrügen wollen. An dieser Stelle möchte ich an das Gesetz zur Be- kämpfung des Missbrauchs mit 0900er- und 0190er- Nummern erinnern. Wir haben von Anfang an gesagt, dass eine gesetzliche Vorgabe alle Mehrwertdiensteruf- nummern erfassen müsste, um nicht eine Gefahr der Ver- lagerung des Missbrauchs hervorzurufen. f 0 d f w k d M s W u S l n t d w i f w w s n w m p a s t t l g b t w l A d b D m s w f t V W W (C (D Dies hat die Bundesregierung ignoriert, mit dem Er- olg, dass sich unsere Vorhersage bestätigt hat und nun 137er-Nummern und andere die meisten Gefahren für ie Verbraucher darstellen. Diese Erfahrung sollten wir ür die Zukunft nutzen. Wir haben deshalb in unserem Antrag vorgestellt, elches Maßnahmenbündel wir benötigen, um die Be- ämpfung von Spams effektiv anzugehen. Wir müssen ie Regelungen, die mit der Bekämpfung von unlauteren achenschaften im Zusammenhang stehen, auch im Zu- ammenhang mit dem Gesetz gegen den Unlauteren ettbewerb (DWG) sehen, das vor Ostern in zweiter nd dritter Lesung verabschiedet wurde. Hier hat man zwar das unverlangte Zusenden von pams als unzumutbare Belästigung und damit als un- auteres und verbotenes Wettbewerbsverhalten aufge- ommen. Dies entspricht auch dem gerade veröffentlich- en Urteil des BGH – 11. März 2004 Az. I ZR 81/01 –, er damit die unerwünschte Spam-Werbung der uner- ünschten Telefon-Werbung gleichgestellt hat. Beides st aus Sicht der Verbraucher zu begrüßen. Aus der Unlauterkeit des unerwünschten Spammings olgt ein Unterlassungsanspruch. Zusätzlich ist ein Ge- innabschöpfungsanspruch eingeführt worden. Aber ie sieht es in der Durchsetzung aus? Die Voraussetzungen des Gewinnabschöpfungsan- pruchs sind so streng – zulasten einer Vielzahl von Ab- ehmern –, dass es schwierig werden wird, diesen Ge- innabschöpfungsanspruch mit Leben zu erfüllen. Das Problem der Rechtsdurchsetzung fängt aber eist schon früher an. Denn die Verbraucher, die Privat- ersonen, werden den möglichen Beklagten gar nicht usfindig machen können. Denn sehr häufig verstecken ich die Spammer hinter gefälschten oder nicht existen- en IP – oder Absenderadressen. Anmerkung: IP bedeu- et Internetprotokoll, das sind die 9 bis 10-stelligen Zah- enkombinationen, unter denen jede E-Mail-Adresse espeichert ist. Vor diesen Schwierigkeiten stehen Verbraucherver- ände schon jetzt, wenn sie Unterlassungsklagen aus echnisch weniger komplizierten Bereichen, beispiels- eise einem unlauteren Gewinnspiel, durchsetzen wol- en. Schwierigkeiten schon beim Ausfindigmachen des bsenders ergeben sich gerade dann, wenn Anbieter aus em Ausland unlauter agieren. Die Verbraucher bzw. klagebefugten Verbraucherver- ände stehen im Ergebnis häufig mit leeren Händen da. as gute Recht des Verbrauchers ist dann nicht oder nur it extrem hohen Aufwand – der auch kostet – durch- etzbar. Nicht durchgesetztes Recht ist aber wenig wert und äre schließlich auch für das Internet selbst als Platt- orm für Handel und Kommunikation schädlich. Das In- ernet lebt vom Vertrauen der Menschen. Wenn dieses ertrauen verspielt wird, nimmt ein vielversprechender irtschaftszweig Schaden. Weil wir meinen, dass das Internet als Plattform für irtschaft wie für Verbraucher unvermindert zur Verfü- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 9885 (A) ) (B) ) gung stehen sollte, fordern wir die Bundesregierung zu folgenden rechtlichen Verbesserungen auf: Die Verwen- dung nicht existenter oder verfälschter IP- oder Absen- derangaben soll eine Ordnungswidrigkeit darstellen und mit Bußgeld bewehrt werden. Dieser Ordnungswidrig- keitstatbestand soll auch die Beworbenen erfassen. Soll heißen: Lässt sich der Absender nicht ausfindig machen, so kann auch der Hersteller des beworbenen Produktes haftbar gemacht werden. Wir meinen, dass die Einführung einer Androhung von Bußgeld dringend notwendig ist, um den Miss- brauch einzudämmen. Zivilrechtliche Regelungen allein reichen nicht, dies habe ich gerade ausgeführt. Wir wür- den uns damit in die Reihe mit Italien, Dänemark oder Österreich stellen und damit die Front der aktiv gegen Spam angehenden Länder verstärken. Diese Regelungen können damit letztlich zu deutlich mehr Transparenz führen. Denn nur hohe Bußgelder werden Spammer vom Verfälschen und Verstecken und damit vom Handeln selbst abhalten können. Bundesverbraucherministerin Künast ist sonst immer bestrebt, die Verbraucher vor möglichst vielem zu schüt- zen. Sie ist auch regelmäßg bestrebt, möglichst viel Transparenz herbeizuführen. Sie hat deshalb zum Bei- spiel in der Gentechnik hohe Bußgelder für Verstöße ge- gen die Kennzeichnungspflich bei Lebensmitteln festge- legt. Hier geht es auch um einen Bereich, der für die Ver- braucher im Alltag von hoher Bedeutung ist. Hier könnte Frau Künast ihr Initiativrecht endlich einmal nutzen. Die Verbraucher würden es ihr danken, mehr als manch an- dere Aktion. Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU): Elektronischer Werbemüll belästigt die Verbraucher und schädigt die Wirtschaft. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Es sollte klar sein, dass hier Handlungsbedarf besteht: Die Zahl der unverlangt zugesandten Werbe-E-Mails wächst derzeit exponentiell. Im Jahr 2000 waren Schät- zungen zufolge lediglich circa acht Prozent aller Mails unverlangte Werbe-Mails, Ende 2002 ging man von 40 Prozent aus, derzeit ist mehr als jede zweite Mail Spam. Täglich sind dies 13 Milliarden Mails. Dies wären für jeden 13 Milliarden Gründe, gegen dieses Unwesen vorzugehen. Die Bundesregierung tut nichts. Dabei wächst der Druck täglich: Die Zahl der ver- schickten Spam-Mails verdoppelt sich alle 18 Monate. Inzwischen gibt es sogar Schätzungen, wonach Anfang 2005 bereits bis zu 90 Prozent aller E-Mails Spam sein werden. Ohne Gegenmaßnahmen würde die Kommuni- kation via E-Mail gefährdet. Amerikanische Studien be- legen inzwischen, dass sich das Nutzerverhalten zu än- dern beginnt: Die Menschen nutzen E-Mails weniger, weil sie sich von der Werbeflut überrollt fühlen. Der Müll diskreditiert das Medium. Mit der Zahl der verschickten Spam-Mails steigen auch die Schäden bei Unternehmen, Bildungseinrichtun- gen, gemeinnützigen Organisationen und Behörden. S w A c d 2 l I V s d W d u g s t w V d V l P w d n E W v w b a t m s n g d l s u F h P n E t z w D d h d (C (D pam-Mails erfordern entweder kostenträchtige Ab- ehrmaßnahmen oder absorbieren die ebenfalls teure rbeitszeit der Mitarbeiter. Die Zahlen sind erschre- kend: Die EU-Kommission nimmt für 2002 einen Pro- uktivitätsverlust von 2,5 Milliarden Euro an. Das sind ,5 Milliarden Euro, die Innovation und Fortschritt feh- en. Darüber hinaus schädigen Spammer insbesondere die nternetserviceprovider, die ihren Kunden jederzeit den ersand oder Empfang von E-Mails ermöglichen müs- en. Diese Unternehmen werden durch die Spammer azu gezwungen, eine Infrastruktur vorzuhalten, die der elle des elektronischen Mülls gewachsen ist. Sie wer- en also gezwungen, teure Investitionen vorzunehmen, m ihren Kunden Botschaften zu übermitteln, die diese ar nicht haben wollen. Investieren sie aber nicht, ver- topft Spam ihre Infrastruktur und sie können die Leis- ungen für ihre Kunden nicht erbringen – und dies nur egen der Aktivitäten einiger krimineller Spammer. Die wahrscheinlich gefährlichste Folge aber ist der erlust der Nutzer in die Vertrauenswürdigkeit des Me- iums. Es besteht die Gefahr, dass E-Mails nur noch als erbreiter obskurer Angebote, als Werbung für angeb- ich erotische Produkte und Dienstleistungen oder als lattform für die Anbahnung betrügerischer Geschäfte ahrgenommen werden. Die Folge ist, dass private oder ienstliche E-Mails in der Masse der Spam-Mails gar icht mehr wahrgenommen werden. Am Ende dieser ntwicklung werden wichtige Nachrichten auf anderen egen als der elektronischen Post verschickt. Dadurch erlöre die E-Mail als schnelles und preiswertes welt- eites Kommunikationsmittel – und damit auch als Trei- er für die Wirtschaft – an Bedeutung. Spam erweist sich uch unter diesem Aspekt als Hemmschuh der Innova- ion. Wirtschaftliche Entwicklung setzt vernünftige Rah- enbedingungen voraus. Dazu gehört auch ein energi- ches Vorgehen gegen Spam. Die Bundesregierung hat die UWG-Novelle leider icht genutzt, um Spam effektiv zu bekämpfen. Im Ge- ensatz zu anderen europäischen Ländern hat die Bun- esregierung bisher keinerlei straf- oder ordnungsrecht- iche Maßnahmen gegen Spam ergriffen. Sie beschränkt ich darauf, im UWG Art. 13 der Richtlinie 2002/58/EG mzusetzen. Demnach ist die Werbung mittels E-Mail nur in zwei ällen zulässig: Grundsätzlich muss der Empfänger vor- er sein Einverständnis erklärt haben. Im Interesse der flege bestehender Geschäftsbeziehungen dürfen Unter- ehmen ihre Kunden informieren. Alle anderen Werbe- -Mails sind unzulässig. Dies ist zu begrüßen. Weniger erfreulich ist, dass es keine geeignete Sank- ionsmöglichkeit gibt. BGB und UWG sehen lediglich ivilrechtliche Maßnahmen wie Schadensersatz, Ge- innabschöpfung und Klage auf Unterlassung vor. iese Ansprüche sind bei Spam aber nur theoretisch urchsetzbar: Sehr viele kommerzielle Spammer verstecken sich inter gefälschten oder nicht existenten IP- oder Absen- eradressen. Sie können in der Regel von Privatleuten 9886 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 (A) ) (B) ) nicht oder nicht mit einem vertretbaren Kostenaufwand ermittelt werden. Praktische Auswirkungen auf die Be- kämpfung von Spam hat dies alles nicht. Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vertritt die Auffassung, dass es keinen Königsweg bei der Abwehr von Spam gibt. Sie fordert daher ein Bündel von Maßnahmen, die zusammen geeignet sind, diesem Missstand zu begegnen. Erstens. Wer Werbe-E-Mails mit nicht existenten IP- oder Absenderangaben oder sonstigen Header-Manipu- lationen ohne vorherige Einwilligung der Empfänger verschickt, muss bußgeldpflichtig werden. Wir wollen nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Gegen Perso- nen oder Unternehmen, die – aus welchen Gründen auch immer – mit offenem Visier spammen, müssen wir nicht das Ordnungswidrigkeitenrecht einsetzen. In diesen Fäl- len ist der Absender ja erkennbar, sodass die zivilrechtli- chen Ansprüche nicht ins Leere laufen. Hier reichen die Regelungen im BGB und UWG aus. Das Ordnungswid- rigkeitenrecht soll nur gegen diejenigen Spammer einge- setzt werden, die durch die oben angesprochenen Mani- pulationen ihre kriminelle Energie zutage treten lassen. Für eine Qualifikation als Ordnungswidrigkeit spricht, dass die verfolgende Behörde nicht durch das Legalitätsprinzip – wie bei Straftaten – verpflichtet ist, jeder einzelnen Straftat nachzugehen, sondern in eige- nem Ermessen entscheiden kann, ob und wie sie vorgeht. Man stelle sich nur vor, die Staatsanwaltschaft müsste gegen jeden Spammer, der ihr angezeigt wird, erst ein Verfahren eröffnen und dann in den meisten Fällen wie- der einstellen. Solch eine kafkaeske Bürokratie wollen wir nicht. Die verfolgende Behörde soll selbstständig und ohne formales Verfahren entscheiden können, gegen wen sie tätig wird. Zweitens. Wir fordern, dass auch derjenige, der für sich durch Spam werben lässt, bußgeldpflichtig wird. Hier obliegt den Behörden bzw. Gerichten die im Einzel- fall sicher nicht leichte Unterscheidung zwischen denje- nigen, die willentlich Spam als Werbemedium nutzen, deren Erzeugnisse ohne ihren Willen beworben werden, um das Unternehmen zu diskreditieren. § 8 II UWG zeigt, dass dies durchaus möglich ist. Drittens. Die Bundesrepublik muss endlich eine Vor- reiterrolle bei der Eindämmung von Spam auf internatio- naler Ebene durch Förderung multilateraler Abkommen einnehmen. Uns ist völlig klar, dass ein Anti-Spam-Ge- setz, das sich auf die Bundesrepublik beschränkt, allein dem weltweiten Spam-Phänomen wenig entgegensetzen kann. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass auch wir Teil einer internationalen Koalition gegen Spam werden müssen. Niemand kann auf internationaler Ebene glaub- würdig gegen Spam vorgehen, wenn er auf nationaler Ebene in Tatenlosigkeit verharrt. Oft wird gesagt, dass man gegen Spam sowieso nichts machen könne, weil die Werbe-E-Mails aus Ländern kä- men, die sich bisher nicht als besonders kooperativ er- wiesen hätten. Dies ist richtig und falsch zugleich. Rich- tig ist, dass die Mails vorrangig von Servern aus b A a S A r i w K w D n d v s g s z v e r n M W h ü B w a M g M d W w l A l U P b l p e s c u r a n (C (D estimmten Ländern ausgehen. Falsch ist dagegen die nnahme, dass sich die Urheber dieser Spam-Mails dort ufhielten: Mehr als drei Viertel der Urheber halten sich chätzungen zufolge in den Vereinigten Staaten von merika auf. Zwei oder drei der 50 größten Spammer esidieren in der Bundesrepublik. Ebenso unzutreffend st auch die Vorstellung, man habe es mit einer Unzahl eltweit tätiger Profi-Spammer zu tun, gegen die ein ampf von vornherein sinnlos sei: 90 Prozent des welt- eiten Spams kommen von weniger als 200 Personen. er Kampf gegen Spam ist ein Kampf, der durch inter- ationale Übereinkommen erst möglich wird. Viertens. In Ergänzung des Opportunitätsprinzips for- ern wir, dass in Zusammenarbeit mit den Internet-Ser- ice-Providern eine zentrale Melde- und Beschwerde- telle eingerichtet wird, damit gegen Spam-Attacken ebündelt und unverzüglich vorgegangen und diese chnellstmöglich sanktioniert werden können. Auf diese Weise wird eine effektive Zusammenarbeit wischen staatlichen Stellen und der interessierten Pri- atwirtschaft zum Nutzen der Bürger und Unternehmen tabliert. Fünftens. Wir fordern ferner, dass die Bundesregie- ung in Zusammenarbeit mit der IT-Wirtschaft Unter- ehmen und Verbraucher über den Umgang mit Spam- ails, Schutzsoftware und Filtertechniken informiert. ir sind der festen Überzeugung, dass Hilfe zur Selbst- ilfe eine entscheidende Voraussetzung für den Sieg ber Spam ist. Die Erfüllung dieser Forderungen wird uns bei der ewältigung des Spam-Problems einen großen Schritt eiterbringen. Mehr staatliche Einmischung lehnen wir us grundsätzlichen Erwägungen ab: Die grundsätzliche öglichkeit der freien Kommunikation per E-Mail muss ewährleistet bleiben; der Versand oder Empfang von E- ails darf nicht durch Überregulierung erschwert wer- en. Wir dürfen auch nicht die Innovationskraft der irtschaft unterschätzen, die diesem Übel auch bald mit irksamen Gegenmaßnahmen begegnen wird. Die Politik muss aber auf jeden Fall eines tun – end- ich anfangen! Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der ntrag der Union zur Bekämpfung von Spam ist recht- ich bedenklich und heuchlerisch. Ich bestreite, dass die nion hier den ernsthaften Willen hat, das Spam- roblem, das ein zutiefst wirtschaftliches ist, effektiv zu ekämpfen. Angesichts von Poduktivitätsverlusten al- ein in den Unternehmen von 11,5 Milliarden US-Dollar ro Jahr in den USA und der Europäischen Union geht s hier nicht mehr um Kavaliersdelikte oder lästige Post, ondern um erhebliche finanzielle Schäden bei Verbrau- hern und Unternehmen. Der Antrag der Union empfiehlt nun Maßnahmen, die nzureichend und rechtlich bedenklich sind. Im Forde- ungskatalog heißt es unter 2.: ordnungsrechtliche Ver- ntwortung und Bußgeldpflicht auch für den Beworbe- en. Diese Forderung ist rechtsstaatlich völlig unhaltbar. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 9887 (A) ) (B) ) Die Verhängung eines Bußgeldes ist nur zulässig bei ei- genem Handeln oder bei Verletzung einer Handlungs- pflicht. Nach dem, was die Union hier fordert, wären Bußgeldverfahren zulasten von Dritten denkbar. Das heißt: Unbeteiligte, die ohne ihr Wissen als Anbieter der beworbenen Ware benannt werden, müssten mit einem Bußgeld rechnen. Hintergrund ist wohl die nicht von der Hand zu weisende Vermutung, dass der Beworbene mit dem Werber in Verbindung steht oder sogar identisch ist, da anderenfalls das Handeln des Werbers nicht sinnvoll erscheint. So einfach und auf der Grundlage reiner Vermutung können wir aber nicht sanktionieren, auch wenn die Union dies zur neuen Maxime erheben sollte, siehe Zu- wanderungsrecht. Die Position der Grünen ist: Im Rah- men eines rechtsstaatlichen Verfahrens soll die Abschie- bung in diesen besonderen Fällen und auf der Grundlage einer tatsachengestützten, gerichtlich überprüfbaren Ge- fahrenprognose beschleunigt und vereinfacht werden. Statt einzelne Details herauszuheben und dafür un- taugliche Lösungen vorzuschlagen brauchen wir einen Instrumentenmix. Wir brauchen staatliche, gesetzliche Maßnahmen, die verbesserten technischen Filter der In- ternetwirtschaft und die Aufklärung der Verbraucher in Richtung eines sorgsamen Umgangs mit der eige- nen E-Mail-Adresse. Hier ist immer noch der beste Tipp, auf keinen Fall auf Spam zu antworten und für private E-Mails eine gesonderte Adresse zu verwenden. Unsere UWG-Novelle sieht in § 7 UWG-E ein aus- drückliches Verbot der unverlangten Zusendung elektro- nischer Werbebotschaften vor, es sei denn, der Adressat hat eingewilligt. Das ist das so genannte Opt-in-Verfah- ren. Außerdem soll die Möglichkeit einer Gewinnab- schöpfung eingeführt werden, § 10 UWG-E. Damit wird dem Versender der wirtschaftliche Anreiz für seine Tätigkeit genommen. Solange Spam sich lohnt, wird das Problem auch wei- terhin aktuell bleiben. Die Kosten für das Versenden sind so minimal, das Spamming ein sicheres Geschäft ist. Dreh- und Angelpunkt sind dabei Adressen. Die Urheber von Spams durchforsten Newsgroups, Homepages oder E-Mail-Verzeichnisse und legen sich Adressdatenbanken an. EU-Kommissar Erkki Liikanen hat Anfang des Jah- res berichtet, dass ihm elektronische Versandprogramme mit 450 Millionen elektronischen Adressen schon für 99 Dollar angeboten wurden. Nun ist es ungeheuerlich, dass die Union das Opt-in- Verfahren und die Gewinnabschöpfung, beides effiziente und unbürokratische Maßnahmen zur Bekämpfung von Werbe-Spam, im Bundesrat blockieren und mit der For- derung nach Streichung dieser Maßnahmen morgen den Vermittlungsausschuss anrufen will. Auch im Telekom- munikationsgesetz fordern die Unionsländer das Opt- out-Verfahren bei der Revers-Suche, also der Suche und damit natürlich der Verwendung für geschäftliche Zwe- cke von Adressen, die auf Grundlage der Telefonnum- mer ermittelt werden. Das nenne ich heuchlerisch. Vielleicht weiß ja auch die eine Hand nicht, was die andere tut. Aber hier kostspielige straf- und ordnungs- r p s g s s d w m w s d h e u e s d p p e m a d g d s G j S b v g G f l d v f d 2 2 d b ü z d s P d d m t I (C (D echtliche Maßnahmen zu fordern, wenn durch ein euro- aweit akzeptiertes Opt-in-Verfahren und die Gewinnab- chöpfung das Problem in seinem wirtschaftlichen Kern etroffen werden kann, ist mir unverständlich. Das ent- pricht nicht gerade der Vorstellung einer unbürokrati- chen und sparsamen Regierungsführung. Wir wollen aber noch mehr erreichen, nämlich dass as Versenden von Werbe-Spam als unlautere Wettbe- erbshandlung nicht nur untersagt, sondern zusätzlich it einem Bußgeld belegt werden kann, damit auch klar ird, dass Spam ein schlechtes Geschäft ist. Eine ent- prechende Ergänzung im Teledienstegesetz wird von er Bundesregierung derzeit erarbeitet. Wir würden es ierbei begrüßen, wenn die in Internetangelegenheiten rfahrene Regulierungsbehörde für Telekommunikation nd Post hier die Zuständigkeit als Verfolgungsbehörde rhielte. Auch der Vorschlag aus der SPD, einen Straftatbe- tand für kriminelle Verschleierungstechniken wie Än- erung der Adresszeilen oder die Nutzung fremder Com- uter für den Spamversand einzuführen, halte ich für rüfungswürdig. Wichtig ist jedoch vor allem, dass die rzielten Unrechtsgewinne nicht mehr beim Unterneh- en verbleiben dürfen und – da stimme ich der Union usnahmsweise einmal zu – dass wir international koor- iniert vorgehen; denn das Internet kennt keine Landes- renzen. Die ersten Schritte auf europäischer Ebene ist ie Bundesregierung mit der Umsetzung der Daten- chutz-Richtlinie bereits gegangen. Gudrun Kopp (FDP): Es steht außer Frage, dass der egenstand des heutigen Antrags von CDU und CSU ede Beachtung verdient. Die extreme Zunahme von pam-Mails via Internet ist in der Tat ein ernstes Pro- lem. Jeder Abgeordnete dieses Hauses wird dies nach- ollziehen können, wenn er sich nur einmal jeden Mor- en den Posteingang seines E-Mail-Accounts ansieht. ut die Hälfte aller eingehenden Mails enthält Werbung ür Medikamente, pornographische Produkte oder Ähn- iches. Dies ist nicht nur meist ärgerlich, es bindet auch ie wertvolle Zeit unserer Mitarbeiter. Experten gehen on gut 30 Minuten täglich aufgewendeter Arbeitszeit ür die Bearbeitung von Spam-Mails aus. Insofern sind ie Schätzungen, wonach den Unternehmen in der EU 002 allein durch Spam ein Produktivitätsverlust von ,5 Milliarden Euro entstanden ist, durchaus glaubwür- ig und unterstreichen die Bedeutung des Problems. Aus diesem Grunde stimme ich auch mit der Pro- lembeschreibung des vorliegenden Antrags absolut berein und erkenne an, dass die grundlegende Zielset- ung richtig und berechtigt ist. Jedoch bezweifle ich, ob ie hier vorgeschlagenen dirigistischen und bürokrati- chen Instrumente tauglich und angemessen sind, das roblem Spam wirklich in den Griff zu bekommen. Wenn Sie hier, liebe Kollegen und Kolleginnen von er CDU/CSU-Fraktion die Bundesregierung auffor- ern, international eine Vorreiterrolle bei der Eindäm- ung von Spam einzunehmen und insbesondere multila- erale Abkommen zu fördern, dann finden Sie uns an hrer Seite. Denn dies ist doch der Kern des Problems. 9888 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 (A) ) (B) ) Es handelt sich bei Spam um ein Phänomen, das sich global niederschlägt. Die Verhängung von Bußgeldern jedoch ist eben darum aber höchst problematisch. Man kann kein Problem mit internationalem Hintergrund – und das trifft in diesem Bereich auf 80 bis 90 Prozent der Fälle zu – mit nationalen Rechtsänderungen bekämp- fen. Vielmehr ist hier zumindest auf europäische Initiati- ven hinzuwirken. Im Besonderen aber kann ich Ihre Forderung nach ei- ner neuen, zentralen Melde- und Beschwerdestelle nicht nachvollziehen, und sei diese auch in Kooperation mit der Wirtschaft beabsichtigt. Wir brauchen in Deutsch- land sicher keine zusätzlichen Bürokratien, die entspre- chende Kosten nach sich ziehen. Wir sind deshalb der Auffassung, dass das Problem Spam im Wege der Selbstbefassung der Industrie zu lö- sen ist. Die FDP setzt hierbei insbesondere auf die zu- sätzliche Installation von Spam-Filtern. Denn letzten En- des haben wir es mit einem technischen Problem zu tun, das auch eine technische Lösung erfordert. Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, diese Schwierigkeiten zu be- seitigen, hier muss die private Wirtschaft technische Lö- sungen anbieten. Ich verweise in diesem Zusammenhang nur auf die Arbeit des eco-Forums des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft, das hierzu verschiedene technische Lösungsansätze diskutiert hat. Alles in allem also begrüßen wir, dass die Fraktion der CDU/CSU das Problem Spam mit dem vorliegenden Antrag thematisiert hat und stimmen auch mit der grund- sätzlichen Zielsetzung überein. Womit wir jedoch nicht übereinstimmen, sind die hier angedachten Instrumente. Wir als Liberale setzen verstärkt auf internationale Ko- operation und Abstimmung, um der lästigen Spamflut Herr zu werden. Nationale Lösungen durch Rechtsände- rungen und die Schaffung weiterer Behörden jedoch leh- nen wir ab und können deshalb dem vorliegenden An- trag nicht zustimmen. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Dritten Ge- setzes zur Änderung des Tierseuchengesetzes (Tagesordnungspunkt 18) Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Mit dem Begriff „Meilenstein“ sollte man vorsichtig sein – das gebietet die sprachliche Sorgfalt ebenso wie die politische Red- lichkeit. Doch im Falle des neuen Tierseuchengesetzes, über das wir heute beraten, ist dieser Begriff durchaus nicht fehl am Platze: Wir haben unser nationales Tier- seuchenrecht auf den aktuellen Stand der Erkenntnis ge- bracht und die Grundlagen für eine effiziente und umfas- sende Tierseuchenbekämpfung gelegt. Ich denke, dass schon überzeugend dargelegt wurde, welche grundlegenden Defizite des bisher geltenden Rechts beseitigt worden sind. Wir haben aus den leidvol- len Erfahrungen vergangener Seuchenzüge wie jenen der Schweinepest und der Maul- und Klauenseuche unsere L t v G K t z a g u s s d t a s v m f n v M b k 3 n c B w I V g z w d d n v k „ d w w G e d g K e s w n n f r b (C (D ehren gezogen und einschlägige EU-Richtlinien in na- ionales Recht umgesetzt. Um einmal die Dimension ergangener Seuchenzüge zu illustrieren: Allein in roßbritannien wurden beim Ausbruch der Maul- und lauenseuche im Jahre 2001 zehn Millionen Tiere getö- et. Das Tierseuchengesetz in seiner bisherigen Form ielte vor allem auf die Bekämpfung von Erkrankungen b, die ausschließlich Tiere befallen können. Doch es ibt verschiedene Krankheiten, die bei Tieren auftreten nd auch auf Menschen übertragen werden können, die o genannten Zoonosen. Die Bekämpfung dieser Zoono- en auch am lebenden Tier hat in den letzten Jahren eutlich an Bedeutung gewonnen. Dieser Entwicklung rägt das neue Recht angemessen Rechnung. Um es kurz, ber nicht verkürzt zu sagen: Das neue Tierseuchenge- etz dient dem unmittelbaren Schutz der Bevölkerung or Infektionen wie beispielsweise der Salmonellose. Als positives Beispiel möchte ich in diesem Zusam- enhang unseren nördlichen Nachbarn Dänemark an- ühren: Durch ein umfassendes Überwachungs- und Sa- ierungsprogramm für Schweine haltende und erarbeitende Betriebe ist es dort gelungen, die für den enschen nicht ungefährliche Salmonellose effektiv zu ekämpfen. Die Zahl der jährlich erkrankten Bürger onnte durch das nationale Monitoring-Programm von 800 auf 680 gesenkt werden – das entspricht einer Ab- ahme von mehr als 80 Prozent. Wir haben die Voraussetzungen geschaffen, Tierseu- hen im Ausbruchsfall effektiv einzudämmen. Dem und, den Ländern sowie den Städten und Landkreisen ird durch das neue Tierseuchenrecht ein umfassendes nstrumentarium an die Hand gegeben, im begründeten erdachts- und im akuten Seuchenfalle schnell zu rea- ieren. Die möglichen Sofortmaßnahmen reichen bis hin u Eingriffen in elementare Grundrechte wie beispiels- eise jenes der Freizügigkeit durch ein völliges Verbot es Personenverkehrs – völlig zu recht, wie ich hier aus- rücklich betonen möchte. Auch können Transportunter- ehmen und Schlachthöfe in Zukunft von den Behörden erpflichtet werden, sich an Maßnahmen zur Seuchenbe- ämpfung zu beteiligen. Ein behördlich angeordneter stand-still“ kann zudem bereits dadurch in Kraft treten, ass er im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht ird – ein unnötiger Zeitverlust kann also vermieden erden. Wie wir alle wissen, machen Tierseuchen nicht vor renzen halt, dies gilt für Kreise und Bundesländer benso wie für Staaten. Daher müssen möglichst rasch ie Voraussetzungen geschaffen werden für ein inte- riertes Krisenmanagement. Analog zum „klassischen“ atastrophenschutz müssen grenzüberschreitend Pläne ntwickelt werden, wer im Krisenfalle wann und wo zu- ammentrifft, müssen Einsatzpläne für Polizei, Feuer- ehr und Technisches Hilfswerk erarbeitet werden. Der eu gefasste § 79 des Tierseuchengesetzes sieht vor, dass ach Maßgabe europäischer Bestimmungen im Seuchen- alle Bekämpfungszentren gebildet werden, um effizient eagieren zu können. Das Bundesministerium für Ver- raucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft wird er- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 9889 (A) ) (B) ) mächtigt, auf dem Verordnungswege das Nähere zur Einrichtung dieser Zentren zu regeln. Ich möchte an die- ser Stelle appellieren, dass man möglichst rasch von die- ser Ermächtigung Gebrauch macht und so die Grundla- gen für eine reibungslose Zusammenarbeit im Krisenfalle schafft. Planung ist wichtig, doch sie ist nicht alles. Daher halte ich es für dringend geboten, die entsprechenden Krisenpläne in umfassenden praktischen Übungen mit allen Beteiligten zu erproben und zu evaluieren. Solche Übungen dürfen ebenso wie die Seuchen nicht an Gren- zen halt machen. Sie müssen, wo es die regionalen Ge- gebenheiten nahe legen, Kreis-, Länder- und sogar Staatsgrenzen überschreitend durchgeführt werden. In meinem Heimatland Niedersachsen hat es bereits im ver- gangenen Jahr eine zumindest Kreisgrenzen überschrei- tende Übung gegeben. Ich appelliere an alle Verantwort- lichen, solche praktische Erprobungen in Zukunft in vermehrtem Umfang durchzuführen. Lassen Sie mich abschließend noch eines anmerken: Die Gefahr der überregionalen Ausbreitung von Tierseu- chen ließe sich deutlich verringern, wenn Zahl und Um- fang von Tiertransporten über lange Distanzen deutlich vermindert würden. Zu meinem größten Bedauern sind erst vor wenigen Tagen entsprechende Verhandlungen auf europäischer Ebene gescheitert. Das bringt uns je- doch nicht davon ab, unsere Forderungen aufrecht zu er- halten: Wir wollen und werden uns weiterhin dafür ein- setzen, dass die Transportzeiten EU-weit generell begrenzt werden. Ferner ist eine obligatorische tierärztli- che Untersuchung vor Langzeittransporten für uns un- verzichtbar. Auch bleibt unsere Forderung bestehen, dass die Exporterstattungen für lebende Tiere EU-weit abgeschafft werden müssen. All dies wäre ein großer Fortschritt nicht nur für den Tierschutz, sondern auch für die internationale Tierseuchenbekämpfung. Gitta Connemann (CDU/CSU): Von Johann Wolfgang von Goethe stammt die Feststellung, „Das Außerordentliche geschieht nicht auf glattem, gewöhnli- chem Weg.“ Wie wahr, auch heute noch! Das Außerordentliche ist in diesem Fall die heutige einstimmige Verabschiedung der Änderung des Tierseu- chengesetzes. Leider ging auch sie nicht den glatten, ge- wöhnlichen, also den besten und kürzesten Weg, sondern wurde von der Bundesregierung auf Umwege geschickt. Bereits 2001 wurde die Bundesregierung vom Bun- desrat parteiübergreifend aufgefordert, die Lücken des Tierseuchenrechts kurzfristig zu schließen. Die Bundes- regierung reagierte nicht. Mehrere Mahnungen des Bundesrates folgten. Die Bundesregierung reagierte nicht. Daraufhin brachte die CDU/CSU-Fraktion im Juni 2003 einen entsprechenden Antrag in den Deutschen Bundestag ein. Die Bundesregierung reagierte nicht, sondern ließ den Antrag mit den Stimmen ihrer Koali- tionsfraktionen ablehnen. r T s t k e W d z w t t r d s S U d a d m k t e ß J a k g p t u w z f V s g g S a T z s j n p S k T I (C (D Unseren Antrag hatten wir damit begründet, dass ge- ade bei hoch ansteckenden Tierseuchen das bisherige ierseuchengesetz keine ausreichende Grundlage für ein chnelles, länderübergreifendes Handeln bietet. Wir hiel- en es deshalb unter anderem für notwendig, bei der Be- ämpfung von Tierseuchen den Viehverkehr bundesweit inschränken zu können. Der außerlandwirtschaftliche irtschaftsgüter- und Personenverkehr in Vieh halten- en Betrieben sowie in Verdachtssperrbezirken, Sperrbe- irken und Beobachtungsgebieten sollte reglementiert erden. Wir sahen Bedarf, Reinigungs- und Desinfek- ionsmaßnahmen an Flug- und Seehäfen sowie im sons- igen Reiseverkehr anordnen zu können. Mit ebenjener Begründung möchte die Bundesregie- ung jetzt das Tierseuchengesetz in ebenjenem Sinne än- ern und hat dazu im April 2004 den vorliegenden Ge- etzesentwurf eingebracht. Musste dieser Umweg, dieses pielchen wirklich sein? Mir, uns, geht es nicht um die Geltendmachung von rheberrechten, obwohl das Urhebergesetz für einen so reisten Fall der Verletzung geistigen Eigentums durch- us nennenswerte Sanktionen bereithält. Uns ging und geht es um die Sache. Es ging und geht arum, eine wirksamere Tierseuchenbekämpfung zu er- öglichen. Und diese duldete keinen Aufschub und eine Verzögerung. Durch Ihre offensichtlich parteipoli- isch getragene Verweigerungshaltung haben Sie aber ine solche Verzögerung zu verantworten. Dies ist au- erordentlich bedenklich, denn wie wir alle im letzten ahr erleben mussten, kann eine Seuche von einem Tag uf den anderen ausbrechen. Es kann auf Stunden an- ommen. Seuchen nehmen keine Rücksicht auf zögerliches Re- ierungshandeln. Bei Seuchen geht es um mehr als um olitisches Kalkül. Bei Seuchen geht es um Tiere, Be- riebe und Existenzen. Wir wissen darum. Wir stellen ns anders als die Regierungsfraktionen unserer Verant- ortung. Deshalb werden wir dem vorliegenden Antrag ustimmen. Unsere Anstrengungen haben damit schließlich ge- ruchtet. Mit dem vorliegenden Gesetz werden unsere orstellungen von einem wirksameren Tierseuchen- chutz größtenteils umgesetzt. Der erste Schritt ist damit etan. Wir hoffen, dass die Damen und Herren von der Re- ierungskoalition darüber den nächsten notwendigen chritt nicht vergessen. Dieser besteht darin, sich stärker ls bisher in Brüssel für eine Politik der vorbeugenden ierseuchenbekämpfung einzusetzen. Und dazu gehört wingend eine Änderung der Impfpolitik auf europäi- cher Ebene. Hier besteht Handlungsbedarf und zwar etzt. Es darf nicht der hoffentlich nie eintretende ächste Seuchenausbruch abgewartet werden. Bislang gilt in Europa das Gebot der Nichtimpfungs- olitik. Bislang wird also nur reagiert und im Fall eines euchenausbruchs getötet. Zurzeit heißt das, Seuchenbe- ämpfung durch Tötung verdächtiger und infizierter iere. Es sollte aber heißen Seuchenvorbeugung durch mpfung. 9890 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 (A) ) (B) ) Diese Forderung des Impfens statt Tötens wird von der CDU/CSU-Fraktion bereits seit längerem erhoben. Die wissenschaftlichen Grundlagen dafür sind gegeben. Die Europäische Kommission hat einen Test zugelas- sen, mit dem es möglich ist, geimpfte von infizierten Schweinen zu unterscheiden. Dem Einsatz von Marker- impfstoffen steht nichts mehr entgegen. Damit gibt es endlich ein Instrument, die klassische Schweinepest zu bekämpfen, ohne zu töten. Zu einer Politik des Impfens statt Tötens gibt es keine Alternative. Eine Seuchenbekämpfung durch Tötung ist nicht nur mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen für die betroffenen Betriebe verbunden. Vielmehr ist sie aus ethischer Sicht nicht tragbar. Denn Massenkeulungen bedeuten Leid insbesondere für die betroffenen Tiere. Das Wohl der Tiere liegt uns am Herzen. Wenn es Ih- nen genauso geht, dann lassen Sie uns den zweiten Schritt zusammentun. Kämpfen Sie für eine Änderung der Impfpolitik und damit für die Tiere. Dann wird zukünftig der Gesang der Studenten in Auerbachs Keller wieder seine Berechtigung erhalten – ich zitiere erneut Goethe „Uns ist ganz kannibalisch wohl, als wie fünfhundert Säuen.“ Marlene Mortler (CDU/CSU): Heute diskutieren wir in 2. und 3. Lesung den Gesetzentwurf zur Änderung des Tierseuchengesetzes. Zwei erfreuliche Nachrichten vorweg: Erstens. Meine Rede ist kürzer. Zweitens. Es gibt Zustimmung der CDU/CSU. Nur muss ich fragen: Hätten wir die vorge- sehenen Änderungen nicht auch schneller haben kön- nen? Der Weg bis zur heutigen 2. und 3. Lesung war wirklich lang! Denn bereits im Juni 2003 hatten wir einen Antrag eingebracht, der eine wirksamere Tierseuchenbekämp- fung ermöglichen sollte. Dieser wurde von den Regie- rungsfraktionen Anfang Februar dieses Jahres abgelehnt. Keine acht Tage nach dieser Debatte brachte die Bundes- regierung dann ihren eigenen Entwurf zur Verschärfung des Tierseuchengesetzes in das Gesetzgebungsverfahren ein. Besser gut kopiert, als schlecht selber gemacht, könnte man zu Ihrem Gesetzesänderungsentwurf sagen. Das heißt, Sie haben die wesentlichen Forderungen aus unserem Antrag aufgenommen. Die Bundesregierung ist bei diesem Gesetzentwurf also der Opposition und den unionsgeführten Bundesländern entgegengekommen. Lassen Sie mich nur drei Punkte hervorheben, die ich ausdrücklich befürworte: Erstens: die Einschränkung des Verbringens von Tieren, die selbst nicht empfänglich sind, aber über deren Verbringen der Erreger verbreitet werden kann. Dies bedeutet erstens: Bricht in einem Ge- biet die Geflügelpest aus, kann auch die Verbringung von Schweinen aus diesem Gebiet eingeschränkt wer- den. Zweitens: dass auch bestellte Tiere nicht mehr ver- bracht werden dürfen. Das heißt, wenn Viehmärkte ver- b g p T P c d n L d W z G a h s a w a u u d „ e ü k Ü r n Z z w S w S a d f e d D s a d E f g (C (D oten werden, wird und muss das auch für bestellte Tiere elten. Drittens: die Verhängung eines großräumigen kom- letten Stillstands, bis geklärt worden ist, wo eingeführte iere aus betroffenen Mitgliedsstaaten verblieben sind. Kritisch hinterfragen muss ich allerdings folgende unkte: Im Gesetzentwurf wird die Definition von Tierseu- hen auf Krankheiten erweitert, die von den Tieren auf en Menschen übertragen werden können, die so ge- annten Zoonosen. Das Tierseuchengesetz dient in erster inie der Tierseuchenbekämpfung und nicht der Verhin- erung der Krankheitsübertragung auf den Menschen. ird hier nicht zu weit gegriffen? Zoonosen nehmen war zu, aber hinterfragt man, warum, erkennt man: Die ründe liegen nicht bei den Tieren, sondern sie treten vor llem im nachgelagerten Bereich auf. Und Salmonellen aben gehäuft nach der Urlaubszeit „Saison“. Das Wissen um den sachgerechten Umgang mit fri- chen und verarbeiteten Nahrungsmitteln nimmt weiter b. Auch mangelt es an Hygiene. Das sind Hauptgründe, arum jährlich über 70 000 Menschen in Deutschland n Salmonellose erkranken. Deshalb unterstütze ich die mfangreiche Initiative des DLV, dass Hauswirtschaft nd Ernährung in den Lehrplänen der allgemeinbilden- en Schulen verankert werden. Die EU-Kommission äußert sich folgendermaßen: Zoonosen sind bekanntlich schwer einzudämmen, da ine gewisse Anzahl der betreffenden Mikroorganismen berall vorkommt und nicht leicht aus der Lebensmittel- ette auszuschließen ist.“ Zum anderen liegen entsprechende Richtlinien zur berwachung der Zoonosen von europäischer Seite be- eits vor. Experten meinen, diese würden nicht weit ge- ug greifen. Und trotzdem stellt sich für mich in diesem usammenhang die Frage der Verhältnismäßigkeit in weierlei Hinsicht: Zum einen: Wie wird die Öffentlichkeit reagieren, enn Salmonellen der Schweinepest oder MKS im inne des neuen Gesetzes „gleichgestellt“ sind und dann omöglich Bestände gekeult und ganze Gebiete zu perr- und Beobachtungsgebieten erklärt werden? Zum nderen: Wie stellt sich das Kosten-/Nutzenverhältnis ar? Mir scheint, dass überhaupt zu wenig danach ge- ragt wird und das Motto regiert: Jede neue Vorschrift ist ine gute Vorschrift, koste es, was es wolle. Um es bezüglich der Kosten deutlich zu sagen: Viele eutsche Landwirte kämpfen derzeit um ihre Existenz. ie Erzeugerpreise für Milch sind so niedrig wie 1977. Eine klare Regelung bezüglich einer zusätzlichen Er- tattung der Kosten für Desinfektionsmaßnahmen wäre us meiner Sicht sinnvoll gewesen. Hier haben die Län- er mehrheitlich leider anders entschieden. Erfreulich anzumerken bleibt mir noch, dass es im invernehmen gelungen ist, klarzustellen, dass die Frist ür den Zeitrahmen zur Antragstellung auf Entschädi- ung nicht mit dem Datum der Tötungsanordnung, son- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 9891 (A) ) (B) ) dern mit Datum der ersten Tötung beginnt. In besonders schlimmen Seuchenfällen wird diese Erleichterung mei- nes Erachtens jedoch nicht ausreichen. Wie zu Beginn meiner Rede geäußert, werden wir trotz einiger Bedenken dem Gesetzentwurf zustimmen. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Gesetzesnovelle, die wir heute Abend ver- handeln, wird in der Öffentlichkeit wahrscheinlich nur von wenigen wahrgenommen werden. Aber sie steht in einem Zusammenhang, der in den vergangenen Jahren die Landwirtschaft leider immer wieder in den Mittel- punkt der öffentlichen Diskussion gerückt hat: Immer dann, wenn Tierseuchen um sich greifen und Bilder von der Tötung Tausender Tiere durch die Medien gehen, seien es die englischen Scheiterhaufen während der Maul- und Klauenseuche oder die Bilder von der Geflü- gelgrippe in Südostasien mit lebendigem Geflügel in zu- gebundenen Plastiksäcken, steht die Landwirtschaft lei- der im Mittelpunkt des medialen Interesses. Die Gefahr großer Tierseuchen hat vor allem durch den weltweiten Handel in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Internationale Organisationen wie die FAO warnen vor der weltweiten Verbreitung gefährli- cher Tierseuchen. Immer schnellerer Transport, Touris- mus, grenzenlose Mobilität, offene Grenzen, aber auch veränderte Klimabedingungen begünstigen die Ausbrei- tung von Krankheitserregern. Infektionserreger können heute innerhalb weniger Stunden von einem Kontinent zum anderen gelangen. Gefährdet sind nicht nur Schweine-, Rinder- und Hüh- nerbestände, sondern selbst die Bienen sind neuen Ge- fahren ausgesetzt. Dieses Beispiel ist schon sehr interes- sant. So ist der Hauptbienenschädling, die Varroa-Milbe, nicht bei uns heimisch, sondern eingeschleppt worden. Die noch größere Gefahr, der Bienenstockkäfer, konnte bislang offenbar erfolgreich von Europa fern gehalten werden. Wir haben, vor allem auf Druck der Bundesre- gierung, seit diesem Jahr ein EU-weites Importverbot für Bienen, um die Einschleppung des Bienenstockkäfers über Importbienen zu verhindern. Das Tierseuchengeschehen der vergangenen Jahre, angefangen bei der BSE-Krise über die Maul- und Klau- enseuche in Großbritannien 2001, die Geflügelpest in Europa 2003 und schließlich die Geflügelgrippe in Süd- ostasien, stellt uns vor neue Herausforderungen. Wir müssen einerseits darüber nachdenken, wie wir die Ursa- chen wirksam bekämpfen, damit aus Tierkrankheiten gar nicht erst Seuchen werden. Zum Zweiten müssen wir wirksam die Ausbreitung bremsen und Einschleppung vermeiden. Die Agrarpolitik von Rot-Grün hat diese neuen He- rausforderungen von Anfang an offensiv angepackt, als andere noch meinten, man könne das eigene Bundesland einfach für BSE-frei erklären, um vor Seuchen verschont zu bleiben. Wir haben heute ein System der Krisenintervention, das sich, denke ich, sehen lassen kann. Wenn wir an die Maul- und Klauenseuche, wenn wir an die Geflügelpest d w f t s o n p H u l s r b k e u k u s s b B f d u b S u z F z z v d k u e l u s d w g m i e n s s (C (D enken, so haben wir sicher auch viel Glück gehabt, aber ir haben auch ein Krisenmanagement gehabt, das ef- ektiv, zuverlässig und schnell arbeitet und eine Ausbrei- ung in Deutschland verhindert hat. Die Opposition hat ja immer wieder vergeblich ver- ucht, den rot-grünen Regierungen, sei es in Düsseldorf der Berlin, Versäumnisse nachzuweisen. Ich erinnere ur an das Geschrei, das beim Auftreten der Geflügel- est in Deutschland gemacht wurde. Dilettantismus hat err Carstensen von der CDU den Ministerinnen Künast nd Höhn öffentlich, lauthals und unreflektiert, wie das eider so seine Art ist, vorgeworfen. Und dann? Ange- ichts des professionellen Vorgehens der Bundesregie- ung und der Landesregierung Nordrhein-Westfalen lieb der CDU/CSU am Ende nichts anderes übrig, als leinlaut zuzugeben, dass hier besonnen, fachkundig und rfolgreich die Ausbreitung der Seuche verhindert wurde nd von Dilettantismus keine Rede sein konnte. Als es Anfang dieses Jahres scheinbare Unstimmig- eiten bei BSE-Tests gab, war es besonders die FDP, die ngetrübt von Sachkenntnis so lange Skandal schrie, bis ie es endlich auf die erste Seite der „Bild“-Zeitung ge- chafft hatte. Nur eines ist Ihnen auch mithilfe der knapp ekleideten Damen von Seite eins nicht gelungen: Der undesregierung Versäumnisse bei der BSE-Bekämp- ung nachzuweisen. Der Vorfall hat vielmehr gezeigt, ass unser Kontrollsystem äußerst zuverlässig arbeitet nd jegliche Ungenauigkeiten sofort zu Tage fördert. Die Novelle des Tierseuchengesetzes, die wir heute eraten, war notwendig. Sie wird die Möglichkeiten der euchenbekämpfung noch einmal verbessern. In Zukunft sollen Ermächtigungen ermöglicht werden, m erstens den Viehverkehr einschränken zu können, weitens den außerlandwirtschaftlichen Personen- und ahrzeugverkehr in den betroffenen Gebieten begrenzen u können, drittens Tiere und von ihnen stammende Er- eugnisse aus Seuchengebieten zu reglementieren und iertens Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen an en Außengrenzen anordnen zu können. Außerdem wird das Tierseuchengesetz auf die Be- ämpfung von Zoonosen am lebenden Tier ausgeweitet nd Schafe und Ziegen werden in die Tierseuchenkasse inbezogen. Das sind notwendige Maßnahmen und es ist erfreu- ich, dass darüber zwischen Bundesregierung, Bundesrat nd den Fraktionen im Bundestag offenbar Einigkeit be- teht. Es ist der Vorteil solcher eher unauffälliger Gesetze, ass sie sich nicht zum Populismus eignen. Allerdings äre es schön, wenn die Opposition auch bei zukünfti- en Seuchenfällen etwas weniger aufgeregt und etwas ehr an der Sache orientiert mitarbeiten würde, als das n der Vergangenheit häufig der Fall war. Ich denke, dass in solcher Umgang vor allem im Interesse der Betroffe- en wäre, für die solche Situationen äußerst schwierig ind und die verdient haben, dass wir sie mit parteipoliti- chem Gezänk verschonen. 9892 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 (A) ) (B) ) Hans-Michael Goldmann (FDP): Die FDP begrüßt den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Tierseuchengesetzes. Er behebt einige Probleme, die sich durch unzureichende Ermächtigungen zur Bekämp- fung von Tierseuchen ergeben haben. Es ist unser aller Anliegen den Schutz vor hoch ansteckenden Tierseu- chen so sicher wie möglich zu machen, um unübersehba- ren Schaden von der Landwirtschaft fernzuhalten. Wir freuen uns, dass die Bundesregierung die inhaltli- chen Anregungen des Bundesrates weitgehend übernom- men hat. Damit kommen wir zügig zu den notwendigen Verbesserungen. Insbesondere die Forderung des Bun- desrates, die sachgerechte Lagerung von Futtermitteln auch anordnen zu können, ist sehr sinnvoll. Die FDP-Bundestagsfraktion schließt sich in der Frage der Forderung des Bundesrates, in Art. 1 Nr. 59, § 84 Tierseuchengesetz, zu streichen, grundsätzlich der Auffassung der Bundesregierung an. In der Tat gilt es, dem Bundesverfassungsgerichts-Urteil aus dem Jahr 1999 Rechnung zu tragen. Es ist auch nicht einsichtig, warum Verwaltungsvorschriften, die sich ausschließlich an Behörden des Bundes richten, mit der Zustimmung des Bundesrates erlassen werden sollten. Auch dem Wunsch des Bundesrates, eine Ermächti- gung zur Beauftragung Dritter zur Durchführung des Tierseuchengesetzes in das Tierseuchengesetz aufzuneh- men, kann sich die FDP nicht anschließen. Die Bundes- regierung hat Recht mit ihrer Feststellung, dass dies in die Organisationshoheit der Länder eingreifen würde und dass deshalb eine entsprechende Regelung den Lan- desparlamenten vorbehalten bleiben sollte. Mir ist nicht klar, wieso hier auf einmal etwas zentral geregelt werden soll, für das die Länder zuständig sind. Wir begrüßen auch, dass der Gesetzentwurf besseren Schutz lebender Tiere bei der Bekämpfung von auf den Menschen übertragbaren Tierkrankheiten bietet. Bislang ist das Tierseuchengesetz zu stark auf den Schutz der Tierbestände ausgerichtet. Insgesamt wird es durch das Gesetz deutliche Verbes- serungen bei hoch ansteckenden Tierseuchen geben, des- halb stimmt die FDP dem Gesetz zu. Dr. Gerald Thalheim (Parl. Staatsekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft): Nach den bisherigen Erfahrungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung insbesondere hoch- kontagiöser Tierseuchen haben wir festgestellt, dass das Tierseuchengesetz nicht unter allen Gesichtspunkten aus- reichende Ermächtigungen zum Erlass der notwendigen Maßregeln beinhaltet. Insbesondere fehlen Ermächtigun- gen, um den Viehverkehr unter bestimmten Vorausset- zungen und für eine bestimmte Zeit bundesweit zu regle- mentieren, den außerlandwirtschaftlichen Personen- und Fahrzeugverkehr in Vieh haltenden Betrieben sowie in Verdachtssperrbezirken, Sperrbezirken und Beobach- tungsgebieten zu reglementieren, Tiere vorsorglich, auch wenn sie als Seuchenüberträger fungieren, töten zu kön- nen, Tiere und von ihnen stammende Erzeugnisse, die während der Inkubationszeit aus Ländern verbracht oder e u t d F g m k b T r D e R L g r c z e d T u s k s „ l s a b o s v ( g s R r k B ü c n u d t i k B i t (C (D ingeführt worden sind, in denen zum Beispiel Maul- nd Klauenseuche (MKS) aufgetreten ist, zu reglemen- ieren und Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen an en Außengrenzen der Bundesrepublik Deutschland, an lug- und Schiffshäfen sowie bei bestimmten Fahrzeu- en (Tierkörperbeseitigungsanstalten-Fahrzeuge, Futter- itteltransportfahrzeuge, Milchfahrzeuge) anordnen zu önnen. Darüber hinaus hat die Bundesregierung Änderungs- edarf gesehen im Hinblick auf die Bekämpfung von bei ieren auftretenden und auf den Menschen übertragba- en Krankheiten, den Zoonosen. Daher hat die Bundesregierung den Entwurf eines ritten Gesetzes zur Änderung des Tierseuchengesetzes ingebracht. Mit dem Änderungsgesetz werden unter anderem echtsgrundlagen für ein „stand-still“ – bezogen auf ein and oder bezogen auf die gesamte Bundesrepublik – eschaffen. Darüber hinaus will die Bundesregierung die echtliche Grundlage schaffen, um Tötungen empfängli- her sowie solcher Tiere, die geeignet sind, eine Seuche u verschleppen, anordnen zu können. Mit dieser Erweiterung des Tierseuchengesetzes wäre s auch möglich, „Präventivtötungen“ anzuordnen, wenn ies erstens zum Schutz gegen die Ausbreitung einer ierseuche, die ihrer Beschaffenheit nach eine größere nd allgemeinere Gefahr darstellt, oder zweitens zur Be- eitigung von Infektionsherden erforderlich ist. Dabei ann die Tötungsanordnung der zuständigen Behörde chon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit kein blanker Automatismus“ sein. Vielmehr hat die Behörde vor Er- ass einer Tötungsanordnung im Rahmen ihres Ermes- ens die in Rede stehenden Rechtsgüter (zum Beispiel uch Tierschutzbelange) gegeneinander abzuwägen. Im Einzelnen bedeutet das, nach Deutschland ver- rachte Tiere und Erzeugnisse aus einem Mitgliedstaat der einem Drittland, in dem eine anzeigepflichtige Tier- euche aufgetreten ist, zu reglementieren; den Personen- erkehr, und somit auch Veranstaltungen mit Personen zum Beispiel Sport- oder Konzertveranstaltungen), die egebenenfalls zur Seuchenverbreitung beitragen, in be- timmten Gebieten zu verbieten oder zu beschränken; einigungs- und Desinfektionsmaßnahmen unter ande- em auch an Flughäfen oder Schiffshäfen durchführen zu önnen. Als Veröffentlichungsmedium ist der elektronische undesanzeiger neu vorgesehen. Eine Veröffentlichung ber Rundfunk und Fernsehen, begegnet rechtsstaatli- hen Bedenken, weil sie die grundgesetzlich vorgesehe- en Rechtsschutzmöglichkeiten unzulässig einschränkt nd weil sich zudem die Frage stellt, wer die Gewähr für ie Richtigkeit der über Rundfunk/Fernsehen verbreite- en „Anordnung“ übernehmen würde. Weiterhin – und ich erinnere mich, dass dieser Punkt n der Sitzung am 12. Februar 2004 etwas scherzhaft dis- utiert wurde – wird die Umbenennung der bisherigen undesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere n „Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinsti- ut für Tiergesundheit“ gesetzlich verankert. Das Kolle- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 108. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 9893 (A) (C) (B) (D) gium der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere (BFAV), Hauptsitz Insel Riems, hat in seiner Sitzung vom 18. November 2002 die Umbenennung ein- stimmig beschlossen. Die Einrichtung entstand im Jahr 1910, als Friedrich Loeffler seine Forschungsarbeiten an dem Erregervirus der MKS auf die Insel Riems verlegte, um Virusverschleppungen zu vermeiden. Es entstand das weltweit älteste Virusforschungsinstitut. Der heutige Anstaltsteil auf Riems erhielt 1952 den Namen seines Gründers, nämlich „Friedrich-Loeffler-lnstitut Riems“. Nach der Wiedervereinigung wurde das „Friedrich- Loeffler-Institut Insel Riems“ Bestandteil der BFAV. Der Namensbestandteil „Friedrich Loeffler“ verkör- pert sowohl den Fachbereich der Virologie (durch Loefflers Entdeckung des MKS-Virus), als auch den Fachbereich der Bakteriologie (Entdeckung des Diph- therie-Erregers „Klebs-Loeffler Bakterie“). Daneben ist der Name „Friedrich Loeffler“ auch im internationalen Bereich eng mit der Tierseuchenforschung verbunden. Insgesamt wird mit der Änderung des Tierseuchenge- setzes die Zielrichtung verfolgt, den für die Tierseuchen- bekämpfung zuständigen Behörden ein Instrumentarium an die Hand zu geben, das eine effektive Tierseuchenbe- kämpfung ermöglicht. Das Tierseuchengesetz wird an die Realitäten des globalen Personen- und Güterverkehrs angepasst. Mit der Umbenennung des Instituts würdigen wir die Leistungen der deutschen Virenforschung. Gleichzeitig erhält das Institut mit dem international be- kannten und anerkannten Namen Loefflers einen hohen Identifikationswert. 108. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 6. Mai 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510800000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Der Kollege Gernot Erler feierte am 3. Mai seinen

60. Geburtstag. Ich gratuliere ihm im Namen des Hauses
nachträglich sehr herzlich.


(Beifall)

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene

Tagesordnung um die in einer Zusatzpunktliste aufge-
führten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP gemäß
Anlage 5 Nr. 1 Buchstabe b GO-BT
zu den Antworten der Bundesregierung auf die dringli-
chen Fragen in Drucksache 15/3037 (siehe 107. Sitzung)


ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren

(Ergänzung zu TOP 27)

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika Griefahn,

Eckhardt Barthel (Berlin), Ulla Burchardt, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten
Dr. Antje Vollmer, Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN: Schaffung eines internationalen
Instruments zum Schutz der kulturellen Vielfalt unter-
stützen
– Drucksache 15/3054 –

Redet
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union

b) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Zum Übereinkommen
Nr. 185 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO)

über Ausweise für Seeleute und zur vereinfachten Frei-
stellung vom Visumserfordernis
– Drucksache 15/3053 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss

(C (D ung den 6. Mai 2004 0 Uhr Rechtsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union c)


(Bönstrup), Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, weiterer

Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Zum Über-
einkommen Nr. 185 der Internationalen Arbeitsorgani-
sation (IAO) über Ausweise für Seeleute und zur ver-
einfachten Freistellung vom Visumserfordernis
– Drucksache 15/3043 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-Michael
Goldmann, Horst Friedrich (Bayreuth), Daniel Bahr

(Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der

FDP: Zum Übereinkommen Nr. 185 der Internationalen
Arbeitsorganisation (IAO) über Ausweise für Seeleute
und zur vereinfachten Freistellung vom Visumserfor-
dernis
– Drucksache 15/3057 –

ext
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla Burchardt, Jörg
Tauss, Rainer Arnold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD sowie der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Grietje
Bettin, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Aufbruch in
den Nanokosmos – Chancen nutzen, Risiken abschätzen

che 15/3051 –
ngsvorschlag:
für Bildung, Forschung und
genabschätzung (f)

für Wirtschaft und Arbeit
– Drucksa
Überweisu
Ausschuss
Technikfol
Ausschuss






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

ZP 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike Flach,
Cornelia Pieper, Christoph Hartmann (Homburg), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Forschung und
Entwicklung in der Nanotechnologie voranbringen
– Drucksache 15/3074 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrich Heinrich,
Rainer Funke, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP: Völkermord im Sudan verhindern
– Drucksache 15/3040 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

ZP 6 Erste Beratung des von den Abgeordneten Cornelia Pieper,
Christoph Hartmann (Homburg), Ulrike Flach, weiteren Ab-
geordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung des Berufsbildungsgesetzes
– Drucksache 15/3042 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Nicolette Kressl,
Jörg Tauss, Willi Brase, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD sowie der Abgeordneten Grietje Bettin, Dr. Thea
Dückert, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ausbil-
dungschancen für alle jungen Frauen und Männer si-
chern – durch einen konzertierten Ausbildungspakt
– Drucksache 15/3055 –

ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Christel
Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann, Dr. Volker
Wissing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP:
Projekt des Umweltbundesamtes zur so genannten ver-
deckten Feldbeobachtung stoppen
– Drucksache 15/2668 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Von der Frist für den Beginn der Beratung soll, soweit
erforderlich, abgewichen werden.

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(C (D Ferner sollen der Tagesordnungspunkt 19 – Flächeneckende Postdienstleistungen – abgesetzt und der agesordnungspunkt 20 – 60. Jahrestag des Kriegsenes im Jahr 2005 – ohne Debatte aufgerufen werden. ind Sie mit den Vereinbarungen einverstanden? – Kolegin Lötzsch erhebt Widerspruch. Bitte schön. Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und erren! Um genau 8.33 Uhr (Volker Kauder [CDU/CSU]: War es eine Funkuhr?)

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1510800100

rreichte mich ein Fax, aus dem hervorging, dass der Ta-
esordnungspunkt 20 zum 60. Jahrestag der Befreiung
om Faschismus – so formuliere ich es – ohne Debatte
ehandelt werden soll. Ich meine zwar, dass die ur-
prünglich vorgesehene späte Platzierung auf der Tages-
rdnung um etwa 21.45 Uhr dem Thema ebenfalls nicht
nbedingt angemessen war, denke aber, dass es diesem
arlament drei Tage vor dem 59. Jahrestag der Befreiung
eutschlands vom Hitler-Faschismus gut angestanden
ätte, über den vorliegenden Antrag des Bündnisses 90/
ie Grünen und der SPD zu debattieren, die Positionen
uszutauschen und sich vor allen Dingen in einer sol-
hen Debatte zu fragen, welche aktuellen Bezüge wir
erstellen, welche Lehren wir daraus ziehen und wie wir
ie Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zu mehr Zi-
ilcourage auffordern können.
Dass Zivilcourage erforderlich ist, haben gerade die

reignisse am 1. Mai gezeigt. Die NPD hatte zu einem
ufmarsch in Berlin aufgerufen. Viele Bürgerinnen und
ürger und sicherlich auch Gäste der Stadt haben sich
iesem Aufmarsch entgegengestellt. Der Naziauf-
arsch, der in meinem Wahlkreis Lichtenberg erfolg-
eich gestoppt werden konnte, hat aber auf sehr beunru-
igende Weise gezeigt, dass das braune Gedankengut
och vorhanden ist.
Nicht nur aus diesem Grunde hätte es dem Bundestag

eute – ich wiederhole: drei Tage vor dem 59. Jahrestag
er Befreiung Deutschlands vom Hitler-Faschismus –
ut angestanden, über dieses Thema zu debattieren, statt
en Tagesordnungspunkt 20 ohne Debatte zu behandeln.
ch beantrage eine Debatte zu diesem Tagesordnungs-
unkt.
Vielen Dank.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510800200

Gibt es dazu weitere Wortmeldungen? – Dann stim-
en wir über diesen Antrag ab. Wer ist damit einver-
tanden, dass Tagesordnungspunkt 20, wie vorgesehen,
hne Debatte aufgerufen wird? – Wer stimmt dagegen? –
amit ist so beschlossen mit den Stimmen von SPD,
DU/CSU, Grünen und FDP gegen die Stimmen der
eiden fraktionslosen Abgeordneten.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:
– Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-

nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Intensivierung der Bekämpfung der
Schwarzarbeit und damit zusammenhängen-
der Steuerhinterziehung
– Drucksache 15/2573 –

(Erste Beratung 95. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Intensivierung der Bekämpfung der
Schwarzarbeit und damit zusammenhängen-
der Steuerhinterziehung
– Drucksache 15/2948 –

(Erste Beratung 105. Sitzung)


a) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)

– Drucksachen 15/3077, 15/3079 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Schultz (Everswinkel)

Elke Wülfing

b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung
– Drucksache 15/3078 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Antje Hermenau
Dr. Günter Rexrodt

Es liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktionen
der CDU/CSU und der FDP vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Bundes-
minister der Finanzen, Hans Eichel, das Wort.


Hans Eichel (SPD):
Rede ID: ID1510800300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Nach den aufgeregten Diskussionen der letzten
Tage haben wir heute Gelegenheit, zur Sacharbeit zu-
rückzukehren. Unser Entwurf eines Gesetzes zur Intensi-
vierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit
zusammenhängender Steuerhinterziehung ist ein weite-
rer Reformbaustein im Rahmen unserer Politik für mehr
Beschäftigung. Mehr Beschäftigung zu schaffen ist die
zentrale Herausforderung für Deutschland. Mit der
Agenda 2010 hat die Bundesregierung deshalb lange
überfällige Reformen auf dem Arbeitsmarkt und in den
sozialen Sicherungssystemen auf den Weg gebracht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Für viele Bürgerinnen und Bürger sind diese Refor-

men mit spürbaren Einschnitten und Belastungen
verbunden. Aber sie sind notwendig, um vor dem Hin-
tergrund des sich intensivierenden internationalen Wett-
bewerbs unseren Wohlstand zu sichern und – ich betone

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(C (D as – wieder zu mehren. Ich bin zuversichtlich, dass der rbeitsmarkt bald von der sich abzeichnenden wirtchaftlichen Erholung profitieren wird. Er ist – wie übriens auch die Steuern – immer ein nachlaufender Indikaor der wirtschaftlichen Entwicklung: Wenn es abwärts eht, verläuft die Entwicklung bei den Steuereinnahmen nd auf dem Arbeitsmarkt noch eine Weile geradeaus. enn es aufwärts geht, vollzieht sich in diesen Bereihen eine ähnliche Entwicklung, allerdings zuerst auf inem unteren Level. Später machen sich die Auswirungen der anspringenden Konjunktur dann auch bei en Steuereinnahmen und auf dem Arbeitsmarkt richtig emerkbar. Weitere Erfolge bei der Schaffung zusätzliher legaler Beschäftigung hängen aber davon ab, ob es ns gelingt, die illegale Beschäftigung wirksamer als isher zurückzudrängen. Dazu dient der vorliegende Geetzentwurf. Wenn wir Schwarzarbeit intensiver bekämpfen kön en, gewinnen alle: Bürger, Unternehmen und das Geeinwesen. Es ist sehr schwierig, den Umfang der chwarzarbeit – darüber ist auch in den Anhörungen disutiert worden – exakt abzuschätzen. Das liegt ja gerade m Wesen dieser Sache. Dass es sich aber um einen sehr ohen Milliardenbetrag handelt, ist nicht zuletzt – ich eziehe mich hier nicht auf die Erkenntnisse von Herrn rofessor Schneider, sondern auf unsere eigenen – auf er Basis der regelmäßig durch die Bundeszollverwalung durchgeführten Schwerpunktkontrollen offenichtlich, die immer erfolgreicher werden. Danach ergaen sich bei aktuellen Prüfungen in vielen Branchen 5 bis 20 Prozent Verdachtsfälle. Das bedeutet erheblihe Ausfälle an Steuern und Sozialabgaben. Das bedeuet aber auch, dass die Ehrlichen höhere Steuern und Ababen zahlen müssen. Das ist volkswirtschaftlich chädlich. Schwarzarbeit schädigt gesetzestreue Unternehmer nd Arbeitnehmer ganz konkret. Sie drängt ehrliche Unernehmer gerade in der Bauwirtschaft aus den Märkten. ies zerstört viele legale Jobs. Aber auch die Schwarzareiter sind zum Teil mehr Opfer als Täter; denn chwarzarbeit und illegale Beschäftigung gehen oft mit rbeitsbedingungen einher, die eindeutig als menschenerachtende Ausbeutung zu bezeichnen sind. Hier gibt s nichts zu beschönigen. Einen Aspekt möchte ich noch besonders hervorhe en: Schwarzarbeit schwächt die Chancen gerade für geing qualifizierte Arbeitskräfte, einen neuen, legalen Areitsplatz zu finden. Wenn vor diesem Hintergrund prominente – Gott sei ank sind es nur wenige – Politiker Schwarzarbeit als teuernotwehr gegen den Staat verharmlosen, dann kann an sich über so viel Torheit nur wundern. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie können ja über einzelne Gesetze denken, was sie
ollen. Wir haben zum Beispiel eine Menge getan – ich
omme darauf gleich zurück –, um die Steuern zu sen-
en. Aber eines darf doch nicht sein: dass in einem de-
okratischen Staat demokratisch beschlossene Gesetze






(A) )



(B) )


Bundesminister Hans Eichel

nicht angewandt und durchgesetzt werden. Das kann
doch auch nicht im Interesse derjenigen liegen, die mit
den konkreten Regelungsinhalten möglicherweise nicht
einverstanden sind.

Es wird in einer Gesellschaft immer welche geben
– vielleicht sogar einige große Unternehmen –, die das
anders sehen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Widerstand gegen Gesetze kommt doch von Ihrer Seite! Die Grünen haben doch Widerstand geleistet! Heuchler!)


Zu einem Rechtsstaat gehört aber, dass beschlossene Ge-
setze auch durchgesetzt werden. Wer das als Politiker
nicht einsieht – das will ich ganz deutlich sagen; Sie wis-
sen schon, wen ich meine –, der untergräbt die Basis, auf
der wir gemeinsam stehen. Das kann niemand wollen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit der eben zitierten Aussage wird wissentlich
unterschlagen, dass die Bundesregierung bereits in den
vergangenen Jahren die Besteuerung und wesentliche
Regelungen betreffend den Arbeitsmarkt deutlich be-
schäftigungsfreundlicher ausgestaltet hat, als sie zu Zei-
ten der Vorgängerregierung jemals waren. Dank der
Steuerreform 2000 gibt es inzwischen historisch nied-
rige Steuersätze bei der Einkommensteuer. Im Unterneh-
mensteuerbereich haben wir die Körperschaftsteuer für
thesaurierte und ausgeschüttete Gewinne deutlich redu-
ziert. Mit einer Steuerquote von knapp über 20 Prozent
ist Deutschland in der Europäischen Union der Fünfzehn
das Land mit der niedrigsten Steuerquote. Selbst in der
Europäischen Union der Fünfundzwanzig gibt es nur
wenige Länder, die eine niedrigere Steuerquote als wir
haben.

Wenn wir uns die um die Sozialversicherungsabgaben
erweiterte Abgabenquote anschauen, erkennen wir eben-
falls: Wir liegen mit 36,2 Prozent im europäischen Mit-
telfeld. Die Bundesregierung hat zudem die Arbeits-
märkte modernisiert und sie hat durch die Regelungen
zur Ich-AG sowie vor allem durch die Minijobs eine un-
bürokratische Möglichkeit für mehr legale Beschäfti-
gung geschaffen. Die Brücke in den ersten Arbeitsmarkt
ist deutlich verbreitert worden.

Diese Strukturreformen müssen und werden wir kon-
sequent fortsetzen; aber wir dürfen nicht übersehen, dass
mehr legale Beschäftigung durch die gewerbsmäßige
und organisierte Schwarzarbeit gefährdet wird, die sich
nur mit verstärkter Kontrolle wirksam zurückdrängen
lässt.

Im Interesse aller steuerehrlichen Bürger und Unter-
nehmer haben wir deshalb eine abgestimmte Strategie
zur Bekämpfung der Schwarzarbeit entwickelt. Sie hat
drei Säulen: eine Brücke in die Legalität für die Bürge-
rinnen und Bürger, die Schaffung leistungsfähiger Struk-
turen im Zoll zur Bekämpfung der gewerbsmäßigen
Schwarzarbeit und die transparente Bündelung der
Rechtsvorschriften zur Schwarzarbeit, wobei auch Rege-
lungslücken geschlossen werden.

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(C (D Die leistungsfähige Kontrolle und Ahndung richten ich dabei gegen die gewerbsmäßige Schwarzarbeit. Es eht zum Teil um organisierte Wirtschaftskriminalität, ie wir nicht verniedlichen dürfen. Außerhalb des Gesetzentwurfs haben wir im organi atorischen Bereich bereits Änderungen vorgenommen, it denen moderne und schlagkräftige Strukturen aufgeaut werden. Dafür haben wir das gemeinsame Dach Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ geschaffen. In der Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ arbeiten nach Zusamenführung des in diesem Bereich tätigen Personals der undesagentur für Arbeit und der Zollverwaltung dereit über 5 000 Personen. Künftig werden es 7 000 sein. ie „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ ist flächendeckend n 113 Standorten vertreten. Bei der Oberfinanzdirektion öln haben wir eine zentrale Abteilung als serviceorienierten Ansprechpartner für alle Bürger und alle betroffeen Behörden eingerichtet. Durch dieses Gesetz werden die Regelungen zur Ver olgung von Schwarzarbeit und der damit einhergehenen Steuerhinterziehung auf eine neue rechtliche Grundage gestellt. Um künftig deutlich zu beschreiben, was chwarzarbeit tatsächlich ist, definiert das Gesetz erstals den Begriff der Schwarzarbeit entsprechend dem llgemeinen Sprachgebrauch. Außerdem werden erstmals die Kontrollregelungen us den verschiedenen Vorschriften, insbesondere des ozialgesetzbuchs, inhaltlich zusammengeführt. Dabei erden die Prüfungsund Ermittlungsrechte der Zollveraltung erweitert, damit die Verfolgung der Schwarzrbeit und der illegalen Beschäftigung noch effektiver nd effizienter durchgeführt werden kann. Die Zusamenarbeit der Zollverwaltung mit den Länderfinanzbeörden wird ebenfalls weiter ausgebaut. Bereits heute wird Schwarzarbeit strafrechtlich ver olgt. Sie ist regelmäßig mit Steuerhinterziehung, Betrug ulasten der Leistungsträger, der sozialen Sicherungsysteme, oder Verstößen gegen das Ausländerrecht verunden und insoweit strafbar. Einige Strafbarkeitslücken erden durch das Gesetz geschlossen, damit ganz deutich wird, dass Schwarzarbeit kein Kavaliersdelikt ist. Noch eine weitere Klarstellung: Wir wollen nicht die ilfeleistungen durch Angehörige und Nachbarschaftsilfe in den Mittelpunkt rücken und diese schon gar icht kriminalisieren. Das war auch nie ein Ansatzpunkt ieses Gesetzes. Wie Sie wissen, haben wir – ich habe arauf hingewiesen, dass es uns darum geht, den Bürgeinnen und Bürgern den Weg in die Legalität zu erleichern – mit den Minijobs gerade für die Privathaushalte anz einfache und im Übrigen auch preiswerte legale egelungen geschaffen. Ich kann nur hoffen – daran üssen wir alle arbeiten –, dass diese Regelungen in Anpruch genommen werden. Nachbarschaftshilfe ist elbstverständlich zulässig, solange keine nachhaltige ewinnerzielungsabsicht vorliegt. Schwarzarbeit muss im Interesse aller Steuerehrlichen ekämpft werden, um wieder mehr Raum für legale Bechäftigung zu schaffen. Wir alle in diesem Hause – ich age das auch in Richtung Gewerkschaften und Wirt Bundesminister Hans Eichel schaftsverbände – sollten deswegen an einem Strang ziehen, auch wenn wir in Einzelheiten unterschiedlicher Meinung ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


7 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zollver-
waltung, die für die Kontrolle zuständig sind, können
zwar mehr als bisher tun. Schwerpunktmäßig muss auch
viel mehr getan werden, zum Beispiel auf Baustellen, wo
es vielfach besonders kriminell zugeht, oder in Bran-
chen, über die ich vorhin gesprochen habe. Letzten En-
des hängt der Erfolg all dessen, was wir hier diskutieren
und beschließen, davon ab, ob wir ein gesellschaftliches
Klima haben, in dem der gesetzestreue und steuerehrli-
che Bürger nicht der Dumme ist. Mit anderen Worten:
Das normale Verhalten unserer Gesellschaft sollte sein,
den Gesetzen zu entsprechen. Es nutzt am Schluss allen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510800400

Ich erteile Kollegin Elke Wülfing, CDU/CSU-Frak-

tion, das Wort.


Elke Wülfing (CDU):
Rede ID: ID1510800500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben eben davon ge-
sprochen, dass Sie Politik für mehr Beschäftigung ma-
chen oder machen wollen. Ich habe heute Morgen die
Arbeitslosenzahlen gesehen. Daran kann man das nicht
so richtig ablesen. Auch an der Erwerbstätigenstatistik
kann man das nicht so richtig ablesen. Ich habe vielmehr
das Gefühl, dass der einzige Wirtschaftszweig, der wirk-
lich wächst, die Schattenwirtschaft ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Betrug der geschätzte Umsatz 1998 noch 280 Milliarden
Euro, so lag er im Jahr 2003 schon bei 370 Milliarden
Euro. Das ist eine Steigerung um 32 Prozent in sechs
Jahren rot-grüner Bundesregierung.

Sie haben zwar immer wieder den untauglichen Ver-
such unternommen, mit höheren Strafen und mit mehr
Bürokratie die Schattenwirtschaft und die Schwarzarbeit
zu bekämpfen; aber man hat fast das Gefühl: Je mehr
Sanktionen Sie erfunden haben, desto stärker wuchs die
Schattenwirtschaft.

Zum 1. Januar 1999 haben Sie das Arbeitnehmer-
Entsendegesetz – das war noch ein Gesetz aus unserer
Regierungszeit – verschärft. Vom 30. August 2001 ist
Ihr Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im
Baugewerbe, das uns die unsägliche Bauabzugsteuer ge-
bracht hat.


(Hans Eichel, Bundesminister: Bayern, Hessen und Baden-Württemberg! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Bayern und Hessen beantragt!)



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(C (D Ich bin mit meinem Vortrag doch noch gar nicht fertig, rau Scheel. (Ute Kumpf [SPD]: Wenn Sie schon so falsch anfangen!)


as mit der Bauabzugsteuer war für uns ein Aha-Erleb-
is. Ich war damals Berichterstatterin und war darüber
rschrocken, wie es gewirkt hat. Es war so, wie Sie das
mer wieder machen: Sie überziehen 100 Prozent der
nternehmen mit einer Riesenbürokratie. Dann stellen
ie fest, dass vielleicht ein Bruchteil wirklich illegal ar-
eitet.
Vom September 2001 ist Ihr Gesetz zur Bekämpfung

er illegalen Beschäftigung im gewerblichen Güterkraft-
erkehr. Am 1. August 2002 ist das Gesetz zur Erleichte-
ung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und
chwarzarbeit in Kraft getreten. Die Generalunterneh-
erhaftung ist darin enthalten; der Straf- und Bußgeld-
ahmen wurde erhöht.
Zum 1. Januar 2004 gab es noch ein Gesetz, nämlich

as Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Ar-
eitsmarkt, das der Zollverwaltung die Aufgabe der Be-
ämpfung der Schwarzarbeit zuwies. Damit ist auch das
rbeitnehmer-Entsendegesetz unter Ihrer Regierung
um dritten Mal geändert worden.
Ich will damit sagen: Wir haben in fünf Jahren das

echste Gesetz gegen die Schattenwirtschaft, und zwar
it dem bezeichnenden Namen „Gesetz zur Intensivie-
ung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zu-
ammenhängender Steuerhinterziehung“, weil alle ande-
en Gesetze anscheinend nichts gebracht haben.
Nun will der Bundesfinanzminister hierdurch gern
Milliarde Euro einfahren. Das Geld ist im Haushalt
chon verbraten. Der Personalaufwand wird immer hö-
er. 7 000 Beamte von Zoll- und Arbeitsverwaltung sol-
en in einer Bundesstrafverfolgungsbehörde mit einer
undesdatenbank jetzt so richtig auf die Menschen los-
elassen werden. Das heißt, die Kosten des Kontrollstaa-
es steigen stark.


(Zuruf von der SPD)

Das interessiert Sie vielleicht nicht so sehr. – Die
ehreinnahmen, die man sich davon erwartet, stehen
eiter in den Sternen.
Nach dieser Erfahrung von fünf ziemlich unwirksa-
en Gesetzen ist der rot-grünen Bundesregierung an-
cheinend immer noch nicht bewusst, weswegen die
chattenwirtschaft zurzeit der einzig stark wachsende
irtschaftszweig ist. Der Hauptgrund der wachsenden
chattenwirtschaft ist die zu hohe Belastung der Brut-
olöhne mit Steuern und Abgaben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Florian Pronold [SPD]: Dann hätte die Schwarzarbeit zu Ihrer Regierungszeit noch viel höher sein müssen!)


ohe Beitragslasten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
nd nach wie vor zu hohe Steuersätze scheinen bei vie-
en Bürgern zunehmend die Auffassung zu verstärken,






(A) )



(B) )


Elke Wülfing

dass man sich irgendwie dem Zugriff des Staates entzie-
hen dürfte.

Es liegt aber auch daran, dass der Abgabenkeil zwi-
schen den Kosten des Auftraggebers und dem Nettoein-
kommen der Ausführenden einfach zu hoch ist. Hieraus
entsteht für beide Seiten der Anreiz, Lösungen zu finden,
die, ganz marktwirtschaftlich, für beide Seiten einen
Vorteil bieten, zumeist, indem Fiskus und Sozialkassen
außen vor gelassen werden. Woran liegt das? Man
braucht sich nur einmal ein Beispiel anzuschauen: 1966
musste ein Malergeselle 1,7 Stunden arbeiten, um seine
eigene Handwerksstunde bezahlen zu können. 1980 wa-
ren es schon vier Stunden und im Jahr 2002 dann
schließlich ganze sechs Stunden. Daran liegt es, dass le-
gale Arbeit durch Schwarzarbeit ersetzt wird. Je höher
die Steuer- und Abgabenlast ist, umso stärker ist die Ab-
wanderung von legaler Arbeit in die Schwarzarbeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nun hatte sich diese Bundesregierung ja freundlicher-

weise vorgenommen und auch im Koalitionsvertrag fest-
geschrieben, die Sozialabgabenquote auf unter 40 Pro-
zent zu senken. Das ist ihr leider nicht gelungen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Wie so vieles nicht!)


Zwar haben Sie mithilfe einer viermaligen Erhöhung der
Ökosteuer versucht, immer mehr Steuergelder in die So-
zialversicherungen hineinzupumpen. Aber warum haben
Sie es gemacht? Weil Sie den Menschen nicht erklären
wollten, dass unsere Sozialversicherungssysteme drin-
gend reformbedürftig sind. Genutzt hat es Ihnen auch
nichts; denn die Abgabenquote ist wieder bei 42 Prozent
angelangt. Das heißt, auf jedem Arbeitsverhältnis in
Deutschland lasten weiterhin brutto zu hohe Kosten und
netto bleibt dem Arbeitnehmer zu wenig übrig. Das för-
dert Schwarzarbeit.

Außerdem sind natürlich übertriebene Regulierungen
des Arbeitsmarktes ein weiterer Grund für das Anwach-
sen der Schwarzarbeit, denn diese kennt keine Regulie-
rungen. Die Ausführung legaler Tätigkeiten erfordert
kaum noch zumutbare Kenntnisse. Fragen Sie einmal
Gastwirte, wie es ihnen geht. Es ist erforderlich, dass
man eine riesige Zahl von Vorschriften überblickt; das
kann aber kaum einer. Diese Regierung hat dazu beige-
tragen, aber natürlich auch die Tarifparteien. Schauen
Sie sich einmal einen Tarifvertrag an: Den werden auch
Sie nicht von vorne bis hinten verstehen. Schließlich ha-
ben auch die Gerichte gerade durch Urteile zu arbeits-
rechtlichen Vorschriften dazu beigetragen. All dies stößt
auf fehlendes Verständnis und mangelnde Akzeptanz.
Deswegen sinkt die Bereitschaft der Bürger, Steuern und
Abgaben zu zahlen, immer weiter. Wir brauchen deshalb
dringend ein neues Arbeitsrecht, damit sich legale Arbeit
endlich wieder lohnt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das gilt natürlich auch für Sozialhilfe- und Arbeitslo-

senhilfeempfänger. Es müssen Kombilöhne für Gering-
verdiener und einfach strukturierte Arbeit eingeführt
werden. Es ist nämlich nicht zu erklären, warum ein ar-

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(C (D eitsfähiger Sozialhilfeempfänger pro Kind 50 Euro im onat verliert, wenn er eine Arbeit aufnimmt. Das acht Beschäftigung gegenüber der Sozialhilfe unatraktiv und führt ebenfalls zur Schwarzarbeit. All diese rsachen machen deutlich, dass die Schattenwirtschaft nweigerlich steigen musste. Sie wird weiter steigen, enn die Anreizsysteme von dieser rot-grünen Bundesegierung weiterhin so falsch gestaltet werden, wie es urzeit geschieht. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion legt Wert darauf, u betonen, dass wir das Ziel dieses Gesetzes selbstvertändlich begrüßen. Wer würde das nicht tun? (Florian Pronold [SPD]: Dann hätten Sie auch einmal einen Satz dazu sagen können!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich bin noch nicht fertig. Ich habe immer noch zwei-
inhalb Minuten Zeit.
Der Gesetzentwurf selber setzt jedoch einseitig auf
epression – wie alle seine Vorgänger – und bekämpft
icht die wirklichen Ursachen der Schwarzarbeit. Die re-
ressiven Maßnahmen stoßen an die Grenzen ihrer
irksamkeit; denn ein entsprechendes Unrechtsbe-
usstsein kann bei dieser Politik der rot-grünen Bundes-
egierung nicht vorhanden sein.


(Florian Pronold [SPD]: Durch solche Reden wird es auch nicht gefördert!)


Sehr geehrter Herr Pronold, Sie werden wahrschein-
ich gleich Gelegenheit haben, sich hier hinzustellen und
inmal zu begründen, warum Sie die Menschen mit im-
er mehr Repression belasten wollen, statt sie von
ohnzusatzkosten und Lohnnebenkosten zu entlasten,
amit den Arbeitnehmern endlich mehr Geld in der Ta-
che bleibt und der Arbeitsplatz in Deutschland brutto
icht mehr so teuer ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

An der Berechtigung der Kritik an dem Gesetzent-
urf gibt es gar keinen Zweifel; denn – die Anhörung
at es sehr deutlich gemacht – er ist ganz offensichtlich
in ziemliches Sammelsurium. Wenn Sie ihn mit den
ändern besser abgestimmt hätten, dann wäre es gut ge-
esen. Aber Sie haben in 43 Änderungsanträgen selber
estgestellt, dass die Zusammenarbeit zwischen Zoll, Po-
izei, Strafverfolgungsbehörden und Finanzbehörden of-
ensichtlich nicht in Ordnung ist. In Ihren Anträgen wird
öchstens zum Teil auf die organisierte Kriminalität
nd die Geldwäsche – Punkte, auf die wir großen Wert
egen und immer großen Wert gelegt haben – eingegan-
en. Genau diese Kriminalität ist aber das Problem und
icht die Menschen, die Schwarzarbeit leisten.


(Joachim Poß [SPD]: Die CDU ist das Problem! – Florian Pronold [SPD]: Die Partei der schwarzen Koffer!)


n diesem Punkt sind Sie unseren Anträgen nicht wirk-
ich gefolgt. Auch deswegen werden wir diesen Gesetz-
ntwurf ablehnen.






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Elke Wülfing

Außerdem scheint Ihnen Folgendes Spaß zu machen:

Sie haben unter Clement eine neue Handwerksordnung
geschaffen. Was machen Sie jetzt mit diesem Gesetz?
Die neue Handwerksordnung – dazu wird sicher Herr
Hinsken, der in dieser Debatte ebenfalls noch sprechen
wird, einiges sagen wollen – wird von Ihnen von innen
ausgehöhlt; denn eine fehlende Eintragung in die Hand-
werksrolle oder ins Gewerberegister soll von Ihnen von
der Schwarzarbeit ausgenommen werden. Das schadet
dem Handwerk und fördert die Ich-AGs. Mit uns nicht,
meine sehr geehrten Damen und Herren!


(Beifall bei der CDU/CSU)

Außerdem verletzten Sie den Grundsatz „in dubio pro

reo“, „im Zweifel für den Angeklagten“, indem Sie Un-
ternehmen von öffentlichen Aufträgen ausschließen
wollen, wenn es nur ein Verdachtsmoment gibt.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein begründetes Verdachtsmoment!)


So steht es im Gesetz. Wir sind nicht der Meinung, dass
das richtig ist. Ich denke, ein Unternehmen muss erst
verurteilt worden sein, ehe es von öffentlichen Aufträ-
gen ausgeschlossen werden darf. Das hat unser Rechts-
system so vorgesehen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Besonders kurios ist die Pflicht zur zweijährigen Auf-

bewahrung von Rechnungen für private Auftraggeber.

(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Das macht doch jeder!)

Dazu möchte ich nur eines anführen. Professor Reiß von
der Uni Erlangen hat uns dazu in seiner Stellungnahme
zu der Anhörung deutliche Worte ins Gewissen geschrie-
ben. Ich will Ihnen das nicht vorenthalten; es ist zu
schön:

Die Einführung einer bußgeldbewehrten Aufbe-
wahrungspflicht für private Auftraggeber ist trotz
des hehren Zieles schlicht lächerlich. Von solchen
Mätzchen sollte ein Gesetzgeber Abstand nehmen,
wenn er noch den Anspruch erhebt, ernst genom-
men zu werden.

Das ist alles Zitat, nicht meine Erfindung.
Man darf gespannt sein, welche Aufklärungsmaß-
nahmen der Gesetzgeber noch vorschlagen wird,
damit die geneigte Bevölkerung wenigstens von
dieser völlig neuartigen Verpflichtung erfährt. Oder
soll sie erst durch die Verhängung von Bußgeldern
aufgeklärt werden?

Ich brauche dem nichts hinzuzufügen

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)

als das, was unsere Fraktionsvorsitzende, Angela
Merkel, zu solchen Themen immer sagt: Sie können hin-
ter jeden Bürger einen Kontrolleur stellen, der Bürger
wird sich immer eine Finte ausdenken, wie er sich dieser
Kontrolle entziehen kann. – Ich finde, wo sie Recht hat,

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(C (D at sie Recht, und sie hat fast immer Recht, in allen Beeichen, zu denen sie sich äußert. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Betonung liegt auf „fast“!)


ie äußert sich sehr oft und ich bin sehr, sehr glücklich
arüber.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion lehnt diesen Ge-

etzentwurf ab. Sie macht allerdings sehr deutlich, dass
ir ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung der Schwarzar-
eit brauchen. Bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit
arf man aber nicht in einseitiger Art und Weise auf re-
ressive Maßnahmen setzen, sondern man muss präven-
ive und repressive Maßnahmen in ausgewogener Weise
iteinander verbinden.
Des Weiteren müssen wir die Staatsausgaben endlich
den Griff bekommen, Herr Eichel. Die Staatsquote
uss mittelfristig wieder geringer als 40 Prozent sein.
ann haben wir Spielraum für Steuersenkungen.
Da wir beim Steuerkonzept sind, möchte ich herzlich

arum bitten, dass Sie sich unser „Konzept 21“ einmal
nschauen. Ich denke, diesem Konzept könnten Sie gut
olgen.


(Horst Schild [SPD]: Völlig unausgegoren!)

Wir brauchen unbedingt ein steuerpolitisches Ge-

amtkonzept; denn unsere Steuern sind weiterhin zu
och. Wir brauchen außerdem die Flexibilisierung des
rbeitsmarktes.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510800600

Liebe Kollegin, Sie haben Ihre Redezeit schon deut-

ich überschritten.

(Florian Pronold [SPD]: Bitte noch ein bisschen! Es war gerade so schön! – Franz Müntefering [SPD]: Lass sie noch weiterreden! – Jörg-Otto Spiller [SPD]: Dann geht es jetzt über in Schwarzarbeit!)



Elke Wülfing (CDU):
Rede ID: ID1510800700

Danke für den Hinweis.
Ich denke, dass der Gesetzentwurf zu Recht deutlich

ritisiert worden ist. Trotzdem danken wir den Kollegin-
en und Kollegen für die faire Beratung und auch den
itarbeiterinnen und Mitarbeitern für die viele Arbeit.
Wir lehnen den Gesetzentwurf aus den genannten
ründen ab. Wir brauchen ein schlüssiges Gesamtkon-
ept zur Bekämpfung der Schwarzarbeit. Es darf nicht
llein so sein, dass die Bürger bestraft werden. Sie müs-
en auch von Lohnzusatzkosten entlastet werden. Dann
ird die Schwarzarbeit zurückgehen.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510800800

Ich erteile das Wort Kollegin Christine Scheel, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510800900

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Liebe

Frau Wülfing, es geht nicht um die Frage: Repressionen,
ja oder nein?


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Warum machen Sie es dann?)


Es geht hier und heute vielmehr darum, einen gesetz-
lichen Beitrag zur Bekämpfung der organisierten und
vor allem der gewerblichen Schwarzarbeit zu leisten.
Darum geht es und um nichts anderes.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Genau das machen Sie nicht! Das ist das Problem!)


Es ist die typische Nummer der Union, die wir schon
aus anderen Zusammenhängen kennen: Mit fadenschei-
nigen und an den Haaren herbeigezogenen Begründun-
gen wird versucht, ein Gesetz schlechtzureden, weil man
nicht weiß, wie man sich verhalten soll.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Weil es Murks ist!)


Das ist Ihr Spiel: Auf der einen Seite wollen Sie
Schwarzarbeit bekämpfen, fügen jedoch hinzu: Aber
nicht so. Auf der anderen Seite gibt es keine Vorschläge
von Ihnen, wie es besser geht.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wir haben einen Entschließungsantrag eingebracht, Frau Kollegin! Da steht alles drin!)


Heute liegt ein Gesetz vor, mit dem das Problem der
großen Schattenwirtschaft in der Bundesrepublik
Deutschland angegangen wird. Es ist spannend, zu beob-
achten, wie selbst Gesetze diffamiert werden, die aus
unionsregierten Ländern kommen. Frau Kollegin
Wülfing, die Bauabzugsteuer ist eine Erfindung von
Herrn Koch aus Hessen und Herrn Stoiber aus Bayern.
Wir haben diese Idee aufgenommen, sie verbessert und
umgesetzt, teilweise gegen die Stimmen der Union. Es
ist schon interessant: Zuerst bringen Ihre eigenen Minis-
terpräsidenten, die Sie sehr schätzen, Gesetzentwürfe
ein. Aber wenn es konkret wird, dann tauchen Sie jedes-
mal ab.


(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Von Stoiber lernen heißt siegen lernen!)


Das verstehe ich unter Scheinheiligkeit. Wir müssen des-
halb sagen: So, wie sich die Opposition in diesem Land
verhält, kommen wir – auch bei dem Thema, über das
wir heute reden – keinen Schritt weiter.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es ist ein sehr ernstes Thema, über das wir heute re-
den; denn organisierte gewerbliche Schwarzarbeit ist

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(C (D ein Kavaliersdelikt, sondern organisierte Wirtschaftsriminalität. In dem heute zu verabschiedenden Gesetz ur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit nd auch der damit verbundenen Steuerhinterziehung, ie man nicht unterschätzen darf, definieren wir chwarzarbeit und grenzen sie von der Nachbarschaftsilfe und Selbsthilfe ab. Wir wollen die Bereiche treffen, ie für unsere Wirtschaft schädlich sind; darüber haben ir in diesem Hohen Hause immer wieder gesprochen. ir müssen aus Wettbewerbsgründen dafür sorgen, dass iejenigen, die sich in diesem Land bereichern und die em Wettbewerb schaden, strafrechtlich besser verfolgt erden können, als es bisher der Fall gewesen ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ziel dieses Gesetzes ist es, alle Versuche – auch die
trafrechtlichen Regelungen – zur Bekämpfung der
chwarzarbeit, die bislang unternommen worden sind, in
inem Gesetz zusammenzuführen. Es werden Prüfaufga-
en beim Zoll zusammengefasst. Wir haben im Rahmen
er Ausschussberatungen von den Sachverständigen, die
n diesem Betrugsbekämpfungsbereich arbeiten, Anre-
ungen aufgenommen, die Zusammenarbeit der ermit-
elnden Behörden, der Kriminalpolizei, des Zolls, der
teuerfahndung sowie der Staatsanwaltschaften, besser
nd gezielt zu regeln. Das liegt im Interesse dieser Be-
örden. Dies liegt auch im Interesse der Politik und
üsste auch im Interesse der Opposition liegen. Das
ollte man nicht kleinreden.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Weil das Gesetz so schlecht gemacht ist)


an sollte vielmehr Farbe bekennen, ob man will, dass
ll diese Behörden besser zusammenarbeiten. Wenn man
as will, sollte man diesem Gesetzentwurf auch zustim-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Sie machen doch genau das Gegenteil!)


Es wird gemeinsame Ermittlungsgruppen der Behör-
en gegen die organisierte gewerbliche Schwarzarbeit
eben. Der Personaleinsatz beim Zoll wird erheblich
erbessert. Die im Gesetzentwurf zusammengeführten
nd zum Teil erhöhten Strafmaße zur Bekämpfung der
ewerblichen Schwarzarbeit sollen auf der einen Seite
as Unrechtsbewusstsein verstärken und von der Organi-
ierung gewerblicher Schwarzarbeit abschrecken. Auf
er anderen Seite wollen wir den Weg zu einer unterneh-
erischen Entscheidung für legales Verhalten stärker be-
nen.
Das ist der Sinn und Zweck dieses ganzen Unterfan-

ens; denn wir alle wissen doch, dass gerade der Kon-
urrenzkampf im Rahmen privater oder öffentlicher
ergabeverfahren – ich denke beispielsweise an Bauauf-
räge – sehr häufig zu illegalem Verhalten verleitet.
eswegen brauchen wir in Deutschland bei Vergabever-
ahren einen fairen Kostenwettbewerb, der unter Aus-
chluss von illegalem Verhalten erreichbar ist. Auch dem
ient dieses Gesetz. Wir wollen illegales Verhalten been-






(A) )



(B) )


Christine Scheel

den und dafür sorgen, dass das strafrechtliche Risiko er-
höht wird, bei der Organisierung von Schwarzarbeit ent-
deckt und dann auch bestraft zu werden.

Ich bin mir bewusst, dass legales Verhalten angesichts
erheblicher Gewinnvorteile durch illegales Verhalten al-
lein durch Strafandrohungen nicht erreichbar ist; das ist
natürlich richtig. Aber die Steigerung des Entdeckungs-
risikos mit erheblichen strafrechtlichen Folgen und mit
der Androhung von finanziellen Vermögensverlusten
kann den Prozess hin zu mehr Ehrlichkeit im Wettbe-
werb verbessern. Es geht darum, dass man diesen Pro-
zess insgesamt verbessert, dass man sagt: Wir sind für
Ehrlichkeit im Wettbewerb, und zwar zum Schutz derje-
nigen Unternehmen, die in diesem Staat einen ordentli-
chen Beitrag zum Sozialversicherungsaufkommen, aber
auch zu den Steuereinnahmen leisten. Das ist ein richti-
ges Ansinnen. Deswegen kann ich nur sagen: Ich ver-
stehe wirklich nicht,


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie verstehen so vieles nicht!)


dass sich die Union diesem Anliegen nicht anschließen
kann.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Dass Sie so vieles nicht verstehen, ist das Problem!)


Es geht auch um die Bekämpfung von Wirtschaftskrimi-
nalität und vielem mehr.

Natürlich bleibt das ordnungspolitische Ziel eines fai-
ren, funktionsfähigen Wettbewerbs und niedrigerer
Lohnnebenkosten bestehen; das ist völlig richtig. Das
hat aber mit diesem Gesetz nichts zu tun; das muss man
an anderen Stellen regeln. Wir tun dies teilweise mit gro-
ßen Anstrengungen. Aber all die Reformbemühungen
und Reformvorschläge, die in der Vergangenheit auf
dem Tisch gelegen haben, um dieses Ziel zu erreichen,
haben Sie abgelehnt.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das ist Quatsch!)

Es ist scheinheilig, andere Gesetze anzuführen, Forde-
rungen aufzustellen, zu glauben, dass man mit diesen
Begründungen ein so gutes Gesetz ablehnen kann, und
dann, wenn Maßnahmen auf dem Tisch liegen, diese im-
mer wieder abzulehnen.

Ich kann Sie nur auffordern: Stimmen Sie diesem Ge-
setzentwurf zu! Wir erfüllen damit eine ordnungspoliti-
sche Aufgabe. Wir leisten hiermit einen weiteren Beitrag
zur Bekämpfung der Schwarzarbeit. Ich hoffe, dass sich
die Opposition dem – ich muss es wirklich noch einmal
sagen – nicht entzieht und Sie dieses Gesetz nicht
schlechtreden, sondern Ihren Beitrag leisten, indem Sie
sagen: Das ist gut so. Auch wir wollen daran arbeiten.
Deswegen unterstützen wir in dieser Frage die Regie-
rung.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegen Carl-Ludwig Thiele, DP-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten olleginnen und Kollegen! Zunächst zu Ihnen, Herr inanzminister Eichel: Ich stimme Ihnen ausdrücklich u, dass wir eine Politik für mehr Beschäftigung in eutschland benötigen. Ich muss aber gleichzeitig festtellen: Sie sind seit fünfeinhalb Jahren mit Rot-Grün an er Regierung und die Arbeitslosigkeit in Deutschland at einen noch nie da gewesenen Höchststand erreicht. ir teilen zwar alle Ihre Zielsetzung, aber die als Folge hrer Politik eingetretene Wirklichkeit ist das genaue egenteil dieser Zielsetzung. Ich möchte einen zweiten Punkt ansprechen. Wir sind lle darüber froh, dass sich im Bereich der geringer beahlten Tätigkeiten durch die Regelung der Minijobs für illionen von Menschen in unserem Land die Möglicheit eröffnet hat, sich etwas weiß, also durch legale Täigkeit, hinzuverdienen zu können. Ich möchte allerdings an die Vorgeschichte dieses Ge etzes erinnern: Es war die rot-grüne Regierung, die 998/99 die damalige 630-Mark-Regelung abgeschafft at. (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Was hat man sich dabei wohl gedacht!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510801000
Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1510801100

(Widerspruch bei der SPD)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


etzt möchte ich mich ganz konkret an Sie, Herr Finanz-
inister Eichel, wenden. Das Land Hessen hatte damals
ine neue Landesregierung und Sie aus dem Amt ge-
ählt. Sie haben dann zu Recht gesagt, Sie akzeptierten
ie Entscheidung des Wählers. Keine Entscheidung, die
m Bundesrat auf die Stimmen des Landes Hessen ange-
iesen ist, solle mithilfe Hessens zum Gesetz werden.
anach haben Sie Ihre Eintrittskarte ins Kabinett da-
urch gezogen, dass Sie dafür gesorgt haben, dass die
30-Mark-Arbeitsverhältnisse mit den Stimmen Hessens
bgeschafft wurden. Das hat Millionen von Menschen in
nserem Land massiv betroffen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

nd es bedurfte wirklich jahrelanger Anstrengungen, bis
ich ein Teilerkenntnisprozess bei Ihnen – von der FDP
nd der Union getrieben – im Vermittlungsverfahren
onkretisieren konnte, sodass die 400-Euro-Minijob-
egelung eingeführt wurde. Hier haben Sie Verantwor-
ung getragen und wir haben versucht, Korrekturen
orzunehmen. Je stärker wir über den Bundesrat die Ge-
egenheit bekommen, Ihre Politik zu korrigieren, desto
esser ist das für unser Land. Das hat man auch an dieser
egelung gesehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Schwarzarbeit ist Realität in Deutschland. Natur-

emäß lässt sie sich statistisch nicht erfassen. In der






(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele

Antwort auf eine Anfrage der FDP wurde im Frühjahr
letzten Jahres bereits darauf hingewiesen, dass gut
350 Milliarden Euro – das sind mehr als 16 Prozent des-
sen, was in unserem Land pro Jahr erwirtschaftet wird –
durch Schwarzarbeit erwirtschaftet werden. Weit mehr
als 9 Millionen Menschen sollen zumindest teilweise in
der Schattenwirtschaft tätig sein.

Die FDP tritt dafür ein, dass schwere Fälle von ge-
werblicher Schwarzarbeit konsequent, auch durch Zoll-
fahnder, verfolgt werden. Hierbei geht es häufig um or-
ganisierte Wirtschaftskriminalität. Dadurch werden die
Firmen im Wettbewerb benachteiligt, schlechter gestellt
und möglicherweise aus dem Markt gedrängt, Firmen,
die ihre Steuern und Abgaben gesetzmäßig zahlen. Des-
halb ist es richtig, dass schon jetzt Schwarzarbeit verbo-
ten ist. Verstöße dagegen werden auch schon jetzt straf-
rechtlich verfolgt.

Die FDP begrüßt daher die Zielsetzung des Gesetz-
entwurfs, Schwarzarbeit, insbesondere in banden- und
gewerbsmäßig organisierter Form, zu bekämpfen. Aller-
dings ist die FDP der Auffassung, dass dieser Gesetzent-
wurf nicht geeignet ist, zur Umsetzung dieses Ziels ent-
scheidend beizutragen. Der Gesetzentwurf spiegelt
Lösungsmöglichkeiten vor, die die Schwarzarbeit nicht
nennenswert bekämpfen können; denn solange nicht an
die Ursachen der Schwarzarbeit gegangen wird, bleiben
alle diese Gesetzesvorhaben nur an der Oberfläche.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es, dass

ein neues Unrechtsbewusstsein gegenüber Schwarzar-
beit geschaffen und durch Hilfestellungen für die Bürge-
rinnen und Bürger rechtmäßiges Verhalten gefördert
werden soll. Von Hilfestellungen für die Bürger finde ich
in diesem Gesetzentwurf nichts. Durch noch mehr Ord-
nungsmaßnahmen und noch mehr Bürokratie werden
keine weiteren Anreize gesetzt, statt schwarz weiß zu ar-
beiten.

Seit 1998 hat Rot-Grün eine Gesetzesinitiative nach
der anderen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit be-
schlossen: das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversi-
cherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte, das
Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Bauge-
werbe, das Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Be-
schäftigung im gewerblichen Güterkraftverkehr, das Ge-
setz zur Erleichterung der Bekämpfung der illegalen
Beschäftigung und Schwarzarbeit und das Dritte Gesetz
für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt.

Dies sind nur die Gesetze, die sich konkret damit be-
schäftigt haben. Dabei habe ich noch die einzelnen Vor-
schriften in anderen Gesetzen außer Acht gelassen, die
zusätzlich beschlossen worden sind. Nur können wir an
dieser Stelle keine Effekte feststellen. Wir können aber
feststellen, dass die Schwarzarbeit in Deutschland trotz
dieser weiteren Regulierungswut zunimmt.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ja!)

Wir haben an dieser Stelle nämlich kein Gesetzes-,

sondern ein Vollzugsdefizit. Daher werden noch mehr

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(C (D esetze gegen illegale Betätigung und Beschäftigung ie Probleme nicht lösen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie werden vor allen Dingen nicht gelöst, solange Sie
icht an die Ursachen der Schwarzarbeit gehen. Der
taat kann mit schärferen Kontrollen und neuen Befug-
issen für die Zollbehörden zur Bekämpfung der
chwarzarbeit kein neues Unrechtsbewusstsein bei den
ürgern schaffen. Dieses wird nicht eintreten, solange es
n unserem Lande bei zu hohen Steuern und Abgaben
nd einer überbordenden Bürokratie bleibt. Man muss
eshalb an die Ursachen der Schwarzarbeit gehen. Man
uss die Gesetze der sozialen Marktwirtschaft wieder
ntdecken, damit sich unser Land von sich heraus wieder
ntwickeln kann.
Worin liegen denn die Ursachen der Schwarzarbeit? –
ir haben eine viel zu hohe Steuer- und Abgaben-
elastung. Der viel wirksamere Weg zur Bekämpfung
er Schwarzarbeit wäre eine Rückführung der Steuer-
nd Abgabenbelastung. Hier muss angesetzt werden. Es
st doch für einen Kfz-Gesellen oder Maler überhaupt
icht verständlich, dass er, gemessen an seinem Brutto-
ohn, sechs Stunden arbeiten muss, um sich eine einzige
tunde seiner eigenen Arbeitszeit überhaupt leisten zu
önnen.


(Florian Pronold [SPD]: Dann sind die Löhne zu niedrig!)


as Problem besteht doch darin, dass den Arbeitnehme-
innen und Arbeitnehmern von dem, was sie brutto erar-
eiten, netto zu wenig verbleibt. Das liegt daran, dass die
teuer- und Abgabenquote, vor allem aber die Staats-
uote in unserem Land viel zu hoch ist. Dieses bezieht
ich gerade auch auf die einfachen Tätigkeiten.
Deshalb ist es gut, dass wir mit den 400-Euro-Jobs
auf die bin ich schon eingegangen – eine Regelung ge-
unden haben. Das ist ein Schritt in die richtige Rich-
ung. Aber auch an der Stelle könnte mehr geschehen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: So ist es!)

arum sind Sie eigentlich nicht bereit, im Bereich der
rivaten Haushalte das Übel an der Wurzel zu packen?
arum lehnen Sie die von der FDP immer wieder gefor-
erte Regelung ab, hauswirtschaftliche Arbeitsverhält-
isse dadurch anzuerkennen, dass die Abzugsfähigkeit
ieser Kosten für einen privaten Haushalt bis zu
2 000 Euro im Jahr sichergestellt wird? An dieser Stelle
st pure Ideologie im Spiel, mit der Sie eine vernünftige
egelung verhindern.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

In dem Gesetzentwurf der FDP zur Einführung einer

euen Einkommensteuer haben wir in § 26 vorgesehen,
ass im Kalenderjahr nachgewiesene Aufwendungen
on bis zu 12 000 Euro vom Gesamtbetrag der Einkünfte
bgezogen werden können, wenn eine Person in einem
auswirtschaftlichen Beschäftigungsverhältnis, insbe-
ondere zur Pflege des Steuerbürgers, seiner Kinder oder
onstiger Angehörigen, tätig ist. Voraussetzung dafür ist






(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele

aber, dass das Arbeitsverhältnis sozialversicherungs-
pflichtig ist und eine Lohnsteuerkarte vorliegt. Wir wol-
len, dass der private Haushalt in diesem Rahmen als
Arbeitgeber offiziell anerkannt wird, weil dies ein wirk-
samer Weg ist, vielen Menschen aus der Schattenwirt-
schaft, aus der Schwarzarbeit herauszuhelfen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine sehr verehrten Damen und Herren von Rot-
Grün, wann lernen Sie endlich, dass es andere Möglich-
keiten als nur repressive Maßnahmen der Strafverfol-
gung gibt, Bürger steuerehrlich zu machen? Sie haben
hier – das muss der Öffentlichkeit vielleicht doch noch
etwas bekannter werden – in § 14 Umsatzsteuergesetz
eine Regelung vorgesehen, die jeden Grundstückseigen-
tümer verpflichtet, seine Rechnungen zwei Jahre aufzu-
bewahren, was es bisher überhaupt nicht gegeben hat. In
der Begründung dazu heißt es:

Um eine bessere Kontrolle der Versteuerung dieser
Umsätze zu ermöglichen, wird der private Empfän-
ger einer … sonstigen Leistung im Zusammenhang
mit einem Grundstück zur Aufbewahrung der erhal-
tenen Rechung verpflichtet.

Es heißt weiter: Das
soll eine umfassende Kontrolle der Versteuerung
der Umsätze durch den leistenden Unternehmer er-
möglichen.

Wollen Sie denn wirklich jedem Gartenarbeiter hin-
terhergehen und den Grundstückseigentümer verpflich-
ten, die Rechnung für die Leistung, die der Gärtner in
seinem Garten erbracht hat, aufzubewahren? Wo leben
wir denn? Dadurch werden wir zu einem Überwa-
chungsstaat, den ich wirklich für total falsch halte.

Wir fordern eine drastische Vereinfachung des Wirt-
schafts-, Arbeits-, Sozial- und Steuerrechts. Die Arbeits-
kosten müssen gesenkt werden. Wir benötigen eine um-
fassende Reform der Arbeitsmarktbedingungen. Die
Steuerbelastung muss gesenkt werden. Hier muss ange-
setzt werden.

Wenn man in Ihrem Gesetzentwurf dann noch liest,
dass dadurch in diesem Jahr zusätzliche Einnahmen für
den Staat in Höhe von 1 Milliarde Euro erzielt werden
sollen, stellt man fest, dass sich an dieser Stelle doch nur
das Chaos der Luftbuchungen des Finanzministers fort-
setzt. Ihr Haushalt stimmt vorne und hinten nicht; Sie
müssen einen Nachtragshaushalt aufstellen. Aber die
Mehreinnahmen von 1 Milliarde Euro dürfen Sie getrost
wieder herausrechnen, weil Sie sie durch dieses Gesetz
nicht bekommen werden.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von
Rot-Grün, ich kann Sie nur bitten: Stellen Sie sich der
Wirklichkeit in unserem Lande, nehmen Sie sie zur
Kenntnis und bringen Sie Reformen voran, die in unse-
rem Land zu mehr Arbeit, mehr Beschäftigung, mehr
Sozialabgaben und mehr Steuereinnahmen führen! Dann
kann es aufwärts gehen. Das bedeutet aber, dass wir ei-

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(C (D en anderen Politikstil brauchen, als Sie ihn bisher an en Tag gelegt haben. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Franz Müntefering [SPD]: Ab ins Haus der Geschichte! – Weiterer Zuruf von der SPD: Das habt ihr 40 Jahre lang nicht hingekriegt!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510801200

Ich erteile das Wort dem Kollegen Reinhard Schultz,

PD-Fraktion.


Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1510801300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Das waren ja große Töne, die hier bereits am
rühen Vormittag zu hören waren. Sie alle liefen darauf
inaus, die Probleme der illegalen Beschäftigung, der
chwarzarbeit, der Schattenwirtschaft und der Hinterzie-
ung von Steuern und Sozialbeiträgen in gigantischem
mfang eher zu verniedlichen, als wirklich den Finger
arauf zu legen, welch ein Krebsgeschwür das für unsere
esellschaft bedeutet.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich verstehe es gut, dass Sie, Frau Wülfing, und auch
ie, lieber Herr Kollege Thiele, so vorgehen. Denn das,
as Sie in Ihrer Regierungsverantwortung auf diesem
ebiet zustande gebracht haben, war nur durch Vernied-
ichung gekennzeichnet. Lassen Sie mich an das von Ih-
en zitierte Entsendegesetz erinnern, das Norbert Blüm
nter dem Druck der Öffentlichkeit im allerletzten Mo-
ent gerade noch durch das Parlament gebracht hat, als
s auf allen Regierungsgroßbaustellen von Kolonnen
usländischer Arbeiter wimmelte und der Einzige, der
ort Deutsch verstand, der holländische Bauleiter war.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das hat sich nur nicht geändert!)


iese Situation gab es hier in Berlin. Gleichzeitig waren
underttausende Bauarbeiter arbeitslos. Das haben Sie
rganisiert.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Trotz Ihrer vielen Gesetze hat sich das überhaupt nicht geändert!)


Die Umsetzung der europäischen Entsenderichtlinie
urch die Verabschiedung des Entsendegesetzes so lange
inauszuzögern lag unmittelbar in Ihrem eigenen Inte-
esse. Das war schändlich. Darüber ist damals auch öf-
entlich diskutiert worden. Jetzt können Sie nicht so tun,
ls hätten Sie auf diesem Gebiet eine glorreiche Vergan-
enheit – im Gegenteil.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ie haben uns hier einen Riesennachholbedarf hinterlas-
en.
Herr Thiele, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen,

ass während unserer Regierungsverantwortung eine
eihe von Gesetzen verabschiedet wurde; denn es ist ein






(A) )



(B) )


Reinhard Schultz (Everswinkel)


Riesenproblem, eine mafiös organisierte Struktur am
Bau und in anderen Bereichen zu packen.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das hat doch nichts genützt! Das hat überhaupt nichts genützt!)


In diesem Bereich stellen sich die beteiligten Personen ja
nicht etwa und entschuldigen sich, wie es der zer-
knirschte Autofahrer tut, der dabei erwischt worden ist,
dass er bei Rot über die Ampel gefahren ist. Hier beste-
hen vielmehr Strukturen, deren Drahtzieher meistens
überhaupt nicht erwischt werden können, und die da-
durch gekennzeichnet sind, dass in einer Kette von Ver-
schachtelungen von Subunternehmertätigkeiten am Ende
eine illegale Kolonne steht, die durch Schwarzarbeit,
vorbei am Fiskus und an den Sozialsystemen, riesige
Gewinne macht. Darum geht es.

Da wir derzeit eine heftige Diskussion über den an-
geblichen Widerspruch zwischen einer auf Wachstum
ausgerichteten Haushalts- und Finanzpolitik auf der ei-
nen Seite und der Notwendigkeit der Konsolidierung
der Staatsfinanzen auf der anderen Seite führen, kann ich
nur feststellen: Im Lichte unserer heutigen Diskussion
besteht dieser Widerspruch eigentlich nicht. Denn wenn
wir eine sparsame Haushaltsführung, den Abbau über-
kommener Subventionen, eine richtige Schwerpunktset-
zung auf der Ausgabenseite und eine Senkung der
Steuer- und Abgabenlast im Rahmen des Möglichen be-
treiben und gleichzeitig alle Einnahmen, auf die der
Staat und die Sozialversicherungen Anspruch haben,
mobilisieren, dann, so denke ich, ist es möglich, sowohl
die Finanzen zu konsolidieren als auch Wachstum zu fi-
nanzieren. Darum geht es hier.

Es geht um Beträge von mehreren Milliarden Euro,
die am Fiskus und an den Sozialversicherungssystemen
vorbeigeschleust werden, die uns schlicht und einfach
fehlen und die uns in steigendem Maße in eine finan-
zielle Notlage bringen. Wenn wir diese Mittel mobilisie-
ren könnten, wäre so manche schwierige Diskussion
über Einschnitte in das soziale Netz genauso wenig er-
forderlich wie die immer wiederkehrende Diskussion
über Senkungen auf der Ausgabenseite, was beispiels-
weise die Investitionen im Bundeshaushalt, in den Haus-
halten der Länder und in denen der Städte und Gemein-
den betrifft.

Das ist der richtige volkswirtschaftliche bzw. gesamt-
wirtschaftliche Zusammenhang, über den hier diskutiert
werden muss. Dazu gehört erstens der Kampf gegen den
zunehmenden Umsatzsteuerbetrug, den wir auf europäi-
scher Ebene führen. Dazu gehört zweitens, dass Maß-
nahmen gegen die Flucht vor der Zinsbesteuerung in das
Ausland durchgeführt werden.
Mit unseren Maßnahmen, die eine Brücke hin zur Steu-
erehrlichkeit beinhalten, haben wir einen ersten Schritt
getan. Aber wir müssen das sicherlich weiterentwickeln.
Drittens gehört dazu der Kampf gegen Schwarzarbeit
und illegale Beschäftigung. Ich erinnere daran – Minis-
ter Eichel hat es gesagt –: Ein Gesamtumsatz zwischen
350 und 400 Milliarden Euro wird illegal erwirtschaftet.
Einen Bruchteil davon durch eine gezielte Strategie zu

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(C (D obilisieren würde uns schon deutlich weiterhelfen. Alein wenn wir 20 Prozent dieser Arbeitsverhältnisse in ine legale Beschäftigung überführen könnten, würde umindest zunächst einmal ein großer Teil der Hausaltsprobleme bei uns, in den Städten und Gemeinden, in en Ländern, bei den Sozialsystemen deutlich besser geöst werden können als bisher. Allein wenn wir eine langfristige Strategie gegen ma iös organisierte Schwarzarbeit am Bau verfolgten, wäen – bei vorsichtigem Optimismus – etwa 40 Milliarden uro für die Sozialsysteme und den Fiskus mobilisierar. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, aber uf mittlere Sicht. Um diese Größenordnung geht es, icht um die 2,5 Milliarden Euro, die im Zusammenhang it der Streichung des Sparerfreibetrags genannt weren. Diese 40 Milliarden Euro sind die Dimension, um ie es hier geht, sage ich einmal – etwas ironisch – aus ktuellem Anlass. Das ist eine große Chance. Wir wissen ganz genau, dass besonders im Bereich er haushaltsnahen Dienstleistungen, der kleineren andwerksleistungen rund ums Eigenheim, im Wesentichen nicht kriminelle Energie der Beweggrund für chwarzarbeit ist. Natürlich spielen dabei hohe Preise ür Handwerker und die fehlende Bereitschaft oder das ehlende Bewusstsein eine Rolle, die modernen Mögichkeiten geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse das ist fast kostenneutral für den Privathaushalt – zu utzen. Da muss Aufklärung geleistet werden. Ich bin berzeugt, dass wir auf dem Gebiet weiterkommen. Im Bereich der Schwarzgastronomie sind wir weiter ekommen: Gerade aus dem Bereich der Gastronomie ommt der höchste Anteil von Anmeldungen bei der Miijobzentrale. Die haben sich umgestellt, weil bei ihnen as Entdeckungsrisiko verhältnismäßig hoch ist. Wenn ir in anderen Bereichen das Entdeckungsrisiko erhöhen ürden, würden auch die sich umstellen. Um aber die esamte Dimension aufzuzeigen: Lediglich 15 Prozent ller geleisteten Schwarzarbeit entstehen im Zusammenang mit privaten Haushalten – 85 Prozent sind gewerbich und organisiert. Das sind die Dimensionen, um die s hier tatsächlich geht. Deswegen ist es natürlich richtig u sagen: Wir wollen die Leistungen rund um die privaen Haushalte nicht kriminalisieren. Da wird auch kein ollbeamter hinter den Zaun gestellt. (Elke Wülfing [CDU/CSU]: Dann lassen Sie die doch ganz raus!)


s geht nicht um den Rentner, der den Zaun anstreicht;
s geht nicht um den Nachhilfelehrer und es geht nicht
m die Putzfrau. Dort wird nicht mit dem Strafrecht zu-
eschlagen; das sind nach wie vor Bußgeldtatbestände.
ielmehr geht es uns um die organisierte kriminelle
chwarzarbeit. Diese muss stärker strafrechtlich ver-
olgt werden


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Dann müssen Sie ein anderes Gesetz schreiben!)


nd dazu müssen wir eine angemessene Organisation der
ür die Verfolgung zuständigen Behörden aufbauen.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Reinhard Schultz (Everswinkel)


Organisierte Schwarzarbeit geht häufig mit anderen
Formen organisierter Kriminalität einher: Geldwäsche,
Menschenhandel, Steuerbetrug in großem Umfang. Ich
widerspreche Ihnen, Frau Wülfing, und der Opposition
ausdrücklich, wenn Sie versuchen, auch diese Formen
schwerer Kriminalität mit dem Hinweis auf zu hohe
Steuern, Sozialabgaben oder sogar zu hohe Löhne zu er-
klären.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das haben wir doch gar nicht gemacht! Das wissen Sie ganz genau!)


Diejenigen, die auf Baustellen, im Unterhaltungsge-
werbe oder anderswo, häufig in einer Kette von krimi-
nellen Beziehungen, Schwarzarbeit und illegale Be-
schäftigung nutzen oder anbieten, würden das auch bei
Niedrigsteuersätzen und auch dann tun, wenn wir die
Sozialbeiträge halbieren würden. Sie werden es weiter-
hin machen, solange es im Einzelfall auch nur einen ge-
ringfügigen illegalen Ertrag bringt. Denn die Grundlage
für das massenhafte Auftreten von Schwarzarbeit bildet
der Umstand, dass es sich rechnet, und nicht die absolute
Höhe der Sozialversicherungsbeiträge. Solange es über-
haupt Sozialversicherungsbeiträge gibt, lohnt es sich,
massenhaft Schwarzarbeit zu organisieren. Insofern ist
es ein Irrglaube und folgen Sie einer falschen Spur, wenn
Sie auf angeblich zu hohe Sozialabgaben, zu hohe Steu-
ern verweisen. Es geht hier um kriminelle Energie und
die Abschöpfung eines nicht kontrollierten Marktes.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist mit dem Steuerrecht oder mit dem Sozialver-
sicherungsrecht nicht zu bekämpfen. Da hilft nur ein
flächendeckender robuster Kampf mit allen möglichen
polizeilichen Mitteln;


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Dann hätten Sie ein besseres Gesetz machen müssen!)


darum geht es, wie in anderen Fällen organisierter Kri-
minalität auch.

Wir haben mit diesem Gesetz sichergestellt, dass alle
Formen gewerbsmäßiger Schwarzarbeit ausdrücklich
Straftatbestände sind, die der Strafverfolgung unterlie-
gen. Die Strafen werden empfindlich sein. Daten von
Unternehmen oder Einzelpersonen, die Schwarzarbeit in
großem Umfang durchführen oder zulassen, werden in
einer zentralen Erfassungsstelle zusammengeführt.
Wer als Unternehmer Schwarzarbeiter oder illegal Be-
schäftigte einsetzt und dabei erwischt wird, wird von der
Teilnahme an Ausschreibungen öffentlicher Aufträge für
längere Zeit ausgeschlossen. Sie weisen in diesem Zu-
sammenhang darauf hin, dass der arme Organisator von
Schwarzarbeit so schnell ja gar nicht verurteilt werden
könne. – Ja, während der fünf Jahre, die das Verfahren
dauert – weil er mit einer halben Kompanie von Rechts-
anwälten bis in die dritte Instanz geht –, organisiert er
weiter Schwarzarbeit. Diesen Missstand wollen wir
nicht.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D enn gesichert ist, dass derjenige verurteilt werden ird, wird er von der Teilnahme an öffentlichen Auschreibungen ausgeschlossen. Wir müssen leider noch immer das Phänomen be bachten – das richte ich besonders an die Adresse der ffentlichen Auftraggeber –, dass der Zoll, der offenichtlich sehr wirksam kontrolliert, auch auf öffentlichen austellen Schwarzarbeiter und illegal Beschäftigte enteckt; es waren in den letzten Wochen einige Fernsehendungen dazu zu sehen. Der Grund ist natürlich, dass ei der Angebotsausgestaltung ein Preisdumping in chwung kommt, bei dem sich, da nach dem niedrigsten reis gegangen wird, nur derjenige durchsetzen kann, er illegal Beschäftigte arbeiten lässt. Das darf nicht ein. Wir von Bund, Ländern und Kommunen müssen ls öffentliche Hand Vorbild sein. Wir müssen bei uns ine Selbstkontrolle einbauen, damit künftig auch darauf eachtet wird, wie im Rahmen von Bauaufträgen die Areiten abgewickelt werden. Das ist wichtig, damit wir laubwürdig sind. Ich habe bereits in der ersten Lesung angekündigt, ass wir vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der raxis des Zolls, der Arbeitsverwaltung, der Kriminalpozei, der Gewerkschaften, des Handwerks und der Inustrie das Gesetz im Rahmen des parlamentarischen erfahrens weiter verbessern und die Einwände und Anegungen des Bundesrats berücksichtigen werden. Ich ill, weil Sie hier die stolze Opposition geben, auf Folendes hinweisen: Wir haben – mit Ausnahme eines einigen, relativ unbedeutenden Tatbestandes – alle Anreungen der Bundesländer in diesem Gesetz umgesetzt. ie dagegen haben sich aus dem allgemeinen Konsens opulistisch herausgestohlen. Zwischen Bundesrat und er Mehrheit in diesem Haus besteht eine große Gemeinamkeit, was die Notwendigkeit des Kampfes gegen oranisierte Schwarzarbeit angeht – bis hin zum Wortlaut es Gesetzes. Denn wir wissen, dass wir beim Vollzug or Ort diesen Konsens brauchen. Wir haben aus eigenem Antrieb sichergestellt, dass wischen Zoll, Steuerfahndung und Polizei im Kampf egen gewerbliche Schwarzarbeit und andere Formen rganisierter Kriminalität eine lückenlose Zusammenrbeit erfolgt, dass alle wichtigen Informationen wechelseitig weitergegeben werden, dass gemeinsame Erittlungsteams aufgestellt werden können und dass alle eteiligten Zugriff auf die bestehenden oder neu einzuichtenden Datenbanken haben, wenn das für ihre Erittlungen notwendig ist. Wir haben darüber hinaus sihergestellt, dass sich die Zollbeamten Zutritt zu austellen, Fahrzeugen und Räumlichkeiten verschaffen önnen, in denen sie Personen oder Unterlagen vermun, die für die Ermittlungen wichtig sind. Auch hier gab s in der Vergangenheit Lücken. Wir haben – entgegen dem ursprünglichen Gesetzenturf – daran festgehalten, dass Bauarbeiter, Arbeitneher ihren Sozialversicherungsausweis bei sich führen üssen. Wir wissen, dass der Sozialversicherungsauseis ein fälschungsanfälliges Dokument ist. Aber in Reinhard Schultz Verbindung mit einem anderen, fälschungssicheren Personaldokument, zum Beispiel dem Personalausweis, hat er natürlich eine Aussagekraft. Wir appellieren, so schnell wie möglich eine elektronisch lesbare Jobcard einzuführen, die auch die notwendigen Sozialversicherungsdaten enthält. Das würde die Kontrolle auf den Baustellen natürlich sehr erleichtern. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


Wir haben festgestellt, dass die Gerichte bei der Be-
messung der Bußgelder, die sie bisher für Schwarzarbeit
verhängt haben, häufig an der unteren Grenze geblieben
sind. Damit haben sie mit dazu beigetragen, dass
Schwarzarbeit im gesellschaftlichen Bewusstsein eher
als eine Petitesse, als ein Kavaliersdelikt angesehen
wird. Wir haben jetzt sichergestellt, dass die Bundesre-
gierung durch Rechtsverordnung den Bußgeldrahmen
für Schwarzarbeit festlegt und das Strafmaß für be-
stimmte Tatbestände nicht unterschritten werden darf.
Die Höhe der Bußgelder sorgt dafür, dass es empfindli-
che Strafen gibt, die eine abschreckende Wirkung entfal-
ten werden.

Inzwischen gibt es neue Formen von Menschenhan-
del – auch darüber haben wir im Rahmen des Gesetzge-
bungsverfahrens diskutiert –, der nicht mehr nur zum
Zwecke der Prostitution oder des Mädchenhandels
durchgeführt wird, sondern bei dem Menschen zu dem
Zweck verschleppt werden, in Deutschland ohne Entgelt
arbeiten zu müssen. Sie erhalten lediglich Frühstück,
müssen in Baufahrzeugen übernachten, werden dort ein-
geschlossen und müssen ansonsten Stunde um Stunde
malochen. Das ist kein seltenes Phänomen. Deswegen
weiten wir – nicht in diesem Gesetz, sondern in einem
Gesetz, das morgen auf der Grundlage einer EU-Richt-
linie in erster Lesung eingebracht wird – den Begriff des
Menschenhandels rechtlich aus: Die Strafverfolgung
wird auf Tatbestände wie den Menschenhandel zum
Zweck der erpressten Arbeit ausgedehnt, damit diese
besser als in der Vergangenheit verfolgt werden können.


(Beifall bei der SPD)

Die organisatorischen Voraussetzungen sind bereits

zum 1. Januar dieses Jahres geschaffen worden. Die Zu-
ständigkeiten bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit
und illegaler Beschäftigung wurden auf den Zoll verla-
gert. Durch die Zusammenführung von 2 500 Bedienste-
ten der Arbeitsverwaltung und 2 500 Bediensteten des
Zolls entsteht – Minister Eichel hat darauf hingewiesen –
eine schlagkräftige Struktur. Weitere 2 000 Bedienstete
sollen mobilisiert werden. Mit 133 Standorten entsteht
ein dichtes Netz.

Das ist eine stattliche Polizeimacht. Wenn sie die
technischen Mittel an die Hand bekommt – mit diesem
Gesetz geben wir sie ihr an die Hand –, dann kann man
in die Schlacht gegen organisierte Schwarzarbeit und
illegale Beschäftigung ziehen und dabei auch Erfolg ha-
ben. Die gesetzlichen, organisatorischen und personellen
Voraussetzungen sind geschaffen. Ich bin überzeugt da-
von, dass wir Erfolg haben werden.

Wir wollen, dass ehrliche Unternehmen mit ehrlichen
Preisen wieder eine Chance im Wettbewerb bekommen.

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(C (D as ist auch für das Rechtsbewusstsein in den Wettbeerbsund Marktbeziehungen ganz wichtig. Wir wolen, dass den Sozialversicherungen und dem Fiskus, dem und, den Ländern und den Gemeinden, durch die Ausrocknung illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit illiardenbeträge zur Finanzierung von Wachstum und ukunftsaufgaben zufließen. Ich bin überzeugt davon, ass dieses Gesetz einen Beitrag dazu leistet, diese ganz ichtige Schlacht zu gewinnen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510801400

Das Wort hat nun Kollege Stefan Müller, CDU/CSU-

raktion.

Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1510801500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren Kollegen! Herr Kollege Schultz, niemand von
er CDU/CSU bestreitet, dass Schwarzarbeit in
eutschland Besorgnis erregende Ausmaße angenom-
en hat. Richtig ist, die Schattenwirtschaft hat in
eutschland mittlerweile ein Volumen von – wir haben
ie Zahlen des Öfteren schon gehört – rund 370 Milliar-
en Euro erreicht. Das entspricht in etwa 16 Prozent des
ffiziellen Bruttoinlandsproduktes.
Richtig ist auch, dass analog zu dem weiteren Anstieg

er Schwarzarbeit die Bereitschaft, in der Schwarzarbeit
ätig zu sein, weiter gestiegen ist. Schwarzarbeit wird
on vielen Privaten – ob uns das gefällt oder nicht – zu-
ehmend als Korrekturmöglichkeit des kleinen Mannes
erstanden und leider Gottes akzeptiert. Eine aus dem
ergangenen Jahr stammende Umfrage zeigt, dass mehr
ls die Hälfte der Deutschen Verständnis dafür zeigt,
ass Privatleute Schwarzarbeiter beschäftigen.
Die Folgen für die öffentlichen Kassen sind natürlich

norm. Durch die Schwarzarbeit entstehen dem deut-
chen Staat jedes Jahr immense Einnahmeausfälle. Die
om Zoll für das Jahr 2003 ermittelte Schadensumme
eläuft sich auf knapp 350 Millionen Euro. Insofern ist
ie Notwendigkeit staatlicher Eingriffe unbestritten.
In den Beratungen Ihres Gesetzentwurfes haben wir

mmer wieder deutlich gemacht: Das mit dem Gesetzent-
urf verfolgte Ziel, nämlich die Schwarzarbeit nachhal-
ig zu bekämpfen, wird von uns ausdrücklich begrüßt
nd findet unsere Unterstützung. Allerdings, meine Da-
en und Herren von Rot-Grün, erschien der Gesetzent-
urf von vornherein nicht geeignet, das von Ihnen selbst
esteckte Ziel zu erreichen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Durch den vorliegenden Gesetzentwurf wurde ver-
ucht, zwei Dinge miteinander zu verbinden. In der An-
örung hat einer der Sachverständigen davon gespro-
hen, dass es sich um ein Gesetz „zur Bekämpfung von
aubtieren und Mäusen“ handelt. Sie haben mit dem
esetzentwurf versucht, einerseits die gewerbsmäßige
chwarzarbeit – sie hat in einigen Branchen, beispiels-
eise der Bauwirtschaft, zugegebenermaßen bedrohli-






(A) )



(B) )


Stefan Müller (Erlangen)


che Ausmaße angenommen – zurückzudrängen und an-
dererseits das rechtmäßige Verhalten im Privatbereich zu
fördern.


(Florian Pronold [SPD]: Was ist daran schlecht?)


Dass gewerbliche Schwarzarbeit zurückgedrängt und
bekämpft werden muss, ist unbestritten.


(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Aber Mäuse in der Speisekammer sind auch nicht so angenehm!)


Dass Instrumente zur Bekämpfung der gewerblichen
Schwarzarbeit notwendig sind, ist ebenso unbestritten; das
wird auch von uns nicht infrage gestellt. Aber die Instru-
mente, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-
Grün, mit diesem Gesetzentwurf an die Hand nehmen, füh-
ren zu keiner Verbesserung der Strafverfolgung für ge-
werbliche Delikte. Im Gegenteil: Sie erschweren in eini-
gen Teilbereichen sogar die Kriminalitätsbekämpfung.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


Andererseits sind die im Gesetzentwurf festgelegten
Vorschriften nicht dazu geeignet, das Unrechtsbewusst-
sein der Privatleute tatsächlich herzustellen. Es reicht
nicht aus, Rechtsvorschriften in einem neuen Gesetz zu
bündeln und Regelungslücken zu schließen. Es reicht
eben nicht aus, neue Straftatbestände zu schaffen. Es
reicht auch nicht aus, in großen Tageszeitungen und Ma-
gazinen ganzseitige Anzeigen zu schalten, um auf die
Auswirkungen von Schwarzarbeit hinzuweisen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Herr Schultz, Sie haben gerade davon gesprochen,

dass nur 15 Prozent der Schwarzarbeit auf Private ent-
fällt. Insofern ist es doch erst recht kontraproduktiv,
wenn Sie gerade private Haushalte mit einem Mehr an
Bürokratie überziehen, so wie es jetzt geschieht. Die
bußgeldbewehrte Aufbewahrungspflicht von zwei Jah-
ren für Privatleute bedeutet einen immensen Bürokratie-
aufwand.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie Rechnungen in die Schublade legen, ist das wohl nicht zu bürokratisch!)


Ich möchte darauf hinweisen, dass es Ihr Bundeswirt-
schaftsminister ist, der hier ständig über Bürokratieab-
bau philosophiert. Wenn aufgrund falscher Politik das
Unrechtsbewusstsein nicht vorhanden ist, dann stoßen
repressive Maßnahmen des Staates an die Grenzen ihrer
Wirksamkeit.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510801600

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Schultz?

Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1510801700

Bitte schön.

Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1510801800

Lieber Herr Kollege Müller, ich möchte von Ihnen

– trotz Ihres jugendlichen Alters – gerne wissen, wie Sie

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(C (D ersönlich es handhaben, wenn Sie eine Rechnung für in Gewerk erhalten, für das in der Regel zwei Jahre Geährleistung gilt: Werfen Sie dann diese Rechnung weg der bewahren Sie sie auf? Fühlen Sie sich dadurch, dass ie dies tun, zusätzlich belastet, nur weil es jetzt außerem gesetzlich vorgeschrieben ist? Ich stelle Ihnen eine Gegenfrage: enn es nach Ihrer Anschauung ohnehin gemacht wird, arum müssen Sie es dann überhaupt gesetzlich regeln? ch rede hier von hohen Rechnungsbeträgen. Wir haben m Gesetzgebungsverfahren angeregt, für geringe Beräge eine Bagatellgrenze einzuführen. Warum haben Sie ich dem verschlossen? Warum brauchen Sie eine geetzliche Regelung für etwas, das nach Ihrer Meinung hnehin schon gemacht wird? Das leuchtet mir beim esten Willen nicht ein. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Volker Kauder [CDU/CSU]: Setzen! Sechs!)

Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1510801900

(Lachen bei der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dieser Gesetzentwurf – das ist schon angesprochen
orden – steht in einer fragwürdigen Tradition von fünf
orhergehenden Gesetzen zur Bekämpfung der
chwarzarbeit. All diesen Gesetzen sind zwei Dinge ge-
einsam: Erstens. Bei allen gesetzgeberischen Maßnah-
en in der Vergangenheit haben Sie immer ausschließ-
ich auf Repression und Strafe gesetzt.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Irgendwie haben Sie alle den gleichen Redeentwurf! Das ist eigenartig!)


weitens. Alle Gesetze sind in ihrer beabsichtigten Wir-
ung, die Schwarzarbeit nachhaltig zu bekämpfen,
chlicht und ergreifend gescheitert. Die Schattenwirt-
chaft ist in den letzten Jahren immer weiter angestiegen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)

lle bisherigen Gesetze haben den Anstieg deswegen
icht bremsen können, weil sie ausschließlich auf Strafe
nd Verfolgung gesetzt und an den Ursachen des Pro-
lems nichts geändert haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir haben im Finanzausschuss eine mehrstündige An-
örung durchgeführt. Dabei ist deutlich geworden, dass
ie Ursachen für Schwarzarbeit sind: eine zu hohe Steuer-
nd Abgabenbelastung, eine zu hohe Regulierungs-
ichte und Bürokratie und eine zu hohe Verunsicherung
ufgrund der Steuer- und Sozialgesetzgebung. Kurz ge-
agt: ein Versagen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik.
eine Damen und Herren Kollegen von Rot-Grün, das ist

hr Versagen. Wie erklären Sie sich sonst, dass allein in
en letzten vier Jahren die Wertschöpfung in der Schatten-
irtschaft um 25 Prozent gestiegen ist?


(Peter Dreßen [SPD]: Warum haben wir denn so hohe Beiträge von euch übernommen?)







(A) )



(B) )


Stefan Müller (Erlangen)


Fehlende Planungssicherheit aufgrund politischer Ent-
scheidungen, eine daraus folgende hohe Verunsicherung
in der Bevölkerung und zudem das seit langem beste-
hende Gefühl der Ungerechtigkeit vor allem durch die
Steuerbelastung – daran haben Sie nichts geändert. Das
alles sind Gründe für die Zunahme der Schwarzarbeit in
unserem Land.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Er ist viel zu intelligent, als dass er es selbst glauben würde!)


In den Gesetzesberatungen ist deutlich geworden, dass
eine Strategie, die ausschließlich auf Abschreckung und
Verfolgung ausgerichtet ist, nicht zum Ziel führt. Die Er-
fahrungen der Vergangenheit zeigen immer wieder, dass
verschärfte Razzien und höhere Strafen regelmäßig ins
Leere laufen


(Joachim Poß [SPD]: Was wollen Sie denn machen?)


und allenfalls dem harten Kern der Schwarzarbeit zu
Leibe rücken.

Eine Bekämpfung der Symptome alleine über eine in-
tensivere Strafverfolgung verursacht vor allem höhere
Kosten. Wir haben dankenswerterweise eine Aufzeich-
nung des Bundesfinanzministeriums bekommen. Da-
nach sind allein zwischen 1998 und 2002 die Personal-
und Sachkosten im Bereich der Bekämpfung der
Schwarzarbeit um fast 44 Prozent gestiegen. Eine Be-
kämpfung der Symptome führt aber nicht zu höheren
Einnahmen, zumindest dann nicht, wenn die Bekämp-
fung der Ursachen außen vor bleibt. Herr Bundesfinanz-
minister, insofern sind die Mehreinnahmen von
1 Milliarde Euro, die Sie ansetzen, mit einem großen
Fragezeichen zu versehen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist wie bei der Maut!)


Auch das ist eines der Haushaltsrisiken, mit denen sie
kalkulieren müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von Rot-

Grün, das von Ihnen vorgelegte Gesetz ist ein Etiketten-
schwindel und findet daher nicht unsere Zustimmung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510802000

Ich erteile das Wort Kollegen Jerzy Montag, Fraktion

des Bündnisses 90/Die Grünen.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510802100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Schwarzarbeit in Deutsch-
land – gewerbliche, organisierte, bandenmäßig verfasste
Schwarzarbeit in Deutschland – ist kein Kavaliersdelikt.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das kann man unterstreichen!)


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(C (D iese Kriminalität verursacht uns allen, der Gesellchaft, immense, in die Milliarden gehende Schäden. eswegen ist es völlig richtig, dass diese gewerbliche, rganisierte, bandenmäßig verfasste Schwarzarbeit taträftig bekämpft wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das Gesetz, über das wir heute entscheiden, geht in-
ofern den völlig richtigen Weg, als sein Ziel die Schaf-
ung leistungsfähiger Strukturen im Zoll zur Bekämp-
ung dieser gewerbsmäßigen Schwarzarbeit ist. Das
esetz erfüllt dieses Ziel und ist daher richtig. Deswe-
en ist es aber auch völlig unverständlich, warum Sie,
eine Damen und Herren von der Opposition, Sonn-

agsreden gegen die Schwarzarbeit halten, aber diesem
esetz nicht zustimmen wollen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Weil es unausgegoren und nicht richtig ist, Herr Jerzy Montag!)


s gibt nicht nur Gesetze, die zu 100 Prozent richtig
ind. Wir müssen uns darauf konzentrieren – das sage
ch in allem Ernst und in aller Sachlichkeit auch zu Ih-
en von der Opposition –, was die Zielrichtung ist und
as mit dem Gesetz tatsächlich erreicht wird. Die ban-
enmäßig verfasste, gewerbliche Schwarzarbeit wollen
ie alle – wie wir – bekämpfen und Sie behaupten auch
ar nicht, dass dieses Gesetz ein falsches Argument sei.
s ist auch kein falsches, sondern ein richtiges Argu-
ent, und deswegen ist es nicht in Ordnung, dass Sie
ensterreden gegen die Schwarzarbeit halten, aber dem
esetz nicht zustimmen wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren von der Opposition, ge-
auso wie es keinen Sinn macht, auf Biegen und Bre-
hen gute Gesetze schlechtreden zu wollen, muss es in
iesem Hause erlaubt sein, dieses Gesetz auch bei Zu-
timmung nicht auf Biegen und Brechen in allen Punk-
en gutheißen zu müssen. Deswegen erlauben Sie mir,
ass ich einige kritische Anmerkungen zu diesem Ge-
etz mache.


(Beifall der Abg. Elke Wülfing [CDU/CSU])

Es trifft zu, was der Kollege Schultz ausgeführt hat:
ie so genannte kleine Arbeit im privaten Bereich, die,
enn sie legal wäre, in den Bereich der Minijobs fiele,
acht ungefähr 15 Prozent aus. Bei denjenigen, die ei-
er solchen Beschäftigung nachgehen, ist ein fehlendes
nrechtsbewusstsein festzustellen; allerdings möchte
ch ihnen nicht mit erhobenem Finger beibringen, dass
ies höchst kriminell ist. Solche Dienst- und Werkleis-
ungen sind auch nach der derzeitigen Gesetzeslage nicht
n Ordnung; sie sollen und müssen legal ausgeübt wer-
en. Dafür gibt es bereits ein entsprechendes Instrumen-
arium.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Und wenn nicht?)







(A) )



(B) )


Jerzy Montag

Es ist aber meiner Meinung nach sowohl bei der Defi-

nition der Schwarzarbeit als auch bei der Beschreibung
der Aufgaben der Zollverwaltung in den §§ 1 und 2 des
Gesetzentwurfs nicht ausreichend gelungen, die so ge-
nannte kleine Arbeit, die – ich wiederhole mich –, wenn
sie in legalen Beschäftigungsverhältnissen verrichtet
würde, den Minijobs entspräche, von der großen Zahl
von Handlungen im Bereich der Wirtschaftskriminalität
abzugrenzen, die wir gemeinsam bekämpfen wollen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist falsch, Herr Montag!)


Dies ist meiner Meinung nach ein bedauerlicher Fehler
im Gesetzentwurf.


(Beifall der Abg. Elke Wülfing [CDU/CSU])

– Es bringt nichts, an dieser Stelle Beifall zu klatschen,
Frau Kollegin; denn Sie haben im Gesetzgebungsverfah-
ren keinerlei konstruktive Verbesserungsvorschläge dazu
unterbreitet.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Weil Sie das kritisiert haben!)


Ihre Zustimmung in diesem Zusammenhang ist für mich
ein Lob von falscher Seite.

Zu einem zweiten Punkt möchte ich kritisch Stellung
nehmen: Es ist völlig richtig gewesen, dass
§ 266 a StGB – bisher die Bestrafung von Arbeitgebern,
die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung vor-
enthalten – ausgeweitet wird, um die Strafbarkeit auch in
den Fällen zu schaffen, in denen die Arbeitgeber ihre ei-
genen Verpflichtungen bezüglich der Arbeitgeberanteile
nicht erfüllen. An dieser Stelle gab es eine Gesetzeslü-
cke und es war völlig richtig, sie zu schließen. Dazu
stehe ich.

Aber im Falle des vorliegenden Gesetzentwurfs ver-
birgt sich die Ausnahme in den Tiefen der Sozialgesetz-
gebung. Arbeitgeber machen sich nicht schon mit dem
ersten Cent strafbar, den sie vorenthalten; vielmehr greift
die Strafbarkeit erst bei einer höheren Summe. Auch in
dieser Ausnahme, die in der Sache richtig ist, ist es nicht
gelungen, den Bereich der Minijobs von der gewerbli-
chen Schwarzarbeit abzugrenzen.

Insgesamt ist meines Erachtens festzustellen, dass mit
dem Gesetz die richtige Richtung eingeschlagen wird.
Die 85 Prozent, von denen der Kollege Schultz gespro-
chen hat, werden mit diesem Gesetz ins Visier genom-
men. Die Milliardenschäden, die die Schwarzarbeit im
gewerblichen Bereich verursacht, können damit – das
hoffe ich sehr – effektiv bekämpft werden. Die Zollver-
waltung braucht dafür Kompetenzen, die ihr mit diesem
Gesetz zugewiesen werden.

Wir werden aber in Zukunft sehr sorgfältig prüfen
müssen, ob in der Praxis – wie Sie es geschildert haben,
Herr Kollege Schultz, und wie ich es hoffe – diejenigen
in kleinen Arbeitsverhältnissen, auf die das Gesetz nicht
angewendet werden soll, tatsächlich von den Kontroll-
maßnahmen des Zolls verschont bleiben. Wenn dies der

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(C (D all ist – wie ich es hoffe –, dann würden wir mit dem esetz das richtige Ziel verfolgen und auch erreichen. enn wir hinsichtlich der Abgrenzung Nachbesserungsedarf erkennen sollten, dann können wir dem noch echnung tragen. Deswegen erfolgt auch von meiner eite die volle Zustimmung zu dem vorliegenden Geetzentwurf. Danke. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510802200

Ich erteile Kollegin Petra Pau das Wort.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1510802300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
undesagentur für Arbeit hat die aktuelle Statistik zur
rbeitslosigkeit vorgestellt. Das Ergebnis ist nieder-
chmetternd: Die Zahl der Erwerbslosen hat – saisonbe-
einigt – zugenommen. Der Beschäftigungsabbau hat
ich beschleunigt. Die rot-grünen Hartz-Versprechen
ind wie eine Seifenblase geplatzt.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


ie PDS hatte es prophezeit, weil die so genannte Ar-
eitsmarktreform die Arbeitslosen und nicht die Arbeits-
osigkeit bekämpft. Deshalb haben wir hier eine grundle-
ende Differenz zu Rot-Grün, aber auch zur Opposition
ur Rechten.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Keine grundlegende Differenz haben wir, wenn es da-
um geht, die wuchernde Schwarzarbeit zurückzudrän-
en. Das habe ich hier schon vor Wochen betont und ich
iederhole: Schwarzarbeit ist weder ausgleichende
erechtigkeit noch selbst bestimmter Widerstand.
chwarzarbeit ist unter dem Strich asozial. Der Schaden
ür die Sozialsysteme ist enorm, und nicht nur für diese.
llerdings – auch das wiederhole ich –: Asozial sind vor
llem jene, die aus organisierter Schwarzarbeit Kapital
chlagen, und erst in zweiter Linie jene, die sich zu
umpinglöhnen verdingen. Deshalb muss es bei der
hndung von Schwarzarbeit auch entsprechende Priori-
äten geben.
Nun hat der neue Entwurf eines Gesetzes gegen

chwarzarbeit den Bundesrat durchlaufen und wir bera-
en über ihn heute erneut und abschließend. Wie Sie wis-
en, haben auch die rot-rot regierten Bundesländer Ber-
in und Mecklenburg-Vorpommern dem Gesetzentwurf
rundsätzlich zugestimmt. Aber es gab auch Kritik. In
iesem Zusammenhang möchte ich noch zwei Punkte
nmerken. Erstens. Es gibt in nahezu allen Bundeslän-
ern interdisziplinäre Ermittlungsgruppen gegen
chwarzarbeit. Zu den anerkannt erfolgreichen gehört
ie Berliner Ermittlungsgruppe. Umso unverständlicher
st es, wenn dieser regionale Sachverstand künftig weni-
er wichtig sein soll, als es nötig wäre. Das versteht nie-
and.






(A) )



(B) )


Petra Pau


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht! Er bleibt!)


Mein zweiter Kritikpunkt betrifft die Prioritäten. So
richtig es ist, Schwarzarbeit zu ahnden, so wichtig ist es
auch, Schwarzarbeit zu vermeiden.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Es gibt aber Hunderttausende Menschen, die regelrecht
in Schwarzarbeit gedrängt werden, weil ihnen legale
Arbeit in der Bundesrepublik verwehrt wird. Das hat viel
mit dem Ausländerrecht bzw. -unrecht zu tun. Das
hängt aber auch mit den Hängepartien beim EU-Recht
zusammen. Ich möchte dazu nur anmerken: Die Grünen
haben zu Recht die Verhandlungen mit der CDU/CSU
über ein modernes Einwanderungsrecht aufgegeben;
denn egal worum es geht, CDU und CSU verstehen ei-
gentlich immer nur Polizei oder Terrorabwehr.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Nun noch eine abschließende Bemerkung: Die Äch-
tung von Schwarzarbeit hat viel damit zu tun, ob es all-
gemein gerecht oder ungerecht zugeht. Obsiegt das Ge-
fühl „Jeder ist sich selbst der Nächste“ und „Wer hat, der
hat“, dann findet auch Schwarzarbeit bereitwillige Geber
und Nehmer. Das Gefühl von Ungerechtigkeit ist aber
weit verbreitet. Das Schlimme ist: Es ist nicht nur ein
Gefühl. Die rot-grüne Agenda 2010 nährt Unrecht und
die Programme der Unionsparteien sowie der FDP las-
sen sogar noch Schlimmeres befürchten. Das ist ein tie-
fer Widerspruch; denn Sie können nicht Wasser predigen
und die Weintrinker belohnen.

Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie, auf die heute
veröffentlichten Schätzungen zu schauen, wie viele
Menschen vom 1. Januar 2005 an vom Arbeitslosen-
geld II, diesem arm machenden Geld, betroffen sein wer-
den bzw. überhaupt keine Bezüge mehr bekommen
werden. Was sagen Sie eigentlich diesen Menschen im
Hinblick auf ihre Zukunftsperspektiven?


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510802400

Ich erteile das Wort Kollegen Ernst Hinsken, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1510802500

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Zuerst möchte ich ganz kurz auf das eingehen, was Sie,
Herr Kollege Montag, ausgeführt haben. Ihre Rede ist
voller Widersprüche gewesen. Einerseits haben Sie die
Kriminalität angesprochen, die auf dem hier zur Diskus-
sion stehenden Gebiet zu verzeichnen ist, und wollen die
entsprechenden Vorschriften verschärfen und mehr re-
glementieren. Andererseits wollen Sie – wie beim Hand-

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(C (D erksrecht – bewährte Regelungen ändern. Dagegen ind wir; das machen wir nicht mit. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Welt, n der wir leben, ist schon seltsam: Die Wirtschaft staniert und die Schwarzarbeit galoppiert. Allein in den etzten sechs Jahren hatte die Schwarzarbeit einen Zuachs um 32 Prozent zu verzeichnen. Das gab es in keiem anderen Land der Europäischen Union. Folgende eststellung muss uns allen doch zu denken geben: Es ibt in Deutschland nur eine einzige Wachstumsbranche, ämlich die Schwarzarbeit. Sie ist obendrein der am chnellsten wachsende Wirtschaftsbereich in der Bunesrepublik Deutschland. Neueste Arbeitsmarktstatistien zeigen – das ist das Schlimmste dabei –: Die Zahl er legal Erwerbstätigen sinkt, während die Zahl der chwarzarbeiter steigt. Für uns alle ist es sehr wichtig, festzustellen: Für fast eden zweiten Mitbürger ist die Schwarzarbeit ein Kavaiersdelikt. Es ist Aufgabe der gesamten Politik, Zusamenhänge verstärkt klar zu machen; denn den meisten itbürgern ist nicht bewusst, dass die Schwarzarbeit eier der Totengräber für den ehrlich arbeitenden kleinen nd mittleren Unternehmer und für den Arbeitslosen ist, ie gern arbeiten würden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Der Anteil der Schattenwirtschaft am Bruttoin-
andsprodukt ist seit 1998 in 17 OECD-Mitgliedstaaten
urückgegangen, zum Beispiel in Italien, in Großbritan-
ien, in Frankreich, in den USA und in Japan. Diese
änder machen uns vor, wie man es macht. Unter den
eltweit führenden Industriestaaten ist Deutschland zu-
ammen mit Österreich, was die Zunahme der Schwarz-
rbeit angeht, in der Zwischenzeit – das wollten wir ei-
entlich nur bei der Fußballweltmeisterschaft 2006
erden – Weltmeister geworden. Das ist wahrlich ein
rauriger Rekord.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Unbestritten ist: Schwarzarbeit muss entschieden be-

ämpft werden. Das wurde bereits von den Vorrednern,
rau Wülfing, Herrn Müller und anderen, gesagt. Auch
n unserem Staat muss gelten: Gib dem Kaiser, was des
aisers ist, und Gott, was Gott gebührt. Es geht auf
auer nicht, dass der Ehrliche der Dumme ist.
Man muss aber richtig ansetzen. Sie würden dann

ichtig ansetzen, wenn Sie sich Verschiedenes von dem
u Eigen gemacht hätten, was dem heutigen Entschlie-
ungsantrag unserer Fraktion zu entnehmen ist.
Der renommierte Wirtschaftsprofessor Schneider aus

inz sagte in einem Interview mit dem „Straubinger
agblatt/Landshuter Zeitung“ von gestern, dass dem
taat durch Schwarzarbeit jährlich Steuereinnahmen
indestens in Höhe von 50 Milliarden Euro entgehen.
as die Sozialsysteme der Bundesrepublik Deutschland
ngeht, ist dieser Betrag mindestens genauso hoch.
Ich muss noch einmal sagen: Sie von Rot-Grün pa-

ken die Sache falsch an. Statt nur auf Repression zu set-






(A) )



(B) )


Ernst Hinsken

zen, müssen die Ursachen der Schwarzarbeit viel stärker
bekämpft werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dazu gehören in erster Linie die Senkung von Steuern
und Abgaben, die Flexibilisierung und Entrümpelung
des Arbeitsmarktes und der Abbau von Bürokratie.
Wenn der Bürger wieder mehr in der Tasche hat, dann
wird er nicht in die Schwarzarbeit getrieben. Herr Fi-
nanzminister Eichel, auch das muss berücksichtigt wer-
den.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Rot-Grün stellt Bürger und Unternehmen unter den

Generalverdacht der Schwarzarbeit. Das ist für sie ein
Schlag ins Gesicht. Die Mehrzahl verhält sich nämlich
gesetzestreu. Herr Eichel, je länger diese Bundesregie-
rung aber nicht in der Lage ist, die Probleme unseres
Landes zu lösen, desto weniger werden sich die Bürger
mit dem Staat identifizieren. Die Bürger wollen nicht,
dass der Staat alles bis ins Kleinste regelt und sie als un-
mündig hinstellt.

Rot-Grün plant jetzt unter dem Deckmantel der Be-
kämpfung der Schwarzarbeit einen weiteren Angriff auf
das Handwerksrecht. Das zeigt doch deutlich, worum
es Ihnen überhaupt geht: Das Handwerk soll weiter zer-
schlagen werden. Ich sage Ihnen: Mit uns nicht!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Durch die Ich-AGs wird der Schwarzarbeit in diesem
Bereich doch bereits Tür und Tor geöffnet. Alle Warnun-
gen wurden in den Wind geschlagen. Wie viele Kontrol-
leure will die Bundesregierung eigentlich beschäftigen,
um nachzuprüfen, ob jeder einzelne Ich-AGler wirklich
nur 25 000 Euro Arbeitseinkommen im Jahr hat?

Völlig unverständlich ist auch, dass die Bundesregie-
rung Verletzungen der handwerklichen Eintragungs-
pflichten und der gewerberechtlichen Anzeigepflichten
nicht mehr als Schwarzarbeit verfolgen will. Bewährte
Vorschriften, Herr Kollege Montag, die seit 1957 gelten,
sollen abgeschafft werden. Sie von Rot-Grün vergessen
– das möchte ich Ihnen noch einmal zurufen; damit will
ich Ihnen ins Gewissen reden –: Wer sich nicht richtig
beim Gewerbeamt anmeldet, der ist auch bereit schwarz-
zuarbeiten.

Ihr Hü und Hott ist nicht nachvollziehbar. Erst Mitte
2002 wurden die bestehenden Bußgeldvorschriften in
einem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit erheb-
lich verschärft. Jetzt sollen sie auf einmal nicht mehr
notwendig sein. Das versteht in den Betrieben niemand.
So etwas ist auch nicht nachvollziehbar. Ich nenne nur
ein Beispiel: Wenn jemand ohne Führerschein oder ohne
Anmeldung des Autos fährt, wird er bestraft. Hier dage-
gen sagt man: Kavaliersdelikt; das ist nicht erforderlich.
– Das versteht wirklich niemand mehr. Machen Sie doch
endlich eine Politik, die die Leute noch nachvollziehen
können, die sie kapieren!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D Ganz gefährlich wird es bei der von Rot-Grün geplanen Bußgeldbewehrung für den Fall, dass jemand mit chwarzarbeit gegen die Zulassungspflicht bei gefahengeneigten Handwerken verstößt. Gerade die Gefahengeneigtheit war doch für Bundesminister Clement im etzten Jahr noch das wichtigste Kriterium für die Eintufung von Gewerken in die Anlage A. Nach der Geerbeordnung werden Verstöße als Straftatbestand mit reiheitsstrafe oder einer saftigen Geldstrafe geahndet. chließlich geht es hier um Gefahren für die Gesundheit der das Leben Dritter. Das alles wird von Ihnen vergesen. Das ist für Sie von vorgestern. Sie schlagen das alles n den Wind. Eine Bußgeldbewehrung soll die Schwarzrbeit eindämmen. Geht das nicht völlig an der Realität orbei und gefährdet das nicht die Existenz Zehntausener von Betrieben? Ich sage Ihnen von der Bundesregierung voraus: Die es Gesetz ist völlig ungeeignet, die Schwarzarbeit wirkam zu bekämpfen. Es ist eine Binsenweisheit: Eine Krankheit heilt man icht, indem man an den Symptomen herumdoktert. an wird nur gesund, wenn den Ursachen der Leiden ntschlossen zu Leibe gerückt wird. – So ist es auch bei er Schwarzarbeit. Wir brauchen einen Mix aus Represion und Prävention; denn Schwarzarbeit geht nur zuück, wenn die Anreize dafür verschwinden. Die Devise uss deshalb lauten: Legale Arbeit muss sich endlich ieder lohnen. Mit dem Gesetzentwurf, den Sie mehreitlich durchdrücken werden, werden Sie das nicht chaffen. Es ist höchste Zeit, dass wir wieder das Ruder n die Hand bekommen, m hier danach zu trachten, dass es auch für diejenigen, ie von der Schwarzarbeit negativ betroffen sind, wieder esser wird. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich erteile Kollegen Florian Pronold, SPD-Fraktion, as Wort. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Lieber Herr Hinsken, wenn jeder zweite Bürer Schwarzarbeit für ein Kavaliersdelikt hält, dann ann das etwas damit zu tun haben, welche Reden im eutschen Bundestag vonseiten der Opposition gehalten erden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Lachen bei der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510802600
Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1510802700

ie alle geben hier nur Lippenbekenntnisse ab. Sie sa-
en, Sie stimmten mit uns in der Zielsetzung überein und
ollten mit uns gemeinsam die Schwarzarbeit bekämp-
en, aber dann klingen 99 Prozent Ihrer Redeinhalte so,
ls würde ein Rechtsanwalt irgendwo vor Gericht jeman-
en verteidigen, der gerade wegen Schwarzarbeit ange-
lagt ist.






(A) )



(B) )


Florian Pronold


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Da haben Sie mir intellektuell nicht richtig folgen können!)


Liebe Frau Kollegin Wülfing, ich hatte fast den Ein-
druck, dass Sie hier in einem neuen Wettbewerb antreten
und Schutzheilige werden möchten: Elke, die Schutzhei-
lige für die Schwarzarbeiter und die Steuerhinterzieher.
Anders kann man Ihren Redebeitrag nicht werten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist eine unverschämte Diffamierung!)


Wenn ich mir vor Augen führe, was vonseiten der
FDP außerhalb dieses Hauses geäußert wird, nämlich
dass Schwarzarbeit sozusagen Notwehr gegenüber dem
Staat ist, dann frage ich mich wirklich: Welches Rechts-
bewusstsein wird den Bürgerinnen und Bürgern vermit-
telt? Wie kann man sich ernsthaft darüber wundern,
wenn in diesem Haus solche Redebeiträge gehalten wer-
den? Wundern muss man sich dann eher darüber, dass
nur jeder zweite Bürger Schwarzarbeit für ein Kavaliers-
delikt hält.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn die Höhe der Steuerbelastung ausschlaggebend

für die Höhe des Anteils der Schwarzarbeit wäre, dann
müsste die Schwarzarbeit doch zurückgehen, weil wir
im Vergleich zu Ihrer Regierungszeit die Bürgerinnen
und Bürger und die Unternehmen massiv und deutlich
steuerlich entlastet haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie vergessen die vielen erhöhten Abgaben!)


Wenn dieser einfache Wirkungszusammenhang richtig
wäre, dürften wir momentan überhaupt kein Problem ha-
ben.

Dann sagen Sie, die Sozialabgabenquote sei zu hoch.
Rechnen Sie doch einmal an einem konkreten Beispiel
unter Zugrundelegung der derzeit gezahlten Löhne für
eine Handwerkerstunde durch, wie hoch die Entlastung
wäre, wenn Ihr Vorschlag, die Quote auf 40 Prozent zu
senken, umgesetzt würde! Dann kostet eine Handwer-
kerstunde – da gibt Ihnen der Kollege Dreßen gerne
Nachhilfe; er hat es nämlich einmal ausgerechnet –
20 Cent weniger. Sie aber glauben allen Ernstes, dass
das einen Anreiz zu mehr legaler Beschäftigung geben
würde. Glauben Sie angesichts der unterschiedlichen
Lohnstruktur zwischen dem, was schwarz gezahlt wird,
und dem, was bei legaler Beschäftigung zu verdienen ist,
wirklich, dass eine Verbilligung einer Handwerkerstunde
um 20 Cent zu einer massenhaften Bewegung von
Schwarzarbeit hin zu legaler Beschäftigung führen
würde? Es gibt nur zwei Wege dorthin:

Erstens müssen wir Politiker alle gemeinsam deutlich
machen, dass jede Form von Schwarzarbeit eine gesell-
schaftliche Fehlentwicklung ist, die es zu verurteilen
gilt, und alles, was in diesem Bereich passiert, massiv
abgelehnt wird.

Zweitens muss auch wirklich kontrolliert werden.

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(C (D enn dort, wo keine Kontrolle stattfindet, ist dem Missrauch immer Tür und Tor geöffnet. Es wundert mich, ass Sie, die Sie sonst immer so vehement für Recht und rdnung kämpfen, dann, wenn es darum geht, Recht und rdnung auch wirklich durchzusetzen – das kann man ur über Kontrolle –, (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Gerade Sie reden von Recht und Ordnung!)


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Wie in der DDR!)


ier anführen, dass eine Mordsbürokratie entstehe. Das
asst doch hinten und vorne nicht zusammen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie wollen doch überbürokratisieren!)


Die Union muss wirklich aufpassen. Wenn im Sozial-
undeunterricht gefragt wird, warum man denn die
nionspolitiker als die Schwarzen bezeichnet, würde
eute wohl geantwortet werden: weil die immer schwarz
ehen und alles nur schwarz malen, oder: wegen des vie-
en Schwarzgeldes in Hessen.


(Beifall bei der SPD)

ukünftig wird vielleicht auch noch geantwortet: weil
ie für die Schwarzarbeit sind.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Bei Ihnen sehen die Wähler rot!)


ie müssen auch im eigenen Interesse darauf aufpassen,
n welchem Licht Sie in Zukunft selber stehen.


(Beifall bei der SPD)

Ich bitte Sie inständig: Wenn Sie das von uns vertre-

ene Ziel wirklich ernsthaft mittragen, dann stimmen Sie
em vorliegenden Gesetzentwurf zu, in dem wir fast alle
orschläge des Bundesrates, in dem Sie die Mehrheit ha-
en, eingearbeitet haben.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Der ist so schlecht!)


achen Sie deutlich, dass Sie Schwarzarbeit wirklich
ekämpfen wollen, und geben Sie nicht irgendwelche
ippenbekenntnisse ab. Zeigen Sie auch mit Ihrem Ab-
timmungsverhalten hier der Schwarzarbeit die rote
arte und geben Sie nicht immer nur Lippenbekennt-
isse ab.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510802800

Ich erteile das Wort Kollegen Roland Gewalt, CDU/
SU-Fraktion.

Roland Gewalt (CDU):
Rede ID: ID1510802900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine
amen und Herren Kollegen von der rot-grünen Koali-
ion, wenn man Ihre Wortbeiträge Revue passieren lässt,






(A) )



(B) )


Roland Gewalt

kommt man zu der Feststellung, dass Sie offensichtlich
unsere Änderungsanträge, die wir im Innenausschuss
und im Finanzausschuss gestellt haben, nicht einmal ge-
lesen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir, meine Damen und Herren, haben eine Verschärfung
der Strafvorschriften gefordert. Diese haben Sie abge-
lehnt. Wir haben für die Bekämpfung der Schwarzarbeit
die Zulassung der Überwachung der Telekommunikation
gefordert. Auch das haben Sie abgelehnt. Hier von einer
Zurückhaltung der Union zu sprechen ist nun wirklich
deplatziert.

Herr Minister Eichel hat heute noch einmal das Ziel
formuliert, das er mit diesem Gesetz verfolgt. Er hat ge-
sagt, dass für ihn die Bekämpfung der organisierten
Kriminalität im Zusammenhang mit Schwarzarbeit im
Vordergrund steht. In diesem Gesetzesziel stimmen wir
nahtlos mit der Bundesregierung überein. Nur, meine
Damen und Herren, dieses Gesetzesziel erreicht Ihr
Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nicht.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Sie erreichen überhaupt nichts!)


Ganz im Gegenteil: Es erschwert sogar die Bekämpfung
der organisierten Kriminalität.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Experten aus den Landeskriminalämtern, Herr Montag,
und Innenminister der SPD – gar nicht einmal von uns –
haben immer wieder auf die gravierenden Schwachstel-
len dieses Gesetzentwurfes hingewiesen.


(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Das haben wir alles berücksichtigt!)


Sie sind damit im Bundesfinanzministerium auf taube
Ohren gestoßen. Offenbar war der Finanzpolitiker Eichel
der Auffassung, bei der Bekämpfung der organisierten
Kriminalität im Bereich der Schwarzarbeit den Rat von
Fachleuten nicht zu benötigen.

Es verwundert daher nicht, dass der Berliner Innense-
nator, Dr. Ehrhart Körting, ein Parteifreund von Ihnen,
seine geharnischte Kritik am rot-grünen Gesetzentwurf
über die Berliner Presse artikulierte. Der Berliner „Ta-
gesspiegel“ titelte: „Innensenator kritisiert Gesetzent-
wurf zur illegalen Beschäftigung: Kampf gegen organi-
sierte Kriminalität wird erschwert“.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Wann war das? Das war vor der ersten Lesung!)


In der Tat bremst der rot-grüne Gesetzentwurf vor al-
lem die Landeskriminalämter in ihrem Kampf gegen die
organisierte Kriminalität regelrecht aus. Datenschutz-
rechtliche Vorschriften verhindern, dass der Zoll wich-
tige Erkenntnisse über Menschenschmuggel, Urkunden-
fälschung und Subventionsbetrug an die hierfür nach wie
vor zuständigen Landeskriminalämter unbürokratisch
weiterleiten kann. Selbst bei einem so wichtigen Anlie-
gen wie der Bekämpfung der organisierten Kriminalität

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(C (D berzieht die Bundesregierung den Datenschutz derart, ass er letztlich zum Täterschutz wird. Meine Damen und Herren, der Bundesrat hat Sie fast instimmig aufgefordert, den Informationsaustausch wischen Polizei und Zoll im Schwarzarbeitsbekämpungsgesetz deutlich zu erleichtern. Auch bei einer Anörung im Finanzausschuss wurde von den Experten der riminalpolizei bis hin zum Zoll unisono eine vollstänige – ich betone: vollständige – Rücknahme der datenchutzrechtlichen Bestimmungen eingefordert. Zuminest in der SPD-Fraktion scheint das – Herr Kollege chultz, Sie haben in der Anhörung darauf hingewieen – Wirkung gezeigt zu haben. Mit Ihren Änderungsnträgen, mit denen der Gesetzentwurf der Bundesregieung nachgebessert wurde, nähern Sie sich den Ändeungswünschen der CDU/CSU-Fraktion wenigstens in eilbereichen an. Aber Ihr grüner Koalitionspartner verindert offensichtlich, gerade was die datenschutzrechtichen Bestimmungen angeht, noch immer ein akzepables Ergebnis. Die Polizei hat zwar jetzt Zugang zur atenbank „Schwarzarbeit“ des Zolls, aber nur mit masiven Beschränkungen, die die Arbeit behindern. Dies acht gerade eine Fortführung der Arbeit der ausgesprohen erfolgreich tätigen gemeinsamen Ermittlungsgrupen von Zoll und Kriminalpolizei äußerst schwierig. Es st doch geradezu grotesk, wenn der Kriminalpolizeibemte einer solchen Ermittlungsgruppe nicht auf die gleihe Datenbank Zugriff nehmen kann wie der neben ihm rbeitende Mitarbeiter des Zolls, der im gleichen Fall erittelt. Das geht nicht. Wer die organisierte Kriminalität im Bereich der chwarzarbeit bekämpft, hat es zwangsläufig auch mit nderen schweren Straftaten wie Menschenschmuggel der Drogendelikten zu tun, die nicht in den Zuständigeitsbereichs des Zolls fallen. Deshalb besteht die Notendigkeit einer entsprechenden Datenübermittlung. ur dann ist es den gemeinsamen Ermittlungsgruppen öglich, ihre Arbeit zu tun. Diese Arbeit wird durch den esetzentwurf behindert. Deshalb werden wir ihm auch icht zustimmen. Ein weiterer Schwachpunkt des rot-grünen Schwarz rbeitsbekämpfungsgesetzes ist, dass Täter, die Schwarzrbeit in großem Stil organisieren, strafrechtlich kaum nders eingeordnet werden als Gelegenheitstäter. So ieht es der rot-grüne Gesetzentwurf vor. Wenn man, wie s ein Experte bei der Anhörung formulierte, „Raubtiere ur Strecke bringen will“, dann muss man auch bei der ormulierung des Gesetzestextes ein größeres Kaliber ählen. Wer gewerbsmäßig Schwarzarbeit organisiert, er in großem Ausmaß Leistungen zu Unrecht erlangt, er professionell Belege fälscht oder wer die Mithilfe ines Amtsträgers ausnutzt, der darf nicht mit einer eldstrafe davonkommen, wie es Ihr Gesetzentwurf vorieht. Hier muss, auch zur Abschreckung, eine Mindestreiheitsstrafe ins Gesetz, die Sie aber abgelehnt haben. Roland Gewalt Auch der Referentenentwurf des Finanzministeriums, der der Gesetzesvorlage vorausging, sah noch im Oktober letzten Jahres eine entsprechende Strafschärfung vor. Auf wundersame Weise ist diese sehr sinnvolle Regelung dann aber in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung herausgestrichen worden. Änderungsanträge der CDU/CSU, die strafschärfenden Tatbestände in das Gesetz wieder aufzunehmen – sie waren im Referentenentwurf ursprünglich enthalten –, wurden von Ihnen abgelehnt. Es reicht eben nicht – wie Sie es heute hier blumig getan haben –, mit starken Worten der organisierten Kriminalität bei der Schwarzarbeit den Kampf anzusagen. Es müssen im Gesetzgebungsverfahren dann auch die notwendigen Strafvorschriften geschaffen werden, die Sie aber nicht eingeführt haben. Lieber Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen. Bei Berufsverbrechern werden Sie mit dem erhobe nen Zeigefinger wenig Eindruck hinterlassen. Die CDU/CSU-Fraktion wird Ihren Gesetzentwurf ablehnen, weil er Berufsverbrechern keine Schranken setzt, was aber notwendig wäre, um die organisierte Kriminalität zu bekämpfen. (Peter Dreßen [SPD]: Das ist etwas ganz Neues!)


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510803000
Roland Gewalt (CDU):
Rede ID: ID1510803100

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510803200

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die von den Frak-

tionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen so-
wie von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzent-
würfe zur Intensivierung der Bekämpfung der
Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuer-
hinterziehung, Drucksachen 15/2573 und 15/2948. Der
Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung, die genannten Gesetzentwürfe als Gesetz zur In-
tensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und da-
mit zusammenhängender Steuerhinterziehung in der
Ausschussfassung anzunehmen, Drucksachen 15/3077
und 15/3079. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-
wurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Stimment-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen
gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenom-
men.

Wir kommen zur
dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Dazu liegt eine persönliche Er-
klärung der Kollegen Montag, Winkler und Dümpe-
Krüger vor.1) Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-

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(C (D urf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit en Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen soie der beiden fraktionslosen Abgeordneten gegen die timmen von CDU/CSU und FDP angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie ungsanträge. Wer stimmt für den Entschließungsantrag er Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/3081? Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Entchließungsantrag ist mit den Stimmen des Hauses geen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU abgelehnt. Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak ion der FDP auf Drucksache 15/3080? – Wer stimmt daegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist egen die Stimmen der FDP mit den Stimmen der andeen Abgeordneten des Hauses abgelehnt. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Maria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer, Antje Blumenthal, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Drittes SGB VIIIÄnderungsgesetz – 3. SGB VIII-ÄndG)

– Drucksache 15/1114 –

(Erste Beratung 56. Sitzung)

Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur
Änderung des Sozialgesetzbuches – Achtes
Buch – (SGB VIII)

– Drucksache 15/1406 –

(Erste Beratung 63. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

(12. Ausschuss)

– Drucksache 15/3000 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Marlene Rupprecht (Tuchenbach)

Andreas Scheuer
Jutta Dümpe-Krüger
Klaus Haupt

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
iderspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort Kol-

egin Maria Eichhorn, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1510803300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Kin-

er- und Jugendhilfegesetz, das nun schon über zehn
ahre besteht, hat sich bewährt und zu einer Qualifizie-
ung der Angebote im Interesse der Kinder, der Jugendli-

Anlage 2






(A) )



(B) )


Maria Eichhorn

chen und der Familien beigetragen. Die Kommunen,
aber auch die Träger der Jugendhilfe haben seither viel
geleistet.

Allerdings müssen wir feststellen, dass die Ausgaben
enorm angestiegen sind. Ständig neue Ausgabenbelas-
tungen und wiederholte Eingriffe in die Einnahmenseite
drohen die kommunale Selbstverwaltung auszuhöhlen.
Die Finanzlage der Kommunen hat sich so zugespitzt,
dass manche Städte und Gemeinden nicht mehr in der
Lage sind, einen ordnungsgemäßen Haushalt vorzule-
gen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist leider wahr!)


Der Kostenanstieg in der Kinder- und Jugendhilfe hat
daran leider einen großen Anteil. Innerhalb von zehn
Jahren, von 1992 bis 2002, sind die Kosten um rund
6 Milliarden Euro – das sind 41 Prozent – gestiegen.
Dem können wir nicht tatenlos zusehen. Zahlreiche Hil-
ferufe von Landräten, Oberbürgermeistern und Bürger-
meistern erreichen uns.

Der Bayerische Landkreistag hat eine Reihe von Fäl-
len gesammelt, die der Gesetzgeber so nicht gewollt hat.
Gute Ansätze des Kinder- und Jugendhilfegesetzes füh-
ren in einigen Fällen zu einem Missbrauch von Leistun-
gen. Das können wir nicht hinnehmen. Die Union hat da-
her einen Antrag zur Beseitigung der Auswüchse in den
Bundestag eingebracht.

In einem Zeitungsartikel vom 29. Februar dieses Jah-
res hat Frau Ministerin Renate Schmidt Handlungsbe-
darf eingeräumt. Es kam sogar im März zu einem ge-
meinsamen Entschließungsantrag der Länder Bayern
und Nordrhein-Westfalen. – Die Ministerin ist leider
nicht da. Ich sehe auch keine Staatssekretärin. –


(Marion Caspers-Merck, Parl. Staatssekretärin: Die Staatssekretärin ist da!)


Diese beiden Länder, Nordrhein-Westfalen und Bayern,
hatten sich stellvertretend für die B- und die A-Länder
immerhin in zehn Punkten geeinigt und dabei Forderun-
gen unseres Antrages aufgegriffen. Umso unverständli-
cher und unbegreiflicher ist es daher, dass Rot-Grün un-
seren Gesetzentwurf im Ausschuss abgelehnt hat.

Die Ziele des Kinder- und Jugendhilfegesetzes sind
erstens die Befähigung der Eltern, Kinder zu eigenver-
antwortlichen Menschen zu erziehen, zweitens die Un-
terstützung der Eltern in schwierigen Erziehungssituatio-
nen und drittens die nachhaltige Förderung der
Erziehung in Familien. Das SGB VIII verlangt erheblich
mehr als die Gewährung von Hilfen. Es verpflichtet uns
vor allem zu einer nachhaltigen Förderung der Erzie-
hung in den Familien. Der Leistungsbereich der Förde-
rung der Erziehung stagniert, weil ihm die Aufgaben der
Jugendhilfe kaum Entwicklungsmöglichkeiten lassen.
Dabei wissen wir alle: Prävention hilft, Probleme zu ver-
hindern.

Die Jugendämter sind aber immer weniger in der
Lage, diagnostische und pädagogische Hilfe zu leisten
und als Fachbehörde Eltern und Erziehern beizustehen.
Sie werden in erster Linie nur noch als Kostenträger ge-

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(C (D ehen. Dies gilt insbesondere für die Eingliederungsilfe. Daher wollen wir mit unserem Gesetzentwurf insesondere eine Änderung der §§ 35 a und 41 SGB VIII rreichen. Die Jugendämter erhoffen sich von einer Änerung des SGB VIII klare gesetzliche Regelungen. Die rfahrung aus der Praxis zeigt, dass eindeutige Altersrenzen und klar geregelte Zuständigkeiten dabei die ichtigsten Instrumente sind. In Zeiten knapper Gelder müssen die Leistungen nach em Kinderund Jugendhilfegesetz verstärkt nach Wirkamkeit und Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen hinterragt werden. Eltern, die wirtschaftlich dazu in der Lage ind, ist es durchaus zuzumuten, sich an den Kosten der inderund Jugendhilfe zu beteiligen. Ein besonderer Handlungsbedarf besteht bei § 35 a GB VIII. Hier haben sich innerhalb von nur fünf ahren, von 1997 bis 2002, die Ausgaben mehr als veroppelt. So werden aufgrund des Tatbestandes einer eelischen Behinderung Jugendämter derzeit per Geichtsbeschluss zur Finanzierung einer teuren Eliterivatschule im Ausland verpflichtet. (Jutta Dümpe-Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was für eine unzulässige Verallgemeinerung!)


ies führt zu Mitnahmeeffekten und falschen Anreizwir-
ungen. Von bestimmten Interessengruppen wird diese
orschrift sogar als freier Markt verstanden.
Die Jugendämter und letztlich der Steuerzahler dürfen

icht als goldener Esel missbraucht werden. Es geht da-
um, bei den Paragraphen, welche zu einem erheblichen
ostenanstieg geführt haben, klar abzugrenzen.
Bei der Beratung des Gesetzentwurfs im Ausschuss
urde von Ihnen, meine Damen und Herren von Rot-
rün, ein Änderungsbedarf bei den §§ 35 a und 41
GB VIII mit dem Hinweis verneint, dass die Zahl der
ilfen nur gering sei.


(Christel Humme [SPD]: 3 Prozent!)

ie haben aber in der Anhörung erlebt, dass zum Bei-
piel der Jugendamtsleiter der Stadt Regensburg mit
onkreten Beispielen das Gegenteil bewiesen hat. Eine
ostensteigerung bei den teilstationären Hilfen inner-
alb von zwei Jahren um 340 Prozent – Sie haben richtig
ehört – ist wahrlich kein geringer Anstieg.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Jetzt werden Sie sagen: Das ist ja nur ein Einzelfall. –
s ist aber kein Einzelfall, wie uns zahlreiche Kommu-
alpolitiker bestätigen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wohl wahr!)

ier wird eine Regelung missbraucht und diesen Miss-
rauch müssen wir verhindern.


(Beifall bei der CDU/CSU)

In der ersten Lesung hat Frau Staatssekretärin
iemann-Hanewinckel Gesprächsbereitschaft signali-
iert. Aber was hilft die Gesprächsbereitschaft, ja sogar






(A) )



(B) )


Maria Eichhorn

ein gemeinsames Papier von Nordrhein-Westfalen und
Bayern, wenn Ihre konkreten Beschlüsse fehlen? Sie ha-
ben die Zustimmung aus taktischen Gründen verweigert;


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

denn wie man hört und wie Ihre Ministerin im Aus-
schuss bestätigt hat, wollen Sie in einem anstehenden
Gesetz zur Kinderbetreuung einige von uns gemachte
Vorschläge aufgreifen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So machen sie das!)


Warum stimmen Sie dann diesem Gesetzentwurf nicht
schon heute zu? Wir würden wertvolle Zeit für die Kom-
munen gewinnen


(Christel Humme [SPD]: Aber nicht für die Jugendlichen!)


und den Kommunen Kosten sparen helfen, wenn Sie hier
und heute unserem Gesetzentwurf zustimmten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Taktische Finessen sind angesichts der katastrophalen

Haushaltslage der Kommunen völlig unverständlich und
unmoralisch. Wir wollen auch in Zukunft jungen Men-
schen eine Chance auf positive Entwicklungsmöglich-
keiten eröffnen. Daher gilt es stärker als bisher, die knap-
per werdenden Ressourcen ziel- und zweckgerichtet
einzusetzen. Die Kernaufgabe der Jugendhilfe, nämlich
die Förderung der Erziehung in der Familie, muss wie-
der in den Mittelpunkt des Gesetzes und der Aufgaben
der Jugendämter gestellt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510803400

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Marlene

Rupprecht, SPD-Fraktion, das Wort.


Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1510803500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

alle, die Kolleginnen und Kollegen des Bundestages, des
Bundesrates – eine Vertreterin aus Bayern ist da – und
der Bundesregierung und alle Fachleute, sind uns einig
– das wurde in der Anhörung im Dezember deutlich –,
dass sich das Kinder- und Jugendhilfegesetz – SGB VIII –
grundsätzlich bewährt hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es war und ist auch nach 13 Jahren immer noch ein
sehr modernes Gesetz. Es stellt nämlich die Interessen
der Kinder und Jugendlichen und deren Familien in den
Mittelpunkt. Beginnend schon in verschiedenen Absät-
zen des § 1 bis hin zu den letzten Paragraphen stehen
immer die Interessen der Kinder und Jugendlichen im
Zentrum des Gesetzes. Das ist das Moderne und Erhal-
tenswerte an diesem Gesetz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Durch dieses Gesetz werden dem Träger der Jugendilfe und dem Jugendamt Aufgabenfelder zugewiesen. ie sind Gestalter, Dienstleister und Wächter mit hoheitichen Pflichten zum Schutz der Kinder. Diese Aufgaben ind im Gesetz eindeutig geregelt. Wir diskutieren heute vor dem Hintergrund öffentli her Medienkampagnen, anders kann ich das nicht beeichnen. So wie vor einem Jahr der Sozialhilfeempfäner Florida-Rolf werden jetzt die Intensivpädagogik in riechenland und das Internat in Schottland – es geht m Millionärskinder, die unberechtigt von der Jugendilfe finanziert wurden – von den Medien aufgegriffen. s sind also Skandale und sicher auch einige Missrauchsfälle an die Öffentlichkeit gelangt, wobei ich ich allerdings immer frage, wie in diesen Fällen der atenschutz gewahrt wird, der im Kinderund Jugendilfegesetz eindeutig festgeschrieben ist. Vor dem Hintergrund dieser Medienkampagnen ha en wir heute einen Gesetzentwurf des Bundesrates und inen der CDU/CSU zur Änderung des Kinderund Juendhilfegesetzes zu beraten. Jedem steht es frei – das st völlig legitim –, zu überprüfen, ob das, was vor 3 Jahren beschlossen und als Zielsetzung festgelegt urde, den heutigen Ansprüchen und Gegebenheiten och entspricht, ob die Ziele, die wir damals festgelegt aben, tatsächlich noch erreicht werden können. Die hier vorliegenden Gesetzentwürfe müssen da aufhin überprüft werden, ob die vorgesehenen Änderunen dem Sinn und Gehalt des Gesetzes entsprechen oder b sie das Kinderund Jugendhilfegesetz in der Substanz erändern. Diese Frage müssen Sie beantworten. In der Begründung des CDU/CSU-Gesetzentwurfs das ist nicht von mir – heißt es: Angesichts der prekären Finanznot der öffentlichen Kostenträger werden von den Kommunen deshalb bundesweit seit längerem u. a. gesetzliche Änderungen im Kinderund Jugendhilfegesetz mit dem Ziel der Kostendämpfung massiv reklamiert. ie Kostendämpfung ist das einzige Ziel Ihres Entwures. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Andreas Scheuer [CDU/ CSU]: Völliger Blödsinn!)


Sie stellen nicht die Frage, ob mit den Hilfen, die bis-
er gewährt wurden, das Ziel des Kinder- und Jugendhil-
egesetzes erfüllt worden ist.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Alte Kamellen! Warum wollen denn Sie reformieren, Frau Kollegin?)


st es tatsächlich so umgesetzt worden? Darüber reden
ir heute. Ich werde mir Ihre Entwürfe daraufhin genau
nschauen. Sie enthalten einige ganz tolle Punkte.
An einigen Stellen sind die Vorgaben des Gesetzes

isher erfüllt worden. In § 80 SGB VIII – Jugendhilfe-
lanung – heißt es: Man muss im Rahmen der Jugend-
ilfeplanung den Bestand feststellen, den Bedarf ermit-






(A) )



(B) )


Marlene Rupprecht (Tuchenbach)


teln und ein Angebot vorhalten, das nicht nur kurz-,
sondern auch mittelfristig den Bedarf deckt.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Ihnen fällt nichts Neues ein! Immer die alte Leier!)


Das, was bisher gemacht worden ist, muss kontinuierlich
fortgeführt werden.

Gehen Sie raus in die Lande. Die Jugendhilfeplanung
ist in der Praxis sehr unterschiedlich umgesetzt worden.
Deshalb sind auch bei den Angaben zur Kostenexplosion
keine Gründe, Ursachen und Fallzahlen genannt worden.
Da müssen Sie alle passen und können das nicht ange-
ben. Jeder einzelne Jugendamtschef kann das machen,
wie er will, kann vorgeben, was er will. Erfüllen Sie des-
halb die im Gesetz vorgeschriebene Aufgabe der Ju-
gendhilfeplanung – und das kontinuierlich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Weiterhin ist in Ihrem Gesetzentwurf die Einführung
von Altersbegrenzungen enthalten. Dahinter steckt fol-
gendes Menschenbild – das findet man immer wieder –:
Als sei der Mensch geklont, lernt er im gleichen Rhyth-
mus, entwickelt sich im gleichen Rhythmus und ist mit
18 schlagartig erwachsen.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Oh mein Gott!)


Das entspricht schlicht und ergreifend nicht der Reali-
tät. Deshalb ist im bestehenden Gesetz in § 41 SGB VIII
die Regelung enthalten, dass Jugendhilfemaßnahmen
über das 18. Lebensjahr hinaus bis maximal zum 21. Le-
bensjahr fortgesetzt werden können.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist die sozialistische Urlehre der 60erund 70erJahre!)


Selbst danach können noch Beratung und Unterstützung
gewährt werden, wenn sie beim Übergang ins Erwachse-
nenleben benötigt werden. Dies geht von einem Men-
schenbild aus, das nicht geklont ist, sondern orientiert
sich an dem tatsächlichen Leben der Menschen. Das ist
immer noch das Moderne an dem Gesetz.

Nun komme ich zu § 35 a SGB VIII. Sie schlagen
vor, die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte
Kinder und Jugendliche wesentlich einzuschränken.
Wenn Sie dem bisherigen § 35 a SGB VIII Schwammig-
keit vorwerfen, gilt das für die neue Regelung noch
mehr.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Denn § 35 a SGB VIII beinhaltet eindeutig Leistungen
aufgrund seelischer Behinderungen, die nach internatio-
nalen Standards, also nach festgelegten Klassifikationen,
gewährt werden. Wer sie nicht kennt, kann sich im Inter-
net darüber informieren. Dort findet man alle Klassifika-
tionen, nach denen sich ein Facharzt richten muss. Daher
ist Ihr Vorschlag bezüglich § 35 a SGB VIII nicht ziel-
führend.

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(C (D Frau Kollegin Rupprecht, erlauben Sie eine Zwi chenfrage der Kollegin Eichhorn? Aber natürlich. Bitte schön, Frau Eichhorn. Frau Kollegin, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass s in § 35 a SGB VIII darum gehen soll, die Eingliedeungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendlihe an die im Sozialhilfegesetz bestehende Eingliedeungshilfe für körperlich und geistig behinderte Kinder nd Jugendliche anzugleichen, um einen einheitlichen tandard zu schaffen, damit es nicht, wie dies derzeit der all ist, zu Missbrauch kommt? Frau Eichhorn, ich weiß nicht, an welchen Stellen Sie issbrauch feststellen. (Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Dann waren Sie bei der Anhörung nicht dabei! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Siehe Schottland!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510803600
Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1510803700
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510803800
Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1510803900
Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1510804000

Ja, Schottland. – Wenn das Jugendamt Hilfe gewährt,
uss für Maßnahmen nach den §§ 27 bis 35 SGB VIII in
edem Fall ein Hilfeplan erstellt werden. Wenn das tat-
ächlich geschieht, wäre eine Überweisung nach Schott-
and theoretisch möglich. Aber das wäre allerdings nur
ine Alternative. Die Entscheidungshoheit hat das Ju-
endamt. Wenn das Jugendamt allerdings nicht den Mut
at, zu sagen: „Diese Maßnahme ist nicht geeignet und
s ist deshalb eine andere vorzuschlagen“, dann ist es
icht Sache des Gesetzgebers, dieses Vollzugsdefizit zu
eseitigen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Das machen die Ämter schon lange nicht mehr! Das machen die Gerichte!)


Ich möchte auf einen weiteren Aspekt des § 35 a
GB VIII eingehen, der immer geflissentlich übersehen
ird – deshalb müssten wir den Gesetzentwurf des Bun-
esrates eigentlich an die Länder zurückverweisen –: In
35 a SGB VIII haben Sie all das aufgenommen, was
igentlich die ursächliche Aufgabe anderer Institutio-
en, zum Beispiel der Schule, ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


it Ihrem Menschenbild gehen Sie davon aus, dass ein
ind, das eingeschult wird, alles perfekt kann; wenn es
as nicht kann, wird es ausgesondert. Wenn man aber
as Menschenbild hat, dass man einem Kind – egal, wie
s ist – alle Förderungen zukommen lässt, die es
raucht, damit es die Schule erfolgreich bewältigen
ann, dann können in der Schule die Kinder, die dort






(A) )



(B) )


Marlene Rupprecht (Tuchenbach)


nicht hineinpassen, nicht aussortiert werden. Ich meine
Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, mit Lese-
Rechtschreib-Schwäche, mit Rechenschwäche und
Hochbegabte. Das ist übrigens eine tolle Mischung; das
muss ich wirklich sagen.

Wie ich gestern von einem Fachmann gehört habe,
werden in den Förderschulen für Hör- und Sprachbehin-
derte inzwischen sogar die Einzeltherapiestunden abge-
setzt, weil man für Einzeltherapeuten kein Geld mehr
hat. Man setzt diese Stunden ab und bemüht sich darum,
dass die Krankenkasse das finanziert. Das heißt, wir
müssen die Länder auffordern, ihren Pflichtaufgaben im
Schulbereich nachzukommen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dann fällt ein großes Problem weg, das sich heute auf-
grund des § 35 a SGB VIII stellt. Ein Kind mit Lese-
Rechtschreib-Schwäche oder Rechenschwäche, das
nicht behandelt wird, kann auffällig werden, ihm kann
eine seelische Behinderung drohen. Nur dann erfüllen
diese Kinder die Voraussetzungen des § 35 a SGB VIII.
Ich glaube, Sie wollen, dass das eine Aufgabe der Län-
der ist.

Zu Ihren Vorschlägen. Die Kostendämpfung, die Sie
wollen, ist nur durch Streichungen zu erreichen. Wenn
ich Leistungen streichen möchte, gehe ich davon aus,
dass Maßnahmen durchgeführt wurden, die nicht not-
wendig waren, dass also auch Kinder, die keinen Hilfe-
bedarf hatten, Leistungen erhalten haben. In solchen Fäl-
len sind Streichungen gerechtfertigt. Oder Sie gehen
davon aus, dass zum Beispiel die Schule diese Leistung
hätte erbringen müssen. Dann muss man sich mit den
dortigen Verantwortlichen streiten oder billigend in Kauf
nehmen, dass diese Kinder keine Hilfe bekommen, dass
sie zukünftig Problemfälle auf dem Arbeitsmarkt sind
und dass sie später von der Jugendgerichtshilfe Leistun-
gen erhalten, die sie vorher nicht bekommen haben.

Wenn Sie Kindern Hilfsmaßnahmen verweigern, die
dringend Hilfe brauchen, muss ich sagen, dass Sie
schlicht und ergreifend eine Sünde an zukünftigen Gene-
rationen begehen. Was ist also zu tun? Nur so wird ein
Schuh daraus: Wir müssen die Vollzugsdefizite ab-
bauen. Das heißt, wir müssen in der Jugendhilfeplanung
Strukturen schaffen und Familienleitbilder erstellen. All
dies müssen wir tun, damit Familien und Kinder die
Strukturen bekommen, die sie brauchen, und damit für
die Kinder, die Einzelfallhilfe benötigen, tatsächlich
Geld da ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dann muss ein Hilfeplan für den Einzelfall erstellt wer-
den.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510804100

Frau Kollegin Rupprecht, erlauben Sie noch eine

Zwischenfrage? – Dann bitte ich Sie, anschließend zum
Schluss zu kommen.


Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1510804200

Ja.

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(C (D Frau Kollegin Rupprecht, verstehe ich Sie richtig, ass bei den von Ihnen zitierten Paragraphen kein Ändeungsbedarf besteht? Wie begründen Sie dann die von hnen geäußerte Meinung, dass in eben diesen Paragrahen, die Sie zu zerpflücken versuchen, Änderungsbearf besteht? Frau Eichhorn, wunderbar! Wenn Sie noch zwei Sätze ewartet hätten! Ich hätte das gleich angefügt. Als Erstes abe ich genannt: Strukturen aufbauen, wo das noch icht geschehen ist, wo die Jugendhilfeplanung noch icht gemacht worden ist. Dann wird weniger Einzelfallilfe gebraucht. Das Zweite ist: originäre Aufgaben anerer Institutionen zurückzuverweisen, siehe das Beipiel Schule. Das Dritte ist: Da, wo man im Vollzug laubt, dass das Gesetz nicht präzise genug ist, müssen ir als Gesetzgeber vielleicht so präzise formulieren, ass auch nicht der leiseste Hauch eines Missverständisses aufkommen kann, eispielsweise dann, wenn das Jugendamt eine Entscheiung trifft. Wir wollen aber keine Veränderungen, die zu inem Abbau von Leistungen, die Kinder dringend brauhen, führen. Das ist an der verkehrten Stelle gespart! in Kind, das einen Knochenbruch hat, schicken Sie uch nicht wieder heim statt zum Chirurgen, sondern Sie agen: Jawohl, da muss etwas getan werden. – Ich finde, b ein Knochenbruch oder eine Wunde an der Seele, das st egal. Hauptsache, das Kind wird gesund und wächst esund auf, als eigenständige Persönlichkeit. Dann könen wir mit ihm als Erwachsenem auch etwas in unserer emokratie anfangen. Alles andere ist nicht zielführend, eswegen lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1510804300
Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1510804400

(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Also doch!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510804500

Das Wort hat jetzt der Kollege Klaus Haupt von der

DP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)



Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1510804600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

wölf Jahre nach dem In-Kraft-Treten des Kinder- und
ugendhilfegesetzes ist eine kritische Überprüfung
icherlich sinnvoll. Das gilt besonders, wenn Kosten-
ämpfung möglich erscheint. Wer jedoch bei der Ju-
endhilfe sparen will, darf nicht vergessen, dass Ausga-
en für unsere Kinder und Jugendlichen Investitionen in
ie Zukunft unserer Gesellschaft sind


(Beifall bei der FDP)

nd falsches Sparen an dieser Stelle schlimme Folgen
aben kann. Außerdem ist im Blick zu behalten, dass die
inder- und Jugendhilfe im Ausgabenblock des Sozial-






(A) )



(B) )


Klaus Haupt

budgets unseres Landes ohnehin einen eher bescheide-
nen Anteil einnimmt und auch ihr Anteil an den Ausga-
ben der Kommunalhaushalte keineswegs hoch liegt. Vor
diesem Hintergrund sind Vorschläge zu Leistungsein-
schränkungen bei der Jugendhilfe stets kritisch zu prü-
fen.

Die auf Initiative der FDP durchgeführte Ausschuss-
anhörung hat wertvolle und aus meiner Sicht differen-
zierte Beiträge zur Meinungsbildung geliefert.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte mich bei den Fachleuten bedanken, die mit
sehr hilfreichen, sachkundigen Informationen zur Be-
wertung der vorgeschlagenen Änderungen beigetragen
haben.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Mehrheit der Sachverständigen hat gegen mehrere
Änderungsansätze des Gesetzentwurfes überzeugende
Argumente angeführt, weshalb wir im Ausschuss die
Streichung der betreffenden Artikel beantragt haben.

So können die vorgesehenen Einschränkungen der
Hilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche
sowie die Verlagerung dieses Leistungsbereiches in die
Sozialhilfe von der FDP nicht mitgetragen werden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)


Sie würden zu einer Verschlechterung der Hilfen und zu
einer Kostenverlagerung, aber kaum zu einer Einsparung
führen, vielleicht sogar zu zusätzlichen Folgekosten,
wenn die Aufgaben weniger zielgruppengerecht erfüllt
werden. Die bisherige Unterscheidung der Zuständigkei-
ten für geistig und körperlich Behinderte auf der einen
und seelisch Behinderte auf der anderen Seite ist zwar
nicht vollends überzeugend, es ist aber nach Anhörung
der Experten zu bezweifeln, dass aus dem System der
Sozialhilfe heraus mit gleicher Qualität Hilfen für die
betroffenen Kinder und Jugendlichen erbracht werden
könnten wie bisher durch die Kinder- und Jugendhilfe
und ihre Rehaträger.

Sehr wohl wären durch den Gesetzentwurf Leistungs-
einschränkungen für seelisch behinderte oder von einer
solchen Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche
zu befürchten und damit ihre Integration gefährdet. Kos-
tenreduzierungen in diesem Bereich sind, wie sich in ei-
nigen Kommunen gezeigt hat, durch Verbesserung und
Vereinheitlichung der Auslegung sowie durch Professio-
nalisierung der Gesetzesanwendung insgesamt möglich.

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Änderung des
§ 41 SGB VIII lehnen wir ab. Grundsätzlich sollte der
Schwerpunkt der Jugendhilfe auf der Förderung von
Kindern und Jugendlichen liegen.


(Beifall der Abg. Kerstin Griese [SPD])

Schon heute ist rechtlich sichergestellt, dass die Maß-
nahmen vor der Volljährigkeit beginnen müssen. Aller-
dings müssen Jugendhilfemaßnahmen für junge Voll-

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(C (D ährige in Ausnahmefällen auch künftig über die ollendung des 21. Lebensjahres hinaus fortgesetzt weren können. In vielen Fällen kann eine Fortsetzung von aßnahmen der Kinderund Jugendhilfe über das 1. Lebensjahr hinaus sinnvoll sein, etwa bei Jugendlihen, die Strafvollzug oder Psychiatrie hinter sich haben, der bei Frauen im Falle ungewollter Schwangerschaft der von Zwangsheirat. (Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Genau!)


ine erfolgreiche pädagogische Arbeit auch mit jungen
rwachsenen ist, wie man Studien entnehmen kann, sehr
ohl möglich. Im Übrigen ist die im Gesetzentwurf ge-
roffene Feststellung, dass Maßnahmen für junge Er-
achsene zur Regel und zum enormen Kostenfaktor ge-
orden seien, nicht generell zutreffend.
Die Einführung von Landesrechtsvorbehalten zur

erlagerung von Aufsichtskompetenzen, die Verände-
ung von Zuständigkeitsregelungen und die Erhebung
on Gebühren wären aus unserer Sicht zu befürworten.
uch die stärkere Heranziehung zu den Kosten bei stati-
nären Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe sieht
ie FDP positiv. Diese Thematik hat eine Kleine An-
rage der FDP vertieft.
Dem Gedanken, das Kindergeld bei der Erhebung ei-

es Kostenbeitrages für Jugendhilfeleistungen anzurech-
en, wenn das Jugendamt den Lebensunterhalt für Kin-
er trägt, stehe ich ebenfalls aufgeschlossen gegenüber.
s gibt keinen Grund, die bisherige relative Schlechter-
tellung der Eltern, die ihre Kinder selbst erziehen, bei-
ubehalten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die FDP begrüßt den Vorschlag der Aufwertung der
ugendhilfeplanung im Hinblick auf einen kontinuierli-
hen Prozess und einen höheren Gesamtstellenwert.
Der Vorschlag, durch Landesrecht veränderte Zustän-

igkeiten für die Aufsicht über Tageseinrichtungen für
inder zu ermöglichen, kann einen positiven Beitrag zur
erwaltungsvereinfachung leisten. Allerdings darf es
icht zu Interessenkollisionen auf der Ebene der örtli-
hen Träger der Jugendhilfe kommen.


(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die FDP hat im Ausschuss

n diesem Sinne zahlreiche Änderungsanträge zu dem
orliegenden Gesetzentwurf eingebracht, um das in der
nhörung vermittelte Expertenwissen in den Gesetzge-
ungsprozess einfließen zu lassen. Diese Änderungsan-
räge sind nicht berücksichtigt worden. In der Gesamtab-
ägung enthält der Gesetzentwurf aus unserer Sicht
chwerwiegende Defizite, die zu einer erheblichen Ver-
chlechterung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe
ühren, ohne dass im Endeffekt sicher mit echten Ein-
parungen zu rechnen wäre. Die FDP lehnt den Gesetz-
ntwurf daher trotz einiger guter und sinnvoller Gedan-
en ab.
Danke.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510804700

Das Wort hat jetzt die Kollegin Jutta Dümpe-Krüger,

Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Kin-
der- und Jugendhilfegesetz ist ein modernes und gutes
Gesetz, und zwar deshalb, weil es die Hilfen leistet, die
notwendig sind.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Weil es von uns gemacht worden ist, deswegen ist es gut!)


Was wir nicht gebrauchen können, ist ein KJHG light
unter ausschließlich finanziellen und nicht unter fach-
lichen Gesichtspunkten.

Zu § 35 a: Der Gesetzentwurf von CDU/CSU sieht
vor, dass die Leistungen für seelisch Behinderte oder
von Behinderungen bedrohte Kinder und Jugendliche an
die Anspruchsvoraussetzungen des Bundessozialhilfege-
setzes angeglichen werden sollen. Warum das aus fachli-
cher Sicht der falsche Weg wäre, ist sehr deutlich gewor-
den: Die Zuweisung von seelisch behinderten jungen
Menschen in die Sozialhilfe ist nicht angemessen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Grund dafür ist, dass es im Bereich der Sozialhilfe eine
völlig andere Logik der Hilfeplanung gibt als im KJHG.
Wenn es um rein materielle Versorgung geht, dann ist
das Sozialamt zuständig. Wenn es aber um pädagogische
und erzieherische Hilfen geht, dann ist die Jugendhilfe
zuständig, und das aus gutem Grund: Sie kann das am
besten. Sie erbringt die Hilfe, die speziell auf die Bedürf-
nisse von Kindern und Jugendlichen zugeschnitten ist.
Aus fachlicher Sicht gibt es also keinen Grund für eine
Veränderung. Warum will die Union trotzdem eine?
Meine Kollegin Rupprecht hat schon darauf hingewie-
sen: ausschließlich aus Kosteneinsparungsgründen.

Die Einführung eines so genannten Wesentlichkeits-
kriteriums, wie ihn der Gesetzentwurf der Union vor-
sieht, würde bedeuten, dass Kinder und Jugendliche von
einer wesentlichen Behinderung bedroht sein müssen,
dass ihre Fähigkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft we-
sentlich eingeschränkt sein muss, dass der Eintritt einer
seelischen Behinderung „mit hoher Wahrscheinlichkeit
zu erwarten“ sein muss und anderen Kindern und Ju-
gendlichen mit einer seelischen Behinderung Eingliede-
rungshilfe gewährt werden „kann“.

Die Einführung des Begriffs der wesentlichen Behin-
derung würde keine Klärung, sondern Unklarheiten mit
sich bringen. Der Versuch, in wesentliche, nicht we-
sentliche oder weniger wesentliche Behinderungen zu
unterscheiden, würde die Schwelle der Anspruchsvor-
aussetzungen erhöhen und es würde zu Abgrenzungs-
schwierigkeiten kommen. Wir alle müssten befürchten,
dass eine solche Gesetzesänderung der Vorwand für un-
differenzierte Leistungskürzungen wäre. Das heißt, für
Kinder und Jugendliche ginge unter Umständen wert-
volle Zeit verloren, weil Eltern Hilfen für ihre Kinder

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(C (D or Gericht erst einklagen müssten, und zwar weil wir, er Gesetzgeber, diese Unklarheiten geschaffen hätten. as darf nicht passieren. Eine in der Anhörung gemachte Aussage möchte ich ier besonders unterstreichen: Die Jugendhilfe darf nicht ur „behindertenfreien Zone“ werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


as den Bereich der Teilleistungsstörungen angeht
Stichwörter „Legasthenie“ und „Dyskalkulie“ – ist
lar: In erster Linie ist natürlich die Schule dafür zustän-
ig, Kindern Lesen und Rechnen beizubringen. Die
chulen unterstehen der Länderhoheit. Das funktioniert
al mehr und mal weniger gut. Wir haben gelernt, dass
ine gute örtliche Kooperation zwischen dem Jugendhil-
esystem und der Schule das Wichtigste ist. Ich habe die
xpertenmahnung noch sehr gut im Ohr, dass es in die-
em Bereich einen großen Forschungsbedarf gibt und
ass wir uns, weil wir in diesem Bereich relativ wenig
issen, davor hüten sollten, einschneidende Änderungen
orzunehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


In Bezug auf § 41 KJHG – Hilfen für junge Volljäh-
ige – beabsichtigt die Union folgende Neuregelungen:
in generelles Maßnahmeende von Jugendhilfeleistun-
en mit Vollendung des 21. Lebensjahres, keine Erst-
ilfe mehr ab dem 18. Lebensjahr und die Weiterführung
iner Maßnahme über das 18. Lebensjahr hinaus nur
och als Kannleistung. Die Mehrheit der Experten in un-
erer Anhörung war der Ansicht, dass die Einführung
es § 41 eine wichtige Errungenschaft des KJHG ist.
Aus der Praxis wissen wir, dass die Jugendämter

iese Hilfegewährung restriktiv handhaben. Es gibt zwei
ege, um Kosten einzusparen: entweder die Hilfen im
tandard reduzieren oder überhaupt keine Hilfen mehr
nbieten. Wenn zum Beispiel die jungen Volljährigen
icht mehr von der Jugendhilfe betreut werden, dann
erden sie überhaupt nicht mehr betreut. Damit ist diese
ilfeart vom Tisch. Trotzdem brauchen diese Jugendli-
hen noch Hilfe. Wenn wir all diese Jugendliche durch
as Sieb fallen lassen, dann ist das im ersten Moment si-
herlich billiger. Langfristig sind aber nicht nur die Fol-
ekosten höher, sondern auch der gesellschaftliche Scha-
en ist riesig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Aufwendung öffentlicher Mittel für Jugendhilfe
das sage ich klipp und klar – ist keine Wohltat des
taates. Hilfeleistungen für Jugendliche sind Ausdruck
er öffentlichen Mitverantwortung für das Heranwach-
en junger Menschen. Alle Leistungskürzungen, die nur
azu führen, dass bestehende Problemlagen verschärft
erden, sind abzulehnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )


Jutta Dümpe-Krüger

Zu § 10 KJHG: Die Union will, dass Leistungen für

junge Volljährige nur noch als Folgeleistung des
§ 27 SGB VIII, nicht aber des § 35 a SGB VIII möglich
sein sollen. Damit wäre der Vorrang der Jugendhilfe auf-
gehoben und in den Zuständigkeitsbereich des Bundes-
sozialhilfegesetzes verschoben. Dieser Vorstoß ist mir
schon allein deshalb unverständlich, weil es nur sehr we-
nige dieser Fälle gibt.

Ich appelliere an Sie, noch einmal über die Frage
nachzudenken, warum erzieherische Hilfen auch für
junge Volljährige notwendig und wichtig sind. Sie sind
wichtig, weil sich von diesen Leistungen betroffene
junge Menschen häufig in einer sehr kritischen
Lebensphase befinden. Wenn es dann zu einem Zustän-
digkeitswechsel des Rehaträgers käme, wäre das gleich-
zeitig mit einem Einrichtungswechsel verbunden. Das
würde Effekte begonnener Hilfe in hohem Maß infrage
stellen. Wir wissen, dass besonders Mädchen davon be-
troffen wären.

Ich habe folgendes Beispiel aus der Anhörung im
Kopf: Ein Mädchen kommt in die Klinik, weil es sexuell
missbraucht wurde und daraufhin versucht hat, sich das
Leben zu nehmen. Die junge Frau steht kurz vor ihrem
18. Lebensjahr und wollte eigentlich Abitur machen.
Wenn sie nun in der Klinik 18 Jahre alt wird und der So-
zialhilfeträger für sie zuständig würde, dann käme sie
anschließend in ein Wohnheim für psychisch Kranke, die
mit 40, 50 oder noch mehr Jahren sehr viel älter als sie
sind. Das ist nicht die Hilfe, die diese junge Frau benö-
tigt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Maria Eichhorn [CDU/ CSU]: Das stimmt ja gar nicht!)


Was sie braucht, sind geeignete Hilfen, speziell auf
junge Menschen ausgerichtet, damit sie ihr Leben wie-
der in den Griff bekommt, ihren Schulabschluss machen
kann und anschließend hoffentlich einen guten Start in
ihr weiteres Leben findet.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Das kann sie auch mit dem neuen Gesetz!)


Ich möchte abschließend feststellen: Jugendhilfe darf
man nicht nach Kassenlage betreiben. Finanznot darf
nicht dazu führen, dass Rechtsansprüche und Qualitäts-
standards in der Kinder- und Jugendhilfe eingeschränkt
werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Unser gemeinsames Ziel muss es sein, junge Menschen
zu fördern und dafür zu sorgen, dass alle annähernd die
gleichen Chancen haben. Wir sind in der Pflicht, sie bei
der Entwicklung ihrer Persönlichkeit zu unterstützen,
damit sie ein selbstbestimmtes Leben führen können.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Das Wort hat jetzt der Kollege Andreas Scheuer von er CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! ie Diskussion um die Novellierung des Kinderund Juendhilfegesetzes hat im Laufe der Beratungen einige ehr überraschende Entwicklungen und Wendungen geommen. Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, ahen noch in der ersten Lesung am 3. Juli 2003 keinen andlungsbedarf. Sie blockten ab. Die Frau Staatssekreärin Riemann-Hanewinckel wies in der Debatte sogar arauf hin, dass die Bundesregierung Gespräche darüber rundsätzlich ablehne. Sie wollten auf diesem Gebiet ichts reformieren und zeitgemäß anpassen. Sie versuchten, die Problembereiche mit dem Arguent – wir haben es auch heute wieder gehört – einfach egzuwischen, dass für Kostensteigerungen im Kindernd Jugendhilfebereich die Jugendämter selbst verantortlich sind, weil diese mit dem KJHG falsch umgeen. Sie sehen bei den Missbrauchsfällen weg und ignoieren, dass die Jugendämter nur noch Auszahlstellen ind, wodurch keine freien Mittel für die wichtige Präention übrig bleiben. Dann folgte am 10. Dezember 2003 eine Anhörung. h Wunder, plötzlich kamen leichte Signale in Richtung nderungswillen. Es mag an den von uns vorgeschlageen Experten aus der Praxis gelegen haben, dass Sie sich n der Folge für das Thema erwärmen konnten. Ein sehr rfahrener Jugendamtsleiter – er selbst ist sogar SPDarteimitglied – bestätigte uns die richtige Richtung uneres Vorschlags. Frau Humme, sehr viele Experten bestätigten uns die ichtigkeit unseres Vorschlags. – (Christel Humme [SPD]: Nicht in allen Punkten!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510804800

(Beifall bei der CDU/CSU)

Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1510804900

(Beifall bei der CDU/CSU)


(Widerspruch bei der SPD)


s mag vielleicht auch an den SPD-Bürgermeistern und
PD-Landräten liegen – es soll ja noch einige geben,
ber nach den anstehenden Kommunalwahlen in diesem
ahr werden es wieder etwas weniger sein –,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ie Druck machten, hier etwas voranzutreiben.


(Christel Humme [SPD]: Was?)

Dann kam die Ausschussberatung, bei der kleinere
ompromisslinien zu erkennen waren. Man konnte also
offen, dass durch die Anhörung ein Anflug von Er-
euchtung bei Ihnen Einzug gehalten hatte. Ob das dazu
ührt, dass die Hilfe zielgenau bei den Kindern, Jugend-
ichen und Jugendämtern ankommt, glaube ich nicht;
enn die bei Ihnen zu erkennenden Reförmchen werden
ieder an der Praxis vorbeigehen.






(A) )



(B) )


Andreas Scheuer

Auch ein Entschließungsantrag von Bayern und Nord-

rhein-Westfalen im Bundesrat hat Sie dann wohl im wei-
teren Verlauf zum Meinungsumschwung gezwungen. Da
kann man nur sagen: Es geht doch. Wenn der Druck von
allen Seiten kommt, dann können Sie sich anscheinend
doch bewegen. Dies geschieht zwar langsam, aber ich
halte mich an die Devise: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Frau Kollegin Rupprecht, jetzt komme ich zu Ihnen.
Ich durfte mit Ihnen, hoch geschätzte Frau Kollegin, eine
Podiumsdiskussion in Kelheim im schönen Niederbay-
ern bestreiten. Dort waren nicht die Kämmerer und nicht
die Finanzexperten der Kommunen unsere Ansprech-
partner, sondern die Jugendamtsleiter, die Praktiker,


(Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Nicht die Praktiker, die Amtsleiter!)


die Kommunalpolitiker und die Jugendpolitiker aus Bay-
ern. Ich hätte eigentlich nach meinen Erläuterungen un-
seres Vorschlags gleich nach Hause fahren können, denn
die Union wurde in allen Punkten bestätigt. Sie aber,
Frau Kollegin, mussten die sehr bescheidenen und reali-
tätsfernen Vorschläge der Koalition vortragen, was allge-
meine Heiterkeit bei den beteiligten Experten auslöste.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)


Grundtenor dieser Jugendamtsleiter war: Die Vorstellun-
gen von Rot-Grün gehen völlig an der Praxis vorbei.

Wenn Sie nicht einmal die guten Ratschläge der Ju-
gendamtsleiter, der Praktiker aufnehmen, dann machen
Sie wie gewohnt Politik an den Menschen vorbei. Des-
halb brauchen Sie sich auch nicht darüber zu beklagen,
dass Sie bei Umfragen in diesem Land so mies dastehen.
Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, haben
in diesem Punkt keine Achtung vor der Eigenverantwor-
tung der Kommunen und damit werden Sie zum Toten-
gräber der kommunalen Selbstverwaltung. Das ist Fakt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist eine unglaubliche Übertreibung! Aber das kennen wir ja von Ihnen!)


Kommen Sie nicht mit dem Argument – das haben
wir heute wieder gehört –, das sei ein sozialer Kahl-
schlag, oder mit ähnlichen Phrasen. Das ist plump und
billig. Wenn ich mir die Stellungnahmen der Jugend-
amtsleiter bzw. der Kommunen ansehe, dann stelle ich
fest, dass wir mit unserem Vorschlag völlig Recht haben.


(Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Lesen Sie mal die Stellungnahmen genau!)


– Ganz ruhig, Frau Kollegin Rupprecht, Blutdruck he-
runterfahren!

Sie, Frau Kollegin Rupprecht, setzen jetzt noch eins
drauf und kommen mit einem Tagesbetreuungsausbau-
gesetz. Sie sagen, es gebe keinen Reformbedarf, das Ge-
setz habe sich bewährt und Sie machten so weiter. Der
Entwurf liegt aber schon in der Schublade des Ministeri-
ums. Tagesbetreuungsausbaugesetz ist wieder so ein
durchgestyltes Mammutmarketingwort. Mit dem Ent-
wurf wollen Sie noch schnell die Novellierung des Kin-

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(C (D erund Jugendhilfegesetzes mit einigen kosmetischen nderungen abarbeiten. Wie stümperhaft Sie arbeiten, eweist dieser Entwurf. Sie wollen dieses Gesetz draufacken, das auf den falschen Zahlen durch die Zusamenlegung von Arbeitslosenund Sozialhilfe – Hartz IV – asiert. Die Finanzierung ist unsicher. Herr Kollege Scheuer, erlauben Sie eine Zwischen rage der Kollegin Rupprecht? Den Absatz will ich noch beenden, danach gerne. Bitte schön. Darüber hinaus weiß mittlerweile jedes Kind über das esaster von Hartz IV, das Hickhack und die Verschieung Bescheid. Die Umsetzung ist unsicher und fraglich. ie Ministerin hat im Ausschuss Auskunft gegeben. Sie räsentieren uns Phantombuchungen und einen Entwurf ur Tagesbetreuung und auch noch zum SGB VIII, um as Ziel von Rot-Grün doch noch in dieser Legislatureriode zu erreichen – Sie wissen, diesen Ausspruch ziiere ich sehr gerne –: die Lufthoheit über den Kinderbeten. (Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ziemlich unangemessen, der ganze Beitrag!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510805000
Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1510805100
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510805200
Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1510805300

Bitte.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510805400

Frau Kollegin Rupprecht, bitte schön.

Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1510805500

Herr Kollege Scheuer, ich habe gerne mit Ihnen die

odiumsdiskussion geführt, weil Fachwissen gefragt
ar, nicht nur die Präsentation von Bildzeitungszitaten.
ch kann auf eine Erfahrung von zwölf Jahren in der Ju-
endhilfeplanung in meiner kommunalen Gebietskörper-
chaft zurückblicken und habe deshalb eine fundierte
asis.
Nun zu Ihrer Aussage, dass wir etwas nachschieben,
eil das Bestehende schlecht ist. Wenn gerade Sie in
ayern geprüft hätten, ob Sie bezüglich der Tagesbetreu-
ng und der Tagespflege Ihrer Verpflichtung nach-
ekommen sind, nach § 80 SGB VIII – Jugendhilfe-
lanung – den Bestand festzustellen, dann hätten Sie
emerkt, dass Sie die Augen zumachen, dass Sie sich ins
ckchen hocken und sich schämen müssten, weil Sie
ichts dergleichen gemacht haben. Sie haben weder den
edarf noch den Bestand festgestellt. Und Sie wollen
ns unterstellen, dass wir etwas schlecht gemacht haben!
Deshalb meine Frage.

Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1510805600

Ach, doch noch eine Frage?






(A) )



(B) )



Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1510805700

Ja, Herr Scheuer, die Frage kommt jetzt: Warum glau-

ben Sie, dass Sie mit Ihren Maßnahmen die Umsetzung
des Kinder- und Jugendhilfegesetzes präzisieren?

Meine zweite Frage lautet: Können Sie uns detailliert
vortragen, wie Sie mit den §§ 35 a und 41 SGB VIII die
Einführung der so genannten Maßnahmen der Schule im
Rahmen der Jugendhilfe wieder rückgängig machen
wollen? Wie wollen Sie das in Ihrer Reform mit dem
§ 35 a erreichen? Denn der Bund ist dafür der falsche
Ansprechpartner.


Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1510805800

Frau Kollegin, angesichts der Tatsache, dass die Po-

diumsdiskussion in Kelheim drei Stunden gedauert hat,
könnte ich mir jetzt den Spaß erlauben, ausgiebig über
den § 35 a zu diskutieren. Ich hoffe, dass sehr viele
Landräte, Bürgermeister und Jugendamtsleiter die heu-
tige Debatte vor dem Fernsehgerät verfolgen. Denn
wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie doch zugeben, dass
die Podiumsdiskussion für Sie katastrophal verlaufen ist.
Die Jugendamtsleiter bestätigen nämlich, dass unser
Vorschlag richtig ist.

Für uns ist nichts Besseres vorstellbar – das ist uns in
der Anhörung bestätigt worden –, als den Wortlaut des
§ 35 a zusammen mit den Praktikern zu erarbeiten und
entsprechend umzusetzen. Hier diskutieren wir zunächst
über unseren Vorschlag wie auch über Ihren Entwurf ei-
nes Reformgesetzes, in dem Sie den § 35 a kosmetisch
etwas verändern. Sie werden sicherlich auf einen Kuh-
handel hinauswollen. Wir werden sehen, wie Sie sich im
Zusammenhang mit dem § 35 a winden und zu einer Ei-
nigung kommen wollen.


(Beifall der Abg. Maria Eichhorn [CDU/CSU] – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Keine Antwort ist auch eine Antwort!)


– Herr Schmidt, vielleicht kennen Sie den vom Ministe-
rium erarbeiteten Gesetzentwurf noch nicht. Aber weil
Sie die Verantwortung und die Kosten immer wieder auf
die unteren Ebenen abschieben – Sie schreiben die Ge-
setzentwürfe und die anderen sollen zahlen –, erlauben
Sie mir eine Randbemerkung. Dem Entwurf des TAG ist
hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen auf die öf-
fentlichen Haushalte zu entnehmen, dass dem Bund
keine Kosten entstehen würden. Für die Länder und
Kommunen werden Kosten in Höhe von 1,61 Milliarden
Euro erwartet.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wer zahlt das? Wir! Das haben wir doch gesagt!)


Die Einsparungen belaufen sich auf 219 Millionen Euro.
Da muss doch jedem Kommunalpolitiker die Farbe aus
dem Gesicht weichen, wenn er von solchen Plänen er-
fährt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Gut formuliert!)


Im Deutschen Bundestag findet kein Wunschkonzert
der Maßnahmen statt; wir müssen vielmehr positiv und
realitätsnah agieren. Die Debatte über die Novellierung

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(C (D es SGB VIII hat eines bewirkt, nämlich dass auch Sie ndlich den Handlungsbedarf sehen. Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf erreichen, ass mit dem KJHG einerseits weniger Mitnahmeefekte, weniger Missbrauchsfälle, weniger Gutachteritis nd Rechtsstreitigkeiten und andererseits mehr Transpaenz, mehr Klarheit der Strukturen, mehr Effizienz, mehr igenverantwortung für die Kommunen, mehr Möglicheiten hinsichtlich der fachlichen Kompetenz der Juendämter, mehr Gerechtigkeit und mehr Geld für die räventiven Maßnahmen unserer Jugendämter einhergeen. Das würde mit unserem Gesetz erreicht. Deshalb uss jeder, der den Kindern und Jugendlichen helfen ill, unserem Gesetzentwurf zustimmen. Herzlichen Dank. Als nächste Rednerin hat die Kollegin Kerstin Griese on der SPD-Fraktion das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Be or ich meine Rede beginne, muss ich Ihnen mitteilen, ass die Ministerin in der heutigen Debatte nicht anweend sein kann, weil sie an der Beerdigung ihres Fahrers eilnimmt. Ich bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen, dass taatssekretärin Beck seit Beginn der Debatte anwesend st. Nun zu unserem Thema. In dieser Debatte geht es um ine gute Kinderund Jugendpolitik, deren Zielsetzung st, dass Kindern und Jugendlichen Chancen geboten nd dass sie frühzeitig gefördert werden. Unser Ziel als ozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es, Failien zu stärken und zu unterstützen, damit Kinder und ugendliche gut aufwachsen können. Dafür haben wir ine öffentliche Verantwortung, der wir mit dem Kindernd Jugendhilfegesetz nachkommen. Dabei handelt es ich um einen bewährten und wichtigen Baustein in der inderund Jugendhilfepolitik. Ich freue mich, dass wir ns zumindest darüber einig sind, dass es sich dabei um inen Erfolg handelt. Mit Ihrem Gesetzentwurf erreichen Sie aber das Ziel iner guten Kinderund Jugendpolitik nicht, Herr cheuer. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510805900
Kerstin Griese (SPD):
Rede ID: ID1510806000

ie schaffen damit einzig und allein einen Verschiebe-
ahnhof zulasten der betroffenen Kindern und Jugendli-
hen. Das begründen Sie mit den gestiegenen Kosten bei
en kommunalen Leistungen, also mit rein fiskalischen
rgumenten. Uns geht es aber darum, zu erkennen, wo
ir qualitative und strukturelle Verbesserungen und Ver-
nderungen vornehmen müssen und wo wir bewährte
trukturen erhalten können.
Lassen Sie mich etwas zu den Kostensteigerungen

nführen; denn Sie, Frau Eichhorn, haben auch wieder
on einer Kostenexplosion gesprochen. Mehr als die






(A) )



(B) )


Kerstin Griese

Hälfte der Kostensteigerungen in den vergangenen zehn
Jahren ist auf den seinerzeit geschaffenen Rechtsan-
spruch auf einen Kindergartenplatz zurückzuführen, den
wir sicherlich alle befürworten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Nicht auf § 35 a bezogen!)


Die andere Hälfte der Kostensteigerungen ist auf den
von uns Fachpolitikern gemeinsam gewollten Ausbau
der familienunterstützenden Erziehungshilfen zurückzu-
führen. Das ist der Hintergrund und das sollte man be-
denken, bevor man von einer Kostenexplosion spricht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Hilfen für seelisch behinderte Kinder und Ju-
gendliche sowie für junge Volljährige, um die es hier
hauptsächlich geht, sind zwei Herzstücke des Kinder-
und Jugendhilfegesetzes. Das sieht auch die Fachwelt so.
Herr Scheuer, bei der von Ihnen angesprochenen Anhö-
rung war ich sowohl körperlich als auch geistig anwe-
send. Ich habe sie sogar geleitet und sehr genau zuge-
hört. Nahezu alle Sachverständigen haben sich negativ
zu dem Vorhaben der Union geäußert. Nur drei Ihrer
Sachverständigen haben sich etwas positiver dazu geäu-
ßert.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Sie haben die eingeladen, die durch Gutachtertätigkeit ihr Geld verdienen!)


Es liegen uns auch sehr viele Stellungnahmen vor. Ich
möchte nur auf die schriftliche Stellungnahme des Deut-
schen Caritasverbandes verweisen, der der Meinung ist,
dass Ihre Vorschläge sachlich und jugendpolitisch nicht
vertretbar seien. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsiden-
ten wörtlich aus dieser Stellungnahme:

Die beabsichtigten Leistungseinschnitte würden
insbesondere jene Kinder und Jugendliche treffen,
die auf fachliche Hilfe und ein sozialpädagogisches
bzw. jugendhilfespezifisches Setting für ihre posi-
tive Entwicklung angewiesen sind.

Auch der Deutsche Caritasverband hat Ihnen also seine
Ablehnung Ihres Vorhabens deutlich gemacht.

In der Anhörung haben die Sachverständigen be-
stimmte Fragen gestellt, über die Sie noch einmal nach-
denken sollten. Zum Beispiel wurde gefragt, was es den
Kommunen eigentlich nutzt, wenn die Kosten vom Ju-
gendamt auf das Sozialamt verlagert werden, oder was
es ihnen eigentlich nutzt, wenn in einem Bereich Kosten
eingespart werden, in dem – wenn Kinder und Jugendli-
che ohne Hilfe bleiben – dann noch weit kostenintensi-
vere Maßnahmen von Staat und Gesellschaft notwendig
werden. In der Anhörung hat zum Beispiel der Vertreter
der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter
deutlich gesagt, dass Ihr Gesetzentwurf nicht zielführend
ist und dass er ihn deshalb nicht unterstützt. So viel zu
Ihrem Argument, dass alle Jugendämter eigentlich für
Ihren Vorschlag seien.

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(C (D Mir ist es ganz wichtig, dass wir uns die in der Kinerund Jugendhilfe vorhandene Qualität nicht von denenigen beschädigen oder sogar zerstören lassen, die sich arauf verstehen, das System auszunutzen. Deshalb sind ir auch zu Änderungen bereit, die die Zielgenauigkeit erbessern und eine verstärkte Heranziehung der Eltern ei den Kosten ermöglichen. Bei stationärer Hilfe – auch as muss deutlich gesagt werden, weil hier so getan ird, als ob es das noch nicht gäbe – müssen die Eltern chon heute Kostenbeiträge in Höhe von bis zu 800 Euro m Monat zahlen. Wir wollen das entbürokratisieren und ermögende Eltern stärker fordern. Ich warne vor dem Populismus einiger Boulevardzei ungen und auch davor, sich deren Argumentation zu Eien zu machen. Es ist zwar richtig, dass es einzelne Fälle egeben hat, in denen geschickte Eltern, die nicht zu den inanziell und sozial Schwachen gehören, das System usgenutzt haben. Aber die übergroße Mehrheit derjenien Kinder, die in den Maßnahmen sind, brauchen Hilfe. s sind sogar eher die finanziell oder sozial schwachen amilien, deren Kinder eine bessere Unterstützung räuchten und die oft nicht die juristischen Kniffe kenen, um an die entsprechenden Hilfen heranzukommen. Noch eine Bemerkung zu der Dokumentation des ayerischen Landkreistages, in der 25 Fälle aufgeführt ind, in denen die Kinderund Jugendhilfe angeblich unerechtigterweise gewährt worden ist. Wenn Sie sich die älle genau ansehen – das geht vor allen Dingen an die dresse der bayerischen Kolleginnen und Kollegen –, ann stellen Sie fest, wo das eigentliche Problem liegt: ie Schule ist ihren Aufgaben nicht gerecht geworden. as Jugendamt hätte sich um die Hälfte der Fälle gar icht kümmern müssen, wenn die Schule die Förderöglichkeiten wahrgenommen hätte. Insofern ist der eg falsch, beim Kinderund Jugendhilfegesetz anzuetzen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Mir ist es wichtig, sachlich klarzustellen – ich bin
em Kollegen Haupt ausdrücklich dankbar, dass er das
n Beispielen aufgezeigt hat –, dass es sich bei Ihren
orschlägen nur um einen reinen Verschiebebahnhof
andelt: von der Schule in die Jugendhilfe, dann in die
ozialhilfe oder in die Hilfen zur Erziehung, was wieder
ur den Kinder- und Jugendhilfeetat beanspruchen
ürde. Mit einem reinen Verschiebebahnhof kommen
ir nicht weiter. Wir brauchen kompetente Ansprech-
artner. Bei der seelischen Behinderung von Kindern
nd Jugendlichen sind das die Jugendämter und nicht die
ozialämter. Ich stimme Ihnen zu, wenn Sie die Nach-
altigkeit der Maßnahmen fordern. Im Ziel sind wir uns
lso völlig einig. Aber Nachhaltigkeit der Maßnahmen
edeutet auch, dass man dort ansetzen muss, wo die
ompetenten Ansprechpartner sind. Am besten wäre es,
ie Probleme dort zu lösen, wo sie in den meisten Fällen
uftauchen, nämlich in der Schule.
Unser Ziel ist, öffentliche Verantwortung für das Auf-
achsen von Kindern und Jugendlichen zu übernehmen.
as steht auch so im 11. Kinder- und Jugendbericht. Wir
ollten uns in dieser Debatte vor Augen führen, dass in






(A) )



(B) )


Kerstin Griese

der PISA-Studie unter anderem festgestellt worden ist,
dass in Deutschland die Bildungschancen noch immer
massiv von der sozialen Herkunft abhängig sind. Das
zeigt aber auch: Unsere Politik, die dort ansetzt, wo es
darum geht, die Bildungschancen von Kindern und Ju-
gendlichen zu verbessern, ist richtig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das Motto der Ministerin „Auf den Anfang kommt es
an“ ist richtig; denn gerade bei den Kleinen und den
Kleinsten muss man für bessere Chancen und für mehr
Förderung sorgen. Auch die Familien werden so ge-
stärkt. Das hilft den Kindern und Jugendlichen in diesem
Land eindeutig mehr als Kürzungen der Maßnahmen
und irgendwelche Verschiebebahnhöfe.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mit uns wird es keine Kinder- und Jugendhilfe nach

Kassenlage, sondern nur eine qualitative und realitäts-
nahe Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendhilfe-
rechts geben. Wir machen deutlich – das finde ich wich-
tig –, dass Staat und Gesellschaft Verantwortung für das
Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen tragen,


(Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Art. 6 Grundgesetz!)


und zwar gerade dann, wenn es sich um Kinder mit be-
sonderen Problemen handelt, die zu Hause wenig geför-
dert werden. Diese Verantwortung sollten wir wahrneh-
men.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510806100

Das Wort hat nun die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch.

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1510806200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Sehr geehrte Gäste! Wir als Abgeordnete der PDS
lehnen den Gesetzentwurf von CDU und CSU ab. Sie
von der CDU und der CSU machen gern Steuersen-
kungsvorschläge, aber recht selten Sparvorschläge. Die-
sen Sparvorschlag – endlich kommt einmal einer von
Ihnen – machen Sie ausgerechnet an der falschen Stelle:
Sie wollen ausgerechnet bei Kindern und Jugendlichen
150 Millionen Euro bis 250 Millionen Euro – das haben
Sie ausgerechnet – einsparen.

Ich will Ihren Sparvorschlägen einmal eine andere
Zahl entgegensetzen, damit wir alle wissen, worüber wir
hier reden. Der Kollege Friedrich Merz aus den Reihen
der CDU hat ein Steuerkonzept vorgelegt, dessen Um-
setzung zur Folge hätte, dass 32 Milliarden Euro in den
öffentlichen Kassen fehlten. Sie sollten sich lieber Ge-
danken darüber machen, wie Sie die öffentlichen Kassen
füllen, als darüber, wie sie bei Kindern und Jugendlichen
sparen können.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Sie wollen ausgerechnet bei denjenigen Kindern und

Jugendlichen sparen, die es besonders schwer haben, ih-

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(C (D en Weg in die Gesellschaft zu finden, die es besonders chwer haben, sich zu entwickeln und zu bilden. Ich inde, das hat mit christlicher oder sozialer Politik wenig u tun. (Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] und der Abg. Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD])


Richtig ist, dass die Kommunen stöhnen. Richtig ist,
ass vielen Kommunen das Wasser bis zum Hals steht.
icht umsonst haben Bürgermeisterinnen und Bürger-
eister vor dem Bundesrat und an anderen Stellen de-
onstriert. Aber die Schlussfolgerung kann doch nicht
arin bestehen, nun bei Kindern und Jugendlichen zu
paren; sie muss vielmehr darin bestehen, die Reform
er Kommunalfinanzen endlich auf den Weg zu bringen
nd den Kommunen wieder Finanzmittel in die Hand zu
eben, damit man eben nicht auf solche Ideen kommt.
Wir dürfen aber nicht die Augen vor der Tatsache ver-

chließen, dass wir in Zukunft sicherlich noch mehr
eld für Kinder- und Jugendhilfe brauchen werden.
eine Kollegin Petra Pau ist schon in der Debatte heute
orgen darauf eingegangen, dass das Portemonnaie vie-

er Familien aufgrund der Agenda 2010 und insbeson-
ere des Hartz-IV-Gesetzes noch dünner werden wird,
ls es jetzt schon ist. Wir alle wissen, dass schlechte ma-
erielle Verhältnisse, also wenig Geld in der Familien-
asse, nicht gerade dazu beitragen, dass Kinder problem-
os aufwachsen können.
Mit dem Kinder- und Jugendhilfegesetz hat die Bun-

esrepublik Deutschland ein sehr gutes Gesetz. Sie von
er CDU/CSU würden den Kindern und Jugendlichen in
nserem Land einen sehr schlechten Dienst erweisen,
enn es Ihnen gelänge, für Ihren Gesetzentwurf eine
ehrheit zu finden. Ich hoffe und gehe davon aus, dass
s Ihnen nicht gelingen wird. Wir von der PDS lehnen
en Gesetzentwurf der CDU/CSU entschieden ab.
Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Wir sind tief getroffen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510806300

Das Wort hat jetzt der Kollege Thomas Dörflinger

on der CDU/CSU-Fraktion.

Thomas Dörflinger (CDU):
Rede ID: ID1510806400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir führen
ie heutige Debatte nicht isoliert, sondern in einem Kon-
ext. Dieser Kontext ist beispielsweise in der von Union
nd FDP gemeinsam beantragten gestrigen Aktuellen
tunde deutlich geworden. Zu diesem Kontext gehört,
ass jeder in diesem Hohen Hause, egal für welche fach-
olitische Richtung er steht, die Aufgabe hat, mit Bezug
uf die gesamtstaatliche Finanzierbarkeit unseres Ge-
einwesens einen Gedanken daran zu verschwenden,
as – erstens – wünschenswert, was – zweitens – not-
endig und was – drittens; das ist das Entscheidende –
inanzierbar ist.






(A) )



(B) )


Thomas Dörflinger

Die Zeiten, in denen wir uns zwischen Regierung und

Opposition – unabhängig davon, er regiert – darüber
streiten konnten, wer denn nun die höchsten Ausgaben
vorschlägt und wer die besten und kostenintensivsten
Vorschläge für eine ganz bestimmte Fachrichtung ma-
chen kann, sind ein für alle Mal vorbei.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen kann ich den Tenor von manchem Beitrag in
der heutigen Debatte nicht verstehen.

Der Kollege Scheuer sagt zu Recht, dass der Bera-
tungsverlauf zwischen der Einbringung unseres Gesetz-
entwurfs vom 3. Juni des vergangenen Jahres und dem
heutigen Tag doch erstaunliche Wendungen genommen
hat. Nur frage ich mich nach dem einen oder anderen
Beitrag heute, insbesondere von Ihrer Seite, meine Da-
men und Herren, ob wir mittlerweile nicht wieder am
Ausgangspunkt angekommen sind.

Wenn ich das, was Sie und insbesondere Kollegin
Rupprecht heute vertreten haben, mit dem in Überein-
stimmung zu bringen suche, was im Referentenentwurf
zum TAG – ich habe ihn dabei – zum Thema SGB VIII
steht, dann gibt es zwei Möglichkeiten:


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Zwei Welten!)

Entweder ist das richtig, was Sie heute vorgetragen ha-
ben, oder das, was darin steht.


(Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Beides!)


Beides zusammen geht nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Doch! Sie müssen lesen können!)


Mehrere Redner von Ihnen haben gesagt, die Kosten-
steigerung sei nicht dramatisch. Das hat auch Staatsse-
kretär Ruhenstroth-Bauer im Bundesrat vorgetragen. Die
zuständige Fachministerin aus Nordrhein-Westfalen
sagt, die Kosten seien zwischen 1995 und 2001 von
780 Millionen Euro auf 1 Milliarde Euro gestiegen. Das
liegt nicht nur am Rechtsanspruch auf einen Kindergar-
tenplatz.


(Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Unter anderem!)


Dazu gehören noch einige andere Faktoren.
Sie reden davon, dass mit unserem Gesetzentwurf ein

Kahlschlag verbunden ist. Ausweislich der Begründung
kalkulieren wir Einsparungen zwischen 150 und
250 Millionen Euro. Ausweislich Ihres TAG sind Ihre
Vorschläge 219 Millionen Euro schwer. Wenn die von
uns genannte obere Grenze zum Tragen kommt – neh-
men wir das einmal an –, dann besteht zwischen der ver-
nünftigen Lösung nach Ihren Vorstellungen mit 219 Mil-
lionen Euro und dem Kahlschlag, den Sie uns vorwerfen,
eine Differenz von 31 Millionen Euro.

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(C (D (Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Hört! Hört! Zwei Welten! – Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Genau!)


as erschließt sich mir nicht.
Sie tragen mit großen Worten vor, beim SGB VIII be-

tehe kein Änderungsbedarf. Das haben Sie in der ersten
esung gesagt, das haben Sie bei der Anhörung im Aus-
chuss weitgehend vertreten und das haben Sie heute
iederholt. Wieso machen Sie jetzt im Zusammenhang
it dem Ausbau der Tagespflege Änderungsvorschläge
um SGB VIII, zum Kinder- und Jugendhilfegesetz,
enn doch kein Änderungsbedarf besteht?


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: So ist es!)

ur eines von beiden kann richtig sein. Beides zusam-
en geht nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Frau Humme wird uns das erklären!)


Ich bin jetzt auf etwas gespannt. Wenn Sie den
ntwurf zum Ausbau der Tagespflege in den Deut-
chen Bundestag eingebracht haben werden – ich muss
azusagen: unter der Voraussetzung, dass Sie die Finan-
ierung geklärt haben –, werden wir eine Anhörung dazu
urchführen. Ich mache Ihnen jetzt einmal den folgen-
en Vorschlag: Wir laden die gleichen Expertinnen und
xperten, die Sie und wir zum Gesetzentwurf der CDU/
SU-Bundestagsfraktion und zu der Bundesratsinitiative
ingeladen haben, wieder ein und konfrontieren sie mit
hren Vorschlägen zum KJHG. Ich will von dem Profes-
or, der von Ihnen eingeladen wurde und in der Anhö-
ung gesagt hat – ich verzichte jetzt auf die Namensnen-
ung – es gebe keinen Änderungsbedarf bei § 35 a, es
ebe in weiten Teilen des KJHG keinen Änderungsbe-
arf, dann hören, wie er Ihren Gesetzentwurf beurteilt, in
em genau zu diesen Bereichen Änderungsbedarf signa-
isiert und formuliert wird, was zumindest teilweise mit
em identisch ist, was wir vorschlagen.


(Jutta Dümpe-Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist einer, der das so gesehen hat!)


Nun war die Rede davon, dass wir den Kommunen
twas Handlungspielraum zurückgeben wollen,


(Christel Humme [SPD]: Die Chance haben Sie im Vermittlungsausschuss vertan!)


nd zwar nicht nur unter finanziellen, sondern auch un-
r ordnungspolitischen Gesichtspunkten. Ich traue den
ugendämtern in den beiden Landkreisen in meinem
ahlkreis, den dort beschäftigten Damen und Herren
ämlich einen gewissen Sachverstand zu. Ich traue ihnen
u, zu differenzieren, wann eine wesentliche Behinde-
ung nach der Formulierung unseres Gesetzentwurfes
orliegt und wann nicht.
Jetzt lese ich Ihnen den § 35 a in der Neufassung nach

hrem Gesetzentwurf vor:
Hinsichtlich der Voraussetzungen nach Absatz 1
Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugend-






(A) )



(B) )


Thomas Dörflinger

hilfe die Stellungnahme eines Arztes, der über be-
sondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer
Störungen verfügt, eines psychologischen Psycho-
therapeuten oder eines Kinder- und Jugendlichen-
psychotherapeuten einzuholen. Diese ist auf der
Grundlage der Internationalen Klassifikation der
Krankheiten in der vom Deutschen Institut für me-
dizinische Dokumentation und Information heraus-
gegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei
ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krank-
heitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Die
Leistung darf nicht von der Person oder dem Dienst
oder der Einrichtung, der die Person angehört, die
die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

Man hätte auch das Blatt Papier und den Stift, mit dem
die Stellungnahme geschrieben wird, noch detailliert be-
schreiben können.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Da dokumentiert sich Ihr tiefes Misstrauen gegenüber
den Fachleuten vor Ort.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Geben Sie dem Jugendamt doch Handlungs- und Ent-
scheidungsfreiheit!


(Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Dann sagen Sie doch, dass sie missbraucht wird! – Weitere Zurufe von der SPD)


– Entscheidungsfreiheit vor Ort, Frau Rupprecht, ist das
Gebot der Stunde, und zwar nicht nur unter finanziellen
Gesichtspunkten, sondern auch deswegen, weil eine Be-
hörde vor Ort in der Regel besser zu entscheiden vermag
als ein Bundesgesetzgeber in Berlin.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Der sollte sich darauf beschränken, Rahmenbedingun-
gen zu schaffen, während die untergeordneten Dienst-
stellen bzw. Länder- oder Regionalebenen dann an-
schließend die Ausführung übernehmen.

Lassen Sie mich eine Schlussbemerkung machen,
meine Damen und Herren: Mitglieder aus allen Fraktio-
nen befinden sich in einem Diskussionsprozess – Stich-
wort Föderalismuskommission –, in dem wir darüber
nachdenken, wie wir die Zuständigkeiten zwischen
Bund und Ländern neu regeln können. Sie wissen ge-
nauso gut wie ich, dass es unabhängig davon, wer in den
einzelnen Bundesländern regiert, durchaus Bestrebun-
gen gibt, beispielsweise den Bereich der Kinder- und Ju-
gendhilfe vom Bund auf die Länder zu verlagern. Wir
sind uns wahrscheinlich unter den Fachpolitikerinnen
und Fachpolitikern aller Fraktionen dieses Hohen Hau-
ses einig,


(Marlene Rupprecht [Tuchenbach] [SPD]: Hoffentlich!)


dass idealerweise weiterhin der Bund zuständig sein
sollte. Aber, meine Damen und Herren, dann müssen wir
uns im Benehmen mit den Ländern – mit den A-Ländern
genauso wie mit den B-Ländern – auch in der Weise als
reformfähig erweisen, dass wir berechtigte Anliegen, die

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(C (D on Ländern und Kommunen an uns herangetragen weren, nicht einfach aus ideologischen Gründen ignorieren, ondern sie in ein ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverahren einbringen und anschließend auch umsetzen. nsonsten tun wir unserem eigenen Anliegen, die Zutändigkeit beim Bund zu belassen, keinen Gefallen. Herzlichen Dank. Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt at die Kollegin Christel Humme von der SPD-Fraktion as Wort. Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! s ist schon erstaunlich, meine Herren und Damen von er Union, dass Sie nach der Anhörung, die wir durchgeührt haben, und den vielen fachlichen Diskussionen, die ir geführt haben, Ihrer Linie treu bleiben: Sie täuschen ämlich die Öffentlichkeit bewusst und nehmen dabei in auf, dass die gesamte gute Jugendhilfe vor Ort in Missredit gebracht wird. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Andreas Scheuer [CDU/ CSU]: Das weisen wir mit Abscheu von uns! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


(Zuruf von der SPD: Das tun wir!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510806500
Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1510806600

Ich bringe noch einmal kurz in Erinnerung, worüber
ir eigentlich reden: Wir reden über einen Gesetzent-
urf des Bundesrates, der aus Bayern stammt und den
ich die Oppositionsfraktion CDU/CSU zu Eigen ge-
acht hat. Bezüglich der von Ihnen in diesem Gesetz-
ntwurf unterbreiteten Vorschläge kann man nur feststel-
en, dass sie nicht zur Problemlösung beitragen, sondern
ie Kinder- und Jugendhilfe ins Mark treffen.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Warten wir mal ab, wie Sie beim TAG argumentieren!)


Die heutige Debatte hat deutlich gemacht – dafür bin
ch Frau Dümpe-Krüger und den anderen Vorrednerin-
en dankbar –, dass Kinder- und Jugendhilfe eine Dauer-
ufgabe sein muss und nicht nach Kassenlage der kom-
unalen Haushalte gestaltet werden darf.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Maria Eichhorn [CDU/ CSU]: Das bestreitet auch keiner!)


as hat auch die Anhörung der Fachleute ganz klar vor
ugen geführt.

(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Prävention müsste vorn drinstehen, nicht Reparatur!)

arum danke ich Ihnen, Herr Haupt, dass die FDP zu-
ammen mit uns im Ausschuss den Gesetzentwurf der
DU/CSU abgelehnt und damit einen wesentlichen Bei-
rag zur Versachlichung der Debatte geleistet hat. Ich
enke, das ist ein guter Ansatz für die weitere Diskus-
ion, die wir hier noch führen werden.






(A) )



(B) )


Christel Humme

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, Sie

behaupten, Sie wollten die Kommunen entlasten. Die-
ses Argument zieht sich als roter Faden durch all Ihre
Reden. Wenn wir aber genauer hinsehen, stellen wir fest,
dass Ihre Vorschläge weder dem Kassenwohl noch dem
Kindeswohl dienlich sind. Ihre Vorschläge sind – das
konnte man in den Boulevardzeitungen ja auch nachle-
sen – sehr populistisch. Mehr noch – das behaupte ich
noch einmal –: Sie täuschen die Öffentlichkeit in mehr-
facher Hinsicht. Das will ich Ihnen jetzt an einigen
Punkten deutlich machen.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: So viel Zeit haben Sie gar nicht!)


Sie argumentieren – auch Sie, Frau Eichhorn – nach
wie vor, die Kosten der Kinder- und Jugendhilfe seien
stark gestiegen


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Lesen Sie es halt nach!)


und deshalb sei es Zeit für Einschnitte. Was Sie ver-
schweigen – das hat auch meine Kollegin Griese gerade
noch einmal deutlich gemacht –, sind die Gründe für
diese Kostensteigerung. Allein 50 Prozent des Kosten-
anstiegs gehen auf das Konto des Rechtsanspruchs auf
einen Kindergartenplatz.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Das hat aber nichts mit § 35 a zu tun!)


Das heißt, Sie kritisieren die Kostenexplosion und ver-
schweigen, dass einer der wesentlichen Gründe der von
uns allen gewollte und sinnvolle Ausbau der Betreu-
ung war. Das nenne ich Täuschung der Öffentlichkeit
Nummer eins.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch der Grund für die zweiten 50 Prozent des Kos-
tenanstiegs wurde eben schon dargelegt. Es gibt in unse-
rem Land leider immer mehr Kinder, die Hilfe bei der
Integration in die Gesellschaft brauchen, beispiels-
weise Kinder und Jugendliche mit Lernschwächen; Frau
Rupprecht hat das sehr deutlich gemacht. Sie und alle
anderen haben auch deutlich gemacht, dass es eigentlich
Aufgabe der Schulen wäre, hier zu helfen.

Sie fordern aber nicht – darum sind wir strikt gegen
Ihren Gesetzentwurf; wir reden hier nicht über irgend-
welche zukünftigen Gesetze, sondern über Ihren Gesetz-
entwurf –,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


dass die Länder helfen, die Schulen zu stärken, sondern
im Gegenteil: Sie sehen einen Verschiebebahnhof vor,
und zwar in Richtung Sozialhilfe. Das gefährdet meiner
Ansicht nach die Qualität der Jugendhilfe und entlastet
die Kommunen in keiner Weise.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dies ist meiner Meinung nach die Täuschung der Öffent-
lichkeit Nummer zwei.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Wir fordern nur gleiche Standards!)


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(C (D Sie kritisieren die teure Unterbringung in einem nternat im Ausland auf Kosten des Staates und beklaen, dass Eltern, die über ein hohes Einkommen verfüen, nicht zur Kasse gebeten werden. Ich frage Sie allen rnstes: Warum nutzen die Jugendämter nicht die Mögichkeit, die bereits heute im Kinderund Jugendhilfegeetz besteht, die Eltern an den Kosten zu beteiligen? Das äre – wir haben es gerade gehört – bis zu 800 Euro im onat möglich. Warum tun sie das nicht? (Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Weil Gerichtsentscheidungen dem entgegenstehen, Frau Humme! Leider!)


as ist Ihre Täuschung der Öffentlichkeit Nummer drei.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Sie sagen weiterhin, liebe Kolleginnen und Kollegen

on der CDU/CSU, Sie möchten die Maßnahmen für
unge Volljährige einschränken. Aber was würde pas-
ieren, wenn hilfebedürftige Jugendliche künftig ohne
ilfe blieben? Die Folge wäre nicht eine Kosteneinspa-
ung, sondern eine Kostenexplosion an anderer Stelle;
err Haupt hat darauf hingewiesen. Denn jedes Kind,
em wir heute die nötige Hilfe verwehren, bekommt
orgen vielleicht keinen Ausbildungsplatz, hat über-
orgen keine Arbeit und schließlich keinen eigenen
entenanspruch. Das verursacht das Vielfache der Kos-
en einer Jugendhilfemaßnahme, Kosten, die dann wie-
erum bei den Kommunen anfallen. Mit Ihren Vorschlä-
en entlasten Sie nicht die Kommunen, sondern Sie
rweisen ihnen einen Bärendienst. Das ist die Täuschung
er Öffentlichkeit Nummer vier.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, mit
hrem Gesetzentwurf spielen Sie sich als Anwalt der
ommunen auf. Sie haben ja die Hoffnung zum Aus-
ruck gebracht, dass die Landräte heute vor den Bild-
chirmen sitzen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Dann können sie das rot-grüne Trauerspiel live miterleben!)


atsächlich aber haben Sie in den vergangenen Monaten
eden von uns eingebrachten vernünftigen Vorschlag zur
ntlastung der Kommunen verhindert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Michael Meister [CDU/ CSU]: Das stimmt doch nicht! Sie gehen mit verbundenen Augen durch die Welt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510806700

Frau Kollegin Humme – –

Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1510806800

Einen kleinen Moment, diesen Gedanken möchte ich

och zu Ende führen.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510806900

Bitte.






(A) )



(B) )



Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1510807000

Wir wollten mit der Weiterentwicklung der Gewerbe-

steuer die kommunalen Finanzen nachhaltig verbes-
sern. Sie, meine Damen und Herren von der Union, ha-
ben das im Vermittlungsausschuss verhindert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Außerdem verweise ich auf das 10-Milliarden-Euro-De-
fizit des merzschen Steuerkonzepts.

Sie predigen also die Entlastung der Kommunen, aber
wenn es darauf ankommt, verhindern Sie sie. Das ist die
Täuschung der Öffentlichkeit Nummer fünf.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510807100

Frau Kollegin Humme, darf ich Sie jetzt trotzdem un-

terbrechen? Die Frau Kollegin Eichhorn möchte gern
eine Zwischenfrage stellen, wenn Sie das genehmigen.


Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1510807200

Gerne.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510807300

Bitte schön.

Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1510807400

Frau Kollegin Humme, würden Sie zur Kenntnis neh-

men, dass die beabsichtigte Änderung des § 41 des Kin-
der- und Jugendhilfegesetzes auf folgendem Tatbestand
beruht: Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten Ju-
gendhilfeleistungen für Jugendliche über 21 Jahren
die Ausnahme sein; mittlerweile ist aber genau das Ge-
genteil der Fall, es ist nämlich zum Regelfall geworden.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt nicht!)


Diesen Missbrauch und diese vom Gesetzgeber nicht ge-
wollte Entwicklung wollen wir wieder ins Lot bringen,
nicht mehr und nicht weniger.

Denn die Fachleute, die die Praxis kennen, sagen uns,
dass nach dem 21. Lebensjahr Hilfen nach dem Kinder-
und Jugendhilfegesetz zwar sehr viel Aufwand erfor-
dern, aber wenig Erfolg bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1510807500

Frau Eichhorn, wir müssen in der Tat an unterschied-

lichen Anhörungen teilgenommen haben.

(Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glaube ich auch!)

Denn in der Anhörung wurde sehr deutlich gemacht,
dass die Hilfen für junge Volljährige, die von den Ju-
gendämtern gewährt werden, auch heute durchaus eine
Ausnahme darstellen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich bin der Meinung: Wenn diese jungen Menschen
unsere Hilfe brauchen – dazu zählen auch die, die

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(C (D 1 Jahre und älter sind; denn nach dem Gesetz liegt die renze bei 27 Jahren –, dann haben wir die verdammte flicht und Schuldigkeit, ihnen diese Hilfe zu gewähren. ch glaube, die Fachleute haben uns deutlich gemacht, ass wir dorthin auf dem richtigen Weg sind. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Frau Eichhorn, ich glaube schon, dass die Menschen
erken, wenn sie getäuscht werden.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Von Ihnen!)

ielleicht ist das auch ein Grund, warum Bayern, das ur-
prünglich den Gesetzentwurf über den Bundesrat einge-
racht hatte, zusammen mit Nordrhein-Westfalen am
. April einen Antrag zur Änderung des KJHG in den
undesrat eingebracht hat. Schauen Sie sich diesen An-
rag an! Die wesentlichen Punkte Ihres Gesetzentwurfs
ind darin nicht enthalten. Das Kinder- und Jugendhilfe-
esetz soll vielmehr weiterentwickelt werden, um die
ualität der Kinder- und Jugendhilfe zu sichern, aber
uch um die Mittel effizient einzusetzen. Manchmal
ohnt es sich, einen Zeitraum von einem Jahr für die Dis-
ussion zu nutzen, um zu sinnvollen Ergebnissen zu
ommen.
Nachdem wir Ihren Gesetzentwurf entsprechend be-

chieden haben, lassen Sie uns jetzt im Bundestag an
em gemeinsamen Ziel arbeiten, die Qualität der Kin-
er- und Jugendhilfe zu sichern.


(Zuruf der Abg. Maria Eichhorn [CDU/CSU])

Es ist besser, weil es die Kinder und Jugendlichen und
icht die Kassenlage in den Vordergrund stellt. Unsere
eiden Fraktionen verfolgen da einen ganz unterschiedli-
hen Ansatz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir wollen die Kommunen da entlasten, wo es sinn-
oll und richtig ist. Wir wollen mehr Investitionen in
ildung, Infrastruktur und Familien.
Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Andreas Scheuer [CDU/ CSU]: Vorwärts, Genossen, wir müssen zurück!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510807600

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzent-
urf der Fraktion der CDU/CSU zur Änderung des Ach-
en Buches Sozialgesetzbuch auf Drucksache 15/1114.
er Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
mpfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 15/3000, den Gesetzentwurf abzulehnen.
ch bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
ollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
altungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
bei Zustimmung der CDU/CSU-Fraktion und Ableh-
ung aller anderen Fraktionen – abgelehnt. Damit
ntfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Bera-
ung.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Abstimmung über den Gesetzentwurf des Bundesra-

tes zur Änderung des Sozialgesetzbuches, Achtes Buch,
auf Drucksache 15/1406. Der Ausschuss für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend empfiehlt unter Nr. 2 seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/3000, den Ge-
setzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-
entwurf ist in zweiter Beratung – bei Zustimmung der
CDU/CSU-Fraktion und Ablehnung aller anderen Frak-
tionen und Abgeordneten – abgelehnt. Damit entfällt
nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.

Wir kommen nun zu den Beschlussempfehlungen des
Vermittlungsausschusses. Nach einer interfraktionellen
Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung um die Be-
ratung von fünf Beschlussempfehlungen des Vermitt-
lungsausschusses erweitert werden. Diese Punkte sollen
jetzt als Zusatzpunkte 9 bis 13 aufgerufen werden. Sind
Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist so
beschlossen.

Zusatzpunkt 9:
Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsge-
setzes (34. ÄndGLAG)

– Drucksachen 15/1854, 15/2230, 15/2558,
15/3058 –
Berichterstatter im Bundestag:
Abgeordneter Hans-Joachim Hacker
Berichterstatter im Bundesrat:
Staatsminister Gernot Mittler

Mir ist mitgeteilt worden, dass das Wort zur Bericht-
erstattung nicht gewünscht wird. Wird das Wort zur Er-
klärung gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Vermittlungsaus-
schuss hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäfts-
ordnung beschlossen, dass im Deutschen Bundestag
über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist. Wer
stimmt für die Beschlussempfehlung des Vermittlungs-
ausschusses auf Drucksache 15/3058? – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
einstimmig angenommen.

Zusatzpunkt 10:
Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

rung von Verordnungen der Europäischen
Gemeinschaft auf dem Gebiet der Gentechnik
und zur Änderung der Neuartige Lebensmit-
tel- und Lebensmittelzutaten-Verordnung
– Drucksachen 15/2397, 15/2520, 15/2597,
15/2669, 15/2902, 15/3059 –
Berichterstatter im Bundestag:
Abgeordneter Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Berichterstatter im Bundesrat:
Minister Rudolf Köberle



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(C (D Wird das Wort zu einer Erklärung gewünscht? (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ich ver zichte, Herr Präsident!)

Danke schön. – Das ist also nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt für die
eschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses auf
rucksache 15/3059? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
en? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig ange-
ommen.
Zusatzpunkt 11:

Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

führung einer Repräsentativstatistik über die
Bevölkerung und den Arbeitsmarkt sowie die

(Mikrozensusgesetz 2005 – MGZ 2005)

– Drucksachen 15/2543, 15/2673, 15/2904,
15/3060 –
Berichterstatter im Bundestag:
Abgeordneter Dr. Dieter Wiefelspütz
Berichterstatter im Bundesrat:
Staatsminister Dr. Thomas de Maizière

Wird das Wort zur Erklärung gewünscht? – Das ist
icht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Vermittlungsaus-

chuss hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsord-
ung beschlossen, dass im Deutschen Bundestag über die
nderungen gemeinsam abzustimmen ist. Dies gilt auch
ür die folgenden beiden Beschlussempfehlungen. Wer
timmt für die Beschlussempfehlung des Vermittlungs-
usschusses auf Drucksache 15/3060? – Gegenstim-
en? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
instimmig angenommen.
Zusatzpunkt 12:

Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

rung der Rechte von Verletzten im Strafverfahren

(Opferrechtsreformgesetz – OpferRRG)

– Drucksachen 15/1976, 15/2536, 15/2609,
15/2906, 15/3062 –
Berichterstatter im Bundestag:
Abgeordneter Jörg van Essen
Berichterstatter im Bundesrat:
Staatsminister Dr. Thomas de Maizière

Wird das Wort zu einer Erklärung gewünscht? – Das
st nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt für die
eschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses auf
rucksache 15/3062? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
en? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig ange-
ommen.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Zusatzpunkt 13:

Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

tionsgesetz (TKG)

– Drucksachen 15/2316, 15/2345, 15/2674,
15/2679, 15/2907, 15/3063 –
Berichterstatter im Bundestag:
Abgeordneter Wolfgang Meckelburg
Berichterstatter im Bundesrat:
Staatsminister Gernot Mittler

Wird das Wort zur Erklärung gewünscht? – Das ist
nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt für die
Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses auf
Drucksache 15/3063? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen und der CDU/CSU-Fraktion
gegen die Stimmen der FDP-Fraktion angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 27 a bis 27 i und
die Zusatzpunkte 2 a bis 2 d sowie Tagesordnungs-
punkt 20 auf:
27 a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD,

der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dritten
Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Er-
richtung einer Stiftung „Erinnerung, Verant-
wortung und Zukunft“
– Drucksache 15/3044 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur
Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes
– Drucksache 15/2989 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft

c) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ge-
setzes zur Verbesserung des Mietrechts und
zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur
Regelung von Ingenieur- und Architektenleis-
tungen
– Drucksache 15/2133 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

(C (D d)

Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung der
Kronzeugenregelungen im Strafrecht und zur
Wiedereinführung einer Kronzeugenregelung
bei terroristischen Straftaten (KrzErgG)

– Drucksache 15/2771 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

e) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Fleischhygienegesetzes und der Fleisch-
hygiene-Verordnung
– Drucksache 15/2772 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

f) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des
Strafvollzugsgesetzes
– Drucksache 15/2773 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

g) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro-
tokoll vom 16. Mai 2003 zum Internationalen
Übereinkommen von 1992 über die Errich-
tung eines Internationalen Fonds zur Entschä-
digung für Ölverschmutzungsschäden
– Drucksache 15/2947 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

h) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung von Vorschriften über die Entschädigung
für Ölverschmutzungsschäden durch See-
schiffe
– Drucksache 15/2949 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

i) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des VN-Waffenübereinkommens
– Drucksache 15/2926 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

ZP 2 a)Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika

Griefahn, Eckhardt Barthel (Berlin), Ulla
Burchardt, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje
Vollmer, Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN
Schaffung eines internationalen Instruments
zum Schutz der kulturellen Vielfalt unterstüt-
zen
– Drucksache 15/3054 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Zum Übereinkommen Nr. 185 der Internatio-
nalen Arbeitsorganisation (IAO) über Aus-
weise für Seeleute und zur vereinfachten Frei-
stellung vom Visumserfordernis
– Drucksache 15/3053 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Karl-Josef
Laumann, Dagmar Wöhrl, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU
Zum Übereinkommen Nr. 185 der Internatio-
nalen Arbeitsorganisation (IAO) über Aus-
weise für Seeleute und zur vereinfachten Frei-
stellung vom Visumserfordernis
– Drucksache 15/3043 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Michael Goldmann, Horst Friedrich (Bayreuth),
Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP
Zum Übereinkommen Nr. 185 der Internatio-
nalen Arbeitsorganisation (IAO) über Aus-

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(C (D weise für Seeleute und zur vereinfachten Freistellung vom Visumserfordernis – Drucksache 15/3057 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union 20 Beratung des Antrags der Abgeordneten Angelika Krüger-Leißner, Rainer Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Volker Beck Claudia Roth und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Der 60. Jahrestag des Kriegsendes im Jahr 2005 – Drucksache 15/2974 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Kultur und Medien Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Verteidigungsausschuss Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachen Verfahren ohne Debatte. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu berweisen. Die Vorlage auf Drucksache 15/3044, agesordnungspunkt 27 a, soll zusätzlich an den Finanzusschuss überwiesen werden. Sind Sie damit einvertanden? – Das ist der Fall. Damit sind die Überweisunen so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 28 a bis 28 i auf. s handelt sich um die Beschlussfassungen zu Vorlaen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist. Tagesordnungspunkt 28 a: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 27. März 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Tadschikistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen – Drucksache 15/2925 – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 15/3070 – Berichterstattung: Abgeordnete Stephan Hilsberg Heinz Seiffert Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Der Finanzausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/3070, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 28 b: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung von Verkehrsleistungen (Verkehrsleistungsgesetz – VerkLG)


(Erste Beratung 105. Sitzung)





(A) )


(B) )

– Drucksache 15/2769 –

(Erste Beratung 102. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

(14. Ausschuss)

– Drucksache 15/3024 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Georg Brunnhuber

Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswe-
sen empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 15/3024, den Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wol-
len, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthal-
tungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung ein-
stimmig angenommen.

Wir kommen zur
dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 28 c:
Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Internationalen Maas-
übereinkommen vom 3. Dezember 2002
– Drucksache 15/2147 –

(Erste Beratung 86. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (15. Ausschuss)

– Drucksache 15/2959 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Petra Bierwirth
Ulrich Petzold
Winfried Hermann
Michael Kauch

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit empfiehlt auf Drucksache 15/2959, den Ge-
setzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –

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(C (D egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 28 d: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit terrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verbringung von Abfällen KOM Ratsdok. 11145/03 – Drucksachen 15/1547 Nr. 2.53, 15/2957 – Berichterstattung: Abgeordnete Petra Bierwirth Tanja Gönner Dr. Antje Vogel-Sperl Birgit Homburger Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Bechlussempfehlung, in Kenntnis der Unterrichtung durch ie Bundesregierung eine Entschließung anzunehmen. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegentimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung st einstimmig angenommen. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt er Ausschuss, in Kenntnis der Unterrichtung durch die undesregierung eine weitere Entschließung anzunehen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Geenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen ie Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen. Tagesordnungspunkt 28 e: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinien 84/450/EWG, 97/7/EG und 98/27/EG (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken)

Ratsdok. 10904/03
– Drucksachen 15/1547 Nr. 2.61, 15/3056 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dirk Manzewski
Michael Grosse-Brömer
Jerzy Montag
Sibylle Laurischk

Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich-
ung durch die Bundesregierung eine Entschließung an-
unehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
ung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Be-
chlussempfehlung ist einstimmig angenommen.
Wir kommen nun zu den Beschlussempfehlungen des

etitionsausschusses.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Tagesordnungspunkt 28 f:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 113 zu Petitionen
– Drucksache 15/2982 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 113 ist einstimmig ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 28 g:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 114 zu Petitionen
– Drucksache 15/2983 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 114 ist ebenfalls einstim-
mig angenommen.

Tagesordnungspunkt 28 h:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 115 zu Petitionen
– Drucksache 15/2984 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 115 ist ebenfalls einstim-
mig angenommen.

Tagesordnungspunkt 28 i:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 116 zu Petitionen
– Drucksache 15/2985 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 116 ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU und der FDP angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a und 5 b auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-

neten Reinhard Schultz (Everswinkel), Marion
Caspers-Merk, Klaus Kirschner, weiteren Abge-
ordneten und der Fraktion der SPD sowie den
Abgeordneten Birgitt Bender, Ulrike Höfken,
Michaele Hustedt, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Verbesserung des Schutzes junger Menschen
vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums
– Drucksache 15/2587 –

(Erste Beratung 97. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)

– Drucksache 15/3084 –

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(C (D Berichterstattung: Abgeordnete Reinhard Schultz Georg Fahrenschon b)

richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (12. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ursula
Heinen, Gerlinde Kaupa, Maria Eichhorn, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU
Verbesserung der Maßnahmen zum Schutze
der Kinder und Jugendlichen vor Alkohol-
sucht

– zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Haupt,
Detlef Parr, Daniel Bahr (Münster), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Besserer Schutz von Kindern und Jugendli-
chen vor Missbrauch von Alcopops und an-
deren alkoholischen Ready-to-drink-Ge-
tränken

– Drucksachen 15/2646, 15/2619, 15/3085 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Sabine Bätzing
Ingrid Fischbach
Jutta Dümpe-Krüger
Klaus Haupt

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
iderspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-

erin der Kollegin Ingrid Arndt-Brauer von der SPD-
raktion das Wort.


Ingrid Arndt-Brauer (SPD):
Rede ID: ID1510807700

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten
amen und Herren! Wir beraten heute ein Gesetz zur
erbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefah-
en des Alkohol- und Tabakkonsums. Ich denke, das
iegt uns allen sehr am Herzen. Es geht dabei um alko-
olhaltige Süßgetränke, so genannte Alcopops. Der
egriff ist meiner Meinung nach sehr verharmlosend;
h werde ihn der Einfachheit halber trotzdem verwen-
en. Es geht um branntweinsteuerpflichtige Waren mit
inem Zusatz von Limonaden und Zucker oder anderen
üßgetränken, wie zum Beispiel Cola.
Wir reden hier von einer Gruppe Kinder und Ju-

endlicher, die sich diese Getränke ganz normal in Ge-
chäften besorgen, bei Feten trinken und noch nicht ein-
al den Eindruck haben, dass sie hochprozentigen
lkohohl getrunken haben. Wir reden von einer Gruppe,
ie altersmäßig ungefähr bei zwölf Jahren beginnt. Wir
eden von Getränken, die hauptsächlich Mädchen an-
prechen. Wir reden also von Dingen, die für das, was
ir normalerweise bei Jugendalkoholismus vor Augen
aben, eigentlich recht untypisch sind. Ich denke, hier
egt das Problem.






(A) )



(B) )


Ingrid Arndt-Brauer

In den letzen Jahren hat sich durch Werbung eine

ganz bestimmte Produktgruppe herauskristallisiert. Ähn-
lich wie Lifestyleprodukte für Erwachsene attraktiv ge-
worden sind, ist es für Kinder und Jugendliche attraktiv
geworden, diese Alcopops zu konsumieren. Man muss
sich vorstellen: Es kommen ungefähr zwei Gläschen
Schnaps auf eine kleine limonadenähnlich aufgepeppte
Flasche. Auch der Geschmack ist ähnlich und das Ge-
tränk ist relativ günstig zu erwerben.

Genau hier lag der Ansatz für unser Gesetz. Wir ha-
ben uns überlegt, was wir tun können, um diese Ge-
tränke unattraktiver zu machen. Es gibt eine ganze Reihe
von Möglichkeiten, präventiv etwas zu tun. Das wird
auch getan. Es laufen erstens Untersuchungen, um die
Gruppe der Konsumenten herauszukristallisieren. Es
laufen zweitens Aufklärungskampagnen. All das hat
aber noch nicht zu dem Erfolg geführt, den wir haben
wollten.

Deswegen haben wir eine Alcopopsteuer auf die
Agenda gesetzt und werden heute über sie abstimmen.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Wir hätten auch ein Jugendschutzgesetz!)


Diese Steuer führt zu einer Verteuerung um circa
84 Cent pro kleiner Flasche. Ich denke, das ist für einen
12-, 14- oder 15-Jährigen eine ganze Menge und wird
dazu führen, dass diese Alcopops weniger stark konsu-
miert werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Andreas Scheuer [CDU/ CSU]: Wir haben das Jugendschutzgesetz! Darüber haben Sie noch überhaupt nicht gesprochen!)


– Hier kam gerade der Hinweis auf das Jugendschutz-
gesetz. Natürlich haben wir ein Jugendschutzgesetz. Das
Problem ist aber, dass die Verkäuferin an der Kasse diese
Produkte momentan kaum von irgendwelchen Energy-
drinks oder ähnlichen Getränken unterscheiden kann.


(Ina Lenke [FDP]: Deshalb wollen wir etwas anderes! – Klaus Haupt [FDP]: Lesen Sie unseren Antrag!)


Deswegen werden wir diese Produkte verstärkt dort plat-
zieren lassen, wo die hochprozentigen Alkoholprodukte
stehen. Wir werden sie auch besonders für die Verkäufe-
rinnen und auch für die Eltern mit einer Warnmarkierung
kennzeichnen lassen, die darauf hinweist, dass der Ver-
kauf an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren nicht
gestattet ist. Sie darüber hinaus noch mit einem Toten-
kopf und einer roten Plakette zu markieren fanden wir
nicht sinnvoll, weil dann eine Art Trophäensammlung
einsetzen könnte und abends auf den Feten geschaut
wird, wer die meisten Totenkopfflaschen gesammelt hat.
Das halten wir für keinen sinnvollen Ansatz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Allerdings besteht das grundsätzliche Problem, das
man angehen muss, in der Tolerierung von Alkohol in
der Gesellschaft. Mein Landkreis liegt in einem ländli-

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(C (D hen Bereich an der niederländischen Grenze. Ich werde mmer wieder gerade von Jugendlichen gefragt, ob ich ür die Legalisierung von weichen Drogen bin. Meine ntwort ist immer: Wenn wir vernünftig mit Alkohol mgehen können, können wir danach auch über alles anere reden. Wir sehen in unserem Staat Alkohol als norales Konsummittel an und stellen die Gefährdung, die m Alkoholismus liegt, nicht besonders heraus. Das Problem ist, dass heute bereits bei Kindergarten esten der Bierwagen auf dem Hof steht, dass es ganz ormal ist, bei Schulfeten Alkohol zu konsumieren. Aloholkonsum wird von den Erwachsenen toleriert, auch enn Jugendliche dabei sind. Ich denke, wir müssen uns mmer vor Augen führen, dass der Alkoholismus in den eisten Fällen in jungen Jahren angelegt wird, dass die eute in jungen Jahren anfangen, ganz normal Alkohol u trinken, sich an den Geschmack zu gewöhnen und in roblemzeiten auf den Alkohol als Problemlöser zurückukommen. Das ist ein gesellschaftliches Problem, das ir unbedingt angehen müssen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Andreas Scheuer [CDU/ CSU]: Was ist mit Steuer und so?)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es liegt noch eine weitere Aufgabe vor uns – damit be-
chäftigen wir uns im zweiten Teil des Gesetzentwurfs –,
as vor allem die kostenlose Abgabe von Zigaretten
zw. den Verkauf von Kleinstpackungen angeht. Auch
ier besteht das Problem, dass Jugendliche, wenn sie et-
as kostenlos oder günstig bekommen, leicht anzuwer-
en sind. Dann geraten sie in Suchtgefahr, aus der sie ihr
eben lang nicht mehr ohne Probleme herausfinden.
eshalb haben wir in unseren Gesetzentwurf ein Verbot
on Kleinpackungen aufgenommen. Ebenfalls wird ver-
oten, Zigaretten zu verschenken. Ich denke, auch das ist
in ganz wichtiger Part, um etwas für die Jugendlichen
nd vor allem für die Kinder zu tun.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte noch einmal Folgendes ansprechen: Das
ittel, in diesem Fall eine Steuer zu erheben – die
teuereinnahmen werden laut Schätzungen zwischen
und 12 Millionen Euro pro Jahr betragen –, ist für uns
ur eine Möglichkeit.


(Detlef Parr [FDP]: Da verschätzen Sie sich genauso wie bei der Tabaksteuer!)


Die Steuereinnahmen sind auch nicht unser Ziel. Mir
äre es am liebsten, wenn wir aus dieser Steuer gar
eine Einnahmen erzielten,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


enn die Jugendlichen diese Getränke also überhaupt
icht mehr konsumierten, sondern stattdessen andere
etränke, zum Beispiel Cola oder Limo pur.


(Detlef Parr [FDP]: Die sind doch sonst immer teurer als Bier!)







(A) )



(B) )


Ingrid Arndt-Brauer

Dadurch, dass wir die Preise für Alcopops erhöhen,

werden sie genauso teuer wie alkoholische Getränke. Es
wird nicht mehr attraktiver sein, diese Getränke zu kon-
sumieren. Daher denke ich, dass das der richtige Weg ist.

Wenn wir aus dieser Steuer kein Geld einnehmen, ha-
ben wir das Problem gelöst; denn dann ist der Markt aus-
getrocknet. Frankreich hat uns das vorgemacht. Dort hat
dieses Vorgehen sehr gut funktioniert. Die Schweiz hat
mit diesem Verfahren begonnen. Wenn wir es schaffen,
den Markt auszutrocknen, ist die Situation in Ordnung;
wenn nicht, wird das Geld, das wir einnehmen, für Prä-
ventionsmaßnahmen verwendet. Bei der Bundeszen-
trale für gesundheitliche Aufklärung wird extra für diese
Maßnahmen ein bestimmter Topf ausgewiesen. Wir wer-
den ein Sonderprogramm für Prävention auflegen, mit
dem wir insbesondere Jugendliche ansprechen werden.
Denn ich denke, hier ist noch einiges im Argen und hier
muss noch einiges passieren. Jugendliche dürfen nicht
nur von der Werbung angesprochen werden, sondern sie
müssen dort, wo sie sich befinden – in den Schulen, Ju-
gendklubs und Diskotheken –, auch von anderen Stellen
aufgeklärt werden.

Das ist ein sehr guter Gesetzentwurf, dem Sie alle zu-
stimmen müssten.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Super!)

Ich denke, auch Ihnen liegt der Schutz von Kindern und
Jugendlichen am Herzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Klaus Haupt [FDP]: Wie verrückt!)


Viele von Ihnen haben Kinder, vielleicht auch schon En-
kelkinder. Daher denke ich, dass es Ihnen so ähnlich
geht, wie es mir gegangen ist: Ich muss sagen, dass ich
wenig Alkohol trinke. Ich habe vier Kinder im Alter von
13 bis 19 Jahren.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Die lachen über diese Steuer!)


Bis vor einem Jahr war mir das Problem mit Alcopops in
diesem Umfang nicht bekannt,


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Dann müssen Sie sich mal informieren!)


weil die Kinder und Jugendlichen natürlich nicht mit
diesen Flaschen nach Hause kommen und diese Ge-
tränke zu Hause vor ihren Eltern konsumieren; dies tun
sie woanders. Von diesen Getränken bekommt man
keine Fahne. Die Eltern merken also nicht, dass Alkohol
getrunken wurde. Wenn beispielsweise ein Mädchen
– 12 Jahre alt, 48 Kilogramm schwer – zwei kleine Fla-
schen der Alcopops getrunken hat, hat es ungefähr
0,9 Promille. Die Kinder schwanken daher auch nicht.

Das ist ein schleichender Einstieg in die Sucht. Ich
finde, das müssen wir alle gemeinsam verhindern. Hier
haben wir eine Gesamtverantwortung. Daher sollten Sie
sich nicht über eine Etikettierung mit uns streiten, son-
dern im Sinne unserer Kinder und Jugendlichen diesen
vernünftigen Weg einschlagen.

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(C (D Danke schön. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Klaus Haupt [FDP]: Sie sollten am besten den FDP-Antrag lesen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510807800

Das Wort hat der Kollege Georg Fahrenschon von der
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1510807900

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Zu Beginn dieser Debatte gilt es, zunächst ein-
al zwei Punkte festzustellen: Zum Ersten. Für die
DU/CSU-Fraktion steht außer Zweifel, dass der Alko-
olkonsum von Jugendlichen in den letzten Jahren mas-
iv zugenommen hat. Wir arbeiten gerne daran mit, et-
as dagegen zu unternehmen.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr schön!)


um Zweiten steht für die CDU/CSU-Fraktion auch au-
er Zweifel, dass insbesondere der Konsum von alkoho-
ischen Mixgetränken, den so genannten Alcopops, ein
entrales Problem darstellt; ich glaube, wir sind uns im
anzen Haus darüber einig. Wir haben unsere Zuarbeit
eleistet: Ein entsprechender Entschließungsantrag der
DU/CSU-Fraktion liegt vor.
Der entscheidende Unterschied zwischen Rot-Grün

inerseits und uns andererseits besteht aber darin, dass
ie entweder dem Problem nicht ganz auf den Grund ge-
angen sind oder wieder einmal mit der für Sie typischen
rt und Weise eine Art Placebo-Politik betreiben. Sie le-
en einen Gesetzentwurf vor, dessen Ziel es sein soll,
ittels einer Sondersteuer auf spirituosenhaltige Misch-
etränke Kinder und Jugendliche von den so genannten
lcopops fernzuhalten. Eine ehrenvolle Absicht, aber
inter dieser ehrenvollen Absicht verbirgt sich blanker
tikettenschwindel; denn mit der von Ihnen gewählten
efinition von Alcopops als alkoholhaltige Mischge-
ränke auf Branntweinbasis erfassen Sie lediglich einen
inimalen Bruchteil des Mischgetränkemarktes, den
leinsten Teil: Spirituosenhaltige Mischgetränke, die Sie
it der Sondersteuer belegen wollen, machten 2003 nur
6 Millionen Liter aus


(Horst Kubatschka [SPD]: „Nur“?)

hören Sie sich einmal die Zahlen an, bevor Sie zwi-
chenrufen! –, 275 Millionen Liter waren dagegen auf
er Basis von Bier und Wein. Da verharmlosen wir
icht, sondern wir stellen fest, dass Sie am Ziel vorbeiar-
eiten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)


ie lassen mit der Ihrem Gesetzentwurf zugrunde liegen-
en Definition über 76 Prozent des Mixgetränkemarktes
infach unter den Tisch fallen. Bei diesen Größen-
erhältnissen ist Ihr Gesetz ein Treppenwitz. Es ist






(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon

unredlich, darüber zu sprechen, dass Sie den Jugend-
schutz verbessern würden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine ganz schlechte Argumentation!)


Darüber hinaus bringen Sie auch noch das Ordnungs-
recht durcheinander; denn Ihr Gesetzentwurf bedeutet
faktisch eine Absenkung der Altersfreigabe für allge-
meine Alcopops von 18 auf 16 Jahre. Die besondere Iro-
nie Ihres Entwurfs liegt doch in Folgendem: Sie klam-
mern den wesentlichen Teil des Marktes für alkoholische
Mischgetränke von der geplanten Steuer aus. Diese von
Ihnen steuerrechtlich quasi geschützten Alcopops auf
Bier- und Weinbasis dürfen bereits heute preiswerter
und legal ab einem Alter von 16 Jahren gekauft werden.
Im Gegensatz dazu dürfen die Branntweincocktails, die
Sie mit einer Sondersteuer belegen wollen, eigentlich
erst an über 18-Jährige verkauft werden. Sie subventio-
nieren faktisch die Wein- und Biermischgetränke und
manifestieren die daraus resultierende Marktverschie-
bung zulasten des Jugendschutzes.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch absurd!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510808000

Herr Kollege Fahrenschon, erlauben Sie eine Zwi-

schenfrage der Kollegin Violka?


Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1510808100

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510808200

Bitte schön.


Simone Violka (SPD):
Rede ID: ID1510808300

Herr Kollege Fahrenschon, wären Sie bereit, zumal

das Bier unter die Länderkompetenz fällt und wir auf-
grund der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat auf Ihre
Stimmen angewiesen sind, mit uns gemeinsam einen
Antrag einzubringen, der auch diese Getränke erfasst?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1510808400

Frau Kollegin Violka, wir haben schon in der ersten

Lesung darauf hingewiesen, dass Sie in Ihrem Gesetz-
entwurf einen wesentlichen Webfehler, einen Kardinal-
fehler haben. Wenn Sie heute Ihren Gesetzentwurf zu-
rückziehen, sind wir durchaus bereit, mit Ihnen über eine
Behebung dieses Problems zu reden.


(Sabine Bätzing [SPD]: Das ist doch Quatsch!)

Sie haben uns nie dazu eingeladen. Sie haben von An-
fang an darauf bestanden,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie können doch Ihre Initiative auch selbstständig machen!)


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(C (D ich nur mit spirituosenhaltigen Mischgetränken ausinanderzusetzen und Produkte auf Weinund Bierbasis uszuklammern. Solange Sie das tun, können wir Ihrem ntwurf nicht zustimmen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sabine Bätzing [SPD]: Das ist doch Blödsinn!)

Langsam erkennen Sie Ihr Problem ja. In Ihrem eige-

en Entschließungsantrag schreiben Sie:
Frankreich hat 1996 eine Sondersteuer auf Premix-
Getränke … eingeführt. … Das Beispiel Frankreich
zeigt auch, dass die Steuer zu kurz greift, da sich
entlang der Steuer ein neuer Markt etabliert hat.

(Sabine Bätzing [SPD]: Sie müssen den ganzen Absatz lesen, nicht nur den letzten Satz!)

eine Damen und Herren von der Regierungskoalition,
ie haben Recht, es wird ein neuer Markt etabliert, aber
r ist eigentlich schon da: Er besteht aus den wein- und
ierhaltigen Mischgetränken. Deshalb müssen Sie sich
en Vorwurf gefallen lassen, dass Sie, anstatt das Pro-
lem zu lösen, einen neuen Schub in diesen Markt
ringen werden. Statt den Alkoholmissbrauch bei Ju-
endlichen zu bekämpfen, organisieren Sie über das
teuerrecht eine gewaltige Nachfrageverschiebung in
ichtung wein- und bierbasierter Produkte.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es wird aber noch besser. Sie gehen sogar so weit,

ass Sie von der Bundesregierung fordern – diese
üngste Änderung haben Sie gestern im Finanzausschuss
eschlossen –, am 1. Juli 2005, also ein Jahr nach der
inführung Ihrer Sondersteuer auf Spirituosenmixge-
ränke, einen Bericht vorzulegen, der – ich zitiere –
über die Auswirkungen des Gesetzes auf den Alkohol-
onsum von Jugendlichen unter 18 Jahren sowie die
arktentwicklung von Alcopops und vergleichbaren
etränken berichtet“. Man muss sich schon fragen, wa-
um Sie ein Gesetz vorlegen, von dem Sie selber wissen,
ass es nicht zu den gewünschten Verbesserungen beim
ugendschutz führen wird,


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum nicht?)


ondern zu einer Verschiebung der Nachfrage am Markt
uf die andere Seite der Produktpalette. Warum hören
ie eigentlich nicht auf die Union? Wir haben Ihnen den
orschlag gemacht, umfassende Präventionsarbeit und
ie konsequente Umsetzung des bestehenden Jugend-
chutzgesetzes in den Mittelpunkt der Initiative zu stel-
en.
Sie vergessen oder lassen außer Acht, dass jeder Min-

erjährige beim Erwerb eines branntweinhaltigen Pro-
ukts in die Situation gerät, dass er dieses Produkt illegal
rwirbt, und dass der Verkäufer gemäß § 28 Abs. 1 Ju-
endschutzgesetz eine Ordnungswidrigkeit begeht. Eine
olche Alkoholabgabe wird dadurch illegal, dass sich die
egelungen des Jugendschutzgesetzes auf die Alkohol-
asis beziehen und nicht auf den Alkoholgehalt. Kon-
equent wäre daher eine Gleichbehandlung aller
ischgetränke bzw. eine Abgabebeschränkung dieser






(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon

Getränkekategorien, gleich welchen alkoholischen Ge-
halts, an Volljährige.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fordern Sie das doch einmal! Fordern Sie das?)


Die Wahrheit aber ist: Um eine Änderung des Jugend-
schutzgesetzes hinsichtlich der Alkoholabgabe an Ju-
gendliche durchzusetzen, fehlt Rot-Grün die Kraft. Statt-
dessen schießen Sie mit dem Steuerrecht auf Spatzen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510808500

Herr Kollege Fahrenschon, beantworten Sie eine wei-

tere Zwischenfrage der Kollegin Violka?


Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1510808600

Gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510808700

Bitte schön.


Simone Violka (SPD):
Rede ID: ID1510808800

Herr Fahrenschon, beantworten Sie mir bitte folgende

Frage: Wie kann nach Ihren Vorstellungen das Jugend-
schutzgesetz durchgesetzt werden, wenn die alkoholi-
schen Getränke von älteren Geschwistern oder Freunden
gekauft und dann an die jüngeren Geschwister weiterge-
geben werden? In diesem Fall sind die Verkäufer und der
Wirt nicht in der Pflicht. Schließlich können sie nicht
den Weg der Flasche verfolgen und überprüfen, in wes-
sen Hände sie gelangt.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine gute Frage!)



Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1510808900

Liebe Frau Kollegin Violka, mir ist dieses Problem

durchaus bekannt. Im Zentrum steht aber doch die Frage,
was wir tun können, damit ein Jugendlicher unter
18 Jahren an der Kasse keine auf Branntwein basieren-
den Mischgetränke bzw. Branntweingetränke insgesamt
erhält. Sie werden mir zugestehen müssen, dass das
Steuerrecht mitnichten der richtige Weg ist, um dieses
Problem zu beseitigen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da gibt es aber andere Erfahrungen!)


Wir haben Ihnen einen Vorschlag zu einer besseren
Kennzeichnungspflicht der spirituosenhaltigen Misch-
getränke unterbreitet. In einem Änderungsantrag haben
wir beispielsweise die Einführung eines deutlich sichtba-
ren Warnhinweises auf einem leuchtend roten Kronkor-
ken vorgeschlagen. Wie Sie auf einen Totenkopf kom-
men, liebe Frau Kollegin, weiß ich nicht. Vielleicht war
das ein freudscher Versprecher vor dem Bild Ihres Bun-
desfinanzministers. Das müssen wir hier aber nicht wei-
ter vertiefen.

Unserer Meinung nach ist dies eine sinnvolle Maß-
nahme zur Verbesserung des Jugendschutzes, auch wenn

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(C (D ie behaupten, die Kinder könnten dadurch noch einfaher alkoholartige Spirituosenmixgetränke erkennen. Siher: Durch einen roten Kronkorken wäre für jedermann chnell und einfach auf den ersten Blick erkennbar, dass ieses Getränk erst für Erwachsene ab 18 Jahren ist. ber gerade durch das schnelle und einfache Erkennen ommt es an der Kasse und damit am neuralgischen unkt der Handelskette nicht zum Verkauf an Jugendlihe. Missverständnisse beim Verkauf der Ware könnten adurch minimiert bzw. völlig ausgeräumt werden. Im brigen bietet diese Farbe eine effektive Kontrollmögichkeit für die Eltern; denn Flaschen mit roten Kronkoren gehören nicht auf eine Party bei Kindern unter 8 Jahren. (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist lebensfremd!)


iese Maßnahme wäre einfach und praktikabel.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, die Union stellt außer
weifel, dass der Alkoholkonsum von Jugendlichen in
en letzten Jahren massiv zugenommen hat und dass da-
egen unbedingt etwas unternommen werden muss. Wir
üssen uns dabei vor allem die Frage stellen, warum
inder trinken. Neben dem Gesetzgeber sind auch die
ltern, die Lehrer und die Gesellschaft aufgefordert, die
rsachen zu suchen und zu beheben. Eine einseitige
ondersteuer, wie Sie sie in Ihrem Gesetz vorschlagen
nd heute durchdrücken werden, ist keine Lösung und
ird dem Problem nicht gerecht.
Sind Sie sich eigentlich nicht im Klaren darüber, dass

urch Ihre willkürliche Definition einer Sondersteuer für
lcopops ausschließlich auf Spirituosenbasis allen
ändlern, Wirten und vor allem den Jugendlichen sug-
eriert wird, Bier- und Weinmixgetränke seien trotz
berwiegend gleichen bzw. ähnlich hohen Alkoholge-
alts harmloser? Ist nicht Alkohol gleich Alkohol, egal
uf welcher Basis er hergestellt wird?
Wir sind der festen Überzeugung, dass wir klare Ab-

aberegeln brauchen. Wir müssen gemeinsam mit El-
rn und Schule Kinder und Jugendliche über die Gefah-
en des Alkoholmissbrauchs aufklären und sie warnen.
abei werden Sie von unserer Seite jegliche Unterstüt-
ung erfahren. Wir sprechen uns aber ausdrücklich ge-
en eine willkürliche Strafsteuer aus, die das Jugend-
chutzgesetz letztlich ad absurdum führt. Für uns ist klar
ich zitiere den französischen Filmregisseur Jean
octeau –:

Wer der Jugend vorangehen will, muss gerade
Wege gehen.

illkür ist fehl am Platze.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510809000

Das Wort hat jetzt die Kollegin Kerstin Andreae vom
ündnis 90/Die Grünen.






(A) )



(B) )



Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510809100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Fahrenschon, aus irgendeinem Grunde
habe ich Ihnen Ihre Rede nicht abgenommen. Ich hatte
den Eindruck, dass Sie nicht dahinter standen, als Sie
sagten: Wir dürfen keine Steuer auf Alcopops erheben,
weil wir dadurch eine Substitution in andere Bereiche er-
möglichen würden. Es würde nur funktionieren, wenn
wir auch auf diese anderen Getränke eine Steuer erhe-
ben. – Das ist eine krude Argumentation.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Den Eindruck haben wir bei Ihrer Politik auch, dass Sie nicht dahinter stehen!)


Die Sachverständigen haben bei der Anhörung deut-
lich gemacht, dass Alcopops Einstiegsdrogen sind, weil
sie verharmlosend sind und Kinder und Jugendliche an
den Genuss von Alkohol gewöhnen. Aufgrund des Ge-
schmacks wissen sie nicht, dass sie sich betrinken. Sie
haben den Bericht des Krankenhausleiters gehört, der
von jungen Mädchen erzählt hat, die sturzbetrunken,
quasi im Koma, zu ihm ins Krankenhaus kommen. Diese
Mädchen wissen nicht, dass sie nach dem Konsum von
fünf Flaschen Alcopops einen Alkoholgehalt im Blut ha-
ben, den sie mit Radler oder Cola-Bier nie erreichen
könnten, weil ihnen vorher schlecht würde.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es geht um den Gewöhnungsprozess, um den ge-
wohnheitsmäßigen Konsum. Wir haben, ebenso wie El-
tern und Schule, eine Verantwortung wahrzunehmen.
Dadurch, dass Sie sich hier verweigern, nehmen Sie
diese Verantwortung nicht wahr.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ina Lenke [FDP]: Wir haben doch Alternativen!)


– Auf die Alternativen komme ich gleich garantiert zu
sprechen. Von diesen Alternativen halte ich nicht sehr
viel.

Wir haben die Zielgruppe vor Augen: Jugendliche,
Kinder, vor allem junge Mädchen, weil sie imageorien-
tiert sind. In dem Bericht der Suchtbeauftragten konnten
wir lesen, dass sich der Alkoholkonsum junger Mädchen
dort, wo Alcopops beworben wurden, drastisch erhöht.
Das muss man doch zur Kenntnis nehmen. Man kann
doch nicht so tun, als sei dem nicht so.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Deswegen ist die Steuer keine Strafsteuer, sondern eine
Schutzsteuer. Wir wollen schützen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Ina Lenke [FDP]: Das ist naiv!)


Die Union gibt – wie eigentlich immer – Kontra und
sagt: Nein, das machen wir nicht. Sie behaupten, über
die Zielsetzung herrsche Einigkeit. Sie stellten, wie ich
finde, wirklich legitime Fragen: Wie erreicht man den

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(C (D esten Jugendschutz? Wie kann man das gemeinsame iel erreichen? Erzielt diese Steuer die Lenkungswirung? Bei der dreistündigen Anhörung haben Sie doch itbekommen, dass die Experten aus dem Suchtund rogenbereich einhellig der Meinung sind, dass Preisteigerungen ein wirksames Mittel sind. Ich kann nicht erstehen, wie Sie sich trotzdem hier hinstellen und beaupten können, eine Preissteigerung würde nicht funkionieren. Das geht mir nicht in den Kopf. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie befürchten Substitutionseffekte. Was ist da wirk-
ich dran? Auch diesbezüglich waren sich die Experten
ei der Anhörung doch einig: Substitution funktioniert in
er von Ihnen beschriebenen Form nicht, weil die Alco-
ops süß, klebrig und bunt sind, weil man den Alkohol
icht schmeckt und sie mit einer Imagekampagne heftig
ermarktet werden. Da kann ein Radler nicht mithalten.
eshalb existiert die Substitutionsgefahr, die Sie formu-
iert haben, nicht.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Glücklicherweise! – Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Wir sehen uns in einem Jahr wieder!)


ie Studie hat gezeigt, dass ein langfristiger Trend zum
ückgang zu normalen Alkoholika erkennbar ist. Lang-
ristig wird weniger Alkohol getrunken, außer beim
lcopopkonsum junger Mädchen. Sie können nicht so
un, als sei das nicht so.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ie können nicht nur das hören, was Sie hören wollen.
as funktioniert nicht.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Schwarz-WeißMalerei!)


Jetzt komme ich zu der Preissteigerung durch eine
teuer. Ich gebe Ihnen völlig Recht: Wir brauchen einen
trategiemix. Wir brauchen eine bessere Kontrolle im
ugendschutz und Präventionsmaßnahmen. Wir brau-
hen aber auch diese Steuer, um einen Lenkungseffekt
u erzielen. Wir brauchen übrigens auch Motivation zur
erhaltensänderung. Hier ist die BZgA die richtige Insti-
ution, um die Kampagne zur Prävention auf den Weg zu
ringen. Deswegen soll die BZgA dieses Programm auf-
egen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510809200

Frau Kollegin Andreae, erlauben Sie eine Zwischen-

rage der Kollegin Fischbach?

Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510809300

Ja, bitte.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510809400

Bitte sehr.






(A) )



(B) )



Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1510809500

Frau Kollegin Andreae, ich möchte Sie an dieser

Stelle ganz herzlich bitten, Namen und Textstellen zu
nennen für Ihre Annahme, dass wir die Gefahr, die von
Alcopops für Kinder und Jugendliche ausgeht, verharm-
losen.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen nichts tun!)


Ich habe mir Ihre Ausführungen fünf Minuten lang ange-
hört. Meine Frage ist: Wo steht, dass wir die Gefahr ver-
harmlosen? Nennen Sie bitte Ross und Reiter. Dann kön-
nen wir das ausdiskutieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510809600

Das kann ich gerne tun, Frau Fischbach. Ich bin der

Meinung, dass die Maßnahmen, die Sie in Ihrem Antrag
zur Eindämmung des Alcopopkonsums vorschlagen,
nicht ausreichend greifen würden. Die Maßnahmen, die
wir vorschlagen, sind besser.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Das ist ganz etwas anderes! – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das ist ein erheblicher Unterschied!)


Der Vorschlag, den ich wirklich absurd finde, ist
die Einführung von roten Kronkorken. Herr
Fahrenschon, ich glaube, Sie sind ein halbes Jahr älter
als ich. Kennen Sie noch das Prämiensammeln? Ihr Vor-
schlag würde darauf hinauslaufen; denn so würden die
Jugendlichen am Abend zusammensitzen und die An-
zahl ihrer Kronkorken vergleichen. Dann würde des hei-
ßen: Mench, ich habe schon sechs Kronkoren. Ich bin
viel toller. – Diese Maßnahme greift nicht. Deswegen
fordere ich Sie auf, einer nachweislich wirksamen Maß-
nahme zuzustimmen. Sie hat in Frankreich und in der
Schweiz gewirkt und wird auch bei uns Wirkung entfal-
ten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich behaupte: Sie verharmlosen dieses Problem, weil Sie
nicht bereit sind, die entscheidenden Maßnahmen mitzu-
tragen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510809700

Frau Kollegin Andreae, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Fahrenschon?

Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510809800

Bitte schön.

(Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Sie können dabei nur lernen!)


Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1510809900

Frau Kollegin Andreae, würden Sie zur Kenntnis neh-

men, dass unser wesentliches Problem bei der Abgabe
von Branntwein an Jugendliche die Tatsache ist – darauf

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(C (D at der Einzelhandel hingewiesen –, dass in der Stressituation an Kassen in Deutschland eine Kontrolle nicht tattfinden kann? Vor diesem Hintergrund sind wir der esten Überzeugung, dass uns eine Kennzeichnung an arkanter Stelle an dem neutralen Punkt der Handelsette deutlich weiterhelfen würde. Abgesehen davon möchte ich Sie bitten, sich darüber edanken zu machen, ob nicht auch die Eltern einbezoen werden müssen. Ihre Kollegin von der SPD-Fraktion at selber darauf hingewiesen, dass sie diese Produkte orab gar nicht kannte. Wir schaffen mit einer klaren ennzeichnung an markanter Stelle, am Korken, auch ür die Eltern ein Signal. (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ändert doch in den Gaststätten gar nichts!)


ie sollten sich überlegen, ob Ihr Vorwurf, wir könnten
amit eine Sammelwut auslösen, nicht ein Tritt unter
em Tisch ist und sachlich in keiner Weise nachvollzo-
en werden kann.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510810000

Herr Kollege Fahrenschon, ich habe gerade bereits

esagt: Erstens. Ich bin der Meinung, dass auch die El-
ern in der Pflicht stehen. Zweitens. Ich bin ebenso der
einung, dass im Rahmen eines Mixes verschiedene
inzelmaßnahmen, die insgesamt zu einem guten Ergeb-
is führen, ergriffen werden müssen. Drittens. Ich bin
urchaus der Meinung, dass auch der Einzelhandel in
er Verantwortung steht. Das hat damit zu tun, wo die
etränke stehen. Sie dürfen nicht neben Cola und Limo-
ade stehen, sondern müssen neben Schnaps und Dop-
elkorn stehen, wo sie hingehören. Das hat ebenfalls da-
it zu tun, wie die Kassiererinnen diese Getränke
rkennen können.
Es ist jedoch lebensfremd, zu glauben, dass ein

8-Jähriger nicht in der Lage ist, sich an der Tankstelle
der im Supermarkt die Tüte mit Alcopops zu füllen, um
iese danach seinen Kumpels im Alter von 15, 16 oder
7 Jahren zu geben.

(Ina Lenke [FDP]: Dann brauchen sie auch nicht in der Nähe von Schnaps zu stehen!)

o ist das nun einmal. Dieser Lebenswirklichkeit muss
an sich stellen. Ich werfe Ihnen vor, dass Sie dies nicht
n.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich will noch zu einem kuriosen Punkt aus der Anhö-
ung kommen. Der Einzelhandel – das haben wir schon
ehört – hat sich in dieser Angelegenheit positiv geäu-
ert und erklärt, seiner Verantwortung dadurch nachzu-
ommen, dass die Produkte nicht bei der Limonade
tehen und die Kassiererinnen stärker in die Pflicht ge-
ommen werden. Vonseiten der FDP gab es die Überle-
ung, den Barcode so zu ändern, dass an der Kasse eine
eldung erscheint, das Produkt nur an Jugendliche über






(A) )



(B) )


Kerstin Andreae

18 Jahren auszugeben. Das finde ich gar nicht so unklug.
Das kann man sich im Rahmen eines Mixes verschiede-
ner Maßnahmen überlegen.

Der Einzelhandel hat aber auch gesagt, es werde über
die Einführung einer Kundenkarte nachgedacht. Was
aber heißt das? Dann sieht man, welche Tütensuppen
man kauft, ob die Hühner, deren Eier man kauft, glück-
lich waren und welche Getränke man trinkt. Dieser Vor-
schlag erscheint mir sehr dubios. In die Richtung wollen
wir nicht gehen. Damit hätte sicherlich auch die FDP
große Probleme.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Fazit: 19,5 Prozent der Todesfälle in Deutschland – so

ist uns in der Anhörung gesagt worden und das kann
man in den Berichten lesen – haben inzwischen als Ursa-
che Alkohol- und Tabakkonsum. Die Union hätte jetzt
die Chance, den Expertinnen und Experten der Anhö-
rung zu folgen und mit uns zusammen dieses Gesetz auf
den Weg zu bringen. Eine Ablehnung ist verantwor-
tungslos.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510810100

Das Wort hat jetzt der Kollege Klaus Haupt von der

FDP-Fraktion.


Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1510810200

Herr Präsident! Meine werten Kolleginnen und Kolle-

gen! In der Anhörung zum Gesetzentwurf wurde von
den Experten eindrucksvoll bestätigt, dass alkoholische
Mixgetränke gerade bei Kindern und Jugendlichen einen
Konsumtrend und damit bedenklichen Alkoholmiss-
brauch ausgelöst haben. Deutlich wurde aber auch: Das
Konsumverhalten von Jugendlichen unterliegt oft
schnelllebigen Trends.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: So ist es!)

Es ist weder möglich noch sinnvoll, jedem aktuellen Ju-
gendtrend eine Sondersteuer entgegenzustellen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Es ist naiv, zu glauben, mit einer einseitigen Besteuerung
bestimmter Getränke könne man Jugendliche vom Alko-
holkonsum abbringen. Sie steigen einfach auf andere
Getränke um. Sie kennen die Alternativen.

Der vorliegende Gesetzentwurf eröffnet gleich meh-
rere Möglichkeiten: Erstens. Kinder und Jugendliche
werden von Markengetränken auf Produkte der Billig-
hersteller umsteigen.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die werden auch besteuert!)


Zweitens. Sie werden die nicht gesondert besteuerten
und billigeren Mixgetränke auf Wein- und Bierbasis
kaufen.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das schmeckt anders!)


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(C (D chon heute sind die weinund bierbasierten Mixgeränke ganz klar marktbeherrschend. Hören Sie bitte zu: und 30 Produkte dieser Kategorie haben einen höheren lkoholgehalt als die durchschnittlichen spirituosenbaierten Mixgetränke. Drittens. Schließlich sagen mir Jugendliche in jeder iskussion: Wir mixen unsere Drinks selber. Aber nicht nur die Jugendlichen steigen um, auch iele Hersteller werden das tun. Schon heute produziert in führender Markenhersteller sein in Deutschland auf ranntweinbasis angebotenes Mixgetränk in den USA uf Bierbasis mit gleichem Geschmack und mit gleihem Alkoholgehalt. Unter diesen Umständen ist eine ondersteuer absurd. udem ist angesichts der Zahl der Minderjährigen, die in en Tabakkonsum einsteigen, fraglich, inwieweit das roblem realistisch über den Preis bekämpft werden ann; denn die Erhöhung der Tabaksteuer hat in den verangenen Jahren in keiner Weise zur Eindämmung des abakkonsums bei Jugendlichen geführt. Für die Liberalen hat gerade die konsequente Durch etzung der bestehenden Gesetze Vorrang. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

in Vollzugsdefizit darf kein Anlass zur Schaffung neuer
teuertatbestände werden. Gegen die selektive Besteue-
ung nur der spirituosenbasierten Alcopops wurden zudem
der Anhörung verfassungsrechtliche Bedenken geäu-
ert. So sieht eben das Ergebnis aus, wenn man Jugend-
chutz unter Federführung des Finanzministers macht.
Angesichts der relativ neuen Situation mit den Alco-

ops werden neue Fragen aufgeworfen, die mir als Ju-
endpolitiker wichtig sind; der Kollege Fahrenschon hat
arauf hingewiesen. Die heutigen Verbote einer Abgabe
on alkoholischen Produkten an Kinder und Jugendliche
reffen die Gefährdung nur noch ungenau. Die Anhörung
at erneut bestätigt: Das für Kinder und Jugendliche Ge-
ährliche an den Fertigmixgetränken ist, dass der Alko-
olgeschmack verdeckt und der Kindergeschmack ge-
au getroffen wird.
Die Unterscheidung zwischen den zwei Altersgren-

en von 16 und 18 Jahren im Jugendschutzgesetz wird
ieser Problematik jedoch nicht gerecht, weil sie sich auf
ie Alkoholbasis – für Bier bzw. Biermix gilt die Alters-
renze von 16 Jahren, für Spirituosen bzw. Spirituosen-
ix die von 18 Jahren – und nicht auf den Alkoholgehalt
ezieht. Bier- und weinbasierte Alcopops haben aber ei-
en ähnlichen Alkoholgehalt und sind nicht minder ge-
ährlich für Kinder und Jugendliche. Wir müssen inso-
ern gemeinsam überlegen, wie die Regelungen des
ugendschutzgesetzes geändert werden können, damit
ie Kinder und Jugendliche zielgenauer vor Alkohol-
issbrauch schützen.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)







(A) )



(B) )


Klaus Haupt

Dass das Gesetz allein den Jugendschutz nicht garan-

tieren kann, ist uns allen klar. Aber ich kann mich nicht
damit abfinden, dass es bei Alkohol und Tabakwaren
nicht ausreichend umgesetzt wird. Daher plädiert die
FDP mit ihrem Antrag genau dafür und für einen Maß-
nahmemix aus Information, Aufklärung, Kontrolle, Ver-
antwortung von Eltern und Schule, veränderter Werbung
und weiteren Selbstverpflichtungen von Herstellern,
Handel und Gastronomie.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Auch technische Vorrichtungen zur Abgabekon-
trolle an den Kassensystemen können einen wirksamen
Beitrag zum Jugendschutz leisten. Frau Staatssekretärin,
Sie haben sich darüber in der ersten Lesung belustigt ge-
äußert.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510810300

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Abgeordneten Caspers-Merk?


Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1510810400

Ich würde das gerne noch fortsetzen; dann können Sie

zielgerichteter fragen.

(Beifall bei der FDP)


Bei einer großen Schweizer Einzelhandelskette muss
seit einiger Zeit bei jedem Alkoholverkauf das Personal
gegenüber der Kassenanzeige bestätigen, dass es das Al-
ter des Käufers überprüft hat. Auch an den SB-Kassen
einer deutschen Einkaufsmarktkette, bei denen kein Per-
sonal mehr eingesetzt wird, gibt es wohl schon techni-
sche Kontrollen für den Alkoholverkauf, wie aus der
Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche An-
frage zu entnehmen ist. Auch erste Tankstellen in
Deutschland arbeiten nach diesem Prinzip.

Frau Staatssekretärin, ein Mautdebakel ist nicht zu
befürchten, wenn, wie von den Liberalen gefordert, die
betroffenen Wirtschaftszweige selbst die Chance haben,
solche Systeme zu entwickeln.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510810500

Herr Kollege, ich kann die Zwischenfrage nicht mehr

zulassen. Sie haben Ihre Redezeit überschritten.


Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1510810600

Ich komme zum Schluss.


(Heiterkeit im ganzen Hause)

– Es gibt angesichts des Alcopopproblems viele Erfolg
versprechende Ansätze, den Jugendschutz zu verbessern.
Die Einführung einer Sondersteuer gehört offenkundig
nicht dazu.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Das Wort hat die Kollegin Sabine Bätzing, SPD-Frak ion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! „Ein Gläschen in Ehren kann niemand verehren“ und „Auf einem Bein kann man nicht stehen“: iese Art weinseliger Sprüche sind uns allen – auch uns bgeordneten – bestens bekannt. Denn leider ist der Aloholkonsum in unserer Gesellschaft eine Selbstvertändlichkeit und wird entsprechend verharmlost. Wir verabschieden heute ein Gesetz, das Kinder und ugendliche vor den Gefahren des Alkoholkonsums chützen soll. Denn im Gegensatz zu Erwachsenen könen sie die Auswirkungen, die Alkohol auf ihren Körper nd auf ihre Entwicklung hat, nicht einschätzen. Sie sind ich des Risikos, dass Alkohol auch schon im frühen Aler zur Abhängigkeit führen kann, nicht bewusst. Kinder und Jugendliche orientieren sich am Verhalten on Erwachsenen. Außerdem sind sie noch viel stärker ls Erwachsene Gruppenzwängen ausgesetzt. Junge Menschen haben eine natürliche Hemmschwelle egenüber Spirituosen. Würde man einem 13-jährigen ädchen einen Schnaps anbieten, so würde es bereits der techende Geruch allein vom Probieren abhalten. Desalb stellt sich die Frage, warum der Alkoholkonsum zw. der Alcopopkonsum bei Kindern und Jugendlichen ennoch so rasant gestiegen ist. Alcopops basieren auf Branntwein. Genau genommen die Kollegin Arndt-Brauer hat es bereits erwähnt – entält eine Flasche eines handelsüblichen Branntweinmixetränkes durchschnittlich zwei Gläser puren Schnaps. iesen Schnaps schmeckt man aber nicht. Denn durch en Zusatz von Limonaden, Zucker oder Saft verschwinet der Alkoholgeschmack fast vollständig. Dies funkioniert bei Branntwein. Bei Mischgetränken, die zum eispiel auf Bier oder Wein basieren, wird man dagegen och immer einen leichten, bitteren Alkoholgeschmack erausschmecken. Deshalb sind diese Getränke für unge Menschen und insbesondere für Kinder bei weiem nicht so interessant wie die auf Branntwein basieenden Alcopops. Die natürliche Hemmschwelle, die unge Menschen bei Alkohol haben, wird durch den onsum von Alcopops herabgesetzt. Wenn Kinder und ugendliche Alcopops konsumieren, dann tun sie das icht, um Schnaps zu trinken. Sie wollen damit vielmehr rwachsen wirken und dem von der Werbung suggerieren Zeitgeist entsprechen. (Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Dagegen nützt auch Ihre Steuer nichts!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510810700
Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1510810800

Um die bunt verpackten und süß schmeckenden Alco-
ops ist mittlerweile ein wachsender Markt entstanden;
enn hier wird nicht Schnaps, sondern ein Image ver-
auft. Coole Menschen konsumieren aus der Flasche
oole Getränke. So lautet die Werbebotschaft. Diese
trategie zeigt Wirkung. Der Alcopopkonsum hat sich
eit 1998 vervierfacht. Dies, verehrter Kollege Haupt,
ls Jugendtrend zu bezeichnen ist falsch und verharmlo-
end.






(A) )



(B) )


Sabine Bätzing


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Alcopops zählen zu den beliebtesten alkoholischen
Getränken der Altersgruppe der 14- bis 17-Jährigen


(Klaus Haupt [FDP]: Das ist der Jugendtrend!)

– Sie haben richtig gehört: zu den beliebtesten alkoholi-
schen Getränke der 14- bis 17-Jährigen! –, und das, ob-
wohl sie eigentlich nur an Erwachsene verkauft werden
dürfen. Hier wird gegen unser Jugendschutzgesetz, ein
gutes Gesetz, verstoßen. Aber wir alle wissen: Die bes-
ten Gesetze sind wirkungslos, wenn sie nicht eingehalten
werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Eben!)


– Prima, dass Sie mir zustimmen. Dann können Sie
gleich auch unserem Gesetzentwurf zustimmen.

Gerade der Jugendschutz kann nur dann funktionie-
ren, wenn sich alle in der Gesellschaft an die diesbezüg-
lichen Bestimmungen halten und sich verantwortlich
fühlen.

Die verschärfte Kennzeichnungspflicht, die unser Ge-
setzentwurf vorsieht, soll unter anderem das Verkaufs-
personal dazu anhalten, keine Alcopops an Minderjäh-
rige abzugeben. Aber – hier appelliere ich an Sie alle –
es sollte jeden von uns angehen, wenn wir sehen, wie
vor uns an der Kasse ein 13-Jähriger Alkohol oder eine
11-Jährige Zigaretten kauft. Hier muss man hinschauen
und handeln und darf das nicht einfach hinnehmen.


(Beifall bei der SPD – Andreas Scheuer [CDU/ CSU]: Was hilft dagegen eine Steuer?)


Die Kennzeichnungspflicht – um diese geht es in
dem neuen Paragraphen des Jugendschutzgesetzes – hilft
uns dabei, die Erziehungskompetenz der Eltern zu stär-
ken; denn auch sie müssen lernen, dass nicht alles harm-
los ist, was als harmlos verkauft wird. Gerade weil Alco-
pops durch ihre Aufmachung eher an Fruchtschorlen
oder an bunte Limonaden erinnern und in den Super-
marktregalen direkt neben den Fruchtsäften aufgereiht
sind, vermuten Eltern, das Verkaufspersonal und auch
die Jugendlichen keinen oder zumindest keinen derartig
hohen Alkoholgehalt. Deshalb brauchen wir eine Kenn-
zeichnungspflicht für Alcopops, die diesen Namen auch
verdient. Das bedeutet, dass wir eine Debatte über rote
Kronkorken lieber nicht führen sollten. Wir meinen es
ernst mit dem Jugendschutz. Die sichtbare Kennzeich-
nung von Alcopops ist auch nur ein Mosaikstein unserer
gesamten Strategie.

Übrigens, die Tatsache, dass sich an der Erarbeitung
des Gesetzentwurfs verschiedene Ressorts beteiligt ha-
ben, sehe ich nicht als Nachteil an. Im Gegenteil: Hier
begreifen wir Jugendschutz als eine gemeinsame Auf-
gabe und nehmen sie auch ernst.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Mit der geplanten Sonderabgabe auf Alcopops wird icht nur ein Lenkungseffekt in Bezug auf das Konsumerhalten von Kindern und Jugendlichen erzielt. Die innahmen aus der Abgabe werden vielmehr auch in ine gesonderte, groß angelegte Aufklärungsund Präentionskampagne der Bundeszentrale für gesundheitlihe Aufklärung fließen. Darüber hinaus – auch das ist in weiterer Mosaikstein unserer Strategie – werden wir ereits zum 1. Juli 2005 überprüfen, wie sich der Alkoolkonsum bzw. der Markt der alkoholischen Mixgeränke nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes entwickelt at. (Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Das schauen wir uns genau an!)


Nicht zuletzt hat auch diese intensive Debatte – wir
ühren sie schon seit einigen Monaten – zu einer Sensibi-
isierung in der Gesellschaft beigetragen. Viele reden
ber Alcopops. Wir wollen mit diesem Gesetz dafür sor-
en, dass sie nicht in aller Munde sind.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Andreas Scheuer [CDU/ CSU]: Sehr philosophisch!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510810900

Mir liegen zwei Wünsche zu einer Kurzintervention

or.
Zuerst gebe ich der Kollegin Marion Caspers-Merk

as Wort, die auf die Rede des Kollegen Haupt eingehen
öchte.

Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1510811000

Herr Kollege Haupt, Sie haben mich vorhin direkt an-

esprochen. Ich will zu den Einlassungen der FDP drei
emerkungen machen.
Erstens. Sie sind gegen das Erheben einer Steuer, weil

ie glauben, man könne das Ziel allein durch mehr Ju-
endschutz und durch die Einführung eines Barcodemo-
ells erreichen. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass
an gerade in der Schweiz, die die Barcodemodelle er-
robt, zu dem Ergebnis gekommen ist, dies reiche nicht
us und man müsse eine Sondersteuer erheben, weil es
arum gehe, diese Produkte gezielt zu verteuern, damit
eine falschen Anreizstrukturen entstünden. Zur Besteue-
ung gibt es keine Alternative; der Geldbeutel ist ein
ichtiges Erziehungsinstrument.
Nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass Ihre Einlas-

ungen unzutreffend waren. Zum Beispiel geht überall
ort, wo die Tabaksteuer deutlich erhöht worden ist, ins-
esondere der Anteil jugendlicher Raucher zurück. Das
önnen Sie in zahlreichen WHO-Studien nachlesen. Die
auglichkeit dieses Instruments ist weltweit deutlich ge-
orden. Auch wir haben mittlerweile die Erfahrung ge-
acht, dass gerade Jugendliche auf die deutliche Verteue-
ung eines Produktes reagieren, also preissensibel sind.
Zweitens. Sie haben verfassungsrechtliche Bedenken

eäußert. Auch die beteiligte Industrie weist darauf im-
er wieder hin. Bei uns ist niemand daran gehindert, das






(A) )



(B) )


Marion Caspers-Merk

Verfassungsgericht anzurufen. Dieser Weg ist frei von
Kosten und öffentlichkeitswirksam. Tatsache ist: Bislang
ist es völlig legal, eine Sondersteuer auf Sondertatbe-
stände zu erheben. Wenn diese Getränke nicht speziell
für unter 18-Jährige designt worden wären, wenn mit der
Werbung nicht speziell unter 18-Jährige angesprochen
würden, dann müssten wir dieses Problem jetzt nicht lö-
sen. Es ist richtig, dass eine Schutzsteuer gerade diese
Hersteller trifft; denn es geht nicht mehr an, dass die eine
Seite den Profit macht, während die öffentlichen Hände
und die Sozial- und Krankenkassen hinterher die Sucht-
probleme vieler bewältigen müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Drittens. In dieser Debatte wurde zwischen der Steuer

auf Branntwein und der auf bier- und weinhaltige Ge-
tränke unterschieden. Auch in dieser Hinsicht sind die
Zahlen vernebelnd. Die Argumentationen, die auf halb-
seitigen Anzeigen in großen Tageszeitungen zu lesen
waren, sind unzutreffend. Die überwiegende Anzahl der
Probleme besteht bei Markenprodukten, die auf Brannt-
wein beruhen. In Analysen, gerade in Amerika, wurde
nachgewiesen – auch davon war die Rede –, dass fast
alle Produkte, die vergorene Bestandteile enthalten, also
Bier und Wein, auch Branntwein enthalten. Die Vorlage,
die an genau dieser Stelle ansetzte, ist aufgegriffen wor-
den; deswegen wird es in Zukunft keine Umgehungstat-
bestände geben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Die Regierung soll von der Regierungsbank aus reden, wenn sie reden will!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510811100

Zur Erwiderung Herr Kollege Haupt.

Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1510811200
Es gibt

keine Maßnahme, mit der man dieses gewaltige Problem
gewissermaßen per Knopfdruck lösen kann; notwendig
ist ein Maßnahmenmix. Da uns diese Sache sehr ernst
ist, will ich jede Polemik vermeiden, wie ich es auch zu-
vor, als ich auf Sie eingegangen bin, getan habe.

Es geht darum, dass wir auf die Frage des Alkohol-
konsums von Jugendlichen eine Antwort finden. Wir
sind uns einig, dass es einen bestimmten Trend – Stich-
worte „süß“, „verführerisch“; er wurde hier charakteri-
siert – gibt, auf den man nicht mit einer Maßnahme rea-
gieren kann. Sie glauben an eine Wundermaßnahme, das
heißt an eine Wundersteuer. Da liegen unsere Positionen
weit auseinander.


(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)

– Nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, dass ich in Bezug
auf die Umsteigemöglichkeiten sachlich argumentiert
habe! Sie können diese Möglichkeiten nicht wegdisku-
tieren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie können nicht bestreiten, dass ein führender Welt-
produzent in Amerika schon heute entsprechende Pro-

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(C (D ukte mit demselben Alkoholgehalt auf Bierbasis hertellt – man kann heutzutage alles mit einem ntsprechenden Aroma versehen –, die er in Deutschland it der Aufschrift „weinbrandhaltig“ verkauft. Gegenber diesen Umsteigevarianten darf man doch nicht lind sein; man darf die Möglichkeit nicht einfach wegchieben. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Frau Staatssekretärin, wir unterscheiden uns wahr-
cheinlich in einem weiteren Punkt. Ich bin Jugendpoli-
iker. Ich denke zuallererst an das Jugendschutzgesetz.
ch denke zuallererst daran, wie man dieses Jugend-
chutzgesetz besser ausschöpfen kann. Ich will es nicht
innehmen, dass dieses Gesetz massiv unterwandert
ird und wir dann mit einer Steuer etwas nachlegen. Das
st nicht Jugendschutzpolitik, wie ich sie verstehe.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Was die Verfassungsklage angeht, haben Sie in der
ufregung wahrscheinlich nicht ganz richtig zugehört.
ch habe darauf hingewiesen, dass eine Verfassungs-
lage von einigen erwogen wird. Sie wird nicht von mir
nd nicht von der FDP erwogen. Für mich war das nur
och ein weiteres Argument, um deutlich zu machen:
enn Jugendschutz unter Federführung des Finanz-
inisters gemacht wird, sollten alle Jugendschutzpoliti-
er allergisch reagieren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1510811300

Zu einer weiteren Kurzintervention gebe ich dem
ollegen Parr das Wort.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510811400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich
öchte auf Frau Bätzing eingehen.
Erstens. Frau Bätzing, Sie haben erwähnt, dass die

teuermehreinnahmen in einen Sondertopf für Kampa-
nen der Bundeszentrale für gesundheitliche Auf-
lärung kommen sollen. Die Debatte bisher hat das zu
rwartende Ausweichverhalten sowohl der Hersteller als
uch der Jugendlichen noch einmal sehr deutlich ge-
acht. Was tun wir, wenn die Mehreinnahmen nicht aus-
eichen? Sie selbst haben im Gesetzentwurf einen Prüf-
uftrag formuliert. Sie sind sich wohl selbst nicht sicher,
b das angepeilte Ziel zu erreichen ist.
Wir sind uns darin einig, dass die Bundeszentrale für

esundheitliche Aufklärung sehr gute Kampagnen
acht. Sie macht zum Beispiel die Kampagne „Kinder
tark machen“. Es ist wichtig, dass die Persönlichkeit der
ugendlichen gestärkt wird, damit sie für die Verführung
urch die Werbung oder für den Gruppendruck Gleich-
ltriger weniger anfällig werden. Ich frage mich, was Sie
un, wenn die Steuermehreinnahmen für eine Kampagne
er Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nicht
eichen. Werden Sie die Aufstockung der Mittel dann an-
ers hinbekommen?






(A) )



(B) )


Detlef Parr

Zweite Bemerkung. Es ist über die Werbung gespro-

chen worden. Mir fehlt der Hinweis darauf, dass die Her-
steller und Importeure von Spirituosen aufgefordert wer-
den sollten, die freiwilligen Verhaltensregeln für die
Werbung mit alkoholischen Getränken, die sie schon
1976 in einer Vereinbarung mit dem Zentralverband der
deutschen Werbewirtschaft erarbeitet haben, zu aktuali-
sieren. Es ist ganz wichtig, denke ich, dass Werbespots
nicht leichtfertig auf Zielgruppen gerichtet werden dür-
fen, die dem Jugendschutz unterliegen. Gegebenenfalls
muss der Deutsche Werberat eingreifen.

Dritter Punkt. Sie setzen auf die Steuerung über den
Preis. Ich kann Ihnen nur in einem Fall zustimmen: Es
muss in der Gastronomie zur Regel werden, dass neben
Kaffee und Tee mindestens ein nicht alkoholisches Ge-
tränk deutlich billiger angeboten wird als die alkoholi-
schen Getränke. Wir haben vorhin über Coca-Cola und
Limonaden gesprochen. Gehen Sie mal in Kneipen! Sie
werden feststellen, dass die Cola häufig teurer angeboten
wird als das Bier. Das ist nicht akzeptabel. Hier müssten
positive Anreize gesetzt werden. Sie wären allemal bes-
ser als eine Strafsteuer, wie Sie sie hier zur Abstimmung
stellen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1510811500

Frau Kollegin Bätzing.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510811600

Herr Kollege Parr, Sie sprechen den Bericht an, den

wir von der Bundesregierung zum 1. Juli 2005 verlan-
gen. Dabei handelt es sich nicht um einen Prüfauftrag.
Vielmehr soll eine Evaluierung stattfinden, damit man
sieht, wie sich das Gesetz ausgewirkt hat. Deswegen
muss das Gesetz noch lange nicht negativ sein. Wir kön-
nen mit unseren jugendpolitischen und finanzpolitischen
Maßnahmen durchaus bestätigt werden. Wir machen ja
ein Gesetz, weil wir davon überzeugt sind. Von daher
werden wir den Bericht abwarten und sehen, zu wel-
chem Ergebnis er kommt.

Sie sprachen darüber hinaus die Werbung an. Die Ge-
tränkeindustrie – da stimme ich mit Ihnen überein; ich
habe es auch angesprochen – macht mit Werbekampa-
gnen im Internet und mit Merchandise-Artikeln ganz
gezielt Werbung, die sich an Jugendliche richtet. Ich wi-
derspreche Ihnen auch nicht, wenn Sie sagen, dass man
dagegen vorgehen muss. Den Jugendlichen soll mit der
Werbung nicht der Schnaps verkauft werden, sondern
– ich habe es vorhin erwähnt; auch da stimmen wir si-
cherlich überein – das Image des coolen jungen Men-
schen.

Was die Preisregulierung angeht, so haben Sie viel-
leicht übersehen, dass es bereits ein so genanntes Apfel-
saftgesetz gibt, nach dem in einer Kneipe oder in einem
Restaurant ein alkoholfreies Getränk günstiger ange-
boten werden muss als die alkoholhaltigen Getränke. Es
würde mich schon stark verwundern, wenn Sie einen
Alcopop in einer Kneipe oder in einem Restaurant be-

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(C (D ommen könnten, der günstiger wäre als zum Beispiel in Wasser oder eine Cola. Ich denke, da haben wir unere Hausaufgaben sicherlich gemacht. Danke schön. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1510811700

Jetzt gebe ich das Wort der Kollegin Ingrid

ischbach, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510811800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

iebe Frau Andreae, ich muss sagen, Sie haben mich
ehr betroffen gemacht, und zwar insofern, als Sie in ein
ichtiges Thema – über das hiermit verbundene Ziel
errscht ja in diesem Haus vollkommene Einigkeit –
ine Polemik und einen Zungenschlag hereingebracht
aben, die ich so nicht im Raum stehen lassen kann. Das
öchte ich hier ganz deutlich sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)


Die Antwort auf meine Frage, woran Sie Ihre Auffas-
ungen festmachen, war wirklich sehr billig. Nur weil
ir einer Steuererhöhung bzw. einer Sondersteuer nicht
ustimmen, zu sagen, wir nehmen das Problem nicht
rnst, wir verharmlosen es und verweigern uns, ist eine
nverschämtheit. Das möchte ich an dieser Stelle ganz
eutlich sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich bleibe dabei!)


Sie bleiben dabei. Sie könnten das dann noch einmal
estätigen, nachdem ich Ihnen unser Vorhaben, Aufklä-
ungskampagnen etc., die ich Ihnen gleich als Alternati-
en vorschlagen werde, einzuführen, vorgestellt habe.
ir verweigern uns nämlich nicht.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie stimmen dem Jugendschutz nicht zu!)


ir machen Ihnen Vorschläge, wie man es besser ma-
hen kann.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das ist aber ganz neu!)


Sie sind schon so oft auf unsere Vorschläge eingegan-
en, wenn auch nach langer Zeit. Manchmal brauchten
ie ein Jahr, manchmal zwei. Aber Sie kommen ja doch
ahin. Deswegen könnte ich jetzt ganz glücklich sein
nd sagen: Irgendwann machen Sie es und folgen unse-
em Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Uwe Küster [SPD]: Jetzt erzählen Sie wieder Ihre Träume!)







(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach

Meine Damen und Herren, das Problem, das uns

heute beschäftigt, ist, wie ich glaube, sehr bedrückend.
Man kann sich gar nicht vorstellen, dass Alcopops – –


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Immer wenn Sie den Mund aufmachen, kommen Ihre Träume wieder hoch!)


– Wenn Sie etwas sagen wollen, dann melden Sie sich!
Dann antworte ich Ihnen gerne.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Das habe ich schon! Das können Sie im Protokoll nachlesen!)


– Frau Präsidentin, ich würde gerne ausreden können.
Alcopops und Kinder gehören eigentlich gar nicht zu-

sammen. Das sehen Sie wahrscheinlich genauso wie ich.
Hierbei handelt es sich um ein Problem, das uns beschäf-
tigen sollte. Darauf müssen wir eine Antwort finden. Es
verhält sich nicht nur so, dass der Alkoholkonsum seit
1998 insgesamt gestiegen ist – allein das macht schon
betroffen –, sondern unser Problem ist, dass der Konsum
gerade in der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen und
hier speziell in der Altersgruppe der 14- bis 19-Jährigen
extrem zugenommen hat. Dieser Problemlage müssen
wir uns stellen. Hierauf müssen wir Antworten finden
und diese sollten wir gemeinsam suchen.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


17 Prozent der 14- bis 19-Jährigen trinken mindestens
einmal pro Woche und teilweise mehrmals im Monat al-
koholische Premixgetränke. Für mich unfassbar, aber
leider bitterer Alltag sind folgende Zahlen: Wenn man
Jugendliche befragt, was sie im letzten Monat getrunken
haben, sagen 42 Prozent der 14- bis 17-Jährigen, dass sie
mehr als einmal bzw. sogar mehrmals diese Getränke ge-
trunken haben. Das ist für mich ein Wert, der einfach
nicht so stehen bleiben kann. Ob Sie das Problem einzig
und allein mit der von Ihnen postulierten Steuer lösen,
das wage ich zu bezweifeln.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es zeichnet sich für mich folgende eindeutige Ent-

wicklung ab: Wenn die jungen Leute in diesem Alter
diese Getränke trinken, werden sie schneller in Abhän-
gigkeit geraten als sonst. Auch das ist ein Problem; denn
– das hat die Kollegin Bätzing sehr richtig gesagt – Al-
copops enthalten 5 bis 6 Prozent Alkohol. Das entspricht
einem Alkoholgehalt von mehr als zwei Schnapsgläsern
Korn pro Flasche. Das muss man sich einfach einmal
vorstellen: In so einer Flasche ist wirklich der Alkohol-
gehalt von zwei Schnapsgläsern Korn. Das Problem da-
bei ist, dass Geschmack und Farbe suggerieren, dass es
sich um harmlose Limonade handele, die man so trinken
könne. Ich gebe ehrlich zu: Auch ich habe es schon ein-
mal getrunken und habe nicht erst nachgeschaut, wie
viel Alkohol darin enthalten ist. Es war gekühlt und hat
geschmeckt. Nach der dritten Flasche habe ich dann ge-
merkt, das kann keine Limonade gewesen sein.

Deshalb ist es wichtig – das ist auch unsere Forde-
rung –, die Kennzeichnung wesentlich effektiver zu ge-
stalten. Die Polemik, die Sie an den roten Korken festge-

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(C (D acht haben, halte ich wirklich für übertrieben. Ich weiß icht, ob Sie einmal in ganz normalen Geschäften in toßzeiten einkaufen, also dann, wenn viel zu tun ist. ie Kassiererinnen haben überhaupt nicht die Zeit, sich ede Flasche anzusehen. Ich glaube, es wäre wirklich ine echte Hilfe für das Verkaufspersonal, wenn sie anand einer knalligen Farbe erkennen könnten, dass sie ufpassen müssen, ob derjenige, der diese Flasche kauft, chon 18 ist. Wenn er sich nicht ausweisen kann, beommt er sie dann eben im Zweifelsfall nicht. Ich finde, Sie machen es sich wirklich zu einfach, enn Sie sagen, dass Sie die roten Korken nicht wollen. uch ich hätte lieber eine andere Farbe als Rot, das könen Sie sich sicherlich vorstellen; aber Rot ist eine Sinalfarbe und deshalb habe ich mich darauf einlassen önnen. Meine Damen und Herren, wir brauchen auch – das st sicher – eine gezielte, sofortige Aufklärungskampane, in die wir nicht nur die Jugendlichen einbeziehen ollten – ich gebe dem Herrn Kollegen Haupt Recht, ass wir die Jugendlichen stark machen müssen; denn ur starke Jugendliche können widerstehen –, sondern uch die Eltern. Frau Bätzing, an dieser Stelle muss ich noch einmal idersprechen. Sie haben gesagt, wir alle seien geforert. Natürlich, aber in erster Linie sind die Eltern geforert, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


hre Kinder zu informieren und mit ihnen zusammen das
hema anzugehen. Selbst wenn die Kinder nicht mit den
laschen nach Hause kommen – wenn mein Kind Alko-
ol getrunken hätte, würde ich das riechen und es auch
m Verhalten merken; denn wir haben noch Kontakt.
ir sollten die Eltern nicht aus der Verantwortung ent-

assen; denn die Eltern sind die ersten Anlaufstellen und
esprächspartner unserer Kinder.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen, dass wir
in sehr gutes Jugendschutzgesetz haben. Ich hätte mir
auch von der Koalition, liebe Frau Andreae – an der ei-
en oder anderen Stelle, wenn wir über Jugendschutz re-
en, eine ebenso intensive Hingabe von Ihnen ge-
ünscht wie heute; denn Sie gehen manchmal doch sehr
ocker und eher leichtfertig mit dem Jugendschutz um.


Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1510811900

Frau Kollegin – –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510812000

Darf ich den Gedanken eben zu Ende führen. – Denn
enn wir die Jugendlichen schützen wollen und davon
eden, dass es gerade die jungen Menschen sind, die die-
es Thema betrifft, dann müssen wir auch überlegen, in-
ieweit wir die Ausgehzeiten verlängern oder Beglei-
ung als nicht notwendig regeln sollten. In diesen
unkten haben Sie ja das Jugendschutzgesetz geändert.






(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach

Das passt nicht, wenn Sie auf der anderen Seite strenge
Regeln wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1510812100

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin

Höfken?


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510812200

Ja.


Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1510812300

Ich bin durchaus an einer Erklärung interessiert, wie

das mit dem roten Korken ist, einmal abgesehen davon,
dass die Alcopopflaschen keine Korken, sondern
Schraubverschlüsse haben.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Was? Das stimmt überhaupt nicht!)


Sie sagen, die Kennzeichnung müsse deutlicher sein und
die geltenden Gesetze müssten eingehalten werden.
Auch wir erwarten, dass Verkäuferinnen und Geschäfts-
leiter das tun. Aber wenn Sie sagen, in den Geschäften
müsse genauer überprüft werden, welches Alter ein Käu-
fer von Alkohol hat, dann müsste das doch konsequen-
terweise nicht nur bei den branntweinhaltigen Geträn-
ken, sondern auch bei den bier- und weinhaltigen
Getränken gelten. Planen Sie also einen gefärbten Kor-
ken


(Zuruf von der CDU/CSU: Einen grünen Korken!)


auch für Bier- und Weinflaschen und – das ist die span-
nende Frage, die wir uns stellen – welche Farbe soll die-
ser haben?


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510812400

Liebe Frau Kollegin, Ihre Äußerung macht deutlich,

dass Sie der Ernsthaftigkeit dieses Themas überhaupt
nicht gerecht werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich glaube nicht, dass das im Sinne des Jugendschutzes
ist. Sie sollten einmal darüber nachdenken, ob Sie den
jungen Menschen mit einer solchen Frage gerecht wer-
den.

Meine Damen und Herren, wir haben ein wirklich gu-
tes Jugendschutzgesetz. Was fehlt, sind die Umset-
zungsmechanismen, das heißt die klare Anwendung.
Eine deutliche Umsetzung muss erfolgen. Das heißt, wir
müssen stärker kontrollieren und denjenigen, die Verant-
wortung tragen, Unterstützung bei der Kontrolle anbie-
ten. Ebenso müssen wir – das ist der zweite wichtige
Punkt – dafür sorgen, dass bei Missachtung entspre-
chende Strafmechanismen einsetzen. Das heißt – meine
Kollegin Heinen wird gleich noch darauf eingehen –, wir
müssen deutlich machen: Wer diese Jugendschutzbe-
stimmungen missachtet, hat mit Strafen zu rechnen. Das
können Bußgeldzahlungen sein; es kann im Bedarfsfall

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(C (D ber auch die Schließung von Kiosken oder Gaststätten edeuten. Sie wollen das Problem durch eine Sondersteuer lö en. Mich hat erstaunt – da habe ich dieselbe Wellenänge wie der Kollege Haupt –, dass Jugendschutzregeungen jetzt ins Finanzministerium übergeleitet werden ollen. Ich glaube, wir sollten sie dort belassen, wo sie ingehören, nämlich in unseren Händen. Die Anhörung at ergeben, dass die Sondersteuer, die Sie planen, neue robleme aufwerfen kann. Ich wiederhole, was möglich ist, wovor gewarnt urde und wofür es Belege gibt: Die jungen Leute weren auf preiswertere Varianten zurückgreifen. Sie weren stärker bei Discountern kaufen oder sie werden mien. Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist überschritten. Eine Substitution durch andere Mixgetränke wäre benfalls möglich. Andere Formen der Beschaffung – auf ie drohende Kleinkriminalität wurde schon hingewieen – könnten sich entwickeln. Lassen Sie mich mit einem Zitat von François de Fénélon nden: Man darf nie vergessen, dass man bei der Jugend nur das in die Seele legen darf, von dem man wünscht, dass es immer darin bleibe. Legen wir unseren Respekt hinein, verbunden mit unerer Verantwortung für den Schutz der Jugend! Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich dem ollegen Reinhard Schultz. Liebe Kollegin Fischbach, ich habe Ihre Rede auferksam verfolgt. Ich wundere mich allerdings über eiige Punkte; denn ich gehe davon aus, dass Sie an der nhörung teilgenommen haben. Unser Gesetz hat vier wesentliche Elemente. Erstens ersuchen wir, die für Kinder attraktiven alkoholischen ixgetränke über eine Verteuerung unattraktiv zu mahen. Zweitens wollen wir die Kontrolle an der Laentheke und in der Kneipe. Drittens soll das Geld aus en Steuereinnahmen für die Prävention verwendet weren. Viertens und letztendlich soll es – auch das gehört u einer verantwortungsvollen Politik – einen Bericht nd damit eine Erfolgskontrolle dieser politischen Maßahme geben. Wir haben in der Anhörung gehört, dass gerade die ut organisierte Spirituosenindustrie angesichts der ückgängigen Umsätze bei jungen und älteren Erwachseen mithilfe riesiger Werbeetats – ähnlich wie die Zigaettenindustrie – gezielt Kinder ansprechen und sie auf Reinhard Schultz diese Weise zum Suff bringen will. Das ist der Sinn dieser Kampagne. Ich halte das für geradezu kriminell. Eine solche Werbestrategie, nämlich die Nachwuchsförderung sozusagen durch Anfüttern mit angesüßtem Branntwein, muss durch besondere Maßnahmen, die der Dreistigkeit dieses Vorgehens entsprechen, beantwortet werden. Deswegen ist die Sondersteuer gerechtfertigt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1510812500
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510812600

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1510812700
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510812800




(A) )


(B) )


Wir haben in der Anhörung ebenfalls gehört, dass es
nicht so ist, wie Sie eben vorgetragen haben, nämlich
dass man den Genuss dieser Getränke bei Kindern sofort
riechen würde. Ich habe einen 11-jährigen Sohn und
sage Ihnen: Man riecht es natürlich nicht, wenn Kinder
Alcopops getrunken haben. Viele Kollegen wissen – sie
sind vielleicht gar nicht im Saal –, dass man Wodka
nicht riecht. Man riecht ihn erst recht nicht, wenn er ge-
mixt wird. Ein großer Teil der Alcopopgetränke basiert
nun einmal auf Wodka, Tequila und Rum, die nicht zu
riechen sind, wenn sie gemixt werden.

Bei den Biermixgetränken verhält es sich anders. Man
kann hineinkippen, was man will: Die Fahne riecht man
früher oder später. Abgesehen davon ist es so, dass sol-
che Getränke immer nach Bier schmecken. Das ist ein
großer Unterschied zu den Alcopopgetränken. Ein Ge-
tränk mit einem bitteren Biergeschmack ist für 10-, 11-
oder 12-Jährige nicht das Getränk der Wahl. Ich glaube
daher, dass ein Umsteigen auf Biermix- oder Weinmix-
getränke auszuschließen ist – das hat im Übrigen auch
die Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung in der Anhörung erklärt –, zumal der Life-
style-Charakter, der in der Werbung für Bacardi und für
andere Getränke vermittelt wird, den Bier- und Weinpro-
dukten fehlt.

Ich glaube daher, dass wir richtig und Sie falsch lie-
gen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1510812900

Frau Kollegin Fischbach, bitte.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510813000

Herr Kollege, wenn es nur so einfach wäre: Sie liegen

richtig und wir liegen falsch. Dann wäre die Politik et-
was einfacher; wir könnten uns die Polemik sparen und
die Gesetzgebungsverfahren würden ganz schnell über
die Bühne gehen.

Ich möchte an zwei Stellen einhaken. Erstens. Sie
schlagen Prävention vor und machen sie von Steuerein-
nahmen, die Sie erwarten, abhängig. Anfangs haben Sie
12 Millionen Euro Einnahmen erwartet. Mittlerweile
sind Sie auf 6 bis 12 Millionen Euro heruntergegangen.
Vielleicht gibt es auch keine Einnahmen.


(Jörg-Otto Spiller [SPD]: Das wäre ja gut! Dann wäre ja das Ziel erreicht!)


Wenn es keine Einnahmen gibt, bedeutet das im Um-
kehrschluss, dass es keine Prävention gibt. Das ist der

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(C (D alsche Weg; das kann es nicht sein. Sie wollen die Steureinnahmen für die Prävention verwenden. Also noch inmal: Wenn es keine Einnahmen gibt, dann gibt es, so ermute ich, keine Prävention. Zweitens. Wir wissen, dass in Ländern, in denen der lkohol sehr teuer ist, das nicht erreicht wird, was wir lle wollen: dass der Alkoholkonsum zurückgeht. Im egenteil: Nehmen Sie die skandinavischen Länder; da aben wir die höchsten Alkoholgefährdungen, (Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Das sind aber alles Erwachsene, die saufen, und keine Kinder!)


bwohl Alkohol sehr teuer ist.
Sie haben die finanzielle Situation angesprochen.
enn Sie in Diskotheken oder Gaststätten, in denen sich
ie jungen Leute aufhalten, ein solches Getränk bestellen,
ann zahlen Sie im Durchschnitt zwischen 4 und 6 Euro.
ie glauben doch nicht ernsthaft, dass 80 Cent mehr die
ungen Leute davon abhalten würden, ein solches Ge-
ränk zu bestellen bzw. zu trinken. Wir halten diesen
eg für falsch. Es muss doch in diesem Hohen Hause
rlaubt sein, einen falschen Weg, den Sie einschlagen
ollen, zu benennen.
Wenn wir uns in der Sache einig sind, dann können

ie doch unserem Antrag zustimmen; denn Sie haben
erade gesagt, dass Sie all die Punkte, die wir nennen,
nterstützen. Dann dürfte es für Sie keine Schwierigkeit
ein, unserem Antrag zuzustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Detlef Parr [FDP]: Steuern, aber anders! – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir nehmen das sehr ernst!)



Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1510813100

Das Wort hat die Kollegin Jella Teuchner, SPD-Fraktion.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510813200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

en! Frau Kollegin Fischbach, Sie haben gesagt, dass es
ei uns im Hinblick auf die erwarteten Mehreinnahmen
ine Bandbreite zwischen 12 und 6 Millionen Euro gebe.


(Detlef Parr [FDP]: Sie setzen das doch so an!)

ch möchte zunächst einmal klarstellen, dass bei dem
etrag von 12 Millionen Euro von Jahreseinnahmen ge-
prochen wurde. Die 6 Millionen Euro beziehen sich auf
en Zeitraum vom 1. Juli bis zum Ende des Jahres, also
uf den Halbjahreszeitraum. Von daher schwanken wir
icht zwischen 12 und 6 Millionen Euro. Hier findet
ielmehr eine klare Abgrenzung statt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Andreas Scheuer [CDU/CSU], zur SPD gewandt: Das hat aber lange gedauert! – Detlef Parr [FDP]: Die Hoffnungen sind trotzdem falsch!)


Ich möchte mit einem Zitat aus einem Aufsatz begin-
en, der mit dem Titel „Warum unsere Kinder Wein und






(A) )



(B) )


Jella Teuchner

Bier nicht haben sollen“ überschrieben ist. Dieser Auf-
satz stammt von Dr. Wilhelm Bode. Dort heißt es:

Der Alkohol ist ein Gehirn- und Nervengift und
wirkt als solches bei Kindern viel schlimmer als bei
Erwachsenen, da ihr Gehirn erst noch sich bilden
und erstarken muss. Zuweilen werden Kinder durch
dieses Gift getötet.

(Beifall der Abg. Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Die mir vorliegende Ausgabe stammt aus dem Jahre

1908. 1908 hat Wilhelm Bode versucht, dem ganz ge-
wöhnlichen Alkoholkonsum bei Kindern und Jugendli-
chen entgegenzuwirken. Damals haben viele geglaubt,
Alkohol stärke insbesondere schwache Kinder. Ich
denke mir, wir alle wissen es heute besser.

Trotzdem hat die Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung festgestellt, dass Jugendliche immer mehr Al-
kohol trinken. Insbesondere der Konsum von Alcopops
ist in den letzten Jahren gestiegen. Der süße Geschmack
überdeckt den Alkohol. Die poppige Aufmachung und
die Werbung sprechen gerade Jugendliche an. All das ist
heute von vielen Vorrednerinnen und Vorrednern gesagt
worden.

Aber wollen wir wirklich, dass Jugendliche dadurch
zu einem expandierenden Markt für alkoholische Ge-
tränke werden? Ich bin froh, dass wir uns alle in der
Frage einig sind, dass wir dies gerade nicht wollen. Ge-
rade deshalb müssen wir handeln und tun wir dies auch.
Das heißt, wir müssen Maßnahmen treffen, die auch wir-
ken. Es geht nicht darum, sich verbal möglichst weit aus
dem Fenster zu lehnen, sondern darum, dass alkoholi-
sche Getränke nicht zum normalen Schlummertrunk von
Jugendlichen werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dazu reicht es allerdings nicht, wohlfeile Forderungen
nach einer besseren Durchsetzung der Jugendschutzgesetze
zu erheben. Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen,
dass das zum Teil nichts bringt.


(Detlef Parr [FDP]: Dann streichen wir doch das Jugendschutzgesetz!)


Sicher brauchen wir in diesem Bereich Prävention. Die
Forderung nach mehr Prävention darf aber nicht zu einer
Entschuldigung für das Nichtstun werden. Gerade das
versuchen Sie.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Fahrenschon, Sie hatten § 28 Abs. 1 Ju-

gendschutzgesetz angesprochen, in dem es um die ille-
gale Abgabe von Alkohol geht. Logischerweise ist diese
Abgabe illegal. Aber logischerweise ist die Kontrolle der
Durchführungsbestimmungen Aufgabe der Länder. Hier
sind gerade die Länder gefordert, für eine bessere Kon-
trolle zu sorgen.

Wenn Sie schon unseren Gesetzentwurf ansprechen,
dann möchte ich Sie bitten, diesen richtig zu lesen. Sie

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(C (D ürfen nicht immer nur den letzten Satz eines Absatzes esen, weil das besonders bequem ist. (Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Tun Sie das bei uns auch?)


ie sollten vielmehr den Gesetzentwurf insgesamt
urchlesen. Dann sehen Sie: Darin wird klar und deut-
ich davon gesprochen, dass es eine Lenkungswirkung
ibt. Das hat auch die Anhörung ergeben. Aber zu den
nhalten der Anhörung hat die Kollegin Andreae schon
iniges gesagt.
Es ist scheinheilig, wenn die Spirituosenhersteller

ls Zeichen ihrer Verantwortung die Abgabe von Alko-
ol generell erst an Personen ab 18 Jahre erlauben wol-
en. Das ist eine Forderung, die wir gestern in allen gro-
en Zeitungen in halbseitigen Anzeigen lesen konnten.
s verwundert mich allerdings schon, dass die von der
nitiative „Verantwortungsbewusster Umgang mit Alko-
ol“ angegebene E-Mail-Adresse von einer Person an-
emeldet wurde, die als Kommunikationsberater bei
iageo arbeitet. Diageo ist eine Marketing- und Ver-
riebsgesellschaft, zu deren Sortiment unter anderem
Smirnoff“ gehört. Ist das Zufall oder der Versuch, die
ffentlichkeit zu täuschen? Sei es, wie es sei.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Unternehmen sind auf alle Fälle gefordert. Sie
üssen ihre Produkte und ihre Marketingaktivitäten so
estalten, dass sie nicht zu steigendem Alkoholkonsum
ei Jugendlichen und zu einem früheren Einstiegsalter in
as Alkoholtrinken führen.
Die Anhörung im Finanzausschuss hat nachdrücklich

ezeigt, dass die gewünschte Lenkungswirkung von ei-
er Steuer auf Alcopops ausgehen wird. Die meisten
achverständigen haben unseren Weg unterstützt, und
war insbesondere auch deshalb, weil die Mehreinnah-
en für die Prävention verwendet werden sollen. Wir
rauchen einen Mix von verschiedenen Maßnahmen, wir
rauchen die Lenkungswirkung der Steuern und vor al-
em eine stärkere Prävention. Beides erreichen wir mit
nserem Gesetzentwurf.


(Detlef Parr [FDP]: Da bin ich mal gespannt!)

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Jella Teuchner (SPD):
Rede ID: ID1510813300

Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich dem
ollegen Jens Spahn.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Haben die alle Alcopops im Blut?)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510813400

Frau Kollegin, wir haben kein schlechtes Gewissen.
ich stört während der ganzen Beratung, so auch in der
usschusssitzung, Ihr Verhältnis zu Bundesgesetzen. Es
ibt das Jugendschutzgesetz und es kann nicht sein, dass
ir sagen: Das Jugendschutzgesetz wird nicht umgesetzt






(A) )



(B) )


Jens Spahn

und deswegen müssen wir etwas anderes machen. Das
ist mir als Mitglied des Bundestags – wir sind der Bun-
desgesetzgeber – zu wenig. Wir müssen die Exekutive,
diejenigen, die die Gesetze ausführen, auffordern, dafür
zu sorgen, dass die Gesetze, die wir hier beschließen
– ich glaube, das Jugendschutzgesetz will keiner infrage
stellen –, auch um- und durchgesetzt werden. Mit einem
lapidaren „Das passiert halt nicht, da müssen wir etwas
anderes tun“ ist es nicht getan. Die Bundesregierung ist
in der Verantwortung, sie muss zusammen mit den Län-
dern dafür sorgen, dass die Bundesgesetze auch einge-
halten werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1510813500

Herrr Kollege, eine Kurzintervention ist dazu da, auf

die Rede der Vorgängerin oder des Vorgängers einzuge-
hen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510813600

Genau das tue ich. Frau Teuchner hat sehr viel zum

Jugendschutzgesetz gesagt. Sie hat vor allem davon ge-
sprochen, wie wenig es eingehalten wird.

Eines möchte ich aufgrund meiner Erfahrungen in
meiner Heimatstadt Ahaus abschließend sagen: Wenn
die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes nur halb so viel
kontrolliert würde wie das Falschparken, dann hätten wir
das Problem schon gut im Griff. Wir haben die Erfah-
rung gemacht, dass Kontrollen und Bußgelder zur Ver-
haltensänderung von Gastwirten, des Einzelhandels und
von Gastgebern von Partys führen. Ich denke, das wäre
der richtige Weg, statt immer über neue Maßnahmen
nachzudenken. Wir dürfen nicht so tun, als sei das Nicht-
einhalten von Gesetzen normal.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1510813700

Frau Kollegin Teuchner, bitte.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510813800

Herr Kollege Spahn, ich habe das Gefühl, dass Ihre

Ausführungen nicht sonderlich zielführend waren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist uns natürlich ein Anliegen, dass das bestehende
Jugendschutzgesetz eingehalten wird. Sie haben sich
wahrscheinlich den Satz gemerkt, dass die Länder die
Einhaltung kontrollieren müssen und die Kontrolle stär-
ker gefordert ist.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen: Ich war vor
14 Tagen an einer Tankstelle. Während ich meine Tank-
rechnung bezahlte, kam ein offensichtlich jugendlicher
Kunde mit einem Alcopop-Sixpack in der Hand an die
Kasse. Die Dame an der Kasse fragte ihn: Bist du schon
18? Daraufhin fuhr der Jugendliche die Verkäuferin an:
Wie könne sie sich überhaupt erlauben, ihn zu fragen, ob
er schon 18 sei. Er könne selber entscheiden, was er trin-
ken dürfe.


(Detlef Parr [FDP]: Was beweist das denn?)


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(C (D ein Auftreten und seine Wortwahl führten dazu, dass ie Verkäuferin nicht weiter nachfragte, sondern ihm die are verkaufte. ch denke, das ist auch in einigen anderen Bereichen so. o etwas muss durch die Länder kontrolliert werden. nd nur wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen nd uns nicht einseitig etwas vorwerfen, können wir die robleme lösen. Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin lla Heinen, CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol egen! Kurz nach der ersten Lesung des Gesetzentwurfes ur Alcopopsteuer Mitte März hier im Bundestag hat ich eine Gruppe von fast 100 Schülern aus den zehnten lassen eines Gymnasiums in meiner Heimatstadt Köln esucht. Was meinten die Jugendlichen zu dieser Deatte? Sie sagten, sie würden sich von einer Preissteigeung bei Alcopops überhaupt nicht beeinflussen lassen, ondern diese oder andere Drinks weiter konsumieren. ine Umfrage unseres lokalen Radiosenders unter Juendlichen hat ein ähnliches Bild ergeben. Bei einem esuch der Polizei in vier siebten Klassen eines Gymnaiums in Stuttgart haben die Schüler, die gerade einmal 3 Jahre alt sind, zugegeben, dass die Hälfte von ihnen chon einmal Alcopops probiert und konsumiert hat. Warum ist das so? Das Konsumbewusstsein und das onsumverhalten der Jugendlichen haben sich erheblich ewandelt. Fast jeder hat mittlerweile ein Handy und es st fast schon normal, für einen Kinobesuch mit Popcorn nd allem Drum und Dran an einem Abend 8 bis 0 Euro auszugeben. Alles, was trendy und cool ist, wird itgemacht und durch das entsprechende Taschengeld inanziert. Die Untersuchungen zum Alkoholkonsum von Ju endlichen im Rahmen einer WHO-Studie zeigen, dass esundheitsgefährdender Alkoholkonsum zurzeit vor alem und in steigendem Maße von Jugendlichen aus soial besser gestellten Familien praktiziert wird, denen lso, die über eine ausreichende Menge an Taschengeld erfügen. Es sei daher ebenfalls zu befürchten – so diese tudie –, dass der Konsum dieser Getränke bei Jugendlihen als sozial wirksames Statussymbol eingesetzt erde. Wenn diese Ergebnisse zutreffen, ist eine Besteue ung der Alcopops kein geeignetes Mittel, um bei Juendlichen einen veränderten Umgang mit Alkohol zu ewirken, im Gegenteil. Ich befürchte, dass dadurch die lcopops für Jugendliche interessanter werden. Wir meinen – das haben wir ausgeführt –: Wir brau hen andere Instrumente bzw. müssen vorhandene Intrumente – die es ja gibt – vernünftig anwenden. Wir Ursula Heinen haben ein Jugendschutzgesetz, das die Abgabe von branntweinhaltigem Alkohol an unter 18-Jährige verbietet. Warum aber steht das nicht an erster Stelle der Diskussion? Die Einführung einer Alcopopsteuer ist doch die Kapitulation des Gesetzgebers vor der Durchsetzungskraft seiner eigenen Gesetze! Diese Kapitulation geben Sie ja in einer in der Be schlussempfehlung erwähnten Entschließung – Frau Teuchner hat es gerade noch einmal erwähnt – zu. Ich zitiere den ersten Satz des zweiten Absatzes in der Entschließung: Das Jugendschutzgesetz greift bei Alcopops nicht. Warum denn nicht? So einfach dürfen Sie es sich nicht machen. Wenn bestehende Gesetze nicht wirken, müssen sie verändert oder abgeschafft werden. Einfach nur zu sagen, ein Gesetz wirkt nicht, ist doch wirklich nicht der richtige Weg. Es ist ein Zeichen Ihrer Hilflosigkeit. Wir haben deutlich gemacht, welche Maßnahmen wir verfolgen. An erster Stelle stehen die Durchsetzung und die Anwendung des Jugendschutzgesetzes. Das Kölner Beispiel aus dem Karneval, bei dem über 100 Jugendliche erwischt worden sind und sogar Kioske über die umsatzstarken Karnevaltage geschlossen wurden, hat gezeigt, dass es geht. Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schaaf? Ja. Sehr geehrte Frau Kollegin Heinen, würden Sie bitte freundlicherweise zur Kenntnis nehmen, dass es – das hat auch die Frau Kollegin Fischbach eben angemahnt – sich bei uns nicht um ein Entweder-oder handelt, also entweder Jugendschutzgesetz oder Steuer, sondern um ein Sowohl-als-auch? Würden Sie uns bitte erklären, was für die Betroffenen – für diejenigen, die wir durch den Jugendschutz schützen wollen – daran schädlich ist, wenn wir die Mehreinnahmen aus der Steuer einsetzen, um junge Menschen davor zu bewahren, zu Alkohol zu greifen und alkoholabhängig zu werden? Würden Sie uns freundlicherweise erklären, wodurch dieses Gesetz den jungen Menschen, die wir schützen wollen, schadet? (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie müssen das durchbringen, damit Sie Ihre Prävention bezahlen können!)


(Detlef Parr [FDP]: Was beweist denn das?)


(Beifall bei der SPD)

Jella Teuchner (SPD):
Rede ID: ID1510813900

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510814000




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(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ursula Heinen (CDU):
Rede ID: ID1510814100
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510814200
Ursula Heinen (CDU):
Rede ID: ID1510814300

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Wenn Sie es mit dem Jugendschutz tatsächlich ernst einen, dann kann ich Ihnen nur raten, Ihren Entschlieungsantrag heute wieder von der Tagesordnung zu nehen und nicht darüber abstimmen zu lassen; (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1510814400

enn darin steht das glatte Gegenteil von dem, was Sie
erade behauptet haben. Ich möchte gerne einmal wis-
en, was Sie meinen, wenn Sie dort schreiben: Jugend-
chutz greift nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Nennen Sie doch mal Beispiele!)


Ich hatte Beispiele erwähnt, unter anderem das aus
öln.
Aber es gibt noch weitere: In Neumarkt, in Bayern,

at sich ein Festwirt entschlossen, gar keine Alcopops
uszuschenken. Das scheint in Bayern um sich zu grei-
en. Denn meine Kollegin Kaupa, unsere Drogenbeauf-
agte, hat mir gerade erzählt, dass sich auch in Passau
in Tankstellenpächter entschieden hat, gar keine Alco-
ops mehr zu verkaufen, weil ihm die Regelungen der
bgabe zu kompliziert sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Simone Violka [SPD]: Super! Genau!)


In Sindelfingen hat die örtliche Polizei bei Schülern,
ltern, Lehrern und Herstellern eine Präventionskampa-
ne durchgeführt. Dazu hat es mittlerweile von Polizei-
ienststellen aus dem gesamten Bundesgebiet über
00 Anfragen gegeben. Diese Beispiele zeigen, wie man
orgehen könnte und wie unsinnig letztlich Ihre Behaup-
ng ist, dass der Jugendschutz nicht greift. Man muss
n nur greifen lassen. Man muss ihn wollen und auch
nwenden.
Lassen Sie mich noch auf ein Problem zu sprechen

ommen, das hier schon angesprochen worden ist, das
urch die Steuer aber überhaupt nicht gelöst wird.


(Unruhe bei der SPD)

Es wäre schön, wenn Sie zuhören würden; denn ich
laube, es gibt noch zusätzliche Möglichkeiten, etwas zu
n. Dann merken Sie vielleicht auch, dass die Steuer
icht der richtige Weg ist.
Das Problem, das nicht gelöst ist, besteht im Erfin-

ungsreichtum bzw. – neudeutsch formuliert – in der In-
ovationsfähigkeit von Jugendlichen und Industrie glei-
hermaßen. Auch die Anhörung hat ganz deutlich
rgeben, dass sich Jugendliche ihre Getränke häufig sel-
er mixen. Zum Beispiel mixen sie in Schnullerflaschen
maretto mit Orangensaft oder ähnliche Kombinationen.
Aber es gibt auch schon erste Belege für die Ideen-

ielfalt der Getränkeindustrie bzw. der Hersteller,

(Zuruf von der SPD: Lobbyisten!)


eispielsweise durch eine Änderung der Zutaten.

(Zuruf von der SPD: Wodka durch Rum ersetzen, oder was?)







(A) )



(B) )


Ursula Heinen

„Malternatives“ heißt das Zauberwort. Gemeint ist das
Verfahren, aus Malz nicht gebrannten Alkohol herzustel-
len. In den USA sind diese Drinks schon gang und gäbe.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Produkte infolge
der Alcopopsteuer auch bei uns auf den Markt kommen.

Andere Produkte sind „Mudshakes“, Milchmixge-
tränke mit – man höre – Wodka, die aus Neuseeland
kommen. Bisher gibt es die Geschmacksrichtungen
Schokolade, Karamell und Eiskaffee. Wegen ihres hohen
Milchgehalts unterliegen diese Produkte bei uns noch
nicht einmal der Pfandpflicht. Es wird also in die eine
Tasche das gegeben, was aus der anderen Tasche genom-
men wurde.


(Heiterkeit des Abg. Andreas Scheuer [CDU/CSU])


Was ist das Fazit? – Das Gesetz wird den Alkohol-
konsum von Jugendlichen nicht eindämmen, sondern ihn
wahrscheinlich auf andere Produkte lenken, wie es auch
in Frankreich infolge der Einführung der ersten Alco-
popsteuer geschehen ist. Das hat auch eine repräsenta-
tive Forsa-Umfrage ergeben, bei der 700 junge Men-
schen zwischen 14 und 20 Jahren befragt wurden: Über
63 Prozent der Befragten würden bei einer Sondersteuer
auf Alcopops andere alkoholische Getränke konsumie-
ren. Über 39 Prozent der Befragten würden bei einer
Alcopopsondersteuer Bier- und Biermischgetränke trin-
ken. Nur 5 Prozent der Befragten zwischen 14 und
17 Jahren würden bei einer Sondersteuer gar nichts mehr
trinken.


(Florian Pronold [SPD]: Na, immerhin! – Weiterer Zuruf von der SPD: Gar nichts mehr? Das ist aber auch nicht gut!)


Ihre Antwort darauf – man muss Ihren Text ja auch wei-
ter lesen – besteht darin, die Steuer auf Alcopops auf an-
dere Produkte auszudehnen.

Meine Damen und Herren, das ist nicht der richtige
Weg. Lassen Sie uns an die Wurzel des Problems gehen,
das Jugendschutzgesetz besser anwenden, vor allem aber
auch bestehende Straf- und Bußgeldvorschriften durch-
setzen. Kapitulieren Sie nicht; die Steuer hilft höchstens
kurzfristig.

Ich bin mir sicher: Wenn Sie im nächsten Jahr Ihren
Bericht über die Marktentwicklung von Alcopops und
vergleichbaren Getränken vorlegen, werden wir sehen,
welche Verschiebungen oder sogar Intensivierungen des
Konsums es gegeben hat. Lassen Sie uns den Alkohol-
konsum von Jugendlichen wirksam bekämpfen! Lassen
Sie uns die bestehenden Gesetze anwenden und nicht
ständig neue erfinden!

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


Ursula Heinen (CDU):
Rede ID: ID1510814500

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den

Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen

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(C (D ingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung es Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkoolund Tabakkonsums, Drucksache 15/2587. Der Finanzausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be chlussempfehlung auf Drucksache 15/3084, den Geetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich itte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Auschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeihen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Geetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/CSU nd der FDP angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimen der CDU/CSU und der FDP angenommen. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 15/3084 empfiehlt der Ausschuss, eine Entchließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist mit demselben Stimmenerhältnis angenommen. Tagesordnungspunkt 5 b. Beschlussempfehlung des usschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend uf Drucksache 15/3085. Der Ausschuss empfiehlt unter r. 1 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des ntrages der Fraktion der CDU/CSU auf Druckache 15/2646 mit dem Titel: „Verbesserung der Maßahmen zum Schutze der Kinder und Jugendlichen vor lkoholsucht“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehung? – Gegenprobe? – Enthaltungen? – Die Beschlussmpfehlung ist mit den Stimmen der Koalition gegen die timmen der CDU/CSU bei Enthaltung der FDP angeommen. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt er Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion er FDP auf Drucksache 15/2619 mit dem Titel: „Besseer Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Missrauch von Alcopops und anderen alkoholischen Readyo-Drink-Getränken“. Wer stimmt für diese Beschlussmpfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Bechlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalition egen die Stimmen der FDP bei Enthaltung der CDU/ SU angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6 a und 6 b sowie ie Zusatzpunkte 3 und 4 auf: 6 a)


Fischer (Karlsruhe-Land), Katherina Reiche,
Thomas Rachel, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Nanotechnologische Forschung und Anwen-
dungen in Deutschland stärken
– Drucksache 15/2650 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-
dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

(17. Ausschuss) gemäß § 56 a der Geschäftsord-

nung
Technikfolgenabschätzung
hier: TA-Projekt – Nanotechnologie
– Drucksache 15/2713 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Burchardt, Jörg Tauss, Rainer Arnold, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Grietje Bettin,
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN
Aufbruch in den Nanokosmos – Chancen nut-
zen, Risiken abschätzen
– Drucksache 15/3051 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

ZP 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike
Flach, Cornelia Pieper, Christoph Hartmann

(Homburg), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der FDP
Forschung und Entwicklung in der Nanotech-
nologie voranbringen
– Drucksache 15/3074 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

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(C (D Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Ulla Burchardt, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Wer sich dem Nanokosmos nähert, der Welt diees fast unvorstellbar Kleinen, muss einfach fasziniert ein – mir zumindest geht das so. Wovon reden wir? Wie lein ist diese Dimension? Um der Vorstellung auf die prünge zu helfen, finde ich, nützt mehr als Zahlen ein llustrierender Vergleich des Nanoforschers Heckl. Er at beschrieben: … ein Nanoteilchen verhält sich … zu einem Fußball wie ein Fußball zur Erdkugel. Experten prognostizieren: Die Nanotechnologie wird n den nächsten zehn bis 20 Jahren die nächste industrille Revolution hervorbringen und sie wird unser Leben ehr verändern, als es die Mikroelektronik bislang verocht hat, die uns den PC, das Internet und andere inge gebracht hat. Das wird plausibel, wenn man sich orstellt, dass mit Hilfe der Nanotechnologie zum Beipiel Millionen von Bits an Information auf einem tecknadelkopf unterzubringen sein werden oder bei rodukten so extreme Einsparungen an Rohstoff, Geicht und Material möglich sind, dass die ökologische ffizienzrevolution in greifbare Nähe rückt. Maßgechneiderte Medikamente oder gar die direkte Behandung kranker Zellen könnten möglich werden. Doch bei aller Faszination plädiere ich sehr dafür, auf em Boden der Tatsachen zu bleiben: Viele Anwendunen befinden sich noch im Reich der Ideen. Und wie jeer technische Fortschritt ist auch der nanotechnologiche janusköpfig: Unerwünschte Folgen für Umwelt und esundheit sind möglich, sie sind bislang weitgehend nerforscht. Experten der Bundeswehr befürchten schon etzt neue Risiken für die internationale Sicherheit, etwa as In-Gang-Setzen einer neuen Rüstungsspirale und ine erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen militärischen rstschlag. Das alles haben interessierte Leserinnen und eser schon im letzten Jahr in der „Welt“ nachlesen könen. Angesichts der wirtschaftlichen Potenziale der Nano echnologie, vor allen Dingen aber wegen ihrer weit reihenden Wirkungen auf das individuelle wie soziale Leen halten wir von der SPD-Bundestagsfraktion und von er Koalition insgesamt eine breite gesellschaftliche Deatte für absolut überfällig. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510814600

ir sagen: Nanotechnologie muss raus aus den reinen
xpertenzirkeln. Deswegen haben wir SPD-Forschungs-
olitiker zusammen mit unseren Kollegen aus den Berei-
hen Wirtschaft, Umwelt, Sicherheit, Verbraucherpolitik
nd anderen relevanten Arbeitsgruppen einen Antrag er-
rbeitet und eingebracht. Wir knüpfen in der SPD-Bun-
estagsfraktion sozusagen ein Nanonetzwerk


(Ulrike Flach [FDP]: So klein?)

nd werden die Entwicklung kontinuierlich begleiten.






(A) )



(B) )


Ulla Burchardt

Der Deutsche Bundestag hat sich gut beraten lassen:

Vor drei Jahren hat der Forschungsausschuss beim Büro
für Technikfolgenabschätzung die erste umfassende sys-
tematische Bestandsaufnahme in Auftrag gegeben. Das
Ergebnis liegt vor. Die TAB-Studie stellt in hervorragen-
der Weise dar, was Nanotechnologie ist, kann und mög-
lich machen könnte. Sie gibt einen Überblick über aktu-
elle und potenzielle Anwendungen in wichtigen Feldern
wie Medizin, Energienutzung, Rüstung sowie in allen re-
levanten Branchen im Lowtech- und Hightechbereich.
Sie stellt die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten
Deutschlands im internationalen Vergleich ebenso dar
wie den Stand der öffentlichen Debatte, die in anderen
Ländern längst begonnen hat. Sie setzt sich – das ist ganz
wichtig, um der Nanotechnologie wirklich zum Durch-
bruch zu verhelfen – mit den Heils- und Horrorvisionen
auseinander, die durch die Gegend geistern. Sie liefert
eine rationale Bewertung der Chancen ebenso wie der
Risiken und sie identifiziert den weiteren politischen
Handlungsbedarf.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Als wir vom Forschungsausschuss im Herbst letzten
Jahres diese Studie präsentiert haben, haben alle Fraktio-
nen dieses Hauses gesagt, das sei eine prima Sache, und
die Studie für ihre Ausgewogenheit gelobt. Wenn ich mir
aber nun die Anträge von Union und FDP ansehe, dann
finde ich es erstaunlich, wie selektiv die FDP mit den
Handlungsempfehlungen umgeht.


(Jörg Tauss [SPD]: So sind die!)

Zum Antrag der CDU/CSU muss ich sagen: Liebe Kol-
leginnen und Kollegen, Sie fallen weit hinter den wis-
senschaftlichen Erkenntnisstand zurück.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir von der Koalition greifen dagegen die Empfehlun-
gen der TAB-Studie in allen Teilen auf.

Diese Studie hat der Forschungs- und Förderpolitik
der Bundesregierung ein exzellentes Zeugnis ausgestellt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Quintessenz des internationalen Vergleichs: Deutschland
ist hervorragend aufgestellt – weltweit Rang drei bei den
Publikationen und Rang zwei bei den Patentanmeldun-
gen; in Europa sind wir sogar Nummer eins, auch was
die Zahl der Firmen mit Bezug zur Nanotechnologie an-
geht.

Entscheidend für diese starke Position ist die For-
schungsförderung durch Rot-Grün. Dazu drei Kennda-
ten: Die Höhe der Projektmittel wurde seit 1998 vervier-
facht. Die öffentliche Förderung ist in Deutschland
höher als in den anderen EU-Staaten zusammen. Mit
dem strategischen Aufbau von Infrastruktur – ich nenne
nur das Stichwort Kompetenzzentren – wurde bereits
zwei Jahre vor den USA begonnen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Angesichts dessen dürfte eigentlich auch die Opposiion kein Haar in der Suppe finden. Aber sie findet es, ndem sie einen Vergleich der Höhe der Fördermittel in er Bundesrepublik und den USA konstruiert. Ich sage hnen: Das ist unseriös. Seriös wäre ein solcher Verleich, wenn man ihn zwischen EU und USA anstellen ürde. Dann würde man feststellen, dass EU und USA leichauf liegen. In Europa hat Deutschland den größten nteil an Fördermitteln. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


lles in allem: Wir reden also nicht nur von Innovations-
örderung, wir betreiben sie, und das ausgesprochen er-
olgreich.
Mit dem neuen Rahmenkonzept „Nanotechnologie

robert Märkte“ hat das BMBF die weitere nationale
trategie abgesteckt. Diese begrüßen wir ausdrücklich.
ie Grundlagenforschung ist exzellent. Das muss so
leiben. Nun kommt es darauf an, Anwendungen und
amit Markt- und Beschäftigungspotenziale durch For-
chungskooperationen entlang von Wertschöpfungsket-
en weiter zu erschließen. Leitinnovationen sind der
ichtige Ansatz. Richtig ist auch – auch das ist in dem
onzept vorgesehen – eine Aktion zur Stärkung des Mit-
elstandes und junge Unternehmen sowie Unterneh-
ensneugründungen zu fördern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In dem Rahmenkonzept steht noch viel mehr. Ich
erde mich auf diese kurzen Anmerkungen beschrän-
en. Weiteres wird die Ministerin im Verlauf der Debatte
eutlich machen.
Klar ist: Eine Strategie, die nur die Wirtschaft im
lick hat, reicht nicht zur Förderung von Innovationen
us.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


it Blick auf die Anträge der Opposition: Sie bleiben
it Ihren Forderungen auf halbem Wege stecken, weil
ie auf einem Auge blind sind.
Für uns sind die Bürger nicht nur Wirtschaftsobjekte

nd die Gesellschaft ist mehr als die Wirtschaft. Wir
ollen den gesellschaftlichen Aufbruch in den Nanokos-
os und die Chancen des nanotechnologischen Fort-
chritts im Interesse der Menschen nutzen – für mehr Le-
ensqualität, Gesundheit, eine intakte Umwelt und die
ersönliche Freiheit. Dies ist ein fundamentaler Unter-
chied zu Ihnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nun ist die Zeit der Weichenstellungen gekommen,
m zu zeigen, in welche Richtung die Entwicklung geht.
ir wollen eine nachhaltige Entwicklung und haben die
nterschiedlichen Ansatzpunkte in unserem Antrag auf-
elistet. Ich greife vier Bereiche heraus:






(A) )



(B) )


Ulla Burchardt

Erstens, Bildung und Ausbildung. Wir gehen davon

aus, dass die Nanotechnologie das gesamte Bildungswe-
sen – angefangen beim Schulunterricht über die Erstaus-
bildung und das Studium an den Universitäten bis hin
zur Weiterbildung – vor völlig neue Herausforderungen
stellt. Hier ist nicht nur das Bundesministerium für Bil-
dung und Forschung gefragt, dessen Rahmenkonzept im
Übrigen auch flankierende bildungspolitische Aktivitä-
ten enthält. Im bildungspolitischen Teil des Antrags der
CDU/CSU kommt jedoch ein Bildungszentralismus zum
Ausdruck, angesichts dessen die Länder, insbesondere
die unionsregierten Länder, eigentlich ganz laut auf-
schreien müssten.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir dagegen respektieren den Bildungsföderalismus.
Deswegen fordern wir eine gemeinsame Bildungsinitia-
tive von Bund und Ländern. Hierbei sehen wir uns vom
FDP-Antrag unterstützt.

Zweitens, Überprüfung des Rechtsrahmens. Eine
systematische Überprüfung ist notwendig, um alle Chan-
cen zu nutzen und um Risiken vorzubeugen. Deswegen
möchten wir, dass die Bundesregierung dem Bundestag
im nächsten Herbst einen Bericht vorlegt, sodass das
Parlament frühzeitig über den etwaigen Handlungs- und
Reformbedarf beraten kann.

Drittens, Rüstungskontrolle. Sicherheitsrelevante
Entwicklungen der Nanotechnologie müssen verstärkt
Gegenstand der internationalen Forschungskooperation
und der internationalen Politik werden. Im Übrigen zu
dem, was im im FDP-Antrag steht: Ein Missbrauch
durch Staaten ist eher wahrscheinlich als durch Terroris-
ten. Deswegen muss die Nanotechnologie Bestandteil
von Rüstungskontrollverhandlungen werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Viertens, öffentliche Information und Diskussion über
Chancen und Risiken. Es ist nun wirklich eine Binsen-
weisheit, dass Technikakzeptanz die essenzielle Voraus-
setzung für Innovationen ist. Sie lässt sich nicht staatlich
verordnen. Deswegen wollen wir allgemein zugängliche
und gut verständliche Informationen für alle Bürger und
einen Dialog zwischen Wissenschaftlern, Unternehmen
sowie Bürgerinnen und Bürgern. Das ist ebenfalls ein
Stück Innovation und ein wichtiger Impuls für das de-
mokratische Gemeinwesen.

Wer jetzt wieder sagt, das sei eine rot-grüne Speziali-
tät, dem antworte ich: Schauen Sie über den nationalen
Tellerrand hinaus in die USA. Der amerikanische Senat
hat schon vor einem Jahr öffentliche Anhörungen zu die-
sem Thema durchgeführt, sowohl mit Kritikern als auch
mit Protagonisten. Dabei ist ein Gesetz herausgekom-
men, welches vorgibt, dass gesellschaftliche, ethische
und Umweltbelange von Forschern wie der Politik be-
rücksichtigt werden müssen.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1510814700

Frau Kollegin!

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(C (D Wir meinen, dass wir nicht unbedingt ein Gesetz ha en müssen. Der öffentliche Dialog ist aber essenziell. er Bundestag wäre gut beraten, hierbei eine aktive olle zu spielen. Ich komme zum Schluss. Regierung und Koalition aben die nächste Stufe auf dem Weg zur Eroberung des anokosmos gezündet. Wir laden Sie ganz herzlich ein, it an Bord zu kommen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510814800


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1510814900

Das Wort hat der Kollege Axel Fischer, CDU/CSU-

raktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben von
er SPD-Kollegin Burchardt eben das gehört, was wir
rwartet haben, nämlich eine Lobeshymne auf die SPD-
inisterin. Außer dem Lob für die eigene Regierung je-
och kam nicht viel herüber. Frau Burchardt, wir werden
ns in dieser Debatte und auch in der zweiten und dritten
esung inhaltlich noch einmal über die Anträge unter-
alten.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, dieses gesamte

eld in einen allgemeinen Kontext zu stellen und einen
berblick darüber zu geben, in welchem Rahmen wir
ier diskutieren: Die wirtschaftliche Entwicklung in un-
erem Lande lahmt, die Arbeitslosigkeit steigt immer
eiter an, unser Sozialstaat wird seit Jahren nur noch auf
ump aufrechterhalten,


(Ute Berg [SPD]: Immer die alte Leier, egal, worüber wir hier reden!)


eutschland erfüllt seit Jahren die Maastricht-Kriterien
icht mehr, der Verkauf der Goldreserven als letzter Re-
erve soll von der sinkenden Kreditwürdigkeit unseres
andes ablenken,


(Jörg Tauss [SPD]: Er hatte gestern Geburtstag! Lassen wir ihn also!)


ie Mittel für Investitionen im Bundeshaushalt sind ge-
inger als die Neuverschuldung und die Bundesregierung
erweigert sich weiterhin hartnäckig, notwendige Refor-
en zum Wohle der Menschen im Lande anzugehen.


(Ulrich Kasparick [SPD]: Falsch!)

All Ihre Versuche, eine dynamische Wirtschaftsent-
icklung herbeizureden oder durch planwirtschaftliche
ingriffe in die Marktwirtschaft künstlich zu erzeugen,
ind fehlgeschlagen. Der Erhalt überkommener Struktu-
en durch Rot-Grün mit hohen Kosten für die Allgemein-
eit verhindert jede wirtschaftliche und gesellschaftliche
ntwicklung zum Besseren. Was bleibt, sind weithin
ichtbare Investitionsruinen und ist in volkswirtschaft-
ich schädlichen Konjunkturprogrammen verbranntes
eld, das für ertragreiche Zukunftsinvestitionen fehlt.






(A) )



(B) )


Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)


Im Forschungshaushalt fehlt das Geld an allen Ecken

und Enden. Da werden reihenweise zukunftsträchtige
Programme gekürzt. In den Universitäten und bei Groß-
forschungseinrichtungen muss Personal abgebaut wer-
den, während an anderen Stellen Gelder in sinnlose Ver-
wendungen gelenkt werden. Gleichzeitig verliert auch
der Mittelstand, der unter den Gesichtspunkten der öko-
nomischen Dynamik, der Innovationsfähigkeit, der Of-
fenheit für Neuerungen, aber auch der Schaffung von
Arbeitsplätzen und sozialen Stabilisierung so wichtig ist,
immer mehr an Bedeutung.

Unter den Lasten einer überregulierten Bürokratie
und der erdrückenden sozialen Pflichten schwindet das
heutige und auch zukünftig nutzbare wirtschaftliche Po-
tenzial immer weiter.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Bei welchem Thema sind Sie gerade?)


Es kann wirklich nicht verwundern, wenn sich vielerorts
– beileibe nicht nur in den neuen Bundesländern – Per-
spektivlosigkeit breit gemacht hat.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Ist Ihnen das nicht selbst peinlich?)


Die ständig steigende Unsicherheit in der Bevölkerung
über das, was kommt, ist in Deutschland mittlerweile auf
breiter Front in ein Klima starker Beunruhigung und gro-
ßer Ängste breiter Bevölkerungsschichten umgeschla-
gen.

Nicht nur bei Älteren hat sich längst Hoffnungslosig-
keit breit gemacht. Große Teile der jungen Generation
sprechen unserem Land auf seinem jetzigen Kurs die Zu-
kunftsfähigkeit ab. Viele, beileibe nicht nur geistig Min-
derbemittelte, Alte oder schlechter Qualifizierte, verlas-
sen ihre Heimat und suchen ihr persönliches und
berufliches Glück in anderen Ländern.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Peinlich! – Ulla Burchardt [SPD]: Thema verfehlt!)


Die Abstimmung mit den Füßen über die Attraktivität
unseres Landes als Lebens-, Wissenschafts- und Wirt-
schaftsstandort ist in vollem Gange.


(Jörg Tauss [SPD]: Wann wandern Sie aus? Tun Sie mir den Gefallen!)


Junge Forscher kehren dem Land ebenso wie viele junge
und auch ältere Unternehmer den Rücken. Die Rahmen-
bedingungen sind in anderen Ländern offenbar deutlich
besser als bei uns zu Hause.

Wenn wir saldieren, wer zu uns ins Land kommt und
wer geht, dann wird deutlich, in welche Richtung diese
Bundesregierung unser Land führt. In dieser Situation
suchen die Menschen, die zurückgeblieben sind, nach
Orientierung und Halt. Viele setzen ihre Hoffnungen auf
Zukunftstechniken, die viel versprechende, verheißungs-
volle Anwendungen prophezeien. Inwieweit sich diese
Hoffnungen erfüllen, ist a priori offen. Ein solcher Hoff-
nungsträger ist heute eindeutig die Nanotechnologie.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD: Ah! – Weiterer Zuruf von der SPD: Er kommt zum Thema)


Der Bericht des Büros für Technikfolgenabschät-
ung beim Deutschen Bundestag zur Nanotechnologie
eigt viele Chancen auf, die jetzt und in naher Zukunft
m Zuge der Anwendung und Verbreitung der Nanotech-
ik von und zum Wohle der Menschen hier im Land er-
riffen werden müssen. Neue Ideen und neue Initiativen
ür neue Produkte sollen breite Anwendungsfelder er-
chließen. Es besteht die Hoffnung, dass mit der Nano-
echnik die wirtschaftliche Lethargie in unserem Land
berwunden werden kann, dass mit der Nanotechnik ein
eg zurück zu wirtschaftlichem Wachstum, für mehr
rbeitsplätze und weiter steigendem Wohlstand in
eutschland eingeschlagen werden kann.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Standort Deutschland ist im Bereich der Nano-

echnologieforschung derzeit international auf höchstem
iveau. Zahlen zum Publikationsaufkommen und die
nzahl der Patentanmeldungen belegen dies. Allerdings
ind die jährlichen Wachstumsraten bei der Anzahl na-
otechnologischer Patentanmeldungen in Deutschland
her unterdurchschnittlich. Dies weist auf Probleme bei
er wirtschaftlichen Verwertung der vorliegenden For-
chungsergebnisse hin. Zwar haben einige nanotechno-
ogische Verfahren und Produkte ihren Weg in den
arkt bereits gefunden, jedoch kann von einer umfas-
enden Marktdurchdringung nicht gesprochen werden.
uch der anhaltende Mangel an Ingenieuren und Natur-
issenschaftlern ist eine zunehmende Gefahr für
eutschlands Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der Na-
otechnik.
Die Nanotechnik ist Hoffnungsträger für den Mittel-

tand wie für die Industrie und soll auch ein Hoffnungs-
räger für junge Unternehmer und Wissenschaftler wer-
en. Es gilt jetzt, folgende Fragen zu beantworten: Kann
ie Nanotechnik die in sie gesetzten Erwartungen mit
lick auf neue volks- und betriebswirtschaftlich rentable
rodukte und Dienstleistungen mit hoher Wertschöpfung
rfüllen? Kann der Hoffnungsträger den hoch gesteckten
rwartungen halbwegs gerecht werden? Nicht zuletzt:
as müssen wir dafür tun, um Erfolg zu haben?
Die Antwort auf die letzte Frage ist einfach. Die Wei-

hen in Deutschland sind so zu stellen, dass die hervor-
agenden Ergebnisse der nanotechnologischen Grundla-
enforschung verstärkt in die Produktion marktfähiger
rodukte mit einer hohen Wertschöpfung im Inland ein-
ünden. Deutschland muss in der Nanotechnologie
öglichst bald auf breiter Front den Sprung von der For-
chung in die Anwendung hinein schaffen. Transferpro-
esse – von den Erkenntnissen aus Forschung und Ent-
icklung bis zur Vermarktung – müssen deutlich
chneller werden. Grundlage dafür ist die Verbesserung
er Rahmenbedingungen für Forschung und Entwick-
ung entlang der gesamten Prozesskette.
Es ist vor diesem Hintergrund erfreulich, dass Sie,

rau Bulmahn, Anfang März des Jahres angekündigt ha-






(A) )



(B) )


Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)


ben, eine Innovationsoffensive zur Nanotechnologie zu
starten. Angesichts der Bedeutung dieser Schlüsseltech-
nologie ist eine strategische Förderung dieses Bereichs
überfällig. Es wäre schön gewesen, wenn die Bundesre-
gierung auch ausreichend Geld zur Verfügung gestellt
hätte. Unerfreulich ist es daher, dass im Haushalt 2004
Titel im Bereich der Nanoforschung gekürzt werden.

Über den Erfolg und Misserfolg der Entwicklung und
Markteinführung neuer Techniken entscheidet zum
Glück nicht nur das Ausmaß der verwendeten öffentli-
chen und privaten Mittel. Mindestens genauso wichtig
für den Erfolg sind die sonstigen Rahmenbedingungen
für die Forscher an ihren Forschungseinrichtungen und
für die Unternehmer auf den entsprechenden Märkten
für Güter und Dienstleistungen. Bekannt sind uns allen
die Klagen über ein unerträgliches Übermaß an Bürokra-
tie in Deutschland. Das betrifft auch die Forschung.
Kontakte zwischen Ministerien und Wissenschaftlern
mögen das erfreulich hohe Erkenntnisinteresse der Be-
amten befriedigen, den Nutzen für unser Land erzeugen
aber die Wissenschaftler mit ihrer Forschungsarbeit. Die
Beschäftigung hoch qualifizierter Wissenschaftler mit
immer aufwendigeren Anträgen für Projektmittel und
Ähnliches bringt sicherlich keinen zusätzlichen gesell-
schaftlichen Nutzen. Sie behindert die eigentlichen For-
schungsaktivitäten und belastet zunehmend die Motiva-
tion der Forscher.


(Jörg Tauss [SPD]: Wie in den USA!)

Wenn man von Wissenschaftlern hinter vorgehaltener

Hand Äußerungen hört wie „Früher zählte das Erreichte,
heute reicht das Erzählte“, dann mag das als Ausdruck
leichter Verstimmung über das Vorgehen einer zentralis-
tischen Forschungsbürokratie vielleicht ein wenig pau-
schal sein. Es verdeutlicht aber die herrschende Stim-
mung und lenkt das Augenmerk auf eine zentrale
Schwäche nicht nur unseres Forschungssystems: seine
Langsamkeit.

Der Zeitraum von der erfolgreichen Erfindung bis zur
Umsetzung in marktfähige Produkte ist in Deutschland
deutlich länger als in anderen Ländern. Vielleicht führen
gerade die Bemühungen in Deutschland zur staatlichen
Feinsteuerung des Engagements Einzelner dazu, dass
Erfolge ausbleiben und selbst viel versprechende Schlüs-
seltechniken mit öffentlichen Mitteln auf den Markt ge-
bracht und teilweise dort noch gehalten werden müssen.

Wir brauchen eine tief greifende Entbürokratisierung
der Forschungsförderung und eine Verlagerung der
Entscheidungskompetenz über die Mittelvergabe näher
hin zu den Forschern selbst.


(Jörg Tauss [SPD]: So wie wir es gemacht haben!)

Im Gegenzug müssen die Forscher dann auch einen Teil
der Verantwortung für den Erfolg der Verwendung der
Mittel übernehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Ach? Das ist ja Bürokratie!)


Die Bewertung des Mitteleinsatzes muss sich in der
Grundlagenforschung wieder an den langfristigen realen

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(C (D rfolgen als Resultat der Forschung messen lassen und eniger an hypothetischen Abhandlungen über etwaig estehende Aussichten auf solche Erfolge. Um die wirtschaftlichen Potenziale aus der Erfor chung der Nanotechnologie für unser Land nutzbar zu achen, brauchen wir notwendig die wirtschaftliche reiheit, diese Forschungsergebnisse rasch und gewinnringend in marktfähige Produkte umzusetzen. Für innoative Branchen benötigen wir eine neue Politik, das eißt: höhere Priorität für Bildung und Forschung im undeshaushalt und gezielte Förderung der Zusammenrbeit von Forschung und Unternehmen etwa durch eine orschungsprämie für kleine und mittelständische Unernehmen. Es ist auf jeden Fall begrüßenswert, wenn die öffentli he Hand mehr Geld für Zukunftsinvestitionen erübrigt. ichtiger ist aber, die unbürokratische Umsetzung dieses eldes in Ideen und Produkte zu gewährleisten. Gefordert ind neue, dynamische Elemente für eine dezentrale Förerung wie zum Beispiel eine stärkere Unterstützung von nternehmensausgründungen aus Hochschulen oder aneren Forschungseinrichtungen. Wir müssen junge Wissenschaftler dabei unterstützen, us einer guten Idee ein Produkt zu machen. Wir müssen ie motivieren, in Deutschland entweder in der Forchung zu bleiben oder vermehrt als junge Hightech-Unernehmer Verantwortung für unser Land zu übernehen. ochschulen und Forschungseinrichtungen könnten idele Kristallisationspunkte für solche Unternehmensgrünungen sein. Das Wissen der seit 1998 arbeitenden ompetenzzentren Nanotechnologie sollte stärker geutzt werden und insbesondere auch für kleine und mittere Unternehmen nutzbar gemacht werden. Die angeblich neue Nanotechnologiepolitik der Bun esregierung beseitigt nicht die offensichtlichen Mängel ehlender Freiheit und grenzenloser Bürokratie im Forchungswie im Wissenschaftsbereich. Sie erschöpft ich wieder in dem bekannt sozialistisch-erfolglosen, entralistisch-planwirtschaftlichen Ansatz. (Jörg Tauss [SPD]: Oh! Das ist ja nicht zum Aushalten!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie beschränken sich in Ihrer Offensive auf vier ver-
eintlich zukunftsträchtige Anwendungsbereiche.
Die zu Recht hoch gesteckten Erwartungen der Men-

chen an die Entwicklung der Nanotechnik für den
ohlstand in Deutschland werden jedenfalls mit dem
on Ihnen vorgelegten Programm nicht erfüllt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulrike Flach Das Wort hat der Kollege Hans-Josef Fell, Bünd is 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Fischer, wenn Ihnen Ihre Fraktion schon keinen eigenen Redebeitrag zum Schlechtreden der deutschen Wirtschaft zugesteht, dann sollten Sie auch diese Forschungsdebatte nicht dazu missbrauchen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Axel E. Fischer [KarlsruheLand] [CDU/CSU]: Das sind die Rahmenbedingungen!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510815000




(A) )


(B) )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510815100

Meine Vorrednerin Frau Burchardt hat – auch Sie ha-
ben das zum Teil getan – bereits in vielfacher Hinsicht
auf die großen Chancen der Nanotechnologie hingewie-
sen. Auch wir Grünen sehen diese Chancen und wollen
sie in großem Umfang nutzen, auch zugunsten einer er-
folgreichen wirtschaftlichen Entwicklung.

Die unter der rot-grünen Bundesregierung aufgebaute
führende Rolle Deutschlands in der Forschung und
Entwicklung der Nanotechnologie gilt es weiter zu stär-
ken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Deswegen begrüßen wir, dass die Bundesregierung mit
der Vorstellung des neuen Rahmenkonzeptes „Nanotech-
nologie erobert Märkte“ wichtige Schwerpunktsetzun-
gen vorgenommen hat. Es ist richtig, dass die Stärken
der deutschen Industrie in den Bereichen Automobilin-
dustrie, optische Industrie, Pharma- und Medizintechnik
sowie Elektronik mit der Nanotechnologie gestärkt wer-
den und die Industriezweige dadurch neue Wettbewerbs-
vorteile auf dem Weltmarkt bekommen.

Wir müssen auch die anderen deutschen Spitzenbran-
chen stärken, vor allem im Bereich der Umwelttechnologie,
Energietechnologie und Biotechnologie. Ich will einige
Beispiele für das Innovationspotenzial der Nanotechno-
logie in diesen Bereichen geben:

Bereits in der Anwendung befindliche chemische
Schichten als Ersatz für Anti-Fouling-Anstriche von
Schiffen sind ein Beispiel für das Potenzial, welches die
Nanotechnologie für eine giftfreie Chemie bietet.

Durch über elektrische Felder beeinflussbare ober-
flächliche Nanopartikel in Gläsern können Lichtstrahlen
fokussiert, abgelenkt, durchgelassen oder abgeschattet
werden. Die Anwendungen für drastische Kostensen-
kungen im Bereich der Solarstromgewinnung oder der
aktiven Lichtlenkung in Gebäuden lassen große, mittel-
fristig erschließbare Potenziale für erneuerbare Energien
und Energieeinspartechnologien erwarten.

Nanoporöse Membrane bieten große Möglichkeiten
in der Abwasseraufbereitung, Trinkwassererzeugung,
Schadstoffbeseitigung, für neue Hochleistungsbatterien
oder Brennstoffzellentechnologie. Die Analyse der Foto-
synthese kann durch Nanobiotechnologie hoch effiziente
Verfahren zur Nutzung der Sonnenenergie ermöglichen,
zum Beispiel für die Erzeugung neuer Biokraftstoffe.
Angesichts der aktuellen Diskussion um den Benzinpreis

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(C (D edeutet das eine echte Chance auf preiswerte und umeltfreundliche neue Biokraftstoffe. Ich fasse zusammen: Nanotechnologie ist eine wich ige Schlüsseltechnologie für eine schadstofffreie solare nergieund Stoffwirtschaft. Diese Chance wollen wir n den Mittelpunkt rücken. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Selbstverständlich werden wir dabei auch die notwen-
igen Verbesserungen der Rahmenbedingungen für die
msetzung der Forschungsergebnisse in unternehmeri-
ches Handeln im Blick haben. Dazu gehören die Verbes-
erung der steuerlichen Rahmenbedingungen, die Stär-
ung der Kette von der Grundlagenforschung bis zur
nwendung und die Cluster- und Netzwerkbildung in der
orschungslandschaft. Selbstverständlich werden wir uns
uch für Verbesserungen auf europäischer Ebene – bei-
pielsweise im 7. Forschungsrahmenprogramm – einset-
en.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der
nion, wir freuen uns, dass auch Sie – zumindest teil-
eise – die Chancen der Nanotechnologie erkennen und
eren Nutzung unterstützen wollen. Ihr Antrag leidet
ber unter einer blinden Technikgläubigkeit.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wenn der Vorschlag von uns kommt, dann ist es Technikgläubigkeit!)


ie weigern sich, mögliche Risiken in den Blick zu neh-
en und bei aller Chancenorientiertheit zu minimieren.
s ist geradezu skandalös, dass Sie die in diesem Be-
eich sachlich dargelegten wissenschaftlichen Erkennt-
isse des fundierten Berichtes des Büros für Technikfol-
enabschätzung in Ihrem Antrag schlichtweg ignorieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ie FDP hat immerhin einige Hinweise darauf – aller-
ings zu wenige – in ihrem Antrag gegeben und nimmt
as Thema ernst. Aber Sie, meine Damen und Herren
on der Union, lernen offensichtlich nichts aus der Ver-
angenheit. Ihre blinde Technikgläubigkeit bei der
tomtechnologie hat der Menschheit nicht aus ihren
nergienöten herausgeholfen, sondern hat der Mensch-
eit zunehmende Probleme mit atomaren Massenver-
ichtungswaffen beschert.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)

as kommt auch in Ihrem Antrag zum Ausdruck. Statt der
om Büro für Technikfolgenabschätzung dargestellten
efahr der Herstellung neuer Massenvernichtungswaffen
ithilfe der Nanotechnologie zu begegnen, betonen Sie
eradezu skandalös die Nutzung der Nanotechnologie bei
euen Wehrtechnologien. Ich halte das für verfehlt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ot-Grün – das kommt auch in unserem Antrag zum
usdruck – nimmt im Gegensatz zu Ihnen die Verant-
ortung für Frieden, soziale Gerechtigkeit und Umwelt-






(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell

schutz ernst, im Einklang mit einer fundierten wissen-
schaftlichen Entwicklung auf dem spannenden neuen
Feld der Nanotechnologie.

Das Büro für Technikfolgenabschätzung hat dem Deut-
schen Bundestag in seinem Bericht ausdrücklich empfoh-
len, Begleitforschung zur Beherrschung möglicher Risi-
ken zu leisten. Wir wollen eine aktive Begleitforschung
zur Erkennung und Prävention möglicher Risiken. Die
Untersuchung der Fragen der Ökologie, der Ethik, des
Sozialen, der Friedenspolitik, des Verbraucherschutzes
sowie des Gesundheitsschutzes wollen wir mit 5 Prozent
der zur Verfügung stehenden Forschungsmittel fördern.
Nur bei klarer Analyse und dem Ausschalten der Risiken
wird es eine problemlose Nutzung der Chancen geben.
Herr Fischer, dies ist ein entscheidendes Fundament;
denn damit haben wir die Chance, fehlgeleitete Entwick-
lungen, wie sie in der Vergangenheit beispielsweise im
Bereich der Gentechnologie und insbesondere der gen-
technisch veränderten Lebensmittel immer wieder auf-
getreten sind, zu vermeiden und die Unternehmen ent-
sprechend zu schützen. Dies ist das entscheidende
Fundament für das von uns gewollte starke und kontinu-
ierliche Wachstum der Nanobranche.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510815200

Das Wort hat die Kollegin Ulrike Flach, FDP-Frak-

tion.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510815300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kollegen und Kolleginnen! Ich freue mich, dass inzwi-
schen alle Fraktionen die große Bedeutung der Nano-
technologie erkannt haben, und bin sehr froh, dass dies
nicht zuletzt auf einen Bericht des Büros für Technikfol-
genabschätzung zurückzuführen ist, für dessen Grün-
dung der Anstoß aus den Reihen der FDP kam. Ich bin
genauso froh, dass wir mit Rainer Brüderle jemanden in
unseren Reihen haben, der als Wirtschaftsminister von
Rheinland-Pfalz Anfang der 90er-Jahre eines der ersten
Institute in diesem Bereich gründete.


(Beifall bei der FDP)

Man sieht also: Die FDP hat die Chancen dieser Techno-
logie erkannt. Wir begrüßen es, dass dies nunmehr offen-
bar auch in den anderen Fraktionen der Fall ist.

Wie so häufig ist Deutschland durch seine ausgezeich-
neten Wissenschaftler in der Grundlagenforschung der
Nanotechnologie weit vorn. Ich glaube, das ist auch un-
bestritten. Es war der Deutsche Gerd Binnig, der 1986
mit seinem Schweizer Kollegen Heinrich Rohrer für die
Entwicklung des Rastertunnelmikroskops den Nobel-
preis erhielt. Diese Forscher haben uns die Welt des
Nanokosmos eröffnet. Wir Deutsche gehören also zu den
Ersten, die sich mit diesem Gebiet beschäftigt haben.
Auch bei Publikationen und Patententwicklungen im Be-
reich der Nanotechnologie sind wir weltweit auf hohem
Niveau. Ich sage ganz bewusst, Frau Bulmahn – es hat ja
keinen Sinn, alles klein zu reden –: Deutschland ist in

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(C (D er Nanotechnologie weit vorn. Aber unsere Aufgabe ist atürlich, dass es auch so bleibt. Um diesen Punkt geht s heute. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich sehe, dass Sie unseren jahrelangen Forderungen
achgekommen sind und versuchen, eine integrierte
trategie zu entwickeln. Leitinnovationen und eine För-
erstrategie von der Idee bis zum Produkt sind richtig.
ch glaube, es gab keine Debatte in diesem Hause zu die-
em Thema, in der ich das nicht immer wieder betont
abe.
Wir müssen die zahlreichen Anwendungen von Ma-

erialien in Nanogröße – diese Bereiche reichen von der
edizin über die optischen Technologien bis zur Elek-

ronik, zur Chemie und zu neuen Werkstoffen – vernetzt
ehen. Daran müssen wir unsere Strategien natürlich
usrichten.
Frau Bulmahn, Sie versuchen, dies mit einem ressort-

bergreifenden Programm zu tun, das leider nach wie
or – das muss ich sehr deutlich sagen – Nanogröße hat.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Also bitte! Unverschämtheit!)


90 Millionen Euro sind zwar kein Pappenstiel, liebe
ollegen von den Regierungsfraktionen; aber die USA
Frau Burchardt, ich lasse nicht zu, dass Sie das einfach
om Tisch fegen – investieren allein im Jahr 2005
50 Millionen Euro,


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und jeden Tag 1,5 Milliarden Neuverschuldung!)


apan investiert 800 Millionen Euro. Die Länder China
nd Indien, deren Bevölkerungen immer weiter wach-
en, ziehen nach.
Wir spielen in der Weltliga. Es hat überhaupt keinen

inn, darauf hinzuweisen, dass wir uns mit diesen riesi-
en Technologieländern nicht vergleichen können. Auf
iese Konkurrenz müssen wir uns einstellen und daran
üssen wir unsere Programme ausrichten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Frau Ministerin, Sie haben eine ganze Reihe von
underschönen Programmen mit vielen schönen Na-
en, vor allen Dingen was die Vorsilben angeht, verse-
en. Mich ärgern die in Ihrem Ministerium offensicht-
ich vorhandenen Neigungen, eine Art Umetikettierung
orzunehmen. Das, was früher „Mikro“ oder „Optik“
ar, ist bei Ihnen heute „Nano“. Ich glaube, das wird uns
icht weiterführen. Der Haushalt wächst in diesem Be-
eich nicht. Wir haben uns mit Ihnen erst gestern darüber
nterhalten. Sie sorgen dafür, dass alles schön sichtbar
ird; aber etwas wirklich Neues und in die Zukunft Wei-
endes ist Ihre „Nanokampagne“ leider eben nicht.
Außerdem sehe ich in Ihrem Antrag eine gefährliche

ntwicklung. Herr Fell, da bin ich einfach anderer Mei-
ung als Sie und einige Kollegen aus der SPD-Fraktion.






(A) )



(B) )


Ulrike Flach

Wir wissen selbstverständlich, dass es in jedem Technik-
bereich Gefahren gibt.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja neu für die FDP!)


Auch im Nanobereich wird es Gefahren geben. Darüber
haben wir damals bei der Beratung des TAB-Berichts
diskutiert. Trotzdem vertreten wir die Auffassung, dass
wir die Chance nutzen müssen.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das unterscheidet uns doch nicht!)


Wir dürfen in die Diskussion in diesem Lande nicht er-
neut verzögernde Elemente einfließen lassen. Solche
Elemente waren bei den Diskussionen über die Gentech-
nik und über die Kerntechnik unser Problem. Es gab eine
große Anzahl von Bedenkenträgern, die sich bei jeder
neuen Technologie zu Wort gemeldet haben und uns
nicht weitergebracht haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Meine Sorge ist, dass sich die Bedenkenträger bei Ih-

nen wieder durchsetzen und dass es erneut zur Bürokra-
tisierung kommt. Ich bin ziemlich sicher: Eine Reihe
von Regulierungen wird auf uns zukommen. Ich be-
fürchte, dass es zu endlosen Diskussionen in so genann-
ten Bürgerkonferenzen kommt, die zu ähnlich negativen
Ergebnissen führen, wie wir es bei der Grünen Gentech-
nik eigentlich jeden Tag erleben.

Für die FDP heißt Nanotechnologie natürlich auch die
Berücksichtigung eventuell negativer Auswirkungen.
Das ist keine Frage; das müssen wir mit großem Ernst
sagen. Aber wir stehen für die Chancen dieser Technolo-
gie; denn wir stehen dafür, dass in diesem Land durch
neue Technologien Arbeitsplätze geschaffen werden und
dass es vorankommt. Lassen Sie uns bitte alle gemein-
sam dafür arbeiten! Wir haben heute einen ersten, sehr
wichtigen Schritt in dieses neue Feld getan.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1510815400

Das Wort hat die Bundesministerin für Bildung und

Forschung, Edelgard Bulmahn.
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung

und Forschung:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

Herren und Damen! Herr Fischer, als ich Ihren Worten
gelauscht habe, blühte in mir die Hoffnung auf, dass die
Nanotechnologie dazu verhilft, das Langzeitgedächtnis
der Menschen zu reaktivieren


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


und die Wahrnehmung zu verbessern.

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Da könnt ihr bei euch einmal anfangen! Das kann man schon mit Lesen machen!)


Ich komme auf den Rahmen zu sprechen, in dem das
Ganze stattfindet. Die Regierung Kohl hat damals bei

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(C (D orschung und Entwicklung einen beispiellosen Raubau betrieben. Zwischen 1992 und 1998 sind die Mittel ür das – für unser Land so wichtige – Feld „Bildung und orschung“ um umgerechnet 670 Millionen Euro geürzt worden. Diese Bundesregierung hat die Mittel für ildung und Forschung seit 1999 um rund 1 Milliarde uro erhöht. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Das meiste fließt in Beraterverträge! – Ulrike Flach [FDP]: Genau das hat mit „nano“ wenig zu tun!)


as ist der grundlegende Unterschied zwischen Ihnen
nd uns.
Ein zentrales Ziel der Innovationspolitik der Bun-

esregierung ist – damit will ich auf die Nanotechnolo-
ie, unserem Hauptpunkt heute, zurückkommen –,
eutschland auf dem Gebiet der Hochtechnologie dauer-
aft an der Weltspitze zu positionieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


n dem Maße, in dem es uns gelingt, die Chancen, die in
en technologischen Entwicklungen liegen, für die deut-
che Wirtschaft zu aktivieren, nutzen wir auch die Chan-
en für unser Land für die Schaffung von Arbeitsplätzen
nd für wirtschaftliches Wachstum; denn die Fähigkeit
u Innovationen, insbesondere im Bereich neuer Tech-
ologien wie der Nanotechnologie, wird zu dem Diffe-
enzierungsmerkmal hoch entwickelter Volkswirtschaf-
en. Deshalb haben wir die Innovationsoffensive
estartet, mit der wir die Potenziale der wichtigen
chlüsseltechnologien für unser Land erschließen wol-
en.
Das BMBF-Rahmenkonzept „Nanotechnologie er-

bert Märkte“ steht beispielhaft dafür, wie wir die In-
ovationskraft des Standorts Deutschland stärken wol-
en, und zwar in Partnerschaft – ich sage das
usdrücklich – mit Wissenschaft und Wirtschaft. Die Na-
otechnologie ist eine der Schlüsseltechnologien, der
asistechnologien, die viele neue Wachstumsfelder er-
chließt – die Kolleginnen und Kollegen haben darauf
ingewiesen –, in vielen Branchen aber auch Wachs-
umstreiber ist. Bereits heute profitiert eine ganze Reihe
on Branchen davon: die Chemie, die Automobilindus-
rie, der Maschinenbau, die gesamte Sensorik, die Elek-
ronik.
Der Wettlauf bei der Eroberung des Nanokosmos ist
eltweit bereits in vollem Gange. Unsere Ausgangsposi-
ion ist gut.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as liegt nicht zuletzt daran, dass das Bundesministe-
ium für Bildung und Forschung die herausragende Be-
eutung dieser Schlüsseltechnologie sehr frühzeitig er-
annt hat. Durch eine parallele Förderstrategie – durch
ie Förderung von Kompetenzzentren sozusagen als
ichtigem Rückgrat für die nanotechnologische For-
chung und durch die gleichzeitige Projektförderung,






(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

mit der wir auch immer wieder die Verbindung zwischen
Forschung und Wirtschaft herstellen – haben wir wirk-
lich einen Vorsprung gegenüber vielen anderen Ländern
erreicht. Wir stehen in der Forschung mit den USA an
der Spitze.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Hinzu kommt, dass auch die auf die Nanotechnolo-
gieprodukte ausgerichteten Firmen an Anzahl und Re-
nommee deutlich zugelegt haben. Etwa die Hälfte der in
Europa ansässigen Firmen in diesem Bereich stammt aus
Deutschland. Bei den Patentanmeldungen liegen wir
weltweit auf Platz zwei – hinter den USA, aber vor Ja-
pan. Diese wirtschafts- und forschungspolitischen Er-
folge fußen auf der erfolgreichen Förderpolitik.

Wir investieren in Deutschland jährlich rund
300 Millionen Euro an öffentlichen Fördermitteln in die
Nanotechnologie. Das sind 40 Prozent der gesamten In-
vestitionen in diesen Forschungsbereich in Europa. Ich
sage ausdrücklich: Europa gibt für diesen Technologie-
bereich wirklich nur unwesentlich weniger aus als die
hoch gelobten USA. Ich nehme einmal Ihren Vergleich
auf, Frau Flach. Die USA haben dreimal so viel Bevöl-
kerung wie Deutschland. Wir geben 300 Millionen Euro
aus. Die USA geben 850 Millionen Euro aus. Das liegt
also auf dem gleichen Niveau, wenn wir das zu unserer
Bevölkerungszahl ins Verhältnis setzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ulrike Flach [FDP]: Das nützt uns nur nichts, Frau Bulmahn! – Gegenruf des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD]: Da sind Sie flach!)


Da muss man schon die richtigen Relationen sehen und
das wissen Sie auch. Ich kenne Sie lange genug, um zu
wissen, dass Sie das richtig einschätzen können.


(Ulrike Flach [FDP]: Wir beide wären froher, wenn Sie mehr hätten, Frau Bulmahn!)


Für diese Bundesregierung – das sage ich ausdrück-
lich – hat die Nanotechnologie Priorität. Das macht auch
der Anstieg bei der Projektförderung für die Nanotech-
nologie deutlich. Da kann keine Rede von Kürzungen
sein; im Gegenteil: Wir haben die Mittel trotz der ange-
spannten Haushaltslage seit 1998 mehr als vervierfacht,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


nämlich von damals 27,6 Millionen Euro auf inzwischen
123,8 Millionen Euro. Die institutionelle Förderung
kommt, wie gesagt, immer noch dazu.

Wir werden auch im Haushalt 2005 einen Schwer-
punkt auf die Nanotechnologie setzen. Das heißt, wir
werden die Mittel auch weiterhin erhöhen, um die gute
Position, die wir auf diesem Gebiet inzwischen erreicht
haben, zu halten und auszubauen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ulrike Flach [FDP]: Fahren Sie denn dann woanders zurück? Was ist mit den anderen Bereichen?)


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(C (D Der Aufbruch, der in der wachsenden Dynamik der anotechnologie sichtbar wird, ist geschafft. Jetzt ommt es darauf an, das, was wir in der Forschung ereicht haben, weiter auszubauen und vor allen Dingen ie Anwendungspotenziale für die am Standort Deutschnd wichtigen Industriebranchen zu erschließen. Wir ollen nicht nur in der Forschung Nummer eins sein, ondern wir wollen auch das Exportland Nummer eins ür Nanoprodukte werden. Das ist die Zielsetzung unsees neuen Förderkonzepts. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das von mir am 9. März vorgelegte Rahmenkonzept
Nanotechnologie erobert Märkte“ bündelt die in den
inschlägigen Fachthemen geförderten Aspekte der Na-
otechnologie zu einer nationalen Gesamtstrategie und
acht damit auch deren kritische Masse sichtbar.
Entscheidende Elemente unseres Konzeptes sind an

er wirtschaftlichen Wertschöpfungskette ausgerichtete
eitinnovationen. Ich denke, wir Forschungspolitiker
ind uns einig, dass das der richtige Weg ist, weil wir bei
eitinnovationen schon bei der Forschung Umsetzung,
nwendung und Marketing berücksichtigen. In enger
bstimmung mit Wirtschaft und Wissenschaft haben wir
ier Leitinnovationen entwickelt: die Leitinnovation
ano-Fab mit einem Schwerpunkt auf der Elektronikfa-
rikation, die Leitinnovation Nano-Lux für Licht- und
ptische Technologien, die Leitinnovation Nano-Mobil
dieser Begriff ist selbsterklärend – und die Leitinnova-
on Nano-for-Life. Das sind die vier wichtigen Leitin-
ovationen. Ebenfalls Bestandteil des Rahmenkonzeptes
t die Unterstützung der kleinen und mittleren Unter-
ehmen. Darauf hat Frau Burchardt schon hingewiesen.
Ich bin davon überzeugt, dass wir damit wirklich die
rundlage dafür gelegt haben, dass wir auch in der An-
endung, in der Produktion und im Export so erfolg-
eich sein werden, wie wir es in der Forschung schon
ind.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510815500

Das Wort hat der Kollege Dr. Martin Mayer, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510815600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn
an einmal von der üblichen Polemik der Bundesminis-
erin gegenüber der Union und der FDP und Ihren Propa-
andareden absieht,


(Widerspruch bei der SPD)

ann kann man wohl feststellen, dass es in der Frage der
anotechnologie auch eine Menge an Übereinstimmung
ibt.






(A) )



(B) )


Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)



(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN]: Das stimmt!)

Es gibt einen hervorragenden Bericht des Büros für

Technikfolgenabschätzung. Es herrscht auch überall eine
gewisse Faszination über das, was Physiker, Chemiker,
Biologen und Mediziner herausfinden, wenn sie in eine
immer kleinere Welt vordringen. Es ist faszinierend, wie
diese Welt der Atome und Moleküle neue Möglichkeiten
eröffnet. Die relative Zunahme der Oberfläche der
kleinsten Teilchen im Vergleich zur Masse eröffnet viele
neue Möglichkeiten. Viele neue Werkzeuge und Werk-
stoffe sind möglich. Die Hoffnungen und Visionen, die
in diese Technik gesetzt werden, sind außergewöhnlich.

Die CDU/CSU-Fraktion hat mit ihrem Antrag bei die-
sem wichtigen Zukunftsthema eine Vorreiterrolle über-
nommen. Es ist offensichtlich, dass die übrigen Fraktio-
nen


(Ulrike Flach [FDP]: Das war jetzt aber mutig!)


– diese hat sie wohl übernommen – nachgezogen haben
und wir uns untereinander einig sind, dass das ein wich-
tiges Zukunftsthema ist. Allerdings tut die Bundesregie-
rung zu wenig. So hat sogar der forschungspolitische
Sprecher der Grünen erst vor zwei Monaten die Initiative
„Nanotechnologie erobert die Märkte“ des Bundesfor-
schungsministeriums als zu eng gefasst bezeichnet. Sie
greife nicht die Chancen auf und lasse die notwendige
Interdisziplinarität vermissen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Dazwischen liegen ja schon wieder zwei Monate!)


Dem kann man nur zustimmen, wenn selbst die eigenen
Leute so etwas sagen.

Bei einem Vergleich mit den USA muss man außer-
dem feststellen: Leider fehlen der Bundesregierung auch
in diesem Bereich die notwendigen Mittel. Von der Ver-
doppelung der Ausgaben für die Forschung – einst ein
Wahlkampfversprechen – ist nichts mehr zu hören.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Nicht polemisch werden!)


Das ist schon lange vergessen. Jetzt hören wir vom Bun-
deswirtschaftsminister, dass er selbst die Besitzer kleiner
Sparvermögen zur Kasse bitten will,


(Ulla Burchardt [SPD]: Herr Mayer, Sie haben so gut angefangen!)


um die Forschungsmittel nicht kürzen zu müssen. Ich
finde, das ist ein jämmerlicher Beitrag, den er zu dieser
Frage geliefert hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es gibt bereits jetzt eine Reihe von praktischen An-

wendungen der Nanotechnologie: in der Mikroelektro-
nik, in der Oberflächenbeschichtung und auch in ande-
ren Bereichen. Im Vergleich zu den potenziellen
Möglichkeiten bewegen sich die derzeitigen Anwendun-
gen allerdings noch in engen Grenzen. Wenn man den
TAB-Bericht zur Nanotechnologie aufmerksam liest,
fällt nämlich auf, dass zur Anwendung häufig Begriffe

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(C (D ie „in Entwicklung“, „bedeutendes Potenzial“ oder dass es künftig gelingt“ verwendet werden. Vieles ist eute noch Vision und Hoffnung. Es ist erfreulich, wenn PD und Grüne die Auffassung teilen, dass diese Hoffungen Wirklichkeit werden sollen. Allerdings wird man ngesichts der Euphorie der Koalitionsabgeordneten eim Thema Nanotechnologie an frühere Reden von PD-Abgeordneten zur Kerntechnik erinnert. Damals laubte man, dass man mit der Kerntechnik alles Möglihe erreichen könne. Solange die Anwendung noch weit eg ist, kennt bei Ihnen die Begeisterung keine Grenzen. ber je näher eine breite Anwendung rückt, desto mehr ewinnen bei Ihnen die Bedenken die Oberhand. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Ihnen fehlt ja noch der Lernprozess!)


Bei der Entwicklung und Anwendung der Nanotech-
ologie geht es um eine Reise in unbekanntes Land. Wie
ei Christoph Kolumbus ist das Ziel in vielen Bereichen
lar definiert. Ob wir allerdings dort ankommen, wo wir
inwollen, ist ungewiss. Wie damals in der christlichen
eefahrt funktioniert auch die Anwendung neuer Techni-
en nicht ohne Gefahren für die Umwelt, die wir ernst
ehmen müssen, insbesondere wenn die Anwendung ein
rößeres Ausmaß annimmt.
Es gibt aber mittlerweile Horrorszenarien, die sehr

pekulativ sind. Darin wird zum Beispiel dargestellt,
ass sich selbst vermehrende Nanomaschinen die Bio-
elt zerstören könnten. Man kann jetzt darauf warten,
ass die Grünen diese Horrorszenarien aufgreifen und
ich ihre Begeisterung in Gegnerschaft wandelt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/ CSU – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Angst!)


Wir von der Union jedenfalls werden gegenüber der
anotechnologie ebenso wie gegenüber anderen neuen
echniken eine nüchterne, zukunftsorientierte Haltung
innehmen. Wir setzen bei der Nanotechnologie ebenso
ie bei der Kerntechnik und der Biotechnik auf Risiko-
inimierung und Nutzung der Chancen. Deutschland
uss in Forschung und Anwendung der Nanotechnolo-
ie eine Spitzenstellung einnehmen. Dafür sollten wir
ns gemeinsam einsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Martin Mayer (CSU):
Rede ID: ID1510815700

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
lrich Kasparick, SPD-Fraktion.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510815800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Ich möchte etwas zum industriepolitischen As-
ekt unserer heutigen Debatte sagen. Die Zuhörer haben
erstanden, dass Nano etwas sehr Kleines ist. Was wir in
resden daraus machen wollen, ist etwas sehr Großes.
ir wollen nämlich in Dresden eine Nano-Forschungs-
lattform aufbauen, die uns zur Nummer eins in Europa
achen wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Ulrich Kasparick

Wir sind mit dem IT-Cluster in Dresden schon jetzt die
Nummer eins in Deutschland. Die Fraunhofer-Gesell-
schaft wird in enger Abstimmung mit der Europäischen
Union, dem Bund, dem Land Sachsen-Anhalt und der re-
gionalen Wirtschaft etwas sehr Innovatives machen,
nämlich ein gemeinsames Forschungslabor aufbauen,
um uns zur Nummer eins in Europa zu machen.


(Beifall bei der SPD)

Frankreich und Belgien haben erhebliche Beiträge ge-

leistet. Die Europäische Union sagt: Wir sind bereit, zu
fördern, wenn es zwischen den drei Ländern ein abge-
stimmtes Konzept gibt. Jetzt lese ich mit großer Auf-
merksamkeit im Antrag der Union, dass sie uns auffor-
dert, die Cluster-Bildung voranzubringen. Dazu will ich
nur einen ganz kurzen Satz sagen.


(Jörg Tauss [SPD]: Guten Morgen!)

Lieber Herr Fischer, wir sind ja schon zusammen ver-
reist. Lassen Sie uns gemeinsam nach Dresden fahren!
Dann können Sie nämlich sehen, was diese Regierung
längst tut. Ihr Antrag kommt um Jahre zu spät. Lassen
Sie uns das, was wir politisch schon längst getan haben,
jetzt fortsetzen und Dresden über den Standort Nummer
eins in Deutschland hinaus – Professor Bullinger sagt zu
Recht, dass dieser Standort die Nummer eins in Deutsch-
land ist – auch zum Standort Nummer eins in Europa
machen, indem wir den nächsten Step gehen und die Na-
noelectronics in der Forschung entwickeln! Hier sind wir
auf einem sehr guten Weg, weil uns die Regierung dabei
sehr unterstützt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1510815900

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 15/2650, 15/2713, 15/3051 und 15/3074
an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist
der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (17. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach,

(Homburg)

der FDP
Ressortforschungseinrichtungen des Bun-
des regelmäßig in Hinblick auf internatio-
nale Qualitätsanforderungen an das deut-
sche Forschungssystem evaluieren

– zu dem Antrag der Abgeordneten Helge Braun,
Dr. Maria Böhmer, Katherina Reiche, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Ressortforschung des Bundes effizienter ge-
stalten und evaluieren

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(C (D – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Carola Reimann, Walter Schöler, Carsten Schneider, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Antje Hermenau, Hans-Josef Fell, Volker Beck Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Qualitätssicherung des deutschen Forschungssystems – Drucksachen 15/222, 15/1981, 15/2665, 15/3068 – Berichterstattung: Abgeordnete Ulrike Flach Dr. Carola Reimann Helge Braun Hans-Josef Fell Zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und des ündnisses 90/Die Grünen liegt ein Änderungsantrag er Fraktion der FDP vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle in Carola Reimann, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ressortorschung sowie die universitäre und außeruniversitäre orschung der Länder sind ein wichtiger Teil der Forchungslandschaft. Die Ressortforschungseinrichtungen es Bundes weisen dabei eine Doppelfunktion auf: Sie ragen auf der einen Seite zum allgemeinen Erkenntnisewinn bei und stellen auf der anderen Seite wissenchaftliche Erkenntnisse für die Durchführung von Resortaufgaben zur Verfügung. Ihnen fällt dabei eine chlüsselrolle dort zu, wo im politischen Raum wissenchaftlich fundierte Antworten benötigt werden. Wie bei anderen Forschungseinrichtungen auch muss ie wissenschaftliche Qualität dieser Einrichtungen reelmäßig überprüft werden. Das erfordert allerdings Erahrung und Augenmaß; denn die dort angelegten Beertungsmaßstäbe müssen dieser Doppelfunktion der essortforschungseinrichtungen gerecht werden. Desegen ist hier auch die Anwendung spezifischer Bewerungsverfahren und -kriterien erforderlich. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510816000

Wir wollen eine exzellente Forschung. Deswegen
ind wir grundsätzlich für eine Evaluierung der Ressort-
orschungseinrichtungen – auch um eine zielgerichtete
olitikberatung zu gewährleisten.


(Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/ CSU]: Das hat gedauert, bis Sie so weit gekommen sind! – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss [SPD]: Weiter als ihr!)







(A) )



(B) )


Dr. Carola Reimann

Hier wurde unter Rot-Grün in den letzten Jahren bereits
einiges geleistet. So ist die Zahl der überprüften Ressort-
forschungseinrichtungen deutlich gestiegen. Die An-
strengungen zur Qualitätssicherung wurden ganz erheb-
lich ausgeweitet.

Kolleginnen und Kollegen von der FDP, leider ver-
mittelt Ihr Antrag den Eindruck, man stehe bei der Eva-
luierung ganz am Anfang und jetzt sei die Stunde Null.
Das ist so nicht richtig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ganz im Gegenteil: In der Vergangenheit evaluierte der
Wissenschaftsrat beispielsweise das Paul-Ehrlich-Insti-
tut im Jahr 2000, das Bundesinstitut für gesundheitlichen
Verbraucherschutz im Jahr 1999 sowie das Robert-
Koch-Institut im Jahr 1997. Dazu wurde im Jahr 2001
eine zusammenfassende Stellungnahme vorgelegt.

Lassen Sie mich das Robert-Koch-Institut heraus-
greifen. Gerade Bundesregierung und Parlament greifen
auf die Expertise des Robert-Koch-Instituts sehr oft und
sehr gern bei allen wichtigen Fragen zu Infektionser-
krankungen zurück. Ob wir eine Auskunft über Grippe-
epidemien, SARS, BSE oder über sicherheitsrelevante
Vorkommnisse wie Milzbrandverdachtsfälle brauchen:
Immer ist die Expertise des Robert-Koch-Instituts ge-
fragt. Die wissenschaftliche Qualifikation des RKI auf
dem Gebiet der Infektionskrankheiten ist ganz unbestrit-
ten.


(Ulrike Flach [FDP]: Das bezweifelt keiner!)

Das Gleiche könnte man im Veterinärbereich beispiels-
weise für die Bundesforschungsanstalt für Viruserkran-
kungen der Tiere sagen.

Zurzeit wird das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte evaluiert. Die Stellungnahme ist in
Vorbereitung. Auch die Bundesforschungsanstalt für
Landwirtschaft wurde zusammen mit anderen Ressort-
forschungseinrichtungen des BMVEL kürzlich begut-
achtet. Im Übrigen nicht zum ersten Mal: Die FAL hat
bereits 1996 in Eigeninitiative mit der Durchführung ei-
ner externen Evaluierung und der Einrichtung eines Bo-
nusverfahrens Anstrengungen zur leistungsgebundenen
Mittelverteilung unternommen.


(Jörg Tauss [SPD]: Hört! Hört!)

Weiterhin wird die BAM, die Bundesanstalt für Mate-

rialforschung und -prüfung, zurzeit evaluiert. Ich denke,
die Erfahrungen, die dabei gemacht werden, verdeutli-
chen, dass Evaluierungen sowohl sinnvoll als auch not-
wendig sind.

In unserem Antrag fordern wir, den Wissenschaftsrat
mit der Begutachtung der Ressortforschungseinrichtun-
gen zu beauftragen. Der Wissenschaftsrat hat in der Ver-
gangenheit hervorragende Arbeit geleistet und gilt
– meiner Ansicht nach: zu Recht – als das fachlich kom-
petente Gremium in diesem Bereich.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Wir wollen die deutsche Forschung voranbringen. azu gehört auch die kritische Analyse ihrer Leistungsähigkeit und natürlich auch das Aufzeigen ihrer chwachstellen. Nur so können wir letztendlich Verbeserungen im Forschungssystem erreichen. Es ist aber icht redlich – entsprechende Äußerungen haben wir in en letzten Wochen gehört –, wenn im Vorfeld betimmte Ergebnisse gezielt herausgegriffen und diese ann pauschal auf die gesamte Ressortforschung angeandt und übertragen werden. Ich meine damit Äußeungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die anässlich der Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur essortforschung des Verbraucherschutzministeriums zu ören waren. Denn wer auch nur die Zusammenfassung elesen hat, weiß um die notwendige Differenzierung. m allerersten Satz dieser Empfehlungen steht: Die Forschungsanstalten des BMVEL weisen bezüglich ihrer konkreten Aufgabenprofile sowie ihrer Stellung innerhalb des internationalen/europäischen und deutschen Wissenschaftssystems große Unterschiede auf. or der Verallgemeinerung einzelner Ergebnisse darf ich och sehr warnen. Mit unserem Antrag stellen wir uns den aktuellen rfordernissen, die deutsche Forschungslandschaft, nsbesondere die Ressortforschungseinrichtungen des undes, zu evaluieren, um sie kontinuierlich weiterzuntwickeln. Im Gegensatz dazu wird im Antrag der nion leider die Doppelfunktion der Ressortforchung ausgeblendet. Stattdessen präsentieren Sie gleich ie von Ihnen zum Teil vielleicht gewünschten Ergebisse einer Evaluierung in einem Forderungskatalog und erknüpfen das mit zum Teil – ich habe das im Auschuss schon gesagt – widersprüchlichen Vorschlägen zu trukturveränderungen. Das kann aber nicht Sinn und weck einer Evaluierung sein. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen – darüber besteht sicher Einigkeit in un-
erem Haus – die deutschen Forschungseinrichtungen
eiter stärken und zukunftsfest machen. Dafür ist eine
estandsaufnahme der Stärken und Schwächen der Res-
ortforschung, verbunden mit dem Aufzeigen von Ver-
esserungsmöglichkeiten, unabdingbar; das ist völlig
lar. Unser Antrag bietet die Grundlage dafür, eine sys-
ematische Evaluierung durchzuführen; denn dem be-
onderen Charakter der Ressortforschung muss durch
ugenmaß und differenziertes Vorgehen Rechnung ge-
ragen werden.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1510816100

Das Wort hat der Kollege Helge Braun, CDU/CSU-

raktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510816200

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Bevor ich auf die vorliegenden Anträge zu sprechen
komme, möchte ich den Beschäftigten in den
54 Ressortforschungseinrichtungen des Bundes für ihre
Arbeit danken. Mit ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit
ermöglichen sie es, die Hoheitsaufgaben des Staates in
schwierigen Bereichen erfolgreich zu erfüllen, in denen
es zwingend darauf ankommt, dass die wissenschaftli-
chen Erkenntnisse, die der Staat für sein Handeln benö-
tigt, auf dem neuesten Stand sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dadurch schützen wir auf hohem Niveau vor allen Din-
gen die Sicherheit und die Gesundheit der Bürger in
Deutschland.

Für diese Aufgaben wendet der Bund zurzeit jährlich
1,3 Milliarden Euro auf. Das ist ungefähr die gleiche
Größenordnung wie der Haushalt der Max-Planck-Ge-
sellschaft. Seit Ihrer Regierungsübernahme im Jahr 1998
haben Sie 6,4 Milliarden Euro für die Ressortforschung
ausgegeben.

Die wissenschaftliche Arbeit der Ressortforschung
erfolgt jedoch unter anderen Prinzipien als die freie For-
schung in Forschungseinrichtungen oder an Universitä-
ten. Deshalb ist die Evaluierung dieser vom Staat betrie-
benen Forschung so unendlich wichtig. Bezüglich
bereits begutachteter Einrichtungen aus den Bereichen
des Gesundheits- oder des Verbraucherschutzministe-
riums – das haben Sie eben angesprochen – hat der Wis-
senschaftsrat aus unserer Sicht wichtige Erkenntnisse er-
zielt und auch gute Vorschläge gemacht, die in Zukunft
zu einer Verbesserung der Ressortforschung beitragen
können.

In unserem Antrag fordern wir heute die Bundesre-
gierung auf, die Erkenntnisse, die der Wissenschaftsrat
schon erarbeitet hat, umzusetzen und es anzugehen, sys-
tematisch alle 54 Bundeseinrichtungen zu evaluieren.
Ziel dieses Prozesses muss es sein, die wissenschaftliche
Leistungsfähigkeit der Ressortforschungseinrichtungen
zu optimieren und sie auf ihre Kernbereiche hoheitlicher
Aufgaben zu konzentrieren.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Sehr wohl!)

Sofern dem Geheimhaltungsansprüche nicht entgegen-
stehen, sollten viele Projekte an die freie Forschung
übergeben werden,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


damit ein Teil der dafür zur Verfügung stehenden Gelder
im Wettbewerb zwischen den Universitäten und den außer-
universitären Forschungseinrichtungen nach den gängi-
gen Verfahren der Evaluierung vergeben werden kann.

Im Grunde genommen sollten alle diese Forderungen
eine Selbstverständlichkeit sein. Leider wurden die An-
träge von CDU/CSU und FDP hierzu in den letzten bei-
den Debattenrunden durch die Regierungsfraktionen ab-
gelehnt. Inzwischen liegt jetzt auch ein Antrag der SPD

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(C (D nd der Grünen vor, der zumindest im Kernziel das Gleihe wünscht wie wir. Statt einer systematischen Evaluierung, die Sie, Frau r. Reimann, eben im Plenum vertreten haben, haben ie Ihrem Antrag einige vorsichtige Formulierungen voangestellt, die aus meiner Sicht nicht dafür sprechen, ass wir jetzt direkt in eine systematische Evaluierung intreten. Statt einer systematischen Evaluierung fordern Sie unächst eine Definition der Ressortforschung. Eine Deinition des Begriffs „Ressortforschung“ gibt es aber beeits seit 20 Jahren. Der Begriff „Ressortforschung“ urde vom Bundesrechnungshof erstmals im Jahr 1984 efiniert, danach wurden Leitsätze erarbeitet. Ich darf iese Definition kurz vortragen: Ressortforschung so der Bundesrechnungshof – ist darauf gerichtet, Entscheidungshilfen zur sachgemäßen Erfüllung der Fachaufgabe der Ressorts zu gewinnen. In diesem Rahmen sind auch Modellversuche Vorhaben der Ressortforschung. … Ressortforschung ist eine aufgabenakzessorische Verwaltungsfunktion. as ist die Definition, die Sie fordern. Die Definition ist ein hervorragender Ausgangspunkt ür die weitere Arbeit der Ressortforschungseinrichtunen. Eine weitere Beurteilung an dieser Stelle ist aus unerer Sicht nicht mehr erforderlich. Sie haben gerade den CDU-Antrag an einer Stelle als n sich widersprüchlich bezeichnet. Ich darf dieses Lob n Sie zu Ihrem Antrag zurückgeben. Sie haben soeben elbst gesagt, dass wir bereits einige exemplarische Resortforschungseinrichtungen des Bundes evaluiert haen. Sie fordern in Ihrem Antrag, dass nach Vorliegen er Ergebnisse einer exemplarischen Evaluierung ein ericht der Bundesregierung erstellt wird. Aus meiner icht ist der Bericht des Wissenschaftsrates über die valuierung der bestehenden Ressortforschungseinrichngen – soweit sie sich einer solchen unterzogen aben – ausreichend. Die darin enthaltenen guten Ergebisse und klaren Handlungsanweisungen sollten ausreihen, sodass wir jetzt direkt zur systematischen Evaluieung übergehen können. Auch der Änderungsantrag der FDP beseitigt diese ängel nicht, er würde die Widersprüchlichkeit vielehr noch ein wenig erweitern. Man würde auf diese orderung die Forderung einer systematischen Evaluieung draufsatteln. Insofern schlage ich vor, beim Urprungsantrag der FDP zu bleiben, den wir mittragen önnten. Wie wichtig das Thema ist, wurde auch in der Frage tunde in der letzten Woche deutlich, als der Parlamentaische Staatssekretär aus dem Ministerium für Verbrauherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Dr. Thalheim eststellte, dass Synergieeffekte in Zukunft im Bereich er Ressortforschung genutzt werden sollen und dass Helge Braun deshalb verschiedene Ressortforschungseinrichtungen im Bereich Lebensmittel zum 1. Januar 2004 zusammengelegt wurden. Auf die Frage aus unserer Fraktion nach der Kosten-Nutzen-Analyse führte er aus: Eine gesonderte Kosten-Nutzen-Analyse … wurde nicht erstellt. Bei solch elementaren, großen Umwälzungen im Bereich staatlicher Einrichtungen wäre es doch richtig gewesen, eine Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen. Wir fordern Sie deshalb auf: Konzentrieren Sie die Aufgaben der Ressortforschungseinrichtungen auf die hoheitlichen Aufgaben. Befreien Sie die Ressortforschungseinrichtungen von Tätigkeiten, die auch von der freien Forschungslandschaft übernommen werden könnten. Verlangen Sie keine weiteren Definitionen und unterziehen Sie unverzüglich alle Ressortforschungseinrichtungen einer systematischen Evaluierung. Das alles ist wichtig, weil die Aufgaben, die die Res sortforschungseinrichtungen in den kommenden Jahren zu erfüllen haben, immer komplexer werden. Das organisierte Verbrechen und der internationale Terrorismus machen sich mehr und mehr modernste Technologien zunutze. Infektionskrankheiten wie SARS oder die Geflügelpest – Sie haben es selbst angesprochen – werden in kürzester Zeit zur globalen Bedrohung. Bei der Bewältigung all dieser Aufgaben sind die Ressortforschungseinrichtungen des Bundes ein wichtiger Partner. Mit ihrer Hilfe können wir die Bevölkerung vor solchen Bedrohungen schützen. Um den wachsenden Anforderungen auch in Zukunft gerecht zu werden, brauchen wir die Evaluierung. Deshalb bitte ich Sie alle herzlich um die Zustimmung zu unserem Antrag. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)



Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1510816300

Das Wort hat nun der Kollege Reinhard Loske, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

glaube, jede Institution braucht Evaluation, braucht den
unabhängigen Blick von außen. Eines ist klar: Institutio-
nen neigen zur Selbstbespiegelung. Deswegen brauchen
wir den kritischen Blick von außen. Von daher ist das,
was wir hier heute debattieren, eine Selbstverständlich-
keit. Ich kann in der Sache auch keinen Unterschied zwi-
schen uns erkennen.

Trotzdem muss man sich fragen, mit welcher Elle, mit
welchem Maß ich an eine Institution herantrete. Wenn
ich beispielsweise ein gemeinnütziges Unternehmen
evaluieren will, werde ich nicht McKinsey beauftragen,
weil sich ein gemeinnütziges Unternehmen nicht nur
nach Profitinteressen ausrichtet, sondern auch andere
Aufgaben wahrnimmt.

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(C (D Genauso ist es, wenn ich eine Institution begutachte, ie per definitionem einen Doppelcharakter hat, nämlich uf der einen Seite Politikberatung, wissenschaftliche ienstleistungen, hoheitliche Aufgaben und vor llen Dingen den Transfer von Wissen aus dem wissenchaftlichen Raum in den politisch-administrativen aum sowie auf der anderen Seite Grundlagenforschung nd anwendungsorientierte Forschung. Diesem Doppelharakter muss ich bei der Frage gerecht werden, welhen Maßstab ich anlege, sonst gehe ich fehl. Das ist anz wichtig. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nehmen wir einmal diesen ersten Strang, bei dem es
m Politikberatung, wissenschaftliche Dienstleistungen
nd hoheitliche Aufgaben geht. Es ist ganz wichtig, dass
ir unabhängige Forscherinnen und Forscher haben.


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Sehr richtig! – Ulrike Flach [FDP]: Wohl wahr!)


enn eines ist klar: Wir können nicht von Leuten bera-
en werden, die in hohem Maße beispielsweise von der
ndustrieforschung abhängen. Wir brauchen eigenständi-
en Sachverstand. Wissenschaftlerinnen und Wissen-
chaftler sind Menschen wie wir alle. Sie stecken in
wängen und Abhängigkeiten. Deswegen braucht der
taat bei solch elementaren Aufgaben eine eigene, un-
bhängige Beratungskapazität. Das kann man nicht
rivatisieren, das ist unmöglich.
Davon ist der Bereich der anwendungsorientierten

orschung und der Grundlagenforschung zu trennen.
ieser steht im Wettbewerb mit universitären und außer-
niversitären Forschungseinrichtungen. Hier müssen die
leichen strengen wissenschaftlichen Maßstäbe angelegt
erden. Die Einrichtungen müssen wissenschaftlich auf
er Höhe der Zeit sein.
Deshalb kann man keine saubere Scheidelinie zwi-

chen hoheitlichen Aufgaben hier und wissenschaftli-
her Forschung dort ziehen, denn Letzteres ist Voraus-
etzung des Ersten. Deshalb sind wir der Meinung, dass
s nicht angemessen ist – das schwingt aber bei der
nion ein bisschen mit –, die Ressortforschungseinrich-
ungen im Prinzip auf die hoheitlichen Aufgaben zu re-
uzieren. Das wäre ein Kompetenzverlust, den wir so
icht wollen.
Mir persönlich ist eine Ressortforschungseinrichtung,

ie mich rechtzeitig auf bestimmte Gefahren wie BSE,
ARS oder was auch immer – es wurden schon mehrere
efahren genannt – hinweist, ehrlich gesagt lieber als
ie 999. Veröffentlichung durch die Mitarbeiter in einem
nternationalen Journal, das ein Peer-Review-Journal ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

as ist auch wichtig. Aber wichtiger für uns ist Ersteres;
as muss man ganz klar sagen. Dafür brauchen wir un-
bhängige Forschung.
Jetzt zu den Anträgen. Der FDP-Antrag – das wurde

ereits gesagt – tut so, als hätte es noch gar keine Eva-
uationen gegeben.






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske


(Ulrike Flach [FDP]: Das gab es auch zu dem Zeitpunkt nicht!)

Frau Flach, Sie wissen, dass das nicht stimmt. Ich will
aber nicht alles vorlesen, was dazu gesagt worden ist. Es
hat schon eine ganze Latte von Evaluationen stattgefun-
den. Diese betreffen zum Beispiel das Paul-Ehrlich-In-
stitut, das Robert-Koch-Institut, das Bundesinstitut für
gesundheitlichen Verbraucherschutz und im Moment das
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.
Hier passiert schon einiges. Aber grundsätzlich stimme
ich Ihnen zu, dass alle Institutionen evaluiert werden
müssen. Allerdings muss man sich dabei an der Kapazi-
tät des Wissenschaftsrates orientieren. Man kann nicht
so tun, als ob er nichts anderes im Sinn hätte, als alle
zwei Jahre sämtliche Institutionen zu evaluieren.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Dafür müssen auch die Kapazitäten vorhanden sein.
Dem FDP-Antrag können wir deshalb nicht zustimmen,
weil er den Eindruck erweckt, es würde in diesem Lande
dazu gar nichts passieren.

Der CDU/CSU-Antrag enthält viel Richtiges, gar
keine Frage. Er enthält aber auch Inkonsistenzen. Auf
der einen Seite reden Sie von der Konzentration auf
Kernaufgaben und tun so, als könne man den zweiten
Strang, die wissenschaftliche Grundlagenforschung,
ganz abschneiden. Auf der anderen Seite plädieren Sie
für eine bessere Kooperation zwischen der Ressortfor-
schung und den außeruniversitären Forschungseinrich-
tungen. Das passt nicht zusammen: entweder oder.
Meine Meinung dazu habe ich gesagt.

Zu dem Zeitpunkt ist zu sagen: Wir haben eine erste
exemplarische Evaluation, die wir selber initiiert ha-
ben, nämlich vom BMVEL, abgewartet und auf der
Grundlage der Erfahrungen, die wir dort gemacht haben,
und der Empfehlungen des Wissenschaftsrates werden
wir Schritt für Schritt auch die anderen Ressortfor-
schungseinrichtungen evaluieren.

Mein letzter Punkt: Wir haben – das muss man ganz
klar sagen; in diesem Punkt scheint der eigentliche Kri-
tikpunkt der Opposition zu liegen – in bestimmten Berei-
chen neue Leitorientierungen eingeführt. Wir sind der
Meinung, dass sich auch die Ressortforschungseinrich-
tungen an den Kriterien nachhaltige Entwicklung, ökolo-
gische Forschung, Friedens- und Konfliktforschung so-
wie ganzheitliche Gesundheitsforschung orientieren
sollten. Diesen Konflikt darüber sollten wir allerdings
nicht auf dem Rücken der Forschungseinrichtungen aus-
tragen. Das sind politische Konflikte, die wir hier austra-
gen müssen. Wenn sie dann entschieden sind, sollten sie
durchaus ihren Niederschlag in den Ressortforschungs-
einrichtungen finden. Den Streit in der Sache sollten wir
also hier führen und nicht auf dem Rücken der Institute.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Das Wort hat nun die Kollegin Ulrike Flach, SPD raktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Res ortforschung des Bundes umfasst 54 Einrichtungen mit und 12 000 Wissenschaftlern und 9 000 Mitarbeitern. amit es ganz klar ist: Wir haben nicht vor, an der Quaität der Arbeit dieser Mitarbeiter zu zweifeln. Hier geht s vielmehr um eine ganz normale Diskussion über die ragen: Wie gehen wir mit wissenschaftlichen Instituten m? Wie bewerten wir vor dem Hintergrund, dass wir ies bei anderen Instituten außerhalb des Ressortforchungsbereiches bereits seit vielen Jahren tun, ihre Areit? Lieber Herr Loske, liebe Frau Dr. Reimann, die FDP at seit Anfang der 90er-Jahre – das habe ich auch im usschuss schon erwähnt – nicht zuletzt in Gestalt ihres amaligen Bundesforschungsministers Laermann immer ieder vergebens eine Evaluierung gefordert, damals on der CDU, in der letzten Legislaturperiode von SPD nd Grünen. Der Antrag der FDP steht also in einer lanen Reihe. Ich bin froh – das will ich an dieser Stelle eutlich sagen –, dass Sie endlich in unserem Club angeommen sind. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
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Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510816500

Trotzdem muss darauf hingewiesen werden, dass in
en letzten Jahren zwar einige Evaluierungen angefan-
en worden sind, wir bei unserer Umfrage in den Minis-
erien aber trotzdem feststellen mussten, dass es Ministe-
ien gibt, die sich offensichtlich noch nie mit dem
edanken der Evaluierung auseinander gesetzt haben.
rau Wieczorek-Zeul schrieb uns zum Beispiel, dass
ine Evaluierung des entwicklungspolitischen For-
chungsprogramms bislang nicht erfolgt und auch nicht
eplant ist. Herr Trittin schrieb, er sehe für weiterge-
ende Evaluierungen im Geschäftsbereich des BMU
eine Veranlassung. Ehrlich gesagt: Damit können wir
icht zufrieden sein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Jetzt haben sich SPD und Grüne endlich zu einer
berprüfung durchgerungen. Bei der ersten Bewertung
hres Antrages neigte die FDP dazu – auch das sage ich
anz offen –, ihm zuzustimmen, weil der Weg über den
issenschaftsrat richtig ist. Aber dann geriet ich im
usschuss an Herrn Fell. Damit war unsere Zustim-
ungsbereitschaft auf dem Nullpunkt.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist doch ein vernünftiger Mann, der Herr Fell!)


ie haben erklärt, dass Sie die Doppelfunktion der Res-
ortforschung aufrechterhalten wollen und dass eine
usgliederung – egal, wie eine Evaluierung ausgeht –
ür Sie nicht in Frage kommt.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht egal, wie sie ausgeht!)







(A) )



(B) )


Ulrike Flach

Diese Aussage toppten Sie noch, indem Sie, was Herr
Loske gerade bestätigt hat, eine Neuausrichtung der Res-
sortforschungseinrichtungen an gesellschaftliche Anfor-
derungen forderten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der entscheidende
Unterschied zwischen Grünen und FDP ist, dass wir die
Forschung nicht auf das festlegen, was wir gerade für
politisch opportun halten. Ressortforschung muss höchs-
ten wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, betriebs-
wirtschaftlich effizient durchgeführt werden und die for-
schungspolitischen Aufgaben der Ministerien auf hohem
Niveau erfüllen. Aber sie darf nicht zum willfährigen
Handlager politischer Akteure werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht gemeint! Das interpretieren Sie völlig falsch!)


Es darf nicht so sein, wie wir es im Augenblick bei der
Grünen Gentechnik erleben: Ressortforschung ist der
Empfänger der Aufträge der Ministerien, nicht aber der
Ergebnisse.

Dazu, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und
Grünen, erwarte ich heute eine deutliche Klarstellung.
Auch erwarte ich, dass Sie sich endlich dazu bekennen,
dass alle Institute ergebnisoffen evaluiert werden. Soll-
ten Sie dies tun, könnten wir bereit sein, Ihren Antrag
mitzutragen. Sollten Sie dies nicht tun, besteht zwischen
der FDP auf der einen Seite und SPD und Grünen auf
der anderen Seite ein Riesengraben. Dann werden wir
bei der Ressortforschungsevaluierung weiterhin einen
getrennten Weg gehen müssen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Das bekümmert uns aber!)



Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1510816600

Ich erteile dem Kollegen Carsten Schneider, SPD-

Fraktion, das Wort.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510816700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Flach, wenn es mir gelingen kann, Sie davon zu
überzeugen, dass wir in dieser Frage offen sind, will ich
das gern versuchen.

Sie haben viele Punkte angesprochen, auch die Akti-
vitäten, die Sie in den vergangenen Jahren an dieser
Stelle unternommen haben. Ich glaube, es war richtig,
dass die Koalition mit ihrem Antrag gewartet hat, bis das
erste Ergebnis zum Geschäftsbereich des BMVEL, das
vom Wissenschaftsrat evaluiert worden war, vorliegt,
um daraus Schlüsse für einen wirklich fundierten Antrag
zu ziehen.

Natürlich sind wir an dieser Stelle ergebnisoffen. Es
wäre fatal, wenn wir Strukturen für immer beibehalten
würden, nur weil es sie gibt. Wenn sich herausstellt, dass
das eine oder andere Institut, das sehr gute Arbeit leistet,
auch von der freien Wissenschaft getragen werden kann,
dann ist es möglich, die bestehenden Strukturen zu än-

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(C (D ern. Das war Sinn und Zweck des Antrags, den wir im aushaltsausschuss im November letzten Jahres zum aushalt 2004 gestellt haben. Wir wollen hier nämlich icht nur eine Evaluierung aller Institute. Wenn Sie den ntrag genau lesen, werden Sie feststellen: Darin steht aufgabenkritische Überprüfung“. Ich möchte ganz klar in ichtung des BMBF sagen: Ich erwarte, dass der Antrag es Haushaltsausschusses – einstimmig beschlossen! –, ine aufgabenkritische Überprüfung vorzunehmen, nämich zu untersuchen, ob das System, wie es bisher beteht, wirklich wettbewerbsfähig und sinnvoll ist, vom issenschaftsrat umgesetzt wird, und zwar noch im ai. Wir wollen das nicht verzögern und erwarten mög ichst zügig Ergebnisse. Ich kann mich nicht damit einverstanden erklären, erst de Ressortforschungseinrichtung – Frau Flach, Sie haen die Zahlen genannt und gesagt, wie viele es gibt – zu valuieren und dann, wenn das in drei oder vier Jahren bgeschlossen ist, daraus Rückschlüsse zu ziehen. Das önnen wir nicht machen, sondern wir müssen – das ist inn und Zweck unseres Antrags; deswegen differiert er on dem der FDP – aufgrund der dann vorliegenden exmplarischen Ergebnisse, die, wenn man den Verteidiungsbereich eventuell herausnimmt, einsehbar und uch vergleichbar sind, Änderungen vorschlagen. Wenn man sich die Evaluierung im BMVEL an chaut, sieht man, dass bei der Analyse zum Beispiel heausgekommen ist, dass die Forschung der Ressortforchungseinrichtungen in manchem nicht mit dem Rest es Wissenschaftssystems vernetzt ist, dass manche Forchungsaufträge unter Ausschluss von Wettbewerb inerhalb der Einrichtungen vergeben werden und – das um Thema Flexibilität – dass über 98 Prozent der Bechäftigten unbefristete Verträge haben. Ich gönne das edem, aber wenn man diese Situation mit der im normaen Wissenschaftssystem vergleicht, muss man feststelen, dass das nicht dazu beiträgt, die Innovationsfähigeit in solchen Einrichtungen zu erhöhen. Darum geht es a auch. Ich glaube außerdem, dass es wichtig ist, die Koope ation mit den Hochschulen, die nur in sehr geringfügiem Maße stattfindet, zu verbessern. Ich habe nichts gegen Publikationen, auch in interna ionalen Zeitschriften. Diese Veröffentlichungen können azu führen, dass das Renommee der Ressortforchungseinrichtungen gestärkt wird, weil sie zeigen, ass gute wissenschaftliche Arbeit geleistet wird. chließlich ist es wichtig, dass junge Leute eine Chance ekommen, in diesen Einrichtungen Fuß zu fassen. All dies erscheint mir nach dem derzeitigen Stand nicht mer hundertprozentig gegeben zu sein. Ich teile Ihren ank an die Mitarbeiter, nichtsdestotrotz muss man Strukren überprüfen. Diesen Zweck verfolgt unser gemeinsaer Antrag, und ich hoffe, dass der Wissenschaftsrat uns öglichst zügig, zumindest was die aufgabenkritische berprüfung betrifft – dafür haben wir ihm zusätzliche tellen in diesem Jahr zur Verfügung gestellt –, Ergebisse liefern kann. Carsten Schneider Ich persönlich würde sehr gern bereits in die Haus haltsberatungen 2005, die im September beginnen werden, entsprechende Ergebnisse einfließen lassen. Wie könnte das aussehen? Auch da sind die Empfehlungen des Wissenschaftsrates meines Erachtens zielführend, zum Beispiel 15 Prozent des Budgets der institutionellen Haushalte statt wie bisher über einen Fonds frei zu vergeben. Es geht dabei also nicht darum, den Ressorts Geld wegzunehmen – wir wollen Bildung, Wissenschaft, Forschung und Entwicklung stärken, auch finanziell, nicht nur in den Strukturen, aber auch in den Strukturen –, sondern die Mittel effizienter einzusetzen. Wenn man die Mittel effizienter einsetzt, kann man letztendlich auch besser begründen, dass man mehr Mittel verlangt. Ich halte unseren Antrag insgesamt für zielführend und hoffe, Frau Flach, dass Sie dem nach den Ausführungen, die ich gemacht habe – dass wir wirklich offen sind –, zustimmen können. Wir lehnen den Antrag, den Sie gestellt haben, was die gesamte Evaluierung betrifft, ab; denn dann würden wir in den nächsten Jahren noch nicht zu Ergebnissen kommen. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Angesichts der dramatischen Haushaltslage und der Verantwortung, die wir gegenüber den Steuerzahlern haben, müssen wir zügiger arbeiten und schneller zu Ergebnissen kommen. Aus diesem Grunde würde ich mich freuen, wenn Sie unserem Antrag zustimmen könnten. Ich hoffe, dass das Haus meinen Hinweisen, was die Beauftragung des Wissenschaftsrates betrifft, entspricht. Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt er hält der Kollege Helmut Heiderich für die CDU/CSUFraktion das Wort. Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ressortforschungseinrichtungen des Bundes stellen besondere Einrichtungen dar, da sie zum einen administrative und hoheitliche Aufgaben ausüben und zum anderen Forschung betreiben. Die Zuordnung von zwei Aufgabenbereichen kann, wie ich denke, durchaus ein Vorteil für diese Einrichtungen sein, weil sie so nicht nur den Bezug zur täglichen Praxis und zur Anwendung haben, sondern auch weiterführende wissenschaftliche Projekte umsetzen können. Diese Struktur wird aber dann zum Nachteil – ich erinnere an die Formulierung „neue Leitorientierung“ von Herrn Loske –, wenn die Weisungsbefugnis aus dem hoheitlichen Aufgabenbereich zu einer Gängelung oder gar zu einer Beschneidung der Forschung genutzt wird. Als abschreckendes Beispiel dafür, wie Ressortfor schung nicht betrieben werden darf, möchte ich kurz einen Eingriff von Ministerin Künast in die praktische D v n a e j z f g s s ü f s s r E V c d b D w c F k v u B d w b t a n u b m R d d d U a d f n s s M s a (C (D urchführung von Forschungsprojekten darstellen, der or einiger Zeit stattgefunden hat. Frau Künast hat sich icht gescheut, in ein Forschungsprojekt der Bundesnstalt für Züchtungsforschung in Dresden persönlich inzugreifen. Sie hat einem Forscher verboten, ein Proekt, das schon seit Jahren erfolgreich gelaufen ist und um weiteren Erkenntnisgewinn beitragen sollte, fortzuühren. So darf Ressortforschung in diesen Einrichtunen nicht stattfinden. So etwas können wir nicht untertützen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Welches Projekt war das denn?)





(A) )


(B) )


(Ulrike Flach [FDP]: Doch, sicher!)


(Beifall bei der SPD)

Carsten Schneider (SPD):
Rede ID: ID1510816800

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510816900

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dieses Projekt sollte die Ergebnisse von Langzeitfor-
chungen über die Freisetzung von transgenen Pflanzen
berprüfen und ein entsprechendes Umweltmonitoring
ortsetzen. Dies war kein beliebiges Projekt, sondern
tand an der Spitze der internationalen Forschung in die-
em Bereich. Wir fordern von unseren Forschungsein-
ichtungen immer wieder, dass sie auf internationaler
bene mitspielen sollen. Nachdem Frau Künast dieses
orhaben in Deutschland verboten hatte, gab es vier Wo-
hen später eine Veröffentlichung der „National Aca-
emy of Science“ der USA – das ist sicherlich kein un-
ekanntes Gremium –, in der als ein großer Erfolg, als
urchbruch im Bereich der Virenforschung gefeiert
urde, dass auch in Italien und in der Schweiz die glei-
hen Ergebnisse erzielt worden sind. Frau Künast hat die
orschung dazu bei uns auf Eis gelegt. Ich glaube, so
ommen wir nicht voran, wenn Minister den Forschern
orschreiben, welche Versuche sie durchführen dürfen
nd welche sie unterlassen sollen. Wie soll unter solchen
edingungen eine vernünftige Ressortforschung stattfin-
en? Wie sollen Forscher Politikberatung betreiben,
enn ihnen die Politiker vorher sagen, was sie zu tun ha-
en?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Lassen Sie mich in der Kürze der Redezeit einen wei-

eren Punkt aufgreifen. Es ist absolut wichtig, dass wir
uch in den Ressortforschungseinrichtungen die natio-
ale und die internationale Vernetzung aufrechterhalten
nd die Leistungsstärke bei unseren Forschungen bei-
ehalten. Ich sage das deswegen, weil gerade diese Gre-
ien Genehmigungsverfahren, Zulassungsverfahren und
egulierungen auf nationaler und internationaler Ebene
urchführen. Es ist wichtig, dass deutsche Forscher in
en Regulierungsbehörden auf internationaler Ebene,
en International Bodies, wie sie heißen, sei es bei der
N, sei es bei der FAO, mit dabei sind.
Sie können aber nur mitwirken, wenn sie international

nerkannt sind. International anerkannt werden sie nur
ann, wenn ihre Forschungen international Beachtung
inden. Vorhin ist gesagt worden, dass sie auch in inter-
ational renommierten Zeitungen veröffentlichen müs-
en. Solche Veröffentlichungen gehören mit zur Res-
ortforschung. Deswegen müssen wir den Anstalten die
öglichkeit geben, in Zusammenarbeit mit den Univer-
itäten und mit anderen international tätigen Forschern
ktiv und erfolgreich zu arbeiten.






(A) )



(B) )


Helmut Heiderich


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das kön nen sie doch auch!)

Sie dürfen nicht durch Minister gegängelt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Evalu-

ierung des BMVEL, die stattgefunden hat, hat seitens
des Wissenschaftsrates zu deutlichen Ergebnissen ge-
führt. Der Wissenschaftsrat warnt eindeutig davor, die
Forschung nach ideologischen Kriterien auszurichten.
Das kann ich von unserer Seite aus nur unterstreichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich habe es eben schon gesagt: Wir dürfen die Forschung
in den Ressorteinrichtungen nicht von der Forschung in
anderen Bereichen abkoppeln.

Ich komme zum Schluss: Die Qualität der Forschung
in diesen Einrichtungen ist die Voraussetzung für die
Qualität der Politikberatung, die diese leisten sollen.
Deswegen müssen wir sie an dieser Stelle unterstützen
und fördern.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1510817000

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

schusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung auf Drucksache 15/3068.

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-
schlussempfehlung die Ablehnung des Antrages der
FDP-Fraktion auf Drucksache 15/222 mit dem Titel
„Ressortforschungseinrichtungen des Bundes regelmä-
ßig im Hinblick auf internationale Qualitätsanforderun-
gen an das deutsche Forschungssystem evaluieren“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfeh-
lung ist mit Mehrheit angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der
Ausschuss die Ablehnung des Antrages der CDU/CSU-
Fraktion auf Drucksache 15/1981 mit dem Titel „Ressort-
forschung des Bundes effizienter gestalten und evaluie-
ren“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Auch diese Be-
schlussempfehlung ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/3068 die
Annahme des Antrages der Fraktionen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 15/2665 mit
dem Titel „Qualitätssicherung des deutschen For-
schungssystems“. Zu diesem Antrag liegt ein Ände-
rungsantrag der FDP vor, über den wir zuerst abstim-
men. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf
Drucksache 15/3087? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Der Änderungsantrag ist abgelehnt.

Damit kommen wir zur Abstimmung über Nr. 3 der
Beschlussempfehlung, in der die Annahme des Antrages

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(C (D er Koalitionsfraktionen auf Drucksache 15/2665 vorgechlagen wird. Wer stimmt für diese Beschlussempfehung? – Wer stimmt dagegen? – Wer möchte sich der timme enthalten? – Diese Beschlussempfehlung ist ehrheitlich angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Peter H. Carstensen Bernhard Schulte-Drüggelte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Multitalent nachwachsender Rohstoff effizient fördern – Drucksachen 15/1788, 15/2366 – Berichterstattung: Abgeordnete Waltraud Wolff Bernhard Schulte-Drüggelte Cornelia Behm Dr. Christel Happach-Kasan Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Dazu höre ch keinen Widerspruch. Dann können wir so verfahren. Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst dem ollegen Reinhold Hemker für die SPD-Fraktion das ort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! ieber Albert Deß, lieber Bernhard Schulte-Drüggelte, s ist oft so: Auch dann, wenn ein gut gemeinter Antrag uf den Weg gebracht wird, sind zumindest die im Anrag festgeschriebenen Fakten aufgrund der parlamentaischen und der gesamten politischen Entwicklungen irendwann überholt. Nichtsdestotrotz freue ich mich heute immer noch ge auso über den Antrag wie damals, als er gestellt worden st, weil in ihm wichtige Punkte benannt werden, die wir eit 1998, seit dem Jahr der Regierungsübernahme durch rün-Rot oder Rot-Grün – je nach Sichtweise der Koaliionspartner –, auf den Weg gebracht haben. Seit 1998 efinden wir uns im Grunde genommen in einer Phase, n der viele Vorstellungen, die Fachinstitute des Ökoloieund Nachhaltigkeitsbereichs seit vielen Jahren entickelt haben, abgearbeitet werden. Lieber Albert Deß, m es deutlicher zu sagen: Wir befinden uns in einer hase, in der wir das umsetzen, was auf der Rio-Konfeenz im Jahre 1992 vorgeschlagen wurde. Wenn Sie sich anschauen, was jetzt mit der EEGovelle für die Zukunft wieder neu auf den Weg geracht worden ist und zu was das Vorgängergesetz beeits geführt hat, dann wissen Sie, dass die Förderung der rneuerbaren Energien – auch mit dem Schwerpunkt iomasse – insgesamt ein gehöriges Stück weitergekomen ist. Das geht auch noch weiter. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510817100






(A) )



(B) )


Reinhold Hemker

Ich sage an dieser Stelle: Ich freue mich sehr, dass es

aufgrund der Initiative von Kollegen aus ländlichen Räu-
men gelungen ist, fraktionsübergreifend festzuhalten: Wir
müssen die Privilegierungstatbestände in § 35 des Europa-
rechtsanpassungsgesetzes – dieser scheußliche Begriff
steht auch in Ihrem Antrag; das lässt sich nicht vermeiden,
wir müssen schließlich korrekt sein – ausweiten. Die
Bandbreite von Möglichkeiten, den Einsatz von Biomasse
weiterzubringen, ist in der Tat groß.

In der nächsten Woche – ich nehme an, dass einige
Kolleginnen und Kollegen anwesend und die Fachleute
des Umweltministeriums vertreten sind – tagt hier in
Berlin eine Konferenz, bei der wir uns über die Ergeb-
nisse verschiedener Forschungsinstitute zur Stoffstrom-
analyse der nachhaltigen energetischen Nutzung von
Biomasse informieren lassen. Ich habe mir zur Vorberei-
tung auf die heutige Debatte ein paar Unterlagen zu The-
men kommen lassen, die in der nächsten Woche behan-
delt werden, und ein bisschen in die Fachliteratur
geschaut. Dabei ist mir aufgefallen, dass wir ab dem
Zeitpunkt, zu dem ihr euren Antrag eingebracht habt, ein
erhebliches Stück vorangekommen sind. Darüber freue
ich mich. Worüber ich mich nicht freue – das darf ich als
Angehöriger der größeren Regierungsfraktion sagen –,
ist, dass so getan wird, als ob wir noch immer zu wenig
tun. Es ist im Bereich der energetischen Nutzung noch
nie so viel wie seit 1998 getan worden. Das wird insge-
samt akzeptiert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich weiß zwar noch nicht, was gleich die Kollegin
von der FDP sagen wird, aber gestatten Sie mir einen
kleinen Schlenker. Ich war zweieinhalb Jahre Mitglied in
der Enquete-Kommission „Herausforderungen der Glo-
balisierung“. Dabei wurde auch der große Aufgabenbe-
reich der Ressourcen behandelt. Was haben sich einige
dabei aufgeregt. Ich nenne nur einen Namen: Hartmut
Schauerte von der CDU/CSU-Fraktion. Er hat immer da-
vor gewarnt, in diesem Bereich Subventionen zu gewäh-
ren; denn das würden schon der Markt, die Nachfrage
und die Interessenlage der potenziellen Energiewirte, der
Investoren regeln. Das ist aber nicht so. Die Erfolgsstory
zeigt, dass wir hier einen erheblichen Schritt weiterge-
kommen sind.


(Peter Dreßen [SPD]: Herrn Kollegen Schauerte darf man da nicht ernst nehmen!)


– Doch, ich nehme ihn immer ernst. Er ist übrigens ein
früherer Kollege aus meiner Landtagszeit, wo er auch
schon die entsprechenden Sprüche geklopft hat. Die Ver-
braucher müssten das dann über entsprechend höhere
Energiepreise zahlen. Das ist der Punkt, Kollege Dreßen.

Wir haben hier Fortschritte gemacht. Da ich im inter-
nationalen Bereich tätig bin, möchte ich von den positi-
ven Ergebnissen weiter lernen und diese weltweit wei-
tergeben. Ich freue mich auf die weitere Debatte.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Diese weitere Debatte wird nun vom Kollegen ernhard Schulte-Drüggelte für die CDU/CSU-Fraktion ortgesetzt. Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle en! Es ist schön, Herr Hemker, dass Sie sich über CDU/ SU-Anträge freuen. Ich möchte nicht sofort auf die Geschichte eingehen, ondern einen aktuellen Punkt ansprechen. In diesen Taen wird in den Medien über die Endlichkeit von Energie iskutiert. Die Vorräte an fossilen Energieträgern wie Öl nd Gas gehen vermutlich früher zu Ende als bisher anenommen. Es wird auch darüber berichtet, dass Benzin o teuer wie noch nie ist. Der Liter kostet im Augenblick ,20 Euro. Vielleicht sind das die Ziele – dabei schaue ich ie Grünen an – von Bündnis 90/Die Grünen. Ich weiß icht, ob Sie das vergessen haben: Die ursprüngliche ielsetzung der Grünen für den Liter Sprit lag bei etwa ,55 Euro, also – daran darf ich Sie erinnern – 5 DM. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schon länger her! – Rainer Brüderle [FDP]: Das schaffen sie noch!)

Dr. Reinhold Hemker (SPD):
Rede ID: ID1510817200
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510817300

s mag sein, dass Sie nun zufrieden sind. Aber ich kann
hnen versichern, dass viele Menschen in Deutschland
ie die Pendler, die auf das Auto angewiesen sind, mit
ieser Entwicklung nicht zufrieden sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Reinhold Hemker [SPD]: Was wollen Sie tun?)


Warten Sie doch einmal ab! Ich komme gleich zu dem
hema erneuerbare Energien. Sparen Sie sich Ihre ei-
ene Energie.
Wie lange die weltweiten Rohstoffreserven noch vor-

alten, ist unsicher. Prognosen hierzu sind zurückge-
ommen worden. Sie erinnern sich an die Prognosen in
er Shell-Studie. Eines ist allerdings sicher: dass fossile
rennstoffe endlich sind.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Eine ganz neue Sicht!)


Der Einsatz zur Erforschung regenerativer Energien – da
in ich mit Ihnen, Herr Hemker, völlig einig – wird eine
mmer größere Bedeutung bekommen. Bioenergie wird
mmer wichtiger werden. Ich möchte eines deutlich sa-
en: Alle Pflanzen sind nachwachsende Rohstoffe.
iese nachwachsenden Rohstoffe haben wir als Multita-
ent bezeichnet, weil aus diesen Pflanzen Bioenergie,
trom, Wärme, Kraftstoffe wie Bioethanol und Biodie-
el und in zunehmendem Maße abbaubare Biowerkstoffe
emacht werden können. Es ist auch klar, dass nach-
achsende Rohstoffe eine große Rolle beim Klima-
chutz und beim globalen Umweltschutz spielen.


(Manfred Helmut Zöllmer [SPD]: Deswegen soll das Öl ja auch billiger werden!)


Habe ich das gesagt?

(Manfred Helmut Zöllmer [SPD]: Ja!)







(A) )



(B) )


Bernhard Schulte-Drüggelte

Ich habe gesagt, dass ich pro Bioenergie spreche, für die-
ses Multitalent, das nebenbei noch Arbeitsplätze schafft.

Auch wenn es so zu sein scheint, dass sich die rot-
grüne Bundesregierung unseren Antrag zu Herzen ge-
nommen hat, möchte ich sagen, was fehlt. Das ist ein
Gesamtkonzept. Sie haben richtigerweise von der Mi-
neralölsteuerbegünstigung und Privilegierung gespro-
chen. Das ist alles positiv. Notwendig sind aber langfris-
tig angelegte Zielvorstellungen, eine Systemlösung.
Weiterhin ist es notwendig, die Verwertungskonzepte der
nachwachsenden Rohstoffe zu koordinieren. Schließlich
ist es notwendig, eine langfristig angelegte Forschung zu
gewährleisten. Nur auf diese Weise können Hemmnisse,
die jetzt im Bereich der Investitionen bestehen, aus dem
Weg geräumt werden.

Dass dem so ist, zeigt uns auch die Landwirtschaft.
Der Landwirt wird zum Rohstofflieferanten für die In-
dustrie und für die Energieversorger. Er findet unter den
veränderten Rahmenbedingungen ein neues Betäti-
gungsfeld mit neuen Einkommensperspektiven.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Landwirt wird auch Lieferant für Non-Food-Pro-
dukte. Aber man sieht, dass trotz dieser veränderten
Rahmenbedingungen immer noch Zurückhaltung be-
steht. Ein Grund für die Zurückhaltung ist die verunsi-
chernde rot-grüne Agrarpolitik.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Das ist doch nicht zu fassen!)


Denn nur wirtschaftliche Betriebe können und werden
investieren. Aber es ist ganz klar: Es fehlt in der Regie-
rung eine inhaltliche Koordinierung von Agrar-, Ener-
gie-, Steuer-, Naturschutz- und Forschungspolitik auf
europäischer, bundespolitischer und landespolitischer
Ebene.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte auch auf die Nachteile eingehen, die mein

Vorredner schon genannt hat, als er meinen Kollegen
Schauerte angesprochen hat. Ein Nachteil ist, dass die
nachwachsenden Rohstoffe zum Teil zu teuer sind. Aber
wenn sie bestehen wollen, dann müssen sie langfristig
konkurrenzfähig werden. Um die langfristige Wett-
bewerbsfähigkeit sicherzustellen, müssen auch die
technologischen Vorteile eingesetzt werden, die die Wis-
senschaft heute bringt. Das heißt für mich, dass in Zu-
kunft auch die Grüne Gentechnik einen höheren Stellen-
wert haben muss.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP] – Albert Deß [CDU/CSU]: Gerade bei nachwachsenden Rohstoffen!)


– Gerade bei nachwachsenden Rohstoffen.
Eine faire Marktöffnung für Bioenergie wird in Zu-

kunft die zentrale Rolle in der Energiediskussion spie-
len. Deshalb ist es überhaupt nicht zu verstehen, dass die
Mittel für die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe
– ich weiß nicht, ob die Ihnen ein Begriff ist – um
30 Prozent gekürzt worden sind.

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(C (D (Albert Deß [CDU/CSU]: Die haben wir gegründet!)


ie ist 1993 von der unionsgeführten Regierung gegrün-
et worden.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Und was war während Ihrer Regierungszeit? Sie haben gekürzt!)


erade in dem wichtigen zukunftsorientierten Bereich
orschung und Entwicklung ist gespart worden. Ich will
eutlich sagen: Das ist Sparen an der falschen Stelle.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])


Ich will einmal sagen, an welcher Stelle man sparen
ann. Ich habe heute in der „Welt“ einen Artikel mit der
berschrift „Bundesrechnungshof rügt Trittin und
ünast“ gelesen.


Bernhard Schulte-Drüggelte (CDU):
Rede ID: ID1510817400

Herr Kollege, den werden Sie jetzt nicht verlesen

önnen, weil dafür die Redezeit nicht mehr reicht.

(Heiterkeit bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510817500

Alles klar.
Ich bitte, das nachzulesen. In dem Artikel ging es um

ie völlig überflüssige Reise nach Brasilien und um das
afür verbrauchte Flugbenzin. Das wäre die richtige
telle für Einsparungen gewesen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP] – Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn das das Einzige ist, was Ihnen einfällt, dann ist das ein bisschen armselig!)



Bernhard Schulte-Drüggelte (CDU):
Rede ID: ID1510817600

Das Wort erhält nun die Kollegin Cornelia Behm,
ündnis 90/Die Grünen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510817700

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Die CDU/CSU hat erkannt, dass durch die
utzung einheimischer nachwachsender Rohstoffe
ertschöpfung im Land gehalten werden kann, und
war nicht nur Wertschöpfung für die Landwirtschaft,
ondern auch für Industrie und Forschung.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Toll!)


as ist richtig; auch wir sehen das so.
Wertschöpfung im ländlichen Raum ist notwendig.
enn allein der Produktivitätsfortschritt macht jedes
ahr 100 000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche in
eutschland für die Erzeugung von Nahrungsmitteln
berflüssig. Dieses Kulturland kann und muss genutzt
erden.






(A) )



(B) )


Cornelia Behm

Die CDU/CSU legt in ihrem Antrag dar, dass mit dem

Einsatz nachwachsender Rohstoffe als Grundstoff für
die Industrie und zur Energieerzeugung sowohl Klima-
schutz- als auch Ressourcenschutzziele erreicht werden
können. Auch das ist richtig; das sehen wir genauso.

Die in dem Antrag formulierte Schlussfolgerung ist,
dass den nachwachsenden Rohstoffen mehr Bedeutung
beigemessen werden muss.


(Dr. Peter Jahr [CDU/CSU]: Auch das ist richtig!)


Auch diese Auffassung teilen wir. Doch dazu bedarf es
nicht Ihres Antrages. Ich frage mich ernsthaft, ob Sie,
meine lieben Kollegen von der CDU/CSU, die Sie mit
uns gemeinsam um die Regelungen zur Förderung der
Bioenergiegewinnung im EEG gerungen haben, nicht
gemerkt haben, dass die von Ihnen eingeforderte Politik
bereits mit dem Regierungswechsel 1998 begonnen hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Peter Jahr [CDU/CSU]: Davon merkt man aber nichts! – Albert Deß [CDU/CSU]: Die SPD war Anfang der 90er-Jahre gegen nachwachsende Rohstoffe!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-
Fraktion, Ihre Ideen, wie bessere Rahmenbedingungen
für die nachwachsenden Rohstoffe geschaffen werden
können, nehmen sich doch etwas ärmlich aus. Sie for-
dern mehr Geld und neue Strukturen und schlagen In-
strumente vor, die geeignet sind, die Akzeptanz, die die
Biomassenutzung zurzeit noch besitzt, in Windeseile zu
verspielen.

Ich nenne einige Beispiele. Glauben Sie, dass die Ge-
sellschaft allgemein verbindliche und in einem mühevol-
len Abwägungsprozess vereinbarte Standards zugunsten
von Anlagenbetreibern aufgeben will? Aus dem verbrei-
teten Widerstand gegen die Altholzverbrennungsanlagen
müssen wir doch die Lehre ziehen, dass wir es uns auch
bei den erneuerbaren Energien nicht erlauben können,
auf den Emissionsschutz zu verzichten. Die Menschen
wollen saubere Luft und das ist auch gut so.

Zudem ist Ihr Antrag veraltet. Mittlerweile liegt eine
Entscheidung zur Verwendung von Holzaschen vor. Die
Düngemittelverordnung wird damit den aktuellen Anfor-
derungen, die Sie in Ihrem Antrag beschrieben haben,
gerecht.

Über die Privilegierung von Bioenergieanlagen im
Baurecht haben wir in der vergangenen Woche im Rah-
men der Baurechtsnovelle gemeinsam entschieden. Ich
meine, wir können hinsichtlich der Bioenergie durchaus
zufrieden sein, dass wir die Ausweitung auf sämtliche
Bioenergieanlagen sowie auf Biomasse auch aus Garten-
baubetrieben erreichen konnten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Erdöl, Erdgas und Kohle sind billig, weil sich die
Kosten für die Gewinnung und den Transport nur unzu-
reichend im Preis niederschlagen. Diese externen Kosten

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(C (D erden über Steuern und Abgaben auf die Gesellschaft mgelegt. Sie verlieren aber kein Wort darüber, dass geade deswegen nachwachsende Rohstoffe gegenüber en viel zu billigen fossilen Rohstoffen in vielen Marktegmenten nicht konkurrenzfähig sind. (Albert Deß [CDU/CSU]: Frau Kollegin, das haben wir schon vor zehn Jahren gesagt! Das steht im Protokoll des Bundestags!)


Gerade deswegen, Herr Deß. – Wenn Sie das nämlich
ingestehen würden, dann müssten Sie konsequenter-
eise Ihren widersinnigen Widerstand gegen jeden
chritt der ökologischen Steuerreform aufgeben. Wenn
ie etwa Holz, Stroh oder anderen Biomassen im Wär-
emarkt zum Durchbruch verhelfen wollen, dann stellt
ie Erhöhung der Mineralölsteuer auf Heizöl das ein-
achste und effektivste Förderinstrument dar. Dadurch
önnten zukünftig viele Fördermillionen eingespart wer-
en.
SPD und Grüne haben seit ihrer Regierungsüber-

ahme Stück für Stück die Rahmenbedingungen für eine
erstärkte und effiziente Nutzung von nachwachsenden
ohstoffen geschaffen. Wir haben mit der Förderung des
nbaus von nachwachsenden Rohstoffen nicht nur Per-
pektiven für die Landwirte, sondern auch im Bereich
er stofflichen und der energetischen Nutzung dieser
ohstoffe eine Vielzahl von Arbeitsplätzen vor allem in
er Forschung und in der Technologieentwicklung ge-
chaffen. Mit dieser Technologieentwicklung hat sich
in neuer Exportmarkt für Deutschland erschlossen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie

ören das nicht gerne, aber wir haben mit der Wende in
er Energiepolitik, der Verkehrswende und der Agrar-
ende den Weg beschritten, der weg vom Erdöl hin zu
iner effizienteren Nutzung unserer natürlichen, nach-
achsenden Ressourcen führt.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Verkehrswende mit dem Mautsystem?)


m auf diesem Weg weiterzugehen, bedarf es Ihres An-
rages nicht.
Alles in allem ist Ihr Antrag eine Enttäuschung. Hier

ätte man wirklich gemeinsam an konstruktiven Lösun-
en arbeiten können. Aber so bleibt Rot-Grün nur übrig,
ich weiter allein Gedanken über konkrete Förderinstru-
ente zu machen und sie dann leider ohne bzw. – besser
esagt – gegen Sie im Bundestag und im Bundesrat
urchzusetzen, genauso wie wir das beim EEG erlebt ha-
en. Dabei sind Sie sich nicht zu schade, sich mit den
rfolgen des Biogasausbaus zu schmücken, gegen den
ie am 2. April dieses Jahres gestimmt haben – so wie
err Stoiber, der dem chinesischen Ministerpräsidenten
en stolz bayerische Biogasanlagen als Erfolgsmodell
räsentiert hat.


Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510817800

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510817900

Ich komme zum Ende.






(A) )



(B) )


Cornelia Behm

In einer Woche werden wir dann erleben, wie Herr

Stoiber im Bundesrat gegen die Förderung von Biogas-
anlagen durch das EEG stimmen wird.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Bayern hat schon gefördert, als es noch keine rot-grüne Bundesregierung gab!)


Das nenne ich verlogen, meine Damen und Herren von
der Union.

Fazit: Man darf die CDU/CSU an allem messen, nur
nicht an ihren eigenen Zielen. Das gilt auch für den Aus-
bau der nachwachsenden Rohstoffe.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510818000

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Christel

Happach-Kasan, FDP-Fraktion.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510818100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! In der Zeit blühender Rapsfelder ist das
Thema „Förderung nachwachsender Rohstoffe“ zu
Recht auf die Tagesordnung gesetzt worden. Aus Raps
lässt sich in Deutschland ein wichtiger nachwachsender
Rohstoff produzieren. Bei blauem Himmel leuchtet die
Landschaft, wenn der Raps blüht, außerdem blau-gelb.
Und das ist auch gut so.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aber nicht nur im Mai gehört das Thema „nachwach-
sende Rohstoffe“ zu den Kernstücken einer auf Nachhal-
tigkeit ausgerichteten Wirtschaft. Die Forderung nach
nachhaltiger Entwicklung – Kollege Hemker hat darauf
bereits hingewiesen – ist die Botschaft der Konferenz
von Rio aus dem Jahre 1992. Nachhaltigkeit in der
Forstwirtschaft ist sehr anschaulich und unmittelbar ein-
leuchtend. Dieses Prinzip auf weitere Bereiche der Wirt-
schaft zu übertragen stellt aber höhere Anforderungen.

Die Konferenz von Rio hat sehr bewusst nicht nur auf
die Ökologie gesetzt, sondern auch die sozialen Bedin-
gungen einbezogen. In Deutschland lebt mehr als die
Hälfte der Menschen in ländlichen und halbstädtischen
Räumen. Für den Erhalt der Existenzfähigkeit der ländli-
chen Räume ist die Schaffung von Erwerbsmöglichkei-
ten notwendig. Eine Möglichkeit, die Wertschöpfung im
Lande zu halten, ist beispielsweise die Produktion nach-
wachsender Rohstoffe für die energetische Verwertung.
Auf die derzeitigen Schwierigkeiten bei der Preisgestal-
tung ist schon hingewiesen worden.

In dem Weißbuch der EU-Kommission „Die Europäi-
sche Verkehrspolitik bis 2010“ wird gefordert, die hohen
CO2-Emissionen insbesondere des Straßengüterver-kehrs durch Einsatz alternativer Biokraftstoffe zu verrin-
gern. Dies ist auch zur Einhaltung des Kioto-Protokolls
notwendig. Deshalb sollen bis Ende 2005 2 Prozent al-
ler Kraftstoffe für den Verkehrssektor Biokraftstoffe ent-
halten und der Gehalt soll bis Ende 2010 auf
5,75 Prozent steigen. Die von uns beschlossene – steuer-

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(C (D reie – Beimischung von Biodiesel von bis zu 5 Prozent st eine richtige Weichenstellung, die das Erreichen diees Ziels unterstützt. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bei der Stromproduktion ist für die Einhaltung des
ioto-Protokolls eine weitere Minderung der CO2-Emis-ionen erforderlich. Die Maßzahl, die den Vergleich so-
ohl verschiedener Energieträger als auch in der EU er-
öglicht, ist die Menge an CO2-Äquivalenten, die zurroduktion einer Kilowattstunde Strom erforderlich ist.
as Umweltbundesamt hat dies berechnet und stellt
eutschland und damit der seit fast sechs Jahren regie-
enden Bundesregierung ein überaus schlechtes Zeugnis
us. Mit 667 Gramm CO2-Äquivalent nimmt Deutsch-and im EU-weiten Vergleich den viertletzten Platz ein.
er EU-Durchschnitt sind 429 Gramm CO2-Äquivalent.n Frankreich sind es gerade einmal 100 Gramm CO2-quivalent. Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-
rün, ich frage mich, wie Sie angesichts dieser Daten
avon sprechen können, dass Sie mit Ihrer Energiepoli-
ik, mit Ihrer Klimaschutzpolitik irgendeinen Erfolg ge-
abt haben. Das ist erkennbar nicht der Fall.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

In diesen Daten spiegelt sich die verfehlte Energiepo-

itik der Bundesregierung wider. Sie setzen einseitig auf
ind und Sonne und Sie vernachlässigen die Potenziale,
ie in der energetischen Nutzung von Biomasse liegen.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch unglaublich!)


Das ist nicht unglaublich. Sie haben eine Fehlsteue-
ung. Schauen Sie sich bitte die Zahlen des Umweltbun-
esamtes an, das von Ihnen geführt wird. Das Umwelt-
undesamt hat diese Zahlen veröffentlicht und Sie
ehmen sie nicht zur Kenntnis.
Sie müssen schlicht feststellen, dass Ihr Beschluss

um Ausstieg aus der energetischen Nutzung der Kern-
raft einen weiteren Anstieg der CO2-Emissionen her-orrufen wird. Sie müssen auch feststellen, dass der
eutsche Umweltrat der Klimaschutzpolitik der Bun-
esregierung ebenfalls schlechte Noten gibt.


(Reinhold Hemker [SPD]: Wir sind noch nicht ganz zufrieden!)


Ein kleiner Lichtblick ist die beschlossene Änderung
es Baugesetzbuches, durch die eine Privilegierung von
iogasanlagen herbeigeführt wird. Das geht in die rich-
ige Richtung. Aber die Begrenzung auf 0,5 Megawatt je
nlage ist schlicht zu wenig, weil dadurch die Poten-
iale größerer Anlagen nicht ausgeschöpft werden.
Weitere – –

(Reinhold Hemker [SPD]: Wir brauchen Zeit!)



Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1510818200

Frau Kollegin, weitere Hinweise lassen sich kaum

och vortragen, weil Ihre Redezeit schon deutlich über-
chritten ist.






(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510818300

Ich komme zum Schluss.
Wir sind der Meinung, dass die Anregungen im CDU/

CSU-Antrag richtig sind. Deswegen unterstützen wir
diesen Antrag.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1510818400

Ich weise noch einmal darauf hin, dass die Uhrzeit

– man kann sie am Rednerpult sehen – relativ deutlich
zu erkennen gibt, wann die vereinbarte Redezeit ausge-
schöpft ist. Wenn sich ein Präsident mit Lichtzeichen
meldet, dann ist das in der Regel ein Indiz dafür, dass die
Redezeit relativ deutlich überschritten ist. Es gibt dann
irgendwo einen Punkt, wo die Akustik zur Verstärkung
der Lichtsignale unvermeidlich wird. Es wäre schön,
wenn wir dieses Problem wechselseitig in Grenzen hal-
ten könnten.

Nun erteile ich das Wort der Kollegin Waltraud Wolff,
SPD-Fraktion.


(Peter Dreßen [SPD]: Überzieh auch mal drei Minuten!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510818500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Das, was Herr Schulte-Drüggelte vorhin ab-
geliefert hat, war ein peinliches Beispiel für die Wider-
sprüchlichkeit der CDU/CSU-Politik im Bereich nach-
wachsender Rohstoffe.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/ CSU – Bernhard Schulte-Drüggelte [CDU/ CSU]: Das war jetzt aber ein bisschen hart!)


Das werde ich im Laufe meiner Rede ganz deutlich ma-
chen.

Sie haben die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe
angesprochen. Sie hätten auch das Fraunhofer-Institut,
das Institut für Energetik und Umwelt in Leipzig oder
das Institut für Energie- und Umweltforschung nehmen
können. Ich könnte hier noch fünf weitere Einrichtungen
aufzählen, die in der nächsten Woche den Zusammen-
hang zwischen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Abfall-
wirtschaft und Energiewirtschaft aufzeigen werden. Sie
werden sehen, dass unsere Politik genau richtig ist, weil
sie in die richtige Richtung zielt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Jahr [CDU/CSU]: Das merkt bloß keiner! Das muss mal gesagt werden!)


Ehrlich gesagt, ich frage mich, wieso der Antrag der
CDU/CSU-Fraktion hier überhaupt vorgelegt worden ist.
Sie beschreiben zwar die Vorteile der nachwachsenden
Rohstoffe als regenerative Energien; aber ich sehe nicht,
dass Sie, die Kollegen und Kolleginnen der CDU/CSU,
daraus die richtigen Konsequenzen für Ihr politisches
Handeln ziehen.

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(C (D Warum sage ich das? Ich sage das, weil Sie hier Ihren ntrag vorlegen, nachdem Sie den Meilenstein in der iomasseförderung abgelehnt haben. Wir haben im letzen Monat – meine Kollegin Behm hat darauf bereits ingewiesen – das EEG beschlossen. Wir werden die edingungen zur Förderung der Biomasseverstromung norm verbessern. Auch ich persönlich habe mich dafür ehement eingesetzt. Wir alle wissen, das Ergebnis kann ich sehen lassen. Auch die Fachverbände haben das Geetz sehr begrüßt. Beispielsweise bezeugt der Bundeserband Biogene Kraftstoffe der Bundesregierung, dass as EEG den Durchbruch für die Biomasse bedeutet. (Reinhold Hemker [SPD]: Die verstehen was davon!)


Sie haben zum EEG Nein gesagt, obwohl unsere Ziele
uch aus Ihren Reihen unterstützt wurden. Das ist eine
ittere und traurige Tatsache. Ihr Vorgehen ist inhaltlich
infach nicht nachvollziehbar. Ich kann hier nur feststel-
n: Das ist parteipolitisches Kalkül. Die Bundesregie-
ung verbessert seit 1998 kontinuierlich die Förderkon-
itionen für Biomasse. Wir unterstützen die energetische
utzung durch die verschiedensten Programme.
Herr Schulte-Drüggelte, Sie haben hier gesagt, die
DU/CSU sei förmlich der Vater oder die Mutter der er-
euerbaren Energien.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von CDU/ CSU: Richtig!)


Halt! Schauen Sie in den Haushalten doch bitte einmal
ach, wie Sie zu Ihrer Regierungszeit damit umgegan-
en sind!


(Bernhard Schulte-Drüggelte [CDU/CSU]: Gucken Sie mal auf die Kürzungen! Das sind doch Luftblasen!)


chauen Sie sich einmal an, wie Sie die Förderung zu-
ückgefahren haben! Wir haben mit der Förderung nach
998 erst wieder angefangen.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Sie wollen mehr Arbeitslose! Sie wollen etwas anderes!)


Sie schreien jetzt immer: mehr, mehr, mehr. Das erin-
ert mich ein bisschen an die Geschichte vom kleinen
äwelmann, der auch immer mehr wollte und nie genug
riegen konnte. Ich finde Ihre Vorgehensweise einfach
ur verlogen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Titel für nachwachsende Rohstoffe im
inzelplan 10 sind Förderungen in Höhe von bis zu
0 Millionen Euro vorgesehen. Da vergibt der Bund Zu-
chüsse für Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstra-
ionsvorhaben. Auch darüber werden Sie wieder schimp-
en und klagen, es sei alles gekürzt worden. Auch dafür
ann ich mich nur bei Ihnen für Ihre jahrelange mise-
able Haushaltsführung bedanken.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Wir haben die Maastricht-Kriterien im Gegensatz zu Ihnen eingehalten! – Gegenruf des Abg. Manfred Waltraud Wolff Helmut Zöllmer [SPD]: Waigel ist nach wie vor Schuldenmeister! – Gegenruf des Abg. Dr. Peter Jahr [CDU/CSU]: Nicht mehr lange!)





(A) )


(B) )


Mit der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik kön-
nen wir weitermachen. Die Prämien werden von der Pro-
duktion entkoppelt. Damit wird den Landwirten endlich
die Chance eröffnet, am Markt frei zu agieren. Ich habe
die große Hoffnung, dass die steigende Nachfrage, die
wir im Bereich des Marktes für nachwachsende Roh-
stoffe verzeichnen, nun stärker aus der heimischen Pro-
duktion gedeckt werden kann.

In der Vergangenheit habe ich häufig versucht, Land-
wirte und Vertreter der Bauernverbände zu motivieren,
sich vermehrt alternativer Produktionsformen anzuneh-
men. Aber viel zu oft war das Bitten vergebens, obwohl
man wusste, dass es Absatzmärkte dafür gibt. Die meis-
ten Bauern haben mir gesagt: Ich bin Unternehmer. Ich
produziere das, wofür ich am meisten bekomme, und das
ist die gekoppelte Produktion. – Das ist aus Sicht der
Bauern vielleicht nachvollziehbar gewesen, aber total
am Markt vorbei. Das wollen wir nicht mehr.

Die Option, sich ein weiteres Standbein zu schaffen,
indem man nachwachsende Rohstoffe anbaut, ist für
viele zu uninteressant gewesen. Ich hoffe, dass die wei-
terverarbeitende Industrie unter den neuen Bedingungen
in Zukunft einen sicheren Zulieferer aus der eigenen Re-
gion hat.


(Reinhold Hemker [SPD]: So ist das!)

Sie fordern in Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und

Kollegen der CDU/CSU, die Mittelerhöhung aus der
Ökosteuer zu finanzieren.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die wollen die Ökosteuer doch abschaffen!)


Es ist richtig, das Marktanreizprogramm wird aus der
Ökosteuer gespeist. Aber erstens erhöhen wir die Mittel
sowieso von jetzt 200 Millionen Euro auf im nächsten
Jahr 220 Millionen Euro und im darauf folgenden Jahr
auf 230 Millionen Euro und zweitens kann ich an dieser
Stelle nicht umhin, Ihnen noch einmal zu sagen, dass der
Schwerpunkt bei der Ökosteuer eigentlich ein ganz an-
derer war. Wir haben gesagt, dass damit die Lohnneben-
kosten gesenkt werden müssen.

Für den Bereich der Bioenergie wurden die Förder-
sätze am Anfang des Jahres sogar noch einmal leicht er-
höht. Außerdem ist nun zum Beispiel die Förderung von
modernen handbeschickten Holzfeuerungen möglich,
was auch dem ländlichen Raum zugute kommt. Darüber
hinaus haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen,
dass Kommunen, Kirchen und öffentliche Körperschaf-
ten in den Kreis der möglichen Antragsteller aufgenom-
men werden und nun auch mit Bioenergie heizen kön-
nen.

Wir schreiben nicht über einen Antrag „Nachwach-
sende Rohstoffe fördern“, so wie Sie das tun, sondern
wir machen das einfach, auch wenn die Unterstützung
der Opposition bisher ausbleibt.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass die förderpoliti-
chen Instrumente nicht ausreichen. Was wir in fünf Jah-
en an Überprüfungen, an Korrekturen und an Gesetzes-
nderungen auf den Weg gebracht haben, haben Sie in
ehn Jahren nicht geschafft.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Das werde ich gleich widerlegen!)


ch kann Ihnen eines versichern: Mit unseren politischen
ielsetzungen werden wir weiter daran arbeiten. Darauf
önnen Sie ganz fest vertrauen. Das Thema „nachwach-
ende Rohstoffe“ ist bei Rot-Grün in den allerbesten
änden. Sie sind wie so oft mit Ihrem Antrag einfach
ehl am Platz. Darum können wir ihn nur ablehnen.
Danke schön.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1510818600

Zum Schluss dieses Tagesordnungspunkts erteile ich

as Wort dem Kollegen Albert Deß, CDU/CSU-Frak-
ion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510818700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

reue mich ja darüber, wenn ich fraktionsübergreifend
eststellen kann, dass die nachwachsenden Rohstoffe
eute einen anderen Stellenwert als vor 20 Jahren haben,
ber, lieber Kollege Reinhold Hemker, die unionsge-
ührte Bundesregierung musste Anfang der 90er-Jahre
von 1990 bis 1994 waren Sie, glaube ich, nicht im
eutschen Bundestag – zusammen mit der FDP vieles
egen den Widerstand der damaligen Opposition durch-
etzen.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt müsst ihr euch gegen eure eigene Fraktion durchsetzen!)


Die Grünen waren damals auch nicht vertreten, son-
ern nur Bündnis 90 aus dem Osten, weil die Grünen
990 im Westen an der Fünfprozenthürde gescheitert
ind. Das darf ich hier doch wohl anmerken.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trotzdem waren wir doch da!)


Ich kann sagen, dass ich seit Beginn meiner politi-
chen Tätigkeit für nachwachsende Rohstoffe kämpfe.
erade in der Zeit von 1990 bis 1994 habe ich zusam-
en mit meinen Kolleginnen und Kollegen massiv ver-
ucht, in diesem Bereich etwas voranzubringen. Ich darf
ier in aller Deutlichkeit sagen: Es war der damalige
andwirtschaftsminister Ignaz Kiechle,


(Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)

er zusammen mit Theo Waigel den Durchbruch für
achwachsende Rohstoffe ermöglicht hat. Kiechle hat
ämlich damals in Brüssel durchgesetzt, dass auf stillge-






(A) )



(B) )


Albert Deß

legten Flächen nachwachsende Rohstoffe angebaut wer-
den können, und Theo Waigel hat die Mineralölsteuer-
befreiung durchgesetzt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1510818800

Herr Kollege Deß, es gibt den massiven Bedarf an

Zwischenfragen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510818900

Gerne.


Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1510819000

Zunächst der Kollege Schulte-Drüggelte, bitte.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Unterstützerfragen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510819100

Sie hatten gerade die Zeit angesprochen, in der Herr

Kiechle und Herr Waigel Minister waren.

(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kiechle würde sich heute angesichts des Verhaltens der CDU/CSU im Grab umdrehen!)


Ist Ihnen bekannt, dass sich gerade zu der Zeit die SPD
im Deutschen Bundestag gegen nachwachsende Roh-
stoffe ausgesprochen hat?


Bernhard Schulte-Drüggelte (CDU):
Rede ID: ID1510819200

Ja, ich kann das bestätigen. Die SPD hat sich damals

massiv dagegen ausgesprochen. Ich wollte diesen Punkt
eigentlich am Schluss meiner Rede noch ansprechen,
aber angesichts der Frage bin ich gerne bereit, schon
jetzt aus dem Sitzungsprotokoll des Deutschen Bundes-
tages vom 14. Januar 1993 zu zitieren. Damals hat ein
SPD-Kollege gesagt:

Der Entwurf für die EG-Richtlinie, mit der die Ver-
brauchsteuern auf Pflanzenkraftstoffe auf 10 % des
normalen Mineralölsteuersatzes begrenzt werden
sollen, ist absolut töricht.

An einer anderen Stelle hat er gesagt:
Wer die Umwelt aber retten will, indem er minerali-
sche Kraftstoffe durch Rapsöl oder Alkohol aus Zu-
ckerrüben und Weizen ersetzt, der versucht, den
Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben.

Man könnte noch mehr Zitate bringen.


Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1510819300

Das machen wir jetzt aber nicht, Herr Kollege.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510819400

Nein, Herr Präsident, ich will hier nur anmerken, dass

eindeutig in Protokollen des Deutschen Bundestages
festgehalten ist, dass die SPD zu der Zeit massiv gegen
den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen war. Des-

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(C (D alb halte ich es für unangebracht, heute die Union zu eschimpfen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Wie haben Sie denn beim EEG gestimmt, Herr Deß?)



Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1510819500

Nun möchte die Frau Kollegin Hustedt eine Zwi-

chenfrage stellen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510819600

Die SPD ist immerhin lernfähig. Mit ihr zusammen

aben wir die Mineralölsteuerbefreiung für alle Bio-
raftstoffe beschlossen und durchgesetzt. Sie tritt in die-
em Jahr in Kraft. Es ist Ihnen sicherlich auch bewusst,
ass es, nachdem wir im EEG einen Bonus für nach-
achsende Rohstoffe in Höhe von 4 bis 6 Cent für
leine Anlagen festgeschrieben haben, einen massiven
ush beim Anbau nachwachsender Rohstoffe auf dem
cker gegeben hat. Jetzt meine Fragen:
Erstens. Wie haben Sie sich als Vorkämpfer für die

achwachsenden Rohstoffe bei der Abstimmung hier im
undestag zum EEG verhalten?
Zweitens. Was tun Sie als CSU-Abgeordneter gegen-

ber Ihrer bayerischen Landesregierung?

(Zuruf von der SPD: Nichts!)


err Stoiber brüstet sich ja zum einen auf dem Hof von
ellmeyer mit unseren Erfolgen, auf der anderen Seite
ersucht er gleichzeitig im Bundesrat, das EEG wieder
u Fall zu bringen. Was tun Sie als CSU-Abgeordneter,
amit Ihre Landesregierung einen Kurs zugunsten nach-
achsender Rohstoffe einschlägt?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510819700

Frau Kollegin, ich kann Ihnen die Frage ganz korrekt

eantworten; das ist auch nachprüfbar. Ich musste mich
n dem betreffenden Freitag wegen einer Beerdigung in
einem Heimatlandkreis beim Präsidenten entschuldi-
en.


(Zuruf von der SPD: Wie hätten Sie gestimmt?)


enn ich hier gewesen wäre, hätte ich dieses EEG als
esamtpaket so abgelehnt. Im Bereich Biomasse, Frau
ollegin, hätte ich zustimmen können, weil hier meiner
nsicht nach der richtige Weg beschritten worden ist.
ber der Weg wäre noch richtiger gewesen, wenn Sie im
EG 5 Cent der Vergütung von Windenergie und Photo-
oltaik auf die Biomasse übertragen hätten; denn durch
iomasse kann die Grundlast bei der Stromversorgung
edeckt werden, was mit Sonnenenergie und Windener-
ie nicht der Fall ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eines muss ich hier in aller Deutlichkeit sagen: Ich

asse mich in diesem Plenum, solange ich noch hier bin,






(A) )



(B) )


Albert Deß

von niemandem übertreffen, was den Einsatz für die
nachwachsenden Rohstoffe angeht. Alle Kolleginnen
und Kollegen, die mich seit vielen Jahren kennen, wis-
sen das.

Es ist auch unangebracht, Bayern hier an den Pranger
zu stellen.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es verhindert den Fortschritt!)


Es gibt kein Bundesland, das seit 1990 so viel Geld für
nachwachsende Rohstoffe ausgegeben hat wie der Frei-
staat Bayern. Er hat von 1990 bis 2000 mehr dafür aus-
gegeben als alle anderen 15 Bundesländer zusammen. In
Bayern werden bereits 3,9 Prozent der Primärenergie aus
Biomasse erzeugt; im übrigen Deutschland sind es
1,6 Prozent. Schaut doch erst einmal, dass ihr in den rot-
grün regierten Bundesländern auf 3,9 Prozent kommt,
wenn ihr Bayern hier an den Pranger stellen wollt! Wir
haben schon zu Zeiten, als ihr das Thema noch gar nicht
gekannt habt, versucht, das Ganze voranzubringen, auch
gegen den Widerstand der bayerischen SPD vor Ort.
Deshalb brauchen wir keine Belehrungen.

Allein in Bayern werden durch den Einsatz von Bio-
masse 2,2 Milliarden Liter Heizöl und damit 6 Millionen
Tonnen CO2 eingespart. Darüber freue ich mich. Ichsage hier in aller Deutlichkeit – so viel Rückgrat habe
ich –, dass diese rot-grüne Bundesregierung beim Thema
nachwachsende Rohstoffe nicht so viele Fehler gemacht
hat wie in anderen Bereichen. Aber man hätte das Ganze
noch besser machen können. Frau Kollegin Wolff, ich
finde es nicht in Ordnung, dass man die Forschungsgel-
der im Haushalt 2004 so massiv gekürzt hat. Ich schlage
Ihnen vor, den Ansatz für die Forschungsgelder im
Haushalt 2005 – dafür erhalten Sie sicher die Unterstüt-
zung der Opposition – wieder auf 43 Millionen Euro zu
erhöhen. Denn ich bin der Meinung, dass im Bereich der
nachwachsenden Rohstoffe noch wesentlich mehr ge-
forscht werden müsste.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich habe bereits vor zehn Jahren die Zahlen im Deut-

schen Bundestag genannt. Leider sind sie in der Öffent-
lichkeit viel zu wenig bekannt. Wissenschaftler sagen
uns, dass jährlich 200 Milliarden Tonnen Biomasse
wachsen. Von diesen 200 Milliarden Tonnen werden nur
2 Prozent genutzt: 0,75 Prozent für die Ernährung und
1,25 Prozent in Form von nachwachsenden Rohstoffen.
Auch wenn das nur eine theoretische Rechnung ist: Ein
Siebtel dieser Menge würde ausreichen, um den gesam-
ten Einsatz von Öl, Kohle und Gas zu ersetzen. Die Wis-
senschaft hat die Aufgabe, zu erforschen, wie wir mehr
Biomasse sinnvoll einsetzen können. Von den
98 Prozent Biomasse, die nicht genutzt werden, wird
CO2 freigesetzt, ohne dass wir die Biomasse zur Ener-gieerzeugung nutzen. Es ist ein gewaltiges Potenzial
vorhanden. Ich habe 1993 in der Debatte im Deutschen
Bundestag gesagt: Wenn nur ein Bruchteil dessen, was
wir für die Forschung in der Waffentechnik ausgeben,
für die Forschung bei nachwachsenden Rohstoffen aus-
gegeben würde, dann wären wir bei den nachwachsen-
den Rohstoffen heute schon wesentlich weiter, als es so
der Fall ist.

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(C (D Herr Kollege, die Kollegin Höfken hat sich zu einer wischenfrage gemeldet. Gerne. Ich will nur darauf hinweisen, dass ich weitere Zwi chenfragen dann nicht mehr zulassen möchte, weil wir uch bei den Zwischenfragen ein bisschen im Hinterkopf ehalten sollten, dass der Zeitrahmen für eine Debatte or deren Beginn einvernehmlich festgelegt wird. Bitte schön, Frau Höfken. Dann muss ich ja ein bisschen schneller reden. – Lie er Kollege Deß, Bayern versteht sich doch als Teil von eutschland. Auch wenn es manchmal schwer fällt! Bayern – auch Sie als Person – trägt eine Mitverantortung für die Entwicklung der Landwirtschaft in den ändlichen Regionen in ganz Deutschland. Teilen Sie die nsicht, dass durch das geltende EEG eine erhebliche teigerung der Wirtschaftskraft in den ländlichen äumen bewirkt wird und dass es vonseiten der Bayerichen Staatsregierung unverantwortlich ist, durch das nrufen des Vermittlungsausschusses den ländlichen äumen die Möglichkeit einer Erhöhung der Wertschöpung zu nehmen und ihnen die Unterstützung ihrer Landirtschaft zu versagen? Allein die Zeitverzögerung ürde die ländlichen Regionen unglaublich viel Geld osten und das ganze Projekt sogar gefährden. Ist das icht ein Zeichen von politischer Unverantwortlichkeit? (Beifall der Abg. Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der CDU/CSU)

Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1510819800
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510819900
Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1510820000
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510820100

(Heiterkeit bei der SPD)

Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510820200
Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1510820300


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510820400

Frau Kollegin Höfken, Ihre Frage geht völlig an der

ache vorbei; denn Bayern ist das Bundesland, das zur
örderung der ländlichen Räume bisher mehr Geld aus-
egeben hat als alle anderen Bundesländer.


(Beifall des Abg. Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU])


Was das EEG anbelangt, kann ich Ihnen sagen: Wenn
icht so große Ungereimtheiten darin enthalten wären,
ann wäre eine Einigung mit der Opposition möglich ge-
esen. Aber ihr wart nicht bereit, sinnvoll mitzuarbei-
en.


(Widerspruch bei der SPD)







(A) )



(B) )


Albert Deß

Frau Kollegin, es ist ein großer Unsinn, wenn auf wert-
vollen Ackerflächen hektarweise Sonnenkollektoren
aufgestellt werden. Ich habe nichts gegen Sonnenkollek-
toren auf Dächern. Aber wenn ich feststellen muss, dass
wertvolle Ackerflächen mit Sonnenkollektoren zuge-
pflastert werden, dann muss ich schon sagen, dass es ein
großer wirtschaftlicher und ökologischer Unsinn ist.
Deshalb können wir nicht alles, was uns im EEG von
Regierungsseite vorgelegt worden ist, mittragen.

Der Einspruch des Bundesrates gegen das EEG ist
damit zu erklären, dass Bayern zusammen mit anderen
B-Ländern möchte, dass dieses EEG sinnvoller gestaltet
wird und nicht dazu führt, dass Arbeitsplätze aus
Deutschland vertrieben werden. Wir haben schon ein
sinnvolles EEG gefordert, als Sie noch nicht in der Re-
gierungsverantwortung waren.


(Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Das ist doch lächerlich!)


Herr Präsident, ich möchte noch eine Schlussbemer-
kung machen. Ich kandidiere für das Europäische Parla-
ment.


(Zuruf von der SPD: Ah!)

Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass ich in der
nächsten Wahlperiode Mitglied des Europäischen Parla-
ments bin. Eines kann ich Ihnen allen versprechen: Ich
werde mich, wenn ich dort mitarbeiten darf, in Brüssel
und in Straßburg sehr massiv für die nachwachsenden
Rohstoffe einsetzen,


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssen Sie die Partei wechseln!)


weil ich der Meinung bin, dass auch die Kommission in
Brüssel dieses Thema sträflich vernachlässigt hat. Diese
Übereinstimmung zwischen den Parteien möchte ich am
Ende meiner Rede hervorheben.

Wie gesagt: Ich möchte mich im Europäischen Parla-
ment massiv für die nachwachsenden Rohstoffe einset-
zen. Dafür bitte ich um Ihre Unterstützung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1510820500

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

schusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-
wirtschaft auf Drucksache 15/2366 zu dem Antrag der
Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Multitalent nach-
wachsender Rohstoff effizient fördern“. Der Ausschuss
empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/1788 abzuleh-
nen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Wer möchte sich der Stimme enthal-
ten? – Die Beschlussempfehlung ist mit Mehrheit ange-
nommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9 a bis d sowie den
Zusatzpunkt 5 auf:

(C (D 9 a)

richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus-
schuss) zu dem Antrag der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Afrika auf dem Weg zu Eigenverantwortung
und Selbstbestimmung unterstützen
– Drucksachen 15/2478, 15/3071 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans Büttner (Ingolstadt)

Anke Eymer (Lübeck)

Marianne Tritz
Dr. Rainer Stinner

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Büttner (Ingolstadt), Brigitte Wimmer (Karls-
ruhe), Detlef Dzembritzki, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordne-
ten Marianne Tritz, Claudia Roth (Augsburg),
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN
Den Stabilisierungsprozess in der Demokrati-
schen Republik Kongo nachhaltig unterstüt-
zen
– Drucksachen 15/2479, 15/3072 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans Büttner (Ingolstadt)

Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
Marianne Tritz
Dr. Rainer Stinner

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Dr. Christian Ruck, Dr. Friedbert Pflüger,
Hermann Gröhe, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Eine neue Politik für Afrika südlich der
Sahara – Afrika fordern und fördern
– Drucksachen 15/2574, 15/3073 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans Büttner (Ingolstadt)

Anke Eymer (Lübeck)

Marianne Tritz
Dr. Rainer Stinner

d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christian
Ruck, Dr. Friedbert Pflüger, Hartwig Fischer

(Göttingen), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der CDU/CSU
Umdenken in der Kongopolitik
– Drucksachen 15/2335, 15/3086 –






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Berichterstattung:
Abgeordnete Hartwig Fischer (Göttingen)

Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Hans-Christian Ströbele
Ulrich Heinrich

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrich
Heinrich, Rainer Funke, Dr. Werner Hoyer, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Völkermord im Sudan verhindern
– Drucksache 15/3040 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Dazu
höre ich keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlos-
sen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die SPD-
Fraktion erhält zunächst der Kollege Hans Büttner.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510820600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Am vergangenen Samstag wurde die Erweite-
rung der EU gefeiert; ich meine: zu Recht. Nach Jahr-
hunderten, die durch religiösen, nationalistischen und
rassistischen Fundamentalismus und Terrorismus ge-
prägt waren, die in den 40 Millionen Toten des Zweiten
Weltkrieges ihren Höhepunkt erlebten, eröffnet sich nun
die Chance, dass die Völker Europas einen hundertjähri-
gen Frieden erleben können. Für diesen Frieden haben
Politiker und andere Menschen in Westeuropa 50 Jahre
erfolgreich gearbeitet. Diesen Frieden haben sich die
Menschen in Mittel- und Osteuropa mit friedlichen Mit-
teln erkämpft.

Die jetzigen Grundwerte der EU sind schon seit über
50 Jahren die Grundwerte der Vereinten Nationen und
sind in deren Charta niedergelegt. Sie wurden in der Mil-
lenniumserklärung der UN erneut feierlich bekräftigt.
Allerdings lehrt uns die Geschichte – das möchte ich
vorab sagen –: Feierliche Erklärungen und entspre-
chende Verfassungen werden und bleiben nur dann Rea-
lität, wenn mutige Menschen innerhalb der Staaten und
zwischen den Staaten dafür kämpfen. Das gilt für
Europa ebenso wie für den Rest der Welt, auch und vor
allem für Afrika.

Auf unserem Nachbarkontinent Afrika hatten vor
40 Jahren mutige Staatsmänner wie Kwame Nkrumah,
Julius Nyerere, Léopold Sédar Senghor oder Kenneth
Kaunda versucht, ihre nach einem Jahrhundert kolonia-
ler Deformation unabhängig gewordenen Staaten und
den ganzen Kontinent auf der Basis dieser Grundwerte
neu zu gestalten. Doch sie scheiterten nicht zuletzt des-
wegen, weil der sich über 30 Jahre hinziehende Kampf
der Dekolonialisierung, der erst 1993 mit der Befreiung
Südafrikas sein Ende fand, den Aufbau einer eigenen
afrikazentrierten Infrastruktur erschwerte, ja nahezu un-

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(C (D öglich machte, weil der Kalte Krieg der Supermächte nd ihrer jeweiligen Verbündeten Afrika zum Spielball hrer Interessen an Mehrheiten in der UN machte und iese Mächte mit ihren entwicklungspolitischen und miitärischen Hilfen oft weniger die eigenständige Enticklung der Länder im Auge hatten als deren Bindung n die jeweiligen Machtblöcke und weil die Eliten der frikanischen Staaten, ausgebildet in oder nach den ustern der jeweiligen ideologischen Blöcke, die Basis n ihrer eigenen Bevölkerung verloren und zunehmend ur noch ihre eigenen partikularen Interessen verfolgt atten. Mit dem Zusammenbruch der UdSSR und dem Ende es Kalten Krieges verschwand Afrika zunehmend aus em politischen Interesse der Industrienationen. Das ach wie vor bestehende große Interesse ihrer Wirtschaft n den Ressourcen des afrikanischen Kontinents, am l, an den Erzen und dem Holz, ließ sich in zerfallenden taaten ebenso lukrativ erfüllen. Afrika erlebte und erebt seitdem ein Jahrzehnt von Kriegen und Bürgerriegen, die ihren Höhepunkt in dem schrecklichen Geozid in Ruanda und dem Krieg im Kongo erlebten. Die noch intakten Staaten Afrikas und deren verantortungsbewusste Staatsmänner erkannten zunehmend, ass ihre Staaten und der gesamte Kontinent nur dann ine gleichberechtigte Rolle spielen können, wenn sie ich auf ihre eigene Kraft, ihre Fähigkeiten und Mögichkeiten konzentrieren, selbst handeln und sich nicht änger behandeln lassen. iese Erkenntnis findet sich in der vom Charisma des rsten afrikanischen Präsidenten Südafrikas, Nelson andela, geprägten und von dem jetzigen Präsidenten, habo Mbeki, formulierten Idee der African Renaisance ebenso wieder wie im Afrikaplan des nigerianichen Staatsoberhaupts Obasanjo oder in den Ideen des rüheren malischen Staatspräsidenten und jetzigen AUeneralsekretärs Konaré. Diese Erkenntnis ist die Leitchnur der New Partnership for Africa’s Development benso wie die der Gründungsakte der Afrikanischen nion. Sie ist nahezu deckungsgleich mit den Grunderten, die wir in Europa haben: Selbstbestimmung des inzelnen und der einzelnen Staaten, Achtung der ürde des Menschen, Respektierung der Staaten und ih er Grenzen und deren Überwindung nur auf friedliche eise durch Kooperation bei Respektierung der jeweilien Interessen des anderen, chancengleicher Zugang zu ildung und Arbeit sowie gegenseitige Kontrolle dieser emeinsamen Grundwerte. So wie die Menschen und verantwortungsbewusste taatslenker in Europa haben auch die verantwortlichen olitiker in Afrika erkannt: Dauerhafte Beseitigung von rmut lässt sich nur durch Frieden und gegenseitige chtung erreichen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


erade wie die Regierung und das Volk von Ruanda der-
eit mit den Folgen des schrecklichen Genozids umge-
en, ist ermutigend und verdient Unterstützung.






(A) )



(B) )


Hans Büttner (Ingolstadt)



(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Entwicklung in und um den Kongo lässt ebenso hof-
fen wie die in Kenia. Die Entwicklung im Sudan zeigt
aber, wie groß die Aufgaben sind, vor denen die Staaten
und Politiker in Afrika stehen. Sie nämlich sind jetzt ge-
fordert, sich in den Konflikt und die drohende menschli-
che Katastrophe in Darfur einzumischen. Sie müssen ak-
tiv werden und die Weltgemeinschaft muss sie dabei
aktiv unterstützen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ist im Interesse Deutschlands und Europas, ja im
Interesse der gesamten Welt, diese Politik zu unterstüt-
zen. Es ist im Interesse Deutschlands, wenn in Afrika
Staaten mit intakten Strukturen in Verwaltung, inne-
rer Sicherheit und Justiz entstehen, weil nur so verläss-
liche Vereinbarungen zu gegenseitiger Kooperation in
Politik, Sicherheit und Wirtschaft geschlossen werden
können. Wer Ruheräume für den internationalen Terro-
rismus beseitigen oder gar nicht erst entstehen lassen
will, muss dafür sorgen, dass Staaten über eine entspre-
chende Infrastruktur in Bezug auf Verwaltung, Polizei
und Sicherheitskräfte verfügen, die so etwas verhindern
kann.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

Wer der deutschen Wirtschaft einen friedlichen und

ungehinderten Zugang zu wichtigen Rohstoffen in
Afrika erhalten will, braucht verlässliche staatliche
Strukturen, die die Bestimmungen und Regeln über den
Zugang einheitlich festlegen, organisieren und überwa-
chen können. Wer, wie die deutsche Wirtschaft, auf
globales Wachstum angewiesen ist, braucht internatio-
nale Kaufkraft auch in unserem Nachbarkontinent, die
durch eine Stärkung der regionalen Märke erst geschaf-
fen werden muss. Das setzt eine Infrastruktur in den
Bereichen Verkehr, Kommunikation, Energie- und Was-
serversorgung voraus, die nicht länger an alten Kolonial-
verbindungen ausgerichtet ist.

Die Regierung Schröder hat die Notwendigkeit einer
neuen Afrikapolitik erkannt. Sie hat die Staaten der G 8
und der EU wesentlich auf die Unterstützung der
NEPAD-Initiative eingeschworen und entwicklungspoli-
tische Kooperationen von Stiftungen und GTZ frühzeitig
auf die Beratung beim Aufbau von Verwaltungsstruktu-
ren hin orientiert. Sie fördert maßgeblich die Ziele euro-
päischer Entwicklungszusammenarbeit beim Aufbau der
harten Infrastruktur, wobei eine bessere Koordination
nationaler und europäischer Maßnahmen sicherlich not-
wendig ist.

Sie konzentriert sich zunehmend auf die Unterstüt-
zung der jeweiligen staatlichen und regionalen Entwick-
lungsprogramme, indem sie die Selbstbestimmung der
afrikanischen Akteure respektiert und gleichzeitig im In-
teresse der eigenen Steuerzahler auf Transparenz ach-
tet, also darauf, dass die Mittel auch für die Zwecke ver-
wendet werden, für die sie vorgesehen sind. Transparenz
ist auch die Voraussetzung für die demokratische Kon-
trolle in den afrikanischen Staaten selbst.

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(C (D Sie hat nicht nur früher als andere, sondern auch mit normen finanziellen Mitteln den Kampf gegen die olksseuche Aids, die den Kontinent noch stärker als er Sklavenhandel zu entvölkern droht, in den Mittelunkt ihrer Hilfsprogramme gestellt. Sie beteiligt sich ußerdem intensiv am Aufbau der nationalen und regioalen Sicherheitsstrukturen, deren Notwendigkeit im udan erneut deutlich wird. Diese Umorientierung deutscher Afrikapolitik mit em Ziel der Stärkung von Eigenverantwortung und elbstbestimmung hat der Bundeskanzler bei seiner frikareise zu Jahresbeginn sowohl in seinen Reden als uch durch seine Reiseroute sehr gut und symbolisch ichtig deutlich gemacht. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Diese Politik bedarf sicherlich noch Ergänzungen und
nstrengungen bei der weiteren Umsetzung. Dabei geht
s zum einen um die Umsetzung innerhalb der europäi-
chen Außen- und Sicherheitspolitik, zum anderen aber
uch um eine bessere Koordination der jeweiligen Poli-
kbereiche und der in vielen Fällen verdienstvolle Ar-
eit leistenden privaten Entwicklungsorganisationen;
enn auch eine fehlende Koordination auf der Geberseite
efährdet und erschwert den Aufbau der notwendigen,
tabilen und intakten Strukturen in den Nehmerländern.
ie sollen sich Arbeits- oder Finanzministerien in Län-
ern, die nicht größer sind als die kleineren Regionen
eutschlands, zum Beispiel um den Aufbau einer intak-
n Steuer- und Finanzverwaltung kümmern können,
enn sie damit belastet werden, Tausenden von auslän-
ischen Experten und Entwicklungshelfern – das ist
akt – Arbeitserlaubnisse und Steuerfreistellungen aus-
tellen zu müssen?
Man kann mit Recht sagen: Wir sind in unserer Afri-

apolitik auf einem guten Weg, haben aber noch viel zu
n. Packen wir es gemeinsam an, und zwar nicht nur
it zusätzlichem Geld und guten Worten, sondern mit
egenseitigem Respekt und gegenseitiger Verantwor-
ng, nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern indem
ir zuhören, Gespräche führen, den Dialog verbessern
nd helfen, die Wünsche unserer Partner zu erfüllen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Hans Büttner (SPD):
Rede ID: ID1510820700

Das Wort hat nun der Kollege Hartwig Fischer, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510820800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

tatt einer vom Kanzler auf seiner Afrikareise angekün-
igten Regierungserklärung gibt es nun eine 45-minütige
ebatte. In dieser Debatte sollen mehrere Grundsatz-
nträge zu Afrika sowie Anträge speziell zum Kongo
nd zum Sudan behandelt werden. Die Zeit ist nicht






(A) )



(B) )


Hartwig Fischer (Göttingen)


annähernd ausreichend, um diese Themen abzuhandeln.
Das ist ein Wortbruch des Kanzlers, der bei einem so
entscheidenden Thema, das die Welt bewegt, das Deut-
sche bewegt und das die Menschen in Afrika in ganz be-
sonderer Weise betrifft, nicht hinzunehmen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

In den letzten Tagen haben wir von Flüchtlings-

strömen im Sudan gehört. Wir haben erfahren, dass
dort Hunderttausende in Flüchtlingslagern lebten und
der Flüchtlingsstrom inzwischen auf 700 000 Menschen
angestiegen ist.

Afrika steht in den nächsten Jahren vor gewaltigen
gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen He-
rausforderungen, die erhebliche Auswirkungen auf
Europa und Deutschland haben können. Dabei entspricht
die Stabilität in Afrika unseren ureigensten Interessen.
Politische Instabilität, Armut und Ordnungslosigkeit in
Afrika stellen eine sicherheitspolitische Gefahr dar, weil
die Länder auf diesem Kontinent dadurch Operations-
und Rückzugsraum bzw. Rekrutierungs- und Finanzie-
rungsquelle für internationalen Terrorismus bzw. inter-
nationale Kriminalität sind oder werden können. Kriege
und Konflikte bringen länder- und kontinentübergrei-
fende Migrationsströme mit sich, die es einzudämmen
gilt.

Unser gemeinsames Ziel muss es sein, eine sich selbst
tragende wirtschaftliche Entwicklung der afrikani-
schen Staaten zu begleiten und zu fördern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir müssen aber auch die deutschen Außenwirt-
schaftsinteressen an einer vernünftigen und fairen nach-
haltigen Nutzung afrikanischer Rohstoffressourcen
aufzeigen. Es muss sichergestellt sein, dass die Wert-
schöpfung der Bodenschätze für eine sich selbst tra-
gende wirtschaftliche Entwicklung in den Ländern ver-
bleibt und dadurch zum Wohl der Bevölkerung
eingesetzt wird.

Nicht zuletzt liegt der Schutz der Ökosysteme – das
gilt zum Beispiel für die Auswirkungen des Regenwal-
des auf das Klima – und der Artenvielfalt Afrikas in un-
ser aller Interesse.

Die Bundesregierung hat es bisher versäumt, unsere
Interessen und Ziele in Afrika klar zu definieren, damit
auch unsere afrikanischen Partner wissen, welches un-
sere Absichten sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es fehlt eine Verzahnung der deutschen und europäi-
schen Außen- und Sicherheitspolitik mit der Politik
der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Das Auswär-
tige Amt und das BMZ ziehen leider nicht an einem
Strang. Die Prioritäten- und die Zielsetzung der Bundes-
regierung im Hinblick auf die gesellschaftlichen und
ökonomischen Entwicklungen und Interessen Afrikas
sind falsch.

Wo ist der Beitrag der Bundesregierung, um auf inter-
nationaler Ebene eine straffere Geberkoordinierung si-

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(C (D herzustellen? In vielen afrikanischen Staaten tummeln ich multilaterale, bilaterale und nicht staatliche Geber ebeneinander, ohne ihre jeweiligen Projekte und Proramme zu koordinieren. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist noch aus Ihrer Zeit! Es hätte Ihnen eher einfallen sollen!)


nsere afrikanischen Partner sind mit der Administra-
ion dieser vielfältigen Geberaktivitäten oft überfordert.
s ist aber auch die Aufgabe der Bundesregierung, auf
U-Ebene eine bessere Projektabstimmung vorzuneh-
en. Herr Ströbele, Sie können Ihren Beitrag dazu leis-
en.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das stimmt!)


Ein Minimum an selbsttragender wirtschaftlicher Dy-
amik und strukturellen Rahmenbedingungen ist Grund-
oraussetzung für die nachhaltige Bekämpfung von
rmut. Deshalb dürfen wir die Debatte über die Armuts-
ekämpfung nicht von der über die wirtschaftliche Ent-
icklung entkoppeln, wie es die Bundesregierung leider
äufig tut.


(Beifall bei der CDU/CSU – Karin Kortmann [SPD]: Hat sie noch nie getan!)


Anspruch und Ressourcen der deutschen Afrikapoli-
ik fallen eklatant auseinander. Das gilt zum Beispiel für
ie Erreichung der Millennium Development Goals zur
albierung der weltweiten Armut bis 2015. Um diese
iele zu erreichen, haben sich die Industriestaaten und
amit auch diese Bundesregierung verpflichtet,
,7 Prozent ihres Bruttosozialprodukts für die Armutsbe-
ämpfung zur Verfügung zu stellen. Deutschland steht
it 0,27 Prozent in Europa an der 10. Stelle, Dänemark
it 1,06 Prozent ganz oben.
Afrika will Partner auf gleicher Augenhöhe sein. Das

rfordert realistische und nüchterne Konzepte. Wir als
DU/CSU-Bundestagsfraktion wollen daher eine Kehrt-
ende in der deutschen Afrikapolitik. Wir brauchen eine
lare Strategie und das nötige Engagement für den Um-
ang mit sich schnell verändernden gesellschaftlichen
nd politischen Rahmenbedingungen in Afrika.
Der Bundesregierung fehlt eine ausreichende Flexibi-

ität in der Außen-, Sicherheits-, Wirtschafts- und Ent-
icklungspolitik, um auf verändernde Situationen zum
eispiel durch die Vergabe von Unterstützung oder die
erhängung von Sanktionen schneller reagieren zu kön-
en.
Wir wollen eine Intensivierung der sicherheitspoliti-

chen Kooperation mit der Afrikanischen Union, den
egionalorganisationen und so genannten Ankerstaaten
ie Südafrika. Dabei müssen wir unsere afrikanischen
artner beim Aufbau regionaler afrikanischer Kapazitä-
en zur Konfliktbeilegung und Konfliktprävention, wie
eim Aufbau einer afrikanischen Eingreiftruppe, konse-
uent unterstützen. Bei fast allen Gesprächen, die wir als
arlamentarier im In- und Ausland führen, werden wir
ebeten, unser personelles Know-how dabei und beim






(A) )



(B) )


Hartwig Fischer (Göttingen)


Aufbau rechtsstaatlicher Systeme und einer effektiven
Verwaltung zur Verfügung zu stellen.

Wir sehen, dass viele afrikanische Staaten auf dem
richtigen Weg in eine selbstverantwortete Zukunft sind.
Dies spiegelt sich auch in der Neuen Partnerschaft für
Afrikas Entwicklung wider. Die Afrikaner wissen, dass
sie selbst die größte Verantwortung tragen. Wir müssen
aber diese Initiativen weiterhin konstruktiv begleiten.

Wir wollen eine Stärkung der diplomatischen Präsenz
in den deutschen Botschaften und bei den UN-Missio-
nen. Wir haben, als wir mit einer fraktionsübergreifen-
den Delegation im Kongo waren, gesehen, was Stiftun-
gen leisten können. Bei einem Rechtsstaatsseminar
haben wir im dortigen Krisengebiet erlebt, wie die
Konrad-Adenauer-Stiftung ihren Beitrag zur Entwick-
lung einer Zivilgesellschaft leistet, was in anderen Län-
dern auch die übrigen Stiftungen tun. Wir müssen jetzt
die Voraussetzungen schaffen, um gerade beim Aufbau
rechtsstaatlicher Strukturen die positiven Entwicklun-
gen auf afrikanischer Seite nachhaltig zu unterstützen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Leider dient der Reichtum Afrikas selten der Bevöl-
kerung oder dem Nationalstaat, sondern häufig der
schamlosen Bereicherung krimineller Elitenetzwerke
und terroristischer Strukturen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist der Punkt!)

Oft ist der Reichtum an Bodenschätzen die eigentliche
Ursache für Konflikte und Bürgerkriege, wie es auch im
Gebiet der Großen Seen der Fall ist.

Bei unserem Besuch in der Demokratischen Republik
Kongo haben wir erlebt, dass insbesondere Frauen und
Kinder unter diesem Konflikt leiden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Wir haben mit Frauen gesprochen, die von Milizen und
ehemaligen Mitgliedern der ruandischen Armee aus
ihren Dörfern verschleppt, brutal vergewaltigt und
schwanger wurden. Das alles geschah, um die Menschen
in der Region zu demoralisieren.

Ich zitiere einen Auszug aus dem Bericht eines miss-
handelten Mädchens, den es am 23. Oktober in Goma
niedergeschrieben hat:

Mein Name ist Safi. Ich komme aus der Provinz
Süd-Kivu. Ich bin jetzt 17 Jahre alt.
Es war im April 2002, als die Milizen zu uns ka-
men. Sie sind gewaltsam ins Haus eingedrungen.
Wir waren alle da: meine Mutter, mein Vater, mein
älterer Bruder und meine vier jüngeren Brüder und
Schwestern.
Die Männer richteten ihre Waffen auf meinen Vater.
Sie sagten zu meinem Vater: „Du, Papa, du musst
jetzt vor unseren Augen mit deiner Tochter schla-
fen!“ Mein Vater flehte sie an, dass er das nicht ma-
chen könne, weil ich sein Kind sei. Da erschossen
sie ihn vor unseren Augen.

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(C (D Danach befahlen sie meinem Bruder: „Du musst jetzt vor uns mit deiner Mutter schlafen, und zwar schnell!“ Mein Bruder lehnte ab. Meine Mutter sagte nichts. Ein Mann hielt seine Waffe an ihren Kopf und schoss auf sie. Sie fiel tot neben meinem Vater hin. Ich wurde entführt, monatelang vergewaltigt und konnte bei einem zweiten Fluchtversuch den Männern entkommen. Ich war inzwischen hochschwanger. Dieses Martyrium dauerte eineinhalb Jahre. Wir dürfen diesen Grausamkeiten nicht länger zuchauen. Die Bundesregierung muss sich bei der UN daür einsetzen, dass auch die UN-Mission in Nordund üd-Kivu – ähnlich wie in Bunia, wo es zu einer Stabiliierung gekommen ist – mit einer entsprechenden Persoalkapazität ausgestattet wird. Trotz dieser Darstellung glaube ich, dass es in Afrika sgesamt viel mehr Licht als Schatten gibt. Die Afrikaer jedenfalls wollen, dass es dort mehr Licht gibt. Sie eisten dazu ihren Beitrag. Wir können ihnen dabei helen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])



Hartwig Fischer (CDU):
Rede ID: ID1510820900

Das Wort hat nun die Kollegin Marianne Tritz, Bünd-

is 90/Die Grünen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510821000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

lle reden mit großer Selbstverständlichkeit über Afrika.
ir wollen Eigenverantwortung und Selbstbestimmung

ür Afrika. Wir ersehnen eine Stabilisierung in Afrika.
ir wollen Afrika fördern und fordern und streben ein
mdenken in der Afrikapolitik an.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Manchmal stockt mir der Atem bei so viel Mut, aber
uch bei der Vermessenheit, die wir in Bezug auf Afrika
n den Tag legen. In den letzten Monaten, während der
uropäischen Erweiterung, haben wir schwierige politi-
che Prozesse vollzogen. Aber bei aller Freude über die
rweiterung behalten die Nationalstaaten für uns ihre
edeutung: Wir lieben das italienische Dolce vita, den
nglischen Humor, die deutsche Gründlichkeit und die
ranzösische Küche, wir bewundern die lettische Infor-
ationsgesellschaft und das finnische Bildungswesen.
Unseren Nachbarkontinent aber mit seinen 50 Staa-

en, seinen über 2 000 Sprachen, seinen unterschiedli-
hen Stärken und Schwächen und verschiedenen Kultu-
en reduzieren wir aber auf „Afrika“. Das ist sogar
achvollziehbar; denn würden wir versuchen, alle Wi-
ersprüche, Extreme, Besonderheiten und die Mannig-
altigkeit der Länder, Landschaften und Kulturen Afri-
as zu verstehen, würden wir an diesem Kontinent
erzweifeln. Meine Fraktion nehme ich da nicht aus.






(A) )



(B) )


Marianne Tritz

Dieses Afrika kann einen schon ratlos machen: hin-

reißend schön – abstoßendes Elend, unglaubliche Land-
schaften – mörderisches Klima, atemberaubende Tier-
welt und Luxus im Überfluss auf der einen Seite –
millionenfacher Hunger auf der anderen, Hütten, die
noch nicht einmal diesen Namen verdienen, neben Pa-
lästen in unmittelbarer Nachbarschaft und dann diese un-
glaubliche Armut, Kriege, Völkermord und über allem
das Sterben von Hunderttausenden an Aids. Wir lieben
Afrika und wir verfluchen Afrika, aber wir müssen im-
mer wieder nüchtern bilanzieren, wo dieser Kontinent
steht und wohin er will, warum er uns von Bedeutung ist
und wie wir ihm helfen können.

Die Hauptherausforderungen, vor denen Afrika steht,
lassen sich in vier Bereiche einteilen: Staatszerfall, re-
gionale Gewaltkonflikte, Armut und Aids. Diesen zen-
tralen Herausforderungen wollen wir uns mit einer auf-
einander abgestimmten außen-, entwicklungs- und
sicherheitspolitischen Herangehensweise stellen. Dazu
gehört, dass wir ehrlich benennen, welches Interesse wir
an Afrika haben, dass nämlich die soziale, politische und
wirtschaftliche Entwicklung Afrikas in unserem elemen-
taren Sicherheitsinteresse liegt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Was tun wir? Wir unterstützen den schwarzen Konti-
nent bei seinen Bemühungen, sich stärker in die Welt-
wirtschaft zu integrieren. Wir wollen die subventionierte
europäische Agrarpolitik so geändert sehen, dass es für
afrikanische Produkte einen breiten Zugang zum Welt-
markt gibt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir setzen uns für Entschuldung ein, wir pumpen Geld
in die Armutsbekämpfung und in den Bildungssektor
und sind einer der größten Geber bei der Bekämpfung
von HIV bzw. Aids. Wir fördern den Aufbau rechtsstaat-
licher Institutionen. Deutschland unterstützt gezielt
Maßnahmen der Konfliktprävention und Konfliktbear-
beitung.

Aber wir tendieren auch dazu, uns zu überschätzen.
Wenn ich mir die Afrika-Anträge anschaue und die dazu-
gehörigen Kataloge von Forderungen an die Bundes-
regierung, dann kann man eigentlich nur zu mehr Rea-
lismus mahnen. Wir tun häufig so – ich nehme da
ausdrücklich keine Fraktion aus –, als wenn wir alles
Elend, alle Sorgen und Nöte auf dem afrikanischen Kon-
tinent bekämpfen könnten, wenn wir nur genug Geld für
Entwicklungszusammenarbeit, mehr Soldaten zum Ein-
greifen bei Konflikten, mehr technische und medizinische
Hilfe zur Verfügung stellen würden, wenn wir denn nur
mahnender mit afrikanischen Politikern reden würden.

Aber, mit Verlaub, so einfach ist das nicht. Es macht
wenig Sinn, Millionen von Euro in die Bekämpfung von
HIV bzw. Aids zu stecken, wenn es keine Strukturen ei-
nes Gesundheitswesens gibt, die den Zugang zu Medika-
menten ermöglichen. Es ist zweifelhaft, wenn Land um-
verteilt wird, die Neubesitzer aber nicht ausgebildet
werden, dieses Land zu bewirtschaften. Es macht keinen

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(C (D inn, Gelder für Infrastrukturmaßnahmen bereitzustelen, wenn sie für Prestigeobjekte zweckentfremdet weren. An vielen Stellen müssen wir noch genauer hinucken und unsere Mittel und Politik zielgerichteter insetzen. Afrika selbst muss die Bedingungen und Vorausset ungen schaffen, damit unsere Hilfe überhaupt greifen ann. Um uns nicht zu überfordern, müssen wir Prioritäen setzen und uns die Belastungen mit den europäischen achbarn teilen. Unsere gesamte Afrikapolitik hat nur m europäischen Kontext eine Chance, erfolgreich zu ein. Nationale Alleingänge sind nicht kraftvoll genug, m wirklich effektiv zu sein. In diesem Zusammenhang uss man die Initiative des Bundeskanzlers und seiner frika-Beauftragten Uschi Eid würdigen, mit dem G-8frika-Aktionsplan den reformwilligen Staaten langristige und nachhaltige Unterstützung bei ihren Reforen anzubieten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Afrika erkennt mittlerweile seine Eigenverantwortung
n. Ohne diese Eigenverantwortung bleibt jedoch jede
ntwicklungs-, außen- und sicherheitspolitische Hilfe
on außen wirkungslos. Das, was von einigen afrikani-
chen Staaten auf den Weg gebracht wurde, macht Mut
nd stimmt hoffnungsvoll: Die Neue Partnerschaft für
ie Entwicklung Afrikas, genannt NEPAD, entwirft eine
eit reichende Entwicklungsstrategie für den afrikani-
chen Kontinent. Die Afrikanische Union will Demokra-
ie und Menschenrechte durchsetzen und sich bei Völ-
ermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die
enschlichkeit endlich in die inneren Angelegenheiten
nderer afrikanischer Staaten einmischen.
Damit komme ich zu meinem letzten Punkt: Nach den

ürchterlichen Massakern im Kongo und zehn Jahre nach
em Völkermord in Ruanda hat sich die internationale
taatengemeinschaft geschworen: Nie wieder, nie wie-
er Völkermord! Trotz dieses Schwures könnte aber ge-
au diese Entwicklung jetzt im Sudan eintreten: Mehr
ls zehntausend Tote und über eine Million Flüchtlinge
ind das Ergebnis der Politik der verbrannten Erde, auf
ie der sudanesische Militär- und Staatschef setzt. Die
on ihm ausgerüsteten Milizen rauben, morden, brand-
chatzen und vergewaltigen mit Unterstützung der suda-
esischen Regierung, die die Dörfer der Aufständischen
ombardiert. Das klare und eindeutige „Nie wieder!“ der
nternationalen Gemeinschaft nach den Vorkommnissen
n Ruanda weicht gerade windelweichen und völlig inak-
eptablen Stellungnahmen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt!)

Wir unterstützen alle Initiativen der Afrikanischen
nion, die dazu führen, dass gewalttätige Konflikte in
ukunft von den Afrikanern selbst gelöst werden kön-
en. Dazu helfen wir ihnen beim Aufbau und bei der
usbildung von afrikanischen Friedenstruppen, die al-
erdings in demokratische Strukturen eingebunden sein
üssen.
Afrika möchte als gleichberechtigter Partner an der
estaltung globaler Politik aktiv teilnehmen. Unterstüt-






(A) )



(B) )


Marianne Tritz

zen wir es auf seinem Weg zu mehr Anerkennung und
Selbstbestimmung, damit es nicht länger als ein Ort der
Kriege und Katastrophen, sondern als Region der Hoff-
nung und des Aufbaus angesehen wird!

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU])



Marianne Tritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510821100

Das Wort hat nun der Kollege Ulrich Heinrich, FDP-

Fraktion.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510821200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der Prozess, in Afrika zu Eigenverantwortung
und Selbstbestimmung zu kommen, geht sehr langsam
und schleppend voran; alle meine Vorredner haben das
unterstrichen. Dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen.
Unter anderem ist das weit gehende Fehlen von Füh-
rungseliten zu nennen.

Trotz allem muss man festhalten: Der Rahmen steht. Die
AU hat vor zwei Jahren ein klares Bekenntnis zu Demokra-
tie und zur Einhaltung der Menschenrechte abgelegt. Durch
die Abkehr von der Strategie der Nichteinmischung in in-
nere Angelegenheiten anderer Staaten bei Völkermord,
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlich-
keit gibt es die Chance auf einen Wandel in der afrikani-
schen Menschenrechtspolitik. Die NEPAD – New Partner-
ship for Africa’s Development – wurde mit dem Ziel
gegründet, die Milleniumserklärung der Vereinten Na-
tionen umzusetzen und in eigener Verantwortung zu
kontrollieren, um den Peer-Review-Prozess zu begleiten.
Eine ganze Reihe von regionalen Zusammenschlüssen
wie IGAD, ECOWAS oder SADC sollen die Zusam-
menarbeit fördern und demokratische und rechtsstaatli-
che Strukturen schaffen. Der Rahmen stimmt also. Wir,
die internationalen Geber, sind bereit, mitzuhelfen, die-
sen Rahmen zu stabilisieren.

Trotzdem bleibt uns nichts anderes übrig, als zu er-
kennen, dass die Realität trotz aller Bemühungen und
aller guten Ansätze anders aussieht. Staaten sind bereits
zerfallen oder befinden sich im Zustand des Zerfalls.
Bürgerkriege, ethnische Säuberungen, Kampf um Bo-
denschätze und vieles mehr sind in einer ganzen Reihe
von Staaten leider Wirklichkeit. Hinzu kommt, dass die
Weltgemeinschaft fast damit überfordert ist, überall dort,
wo sie gebraucht wird, auch tatsächlich einzuschreiten.

Welche Rolle spielen die UN? Welche Rolle spielt
Deutschland? Welche Rolle kann die EU angesichts die-
ser Szenarien spielen? Wenn man sich vor Ort erkundigt
– Kollege Fischer hat bereits auf unsere Reise hingewie-
sen –, muss man feststellen, dass die UN leider nicht im-
mer den besten Ruf haben. Sie werden in der Regel als
zu lasch und zu gleichgültig bezeichnet, ihr Vorgehen
wird als nicht zielführend dargestellt. Ihr Ruf ist beson-
ders im Kongo nicht einheitlich. In der Gegend um
Bunia konnten die UN ein einigermaßen robustes Man-
dat nach Kap. 7 verwirklichen. Dagegen muss man lei-

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(C (D er feststellen, dass im Süden der Region Kivu genau as Gegenteil der Fall ist; Kollege Fischer hat das vorhin ehr eindrucksvoll geschildert. Welche Rolle erwartet man von der Bundesrepublik eutschland? Wenn man vor Ort unterwegs ist, hört man on den Menschen, dass sie von uns eine stärkere ermittlerrolle erwarten. Sie sagen, wir sollten uns akiv als Vermittler in diesen Prozess einmischen. Die Bunesrepublik Deutschland hat einen hervorragenden Ruf m Kongo, in Ruanda und in Uganda. Man bittet uns geadezu, hier aktiv zu werden. Ich bitte, dass dies von der undesrepublik stärker beachtet wird. Leider Gottes sind die vier Minuten, die mir für meine ede zur Verfügung stehen, schon fast wieder vorbei. assen Sie mich noch einen Punkt anführen. Es geht um en Friedensprozess in Somalia. Es ist fast vermessen, abei von einem Friedensprozess zu sprechen, aber dort ind erste Regungen festzustellen. Die Warlords komen zusammen, aber sie benötigen einen runden Tisch. ie brauchen jemanden, der sich zur Verfügung stellt nd als Katalysator wirkt. Auch von dieser Seite höre ch, dass die Bundesrepublik Deutschland in dieser rage eine wichtige Vermittlerrolle spielen könnte. Lassen Sie es mich so sagen: Andere hören etwas aneres. Ich möchte deutlich machen, dass wir nicht erst dann ätig werden dürfen, wenn die UNO von uns fordert, Solaten in den Kongo zu schicken, und nachdem die Frakion der FDP in ihrem hier eingebrachten Antrag zum udan konkrete Vorschläge gemacht hat. Wir müssen ns weit im Vorfeld dieser politischen Entwicklungen tärker einmischen, um zu verhindern, dass die Dinge us dem Ruder laufen. Ich hoffe sehr, dass wir mit weiteren Anträgen ande er Fraktionen rechnen können, wenn der Antrag der DP überwiesen wird, um eine intensive Diskussion ühren zu können, und dass wir verhindern, dass es einen eiteren Völkermord im Sudan gibt. Herzlichen Dank. Ich erteile dem Kollegen Siegmund Ehrmann, SPD raktion, das Wort. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Vorsicht!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1510821300


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510821400

Herr Kollege Fischer, der Abgesang Ihrer Rede hat
ich beeindruckt. Das hörte sich gut an. Darüber, was
ie zwischendurch abgeliefert haben, müssen wir uns
ber noch detailliert unterhalten. Ich komme gleich
erne darauf zurück.






(A) )



(B) )


Siegmund Ehrmann


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das war genau richtig, Herr Ehrmann! Davon sollten Sie lernen!)


Bevor ich zu einer resümierenden Bewertung dieser
politischen Debatte über Afrika komme, möchte auch
ich auf die bedrohliche Situation im Sudan eingehen.
Nach zunächst hoffnungsvoll stimmenden Verhand-
lungsphasen, die dann allerdings von schweren Kampf-
handlungen überlagert worden sind, erreichen uns seit
Anfang des Jahres dramatische Nachrichten. Wichtige
Punkte sind genannt worden: über 2 000 Tote vor weni-
gen Wochen, als die Regierung Grenzgebiete bombar-
dieren ließ, 1 Million Flüchtlinge, etwa 2 Millionen
Menschen, die im gesamten Sudan von dem Desaster be-
troffen sind, und ein sich neu entwickelnder Konflikt-
herd im Bundesstaat Darfur. Der UN-Koordinator für
den Sudan, Kapila, spricht von einem organisierten Ver-
such, eine Volksgruppe vollständig auszulöschen. Kofi
Annan erkennt einen drohenden Völkermord. Nahrungs-
mittelhilfen und die medizinische Versorgung sind unter
massiver Beteiligung der Bundesregierung eingeleitet
worden. – Vor dem Hintergrund dieses Szenarios be-
grüßt die SPD-Bundestagsfraktion ausdrücklich, dass
sich die Bundesregierung, insbesondere in Form der Mi-
nisterin Wieczorek-Zeul, öffentlich und durch Initiativen
in den überstaatlichen Institutionen klar positioniert hat,
um den Druck auf die sudanesische Regierung zu erhö-
hen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Für die humanitäre Soforthilfe sind erhebliche Mittel
bereitgestellt worden. Freitag wird sich der VN-Sicher-
heitsrat auf ausdrückliches Betreiben unserer Bundesre-
gierung mit dem Sudan befassen. Die internationale Ge-
meinschaft zieht an einem Strang. Das gilt für die
Vereinten Nationen, für die EU und auch für die USA.
Überdies hat die Bundesregierung gestern im Kabinett
initiiert, dass die AKP-Ratsgruppe der EU die Prozesse
so beschleunigt, dass die EU-Friedensfazilitäten mobili-
siert werden können. Auch das ist ein Beweis für das
vortreffliche Handeln unserer Regierung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Entsprechend unserem Verständnis von Partner-
schaft und Dialog – da haben mir manche Ihrer Formu-
lierungen, Herr Fischer, nicht zugesagt – werden wir
aber eines nicht machen können: Wir können nicht auf
deutscher oder EU-Ebene einseitig bewerten, entschei-
den und in direktem Zu- und Durchgriff handeln. Hier ist
die AU gefordert; sie hat ihre Verantwortung auch be-
reits erkannt. Die afrikanischen Nationen müssen in ge-
steigertem Maße dazu beitragen, die Konflikte auf ihrem
Kontinent zu bändigen.

Noch ein Wort zum Sudan, zugleich als Überleitung
zu meiner Bewertung der Afrikadebatte. In der Debatte
im Februar hat Herr von und zu Guttenberg der Bundes-
regierung vorgehalten, es fehle ein schlüssiges, kohären-
tes außen-, entwicklungs- und verteidigungspolitisches

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(C (D onzept. Ich stelle für mich fest, liebe Kolleginnen und ollegen von der Opposition: Das war ein schwerer tockfehler. Sie ignorieren nämlich bei dieser Bewerung maßgebliche Leitlinien des Regierungshandelns; in iesem Zusammenhang ist der G-8-Afrika-Aktionslan zu nennen. Zudem beinhaltet das Positionspapier ur Entwicklungszusammenarbeit mit Sub-Saharafrika nicht nur allgemeine strategische Aussagen, sonern auch sehr konkrete und treffliche Beispiele, die im runde genommen Ihre ganze Argumentation, Herr ischer, widerlegen. Man muss nur bereit sein, dies zur enntnis zu nehmen. Herrn von und zu Guttenberg kann ch nur sagen: Natürlich sind die Papiere mühsam zu leen. Aber man hätte nur den Reden von Frau Wieczorekeul und Frau Eid lauschen müssen, um einen qualifiierten Erkenntniszuwachs zu erzielen. Die Initiativen der Bundesregierung zum Sudankon likt belegen aus meiner Sicht, dass auf der Grundlage ines strategisch abgestimmten und fachübergreifenden onzeptes gehandelt wird. (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Besonders im Kongo!)


ie belegen aber auch, dass die Regierung im Einzelfall
n der Lage ist – das haben Sie eingefordert, Herr
ischer –, zeitnah und flexibel zu agieren. Wie heißt es
o schön? – Die Wahrheit ist konkret.

(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Sehr konkret! In Simbabwe ist es auch sehr konkret!)

an muss sich in dieser Debatte mit den Dingen im De-

ail auseinander setzen.
Wer der Rede von Herrn Vaatz gelauscht hat und sich

icht auskannte – bitte nehmen Sie es mir nicht übel –,
onnte zumindest einen interessanten Literaturhinweis
ntgegennehmen. Ansonsten gab es nur die pauschale
ritik, es gebe kein Gesamtkonzept. Zudem wurde die
nfähigkeit der Koordination beklagt. Das haben wir
chon häufiger gehört. Mich hat das allerdings erstaunt,
eil ich bisher eine bedeutend stärkere gemeinsame
rundhaltung ausgemacht hatte.
Sie reklamieren – das steht auch in Ihren Anträgen –,

ass wir eine klarere Interessendefinition brauchen.
as ist damit gemeint, Herr Fischer? Sie haben vorhin
rklärt, die Afrikaner müssten wissen, was wir von ihnen
rwarten.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Richtig!)


nsere Erwartung ist definiert. Wir wollen auf gleicher
ugenhöhe als Partner in einen Dialog eintreten.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das habe ich doch gesagt!)


nsere Erwartung wird durch das Interesse der Afrikani-
chen Union widergespiegelt, demokratische und sichere
trukturen zu entwickeln.
Afrikapolitik ist mehr als Außenwirtschafts- und

nergiepolitik. Es geht um einen breit abgesteckten
fad. Diesen müssen wir innerhalb der Völkergemein-






(A) )



(B) )


Siegmund Ehrmann

schaft beschreiten, damit Instabilitäten und Unsicherhei-
ten reduziert werden, damit sich die Menschen ent-
wickeln können und – wir sind keine Altruisten – damit
Investitionen langfristig die vorhandenen wirtschaftli-
chen Potenziale freisetzen. Physische, soziale, politi-
sche, rechtliche und wirtschaftliche Unsicherheiten zu
bändigen als überholtes Verständnis einer Entwicklungs-
zusammenarbeit zu bezeichnen, wie es Herr von und zu
Guttenberg getan hat, ist schon ein starkes Stück.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Afrika, dieser riesige, schöne und an wunderbaren

Menschen reiche Kontinent, hat sich zur Jahrtausend-
wende neu verfasst. Der neu formulierte und neu for-
mierte ernsthafte Wille, vorrangig auch die eigenen
Kräfte für Frieden und Entwicklung zu mobilisieren,
verdient unser Vertrauen. Ich stelle für mich fest – das
spiegelt sich in den Anträgen der Koalitionsfraktionen
wider –: Wir sind auf dem richtigen Weg. Ich wünschte
mir, dass wir auch in den Grundpfeilern dieser Politik
über den Tag hinaus zu mehr Gemeinsamkeit finden. –
Herr Ruck, ich weiß, dass auch Sie lernfähig sind.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: So nicht, Herr Ehrmann! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das ist eine Unterstellung!)


Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Christian Ruck [CDU/ CSU]: Nehmen Sie das eventuell zurück?)



Siegmund Ehrmann (SPD):
Rede ID: ID1510821500

Das Wort hat nun Anke Eymer, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510821600

Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Afrika ist ein
Thema, dem sich die deutsche Politik in jüngerer Ver-
gangenheit vermehrt zuwendet. Es ist eine erfreuliche
Tatsache und eine notwendige Konsequenz. Das ist eine
Konsequenz aus der Tatsache, dass die Zeit der überhol-
ten Klischees keine Grundlage für eine solide Afrika-
politik des 21. Jahrhunderts ist.

Afrika ist weder nur als Entwicklungsgebiet zu sehen,
noch ist Afrika nur das Land der Naturkatastrophen und
der ethnischen Kriege. Es gibt Licht in Afrika, so habe
ich meinen Kollegen Fischer verstanden. Um ein Bei-
spiel zu nennen: Zehn Jahre Überwindung der Apartheid
in Südafrika – daran wird in diesen Wochen nicht nur in
Südafrika, sondern auch an vielen Orten bei uns feierlich
gedacht. Das ist viel mehr als nur ein historisches Ge-
denken der großen Erfolge, die sich auch um eine Person
wie Nelson Mandela ranken. Es geschieht in einer festen
und zukunftsorientierten Überzeugung: Südafrika gehört
in die Gruppe jener Staaten, die verlässliche Partner für
eine neue deutsche und europäische Afrikapolitik sind,


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D ine europäische Afrikapolitik, in der es hohe Zeit ist, nsere deutschen Anliegen deutlicher zu benennen und u vertreten. Die Republik Südafrika ist eines der großen eispiele für einen demokratischen und fortschrittlichen taat und für einen verlässlichen Partner auch für die eutschen Außenwirtschaftsinteressen. Die uns heute vorliegenden Anträge spiegeln die Tat ache wider, dass die afrikanischen Länder zu einem leichberechtigten Partner geworden sind. Ihre Bereitchaft und Kapazitäten zur Übernahme von Eigenerantwortung bei der Bewältigung der anstehenden robleme gilt es wahrzunehmen und zu unterstützen. abei hat der Austausch mit der Afrikanischen Union, ie Unterstützung der Arbeit der NEPAD und die Umetzung des Afrika-Aktionsplans der G 8 eine bleibende edeutung. Immer deutlicher wird die Erkenntnis, dass ein leichberechtigter Dialog im Interesse aller liegt. Ein beonderes Gewicht hat hierbei die Tatsache, dass die deutche Politik zunehmend in eine europäische Außenund icherheitspolitik eingebettet ist. Unter den europäichen Partnern gibt es Staaten, die dezidiert eigene Inteessen benennen und durchzusetzen verstehen. Dass die ründe hierfür auch in der kolonialen Vergangenheit ancher Staaten liegen, ist bekannt. Dass wir in eutschland eine vergleichsweise geringe Belastung aus ieser Zeit mit uns tragen, verstehe ich eher als Chance. ir sind ein Dialogpartner, dem in Afrika großes Gehör nd großes Vertrauen entgegengebracht wird. Das wurde auch in den erfolgreichen Gesprächen eutlich, die die parlamentarische Delegation und die eilnehmer der Wirtschaftsdelegation bei der Afrikaeise des Bundeskanzlers geführt haben. Äthiopien, enia, Südafrika und Ghana – die Länder, die wir bereist aben, gehören zu jenen Staaten, die zukünftig im beonderen Fokus der deutschen Afrikapolitik stehen weren. Wir stehen vor der Entscheidung, ob Deutschland u einem Global Player oder nur zu einem Statisten in er internationalen Afrikapolitik wird. Dabei hilft unseer Politik aber nicht, nur einen weiten und allgemeinen ogen für ein neues Konzept zu entwerfen. Unsere Afriapolitik braucht eine deutliche Benennung von deutchen Interessen, die wir auch verfolgen. Ich beziehe mich auf den vorliegenden Antrag meiner raktion: Zu einem nachhaltigen und effizienten Einsatz nserer Mittel gehört neben dem Abrücken von Ideoloie und überhöhten Zielvorstellungen auch eine sinnolle Koordinierung der Mittel und der verantwortlihen Ministerien. Es hilft weder, sich in einige wenige etails zu verbeißen, noch hilft es, in einer breit gefäherten Aufzählung die konkreten Probleme zu umgeen. Ich möchte meine feste Überzeugung zum Ausdruck ringen, dass es auf einer soliden und sachlichen Grundge auch im Hinblick auf den vorliegenden Antrag der PD-Fraktion mit uns als Opposition konstruktive Wege iner Zusammenarbeit geben kann. Unsere Afrikapolitik uss sachlich und realistisch werden. Wir müssen saen, was wir wollen. Unsere Ziele müssen realistisch an nseren Möglichkeiten orientiert sein. Europa grenzt an Anke Eymer Afrika. An dieser Chance und Herausforderung muss sich endlich auch die deutsche Politik orientieren. Ich danke für die Aufmerksamkeit. Zu einer Kurzintervention erteile ich der Kollegin Wieczorek-Zeul das Wort. Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dieser Debatte ist mehrfach der Sudan zur Sprache gekommen. Ich bin selbst auf dieses Thema angesprochen worden. Ich will an dieser Stelle sagen und ich glaube, es fühlt jeder so wie ich, dass wir die sudanesische Regierung auffordern endlich die Unterstützung der Milizen in Darfur, die die afrikanischstämmige Bevölkerung vertreiben, aufzugeben – dieser Vertreibung muss ein Ende gemacht werden – und dazu beizutragen, dass die Menschen auch durch humanitäre Hilfe erreicht werden. Das heißt: Der Waffenstillstand muss endlich eingehalten werden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





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(Beifall bei der CDU/CSU)

Anke Eymer (CDU):
Rede ID: ID1510821700
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510821800

Diese Forderung müssen wir alle erheben.
Ich fordere die sudanesische Regierung auf, den Ver-

treibungen ein Ende zu machen. Ethnische Vertreibun-
gen, wo auch immer sie stattfinden, dürfen von der inter-
nationalen Gemeinschaft nie mehr hingenommen
werden. Bei solchen Vertreibungen darf niemand weg-
sehen.


(Beifall bei der SPD)

Ich habe Gespräche mit dem Exekutivdirektor des

Welternährungsprogramms, James Morris, und dem UN-
Beauftragten für den Sudan geführt, die mit einer UN-
Delegation in Darfur waren.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Beide haben ebenso wie die Vertreterinnen und Vertreter
der Zivilgesellschaft, mit denen ich gestern zusammen-
gekommen bin, festgestellt, dass Friedenstruppen vor
Ort für den Schutz der Bevölkerung sorgen müssen und
dass im Sudan humanitäre Hilfe geleistet werden muss.
Diese Forderung will ich an dieser Stelle noch einmal
hervorheben und darauf hinweisen, dass es auf europäi-
scher Ebene die Friedensfazilität für Afrika gibt. Wir
haben uns gestern im Kabinett dafür entschieden, diesen
Weg der Unterstützung einzuschlagen. Das heißt, die
Afrikanische Union wird Friedenstruppen vorschlagen,
die die Europäische Union finanzieren soll und wird. Ich
meine, diese Aufgabe und Zielsetzung sollten wir alle
gemeinsam angehen und unterstützen.


(Beifall bei der SPD)



Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD):
Rede ID: ID1510821900

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Klaus-Jürgen

Hedrich.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau ieczorek-Zeul, ich glaube, was den Sudan anbetrifft, iegen wir nicht auseinander. Vielleicht hätten wir aber chon sehr viel früher und sehr viel aufmerksamer reaieren müssen. Ich glaube, ein verdächtiges Signal war ereits die Ablösung unseres früheren Kollegen Gerhart aum als Sonderbeauftragter der Vereinten Nationen. ine Reihe von Ereignissen ist langfristig erkennbar geesen. Wir müssen uns auch darüber im Klaren sein – ich erde versuchen, das noch an einigen anderen Punkten eutlich zu machen –, dass wir es in Khartoum mit inem Regime zu tun haben, das nicht darauf ausgelegt st, den Menschenrechten und dem Respekt gegenüber nderen Religionen und Rassen die notwendige Sorgfalt nd Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Man muss allerdings korrekterweise hinzufügen, dass ich zum Beispiel die Repräsentanten der so genannten üdsudanesen auch nicht mit Ruhm bekleckert haben. ie Verbrechen bis hin zu Morden und Vergewaltigunen und das tägliche Drangsalieren anderer werden in iesem Lande auf allen Seiten praktiziert. Ich glaube, ass es in der Tat richtig ist, dass die Europäische Union nd die internationale Gemeinschaft stärker als bisher arauf hinweisen. Zu vielen Konflikten haben wir zwar nicht geschwie en, aber mich hat es verwundert, dass wir jahrelang ehr oder weniger nur zugeschaut haben. Wenn wir uns eute Rechenschaft ablegen, dann müssen wir eingesteen: So viel hat sich nicht verändert. Wenn man die Beichterstattung über Afrika genau verfolgt sowie an den ongo, den Hartwig Fischer als Beispiel genannt hat, und n das denkt, worauf Hans Büttner verwiesen hat, dann tellt man fest, dass tagtäglich in vielen Ländern des afrianischen Kontinents viel mehr Menschen ums Leben ommen als zum Beispiel im Irakkonflikt. Damit kein issverständnis entsteht: Ich möchte natürlich nicht auf echnen. Aber auch daran kann man erkennen, dass die eltöffentlichkeit die einzelnen Konflikte mit unterchiedlichen Maßstäben misst und mit unterschiedlicher ufmerksamkeit verfolgt. Vielleicht ist die heutige Deatte eine Gelegenheit, stärker darauf hinzuweisen. Man kann es aber auch zynischer formulieren, wenn an will: Im Schatten der Konflikte im Nahen und ittleren Osten sind Millionen Menschen in Afrika ms Leben gekommen. Ich kann mich nicht erinnern das ist eine kühle Feststellung –, dass sich bedeutende ührer der verschiedenen christlichen Kirchen in der elt und insbesondere in Europa zu den Massakern in frika geäußert haben. Können Sie mir den Namen eines bedeutenden deutchen Kirchenführers nennen, der in aller Deutlichkeit esagt hat: Das, was wir an dieser Stelle für falsch halen, halten wir auch an jener Stelle für falsch? Tatsächlich wurde immer nur eine Seite kritisiert. Ich laube, das müssen wir uns vorhalten lassen. Im Kon Klaus-Jürgen Hedrich flikt an den Großen Seen – das wissen auch Sie – haben sogar Kirchenführer dazu aufgerufen, sich an den Massakern zu beteiligen. Wenn man heute mit Verantwortlichen der katholischen Kirche und insbesondere im Vatikan redet, dann stellt man fest, dass diese – zu Recht – darauf verweisen, dass dies eines der dunklen Kapitel der jüngsten Geschichte der christlichen Kirchen gewesen ist. Ich möchte hier keine Aufrechnungen vornehmen. Mir geht es nur darum, darauf hinzuweisen, dass wir uns den bewaffneten Konflikten und dem Morden in Afrika nicht mit der gleichen Aufmerksamkeit zuwenden, mit der wir das bei anderen Konflikten tun. Ich wiederhole: Vielleicht trägt die heutige Debatte dazu bei, dies ein wenig zu ändern. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510822000

(Beifall bei der CDU/CSU)


(Widerspruch bei der SPD)





(A) )


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Wir beklagen zu Recht, dass die Bundesregierung in
den letzten Jahren das finanzielle Engagement für Afrika
– ich meine nicht Ihr persönliches Engagement, Frau
Ministerin; diese Anrede ist ja jetzt formell korrekt – zu-
rückgefahren hat. Aber noch ein anderer Punkt ist wich-
tig. Wir können nur dort Hilfe, auch finanzielle, leisten
und gegenüber dem deutschen Steuerzahler rechtferti-
gen, wo die Eliten der betroffenen Länder selbst bereit
sind, die Ressourcen, die den Ländern zur Verfügung
stehen, auch einzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich nenne als negative Beispiele nur Herrn Mugabe in
Simbabwe und den häufig gepriesenen Herrn Museveni
in Uganda. Es wird immer behauptet, dass die HIPC-
Initiative dort gegriffen hätte. Ich kann nur darauf ver-
weisen, dass die Einnahmen aus dem Schmuggel über
die Grenze, mit denen die Waffenkäufe finanziert wer-
den, im Staatshaushalt erst gar nicht auftauchen.


Klaus-Jürgen Hedrich (CDU):
Rede ID: ID1510822100

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510822200

Frau Präsidentin, ich bin sofort fertig. – Ein anderes

negatives Beispiel ist die Clique um dos Santos unter
Führung seiner Tochter Isabell in Angola, die inzwi-
schen zu den Reichsten gehört, die alle Ressourcen des
Landes ausbeuten, ohne sie für den Aufbau des Landes
einzusetzen, und die sich gleichzeitig mit der Bitte um
Hilfe an die internationale Gemeinschaft wendet.

Vielleicht müssen wir in Zukunft viel härtere Maß-
stäbe anlegen. Wir sollten zwar immer bereit sein, hu-
manitäre Hilfe zu leisten; das ist ja unstrittig. Aber zu ei-
ner klassischen Kooperation sollte es erst dann kommen,
wenn die Eliten – das gilt in besonderem Maße für
Afrika, wenn auch nicht nur – Vorleistungen erbracht ha-
ben und die Ressourcen, die ihnen zur Verfügung stehen,
auch wirklich zum Aufbau ihrer Länder nutzen.

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(C (D Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Klaus-Jürgen Hedrich (CDU):
Rede ID: ID1510822300

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auswärti-

en Ausschusses auf Drucksache 15/3071 zu dem An-
rag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/
ie Grünen mit dem Titel „Afrika auf dem Weg zur Ei-
enverantwortung und Selbstbestimmung unterstützen“.
er Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Druck-
ache 15/2478 anzunehmen. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
en? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
er Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
ion angenommen worden.
Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses

uf Drucksache 15/3072 zum Antrag der Fraktionen der
PD und des Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel
Den Stabilisierungsprozess in der Demokratischen Re-
ublik Kongo nachhaltig unterstützen“. Der Ausschuss
mpfiehlt, den Antrag anzunehmen. Wer stimmt für
iese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Ent-
altungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
en der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der
pposition angenommen worden.
Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses

uf Drucksache 15/3073 zu dem Antrag der Fraktion der
DU/CSU mit dem Titel „Eine neue Politik für Afrika
üdlich der Sahara – Afrika fordern und fördern“.
er Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Druck-
ache 15/2574 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
en? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
er Koalitionsfraktionen und des Abgeordneten Heinrich
egen die Stimmen der CDU/CSU und der sonstigen
DP-Abgeordneten angenommen worden.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für wirt-

chaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf
rucksache 15/3086 zu dem Antrag der Fraktion der
DU/CSU mit dem Titel „Umdenken in der Kongopoli-
ik“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Druck-
ache 15/2335 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
en? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
er Koalitionsfraktionen und der FDP gegen die Stim-
en von CDU/CSU angenommen worden.
Zusatzpunkt 5: Interfraktionell wird Überweisung der

orlage auf Drucksache 15/3040 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie
amit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die
berweisung so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten Rainer
Funke, Jörg van Essen, Sibylle Laurischk, weite-
ren Abgeordneten und der Fraktion der FDP






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes

(Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungsgesetz – LPartGErgG)

– Drucksache 15/2477 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
FDP fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen Wi-
derspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Rainer Funke.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510822400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen

Sie mich mit einem Zitat beginnen:
Aus der Zulässigkeit, … die Ehe gegenüber an-
deren Lebensformen zu privilegieren, lässt sich
kein … Gebot herleiten, andere Lebensformen ge-
genüber der Ehe zu benachteiligen.

Dies ist eine der Kernaussagen des Urteils des Bundes-
verfassungsgerichts vom 17. Juli 2002 zum Lebens-
partnerschaftsgesetz.

Das zustimmungspflichtige Ergänzungsgesetz ist sei-
nerzeit am Widerstand des Bundesrates gescheitert. Zum
Zeitpunkt der Verhandlungen im Vermittlungsausschuss
herrschte die Rechtsauffassung vor, eine weitgehende
Gleichstellung zwischen Lebenspartnerschaft und Ehe
verstoße gegen Art. 6 Grundgesetz. Hier hat das Urteil
des Bundesverfassungsgerichts mit eindeutigen Worten
für Klarheit gesorgt. Es hat unter anderem ausgeführt,
dass die Ehe durch das Gesetz weder beschädigt noch
sonst irgendwie beeinträchtigt werde.


(Christine Lambrecht [SPD]: Das haben wir immer gesagt!)


– Auch wir, im Übrigen.
Das Gericht hat insbesondere auf Ungleichgewichte

im geltenden Recht hingewiesen. So haben die Unter-
haltslasten von Lebenspartnern bisher zu keinen Ände-
rungen des Einkommensteuerrechts geführt. Ferner hat
es betont, dass die sozialhilferechtliche Schlechterstel-
lung der Ehe gegenüber der Lebenspartnerschaft einen
Verfassungsverstoß bedeuten könnte.

Die FDP hat das Urteil aus Karlsruhe sehr begrüßt.

(Christine Lambrecht [SPD]: Wir auch!)


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(C (D esonders wichtig war uns, dass mit dem Richterspruch ndlich Rechtssicherheit für alle bereits eingetragenen ebenspartner besteht. Wir waren sehr überrascht – um das zu Ihnen zu sa en, Frau Kollegin –, dass die Koalition unmittelbar ach Verkündung des Urteils aus Karlsruhe keine weiteen Anstrengungen unternommen hat, um das Ergänungsgesetz erneut auf die Tagesordnung des Vermittungsausschusses zu setzen. an darf nämlich nicht immer nur reden, sondern man uss auch einmal handeln; das gilt insbesondere für die PD und die Grünen. (Beifall bei der FDP – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun wir auch! Wir sind heftig dabei!)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


ir haben Rot-Grün mehrfach zum Handeln aufgefor-
ert. Unserer Meinung nach hätte es nach den klaren
orten des Gerichts eine realistische Chance für eine
ach- und ergebnisorientierte Beratung im Vermittlungs-
usschuss gegeben.
Auch in anderen Bereichen sieht Rot-Grün keinerlei
andlungsbedarf.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht!)


ie vom Bundestag in einer einstimmig angenommenen
ntschließung geforderte Errichtung einer Magnus-
irschfeld-Stiftung zum kollektiven Ausgleich von na-
ionalsozialistischem Unrecht bei der Verfolgung von
omosexuellen wird von Rot-Grün weiterhin behindert.
rst gestern haben wir den Gesetzentwurf der FDP dazu
m Rechtsausschuss behandelt. Anschließend haben Sie
on Rot-Grün die weitere Beratung vertagt, weil Sie
eine Antwort darauf hatten. So kann man mit solchen
roblemen nicht fertig werden.


(Beifall bei der FDP)

Diese Nullbilanz zeigt mir deutlich, was von der

instmaligen angeblichen Bürgerrechtspartei der Grünen
eute noch übrig geblieben ist, nämlich gar nichts.


(Beifall bei der FDP)

Nun zu unserem Gesetzentwurf im Einzelnen. Nach

etziger Rechtslage stehen Rechte und Pflichten der ein-
etragenen Lebenspartner in einem unausgeglichenen
erhältnis. Viele Rechtsbereiche wie das Steuerrecht und
as Sozialhilferecht wurden im Lebenspartnerschaftsge-
etz nicht berücksichtigt.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Wir sind schon weiter!)


ie FDP nimmt den Handlungsauftrag des Bundesver-
assungsgerichts ernst. Unser Entwurf schlägt daher vor,
lle wesentlichen Bereiche zu regeln, die das Lebens-
artnerschaftsgesetz nicht erfasst und die zum Abbau der
iskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare zwingend
rforderlich sind.






(A) )



(B) )


Rainer Funke

Wir fordern, dass die Lebenspartnerschaft bundes-

einheitlich vor dem Standesamt begründet werden soll.
Daneben fordern wir die völlige Gleichstellung von
Lebenspartnern im Erbschaftsteuerrecht und die Einfüh-
rung eines Realsplittings im Einkommensteuerrecht. Bei
der Prüfung der Bedürftigkeit in der Sozialhilfe, bei der
Ausbildungsförderung und beim Wohngeld sollen Ein-
kommen und Vermögen des Lebenspartners einbezogen
werden. Die wesentlichen beamtenrechtlichen Regelun-
gen sollen für Lebenspartner für sinngemäß anwendbar
erklärt werden.

Ein zentraler Punkt unseres Gesetzentwurfs ist die
Begründung eines gemeinschaftlichen Adoptions-
rechts für eingetragene Lebenspartner. Nach geltendem
Recht ist die Einzeladoption bereits möglich. Für uns ist
einzig und allein das Wohl des Kindes ausschlaggebend.
Ein Kind hat gute Entwicklungschancen in einer stabilen
und gefestigten Beziehung, wie sie auch eine eingetra-
gene Lebenspartnerschaft bieten kann.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die FDP ist daher der festen Überzeugung, dass eine ge-
meinschaftliche Adoption zweier Partner dem Kindes-
wohl eher entspricht als eine heute zulässige Einzeladop-
tion.


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1510822500

Herr Kollege, denken Sie bitte an die Redezeit. Ich

habe sie schon verlängert.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510822600

Ich bin gleich fertig.
Der Bundeskanzler hat in einem Interview im Sep-

tember letzten Jahres gesagt: Ein explizites gemeinsa-
mes Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ist
rechtlich schwierig und derzeit nicht vorgesehen. – Wir
sind auf die Diskussion mit dem Bundeskanzler, vor al-
lem aber auch auf die in Ihrer Koalition, sehr gespannt.
Viel Vergnügen!


(Beifall bei der FDP)


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1510822700

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Christine

Lambrecht.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510822800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was für

ein wohltuender Unterschied besteht doch zwischen dem
Klima, in dem wir uns heute über Ihren Entwurf eines
Gesetzes zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgeset-
zes unterhalten, und der aufgeladenen und aufgeheizten
Stimmung im Jahre 2000, als wir uns hier über das Le-
benspartnerschaftsgesetz ausgetauscht haben.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die wohltuende Wirkung des Bundesverfassungsgerichts!)


Damals sind die Emotionen wirklich hochgegangen.


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(C (D Das ist ja gar nicht als Kritik gemeint. – Ich empfinde s als sehr angenehm, dass wir uns heute einmal mit dieen Fragen ganz sachlich auseinander setzen. Das wird eit, da haben Sie Recht. Auch ich freue mich auf die useinandersetzung. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Rainer Funke [FDP]: Bei mir nicht!)


Die ganze Aufregung konnte ich damals angesichts
essen, was wir eigentlich wollten – das muss man sich
mmer wieder vor Augen halten –, nicht so ganz nach-
ollziehen. Eigentlich hieß dieses Lebenspartnerschafts-
esetz „Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung
leichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartner-
chaften“. Allein anhand dieses, wenn auch etwas
chwierigen Titels ist erkennbar, dass es uns darum ging,
iskriminierung abzubauen. Bevor es dieses Gesetz
ab, hatten gleichgeschlechtliche Partner, egal, wie
ange sie miteinander zusammen gelebt hatten, füreinan-
er eingestanden waren und Sorge füreinander wahrge-
ommen hatten, in bestimmten Konfliktsituationen
eine Rechte. Sie wurden wie Fremde behandelt, hatten
lso im Krankenhaus kein Recht auf Auskünfte zur Si-
uation des Partners und keinerlei Rechte, wenn der Part-
er starb. Es war an der Zeit, dass mit dieser massiven
iskriminierung endlich Schluss gemacht wurde.
Das hat nicht nur diejenigen betroffen, die direkt per-

önlich involviert waren, sondern es ging auch um das
amiliäre Umfeld. Durch dieses Gesetz, das wir im
ahre 2000 auf den Weg gebracht haben, wurden auch
ltern von homosexuellen Kindern darin bestärkt, die
omosexualität ihres Kindes nicht als Unglück zu emp-
inden, sondern das Kind so anzunehmen, wie es ist. Zu-
leich erfuhr man dank dieses Gesetzes eine gewisse Art
on öffentlicher Unterstützung, um das Kind vor Diskri-
inierung zu schützen.
Schließlich konnte einem Elternteil auch nicht mehr

as Sorgerecht für das leibliche Kind wegen eigener Ho-
osexualität abgesprochen werden. Es musste in einer
omosexuellen Lebensgemeinschaft auch nicht mehr
eimlich zusammengelebt werden, sondern man konnte
ie ausleben. Eine solche Partnerschaft und auch das
ohl eines Kindes, das in ihr lebte, wurde also durch
eimlichtuerei nicht mehr beeinträchtigt.
Ich glaube, es wurde deutlich, dass es uns um die An-

rkennung anderer Lebensformen unter Einbeziehung
er Sexualität ging. Dabei ist Sexualität in gleichge-
chlechtlichen Lebensgemeinschaften genauso wie in
eterosexuellen Gemeinschaften immer nur ein Aspekt
er Partnerschaft und nicht der alles umspannende.
Es ging nicht darum, dass sich eine bestimmte Gruppe

la carte Rechte auswählen kann, vielmehr ging es um
ie Ermöglichung dauerhafter Bindungen mit Rechten
nd Pflichten. Wir haben von Anfang an den Weg eines
igenen familienrechtlichen Instituts gewählt, also einer
amilienrechtlichen Einrichtung eigener Art. Familie er-
cheint heute eben in vielerlei Gestalt. Damit haben wir
on Anfang an klargestellt, dass diese Partnerschaft we-
er das Gleiche wie die Ehe ist, noch in diese Richtung






(A) )



(B) )


Christine Lambrecht

geht oder ihr womöglich in die Quere kommt, wie es ja
zum Teil unterstellt wurde, sondern etwas völlig anderes
ist.

Nachdem sich dann im Jahre 2000 abzeichnete, dass
wir für diese Vorhaben keine Mehrheit im Bundesrat be-
kommen würden, haben wir den Gesetzentwurf in einen
zustimmungsfreien und einen zustimmungspflichtigen
Teil aufgesplittet. Dadurch kam es zu meiner Meinung
nach sehr unbefriedigenden Lösungen. Beispielsweise
wird im zustimmungsfreien Teil die gegenseitige Unter-
haltsverpflichtung geregelt – da haben wir also eine
Pflicht begründet –, während das Recht, solche Leistun-
gen wie heterosexuelle Paare von der Steuer abziehen zu
können, im zustimmungspflichtigen Teil geregelt wor-
den wäre, wenn er den Bundesrat bzw. den Vermittlungs-
ausschuss passiert hätte. Das ist leider nicht der Fall ge-
wesen. Man könnte noch mehrere solcher Beispiele
aufzeigen. Daran sieht man, wie falsch die Blockade des
Bundesrates war.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der zustimmungsfreie Teil wurde hier mehrheitlich
beschlossen, und zwar, wenn ich mich richtig erinnere,
gegen die Stimmen der FDP bei einer Enthaltung. Ich
bin aber froh, dass die FDP mittlerweile ihre Meinung
geändert hat und zur Einsicht gekommen ist, und freue
mich auf die Diskussionen über den Gesetzentwurf, den
Sie hier heute einbringen. Die Intentionen Ihres Antra-
ges unterstütze ich ausdrücklich. Ihr Vorschlag hat im
Wesentlichen allerdings Regelungen zum Inhalt, die in
unserem ursprünglichen Entwurf enthalten waren. So
viel zu Ihrem Hinweis, Herr Funke, dass Sie Dinge auf-
griffen, die Rot-Grün nicht anpacken will.


(Rainer Funke [FDP]: Warum bringen Sie sie nicht ein?)


Sie könnten alle durchaus schon längst in Kraft sein.
Das gilt beispielsweise für die bundeseinheitliche Zu-

ständigkeit der Standesämter. Wie lange haben wir da-
rum gekämpft und um Einsicht geworben!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was Sie zur Anwendbarkeit der beamtenrechtlichen
Regelungen vorschlagen, ist völlig identisch mit dem
von uns im Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Le-
benspartnerschaftsgesetzes.


(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

Das Thema Berücksichtigung der Einkommen bei der

Bedürftigkeitsprüfung im Sozialrecht, Herr Funke, ist
schon längst erledigt, nämlich mit dem SGB XII; das
Gesetz tritt am 1. Januar 2005 in Kraft. Insofern hat sich
Ihr Antrag erledigt.

Auch die steuerrechtliche Berücksichtigung der Un-
terhaltsverpflichtung von Lebenspartnern hatten wir be-
reits im Entwurf 2000 vorgesehen. Allerdings ging unser
Entwurf in diesem Punkt sogar noch ein Stück weiter als
Ihrer, denn wir hatten volles Splitting vorgesehen; in Ih-

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(C (D em Entwurf ist, wenn ich das richtig sehe, nur ein bechränktes Realsplitting enthalten. Gleiches gilt für die erbschaftsteuerliche Gleichstel ung; auch sie war in unserem Entwurf enthalten. Neu ist – man muss ehrlicherweise sagen, dass dieser unkt im Jahr 2000 bei uns nicht vorgesehen war – das emeinschaftliche Adoptionsrecht. Wir hatten damals en Eindruck, dass die Gesellschaft noch nicht so weit ar, eine solche Regelung mitzutragen und zu akzeptieen, dass sie im Interesse und zum Wohle des Kindes ist. ir sollten heute ohne Scheuklappen und Vorurteile an ieses Thema herangehen und es diskutieren. Ich bin gepannt und freue mich darauf. Darüber hinaus – deshalb kann Ihr Antrag nur eine rundlage sein – müssen wir uns über die Hinterbliebeenversorgung im Todesfall und in diesem Zusammenang vielleicht auch über Unterhaltsregelungen für Kiner Gedanken machen, wobei das nicht unbedingt in das rgänzungsgesetz aufgenommen werden muss. Aber wir ollten jetzt beginnen, die gesamten Lebensumstände om Grundsatz her neu zu regeln. Wie gesagt, Ihr Vorschlag ist ein Schritt in die richtige ichtung, worüber ich mich freue. Vielleicht schaffen ie es ja, auch Ihre Parteikolleginnen und -kollegen in en Ländern mitzunehmen. Vielleicht schaffen wir es in ieser Runde sogar, die Kolleginnen und Kollegen von er Union mit ins Boot zu nehmen, achdem eines der schlagenden Argumente, nämlich ass das Gesetz gegen Art. 6 des Grundgesetzes verstoen würde, vom Bundesverfassungsgericht weggefegt orden ist. Frau Kollegin, denken auch Sie an die Zeit? Ja; ganz kurz zum Schluss. – Es hat den Antrag auf instweilige Anordnung abgelehnt und die Gründe in einem Urteil sehr ausführlich dargestellt. Damit hat es larheit geschaffen. Da nun also das wichtigste Arguent – Frau Kollegin, bitte! – zu Ihrer vollsten Zufriedenheit behandelt worden st: herzlich willkommen zu den Beratungen im Rechtsusschuss! Ich freue mich darauf. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1510822900
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510823000
Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1510823100
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510823200


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1510823300

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. Jürgen Gehb.






(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510823400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor vier

Jahren habe ich von dieser Stelle aus zur Rehabilitierung
der im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
geredet. Ich gebe freimütig zu, dass mir die Situation
von Lesben und Schwulen in unserem Land und erst
recht der historische Rückblick über Jahrzehnte vor die-
ser Zeit nicht gerade geläufig war. Wer kann das auch
von sich behaupten? Daher hatte ich in meiner damali-
gen Rede etwas ausführlicher als in diesem Haus allge-
mein üblich über die rechtliche wie gesellschaftliche
Entwicklung gesprochen, die homosexuelle Menschen
in unserem Land betrifft.

Heute wie damals geht es mir darum, uns alle ein we-
nig daran zu erinnern, welch dramatische Entwicklung
in den vergangenen sechs Jahrzehnten zu verzeichnen
war, und uns vielleicht auch ein wenig dafür zu sensibili-
sieren, dass jede Entwicklung ihre Zeit hat – und manch-
mal auch ihre Zeit braucht.

Ich will uns allen in diesem Zusammenhang in Erin-
nerung rufen, dass der unselige § 175 nicht in den 70er-
Jahren unter den Kanzlern Schmidt oder Brandt, sondern
1994 unter Kanzler Helmut Kohl und einer CDU/CSU-
FDP-Koalition endgültig aus dem deutschen Strafgesetz-
buch verschwand.

Wiederum zehn Jahre später empfinden wir dies alles
als lang, lang her. Vieles im Umgang mit Schwulen und
Lesben ist alltäglich und selbstverständlich in unserem
Land geworden, erst recht in großen Städten wie Berlin.
Dies gilt auch für unsere Parteien. Beispielsweise war
auf dem letzten Landesparteitag der hessischen CDU ein
Stand der LSU zu finden und wir alle kennen inzwischen
prominente Schwule und Lesben auch als Spitzenpoliti-
ker. Vor Jahrzehnten wäre dies im Parlament schlechter-
dings undenkbar gewesen. Ob allerdings eine sexuelle
Präferenz, wo sie doch offenbar unwichtig ist, überhaupt
betont werden soll, wage ich eher zu bezweifeln. Wenn
der Regierende Bürgermeister von Berlin auf dem No-
minierungsparteitag mit dem Spruch „Ich bin schwul –
und das ist auch gut so“ geradezu kokettiert, dann ist das
eher das Niveau von Jürgen Drews und Dieter Bohlen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dirk Manzewski [SPD]: Oh nein! Ich wusste doch, dass das kommt!)


Allerdings ist manches vielleicht doch nicht so alltäg-
lich und selbstverständlich, wie wir es uns manchmal
denken. Wer mich kennt, weiß, dass ich gerne in dieser
Stadt lebe. So lese ich nicht nur den Politikteil der hiesi-
gen Presse, sondern verirre mich gelegentlich auch ein-
mal in den Lokalteil. Beim Durchforsten des Lokalteils
der „Berliner Zeitung“ bin ich vor etwa zwei Monaten
über einen Bericht gestolpert, in dem es hieß, dass in
dieser Stadt ein Café names „PositHiv“ – es ist Berlins
einziges Selbsthilfe-Café für HIV-Positive, in dem viele
Schwule und Lesben verkehren – recht häufig unange-
nehmen Besuch junger Leute mit einem etwas anderen
kulturellen Hintergrund erhält, die offensichtlich mas-
sive Probleme mit homosexuellen Menschen und deren
Lebensstil haben. Wer es genau wissen will, dem sage
ich: Im Zeitungsbericht wird klipp und klar von ara-

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(C (D ischund türkischstämmigen Jugendlichen gesprochen, ie Probleme bereiten. Sie warfen mit Pflastersteinen nd machten Sprüche wie: Haut ab, ihr schwulen Säue! Offensichtlich ist es nicht nur die Stellung und leichberechtigung der Frau, die unser freiheitlicher taat zu schützen hat. Wenn wir über Zuwanderung und opftuch reden, dann sollten wir uns auch in diesem Zuammenhang nicht nur einem paradiesischen Wolkenuckucksheim hingeben. In diesem Kontext erlaube ich mir, eine Passage aus er Erklärung des CDU-Bundesvorstandes zum damalien Regierungsentwurf zu den gleichgeschlechtlichen ebenspartnerschaften zu zitieren. Dort heißt es wörtich: Homosexuelle Menschen und Lebensgemeinschaften haben in unserer Gesellschaft Anspruch auf Nichtdiskriminierung, Achtung und Nichtausgrenzung. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)

Wo insofern Defizite bestehen, sind dies in aller Re-
gel nicht Fragen des Rechts, sondern des alltägli-
chen Umgangs in der Gesellschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Gesellschaft, ihre Mitglieder und Institutionen
sind aufgerufen, Zurücksetzungen und Benachteili-
gungen im Alltag entgegenzutreten.

Wir Christdemokraten respektieren selbstverständlich
uch die Entscheidung von Menschen, die in anderen For-
en als der Ehe einen partnerschaftlichen Lebensentwurf
u verwirklichen suchen. Schließlich ermöglichen unsere
luralistische Gesellschaft und unser freiheitlicher Staat
em Einzelnen eine weitestgehende Freiheit in der priva-
n Lebensgestaltung.
Wir Christdemokraten stehen allerdings auch dafür,
aß und Mitte zu wahren. Bei den anstehenden Fragen
ur weiteren rechtlichen Ausgestaltung gleichge-
chlechtlicher Lebensgemeinschaften geht es um Maß
nd Mitte. Es geht auch darum, einmal innezuhalten und
er Versuchung zu widerstehen, gleich alles bis ins letzte
etail positiv-rechtlich regeln zu wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Wahrung

on Maß und Mitte geradezu eine friedensstiftende Wir-
ung für unsere Gesellschaft entfaltet. Wir alle erinnern
ns doch noch an die heftigen Debatten zum Lebenspart-
erschaftsgesetz in der vergangenen Legislaturperiode.
rau Lambrecht, Sie haben gesagt, dass der Ton damals
twas schärfer war und dass wir heute sehr viel modera-
er an die Sache herangehen.
An dieser Debatte hat nicht nur der eine oder andere

achpolitiker in diesem Hause teilgenommen. Es war
ielmehr eine große gesellschaftliche Debatte. Nicht zu-
etzt die beiden großen Kirchen und auch nicht nur deren
pitzen, sondern viele engagierte Christen und selbstver-
tändlich auch viele Christen in unserer Fraktion






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb

– schließlich sind wir Christdemokraten – haben sich
hieran oft leidenschaftlich beteiligt. Schließlich ging es
auch um recht grundsätzliche Fragen, die nicht nur Fra-
gen des Rechts berühren.

Aber gerade weil mir die Leidenschaftlichkeit der De-
batte noch so präsent ist, habe ich auch noch den Schluss-
satz meiner Kollegin Ilse Falk – sie ist anwesend – im
Ohr, die ihre damalige Rede mit den Worten beendete:

Versuchen wir doch alle, Anderssein und Anders-
denken in gegenseitigem Respekt zu ertragen.

Wir Christdemokraten haben damals in diesem Haus,
aber auch im Bundesrat klar und eindeutig die Gesetzent-
würfe der Regierungskoalition zur gleichgeschlechtlichen
Lebenspartnerschaft abgelehnt. Hierzu stehen wir auch
heute noch. Da wir das Gesetz formell und materiell für
verfassungswidrig hielten, insbesondere weil das Lebens-
partnerschaftsgesetz mit dem nach Art. 6 Abs. 1 Grundge-
setz gebotenen besonderen Schutz von Ehe und Familie
nicht im Einklang stehe und auch das in dieser Grund-
rechtsnorm enthaltene Abstandsgebot nicht wahre,
wurde von Bayern, Sachsen und Thüringen das Bundes-
verfassungsgericht mit der Bitte um Entscheidung ange-
rufen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Kennen Sie das Urteil?)


Das haben auch Sie eben gesagt. Unabhängig von der
Frage, ob ich eine Entscheidung Karlsruhes für richtig,
falsch oder nachvollziehbar halte, schätze ich als Demo-
krat, Jurist und schließlich auch als ehemaliger Richter
und Mitglied des Hessischen Staatsgerichtshofs die klä-
rende Funktion eines Karlsruher Rechtsspruchs. Das
müssten sich einige von Ihnen, wenn Ihnen wieder ein-
mal ein Richterspruch nicht passt, hinter die Ohren
schreiben. Im übertragenen Sinne gilt also für das Bun-
desverfassungsgericht – ich zitiere ja immer gerne aus
der römischen Rechtsgeschichte –: Roma locuta, causa
finita.

Wir haben also nun ein neues, vom höchsten Gericht
anerkanntes Rechtsinstitut der eingetragenen Lebens-
partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare. Karlsruhe
hat immens viel Mühe darauf verwandt, darzulegen, dass
der Ehe keine Einbußen durch ein Rechtsinstitut drohen,
das sich ausschließlich an Personen wendet, die mitei-
nander keine Ehe eingehen können. Profan gesprochen
heißt das: Ehe und Lebenspartnerschaft haben nichts
miteinander zu tun und stehen unverbunden nebeneinan-
der.

Frau Lambrecht, diese Konstruktion haben Sie viel-
leicht missverstanden. – Übrigens, Ihre Diktion war eben
schon wieder ein bisschen geladen, vor allem Ihre Aus-
sage, das Bundesverfassungsgericht habe den Antrag der
CDU-Länder hinweggefegt. – Aber gerade aus dieser
Konstruktion heraus sah Karlsruhe den Gesetzgeber
nicht gehindert oder, anders formuliert, absolut frei, für
die gleichgeschlechtliche Partnerschaft Rechte und
Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleich- oder
nahe kommen. Es liegt also ausschließlich am Gesetzge-
ber, ganz bewusst zu entscheiden, ob überhaupt und,
wenn ja, in welchem Umfang Rechte und Pflichten für

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(C (D iese Gruppe konstituiert werden. Es gibt aber keinen wang zu handeln, wie Sie das eben gesagt haben, keien richterlichen Appell, alles so zu regeln, dass es mit er Ehe nahezu identisch wird. (Christine Lambrecht [SPD]: Das habe ich mit keinem Wort erwähnt! Das hat Herr Funke gesagt!)


ies sehen offensichtlich auch viele Gerichte in unserem
ande so. Mit schöner Regelmäßigkeit werden Klagen
bgewiesen, die auf eine Gleichbehandlung mit der
he abstellen,

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN]: Weil es ja noch kein Gesetz gibt!)

mmer mit dem Hinweis, die gleichgeschlechtliche Le-
enspartnerschaft und die Ehe seien zwei Paar Schuhe
nd der Gesetzgeber habe zu entscheiden, was dieser be-
onderen Lebenspartnerschaft zukommt und was nicht.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig! – Michael Kauch [FDP]: Eben!)


ch halte diese Argumentation für richtig, schlüssig und
m Urteil unseres Verfassungsgerichts orientiert.
Deswegen war ich schon ein bisschen überrascht, als

ch unlängst vom Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum
rtszuschlag bei eingetragenen Lebenspartnerschaften
örte. Unabhängig davon, ob ich im vorliegenden Fall
un den höheren Ortszuschlag für gerecht oder unge-
echt, angemessen oder nicht angemessen halte, stört
ich doch der mit Händen zu greifende Wille des Bun-
esarbeitsgerichts sehr, mit den Instrumenten eines Ge-
ichts Politik treiben zu wollen.
Nun ist die FDP-Fraktion initiativ geworden und hat

en vorliegenden Gesetzentwurf eingebracht. Ich bin
ehr gespannt, wie die Regierungskoalition hiermit um-
ehen wird. Wenn ich daran denke, wie Rot-Grün mit
em FDP-Entwurf zur Magnus-Hirschfeld-Stiftung um-
eht, und wenn ich daran denke, wie Herr Beck mit die-
er Stiftung in der letzten Legislaturperiode umgegangen
st, dann schwant mir einiges.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der FDP – Christine Lambrecht [SPD]: Schauen Sie mal, wie Sie damit umgegangen sind!)


Ich jedenfalls habe den Eindruck gewonnen, dass ins-
esondere die Grünen mit Argusaugen darüber wachen,
ass sich ja keine Sozialdemokratin oder Liberale – von
hristdemokratinnen völlig zu schweigen – erdreistet,
twas zum Wohl dieser Gruppe zu unternehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie bei der FDP)


eine geschätzte Kollegin Michaela Noll kann inzwi-
chen sicherlich einiges zu dieser unseligen Art des Um-
angs beisteuern. Recht paternalistisch erheben die Grü-
en nach meinem Eindruck so etwas wie einen
xklusivanspruch auf diese Gruppe und sind bereit,
echt bissig zu werden, wenn das grüne Logo nicht
raufpappt.






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb


(Christine Lambrecht [SPD]: Sie kommen nicht infrage! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Rolle ist uns nun einmal zugefallen!)


Das ist eine Patentierung, eine Lex Beck. Herr Beck, es
löckte Sie doch gegen den Stachel, dass es nicht um die
Gruppen ging, die Sie repräsentieren. Daher haben Sie
die Magnus-Hirschfeld-Stiftung in der letzten Legisla-
turperiode in grenzenlosem Egoismus an die Wand fah-
ren lassen. Das muss man Ihnen einfach einmal sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Mich wundert besonders, wie die Sozialdemokraten

mit sich umspringen lassen. Wir haben diese Woche
schon bei der Zuwanderungsdebatte erlebt, wer sich in
der Koalition offensichtlich als Herr im Hause fühlt:
Was der Zuwanderungsdebatte ihr Bütikofer, ist der
Schwulendebatte ihr Volker Beck. Dieses Platzhirschge-
habe, Herr Beck, ist – das muss man wirklich sagen – in
unserem Parlamentarismus geradezu unerträglich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, jetzt

habe ich fast keine Zeit mehr,

(Zurufe von der SPD: Oh!)


im Detail auf Ihren Gesetzentwurf einzugehen.

(Heiterkeit bei der FDP – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Jetzt mal zum Thema!)



Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1510823500

Noch 20 Sekunden.


(Christine Lambrecht [SPD]: Jetzt mal 20 Sekunden zum Thema, Herr Gehb!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510823600

Ich will noch feststellen: Die Grundposition meiner

Fraktion ist – das will ich in aller Deutlichkeit und Klar-
heit jenseits aller Detailfragen formulieren –


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Ist nicht vorhanden!)


– prima, Herr Bürsch –:

(Christine Lambrecht [SPD]: Sagen Sie doch einmal etwas zur Sache! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind Sie jetzt dafür oder dagegen? Das habe ich immer noch nicht verstanden!)


Wir sind grundsätzlich gegen eine Ausweitung der be-
stehenden Regelung.

Herzlichen Dank, meine Damen und Herren, für Ihre
Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1510823700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Volker Beck.

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(C (D Frau Präsidentin! Guten Tag, meine Damen und Her en! Schade, dass bei der letzten Rede trotz der längsten edezeit in dieser Debatte keine Zeit blieb, zum Thema u sprechen. Ich danke der FDP ausdrücklich, dass sie ns Gelegenheit gibt, heute wieder über dieses Thema zu prechen; denn es ist notwendig und bietet die Möglicheit, Bilanz zu ziehen. Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz haben wir einen iesigen gesellschaftspolitischen Erfolg für die Mindereit der Schwulen und Lesben in unserem Land erreicht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510823800

nders als von vielen vermutet, hat das Gesetz die Ak-
eptanz der Lesben und Schwulen deutlich gestärkt. Les-
isches und schwules Leben ist nicht nur in den Groß-
tädten, sondern auch in vielen kleinen Dörfern und
emeinden selbstverständlich und sichtbar geworden.
chauen wir uns um: Das Abendland ist tatsächlich nicht
ntergegangen. Am Ende hat auch das Bundesverfas-
ungsgericht alle Argumente und Befürchtungen – übri-
ens auch die von Herrn Gerhardt und Herrn
esterwelle von der FDP –, unser Gesetz sei verfas-
ungswidrig, zurückgewiesen. Schön, dass Sie jetzt
elbst einbringen, was Sie mal unlängst abgelehnt ha-
en!
Sie haben heute einen Gesetzentwurf vorgelegt, der

n vielen Punkten fein säuberlich das abmalt, was wir als
ebenspartnerschaftsergänzungsgesetz vorgelegt haben.
as freut uns. Im Himmel ist immer mehr Freude über
inen reuigen Sünder als über tausend Gerechte. Das
eigt schlichtweg, dass wir für unsere Perspektive der
leichstellung dieser Minderheit gesellschaftspolitisch
mmer mehr Unterstützung finden. Vielleicht ist die Un-
erstützung so weit gediehen, dass die FDP in der einen
der anderen Landesregierung den Koalitionspartner zur
ustimmung zu diesen Forderungen bewegen kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Koalition hat sich im Koalitionsvertrag die
leichstellung vorgenommen. Übrigens, Herr Gehb,
PD und Grüne haben sich das gemeinsam vorgenom-
en, da gibt es keinen Wettbewerb. Wir ziehen an einem
trang, wie wir es auch in der vergangenen Wahlperiode
etan haben, als Margot von Renesse, Hertha Däubler-
melin, der Kollege Scholz, ich und andere an dem Ge-
etzgebungsverfahren mitgewirkt haben. Ohne alle diese
eteiligten hätte es keinen Erfolg gegeben. Das möchte
ch an dieser Stelle sagen, damit kein falscher Zungen-
chlag in diese Debatte kommt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die FDP war nicht hilfreich!)


Zu dem Gesetzentwurf der FDP muss man sagen: In-
wischen hat Karlsruhe entschieden. Wir haben damals
ieles so formuliert – gegebenenfalls hätte man dann
ntsprechend argumentieren können –, dass ein Abstand
ur Ehe sichtbar wird, auch wenn wir ihn politisch und
erfassungsrechtlich nicht wollten. Wir wollten aber






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)


nicht das Risiko eingehen, dass Karlsruhe das ganze Ge-
setz aufhebt. Deshalb haben wir uns gemeinsam für
einen vorsichtigen Weg entschieden.

Wir wollen das bestehende Gesetz jetzt überarbeiten.

(Rainer Funke [FDP]: Warum dauert das so lange? – Gegenruf der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bestimmen wir selber!)


Wir wollen die Differenzen und Unübersichtlichkeiten
beseitigen, die wir damals aus diesen Überlegungen he-
raus in das Gesetz aufgenommen haben. Wir werden ge-
meinsam – das hat die Koalition so verabredet – vor der
Sommerpause einen ersten Schritt unternehmen. Danach
werden wir ein Ergänzungsgesetz vorlegen, bei dem es
nicht nur in diesem Hause, sondern auch in der anderen
Kammer, drüben im Bundesrat, zu dem Schwur kommen
wird. Dann werden wir sehen, wer es am Ende schafft,
bei der Abstimmung über die Forderung nach der
Gleichstellung im Steuerrecht, im Erbschaftsteuerrecht,
im Beamtenrecht und über die Einführung des Standes-
amts als bundesweit einheitlich zuständige Behörde eine
Mehrheit zu besorgen.

Ich wünsche mir, dass Sie dabei erfolgreich sind.
Schließlich geht es um das Ergebnis und nicht um partei-
politischen Wettstreit; es geht um die Durchsetzung
eines Prinzips: Wenn jemand, wie es in der Ehe der Fall
ist, die gleichen Pflichten übernimmt – Stichworte: so-
zialrechtliche Subsidiarität und Unterhalt –, müssen ihm
auch die gleichen Rechte eingeräumt werden.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Kinder kriegen!)


Ich bin dankbar, dass das Bundesarbeitsgericht
diese rechtlichen Überlegungen angestellt und sehr prä-
zise formuliert hat:

Das Rechtsinstitut der Lebenspartnerschaft begrün-
det einen neuen Familienstand. Die damit verbun-
denen Pflichten im Unterhaltsrecht entsprechen de-
nen der Ehe. Die Wesensmerkmale des Instituts
eingetragene Partnerschaften sind wie bei der Ehe
ausgerichtet auf eine exklusive, auf Dauer ange-
legte und durch staatlichen Akt begründete Verant-
wortungsgemeinschaft, deren vorzeitige Auflösung
einer gerichtlichen Entscheidung bedarf.

Daraufhin – so hat es das Bundesarbeitsgericht ge-
sagt – müssen diese Lebenspartnerschaften auch den
entsprechenden Ortszuschlag nach BAT erhalten. Wenn
man diesen Rechtsgrundsatz ernst nimmt, muss man
auch die beamtenrechtliche Versorgung gleichstellen
und die Unterhaltspflichten steuerrechtlich in gleicher
Weise berücksichtigen. Genauso muss auch bei der Hin-
terbliebenenversorgung die entsprechende Gleichstel-
lung erfolgen. Das sollten wir weiter in Angriff nehmen.

Ich habe gehört, Herr Gehb hält die Meinung eines je-
den Richters, egal ob er in Karlsruhe am Bundesverfas-
sungsgericht oder am Bundesarbeitsgericht in Erfurt ju-
diziert, zwar für interessant. Er ist aber auch der
Auffassung, dass die CDU sie sich politisch nicht zu Ei-
gen macht. Ich hoffe daher, dass Hamburg bei Ihnen

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(C (D chule macht. Ole von Beust hat angekündigt, man olle uns unterstützen. Das wollen wir mal sehen. Dort ird es zum Schwur kommen und da werden wir Sie tellen. Ich hoffe, dass die Diskussion in den nächsten ochen auch in Ihrer Partei so weitergeht, dass man agt: Gleiche Rechte, gleiche Pflichten – nur das ist fair. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510823900

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Olaf Scholz.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510824000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist

ut, dass wir über den Gesetzesantrag sprechen können,
eil er uns eines zeigt: Es gibt so etwas wie eine Weiter-
ntwicklung. Es macht Sinn, Gesetze zu beschließen, die
inen Fortschritt bedeuten. Es macht Sinn, zur Kenntnis
u nehmen, dass es Urteile gibt, die einen Fortschritt be-
euten. Das ändert offenbar etwas im politischen Be-
usstsein von Parteien, aber ganz offenbar auch etwas in
em allgemeinen politischen Bewusstsein einer Bevöl-
erung.
Alles, was hier in dem letzten Gesetzgebungsverfah-

en ganz aufgeregt diskutiert worden ist, hat sich später
icht bewahrheitet. Die Menschen haben das Gesetz mit
einer Intention und seinen Regelungen akzeptiert. Man
ann davon ausgehen, dass die Lebenspartnerschaft
ls ein Rechtsinstitut für Schwule und Lesben heute ge-
ellschaftlich mehrheitlich akzeptiert ist und von den
enschen unterstützt wird. Das ist ein Erfolg von Ge-
etzgebung und darauf können wir hier stolz sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch das, was der Kollege Gehb heute gesagt hat, ist
in Beweis dafür, dass es Fortschritt gibt.


(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Selbst das, was Herr Gehb gesagt hat!)


Ich will das so sagen. Er hat immerhin gesagt: Das Ge-
etz gilt jetzt. Außerdem hat er hinzugefügt: Wenn das
rteil gesprochen ist, gilt es erst recht. Man kann das
ielleicht, obwohl er das nicht gesagt hat, so auslegen,
ass es Meinung der CDU/CSU ist, dass es auch nicht
ieder rückwärts gehen soll. Das halte ich für einen
ortschritt und das darf man auch sagen.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Ich wünsche mir das bei Ihnen bei der Sicherungsverwahrung auch einmal so!)


Gleichzeitig hat er aber auch gesagt, wie mit diesem
rreichten Fortschritt weiter umgegangen werden soll.
r hat nämlich gesagt, Maß und Mitte müssten bewahrt
erden. Deshalb müsse man sehen, dass eigentlich das
ericht nur gesagt habe, Ehe und Lebenspartnerschaft
tünden nebeneinander. Nebenbei bemerkt: Das ist das
egenteil dessen, was Sie bisher in den Debatten immer
esagt haben. Daraus sei die Konsequenz zu ziehen, dass






(A) )



(B) )


Olaf Scholz

es einen weiteren Fortschritt mit seiner Partei nicht ge-
ben könne.

Das ist, glaube ich, ein bisschen wenig. Sie sollten aus
der bisherigen Gesetzgebung und der öffentlichen Ak-
zeptanz dieses Gesetzes gelernt haben, dass es auch Ih-
nen nicht schaden würde, wenn Sie sich einen Ruck
geben, weitermachen und bei der gesetzgeberischen
Fortentwicklung dieses Lebenspartnerschaftsinstituts
mithelfen würden. Ich glaube jedenfalls, auch Sie hätten
etwas davon. Mein Rat und mein Wunsch ist, dass Sie
bei den Beratungen über die Gesetze, die demnächst an-
stehen werden, helfen, hier einen Fortschritt zu errei-
chen, und nicht in einem Jahr oder in zwei oder drei Jah-
ren sagen: Auch das, was wir beschlossen haben, ist gut
und das würden Sie nicht mehr rückgängig machen wol-
len, aber bei dem nächsten Fortschritt wollen Sie wieder
nicht mitmachen. – Ich glaube, manchmal ist es sinnvol-
ler, schneller zu sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der Antrag der FDP ist natürlich an der falschen
Stelle gestellt.


(Widerspruch bei der FDP)

Die FDP ist an den Landesregierungen in Baden-
Württemberg, Niedersachen, Sachsen-Anhalt und auch
in Rheinland-Pfalz beteiligt. Wir wissen alle, welches
das Problem des Lebenspartnerschaftsergänzungsgeset-
zes der letzten Legislaturperiode war.


(Rainer Funke [FDP]: Hic Rhodus, hic salta!)

Das Problem war, dass es keine Mehrheit im Bundesrat
gegeben hat. Deshalb ist es richtig, jetzt zu sagen: Für
bestimmten gesetzgeberischen Fortschritt brauchen wir
den Bundesrat. Es wäre eine große Sache, wenn sich die
FDP endlich dafür einsetzen und darum bemühen würde,
dass es diesen gesetzgeberischen Fortschritt im Bundes-
rat gibt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie aber haben das Gesetz hier beantragt.

(Otto Fricke [FDP]: Wo denn sonst?)


Man stellt sich schon die Frage: Wozu?

(Otto Fricke [FDP]: Wo bringen Sie denn Ge setze ein?)

Das ist sicherlich ein ganz klasse Flugblatt: auf Staats-
kosten in einer Buch- und Offsetdruckerei gedruckt und
ganz im Sinne Ihrer Partei auch noch ein Beitrag zur
Wirtschaftsförderung.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Es stellt sich aber auch die Frage: Was soll damit pas-

sieren? Daher kann man ihr Vorgehen wirklich nicht ver-
stehen. Denn hier, an dieser Stelle, müssen Sie nicht er-
folgreich und mutig sein. Nehmen Sie doch ein paar
Argumente aus Ihrem Argumentationskanon. Zum Bei-
spiel ist Ihr Vorschlag, die Regelungen bezüglich der Zu-

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(C (D tändigkeit der Standesämter bundeseinheitlich zu getalten, in der Tat eine gute Sache. Das bedeutet ürokratieabbau und Abbau von Wirrnis, weil überall nterschiedliche Institutionen zuständig sind. Versuchen ie doch, Ihre konservativen Koalitionspartner in den undesländern, in denen Sie zusammen regieren, davon u überzeugen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ann hätten Sie etwas geleistet und auch zum gesell-
chaftlichen Fortschritt beigetragen. Hier haben Sie aber
ur auf Bundestagspapier ein Flugblatt produziert.


(Zuruf von der FDP: Das ist ja sagenhaft!)

Das ist für die politischen Debatten der nächsten Mo-

ate natürlich hilfreich; aber es ist viel zu wenig. Des-
alb will ich aus meiner Sicht noch etwas anderes sagen:
esetzgebung sollte nicht folgen- und wirkungslos sein.


(Zuruf von der FDP: Stimmen Sie uns doch zu! Dann ist es nicht wirkungslos!)


er Gesetzentwurf, den Sie hier eingebracht haben, wird
ber folgen- und wirkungslos bleiben. Anders verhielte
s sich mit einem Erfolg im Bundesrat, um den sich zu
emühen Sie sich nicht getraut haben.
Was das zwischenmenschliche Leben betrifft – dieser
einung sind wir alle –, muss man sich oft dafür einset-
en, dass bestimmte Handlungen folgen- und wirkungs-
os bleiben. Aber eines ist ganz offensichtlich: Wir brau-
hen kein Safer Law.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der FDP)



Olaf Scholz (SPD):
Rede ID: ID1510824100

Damit schließe ich die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 15/2477 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
azu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
ann ist die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Beratung der Unterrichtung durch den Wehrbe-
auftragten
Jahresbericht 2003 (45. Bericht)

– Drucksache 15/2600 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Wider-
pruch gibt es nicht. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Wehrbe-

uftragte des Deutschen Bundestages, unser lieber Kol-
ege Dr. Willfried Penner.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Willfried Penner, Wehrbeauftragter des Deut-

schen Bundestages:
Sehr verehrte Frau Präsidentin Dr. Antje Vollmer!


(Heiterkeit)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den Grundsätzen
der inneren Führung, um deren Einhaltung sich der
Wehrbeauftragte von Gesetzes wegen zu kümmern hat,
gehört auch und gerade die Bindung der Bundeswehr an
das Grundgesetz, das Völkerrecht und das Verbot von
Angriffskriegen, das übrigens Verfassungsrang hat und
dessen Übertretung unter Strafe gestellt ist. Diese Bin-
dungen haben trotz der gewaltigen Spannungen im Hin-
blick auf den Irakkrieg gehalten und sind nicht etwa po-
litischen Opportunitäten zur Disposition gestellt worden.
Für die Orientierung der Bundeswehr und ihrer Soldaten
war das wichtig. Das war der jüngste und wichtigste Be-
leg dafür, dass Bundeswehr tatsächlich nur dann stattfin-
det, wenn es dafür eine rechtliche Legitimation gibt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es darf allerdings nicht verschwiegen werden, dass
die politische Entscheidung gegen die Teilnahme am
Irakkrieg auch Schwierigkeiten für Soldaten nach sich
gezogen hat. Gelegentlich haben mir Soldaten berichtet,
dass sie wegen der Zurückhaltung Deutschlands im Irak
besonders von amerikanischen Kameraden scharf kriti-
siert worden seien. Bundeswehr und Soldaten müssen
davon ausgehen dürfen, dass sich solche Spannungen
nicht verstetigen, sondern dass politische Initiativen
dazu beitragen, sie baldmöglichst abzubauen.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Um nicht missverstanden zu werden, sage ich: Das ist
kein Votum gegen das Kriegsvölkerrecht. Deshalb war
es auch richtig, dass keine deutschen Soldaten an der
Festsetzung zur Überführung bestimmter Personen nach
Guantanamo beteiligt waren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Helga Daub [FDP])


Es ist ein Eckstein der inneren Führung, dass der Sol-
dat den Sinn und die Notwendigkeit seines Dienstes er-
kennen kann. Die auf dem Balkan eingesetzten Soldaten
wissen, dass ihr Dienst dort hilft, erneutes Morden,
Brennen, Schänden und Verstümmeln zu verhindern.
Aber sie müssen auch erfahren, dass militärischer Dienst
politische Fortschritte und Lösungen nicht ersetzen
kann. Gerade solche Soldaten, die schon mehrmals auf
dem Balkan waren, können diesbezüglich keine Verän-
derungen zum Positiven feststellen. Das nährt Zweifel
am Sinn des eigenen Dienstes. Es besteht politischer
Handlungsbedarf.


(Beifall bei der FDP – Günther Friedrich Nolting [FDP]: So ist es!)


Was den Einsatz in Afghanistan und namentlich in Kun-
duz angeht, so wirkt das für die Bundeswehr statuierte

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(C (D erbot, gegen den Drogenanbau und Drogenhandel vorugehen, für die Soldaten irritierend. Ihre Tatenlosigkeit ückt sie in die Nähe einer ungewollten Komplizenchaft. Dies wird auch nicht dadurch aufgefangen, dass ür die Soldaten der Umgang mit Drogen bis hin zum Eienkonsum wie im Inland strikt untersagt ist und ein erstoß dagegen regelmäßig die Entlassung aus der Buneswehr zur Folge hat. Ein betroffener Mannschaftsienstgrad hat es auf den Punkt gebracht und mir bericht, es sei bizarr – so meint er –, dass die Bundeswehr nnachsichtig gegen den Umgang mit Drogen vorgehe, ieselbe Bundeswehr aber in Kunduz in der Drogenfrage um untätigen Zusehen verurteilt sei. (Beifall bei der FDP – Günther Friedrich Nolting [FDP]: Wohl wahr!)


em ist nichts hinzufügen!
Seit der Wende 1989/1990 reißen gewaltige Verände-

ungen für die Bundeswehr nicht ab. Sie haben sehr
onkrete Auswirkungen auf immer mehr Soldaten. Nach
en jüngsten politischen Entscheidungen soll die Bun-
eswehr noch 250 000 Soldaten und Soldatinnen umfas-
en. Ich erinnere daran, dass es im Jahr der Wiederverei-
igung noch 670 000 waren, 1994 370 000, Ende der
0er-Jahre 340 000 und bis zum vergangenen Jahr noch
83 000. Das sind nur Zahlen, aber mit den Zahlen sind
uch organisatorische Veränderungen der Bundeswehr
it Auswirkungen auf ganz viele Soldaten verbunden:
20 Standorte gibt es gegenwärtig noch, in den nächsten
ahren werden es wohl 200 weniger sein. Es wird vorge-
racht, dass die Versetzungen immer häufiger würden
nd in immer dichter werdenden zeitlichen Abständen
ufeinander folgten. Die Bundeswehr wird mehr und
ehr zur Pendlerarmee – mit vielfältigen Auswirkungen
uf die Soldaten und ihre Familien. Es ist zu hören, dass
llein in den Jahren 2002 und 2003 rund 9 000 Offiziere
nd 25 000 Unteroffiziere versetzt werden sollten.
Das Sanitätswesen – auch eine gewaltige Verände-

ung – ist zur selbstständigen Teilstreitkraft entwickelt
orden. Die Streitkräftebasis ist eingerichtet worden.
er Luftwaffe werden künftig weniger Fluggeräte zur
erfügung stehen. Damit können nicht alle noch so gut
egründeten Erwartungen künftiger Piloten erfüllt wer-
en. Die Bundeswehr als Panzerarmee hört auf zu beste-
en – mit tiefen Auswirkungen auf das Selbstverständnis
er Teilstreitkraft Heer. Überdies, aber auch mit Erfolg
uss die Öffnung der Bundeswehr für Frauen – bei un-
ingeschränkter Verwendung – durchgesetzt werden; ich
üge hinzu – ohne hoffentlich missverstanden zu wer-
en –: Das alles muss verkraftet werden. Vorrangig wird
er Umbau der Bundeswehr zur Einsatzarmee, der
itte der 90er-Jahre mit der Bildung so bezeichneter
risenreaktionskräfte begonnen hat, anhalten. Dabei soll
ie Landesverteidigung trotz nachlassender Bedeutung
it immer knapper werdenden Mitteln aufrechterhalten
erden.
Das alles bleibt nicht Reißtischarbeit, es wird durch-

eführt und bestimmt damit auch den Truppenalltag.
on diesen Fakten, dieser Fülle der Veränderungen wird
as Klima in der Truppe bestimmt. Kein Wunder, dass es
uch durch Stress, durch Ärger und nicht zuletzt durch






(A) )



(B) )


Wehrbeauftragter Dr. Willfried Penner

Frustration gekennzeichnet ist. Viele nehmen diese Ver-
änderungen als nicht enden wollenden Prozess wahr,
ohne dass ein Ziel sichtbar würde, nach dessen Erreichen
man auch einmal Luft holen könnte. Einer der maßge-
benden Faktoren dafür ist die Debatte um die Wehrform,
die nicht abreißt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, was die
Wehrpflicht angeht, so wissen Soldaten sehr genau, dass
schon seit langem von der allgemeinen Wehrpflicht
nicht mehr die Rede sein kann.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Sie registrieren aufmerksam, dass der politische Rück-
halt für eine Wehrpflicht eher abnimmt, an der sie im
Hinblick auf Nachwuchsgewinnung und gesellschaftli-
che Mischung in der Bundeswehr aber festhalten möch-
ten. Es mehren sich die Zweifel, ob die Wehrpflicht mit-
telfristig noch Bestand haben kann. Diese Zweifel
werden durch Äußerungen ehemaliger hochrangiger Of-
fiziere verstärkt. Einer Meldung der Nachrichtenagentur
ddp zufolge haben gleich mehrere Generale bei der
jüngsten Tagung der Deutschen Gesellschaft für Wehr-
technik eine Abkehr von der Wehrpflichtarmee befür-
wortet.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Zur Frage der Wehrpflicht unter besonderer Berück-
sichtigung der Wehrgerechtigkeit sind nur wenige Ein-
gaben bei mir eingegangen. Andererseits kommt das
Thema nicht zur Ruhe. Die Zahl der Skeptiker in der
SPD ist nach diesbezüglichen öffentlichen Äußerungen
des NRW-Landesvorsitzenden Harald Schartau und des
stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Erler größer ge-
worden. Selbst in der CDU/CSU gibt es in dieser Frage
Bewegung. Der CSU-Generalsekretär redet einer allge-
meinen Dienstpflicht mit Wahlmöglichkeit für den zivi-
len oder militärischen Sektor das Wort. Der Vorsitzende
der jungen Gruppe der Unionsfraktion, Dr. Krings, for-
dert einem Bericht der „Welt“ zufolge, jetzt müsse die
Wehrpflicht auf den Prüfstand. In demselben Bericht er-
klärt der CDU-Verteidigungspolitiker Spahn, die Wehr-
pflicht könne keinen Bestand haben. Die Grünen sind
wie die FDP nach wie vor für eine Freiwilligenarmee.
Die Koalitionsvereinbarung sieht nach wie vor einen
Prüfungsauftrag hinsichtlich der Wehrform vor. Die
neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien basieren
zwar auf der Wehrpflicht, sollen den Worten des Bun-
desministers der Verteidigung zufolge aber den Wechsel
zur Freiwilligenarmee nicht versperren. Das ist die Si-
tuation.

Merkwürdig ist in diesem Zusammenhang, dass das
Urteil des Verwaltungsgerichts Köln, das die Richtlinien
für die Einberufungspraxis als rechtlich nicht tragfähig
rügte, ein so nachhaltiges öffentliches Echo hervorgeru-
fen hat, hingegen anders lautende Entscheidungen aus
jüngster Zeit von 13 weiteren Verwaltungsgerichten
– von Arnsberg bis Leipzig – zum gleichen Sachverhalt
überhaupt nicht zur Kenntnis genommen worden sind.

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(C (D uintessenz: Die Truppe ist irritiert. Sie ist sich nicht siher, ob die Wehrpflicht künftig bleibt. Das ist kein under, da die Presse von links bis rechts das Ende der ehrpflichtarmee Bundeswehr befürwortet. Die beabichtigte Festlegung der Einberufungskriterien durch esetz soll wohl auch den Vorwurf der Willkür entkräfen. Ob damit der politischen Frage beizukommen ist, teht dahin. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die rauen sind in der Bundeswehr angekommen. Sie leisten berall in der Bundeswehr Dienst, und das mit Erfolg. ie Zahl der Abbrecher ist nicht größer als bei den Mänern. Allerdings gibt es nach wie vor eine Präferenz für as Sanitätswesen; gut 5 000 Frauen leisten da Dienst – as sind rund 56 Prozent von allen weiblichen Soldaten n der Bundeswehr. Frauen in der Bundeswehr, das uss auch Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedeuen. Es geht um Konkretes: um flexible Arbeitszeiten, m Teilzeitbeschäftigung, um Kinderbetreuungseinrichungen. Das sollte eigentlich bis Ende 2003 gesetzlich bgesichert werden, ist aber nicht geschehen. Es darf icht vergessen werden. Knapp 6 100 Eingaben sind im Berichtsjahr 2003 bei ir eingegangen; das sind 350 weniger als im Vorjahr. emessen an der zurückgehenden Jahrestruppenstärke er Bundeswehr sind das proportional gesehen kaum eniger Eingaben als im Jahre 2002. 6 100 Eingaben – das sind zu einem Drittel Perso alangelegenheiten der Zeitund Berufssoldaten. Das ist eit Jahren der größte Block an Eingaben. Das reicht von roblemen im Zusammenhang mit der Einführung der euen Laufbahnen und vom Unmut über einen Befördeungsstau bis hin zu mangelnder Transparenz bei Beureilungsentscheidungen und Bearbeitungsmängeln aller rt. 6 100 Eingaben – das sind auch 231 Eingaben zum hema Fliegerzulage. Das ist der größte Block zu einem pezialthema. 6 100 Eingaben – das sind 50 Prozent weniger Eingaben us dem Einsatz. Im Berichtsjahr 2002 waren es 1 100. Dain war allerdings ein großer Block zu einem Speialthema, nämlich dem Auslandsverwendungszuschlag nd seiner Absenkung für Einsätze auf dem Balkan, entalten. Es zeichnet sich ab, dass das Thema Auslandserwendungszuschlag auch im Berichtsjahr 2004 aktuell ein wird. Nach dem Sachstand von Anfang Mai hat es ereits mehr als 130 Eingaben zu dieser Thematik gegeen. Ansonsten geht es bei den Eingaben, die mich aus en Einsatzgebieten erreichen, vor allem um Angelegeneiten des militärischen Alltags. Darüber hinaus nenne ch Einplanungsmängel, Belastungen für die Familien, usstattungsversäumnisse und Führungsverhalten. 6 100 Eingaben – das sind 83 besondere Vorkommnisse it Verdacht auf Verstoß gegen das Recht auf sexuelle elbstbestimmung gegenüber 75 Fällen im Vorjahr. 2 Fälle davon konnten verifiziert werden, darunter Wehrbeauftragter Dr. Willfried Penner sechs als verbale Übergriffe und 16 Fälle von Gewaltanwendung. 6 100 Eingaben – das sind schließlich 139 besondere Vorkommnisse mit Verdacht auf rechtsextremistische oder fremdenfeindliche Hintergründe, gegenüber 111 im Berichtsjahr 2002 und 186 bzw. 196 in den Berichtsjahren 2001 bzw. 2000. Dabei handelt es sich allesamt um Äußerungsdelikte ohne Gewalttätigkeit. An diesen Vorkommnissen waren zu mehr als 70 Prozent Grundwehrdienstleistende und zwei Berufssoldaten beteiligt. Soweit zum Statistischen. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich schließe mit der Bitte um Nachsicht für folgende Hartnäckigkeit, die hoffentlich nicht halsstarrig wirkt. Ich betone im Plenum des Deutschen Bundestages also nochmals: Die Bundeswehrsoldaten müssen einheitlich besoldet werden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Reinhold Robbe [SPD])


(Beifall der Abg. Hedi Wegener [SPD])


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)





(A) )


(B) )


Ich bedanke mich auch im Namen meiner Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeiter für die tatkräftige Unterstützung
unserer Arbeit, namentlich seitens des Verteidigungsaus-
schusses. Für den leitenden Beamten Dr. Seidel ist das
der letzte Bericht, an dem er mitgewirkt hat. Nach
13 Jahren Dienst in verantwortungsvoller Position bei
der Dienststelle des Wehrbeauftragten geht er in diesem
Jahr in den Ruhestand. Es besteht Anlass, auch im Ple-
num darauf aufmerksam zu machen.


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510824200

Lieber Herr Kollege Penner, ich glaube, es besteht

nicht nur Anlass für das Haus, sich Ihrer letzten Bemer-
kung anzuschließen, sondern auch, Ihnen persönlich für
Ihre Arbeit besonders zu danken. Sie sind ja kein Beauf-
tragter der Bundesregierung, sondern ein Beauftragter
des gesamten Hohen Hauses. Ich glaube, wir alle können
sagen, dass Sie uns sehr gründlich und nachdenklich in-
formieren. Es lohnt sich sicher, dies in dem Bericht ein-
mal nachzulesen. Vielen Dank an Sie und an Ihr Haus
für Ihre Arbeit.


(Beifall im ganzen Hause)

Das Wort hat jetzt die Kollegin Anita Schäfer.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510824300

Verehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle-

gen! Sehr geehrter Herr Penner! In schöner Regelmäßig-
keit befassen wir uns im Plenum mit dem Jahresbericht
des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages. Dies
ist eine gute Tradition und keine lästige Pflicht.

Im Angesicht der Transformation der Bundeswehr
und der gleichzeitig laufenden intensiven Auslandsein-
sätze stellt der Bericht des Wehrbeauftragten eine der
letzten dauerhaften Regelmäßigkeiten im Umfeld unse-
rer Streitkräfte dar. Über den eigentlichen Bericht hinaus
muss dem eine hohe symbolische Bedeutung zugemes-

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(C (D en werden. Die Aufmerksamkeit des Bundestages für ie Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr muss eine erlässliche Größe sein und bleiben. Die Verbindung on Parlament und Armee, am besten in dem Begriff arlamentsarmee zu fassen, muss besonders in Zeiten adikaler Veränderung ein Faktor der Stabilität sein. Sehr geehrter Herr Dr. Penner, ich danke Ihnen für en 45. Bericht eines Wehrbeauftragten des Deutschen undestages. Ich spreche diesen Dank auch im Namen einer gesamten Fraktion aus. Unser Dank gilt auch Ihen Mitarbeitern, die im Berichtsjahr wieder sehr viele ingaben zu betreuen hatten. Die beinahe unverändert ohe Zahl von Eingaben – gemessen am Umfang der undeswehr –, der zweithöchsten seit Bestehen des Ames, ist weiterhin ein deutliches Zeichen für das Knirchen im Gebälk, wenn ein Haus umgebaut wird, das leichzeitig einem Sturm trotzen soll. Es darf uns nicht erwundern, wenn sich die Bewohner des Hauses Soren machen, wenn einige Angst um ihre berufliche Zuunft bekommen und wieder andere einfach ausziehen. Die grundlegende Situation kann aber nicht geändert erden: Transformation und Einsätze müssen gleichzeiig geleistet werden. Umso mehr Respekt verdienen die ungen Männer und Frauen, die heute den Dienst in der undeswehr wählen und als Wehrpflichtige oder Zeitoldaten in die Kasernen kommen. Der Bericht des Wehrbeauftragten zeigt sowohl vereidbare Missstände als auch unvermeidbare Härten. er Bericht bietet als Mängelbericht Indizien dafür, wie s in der Truppe wirklich aussieht, wie die Stimmung ist nd wie es um die Einsatzbereitschaft steht. Aus Ihrem ericht lassen sich bestimmte Grundprobleme und Enticklungen herauslesen. Einen Schwerpunkt bilden die ersonalangelegenheiten, die über 40 Prozent aller Einaben ausmachen. Der Transformationsprozess führt u zahlreichen Personalveränderungen. Ich habe den indruck, dass die Führung des Verteidigungsministerims dieser Aufgabe nicht immer gewachsen ist. Bei vielen Eingaben liegt die Ursache der Beschwer en im Zusammentreffen der Reformwellen. Da bleiben nträge liegen, weil die Personalführung gleichzeitig an opf und Füßen umgebaut wird, weil vorhersehbare uslandseinsätze zu Lücken beim Personal führen, die icht durch Vertretungen geschlossen werden können. enn weitere hundert Standorte aufgelöst werden, wenn insätze künftig kurzfristig kommen, dann müssen wir eit vorausschauend planen. Neben den Problemen der Personalführung bestehen ber auch gravierende materielle Mängel, die an Motivaion und Einsatzbereitschaft zehren. Wenn ich die Ergebisse Ihres Berichtes mit meinen Eindrücken aus der ruppe verbinde, dann erkenne ich so etwas wie eine weiklassenarmee. Das Material im Einsatzland ist gut, enn auch verbesserungswürdig. Das Material in der eimat ist aber immer wieder so knapp, dass die Ausbilung leidet und manchmal unmöglich wird. Ich stelle aher die Frage, wie Soldaten ihre Aufträge sofort erfülen sollen, wenn sie wichtige Teile ihrer Ausrüstung erst Anita Schäfer im Kosovo oder in Kabul kennen lernen. Wie schnell die Sicherheitslage dramatisch umschlagen kann, haben wir erst vor wenigen Wochen im Kosovo erlebt. Das meiste moderne Material fehlt beim Heer. Herr Dr. Penner, ich stimme Ihnen daher zu, dass beim Heer das Gefühl wächst, zum großen Verlierer der Transformation zu werden. Das Heer trägt nach wie vor die Hauptlast der Auslandseinsätze. Dementsprechend muss es auch ausgerüstet sein. Die Bundesregierung wird ihrer Verantwortung gegenüber den Soldaten im Einsatz nicht gerecht, wenn sie beispielsweise geschützte Fahrzeuge nur zögerlich beschafft. Auch in Eingaben an den Wehrbeauftragten äußern Soldaten ihre Sorgen, dass bei Auslandseinsätzen Mängel im Schutz bestehen. Ein weiterer Punkt ist die Unterbringung. Es hat mich nicht gewundert, als vor kurzem ein Soldat zu mir gesagt hat, sein Container im Kosovo sei moderner gewesen als seine Stube in Deutschland. Im 45. Jahresbericht findet sich eine lange Liste maroder Kasernen. Es ist verständlich, dass Kasernen nicht grundsaniert werden können, wenn sie demnächst geschlossen werden sollen. Jedoch ist der Dienstherr verpflichtet, bestimmte Standards einzuhalten, besonders im hygienischen Bereich. Der Bericht des Wehrbeauftragten soll immer auch ein Licht auf die Umsetzung der inneren Führung werfen. Hier ist die Bundeswehr eine gefestigte Truppe. So unschön und strafwürdig auch die aufgetretenen Zwischenfälle sind: Es sind gottlob Einzelfälle, die in der Regel schnelle und harte Konsequenzen nach sich ziehen. Die große Herausforderung in diesem Zusammenhang besteht darin, die innere Führung unter den Belastungen der Armee im Einsatz weiterzuentwickeln. Die Öffnung aller Laufbahnen in der Bundeswehr für Frauen hat sich bewährt. In den Eingaben an den Wehrbeauftragten kamen hin und wieder Probleme mit dem derzeitigen Erlass „Sexuelles Verhalten von und zwischen Soldaten“ zur Sprache. So wurde bemängelt, dass eine ernsthafte, auf Dauer angelegte Beziehung zwischen einem Soldaten und einer Soldatin nicht möglich sei, wenn beide zum Wohnen in der Kaserne verpflichtet sind. Das Verteidigungsministerium will und muss hier Änderungen schaffen. Die Vorgesetzten brauchen klare Richtlinien. Große Interpretationsspielräume darf es nicht geben. Wenn Soldatenpaare in der Kaserne leben dürfen, dann sollte der Minister auch an mögliche Folgen dieses Zusammenseins denken: an das Gründen einer Familie, an Kinder. Ich kann hier nur auf unseren aktuellen Antrag hinweisen. Familien in der Bundeswehr müssen mehr gefördert werden. Die Bundeswehr darf nicht eine familienfreie Zone werden. Besonders diejenigen, die als Soldat für die Gemeinschaft dienen, müssen bei der Gründung einer Familie unterstützt werden. Die künftige Flexibilität bei Auslandseinsätzen kann nur geleistet werden, wenn in der Heimat alles stimmt, wenn der Kopf frei von Sorgen um Partner und Kinder ist. s b e l m n s V d e h a t p e t n d ti ti s h n s s te r G d p p h W A W e m S d u v S r ä S I ir (C (D An dieser Stelle muss ich die Seite der Auslandseinätze ansprechen, die wir alle möglichst selten zu sehen ekommen wollen: Tod und Verwundung im Auslandsinsatz. Wir alle erinnern uns an die unschönen rechtichen Auseinandersetzungen zwischen Verteidigungsinisterium und Hinterbliebenen, an den schwer achvollziehbaren Umgang des Dienstherrn mit im Einatz verwundeten Soldaten. Endlich ist hier ein Gesetz in orbereitung, (Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Hat lange genug gedauert!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


as klar erkennen lässt, dass ein Oberfeldwebel in Kabul
in völlig anderes Berufsrisiko hat als der Finanzbeamte
ier in Deutschland. Über den materiellen Fragen darf
ber nicht vergessen werden, dass sich für viele Solda-
innen und Soldaten immer stärker die Frage nach dem
olitischen Sinn der Einsätze stellt. Gerade die völlig un-
rwarteten Unruhen im Kosovo haben bei vielen Solda-
en den Eindruck entstehen lassen, dass ihr Einsatz we-
ig Sinn macht, dass politische Konzepte fehlen.
Neben einer uneingeschränkt guten Ausrüstung muss

ie Bundesregierung auch für eine realistische Perspek-
ve in der Auftragserfüllung sorgen. Es muss den Solda-
nnen und Soldaten das Gefühl vermittelt werden, dass
ie der wichtigste Teil der Bundeswehr sind. Denn nur
och motivierte und sehr gut ausgebildete Soldaten kön-
en den Anforderungen der nächsten Jahre gewachsen
ein. Ich betone, dass ich an dieser Stelle keinen Unter-
chied zwischen Wehrpflichtigen, Zeit- und Berufssolda-
n machen möchte und machen kann.
Sehr geehrter Herr Dr. Penner, mit Ihrem Jahresbe-

icht haben Sie der Bundesregierung gezeigt, dass die
renzen der Belastbarkeit für die Soldatinnen und Sol-
aten in der Bundeswehr erreicht worden sind.
Zum Schluss noch ein Wort zur allgemeinen Wehr-

flicht. Der Minister betont täglich, dass er an der Wehr-
flicht festhalten wird. Im Interesse der Bundeswehr
offe ich, dass er zu seinem Wort steht.


(Gernot Erler [SPD]: Macht er immer!)

ir dürfen nicht die Fehler anderer Staaten wiederholen.
us den vielen Problemen, die mit der Abschaffung der
ehrpflicht auf die Bundeswehr zukämen, möchte ich
inen Aspekt aufgreifen: Die Wehrpflichtarmee ist im-
er ein Spiegel der Gesellschaft. Die Soldatinnen und
oldaten stehen in der Gesellschaft. Ethische Grundsätze
er Menschenführung sind im System der Parlaments-
nd Wehrpflichtarmee verankert. Die Aufmerksamkeit
on Politik und Gesellschaft für das Innenleben der
treitkräfte ist daher groß, gewiss größer als bei der Be-
ufsarmee. Aber vor allem stellt sich die Frage: Wie ver-
ndert sich in einer Berufsarmee das Menschenbild der
oldaten?


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


ch warne davor, eine Berufsarmee zu schaffen, die sich
gendwann eigene ethische Gesetze schafft.






(A) )



(B) )


Anita Schäfer (Saalstadt)



(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Ach, wer glaubt denn so was?)

– Warten Sie nur einmal ab! – Neben vielen anderen Fra-
gen zu Militär und Krieg in unserer Zeit ist uns eine
hoch aktuelle Frage aus dem Irakkrieg erwachsen: Sind
Berufsarmeen anfälliger für unkontrollierte Gewaltta-
ten? Innere Führung, allgemeine Wehrpflicht, Parla-
mentsarmee – diese drei Institutionen gehören zum geis-
tigen Kern der Bundeswehr. Sie sind notwendig, um
langfristig eine Bundeswehr ohne Söldnermentalität zu
bewahren.

Herr Staatssekretär Kolbow, erhalten Sie die Wehr-
pflicht, bevor wir in diesem Hause über Verbrechen re-
den müssen!


(Widerspruch bei der FDP – Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorsicht mit einem Generalverdacht gegenüber Zeitund Berufssoldaten!)


Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Anita Schäfer (CDU):
Rede ID: ID1510824400

Das Wort hat jetzt der Parlamentarische Staatssekretär

Walter Kolbow.
Wa
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510824500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst möchte ich – selbstverständlich auch für Ver-
teidigungsminister Dr. Struck – dem Herrn Wehrbeauf-
tragten, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und
auch Herrn Dr. Seidel ein herzliches Dankeschön sagen,
für diesen Bericht wie auch für die anderen Berichte in
der bisherigen Amtszeit des gegenwärtigen Wehrbeauf-
tragten und für die Klarheit und Wahrheit der Inhalte, die
für uns Anspruch bedeuten im Aufarbeiten, Umsetzen
und Beseitigen der Mängel.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die konstruktiv-kritische Begleitung der Bundeswehr
und der Ansatz, durch objektive Kritik ein breit angeleg-
tes Themenspektrum abzudecken, sind für uns eine un-
verzichtbare Hilfe.

Lassen Sie mich an dieser Stelle eines anmerken: Wir
haben in den letzten Jahrzehnten mit unseren Wehrbe-
auftragten wirklich Glück gehabt, ob sie Karl Wilhelm
Berkhan, Willi Weiskirch, Alfred Biehle, Claire
Marienfeld oder Willfried Penner hießen bzw. heißen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Der Wehrbeauftragte hat zu Recht auf die Probleme
im gegenwärtigen Transformationsprozess unserer Bun-
deswehr hingewiesen und aufgezeigt, welch hohes Maß
an Flexibilität und Leistungsbereitschaft unseren Solda-
tinnen und Soldaten wie auch ihren Familien – auch das
hat der Wehrbeauftragte herausgestellt – abverlangt

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(C (D ird. Deswegen hat das Bundesministerium der Verteiigung der Weiterentwicklung der Familienbetreuung er Soldatinnen und Soldaten einen hohen Stellenwert ingeräumt. Wir betrachten die Betreuung und Fürsorge ls wesentliche Konstanten in einem Prozess fortwähender Anpassung. Ich darf in diesem Zusammenhang arauf hinweisen, dass wir bis Ende des Jahres 2004 ber eine flächendeckende Endstruktur mit insgesamt 1 Familienbetreuungszentren verfügen werden, mit deen bei Auslandseinsätzen den Familien im Inland eine ertvolle Hilfestellung geboten werden kann. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Fast 8 000 Soldatinnen und Soldaten unserer Bundes-
ehr sind derzeit auf dem Balkan, in Georgien, am Horn
on Afrika, der Straße von Gibraltar, in Usbekistan und
n Afghanistan im multinationalen Einsatz zur Siche-
ung des Friedens. Bei SFOR in Bosnien und Herzego-
ina ist dies nun bereits ununterbrochen seit mehr als
cht Jahren der Fall, bei KFOR seit fünf Jahren. Seit
990 waren immerhin 171 000 Soldatinnen und Solda-
en im Auslandseinsatz.
Der persönliche Einsatz unserer Soldatinnen und Sol-

aten trägt maßgeblich zur Absicherung der durch die
nternationale Staatengemeinschaft erzielten Friedens-
rozesse bei. Der Wehrbeauftragte hat darauf hingewie-
en, dass die Einhaltung der Menschenrechte, das Ver-
indern von Krieg und die durch die Präsenz im Ausland
ealistische und greifbare Chance auf ein künftig friedli-
hes Zusammenleben die Auslandseinsätze rechtfertig-
en. Sie verdienen unseren Respekt und Anerkennung.
Ich will in diesem Zusammenhang auch darauf hin-
eisen, dass daran aktuelle Berichte über das Verhalten
on Soldatinnen und Soldaten, gerade im Kosovo, nichts
ndern können. Ich danke dem Parlament – vor allem
en Mitgliedern des Verteidigungsausschusses und des
uswärtigen Ausschusses –, dass sie sich hinter unsere
oldatinnen und Soldaten gestellt haben, denen im Zu-
ammenhang mit den Vorkommnissen im Kosovo am
7. und 18. März ungerechtfertigte Vorwürfe gemacht
orden sind.


(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir sind immer für kritische Anregungen aus dem
arlament offen, Frau Kollegin Schäfer; das versteht
ich von selbst. Ich darf aber darauf hinweisen, dass wir
um Schutz der Soldatinnen und Soldaten im Einsatz im-
er das Bestmögliche für die Ausrüstung wie auch für
ie Ausbildung tun.


(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Das habe ich doch gesagt!)


as gilt trotz des engen Haushaltsrahmens auch für die
orhaben der von Ihnen angesprochenen Materialbe-
chaffung. Deswegen haben wir die Beschaffung der
eschützten Transporter Duro, Dingo und Mungo unver-
üglich auf den Weg gebracht. Deshalb setzen wir das
rojekt „Infanterist der Zukunft“ zielstrebig weiter um






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Walter Kolbow

und beschaffen nach diesem Jahr im Rahmen des ein-
satzbedingten Sofortbedarfs weitere Systeme. Deshalb
soll die persönliche Ausrüstung der Soldatinnen und Sol-
daten im Rahmen des Konzepts „Soldat im Einsatz“ wei-
ter verbessert werden. Kurz: Die Bundeswehr soll und
wird künftig über einen noch besseren Mix aus gut ge-
schützten Transport- und Führungsfahrzeugen, durchset-
zungsfähigen leichten, mittleren und schweren Gefechts-
fahrzeugen, leistungsfähigen Hubschraubern und
Transportflugzeugen, vernetzten Führungs- und Infor-
mationssystemen sowie aus persönlichen Schutz- und
Ausstattungspaketen der Soldatinnen und Soldaten ver-
fügen. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis und gehen Sie
damit objektiv um!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Wehrbeauftragter, es ist in der Tat keine Hals-
starrigkeit, dass Sie wieder darauf hingewiesen haben,
dass die Angleichung der Besoldung im Osten an die
im Westen noch nicht erfolgt ist, die wir alle in diesem
Hause eigentlich wollen. Wir haben mit dem Gesetz über
die Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge in
Bund und Ländern 2003/2004 wichtige Anpassungs-
schritte beschlossen und den Willen ausgedrückt, die
Angleichung des Bemessungssatzes für die unterschied-
lichen Besoldungsgruppen bis Ende 2007 bzw. Ende
2009 zu erreichen. Wir werden weiter konstruktiv an
dem Erreichen dieses Ziels arbeiten. Ich muss hier schon
aus objektiven Gründen darauf hinweisen, dass uns, dem
Bund, in diesem Zusammenhang immer wieder vorge-
halten wird, welche Ausstrahlungswirkung eine einsei-
tige Entscheidung auf die kommunalen Haushalte und
gerade auf die Haushalte der neuen Bundesländer hätte.

Frau Schäfer, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie genauso
wie der Wehrbeauftragte in der aktuellen Debatte das
Einsatzversorgungsrecht angesprochen haben. Ich
denke, es ist eine gute Gelegenheit, festzuhalten – auch
weil der Wehrbeauftragte in seiner bisherigen Amtszeit
immer wieder darauf hingewiesen hat, dass hier Abhilfe
zu schaffen ist –, dass wir jetzt Betreuung, Fürsorge und
soziale Absicherung im hoffentlich nicht eintretenden
Fall von Verletzung oder Tod geregelt haben. Ich sage
das gerade im Hinblick auf das schreckliche Attentat in
Kabul, bei dem vier Soldaten zu Tode gekommen sind
und 29 verletzt wurden. Wir haben mit dem Institut des
Einsatzunfalls eine sehr gute Regelung für den schlech-
testen Fall gefunden, den wir uns nicht wünschen.

Ich danke dem Herrn Wehrbeauftragten und Ihnen für
Ihre konstruktiven Beiträge. Seien Sie versichert, dass
wir dem Parlament unverzüglich Lösungsvorschläge
vorlegen werden. Das gilt sowohl für die angesproche-
nen Themen wie für die anderen Vorhalte, die ich jetzt
aus Zeitgründen nicht ansprechen konnte.

Vielen Dank für das Zuhören.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1510824600

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Helga Daub.

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(C (D Frau Präsidentin! Herr Dr. Penner! Verehrte Kollegen nd Kolleginnen! Die Jahreszahl des Berichts ändert ich. Einige Probleme bleiben, andere kommen hinzu. ber selbstverständlich ändert das gar nichts daran, dass ie FDP-Fraktion Ihnen, Herr Dr. Penner, und Ihren Mitrbeitern für die Erstellung dieses sachlichen und offeen Berichts danken möchte. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510824700

In den vergangenen Wochen – und jetzt ganz aktuell –
st besonders die Frage der Wehrpflicht wieder in das
nteresse der Öffentlichkeit gerückt. Daher freut es mich,
err Dr. Penner, dass diese Problematik in Ihrem Bericht
umindest am Rande dargestellt wird. Allerdings zeich-
et sich nicht nur ab, dass die Wehrgerechtigkeit zum
hema wird, wie es in Ihrem Bericht heißt, sondern sie
st bereits ein Thema.


(Beifall bei der FDP)

as wird so lange so bleiben, wie die Koalition dieses
hema vor sich herschiebt.
Darüber hinaus ist der Motivationsrückgang bei den

oldaten zu beklagen. Ihre Bereitschaft, Reformen mit-
utragen, sinkt weiter. Die schwindende Zahl von Be-
erbern als Berufssoldaten sollte als Alarmsignal begrif-
en werden und hat wohl auch etwas mit der mangelnden
lanungssicherheit zu tun. Ebenso sind die Beschwerden
ber Mängel bei der Ausbildung und über das Material
rnst zu nehmen. Es ist wohl so, dass die Ausbildung in
en Verbänden total auf der Strecke bleibt.
Angesichts der Wirklichkeit bei Auslandseinsätzen
ird die vorbereitende Ausbildung in Deutschland sehr
u Recht kritisiert. Kraftfahrzeuge und Splitterschutz-
esten seien hier nur als Beispiele genannt. Das bedeu-
et, dass die Ausbildung an einem anderen Material statt-
indet, als man es am Einsatzort vorfindet. Der
outinierte Umgang mit Ausrüstung und Gerät muss
ine Grundvoraussetzung sein, weil Routine Sicherheit
edeutet und weil Routine auch Leben retten kann.


(Beifall bei der FDP)

Grundsätzlich als Erfolg zu werten ist – auch auf-

rund der Kritik in der Vergangenheit – die Verkürzung
er Einsatzdauer von sechs auf vier Monate.


(Ursula Lietz [CDU/CSU]: Wenn sie denn kommt!)


ier hat die Regierung endlich die Notwendigkeit, zu
andeln, erkannt. Nun gilt es aber, Vorsicht walten zu
assen. Was auf der einen Seite gewonnen wurde, darf
uf der anderen Seite nun nicht zu einer erhöhten Ein-
atzfrequenz führen. Wenn dieser Fall einträte, dann
äme das, mit Verlaub, der Echternacher Springprozes-
ion gleich.
Im Übrigen: Ein Auslandseinsatz von Grundwehr-

ienstleistenden – wenn auch auf freiwilliger Basis; wo
nd in welcher Art auch immer – ist mit der FDP nicht
u machen.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Helga Daub

Eine entsprechende Äußerung des Ministers hat, wie
auch im Bericht des Wehrbeauftragten nachzulesen ist,
wohl zu Irritationen geführt. Auch wir waren irritiert, als
wir davon in der Presse gelesen haben. Wir alle wissen,
dass die Situation für unsere Soldaten nicht einfacher ge-
worden ist. Wie gut, dass es den Wehrbeauftragten gibt,
an den sie sich mit ihren Problemen wenden können.

Grundsätzlich gilt – noch einmal –: Die Institution
des Wehrbeauftragten ist wehrformunabhängig, ebenso
das Konzept der inneren Führung. – Ich stelle gerade
fest, dass ich den Rest meines Manuskripts am Platz lie-
gen gelassen habe. Das ist aber egal; denn ich kann
meine Rede auch so fortsetzen.


(Heiterkeit)

Es gibt wohl niemanden in diesem Saal, der daran

zweifelt, dass unsere Soldaten, sowohl die Zeit- als auch
die Berufssoldaten, mit beiden Beinen fest auf dem Bo-
den des Grundgesetzes stehen, wenn sie im Ausland
oder hier eingesetzt sind.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es wird immer wieder – direkt oder unterschwellig –
die Befürchtung geäußert, wir könnten mit einer Berufs-
armee einen Staat im Staate bekommen. Frau Schäfer,
ich muss Ihnen hier jetzt einfach sagen: Das wird so
wohl nicht der Fall sein. Ich glaube, das ist auch durch
das, was ich eben gesagt habe, klar geworden.


(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Ich wollte gerade sagen: Das habe ich nicht gesagt!)


Die Bundeswehr befindet sich in einem Transforma-
tionsprozess. Das heißt aber auch, dass sie zukunfts-
sicher ausgestaltet werden muss und dass endlich
Planungssicherheit eintritt. Dazu gehört für uns die Aus-
setzung der Wehrpflicht.


(Beifall bei der FDP)

Wir haben das immer wieder betont. In diesem Zusam-
menhang fordert die Fraktion der FDP den Minister wie
schon in der vergangenen Woche auf: Holen Sie sich das
Gesetz des Handelns zurück!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)



Helga Daub (FDP):
Rede ID: ID1510824800

Man sieht: Es geht auch ohne Zettel.


(Heiterkeit)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Winfried

Nachtwei.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510824900

Frau Präsidentin! Lieber Herr Penner! Liebe Kolle-

ginnen und Kollegen! Das Berichtsjahr 2003 ist vor al-
lem durch folgende Entwicklungen gekennzeichnet: Es
gab einen regelrechten Neustart der Bundeswehrreform.

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(C (D llein im letzten Jahr wurde der Bundeswehrumfang um 3 000 Soldaten verringert. Mehrere Auslandseinsätze urden tatsächlich beendet. Das ist kaum bekannt. Verreitet ist die Wahrnehmung, es gebe immer wieder neue uslandseinsätze. Es gab mit dem fürchterlichen Terrorngriff in Kabul erstmalig einen gezielten Angriff auf undeswehrsoldaten. Beherrschendes Thema war chließlich der Irakkrieg. Herr Penner, Sie haben mit ausgezeichneter und vor ildlicher Deutlichkeit auf die völkerrechtliche Einbinung der Bundeswehr bei Ihren Einsätzen hingewieen. Sie sprechen in Ihrem Bericht auch an, dass die oldaten im letzten Jahr verstärkt die Rechtmäßigkeit erschiedener Dienste diskutiert haben. Das betrifft nicht ur Luftwaffeneinsätze im Innern, sondern auch die Beachung von US-Liegenschaften und natürlich den geamten Komplex Irakkrieg. Dass dies von Soldaten so reit thematisiert wurde, dass von ihnen die Rechtmäigkeit von Aufträgen eingefordert wurde, spricht für die ündigkeit und das Rechtsstaatsbewusstsein der Buneswehrangehörigen. Erstmalig spricht der Wehrbeauftragte in diesem Be icht traumatische Erkrankungen von Soldaten an. ach Expertenmeinung bedürfen ungefähr 2 bis 5 Proent der aus Einsätzen zurückgekehrten Bundeswehrsolaten psychologischer Behandlung. Das sind die nsichtbaren Verwundungen, mit denen umzugehen weierhin sehr schwer fällt; denn solche psychologischen robleme und Störungen scheinen zumindest dem elbstbild und dem Fremdbild des starken Soldaten zu idersprechen. Umso mehr muss es Aufgabe der Buneswehr sein, so meine ich, aber auch unsere Aufgabe, uf solche Art Verwundete nicht allein zu lassen. Dieses hema braucht unsere stärkere Aufmerksamkeit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Inzwischen erlebt die Bundeswehr ihre vierte Struk-
urreform seit Anfang der 90er-Jahre. Dass dabei die
eformbereitschaft der Soldatinnen und Soldaten sowie
hrer Angehörigen an ihre Grenze stößt, ist mehr als
achvollziehbar und verständlich. Es ist zugleich eine
ahnung an uns Politiker, jetzt eine Transformation der
undeswehr auf den Weg zu bringen, die strukturell
irklich länger hält. Vor diesem Hintergrund kann ich
ur betonen – Herr Penner hat es mit anderen Worten
uch zum Ausdruck gebracht; ich interpretiere ihn zu-
indest so –: Je zügiger in diesem Zusammenhang die
rage der Wehrform geklärt werden kann, desto besser.
Der Wehrbeauftragte benennt verbreitete Mängel in

er Ausbildung, für die, wie er schreibt, in nicht weni-
en Einheiten und Verbänden zu wenig Zeit und Ausbil-
ungsmaterial zur Verfügung stehe. Angesprochen wird
er Zustand vieler Kasernen. Angesichts der Beschrei-
ung – es gibt Pilz- und Schimmelbefall in den Unter-
ünften – muss man sagen: Das ist unzumutbar und das
st – es geht um öffentliche Gebäude – schlichtweg un-
laublich.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Das ist richtig!)







(A) )



(B) )


Winfried Nachtwei

Solche Mängel sind nicht hinnehmbar. Sie drücken zu-
dem auf die Motivation von Soldaten und senken die Be-
reitschaft der Soldaten, sich weiter zu verpflichten. Sie
sind genau das Gegenteil von Nachwuchswerbung; sie
sind Nachwuchsabschreckung.

Ein Dauerthema im Mängelbericht des Wehrbeauf-
tragten – das ist er vom Ansatz her zunächst einmal – ist
die Soldatenbeteiligung. Vielfach und schwer wird ge-
gen gesetzliche Vorgaben verstoßen. Zu bekräftigen ist,
dass Soldatenbeteiligung der sachgerechten Entschei-
dungsfindung dient und die Stellung des Staatsbürgers in
Uniform fördert. Nicht hinnehmbar ist, dass Vorgesetzte
so breit gegen die eindeutigen gesetzlichen Vorgaben
verstoßen.

Vor zwei Wochen besuchte eine Delegation des Ver-
teidigungsausschusses des Bundestages Moskau. Erst-
malig traf man dort mit der Vereinigung der Soldaten-
mütter Russlands zusammen. Diese Frauen schilderten
uns die rechtlose Situation der russischen Soldaten. Be-
wunderung und hohen Respekt empfanden wir für diese
mutigen Frauen, die unser Vorsitzender, Kollege Robbe,
zu Recht „famose Frauen“ genannt hat. Wir erfuhren
plastisch, wie wenig selbstverständlich die Achtung von
Menschenwürde und Menschenrechten in Streitkräften
ist. Darum machen sich dort die Soldatenmütter ver-
dient. Darum macht sich hier der Wehrbeauftragte mit
seinen Mitarbeitern in vorbildlicher Unabhängigkeit ver-
dient.

Herr Penner, ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510825000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hans Raidel.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510825100

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrter Herr

Dr. Penner! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Auch ich bedanke mich natürlich sehr, sehr herzlich für
diesen Bericht, Herr Dr. Penner. Ich bedanke mich auch
bei all Ihren Mitarbeitern, die immer einen sehr sorgfäl-
tigen und ausgewogenen Bericht vorlegen, der auf der
einen Seite klarstellt, was die Bundeswehr im Inneren
braucht, auf der anderen Seite aber auch versucht, einige
Hinweise darauf zu geben, welche Reformen demnächst
angegangen werden müssen, um die Einrichtung Bun-
deswehr so zu erhalten, dass sie auch den Interessen un-
seres Landes in vollem Umfang nachkommen kann.

Sie haben die Sachverhalte im Bericht unter zwei Be-
griffen, wenn ich es richtig sehe, subsumiert: unter den
der Fürsorge für unsere Soldaten und unter den der Vor-
sorge. Sie haben das innere Gefüge der Bundeswehr auf-
gezeigt und in der Zusammenstellung und Beurteilung
der Mängel auf die Fürsorge hingewiesen. Ich wäre sehr
dankbar, Herr Staatssekretär, wenn man hier nicht immer
wieder nur feststellen würde, dass man solche Hinweise
ernst nimmt, sondern man auch durch Abarbeitung die-
ser Mängel zeigen würde, dass man die Institution Wehr-
beauftragter voll in das eigene Lebens- und Gedanken-

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(C (D ut aufgenommen hat. Dann würden nämlich viele ieser Mängel im nächsten Bericht nicht mehr aufgeliset werden. ie Systematik eines solchen Berichts sorgt so dafür, ass vieles immer wieder vorkommt. Ich gestehe auch erne zu, dass wir aufpassen müssen. Im Inland stellt ich die Situation nämlich völlig anders dar als im Ausand. Auch diesen Unterschieden muss dementsprechend echnung getragen werden. Sie, Herr Wehrbeauftragter, mahnen im Hinblick auf ie Vorsorge Reformen an. Eine altbekannte Forderung on unserer Seite lautet, endlich das Weißbuch auf den arkt zu bringen und nicht immer nur Teilaspekte, in enen Reformen schon vollzogen wurden, zu nehmen nd aus ihnen ein Buch zusammenzustellen. Vielmehr üssten aus der Perspektive einer Sicherheitsund Berohungsanalyse die notwendigen Schlussfolgerungen ezogen werden. Die hieraus abgeleiteten Maßnahmen üssten dann auch mit den notwendigen finanziellen itteln unterfüttert werden. Es hat überhaupt keinen inn, hier über Reformen nachzudenken, wenn nicht leichzeitig für deren Umsetzung das benötigte Geld zur erfügung gestellt wird. Desgleichen haben wir angemahnt, einmal im Jahr inen Bericht zur Lage der Nation abzugeben, in dem as gesamte Spektrum vom Reformtempo bis hin zu den ternationalen Verpflichtungen aufgezeigt wird. Es ist chon bezeichnend, dass auch viele hohe Militärs festtellen, dass zwischen dem Anspruch der Bundesregieung und der sie tragenden Koalition, internationale Mitärpolitik mitzugestalten, und der vorhandenen usrüstung der Bundeswehr eine Riesenlücke klafft. nspruch und Wirklichkeit passen in vielen Dingen ben nicht zusammen. Auch Sie, Herr Wehrbeauftragter, haben ja festge tellt, dass die bestehenden Materialmängel so nicht weir hingenommen werden können. Sie haben auch darauf ingewiesen, dass beispielsweise die Führungskräfte zur usbildung daheim nicht zur Verfügung stehen, weil sie Auslandseinsatz sind. Sie haben das wertvolle Institut des Bürgers in Uniform ngesprochen. Wir sollten dieses Institut als Ausdruck nserer Haltung in der Armee weiter ausbauen und pfleen. Ich behaupte einmal: Wenn andere Armeen ein solhes Institut in dieser Ausformung hätten, würden wir um Beispiel in den Nachrichten aus dem Irak nicht über enschenrechtsverletzungen oder andere Übergriffe urch US-Soldaten informiert werden müssen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


us diesem Grunde müssen wir dieses Institut pflegen.
eswegen haben wir auch den Unterausschuss für die
eiterentwicklung der inneren Führung unter Leitung
on Dr. Lamers eingesetzt. Dabei geht es nicht nur um
ie aktive Truppe, sondern auch um die Reservisten.






(A) )



(B) )


Hans Raidel

Damit würde ich gerne eine Überleitung zur Wehrpflicht

herstellen. Wir müssen uns davor hüten, in Zeitgeistbe-
trachtungen einmal Hü und einmal Hott zu sagen.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben immer Hott gesagt!)


Die militärische Führung der Bundeswehr selbst stellt
fest, dass das gesamte Konstrukt, die gesamte Transfor-
mation auf der Wehrpflicht aufgebaut ist. In den Unterla-
gen, die Sie vorhin belächelt haben, sind die Stellung-
nahmen Ihres Hauses enthalten, die auf die Folgen eines
Verzichtes auf die allgemeine Wehrpflicht hinweisen.
Was wir heute in der Zeitgeistbetrachtung für gut halten,
wirkt sich wahrscheinlich nachhaltig auf die Auftrags-
wahrnehmung dieser Bundeswehr, auf das innere Ge-
füge unserer Armee aus. Ich warne davor, die Wehr-
pflicht in dieser Plattheit einfach zur Disposition zu
stellen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Staatssekretär, Sie haben sich dafür bedankt,
dass wir die Bundeswehr in der letzten Ausschusssitzung
in Schutz genommen haben. Ich habe eigens den „Spie-
gel“-Bericht mitgebracht: „Die Hasen vom Amselfeld“.
Die Presse ist in Deutschland frei. Das ist gut so. Aber
sie hat auch eine Verantwortung. Diese Verantwortung
nimmt sie, glaube ich, nicht in ausreichendem Maße
wahr, wenn sie hier so formuliert, wie sie es getan hat.

Wir sollten uns gemeinsam, auch heute, öffentlich vor
unsere Bundeswehrsoldaten im Einsatz stellen. Das be-
deutet nicht, dass man nicht prüfen und darüber nach-
denken sollte, welche Fragen zu klären sind. Aber Pau-
schalverurteilungen sollten wir hier zurückweisen. Wir
sollten uns zu unseren Soldaten bekennen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Es gibt kaum einen Dienst in diesem Lande, der durch so
viele Umzüge und Umstrukturierungen, mangelndes
Geld, fehlende Ausrüstung und entsprechende Konse-
quenzen belastet ist wie der Soldatenberuf derzeit. Hinzu
kommen Belastungen durch den Auslandsdienst. Sie
kennen alle diese Problematik. Die Fürsorgepflicht
sollte für uns an erster Stelle stehen, auch in Bezug auf
Besoldung, Versorgung und Rücksichtnahme auf dieje-
nigen, die unter besonderen Situationen zu leiden haben,
zum Beispiel durch Verwundung oder als Familienange-
höriger durch den Tod eines Soldaten. Psychologiefra-
gen sind bereits angesprochen worden.

Wir alle tun gut daran, parteiübergreifend – obwohl
ich einzelne Perspektiven aus den verschiedenen Par-
teien nicht missen möchte, weil sie befruchtend sein
können, aber nur dann, wenn wir uns einig sind – hinter
Bündnis- und Landesverteidigung, hinter den Aufgaben
der Bundeswehr zu stehen und dementsprechend im Par-
lament richtungsweisende Beschlüsse zu fassen, ein-
schließlich der Zurverfügungstellung des notwendigen
Geldes, insbesondere in Zeiten knapper Kassen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Ulrike Merten. Frau Präsidentin! Sehr verehrter Herr Dr. Penner! iebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Jahresbericht 003 liegt uns eine detaillierte Information über Zustand nd inneres Gefüge der Bundeswehr vor, die wir nie beommen würden, wenn es den Wehrbeauftragten nicht äbe. Wir könnten gar nicht so viele Besuche bei der ruppe machen, die notwendig wären, um die Informaionen zusammenzutragen, die wir Jahr für Jahr durch en Wehrbeauftragten und sein Team bekommen, bei em ich mich ganz ausdrücklich dafür bedanken möchte. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Hans Raidel (CSU):
Rede ID: ID1510825200
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510825300

Einsatz und Reform der Bundeswehr haben sich im
erichtsjahr – es wurde schon mehrfach darauf hinge-
iesen – gewandelt und weiterentwickelt. Wichtige Im-
ulse dafür gingen unter anderem auch von der Entwick-
ung auf europäischer und internationaler Ebene aus. Die
elastungen für die Soldatinnen und Soldaten sind
abei keineswegs geringer geworden. Deshalb müssen
ir auch genau abwägen, wenn wir politische Entschei-
ungen treffen, die neue, zusätzliche Belastungen mit
ich bringen. Wer meint, er könne die Bundeswehr mit
usätzlichen Aufgaben im Inneren belasten, der muss
uch aufrichtig vor die Soldaten und Soldatinnen treten
nd sagen, wie sie das leisten sollen und wie das finan-
iert werden soll. Herr Kollege Raidel, Ihre Klage über
ie Belastungen und über die Mängel in der Ausbildung
ufgrund der Auslandseinsätze ist vor dem Hintergrund
essen, was Sie hier fordern, ein wenig unehrlich. Das
uss man an dieser Stelle einmal sagen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir über Belastungen reden, dann muss man
uch auf den Einsatz der Bundeswehr im Zuge des Irak-
rieges zu sprechen kommen. Bundeswehrsoldaten hat-
en amerikanische Liegenschaften in Deutschland zu
chützen. Der Einsatz war zwar durchaus überschaubar.
rotzdem führte er zu erheblichen personellen und zeitli-
hen Belastungen der Truppe.
Überdies – ich glaube, der Kollege Nachtwei hat dies

ngesprochen – stellten die Soldaten die Frage nach der
echtmäßigkeit ihres Dienstes. Ich finde, wir sollten
ies nicht kritisieren, sondern die Zweifel als Beleg da-
ür nehmen, dass wir es in der Bundeswehr mit Soldaten
u tun haben, die als kritische, zu eigenem Urteil befä-
igte und zivilcouragierte Staatsbürger in Uniform ih-
en Dienst tun. Dies ist im Übrigen das Ergebnis von fast
0 Jahren innerer Führung, die mehr denn je ihre Be-
echtigung hat.
Deutsche Soldaten, die tatenlos zusehen, wie Jahrtau-

ende alte Kulturgüter der Plünderung anheim fallen,
erden wir – da bin ich mir ganz sicher – nicht erleben,
ar nicht zu reden von den Anschuldigungen wegen
isshandlungen von Gefangenen, die jetzt im Irak ge-






(A) )



(B) )


Ulrike Merten

gen amerikanische und britische Soldaten erhoben wur-
den.

Unsere Soldaten in den Einsatzgebieten sind doch
auch deshalb so hoch geschätzt, weil sie eben nicht als
Besatzer auftreten. Auch deshalb verdient ihr Einsatz
uneingeschränkten Respekt und Anerkennung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Unsere Soldaten sind gut ausgebildet und gut vorbereitet
auf ihren Einsatz in fremdem Gebiet, das eine andere
Kultur hat, und im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit
anderen Nationen. Ich glaube, dass der Aspekt der inter-
kulturellen Kompetenz mit der Ableistung erfolgreicher
Einsätze im Ausland zunehmend an Bedeutung gewin-
nen wird. Dieser Punkt sollte in der Ausbildung stärker
berücksichtigt werden.

Schon Graf Baudissin, der Ideengeber der inneren
Führung, konzipierte die Bundeswehr im Rahmen einer
europäischen Sicherheitsstruktur, das heißt mit einer
internationalen Perspektive. Das Leitbild der inneren
Führung ist der kritische, zu eigenem Urteil befähigte
und zivilcouragierte Staatsbürger in Uniform. Vorge-
setzte in der Bundeswehr tragen gegenüber den ihnen
anvertrauten Soldatinnen und Soldaten eine besondere
Verantwortung, für die sie adäquat ausgebildet werden
müssen. Leitlinie dafür sind die Grundsätze der inneren
Führung.

Wie dieses Leitbild weiterentwickelt werden kann,
darüber diskutieren wir im Unterausschuss; Kollege
Raidel hat darauf hingewiesen. Dass unter den neuen
Bedingungen der Bundeswehr neue Lösungen für neue
Fragen im Bereich der inneren Führung gefunden wer-
den müssen, liegt auf der Hand. Wir wissen, dass dies
kein statisches Konzept ist, sondern durchaus an neue
Bedingungen angepasst werden muss.

Nicht nur das Sozialwissenschaftliche Institut der
Bundeswehr stellt fest, dass die soziale Integration fort-
gesetzt und vertieft werden muss. Probleme der Verein-
barkeit von Beruf und Familie gewinnen für Soldatin-
nen und Soldaten immer größere Bedeutung, auch für
Alleinerziehende, die sich fragen: Was mache ich eigent-
lich mit meinem Kind, wenn ich in den Einsatz muss?
All das gehört im Übrigen auch zur Steigerung der At-
traktivität des Soldatenberufes. Der Kollege Nachtwei
hat dies angesprochen und der Herr Wehrbeauftragte
geht in seinem Bericht besonders darauf ein.

Ich glaube, wir tun gut daran, den Bericht des Wehr-
beauftragten, in dem natürlich auch Mängel genannt
werden, als eine Chance zu begreifen, ein weiteres Mal
als Gesellschaft genau hinzuschauen, was in den Streit-
kräften vorgeht, und damit erneut unter Beweis zu stel-
len, dass wir eng mit den Streitkräften verbunden sind.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Hedi Wegener. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr r. Penner! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie chön, dass in der letzten Stunde viele junge Leute oben uf der Tribüne gesessen haben und dass dort immer och Schülerinnen und Schüler sitzen! Denn auf euch ommt gegebenenfalls das zu, worüber wir hier diskutieen: der Kontakt zum Wehrbeauftragten. Insgesamt haben wir ein Problem; denn wir stehen or großen Herausforderungen. Nach Angaben des Staistischen Bundesamtes leben circa 4,8 Millionen Mäner zwischen 16 und 25 Jahren in Deutschland. Da die ereitschaft junger Männer, sich freiwillig als Soldat bei er Bundeswehr zu verpflichten, in den letzten Jahren leich geblieben ist, ergibt sich ein Bewerberpotenzial on ungefähr 680 000 jungen Männern. Diese Gruppe ird innerhalb der nächsten 20 Jahre um 20 Prozent abehmen. Damit wird sich die Bewerberlage in der nächsen Zeit ganz spürbar verschärfen. Weil heute überproortional viele Bewerber aus den neuen Bundesländern ommen, die dortige demographische Entwicklung aber esonders drastisch ist, da hier ein ganz erheblicher Geurtenrückgang zu verzeichnen ist, wird die Problematik och größer werden. Junge Frauen interessieren sich nur arginal für die Bundeswehr, nämlich nur jede 20. Aus iesem Grund ist auf dieses Potenzial vorläufig nicht zuückzugreifen. Warum sage ich das? Wir müssen pfleglich mit unseren oldatinnen und Soldaten umgehen, ihnen Berufschanen, Weiterbildungschancen und einen sozialverträglichen rbeitsplatz bieten, damit sie weiterhin die Bundeswehr ind, die wir im Inund Ausland haben wollen. Dazu geört auch der Wehrbeauftragte, also sozusagen die Funkon einer Beschwerdeoder Petitionsstelle, um auf Mänel, Forderungen und Wünsche einzugehen. Dafür Ihnen, err Dr. Penner, Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeirn noch einmal ganz herzlichen Dank! Es gibt keine Berufsgruppe, die einen verfassungsgeäßen Anspruch auf eine solche Beschwerdestelle hat. s gibt eigentlich auch keinen Arbeitgeber, der sich so mfassend mit Mängeln beschäftigt. In einer vor kurzem vorgelegten Studie des Sozialissenschaftlichen Instituts ist ermittelt worden, dass 8 Prozent der jungen Männer ihr Interesse am Soldanberuf damit begründen, dass sie viel mit moderner echnik und mit Waffen zu tun haben. 74 Prozent nenen die Sicherheit des Arbeitsplatzes und immerhin 2 Prozent die Möglichkeit, sich als Soldat weiterzuentickeln. Der gute Ruf der Bundeswehr und ihrer Soldan, die Herausforderung einer militärischen Ausbildung nd die Auslandseinsätze der Bundeswehr wurden imerhin von über 60 Prozent als Begründung angeführt. as bedeutet für mich, dass die Einsteiger mit einer hoen Motivation in diesen Beruf kommen. Diese Motivaon müssen wir erhalten und pflegen, auch damit sie die otivation, wenn sie einmal Vorgesetzte sind, an ihre ntergebenen weitergeben. Grundsätzlich bedeuten die Hedi Wegener Ergebnisse der Studie, dass die Bundeswehr ein attraktiver Arbeitgeber ist. Der Bericht des Wehrbeauftragten gibt uns jedes Jahr Anhaltspunkte, wo Verbesserungen und Abhilfe von Mängeln notwendig sind. Wir können aber auch ablesen, auf welchen Feldern Fortschritte gemacht worden sind. Dazu ein Beispiel: In dem Bericht von 2002 bezog sich eine große Anzahl der Eingaben und Beschwerden auf die langen Standzeiten und die mangelnde Flexibilität bei Auslandseinsätzen. Dass in diesem Jahr davon nicht mehr die Rede ist, heißt sicherlich nicht, dass es damit grundsätzlich keine Probleme mehr gibt; aber es zeigt doch, dass es eindeutige Besserungen gibt. (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)

Ulrike Merten (SPD):
Rede ID: ID1510825400
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510825500




(A) )


(B) )


Gleichzeitig mehren sich die Eingaben wegen der Ein-
satzplanung. Bemängelt wird häufig eine kurzfristige
Umsetzung. Hierbei sind sicherlich noch Verbesserun-
gen möglich.

Unsere Bundeswehr genießt im In- und Ausland ein
hohes Ansehen, nicht zuletzt wegen ihres vorbildlichen
Verhaltens bei der Durchführung ihrer oft gefährlichen
Auslandseinsätze.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das hören wir immerzu, wenn wir Soldatinnen und Sol-
daten im Ausland besuchen oder mit Vertretern der Län-
der sprechen, die von uns Hilfe erbitten. Damit dies so
bleibt, haben wir besondere Verpflichtungen gegenüber
unseren Soldatinnen und Soldaten. Wir haben in ange-
messener Weise auf die Eingaben zu reagieren. Der Ver-
teidigungsausschuss fordert deshalb den Verteidigungs-
minister auf, entsprechende Regelungen zu treffen.

Im März haben zwei Kolleginnen von der CDU und ich
Vertreter der „Soldatenselbsthilfe gegen Sucht“ getrof-
fen. Diese ehrenamtliche Organisation wird auch von Ih-
nen, Herr Dr. Penner, erwähnt. Wir unterstützen – ich
glaube überparteilich – diese Organisation. Wir danken
dem Verteidigungsministerium, dass es sich im letzten Jahr
an dem „Aktionsplan Drogen und Sucht“ beteiligt hat.

Als letzte Rednerin möchte ich Ihnen, Herr
Dr. Penner, ganz herzlich danken. Wir sehen uns zur
dritten Lesung wieder.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Hedi Wegener (SPD):
Rede ID: ID1510825600

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Jahresberich-

tes 2003 des Wehrbeauftragten auf Drucksache 15/2600
an den Verteidigungsausschuss vorgeschlagen. Sind Sie
damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,

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(C (D Frauen und Jugend trag der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Erwin Marschewski (Recklinghausen)

tion der CDU/CSU
Keine Kürzungen von Integrationsmaßnah-
men
– Drucksachen 15/1691, 15/2900 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Rita Streb-Hesse
Willi Zylajew
Ekin Deligöz
Klaus Haupt

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
illi Zylajew, CDU/CSU-Fraktion.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510825700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ie CDU/CSU-Fraktion hat diesen Antrag gestellt, um
m Bildungsbereich eine erprobte, verlässliche und er-
olgreiche Förderung junger Zuwanderer, in erster Linie
usslanddeutscher, Herr Welt, zu erhalten. Wir haben
ies getan, weil wir es für richtig und wichtig halten, im
ereich der Bildung zu investieren. Mit diesen Maßnah-
en wollen wir vor allen Dingen im Bereich der Sprach-
ompetenz investieren, damit aber auch Grundlagen für
en weiteren Bildungs- und Ausbildungsweg in Schule,
erufsausbildung und Studium schaffen.
Das Kabinett fordert derzeit sehr laut nach mehr An-

trengungen im Bereich Bildung.

(Rita Streb-Hesse [SPD]: Zu Recht!)


Zu Recht! Das sehen wir auch so, Frau Kollegin. – Es
ird also verlangt, dass sich die Länder um die Verbes-
erung der Schulausbildung bemühen. Dazu leisten wir
it dem Garantiefonds im Bildungssektor einen wichti-
en Beitrag für eine Gruppe, die sicherlich in besonde-
em Maße Handicaps hat, für die es besonders schwer
st, sich in unserem Schul- und Ausbildungssystem zu-
echtzufinden. Hier bauen Sie Mittel ab. Das ist
chlechthin ein schreckliches Zeichen.
Die Bildungsministerin forderte heute früh im
eutschlandfunk Zielvereinbarungen zwischen der Wirt-
chaft und der Politik, um Ausbildung sicherzustellen.
ie verlangt nach einem Ausbildungspakt. Inzwischen
ordert das ganze Kabinett solch einen Pakt. Auf der
rundlage dieses Paktes sollen also Mittel für Bildung
ereitgestellt werden, soll investiert werden. Selbst der
anzler hat sich in jüngster Zeit mit dem Thema Bil-
ung beschäftigt; er hat sich dazu geäußert. Wir nehmen
as mit großer Freude zur Kenntnis. Sogar bei den un-
eimlichen Geheimgesprächen, die es zwischen Genos-
en gibt, soll das Thema Bildung eine Rolle gespielt ha-
en. Nun geschieht faktisch Folgendes: Es gibt viele
orte im Interesse der Bildung; aber bei den Taten voll-
ieht sich in diesem Arbeitsfeld ein Abbau.






(A) )



(B) )


Willi Zylajew

Bis April 2005 sollen die Maßnahmen und Förderun-

gen auslaufen, die Internate sollen sogar noch im Som-
mer dieses Jahres geschlossen werden bzw. deren Förde-
rung soll eingestellt werden. Wir sagen: Dies ist
schlichtweg schlimm. Zehntausende junger Menschen
werden damit der Bildungschancen beraubt. Auf der
einen Seite tun Sie dies, aber auf der anderen Seite for-
dern Sie Bündnisse ein. Sie brechen hiermit – auch wenn
er nicht beurkundet war – einen Pakt, der zwischen den
Kommunen, den Trägern der Maßnahmen, den Aussied-
lern und der Bundesregierung vereinbart wurde. Sie tun
dies offensichtlich sehenden Auges.

Die Bundesministerin Bulmahn hat heute beim
Tagesordnungspunkt 6 erklärt, man müsse die Sensorik
verbessern. Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, sel-
biges auch zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie müssen in diesem Bereich die Sensorik verbessern!
Sie marschieren schlichtweg in die falsche Richtung.

Es ist ein falsches Signal, von den einen mehr Ausbil-
dungsanstrengungen zu verlangen, sich selbst aber zu-
rückzuziehen. Das ist ein Umstand, den wir nicht hin-
nehmen. Aus meiner Sicht ist Ihr Handeln hierbei wie
Wasser: durchsichtig und geschmacklos. Sie wollen da
Geld einsparen, wo Aufstockungen notwendig wären.
Das ist geschmacklos, weil Sie damit jungen Menschen
Bildungschancen verbauen und Sie selbst nicht bereit
sind, das zu erbringen, was Sie von Handwerk, Handel,
Industrie, Dienstleistern, Fachschulen und Hochschulen
verlangen.

25 Prozent unserer jungen Ausbildungsplatzsuchen-
den sind nicht ausbildungsfähig. Der Anteil unter den
Spätaussiedlern und den Kindern von Flüchtlingen – wir
alle kennen die Situation aus unseren Wahlkreisen – ist
noch wesentlich höher. Sie kappen trotzdem sehenden
Auges die Mittel und beenden erprobte und bewährte
Maßnahmen. Der Berufspädagoge Josef Lintermann
würde dazu sagen: Herr, vergib ihnen; denn sie wissen
nicht, was sie tun.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Nach den Gesprächen mit Ihnen muss ich leider sa-

gen: Sie wissen, was Sie tun. Sie sind nicht bereit, in Bil-
dung zu investieren und den jungen Menschen eine
Chance zu geben.


(Anton Schaaf [SPD]: Stimmt nicht!)

– Lieber Toni, du hast dich ja nicht durchsetzen können.
Ich vermute, dass du eine vernünftigere Position als
deine Fraktion hattest. Aber in diesem wie in anderen
Fällen ist deine Meinung nicht mehrheitsfähig.

Wir bitten Sie, Ihre Entscheidung zu überdenken.
Diese Kürzungen sind in dieser Zeit ein falsches Signal.
Wir wären enttäuscht, wenn Sie bei Ihrer ablehnenden
Position blieben. Wir finden, ein positives Signal wäre
ein gutes Zeichen für die jungen Menschen, die unsere
Hilfe an dieser Stelle benötigen.

Ich bedanke mich sehr.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Nächster Redner ist der Kollege Jochen Welt, SPD raktion. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle en! Der Antrag „Keine Kürzungen von Integrationsaßnahmen“, den uns die Union hier serviert, ist nach einer festen Auffassung unseriös, unehrlich und vor alen Dingen zynisch. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Willi Zylajew (CDU):
Rede ID: ID1510825800
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510825900

ie Union hatte in den 90er-Jahren Regierungsverant-
ortung. Gerade in den 90er-Jahren sind die meisten
enschen als Zuwanderer bzw. Aussiedler nach
eutschland gekommen. Gerade in diesen Jahren sind
uch die meisten Integrationsprobleme entstanden, weil
mmer mehr Menschen ohne deutsche Sprachkenntnisse
u uns kamen.


(Erika Lotz [SPD]: So ist es!)

Gerade in diesen Jahren der erschwerten Integration

n Deutschland haben Sie den Mut bewiesen, die Dauer
er Sprachförderung in Deutschland von zwölf über
ehn auf sechs Monate zu reduzieren. Gerade in diesen
ahren der Integrationsprobleme haben Sie auch den Mut
ewiesen, die Grundschulen aus der Förderung durch
en Garantiefonds auszuschließen. In Sachen Qualität
on Integrationspolitik sind Sie wirklich ein schlechter
atgeber.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das, was Sie uns nach diesen Jahren überlassen ha-
en,


(Zuruf von der FDP: Haben Sie eigentlich auch eigene Vorstellungen?)


ind Konzeptionslosigkeit und Kinder, die damals nach
eutschland gekommen sind, die im doppelten Sinne
es Wortes „sprachlos“ sind und die hier scheiterten,
eil sie allein gelassen wurden. Dafür tragen Sie die
erantwortung. Ich denke, es ist wichtig, darauf an die-
er Stelle hinzuweisen, weil wir seit 1998 in zweifacher
insicht einen Kurswechsel einleiten mussten: Erstens
aben wir die Quote bei den Aussiedlern von 200 000
uf 100 000 gesenkt. Damit haben wir für die Städte und
emeinden mehr Raum für Integrationsmaßnahmen ge-
chaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

iese Maßnahmen sind dadurch erst möglich geworden.
Zweitens haben wir in den Herkunftsländern mehr
leibehilfe geleistet, damit die Menschen wieder Chan-
en und Perspektiven finden und dort bleiben. Wir haben
ie Großinvestitionen zurückgefahren, die Sie seinerzeit
efördert haben, die Millionenprojekte, die Sie in den si-
irischen Sand gesetzt haben und durch die die Men-
chen letztlich nach Deutschland gelockt wurden.






(A) )



(B) )


Jochen Welt

Mit unserer Integrations- und Hilfenpolitik, die wir in

den Staaten der ehemaligen Sowjetunion betreiben, in-
vestieren wir in die Herzen und Köpfe der Menschen: in
Ausbildung, Fortbildung und Qualifizierung. Die Folge
ist, dass es günstiger ist, weil wir für die Hilfen in den
Herkunftsländern pro Jahr nicht mehr 150 Millionen
Euro, sondern nur noch 25 Millionen Euro ausgeben.
Das positive Ergebnis ist, dass jetzt nicht mehr
110 000, sondern nur noch 40 000 Menschen pro Jahr ei-
nen Antrag auf Aufnahme in Deutschland stellen. Das
gibt uns Chancen für mehr Integration. Das ist unser
Beitrag zur Integrationssteuerung und Integrationsförde-
rung.

Weil das so ist, haben wir die Mittel für Integra-
tionshilfen aufstocken können. Mit den 16 Millionen
Euro, die dem Bundesinnenministerium unter Ihrer Re-
gierung seinerzeit für die Projektförderung zur Verfü-
gung standen, haben Sie die Großverbände und Groß-
organisationen institutionell gefördert. Wir leisten seit
1998 Integrationshilfen in einer Größenordnung von bis
zu 28 Millionen Euro. Diese Mittel haben wir aufge-
stockt


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und Projekte vieler gesellschaftlicher Organisationen,
viele in diesem Bereich ehrenamtlich Tätige und auch
junge Menschen, die ehrenamtlich Integrationspolitik
betreiben, gefördert. Wir fördern 1 300 Projekte gesell-
schaftlicher Integration gegen Gewalt, Isolation und
Drogenkonsum und 7 000 Projekte im Bereich Sport und
Integration. All das sind wertvolle Hilfen. Sport ist – das
sei an dieser Stelle gesagt – geradezu eine Schutzimp-
fung gegen soziale Auffälligkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deswegen finanzieren wir die „Impfung“ mittels dieses
Sektors.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Natürlich, meine Damen und Herren: Die Integration
ist schwieriger geworden. Sie ist schwieriger geworden,
weil immer mehr Menschen ohne Kenntnisse der deut-
schen Sprache zu uns nach Deutschland gelangen. An-
fang der 90er-Jahre haben 75 Prozent aller Spätaussied-
ler über Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
inzwischen sind es nur noch 20 Prozent. Diese Situation
macht das Leben nicht einfacher. Deswegen brauchen
wir neben den Sprachfördermaßnahmen, die insge-
samt auf dem Stand der vergangenen Jahre geblieben
sind, auch Steuerungsmöglichkeiten. Wir wollen über
ein Zuwanderungsgesetz – das wissen Sie – den Sprach-
test für Familienangehörige bereits im Herkunftsland.
Wir wollen Sprachförderung für alle mitreisenden Fami-
lienangehörigen.


(Gisela Piltz [FDP]: Erzählen Sie das bitte einmal Ihrem Koalitionspartner!)


Wir wollen, dass die nach dem Gesetz möglichen zu-
sätzlichen Integrationsfördermaßnahmen für Jugendli-
che den Jugendlichen auch zugute kommen; das ist nach

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(C (D einer Einschätzung ein notwendiges Verfahren. Sie tellen sich hier hin und fordern mehr Sprachförderung, ber lassen es durch Ihre Blockadepolitik bei der Zuwanerung zu, dass immer mehr Menschen ohne Kenntnisse er deutschen Sprache nach Deutschland kommen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/ CSU)


as ist die Situation, das ist die Realität.
Also noch einmal: Ihr Antrag ist zynisch, er ist unse-

iös. Dank wirksamer Hilfen, die wir in den Herkunfts-
ändern leisten, haben wir eine drastisch gesunkene Zu-
ugszahl. Natürlich gehen damit auch die Ausgaben für
bersiedlung, Eingliederungshilfen und Integrations-
ilfen automatisch zurück. Aber speziell bei den Inte-
rationsfördermaßnahmen ist allein für das Bundes-
nnenministerium zu sagen, dass die Ausgaben, die
nvestitionen um mehr als 70 Prozent gestiegen sind; ich
enke, das ist ein Erfolg. Was jetzt Not tut, ist der Er-
erb von Sprachkenntnissen in den Herkunftsländern
als Integrationsvorleistung – sowie Integrations- und
prachkurse für alle Mitglieder von Aussiedlerfamilien.
as haben wir im Zuwanderungsgesetz festgeschrieben.
Jetzt sind Sie, meine Damen und Herren von der Op-

osition, am Zuge: Stellen Sie keine überflüssigen An-
räge, machen Sie Ihre Schularbeiten, blockieren Sie
icht, verabschieden Sie sich vor allen Dingen von Ihren
eiden Lebenslügen „Deutschland ist kein Zuwande-
ungsland“ und „Wenn Deutsche nach Deutschland
ommen, dann brauchen sie sich nicht zu integrieren“.
erabschieden Sie sich davon und nehmen Sie letztlich
hre Verantwortung wahr.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Jochen Welt (SPD):
Rede ID: ID1510826000

Das Wort hat die Kollegin Gisela Piltz, FDP-Fraktion.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510826100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
usländische Kinder und Jugendliche mit Migrations-
intergrund sind in der Bildung stark benachteiligt und
erfügen über unzureichende Deutschkenntnisse. – Da-
it machte die letzte PISA-Studie das öffentlich, was
chon seit langem empirisch belegt ist: Ausländische
nd Spätaussiedlerkinder haben in Deutschland ekla-
ante Nachteile aufgrund unzureichender Sprachförde-
ung. Damit fehlt ihnen der entscheidende Schlüssel zur
ntegration. Daran hat sich bis heute leider nichts geän-
ert.
Der Kanzler ruft jetzt das „Jahr der Innovation“ aus

nd die Bildungsministerin stellt eine Bildungsoffensive
n Aussicht. Jetzt wollen Sie die Mittel für die Sprach-
örderung jugendlicher Spätaussiedler und ausländischer
lüchtlinge kürzen. Wie passt das bitte schön zusam-
en?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Gisela Piltz

Herr Welt, ich frage mich: Wer von uns ist denn ei-

gentlich zynisch – Sie oder wir? Wenn Sie hier die CDU/
CSU beschuldigen, das Zuwanderungsgesetz zu blo-
ckieren, dann möchte ich einmal fragen, warum Sie mit
keinem einzigen Satz die Position der Grünen kritisie-
ren, die aus den Verhandlungen schließlich mit Pauken
und Trompeten ausgezogen sind.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil die Union blockiert!)


Ich hätte mir von Ihnen eine Rede gewünscht, die zum
Thema und zum Antrag passt und nicht die Vergangen-
heit und die Gegenwart beschönigt.

Die Forderung der CDU/CSU ist umso wichtiger vor
folgendem Hintergrund: Im Vergleich zu deutschen Ju-
gendlichen ist der Anteil der Jugendlichen aus Einwan-
dererfamilien, die die Schule ohne Abschluss verlassen,
doppelt so hoch. Weit weniger junge Menschen mit Mi-
grationshintergrund erreichen mittlere und höhere Schul-
abschlüsse. Der Anteil junger Menschen mit Migrations-
hintergrund, die keinen Berufsabschluss erreichen, ist
viermal so hoch. Die Fakten sprechen ja wohl für sich,
oder?

Bildung und Integration sind nur möglich, wenn
Deutschkenntnisse vorhanden sind; ich glaube, da sind
wir uns alle einig. Schade, dass wir uns im Ergebnis
nicht einig sind. Denn die Situation hat sich gerade bei
den Spätaussiedlern drastisch verschärft: Mitreisende
Familienangehörige verfügen in der Regel nicht mehr
über Kenntnisse der deutschen Sprache. Fragen Sie doch
bitte einmal die Menschen vor Ort nach den Konflikten,
die sich daraus ergeben, und erklären Sie dann den Be-
troffenen ihre Kürzungen.

Die Sprache der Mehrheitsgesellschaft ist eine der
Schlüsselqualifikationen für die von uns gewollte
Integration von eingewanderten Menschen, für de-
ren schulischen und beruflichen Erfolg – und damit
für ihren sozialen Aufstieg.

Das stammt aus einem Beschluss der Grünen. Warum
Sie heute quasi gegen Ihren eigenen Beschluss stimmen,
würde ich gerne einmal wissen. Warum wollen Sie diese
Mittel eigentlich kürzen, wenn das doch Ihre Beschluss-
lage ist? Oder ist das wieder ein Tribut, wie wir es in die-
ser Woche häufig erlebt haben, an den Koalitionspartner
SPD? Wir halten das für einen Offenbarungseid der grü-
nen Integrationspolitik. Muss denn da nicht eigentlich
Ihr Gewissen aufschreien?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wie wird Ihre grüne Parteiführung das eigentlich Ihrer
Basis vermitteln? Nachdem Sie das Problem jetzt nicht
mehr im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes lösen kön-
nen, müssten Sie doch gerade mehr Geld zur Verfügung
stellen. Diesen Widerspruch müssen Sie uns und den
Wählern erst einmal erklären. Oder streben Sie jetzt statt
vernünftiger Integrationsmaßnahmen wieder eine multi-
kulturelle Ideologie an, die nur Parallelwelten schafft,
aber kein gemeinsames Miteinander? Ihr Vorhaben wird
die Probleme nur verschärfen.

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(C (D Aus diesen Gründen – damit komme ich zum chluss – stimmen wir dem Antrag der CDU/CSU zu. Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Josef Winkler, ündnis 90/Die Grünen. Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1510826200
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Aus gegebenem Anlass werde ich gleich auch
och auf die Zuwanderungsgesetze eingehen, Frau Kol-
egin Piltz.
Die CDU/CSU-Fraktion kritisiert – das haben wir ge-

ört – im vorliegenden Antrag die Kürzungen im Garan-
iefonds sowie die zeitlichen Kürzungen der Sprachkurse
nd fordert die Wiederherstellung des ursprünglichen
ustands. Hierbei geht es nicht nur um die Eingliede-
ung junger Spätaussiedler, sondern auch um die Ein-
liederung junger anerkannter ausländischer Flücht-
inge.
Der Bundesrechnungshof hat den Gesetzgeber auf-

efordert, die Förderung nach dem Garantiefonds für
chulpflichtige einzustellen.


(Rita Streb-Hesse [SPD]: So ist es! Das erzählen wir jetzt schon seit Wochen!)


as wurde noch nicht erwähnt. Durch Erlass vom
3. Juni 2002 sind die Länder sehr frühzeitig über die
eendigung dieser Förderung zum 31. Dezember 2003
nterrichtet worden.


(Rita Streb-Hesse [SPD]: Genau!)

orbereitungszeit und auch Zeit für die entsprechenden
aushaltsplanungen hätte eigentlich genug sein müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Eine ganze Reihe von Bundesländern hat nicht zuletzt
egen der Ergebnisse der PISA-Studie – das wurde be-
eits angesprochen – inzwischen erfolgreiche Maßnah-
en eingeleitet, um die schulpflichtigen jungen Spätaus-
iedler gemeinsam mit den jugendlichen Migranten
usreichend sprachlich zu fördern. Im Rahmen der
ISA-Studie ist aufgefallen, dass es auch bei in Deutsch-
and geborenen „normalen Deutschen“ teilweise erhebli-
he sprachliche Defizite gibt. Man kann im Zusammen-
ang mit der Frage der Integration und angesichts
essen, was man von den zugewanderten Menschen ver-
angt, nicht einfach ausblenden, dass es inzwischen
elbst bei hier geborenen Kindern deutscher Eltern, die
benfalls bereits hier geboren sind, große Probleme gibt.
Meine Fraktion setzt sich seit langem für ein einheitli-

hes Integrationsangebot für alle Zugewanderten und
ür eine gleichwertige Förderung aller Zuwanderungs-
ruppen ein.






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN]: Richtig!)

Eine Privilegierung einzelner Gruppen, wie zum Bei-
spiel die der Spätaussiedler, lehnen wir ab.

Es gibt unbestreitbar Probleme bei der Integration in
Deutschland. Diese sind aber auf die jahrzehntelange
verfehlte Gastarbeiterpolitik zurückzuführen. Wenn etwa
beim Bund bisher jährlich Sprachkurse für weniger als
0,5 Prozent der erwachsenen ausländischen Wohnbevöl-
kerung finanziert worden sind und der Rest in die Förde-
rung der Aussiedlerintegration geflossen ist, dann muss
man sich über Defizite bei der Integration eines Teils der
erstgenannten Gruppe nicht wundern. Konsequenter-
weise war deshalb in unserem Zuwanderungsgesetzent-
wurf ein Rechtsanspruch, aber auch eine Teilnahmever-
pflichtung für alle Neuzuwanderer vorgesehen. Das ist
die richtige Lösung.

Jetzt kommen wir zur Union. Es ist wirklich nicht
mehr zu verstehen, wie Sie mit dem Zuwanderungsge-
setz und mit dem Teil der Integration in diesem Gesetz
umgegangen sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Werter Herr Kollege Zylajew, Sie waren ja nicht dabei,
ich richte das daher an Ihre Fraktion und nicht an Sie
persönlich. Die Aufgabe der Integration besteht nicht
nur aufseiten der Zuwanderer, sondern auch aufseiten
der aufnehmenden Gesellschaft. Wir stehen alle gemein-
sam in der Verpflichtung, die entsprechenden gesetzli-
chen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Integra-
tion stattfindet. Hier kann nicht nur eine Verpflichtung
eingefordert werden, ohne dass ein Angebot unterbreitet
wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Werte Frau Kollegin Piltz, der Vermittlungsausschuss
hat sich in epischer Breite mit diesen Fragen beschäftigt.
Zum Ende der Beratungen des Vermittlungsausschusses
wurden wir von der rechten Seite dieses Parlamentes
überwiegend mit sachfremden Erwägungen konfrontiert.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Die innere Sicherheit ist sachfremd? Das ist ja völlig neu!)


– Werter Kollege, diese Erwägungen konnte man auf je-
den Fall nicht mit der Integration in Verbindung bringen.

Um die Integration zu fördern, wollen wir mehr ge-
zielte Angebote zur Sprachförderung unterbreiten.
Nach dem, was Sie gesagt haben, geht es Ihnen vor al-
lem darum, zu kriminalisieren, zu bestrafen und aufent-
haltsrechtliche Sanktionen einzuführen. Nach Ihrer Mei-
nung müssen die Leute raus, wenn sie den Kurs nicht
bestehen. Das kann nun wirklich nicht die Lösung sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sagt die FDP: Nur weiter so! – Gisela Piltz [FDP] zu Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜND – g I f A g u i e Z s b v u C H s c d a s a h E W w u s m (C (D NIS 90/DIE GRÜNEN] gewandt: Dadurch, dass Sie auf die FDP schimpfen, wird es auch nicht besser!)


Werte Frau Kollegin Piltz, ich schimpfe ja überwie-
end auf die Union.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Recht! – Gisela Piltz [FDP]: Ich sagte das zu Frau Stokar von Neuforn!)


n meiner nächsten Rede werde ich dann auf Sie schimp-
en. Dazu habe ich heute nicht mehr genug Zeit.
Werte Kollegen der Union, die reine Verschärfung des
usländerrechts, die Sie fordern, will ich nicht mittra-
en. Es geht nicht, dass Sie solche Anträge einbringen
nd sich Rosinen herauspicken. Sie wollen uns nämlich
m Kleinen etwas nachweisen, weil Sie meinen, dass wir
twas nicht so tun, wie wir es uns in unseren eigenen
ielen vorgegeben haben. Sie müssen aber unser Ge-
amtkonzept bezüglich der Gestaltung der Zuwanderung
etrachten. Danach können wir unser Konzept mit Ihrem
ergleichen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dann Sie
nd nicht wir den Offenbarungseid leisten müssen.
Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510826300

Das Wort hat der Kollege Jochen-Konrad Fromme,
DU/CSU-Fraktion.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510826400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
err Kollege Welt, wenn hier jemand blockiert, dann
ind es die Grünen, die ihren eigenen Innenminister blo-
kieren, und nicht wir;


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


enn wir haben nur die Forderung Ihres Innenministers
ufgegriffen. Alles andere stand von Anfang an in Rede,
odass das gar nichts Neues ist. – Ihre Reaktion zeigt ja
uch, dass ich offensichtlich ins Schwarze getroffen
abe.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie blockieren seit Monaten mit unsinnigen Anträgen!)


Es ist schon erstaunlich, dass hier unter dem gleichen
tikett unterschiedliche Dinge vertreten werden. Herr
elt, wenn all das, was wir gemacht haben, so falsch
ar, dann weiß ich überhaupt nicht, warum Sie uns noch
nterbieten. Ich kann Ihren Kurswechsel, der darin be-
teht, all das in Ihren Augen Falsche noch falscher zu
achen, nur als „toll“ bezeichnen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben nicht einmal Ihre Leute verstanden!)







(A) )



(B) )


Jochen-Konrad Fromme

Sie verkennen, dass die Integrationsprobleme natür-

lich auch deshalb größer geworden sind, weil das Um-
feld völlig anders ist als Anfang der 90er-Jahre. Die
wirtschaftliche Situation ist völlig unterschiedlich und es
ist heute natürlich schwieriger, Problemgruppen im
Arbeitsmarkt unterzubringen.


(Jochen Welt [SPD]: Das ist doch gar nicht das Thema!)


– Natürlich ist das das Thema. Bei der Integration geht
es auch darum, in welchem Umfeld sie vollzogen wird.
In einem schwierigeren Umfeld ist es nun einmal
schwieriger. Dass das Umfeld in den letzten Jahren
schwieriger geworden ist, haben Sie zu vertreten; denn
nicht umsonst sind wir von der Lokomotive zur roten
Laterne in der EU geworden. Diese Probleme haben das
Ganze zusätzlich erschwert.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


Wenn ich mir die Ergebnisse der Ausschussberatun-
gen anschaue, dann sehe ich, dass Sie keine Gruppe der
Migranten gegenüber einer anderen bevorzugen wollen.
Sie sagen, die Kürzung der Sprachkurse sei richtig. Vor-
hin hat Herr Welt genau das Gegenteil gesagt. Sie be-
haupten, Sie hätten keine Mittel gekürzt. Ich werde Ih-
nen gleich die Zahlen vorhalten. Die Grünen sagen, man
sollte das Geld lieber in den Jugendbereich geben.

Sie wollen alle Menschen, die zuziehen, in einen Topf
werfen. Dabei verkennen Sie die historischen Dimen-
sionen. Wir haben das hier in der ersten Lesung ganz
ausführlich behandelt. Wir stehen zu der unterschiedli-
chen Behandlung. Das kann man natürlich unterschied-
lich sehen. Ich kann nur sagen: Wer das so sieht wie Sie,
der lässt die historischen Bezüge außer Acht. Sie haben
einen anderen Blickwinkel als wir.


(Jochen Welt [SPD]: Das ist richtig!)

– Ihr Blickwinkel ist schlicht und einfach falsch.

Herr Welt, Sie behaupten, Sie hätten keine Mittel-
kürzungen vorgenommen. Ich kann Ihnen nur sagen:


(Erika Lotz [SPD]: Wir haben keine Wahlen!)

Im Haushalt 1998 standen 894 Millionen Euro bereit. Im
Haushalt 2004 stehen nur noch 590 Millionen Euro be-
reit. Hinzu kommen noch die Kürzungen, die Sie mit den
Koch/Steinbrück-Vorschlägen begründet haben. Diese
Kürzungen im Einzelplan 17 haben im Koch/Steinbrück-
Papier überhaupt nicht gestanden. Herr Welt, ich rate Ih-
nen, sich eine neue Brille zuzulegen, damit Sie nicht nur
den Haushalt des Bundesinnenministeriums, sondern
alle Haushalte überblicken können. Ihr Blick ist ein we-
nig kurzsichtig.

Sie haben noch eine weitere Kürzung vorgenommen,
indem Sie die vorhandenen Töpfe auch anderen Gruppen
zugänglich gemacht haben. Das ist eine doppelte Kür-
zung. Das und nichts anderes ist Ihr Kurswechsel.

Wenn Sie erklären, die Tatsache, dass weniger Aus-
siedler nach Deutschland kommen, sei Ihr Verdienst,
dann verkennen Sie die Realität. Es kommen weniger,

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(C (D eil es weniger gibt. Tatsächlich ist das Potenzial kleier geworden. Darüber hinaus führen Sie die Forderung des Bundes echnungshofes nach einer veränderten Kompetenzordung als Begründung für Ihre Kürzung an. Ich kann Ihen nur eines sagen: Wenn es Ihnen wirklich um die ntegration ginge, dann hätten Sie die Forderung des undesrechnungshofes als Anlass genommen, um mit en Ländern zu verhandeln. Sie aber haben einfach die ittel gestrichen. Das zeigt, dass es Ihnen nicht um ordungsgemäße Zustände geht, sondern Sie wollen chlicht und einfach Mittel kürzen. Außerdem haben Sie ie Zuwendungen für die Sprachkurse für junge Spätausiedler verringert. Stattdessen haben Sie neue Bürokraieorgien entwickelt. Das ist Ihre Art von Politik. Sie ilft nicht den Menschen, sondern allenfalls den Büroraten. Wenn Sie verlangen, dass die Angehörigen von Aus iedlern einen Sprachtest machen sollen, dann ist das um einen kontraproduktiv. Es ist kontraproduktiv, weil ich dann die Angehörigen nicht mehr in den Eingliedeungsschein eintragen lassen, sondern mit Berufung auf rt. 6 des Grundgesetzes einreisen, wodurch sie als Eheartner und Familienangehörige außerhalb jedes Integraionszwangs stehen und trotzdem hier bleiben dürfen. as hat mit Integration nichts zu tun. Zum anderen stelen Sie die deutschen Aussiedler bei der Integration chlechter als andere Migranten; denn ihnen wird eraubt, die Sprachkenntnisse vor Ort zu erwerben. Das ist nsbesondere vor unserem historischen Hintergrund unnständig. Anders kann man das nicht bezeichnen. Herr Welt, Sie haben erklärt, dass heute immer weni er Aussiedler Sprachkenntnisse besitzen. Das ist richtig nd falsch zugleich. Es ist falsch, weil sich ein Familienerband denjenigen aussucht, der den Test am leichtesen besteht, während sich der Rest in den Aufnahmebecheid aufnehmen lässt. Das ist eine vernünftige andlungsweise. Sie haben den Druck in diese Richtung ogar noch erhöht. Das aber ist der falsche Weg. Wenn ich jemand nicht für den Sprachtest anmeldet, dann eißt das noch lange nicht, dass er kein Deutscher im inne des Grundgesetzes ist. (Jochen Welt [SPD]: Das habe ich auch nicht behauptet!)


(Jochen Welt [SPD]: Noch 2 Millionen!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie haben die Zahlen so dargestellt, dass dieser Ein-
ruck entsteht.
Sie kriminalisieren die Aussiedler, indem Sie behaup-

en, dass sie krimineller als andere Gruppen sind. Die
tatistik, mit der das bewiesen werden soll, existiert gar
icht, weil es das Erfassungsmerkmal des Aussiedlers in
er Kriminalstatistik nicht gibt. Als Kriterium wird der
eburtsort genommen. Sie meinen, dass jeder, der im
ichsfeld geboren ist, katholisch ist. Wenn er nicht ka-
holisch ist, wird er in der Statistik „katholisch ge-
acht“.


(Anton Schaaf [SPD]: Das ist eine Unterstellung!)







(A) )



(B) )


Jochen-Konrad Fromme

Das ist unseriös. Das Kriminalamt in Hessen und auch
die bayerische Forschungsgruppe für Kriminalstatistik
haben dies sehr genau analysiert. Ich habe leider nicht
die Zeit, Ihnen dies im Einzelnen vorzutragen.


(Anton Schaaf [SPD]: Das können Sie auch nicht belegen!)


Ich rate Ihnen, sich damit sehr genau zu beschäftigen.
Dann kommen Sie nämlich zu dem Ergebnis, dass es
hier keine eklatanten Abweichungen gibt.

Wer die Mittel kürzt und die Wirtschaft ruiniert, der
darf sich über schlechte Integrationsergebnisse nicht
wundern. Deswegen kann ich Ihnen nur empfehlen:
Stimmen Sie unserem Antrag zu, um endlich den Kurs-
wechsel in die richtige Richtung zu vollziehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Jochen-Konrad Fromme (CDU):
Rede ID: ID1510826500

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Rita Streb-Hesse, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510826600

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Wir

sollten uns an eines erinnern: Thema dieser Aussprache
ist das Sprachförderungskonzept des Bundesministeri-
ums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, nicht des
Bundesinnenministeriums. Darauf bezieht sich Ihr An-
trag.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das habt ihr in die Integrationsdebatte eingeführt!)


In diesem Bereich ist keine Mittelkürzung erfolgt. Das
wollte ich einmal klarstellen, auch wenn das jetzt das
fünfte Mal gesagt worden ist. Man kann zwar alles mit-
einander vermengen, aber es wird dadurch nicht besser.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Anton Schaaf [SPD]: Die sind beratungsresistent!)


Das jahrelange Hin und Her – ich meine nicht die
letzten Verhandlungen – um das Ob und Wie eines Zu-
wanderungsgesetzes lässt zwei positive Ergebnisse ver-
gessen.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Wie war das? Thema verfehlt!)


– Ich komme jetzt zum Thema. – Der erste Punkt ist die
breite Akzeptanz der Tatsache, dass Deutschland ein
Einwanderungsland ist. Um es mit Marlene Dietrich zu
sagen: Nicht nur die Aussiedler haben ihren Koffer aus-
gepackt und wollen hier bleiben, sondern auch alle ande-
ren Zuwanderer und Migranten. Der eine Koffer ist in
der Heimat verblieben. Ob der Koffer von Ihnen eine
Gleichbehandlung erfährt, ist allerdings sehr fragwürdig.


(Beifall bei der SPD – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Wir bekennen uns dazu!)


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(C (D as Zweite ist die Notwendigkeit – das wird vergessen, eil viele in den letzten Jahren von Integration reden –, ntegration neu zu ordnen. Integration – das ist in der achwelt nicht streitig – ist ein gesellschaftlicher Proess. Alle Vorschläge, die wir in den letzten drei Jahren uf den Tisch bekommen haben, zeigen sehr deutlich, ass ein hohes Maß an Übereinstimmung darüber beteht, wie Integration für Kinder und Jugendliche mit igrationshintergrund erfolgen sollte. Der Kollege Zylajew und die Kollegin Piltz haben zu echt aufgezählt, worin wir übereinstimmen. Nicht treitig ist die Türöffnerfunktion von Sprache bzw. prachkenntnissen. Nicht streitig ist auch, dass wir eine ffentliche Verantwortung für eine bedarfsgerechte prachförderung haben. Nicht streitig ist – darüber haen wir vor einigen Wochen diskutiert –, dass im öffentichen Bildungssystem und im vorschulischen Bereich ine frühzeitige und verstärkte Förderung erfolgen muss. ir alle haben begrüßt, dass die Länder unter Berückichtigung der Empfehlung des Forums Bildung und der erabredung der Bund-Länder-Kommission – da gibt es ie Verknüpfung zwischen dem Bund und den Ländern – ereits vielfältige Maßnahmen auf den Weg gebracht haen. Wir wissen, dass diese Maßnahmen bei aller Vielfalt ines gemeinsam haben: Sie orientieren sich jetzt vorangig an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen nd nicht mehr an ihrer Herkunft, sei es bei Frau Wolff n Hessen oder sei es bei Herrn Böger in Berlin. Das ist as gemeinsame Konzept. Wir finden das gut. Es erfolgt ine Begleitung durch die Bundesregierung und die Beuftragte gibt Handreichungen für den Kindergarten. iese werden genutzt, jeder freut sich darüber und arbeiet damit. Wenn jetzt aber die Bundesregierung genau im Wis en um die Änderungen im Bildungssystem mit dem Ziel er Passgenauigkeit, der Effizienz – die Träger wollen as auch, wenn auch nicht unbedingt die Internatsbetreier, Kollege Fromme –, der Überschaubarkeit und zur icherstellung eines regionalen Angebots gerade im ändlichen Bereich Sprachförderungsmaßnahmen zum prachkonzept für alle jungen Migrantinnen und Miranten zusammenführt, dann ist auf einmal die Gemeinamkeit zu Ende, obwohl sich dieses Angebot gleichfalls ehr an dem Integrationsbedarf des einzelnen Jugendlihen – Sprachkenntnisse, Berufsausbildung und Schulusbildung – orientiert anstatt ausschließlich an der erkunft. Das ist die Differenzierung im Sprachfördeungskonzept. Für die Aussiedlerjugendlichen gibt es och eine andere – wie Sie wünschen: pfleglichere – Beandlung in vielem anderen mehr. Ihre Argumente, meine Damen und Herren von der pposition – Frau Piltz, Sie waren bei der letzten Disussion im Ausschuss nicht dabei, weil Sie kein Mitlied sind –, (Gisela Piltz [FDP]: Ich bin schon Mitglied, aber in einem anderen Ausschuss!)


ind keine Antwort auf die veränderte Migration. In Ih-
em Antrag, Kollege Zylajew, wünschen Sie längere






(A) )



(B) )


Rita Streb-Hesse

Sprachkurse von zwölf bis zu 18 Monaten, und zwar nur
für eine bestimmte Gruppe. Diese alte Praxis hat aber
doch gezeigt, dass die gesellschaftliche Integration, die
Sie und wir erwartet haben, nicht funktioniert. Deswe-
gen gibt es ein anderes Konzept. Wir werden sehen, ob
das erfolgreich ist oder nicht.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dieser Antrag ist nicht isoliert zu sehen. Die Verhandlun-
gen über das Zuwanderungsgesetz und manche Länderent-
scheidungen lassen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der von
Ihnen öffentlich geforderten – ich betone es – verstärkten,
nachholenden und umfassenden Integrationspolitik
aufkommen. Diese Zweifel sind bei mir mittlerweile
ganz stark.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: War das das Thema?)


Der CDU/CSU-Vizefraktionsvorsitzende Bosbach
forderte am letzten Freitag, dass diese umfassende, ver-
stärkte und nachholende Integration nicht nach Kassen-
lage erfolgen darf. Schauen Sie sich einmal die Haus-
halte der CDU/CSU-regierten Länder an. In Hessen
werden die Landesmittel für Familien, Jugend und Sozi-
alarbeit so radikal gekürzt, dass alle laufenden Integrati-
onsmaßnahmen gefährdet sind und neue überhaupt nicht
mehr angefangen werden können.


(Anton Schaaf [SPD]: Soso!)

In Bayern ist der Landeszuschuss für die Ausländersozi-
alberatung drastisch reduziert worden; er ist in Baden-
Württemberg bereits 2002 und nun auch in Hessen kom-
plett gestrichen worden, wohl wissend, dass dadurch
auch der an den Landeszuschuss gebundene Bundesan-
teil nicht mehr gesichert ist.


(Erika Lotz [SPD]: Alles egal!)

Wo passt bei Ihnen der Topf zum Deckel?


Rita Streb-Hesse (SPD):
Rede ID: ID1510826700

Frau Kollegin, werfen Sie bitte einen Blick auf die

Uhr!

(Anton Schaaf [SPD]: Geben Sie ihr noch eine Minute! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Jetzt geht es in die Verlängerung!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510826800

Entschuldigung.
Die rot-grüne Integrationspolitik ist auf einem guten

Weg. Mittlerweile hat die Bundesregierung ein Gesamt-
konzept zur Jugendintegration erarbeitet und vorgestellt.
Es umfasst jetzt auch die Jugendmigrationsdienste.

Für meine Fraktion möchte ich der Bundesregierung,
ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dem Fachpu-
blikum, den Sachverständigen und den Maßnahmeträ-

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(C (D ern für diese neuen Schritte danken. Ich denke, wir sind amit auf einem guten Weg. (Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Alles aus Ihrer Richtung kann man vergessen!)


Wir laden Sie von der Opposition weiterhin ein: Be-
nden Sie Ihre Blockade! Beteiligen Sie sich an der Ge-
taltung! Das liegt in unser aller Interesse.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Rita Streb-Hesse (SPD):
Rede ID: ID1510826900

Die Kollegin Petra Pau hat ihre Rede zu diesem

agesordnungspunkt zu Protokoll gegeben.1) Deshalb
chließe ich die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

chusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf
rucksache 15/2900 zu dem Antrag der Fraktion der
DU/CSU mit dem Titel „Keine Kürzungen von Inte-
rationsmaßnahmen“. Der Ausschuss empfiehlt, den
ntrag auf Drucksache 15/1691 abzulehnen. Wer stimmt
ür diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Ent-
altungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
en der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen gegen
ie Stimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen.
Interfraktionell ist vereinbart worden, die heutige Ta-

esordnung um die Beratung der Beschlussempfehlung
es Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
chäftsordnung zu einem Antrag auf Genehmigung zur
urchführung der Strafverfolgung zu erweitern und die-
en jetzt gleich als Zusatzpunkt 14 aufzurufen. Sind Sie
amit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so
eschlossen.
Somit rufe ich jetzt den Zusatzpunkt 14 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu-
nität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss)

Immunität von Mitgliedern der Bundesver-
sammlung
hier: Antrag auf Genehmigung zur Durchfüh-
rung der Strafverfolgung
– Drucksache 15/3107 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Erika Simm

Wir kommen sofort zur Abstimmung. Der Ausschuss
ür Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
he 15/3107, die Genehmigung zur Durchführung der
trafverfolgung zu erteilen. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
ungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
en des ganzen Hauses angenommen.

Anlage 3






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung der Bundesärzteordnung und
anderer Gesetze
– Drucksache 15/2350 –

(Erste Beratung 88. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Gesundheit und Soziale Sicherung

(13. Ausschuss)

– Drucksache 15/3039 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Erika Ober

Die Rednerinnen und Redner Dr. Erika Ober, Helge
Braun, Dr. Hans Georg Faust, Petra Selg und Detlef Parr
haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.1)

Wir kommen deshalb zur Abstimmung über den von
der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Ge-
setzes zur Änderung der Bundesärzteordnung und ande-
rer Gesetze, Drucksache 15/2350. Der Ausschuss für
Gesundheit und Soziale Sicherung empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/3039, den Ge-
setzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen.
– Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-
entwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen
des ganzen Hauses angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Ge-
setzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:
Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD,
der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN und der FDP
Den Weg zur Einheit und Demokratisierung in
der Republik Moldau unterstützen
– Drucksache 15/3052 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Claudia Nolte, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510827000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Botschafter

Corman! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Innerhalb
kürzester Zeit diskutieren wir erneut über einen Antrag,
der sich mit der Republik Moldau befasst. Das hat aber

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1) Anlage 4

(C (D inen sehr erfreulichen Umstand als Ursache, nämlich ass sich alle Fraktionen dieses Hauses auf einen geeinsamen Antrag verständigen konnten. Deshalb öchte ich ausdrücklich allen Fraktionen in diesem ause danken. (Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Inhaltlich unterscheidet sich der Antrag nur unwe-
entlich von dem der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann nicht sein!)


as angesichts der Situation in der Republik Moldau
uch kaum verwundert. Denn seit unserer letzten De-
atte haben sich die Probleme der Republik Moldau eher
ergrößert, sodass man unsererseits kaum zu unter-
chiedlichen Einschätzungen kommen kann. Ich denke,
ass der vorliegende gemeinsame Antrag einen wichti-
en Beitrag zur Lösung der dortigen Probleme liefert.
Die heutige Debatte findet knapp eine Woche nach

er größten Erweiterung der Europäischen Union statt.
ir werden sicherlich innere Herausforderungen zu be-
ältigen haben. Aber das darf nicht dazu führen, dass
ir unsere Nachbarn aus dem Blickfeld verlieren. Im
egenteil: Wir werden in stärkerem Maße auf unsere
achbarn schauen müssen. Deshalb ist es nur folgerich-
ig, dass die EU-Kommission das Konzept der neuen
achbarschaft entwickelt hat. Im Rahmen dieses Nach-
arschaftskonzeptes werden in Zusammenarbeit mit den
erschiedenen betroffenen Ländern Aktionspläne erar-
eitet. Diese Pläne sollen länderspezifisch, sozusagen
aßgeschneidert sein sowie gemeinsame Politikziele
nd politische und wirtschaftliche Richtwerte enthalten,
ie dazu dienen, den Fortschritt zu messen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

In diesen Aktionsplänen kommen sowohl Angebote

ls auch Erwartungen der Europäischen Union an die be-
roffenen Länder zum Tragen. In meinen Augen bieten
ie Verhandlungen über diese Aktionspläne eine hervor-
agende Chance für die entsprechenden Länder, eigene
orschläge einzubringen sowie für sich selber Aufgaben
nd Maßnahmen zu definieren, die dazu dienen, den
ortschritt im eigenen Land zu messen und zu überprü-
en.
In welchem innenpolitischen Umfeld finden die Ver-

andlungen der EU mit der Republik Moldau statt?
uch drei Jahre nach dem Amtsantritt der Kommunisten
aben sich die politischen, die wirtschaftlichen und die
ürgerlichen Freiheiten nicht verbessert. Im Gegenteil:
ie sind schlechter geworden. Gerade die jüngsten Ver-
uche der Regierung, unabhängige Medien zu verbieten,
eigen, dass man dort noch sehr weit entfernt von unse-
en europäischen Standards und unserem Demokratie-
erständnis ist. Auch die anhaltende Weigerung der gro-
en kommunistischen Mehrheit, einen Dialog mit der
pposition zu führen, weist in die gleiche Richtung: Es
ibt eine große Distanz zum allgemeinen Demokratie-
erständnis.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Claudia Nolte

Der Umstand, dass drei Abgeordnete ihre Immunität

verlieren, weil zwei von ihnen an einer nicht genehmig-
ten Demonstration teilgenommen haben, spricht eben-
falls Bände und ist ein Hinweis darauf, wohin zurzeit der
Weg führt. Der mangelnde Wille zur Kooperation mit
den internationalen Geldgebern verbaut gleichermaßen
die Chance, die eigene wirtschaftliche Entwicklung end-
lich umzukehren und aus der desolaten wirtschaftlichen
Situation herauszufinden. Die Folge ist eine zuneh-
mende Armut unter der Bevölkerung.

Gerade vor dem Hintergrund, dass eventuell von 2007
an die Republik Moldau ein direkter Nachbar der Euro-
päischen Union sein wird, ist es für die EU ein direktes
Problem, dass der Transnistrienkonflikt nach wie vor
ungelöst ist. Wir haben es mit einem rechtsfreien Raum
zu tun, in dem kriminelle Machenschaften, die vom Dro-
genhandel bis zum Menschenhandel reichen, freie Bahn
haben. Das können wir nicht akzeptieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Mein Kollege Helias wird dazu noch weitere Ausführun-
gen machen.

Der gesamte Zustand der Republik Moldau muss uns
vor diesem Hintergrund mit großer Sorge erfüllen. Das
bedeutet für mich, dass sich die EU angesichts der
Probleme ihrer Verantwortung gegenüber diesem Land
stellen muss. Sie muss mehr Engagement zeigen und vor
allen Dingen für die Menschen in der Republik Moldau
spürbar präsenter sein. Deswegen fordern wir in unse-
rem Antrag die Bundesregierung beispielsweise auf, sich
für eine möglichst baldige Eröffnung eines Büros der EU
in Chisinau einzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Markus Meckel [SPD])


Ich denke, in einem zukünftigen Nachbarland der EU
müsste das eigentlich selbstverständlich sein.

Wir fordern außerdem, die Instrumente der bilateralen
und der multilateralen Entwicklungshilfe verstärkt ein-
zusetzen, auch wenn wir die diesbezüglichen Schwierig-
keiten in solchen Ländern kennen.

Unser fraktionsübergreifender Antrag enthält aber
auch – ich denke: zu Recht – Erwartungen an die
Republik Moldau. Die moldauische Regierung muss
schon klarstellen, welchen Weg sie eigentlich gehen
will.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Markus Meckel [SPD])


In der letzten Woche hat mir der moldauische Außenmi-
nister dazu ganz deutlich gesagt, seine Regierung habe
die feste Absicht, Moldau näher an die Europäische
Union heranzurücken, und zwar mit dem Ziel, in der Zu-
kunft Mitglied der EU zu werden. Ich habe daraufhin ge-
fragt, woran man diese Absicht erkennen kann. Es liegt
ja auf der Hand: Worten müssen irgendwie valide Taten
folgen. Deswegen war es mir auch wichtig, zum Aus-
druck zu bringen, dass wir von der Regierung in Moldau

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(C (D iniges erwarten. Das heißt: Diese Regierung muss die ravierenden Mängel im Bereich der Demokratie, der enschenrechte und der Grundrechte jetzt beseitigen, enn sie glaubwürdig sein will. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Markus Meckel [SPD])


Ganz nebenbei bemerkt: Wenn die moldauische Re-
ierung wirklich eine europäische Perspektive wünscht,
ann muss sie den Widerspruch zum Programm der sie
ragenden Partei auflösen. Wir wollen mehr als nur Lip-
enbekenntnisse.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

Dieser Antrag ist keine einseitige Handlungsaufforde-

ung an die Bundesregierung und die EU-Kommission;
r ist vielmehr eine Aufforderung zu einem konstrukti-
en Dialog. Damit die Fortschritte messbar sind, fordern
ir neben der Umsetzung des Aktionsprogramms für
oldau die Formulierung von klaren Kriterien hinsicht-

ich der Entwicklung von Demokratie, Rechtsstaatlich-
eit, Menschen- und Grundrechten sowie Minderheiten-
chutz in der Republik Moldau – und dann auch die
ntsprechende Kontrolle.
Ich hoffe, dass wir selbst, die Abgeordneten, mit die-

em Antrag einen kleinen Beitrag zur Verbesserung der
ituation in der Republik Moldau leisten. Mit der heuti-
en Verabschiedung dieses Antrags legen wir dieses
hema nicht ad acta. Wir erwarten und wir hoffen, dass
ns die Bundesregierung regelmäßig über ihre Bemü-
ungen berichtet.
Herzlichen Dank.


(Beifall im ganzen Hause)



Claudia Nolte (CDU):
Rede ID: ID1510827100

Das Wort hat nun der Kollege Markus Meckel,

PD-Fraktion.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510827200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Wir beraten heute über ein Land, das in
uropa gewissermaßen vergessen ist. Es ist zudem das
rmste Land Europas. Deshalb ist es wichtig, dass wir
arüber beraten und gemeinsam einen Antrag verab-
chieden.
Ich bin der Kollegin Claudia Nolte sehr dankbar, dass

ie als Beauftragte des Bundestages für dieses Land die
nitiative zu dieser Debatte ergriffen hat. Ich bin eben-
alls sehr dankbar, dass es ihr und manchen anderen ge-
ungen ist, einen gemeinsamen Antrag zu dieser Sache
orzulegen und voraussichtlich zu verabschieden.
eutschland und ganz Europa sollten gemeinsam ein In-
eresse daran haben, dass dieser vergessene Fleck Euro-
as mehr Aufmerksamkeit erhält. Wir müssen uns ihm
ehr zuwenden.
Wenn wir zurückschauen, dann sehen wir, dass dieses

and mit dem Zerfall der Sowjetunion unabhängig
eworden ist. Man hat versucht, für Demokratie und
reiheit zu sorgen. Das geschah unter anderem durch






(A) )



(B) )


Markus Meckel

Regierungen, die versuchten, die Identität des Landes
neu zu bestimmen. Eines der Hauptprobleme dieses Lan-
des besteht ja darin, dass es auf der Suche nach der eige-
nen Identität ist.

Die angestammten Bürger dieses Landes sind in ihrer
großen Mehrheit eigentlich Rumänen. Durch den Lauf
der Geschichte wurden sie aber – ohne ihr eigenes
Zutun – unterschiedlich zugeordnet. So hat jeder gelernt,
die Muttersprache unterschiedlich zu schreiben: einmal
in kyrillischen und einmal in lateinischen Lettern. Wir
wissen, dass Sprache und Kultur wesentliche Bestand-
teile der Identität eines Volkes sind.

Die Sowjetunion hat mit einer einseitigen Siedlungs-
und Grenzpolitik das Ziel verfolgt, die Identität dieser
Nation auszulöschen. Die heutigen Probleme in Trans-
nistrien haben mit dieser Vergangenheit zu tun.

Es war deutlich, dass die neuen Regierungen nach
1991 vor ungeheuren Problemen standen. Sie haben es
zwar verstanden, Rechtsstrukturen zu schaffen, Demo-
kratie zu schaffen – jedenfalls dem Gesetz nach; das
müssen wir zugeben –, aber sie haben es nicht geschafft,
der Bevölkerung eine Perspektive zu geben. Deswegen
konnte gelingen, was man sich normalerweise kaum vor-
stellen kann, nämlich dass eine kommunistische Partei,
und zwar eine nicht reformierte, mit einer überwältigen-
den Mehrheit gewählt wurde. Es ist also wichtig, die Ur-
sachen und die daraus resultierenden Schwierigkeiten
dieses Landes und dieses Volkes im Blick zu haben.

Nun haben wir den Salat – so hätte ich beinahe ge-
sagt. Nun hat dieses Volk die Probleme, die mit einer
solchen Regierung natürlich verbunden sind. Alles das,
was man nach einem Vorurteil – das gebe ich zu – ge-
genüber einer kommunistischen Regierung vermuten
kann, wird getreu eingelöst, nämlich das Kaputtmachen
der parlamentarischen Demokratie, der Unabhängigkeit
der Justiz und der Unabhängigkeit der Medien. In klei-
nen, aber sehr gezielten und sehr bewusst durchgeführ-
ten Schritten wird die Demokratie zurückgebildet. Das
Rad der Geschichte dreht sich in Moldau zurzeit zurück.
Das ist natürlich eine ungeheure Herausforderung für
dieses Land selbst, aber, wie ich glaube, eben nicht nur
für dieses Land.

Während der Freedom House Report vor kurzem
noch sagte, dass die Presse und die Medien zum Teil frei
seien, stuft er die Medien heute als unfrei ein. Das Parla-
ment und die Opposition werden in ihren Rechten so be-
schnitten, dass vor kurzem Folgendes passierte: Die
Regierung erklärt, dass sie proeuropäisch ist und sich
Europa zuwendet. Sie führt eine Debatte. Diese wird
nach zehn Minuten abgebrochen. Die Opposition kommt
dazu nicht zu Wort. – Die Erklärung widerspricht also
den realen Abläufen in diesem Land.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dazu kommt die Frage der Wirtschaft. Von Wirt-

schaftsreformen kann überhaupt keine Rede sein. Im
Augenblick versucht man, die privatisierte Landwirt-
schaft neu zu kollektivieren. Das alles sind Anzeichen,
die sehr deutlich machen: Die Politik in diesem Land
geht rückwärts.

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(C (D Zum Außenpolitischen hat Präsident Voronin zwar rklärt – so wurde es von meiner Vorrednerin schon geagt –, man habe einen proeuropäischen Kurs – das wird mmer deklaratorisch behauptet –, aber die Politik im ande tritt eine solche Orientierung mit Füßen. Die Inenpolitik beweist nämlich das Gegenteil. Die Frage ist nur: Wollen wir das Land einfach an die er Regierung messen? Ich glaube, das wäre falsch. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ir haben es mit Menschen zu tun, die eine europäische
ergangenheit haben und die sich zu Europa hingezogen
ühlen. Wir haben bei den Feierlichkeiten der EU-Bot-
chaften in diesem Land in den letzten Tagen erlebt, dass
ntellektuelle aus Moldau mit Wehmut sehen, was woan-
ers möglich ist und was für sie selbst in ihrem Land bis-
er nicht möglich ist. Wir sollten dieses Volk dieser Re-
ierung nicht zur Geisel geben, glaube ich,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


ondern wir sollten alles tun, damit das, was eine europä-
sche Perspektive für dieses Land genannt wird, wirklich
it Inhalt ausgefüllt wird.
Der Transnistrienkonflikt ist wahrhaftig ein äußerst

chwieriges Problem. Die OSZE hat sich darum geküm-
ert. Wir wissen: Es lässt sich ohne die Kooperation mit
ussland nicht lösen. Gleichzeitig müssen wir im
esten sehr deutlich sagen – vor allem gegenüber Russ-

and –, dass wir Kooperation und konstruktive Politik er-
arten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ir erwarten, dass die Truppen abgezogen werden, wie
s 1999 in Istanbul zugesagt worden ist. Wir erwarten,
ass man sich mit den Herrschern in Transnistrien über
en Fahrplan für den Abzug der dort vorgehaltenen
unition einigt. Es kann nicht hingenommen werden,
ass es extrem lange dauert, weil man nur alle paar Wo-
hen oder nur jeden Monat einen Zug abfahren lässt.
ies muss in nächster Zeit schnell geschehen.
Heute sind ja verschiedene Organisationen an der Lö-

ung dieses Konflikts beteiligt. Die OSZE hat gerade in
ezug auf den Transnistrien-Konflikt wichtige Initiati-
en unternommen, aber sie sind im Sande verlaufen,
eil Mitglieder der OSZE, insbesondere Russland, und
atürlich auch die Akteure vor Ort, nicht wirklich mitar-
eiten. Dann gab es den Vorschlag einer gemeinsamen
erfassungskommission. Aber auch in diesem Punkt
ommt man nicht voran. Dann macht Russland an der
SZE vorbei einen Vorschlag und legt einen Entwurf
or, der im Grunde das Land auf Dauer an Russland bin-
et. Auch das kann natürlich nicht akzeptiert werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)


an merkt, dass der Präsident und die Regierung in all
iesen Fragen einen Schlingerkurs fahren, der, wie ich
enke, ebenfalls nicht akzeptiert werden kann.






(A) )



(B) )


Markus Meckel

Wir sollten uns darauf besinnen – das hat meine Vor-

rednerin schon sehr deutlich gesagt –, dass wir es mit ei-
nem europäischen Nachbarland der Europäischen Union
zu tun haben. Wir sollten den Menschen dort, die sich als
Europäer fühlen und die eine europäische Geschichte ha-
ben, nicht die europäische Perspektive verweigern. Es
ist klar, dass dafür Voraussetzungen geschaffen werden
müssen. Natürlich muss sich auch im Lande selber etwas
bewegen, und zwar nicht nur aufseiten der Regierung.
Von ihr erwartet man es eigentlich, aber sie hat leider die
in sie gesetzten Erwartungen in der Vergangenheit nicht
erfüllt. Für ein weiteres Problem halte ich, dass die Op-
position gespalten ist. Wir müssen die Opposition aufru-
fen, sich zu einen, eine gemeinsame Linie zu finden und
damit zu einem Machtfaktor zu werden. Wir brauchen
nämlich demokratische Kräfte in diesem Land, um un-
sere Perspektiven dort vermitteln zu können.

Ein nächster Punkt ist die Frage, welche Instrumente
die Europäische Union selbst hat. Es gab ja bei Bildung
des Stabilitätspaktes Diskussionen, ob Moldova sich da-
ran beteiligen kann. Bodo Hombach hat damals die Ini-
tiative ergriffen und diesen Vorschlag auch in die Reali-
tät umgesetzt. Das kann natürlich nicht alles sein.
Vielmehr stellt sich die Frage, was daraus folgt. Die Eu-
ropäische Union erarbeitet zurzeit ein neues Aktionspro-
gramm, das Nachbarschaftsprogramm; auch das ist
schon angesprochen worden. Das halte ich für sehr
wichtig. Aber auch wir müssen uns fragen, wie intensiv
wir uns um dieses Land bemühen, denn es geht hier
wirklich um europäische Interessen. Wenn wir uns nicht
um dieses Land kümmern, dann sind wir in meinen Au-
gen selber dafür verantwortlich, wenn ein schwarzes
Loch organisierter Kriminalität, geprägt durch Waffen-
schmuggel und Menschenhandel, in unserer unmittelba-
ren Nachbarschaft entsteht. Das sollten wir nicht zulas-
sen, denn das können wir uns nicht leisten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)


Zwischen der Europäischen Kommission und dem
Europäischen Parlament gibt es unter anderem Streit
darüber, ob man nicht vielleicht doch – ich persönlich
unterstütze das – Moldova nach der Aufnahme in den
Stabilitätspakt auch die Perspektive der Assoziierung er-
öffnen sollte. Ich kann nur ausdrücklich unterstützen,
was meine Vorrednerin sagte: Die Europäische Union
sollte dort so schnell wie möglich ein Delegationsbüro
bzw. eine Repräsentanz eröffnen, damit die Menschen
einen Ansprechpartner haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)



Markus Meckel (SPD):
Rede ID: ID1510827300

Herr Kollege!

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510827400

Ich möchte schließen – ich weiß, Herr Präsident, dass

ich zum Ende kommen muss –, indem ich darauf hin-
weise, dass auch wir Deutschen in der Verantwortung
stehen, unsere bilateralen Kontakte nicht nur zu pflegen,

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(C (D ondern auch auszubauen. Ich erwarte – das sage ich ehr deutlich, auch als Mitglied einer Koalitionsfrakion –, dass sich dies auch im künftigen Haushalt widerpiegelt. Ich danke Ihnen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)



Markus Meckel (SPD):
Rede ID: ID1510827500

Für die FDP-Fraktion erhält jetzt der Kollege Rainer

tinner das Wort.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510827600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe
olleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich Ihnen,
iebe Frau Kollegin Nolte, meinen Respekt dafür aus-
prechen, dass es Ihnen gelungen ist, dieses Thema in-
erhalb von wenigen Monaten zweimal hier im Plenum
ehandeln zu lassen. Respekt! Das gelingt nicht allen,
ie mit einem Thema so eng verbunden sind. Sie müssen
n Ihrer Fraktion ungeahnte Machtstrukturen hinter sich
aben, dass Ihnen das gelungen ist.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Die hat sie! Es ist eine tüchtige Kollegin!)


erzlichen Glückwunsch dazu.
Wir sind uns alle einig: Die Republik Moldau ist ein

eil von Europa. Wenn wir uns darüber einig sind, dann
üssen wir aber auch entsprechend handeln und die Re-
ublik Moldau als solche behandeln. Aus heutiger Sicht
uss man sagen, dass die Republik Moldau zwischen al-
en Stühlen sitzt. Wir müssen uns ändern – das ist gesagt
orden –, aber insbesondere muss sich die Regierung
er Republik Moldau dringend ändern.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Markus Meckel [SPD])


Wir erwarten – das eint uns alle heute hier – ein ganz
eutliches Bekenntnis der Regierung der Republik Mol-
au zu den Werten Europas. Wir glauben und hoffen,
ass die Bevölkerung weiter ist als die Regierung und
ass sie das auch reflektiert. Wir erwarten von der Repu-
lik Moldau, dass sie europäische Werte akzeptiert, dass
ie das aber auch im täglichen politischen Handeln dau-
rhaft demonstriert.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Markus Meckel [SPD])


a klafft bisher eine Lücke; das müssen wir sehr deut-
ich machen. Nur so wird die angestrebte Annährung
ieses Landes an Europa, die auch wir wollen, möglich
erden und nur so kann am Ende des Weges – irgend-
ann einmal – die Perspektive eines gemeinsamen euro-
äischen Verbundes im Rahmen der EU diskutiert wer-
en.
Wir haben einige Prüfsteine vor uns. Im Jahr 2005, im

ächsten Jahr, gibt es Wahlen in Moldawien. Wir hoffen
wir können nur an die Regierung appellieren –, dass






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Stinner

dies ein Demonstrationsobjekt für die entwickelte De-
mokratie werden wird: dass es wirklich freie Wahlen ge-
ben wird, dass die Opposition nicht behindert wird, dass
Redefreiheit herrscht etc.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Wir sind sehr besorgt darüber, dass in diesen Tagen
offensichtlich die Freiheit der Presse und der Journa-
listen eingeschränkt wird. Wir erleben in diesen Tagen,
dass Journalisten und Verlage demonstrieren, weil ihre
Freiheit nachhaltig eingeschränkt wird. Dagegen müssen
wir unsere Stimme sehr, sehr deutlich gemeinsam erhe-
ben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Markus Meckel [SPD])


Wir haben das Problem – die Kolleginnen und Kolle-
gen haben es angesprochen – des Transnistrien-Kon-
fliktes; wir haben Probleme mit den russischen Solda-
ten. Ich bin völlig Ihrer Meinung, Herr Meckel – wir
sind hier insgesamt einig; das finde ich sehr begrüßens-
wert –, dass endlich vollzogen werden muss, was ver-
sprochen worden ist. Wir appellieren gemeinsam mit
Ihnen an unsere Regierung, die gegenwärtig noch von
Ihnen gestellt wird, und an die Europäische Union, das
nachhaltig umzusetzen.

Unser gemeinsamer Antrag, den wir verabschieden
wollen, macht deutlich – wir haben schon bei der Lesung
im Januar festgestellt, Frau Nolte, dass wir inhaltlich
völlig d’accord sind, und ich bin froh, dass wir den An-
trag heute gemeinsam verabschieden –, dass wir bereit
sind, die Republik Moldau, wenn sie sich entwickeln
will, auf dem Weg zu Europa zu unterstützen. Wir geben
unsere Unterstützung zur Entwicklung von Demokratie,
Rechtsstaat und Freiheitsrechten und wir erwarten von
der Regierung, dass sie die ausgestreckte Hand nimmt.
Nur so kann der Weg nach Europa für die Republik Mol-
dau gestaltet werden.

Schönen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Markus Meckel [SPD])



Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1510827700

Zum Schluss dieses Tagesordnungspunktes erhält der

Kollege Siegfried Helias für die CDU/CSU-Fraktion das
Wort.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510827800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Meine Kollegin Claudia Nolte hat, ebenso wie
die anderen beiden Vorredner, die schwierige Situation
der Republik Moldau eindrucksvoll beschrieben. Ich
möchte insbesondere auf den Transnistrien-Konflikt
eingehen, einen Konflikt, der auch ein Problem der
Europäischen Union ist, vor allem im Hinblick auf den

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(C (D ür 2007 geplanten EU-Beitritt Rumäniens. Wir können s nicht zulassen – da hat der Herr Kollege Meckel völig Recht –, dass sich ein Teil eines Nachbarlandes der U zum rechtsfreien Raum entwickelt, in dem Terror nd Willkür herrschen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Markus Meckel [SPD])


ies ist weder im Interesse der dort lebenden Menschen
och im Interesse der internationalen Gemeinschaft.
Transnistrien ist nach allgemeiner Einschätzung eine
rehscheibe für den internationalen Menschen-, Dro-
en- und Waffenhandel. Waffen aus Transnistrien finden
ich zum Beispiel in den Krisengebieten von Tschetsche-
ien bis hin zum Kosovo und Afghanistan wieder und
errichten dort ihren tödlichen Dienst.
Zwar sollte die OSZE den bereits vertraglich verein-

arten Abzug von russischen Truppen und russischem
erät aus Transnistrien überwachen – dazu erhielt sie im
ärz 2004 Zugang zu den Waffendepots –, aber sie
urfte die eigentlichen Verladevorgänge nicht kontrollie-
en.
Für nicht minder große Beunruhigung sorgten Ge-

üchte, wonach radioaktiv verseuchter Stahl aus einer
abrik in Ribnita über dunkle Kanäle auf den Weltmarkt
elangte. Außerdem sollen bereits 1994 nuklear be-
tückte Sprengköpfe von 38 Wetterraketen verschwun-
en sein.
Effektive und unabhängige Kontrollen von Waffen

nd sonstigen einschlägigen Materialien transnistrischer
erkunft sind ebenso wie die definitive Klärung der Sta-
usfrage also dringend erforderlich.
Die Folgen der völkerrechtswidrigen Abspaltung

ind für die Zentralregierung in der Hauptstadt Chisinau
olitisch und wirtschaftlich verheerend. Denn in Trans-
istrien ist rund die Hälfte der gesamten moldawischen
ndustrie angesiedelt. Seit der Abspaltung verfügt das
oldauische Kernland nur noch über zwei Wasserkraft-
erke sowie über kleinere Erdgasvorkommen. Weiterhin
immt die abtrünnige Region fast die gesamte Ostgrenze
oldaus ein. Die Republik läuft also Gefahr, dauerhaft
on ihrem wichtigsten Handelspartner Russland abge-
chnitten zu werden.
Die Regierung in Chisinau versuchte deshalb, die
ontrolle über die so genannte Transnistrische Moldaui-
che Republik mit militärischen Mitteln zurückzugewin-
en. Die Folge war ein Bürgerkrieg mit mehreren Hun-
ert Toten und 130 000 Flüchtlingen. Die Kämpfe
urden letztendlich durch das Eingreifen der russischen
ruppen zugunsten der Separatisten entschieden.
Zwar endete der Bürgerkrieg 1992 mit einem Waf-

enstillstand, aber nur, weil sich die Republik Moldau
ezwungen sah, die so genannte Republik Transnistrien
u dulden. Dort hat sich inzwischen ein autokratisches
ystem nach kommunistischem Vorbild entwickelt, das
nscheinend nach Belieben schalten und walten kann.
oldawien muss die Separatisten notgedrungen gewäh-

en lassen, vor allem wegen der Präsenz russischer Ein-
eiten in der abtrünnigen Region.






(A) )



(B) )


Siegfried Helias

Halten wir fest: Russland hatte sich, wie es meine

Vorredner schon erwähnt haben, in Istanbul verpflichtet,
sämtliche Verbände bis Ende 2002 abzuziehen. Dieses
Versprechen wurde bis heute nicht eingelöst. Obschon
Russland die Zusicherung auf dem OSZE-Gipfel in
Porto wiederholt und einen Aufschub bis zum Dezember
2003 erhalten hatte, ist bis heute nichts geschehen.

Der Schlüssel zu einer politischen Lösung des Trans-
nistrien-Konflikts liegt zweifelsohne in Moskau. Es
muss daher die Aufgabe der internationalen Diplomatie
und damit auch der Bundesregierung sein, mit allen zur
Verfügung stehenden Mitteln auf die russische Regie-
rung einzuwirken, dass sie gemäß ihren Zusicherungen
von Istanbul und Porto sämtliche Truppen und das restli-
che Kriegsgerät unverzüglich aus Transnistrien abzieht


(Beifall im ganzen Hause)

und dass sie ihren ganzen politischen und wirtschaftli-
chen Einfluss auf die Machthaber in Transnistrien dazu
nutzt, um diese zur Akzeptanz eines Autonomiestatus
bei gleichzeitigem Verbleib im moldauischen Staatswe-
sen zu bewegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Über-
schrift des Antrages aller Fraktionen lautet „Den Weg
zur Einheit und Demokratisierung in der Republik Mol-
dau unterstützen“. Ich halte es für wichtig, dass die Frak-
tionen im Deutschen Bundestag ein gemeinsames Zei-
chen setzen, um die Menschen in diesem Land auf
diesem Weg zu begleiten, und mithelfen, ihnen eine Per-
spektive zu geben.


(Beifall im ganzen Hause)



Siegfried Helias (CDU):
Rede ID: ID1510827900

Die Kollegin Marianne Tritz, Bündnis 90/Die

Grünen, hat ihre Rede zu Protokoll gegeben.1) Damit
schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des Bündnisses 90/
Die Grünen und der FDP auf Drucksache 15/3052 mit
dem Titel „Den Weg zur Einheit und Demokratisierung
in der Republik Moldau unterstützen“. Wer stimmt für
diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Elften
Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschafts-
gesetzes (AWG) und der Außenwirtschaftsver-
ordnung (AWV)

– Drucksache 15/2537 –

(Erste Beratung 94. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss)

– Drucksache 15/3076 –

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1) Anlage 5
2)
3)

(C (D Berichterstattung: Abgeordneter Dirk Niebel Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für iese Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Die erden wir nicht benötigen, da die Kollegen Christian üller lexander Bonde, Gudrun Kopp, Petra Pau und der Paramentarische Staatssekretär Ditmar Staffelt ihre Reden u Protokoll geben.2)

erspruch.
Dann können wir gleich zur Abstimmung über den

on der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines
esetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes
nd der Außenwirtschaftsverordnung kommen. Dazu
mpfiehlt der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit in
einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/3076,
iesen Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen,
ie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
andzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
ich? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit
ehrheit angenommen.
Wir kommen zur

dritten Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich von ihren Plätzen
u erheben. – Gleiches gilt für diejenigen, die dem Ge-
etzentwurf nicht zustimmen wollen. – Gibt es noch je-
anden, der sich der Stimme enthalten möchte? – Dann
st der Gesetzentwurf mit der Mehrheit der Koalition ge-
en die Stimmen der Opposition angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Martina Krogmann, Ursula Heinen, Julia
Klöckner, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Spam effektiv bekämpfen
– Drucksache 15/2655 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

Auch hierzu war eine Debattenzeit von einer halben
tunde vorgesehen. Die Kolleginnen und Kollegen
lrich Kelber, Dr. Martina Krogmann, Ursula Heinen,
lrike Höfken und Gudrun Kopp geben ihre Reden zu
rotokoll.3) Damit schließen wir die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/2655 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu gibt es offen-
undig Einverständnis. Dann ist das so beschlossen.

Anlage 6
Anlage 7






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Ausführung der im Dezember 2002 vorge-
nommenen Änderungen des Internationalen
Übereinkommens von 1974 zum Schutz des
menschlichen Lebens auf See und des Interna-
tionalen Codes für die Gefahrenabwehr auf
Schiffen und in Hafenanlagen
– Drucksachen 15/2700, 15/2952 –

(Erste Beratung 100. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

(14. Ausschuss)

– Drucksache 15/3082 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Wolfgang Börnsen (Bönstrup)


Dazu liegt ein Entschließungsantrag der FDP vor.
Eine Debattenzeit von einer halben Stunde ist zwi-

schen den Fraktionen vereinbart. – Dazu erhebt sich kein
Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort für
die Bundesregierung zunächst der Parlamentarischen
Staatssekretärin Angelika Mertens.

A
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510828000


Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-
nen und Kollegen! Nahezu unbegrenzte Mobilität und
Kommunikation sind eindeutig ein Plus unserer heutigen
Welt. Aber sie bedeuten auch, dass Terroristen von prak-
tisch überall in der Welt agieren können. Das macht
einen wirksamen Schutz vor Anschlägen so schwierig.
Das gilt auch für den Seeverkehr, wenngleich er bisher
kein bevorzugtes Ziel von terroristischen Angriffen war.

Damit das so bleibt, soll mit diesem Gesetz versucht
werden, potenzielle Schwachstellen zu beseitigen. Unter
dem Eindruck der Anschläge vom 11. September 2001
befassten sich Arbeitsgruppen der Internationalen
Schifffahrtsorganisation, IMO, mit der Erarbeitung eines
komplexen Systems der Gefahrenabwehr auf Schiffen
und in den Häfen. Am 13. Dezember 2002 wurden die
Ergebnisse von mehr als 100 Staaten durch Unterzeich-
nung beschlossen. Die im Sinne der präventiven Gefah-
renabwehr beschlossenen Ergänzungen des SOLAS-
Übereinkommens umfassen unter anderem den so ge-
nannten ISPS-Code und gelten völkerrechtlich verbind-
lich ab 1. Juli dieses Jahres für Handelsschiffe ab
500 BRZ und Fahrgastschiffe im internationalen Ver-
kehr.

Bis dahin ist die Umsetzung in nationales Recht auf
Bundes- und Landesebene erforderlich. Das vorliegende
Ausführungsgesetz dient der Anpassung des innerstaatli-
chen Rechts, nachdem das so genannte Vertragsgesetz
zur völkerrechtlich verbindlichen Übernahme mit Zu-
stimmung des Bundesrates bereits im Dezember letzten

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(C (D ahres beschlossen wurde. Auf der Ebene des Bundes eht es dabei um die Bestimmung der Zuständigkeiten ür die Wahrnehmung der Aufgaben im Bereich der Seechiffe und – das ist der zweite Punkt der Verordnungsrmächtigung – um die Erweiterung für die Detailregengen sowie um die Schaffung der technischen und perativen Voraussetzungen für die Umsetzung der aßnahmen zur Gefahrenabwehr. Der Bundesrat hält das Gesetz für zustimmungs flichtig. Diese Auffassung teilen wir nicht. Wir greifen icht in die Kompetenz der Länder ein. Hafenanlagen ind zwar Länderangelegenheiten, aber die Länder müsen jetzt das internationale Abkommen umsetzen. Die erpflichtung zum Erlass der Ländergesetze ergibt sich lso nicht aus diesem Gesetz mit dem langen Titel, sonern aus der durch Vertragsgesetz zugestimmten völkerechtlichen Verpflichtung. Noch ein Wort zu den Kosten. Damit werden wir uns uch noch aufgrund des FDP-Antrages beschäftigen. Es eht um die Eigensicherung der Schiffe und der Hafennlagen gegen das Eindringen Unbefugter. Weiter greift as Gesetz nicht. Akute Bedrohungen fallen eindeutig in en Zuständigkeitsbereich der Polizei – besser gesagt: er Polizeien der Länder. Damit sind und bleiben die osten für deren Einsätze hoheitlich in der öffentlichen and. Da alle an der internationalen Schifffahrt Beteilign den Nachweis ihrer Eigensicherungsmaßnahmen erringen müssen, bedeutet die Kostenübernahme keine ettbewerbsverzerrung per se. Gute Eigensicherungsaßnahmen können im Gegenteil auch ein Gütesiegel ein. Die Reeder, jedenfalls unsere deutschen Reeder, aben das sofort erkannt. Wir werden aber sehr genau darauf achten, dass es icht zu Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU ommt. Vertreter des BMVBW und ein Vertreter der üstenländer werden deshalb an einem in Brüssel tagenen Maritime Security Committee teilnehmen, wo der armonisierungsaufwand und mögliche Korrekturvorchläge abgearbeitet werden sollen. Sie können sicher ein, dass wir darauf achten werden, dass es gerecht zueht. Zum Schluss möchte ich mich bei allen ganz herzlich afür bedanken, dass wir das Gesetz so schnell durchgeracht haben, sodass wir vor In-Kraft-Treten des Gesetes alles in die Wege leiten können. Das gilt für alle raktionen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)



Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1510828100

Nun erhält das Wort der Kollege Wolfgang Börnsen,
DU/CSU-Fraktion.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510828200

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

erehrte Bürgerinnen und Bürger, die Sie noch zu dieser
eit in den Deutschen Bundestag gekommen sind! Es ist






(A) )



(B) )


Wolfgang Börnsen (Bönstrup)


gerade 13 Tage her und es hätte so idyllisch sein können:
Vor der irakischen Küste dümpelt ein Holzfrachter in der
Abendsonne, wenige Meilen vor einem Hafen. Doch die
Idylle findet schnell ein Ende. Das mit Sprengstoff bela-
dene Boot explodiert kurz vor dem Ölverladetermi-
nal von Umm Qasr. Dieser Hafen, das wissen alle, ist
der Eingangshafen für die gesamte Versorgung des Lan-
des, für 40 Millionen Menschen, für die alliierten Streit-
kräfte, die dort eintreffen. Beinahe wären die Versor-
gungslinien durch diesen Anschlag stillgelegt worden.
Nur knapp ist das Land einem folgenreichen, menschlich
und wirtschaftlich großen Unglück entgangen.

Dieser Anschlag führt uns eine völlig neue Dimen-
sion des Terrorismus vor Augen: Schiffe und Häfen als
Werkzeuge des Terrors. Anschläge wie dieser im Irak
können ebenso deutsche Häfen oder Schiffe treffen:
Gastanker vor Wilhelmshaven, Kreuzfahrtschiffe in
Kiel. Ein Anschlag im Hamburger Hafen zum Beispiel
würde die deutsche Wirtschaft für mehr als sechs Wo-
chen völlig lahm legen. Häfen und ihre Hinterlandver-
kehre sind Lebensadern der Transportkette unseres Wirt-
schaftssystems.

Der lange Schatten des World-Trade-Center-Un-
glücks hat auch unsere Seeverkehrswirtschaft erreicht.
Verletzbar auf eigenem Territorium zu sein war bis zum
Jahr 2001 für die Amerikaner völlig undenkbar. Dieser
Anschlag war für die Menschen des Landes ein ganz tie-
fer Schock. Nur so ist zu erklären, dass sie einen Sicher-
heitsperfektionismus betreiben, der auch für uns weit-
reichende Folgen hat. Sie wollen Land und Menschen
weltweit geschützt wissen. Doch sie sollten erkennen,
dass Terrorakte trotz unserer heutigen empfindlichen
Systeme möglich bleiben.

Einig sind wir uns im Ziel, im Vorfeld alles Erdenkli-
che für mehr Sicherheit zu tun. Auch im Bereich der
Seeschifffahrt hat auf Betreiben der USA ein Umdenken
stattgefunden. Im Jahr 2002 hat die Internationale See-
schifffahrtsorganisation, die IMO, Antiterrormaßnah-
men für Schiffe und Häfen mit einem Internationalen
Code für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und Hafenan-
lagen beschlossen. Ab Juli 2004 müssen danach alle
Handelshäfen und großen Schiffe ein neues Sicherheits-
system praktizieren.

In gut sechs Wochen werden die Amerikaner nur noch
Boote in ihren Häfen löschen lassen, die den kostenauf-
wändigen Normen von heute entsprechen. Das gilt auch
für die Personenschifffahrt. Hinzu kommen in Zukunft
– auch das muss man wissen – mehr Kontrollen für die
Passagiere, mehr Kontrollen für die Besatzung, längere
Wartezeiten, mehr Aufwand, mehr Bürokratie und vor
allen Dingen auch mehr Überwachung. Der internatio-
nale Terrorismus nimmt negativen Einfluss auf unsere
offene, freiheitliche Gesellschaft und verändert sie Tag
für Tag. Auch der Seeverkehr muss sich diesem Druck
beugen.

Im Jahr 2003 hat dieses Haus mit allen Fraktionen
dem Vertragsgesetz zu den Änderungen des SOLAS-Ab-
kommens zugestimmt. Die Union steht voll und ganz
hinter den von der IMO beschlossenen Antiterrormaß-
nahmen. Fraktionsübergreifend wurde aber an die Regie-

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(C (D ung appelliert, bei den Kosten für die Betroffenen zwichen Safety und Security zu unterscheiden. och dieser Beschluss wird mit dem heute vorliegenden rtikelgesetz nicht umgesetzt. Über 100 Millionen Euro üssen in diesem Jahr einmalig in neue Sicherheitsaßnahmen in Häfen und auf Schiffen in Deutschland nvestiert werden. Dazu haben Reeder und Hafenbetreier in Zukunft jährlich weitere 50 bis 60 Millionen Euro u zahlen. Wir als Union erkennen an, dass sich beide ranchen damit beispielhaft an der Sicherung unseres andes vor Terrorangriffen beteiligen. Doch dieses Ausführungsgesetz ermöglicht es dem taat – Frau Staatssekretärin, hierbei sind wir anderer uffassung –, seine hoheitlichen Aufgaben auf die Seeerkehrswirtschaft abzuwälzen. um Beispiel hätten Häfen und Schiffsbetreiber im Fall iner Bombendrohung und dem damit verbundenen roßeinsatz von Polizeikräften die Kosten voll zu traen. Das ist nicht vertretbar. Das würde die Hafengebühen noch mehr in die Höhe treiben. Die Wettbewerbserzerrungen gegenüber Holland und Polen würden ich noch mehr verschärfen. Bremen, Hamburg und Lüeck befürchten schon heute, dass die Reeder dann ihre nlandungen in europäische Nachbarstaaten verlagern. azu darf es nicht kommen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht keine aire Kostenverteilung vor. Über 10 Millionen Euro üssen danach jährlich von der deutschen Seeverkehrsirtschaft für zusätzliche Aufgaben aufgebracht werden, ie allein in staatlicher Verantwortung liegen. Arbeitslätze werden damit bei uns nicht geschaffen, sondern ernichtet und im Ausland aufgebaut. Das ist nicht verntwortbar. Die Regierung wird mit dieser Maßnahme um Preistreiber an der Küste. Wir als Union treten für eine optimierte Sicherheit für eer und Menschen ein. Deshalb haben wir für die euen Regelungen gestimmt. Doch dieses Artikelgesetz, as der Wirtschaft alle Lasten aufbürdet, lehnen wir ab. Die Holländer beispielsweise sind in diesem Fall ge chickter vorgegangen als Manfred Stolpe: Die Kosten ür die Risikobewertung und die Erstellung der Pläne für ie Gefahrenabwehr übernimmt der Staat. Damit gibt es eringere Kosten und geringere Hafengebühren und man acht den Seeverkehrsstandort Niederlande attraktiv. ine von vielen Konsequenzen: Rotterdam gewinnt, remen und Hamburg verlieren. Diese Einschätzung tein, nebenbei bemerkt, viele Kollegen im Verkehrsauschuss querbeet durch alle Fraktionen. Doch die Regieung bewegt sich nicht. Sie will ein Exempel statuieren nd die Wirtschaft offensichtlich zum Mitträger ihrer inanznot machen. Was heute die Seeverkehrswirtschaft rifft, wird morgen andere Branchen treffen. Wir halten iesen Weg für verhängnisvoll. Er schadet dem Wirtchaftsstandort Deutschland. Wolfgang Börnsen Was wir benötigen, ist eine Wende in der Seeverkehrspolitik: keine neuen Kosten für Schiffe und keine Erhöhung der Hafengebühren, sondern eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Seeverkehrs. Man muss noch eine andere Besorgnis ernst nehmen: Für die USA ist der 1. Juli 2004 als Beginn der neuen Sicherheitsära bindend. Schiffe, die dann noch nicht zertifiziert sind, erhalten Einlaufverbot. Boote aus Häfen, die nicht dem ISPS-Code entsprechen, erhalten keine Einlaufgenehmigung. Die Amerikaner sind in Sachen Sicherheit knochenhart. Besatzungsmitglieder, die trotz eines internationalen Seefahrtbuches kein Visum haben, dürfen nur dann an Land, wenn sie ständig von zwei Wachleuten begleitet werden. Wie sieht die Lage in Deutschland fast sechs Wochen vor diesem Stichtag aus? Von den Sicherheitsplänen für die über 450 unter nationaler Flagge registrierten Schiffe waren in der letzten Woche 163 genehmigt und 287 nicht genehmigt, und das obwohl der Germanische Lloyd und das BSH mit Hochdruck arbeiten. Noch sind die Zertifizierungen sowieso nur vorläufig, weil die Rechtsgrundlage dafür fehlt. Das ist unvertretbar. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


(Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)


Die großen Häfen, zum Beispiel Bremerhaven, in de-
nen der Handelsanteil der USA bei über 30 Prozent liegt,
sind gut gerüstet, viele kleine Häfen in Deutschland je-
doch nicht. Eine am heutigen Tage durchgeführte Blitz-
umfrage hat ergeben, dass Sicherheitspläne an den nord-
deutschen Häfen nur teilweise, die Genehmigungen für
Sicherheitsanlagen, Zäune, Überwachungskameras
und viele anderen Maßnahmen aber noch gar nicht vor-
liegen. Viele rechnen damit, dass es erst im Spätherbst so
weit sein wird. Das ist nicht vertretbar. Dadurch verliert
der Standort Deutschland an Attraktivität. Außerdem
schaffen wir dadurch eine Sicherheitslücke, die nicht
vertretbar ist: weder für die Menschen noch für die Be-
satzung und die Küste selbst.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1510828300

Herr Kollege, falls Sie die Absicht haben sollten, die

verbleibende Zeit bis zur Eröffnung der morgigen Sit-
zung zu füllen, muss ich Sie darauf aufmerksam machen,
dass das eine längere Redezeit als die von der Fraktion
gemeldete voraussetzen würde.


(Heiterkeit)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510828400

Herr Präsident, ich bedanke mich für Ihren sanften

Hinweis und schließe meine Rede mit folgender Bemer-
kung: Die USA haben bereits vor zwei Jahren parallel zu
den Verhandlungen ein Sicherheitskonzept erstellt. Wir
sind zu spät gekommen und verfügen über keine vertret-
bare Aufgaben- und Kostenverteilung. Wir sollten daher

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(C (D in Konzept entwickeln, das mehr Sicherheit gewähreistet und zu einer besseren Kostenverteilung führt. Herzlichen Dank. Das Wort erhält nun der Kollege Rainder Steenblock, ündnis 90/Die Grünen. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1510828500
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

ind uns sicherlich einig, dass es die Situation nach dem
1. September 2001, bei der es auch im Seeverkehr zu
efährdungslagen kam, zwingend notwendig macht, ge-
ade diesen hoch sensiblen Bereich besser zu schützen
ls in der Vergangenheit. Bei der Gefahrenabwehr im
eeverkehr sind verstärkte Maßnahmen notwendig, um
eben zu schützen. Aber in Anbetracht der Bedeutung,
ie der Seeverkehr für den internationalen Güterverkehr
at, besteht hier auch aus ökonomischen Gründen zwin-
ender Handlungsbedarf.
Der Seeverkehr ist – in Tonnen pro Kilometer gerech-

et – mit über 90 Prozent der mit Abstand wichtigste
erkehrsträger in den internationalen Verkehren. Alleine
n den europäischen Häfen werden jedes Jahr
Milliarden Tonnen verschiedenster Güter umgeschla-
en. Ich glaube, das macht deutlich, welches Gefähr-
ungspotenzial darin steckt und welch enormer Auf-
and betrieben werden muss, um hier die notwendigen
icherheitsstandards zu realisieren.
Zur Verbesserung der Gefahrenabwehr auf Schiffen

nd in Hafenanlagen hat sich die IMO bereit erklärt und
eschlossen, neue Sicherheitsstrukturen zu schaffen,
inmal im Bereich SOLAS – Kollege Börnsen hat darauf
ingewiesen – und dann mit dem ISPS-Code, der als
eue Sicherheitsstruktur eingeführt wird. Beide Instru-
ente müssen in Gemeinschaftsrecht umgesetzt werden;
ie Europäische Kommission hat im Mai 2003 den Ver-
rdnungsentwurf dafür vorgelegt.
Wir sind dafür, dass auf Grundlage dieser Vorlage

ine einheitliche Auslegung und Anwendung der Instru-
ente sowie der Kontrollen durch die Gemeinschaft er-
olgt; das ist notwendig. Die Staatssekretärin hat ja auch
eutlich gemacht, dass wir Wettbewerbsverzerrungen
wischen europäischen Häfen vermeiden wollen. Das
ann man zum einen dadurch erreichen, dass man ver-
ucht, die Subventionen anzugleichen. Dabei besteht al-
erdings immer die Gefahr – lieber Kollege Börnsen,
uch das muss man sagen –, dass man in einen Subven-
ionswettlauf gerät, den wir grundsätzlich nicht wollen.
ielmehr wollen wir auch in diesem Bereich eine ver-
ünftige Kostenbelastung. Das Gros der Gelder, die zu-
ätzlich für Sicherheit ausgegeben werden müssen – da
ind wir uns hoffentlich einig –, fällt nicht im hoheitli-
hen Bereich an, sondern muss von den Betrieben
wangsläufig für ihre Sicherheit zur Verfügung gestellt
nd ausgegeben werden; das ist völlig klar. Zum anderen
in ich sehr dafür, dass wir den Wettbewerb zwischen






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock

den europäischen Häfen gerecht gestalten; das werden
wir beobachten müssen.

Die Bundesregierung hat sich dafür ausgesprochen
– ich kann das gut nachvollziehen –, die Subventionie-
rung in diesem Bereich nicht weiter zu erhöhen; wir ha-
ben im Bereich des Luftverkehrs im Grunde das gleiche
Problem. Ich bin dafür, dass die Verkehrsträger gleich
behandelt werden und nicht unterschiedlich. Mir ist be-
wusst, dass insbesondere in den ARA-Häfen – gerade
bei den Holländern – die Konkurrenz staatlich stärker
materiell subventioniert wird. Ich glaube, dass wir das
durch europäische Regeln bekämpfen müssen. Zum Teil
ist eine vernünftige Analyse von uns zu leisten, welche
wettbewerbsverzerrenden Maßnahmen an dieser Stelle
in der EU existieren. Ich bin sehr dafür, dass wir unseren
Häfen auf der Grundlage einer solchen Analyse dann
auch helfen.

In der Sache selber sind wir uns ja einig, dass die
Maßnahmen, die hier realisiert werden, sinnvoll und ver-
nünftig sind und dem Seeverkehr eine neue Qualität von
Sicherheit geben, die wir alle wollen. In der Kosten-
frage haben wir sicherlich Schwierigkeiten. Wir haben
das im Verkehrsausschuss ausführlich diskutiert und sind
uns unter den Verkehrspolitikern einig, dass wir unsere
Häfen hier nicht alleine lassen können. Deshalb werden
wir die Wettbewerbssituation weiter beobachten und
analysieren und notfalls auch zu Maßnahmen kommen
müssen. Mit dem Antrag, der jetzt vorliegt, ist uns da
nicht weitergeholfen. Der Gesetzentwurf ist dagegen
eine vernünftige Grundlage für weiteres Handeln.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510828600

Ich erteile das Wort dem Kollegen Michael

Goldmann, FDP-Fraktion.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510828700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

bin froh, dass wir über dieses Thema reden, weil ich
glaube, dass es wichtig ist, dass wir in dieser Frage – für
einen Sektor, der im Moment unheimlich boomt, in dem
viele Arbeitsplätze entstehen und der nach wie vor große
maritime Chancen für uns bietet – die Gemeinsamkeiten
betonen.

Frau Faße, ich bin froh, dass wir heute Mittag zusam-
men im maritimen „Forum Binnenschifffahrt“ waren.
Lassen Sie uns diese Gemeinsamkeiten weiterentwi-
ckeln. Ich bin froh, dass die Ausbildungsplatzabgabe-
Regelung mit den Vereinbarungen, die auf der maritimen
Konferenz getroffen worden sind, vereinbar werden. Ich
würde mich freuen, wenn Kollege Robbe, der ja wohl
Vorsitzender Ihrer Küsten-Gang ist, sich durchsetzt. Ich
bin gespannt, was Frau Bulmahn jetzt macht, um dieses
Thema abzuarbeiten; denn es wäre jammerschade, wenn
das, was auf der maritimen Konferenz erarbeitet und im-
mer von der Parlamentariergruppe „Binnenschifffahrt“

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(C (D ngestoßen worden ist, nämlich Hilfe für Ausbildung im ereich der maritimen Wirtschaft bei den Binnenschifern und bei der Seeschifffahrt, zum Erliegen kommen ürde. Deswegen bin ich hundertprozentig einverstanen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Werner Kuhn [Zingst] [CDU/CSU])


Nur – jetzt sage ich einmal: so’n Schiet –, wir waren
ns einig bei SOLAS, wir waren uns einig in dieser
rage und haben gesagt: Das ist eine hoheitliche Auf-
abe und für diese hoheitliche Aufgabe muss die öffent-
iche Hand die Kosten übernehmen. Nun legen Sie einen
esetzentwurf vor. Ich sage Ihnen schon jetzt: Wir ha-
en uns schwer damit getan, wie wir darüber abstimmen.
s ist einfach enttäuschend, wenn in diesen Gesetzent-
urf – zwar nicht in die Forderungen, aber in den Aus-
ührungsteil – eine Formulierung hineingemogelt wird.
nter dem Punkt „Finanzielle Auswirkungen“ wird der
rundsatz formuliert, dass die öffentlichen Kosten durch
eue Gebühren für die Hafenbetriebe abgemildert
erden sollen. Das heißt im Klartext: Die Kosten, die für
ine hoheitliche Aufgabe entstehen – Ihr Gesetz bezieht
ich einzig und allein auf hoheitliche Aufgaben –, wol-
en Sie sich über Gebühren zurückholen. Was wir im Ha-
en in Papenburg machen müssen, was die Emdener ma-
hen müssen, was die Nordenhamer, was die Bremer
nd die Bremerhavener machen müssen, hat mit diesem
esetz überhaupt nichts zu tun;


(Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


hr Gesetz bezieht sich auf die öffentliche Aufgabe, auf
ie hoheitliche Aufgabe.
Wir wollen einmal nicht so tun, Frau Mertens, als ob

s hier nur um ein paar Euro ginge. Hier geht es um Mil-
ionenbeträge, die unsere maritime Wirtschaft belasten.
ch bin bitter enttäuscht darüber, dass in dieser Frage, in
er wir uns so einig waren, eine Formulierung sozusagen
urch die Hintertür in das Gesetz aufgenommen worden
st, die unsere Gemeinsamkeit in besonderer Weise in
nspruch nimmt. Es mag Ihnen egal sein, wie die Oppo-
itionsparteien hier stimmen. Ich will hier die Gemein-
amkeit nicht zerstören; deswegen werden wir uns heute
er Stimme enthalten. Wir sagen: Lasst uns doch nicht
egen einer solchen Sache die Gemeinsamkeit zerstö-
en! Dennoch ist Ihre Vorgehensweise nicht in Ordnung;
ch muss sie wirklich aufs Schärfste verurteilen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist unklug, dass Sie diese Allianz aufgeben. Es
ird uns in der Situation mit den Amerikanern die Posi-
ion erschweren; denn die werden in dieser Frage nach
ie vor Druck machen. Es wird uns auch in der Situation
it den Mitbewerbern die Position erschweren. Ich war
etzt in den Niederlanden unterwegs, weil ich aus der
egion an der Ems komme, wo wir in sehr direkter Kon-
urrenz mit den Niederländern stehen. Die Niederländer
achen sich kaputt über das, was wir in dieses Gesetz





)


(B) )


Hans-Michael Goldmann

schreiben, und sagen: Ihr seid im Grunde genommen zu
dämlich, eure maritime Wirtschaft voranzubringen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Es ist bedauerlich und ärgerlich, dass wir uns in dieser

Frage nicht einig sind. Wir hätten es einfacher und über-
einstimmender haben können. Aber lassen Sie es uns
auch in Zukunft gemeinsam probieren – deshalb unsere
Enthaltung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)



Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1510828800

Noch gibt es zwei kleine Aussichten für die Herstel-

lung der notwendigen Einigkeit. Als Vorletzte erhält die
Kollegin Margrit Wetzel das Wort für die SPD-Fraktion.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510828900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

will gerne versuchen, mehr Einigkeit herzustellen. Zum
Gesetz ist hier schon genug gesagt worden. Ich kann es
mir also ersparen, dazu noch etwas zu sagen, und will
ein bisschen auf die Ausführungen der Kollegen
Börnsen und Goldmann eingehen.

Wir sind uns natürlich einig darin, dass Terroristen,
Waffen und gefährliche Stoffe nicht an Bord von Schif-
fen oder in Hafenanlagen gelangen sollen, und auch da-
rin, dass Schiffe nicht als Waffe benutzt oder Ziel von
terroristischen Anschlägen werden sollen. Aber, Herr
Börnsen, ich glaube, Sie haben bei der Beschreibung der
tatsächlichen Situation eine ganze Menge falsch be-
schrieben. Sofort nach Abschluss der internationalen
Vereinbarungen haben in Deutschland Bund, Länder und
die Verbände, die Wirtschaft und alle Institutionen, die
im maritimen Umfeld mit Sicherheit zu tun haben, wirk-
lich fieberhaft daran gearbeitet, Regelungen zu finden,
die praktikabel sind. Sie waren dabei unglaublich unbü-
rokratisch und flexibel und wirklich praxisorientiert.
Man kann zum Beispiel auf der Internetseite des BSH
alle möglichen Formulare, Empfehlungen und Richtli-
nien unkompliziert abrufen, sodass auch kleine Reeder
jede mögliche Hilfestellung bekommen, die sie nur er-
halten können. Das ist auch entsprechend genutzt wor-
den.

Natürlich kann man beklagen, dass noch nicht alle
Schiffe unter deutscher Flagge zertifiziert sind und dass
die Zertifizierung nur vorläufig erteilt werden kann,
weil wir erst heute die Rechtsgrundlage beschließen.
Diese musste aber erst einmal entwickelt werden und sie
musste Hand und Fuß haben. Das braucht ein bisschen
Zeit. Nichtsdestotrotz muss man feststellen, dass wir in
Deutschland einen weit überdurchschnittlichen Zertifi-
zierungsgrad im Vergleich zur weltweiten Flotte haben.
Das wiederum kann man nur mit Respekt vermerken.
Das Gleiche gilt auch in den Häfen: Die größten Contai-
nerterminals haben ihre Gefahrenabwehrpläne bereits
genehmigt bekommen. Die Hafensicherheitskommissio-
nen wurden sofort eingerichtet und haben hervorragend
gearbeitet. Dafür sollten wir Dank sagen.

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(C (D Ich möchte auch noch etwas zum Sicherheitsgewinn agen, der bereits angesprochen wurde. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sagen Sie mal etwas zu den Kosten!)


Ich sage gleich auch etwas zu den Kosten, Herr
oldmann. – Wir können natürlich keinen absoluten
icherheitsgewinn garantieren; das ist völlig klar. Diese
aßnahmen, die weltweit umgesetzt werden, geben uns
ber eine deutlich höhere Sicherheit. Man kann natürlich
icht sämtliche Fracht überprüfen und man kann auch
icht überprüfen, ob jeder Seemann, der ein nautisches
der technisches Patent besitzt, möglicherweise ein Ter-
orist ist. Es kann ja vorkommen, dass Terroristen nauti-
che Patente erwerben und danach auf die Schiffe gehen.
nsofern wird der Sicherheitsgewinn zwar hoch sein, es
ann sich aber nicht um einen absoluten Sicherheitsge-
inn handeln.
Wenn deutsche Schiffe und Häfen diese international

ereinbarten Standards nicht einhalten, dann werden sie
m internationalen Wettbewerb nicht mehr wettbe-
erbsfähig sein. Die Wirtschaft würde einen ganz gro-
en Schaden nehmen. Es ist bereits gesagt worden: Es
ürden keine Schiffe mehr abgefertigt bzw. unsere Hä-
en würden von den Schiffen nicht mehr angelaufen. Die
araus resultierenden Folgekosten wären wie bei jedem
nschlag unermesslich hoch.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wir sind doch für Sicherheit! Darum geht es doch gar nicht!)


Diese Konsequenz sehen natürlich auch die Reeder
nd die Hafenbetriebe. Sie haben ein eigenes wirtschaftli-
hes Interesse daran. Bei dem Gesetz geht es überwiegend
m Eigenmaßnahmen und die Kosten der Eigensiche-
ung. Wir erkennen natürlich an, dass die Seeverkehrs-
irtschaft die Kosten der Eigensicherung in erheblichem
aße selbst trägt; dies muss sie aber auch tun. Das Glei-
he gilt für die Folgekosten.
Wirklich nur teilweise im Moment noch ungeklärt
die Gebührenordnungen und die Erlasse müssen ja erst
och kommen – ist die Frage, was nun eigentlich hoheitli-
he Aufgaben sind und was nicht. Es ist völlig klar, dass
olizeieinsätze und die von Herrn Börnsen bemühte
ombenentschärfung auf dem Terminal hoheitliche Auf-
aben sind und dass die Kosten nicht auf den jeweiligen
etrieb, bei dem das geschieht, umgelegt werden kön-
en. Andererseits ist nicht jede staatliche Verpflichtung
ur Garantie international vereinbarter Sicherheitsstan-
ards gleichzeitig ein hoheitlicher Akt, dessen Kosten
om Staat zu tragen sind. Wir gehen davon aus, dass
iese Fragen sehr gründlich beraten werden und dass
ich dies in den Gebührenordnungen so wiederfinden
ird, wie es den Gesetzen entspricht.
Im Gesetzentwurf ist sogar festgehalten, dass sich die
undesregierung dafür einsetzt, dass die Kostenbelas-
ung der Wirtschaft nicht zu Wettbewerbsverzerrungen
egenüber dem Ausland führt. Die Staatssekretärin hat
ns das gerade bestätigt. Natürlich wollten wir im Ver-
ehrsausschuss diesen Entschließungsantrag einver-
ehmlich beschließen.

(A)







(A) )



(B) )


Dr. Margrit Wetzel


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Und die Kosten teilen!)

Das Problem war nur die Formulierung. Diesen komple-
xen Sachverhalt des Auseinanderhaltens von hoheitli-
chen Aufgaben und Aufgaben, die gebührenfähig sind,
kann man nicht in ein oder zwei Sätzen formulieren.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie sind gescheitert!)


Wir vertrauen darauf, dass uns die Regierung an dieser
Stelle genauso unterstützt


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Dieser Regierung vertrauen wir nicht!)


wie vorher, als sie mit den Ländern, der Wirtschaft, den
Verbänden und übrigens auch mit uns – wir sind ständig
zeitnah informiert worden – einvernehmlich zusammen-
gearbeitet hat.

Deshalb bitte ich Sie herzlich, hier jetzt keinen künst-
lichen Konflikt aufgrund einer Formulierung, die meines
Erachtens alles offen lässt – das wollen Sie ja –, hinein-
zuinterpretieren. Ich bitte Sie wirklich um Einverneh-
men in dieser Frage.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das kostet ein bisschen Geld! Das ist es!)



Dr. Margrit Wetzel (SPD):
Rede ID: ID1510829000

Zum Schluss dieser Debatte erhält der Kollege

Werner Kuhn für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510829100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Wetzel, leider müssen die Oppositionsparteien Ih-
ren Ausführungen gemeinschaftlich widersprechen.

Letztendlich müssen hier hoheitliche Aufgaben erle-
digt werden; auch Herr Goldmann hat die Sache noch
einmal ganz klar auf den Punkt gebracht. Eine dieser
hoheitlichen Aufgaben besteht darin, dass der ISPS-
Code für Schiffe und Hafenanlagen so umgesetzt werden
muss, dass eine Risikobewertung der Schiffe, deren
Bruttoraumzahl größer als 500 ist, und der jeweiligen
Hafenanlagen durchgeführt werden kann. Die Zustän-
digkeit dafür liegt immer bei der Vertragsregierung. Das
ist letztendlich unsere Bundesregierung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das zuständige Ministerium hat diese Aufgabe letztend-
lich im Auftrag des Parlaments zu erledigen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das steht ja auch darin!)


Wir sind doch fachlich überhaupt nicht auseinander,
wenn es darum geht, was im Gesetz stehen soll und was
wir zur Abwehr terroristischer Akte, die sich auf weiche
Ziele beziehen, zu tun haben. Die Gefahrenabwehr muss

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(C (D n einem Plan festgehalten werden. Dieser wird von den uständigen staatlichen Stellen erarbeitet. Die dafür zutändige deutsche Bundesbehörde ist das Bundesamt für eeschifffahrt und Hydrographie; sie nimmt diese Aufabe wahr. Dort werden Festlegungen getroffen. Damit st klar, dass hier Kosten entstehen. Diese Kosten könen nicht einfach durch eine Refinanzierung, wie Sie es orgeschlagen haben, in Form einer Gebühr auf die Reeer und Hafenbetreiber umgelegt werden; denn das geht ulasten des maritimen Standortes Deutschland. Das önnen wir nicht mittragen. Die Koalition legt immer wieder kostenträchtige läne auf den Tisch, beispielsweise mit der Ausbilungsplatzabgabe und einer möglichen Erhöhung der mlage über die Berufsgenossenschaft, wodurch Neenkosten entstehen und die Wettbewerbsfähigkeit des tandortes Deutschland ins Hintertreffen gerät. Angeichts der EU-Osterweiterung orientieren sich die östlihen Häfen in Mecklenburg und Vorpommern natürlich chon in diese Richtung, weil dort die Abfertigungsmögichkeiten besser sind und auch die Sicherheitsstandards ingehalten werden, die Hafengebühren aber geringer usfallen. Hier im Hause wird immer gemeinschaftlich an den atriotismus unserer Unternehmer appelliert. Ihrer Meiung nach kann es nicht sein, dass so viele deutsche chiffe ausgeflaggt werden und unter anderen Flaggen uf den Weltmeeren kreuzen und Transportleistungen erringen. Über diese Entwicklung brauchen wir uns aber icht zu wundern, wenn wir die Kosten im eigenen ande so hoch treiben, dass der große Staubsauger Roterdam alles an sich zieht, eil da die Kosten gering sind, die Betuwelinie ausgeaut wird und sich von dort aus gut agieren lässt. All das önnen wir nicht mittragen. Insgesamt stehen Kosten on insgesamt fast 100 Millionen Euro zur Debatte; das urde von mehreren Rednern schon erwähnt. (Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch keine 100 Millionen hoheitliche Kosten!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Letztendlich müssen wir bei einer Sicherheitsüber-
rüfung darauf achten, dass die beschlossenen Maßnah-
en tatsächlich der Gefahrenabwehr dienen. Dabei spie-
en die Ladung und natürlich auch die Passagiere eine
roße Rolle. Wenn beim kombinierten Verkehr Eisen-
ahnfähre und Passagierfähre zusammen agieren, dann
ind im Hafenbereich entsprechende Sicherheitsanlagen
ereitzustellen. Herr Börnsen hat es vorhin schon gesagt:
eutschland ist total ins Hintertreffen geraten. Die ande-
en Länder sind längst so weit, dass sie die sicherheits-
echnischen Bestimmungen erfüllen.
Herr Börnsen hat auch ausgeführt, dass er mit den Ha-

enbetreibern von Mukran bis Bremen und auch weiter
estlich telefoniert hat. Dabei hat er festgestellt, dass sie
ast auf dem falschen Fuß erwischt wurden. Schauen wir
ns einmal das Flaggenland Liberia an! Mit den






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(B) )


Werner Kuhn (Zingst)

technischen Standards, die dort entwickelt wurden, sind
sie uns schon wieder Nasenlängen voraus. Dort wurde
umgesetzt, was IMO und SOLAS fordern. Hier besteht
Handlungsbedarf.

trag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der
Entschließungsantrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Wir fordern die Bundesregierung auf: Machen Sie

keine Refinanzierung über eine neue Gebührenordnung!
Die deutschen Unternehmen sind genug belastet. Wir
brauchen Aufschwung und Freiheit für die Wirtschaft.
Für den Norden ist das die einzige Möglichkeit, um wie-
der Arbeitsplätze zu generieren.


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steuersenkungen fehlen noch!)


Stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu! Dann
haben wir eine gemeinsame Position. Die maritime Ver-
bundwirtschaft wird es Ihnen danken.

Nach diesem Petitum wünsche ich allen Kolleginnen
und Kollegen einen angenehmen Abend; denn ich
glaube, Herr Präsident, dies ist der letzte Debattenpunkt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Werner Kuhn (CDU):
Rede ID: ID1510829200

Herr Kollege Kuhn, die Schlussbemerkung hinsicht-

lich des verbleibenden Abends nehme ich als unauffäl-
lige Bewerbung für eine künftige Mitgliedschaft im Prä-
sidium des Deutschen Bundestages. Wir kommen bei
einem anderen Tagesordnungspunkt gelegentlich darauf
zurück.

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den von der

Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Aus-
führung der im Dezember 2002 vorgenommenen Ände-
rungen des Internationalen Übereinkommens von 1974
zum Schutz des menschlichen Lebens auf See und des
Internationalen Codes für die Gefahrenabwehr auf Schif-
fen und in Hafenanlagen. Es handelt sich um die Druck-
sachen 15/2700 und 15/2952. Der Ausschuss für Ver-
kehr, Bau- und Wohnungswesen empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/3082, den Ge-
setzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen.
– Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Ge-
setzentwurf ist damit in zweiter Beratung angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich von ihren Plätzen
zu erheben. – Wer stimmt gegen den Gesetzentwurf? –
Wer enthält sich der Stimme? – Der Gesetzentwurf ist
mit den Stimmen der Koalition bei Stimmenthaltung der
Opposition angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent-
schließungsantrag der Fraktion der FDP auf Druck-
sache 15/3083. Wer stimmt für diesen Entschließungsan-

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(D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierseuchengesetzes – Drucksache 15/2943 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft – Drucksache 15/3069 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Wilhelm Priesmeier Gitta Connemann Friedrich Ostendorff Hans-Michael Goldmann Zu diesem Tagesordnungspunkt haben die Kolleginen und Kollegen Dr. Wilhelm Priesmeier, Marlene ortler, Gitta Connemann, Friedrich Ostendorff, Hansichael Goldmann und der Parlamentarische taatssekretär Gerald Thalheim ihre Reden zu Protokoll egeben.1)


(Erste Beratung 105. Sitzung)

ber den von der Bundesregierung eingebrachten Ge-
etzentwurf zur Änderung des Tierseuchengesetzes auf
rucksache 15/2943. Der Ausschuss für Verbraucher-
chutz, Ernährung und Landwirtschaft empfiehlt in sei-
er Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/3069, den
esetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
itte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschuss-
assung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer
st dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetz-
ntwurf in zweiter Beratung einstimmig angenommen.

Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich von den Plätzen
u erheben. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
er Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-

rdnung. Ich schließe mich den guten Wünschen des
ollegen Kuhn ausdrücklich an und freue mich, dass ich
as im Namen des gesamten anwesenden Präsidiums tun
ann.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-

estages auf morgen, Freitag, den 7. Mai 2004, 9 Uhr,
in.
Die Sitzung ist geschlossen.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510829300