Protokoll:
15105

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 105

  • date_rangeDatum: 29. April 2004

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 21:36 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/105 Tagesordnungspunkt 3: Georg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9441 D – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuord- nung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwen- dungen und Altersbezügen (Altersein- künftegesetz – AltEinkG) (Drucksachen 15/2150, 15/2986, 15/3004, 15/2987 ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behand- lung von Altersvorsorgeaufwendun- gen und Altersbezügen (Alterseinkünf- Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Storm (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . Erika Lotz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Friedrich Merz, Dr. Michael Meister, Heinz Seiffert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Ein modernes Steuerrecht für Deutschland – Konzept 21 (Drucksache 15/2745) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9428 D 9444 B 9445 B 9447 C 9448 B 9449 D Deutscher B Stenografisch 105. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Nachruf auf die Abgeordnete Anke Hartnagel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Dr. Christine Lucyga, Gerhard Schröder, Dr. Hermann Scheer, Ernst Küchler, Ludwig Stiegler und Walter Kolbow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 10 a und b, 12 und 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . H K C V C D H 9427 A 9427 C 9427 D 9428 B 9428 C tegesetz – AltEinkG) (Drucksachen 15/2563, 15/2592, 15/2986, 15/3004, 15/2987) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9428 D undestag er Bericht ung en 29. April 2004 t : ans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . laus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . hristine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . hristine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Andreas Pinkwart (FDP) . . . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . orst Schild (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9429 A 9431 A 9433 C 9435 D 9436 A 9436 B 9437 C 9438 A 9438 D Friedrich Merz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9450 A 9453 D II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 Carl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kurt Faltlhauser, Staatsminister (Bayern) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . Hartmut Schauerte (CDU/CSU) . . . . . . . . Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU) . . Jörg-Otto Spiller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . . Ortwin Runde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung (Drucksachen 15/2887, 15/2945) . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusam- menhängender Steuerhinterziehung (Drucksache 15/2948) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienst- leistungen (Drucksache 15/2946) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 27. März 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Tadschi- kistan zur Vermeidung der Doppelbe- steuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 15/2925) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Übereinkommen vom 9. September 2002 über die Vorrechte und Immunitäten des Internationalen Strafgerichtshofs (Drucksache 15/2723) . . . . . . . . . . . . . . . . f g h Z a b 9456 B 9457 C 9459 A 9461 D 9462 A 9462 B 9463 A 9465 A 9466 C 9468 A 9469 A 9471 A 9471 D 9473 C 9473 D 9473 D 9474 A 9474 A ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Regelung von Rechtsfragen hin- sichtlich der Rechtsstellung von Angehörigen der Bundeswehr bei Koo- perationen zwischen der Bundeswehr und Wirtschaftsunternehmen sowie zur Änderung besoldungs- und wehrsold- rechtlicher Vorschriften (Drucksache 15/2944) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Entsorgung von Gewerbeabfall unbürokratisch und einfach gestalten (Drucksache 15/2010) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Bür- gernähe durch mehr Wettbewerb bei der Fahrzeugüberwachung (Drucksache 15/2751) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 2: ) Antrag der Abgeordneten Petra Weis, Siegfried Scheffler, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten Günter Nooke, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Irmingard Schewe- Gerigk, Volker Beck (Köln), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Ab- geordneten Joachim Günther (Plauen), Horst Friedrich (Bayreuth), Eberhard Otto (Godern), Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP: Planung und städte- bauliche Zielvorstellungen des Bundes für den Bereich beiderseits der Spree zwischen Marschall- und Weidendam- mer Brücke vorlegen (Drucksache 15/2981) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Brunhilde Irber, Annette Faße, Renate Gradistanac, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Rainder Steenblock, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Chancen und Potenziale des Deutschlandtourismus in der erweiterten Europäischen Union konsequent nutzen (Drucksache 15/2980) . . . . . . . . . . . . . . . 9474 A 9474 B 9474 B 9474 C 9474 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 III c) Antrag des Präsidenten des Bundesrech- nungshofes: Rechnung des Bundesrech- nungshofes für das Haushaltsjahr 2003 – Einzelplan 20 – (Drucksache 15/2885) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Geset- zes zur Änderung des Tierseuchengesetzes (Drucksache 15/2943) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 3. März 2003 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Re- publik Türkei über die Zusammen- arbeit bei der Bekämpfung von Straf- taten mit erheblicher Bedeutung, insbesondere des Terrorismus und der Organisierten Kriminalität (Drucksachen 15/2724, 15/2994) . . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Ge- bühren in Handels-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregistersachen (Handels- registergebühren-Neuordnungsgesetz – HRegGebNeuOG) (Drucksachen 15/2251, 15/2993) . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung zu dem Antrag der Abgeordne- ten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gleiche Nachweispflichten für Apotheken und Tierärzte bei der Ab- gabe von Tierarzneimitteln (Drucksachen 15/1568, 15/2604) . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Frak- tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Äußerungen aus der CSU zur Finanzierungslücke von rund 100 Milliarden Euro in den Konzepten der CDU zur Reform der Sozial- und Steuer- systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . W D C D K G A D M P T a b W K D D K J P D W T A ( 9474 D 9474 D 9475 A 9475 B 9475 C 9475 C altraud Lehn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . hristine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . laus Kirschner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . eorg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . . . nja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . arlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . eter Dreßen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: ) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Kom- munales Optionsgesetz) (Drucksachen 15/2816, 15/2997, 15/3003) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Verabschiedung eines Optionsgesetzes (Drucksachen 15/2817, 15/2997) . . . . . . . olfgang Clement, Bundesminister BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arl-Josef Laumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ohannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . oris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Meckelburg (CDU/CSU) . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: ntrag der Abgeordneten Christian Schmidt Fürth), Ulrich Adam, Ernst-Reinhard Beck 9475 D 9477 A 9478 C 9479 D 9481 B 9482 C 9483 D 9485 A 9486 B 9487 C 9488 C 9488 C 9488 D 9491 C 9493 B 9494 B 9495 D 9497 B 9499 A 9500 B 9501 A 9502 B IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 (Reutlingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Für den Erhalt sicherheitsrelevanter Strukturen in der Bundeswehr (Drucksache 15/2824) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU) . . . . . Walter Kolbow, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Günther Friedrich Nolting (FDP) . . . . . . . . . . Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Kramer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursula Lietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Rege- lungen über Altschulden landwirt- schaftlicher Unternehmen (Landwirt- schafts-Altschuldengesetz – LwAltschG) (Drucksachen 15/1662, 15/3002) . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Jürgen Türk, Dr. Christel Happach-Kasan, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur endgültigen Regelung über Altschulden landwirtschaftlicher Un- ternehmen (LandwirtschaftsEnd-Alt- schuldengesetz – LwEndAltschG) (Drucksachen 15/2468, 15/3002) . . . . . . . Dr. Gerald Thalheim, Parl. Staatssekretär BMVEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Jahr (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Ernst Bahr (Neuruppin) (SPD) . . . . . . . . . . . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: a) Antrag der Abgeordneten Helmut Heiderich, Gerda Hasselfeldt, Peter H. Carstensen (Nordstrand), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: b i Z A H U F G u g ( D H U D R D T – 9504 C 9504 D 9506 C 9508 A 9509 C 9510 D 9512 A 9513 C 9515 A 9516 D 9516 D 9517 A 9518 C 9521 B 9522 B 9523 B 9524 B Grüne Gentechnik in Deutschland nut- zen – Verlässliche Rahmenbedingun- gen für einen verantwortungsvollen Einsatz in der Landwirtschaft schaffen (Drucksache 15/2822) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Wahl- freiheit für die Landwirte durch Rein- heit des Saatgutes sicherstellen (Drucksache 15/2972) . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 4: ntrag der Abgeordneten Dr. Christel appach-Kasan, Hans-Michael Goldmann, lrike Flach, weiterer Abgeordneter und der raktion der FDP: Chancen der Grünen entechnik nutzen – Gentechnikgesetz nd Gentechnik-Durchführungsgesetz rundlegend korrigieren Drucksache 15/2979) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Herta Däubler-Gmelin (SPD) . . . . . . . . . . elmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . lrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . ené Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . r. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dirk Manzewski, Joachim Stünker, Hermann Bachmaier, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD, den Abgeordneten Siegfried Kauder (Bad Dürrheim), Dr. Norbert Röttgen, Dr. Wolfgang Götzer, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion der CDU/CSU, den Abgeordneten Jerzy Montag, Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie den Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Sibylle Laurischk, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP einge- brachten Entwurfs eines … Straf- rechtsänderungsgesetzes – § 201 a StGB (… StrÄndG) (Drucksachen 15/2466, 15/2995) . . . . . . . 9525 D 9525 D 9526 A 9526 A 9527 A 9528 B 9529 B 9530 B 9530 C 9532 B 9533 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 V – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Siegfried Kauder (Bad Dürrheim), Dr. Norbert Röttgen, Wolfgang Bosbach, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion der CDU/CSU einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zum verbesserten Schutz der Privatsphäre (Drucksachen 15/533, 15/2995) . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Otto Fricke, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion der FDP eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zum verbes- serten Schutz der Intimsphäre (Drucksachen 15/361, 15/2995) . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines … Strafrechtsänderungsgesetzes – Schutz der Intimsphäre (Drucksachen 15/1891, 15/2995) . . . . . . . Dirk Manzewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Hilbrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniela Raab (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Michaela Noll (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 7: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Zur Immunität von Mitgliedern der Bundesversammlung; hier: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung der Strafverfolgung (Drucksache 15/3007) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Zur Immunität von Mitgliedern der Bundesversammlung; hier: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung der Strafverfolgung (Drucksache 15/3008) . . . . . . . . . . . . . . . . . . T B s A K t f l ( E B K U J T A A A w l B F N s i ( A W U H G T U W ( A G F E 9533 D 9533 D 9534 A 9534 A 9535 C 9536 D 9537 D 9538 C 9539 C 9540 C 9542 A 9542 B agesordnungspunkt 18: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Tourismus zu dem Antrag der bgeordneten Ernst Burgbacher, Gudrun opp, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordne- er und der Fraktion der FDP: Sperrzeiten ür Außengastronomie verbraucherfreund- icher gestalten Drucksachen 15/674, 15/1287) . . . . . . . . . . . rnst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . runhilde Irber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Brähmig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . ndine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 11: ntrag der Abgeordneten Brunhilde Irber, nnette Faße, Renate Gradistanac, weiterer bgeordneter und der Fraktion der SPD so- ie der Abgeordneten Undine Kurth (Qued- inburg), Albert Schmidt (Ingolstadt), Volker eck (Köln), weiterer Abgeordneter und der raktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- EN: Tourismus in, an und auf dem Was- er – Naturverträglichen Wassertourismus n Deutschland ausbauen und fördern Drucksache 15/2667) . . . . . . . . . . . . . . . . . . nnette Faße (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ilhelm Josef Sebastian (CDU/CSU) . . . . . . ndine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . abriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: nterrichtung durch die Bundesregierung: ohngeld- und Mietenbericht 2002 Drucksache 15/2200) . . . . . . . . . . . . . . . . . . chim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ranziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . berhard Otto (Godern) (FDP) . . . . . . . . . . . 9542 C 9542 C 9543 C 9545 A 9546 B 9547 A 9548 C 9548 D 9550 A 9551 C 9552 D 9553 B 9553 D 9554 D 9555 A 9556 A 9557 B 9558 B VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 Wolfgang Spanier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Blank (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Dr. Maria Böhmer, Maria Eichhorn, Antje Blumenthal, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Arbeitsplätze im Bereich privater Dienstleistungen schaffen – Rahmenbe- dingungen für Dienstleistungszentren und -agenturen verbessern (Drucksache 15/2825) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Gero Storjohann, Günter Nooke, Dirk Fischer (Hamburg), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Keine toten Winkel bei Last- kraftwagen (Drucksache 15/2823) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Günter Nooke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Heidi Wright (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Rainer Funke, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Um- setzung der Gemeinsamen Erklärung zum 40. Jahrestag des Élysée-Vertrags – Regio- nale und interregionale Zusammenarbeit – Schaffung von Eurodistrikten (Drucksache 15/1111) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ina Lenke (FDP) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der e v t A Z E R s p P A Z – – – – ( P A Z U W o P A Z d v b u p D R M D A Z d E 9559 B 9560 C 9561 D 9562 A 9562 A 9563 A 9564 A 9564 D 9566 A 9567 B 9568 C 9568 D 9569 A inkommensteuerrechtlichen Behandlung on Altersvorsorgeaufwendungen und Al- ersbezügen (Tagesordnungspunkt 3) . . . . . . nlage 3 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung des ntwurfs eines Gesetzes zur Änderung der egelungen über Altschulden landwirt- chaftlicher Unternehmen (Tagesordnungs- unkt 7) etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung: Entwurf eines … Strafrechtsänderungs- gesetzes – § 201 a StGB Gesetz zum verbesserten Schutz der Privatsphäre Gesetz zum verbesserten Schutz der In- timsphäre Entwurf eines … Strafrechtsänderungs- gesetzes – Schutz der Intimsphäre Tagesordnungspunkt 9) etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung der nterrichtung durch die Bundesregierung: ohngeld- und Mietenbericht 2002 (Tages- rdnungspunkt 14) etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Arbeitsplätze im Bereich pri- ater Dienstleistungen schaffen – Rahmen- edingungen für Dienstleistungszentren nd -agenturen verbessern (Tagesordnungs- unkt 15) oris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ita Pawelski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Umsetzung der Gemeinsamen rklärung zum 40. Jahrestag des Élysée- 9569 C 9569 D 9570 D 9571 D 9572 B 9573 D 9575 B 9576 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 VII Vertrags – Regionale und internationale Zusammenarbeit – Schaffung von Euro- Distrikten (Zusatztagesordnungspunkt 5) Gunther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Martin Bury, Staatsminister für Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9576 D 9577 C 9577 D 9578 C 9579 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 9427 (A) ) (B) ) 105. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 9569 (A) ) (B) ) prinzipiell ab; ebenso die dazu gehörigen Anträge,Siebert, Bernd CDU/CSU 29.04.2004 h * alb lehnt die PDS im Bundestag beide Gesetzentwürfe schafts-Altschulden. Leider ändern die heute zur Ab- stimmung stehenden Gesetzentwürfe daran nichts. Des-Dr. Schwanholz, Martin SPD 29.04.2004 Anlage 1 Liste der entschuldigt * A f R a B a t n d l t A w A 2 n Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Adam, Ulrich CDU/CSU 29.04.2004* Bindig, Rudolf SPD 29.04.2004* Deittert, Hubert CDU/CSU 29.04.2004* Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 29.04.2004* Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 29.04.2004 Granold, Ute CDU/CSU 29.04.2004 Freiherr von und zu Guttenberg, Karl- Theodor CDU/CSU 29.04.2004* Höfer, Gerd SPD 29.04.2004* Hörster, Joachim CDU/CSU 29.04.2004* Hoffmann (Chemnitz), Jelena SPD 29.04.2004* Jäger, Renate SPD 29.04.2004* Jonas, Klaus Werner SPD 29.04.2004* Kelber, Ulrich SPD 29.04.2004 Kopp, Gudrun FDP 29.04.2004 Dr. Leonhard, Elke SPD 29.04.2004 Letzgus, Peter CDU/CSU 29.04.2004* Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 29.04.2004* Link (Diepholz), Walter CDU/CSU 29.04.2004 Lintner, Eduard CDU/CSU 29.04.2004* Dr. Lucyga, Christine SPD 29.04.2004* Matschie, Christoph SPD 29.04.2004 Raidel, Hans CDU/CSU 29.04.2004 Schäfer (Bochum), Axel SPD 29.04.2004 Scharping, Rudolf SPD 29.04.2004 Dr. Scheer, Hermann SPD 29.04.2004* Schily, Otto SPD 29.04.2004 T W W D A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates nlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ina Lenke (FDP) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Tagesordnungspunkt 3) Die Einführung von geschlechtsneutralen Tarifen be- ürworte ich grundsätzlich. Die so genannte Riester- ente wurde eingeführt, um sinkende Rentenansprüche us der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichen. isher berechnet die Versicherungswirtschaft Beiträge llein nach Sterbetafeln, die nach Geschlecht ausgerich- et sind. Das Grundgesetz regelt in Art. 3 Abs. 3, dass iemand aufgrund seines Geschlechts benachteiligt wer- en darf. Dem muss in besonderem Maße zu Beginn der angfristigen Umgestaltung von staatlicher hin zu priva- er Altersvorsorge Rechnung getragen werden, wenn die ltersvorsorge mit staatlicher Förderung subventioniert ird. nlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Regelungen über Altschulden landwirtschaftlicher Unternehmen (Tagesord- nungspunkt 7) Petra Pau (fraktionslos): Wir schreiben das Jahr 004. Ein Problem der deutschen Einheit ist noch immer icht gelöst: das Problem der so genannten Landwirt- rittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.04.2004 ellenreuther, Ingo CDU/CSU 29.04.2004 ettig-Danielmeier, Inge SPD 29.04.2004 r. Wodarg, Wolfgang SPD 29.04.2004* bgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich 9570 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 (A) ) (B) ) zumal diese nur auf kosmetische Operationen zur Scha- densbegrenzung hinaus laufen. Erstens kann keiner ernsthaft erwarten, dass die PDS diesem Gesetz zustimmt, nachdem Anfang der 90er- Jahre die erforderliche Wertberichtung verweigert wurde. Sie wäre – wie auch die SPD in der Opposition gefordert hatte – die ökonomisch sauberste Lösung ge- wesen. Stattdessen wird seit mehr als einem Jahrzehnt eine untergesetzliche, niemals vom Bundestag abgeseg- nete Altschuldenregelung praktiziert. Unakzeptabel ist, dass Betriebe für Altkredite ohne Werthaltigkeit bluten sollen. Die zu DDR-Zeiten kredit- finanzierten Tierbestände sind doch längst nicht mehr da. Die mussten nach der Währungsunion, um Liquidität zu sichern und Löhne zahlen zu können, „für‘n Appel und ‘n Ei“ verscherbelt werden. Sie wurden nie wieder aufgebaut. Und mit leeren Ställen lassen sich keine Mit- tel zur Schuldenbezahlung erwirtschaften. Aber das wis- sen Sie alle selbst. Eine Zahlungsverpflichtung sehe ich nur für in der Produktion befindlichen kreditfinanzierten Objekte. Zweitens steht für mich auch bei Anerkenntnis der Notwendigkeit einer endgültigen gesetzlichen Lösung fest: Die hier vorgelegte ist es nicht. Der Regierungs- gesetzentwurf ist ein „Verschlimmerungsgesetz“. Das ergibt der Vergleich mit der derzeit geltenden Altschul- denregelung auf der Basis von Rangrücktrittsvereinba- rungen und bilanziellen Entlastungen. Dabei verkenne ich nicht, dass durch den Änderungs- antrag der Koalitionsfraktionen einiges verbessert wird – allerdings völlig unzureichend. Offenbar haben die Finanzexperten der Koalition die Oberhand behalten, obwohl die weit weniger als Sie, verehrte Kollegin Waltraud Wolf, die Lage der LPG-Nachfolger mit Alt- krediten kennen. Auch das ist mir Bestätigung meiner Kritik aus der ersten Lesung, dass bei dieser Bundes- regierung fiskalische Interessen Vorrang gegenüber agrarpolitischen Erfordernissen haben. Fakt ist, dass die Reduzierung des jährlichen Abfüh- rungssatzes auf 55 gegenüber 65 Prozent im ursprüngli- chen Gesetzentwurf – derzeit sind es nur 20 Prozent – eine nach wie vor unangemessen hohe Belastung dar- stellt. Selbst unter dieser politisch als Verbesserung ver- kauften Bedingung kommt es gegenüber den bestehen- den Rangrücktrittsvereinbarungen – auch wegen der unangemessenen Verbreiterung der Bemessungsgrund- lage – zu einer mehr als vierfachen Erhöhung der jährli- chen Zahlungsverpflichtungen. Die von mir in der ersten Lesung genannten Befürch- tungen in Bezug auf die Liquidität, die Eigenkapitalbil- dung und Kreditfähigkeit haben Sie nicht ausräumen können. Vielmehr dürfte die Fortführung der Rangrück- trittsvereinbarungen unter verschärften Bedingungen zu einer existenziellen Bedrohung nicht weniger Betriebe werden. In Anbetracht der viel diskutierten ökonomi- schen und sozialen Situation Ostdeutschlands kann ich nicht nachvollziehen, wie Sie, meine Damen und Her- ren, das ernsthaft verantworten wollen. s f c m d tu m E d B B n d m e L I g g A I B s „ b A G e S s o s s t F s t G (C (D Genauso kritisch sehe ich das Hauptanliegen des Ge- etzes, die Betriebe mit der eben geschilderten Verschär- ung zur Ablösung ihrer Altkredite durch eine betriebli- he Einmalzahlung zu nötigen. Immerhin müssten die eisten Betriebe dafür keine billig und schnell zu haben- en Neukredite aufnehmen. Unzumutbar ist, dass die geforderte Prognosebewer- ng für die künftige Gewinnentwicklung des Unterneh- ens nicht mit dem Geltungszeitraum der Reform der U-Agrarpolitik synchronisiert ist, abgesehen davon, ass die nationale Umsetzung trotz Beschlussfassung im undestag noch nicht in trockenen Tüchern ist, denn der undesrat bzw. der Vermittlungsausschuss hat noch icht abgestimmt. Die Landwirte im Allgemeinen und hier besonders ie vom Altschuldengesetz betroffenen Betriebe können ir angesichts dieser enormen Politikabhängigkeit, die s so in keinem zweiten Wirtschaftsbereich gibt, nur eid tun. Das hat nichts mit Planungssicherheit zu tun. rgendwie scheint es dieser Bundesregierung am Vermö- en zur nötigen Komplexität der Problemlösung zu man- eln. nlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: – Entwurf eines … Strafrechtsänderungsge- setzes – § 201 a StGB – Gesetz zum verbesserten Schutz der Privat- sphäre – Gesetz zum verbesserten Schutz der Intim- sphäre – Entwurf eines … Strafrechtsänderungsge- setzes – Schutz der Intimsphäre (Tagesordnungspunkt 9) Petra Pau (fraktionslos): Man mag es kaum glauben: n seiner Regierungserklärung vom 27. Juni 1990 – nach ildung der rot-grünen Landesregierung in Niedersach- en – führte Ministerpräsident Gerhard Schröder aus: Die strafrechtliche Bewältigung gesellschaftlicher Pro- leme und Konflikte muss Ultima Ratio bleiben. Diesem nspruch wird das geltende Recht nicht gerecht. Die esetzgebung des Bundes bedarf neuer Anstöße, die zu iner Entpolitisierung und Liberalisierung des Straf- und trafprozessrechts, zu einer Entkriminalisierung des ge- ellschaftlichen Lebens … beitragen“. Auch wenn sich Gerhard Schröder als Bundeskanzler ffenkundig von jenen Einsichten weit entfernt hat, be- itzt für uns – auch vor dem Hintergrund der ostdeut- chen Geschichte – das Strafrecht immer noch die Funk- ion einer Ultima Ratio der Sozialkontrolle. Dieser unktion liegt die Erkenntnis der Strafrechtswissen- chaft zugrunde, dass Strafandrohungen kaum zu Verhal- ensänderungen beitragen. Das Strafrecht ist – ganz im egenteil zur Ansicht derer, die die Strafgesetzgebung Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 9571 (A) ) (B) ) in den letzten zehn Jahren forcierten – eben kein Allheil- mittel zur Bewältigung gesellschaftlicher Konflikte oder zur Einwirkung auf verbreitete Einstellungen, Verhal- tensweisen in der Bevölkerung. Deshalb ist immer zu prüfen, ob andere gesellschaftli- che Regelungssysteme als Steuerungsinstrumente zur Verfügung stehen und der Nutzen des Strafrechts in spe- zial- oder generalpräventiver Hinsicht gegeben ist. Und wenn eine strafrechtliche Ahndung geboten ist, muss ge- prüft werden, ob die Einwirkung auf den Betroffenen mit weniger einschneidenden Maßnahmen zu erreichen ist. Vor diesem Hintergrund habe ich mit der Arbeitsge- meinschaft der Juristinnen und Juristen in und bei der PDS beraten. Ich stellte fest, dass es sehr unterschiedli- che Auffassungen und Empfehlungen zum Abstim- mungsverhalten gibt. Die einen meinte eine Einführung des § 20l a StGB – unabhängig in welcher Fassung – wäre abzulehnen. Sie werde dem Ultima-Ratio-Gedan- ken nicht gerecht. Die Strafvorschrift des § 33 Kunsturheberrecht ist völlig ausreichend. Sie bedroht das Veröffentlichen von Abbildungen ohne Einwilligung des Betroffenen mit einem Jahr Freiheitsstrafe. Dem Geschädigten stehen zi- vilrechtliche Beseitigungs- und Unterlassungs- sowie Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche zur Ver- fügung, die viel eher seinen Interessen entsprechen als die staatliche Strafverfolgung. Insofern besteht vorliegend gar keine Regelungsnot- wendigkeit. Auch gibt es noch zwei Gründe, die gegen diese Kriminalisierung sprechen: Wir brauchen ja nur in die aktuellen Kriminalstatistiken zu schauen, um festzu- stellen, dass das Strafrecht als wirksames Instrument der Sozialkontrolle infrage gestellt ist. Seine Appellations- kraft ist begrenzt. Es ist daher eine immer wieder erho- bene Forderung der Strafrechtswissenschaft – beispiels- weise vertreten durch den Bundesverfassungsrichter Winfried Hassemer –, das Strafrecht auf das relevante sozialschädliche Verhalten zu begrenzen, um dem Kern- strafrecht eine höhere Bedeutung als Instrument der So- zialkontrolle zu verschaffen. Die heute zu diskutierende Initiative geht genau in die andere Richtung. In diesem Kontext ist auch auf die Belastung der Strafrechtspflege hinzuweisen. Die Konzentration des Strafrechts auf das Wesentliche eröffnet die Möglichkeit, auch die Tätigkeit der Strafrechtspflege auf Schwer- punkte zu konzentrieren. – Soweit der erste Rat. Die anderen Mitglieder der PDS-Arbeitsgemeinschaft schlossen sich meiner Meinung aus der Debatte des Ge- setzentwurfes der FDP zum verbesserten Schutz der In- timsphäre aus der 14. Legislaturperiode an und meinten, es gebe einen allerdings sehr eng zu fassenden Gesetzge- bungsbedarf. Deshalb ist der interfraktionelle Entwurf auf Drucksa- che 15/2466 der rechtsstaatlich unbedenklichste. Gegen- über den anderen Vorschlägen der CDU, Drucksache 15/533, und der FDP, Drucksache 15/361, die schon den Versuch kriminalisieren, eine exorbitant hohe Straf- a z u n s b s t a z e M S u k d G t d f e s v z M u J A e t t n m D V h 2 3 W w e i u s z W s l t (C (D ndrohung vorsehen – bis zu zwei Jahre Freiheitsent- ug – oder bereits die Beobachtung – „Astlochgucker“ – nter Strafe stellen wollen, was völlig unakzeptabel ist – icht alles, was wir moralisch anstößig finden, ist auch trafwürdig –, sieht jener Entwurf noch einen engen Tat- estand vor und droht ebenso wie das Kunsturheberge- etz nur eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr als Sank- ion an. Insgesamt ist jener Entwurf in seiner Struktur uch genauer. Ich stimme diesem also zu. Allerdings kann ich mir und Ihnen eine Bemerkung u dieser Debatte und zum Gesetz nicht ersparen: Sie ntspringen einer sehr doppelbödigen, ja zwiespältigen oral. Denn Sie vernebeln den Blick dafür, von welcher eite der Privatsphäre oder Intimsphäre der Bürgerinnen nd Bürger nämlich die meiste Gefahr droht: Es sind die leinen und großen Lauschangriffe, die Telefon- und Vi- eoüberwachungen, also die staatlich sanktionierten rundrechtseingriffe. Von daher ist die Gesetzesinitia- ive auch ein ganzes Stück verlogen. Denn sie geht von enjenigen aus, die zugleich die staatlichen Eingriffsbe- ugnisse ins Unermessliche steigern. Nun, wenn Sie es rnst meinen mit dem Schutz der Intim- oder höchstper- önlichen Privatsphäre, dann nehmen Sie das Bundes- erfassungsgerichtsurteil zum großen Lauschangriff um Anlass, um auf diesem Feld abzurüsten. Eine solche aßnahme wäre ein wirksamer Schutz der Privatsphäre nd würde den Intentionen des Bundeskanzlers aus dem ahre 1990 entsprechen. nlage 5 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Wohngeld- und Mietenbericht 2002 (Tagesordnungspunkt 14) Petra Pau (fraktionslos): Die Bundesregierung hat inen Bericht zum Wohnen, zum Wohngeld und zu Mie- en vorgelegt. Das ist wichtig, denn er betrifft einen zen- ralen Bereich des Lebens überhaupt. Mit einer Woh- ung könne man einen Menschen erschlagen, hat Zille al gesagt – mit Mietkosten auch, ließe sich ergänzen. er Bericht enthält zahlreiche Zahlen, Statistiken und ergleiche. Nehmen wir sie als gesetzt. Es bleibt ohne- in genug Raum für unterschiedliche Bewertungen. Ich halte als Erstes fest: Im Vergleich zu 1998 gab es 002 insgesamt 1,6 Millionen Wohneinheiten mehr. Für 8,5 Millionen Haushalte stehen damit 39 Millionen ohnungen zur Verfügung, zumindest statistisch. Nun issen wir alle: Der Durchschnitt bundesweit ist das ine, die konkrete Lage in den verschiedenen Regionen st etwas anderes. Hinzu kommen große Mietdifferenzen nd die lassen sich beileibe nicht immer marktwirt- chaftlich, schon gar nicht sozial erklären. Um es grob u sagen: Rein statistisch haben wir ein Überangebot an ohnungen. Es gibt aber keine fallenden Mieten. Sie teigen weiter, wenn auch etwas langsamer. Und das be- astet jene mehr, die weniger haben, also vor allem Mie- erinnen und Mieter mit niedrigen Einkommen. 9572 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 (A) ) (B) ) Daran hat auch die Novelle des Wohngeldgesetzes im Jahre 2001 kaum etwas geändert. Auch ein zweiter Missstand wirkt ungebrochen fort: der Ost-West-Unter- schied. Im Bericht wird eingeschätzt, die jeweiligen Mieten hätten sich weiter angeglichen. Das mag ober- flächlich stimmen. Aber zwei andere Fakten gehören gleichsam in die Rechnung. Zum einen sind die Löhne und Gehälter im Osten noch immer deutlich niedriger als im Westen. Außerdem liegen die Betriebskosten in den neuen Bundesländern zumeist über denen, die in den al- ten Bundesländern erhoben werden. Hinzu kommt ein dritter Umstand: Die Arbeitslosig- keit im Osten ist extrem hoch, mehr als doppelt so hoch wie im Westen. Das hat Folgen, die sich aufschaukeln. Zum einen wächst die Zahl der Wohngeldberechtigten und dadurch die finanziellen Belastungen für die Kom- munen. Zum anderen erleben wir eine Auswanderungs- welle, die in ihrem Ausmaß nur mit der Zeit vor dem Mauerbau vergleichbar ist. Das führt zu einem ungesun- den Überangebot an Wohnungen und wiederum zu zu- sätzlichen Lasten für die Kommunen. Es macht also wenig Sinn, die eine Wohnungsstatistik mit der nächsten zu vergleichen. Solange die Wohnungs- politik das eine will und die Arbeitsmarktpolitik das an- dere bewirkt, so lange kommt nichts Gutes dabei heraus. Und solange die Bundespolitik forsch beschließt, was die Kommunen ausbaden müssen, solange wachsen die Probleme. Deshalb wiederhole ich: Die Politik von Rot-Grün ist insgesamt nicht schlüssig, sie ist sogar kontraproduktiv. Das steht zwar nicht über Ihrem Bericht, aber das zeigt sich im Leben. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Arbeitsplätze im Be- reich privater Dienstleistungen schaffen – Rah- menbedingungen für Dienstleistungszentren und -agenturen (Tagesordnungspunkt 15) Doris Barnett (SPD): Um es gleich vorneweg zu sa- gen: Ihrem Antrag kann die sozialdemokratische Frak- tion nicht zustimmen. Dies hat mehrere Gründe, auf die ich im Folgenden eingehen werde. Das Erste, was bei dem Antrag der Opposition auffällt, ist die Feststellung, dass es noch zu oft Schwarzarbeit gibt. Das Nächste, was auffällt, ist die Aussage, dass man dies Vorgehen der Bundesregierung dagegen bei der CDU kriminalisieren nennt. Daraus folgt, dass nach Ansicht der CDU/CSU Schwarzarbeit im Haushalt – in welchem Umfang auch immer – ein zu tolerierender Volkssport ist, gegen den man am besten nichts macht! Aber so, meine Damen und Herren, funktioniert un- sere Gesellschaft nicht. Wenn wir schon Dienstleistun- gen im Haushalt privilegieren, dann können wir erwar- ten, dass sich dann alle Akteure an die für sie geltenden Bestimmungen halten. Und diese Erwartung ist keines- wegs eine „Kriminalisierung“ – wie Sie es darstellen! Im Ü u s u 1 u d p h s r S d g n d r v H t d m D r g W a d d v H u D z A 1 d e e h s u s t P p d S s S S t l n A (C (D brigen täte es einer sachlichen Debatte gut, wenn wir ns nicht immer von Presse-Schlagzeilen instrumentali- ieren ließen. Sie behaupten, auf Ihr Drängen können die Frauen nd wenigen Männer im Mini-Job-Bereich seit dem . April „brutto für netto“ arbeiten. Ich sage Ihnen, dank nserer Intervention können auch diese Beschäftigten urch die Aufstockungsoption ihre Rentenbiographie ositiv gestalten. Nicht nur, dass sie damit auch weiter- in REHA-Maßnahmen in Anspruch nehmen können – ie erreichen eine geschlossene Beitragszeit. Dies ist ge- ade für Frauen wichtig, für Sie aber höchstens was für onntagsreden – demnächst ist ja wieder Muttertag. Die Aufspaltung des Arbeitsmarktes in tarifgebun- ene Niedriglohn- und sonstige Arbeitsverhältnisse mit ravierenden Folgen für die zukünftige Rente dieser Ge- eration protegieren wir nicht, sondern wir sorgen dafür, ass möglichst alle Arbeitsverhältnisse sozialversiche- ungspflichtig sind, also auch jene, die in Haushalten orhanden sind. Nun sagen Sie, im Bereich privater aushalte ist die Nachfrage nach einfachen Dienstleis- ungen hoch. Andererseits verlangen Sie von der Bun- esregierung, für geordnete Strukturen im Teilarbeits- arkt der haushaltsnahen Dienstleistungen zu sorgen. azu sollte die Bundesregierung auf die Erfahrungen zu- ückgreifen, die in den 25 Modellprojekten bundesweit emacht wurden. Wobei festzustellen war, dass beim egfall der hohen Subventionen an die Dienstleistungs- genturen, diese ihre Arbeit einstellen mussten. Was wollen Sie nun eigentlich? Ihr Herr Koch will och solche Subventionen abschaffen, besonders wenn adurch der Wettbewerb von gewerblichen Anbietern erzerrt wird. An welche geordneten Strukturen für den aushaltsbereich denken Sie da? Oder geht es Ihnen nur m die steuerliche Absetzbarkeit für Aufwendungen? as hatten wir doch schon einmal. Sie hatten doch noch u Ihrer Regierungszeit die Anhebung der steuerlichen bsetzbarkeit von Haushaltshilfen von 12 000 DM auf 8 000 DM pro Jahr durchgedrückt. Allerdings konnten amals nur die Kosten abgesetzt werden, die durch ein chtes sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis ntstanden. Weil davon so gut wie alle Haushalte nichts atten, wurde dieses Dienstmädchenprivileg auch abge- chafft. Nun haben Sie eine Reihe von Handlungsbedarfen nd Forderungen aufgestellt, die ich so nicht stehen las- en kann und will. Sie lamentieren, dass in Dienstleis- ungszentren für Haushaltsdienstleistungen höhere reise verlangt werden im Vergleich zu Schwarzarbeits- reisen. Damit fordern Sie ja wohl vom Steuerzahler, ass er den Unterschiedsbetrag zwischen legalem und chwarzarbeit-Preis der Dienstleistungsagentur zu- chießt. Haben Sie eine Vorstellung, über wie viel Geld ie hier reden und wie man an dieses herankommen will. einerzeit, als wir das Dienstmädchenprivileg abschaff- en, haben wir die frei gewordenen Mittel für die Fami- ienförderung eingesetzt. Da werden Sie diese wohl icht wegnehmen wollen. Darüber hinaus fordern Sie eine komplette steuerliche bzugsfähigkeit für die Aufwendungen, die für die Ver- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 9573 (A) ) (B) ) sorgung, Betreuung und Erziehung von Unterhaltsbe- rechtigten bezahlt werden. Darf ich fragen, was davon die allein erziehende Mutter hat? Oder die junge Fami- lie, die wegen geringen Einkommens ebenfalls keine Steuern zahlt? Können die sich eine Nanny leisten, deren Kosten ihre nicht bestehende Steuerpflicht vermindert? Nein! Sie gehen hier einen anderen Weg. Statt eine or- dentliche Versorgung mit Betreuungseinrichtungen zu unterstützen – wie zum Beispiel unser U 3-Programm = Betreuungseinrichtung für unter 3jährige – setzen Sie wieder – wie beim Dienstmädchen – darauf, dass jeder Haushalt Einzelnachfrager ist und deshalb individuelle Lösungen bevorzugt werden müssen. Wer meint, er braucht eine Privatbetreuung und Pri- vatschule für seine Kinder, der soll sie auch bekommen, aber nicht über Steuerumverteilung und zulasten von Programmen, die den Leuten zugute kommen, die öf- fentliche Einrichtungen in Anspruch nehmen. Selbst aus Ihren auf den ersten Anschein gut gemein- ten Anträgen erkennt man Ihr elitäres Gesellschaftsmo- dell: privat geht vor öffentlich und somit wird auch pri- vat von der Allgemeinheit kräftig unterstützt. Unsere Vorstellungen sind da doch ganz andere. Sie monieren fehlende Strukturen des Arbeitsmarktes, fehlender Bekanntheitsgrad der Dienstleistungsagentu- ren, mangelnde Transparenz des Angebotes. Gleichzei- tig verweisen sie auf die vielfältigen Modellprojekte. Im Übrigen gibt es bereits in vielen Bundesländern seit Jah- ren Projekte, Programme, Gelder vom Land, kombiniert mit ESF-Mitteln usw. Ich gehe davon aus, Ihnen geht es darum, neben den Mitteln des Bundes für die steuerliche Berücksichtigung von Haushaltsdienstleistungen weitere Gelder für den Aufbau flächendeckender Dienstleis- tungsagenturen zu bekommen. Wenn es doch eine so große Nachfrage gibt, wie nicht nur Sie, sondern auch andere feststellen, dann müsste sich doch dieser Markt selbst regeln. Schließlich sollten Sie der FDP nicht stän- dig mit zu viel staatlichem Dirigismus kommen! Nun fordern Sie ja auch, dass sich die Bundesagentur für Arbeit über die Arbeitsplatzpotenziale informieren müsste und Jobvermittler daraufhin gezielter schulen sollte. Die Existenzgründer sollten auch bezüglich dieses Arbeitsmarktsektors – Haushaltsdienstleistungen – spe- zielles Management-Knowhow erhalten. Da rennen Sie aber offene Türen ein. Sie bemängeln, dass es keine Qualifikation von Ar- beitnehmerinnen und Arbeitnehmern für hauswirtschaft- liche Dienstleistungen gibt. Wie stellen Sie sich denn das vor? Es fallen ja unter diesen Dienstleistungen neben dem Putzen auch Gartenarbeiten, Einkaufen, kleinere Reparaturen an, auch mal ein Zimmer streichen. Wenn Sie auf der einen Seite sagen, es handle sich bei Haus- haltsdienstleistungen um einfache Tätigkeiten, anderer- seits für diese Beschäftigungsfelder eine Infrastruktur in Form von Dienstleistungsagenturen fordern, dann müsste man doch annehmen können, dass in diesen Agenturen qualifiziert wird. Denn nur dann, wenn sie qualifizierte Arbeit liefern, werden sie mehr Aufträge bekommen. Oder wollen Sie für Existenzgründerinnen und -gründer neben den Management-Kursen auch noch a e s d B b b c b u A l f h b B w F t w g a f a w P s m t v r z d e w B e c l s s d D 5 3 ü e a b B e G O n z (C (D rbeitsspezifische Ausbildungen? Das wird aber wegen iner möglichen Doppelförderung eher nicht möglich ein. Wir sind uns ja in einigen Zielen einig: Angesichts er hohen Arbeitslosigkeit wollen und müssen wir im eschäftigungsbereich einfacher Tätigkeiten mehr Ar- eitsmöglichkeiten schaffen; dazu bedarf es Anreize für eide Seiten, die aber so sein müssen, dass sie in die Flä- he wirken, also möglichst viele davon einen Nutzen ha- en. Mit dem Hartz II-Gesetz haben wir das gemeinsam mgesetzt. Jetzt, nach einem Jahr, bereits über weitere nreize, besonders über weitere großzügige Steuerer- eichterungen für eine kleine Gruppe zu reden, ist ver- ehlt. Zunächst brauchen wir robuste Daten, wie die bis- er eingesetzten Mittel und Maßnahmen wirken. Wir rauchen eine bessere Vereinbarkeit von Familie und eruf. Nicht zuletzt wegen der demographischen Ent- icklung, aber auch wegen der guten Ausbildung, die rauen nachzuweisen haben, wäre es töricht, dieses Po- enzial an Arbeitskräften nicht zu nutzen. Dabei müssen ir mehrere Strategien verfolgen: Frauen weiter fördern, ut ausbilden und entsprechend einsetzen. Das animiert uch die Unternehmen, ihre weiblichen Mitarbeiter zu ördern und nicht wegen ihrer biologischen Besonderheit ufs Karriere-Abstellgleis zu befördern. Andererseits ird ja anerkannt, dass Hausarbeit Arbeit ist, die ihren reis hat. Diejenigen, die diese Arbeit versehen, sollen ich nicht als billige Dienstmagd verstehen, sondern als oderne Dienstleisterinnen, die für gute Arbeit auch gu- en Lohn erwarten dürfen, der auch rentenrechtlich rele- ant ist. Insgesamt müssen wir uns als Gesellschaft da- auf verständigen, dass Kinderbetreuung und Pflege war individuell geregelt werden können, aber wegen er dazu nötigen Kompetenz zunehmend professionell rbracht werden. Das ist uns als Gesellschaft ja auch et- as wert. In diesen Bereichen sehen wir Wachstumsfelder für eschäftigung. Dabei braucht es nicht immer mehr Steu- rmittel, vielleicht wäre es schon hilfreich, bei persönli- hen Dienstleistungen nicht immer das Wort Niedrig- ohn mit anzuheften. Denn sonst qualifizieren wir ja elbst die Arbeit ab, die an und für sich gefördert werden ollte. Nicht nur das Ziel muss stimmen – auch der Weg, er dazu führt! Rita Pawelski (CDU/CSU): Derzeit gibt es in eutschland etwa 39 Millionen Privathaushalte. In Millionen davon sind beide Ehepartner berufstätig. ,6 Millionen haben eine Haushaltshilfe, aber nur etwas ber l Prozent dieser Arbeitskräfte ist angemeldet. Um s deutlicher zu sagen: Von 3,6 Millionen Arbeitskräften rbeiten nur rund 40 000 legal. Das ist ein kurzer Über- lick über die Situation des deutschen Arbeitsmarktes im ereich Haushaltshilfen. Deutschland ist – leider nicht nur in diesem Bereich – ine Dienstleistungswüste. Wir haben mindestens drei ründe, diese Dienstleistungswüste in eine blühende ase umzuwandeln: Erster Grund: Die Zahl berufstätiger Eltern mit klei- en Kindern wächst. Im April 1991 waren es 51,8 Pro- ent der gesamten Privathaushalte, im April 2002 9574 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 (A) ) (B) ) 56 Prozent der gesamten Privathaushalte. Also sind im- mer mehr Haushalte auf Hilfe von außen angewiesen. Der Bedarf an Dienstleistungen im privaten Haushalt nimmt zu, er wird in Zukunft noch weiter wachsen. Zweiter Grund: Immer mehr Mütter sind berufstätig, aber die Betreuungssituation in Deutschland gerade für Kinder unter drei Jahren ist schlecht, sehr schlecht. Es fehlen nicht nur Krippenplätze, sondern auch Tagesmüt- ter. Das sind Frauen – es soll auch ein paar Männer ge- ben –, die stundenweise Kinder anderer betreuen, also einer Dienstleistung nachgehen. Dritter Grund: Deutschland überaltert. Wir haben im- mer mehr Menschen, die Hilfe von außen brauchen, nicht nur, weil sie keine Zeit oder Lust haben, die anfal- lende Hausarbeit zu verrichten, sondern weil sie zu alt oder behindert sind. Haben Sie schon einmal versucht, eine Hilfe für Ihren Haushalt, eine Tagesmutter, eine Pflegehilfe zu engagie- ren? Dann kennen Sie ja die Bedingungen. Fragen Sie bei einer Arbeitsagentur nach, fällt die Antwort negativ aus: Unsere Arbeitsagenturen geben sich mit „Putzhil- fen“ nicht ab. Dienstleistungen für den häuslichen Be- reich sind dort stark unterrepräsentiert. Eine zweite Möglichkeit ist dann, eine Annonce in der Zeitung auf- zugeben. Und wer meldet sich? 80 Prozent sind Auslän- derinnen ohne Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis oder Frauen, die sich „nur etwas auf die Hand dazuverdienen wollen“. Es ist schon schwer, in Deutschland ein ehrli- cher Arbeitgeber für dienstbare Geister zu sein. Das belastet natürlich auch diejenigen, die Familie und Beruf vereinen wollen. Mütter werden dreifach be- lastet – Beruf, Kinder, Haushalt. Sie zerreißen sich zwi- schen diesen wichtigen und anstrengenden Aufgaben. Dass die Väter nach Feierabend noch partnerschaftlich bei der Hausarbeit zupacken, stellt sich leider nur zu oft als reines Wunschdenken heraus, sagt zumindest die Sta- tistik. Erwerbstätige Mütter in Paarhaushalten mit Kin- dern unter sechs Jahren investieren täglich sechs Stun- den für Haushaltsführung und Kinderbetreuung. Das ist dreimal so viel Zeit, wie ihre Männer für derartige Auf- gaben verwenden. Angesichts dieser Dreifachbelastung müssen wir uns nicht wundern, wenn sich die demogra- phische Situation verschärft und Deutschland schrumpft und altert. Wir reden hier über 3,6 Millionen Arbeitskräfte in Haushalten. Ich schätze, dass diese Zahl eher zu niedrig als zu hoch gegriffen ist. 3,6 Millionen Arbeitskräfte – damit sind die deutschen Haushalte, würde man sie zu- sammenfassen, mit einem Riesenabstand der größte Ar- beitgeber in der Bundesrepublik, weit vor Siemens mit 430 000 Beschäftigten oder der Deutschen Post mit 375 000 Mitarbeitern. 3,6 Millionen Arbeitskräfte – und es könnten mehr werden, wenn es uns endlich gelingt, die Vermittlung dieser Menschen zu erleichtern, wenn es uns gelingt, den Arbeitsplatz Haushalt als Arbeitgeber Haushalt anzuerkennen und ihn steuerlich entsprechend zu behandeln, und wenn es uns gelingt, die illegalen Ar- beitskräfte in legale umzuwandeln. Ihr unglücklich agie- render Minister Eichel hatte versucht, diesen Missstand durch Schnüffelei im Privathaushalt zu beheben. Damit i v l f R S f P Z A M a D z p h g d ü d r s r g b r m d c d d e m K d b g S „ g d ü l d P e A a D w D E w l m (C (D st er – Gott sei Dank – gescheitert. Schnüffelei in Pri- athaushalten wollen wir nicht. Wir wollen andere Wege beschreiten, illegale Jobs in egale umzuwandeln. Ein erster Stein wurde mit der Ein- ührung der Mini-Jobs gelegt. Die bestehende Minijob- egelung ist mit seiner 12-prozentigen pauschalen teuer- und Beitragspflicht ein sehr attraktives Angebot ür Arbeitnehmer und Arbeitgeber, um die Arbeit im rivathaushalt zu legalisieren, bzw. sollte es sein; die ahlen bestätigen dies nicht. Darum ist der Versuch, den rbeitsmarkt Privathaushalt allein auf Grundlage der inijobs zu legalisieren, gescheitert. Wir müssen nach nderen Möglichkeiten suchen. Wir fordern die Einrichtung und Förderung von ienstleistungsagenturen. Diese fungieren als Vermittler wischen den Arbeitgebern im Privathaushalt und den otenziellen Arbeitnehmern. Sie vermitteln Haushalts- ilfen, Gärtner, Tagesmütter oder Pflegedienste. Sie tra- en nicht nur dazu bei, dieses Personal zu vermitteln und ie oft gescheuten Formalitäten bei der Einstellung zu bernehmen, sondern sie garantieren gleichzeitig auch ie Qualität und Zuverlässigkeit der Beschäftigten. Da- über hinaus wird bei Krankheit oder Ausfall eine Er- atzkraft gestellt und auch die Haftung und der Versiche- ungsschutz bei Unfällen wird geregelt. Das erleichtert berufstätigen Müttern, hilfebedürfti- en Senioren und gestressten Menschen die tägliche Ar- eit zu Hause. Es trägt dazu bei, Müttern die Vereinba- ung von Familie und Beruf zu erleichtern, und öglicherweise auch dazu, Ja zum Kind zu sagen, weil ie Sorgen um Betreuung und Bewältigung der zusätzli- hen Arbeiten im Haushalt minimiert werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass viele Agenturen durch ie Möglichkeiten zur Weiterbildung und Qualifizierung as Berufsbild „Haushaltshilfe“ aufwerten und damit ine berufliche Perspektive eröffnen. Gleichzeitig er- öglichen Dienstleistungsagenturen eine Bündelung der leinarbeitsverhältnisse in Privathaushalten, sodass für ie Arbeitnehmer ein vollwertiger und abgesicherter Ar- eitsplatz entsteht. Außerdem wird so – das ist nicht anz unwichtig – die Finanzlage im System der sozialen icherung gestärkt. Mitte der 90er-Jahre wurden 25 Modellprojekte Dienstleistungsagenturen“ von der Bundesregierung efördert. Sie sind leider alle gescheitert. Leider – und as bedaure ich sehr – hat sich die Bundesregierung berhaupt nicht darum gekümmert, warum die Dienst- eistungsagenturen nicht vorankamen. In der Antwort er Bundesregierung auf unsere Anfrage „Arbeitsplatz rivathaushalt“ vom 3. März 2004 hat sie schmählich ingestehen müssen, dass sie keinerlei Kenntnisse über rbeit, Förderung und Ansiedlung der Dienstleistungs- genturen hat. Sie weiß nicht, wie viele Personen über ienstleistungsagenturen in Privathaushalten beschäftigt aren. Sie weiß nicht einmal, ob es überhaupt noch ienstleistungsagenturen gibt. Das ist nicht nur peinlich. s ist schon sträflich nachlässig, sich nicht um diesen ichtigen Bereich zu kümmern, ihm nicht aus den Start- öchern herauszuhelfen und Existenzgründungen zu er- öglichen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 9575 (A) ) (B) ) Die CDU/CSU-Fraktion will ein gezieltes Beratungs- angebot für Existenzgründerinnen und Existenzgründer. Der Wachstumsmarkt Dienstleistung bietet hervorra- gende Chancen für Menschen, die ihr eigener Chef wer- den wollen. Dringend notwenig ist aber parallel dazu eine gründliche Entrümpelung und Entbürokratisierung des Gründungsverfahrens. Es darf nicht sein, dass ein künftiger Selbstständiger sage und schreibe neun ver- schiedene Stellen durchlaufen und 45 Tage warten muss, bis er endlich Chef sein darf, während sein Kollege in Kanada nach drei Tagen, in Australien sogar nur in zwei Tagen dieses Ziel erreicht hat. Noch einmal: Wir reden hier über einen potenziellen Arbeitsmarkt für über 4 Mil- lionen Menschen. Dabei gab es bei dieser Regierung durchaus gute An- sätze. Im Koalitionsvertrag von 1998 haben Sie sich für eine Förderung der Dienstleistungsagenturen im privaten Sektor ausgesprochen. Sie wollten die Voraussetzungen dafür schaffen, „dass die Beschäftigungschancen des Dienstleistungssektors besser genutzt werden“. Dazu wollten Sie Haushaltsdienstleistungen und private Dienstleistungsagenturen fördern. Doch leider setzten Sie Ihre großen Ziele mal wieder nicht um; denn in der schon erwähnten Antwort auf unsere Anfrage kann man bis auf eine Verbesserung der steuerlichen Rahmenbe- dingungen keine weiteren Bestrebungen seitens der Bun- desregierung erkennen, Dienstleistungsunternehmen zu- künftig zu unterstützen. Die steuerliche Abzugsfähigkeit von derzeit 20 Pro- zent, höchstens jedoch 600 Euro für die Beauftragung von Dienstleistungsagenturen ist der richtige Weg, aber es reicht nicht. Damit sich die Dienstleistungsagenturen besser auf dem Markt behaupten können, ist es wichtig, dass bestehende oder geplante Unternehmen, die sich auf die Vermittlung von Arbeitnehmern für den Privat- haushalt spezialisieren, gezielt gefördert werden. Es gibt zwar zahlreiche Hilfen für Existenzgründer, doch der Bereich Privathaushalt fristet ein Schattendasein. Hier besteht also dringender Handlungsbedarf. Ein wegwei- sendes Beratungsangebot sowohl in hauswirtschaftlicher als auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht ist dabei un- umgänglich. Meine sehr geehrten Damen und Herren der Regie- rungskoalition, mit den steuerlichen Maßnahmen zur Besserstellung des Arbeitsplatzes Privathaushalt wurde der richtige Weg beschritten. Seien Sie mutig und nicht so zögerlich und fördern Sie noch intensiver den größten Arbeitgeber Deutschlands, den Privathaushalt, nicht zu- letzt im Interesse von Frauen und Familien. Markus Kurth (Bündnis 90/Die Grünen): Der CDU- Antrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen Pri- vater Dienstleistungen geht von den Zielen her in die richtige Richtung. Eine verbesserte Qualifikation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern für hauswirt- schaftliche Dienstleistungen ist sicherlich ebenso wün- schenswert wie die Erschließung von Geschäftsfeldern von Dienstleistungszentren und -agenturen im Pflegebe- reich, um nur zwei Beispiele aus Ihrem Antrag zu nen- nen. k g d a V Z w k 6 A j A r z e r s w d d c t h s s z k g g h d z k t d l P g d b l m m D s b L m s F f r B e a (C (D Leider greift der Antrag in wesentlichen Punkten zu urz und vernachlässigt die Effekte unserer Reform der eringfügigen Beschäftigung. Zunächst ist festzuhalten, ass es im Bereich der geringfügigen Beschäftigung uch im privaten Bereich innerhalb eines Jahres eine ervierfachung gegeben hat. Ein weiterer Anstieg der ahl der Minijobs im Haushaltsbereich ist sicher zu er- arten, da die Bearbeitungskapazitäten der Bundes- nappschaft durch die jüngst erfolgte Entsperrung von 50 Stellen erheblich ausgeweitet worden ist. Der große nsturm privater Haushalte, den die Bundesknappschaft etzt hoffentlich bewältigen kann, zeigt, dass die privaten rbeitgeberinnen und Arbeitgeber die rechtlichen Vo- aussetzungen für ein Beschäftigungsverhältnis kennen, umal die Anmeldung über die Minijobzentrale denkbar infach ist. Sie behaupten hingegen, dass Rechtskenntnis und Un- echtsbewusstsein schwach ausgeprägt seien. Die tat- ächliche Entwicklung beweist das Gegenteil! Gleich- ohl weist der Antrag der CDU/CSU zurecht darauf hin, ass eine privatwirtschaftliche Struktur für den Bereich er Dienstleistungszentren und -agenturen unterentwi- kelt ist und hier ein erhebliches noch ungenutztes Po- enzial für die Beschaffung legaler Beschäftigungsver- ältnisse besteht. In der Tat wäre es zu überlegen, ob nicht verbesserte teuerliche Bedingungen, eine verbesserte Beratungs- truktur sowie eine verbesserte Qualifikationsstruktur um Ausbau gewerblicher Dienstleistungszentren führen önnen. Allerdings setzen Sie bei steuerlichen Überle- ungen auf der Ebene der Nachfragenden an. Damit be- ünstigen Sie einseitig die einkommensstarken Haus- alte mit entsprechend hoher Steuerpflicht. Wir dagegen schlagen vor, die Dienstleistungszentren irekt zu entlasten und etwa von der Umsatzsteuerpflicht u befreien. Damit wäre es möglich, zur Schwarzarbeit onkurrenzfähige Marktpreise anzubieten und gleichzei- ig den dort Beschäftigten einen auskömmlichen Stun- enlohn zu zahlen. Auch Nachfrager mit geringer steuer- icher Belastung könnten die auf diese Weise geförderten reise zahlen. Der Anreiz, auf Schwarzarbeit zurückzu- reifen wäre deutlich verringert. Der Ansatz, einfache Dienstleistungen direkt zu för- ern, stellt eine gangbare und vor allen Dingen bezahl- are Alternative zu einem flächendeckenden Niedrig- ohnsektor dar. Kombiniert man die finanziellen Anreize it den in Ihrem Antrag angesprochenen Qualifikations- öglichkeiten, so besteht tatsächlich die Perspektive, ienstleistungszentren und Agenturen zu einer Wirt- chaftsbranche auszubauen, die nicht nur der Schwarzar- eit das Wasser abgräbt, sondern auch existenzsichernde öhne zahlen kann. Sie sehen also: Gemeinsame Schnitt- engen sind vorhanden. Es wäre nur schön, wenn Sie ich von den vulgärökonomischen Ansichten eines riedrich Merz trennen könnten und einsähen, dass Er- olge bei der Entwicklung von Arbeitsmärkten für Ge- ingqualifizierte nur dann möglich sind und von den eschäftigten akzeptiert werden, wenn Sie mit Arbeits- inkommen verbunden sind, von denen die Beschäftigten uch leben können. Wäre diese Verbindung in Ihrem 9576 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 (A) ) (B) ) Antrag gelungen, hätte die Fraktion Bündnis 90/Die Grü- nen ihm durchaus zustimmen können. So aber müssen wir diesen Antrag ablehnen. Dirk Niebel (FDP): Die Diskussion über das Gesetz gegen Schwarzarbeit und die Androhung, als Schwer- verbrecher behandelt zu werden, haben dazu geführt, dass zahlreiche Putzstellen in Haushalten bei der Bun- desknappschaft als geringfügige Beschäftigungen ange- meldet wurden. Die Minijobs boomen. 1,3 Millionen neue Minijobs, davon 100 000 in Privathaushalten, wur- den seit April 2003 gemeldet. Ende November waren es nach Berechnung der Bundesagentur rund 4,45 Millio- nen. Union und Koalition schreiben sich das als Erfolgs- geschichte auf ihre Fahnen. Allerdings werden 50 Pro- zent von Schülern und Studenten ausgeübt und weitere 20 Prozent von Rentnern. Dabei wurde nur ein Gesetz zurückgenommen. Die rot-grüne Koalition hatte 1998 in einer Nacht-und-Ne- bel-Aktion beschlossen, die geringfügigen Beschäfti- gungen zu reduzieren. Jetzt ist alles wieder beim Alten. Positiv ist, dass durch die höhere Verdienstgrenze die Schwelle zur Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung he- rabgesetzt wurde, wenn auch inzwischen unter bestimm- ten Bedingungen ein Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit entsteht. Die Arbeitslosigkeit wurde bisher nicht spürbar gesenkt. Aus unserer Sicht wäre es günstiger gewesen, die Einkommensgrenze auf 630 Euro zu erhöhen und eine pauschale Besteuerung vorzunehmen. Menschen ohne Berufsqualifikation haben in Deutschland ein besonders hohes Arbeitsplatzrisiko. Die Ursachen kennen wir: der schnelle technische Fort- schritt, mangelnde Investitionen in Schule und Ausbil- dung in Deutschland und der verkrustete Arbeitsmarkt. Haushaltliche Tätigkeiten wie Putzen, Gartenarbeiten oder Reparaturen sind oftmals Anlerntätigkeiten, ein Po- tenzial für Langzeitarbeitslose und zukünftige ALG-II- Empfänger. Einfache Dienstleistungen in Privathaushalten wer- den häufig in Schwarzarbeit erledigt. Hier gibt es kaum sozialversicherungspflichtige Jobs. Kosten von mehr als 10 Euro werden vom Arbeitgeber Privathaushalt als zu teuer angesehen, während Arbeitnehmer nicht bereit sind, für weniger als 7 Euro eine Arbeit zu verrichten, die wenig gesellschaftliche Anerkennung findet. Wenn diese Tätigkeit legalisiert wird und sozialversi- cherungspflichtig ist, sind die Steuer- und Abgabenbe- lastungen im Vergleich zum Nettolohn zu hoch. Das ist weder für den Arbeitgeber noch für den Arbeitnehmer interessant. Der Nettolohn hat kaum mehr als das Niveau von Lohnersatzleistungen, sodass ein finanzieller Anreiz zur legalen Arbeitsaufnahme bei Arbeitslosen nicht ge- geben ist. Die FDP fordert seit langem, dass Arbeitsplätze nicht diskriminiert werden dürfen. Ein Haushalt muss einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz steuerlich absetzen dürfen, genauso wie ein Handwerksbetrieb oder ein Großunternehmen. Für Haushalte gelten ziem- lich komplizierte Regelungen. Für Minijobber sind 1 g a v P t p f k w b h U h r m s n k s s w v g f e g b b D f m A z A h A d d c s z s D (C (D 0 Prozent, maximal 510 Euro jährlich, für Aufwendun- en von Dienstleistungsagenturen 20 Prozent, maximal ber 600 Euro jährlich steuerlich absetzbar. Für einen oll sozialversicherungspflichtigen Job können bis zu 12 rozent des Aufwandes, höchstens aber 2 400 Euro gel- end gemacht werden. Das reicht nicht aus, um Arbeits- latzpotenziale im Privathaushalt auszuschöpfen und ef- ektive Anreize für mehr legale Beschäftigung zu setzen. Allerdings werden im Privathaushalt kaum Vollzeit- räfte benötigt. Die Tätigkeit dauert im Regelfall nur enige Stunden und wird vielleicht einmal wöchentlich enötigt. Rein rechnerisch könnte auf vier private Haus- alte eine Vollzeitstelle kommen. Eine repräsentative mfrage hat 2002 ergeben, das in 38 Millionen Privat- aushalten 1,3 Millionen gelegentlich und 2,3 Millionen egelmäßig Putz- und Haushaltshilfen in Anspruch neh- en, in legalen oder illegalen Beschäftigungsverhältnis- en. Warum haben sich Dienstleistungsagenturen bisher icht so etabliert, wie der Markt es hergeben würde? Sie önnen sich nur entwickeln, wenn ihre Dienste nicht we- entlich teurer sind als Schwarzarbeit. Wenn ein be- timmter Qualitätsstandard eingehalten wird, darf es et- as teurer sein. Die positiven Nebeneffekte sind die erbesserte Betreuung von Kindern und Pflegebedürfti- en. Dienstleistungsagenturen können einen legalen Markt ür Dienstleistungen in Privathaushalten wecken und ntwickeln. Damit können geringfügige Beschäftigun- en gefördert werden. Private Haushalte haben als Ar- eitgeber wenig Erfahrung und wollen sich oft auch dem ürokratischen Aufwand nicht aussetzen. Hier können ienstleistungsagenturen ansetzen, die im Übrigen auch ür die Zuverlässigkeit ihrer Mitarbeiter garantieren üssen. Der Vorteil für die Arbeitnehmer sind regelmäßige ufträge, regelmäßiger Lohn und ein rechtlicher und so- ialer Schutz. Gegebenfalls sind sogar Fortbildungs- und ufstiegsmöglichkeiten bis zur Existenzgründung vor- anden. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Umsetzung der Ge- meinsamen Erklärung zum 40. Jahrestag des Élysée-Vertrags – Regionale und interregionale Zusammenarbeit – Schaffung von Eurodistrik- ten (Zusatztagesordnungspunkt 5) Gunther Krichbaum (CDU/CSU): Im Januar 2003 urften wir ein historisches Datum feiern: 40 Jahre eutsch-französischer Freundschaftsvertrag. Rückbli- kend ist dieser Vertrag eine Erfolgsgeschichte und er teht heute symbolhaft für die erfolgreiche Aussöhnung weier ehemals verfeindeter Staaten. Diese Erfolgsge- chichte gilt es fortzuschreiben. In unserem Antrag vom ezember 2002 griffen wir deshalb eine von Wolfgang Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 9577 (A) ) (B) ) Schäuble seit langem propagierte Idee auf und forderten, die deutsch-französischen Grenzregionen zu modellhaf- ten Räumen zu entwickeln und damit für ein Zusammen- wachsen über die bisherigen Grenzen hinweg zu sorgen. In der Vereinbarung vom 22. Januar 2003 anlässlich des 40. Jahrestages des Élysée-Vertrages hatte diese For- derung ihren Niederschlag gefunden und so sprachen sich der französische Staatspräsident Chirac und Bun- deskanzler Schröder für die Schaffung von Eurodistrik- ten aus. Ziel muss es nun sein, das zu überwinden, was das Zusammenleben der Bürger und die Fortentwicklung der Regionen begrenzt. Der Weg dorthin ist sicherlich stei- nig, alleine schon deshalb, weil die Vorstellungen über das endgültige Bild eines Bürodistrikts im Detail ausein- ander gehen. Deutlich wird dies an der zu schaffenden Modellre- gion Straßburg-Kehl/Ortenau. So ist die Größe bzw. der Umfang des Gebiets genauso offen wie die eigentlichen Kompetenzen, die hier auf den Eurodistrikt übertragen werden sollen. Gegenwärtig sind die kommunalen Ent- scheidungsträger auf deutscher wie französischer Seite mit der konzeptionellen Ausarbeitung gefordert. Der erste Schritt wird wohl die Schaffung eines entsprechen- den Zweckverbandes sein. Am Ende der Entwicklung sollte jedoch eine grenzüberschreitende Gebietskörper- schaft stehen. Der Eurodistrikt darf aber nicht ein verwaltungstech- nisches Modell für juristische Vorlesungen und Disserta- tionen werden. Vielmehr muss er für die Bürger und von den Bürgern mit Leben gefüllt werden. Das hat schließ- lich auch die Erfolgsgeschichte des deutsch-französi- schen Vertrags ausgemacht. In der praktischen Umset- zung bedeutet dies, dass Telefonate von Kehl nach Straßburg keine Auslandsferngespräche mehr sein dür- fen. Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr müssen in- nerhalb des Eurodistrikts einheitlich sein. Eine verkehrs- technisch schnelle Anbindung der Bahnhöfe Offenburg und Straßburg an die deutschen und französischen Hoch- geschwindigkeitsnetze ist ebenso zu gewährleisten wie die schnelle Verbindung zum Flughafen Straßburg. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, insbesondere mit der Schaffung grenzüberschreitender – zweisprachiger! – Bildungseinrichtungen, über den kulturellen Bereich bis hin zu deutsch-französischen Radio- und Fernsehsen- dungen. Diese Beispiele sind nur Mosaiksteine eines Gesamt- bildes. Sie entscheiden am Ende aber darüber, ob von dem Eurodistrikt eine für die Bürger identitätsstiftende Wirkung ausgeht und somit ein engeres Zusammenleben der Menschen miteinander entsteht. Gerade die vom Mittelstand geprägte Wirtschaft wird von dem zu schaffenden Eurodistrikt in besonderem Maße profitieren. Hierfür ist es aber erforderlich, dass innerhalb der Region gleiche gesetzliche Rahmenbedin- gungen gelten. Mittelfristig ist dies unverzichtbar. Dabei ist der Bund gefordert. Leider wurde uns bis heute je- doch kein entsprechendes Konzept seitens der Bundesre- gierung vorgelegt, wann, wo und wie dies zu geschehen h d E d B l e D n t s n e e b d S a i ü R d d A t g d t s S c n F s A l t s v F V s D i F f g n d K D s S (C (D at. Ebenso bleibt es bis heute nebulös, in welchen eutsch-europäischen Grenzregionen gleich gelagerte urodistrikte geschaffen werden sollen und welche Linie ie Bundesregierung hierbei verfolgt. Hier bleibt die undesregierung ihre Vision jedenfalls schuldig. Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU): Am vor- etzten Wochenende wurde in Kehl und Straßburg die rste grenzüberschreitende Landesgartenschau eröffnet. as Gelände beiderseits des Rheins wird durch eine eue Fußgängerbrücke verbunden, die nicht nur archi- ektonisch ein neues Markenzeichen setzt, sondern auch ymbolisch eine neue Etappe der Zusammenarbeit in ei- er deutsch-französischen Grenzregion markiert. Das ist in tolles und nach nur wenigen Tagen bereits ein sehr rfolgreiches Beispiel, wie Eurodistrikte vor Ort mit Le- en erfüllt werden können. Die Idee grenzüberschreitender Zusammenarbeit in er Region, sie stammt übrigens von Wolfgang chäuble, ist richtig. Diese Zusammenarbeit muss aber uch vor Ort gestaltet und mit Leben erfüllt werden. Es st nicht unser Verständnis von Föderalismus und grenz- berschreitender regionaler Identität, wenn nationale egierungen oder Landesregierungen Projekte der Euro- istrikte vereinbaren und initiieren. Vielmehr ist es unsere Aufgabe als Deutscher Bun- estag, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, ktivitäten vor Ort nicht durch unterschiedliche Verwal- ungsvorschriften auf beiden Seiten zu erschweren. Natürlich sind Bund und Land verantwortlich für eine renzüberschreitende Verkehrsinfrastruktur und Bil- ungsangebote. Das macht aber noch nicht die Einzigar- igkeit und die Identität eines Eurodistrikts aus. Die ent- teht durch vielfältige Aktivitäten der Bürger, der traßburger und Kehler Bevölkerung, der Vereine, Kir- hen, Betriebe. Wo wir solche Initiativen fördern kön- en, nicht zuletzt auch durch Maßnahmen des Deutsch- ranzösischen Jugendwerks, sollten wir das tun. Die Zu- ammenarbeit der Gebietskörperschaften, die in dem ntrag angesprochen wird, die Kooperation der regiona- en Presse und viele andere gute Vorschläge aus dem An- rag können wir freilich nicht im Bundestag beschließen, ondern nur ausdrücklich begrüßen und für möglichst ielfältige solche Aktivitäten Freiraum geben. Anna Lührmann, (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): ür ein wirklich geeintes Europa braucht es eine enge ernetzung aller Ebenen. Die grenzüberschreitende Zu- ammenarbeit von Kommunen insbesondere zwischen eutschland und Frankreich hat eine lange Tradition. Sie st gewachsen auf den Erfahrungen von Kriegen und eindschaft und dem daraus entstandenen Bewusstsein ür die friedensstiftende Wirkung von Austausch und en- er Zusammenarbeit, und zwar Zusammenarbeit nicht ur von Regierungen und Diplomatischen Diensten, son- ern zwischen Bürgerinnen und Bürgern. Städte und ommunen haben im Aussöhnungsprozess zwischen eutschland und Frankreich eine wichtige Rolle ge- pielt. Was nach dem zweiten Weltkrieg mit wenigen tädtepartnerschaften begann, hat sich heute nicht nur in 9578 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 (A) ) (B) ) ein dichtes Netz von europaweiten Kontakten entwi- ckelt, sondern zeichnet sich darüber hinaus durch neue, innovative Formen der Zusammenarbeit aus. Netzwerke von Städten und Gemeinden sind heute schon längst grenzüberschreitend organisiert. Die Schaffung von Eu- rodistrikten ist die logische Fortentwicklung dieses kom- munalen grenzüberschreitenden Engagements. Die Bundesregierung hat sich zusammen mit der fran- zösischen Regierung für die Schaffung von Eurodistrik- ten im deutsch-französischen Grenzbereich ausgespro- chen. Modellregionen wie der Eurodistrikt Straßburg- Kehl sind im Entstehen begriffen. Konkrete Projekte werden schrittweise die transnationale Zusammenarbeit der Kommunen festigen und eine qualitativ neue Stufe der europäischen Zusammenarbeit herstellen. Es geht da- bei in einer Anfangsphase um ganz konkrete Projekte, die das Modell Eurodistrikt für die Bürgerinnen und Bür- ger sichtbar werden lässt – dazu zählen etwa der Ausbau des grenzüberschreitenden öffentlichen Nahverkehrs, Anstrengungen zur besseren schulischen Vermittlung der Partnersprache oder die Verknüpfung der Ressourcen der Arbeitsvermittlungen. Diese Modellregionen brauchen weiterhin die breitestmögliche Unterstützung, um die gu- ten Anfänge weiter fortzuentwickeln. Deshalb will ich aber auch deutlich sagen, was wir nicht wollen und was der vorliegende Antrag an man- chen Stellen impliziert. Ich beziehe mich etwa auf die Ziffern I.6 und II.1 und möchte klarstellen, dass die Initia- tive und das Handlungsmonopol in den Händen der Kommunen verbleiben müssen. Eine erfolgreiche Um- setzung des Modells Eurodistrikt wird nur gelingen, wenn die Menschen vor Ort nicht nur einbezogen sind, sondern wenn sie auch entscheiden, wie sie ihr Gebiet künftig grenzüberschreitend gestalten wollen. Nur die Kommunen selber haben die Kenntnis über die Mach- barkeit von konkreten und den Einblick in die kommu- nalen Bedürfnisse, mit denen garantiert werden kann, dass die Eurodistrikte im Dienste der Bürgerinnen und Bürgern entwickelt werden. Die kommunale Selbstver- waltung hat bei uns Verfassungsrang, und ich möchte Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, er- mahnen, in ihrem Eifer für die Eurodistrikte dieses hohe Gut nicht mit dem Badewasser auszuschütten. Die entstehenden Eurodistrikte haben heute noch Mo- dellcharakter, sie sind gewissermaßen Experimentierfel- der dafür, wie sich grenzenloses Europa entwickeln lässt. Natürlich verlaufen solche Prozesse nicht immer reibungslos. Denn sie bedeuten für die Kommunen ein großes Maß an Umstrukturierung, das heißt auch an Um- denken. Aber ich bin durchaus guten Mutes, dass wir es hier mit einem zukunftsweisenden und schließlich er- folgreichen Prozess zu tun haben. Denn eines ist bereits jetzt ganz deutlich: die Idee Eurodistikt ist sehr positiv aufgenommen worden. Es ist für die Kommunen in grenznahen Regionen ein attraktiver Weg, ihre in der Re- gel ohnehin engen transnationalen Kontakte weiter zu vereinfachen. Von diesen Prozessen profitieren vor allem die Bürgerinnen und Bürger. Die rot-grüne Bundesregierung wird deshalb die neuen Eurodistrikte weiterhin nach Möglichkeiten unter- s S K w b G u s d a m t s r a d s E g G z Z t g Z t S Z k s s ü G e s d g K Z v c S d E c c d d d l s d (C (D tützen und dabei, auch im Sinne der kommunalen elbstverwaltung, die federführende Kompetenz den ommunen überlassen. Sibylle Laurischk (FDP): Vor gut einem Jahr haben ir gemeinsam den 40. Jahrestag des Élysée-Vertrages egangen. Uns ist noch in guter Erinnerung, wie in der emeinsamen Erklärung von Bundeskanzler Schröder nd Staatspräsident Chirac erneut die deutsch-französi- che Freundschaft bekräftigt und damit eine neue Etappe er Zusammenarbeit eingeleitet wurde. Das bezieht sich uch ganz besonders auf die unter Nummer 24 der Ge- einsamen Erklärung festgeschriebene regionale und in- erregionale Zusammenarbeit. Eine Zusammenarbeit, die ich zwischen den Gebietskörperschaften in den Grenz- egionen teilweise schon gut entfaltet hat, die es aber gilt uszubauen, vor allem durch die Schaffung von Euro- istrikten. Ganz besonders liegt uns dabei die grenzüber- chreitende Zusammenarbeit zur Schaffung eines urodistrikts Straßburg-Kehl, wie in der Erklärung vor- esehen, am Herzen. Was hat sich nun im vergangenen Jahr getan, um die emeinsame Erklärung vom 22. Januar 2003 mit Leben u erfüllen? Es hat bereits erste gute Ansätze einer kommunalen usammenarbeit im Bereich des vorgesehenen Eurodis- rikts Straßburg-Kehl gegeben. So haben in den vergan- enen Monaten auf kommunaler und regionaler Ebene usammenkünfte stattgefunden, um schrittweise ein ers- es Ziel vorzubereiten, nämlich die Ausarbeitung einer atzung zur Gründung eines grenzüberschreitenden weckverbands. Eine kommunale Arbeitsgemeinschaft onnte bisher eine Reihe von Vorarbeiten erfolgreich ab- chließen. Aber, und das will ich hier auch nicht ver- chweigen, es gab Irritationen, die erfreulicherweise berwunden werden konnten. Deshalb fordern wir als rundvoraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklung ndlich die gesetzliche Grundlage des Eurodistrikts zu chaffen. In der Bevölkerung der Ortenau ist das Projekt Euro- istrikt auf gute Resonanz gestoßen. Es wurden mit bür- erschaftlicher Initiative Arbeitskreise gebildet, die die ooperation von Schulen und Hochschulen bis hin zur weisprachigkeit, die uneingeschränkte Anerkennung on Bildungs- und Berufsabschlüssen, die Vereinheitli- hung des Arbeitsmarktes, die Entbürokratisierung des teuerbereiches, eine gemeinsame Verkehrsentwicklung, ie Abstimmung von Umweltschutzmaßnahmen, die inführung von Deutsch und Französisch als Amtsspra- he und vieles mehr vorschlagen. Wir halten es für wichtig, dass dieses bürgerschaftli- he Engagement in den Entwicklungsprozess des Euro- istrikts eingebunden wird und eine aktive Beteiligung er Bürger im Eurodistrikt möglich wird, beispielsweise urch regionale Wahlen und Teilnahme an den Verhand- ungen auf Verwaltungsebene. Gerade in Hinblick auf den am 13. Mai 2004 in Paris tattfindenden deutsch-französischen Gipfel fordern wir ie Bundesregierung auf, ein politisches Signal zu set- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 9579 (A) ) (B) ) zen, dass wir den Eurodistrikt Straßburg-Kehl wollen. Eine lange geplante Verknüpfung der Eisenbahn-Hoch- geschwindigkeitsnetze von TGV und ICE halte ich für äußerst dringend und duldet zur Vervollständigung der europäischen Transversale Paris–Budapest über Karls- ruhe, Stuttgart und München keinen Aufschub. Hier ist die Bundesregierung gefordert, schließlich ist die „gute Verkehrsanbindung“ eine Forderung der Erklärung von Versailles. Das Überschreiten von Grenzen ist Thema der Euro- päischen Einigung, besonders gut gelungen ist dies am Beispiel der Landesgartenschau der 2 Ufer am Rhein zwischen Kehl und Straßburg. Der Eurodistrikt ist ein Labor europäischer grenz- überschreitender Zusammenarbeit. In zwei Tagen wird sich die europäische Familie ver- größern, die EU-Osterweiterung wird vollzogen. Die Zu- kunft der Europäischen Union liegt in solchen Initiativen wie dem Eurodistrikt. Aus diesem Grund rufe ich Sie hier und heute auf, sich ungeachtet der Fraktionszugehörigkeit für diese gute Sache der deutsch-französischen regionalen und in- terregionalen Zusammenarbeit zur Schaffung von Euro- distrikten zu entscheiden und damit dem Antrag der FDP-Bundestagsfraktion 15/1111 zuzustimmen. Hans Martin Bury, Staatsminister für Europa: In zwei Tagen erleben wir die Vereinigung Europas. Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Wohlstands entsteht. Gleichzeitig sind die Arbeiten an der europäi- schen Verfassung weit fortgeschritten. Europa hat damit die Chance, nicht nur größer, sondern auch handlungsfä- higer und bürgernäher zu werden. Deutschland und Frankreich sind Motoren dieser Ent- wicklung. Gemeinsam treiben wir die europäische Inte- gration voran. Gemeinsam sind wir überzeugt, dass die Fortschritte der Integration nicht in erster Linie in Brüs- sel, Berlin oder Paris, sondern besonders in den europäi- schen Grenzregionen spürbar werden. Denn dort, wo grenzüberschreitendes Leben, Studieren und Arbeiten zum Alltag gehört, sind auch die Auswirkungen verblei- bender bürokratischer Hürden besonders störend. Grenzen zu überwinden, indem wir Alltagshürden ab- bauen, Mobilität fördern: das ist das Ziel der Eurodis- trikte. Eurodistrikte sind Zukunftswerkstätten, in denen neue Ideen entwickelt und getestet werden, die später Fortschritte in ganz Europa ermöglichen. Eurodistrikte sind ein bürgernahes europäisches Projekt, denn sie bauen auf konkreter Alltagserfahrung auf. Sie tragen zu einer transnationalen, grenzüberschreitenden regionalen Identität bei, die dazu führen kann, dass zum Beispiel die Menschen auf beiden Seiten des Rheins sich als Bewoh- ner einer einzigen Region verstehen, dass Grenzen nicht mehr als Trennungslinien, sondern als Ansporn zur Koo- peration verstanden werden. Mit Eurodistrikten verfolgen wir einen Bottom-up- Ansatz, bei dem es um pragmatische, problemorientierte Lösungen für Fragen des grenzüberschreitenden Lebens u m m p z r m t E I t k t f o e g u m A g d s n u d d G t m d d o H g u k s h m i d N B n i g N c a m d b (C (D nd Arbeitens geht. Wir wollen den Spielraum der Kom- unen vor Ort erweitern und ihnen die europäische Di- ension eröffnen, statt sie mit einem Top-down-Ap- roach einzuschränken oder ihren Alltag bürokratischer u gestalten. In der Erklärung des deutsch-französischen Minister- ats zum 40. Jahrestag des Élysee-Vertrags haben wir ge- einsam die Idee des Eurodistrikts Straßburg-Kehl/Or- enau aus der Taufe gehoben und zur Gründung weiterer urodistrikte aufgerufen. Viele Regionen greifen diese dee auf und bestätigen mit ihrem Engagement die At- raktivität des Konzepts. So will die Region Saarbrücken/Moselle-Est in der ommenden Woche am 5. Mai feierlich „einen Eurodis- rikt gründen“, das heißt, die konkreten Vorarbeiten da- ür auf den Weg bringen. Freiburg möchte die gut funkti- nierende Partnerschaft mit Colmar und Mulhouse benfalls zu einem Eurodistrikt ausbauen. Auch die Re- ion Pamina, die Südpfalz, Mittelrhein und Nordelsass mfasst, hat sich zu der Idee bekannt. So sehr ich die Ungeduld mancher verstehe – und itunter teile – so wird doch angesichts der Vielzahl der ktivitäten deutlich, dass das Projekt der Eurodistrikte ut vorankommen und hoffentlich bald zum Beispiel azu beiträgt, dass in ersten Pilotprojekten grenzüber- chreitende Rettungsdienste, einheitliche Nahverkehrs- etze oder gemeinsame Maßnahmen zur Luftreinhaltung nd Lärmminderung umgesetzt werden. Angesichts der symbolischen Bedeutung, dem Sitz es Europäischen Parlamentes, dem grenzüberschreiten- en Kompetenzzentrum in Kehl und der gemeinsamen artenschau, würde ich mich freuen, wenn die reichhal- ige Erfahrung der Zusammenarbeit und der Wahrneh- ung einer europäischen Vorreiterrolle in der Gründung es ersten Eurodistrikts Straßburg-Kehl/Ortenau mün- en würde, wenn Straßburg-Kehl/Ortenau also seine Pi- nierrolle ausfüllen würde. Doch das liegt primär in den änden der Verantwortlichen vor Ort, die meine Kolle- in Claudie Haigneré und ich ausdrücklich ermutigen nd unterstützen. Wettbewerb zwischen den Regionen ann das Projekt nur befördern. Die Idee der Eurodistrikte ist ein Element der gemein- amen deutsch-französischen Bestrebungen, Mobilitäts- indernisse in Europa zu beseitigen. Gemeinsam mit einer französischen Kollegin Claudie Haigneré setze ch mich dafür ein, dass der Abbau von Mobilitätshin- ernissen bilateral und auf europäischer Ebene mit achdruck verfolgt wird. Unter dem Titel „Europa der ürger“ werden wir auch den deutsch-französischen Mi- isterrat mit diesem Thema befassen. Deutschland ist der Staat mit den meisten Nachbarn n Europa. Es ist uns deswegen ein Herzensanliegen, die renzüberschreitende Zusammenarbeit mit all unseren achbarn auszubauen und zu intensivieren. Die rechtli- he Basis, das Karlsruher Übereinkommen, soll deshalb uch mit anderen Nachbarn zur Grundlage neuer For- en der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit wer- en. So sind wir mit Polen und der tschechischen Repu- lik im Gespräch. Beide Regierungen prüfen von uns 9580 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 (A) (C) (B) (D) übermittelte Entwürfe für gemeinsame Abkommen. Globalisierung und Regionalisierung sind zwei Seiten derselben Medaille. Die Integration Europas – Erweite- rung und Vertiefung – sind unsere Antwort auf die He- rausforderung der Globalisierung. Starke Regionen sind ein unverzichtbarer Teil eines Europas der Bürger. Las- sen Sie uns gemeinsam an der Umsetzung der Idee der Eurodistrikte arbeiten. 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 340, Telefax (02 21) 97 66 344 105. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 29. April 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510500000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Ich bitte Sie, sich zu erheben.


(Die Anwesenden erheben sich)

Am Sonnabend, dem 17. April 2004, verstarb unsere

Kollegin Anke Hartnagel im Alter von 62 Jahren.
Geboren während des Zweiten Weltkrieges in Berlin,

wuchs sie in Hamburg auf und machte dort ihre Ausbil-
dung zur Groß- und Außenhandelskauffrau, sammelte
erste Berufserfahrung und absolvierte die Fortbildung
zur Sparkassenbetriebswirtin. Als sie vor mehr als
30 Jahren Leiterin einer Sparkassenfiliale in Hamburg
wurde, war sie die zweite Frau, die das in Hamburg „ge-
schafft“ hatte.

Wo immer sie lebte, hatte sie ein Auge für die Bedürf-
nisse der Menschen, die Unterstützung brauchten. Als
sie nach zehn Jahren an der Elfenbeinküste und in Süd-
amerika nach Deutschland zurückkehrte, engagierte sie
sich sofort wieder an ihrem Wohnort Hamburg-Fuhls-
büttel, zunächst als Mitglied der Hamburger Bürger-
schaft und ab 1998 als Mitglied des Deutschen Bundes-
tages.

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Redet
Ihrem Engagement für die Menschen in den unterent-
wickelten Teilen der Welt ist Anke Hartnagel auch wäh-
rend ihrer Zeit als Mitglied des Deutschen Bundestages
treu geblieben.

Als Mitglied des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung und zugleich des Aus-
schusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
hat sie immer wieder die politischen Diskussionen durch
ihren Erfahrungsschatz bereichert. Sie machte deutlich,
dass menschliches Interesse und Mitgefühl die Antriebs-
feder für jedes politische Engagement sind.

Aufgrund ihres hohen Pflichtgefühls hat sie ihre Ar-
beit im Bundestag selbst dann noch fortgeführt, als die
schwere Krankheit begann, ihre Kräfte au
Dass sie ihre Krankheit offen ansprach, sich n
versteckte, sondern immer beanspruchte, tät
hat Menschen Mut gemacht.

(C (D ung en 29. April 2004 3 Uhr Ihrem Mann und ihrer Familie drücken wir unser tiees Mitgefühl aus. Wir werden Anke Hartnagel in ehrener Erinnerung behalten. – Ich danke Ihnen. Zunächst gratuliere ich dem Kollegen Dr. Hermann cheer zu seinem heutigen 60. Geburtstag sehr herzlich. ch möchte aber auch einer Kollegin und mehreren Kolegen, die in den zurückliegenden Wochen ebenfalls ihen 60. Geburtstag begingen, gratulieren. Es sind dies: hristine Lucyga, Bundeskanzler Gerhard Schröder owie die Kollegen Ernst Küchler, Ludwig Stiegler nd Walter Kolbow. Ihnen allen nachträglich die besten lückwünsche des Hauses! Sodann teile ich mit, dass nach einer interfraktionel en Vereinbarung die verbundene Tagesordnung um die n einer Zusatzpunktliste aufgeführten Punkte erweitert erden soll: ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU gemäß Anlage 5 Nr. 1 Buchstabe b GO-BT: zu den Antworten der Bundesregierung auf die dringlichen Fragen in Drucksache 15/2965 ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a)


(Beifall)


(siehe 104. Sitzung)


(Ergänzung zu TOP 24)


ext
Siegfried Scheffler, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten Günter
Nooke, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU, der Abge-
ordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Irmingard Schewe-
Gerigk, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie
der Abgeordneten Joachim Günther (Plauen), Horst
Friedrich (Bayreuth), Eberhard Otto (Godern),
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP: Planung
und städtebauliche Zielvorstellungen des Bundes für
den Bereich beiderseits der Spree zwischen Marschall-
und Weidendammer Brücke vorlegen
– Drucksache 15/2981 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)


sschuss
ss für Kultur und Medien
g des Antrags der Abgeordneten Brunhilde Irber,
Faße, Renate Gradistanac, weiterer Abgeordneter
fzuzehren.
icht damit
ig zu sein,

Innenau
Ausschu

b) Beratun
Annette






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Undine
Kurth (Quedlinburg), Rainder Steenblock, Volker Beck

(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des

BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Chancen und Poten-
ziale des Deutschlandtourismus in der erweiterten
Europäischen Union konsequent nutzen
– Drucksache 15/2980 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags des Präsidenten des Bundesrech-
nungshofes
Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Haus-
haltsjahr 2003 – Einzelplan 20 –
– Drucksache 15/2885 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

ZP 3 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der SPD und
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Äußerungen aus der
CSU zur Finanzierungslücke von rund 100 Milliarden
Euro in den Konzepten der CDU zur Reform der Sozial-
und Steuersysteme

ZP 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Christel
Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann, Ulrike Flach, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Chancen der
Grünen Gentechnik nutzen – Gentechnikgesetz und Gen-
technik-Durchführungsgesetz grundlegend korrigieren
– Drucksache 15/2979 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle Laurischk,
Rainer Funke, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP: Umsetzung der Gemeinsamen Erklä-
rung zum 40. Jahrestag des Elysée-Vertrags – Regionale
und interregionale Zusammenarbeit – Schaffung von
Eurodistrikten
– Drucksache 15/1111 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

ZP 6 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Hal-
tung der Bundesregierung zur allgemeinen Wehrpflicht
und zu Plänen für ein soziales Pflichtjahr

Von der Frist für den Beginn der Beratung soll, soweit
erforderlich, abgewichen werden.

Abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte
10 a und 10 b – Energieforschungsprogramm –, 12 – De-
mokratisierung in Moldau –, 13 – Übereinkommen zum

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(C (D chutz des menschlichen Lebens auf See – sowie die weite und dritte Beratung des in Tagesordnungsunkt 25 b aufgeführten Entwurfs eines Register-Fühungsgesetzes. Da die Bundesregierung eine Erklärung es Herrn Bundeskanzlers zur Erweiterung der Europäichen Union angekündigt hat, an die sich eine Aussprahe anschließt, ist die vorgesehene vereinbarte Debatte bsolet geworden. Ferner soll die Beratung des FDP-Antrags „Sperrzei en für Außengastronomie“ bereits nach Tagesordnungsunkt 9 stattfinden und die Änderung des Tierseuchenesetzes, Tagesordnungspunkt 16, ohne Debatte rfolgen. Darüber hinaus mache ich auf eine nachträgliche berweisung im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerkam: Der in der 95. Sitzung des Deutschen Bundestages berwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem usschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe ur Mitberatung überwiesen werden. Antrag der Abgeordneten Hans Büttner (Ingolstadt)

weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Winfried Hermann,
Volker Beck (Köln), Michaele Hustedt, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN: Sportförderung in den
auswärtigen Kulturbeziehungen ausbauen
– Drucksache 15/1879 –
überwiesen:
Sportausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Kultur und Medien

Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? –
ch höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:
– Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-

nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Neuordnung der einkommensteuerrechtli-
chen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendun-

(Alterseinkünftegesetz – AltEinkG)

– Drucksache 15/2150 –

(Erste Beratung 83. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen
Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen

(Alterseinkünftegesetz – AltEinkG)

– Drucksachen 15/2563, 15/2592 –

(Erste Beratung 94. Sitzung)







(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

a) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-

schusses (7. Ausschuss)

– Drucksachen 15/2986, 15/3004 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Horst Schild
Klaus-Peter Flosbach
Kerstin Andreae
Dr. Andreas Pinkwart

b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung
– Drucksache 15/2987 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Anja Hajduk
Dr. Günter Rexrodt

Es liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktion der
CDU/CSU sowie der Fraktion der FDP vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Bundesminis-
ter Hans Eichel das Wort.


Hans Eichel (SPD):
Rede ID: ID1510500100

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit sind die
zentralen Leitbilder, an denen sich eine zukunftsorien-
tierte Politik messen lassen muss. Denn fast alle politi-
schen Entscheidungen betreffen nicht nur die heutige
Generation, sondern haben auch Auswirkungen auf
kommende Generationen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Deswegen machen wir immer mehr Schulden, ja? – Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Sie haben keine Veranlassung, hier den Mund aufzumachen bei Ihrem erbärmlichen Verhalten!)


Vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden demo-
graphischen Wandels bedeutet die Orientierung an die-
sen Leitbildern mehr denn je: Keine Generation darf auf
Kosten der nachrückenden Generation leben; andernfalls
ist die langfristige Stabilität unserer Gesellschaft gefähr-
det.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Genau wie die Schulden!)


– Wissen Sie, zu Ihrem Zwischenruf „Genau wie die
Schulden!“ muss ich Ihnen sagen: Sie haben ja Recht.
Nur, es ist noch gar nicht so lange her, dass ich den größ-
ten Schuldenberg der Geschichte von Ihnen übernehmen
musste. Auch das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Aber Sie machen noch mehr!)


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(C (D Die Herausforderungen des demographischen Wanels betreffen insbesondere auch die Altersvorsorge. Die robleme Altersvorsorge und demographischer Wandel ängen unmittelbar zusammen. Mit der Einführung der apitalgedeckten Altersvorsorge, der so genannten iester-Rente, haben wir bereits in der letzten Legislaurperiode einen wichtigen Schritt zu einer nachhaltigen lterssicherung vollzogen. Jetzt geht es darum, eine zuunftsfähige und transparente Lösung für die Besteueung von Alterseinkünften zu finden. Dazu gehört neben der eigentlichen Besteuerung der inkünfte im Alter eine auf diese Besteuerung abgetimmte, einheitliche steuerliche Regelung zur Behandung der Altersvorsorgebeiträge. Hierzu dient der vorlieende Entwurf eines Alterseinkünftegesetzes. Die Altersvorsorge wird künftig in zunehmendem aße steuerfrei gestellt, sodass die Steuerlast für die ererbstätige Generation sinkt. Im Gegenzug wird sehr angfristig auf eine volle Besteuerung der Renten umgetellt. Durch die sehr weichen Übergangsregelungen ird die Masse der Sozialversicherungsrenten auch weierhin steuerlich unbelastet bleiben. Mit der Vorlage des Entwurfs eines Alterseinkünftege etzes wird der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts ur gleichmäßigen Besteuerung von Sozialversicheungsrenten, Beamtenpensionen und Erwerbseinkomen umgesetzt. Wir haben gehandelt – diesen Vorwurf ann ich Ihnen nach Ihren Zwischenrufen nicht erparen –, nachdem es der Regierung Kohl in den 16 Jahen ihrer Regierungszeit nicht gelungen ist, eine gerechte nd verfassungsfeste Neuregelung auf den Weg zu brinen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


uch das ist ein Beispiel für den eklatanten Reformstau,
en Sie hinterlassen haben.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Sie haben doch die Reformen verhindert!)


Schwerpunkt des Gesetzentwurfes ist, wie schon er-
ähnt, der schrittweise Übergang zur nachgelagerten
esteuerung von Alterseinkünften – unter weit rei-
hender Schonung der bestehenden Renten und der ren-
ennahen Jahrgänge.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Petersberger Reformen!)


Wissen Sie, mit Petersberg können Sie langsam nun
irklich nicht mehr kommen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Was?)

enn Sie einmal nachlesen, was Herr Koch in seinem
uch geschrieben hat, werden Sie feststellen, dass es ge-
au das Richtige war, nämlich dass Sie nicht den Mut
atten, dieses Thema am Beginn der Wahlperiode einzu-
ringen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Bundesminister Hans Eichel

Sie wissen, dass das zur Folge hatte – so original Herr
Koch –,


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie haben blockiert!)


dass der Finanzminister damals eigentlich hätte gehen
müssen. Machen Sie das in Ihren eigenen Reihen aus,
aber nicht mit uns!

Des Weiteren enthält der Gesetzentwurf Regelungen
zur Besteuerung von Beamten- und Werkspensionen,
Regelungen, durch die im Bereich der kapitalgedeckten
betrieblichen Altersvorsorge ebenfalls zur nachgelager-
ten Besteuerung übergegangen wird, und Regelungen,
die das Verfahren bei der privaten kapitalgedeckten Al-
tersvorsorge, der Riester-Rente, vereinfachen und den
Verbraucherschutz verbessern.

Auf der Basis des Urteils des Bundesverfassungsge-
richts vom 6. März 2002 hatte die Bundesregierung eine
Sachverständigenkommission eingesetzt, deren Vor-
schläge in den vorliegenden Entwurf eines Altersein-
künftegesetzes eingegangen sind. Im Ergebnis haben wir
eine systematisch schlüssige und folgerichtige Behand-
lung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezü-
gen erreicht. Die vorgelegte Neuregelung ist zudem ge-
samtwirtschaftlich vorteilhaft und sozial tragfähig.
Unser Vorschlag trägt außerdem dazu bei, das Besteue-
rungssystem transparenter und einfacher zu machen.

Kernelement beim schrittweisen Übergang zur nach-
gelagerten Besteuerung von Alterseinkünften ist die
Freistellung der Altersvorsorgebeiträge der Erwerbstäti-
gen. Bereits im ersten Jahr werden die Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer um knapp 2 Milliarden Euro ent-
lastet; in jedem Folgejahr steigt die Entlastung um eine
weitere Milliarde Euro an. Nach 20 Jahren ist die volle
Entlastung der Erwerbstätigen mit jährlich 20 Milliarden
Euro erreicht. Die schrittweise ansteigende steuerliche
Berücksichtigung von Altersvorsorgeaufwendungen er-
höht das Nettoeinkommen und erweitert so den Spiel-
raum für die eigene Zukunftsvorsorge. Das war mit der
Riester-Rente vor dem Hintergrund der demographi-
schen Entwicklung ausdrücklich gewollt und notwendig.

Da während der erwerbsmäßig aktiven Lebensphase
wegen der Höhe der dann erzielten Einkommen typi-
scherweise höhere Steuersätze greifen als im Alter, führt
der Übergang auf die nachgelagerte Besteuerung der
Renten auch unter Berücksichtigung der späteren Steuer-
last auf die Rente unter dem Strich zu einer Entlastung
der Steuerzahler. Auch bei gesamtwirtschaftlicher Be-
trachtung ist die nachgelagerte Besteuerung de facto ein
Steuersenkungsprogramm, denn die eben genannten Ent-
lastungen werden durch die erhöhte Besteuerung der Al-
tersbezüge nur teilweise kompensiert. Dass mir das als
Finanzminister nicht ganz leicht gefallen ist; das muss
ich an dieser Stelle, glaube ich, nicht ausdrücklich beto-
nen.

Beide Übergangsphasen – die zur Vollbesteuerung der
Renten und die zur vollen Abziehbarkeit der Altersvor-
sorgebeiträge – sind dabei so aufeinander abgestimmt,
dass eine Zweifachbesteuerung vermieden wird. Sollte
es in einigen wenigen Spezialfällen – das war ja auch ein

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(C (D ichtiger Gegenstand der Debatte – die in den Medien erne zu einem Massenphänomen aufgebauscht wurden, och zu einer Doppelbesteuerung kommen, kann der etroffene durch einen entsprechenden Nachweis geenüber dem Finanzamt bewirken, dass auch hier eine weifachbesteuerung verhindert wird; das ist nur recht nd billig. Aber auch für die Rentner besteht kein Grund zu Be ürchtungen: Die große Mehrheit der Rentner muss auch n Zukunft keine Steuern auf ihre Renten zahlen. Für rei von vier steuerpflichtigen Rentenbeziehern wird das eue Recht ohne steuerliche Auswirkung sein. Lediglich iejenigen steuerpflichtigen Rentenempfänger, die über rhebliche Nebeneinkünfte verfügen, werden nach dem euen Recht steuerbelastet. Schon nach dem geltenden Recht müssen im ahr 2005 2 Millionen Rentner Einkommensteuer zahen, weil bei ihnen zu ihrer Rente noch andere Einkomen hinzukommen. Nach dem Gesetzentwurf sind bei llein stehenden so genannten Bestandsrentnern und bei en Neufällen des Jahres 2005 Rentenbezüge bis zu eier Höhe von 18 900 Euro im Jahr oder 1 575 Euro im onat steuerunbelastet. Ich wiederhole: 18 900 Euro im ahr oder 1 575 Euro im Monat sind steuerunbelastet, enn neben der Rente keine anderen Einkünfte vorlieen. Auch künftig bleiben Durchschnittsrenten also steurunbelastet. Das gilt auch dann, wenn eine normale Beriebsrente hinzukommt. Zum Vergleich: Bei allein tehenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, also ei denjenigen, die sich noch in der aktiven Phase des erufslebens befinden, setzt die Besteuerung bereits bei inem Einkommen von knapp 10 800 Euro ein. Das ängt natürlich – das ist klar – mit der Besteuerung hinichtlich der Vorsorgebeiträge zusammen. Sonst könnte as bei den Renten so nicht funktionieren. Eine steuerliche Mehrbelastung wird überwiegend ur dann entstehen, wenn zu der Rente noch andere Einünfte aus Werkspensionen, Vermietung und Verachtung oder von noch erwerbstätigen Ehepartnern inzukommen. In diesen Fällen ist die Rente übrigens äufig nur das Nebeneinkommen. Das trägt auch dazu ei, dass der Grundsatz der Besteuerung nach der Leisungsfähigkeit wieder mehr Gewicht bekommt. Durch den vorgelegten Gesetzentwurf sind die beste enden Gestaltungsmöglichkeiten zugunsten der Renenempfänger aus verfassungsrechtlicher Sicht weitestehend ausgeschöpft. Eine noch weiter gehende oder och länger fortgesetzte Privilegierung der Rentenempänger gegenüber den aktiv Erwerbstätigen wäre verfasungsrechtlich kaum noch vertretbar. Meine Damen und Herren, der demographische Wan el erfordert eine Politik, die bereits heute die sich in den ommenden Jahren und Jahrzehnten abzeichnenden Vernderungen der Bevölkerungsstruktur mit berücksichigt. Was wir brauchen, sind tragfähige und verlässliche ahmenbedingungen für Jung und Alt. Das gilt insesondere für die Altersvorsorge. Wir brauchen ein Mitinander und ein Füreinander der Generationen. Wir rauchen Solidarität zwischen Jung und Alt. Diese Soliarität ist keine Einbahnstraße, sie gilt wechselseitig. Bundesminister Hans Eichel Mit dem Entwurf des Alterseinkünftegesetzes legt die Bundesregierung einen Vorschlag vor, der diese Anforderungen an eine zukunftsgerichtete Politik ebenso erfüllt wie die Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an eine Neuregelung geknüpft hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, ich appelliere an Sie – das sage ich vor allem vor dem Hintergrund der Vordiskussionen –: Lassen Sie das Gesetz nicht einfach nur passieren, sondern stimmen Sie ihm zu! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510500200

Ich erteile das Wort Kollegen Klaus-Peter Flosbach,

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Klaus-Peter Flosbach (CDU):
Rede ID: ID1510500300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

beraten heute das Alterseinkünftegesetz. Die Bundesre-
gierung und die Fraktionen von Rot-Grün haben hier je-
weils einen gleichlautenden Gesetzentwurf vorgelegt,
der die Neuordnung insbesondere der steuerlichen Seite
der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der betriebli-
chen und der privaten Altersvorsorge vorsieht. Dieser
Gesetzentwurf ist jedoch in keiner Weise der große
Wurf, als der er hier verkauft wird. Er wird nicht nur von
der Opposition wenig Zustimmung bekommen, sondern
er wird auch bei der Bevölkerung wenig Zustimmung
finden, weil er in wesentlichen Punkten an den Bedürf-
nissen und Notwendigkeiten vorbeigeht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Bundesverfassungsgericht hat 2002 und nicht

1998, also nach vier Jahren Regierungszeit von Rot-
Grün, festgestellt, dass die jetzige Regelung verfas-
sungswidrig ist, weil der Gleichheitsgrundsatz verletzt
ist. Wir haben zurzeit folgende Situation: Pensionen
werden zu 100 Prozent besteuert, Renten dagegen nicht.
Ein 65-jähriger Rentner zum Beispiel muss nur
27 Prozent seiner Rente versteuern, 73 Prozent sind von
der Besteuerung freigestellt.

Die Folge ist, dass es bis zum 1. Januar 2005 zu einer
Neuregelung kommen muss; denn ansonsten können die
Pensionen ab Januar des nächsten Jahres nicht mehr be-
steuert werden. Deshalb muss auch der Bundesrat zu-
stimmen. Die Länder haben ein großes Interesse daran,
dass hier eine Regelung gefunden wird. – Das ist die
Ausgangslage.

Bei der Erarbeitung dieser wichtigen Neuordnung des
gesamten Systems und der Abstimmung mit Experten
muss natürlich größte Sorgfalt geübt werden, damit das
Vertrauen der jetzigen Rentner und die Zustimmung der
nächsten Generation erlangt werden. Wir alle haben aber
die Anhörung erlebt und inzwischen stapelweise Gut-
achten und Stellungnahmen vorliegen. Die gesamte
Fachbranche sagt, dass dies bis jetzt durch und durch un-

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(C (D ereimt ist und in keiner Weise von einer Vereinfachung es Steuerrechts geredet werden kann. Das Bundesfinanzministerium hat vorgerechnet, dass n Zukunft 2 Millionen Rentner mehr Steuern zahlen üssen und dass 1,3 Millionen Rentner erstmals zur teuerzahlung herangezogen werden. Herr Minister, Sie aben gesagt, dass 18 900 Euro steuerfrei bleiben. Das st richtig. Sehr viele prüfen derzeit aber, ob diese Beteuerung überhaupt gerechtfertigt ist; denn das Bundeserfassungsgericht hat in einem zweiten Urteil festgeegt, es dürfe nicht zu einer Zweifachbesteuerung ommen. Wenn die Rente später besteuert wird, dann üssen die Beiträge für diese Rente selbstverständlich teuerfrei gestellt werden. Mit Ihrem ersten Entwurf haben Sie diese Forderung berhaupt nicht erfüllt. Das haben das Gutachten und uch die Stellungnahmen in der Anhörung ergeben. Es urde insbesondere bemängelt, dass Sie den Grundfreietrag im Alter als steuerfreien Vorteil darstellen. Wir issen: Wenn die Doppelbesteuerung nicht vermieden ird, dann besteht die Gefahr eines neuen Verfahrens or dem Bundesverfassungsgericht. Wir von der Union ind froh, dass wir uns in der Diskussion durchsetzen onnten und Sie einer Öffnungsklausel und einer eventullen Einzelfallprüfung zugestimmt haben. Wir haben ns in dieser Frage geeinigt. Dies haben wir auch bezoen auf die Billigkeitsprüfung für Hochbetagte getan: er Rentner darf bei einem einfachen Fehler nicht gleich ls Steuerhinterzieher belangt werden können. Schließich haben wir uns auch auf ein mögliches Quellenabugsverfahren ab dem Jahre 2007 geeinigt. Das sind eider auch schon alle unsere Gemeinsamkeiten. Herr Eichel, nach Ihrer Rede müssen wir irgendwann inmal konkret werden. Sie haben allgemeine Ausfühungen über die Notwendigkeit einer Vorsorge gemacht. er Entwurf, den Sie am 12. Dezember 2003 hier vorgeegt haben, entspricht einer Kampfansage an die private nd die betriebliche Vorsorge. ir alle wissen: Sie haben es trotz Ihres Nachhaltigeitsgesetzes in wenigen Jahren geschafft, das Vertrauen n die gesetzliche Rente nachhaltig zu zerstören. Jeder eiß heute, Vorsorge ist nötig. Sie wissen aber auch, ass die Riester-Rente überhaupt nicht funktioniert. (Joachim Poß [SPD]: Unglaubliche Heucheleien!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ur jeder Siebte der Anspruchsberechtigten hat die
iester-Rente bisher abgeschlossen, weil sie zu kompli-
iert ist und kein Mensch sie versteht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Weil Sie das Produkt schlecht gemacht haben! Miesmacher!)


Sie haben jetzt einen weiteren Vorstoß gewagt, gemäß
em Frauen und Männer in Zukunft gleiche Beiträge für
ie Riester-Rente zahlen müssen. Die gesamte Branche






(A) )



(B) )


Klaus-Peter Flosbach

ist der Meinung, dass dies der endgültige Todesstoß für
die Riester-Rente ist.


(Joachim Poß [SPD]: Was sagte denn Frau Böhmer im „Morgenmagazin“ dazu?)


– Herr Poß, für ein Gesetz, durch das Sie die Menschen
durch und durch bevormunden, können Sie natürlich
keine Zustimmung von uns verlangen.


(Joachim Poß [SPD]: Wer spricht für Ihre Fraktion? Frau Böhmer oder Sie? Welche Position haben Sie denn dazu?)


Sie haben eine Vorlage vorgelegt, nach der in Zukunft
nur noch die Beiträge als Vorsorgeaufwendungen ab-
zugsfähig sind, die nicht beleihbar und nicht kapitalisier-
bar sind. Sie wollen den Menschen vor allen Dingen vor-
schreiben, dass sie ihre persönlich angesparten Beiträge
nicht vererben können. Dafür werden Sie keinerlei Zu-
stimmung in der Bevölkerung erhalten. Sie werden auch
keine Zustimmung für Ihre Regelung erhalten, nach der
bei der abzugsfähigen privaten Altersvorsorge kein Ka-
pitalbetrag ausgezahlt werden kann. Viele Rentner ha-
ben mit 60 oder 65 Jahren das Bedürfnis, einen Teil des
Kapitals zu erhalten, um beispielsweise ihre Hypotheken
abzulösen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Zudem haben Sie die Vorsorge auf eine Leibrente be-

grenzt, wenn Sie das Wort „Versicherungsunternehmen“
aus dem Gesetzestext auch herausgenommen haben. Sie
wollen den Menschen letztendlich vorschreiben, dass sie
ausschließlich eine Vorsorge wie bei der gesetzlichen
Rentenversicherung treffen können.

Sie sollten stattdessen in dieser Phase die Möglichkeit
nutzen, den gesamten Finanzmarkt mit neuen Möglich-
keiten der Altersversorgung auszustatten. Bei jeder Ge-
legenheit klagen Sie über fehlendes Wachstum, aber Sie
verzichten darauf, Wettbewerb im Finanzmarkt stattfin-
den zu lassen. Wir wollen den Wettbewerb der Banken,
der Investmentgesellschaften und der Versicherungen.
Sie wollen lenken und den Menschen vorschreiben, wie
sie zu leben oder ihre Altersversorgung zu gestalten ha-
ben. Das wollen wir nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wenn Vorsorgeprodukte nicht attraktiv sind, bleibt
das Problem, dass junge Menschen in eine Armutsfalle
geraten; denn sie müssen für sich selbst sorgen und na-
türlich auch für die jetzigen Rentner zahlen. Deshalb ist
die Attraktivität der Altersvorsorge so wichtig. In Ihrem
ersten Entwurf wollten Sie beispielsweise die Steuer-
freiheit von Lebensversicherungen völlig beseitigen
und die volle Steuerpflicht auf alle Lebensversiche-
rungserträge ausdehnen.


(Joachim Poß [SPD]: Sie singen das hohe Lied der Versicherungswirtschaft!)


– Herr Poß, rufen Sie nicht dazwischen! Sie können
nachher zu diesem Punkt reden.


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(C (D (Joachim Poß [SPD]: Wie viel Spenden gibt es für diese Rede? – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Unverschämtheit! – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist eine bösartige Unterstellung! Das ist unglaublich!)


Die unflätigen Bemerkungen von Herrn Poß, der bei
einer Sitzung des Finanzausschusses dabei gewesen ist,
ind unverschämt. Sie sollten sich zurückhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir haben Ihnen ein Kompromissangebot gemacht,
m die Lebensversicherungen wettbewerbsfähig zu hal-
en. Die Lebensversicherung ist so beliebt, weil sie ein-
ach ist. Was aber machen Sie jetzt? – Sie schlagen eine
ünftelungsmethode gemäß § 34 EStG vor. Das heißt,
ede Auszahlung muss in Zukunft nach einer besonderen
bfindungsmethode berechnet werden. Das versteht
ein Mensch. Das ist außerdem für die Bürger die teu-
rste und steuerlich unattraktivste Methode.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht wahr!)


ch kann überhaupt nicht verstehen, warum Sie das den
enschen antun wollen.
Ihr Gesetzentwurf umfasst 100 Seiten Gesetzestext

nd Begründung. Die Kompliziertheit dieses Gesetzes
st einer der traurigen Höhepunkte und ein Musterbei-
piel dafür, dass unser Einkommensteuergesetz nicht
ehr reparabel ist. Folgen Sie endlich den Vorschlägen
er Union zur Vereinfachung des Steuerrechts!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Der Minister erklärt: Das von uns geschaffene Gesetz
st transparent und einfach. – Darüber können wir in der
at nur lachen. Den Menschen bleibt nur noch die Hoff-
ung auf eine betriebliche Altersversorgung. Sie von
en Regierungsfraktionen sollten im Grunde stolz darauf
ein, dass seit dem Jahre 2001 das Ausmaß der betriebli-
hen Altersversorgung hinsichtlich Pensionskassen und
irektversicherungen deutlich gestiegen ist, weil die
ntgeltumwandlung für jeden einzelnen Arbeitnehmer
öglich ist.
Jetzt aber schlagen Sie vor, die bisherige Form der
irektversicherung durch Aufhebung der Pauschalbe-
teuerung wegfallen zu lassen. Ihr erster Gesetzentwurf
nthielt eine ausschließliche Begrenzung der betriebli-
hen Altersversorgung auf 4 Prozent des Bruttolohnes,
bwohl wir heute wesentlich mehr Möglichkeiten haben;
enn nicht nur 4 Prozent des Bruttogehalts des Arbeit-
ehmers, sondern – das ist unsere Forderung – auch
Prozent vom Arbeitgeber sollen zur Finanzierung der
orsorge möglich sein. Viele Arbeitnehmer hätten ihre
nsprüche auf betriebliche Altersversorgung durch den
rbeitgeber verloren, wenn Ihr Gesetz beschlossen wor-
en wäre.
Nun haben Sie Gott sei Dank einen zusätzlichen Steu-

rfreibetrag von 1 800 Euro angeboten. Wir fordern nach
ie vor 4 Prozent für die vom Arbeitgeber finanzierte






(A) )



(B) )


Klaus-Peter Flosbach

Vorsorge, weil hier eine Anpassung an die Bemessungs-
grundlage erfolgen muss. Es muss ein dynamischer Pro-
zess entstehen; denn die Menschen müssen gemäß der
Bemessungsgrundlage auch dynamisch höhere Bei-
träge einzahlen. Natürlich müssen Sie ebenso die Infla-
tion betrachten.


(Horst Schild [SPD]: Vor allem müssen Sie das Geld haben!)


Herr Schild, jetzt bieten Sie zusätzlich 1 800 Euro als
vom Arbeitgeber finanzierte Altersversorgung. Gleich-
zeitig fordern Sie, dass diese Summe mit Sozialversiche-
rungsbeiträgen belegt wird, obwohl das heute im We-
sentlichen nicht der Fall ist.


(Horst Schild [SPD]: Fragen Sie doch mal Herrn Seehofer oder Herrn Storm, was sie davon halten!)


Im Alter müssen die Rentner dafür noch einmal So-
zialversicherungsbeiträge zahlen. Worin soll die Attrak-
tivität einer betrieblichen Altersversorgung liegen, wenn
der Unterschied zu einer privaten Kapitalanlage nicht
mehr sichtbar ist?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Alles gegen die Wand gefahren!)


Sie setzen deutlich falsche Schwerpunkte. Diese Unsys-
tematik schmerzt und hat die Suche nach Kompromissen
erschwert.

Aber dass Sie es zulassen, dass vorzeitig Pensionierte,
die das Unternehmen frühzeitig verlassen haben, eine
höhere Rente als Betriebstreue oder Erwerbsunfähige bei
ihrem Ausscheiden bekommen, weil Sie ein Fehlurteil
des Bundesarbeitsgerichts nicht korrigieren wollen, ist
für uns überhaupt nicht nachvollziehbar. Die gesamte Fi-
nanzbranche, die mit betrieblicher Altersvorsorge zu tun
hat, ist schockiert darüber, dass Sie dies nicht korrigieren
wollen. Fachleute rechnen damit, dass jährlich 30 bis
40 Millionen Euro auf den Pensions-Sicherungs-Verein
zukommen werden, der diese Pensionen sichern soll,
weil Sie nicht korrigierend eingreifen wollen.

Nach neuen Hiobsbotschaften für die Rentner für das
nächste Jahr – auch dann ist wieder mit einer Nullrunde
zu rechnen – werden auch die im Berufsleben Stehen-
den, die Aktiven hinsichtlich ihrer Vorsorgemöglichkei-
ten zutiefst verunsichert. Nach Aussagen von Experten
wollen die Bürger Wohnungseigentum, eine sichere
Rente und ein Stück finanzielle Freiheit. Sie wollen
keine Bevormundung. Es besteht die große Gefahr bei
diesem Gesetz, dass die Rentner belastet werden, aber
die Jungen nicht für ihr Alter vorsorgen, weil die Vor-
sorgeprodukte so unattraktiv sind, dass sie hierfür keine
Entscheidung treffen werden. Wir brauchen aber in die-
sem Lande einfache, nachvollziehbare und klare gesetz-
liche Regelungen, die von den Bürgern verstanden und
akzeptiert werden.

Dieses Gesetz ist eine laufende Produktion von Ver-
unsicherungen. Wir haben unsere Bedenken von Anfang
an geäußert und unsere Meinung in der gesamten Phase
im Gegensatz zu Ihnen nicht wegen besserer Erkennt-

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(C (D isse ändern müssen. Unterstützen Sie deshalb unseren ntschließungsantrag und lehnen Sie die Vorlage von ot-Grün ab! Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Das ist der Gipfel der Scheinheiligkeit!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510500400

Lieber Kollege Poß, wir sollten auch während leiden-

chaftlicher Debatten nicht Verdächtigungen ausspre-
hen. Unter Parlamentariern ist das nicht üblich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich erteile nun Kollegin Christine Scheel, Fraktion
ündnis 90/Die Grünen, das Wort.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510500500

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
enn man sich die Zeitungslandschaft in den letzten Ta-
en zu diesem Thema anschaut und heute den Leitartikel
n der „Süddeutschen Zeitung“ liest, dann kommt man
u der Überzeugung, dass all diejenigen, die zu dem Er-
ebnis gekommen sind, dass die Union versucht, Volks-
erdummung zu betreiben, völlig Recht haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


ie suchen krampfhaft Gründe, warum Sie dieses Gesetz
ier ablehnen können, um ihm dann im Bundesrat aus
ngeblich staatspolitischer Verantwortung zuzustimmen.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Das ist doch Blödsinn!)


as ist scheinheilig, das täuscht die Öffentlichkeit und
as hat mit Seriosität und Glaubwürdigkeit, meine Da-
en und Herren von der Union, nichts mehr zu tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir haben uns gemeinsam in den vergangenen Wo-
hen auf der Fachebene sehr viel Zeit genommen – ich
obe an dieser Stelle bewusst auch die Fachpolitikerin-
en und Fachpolitiker der CDU/CSU und der FDP – und
ehr gute Debatten geführt. Wir haben uns mit den Vor-
chlägen, die Sie eingebracht haben, auseinander gesetzt
nd die Vorschläge der Union weitestgehend aufgenom-
en. Zu den FDP-Vorschlägen komme ich noch. Rot-
rün hat in großen Teilen Unterstützung gegeben. Was
ber nicht geht, ist, dass Vorschläge, vor allen Dingen
iejenigen der FDP-Fraktion, aufgenommen werden, die
usätzliche Milliardenlöcher in die Haushalte schlagen
ürden. Das können wir auch aus staatspolitischer Ver-
ntwortung nicht machen.


(Beifall der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf Geld kommt es bei denen nicht an! Die haben ein schwarzes Konto!)







(A) )



(B) )


Christine Scheel

Deswegen haben wir ein Gesetz vorgelegt, das inhaltlich
sehr gut ist, das staatspolitisch verantwortlich ist und
auch gegenüber den Ländern, den Kommunen und dem
Bund unserer Aussage gerecht wird, dass wir keine wei-
tere Neuverschuldung wollen.

Herr Minister Eichel hat mit einem weinenden Auge
auf eine Tatsache hingewiesen. Wir reden hier über Ren-
tenbesteuerung, dürfen aber nicht vergessen, dass dieses
Gesetz dazu führt, dass diejenigen, die im Erwerbsleben
stehen, bis zum Jahre 2010 um 5 Milliarden Euro entlas-
tet werden. Diese Entlastung ist in der Debatte bislang
völlig untergegangen.

Wenn man sich auf der fachlichen Ebene so weit an-
nähert, dann verstehe ich nicht, dass Herr Kauder, der
immer wieder gerne von dem Chaos spricht, das hier
produziert wird,


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Recht hat er!)


am Wochenende selbst Chaos erzeugt hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Am Montag hat Herr Kauder noch eine Totalblockade
im Bundestag wie auch im Bundesrat verkündet. Darauf-
hin hat Frau Merkel, die schließlich weiß, dass die Zu-
stimmung des Bundesrates notwendig ist, festgestellt,
dass das Gesetz vielleicht doch eine Mehrheit im Bun-
desrat erzielen könnte. Dann wiederum hat Herr Kauder
am Dienstag angekündigt, dass im Bundesrat unter mini-
maler Beteiligung der unionsregierten Länder – in die-
sem Zusammenhang wurden Thüringen, das Saarland
und Sachsen genannt – eine Zustimmung erfolgt.


(Horst Schild [SPD]: Zwei Länder waren darauf angewiesen!)


Interessanterweise hat aber der Ministerpräsident von
Thüringen, Dieter Althaus, davon offenbar nichts ge-
wusst. Er hält das Gesetz gegenwärtig nicht für zustim-
mungsfähig. Ich weiß allerdings nicht, warum.


(Joachim Poß [SPD]: Er weiß es auch nicht!)

Sie wiederum verkünden, dass Thüringen zustimmen
wird. Daran wird deutlich, welches Schmierentheater die
Union zu diesem Thema aufführt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich hoffe sehr, dass dieses parteitaktische Verwirrspiel
der Union bald ein Ende hat. Denn ein so langfristiges
Projekt wie die nachgelagerte Besteuerung der Alters-
einkünfte ist dafür denkbar ungeeignet.


(Joachim Poß [SPD]: Das ist wohl wahr!)

Wir alle müssen dafür sorgen, dass die Bevölkerung

die notwendigen Informationen bekommt. Es geht nicht
an, Informationen zu verbreiten, die auf alten Vorlagen
beruhen und mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nichts
mehr zu tun haben, um die Menschen zu verwirren.
Auch das ist unverantwortlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Wir setzen mit dem Gesetzentwurf den Auftrag des undesverfassungsgerichts um, Renten und Pensionen teuerlich gleich zu behandeln. Ich möchte Sie in diesem usammenhang daran erinnern, dass wir diesem Auftrag icht irgendwann nachkommen können, sondern dass ir verpflichtet sind, ihn bis spätestens 2005 zu erfüllen. Ich gehe zwar davon aus, dass der Bundesrat dem Ge etzentwurf zustimmen wird, aber angenommen, die nkündigungen von Herrn Kauder würden realisiert und er Bundesrat würde den Gesetzentwurf ablehnen, dann äre die jetzige Besteuerung von Pensionen, die seit ielen Jahren Bestand hat, verfassungswidrig. Es würde u jährlichen Steuerausfällen in Höhe von 10 Milliaren Euro und zu einer Flut von Klagen kommen. Dieses haos würden Sie anrichten, wenn der Bundesrat dem esetzentwurf nicht zustimmt. Die nachgelagerte Besteuerung ist der richtige Weg ur Reform der Rentenbesteuerung. Darin sind sich alle inig. Politiker auf Bundesund Landesebene, Wissenchaftler und Verbände haben in den vergangenen Jahren arauf hingewiesen, dass die nachgelagerte Besteuerung er richtige Weg ist. Auch die Union hat sich in jedem ahlkampf in verschiedenen Hochglanzbroschüren imer wieder für die nachgelagerte Besteuerung ausgeprochen. Umso verwunderlicher ist es, dass Sie ein solch gro es Reformwerk infrage stellen, das viele Generationen etrifft. Für die derzeit Beschäftigten, Selbstständige wie bhängig Beschäftigte, junge und ältere Menschen wird n den nächsten Jahrzehnten in einem gleitenden Überang die nachgelagerte Besteuerung eingeführt. Dieses eformwerk so umzusetzen, dass es sozial ausgewogen st und zu Entlastungen durch die steuerliche Freistelung der Rentenversicherungsbeiträge führt, die gleihermaßen für einen stärkeren Einsatz zugunsten der rivaten Altersvorsorge wie auch der betrieblichen Vororge genutzt werden können, ist ein Kraftakt. Wir vom Bündnis 90/Die Grünen haben seit vielen ahren einen solchen Systemwechsel eingefordert; denn amit erreichen wir, dass der Einzelne konsequent nach einer steuerlichen Leistungsfähigkeit besteuert wird nd dass hinsichtlich der Pflichtbeiträge zu den Sozialersicherungen, die für die Steuerpflichtigen nicht verügbar sind und bislang zu einem großen Teil besteuert aren – dass diese Regelung ungerecht ist, wissen wir lle –, ein Kurswechsel erfolgt. Das ist der richtige Weg, en auch Sie immer wieder beschrieben haben. Daraus rgibt sich auch an dieser Stelle die große Verwunderung ber Ihr Verhalten. Die Altersvorsorgebeiträge werden bis 2025, und war beginnend mit 60 Prozent vom nächsten Jahr an, on der Steuer freigestellt. Erst die entsprechenden Alersbezüge werden besteuert, und zwar allmählich steiend – beginnend mit 50 Prozent vom nächsten Jahr an – is 2040. Dann werden alle Alterseinkünfte steuerlich enauso behandelt wie Erwerbseinkünfte. Die Gleichbeandlung von Erwerbsund Alterseinkünften ist völlig onsistent, wenn die Altersvorsorgebeiträge steuerfrei Christine Scheel sind. Vor diesem Hintergrund ist es auch richtig, dass die Steuern dann anfallen, wenn die Versicherungsleistungen dem Steuerpflichtigen tatsächlich zukommen. Es gibt einen sehr langen Übergangszeitraum. Ich sage Ihnen ganz offen, dass es auch mir gefallen hätte, wenn es gelungen wäre, den Übergangszeitraum zu verkürzen. Das hätte nämlich eine einfache Umsetzung und Anwendung des Gesetzes bedeutet. Man muss aber auf der einen Seite sehen, dass der Übergangszeitraum deswegen länger ist, weil die heutigen Rentnerinnen und Rentner nicht über Gebühr besteuert werden dürfen. Die Umstellung muss also langsam erfolgen. Auf der anderen Seite hätten wir die steuerliche Freistellung der Vorsorgeleistungen von heute auf morgen nicht finanzieren können; denn das hätte eine Belastung für die Haushalte des Bundes, der Länder und der Kommunen in Höhe von 20 Milliarden Euro bedeutet. Weil dies nicht zu verantworten gewesen wäre und weil wir weitestgehend sicherstellen wollen, dass es zu keiner Zweifachbesteuerung kommt, haben wir für einen langen Übergangszeitraum gesorgt. Wir haben auf der gestrigen Sitzung des Finanzausschusses die Entscheidung getroffen, und zwar im Prinzip gemeinsam, dass der so genannte Sonderausgabenabzug für alle unverändert bis 2010 fortbesteht – auch das ist übrigens eine Forderung der Union – und dass er danach bis 2019 sozialverträglich abgeschmolzen wird. Davon profitieren vor allem Bezieher von kleinen Einkommen. In den Genuss dieses Vorteils kommen aber nicht nur abhängig Beschäftigte, sondern auch Selbstständige; das ist auch richtig so. Wir waren uns ja in der gestrigen Beratung einig, dass es besser ist, dies auf alle zu übertragen, weil dies die Handhabung vereinfacht und weil es gerechter zu sein scheint, wenn dies für alle und nicht nur für einen Teil der Bevölkerung gilt. Deshalb haben wir für eine entsprechende Änderung gesorgt. Ein weiterer Punkt ist – das ist kein Geheimnis –, dass die private und die betriebliche Altersvorsorge neben der gesetzlichen Altersvorsorge immer mehr an Bedeutung für die Sicherung des Lebensstandards im Alter gewinnt. Es geht um bessere Chancen für die jungen Generationen, die sich eine eigene Altersvorsorge nach ihren Vorstellungen aufbauen wollen. Deshalb bieten wir entsprechende Möglichkeiten an. Ich finde es gut, dass die Junge Union kein Blatt vor den Mund nimmt und die Blockadehaltung ihrer Parteispitze kritisiert; das ist mutig. Sie hat auch Recht. Im Interesse der jungen Generation können wir der Jungen Union nur beipflichten. Wir sehen das genauso. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Joachim Poß [SPD]: Das wollen sie doch!)





(A) )


(B) )


Wir haben unter Verbraucherschutzgesichtspunkten
Berichtspflichten verbessert und Unisextarife einge-
führt. Männer und Frauen werden in Zukunft – verfas-
sungsgemäß – gleich behandelt. Wir haben auch Ände-
rungen bei den Lebensversicherungen vorgenommen.
Herr Flosbach, da Sie die Lebensversicherungen ange-
sprochen haben, möchte ich nur noch einmal daran erin-
nern, dass die Union in ihren Vorschlägen zu den Peters-

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(C (D erger Beschlüssen, auf die Sie immer so gerne erweisen, eine Änderung der Besteuerung der Lebensersicherungen vorsieht, und zwar auch für die besteenden Verträge. Genau das wollten wir nicht. Es wird ertrauensschutz für die bestehenden Verträge geben. ir werden dafür sorgen, dass vom Jahr 2005 an Steuerrivilegien zugunsten der Lebensversicherung abgebaut erden. Letzte Bemerkung: Ich wünsche mir, dass die Union en Eiertanz, den sie zum Schaden der Bürger und Bürerinnen aufführt, beendet, dass sich die Union ihrem erfassungsauftrag im Bundesrat nicht entzieht und dass lle politisch Verantwortlichen in diesem Land ihrer Verntwortung nachkommen und den Weg für die nachgelaerte Besteuerung freimachen. Hören Sie mit Ihrem heater auf! Seien Sie endlich ehrlich! Geben Sie sich inen Ruck und stimmen Sie dem heute vorliegenden esetzentwurf zu! Sie werden das im Bundesrat sowieso un. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510500600

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen

olker Kauder das Wort.

(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den „Eiertanz“ lässt er nicht auf sich beruhen!)



Volker Kauder (CDU):
Rede ID: ID1510500700

Sehr geehrte Frau Kollegin Scheel, Sie haben mich

öllig falsch zitiert. Ich wurde am Wochenende in einem
espräch mit einer Zeitung gefragt: Wird der Vermitt-
ungsausschuss vom Bundesrat angerufen, wenn Sie
ieses Gesetz im Deutschen Bundestag ablehnen? Da-
aufhin habe ich erklärt, dass wir ein Vermittlungsver-
ahren zurzeit nicht anstreben. Das war meine Formulie-
ung. Sie von der Koalition reagieren aber reflexartig mit
en Worten „Blockade, Blockade“. Sie sollten sich mehr
arauf konzentrieren, gute Gesetze zu machen, als gleich
Blockade“ zu schreien.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dass wir zunächst einmal erklärt haben, ein Vermitt-

ungsverfahren nicht anzustreben, heißt noch lange
icht, dass wir blockieren wollen. Es gibt noch andere
öglichkeiten, die Sie offenbar überhaupt nicht einkal-
ulieren. Sie hätten also viel ruhiger und gelassener sein
ollen.
Ich komme zum Schluss. Sie haben hier, im Deut-

chen Bundestag, mehrere Rentengesetze eingebracht.
ch sage klar: Wenn Sie das gemacht hätten, was das
undesverfassungsgericht verlangt, nämlich die nachge-
agerte Besteuerung in einem Gesetz zu regeln, und dies
icht noch mit allerlei Unsinnigkeiten verbunden hätten,
ann wäre die Debatte viel einfacher gewesen.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510500800

Kollegin Scheel, Sie haben die Möglichkeit zur Erwi-

derung.

(Horst Schild [SPD]: Wer wollte denn noch mehr? Die Union! – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Sie stürzt sich noch ins Unglück, wenn sie so weitermacht!)



Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510500900

Herr Kollege Schauerte, ich glaube nicht, dass Sie

sich Sorgen machen müssen, dass ich mich ins Unglück
stürze. Das werde ich nicht tun.

Herr Kauder, ich habe nur an Sie appelliert. Wenn Sie
signalisieren, dass der Bundesrat zustimmt – das haben
Sie am Dienstag gesagt –, dann wäre es doch nur ehrlich,
wenn die Union diesem Gesetz auch hier zustimmte. Sie
wissen ganz genau, dass dieses Gesetz, das heute mit der
Mehrheit von Rot-Grün und, wie ich immer noch hoffe
– ab und zu bin ich optimistisch –, auch mit Ihren Stim-
men verabschiedet wird, unverändert in den Bundesrat
geht. Sie haben gesagt, man werde den Vermittlungsaus-
schuss nicht anrufen, was ich sehr begrüße.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Nein, nicht anstreben!)


Das bedeutet, dass dieses Gesetz vom Bundesrat verab-
schiedet wird und unverändert bleibt.

Genau das macht die Scheinheiligkeit aus, die ich an-
gesprochen habe. Man muss sich entscheiden: Entweder
lehnt man ab oder man stimmt zu. Aber man kann dieses
Gesetz hier nicht mit Getöse ablehnen und an anderer
Stelle zustimmen, weil man weiß, dass es eigentlich gut
ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510501000

Ich erteile nunmehr dem Kollegen Andreas Pinkwart,

FDP-Fraktion, das Wort.

Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1510501100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich möchte zunächst für meine Fraktion den
Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen für
die sehr sachliche Beratung, die wir zu dem vorliegen-
den Gesetzentwurf im Ausschuss durchführen konnten,
danken. Ich bedanke mich ebenfalls bei den Fachbeam-
ten des Bundesfinanzministeriums dafür, dass sie unsere
Beratungen sehr nachdrücklich unterstützt haben. Ich
halte es für wichtig, das den weiteren Ausführungen vor-
anzustellen, weil ich diesen Gesetzentwurf für sehr be-
deutend erachte. Er betrifft Millionen von Bürgerinnen
und Bürgern im Lande. Es geht um die Gestaltung der
Zukunft in unserem Land. Deswegen ist es wichtig, dass
diese Beratungen sehr sachlich, sehr konstruktiv geführt
werden. Wir haben uns daran beteiligt.

Wir wären sehr gern mit Ihnen gemeinsam zu einer
vertretbaren Lösung gekommen. Dass das nicht gelun-
gen ist, bedauern wir. Wir sind der Auffassung, dass man

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(C (D icht beliebig darüber hinweggehen kann, dass man über estimmte Punkte inhaltlich keine Einigung hat erzielen önnen, obwohl das notwendig gewesen wäre. Vielmehr uss man dann zu seinen Positionen stehen. Auch das öchte ich hier zum Ausdruck bringen. Was ist der Hintergrund? Es klang bereits an: Dieser esetzentwurf ist durch das Verfassungsgerichtsurteil otwendig geworden. Es ist aber auch aus einem andeen Grund notwendig – auch das haben wir hier erörert –, zu einer nachgelagerten Besteuerung zu kommen, nd zwar wegen der Steuersystematik. Dem wird in unerem Gesetzentwurf zu einer grundlegenden Steuereform, über den wir später noch beraten werden, Rechung getragen. ber wir können das nicht losgelöst von den Problemen iskutieren, die wir mit Blick auf die Altersvorsorge in nserem Land haben. Als Sie seinerzeit die Riester-Rente, die auch Gegen tand des Gesetzentwurfs ist, eingeführt haben, sind Sie och davon ausgegangen, dass das Rentenniveau von 7 Prozent auf 63 Prozent gesenkt wird. Heute wissen ir, dass wir im Jahr 2030 nur noch ein Rentenniveau on 43 Prozent erwarten dürfen. Das zeigt, wie notwenig es ist, in diesem Land über private Altersvorsorge iel konsequenter nachzudenken, als es bei dieser Vorge geschehen ist. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


Wir müssen bei dieser Beratung an die denken, die in
en nächsten Jahren in Rente gehen werden, aber wir
üssen genauso an die Bürgerinnen und Bürger denken,
ie in den nächsten Jahrzehnten über ihre private Vor-
orge noch einen Beitrag dazu leisten müssen, dass sie
ine faire Altersvorsorge erwarten können. Vor diesem
intergrund möchte ich jetzt einige grundlegende Be-
erkungen machen. Uns hat nämlich Grundlegendes ge-
ennt und nicht irgendwelche Detailpunkte.
Das Erste, was ich hier feststellen möchte, ist Folgen-

es: Bei dem Übergang zur nachgelagerten Besteuerung
üssen wir uns vor Augen führen, wie die unterschiedli-
hen Gruppen – in dem Fall die Selbstständigen und die
icht selbstständig Tätigen – bezogen auf ihre Altersvor-
orgeaufwendungen in der Vergangenheit besteuert wor-
en sind.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Da hat er Recht!)

a müssen wir feststellen: Bei Arbeitnehmern liegt der
achverhalt so, dass der Arbeitgeberbeitrag stets steuer-
rei blieb, wohingegen die Selbstständigen in diesem
and in der Vergangenheit keinen steuerfreien Arbeit-
eberbeitrag bekommen haben und ihre Altersvorsorge
uch nicht in einem entsprechend hohen Umfang durch
onderausgabenabzüge steuerfrei hätten bilden können.
as heißt, diese beiden Gruppen sind in der Vergangen-
eit ganz offensichtlich ungleich besteuert worden.


(Horst Schild [SPD]: Sie sind aber nicht als unterschiedliche Gruppen geboren!)







(A) )



(B) )


Dr. Andreas Pinkwart

Jetzt gehen Sie hin und wollen etwas, das in der Ver-

gangenheit ungleich besteuert worden ist, mit dem neuen
Regime Ihres Gesetzentwurfs gleich behandeln. Aber
wer versucht, Gleiches ungleich zu behandeln, handelt in
gleicher Weise ungerecht wie jener, der meint, Unglei-
ches gleich behandeln zu müssen. Das ist die Fundamen-
talkritik an dieser Stelle.


(Beifall bei der FDP)

Frau Scheel, Sie haben da so eine kleine Formulie-

rung eingefügt, die den Eindruck erweckt, als würden
Sie es mit Ihrem fließenden Übergang für die zukünfti-
gen Rentnergenerationen einfacher gestalten und die Be-
lastung geringer halten. Dazu muss ich Ihnen sagen: Im
Vergleich zu dem, was wir Ihnen vorgeschlagen haben,
führt Ihr Lösungsansatz zu einer stärkeren Belastung,
nicht nur bei den Selbstständigen – das habe ich heraus-
gearbeitet –, sondern auch bei den Arbeitnehmern. Das
will ich Ihnen einmal an einem ganz einfachen Beispiel
darstellen.

Ich gehe von dem Fall aus, dass eine Person nach
45 Versicherungsjahren zum 1. Januar 2005 in Rente
geht und 1 000 Euro Monatsrente – das unterstellen wir
einfach einmal, damit es sich hier auch darstellen lässt –
erhält. Nach Ihrem Entwurf erhöhen dann 50 Prozent
dieser 1 000 Euro das zu versteuernde Einkommen. Das
sind 500 Euro. Diese 500 Euro legen Sie 2005 fest. Sie
werden als Nominalbetrag festgelegt.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber faktisch werden keine Steuern in 2005 gezahlt!)


– Frau Scheel, hören Sie doch erst einmal zu! – Die glei-
che Person wird im Jahr 2015 nach der bisherigen Ren-
tenentwicklung, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Preissteigerungsrate, also dann, wenn die Rente nur in
Höhe der Preissteigerungsrate angehoben werden sollte,
eine Rente in Höhe von 1 200 Euro beziehen. Sie wird
nach Ihrem Modell nicht mehr 500 Euro, sondern
700 Euro monatlich zu versteuern haben.

Nach unserer Vorlage ist bei dieser 50-prozentigen
Einbeziehung der Alterseinkünfte in das neue Steuerre-
gime eine Dynamisierung sichergestellt. So wie wir das
in unserer einfachen Regelung vorschlagen, wird die
Person 2015 ebenfalls nur 50 Prozent ihrer monatlichen
Altersrente, sprich: 600 Euro, und nicht 700 Euro zu ver-
steuern haben.

Nun mögen Sie sagen, das sei eine Bagatelle. Wir
meinen, dass – bei einem durchschnittlichen Steuersatz
von 25 Prozent – 25 Euro pro Monat für diesen Rentner
ein gravierender Betrag sind. Das zeigt, wie unsystema-
tisch Ihre Konstruktion dieses über 35 Jahre angelegten
Übergangsprozesses ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510501200

Kollege Pinkwart, gestatten Sie eine Zwischenfrage

der Kollegin Scheel?

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(C (D Sehr gern. Herr Kollege Pinkwart, steuersystematisch sind die usführungen, die Sie gerade gemacht haben, richtig, ber Ihre Aussagen rufen doch andere Wirkungen heror. Ich möchte Sie von daher fragen, ob Sie das nicht larstellen wollen. Sie haben gesagt, dass bei einer monatlichen Rente on 1 000 Euro 500 Euro steuerpflichtig sein werden. ch möchte Sie hier bitten, klar zu sagen, dass ein Alleintehender oder eine Alleinstehende bis zu 19 000 Euro enteneinnahmen im Jahr völlig steuerfrei beziehen arf. Bei Verheirateten würde natürlich der doppelte Berag gelten. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wenn keine anderen Einkünfte da sind!)

Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1510501300
Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510501400

Wenn keine anderen Einkünfte da sind, selbstverständ-
ich. Aber wir reden ja hier nach dem, was Herr Pinkwart
esagt hat, über die Besteuerung der Rente.
Meine Sorge ist, Herr Professor Pinkwart, dass jetzt

n der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass jeder,
er Renteneinkünfte in Höhe von 1 000 Euro hat, plötz-
ich 500 Euro Steuern bezahlen muss. Das ist definitiv
alsch. Ich bitte Sie, das richtig zu stellen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das hat doch keiner behauptet!)



Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1510501500

Frau Kollegin Scheel, zunächst einmal danke ich Ih-

en, dass Sie mir in Bezug auf meine Darstellung grund-
ätzlich Recht gegeben haben. Das ist sehr zu begrüßen
nd auch sehr fair. Ich bitte Sie, mir die gleiche Fairness
ezogen auf meine konkreten Ausführungen entgegen-
ubringen. Ich habe nämlich nicht gesagt, dass eine
teuerlast in dieser Höhe anfiele, sondern ich habe deut-
ich gemacht, dass das zu versteuernde Einkommen pro
onat um 500 Euro erhöht wird. Das heißt, diese
00 Euro erweitern die Bemessungsgrundlage. Nichts
nderes habe ich hier dargestellt.

(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollte ich nur klargestellt haben!)

Es ist auch klar, dass der Bereich des steuerfreien
xistenzminimums, der nicht der Besteuerung unter-
egt, in Ihrem Regime genauso behandelt wird wie in
nserem. Insofern ist meine Sachdarstellung in jeder
insicht völlig korrekt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510501600

Kollege Pinkwart, gestatten Sie noch eine Zwischen-

rage, und zwar der Kollegin Hendricks?






(A) )



(B) )



Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1510501700

Ja, gerne.


Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1510501800

Herr Kollege Pinkwart, sind Sie zunächst bereit, zur

Kenntnis zu nehmen, dass Ihr Rechenbeispiel nicht zu-
trifft, weil in dem langen Zeitraum zwischen 2005 und
2015 die Grundfreibeträge gemäß der Maßgabe, die
das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat, erhöht
werden und infolgedessen Rentner, wenn ihre Einkünfte
steigen, genauso wie Arbeitnehmer von der Erhöhung
der Grundfreibeträge profitieren? Von daher kann Ihr
Rechenbeispiel schon nicht zutreffend sein.

Sind Sie mit mir im Übrigen der Auffassung, dass das
von Ihnen vorgeschlagene einfache Modell den Forde-
rungen des Bundesverfassungsgerichtes nicht ent-
spricht, weil wir damit zwar im Jahre 2005 die Schere
zwischen der Besteuerung von Beamtenpensionen und
der von Renteneinkünften etwas schließen würden, sie
sich danach aber wieder sukzessiv weiter öffnen würde?
Infolgedessen würden wir den Forderungen des Bundes-
verfassungsgerichtes nicht entsprechen, wenn wir außer
dem Grundfreibetrag, der sich auf alle Einkunftsarten
auswirkt, einen steigenden Freibetrag für Rentner vorse-
hen würden, während wir ihn für Arbeitnehmer und Pen-
sionäre nicht vorsehen.


Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1510501900

Frau Hendricks, zunächst einmal ist hier festzustellen,

dass Ihr erster Einwand dem entspricht, der auch von
Frau Scheel vorgetragen worden ist. Die Dynamisierung
des Grundfreibetrages ist in unserem Konzept ebenso
vorgesehen. Das heißt, meine Argumentation wird da-
durch in keiner Weise entkräftet.

Das weitere Problemfeld, auf das Sie hingewiesen ha-
ben, ergibt sich aus der Konstruktion, die Sie vorgelegt
haben. Dieses Argument wäre kein Argument gegen un-
seren Vorschlag, weil wir diesen Punkt natürlich berück-
sichtigen würden. Gerade Sie, Frau Hendricks, müssen
sich, da Sie ja auch das Finanzministerium vertreten,
hier der berechtigten Kritik an dem Vorschlag, den Sie
vorgelegt haben, stellen. Wir haben einen Gegenentwurf
vorgelegt und Sie wiederholt darum gebeten, ihn durch-
zurechnen. Frau Scheel hat eben diesbezügliche Zahlen
genannt, aber uns liegt bis heute dazu keine Antwort vor.
Sie hätten sich ja ruhig substanziiert mit unserem Vor-
schlag auseinander setzen und in den Beratungen Ihre
Einwände vortragen können. Das haben Sie versäumt.
Wir bringen unsere Kritik dort, wo sachlich diskutiert
wird, und hier in gleicher Weise an.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD)


– Wenn Sie sich mit einer Frage beteiligen wollen, kön-
nen wir die Reihe der Zwischenfragen fortsetzen. Aber
mit Blick auf meine Redezeit würde ich gerne fortfahren
und noch einen oder zwei weitere inhaltliche Punkte an-
sprechen.

Ein weiteres Problem, das wir haben – das klang auch
in der Rede von Herrn Flosbach an –, ist die grundsätz-

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(C (D iche Haltung der Regierungskoalition zum Eigentum, zu er Frage: Wie gestalten wir private, kapitalgedeckte Alersvorsorge? Bei dieser Frage waren wir in den Sachgeprächen teilweise schon viel weiter. In den Gesprächen ab es von Ihnen, jedenfalls gelegentlich, Hinweise, man önne über Teilkapitalisierbarkeit, über Vererbbarkeit achdenken, wenn jemand zusätzlich privat vorsorgt. In en Endberatungen haben Sie diese Möglichkeiten der lexibilisierung und der Steigerung der Attraktivität der rivaten Altersvorsorge wieder zurückgenommen bzw. eine Bereitschaft gezeigt, sich darauf einzulassen. Sie wollen, wenn Sie ehrlich sind, die beiden Säulen er in Deutschland akzeptierten privaten Altersvorsorge, ämlich die Wohneigentumsbildung und die Kapitalebensversicherung, durch vielfältige Maßnahmen, die ie hier im Hause vorlegen, im Kern erschüttern. Das ist och Ihr Ansatz: Sie wollen die Eigenheimzulage abchaffen und gleichzeitig steuerliche Begünstigungen on Wohneigentum zur Altersvorsorge ausschließen. Sie ollen der Kapitallebensversicherung, die in Deutschand über 80 Millionen Mal vorhanden ist, die ein eingeührter Artikel der privaten Altersvorsorge ist, nicht nur ie Privilegien entziehen – da würden wir mitgehen; das st nicht der Punkt –, sondern sie ausweislich der Beechnungen des Finanzministeriums doppelt so hoch wie infache Sparpläne und um ein Vielfaches höher als Akienfonds besteuern. Das ist eine systematische Verweierung gegenüber der in Deutschland praktizierten Form er privaten Altersvorsorge. Dagegen wehren wir uns assiv. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte zum Abschluss etwas zu dem Vorgehen
ei den weiteren Beratungen sagen. Von den fundamen-
alen Kritikpunkten hat Herr Flosbach viele angeführt,
ie CDU/CSU hat sie in ihrem Entschließungsantrag
um Ausdruck gebracht. Die FDP-Fraktion geht darüber
och hinaus, aber teilt diese berechtigten Bedenken. In
nbetracht der grundlegenden Probleme dieses Gesetz-
ntwurfes müssen wir ihn hier ablehnen. Wenn wir es in
ezug auf diese Fragen ernst meinen, muss das Gesetz
uch im Bundesrat angehalten werden. Wir erwarten von
er Union das gleiche Verhalten im Deutschen Bundes-
ag und im Bundesrat. Wir erwarten, dass im Vermitt-
ungsausschuss in den zentralen Punkten dieses Gesetz-
ntwurfes eine Nachbesserung erreicht wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510502000

Ich erteile das Wort Kollegen Horst Schild, SPD-

raktion.

Horst Schild (SPD):
Rede ID: ID1510502100

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
it der heutigen Verabschiedung des Alterseinkünftege-
etzes setzen wir einen Meilenstein in der Besteuerung
er Alterseinkünfte. Das lassen wir uns auch nicht klein-
eden.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Horst Schild

Wir beenden damit eine seit Jahrzehnten bestehende Un-
sicherheit in der Frage, wie Einkünfte im Alter zu be-
steuern sind. Allen, die dieses Thema in der Vergangen-
heit verfolgt haben, ist spätestens seit dem ersten Urteil
des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1980 klar
geworden, dass wir politisch handeln müssen. Ich wie-
derhole hier ganz deutlich, was der Bundesfinanzminis-
ter gesagt hat: Die Union hat – dafür kann man Verständ-
nis haben – in den 16 Jahren ihrer Regierungszeit nie die
politische Kraft gehabt, dieses Problem zu lösen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Das ist definitiv falsch!)


Es ist völlig klar, dass der Einwurf „Petersberg“ kom-
men wird. Ich will gar nicht darauf zu sprechen kommen
– das hat der Minister vorhin angesprochen –, zu wel-
chem Zeitpunkt Sie das Thema aufgegriffen haben. Es
war zum Ende Ihrer Regierungszeit; ein bisschen länger
waren Sie ja dabei.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das muss man trotzdem sagen!)


Aber all die Probleme, die insbesondere aus Ihren Rei-
hen heute als Beleg dafür angeführt werden, dass Sie
nicht zustimmen können, hätten wir – das sage ich in al-
ler Deutlichkeit – auch bei 50 Prozent Ertragsanteil ge-
habt; das war ja Ihre Maßgabe. Keines der Probleme, die
vor allen Dingen die Sozialpolitiker in Ihren Reihen
heute benennen, wäre dadurch gelöst worden.


(Joachim Poß [SPD]: So ist es!)

Ich gebe gern zu, dass das Alterseinkünftegesetz eine
schwierige Materie darstellt. Es enthält auch unpopuläre
Maßnahmen. Aber das Bundesverfassungsgericht hat
uns einen Termin gesetzt und wir müssen jetzt handeln.

Die Bereitschaft auf der Seite der Bundesregierung
und der Koalitionsfraktionen, einen Konsens mit der Op-
position herbeizuführen, war groß. Ich sage ganz freimü-
tig: Mein Eindruck war, dass die Finanzpolitiker der
Union und der FDP ernsthaft zu einer Zusammenarbeit
bereit waren.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Eindruck hatte auch ich!)


Herr Flosbach hat uns in der ersten Lesung im De-
zember letzten Jahres eine konstruktive Zusammenarbeit
angeboten, „damit über dieses Thema im Bundestag ent-
schieden wird und wir uns damit nicht erneut lange im
Vermittlungsausschuss beschäftigen müssen“. Wir haben
zahlreiche Gespräche geführt – ich erinnere daran, dass
es mindestens vier oder fünf Gespräche auf Arbeitsebene
gegeben hat –, um zu einem Konsens zu kommen. Wir
haben mit Rücksicht auf die Opposition sogar den Zeit-
punkt der Verabschiedung dieses Gesetzes deutlich nach
hinten verschoben.

Dann wurde von der Parteiführung der CDU/CSU die
Strategie festgelegt. Sie lautet, keine politische Mitver-
antwortung zu übernehmen – selbst an den Stellen, an
denen wir kurz vor einer Einigung standen.


(Joachim Poß [SPD]: So ist es!)


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(C (D ie wollen nämlich mit dem Thema Rentensteuer bei en kommenden Wahlen auf Stimmenfang gehen. s gibt keine sachlichen Gründe für Ihr Verhalten. Es ist war Ihr gutes Recht als Opposition, die Sache hintanzutellen. Aber eines muss man im Deutschen Bundestag ann deutlich sagen: Es sind nicht sachliche, sondern arteitaktische Gründe, die Ihr Verhalten bestimmen. ie wollen Rentner verunsichern und unberechtigte ngste schüren. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Na, na!)


as macht auch Ihr Entschließungsantrag deutlich.

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Nehmen Sie nur einmal die Kapitallebensversicherung!)

Herr Kollege Flosbach, wir werden Ihrem Dokument

es politischen Eiertanzes zur Befriedigung der unter-
chiedlichen Interessen in Ihren Reihen natürlich nicht
ustimmen. Ich will in diesem Zusammenhang auf ei-
ige Ihrer Kritikpunkte eingehen. Sie sagen, das Alters-
inkünftegesetz sei nicht eingebettet in ein schlüssiges
esamtkonzept der Alterssicherung und Altersvorsorge.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist richtig!)


er Bundesfinanzminister hat vorhin ganz deutlich ge-
agt: Unser Prinzip ist Nachhaltigkeit und Generationen-
erechtigkeit.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das glaubt Ihnen doch niemand mehr, Herr Schild! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Nur auf dem Papier!)


Sie müssen das auch nicht, Herr Michelbach. Wir wer-
en den Wählern deutlich machen, dass wir ein schlüssi-
es Gesamtkonzept haben.
Ich will nicht weiter auf Ihr Konzept eingehen. Auch
ir ist nicht ganz klar, was Sie wollen. Im Vergleich zu
em Gesetz, das der Deutsche Bundestag heute beschlie-
en soll, wird ganz deutlich, dass Ihrem Konzept jede
ogik, jede Stimmigkeit und jede politische Redlichkeit
ehlt. Sie beklagen die Kompliziertheit dieses Gesetzent-
urfes. Trotzdem haben Sie im Laufe des Gesetzge-
ungsverfahrens mindestens fünf bis zehn Punkte einge-
racht, die zur weiteren Verkomplizierung des Gesetzes
eführt hätten.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht!)


ch will gar nicht über das reden, was die FDP einge-
racht hat.
Ich will ein einfaches Beispiel für die Unstimmigkeit

hrer Vorschläge anführen. Sie beklagen, dass wir den
estandsschutz bei den Lebensversicherungen nicht
aller Konsequenz sicherstellen. Wir wollen, dass Le-
ensversicherungen, die bis zum 31. Dezember 2004






(A) )



(B) )


Horst Schild

abgeschlossen werden, unter den Bestandsschutz fallen.
Aber der Sonderausgabenabzug, der im Jahre 2014 aus-
läuft, kann nicht bestehen bleiben.

Man könnte sich nun darüber unterhalten, was das für
Konsequenzen hat; ich will in diesem Zusammenhang
jetzt nicht über die finanziellen Probleme reden. Wer im
Jahre 2004 eine Lebensversicherung abschließt, der wird
diese Versicherung noch 20, 30 oder 60 Jahre haben. Wir
müssten also für diesen langen Zeitraum im Ein-
kommensteuergesetz ein eigenständiges Sonderausga-
benabzugsrecht für diesen immer kleiner werdenden
Personenkreis schaffen. Das soll ein Beitrag zur Steuer-
vereinfachung sein? Das kann man zwar wollen. Aber
dann darf man uns nicht vorwerfen, wir wollten eine
komplizierte Regelung, wohingegen Sie eine einfache
Regelung wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Das ist trotzdem ein Eingriff ins Eigentum!)


Ich will einen weiteren Punkt ansprechen. Ihre politi-
sche Zielsetzung ist weiterhin – Kollege Meister hat das
noch gestern im Finanzausschuss gesagt – die Öffnung
der Produkte im Rahmen von § 10 Einkommensteuerge-
setz. Sie wollen mehr als die kapitalgedeckte Leibrente
vorsehen. Aber Sie haben dazu im Finanzausschuss des
Deutschen Bundestages keinen Antrag gestellt. Ich bitte
darum, hier einmal zu erläutern, weshalb Sie dazu kei-
nen Antrag stellen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch albern! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


– Sie haben keinen Antrag gestellt.
Die Formulierungshilfe, die Sie erbeten haben, zeigt,

weshalb nicht. Es wird nämlich deutlich, dass dies auf
Dauer zusätzliche Steuerausfälle in Milliardenhöhe zur
Folge hat. Auch Ihre Sozialpolitiker müssten zur Kennt-
nis nehmen: Je attraktiver in der ersten Säule die kapital-
gedeckte Leibrente gestaltet wird, desto mehr Menschen
ziehen sich aus dem Bereich der gesetzlichen Rentenver-
sicherung zurück. Das führt auch für dieses System zu
Folgewirkungen. Ich vermute einmal: Auch das ist wie-
der ein Beleg dafür, dass Sie in Ihren Reihen keine Klar-
heit darüber haben, was Sie wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Die Rente muss auf drei Säulen stehen!)


Dann werden weitere Popanze aufgebaut. Sie wollen
beispielsweise das Wohneigentum in das vorliegende
Gesetz integrieren.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Warum diskriminieren Sie das denn?)


In keinem der Gespräche, die wir auf der Arbeitsebene
geführt haben, und in keiner der Beratungen des Finanz-
ausschusses ist vonseiten der FDP oder der Union der
Antrag gestellt worden,

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(C (D (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist doch bei Riester eine lange Forderung!)


Hinblick auf das Wohneigentum über das, was wir im
inkommensteuergesetz mit dem modifizierten Entnah-
emodell festgelegt haben, hinauszugehen. Hier im
eutschen Bundestag sagen Sie aber: Die Nichtberück-
ichtigung des Wohneigentums ist einer der Punkte, wes-
alb die Union nicht zustimmen kann. – Das ist doch un-
edlich; das ist doch scheinheilig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Das ist doch bei Riester eine lange Forderung!)


Sie suchen krampfhaft nach Möglichkeiten, um sich
u verstecken und sich hier im Deutschen Bundestag der
ustimmung zu diesem Gesetz, das notwendig ist und
Hinblick auf die Besteuerung der Alterseinkünfte und

ie Generationsgerechtigkeit ein Meilenstein ist, zu ent-
iehen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Vorsit-

enden der Jungen Union verweisen – auch wir haben
nge Leute in unserer Partei,


(Zurufe von der CDU/CSU: Wenige! – Ganz wenige!)


ie bisweilen etwas sagen, was uns nicht gefällt –, der
ffensichtlich im Gegensatz zu vielen Mitgliedern der
undestagsfraktion das Problem erkannt hat, als er ge-
agt hat, die Union müsse endlich auch dieses Thema an-
ehen. Der junge Mann hat wenigstens verstanden, um
as es dabei geht, nämlich um Generationengerechtig-
eit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Man könnte noch lange über Ihren Entschließungsan-
ag sprechen. Aber eines will ich ganz deutlich machen:
n einer Stelle wird kritisiert, dass mit diesem Gesetz-
ntwurf hohe Steuerausfälle verbunden sind. Das ist
ichtig. Das geht auch nicht anders, wenn wir die zu-
ünftigen Generationen Schritt für Schritt von den Auf-
endungen für die gesetzliche, die betriebliche und die
rivate Altersvorsorge entlasten wollen. Aber auf diesem
ege, mit dem, was wir der jungen Generation steuer-
ch bieten, schaffen wir Spielraum – wenn auch nicht im
ahre 2005, aber in den nächsten Jahren –, eine zusätzli-
he betriebliche und private Altersvorsorge zu betreiben.
Meine Damen und Herren von der Union, der partei-

olitische Formelkompromiss, der in Ihrem Entschlie-
ungsantrag zutage tritt, soll doch nur die unvereinbaren
ositionen innerhalb der Fraktion, zwischen CDU und
SU und vielleicht auch zwischen Finanz- und Sozial-
olitikern verdecken. Dies ist doch auch in der Vergan-
enheit deutlich geworden. Ich weiß nicht, ob das, was
der Presse steht, immer auf authentischen Aussagen
eruht. Aber wir alle haben doch zur Kenntnis nehmen
üssen, dass es offensichtlich zwischen dem stellvertre-
nden Fraktionsvorsitzenden der Union, der für Finan-
en und Haushalt zuständig ist, und dem, der für die






(A) )



(B) )


Horst Schild

Sozialpolitik zuständig ist, unterschiedliche Auffassun-
gen gegeben hat.


(Joachim Poß [SPD]: Sie sind ja auch beide hier! Seehofer und Merz!)


Ich habe gelesen – wenn es denn wirklich so gesagt wor-
den ist –, dass der eine Kollege über den anderen meint,
dieser habe das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
nicht recht verstanden. Wenn es so gesagt worden sein
sollte, dann habe ich dafür große Sympathien; er hat in
der Tat Recht.

Es gelingt der Union einfach nicht, in der Sozial- und
Finanzpolitik zu fundierten einheitlichen Positionen zu
kommen. Deshalb ersetzen Sie die Sachpolitik durch
parteitaktische Spielereien. Das müssen wir heute zur
Kenntnis nehmen. Das ist die Ursache, warum sich die
Union trotz weitgehender Fortschritte, die wir in den Ge-
sprächen erzielt haben, nicht durchringen konnte, im
Deutschen Bundestag Farbe zu bekennen. Es ist natür-
lich das Recht der Opposition, nicht Farbe zu bekennen,
aber darauf muss man hier in diesem Hause auch ganz
deutlich hinweisen dürfen.


(Beifall bei der SPD)

Ich möchte jetzt ein paar Sätze zur Sache sagen


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Endlich!)

und deutlich machen, was wir mit diesem Gesetzentwurf
erreicht haben.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

– Ihr Problem ist doch, dass Sie keine Entscheidungen
treffen, weil Sie in Ihren Reihen zu keiner einheitlichen
Lösung kommen. Deswegen muss man hier auch dazu
etwas sagen. Denn die Bürger verstehen nicht mehr, was
bei Ihnen abläuft.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie müssen zur Sache kommen!)


Aus den Zeitungskommentaren zu den parteitaktischen
Spielchen, die hier betrieben werden, wird deutlich, dass
die Bürger Ihre Spielchen nicht verstehen. Deswegen
wollte ich darauf deutlich hinweisen.

Wir sind uns darüber einig, dass der Systemwechsel
hin zur nachgelagerten Besteuerung bei den Altersein-
künften – in den Petersberger Beschlüssen war er nicht
enthalten – notwendig ist. Dieser Systemwechsel ist die
angemessene Antwort auf unsere Probleme und er
schafft den zukünftigen Generationen den Spielraum zur
Vorsorge.

Im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge sind wir
entgegen dem, was die Kollegen Flosbach und Pinkwart
gesagt haben, einen deutlichen Schritt vorangekommen.
Bisher konnten wir uns nur im Rahmen des § 3 Nr. 63
Einkommensteuergesetz bewegen. Nur für den kleinen
Personenkreis, der eine Direktversicherung abschloss,
gab es die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung auf der
Grundlage des § 40 b Einkommensteuergesetz. Jetzt ha-
ben wir für jede Arbeitnehmerin und jeden Arbeitneh-
mer ein Volumen von über 4 000 Euro erreicht, das ist
ein Fortschritt. Diejenigen, die fordern, diese müssten

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(C (D nbelastet bleiben, müssen sich angesichts der Lage der ozialversicherungssysteme rechtfertigen; denn diese önnen keine zusätzlichen Ausfälle verkraften. Lassen Sie mich ein paar Worte zur Kapitallebens ersicherung sagen. Es ist zumindest zwischen Koaliion und der Union unstrittig gewesen, dass es das bisheige Steuerprivileg zukünftig nicht mehr geben soll. trittig war die Frage, welches Instrument man anwenen soll. Sie haben dazu einen Antrag gestellt, wir haben ine andere Position vertreten. Da hier so getan wird, als sei das der Tod der Lebens ersicherung, möchte ich Folgendes sagen: Der Präsient der deutschen Aktuarsvereinigung, Herr Kurt olfsdorf – er ist vielen bekannt, er war Vorstandsmitlied eines großen Versicherungsunternehmens –, sagte estern in der „FAZ“: Die Kapitallebensversicherung ist auch ohne Förderung attraktiv. ie wird es auch weiterhin sein und wir werden den Leensversicherungen, die die Voraussetzung der Altersorsorge erfüllen, eine Progressionsmilderung bieten. Unser Gesetzentwurf führt zu einer verfassungskon ormen Neuregelung. Wir haben damit den Auftrag des undesverfassungsgerichts – bedauerlicherweise ohne ie Mithilfe der Opposition – erfüllt. Wir tragen die Verntwortung, wir nehmen sie wahr. Insbesondere die Veresserungen im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge urden – wie auch schon beim Altersvermögensgesetz – hne Zutun der Union beschlossen. Für die Arbeitneherinnen und Arbeitnehmer hat die Union leider nichts eues zu bieten. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510502200

Ich erteile das Wort dem Kollegen Georg

ahrenschon, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1510502300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Lieber Herr Kollege Schild, Lautstärke ersetzt Ar-
umente nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Horst Schild [SPD]: Aber man kann es hören! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es war laut und argumentativ!)


ir scheint, Sie haben versucht, mit Lautstärke die Tat-
ache zu überspielen, dass wir in der Zeit zwischen De-
ember letzten Jahres – Vorlage des Entwurfs durch das
undesfinanzministerium – und Anfang März, der Wo-
he vor Ostern, von Ihrer Seite nichts, aber auch gar






(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon

nichts an Änderungsvorschlägen auf den Tisch bekom-
men haben.


(Horst Schild [SPD]: Er war schon vernünftig!)


– Lieber Herr Schild, Sie haben dreieinhalb Monate lang
erklärt: Dieses Gesetz in der Fassung vom Dezember
2003 ist das beste, das es gibt, und es besteht kein Ände-
rungsbedarf.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Genauso war es!)


Gestern aber haben wir 50 Umdrucke durchgearbeitet
und dieses Gesetz in wesentlichen Punkten verändert.
Das muss hier einmal gesagt werden.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann stimmen Sie doch jetzt zu! – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist jetzt richtig gut geworden!)


Dreieinhalb Monate lang gab es keine Möglichkeit, mit
den Bundestagsfraktionen von Rot und Grün und Vertre-
tern des Bundesfinanzministeriums über die Sache zu re-
den. Das Höchste war, dass wir am Anfang der Bericht-
erstattergespräche auf Ihren Wunsch hin die Vertreter
des Bundesfinanzministeriums haben vor der Tür stehen
lassen, damit wir uns in der Sache überhaupt bewegen
konnten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Nun kommen Sie aus dem Schmollwinkel raus und machen Sie sachliche Arbeit!)


Der Grund für dieses Verfahren liegt darin, dass sich
Ihr Finanzminister überhoben hat. Er hat nicht nur ver-
sucht, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzu-
setzen, sondern er hat auch die deutsche Politik damit
beglückt, sich mit der betrieblichen Altersvorsorge und
einer Bastelstunde an der Riester-Reform zu beschäfti-
gen. Das ist der zentrale Punkt von Eichel, einem Minis-
ter auf Abruf.

Das Arbeitsmotto bezüglich dieses Gesetzes war
wohl, alles irgendwann einmal anzusprechen, aber nichts
wirklich zu Ende zu denken. Der Entwurf war unüber-
sichtlich, kompliziert und hätte nicht zu einer Vereinfa-
chung des Einkommensteuerrechts geführt. Wenn wir
uns nicht in die Diskussion eingebracht hätten, wenn wir
nicht wesentliche, fundierte Änderungsvorschläge ent-
wickelt hätten, hätten wir heute überhaupt kein Problem,
darzustellen, dass dieses Gesetz Unsinn und damit abzu-
lehnen ist.

Jetzt haben wir uns darauf eingelassen und – zugege-
ben – von unseren über ein Dutzend Änderungsvorschlä-
gen haben Sie große Teile übernommen.


(Peter Dreßen [SPD]: Dann können Sie auch Ja sagen!)


Sie stellen sich jetzt vor uns hin und sagen: Jetzt haben
wir so viel von euch übernommen, jetzt müsst ihr zu-
stimmen.

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(C (D Meine Damen und Herren, wir sind hier nicht auf dem arktplatz. Wir haben abzuwägen und müssen feststeln, dass das Gesetz immer noch wesentliche Webfehler nthält. Deshalb werden wir als Teil des Bundestages ieses Gesetz heute ablehnen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und der Bundesrat? – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Und wenn der Bundesrat die Webfehler akzeptiert? Das ist ein bisschen abstrus!)


Ich will Ihnen gerne zumindest drei der zentralen
ebfehler darstellen. Ein zentraler Webfehler dieses Ge-
etzes ist beispielsweise die Behandlung der kapitalge-
eckten Altersvorsorge. Der Gesetzentwurf verkompli-
iert die kapitalgedeckte Altersvorsorge und macht sie
sgesamt für den Bürger unattraktiver.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)

Nach geltendem Recht können Beiträge zur Kapital-
bensversicherung im Rahmen der Vorsorgehöchstbe-
äge zu 88 Prozent steuermindernd berücksichtigt wer-
en und die Auszahlung der während der Laufzeit
ngesammelten Erträge sowie der Schlussüberschussbe-
iligung erfolgt für Verträge mit einer Mindestlaufzeit
on zwölf Jahren steuerfrei. Dieses so genannte zweifa-
he Steuerprivileg soll nach Ihrem Willen abgeschafft
erden. Sie wollen auch die Begünstigung der Beitrags-
ahlung für bestehende Verträge auslaufen lassen.
Diese Änderungen führen zu einer Benachteiligung

er Lebensversicherung gegenüber jeder anderen Art
on Kapitalanlage.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

räte das Gesetz in Kraft, würde das faktisch das Aus für
ie Kapitallebensversicherung bedeuten. Die Lebensver-
icherungen wären in Deutschland nicht mehr wettbe-
erbsfähig.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Das ist genau der Punkt!)


Sie müssen sich schon mit den Fakten konfrontieren
assen: Noch im Jahre 2003 haben 8,6 Millionen Deut-
che Neuverträge abgeschlossen. Insgesamt gibt es in
eutschland 91,5 Millionen Lebensversicherungsver-
äge. Sie sagen, die Lebensversicherung sei überaltert,
nd bieten Ihr Riester-Alternativmodell an. Vergleichen
ir doch einmal den Bestand von etwa 91 Millionen
ebensversicherungsverträgen mit den kümmerlichen
Millionen Menschen, die sich auf Ihr Riester-Konzept
ingelassen haben. Stellt sich da wirklich noch die
rage, welches das bessere, wettbewerbsfähigere und
ukunftsfähigere Modell ist? Die Antwort liegt auf der
and: über 90 Millionen Lebensversicherungsverträge
egenüber kümmerlichen 3 Millionen Riester-Verträgen,
obei zehnmal so viele berechtigt wären.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann man doch so nicht vergleichen! Das ist doch Quatsch! Das ist doch kumuliert!)







(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon

– Doch, das muss man so darstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie müssen doch einfach feststellen, dass die Men-
schen zwischen dem Altersvorsorgeprodukt Lebensver-
sicherung und dem Altersvorsorgeprodukt Riester-Rente
wählen, dass sie sich von der Riester-Rente abwenden
und Ja zur Lebensversicherung sagen. Deshalb ist es an
dieser Stelle ein zentraler Webfehler, dass Sie das Pro-
dukt Lebensversicherung kaputtmachen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der zweite große Webfehler liegt tatsächlich in der

Riester-Rente. Sie sind mit dem Anspruch angetreten,
mit diesem Gesetz den Riester-Flop zu beheben; denn
mit dieser ersten Jahrhundertreform, die Rot-Grün ein-
geleitet hat, sind Sie zu kurz gesprungen. Deshalb woll-
ten Sie dieses Gesetz verbessern. Aber, meine Damen
und Herren, was haben Sie getan? Erstens haben Sie ei-
ner alten Forderung der Union nachgegeben und endlich
die Möglichkeit eines Dauerzulagenantrags zugelassen.


(Horst Schild [SPD]: Na, bitte!)

Zweitens haben Sie versucht, die Regelungen der
Riester-Rente zu vereinfachen. Zugegebenermaßen re-
duzieren Sie zwar die Anzahl der Kriterien von elf auf
fünf. Aber gleichzeitig zur Reduktion der Kriterien füh-
ren Sie eine Berichtspflicht allgemeiner Art ein, die zur
Folge haben wird, dass nicht nur die alten, bereits beste-
henden Riester-Zertifikate neu angemeldet werden müs-
sen – das ist, nebenbei gesagt, eine klassische Arbeitsbe-
schaffungsmaßnahme für die Behörden, die die Riester-
Verträge zu zertifizieren haben –, sondern dass zusätz-
lich auch ethische, soziale und ökologische Belange aus-
gewiesen werden müssen. Unter der Überschrift „Ver-
einfachung der Riester-Rente“ solche Berichtspflichten
einzuführen, das ist ein Treppenwitz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Damit wir uns nicht falsch verstehen, will ich Ihnen

sagen: Wir können Ihre Initiative, was die Berichts-
pflicht hinsichtlich ethischer, sozialer und ökologischer
Gesichtspunkte angeht, nachvollziehen. Wir sind auch
nicht dagegen, dass die Anbieter diese Berichte formu-
lieren. Aber das im Gesetz festzuschreiben ist der fal-
sche Weg.


(Jörg van Essen [FDP]: Ideologie!)

Darüber hinaus stellt sich angesichts der aktuellen

Lage in Deutschland die Frage, warum wir uns, wenn
wir uns über ethische, soziale und ökologische Gesichts-
punkte berichten lassen, nicht auch über die wirtschaftli-
chen Impulse einer solchen Anlage berichten lassen.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Stimmt! Sehr wahr!)


Wir müssten uns doch auch über die neuen Arbeits-
plätze, die die Anlage geschaffen hat, berichten lassen.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Richtig!)


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(C (D ollen Sie sich wirklich nur über ethische, soziale und kologische Aspekte berichten lassen? Wollen Sie nicht uch über neu geschaffene Arbeitsplätze informiert weren? (Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Ja, der Katalog muss zwingend erweitert werden!)


enn wir also über Berichtspflichten reden, dann müs-
en wir uns auch über einen ordentlich abgestimmten
anon unterhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Über die Einführung so genannter Unisextarife
öchte ich hier gar nicht lange sprechen.


(Horst Schild [SPD]: Ja, das hat ja auch schon Frau Eichhorn gemacht! Sie hat sich sehr positiv geäußert!)


Denn, lieber Herr Schild, alle Beteiligten wissen, dass
ie dem Produkt Riester-Rente mit dieser Entscheidung
rheblichen Schaden zufügen. Statt einen Neustart zu
nternehmen – wie das von Ihnen geplant ist –, tragen
ie dazu bei, dass die Riester-Rente endgültig zum
ohrkrepierer wird.


(Horst Schild [SPD]: Nein!)

Doch, lieber Herr Schild.


(Horst Schild [SPD]: Was sagen denn Ihre Frauen dazu?)


er wesentliche Grund dafür ist, dass Sie daran geschei-
ert sind, die Riester-Rente zu öffnen. Denn wenn Sie die
iester-Rente für Selbstständige geöffnet hätten, denen
ie nach wie vor den Zugang zu Riester-Produkten ver-
ehren, hätte man noch über eine Regelung sprechen
önnen. Aber Sie tun Folgendes: Sie verschlechtern für
ie Selbstständigen in Deutschland die Möglichkeit, für
hre Altersvorsorge Lebensversicherungen zu nutzen
nd sperren Sie aus der Nutzung des Riester-Konzepts
us.


(Horst Schild [SPD]: Wir öffnen ein neues Produkt der Kapitallebensversicherung!)


amit benachteiligen Sie die Selbstständigen in
eutschland. Meine Damen und Herren, Respekt und
erzlichen Glückwunsch zu diesem grundsätzlichen An-
atz!
Schlussendlich lassen Sie durch Ihren Entwurf die

entrale Chance in dieser Legislaturperiode für den Fi-
anzplatz Deutschland verstreichen. Der Begriff „Leib-
ente“ als einzige staatlich bzw. steuerlich begünstigte
ltersvorsorge ist viel zu eng gefasst.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: So ist das!)

ngesichts des Effektes des Übergangs zur nachgelager-
en Besteuerung werden in Zukunft alle Vorsorgepro-
ukte, die vererblich, übertragbar, beleihbar, veräußerbar
nd kapitalisierbar sind, benachteiligt.


(Horst Schild [SPD]: Wir wollen Sicherheit im Alter schaffen!)







(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon

Das schädigt den Finanzplatz Deutschland, weil Sie den
Wettbewerb, statt ihn auch bei der Altersvorsorge zuzu-
lassen, aussperren. Sie haben sich dagegen entschieden,
eine Vielzahl von Anlageprodukten zuzulassen und den
damit einhergehenden Wettbewerb auch in Deutschland
zuzulassen. Auch hier haben die Selbstständigen das
Nachsehen: Sie haben keinen Zugang zur Riester-Rente
und der enge Begriff der Leibrente führt zu einer Diskri-
minierung der Vermögensbildung.

Das sind drei zentrale Webfehler, die uns dazu führen,
dass wir sagen müssen: Dieses Gesetz ist Ausschussware
mit groben Webfehlern und wir werden dem nicht zu-
stimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Alterssicherung ist Vertrauenssache. Deshalb muss

die rentenpolitische Flickschusterei, die die Bundesre-
gierung seit mittlerweile fünf Jahren betreibt, endlich be-
endet werden. Die Menschen wissen doch heute nicht
mehr, wie viel Geld ihnen im Alter zur Verfügung stehen
wird. Sie warten darauf, dass endlich ein Konzept vorge-
legt wird, das deutlich macht, welchen Produkten sie
vertrauen können und wie sie die zu erwartenden Aus-
fälle durch den Zusammenbruch des gesetzlichen Ren-
tenversicherungssystems kompensieren können.

Das Gesetz zur Neuordnung der einkommensteuer-
rechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendun-
gen und Altersbezügen wird diesem Anspruch in keiner
Weise gerecht; es ist letztendlich nur ein weiterer Beitrag
zur Komplizierung unseres Steuerrechts.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510502400

Ich erteile das Wort Kollegin Christel Humme, SPD-

Fraktion.


Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1510502500

Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen!

Wenn man die Debatte so verfolgt, muss man feststellen,
dass eine Tatsache völlig unterzugehen scheint: Heute ist
ein guter Tag, denn wir machen die Riester-Rente attrak-
tiver.


(Beifall bei der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir verankern in der Riester-Rente endlich gleiche Ta-
rife für Männer und Frauen. Das heißt, um 15 Prozent
höhere Beiträge für Frauen bei gleicher Leistung wird es
zukünftig in der Riester-Rente nicht mehr geben.


(Beifall bei der SPD)

Das ist gut so, schließlich wird diese Säule der privaten
Altersvorsorge durch öffentliche Mittel, durch Steuergel-
der, gefördert.

Gleiche Tarife für Männer und Frauen gebieten uns
der Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes
und unser Wissen, dass ausnahmslos alle für ihr Alter

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(C (D usätzlich zur gesetzlichen Rente vorsorgen müssen. iese wichtigen Gründe waren ausschlaggebend für unere Entscheidung, diese Gründe führten aber auch dazu, ass es im Bundestag dafür eine breite Mehrheit – die eute leider gar nicht zum Ausdruck kommt – gegeben at. Nicht nur Männer und Frauen von Rot-Grün haben afür gestritten, nein, ich weiß genau: Für gleiche Tarife ür Männer und Frauen in der Riester-Rente haben sich uch Männer und Frauen der Union und Männer und rauen der FDP eingesetzt. Damit haben wir gemeinsam in gutes Stück Geschlechtergerechtigkeit erreicht. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch hätte mir gewünscht, dass auch diese Stimmen von
hrer Seite heute hier zu Wort gekommen wären;


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Wir haben das in der Fraktion einstimmig abgelehnt!)


enn diesen Männern und Frauen, die mitgestritten ha-
en, danke ich an dieser Stelle recht herzlich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, in der Tat machen
ir die Riester-Rente mit den so genannten Unisextari-
en attraktiver. Frauen sind hierbei die Gewinnerinnen;
as haben wir politisch so gewollt.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Wo es Gewinner gibt, gibt es auch Verlierer!)


nser Ziel war und ist weiterhin die eigenständige Al-
rssicherung für Frauen. Die Rentenreform 2001 war
afür ein entscheidender Schritt. Die Unisextarife sind
er konsequente zweite Schritt auf dem Weg zur eigen-
tändigen Alterssicherung für Frauen.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Alles Placebos!)


erade Frauen können sich nicht mehr auf die gesetzli-
he Rentenversicherung allein verlassen. Sie brauchen
ehr noch als Männer ein zweites Rentenstandbein;
enn aufgrund von Kindererziehung, Pflege und unter-
urchschnittlichem Einkommen sind ihre gesetzlichen
entenansprüche in der Regel geringer. Weniger Ein-
ommen aber und noch dazu höhere Beiträge – mit die-
er doppelten Benachteiligung von Frauen machen wir
ndlich Schluss.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Unsere Entscheidung für Unisextarife – das haben wir

uch heute Morgen gesehen – hat für viel Aufregung ge-
orgt, was mich schon ein bisschen verwundert. Vom
chlag gegen die Riester-Rente, vom Sargnagel für das
iester-Geschäft, gar vom Todesstoß für die Riester-
ente, Herr Flosbach, war hier die Rede. Vertreter der
onservativen Medien und der Versicherungswirtschaft
eferten sich regelrecht einen Wettstreit um den drama-
schsten Kommentar – und das, obwohl 12,7 Millionen
otenzielle Kundinnen geworben werden könnten, wenn
an nur wollte. Herr Fahrenschon, Unisextarife bedeuten
icht den Tod der Riester-Rente, sondern das Gegenteil.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Wir werden es sehen!)







(A) )



(B) )


Christel Humme

„Frauen leben länger und müssen deshalb höhere Bei-

träge zahlen“, mit dieser Logik macht es sich die Versi-
cherungswirtschaft viel zu einfach. Die Lebenserwar-
tung hängt nicht alleine vom Geschlecht ab, sondern von
einem Bündel von Einflussfaktoren. Deshalb haben die
USA unterschiedliche Tarife für Männer und Frauen
schon längst abgeschafft, und zwar für alle privaten Ver-
sicherungsverträge.


(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

Vom Todesstoß für die Riester-Rente zu sprechen,

wenn Frauen die berechtigte Forderung nach gleichen
Lebenschancen erheben, offenbart ein Rollenverständ-
nis, das es zwar immer noch gibt, das aber schon längst
überholt ist. Bei diesem Rollenverständnis wird davon
ausgegangen, dass es einer Frau dann am besten geht,
wenn ihr Mann gut versorgt ist. Liebe Kollegen, liebe
Kolleginnen, wen kümmert das Anrecht von Frauen auf
eigene Rentenansprüche? Wen kümmern die vielen al-
lein stehenden Frauen, die, selbst wenn sie es wollten,
nicht durch einen Mann versorgt werden? Ich sage Ih-
nen: Uns kümmert das. Auch deshalb haben wir für glei-
che Tarife für Männer und Frauen in der Riester-Rente
gesorgt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510502600

Ich erteile das Wort Kollegen Andreas Storm, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1510502700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In

welchem rentenpolitischen Umfeld findet die heutige
Debatte eigentlich statt? – Noch nie in der Geschichte
der Bundesrepublik wurde innerhalb von so kurzer Zeit
eine solche Vielzahl von Belastungen für Rentnerin-
nen und Rentner beschlossen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Weil Sie in Ihrer Regierungszeit nichts gemacht haben!)


Von Rot-Grün kommt alle drei Monate eine neue Hiobs-
botschaft. 1. Januar 2004: Verdoppelung der Kranken-
kassenbeiträge bei Betriebs- und Versorgungsrenten.
1. April 2004 – das ist erst drei Wochen her –: Verdoppe-
lung des Pflegebeitrags für Rentnerinnen und Rentner,
was im Klartext eine Kürzung der Renten um 0,85 Pro-
zent bedeutet. 1. Juli 2004: Die jährliche Rentenanpas-
sung fällt in diesem Jahr aus. Das, was Sie Nullrunde
nennen, ist vor dem Hintergrund der Rentenkürzung
durch die Erhöhung des Pflegebeitrags vor drei Wochen
in Wirklichkeit ein klare Minusrunde.

Damit ist das Ende der Fahnenstange aber noch lange
nicht erreicht. Vor sieben Wochen hat Rot-Grün hier im
Deutschen Bundestag eine neue Rentenformel beschlos-
sen, welche die Rentenentwicklung bis zum Jahr 2010
weit von der Lohnentwicklung der Beitragszahler ab-
koppelt. Legt man die Wachstumsprognose zugrunde,

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(C (D ie die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute vorgesern vorgelegt haben, bedeutet das im Klartext, dass sich ie Rentnerinnen und Rentner im kommenden Jahr auf ine weitere Nullrunde einstellen müssen. a helfen auch alle wachsweichen Dementis des Sozialinisteriums nicht weiter, Frau Schmidt: Dadurch, dass ie den Nachhaltigkeitsfaktor auf den Riester-Faktor raufschlagen, bleibt für eine Rentenerhöhung so gut ie kein Spielraum. Eine solche Kumulation von Belasungen innerhalb von wenigen Monaten ist in der deutchen Sozialgeschichte beispiellos. as ist das Umfeld, in dem wir heute über das Alterseinünftegesetz zu entscheiden haben. Worum geht es bei diesem Alterseinkünftegesetz? atürlich liegt der Schwerpunkt des Gesetzes auf der euregelung der Rentenbesteuerung. Hinsichtlich des bergangs zur nachgelagerten Besteuerung herrscht in er Tat über die Fraktionsgrenzen hinweg eine grundätzliche Übereinstimmung; es war schließlich eine angjährige Forderung von uns. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die an ere Seite der Medaille betrifft die dringend erforderlihe Ausweitung der ergänzenden kapitalgedeckten ltersvorsorge neben der gesetzlichen Rentenversicheung. n dieser Stelle wäre dringend Klarheit und Verlässlicheit geboten gewesen. Nach Ihrem Notsparpaket vom vergangenen Novem er und dem so genannten RV-Nachhaltigkeitsgesetz om März 2004 beraten wir heute mit dem Alterseinünftegesetz bereits das dritte Teilstück Ihrer Rentenreorm. Eine Gesamtkonzeption ist in diesem Dreiklang llerdings nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Kein Eleent passt zum anderen. Sie haben die einmalige hance vertan, eine umfassende Reform der gesetzlihen Rentenversicherung und der ergänzenden kapitaledeckten Altersvorsorge sowie eine Neuregelung der teuerlichen Behandlung der Alterseinkünfte aus einem uss vorzulegen. Gefordert wäre eine Reform, bei der ie Statik des Gesamtgebäudes der reformierten Altersicherung trägt. Stattdessen haben Sie bei der gesetzlihen Rentenversicherung mit der Abrissbirne begonnen, evor überhaupt genügend Bautrupps für den Aufbau er ergänzenden Vorsorge bereit standen. Dieser Diletantismus betrifft alle Bewohner des Gebäudes, sowohl ie Rentnerinnen und Rentner als auch die junge Geneation, die Beitragszahler. Mit der im vergangenen Monat beschlossenen Ren enreform und der Neuregelung der Rentenbesteuerung, ie heute beschlossen wird, sinkt das Nettorenteniveau für die jüngere Generation von heute etwa zwei rittel auf nur noch die Hälfte ab. Das ist ein rentenpoliischer Paradigmenwechsel. Andreas Storm Damit nehmen Sie endgültig Abschied vom Ziel einer Lebensstandard sichernden Rente. Die Wahrheit ist: Die gesetzliche Rente hat für die jüngere Generation nur noch den Charakter einer beitragsfinanzierten Basissicherung. (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sand in die Augen streuen! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: An die private Vorsorge gehen sie auch noch!)


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Jörg van Essen [FDP]: Ja!)





(A) )


(B) )


Angesichts dieses Paradigmenwechsels bezüglich des
Sicherungsziels muss den Jüngeren unmissverständlich
und klar gesagt werden, dass sie ergänzend vorsorgen
müssen. Deswegen müssen gleichzeitig die notwendigen
Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit eine flä-
chendeckende ergänzende Altersvorsorge rasch aufge-
baut werden kann. Wenn dies nicht gelingt, dann werden
bereits heute die Ursachen für die Altersarmut von mor-
gen gelegt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Um diese Wahrheit haben Sie sich vor sieben Wochen

mit Ihrem bizarren Streit um die Höhe von Rentenniveau
und Beitragssatz herumgedrückt. Mit den unhaltbaren
Versprechungen zum Sicherungsniveau der gesetzlichen
Rente wiegen Sie die Menschen einmal mehr in einer
falschen Sicherheit. Man braucht sich auch nicht über
die mangelnde Akzeptanz der ergänzenden Vorsorge in
der Bevölkerung zu wundern; denn – das hat heute Mor-
gen schon mehrfach eine Rolle gespielt – die bisherige
Bilanz der Riester-Rente ist mehr als enttäuschend. Sie
ist weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die
Abschlusszahlen verharren bei 4 Millionen. Gleichzeitig
wissen wir, dass bisher nur etwa 1,5 Millionen Berech-
tigte ihren Zulagenantrag auf Förderung gestellt haben.
Daran wird deutlich: Dieses Verfahren wird von den
Menschen im Moment nicht angenommen.

Mit der Einführung des Dauerzulagenantrags haben
Sie einen Webfehler korrigiert. Das halten wir für rich-
tig, das war eine richtige Entscheidung. Sie glauben aber
doch wohl nicht ernsthaft, dass die Riester-Rente allein
durch diese Maßnahme und wenige andere Korrekturen
zu einem Renner wird. Lassen Sie die Zahlen aus der
Versicherungswirtschaft einmal ganz nüchtern auf sich
wirken: Im Jahre 2003 wurden nur noch 500 000
Riester-Verträge abgeschlossen. In diesem Jahr wird es
eine weitere Abwärtsbewegung geben.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das Einzige, was Sie kennen, sind die Zahlen der Versicherungswirtschaft!)


– Herr Kollege Schmidt, das bedeutet im Klartext: Wenn
es so weitergeht, dann werden Sie es nicht annähernd
schaffen, dass nach diesem Jahrzehnt möglichst jeder
über eine ergänzende Altersvorsorge verfügt.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)

Wenn das nicht gelingt, dann ist das nicht nur ein Pro-
blem für Rot-Grün. Es ist eine zentrale sozialpolitische
Herausforderung für uns alle;

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(C (D (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Reden Sie es doch nicht länger schlecht! Machen Sie doch mit!)


enn die Antwort auf die Frage, ob die Jüngeren im
ahre 2030 oder 2040 eine ausreichende Alterssicherung
aben, hängt davon ab, ob wir in diesen Monaten die
ichtigen Weichenstellungen treffen. Davon sind wir
eilenweit entfernt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Man muss sich doch einmal überlegen, warum die
enschen das Angebot der Riester-Rente aus Ihrer Ren-

enreform im Jahre 2001 bisher nicht annehmen. Das
iegt daran, dass Ihre Konzeption an den Bedürfnissen
ieler Menschen vorbeigeht. Die Frage, was Altersvor-
orge ist, deckt sich nicht unbedingt mit dem, was in ei-
igen Lehrbüchern einiger Ihrer Berater steht. Warum
berlassen Sie es den Menschen nicht selbst, wie sie für
as Alter vorsorgen wollen? Ein entscheidender Punkt
st, dass die Menschen mehr Freiräume haben wollen.
ur dann werden sie ermutigt, für ihre eigene Vorsorge
ehr zu tun.
Zu diesen Freiräumen gehört beispielsweise die Mög-

ichkeit für ein so genanntes Teilkapitalwahlrecht.
enn sie für das Alter Geld ansparen, ist es für viele
ürger wichtig, dass sie am Beginn des Ruhestandes
elbst entscheiden können, ob ein Teil des angesparten
apitals zur freien Verfügung steht. Klar ist, dass natür-
ich der größere Teil in monatlichen Rentenzahlungen
usgezahlt werden muss. Aber eine gewisse Entschei-
ungsfreiheit über das selbst angesparte Kapital ist eine
ichtige Voraussetzung dafür, dass die Menschen diese
ltersvorsorgeprodukte annehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Andreas Pinkwart [FDP])


Das gilt auch für einen weiteren Punkt. Viele Men-
chen wollen, wenn ihnen etwas passiert, mehr Sicher-
eit für ihre Angehörigen. Dazu gehört neben mehr Fle-
ibilität bei der Altersvorsorge auch die Möglichkeit der
ererbbarkeit des angesparten Altersvermögens. Ihr
lterseinkünftegesetz lässt als steuerlich begünstigte
ltersvorsorgeprodukte aber nur eng definierte Versi-
herungsprodukte zu. Wenn dann auch noch mit der Ab-
chaffung des Steuerprivilegs für die Kapitallebensver-
icherung weit über das Ziel hinausgegangen wird, dann
rauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn wir als Er-
ebnis dieser Gesetzgebung in zwei oder drei Jahren
ahrscheinlich feststellen müssen: Am Ende steht nicht
ehr, sondern möglicherweise sogar weniger an priva-
r Vorsorge als jetzt.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Frage: Wie

chaffen wir es, dass wieder mehr betriebliche Alters-
orsorge aufgebaut wird? Die Rahmenbedingungen für
ie betriebliche Altersvorsorge werden von Ihnen nicht
ur nicht verbessert, sondern sogar noch verschlechtert.
ie attraktive Pauschalbesteuerung soll abgeschafft wer-
en. An ihre Stelle rückt zwar ein Freibetrag von
800 Euro. Aber warum waren Sie eigentlich nicht be-
eit, unseren Vorschlag aufzugreifen, neben dem Steuer-
reibetrag von 4 Prozent für vom Arbeitnehmer finan-






(A) )



(B) )


Andreas Storm

zierte Beiträge weitere 4 Prozent aufzunehmen, die es
dem Arbeitgeber ermöglichen, sich an der Altersvor-
sorge weiter zu beteiligen? Dies wäre ein klares Signal:
Wir brauchen mehr betriebliche Altersvorsorge.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eine entscheidende Frage ist offen geblieben: Wie

schaffen wir es, dass nach Möglichkeit jeder Arbeitneh-
mer bis zum Jahr 2010 ergänzend vorsorgt? Es gibt inno-
vative Vorschläge, zum Beispiel den der Bertelsmann-
Stiftung, nach dem beim Abschluss eines Arbeitsverhält-
nisses regelmäßig eine Entgeltumwandlung vorgenom-
men werden soll. Es soll aber auch die Möglichkeit ge-
ben, dass der Arbeitnehmer sich dafür entscheiden kann,
davon keinen Gebrauch zu machen und den Lohn voll-
ständig ausgezahlt zu bekommen. Mit einem solchen
Modell würde die Entgeltumwandlung zum Regelfall.
Wir würden so erreichen, dass die betriebliche Alters-
vorsorge innerhalb von ganz kurzer Zeit eine sehr viel
breitere Grundlage als heute bekommt. Das wäre ein in-
novativer Ansatz, der die Sache rund machte. Aber da-
von ist in Ihrem Gesetzentwurf weit und breit nichts zu
finden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie werden sich nach dieser Debatte wahrscheinlich
zurücklehnen, weil Sie meinen, Sie hätten Ihre Hausauf-
gaben bei der Rente gemacht. Weit gefehlt! In Wahrheit
brauchen wir eine grundlegende Neukonzeption der er-
gänzenden kapitalgedeckten Altersvorsorge. Die kapital-
gedeckte Altersvorsorge muss zu einer echten Förder-
rente für die gesamte Bevölkerung werden. Die Frage
muss beantwortet werden, was Altersvorsorge in Zu-
kunft leisten soll und welche Anforderungen an Alters-
vorsorgeprodukte zu stellen sind. Dazu fehlen Ihnen of-
fenbar die Kraft und die Einsicht.

Es ist klar: Dieses Gesetz ist wie seine beiden Vorgän-
ger keine Blaupause für eine nachhaltige Reform der Al-
terssicherung in Deutschland. Die Halbwertszeit der Re-
formen von Rot-Grün nimmt von Reform zu Reform
weiter ab. Wir befinden uns nicht am Ende der Debatte
über die Neuordnung der Alterssicherung. Im Gegenteil:
Mit diesem Gesetz wird die Debatte neu eröffnet. Sie ha-
ben eine riesige Chance vertan. Keine der grundlegen-
den Fragen ist ausreichend beantwortet.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: So ist es!)

Deshalb wird es spätestens nach der Bundestags-
wahl 2006 einen neuen Anlauf für eine grundlegende
Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und der er-
gänzenden privaten und betrieblichen Vorsorge geben
müssen.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Das wäre zu spät!)


Wir sind dazu bereit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Gute Rede, aber etwas mehr Mut, Herr Storm!)


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegin Gesine Lötzsch. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Sehr geehrte Gäste! Ich bin Abgeordnete der PDS. Mit dem vorliegenden Gesetz will die Regierungs oalition ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umetzen. Die CDU verbiegt sich seit Tagen, weil sie nicht en Mut hat, den Menschen zu sagen, was sie ihnen zuuten will. Deshalb will die CDU – das ist schon von en Kollegen der FDP angesprochen worden – das Geetz hier im Bundestag ablehnen und im Bundesrat pasieren lassen. Es ist schon auffällig, dass sich die CDU tändig hinter der Regierung versteckt (Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Die PDS lehnt das auch im Bundesrat ab? Das ist gut! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Was wollen Sie denn?)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510502800
Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1510502900

nd glaubt, mit Tricks eine saubere Weste behalten zu
önnen. Warum haben Sie, liebe Kolleginnen und Kolle-
en von der CDU, nicht den Mut, den Menschen zu sa-
en, dass Sie in vielen Fragen Teil einer großen Koali-
ion mit SPD und Grünen sind?


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Was mich aber viel mehr bewegt und was alle Abge-

rdneten viel mehr bewegen sollte, ist die Frage, auf
elcher Zahlengrundlage wir entscheiden. Stimmen ei-
entlich die Zahlen, die uns die Regierung vorlegt? Ich
ill Ihnen an einem Beispiel erläutern, warum man sehr
isstrauisch sein sollte.
Die Bundesregierung schaltete am 9. März 2004 für

napp 1 Million Euro Anzeigen in den großen Tageszei-
ungen mit der Überschrift: „Heute verlässlich für mor-
en. Die Rente.“ Nun kann man erst einmal kommentie-
en: Die Rente ist genauso wenig verlässlich wie die
ahlen, die Sie verwenden. In der Anzeige gab die Re-
ierung nämlich vor, in einer Grafik das Verhältnis der
nzahl der Beitragszahler zu den Rentnern darstellen zu
ollen. Das mutete sehr dramatisch an. Während im Jahr
000 noch 4,13 Beitragszahler einen Rentner finanzie-
en, wären es im Jahr 2020 nur noch 2,9. Die Wochen-
eitung „Die Zeit“ schrieb dazu – ich zitiere mit Erlaub-
is des Präsidenten –: „Das ist ganz schön erschreckend –
nd erschreckend falsch.“
Frau Ministerin Schmidt hat nämlich nicht die Bei-

agszahler, sondern die 15- bis 65-Jährigen zur Grund-
ge ihrer Berechnungen genommen und dadurch den
uotienten völlig zerzerrt. Ich wollte mit einer Anfrage
in mögliches Missverständnis aufklären, doch es stellte
ich heraus, dass die Ministerin bewusst falsche Zahlen
erwandte. Hätte die Regierung nämlich die verfügbaren
ahlen vom Verband der Rentenversicherungsträger ge-
ommen, dann wäre die schön-schaurige Prognose nicht
öglich gewesen.
Jeder kann einmal eine Zahl verwechseln. Das ist

icht so schlimm. Aber schlimm ist es schon, wenn man
alsche Zahlen verwendet, um ein bestimmtes politisches






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch

Ziel zu verfolgen. In diesem Fall war das politische Ziel,
die Rentenkürzung mit falschen Zahlen zu begründen
und den Menschen Angst zu machen. Besonders kritik-
würdig finde ich es, wenn man beim Verwenden falscher
Zahlen ertappt wird und dann nicht einmal den Mut hat,
die Bürgerinnen und Bürger über diese Falschinforma-
tion zu informieren und sie richtig zu stellen. Ich bin als
Einzelabgeordnete nicht in der Lage, jede Zahl, die die
Bundesregierung präsentiert, auf ihre Richtigkeit hin zu
überprüfen.


(Zuruf von der SPD: Warum behaupten Sie das denn?)


Dazu müssten einzelne Abgeordnete mit mehr Kontroll-
rechten ausgestattet sein, was die Mehrheit in diesem
Hause verhindert.

Mit diesem Gesetz soll eine Entscheidung des Bun-
desverfassungsgerichts umgesetzt werden. Wir werden
erleben, dass es den Bundesrat passiert. Ich möchte aller-
dings daran erinnern, dass wir grundlegende Verände-
rungen im Rentensystem brauchen. Die PDS hat ein
Konzept für ein gerechtes Rentensystem vorgelegt, das
eine Rente von allen für alle ermöglichen würde. Das ist
die Kernforderung. Wir müssen dafür sorgen, dass wie-
der mehr Menschen in die Rentensysteme einzahlen
können. Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen
vernünftige Arbeitsverhältnisse haben und dass sie nicht
in Minijobs und Ich-AGs gedrängt werden. Dann wird es
auch möglich sein, eine Rente von allen für alle aus-
kömmlich zu finanzieren.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510503000

Ich erteile das Wort Kollegin Erika Lotz, SPD-Frak-

tion.

Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1510503100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Storm, es ist zwar das gute Recht der Opposition,
Kritik zu üben, aber dass Sie sich jetzt einen schlanken
Fuß machen wollen und beklagen, dass Rentner und
Rentnerinnen, die Betriebsrenten beziehen, mit der Pfle-
geversicherung belastet werden, obwohl das entspre-
chende Gesetz von uns seinerzeit gemeinsam im Kon-
sens erarbeitet worden ist, erachte ich als bodenlos.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andreas Storm [CDU/CSU]: Die Betriebsrenten ja, die Pflegeversicherung nicht!)


Wir stimmen schließlich auch nicht der Einführung einer
Praxisgebühr zu, um hinterher zu erklären, das sei die
Praxisgebühr der CDU/CSU. Es ist schlimm, was Sie
sich hier geleistet haben und dass Sie jetzt versuchen,
sich einen schlanken Fuß zu machen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510503200

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Storm?

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(C (D Nein, der Kollege ist mir zu unsachlich. (Beifall bei der SPD – Lachen und Widerspruch bei der CDU/CSU)

Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1510503300

ch habe Herrn Storm schon heute Morgen um sechs Uhr
m Rundfunk gehört. Da gingen seine Äußerungen in
ine ähnliche Richtung.
Wir beraten heute den Entwurf des Alterseinkünftege-

etzes. Mit diesem Gesetzentwurf setzen wir das Bun-
esverfassungsgerichtsurteil aus dem Jahr 2002 um. Das
st übrigens nicht die erste Entscheidung des Bundes-
erfassungsgerichts, die die Alterseinkünfte betrifft.
ir müssten uns heute nicht damit beschäftigen, wenn
ie Opposition in der Vergangenheit in ihrer Regierungs-
erantwortung die Hausaufgaben gemacht hätte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir alle sind uns darin einig, dass die derzeitige Ren-

enversicherung nicht mehr den Lebensstandard sichert
nd dass zusätzlich eine betriebliche und private Alters-
orsorge notwendig ist. Finanzminister Eichel hat heute
chon über die staatlich geförderte Riester-Rente gespro-
hen, die von Rot-Grün eingeführt worden ist. Wir helfen
amit den Arbeitnehmern, eine private Altersversorgung
ufzubauen. Das haben Sie aufseiten der Opposition sei-
erzeit versäumt.
Allen Unkenrufen zum Trotz bestätigen uns die Zah-

en, dass dieses Angebot angenommen wird. Während
m April 2001 erst 29 Prozent der Beschäftigten Verträge
ber eine zusätzliche Altersvorsorge abgeschlossen hat-
en, verfügten im März 2003 – nur knapp zwei Jahre spä-
er – bereits 57 Prozent aller versicherungspflichtigen
eschäftigten über eine entsprechende zusätzliche Absi-
herung. In diesem Zusammenhang sollten die circa
Millionen im Rahmen der Riester-Rente abgeschlosse-
en Verträge nicht verschwiegen werden.
Damit haben inzwischen fast 20 Millionen Beschäf-

igte Anspruch auf eine zusätzliche Altersversorgung.
as ist aus meiner Sicht durchaus ein Erfolg.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

m Übrigen hat es auch bei der Einführung der vermö-
enswirksamen Leistungen eine Zeitlang gedauert, bis
ie Menschen dieses Angebot in Anspruch genommen
aben.
Ich erinnere des Weiteren daran, dass Herr Laumann

m Wahlkampf 2002 durch die Lande gezogen ist, um
ie Menschen davon abzuhalten, Verträge zur Riester-
ente abzuschließen, mit der Begründung, dass sich bei
inem Regierungswechsel wieder alles ändern würde.


(Horst Schild [SPD]: Unverantwortlich war das!)


Das ist eine Erfolgsgeschichte, die man nicht kleinre-
en sollte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ndem man sie kleinredet, trägt man nicht dazu bei, dass
ie Menschen Verträge zur Altersvorsorge abschließen.






(A) )


)

Erika Lotz

Ich möchte noch eine weitere Maßnahme herausstel-

len. Von den Beschäftigten wird heutzutage eine immer
größere Flexibilität verlangt. Ein Jobwechsel ist mittler-
weile fast eine notwendige Alltäglichkeit geworden.
Aber was wird bei einem Jobwechsel aus der angespar-
ten betrieblichen Altersvorsorge? In den allermeisten
Fällen konnten die Anwartschaften nicht zum neuen Ar-
beitgeber mitgenommen werden. Die Folge war eine un-
übersichtliche Aufsplitterung des Betriebsrentenan-
spruchs in viele Kleinstansprüche. Dies hat die
Wechselbereitschaft der Arbeitnehmer nicht gerade er-
höht. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erleichtern
wir es, bei einem Betriebswechsel die Betriebsrenten-
anwartschaften zum neuen Arbeitgeber mitzunehmen,
wenn darüber Einvernehmen erzielt wird.

Die Union hat in der Vergangenheit – das zog sich
auch heute durch die Debatte – die Vereinfachung der
Riester-Rente gefordert. Herr Flosbach hat die Kompli-
ziertheit der Regelungen beklagt. Dem ist entgegenzu-
halten, dass wir die Regelungen mit dem vorliegenden
Gesetzentwurf vereinfachen.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Ach, Quatsch!)


Die Zahl der Zertifizierungskriterien wird von elf auf
fünf verringert und – auch das wird von Ihnen begrüßt –
ein Dauerzulagenantrag wird eingeführt.


(Beifall bei der SPD)

Die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen wird die
beitragspflichtigen Einnahmen prüfen; dies muss dann
nicht mehr im Antrag ausgefüllt werden. Ein einheitli-
cher Sockelbetrag wird zu mehr Transparenz und Sicher-
heit führen. Das alles sind Neuerungen. Die Anbieter
müssen nun bei Vertragsabschluss die effektive Gesamt-
rendite des Produkts nennen. Damit wird für direkte Ver-
gleichbarkeit der Riester-Angebote gesorgt. Das ist im
Interesse derjenigen Arbeitnehmer, die Altervorsorge-
verträge abschließen wollen. Deren Interessen haben wir
im Auge.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition,
Ihrer lang erhobenen Forderung nach Vereinfachung der
Riester-Rente sind wir also nachgekommen. Deshalb
können Sie heute auch zustimmen.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Wenn Sie das aber nicht tun, dann muss ich feststellen,
dass Sie nicht wissen, was Sie wollen, und dass Sie of-
fensichtlich auch nicht wissen, was Sie tun. Sie machen
ziemliche Klimmzüge und bemühen sich verzweifelt, zu
begründen, warum Sie nicht zustimmen können. Ich
meine, dass das, was wir auf den Weg bringen, eine gute
Regelung ist. Wir kommen damit dem Auftrag des Bun-
desverfassungsgerichts nach.

Ich appelliere noch einmal an Sie: Tun Sie den Rent-
nerinnen und Rentnern einen Gefallen! Verunsichern Sie
sie nicht und stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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1)

(C (D Ich schließe damit die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die von den Frak ionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen soie von der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe ines Alterseinkünftegesetzes. Ich weise darauf hin, dass u der Beschlussfassung des Finanzausschusses, die Geenstand der nun folgenden Abstimmung sein wird, inwischen der Bericht des Ausschusses auf Drucksache 5/3004 vorliegt. Der Finanzausschuss empfiehlt in seier Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/2986, die enannten Entwürfe eines Alterseinkünftegesetzes in der usschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen ollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Entaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung it den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die timmen der Opposition bei Enthaltung der beiden frakionslosen Abgeordneten angenommen worden. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st damit in dritter Lesung mit den Stimmen der Koaliionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition bei nthaltung der beiden fraktionslosen Abgeordneten anenommen worden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510503400

Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie-
ungsanträge. Wer stimmt für den Entschließungsantrag
er Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/2992? –
egenprobe! – Enthaltungen? – Der Entschließungsan-
rag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
ie Stimmen von CDU/CSU bei Enthaltung der FDP ab-
elehnt worden.
Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-

ion der FDP auf Drucksache 15/2988? – Gegenstim-
en? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist
it den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
timmen der FDP bei Enthaltung von CDU/CSU abge-
ehnt worden.
Zu TOP 3 gibt es eine persönliche Erklärung der Ab-

eordneten Ina Lenke nach § 31 der Geschäftsord-ung, die wir hiermit zu Protokoll nehmen.1)
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Friedrich Merz, Dr. Michael Meister, Heinz
Seiffert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Ein modernes Steuerrecht für Deutschland –
Konzept 21
– Drucksache 15/2745 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)


Anlage 2

(B)







(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eindreiviertel Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat als Erster
der Abgeordnete Friedrich Merz.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Friedrich Merz (CDU):
Rede ID: ID1510503500

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Wir legen Ihnen heute zunächst in Form eines
Antrags Vorschläge zu einer ganz grundlegenden Mo-
dernisierung und Vereinfachung des deutschen Einkom-
mensteuerrechtes vor. Wie kompliziert das deutsche
Steuersystem mittlerweile geworden ist, konnten die Zu-
hörerinnen und Zuhörer der Debatte über den ersten Ta-
gesordnungspunkt des heutigen Tages nachvollziehen:
Das deutsche Einkommensteuerrecht ist nicht mehr aus
sich selbst heraus verständlich. Es erschließt sich dem
steuerpflichtigen Bürger nicht mehr. Es ist in den letzten
Jahren leider nicht besser, sondern noch viel schlechter
geworden. Neben dem Verlust der sprachlichen Ver-
ständlichkeit leidet das deutsche Einkommensteuerrecht
unter einer nicht mehr überschaubaren und systemwidri-
gen Fülle und Komplexität an Einzelvorschriften und
Ausführungsbestimmungen.

Ich will Ihnen dazu nur einige wenige Daten nennen.
Wir haben in Deutschland mittlerweile rund 100 so ge-
nannte Steuerstammgesetze. Die Zahl der Gesetze, in
denen auch steuerliche Regelungen enthalten sind, also
Gesetze, die ganz andere Regelungssachverhalte betref-
fen, die aber auch steuerliche Regelungen enthalten, ist
nicht feststellbar. Ich wiederhole: Im Bestand des deut-
schen Rechts ist die Zahl der Gesetze, die auch steuerli-
che Bestimmungen enthalten, nicht feststellbar. Zu den
bestehenden Steuergesetzen gibt es mittlerweile rund
5 000 Interpretationsschreiben des Bundesministers
der Finanzen. Insgesamt existieren zusätzlich etwa
96 000 Verwaltungsvorschriften. In der letzten Wahl-
periode des Deutschen Bundestages, in der Wahlperiode
zwischen 1998 und 2002, sind allein bei den Ertragsteu-
ern, also bei Einkommensteuer und Körperschaftsteuer,
60 Gesetzesänderungen vollzogen worden. Hinzu kamen
fast 250 Interpretationsschreiben des Bundesministers
der Finanzen.

Im Rahmen der Änderungen der letzten Wahlperiode
sind ungefähr 100 Vorschriften des deutschen Einkom-
mensteuergesetzes gleich mehrfach geändert worden.
Zum Teil sind sie geändert worden, bevor die vorange-
hende Änderung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht
worden ist.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das muss man sich einmal vorstellen!)


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(C (D Es ist kein Wunder und es darf niemanden überrachen, dass wir es mit einer zunehmenden Steuervereigerung der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland u tun haben. Sie verstehen dieses Gesetz nicht mehr nd sie wollen es auch nicht mehr verstehen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Und nicht verstehen können!)


Wir müssen deshalb zu einer ganz grundlegenden
ereinfachung unseres Einkommensteuerrechtes zu-
ückkehren. Das Wichtigste jenseits aller Details – ich
erde auf einige zu sprechen kommen – ist, dass sich
iejenigen, die die Steuergesetze anwenden müssen, auf
ie Beständigkeit der bestehenden Regelungen wieder
ür einen längeren Zeitraum verlassen können und dass
uhe und Beständigkeit in die Gesetzgebung insbeson-
ere beim Steuerrecht zurückkehren. Die Planbarkeit
nd die Verlässlichkeit des deutschen Steuerrechts jen-
eits aller Inhalte und jenseits aller Details sind ganz we-
entliche Voraussetzungen für die Rückkehr zu Wachs-
um und Beschäftigung in Deutschland. Niemand aus
em Inland und niemand aus dem Ausland wird in
eutschland investieren, wenn er sich nicht wenigstens
ür einen überschaubaren Zeitraum auf Beständigkeit
nd Planbarkeit der steuerlichen Rahmengesetzgebung
erlassen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Zu den grundsätzlichen inhaltlichen Fragen will ich

olgendes sagen: In einer komplexen Welt ist auch das
teuerrecht an verschiedenen Stellen naturgemäß kom-
lex. Es kann nicht überall nur einfache Antworten ge-
en; einfache Antworten können auch falsche Antworten
ein. Deswegen kommt es darauf an, dass wir uns wieder
n Grundsätzen und an steuerlichen Fundamentalprin-
ipien orientieren. Dazu zählen aus meiner Sicht:
Erstens: die Erkennbarkeit des Besteuerungsgegen-

tandes. Diejenigen, die das Steuerrecht anwenden, müs-
en wissen, was besteuert werden soll.
Zweitens. Die Besteuerung selbst muss nach dem

rinzip der Leistungsfähigkeit erfolgen.
Drittens. Bei der Besteuerungshöhe muss eine ange-
essene Berücksichtigung des europäischen und des
lobalen Umfeldes stattfinden.
Lassen Sie mich zu diesen drei Grundsätzen im Ein-

elnen Folgendes ausführen:
Hinsichtlich der Erkennbarkeit des Besteuerungs-

egenstandes im Einkommensteuerrecht, im gesamten
rtragsteuerrecht kommt es darauf an, dass wir eine
lare Abgrenzung zwischen dem vornehmen, was be-
teuert wird, und dem, was auch in Zukunft steuerfrei
leiben muss. Auch in Anlehnung an die wissenschaftli-
he Diskussion, die es dazu gibt, schlagen wir vor, dass
anz grundsätzlich das Markteinkommen besteuert
ird, dass also das Markteinkommen der Besteuerungs-
egenstand für Einkommensteuer und Körperschaft-
teuer ist.






(A) )



(B) )


Friedrich Merz

Damit erübrigt sich eine komplizierte Abgrenzung, so

wie wir sie heute in § 3 des Einkommensteuergesetzes
haben, etwa zu den sozialen Transferleistungen. Soziale
Transferleistungen, zum Beispiel Krankenversiche-
rungsleistungen, zum Beispiel Leistungen der Sozial-
hilfe und der Arbeitslosenhilfe, sind grundsätzlich nicht
Markteinkommen. Wenn sich der Einkommensteuerge-
setzgeber auf die Besteuerung des Markteinkommens
konzentriert, erübrigen sich alle heute noch notwendigen
extrem komplizierten Abgrenzungen.

Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir in diesem
Zusammenhang auch eine Bemerkung zu den übrigen
Ertragsteuern, die wir heute in Deutschland zusätzlich
zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer haben. In
einem solchen System der Besteuerung des Marktein-
kommens hat eine Vermögensteuer als Substanzsteuer
keinen Platz mehr.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Und was ist mit der Gewerbesteuer?)


Wir sollten deswegen, schon aus Gründen der Rechts-
hygiene, in Deutschland endlich das Vermögensteuerge-
setz auch förmlich aufheben und es durch die Entschei-
dung des Bundesverfassungsgerichts nicht nur außer
Vollzug gesetzt sehen.


(Beifall des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])

In diesem System hat die Erbschaftsteuer anders als

die Vermögensteuer sehr wohl ihren Platz. Die Erb-
schaftsteuer ist keine Substanzsteuer, sondern sie ist im
steuerlichen System der Bundesrepublik Deutschland
eine einkommensteuerähnliche Einmalbelastung der Er-
ben. Insofern hat die Erbschaftsteuer anders als die Ver-
mögensteuer durchaus auch in Zukunft ihre Existenzbe-
rechtigung. Ich will allerdings hinzufügen: Wir müssen
darauf achten, auch bei einer möglichen Neuordnung des
Erbschaftsteuerrechts, dass der Übergang gerade mittel-
ständischer Betriebe, die durch die Eigentümer geführt
werden – börsennotierte Aktiengesellschaften werden
nicht vererbt –, von der Erbschaftsteuer so weit wie
möglich entlastet wird,


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Genau! Richtig!)

damit die Fortführung ermöglicht und durch die Erb-
schaftsteuerlast nicht unmöglich gemacht wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir in diesem

Zusammenhang noch einen Hinweis – ich kann damit
auch gleich einen Zwischenruf aus den Reihen der SPD-
Fraktion aufnehmen –: Natürlich hat in einem solchen
Konzept einer neuen Einkommen- und Körperschaft-
steuer die Gewerbesteuer in Deutschland, die ohnehin
– auch im europäischen Vergleich – ein Fremdkörper im
Einkommensteuersystem ist, keinen Platz mehr,


(Beifall bei der CDU/CSU)

insbesondere deshalb, weil die Gewerbesteuer nach wie
vor eine ganze Reihe von ertragsunabhängigen Bestand-
teilen enthält. Wäre es nach Ihrem Willen gegangen, wä-
ren die ertragsunabhängigen Teile der Gewerbesteuer

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(C (D um Jahreswechsel sogar massiv ausgedehnt worden. ie Gewerbesteuer ist und bleibt ein Fremdkörper im ystem. (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Echte Substanzbesteuerung!)


ie hat auch im europäischen Wettbewerb keinen Platz
ehr. Sie muss abgeschafft und durch eine Beteiligung
er Städte und Gemeinden in Deutschland an der Ein-
ommensteuer – und Körperschaftsteuer ersetzt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Warum nicht an der Umsatzsteuer?)


Ich habe bereits gesagt, dass einer der wesentlichen
esteuerungsgrundsätze die Besteuerung nach der
eistungsfähigkeit sein soll. Das heißt, dass grundsätz-
ch jedes Einkommen, unabhängig von seiner Entste-
ung, unabhängig von seiner Verwendung, auch unab-
ängig von der Rechtsform des Unternehmens, in dem
s gegebenenfalls entsteht, einmal – aber auch nur ein-
al – besteuert werden muss. Daraus ergibt sich eine
anze Reihe von Konsequenzen bis hin in den Unterneh-
ensteuerbereich.
Erlauben Sie mir, zwei Aspekte herauszugreifen, die

inen größeren Teil der Bürgerinnen und Bürger in
eutschland auch im Zusammenhang mit der Diskus-
ion über unser Einkommensteuersystem immer wieder
eschäftigen. Das Erste sind die so genannten steuer-
reien Sonntags-, Nacht- und Feiertagszuschläge. Um
s von unserer Seite noch einmal klarzustellen: Selbst-
erständlich tragen alle diejenigen, die an Sonntagen, in
chichtarbeit, an Feiertagen tätig sind, die regelmäßig
achtarbeit leisten müssen, eine besondere Last. Selbst-
erständlich muss diese besondere Last angemessen ver-
ütet werden. Aber es kann nicht Aufgabe der allgemei-
en Steuerzahler sein, diese besondere Last durch
esondere Steuerbefreiungen abzugelten. Es muss Auf-
abe der Arbeitgeber sein und bleiben, diese besondere
ast zu vergüten. Für den Steuergesetzgeber ist und
leibt jedes Einkommen, unabhängig von Entstehung
nd Verwendung, gleich. Diesen Gleichheitsgrundsatz
ilt es insbesondere bei den so genannten Sonntags-,
acht- und Feiertagszuschlägen anzuwenden, die heute
och eine besondere Privilegierung erfahren. Wir schla-
en langfristige Übergangsregelungen vor, sodass sich
ie Tarifvertragsparteien in Deutschland auf eine Verän-
erung einstellen können. Am Ende dieses Übergangs-
eitraums darf es aber auch an dieser Stelle keine Aus-
ahmen mehr geben. Wer Ausnahmen für wenige
ordert, muss wissen, dass er im Ergebnis höhere Steuer-
ätze für alle fordert.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Zweitens. Meine Damen und Herren, das Prinzip der
esteuerung nach der Leistungsfähigkeit muss eine be-
ondere Ausprägung bei der Berücksichtigung der Fami-
ien, insbesondere bei der Berücksichtigung der Fami-
ien mit Kindern, erhalten. Ich will auch an dieser Stelle
och einmal sehr deutlich sagen: Ich halte es für unver-
ichtbar, dass auch in Zukunft als Ausfluss aus Art. 6 des






(A) )



(B) )


Friedrich Merz

Grundgesetzes, der bekanntlich Ehe und Familie unter
den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt,
das Ehegattensplitting aufrechterhalten wird, also die
Erwerbsgemeinschaft von Mann und Frau auch im Steu-
errecht uneingeschränkt und grundlegend verankert
bleibt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wichtiger ist aus meiner Sicht aber die angemessene, das
heißt stärkere Berücksichtigung der Kinder in Ehen und
eheähnlichen Lebensgemeinschaften.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren, unser Vorschlag, den Kin-
derfreibetrag auf die Höhe des Erwachsenenfreibetra-
ges deutlich anzuheben, entlastet überproportional Fami-
lien mit Kindern. Damit würde es erstmalig in diesem
System möglich sein, auf Transferleistungen in Form
von Kindergeld an solche Eltern zu verzichten, die über
ein ausreichend hohes Einkommen verfügen und die Fi-
nanzierung ihrer Kinder aus eigener Kraft leisten kön-
nen. Ich will es noch einmal sehr deutlich sagen: Kinder-
geld hat ohne Wenn und Aber auch in Zukunft seine
Berechtigung, aber Transferleistungen an Eltern können
und dürfen nach unserer Überzeugung erst dann geleistet
werden, wenn die eigene Leistungsfähigkeit nicht mehr
ausreicht. Wenn sie ausreicht, dann muss die Berück-
sichtigung von Kindern abschließend durch eine Freibe-
tragsregelung zum Ausdruck kommen. Höher und gut
verdienende Familien brauchen dann keinen Transfer,
keine Kindergeldleistungen mehr aus öffentlichen Kas-
sen.


(Joachim Poß [SPD]: Wir haben doch einen hohen Freibetrag!)


Dies setzt allerdings systembedingt voraus, dass der
Kinderfreibetrag angemessen und damit deutlich höher
festgesetzt wird, als es gegenwärtig der Fall ist.


(Zuruf von der SPD: Zum Beispiel?)

Ich habe zu Beginn bereits auf das internationale Um-

feld hingewiesen, in dem wir uns mit unserem Steuer-
system bewegen. Erlauben Sie mir, dass ich eine sehr ak-
tuelle Debatte aufgreife, die in den letzten Tagen auch
im Hinblick auf die Osterweiterung der Europäischen
Union geführt wird.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Unbedingt!)

Nun ist es ja interessant zu beobachten, dass der Bundes-
kanzler, dem noch vor Jahr und Tag die Steuern in
Deutschland zu hoch waren – wir teilen ausdrücklich
diese Einschätzung –, plötzlich entdeckt, dass sie an-
derswo zu niedrig sind. Die meisten Länder von denen,
die jetzt neu in die Europäische Union eintreten, haben
jedoch ihre Steuersysteme auf ihre Mitgliedschaft in der
EU vorbereitet. Zum Teil haben sie Maßnahmen ergrif-
fen, die wir in Deutschland längst hätten ergreifen sol-
len, nämlich eine deutliche Absenkung der Ertragsteuer-
sätze


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


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(C (D nd eine Verschiebung der Steuerbelastung von den diekten zu den indirekten Steuern. Ich werde darauf zum chluss noch einmal zu sprechen kommen. Diesen Ländern Steuerdumping vorzuwerfen geht an er Sache vorbei. (Beifall des Abg. Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU] – Ortwin Runde [SPD]: Sie werden doch Herrn Stoiber nicht beschimpfen! Unerhört!)


on Steuerdumping, meine Damen und Herren, lässt
ich nur dann sprechen, wenn etwa wie früher in Holland
der in den irischen Docklands ausländischen Investoren
ndere, in der Regel niedrigere Steuersätze und andere
teuerliche Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt wer-
en als inländischen Investoren. Es hat aber bisher nie-
and behauptet, dass dies auf die neuen EU-Länder zu-
reffe. Dies kann auch niemand behaupten, weil die
steuropäischen Länder, die in wenigen Stunden in die
uropäische Union eintreten, dieses nicht machen. Sie
ieten inländischen wie ausländischen Investoren glei-
he und zum Teil hoch attraktive steuerliche Rahmenbe-
ingungen an.
Das Problem ist nicht Osteuropa, das Problem ist
eutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ir haben in Deutschland unverändert viel zu hohe
teuersätze. Trotz der anerkennenswerten Bemühungen
er rot-grünen Bundesregierung in den letzten Jahren,
ie Steuerbelastung zu senken,


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Die Steuersätze, nicht die Steuerbelastung!)


st Deutschland noch immer ein Hochsteuerland. Wir ha-
en nach wie vor mit die höchsten Unternehmensteuern.
ußerdem haben die Unternehmen in Deutschland, die
ier investieren – auch dies gehört der Vollständigkeit
alber dazu, wenn wir zu Recht über die Wachstums-
nd Beschäftigungskrise klagen –, eine zu geringe Kapi-
alrendite. Die Kapitalrendite ist in allen anderen euro-
äischen Ländern höher als in Deutschland. In Deutsch-
and sind die Steuersätze mitverantwortlich für die
eringe Kapitalrendite. Das muss in diesem Gesamtzu-
ammenhang erwähnt werden. Deswegen müssen die
teuersätze in Deutschland herunter.
Ich zitiere einen früheren, auch von Ihnen hoch ge-

chteten – wenn ich es richtig in Erinnerung habe, sogar
n der SPD als Mitglied geführten – Sachverständigen
nd langjährigen Vorsitzenden des Sachverständigenra-
es, Hans-Karl Schneider, der einmal gesagt hat: Wer
ehr als die Hälfte seines Einkommens an das Finanz-
mt abführen muss, ist mehr darauf bedacht, Steuern zu
paren, als darauf, Geld zu verdienen. – Das gilt unver-
ndert auch heute. In Deutschland wird viel zu viel über
teuervermeidungsstrategien und viel zu wenig über In-
estitions- und Beschäftigungsstrategien nachgedacht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

eshalb müssen die Steuersätze herunter und muss die
emessungsgrundlage verbreitert werden.






(A) )



(B) )


Friedrich Merz

Ich räume ein: Auch mit der Umsetzung unseres Vor-

schlages, die Grenzbelastung bei der Einkommen-
und Körperschaftsteuer auf einheitliche 36 Prozent zu-
rückzuführen, lägen wir im internationalen Vergleich
noch immer bei einer relativ hohen Steuerlast. Ich ver-
stehe deshalb gut, dass an anderer Stelle, etwa im Sach-
verständigenrat, über Möglichkeiten nachgedacht wird,
diese zu hohe Grenzbelastung für die Unternehmen in
Deutschland, unabhängig von ihrer Rechtsform, in ei-
nem solchen System weiter abzusenken. Ich habe Vorbe-
halte gegen eine solche Steuerspreizung. Wie wollen wir
den Arbeitnehmern in Deutschland, die nicht nur unter
hohen Steuern, sondern noch mehr unter hohen Sozial-
versicherungsbeiträgen leiden, vermitteln, dass etwa Un-
ternehmensgewinne deutlich niedriger besteuert werden
als Arbeitnehmereinkünfte? Gleichwohl wird der Druck
auf die Ertragsteuern in den nächsten Jahren stärker wer-
den. Auch in diesem Zusammenhang wird die Osterwei-
terung der Europäischen Union eine erhebliche Auswir-
kung auf die steuerpolitische Debatte in Deutschland
haben.

Deswegen müssen wir nach Wegen suchen, schnell zu
Ergebnissen zu kommen. Wir können nicht mehr bis
zum nächsten Regierungswechsel warten. Deutschland
hat nicht die Zeit, eine weitere halbe Legislaturperiode
des Deutschen Bundestages lethargisch dazusitzen und
darauf zu warten, dass der Aufschwung möglicherweise
durch die Weltkonjunktur herbeigeführt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wenn Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün,

in diesem Zusammenhang nach der Bezahlbarkeit einer
solchen Reform – wir werden uns heute Nachmittag mit
weiteren Themen dieser Art beschäftigen – fragen, dann
will ich Ihnen eine Antwort geben in Bezug auf die Be-
rechnungen der Haushaltsabteilungsleiter der Finanzmi-
nisterien


(Ortwin Runde [SPD]: Der Steuerabteilungsleiter!)


– der Steuer- und Haushaltsabteilungsleiter –,

(Ortwin Runde [SPD]: Es waren die Steuer abteilungsleiter!)

die ich schätze und achte und die ihren Auftrag zu erfül-
len haben, deren Arbeit ich in vollem Umfang respek-
tiere: Diese Arbeit bezieht sich auf ein statisches Regel-
werk. Sie gehen vom gegenwärtigen Status quo der
Arbeitsmarktverfassung, von den gegenwärtigen Sozial-
versicherungssystemen, von den gegenwärtigen sozialen
Sicherungssystemen, von den gegenwärtigen sozialen
Transfersystemen und vom gegenwärtigen Steuersystem
aus. Das, was wir Ihnen heute hier vorschlagen, ist iso-
liert betrachtet in der Tat heute nicht bezahlbar.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! Das ist eine gute Einsicht!)


Aber – bevor Sie klatschen – all das, was wir Ihnen vor-
schlagen, steht im Kontext einer größeren Reform-
agenda in Deutschland, einer grundlegenden Korrektur
der Arbeitsmarktverfassung und der Lohnfindungssys-

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(C (D eme, der Reformen der sozialen Transfersysteme, die ndlich von Ihren beschäftigungsfeindlichen Anreizwirungen befreit werden müssen, und umfassender Reforen der sozialen Sicherungssysteme bis hin zur Abopplung eines Teiles der sozialen Sicherungssysteme om Beschäftigungsverhältnis. In diesem Zusammenang sind die Spielräume für eine grundlegende Reform er Einkommenund Körperschaftsteuer in Deutschland iel, viel größer, als mancher Skeptiker, auch hier im ause, in den letzten Wochen und Monaten vorgetragen at. Wenn wir in Deutschland den Mut hätten, im Rahmen iner solchen umfassenden Reformagenda widerpruchsfrei das eine mit dem anderen zu verbinden, dann ämen wir viel schneller aus der Wachstumsund Bechäftigungskrise heraus, ann könnten wir viel schneller die viel zu hohe Staatsuote senken und die Steuerlast der Bürgerinnen und ürger wie der Unternehmen in Deutschland senken. ass es geht, haben andere Länder in Europa und außeralb Europas längst vorgemacht. Dass es nicht geht, hat uch mit der Regierungspolitik der letzten fünfeinhalb ahre zu tun. Herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Joachim Poß. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber ollege Merz, wir sollten den heutigen Morgen nutzen, m einige Fragen ganz grundsätzlich zu klären. Zum eispiel sollten wir darüber reden, wie wir uns auf den eitritt der neuen Länder zum 1. Mai einstellen. Dieser eitritt hat die öffentliche Diskussion in den letzten Taen stark bestimmt. Ich erkläre für die SPD hier ganz indeutig: Wir können uns nicht vorstellen, mit den balischen Staaten oder anderen Staaten hinsichtlich niedrier Steuersätze konkurrieren zu können. Das ist der Weg n die falsche Richtung. Wir müssen unsere Stärken ausbauen. Unsere Posi ion ist, dass wir dafür neben privatem auch öffentliches eld brauchen. Herr Merz, Ihr Weg ist – Sie haben es ben angedeutet –, dass Deutschland über Steuersenkunen konkurrenzfähig wird. Über diese Alternativen könen die Bürgerinnen und Bürger bei der Europawahl abtimmen. Im Übrigen teile ich in dieser Frage ausdrücklich das, as Herr Stoiber heute im „General-Anzeiger“ gesagt at. Herr Faltlhauser, Sie können nachher die Haltung er CSU näher erläutern. Wir werden dann sehen, wie inig CDU und CSU sind und wie geschlossen die Oposition ist. Herr Stoiber sagt auf die Frage mit Blick auf Joachim Poß die Beitrittsländer, ob er einen fairen Steuerwettbewerb gewährleistet sehe: Es besteht die Gefahr, dass EU-Hilfen von einzelnen Ländern zum Steuer-Dumping gegenüber anderen Ländern missbraucht werden. Einzelne Länder halten ihr Steuereinkommen gering, weil sie auf einen Ausgleich durch EU-Höchstfördersätze rechnen können. Ich glaube, Herr Stoiber hat insoweit Recht. (Hans Michelbach [CDU/CSU]: „Steuerauf kommen“ sagt er!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510503600
Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1510503700

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )

Er plädiert in diesem Zusammenhang auch nicht aus-
drücklich, wie Sie es tun, für einen Wettbewerb.

Ich finde es gut, wenn die Bürgerinnen und Bürger
die verschiedenen Alternativen der konkurrierenden Par-
teien klar erkennen können. Es wird manchmal der Vor-
wurf erhoben – gelegentlich auch aus der Anhänger-
schaft der SPD –, Unterschiede seien nicht mehr
erkennbar.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sie sind aber erkennbar!)


– Auch ich denke das.
Ein zweiter Punkt. Sie haben etwas zu den Finanzen

der Kommunen gesagt. Wir wissen, dass sich viele
Kommunen in einer schwierigen Finanzsituation befin-
den. Herr Merz, Sie haben gesagt, die Gewerbesteuer
werde ersatzlos abgeschafft


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ich habe nicht gesagt, ersatzlos! – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Nein, er hat gesagt: Sie wird ersetzt!)


und werde durch eine Beteiligung an der Einkommen-
und Körperschaftsteuer ersetzt. In Ihrem Antrag steht
wörtlich – ich hoffe, dass Sie ihn gelesen haben –:

Deshalb soll die Gewerbesteuer in enger Abstim-
mung mit den Kommunen durch eine wirtschafts-
kraftbezogene Gemeindesteuer ersetzt werden...

(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das heißt doch nicht, ersatzlos gestrichen!)


Sie haben eben davon gesprochen, dass sozusagen eine
Beteiligung an der Einkommen- und Körperschaftsteuer
erfolgt. In Ihrem Antrag sprechen Sie aber von einer
„wirtschaftskraftbezogenen Gemeindesteuer“. Sie müs-
sen den Bürgerinnen und Bürgern, die in den Städten auf
Lebensqualität Wert legen, schon klar sagen, was Sie
wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn man sich jenseits des Wortnebels einmal mit den
Fakten beschäftigt, dann erkennt man, dass Sie auch hier
in Wahrheit keine Antwort haben.


(Zuruf des Abg. Friedrich Merz [CDU/CSU])

– Ich habe wörtlich aus Ihrem Antrag zitiert. Vielleicht
haben Sie ihn nicht gelesen.

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(C (D (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Sie haben die falsche Rede mitgebracht!)


Der dritte Punkt. Sie haben vollkommen zu Recht den
tellenwert der Familie beschrieben. Wir haben im Ge-
ensatz zu Ihnen in den letzten Jahren die Familienleis-
ungen von 40 Milliarden Euro auf insgesamt über
0 Milliarden Euro erhöht. Sie sprechen von der Förde-
ung der Familie, wir handeln. Auch das müssen die
ürgerinnen und Bürger wissen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie im Rahmen Ihres Konzeptes den Freibetrag
rhöhen und das Kindergeld für die Bezieher geringer
inkommen so belassen wollen, dann müssen die Bürge-
innen und Bürger wissen – um sich über die politische
lternative klar zu werden –, was das bedeutet. Das be-
eutet nämlich, Herr Merz, dass der Freibetrag so erhöht
ird, wie es erforderlich ist, um Spitzenverdiener weiter
u entlasten. Das ist die Wahrheit, die hinter dieser Be-
erkung steht. Auch hierbei besteht zwischen den Par-
ien im Deutschen Bundestag eine Alternative.


(Beifall bei der SPD)

Schließlich sagen Sie, Deutschland sei ein Hoch-

teuerland. Das gibt die Analyse, gemessen an der volks-
irtschaftlichen Steuerquote, natürlich nicht her. Wir
atten in der Europäischen Union im Jahre 2002 die
iedrigste volkswirtschaftliche Steuerquote mit 21,7 Pro-
ent. Wir haben sie im Jahre 2003 weiter auf unter
1 Prozent gesenkt. Auch das sollten die Menschen wis-
en: Wir brauchen eine auskömmliche Steuerquote,
enn wir Bildung, Forschung und Chancengerechtigkeit
inanzieren wollen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Arbeitslose zahlen keine Steuern!)


ir können den Menschen keine Steuersenkungen in
ussicht stellen, die, so wie Sie dies vorsehen, offenkun-
ig sozial ungerecht und nicht finanzierbar sind. Auch
ier bietet sich für die Bürgerinnen und Bürger eine Al-
rnative.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben mit all den Maßnahmen, die wir seit 1998
eschlossen haben, Steuerentlastungen von knapp
0 Milliarden Euro durchgesetzt. Dabei gab es teilweise
ompromisse im Vermittlungsausschuss, weil man sich
ort angesichts der Mehrheitsverhältnisse einigen muss.
ei uns lohnt sich Leistung wieder.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Natürlich. – Der steuerliche Grundfreibetrag wurde
on 6 200 auf 7 664 Euro angehoben. Auf den ersten
erdienten Euro zahlen die Menschen in diesem Jahr
ine Steuer von 16 Prozent. Bei Ihnen betrug der Steuer-
atz 26 Prozent. Hier ergeben sich konkrete Alternati-
en, von denen die Menschen profitieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


avon war bei Ihnen nichts zu hören.






(A) )



(B) )


Joachim Poß

Wenn die Union meint, ein modernes Steuerrecht sei

das Nonplusultra für die volkswirtschaftliche Genesung,
dann gaukelt sie den Menschen etwas vor. Durch Sie und
durch andere wird durch das Versprechen unfinanzierba-
rer Steuersenkungen und durch eine unsoziale steuerli-
che Umverteilung ein ganz bestimmter wirtschaftspoliti-
scher Zeitgeist beschworen. Manche nennen solche
parteipolitischen Vorstellungen sogar „modern“.

Die SPD-Bundestagsfraktion hält daran fest, dass in
der Steuerpolitik zwei bewährte Grundsätze zu beach-
ten sind: soziale Gerechtigkeit und seriöse Finanzierung.
Das sind unsere Leitmotive. Von diesen lassen wir uns
durch keinen Zeitgeist dieser Welt abbringen. Auch da-
rüber können die Menschen Gott sei Dank in Wahlen
entscheiden.


(Beifall bei der SPD)

Wir reichen einer ungerechten und unseriösen Steuerpo-
litik nicht die Hand. Hier geht es um eine grundlegende
politische Richtungsentscheidung.

Von welchem Geist Herr Merz beseelt ist, hat er in
wünschenswerter Klarheit am letzten Sonntag in der
„Welt am Sonntag“ in einem Interview zum Ausdruck
gebracht. Er hat dort wörtlich gesagt:

Bei uns bekommt derjenige am meisten Zustim-
mung, der am lautstärksten nach Umverteilung ruft
und Faulheit belohnen will.

Ich kenne in der Öffentlichkeit niemanden, der klatscht,
wenn Faulheit belohnt werden soll.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das hat der Kanzler gesagt!)


Das hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Weiter sagen
Sie, Herr Merz:

Umverteilung ist doch nichts anderes als der Ver-
such, Leistung ohne Gegenleistung zu bekommen.

Das hat mit der Lebenswirklichkeit ebenfalls nichts
zu tun. In diesen beiden Sätzen steckt eine Weltanschau-
ung, die den Sozialstaat offenbar als lästig empfindet.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Ach je!)

Hier wird eine Verachtung für sozial Benachteiligte of-
fensichtlich.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ach Gott, ach Gott!)


Dies ist eine politische Einstellung, die sich am Rande
unserer Verfassung bewegt. Das ist der Kern Ihres Inter-
views.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Jetzt schmeicheln Sie sich bei Müntefering ein!)


Die Bundesrepublik Deutschland ist nach Art. 20 des
Grundgesetzes ein „sozialer Bundesstaat“. Kennzeichen
und Aufgabe eines Sozialstaates ist es, dort umzuvertei-
len, wo der Einzelne nicht in der Lage ist, für sich selbst
zu sorgen. In der wortreichen und blumigen Prosa des
steuerpolitischen Programms der Union heißt es zwar

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(C (D uch, dass der Staat helfen muss, wenn die Menschen ihen gegenwärtigen und die Sicherung ihres zukünftigen edarfs nicht selbst finanzieren können. Aber angesichts hrer Zitate, Herr Merz, können die Menschen in eutschland solche nach Sozialstaat klingenden Ankünigungen offensichtlich nicht ernst nehmen. Zumindest eile der Union – gemeint sind Sie, Herr Merz, und nicht err Seehofer – stehen für eine andere Republik, eine epublik nach dem Motto: Hilf dir selbst, dann hilft dir ott! Dieser Teil der Union wird immer stärker. Deswegen sage ich: Die Union verabschiedet sich on einem langjährigen Konsens, von einem Konsens, er bisher von den Volksparteien getragen wurde. (Norbert Schindler [CDU/CSU]: Das habt ihr schon lange gemacht!)


azu gehörte auch die Besteuerung nach der wirtschaft-
ichen Leistungsfähigkeit. Deswegen werden wir uns da-
ür einsetzen, dass die seit langem bewährte soziale
arktwirtschaft, der Sozialstaat und soziale Gerechtig-
eit weiterhin prägende Kennzeichen der Gesellschaft
er Bundesrepublik Deutschland sein werden. Auch da-
über können die Menschen abstimmen. Das sind klare
lternativen.
Aber auch in der Union gibt es Politiker, die nicht
ehr verstehen, warum sich die CDU und Frau Merkel
om Sozialstaat verabschieden wollen. Horst Seehofer,
orbert Blüm, Heiner Geißler und andere haben in den
ergangenen Wochen die gesamte Politik der Union,
icht nur die Steuerpolitik, scharf kritisiert. Herr
eehofer hat Recht, wenn er darauf hinweist, dass es
icht ausreicht, neu zu denken. Darüber hinaus muss
an auch prüfen, ob das Neue finanzierbar ist. Horst
eehofer hat der CDU genau vorgerechnet, dass ihre Re-
ormvorschläge zur Steuer-, Gesundheits- und Renten-
olitik über 100 Milliarden Euro kosten würden und sie
ür diese Ausgaben keine Deckungsvorschläge gemacht
at.
Sie, Herr Merz, haben versucht, das mit der Dynamik,

ie Sie erzeugen wollen, zu erklären. Diese gibt aber
ach allen seriösen wirtschaftswissenschaftlichen Unter-
uchungen nicht genügend Finanzierungsspielraum.


(Ortwin Runde [SPD]: Zur Mehrwertsteuer wollte er noch kommen, ist er aber nicht!)


as heißt, Sie stehen für finanzpolitische Abenteuer. Sie
assen sich für einfache Steuerkonzepte und für Steuer-
rklärungen auf Bierdeckeln feiern und sind im Grunde
enommen ein finanzpolitischer Abenteurer. Das muss
an klar und deutlich aussprechen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das ist doch wohl Herr Eichel!)


Nein.
Horst Seehofer hat Recht. Wenn Sie sagen, wir müs-

en den sozialen Ausgleich – beispielsweise bei der so
enannten Kopfpauschale – über die Steuern herstellen,
ann müssen Sie den Menschen auch sagen, dass das mit
en Steuersätzen, die in Ihren Konzepten stehen, nicht






(A) )



(B) )


Joachim Poß

möglich ist, weil diese zur Finanzierung nicht ausrei-
chen. Die ungedeckten Vorschläge in Milliardenhöhe
kommen von denselben Leuten – Herr Merz, auch Sie
haben solche von diesem Pult aus schon gemacht –, die
sonst bei jeder Gelegenheit darauf hinweisen, dass die
Bundesregierung die Maastricht-Kriterien nicht einhal-
ten kann. Eine solche Politik ist weder seriös noch
glaubwürdig.

Wer würde nicht gern die Steuern senken?

(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Rot-Grün!)


Aber was nützen diese Ankündigungen, wenn weder
Kommunen noch Länder – das haben die Finanzminister
festgestellt – Steuersenkungen finanzieren können? Die
Finanzminister aller Länder – Herr Faltlhauser wird hier
noch reden –, nicht irgendwelche Abteilungsleiter, haben
ebenso wie zwei wirtschaftswissenschaftliche Institute
festgestellt, was von diesen Einfachsteuerkonzepten zu
halten ist. Ihre klare Botschaft lautet: Die Konzepte sind
nicht finanzierbar, sie haben ungerechte Verteilungswir-
kung und nur geringe ökonomische Effekte. Auch diese
wurden untersucht.

Herr Merz, da das Urteil so ausfällt, sage ich Ihnen:
Lassen Sie das mit dem Bierdeckel! Lassen Sie den Po-
pulismus! Überlegen Sie, ob Sie mit anderen zusammen
den Sozialstaat mit der Abrissbirne wirklich einreißen
wollen. Sie werden auf unseren Widerstand treffen.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Sie erzählen blühenden Unsinn!)


Ich bin trotz aller Umfragen ganz gewiss, dass die SPD
in den nächsten Wochen und Monaten so stark werden
wird, um Ihnen bei diesen abenteuerlichen Plänen in den
Arm zu fallen. Sie kommen damit nicht durch, wenn den
Menschen klar wird, was hinter Ihren Plänen wirklich
steckt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510503800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Carl-Ludwig

Thiele.


Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1510503900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Herr Kollege Poß, ich möchte drei kurze
Anmerkungen zu Ihrer Rede machen. Ich glaube ers-
tens, es war nicht sachgerecht, bei einem solch wichtigen
Thema als Erstes Klassenkampfparolen auszugeben;


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

denn die Bürger in unserem Lande – das sage ich ganz
deutlich – wollen Veränderungen, vor allem eine Verän-
derung: Sie wollen weniger Rot-Grün in unserem Land.
Das ist die Situation.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)


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(C (D Zweitens. Auf die gemachten Reformüberlegungen aben Sie nur abwehrend reagiert. Damit bestätigen Sie, ass aus sozialdemokratischer Sicht das Recht so bleiben oll, wie es ist. Eines kann ich Ihnen versichern: So wie s ist, kann und darf es nicht bleiben, es muss verändert erden. Dass Sozialdemokraten an der Spitze strukturonservativer Kräfte unseres Landes stehen, ist mir unegreiflich. Drittens. Sie haben erklärt, wie die Bürger in unserem ande entlastet werden. Seit 1998 hat es aber durchaus uch Belastungen durch Rot-Grün gegeben. Es gibt Beechnungen, die besagen, dass der Saldo der Entlastunen und Belastungen eine Mehrbelastung der Bürger von Milliarden Euro ausmacht. Das muss man den Menchen sagen; denn das spüren sie. Deutschland befindet sich in einer schweren struktu ellen Krise. Nur mit dem Tunnelblick von Rot-Grün ann man den Eindruck gewinnen, dass es in unserem and keine Probleme gibt. Deutschland braucht wirkame und durchgreifende Reformen, besonders im Steurrecht, und zwar nicht erst nach der nächsten Bundesagswahl im Jahre 2006 oder 2007, sondern schon heute. och besser wäre es, entsprechende Vorschläge wären chon längst beschlossen worden. Wir begrüßen es, dass nach der FDP auch die Union rkennt, dass im Steuerrecht Reformen erforderlich sind. ber nach unserer Auffassung – nehmen Sie mir das icht übel; auch der Kollege Merz nicht – befinden Sie ich immer noch im „Vormärz“. Trotzdem begrüße ich es ausdrücklich, dass dem Par ament ein Konzept der Union in Form eines Antrages orliegt. Aber – das ist Teil des Antrages – anstatt dafür u plädieren, das Steuerrecht sofort einfacher, verständliher und die Steuersätze niedriger zu gestalten, soll das teuerkonzept der Union in mehreren Schritten verwirkicht werden. Es heißt in dem Antrag, die schnell realiierbaren Teile seien im Rahmen eines steuerpolitischen ofortprogramms vorwegzunehmen. Wir haben nichts agegen, aber wir brauchen eine Gesamtreform, und war nicht übermorgen, sondern morgen oder am besten och heute! Wer in der heutigen Zeit fordert, dass eine Steuerre orm über Jahre hinaus in mehreren Stufen umzusetzen st, verkennt, dass wir jetzt klare Signale für Wachstum n unserem Land brauchen, und zwar für Selbstständige nd für Handwerksbetriebe, von denen besonders die an er Grenze zu den östlichen Nachbarn in der neuen Euopäischen Union unter einen enormen Wettbewerbsruck geraten werden. Es reicht nicht, zu sagen, es üsse irgendwann eine Steuerreform kommen, sondern ir brauchen sie jetzt und so schnell wie möglich. Wir rauchen eine unverzügliche Vereinfachung unseres ompletten Steuerrechtes, mit der die Steuersätze auf auer gesenkt werden. Carl-Ludwig Thiele Manchmal habe ich den Eindruck, wir in Deutschland verschlafen unsere Zukunft. In zwei Tagen, am 1. Mai, treten zehn neue Länder der Europäischen Union bei. Im Vorgriff darauf hat Österreich schon ein deutliche Reduzierung seiner Steuersätze vorgenommen. Ab 2005 wird die Körperschaftsteuer auf 25 Prozent gesenkt und nach Aussage des österreichischen Finanzministers entspricht das einer effektiven Steuerlast von 21 Prozent. Damit ist Österreich zum Beispiel gegenüber Slowenien oder Polen absolut wettbewerbsfähig. (Joachim Poß [SPD]: Ja und? Bei Ihnen war sie bei 45 Prozent und wir haben sie um 20 Prozentpunkte gesenkt!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


In Deutschland werden Körperschaften mit der Körper-
schaftsteuer und der Gewerbesteuer belastet. Diese lie-
gen bei insgesamt 39 Prozent. Das ist die Wirklichkeit in
unserem Land.

Es ist erstaunlich, dass einigen Politikern in Deutsch-
land erst vor wenigen Wochen klar geworden zu sein
scheint, dass die Erweiterung der Europäischen Union
am 1. Mai erfolgt und wir uns ab diesem Zeitpunkt in
Europa im direkten Wettbewerb mit Ländern befinden,
die Steuersätze um und unter 20 Prozent haben. Dass es
Bundeskanzler Schröder und Ministerpräsident Stoiber
erst jetzt auffällt, dass Deutschland in diesem schärferen
Wettbewerb eine schlechte Ausgangsposition hat, er-
staunt tatsächlich. Die Erkenntnis ist schon viel älter,
aber gehandelt wird leider nicht. Die Bundesregierung
hat es an dieser Stelle verschlafen, in unserem Land die
Notwendigkeit zusätzlicher Steuerreformen klar zu ma-
chen. Das ist ein Versäumnis der Bundesregierung und
ist kurzfristig nicht zu beseitigen. Hier müssen wir als
Parlament treiben. Hier werden wir als FDP treiben, da-
mit endlich Reformen durchgeführt werden, mit denen
wir für die Zukunft unseres Landes besser aufgestellt
sein werden.


(Beifall bei der FDP – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Das war jetzt ein Angriff!)


Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Die Auf-
gabe, Deutschland zu reformieren, darf nicht nur darin
bestehen, Leistungen für Bürger einzuschränken. Wir
müssen Anreize setzen, damit in unserem Land wieder
mehr investiert wird, damit mehr Arbeitsplätze geschaf-
fen werden, damit das Wirtschaftswachstum in Gang
kommt und wir die Entwicklung Europas nicht bremsen,
sondern wir wieder zur Lokomotive Europas hinsichtlich
des Wachstums in der Europäischen Union werden.

Den besten Weg hierfür zeigt das Steuerkonzept der
FDP auf. Der Gesetzentwurf liegt ausformuliert vor, und
es wäre schön, wenn er nicht erst nach der nächsten Bun-
destagswahl im Jahre 2007 oder 2008 in Kraft treten
könnte, sondern sofort. Deshalb appelliere ich hier an
Rot-Grün, aber auch an die Union: Nehmen Sie
schnellstmöglich den Gesetzentwurf der FDP als Grund-
lage für ein modernes Steuerrecht. Warten Sie nicht mit
den Veränderungen, handeln Sie jetzt!


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Christine Scheel. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen or allem von der Union! Sie müssen mich heute noch inmal ertragen; denn wir haben noch eine Aktuelle tunde vor uns. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Gehen Ihnen die Redner aus? – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Kommt darauf an, was Sie sagen!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510504000
Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510504100

Zu den Ausführungen von Herrn Thiele möchte ich
ur drei Worte sagen: Polemik, Polemik, Polemik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Dünn, dünn, dünn!)


err Merz, Sie haben auf Ihren Antrag „Ein modernes
teuerrecht für Deutschland – Konzept 21“ Bezug ge-
ommen. Ich gebe Ihnen Recht, dass wir beim Steuer-
echt zu Vereinfachungen kommen müssen


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Aha! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das müssen Sie Herrn Poß sagen!)


nd dass es für viele Menschen unerträglich ist, festzu-
tellen, dass unser Steuerrecht aufgrund von Einzelfall-
ntscheidungen in den letzten Jahrzehnten insgesamt im-
er komplizierter, damit aber auch immer ungerechter
eworden ist.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Wie lange soll das noch so weitergehen?)


Ich gebe Ihnen auch Recht, dass wir mehr Berechen-
arkeit, Planungssicherheit und Kalkulierbarkeit brau-
hen, weil das für die Unternehmen in der Bundes-
epublik Deutschland Voraussetzungen sind, die sie für
hre wirtschaftliche Entwicklung brauchen. Der Standort
eutschland bleibt, was die Standortentscheidungen der
nternehmen angeht, attraktiv, wenn solche vorausseh-
aren Entscheidungen und die Veränderungen, die in ge-
issen Bereichen bestimmt notwendig sind – darauf
omme ich noch zu sprechen –, auch in den Unterneh-
en und in den Köpfen ihrer Mitarbeiter klar sind, damit
ie wissen, was auf sie zukommt.
Wir wissen auch, dass wir es im Zusammenhang mit

er EU-Osterweiterung – aber nicht erst dadurch; das
ar schon vorher der Fall – mit Ländern zu tun haben, in
enen, gerade im Bereich der Unternehmensbesteue-
ung, Steuersätze gelten, die weit unter unseren liegen.
en Rednern der FDP, die darauf hinweisen, dass der
örperschaftsteuersatz in Österreich von 35 bzw.
0 Prozent auf 25 Prozent gesenkt wurde, kann ich in
iesem Zusammenhang nur „Guten Morgen!“ sagen;
enn in der Bundesrepublik Deutschland beträgt der
örperschaftsteuersatz bereits 25 Prozent.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Und die Gewerbesteuer? – Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Verkaufen Sie die Leute doch nicht für dumm!)







(A) )



(B) )


Christine Scheel

– Herr Dr. Solms, es ist richtig, dass die Gewerbesteuer
noch hinzukommt.


(Zurufe von der CDU/CSU: Aha!)

– Ja, aber auch in Österreich gibt es Zuschlagsteuern;
das wissen Sie.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Dann kommt noch die Ökosteuer!)


Wenn man ehrlich ist, muss man alle Steuerarten, die,
was die Leistungsfähigkeit betrifft, eine Rolle spielen,
berücksichtigen. Man kann nicht immer nur einzelne
Steuerarten, deren Satz niedrig ist, herausgreifen und
sagen: Das ist aber Klasse; da müssen auch wir hinkom-
men. Man muss auch berücksichtigen, welche Konse-
quenzen das in fiskalpolitischen Zusammenhängen ins-
gesamt hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie wissen doch, wo die Steuerbelastungen sind!)


Ich sage Ihnen auch, dass zum Beispiel in der Slowa-
kei Steuersätze von drei mal 19 Prozent gelten: bei der
Einkommen- bzw. Lohnsteuer, bei der Körperschaft-
steuer und bei der Mehrwertsteuer. Diese Entscheidung
ist dort getroffen worden. Ich bin mir aber nicht sicher,
ob die Entscheidung bezüglich dieser Steuersätze, was
die Belastung der Bevölkerung insgesamt anbelangt,
dort in den nächsten Jahren aufrechterhalten wird. Denn
man muss einen Einkommensteuersatz in Höhe von
19 Prozent für die Bezieher kleiner und mittlerer Ein-
kommen auch im Verhältnis zu unseren Vorschlägen se-
hen. Im Gesetzblatt steht für das nächste Jahr ein Ein-
gangssteuersatz von 15 Prozent.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Dafür eine hohe Durchschnittssteuerbelastung!)


Das gilt auch für den Mehrwertsteuersatz von 19 Pro-
zent; denn bei uns beträgt der Mehrwertsteuersatz
16 Prozent.

Hinzu kommt noch etwas anderes, was man nicht ver-
gessen darf:


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Die Ökosteuer!)


Bei uns ist der gesamte Bedarf an Lebensmitteln und an
dem, was die Menschen zum Leben brauchen – Kultur-
güter, Zeitungen und vieles mehr –, mit 7 Prozent Mehr-
wertsteuer belegt.


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das sind doch 16 Prozent!)


In der Slowakei zahlen normale Arbeitnehmer bzw. Ar-
beitnehmerinnen 19 Prozent Einkommensteuer. Die
Mehrwertsteuerbelastung für die Artikel, die ich gerade
genannt habe, und auch für Lebensmittel beträgt dort
aber 19 Prozent. Wenn man sich also die Einkommenssi-
tuationen hier und dort anschaut und sie in Verhältnis zu-
einander setzt, stellt man fest, dass die Belastung der Be-
zieher kleinerer und mittlerer Einkommen zum Beispiel

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(C (D n der Slowakei wesentlich höher ist, als das bei uns der all ist. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Was kritisieren Sie denn jetzt?)


Ich kritisiere, dass pauschal immer so getan wird, als
b niedrige Steuersätze auch niedrige Belastung bedeu-
en. Wer das Zusammenwirken der verschiedenen Steu-
rarten betrachtet, weiß, dass das nicht richtig ist.


(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Das habe ich gerade erklärt!)


Ich bitte Sie, dass wir mit Blick auf die EU-Osterwei-
erung mit großer Ernsthaftigkeit überlegen, was man
un kann, damit die Attraktivität des Standortes Deutsch-
and gewährleistet bleibt und sich punktuell auch verbes-
ert. Wir wissen, wir haben wirtschaftliche Schwächen,
ir haben nicht das Wachstum, das wir brauchen; das ist
öllig klar.
Was aber nicht geht, ist, dass wir uns bei den Steuer-

ätzen für Körperschaften daran orientieren, dass sie in
nderen Ländern teilweise unter 15 oder sogar unter
0 Prozent liegen. Das wäre unfair gegenüber 80 Prozent
ller Unternehmen, kleinen und mittelständischen Unter-
ehmen in Deutschland, die keine Körperschaftsteuer
ahlen, sondern Einkommensteuer, weil sie Personenun-
ernehmen sind. Denen kann man keinen Steuersatz von
ur 10 oder 15 Prozent anbieten, weil wir dann Schwie-
igkeiten hätten – das hat auch Herr Poß ausgeführt –,
ie notwendigen Finanzierungen für unsere Infrastruktur
nd für die Zukunftsaufgaben in diesem Land, Bildung
nd Forschung, zu leisten. Das wissen Sie. Deswegen
uss man hier sehr vorsichtig sein.
Ich persönlich sage: Wir müssen das alles noch in den

erschiedensten Zusammenhängen diskutieren. Ich halte
s für richtig, dass der Bundeskanzler sagt: Man muss
ich über bestimmte Grundlagen verständigen, die für
lle Länder gelten sollen. Ich halte es für richtig, dass ge-
agt wird: Wir müssen bei den Unternehmensteuern da-
ür sorgen, dass die Bemessungsgrundlage in allen Mit-
liedstaaten die gleiche ist. Auch ich persönlich halte es
ür richtig – das hat nicht der Kanzler gesagt, das sage
ch jetzt –, dass man darüber nachdenkt, Mindeststeuer-
ätze einzuführen, genauso wie wir es bei der Mehrwert-
teuer oder bei der Umsatzsteuer kennen, dass wir einen
estimmten Korridor vorgeben. Das werden wir für die
ukunft in den europäischen Gremien zu diskutieren ha-
en; denn es kann nicht angehen, dass Wettbewerb im-
er nur zu Dumping, zu einer Bewegung nach unten
ührt.
Wir brauchen die Finanzierbarkeit unserer Systeme;

as gilt für alle anderen Länder auch. Viele haben im
ettbewerb aufzuholen – das ist richtig –, sie brauchen

n dieser Zeit Vorteile – auch das ist richtig –, aber die
ätze müssen sich mit der Zeit angleichen, und das kann
icht auf dem niedrigsten Level geschehen, wenn wir
as finanzieren können wollen, was notwendig ist. Des-
egen bitte ich in diesem Zusammenhang auch um mehr
edlichkeit: Wenn man Dinge vergleicht, soll man Äpfel
it Äpfeln vergleichen und nicht Birnen mit Äpfeln, wie
ie das immer tun.






(A) )



(B) )


Christine Scheel

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510504200

Das Wort hat jetzt Professor Kurt Faltlhauser, Staats-

minister der Finanzen des Freistaats Bayern.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1510504300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Poß hat gerade den Versuch gemacht, die Geschlos-
senheit der Union in der Steuerpolitik infrage zu stellen,
indem er darauf hingewiesen hat, dass es einen Bericht
mit Berechnungen über die Kosten der verschiedenen
Konzepte gibt, die auf dem Markt sind, und wie sie zu
beurteilen sind. Dieser Bericht war die Auftragsarbeit
der Verwaltung; der Auftrag ist von den Ministerpräsi-
denten vergeben worden. Wertungen durch die Minister
sind an keiner Stelle bestätigt worden.


(Joachim Poß [SPD]: Aber von den Finanzministern gebilligt, Herr Faltlhauser!)


Ich erkläre als Finanzminister des Freistaates Bayern

(Joachim Poß [SPD]: Jetzt rudern Sie zurück!)


ausdrücklich, dass das, was hier heute als Gegenstand
der Debatte vorliegt, das Ergebnis langer Arbeit und in-
tensiver Debatte zwischen CDU und CSU, zwischen
Herrn Merz und mir,


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat es aber nicht besser gemacht, sondern schlechter!)


zwischen den Fachleuten ist. Die Union hat mit diesem
Papier ein intensiv diskutiertes Konzept auf dem Tisch;
wir haben ein Konzept.

Diese Bundesregierung steht dagegen mit leeren Hän-
den da; das ist der eigentliche Punkt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie hätten auch Ihre Kreativität bemühen können, Herr
Poß, um ein entsprechendes Konzept nach Ihrem Gusto
vorzulegen.


(Joachim Poß [SPD]: Wir haben ein Konzept!)

Der Kollege aus Schleswig-Holstein hat sich jetzt alleine
bemühen müssen und hat ein Konzept auf den Tisch ge-
legt. In der wichtigen Frage der grundsätzlichen Reform
der Steuerpolitik hat die Opposition, sowohl die FDP
– ich will es inhaltlich nicht beurteilen – als auch die
Union, ein Konzept auf dem Tisch. Wir stehen vor den
Bürgern und sagen zu ihnen: Das ist unser Angebot.

Zugegeben, entscheidend in diesem Zusammenhang
ist zunächst die Frage der Finanzierbarkeit. Angesichts
dessen, dass die Bundesregierung die Nettoneuverschul-
dung in diesem Jahr voraussichtlich auf etwa 45 Milliar-
den Euro erhöhen wird – zu den 29,3 Milliarden Euro,
mit denen man gerechnet hat, werden bis zu 15,8 Mil-
liarden Euro hinzukommen –, angesichts dessen, dass

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(C (D ie Nettoneuverschuldung in Nordrhein-Westfalen im etzten Jahr 6,5 Milliarden Euro betragen hat – eine solhe Neuverschuldung in einem einzigen Jahr in einem inzigen Land, das müssen Sie sich vorstellen –, muss an die Frage stellen, ob die Luft für eine entsprechende ntlastung vorhanden ist. Herr Merz hat hier schon eine sehr präzise Antwort uf diese Frage gegeben. Ich will nun drei für mich beeutsame Gründe anführen, warum ich meine, dass wir etzt mit einem derart umfassenden Konzept auf den arkt müssen. Erstens. Wir sprechen in allen Debatten – das war uch in der Debatte heute früh der Fall – von der drinenden Notwendigkeit verstärkter Eigenvorsorge in den ozialsystemen, also bei der Gesundheitsund der Alersvorsorge, durch den Bürger. Wenn wir das Thema igenvorsorge zur Diskussion stellen und die entsprehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür schafen, müssen wir den Bürgern auch den Spielraum geben, iese Eigenvorsorge finanzieren zu können. ir müssen zeitgleich also auch die entsprechenden Ent astungen auf den Weg bringen, damit die Bürger die hance haben, finanziell Eigenvorsorge zu leisten. Wir rauchen ein Gesamtkonzept; enn wir können nicht etwas fordern, ohne die Vorausetzungen dafür zu schaffen. Der zweite Grund betrifft den Steuerwettbewerb. nsere Steuerquote liegt gegenwärtig knapp unter 2 Prozent; das ist richtig. Damit haben wir den Steuerettbewerb aber nicht gewonnen. Irland ist mit Steuerätzen von 12,5 Prozent vorgeprescht und hat diesen örperschaftsteuersatz, der früher auf den Docks von ublin üblich war, für das ganze Land festgelegt. itauen, Zypern und Lettland gehen ab dem 1. Mai mit inem Körperschaftsteuersatz von 15 Prozent in den uropäischen Wettbewerb. Herr Kollege Merz, Sie sagen, hier werde Dumping etrieben. Ich glaube nicht, dass das das Problem ist. Wir ind ausdrücklich für Wettbewerb innerhalb eines födealen Systems und damit ausdrücklich für Wettbewerb uf europäischer Ebene. Selbstverständlich gehört zu eiem solchen Wettbewerb auch das Instrument der Steurn. Das kann man doch nicht ausschließen. Ein Problem ntsteht erst dann, wenn gleichzeitig uno actu demjenien, gegen den der Wettbewerb betrieben wird, in erhebichem Maße Transferleistungen gewährt werden. Hier ommen wir in Konflikte, die unter beihilferechtlichen esichtspunkten zu überprüfen sind. Dieser Umstand, dass wir auf der einen Seite durch eutlich niedrigere Steuersätze herausgefordert werden, uf der anderen Seite aber deutliche Transferleistungen ewähren, erstaunt auch die Bürger. Das müssen wir verieft erörtern. Ich gehe davon aus, dass morgen in der ussprache zur EU-Erweiterung entsprechende weitere nhaltliche Vorklärungen – von Klärungen kann man icht sprechen – getroffen werden. Staatsminister Dr. Kurt Faltlhauser Ich persönlich glaube, Frau Scheel, dass man gegen wärtig keine Mindeststeuern einführen kann. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN]: Ja, das ist richtig!)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


(Joachim Poß [SPD]: Alterseinkünftegesetz!)





(A) )


(B) )

Dagegen spricht das Einstimmigkeitsprinzip. Das kön-
nen und wollen wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit
Sicherheit nicht aufheben.

Inzwischen zweifle ich an meiner alten Auffassung,
dass wir die direkten Steuern nicht harmonisieren dürfen
und können.


(Beifall des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])

Ich glaube vielmehr, der Binnenmarkt insgesamt erfor-
dert zunehmend, dass man auch die Harmonisierung der
direkten Steuern betrachtet. Wir haben es uns zu leicht
gemacht, indem wir nur die indirekten Steuern harmoni-
siert haben. Die Harmonisierung ist eine mittel- und
langfristige Aufgabe. Gegenwärtig kann das angesichts
der niedrigen Steuersätze einiger Länder im Osten nicht
Thema sein.

Der dritte und, wie ich meine, entscheidende Grund,
warum wir jetzt entsprechend initiativ werden müssen,
ist die Verkomplizierung; Kollege Merz ist darauf
schon eingegangen. Es wurden Zahlen genannt, wie
viele Gesetze und Verordnungen wir haben. Beispiels-
weise gibt es 182 Paragraphen im Einkommensteuer-
recht. Ich habe mich gestern auf der traditionellen
Finanzamtsvorstehertagung mit den Leitern der Finanz-
ämter getroffen. Diese haben mir vorgehalten und detail-
liert erläutert, dass sie in vielerlei Hinsicht nicht mehr in
der Lage sind, das Steuerrecht, das wir haben, mit ihren
Fachleuten zu vollziehen. Denn nicht nur die Gegeben-
heiten des Steuerrechtes sind kompliziert und durch
diese Bundesregierung immer komplizierter geworden,
sondern auch die Geschwindigkeit der Änderungen hat
sich erhöht und die Qualität des Steuerrechtes – dabei
schaue ich Sie von Rot-Grün an – ist in den letzten Jah-
ren miserabel geworden ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir muten unseren Beamten eine ungeheure Arbeit zu.
Man hört immer wieder, dass es bei den Beamten viel
Frustration gibt. Dies liegt vor allem an der Aufgaben-
stellung und an der Geschwindigkeit, mit der die Ar-
beitsgrundlagen geändert werden.


(Ortwin Runde [SPD]: Das haben sie früher auch schon erzählt und damals kamen die Steuergesetze von Ihnen!)


Herr Eichel sagt, auch er sei für eine drastische Ver-
einfachung, man könne ihn sofort dabei haben. Gleich-
zeitig sagt er aber, wir könnten uns gegenwärtig keine
Nettoentlastung im Steuerrecht leisten. Dies ist ein dra-
matischer Widerspruch in sich. Frau Hendricks, wenn
man vereinfachen will, dann muss man natürlich auch
eine Vielzahl von Sonderregelungen – zum Beispiel die
Steuerbefreiungen gemäß § 3 Einkommensteuergesetz,
Werbungskosten oder Sonderausgaben – beseitigen.
Dies ist im Ergebnis eine Belastung für weite Teile der

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(C (D evölkerung. Wenn man das alleine so stehen lässt, dann st das ein Programm zur Steuererhöhung. lso müssen Sie die Steuersätze uno actu und gleichzeiig senken. Ansonsten haben Sie kein Konzept. ir haben ein solches. Es enthält Vereinfachungen und enkungen. Frau Hendricks, Sie und der Finanzminister önnen Ihre Reden von Vereinfachung wirklich vergesen, wenn Sie nicht gleichzeitig auch bereit sind, Steuerenkungen durchzuführen. Wir haben ein Konzept vorgelegt, das Ihnen in der rucksache 15/2745 vorliegt. Danach wollen wir pragatisch in zwei Stufen vorgehen. Zunächst soll durch ie Steuersätze in Höhe von 12 bis 36 Prozent eine Netoentlastung von rund 10 Milliarden Euro erreicht weren. Diese Steuersätze sind später auch für eine Stufenösung vorgesehen, und zwar nicht weil hier rundsätzliche Divergenzen bestünden, sondern weil ein inearer Tarif einfach preiswerter ist. Stufen kosten Geld; as kann jeder nachrechnen. Es gibt hier aber eine Differenz zu dem, was der imer wieder zitierte Professor Kirchhof vorgelegt hat. ieser hat eine Flat Tax von 25 Prozent vorgeschlagen. ch erkläre für mich ausdrücklich, dass ich in der soziaen Marktwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland ine Flat Tax für nicht vertretbar halte. (Beifall des Abg. Ortwin Runde [SPD] – Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Richtig!)


(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ür mich ist die Progression der Einkommensteuer ein
ernpunkt unseres Sozialstaatsprinzips. Andere in Eu-
opa können kampfbereit ruhig eine Flat Tax einführen.
ch bin nicht dafür. Welche Art des Anstiegs man ein-
ührt – einen Stufentarif, Herr Solms, oder eine Progres-
ion –, ist, wenn man von der finanziellen Wirkung ab-
ieht, eher eine Geschmackssache. Insofern haben wir
ns auf einen guten Kompromiss geeinigt. Gemäß dem
orschlag von Friedrich Merz soll in der zweiten Stufe
ann ein Stufentarif vereinbart werden.
Bei der Erbschaftsteuer wollen wir die Betriebs-

bernehmer entlasten. Deshalb haben wir, solange das
nternehmen fortgeführt wird, eine Reduzierung der
teuerbelastung um jährlich 10 Prozent in das Sofortpro-
ramm eingebaut. Dies ist sofort umzusetzen. Ich
laube, wir haben hier ein überzeugendes Konzept vor-
elegt. Herr Kollege Runde und Herr Poß, ich höre aus
hren Reihen, dass das positiv beurteilt wird. Auch von
en Finanzministern der A-Länder höre ich sehr positive
eaktionen. Ja, dann machen wir es doch endlich! Drau-
en gehen jährlich Arbeitsplätze verloren, weil es diese
usätzliche Steuerbelastung aufgrund der Regelungen
ur Erbschaftsteuer gibt. Die Unternehmen geben des-
alb auf, wodurch wir Arbeitsplätze verlieren. Wir ha-
en keine Zeit zu verlieren. Machen Sie mit!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Staatsminister Dr. Kurt Faltlhauser (Bayern)


Voraussetzung dafür ist aber, dass Sie diese Gelegen-

heit nicht nutzen, um aus ideologischen Gründen bei der
Erbschaftsteuer insgesamt wieder draufzupacken. Frau
Hendricks, wir brauchen uns nicht darüber zu wundern,
wenn beim Gang über die Brücke in die Steuerehrlich-
keit Zögerlichkeiten festzustellen sind. Auch ich würde
nicht zurückkommen, wenn es ständig Drohungen gäbe,
dass die Erbschaftsteuer doch noch erhöht wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie haben hier eine Chance. Ergreifen Sie sie bitte! Wir
machen dann mit.

Bei Erstellung dieses Gesamtkonzepts sind wir jede
einzelne Position – auch des § 3 Einkommensteuerge-
setz – durchgegangen. Das war kein einfacher Job. Das
heißt, die Union, CDU und CSU, hat zu einer sehr tief
greifenden Übereinstimmung bei vielen Details gefun-
den. Auf diese Weise sind wir in der Lage, schnell ge-
setzgeberisch tätig zu werden.

Wir haben uns dabei drei Aufgaben gestellt: Erstens.
Wir wollen ein einheitliches, zusammenhängendes und
systematisches Einkommensteuerrecht vorlegen. Es gibt
zwar bereits eine Vorlage auf der Basis des Kölner Kon-
zeptes, aber auch die dortigen Experten meinen, dass es
noch weiterentwickelt und vertieft werden muss. In zwei
Jahren wird mit Sicherheit ein Gesamtkonzept auf dem
Tisch liegen, Herr Kollege Merz, das dann schnell um-
gesetzt werden kann.

Zweitens. Wir müssen die Unternehmensbesteue-
rung angehen. Dabei wollen wir am Dualismus von
progressiver Einkommensteuer und proportionaler Kör-
perschaftsteuer festhalten. Ziel muss sein, die Besteue-
rungsrechtsform und Finanzierungsneutralität unter Be-
rücksichtigung der europäischen und internationalen
Entwicklungen sicherzustellen. Dabei sind eine Reihe
von Vorgaben zu berücksichtigen. Ich nenne hier nur das
Wahlrecht zwischen Einnahmeüberschussrechnung und
Steuerbilanzierung. Das Steuerbilanzrecht muss unter
Lösung von handelsrechtlichen Maßgeblichkeiten ver-
selbstständigt und neu gefasst werden. Eine steuerliche
Gewinnermittlung auf der Grundlage von IAS oder IFRS
halten wir – das wurde vorgeschlagen – für nicht vertret-
bar. Das würde dieses Land und die hiesigen Betriebe
mit Sicherheit überfordern.

Diese Aufgabenstellung hat in diesem Land weder
diese Bundesregierung noch ein Verband – auch wir
noch nicht – in der grenzüberschreitenden Komplexität
abschließend gelöst. Herr Merz, wir haben uns zwei
Jahre Zeit dafür gegeben, um diese Probleme mithilfe
der entsprechenden Experten zu lösen, damit wir auch in
diesem Bereich ein international wettbewerbsfähiges
Steuerrecht für die Unternehmen schaffen können.

Drittens. Die letzte Hausaufgabe ist die Gemeindefi-
nanzreform. Dazu gehört auch die Reform der Gewer-
besteuer, die man nur noch als Fossil bezeichnen kann.
Man kann die Finanzierungsprobleme der Kommunen,
die wir sehen und anerkennen, nicht dadurch lösen, dass
man sich bei der Substanzbesteuerung der Unternehmen
schadlos hält. Das ist zu einfach. Das haben wir verhin-
dert. Wir haben durch das Sofortprogramm und die Ab-

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(C (D enkung der Gewerbesteuerumlage zumindest einen ersen Schritt getan. Wir wollen die Einnahmen der Kommunen verlässli her machen und gleichzeitig die Substanzbesteuerung er Unternehmen beseitigen. Das wollen wir gemeinsam it den Kommunen machen. Ich kann nur an die Geeinden appellieren, dass sie – lassen Sie es mich so usdrücken – ihre Konsumentenhaltung überdenken. Sie ürfen nicht nur warten, welches Konzept kommt, und achrechnen, was es für sie für Konsequenzen hat, um ann erst zu handeln. Auch von dieser Seite muss mehr olitische Kreativität kommen. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das ist richtig!)


Uns bleiben noch zwei Jahre, um unsere Hausaufga-
en zu erledigen. Dann wird ein über den heutigen An-
rag hinausgehendes Gesamtkonvolut an steuerlicher
onzeption vorliegen, wie es in der Nachkriegsge-
chichte dieses Landes noch nie der Fall war. Die Um-
etzung wird zügig erfolgen. Ich bin zutiefst davon über-
eugt, dass uns der Wähler dafür den Auftrag gibt.
ieses Land wird dann beim Steuerrecht wieder wettbe-
erbsfähig werden. Dies wird den Anstoß für einen
uck in diesem Land geben, damit es zu einem vernünf-
igen Wachstum kommt und wir wieder Politik machen
önnen.
Ich bedanke mich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510504400

Das Wort hat jetzt die Parlamentarische Staatssekretä-

in Barbara Hendricks.
D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1510504500

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! Herr Kollege Faltlhauser, ich stimme Ihnen in Ih-
er Bewertung des europäischen Steuersystems zu. Ich
timme in Ihrer Aussage zur Flat Tax zu. Ich widerspre-
he Ihrer Aussage, dass aufgrund der Erbschaftsteuer
äglich Arbeitsplätze verloren gehen. Ich will damit
icht die Reformbedürftigkeit der Erbschaftsteuer in Ab-
ede stellen. Aber es gibt in der Bundesrepublik
eutschland keinen einzigen Nachweis dafür, dass auf-
rund der Erbschaftsteuer ein Unternehmen in Konkurs
egangen ist. Darum widerspreche ich dieser Aussage
ehr deutlich. Das darf so nicht stehen bleiben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/ CSU)


Ich habe in vielen Debatten darum gebeten, mir ein
eispiel dafür vorzulegen, aber es hat mir noch keiner
in Beispiel nennen können. Wir haben auch entspre-
hende Umfragen bei den Landesfinanzverwaltungen
emacht. Dabei sind wir zu dem Ergebnis gekommen:
s gibt kein Beispiel.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Der Mittelstand stirbt leise!)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks

Das heißt nicht, dass man sich dieses Themas nicht an-
nehmen sollte; das will ich gar nicht bestreiten. Aber für
Ihre Behauptung gibt es keinen Beleg.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510504600

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kalb?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1510504700


Ja, bitte.


Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1510504800

Frau Staatssekretärin, würden Sie bitte zur Kenntnis

nehmen, dass beim Generationenübergang die Investiti-
onskraft insbesondere der besser situierten Unternehmen
am stärksten geschwächt wird und damit tagtäglich die
Schaffung von Arbeitsplätzen verhindert bzw. der Ver-
lust von Arbeitsplätzen eingeleitet wird?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1510504900


Herr Kollege, ich will gar nicht bestreiten, dass die
Belastung mit der Erbschaftsteuer die Investitionskraft
im fortgeführten Unternehmen schmälert. Das ist doch
keine Frage. Ich habe auch nicht in Abrede gestellt, dass
wir diesbezüglich Überlegungen anstellen sollten. Ich
bin wirklich dafür, sich das gründlich anzusehen. Ich
habe die Reformnotwendigkeit nicht in Abrede gestellt.
Ich habe nur der Behauptung widersprochen, dass täg-
lich Arbeitsplätze wegen der Erbschaftsteuer verloren
gehen, weil das nicht stimmt. Es gibt eine zehnjährige
Stundung. Selbstverständlich werden Stundungen von
der Finanzverwaltung verlängert, wenn es sonst zur In-
solvenz des Unternehmens käme.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Es ist die Kombination der Belastungen!)


Es ist doch alles Unsinn, was Sie hier behaupten. Man
muss wirklich keinen Unsinn behaupten, um möglicher-
weise eine gemeinschaftliche Initiative zur Erbschaft-
steuer befördern zu wollen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wenn keine Investitionen stattfinden, dann kostet das Arbeitsplätze!)


Ich bin gerne dazu bereit, aber man sollte keine überzo-
genen Äußerungen machen, die nicht stimmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510505000

Gestatten Sie eine zweite Zwischenfrage?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1510505100


Ja.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1510505200

Auch ich möchte Ihnen zum Geburtstag gratulieren.

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(C (D ie haben erklärt, dass es keinen Fall gäbe, in dem der usammenhang mit der Erbschaftsteuer nachgewiesen erden könne. Sie können sich vorstellen, dass die meisen Unternehmen im Plenum nicht öffentlich genannt erden wollen. Das ist berechtigt, denn man möchte sich icht öffentlich vorführen lassen. Einen Fall kennen wir lle: Müller-Milch. Herr Müller hat sein Verhalten ausrücklich mit der Erbschaftsteuer begründet, egal ob wir as für richtig oder falsch halten. Aus dem Bundesland Nordrhein-Westfalen, in dem ir beide zu Hause sind, könnte ich Ihnen ohne jedes roblem an die 20 große Familiengesellschaften und Unernehmen nennen, die alle genau aus diesem Grunde orkehrungen getroffen haben und mittlerweile Firmenitze und Holdingsitze etc. ins benachbarte Ausland, ach Belgien, in die Schweiz oder nach Österreich, veregt haben. Erwecken Sie doch nicht den Eindruck, als äbe es diese Absetzbewegung wegen unserer Erbchaftsteuer nicht! Sie müssen es besser wissen. D Herr Kollege Schauerte, ich widerspreche nicht Ihrem indruck, dass sehr viele Unternehmen alle möglichen nstrengungen unternehmen, um keine Erbschaftsteuer ahlen zu müssen. Es gibt aber viele Steuerberater und irtschaftsprüfer, die sagen, das sei auch ohne Sitzver egung legal möglich; man müsse in Deutschland nicht wingend Erbschaftsteuer zahlen. Ich widerspreche auch nicht der Aussage von Herrn üller, dem Inhaber des Familienunternehmens Müllerilch, dass er nicht bereit sei, seine neun Kinder 00 Millionen Euro Erbschaftsteuer zahlen zu lassen. as bedeutet aber nicht, dass das Unternehmen Müllerilch in Gefahr geraten wäre, enn seine neun Kinder die insgesamt 200 Millionen uro Erbschaftsteuer mit den entsprechenden Freibeträen und über zehn Jahre verteilt hätten entrichten müsen. Zum Vergleich: Das Unternehmen Müller-Milch ist n der Lage, jedes Jahr für Öffentlichkeitskampagnen 00 Millionen Euro auszugeben. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das ist Werbung!)

Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1510505300

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Doch!)


ind dann 200 Millionen Euro, verteilt auf neun Kinder
nd über zehn Jahre, vielleicht nicht doch zu erwirt-
chaften?


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist ein törichter Vergleich! Solche Leute sind im Finanzministerium!)


äre das Unternehmen deswegen in seiner Existenz be-
roht, ja oder nein? Diese Frage stellt sich doch.

(Beifall bei der SPD – Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU]: Da muss der Poß klatschen!)







(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510505400

Offensichtlich reizen Sie die Kollegen zu vielen Zwi-

schenfragen. Mehr als drei werde ich in einer kurzen
Rede nicht zulassen. Wenn Sie das aber möchten, bitte.


(Joachim Poß [SPD]: Die wollen alle gratulieren!)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1510505500

Ich verstehe nicht, warum Sie sich an Ihrem Geburts-

tag so echauffieren.

(Rezzo Schlauch, Parl. Staatssekretär: Wer echauffiert sich denn?)

Können Sie nachvollziehen, dass es einem Unterneh-

mer wie Herrn Müller sehr schwer gefallen ist, so in die
öffentliche Diskussion zu kommen? Herr Müller konnte
nachweisen, dass er im Wettbewerb mit den Großkon-
zernen, die keine Erbschaftsteuer zahlen müssen, die
notwendige Expansion am Markt nicht leisten konnte


(Joachim Poß [SPD]: Er konnte sich seine Spendenaffäre leisten!)


und durch die Investitionen, die er in den neuen Bundes-
ländern getätigt hat, in Verbindung mit dem Kapitalab-
fluss durch eine Erbschaftsteuerzahlung in große finan-
zielle Schwierigkeiten gekommen wäre. Das hat er
nachgewiesen. Ich bitte Sie deshalb, Herrn Müller zu
verstehen,


(Joachim Poß [SPD]: Wieder so eine lange Frage! Fragen Sie doch mal!)


dass er dieses Anliegen –

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510505600

Herr Kollege, was ist Ihre Frage?

Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1510505700

– im Gegensatz zu vielen anderen mittelständischen

Unternehmern öffentlich vorgebracht hat.
Dr
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1510505800

Herr Kollege Michelbach, meine Beurteilung des

Vorgangs habe ich gerade dargelegt. Ich kann nicht
nachvollziehen, dass es Herrn Müller schwer gefallen
ist, sein Anliegen in der Öffentlichkeit darzulegen; denn
er ist selber mit einem Interview an die Öffentlichkeit
getreten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit mehreren! – Joachim Poß [SPD]: Man sollte auch sagen: Das CSU-Mitglied Müller ist selber an die Öffentlichkeit gegangen!)


Kritik am Steuersystem ist immer wohlfeil. Die Op-
position kann zwar immer wieder versuchen, den Bürge-
rinnen und Bürgern einzureden, das Steuersystem sei un-
verständlich oder ungerecht. Aber dabei darf natürlich
nicht die wichtige Tatsache außer Acht gelassen werden,
dass bei den einfachen Lebenssachverhalten – das be-
trifft die Masse aller Steuerpflichtigen und Steuererklä-

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(C (D ungen – das geltende Recht sehr leicht zu erklären und uch zu vollziehen ist. rfreulicherweise werden in Nordrhein-Westfalen schon odellversuche durchgeführt. In der steuerpolitischen Reformdebatte wäre demnach chon viel gewonnen, wenn die Opposition den Bürgeinnen und Bürgern zwei Sachverhalte ehrlich nennen ürde. Erstens. Das Steuerrecht ist im Wesentlichen desalb komplex, weil teilweise vielschichtige Lebenssacherhalte zu berücksichtigen sind. Das macht Vereinfahungen schwierig. Ich nenne nur als Beispiel, dass Sie n einem der letzten Steuergesetzgebungsverfahren um inbringungsgeborene Anteile für Personengesellschafen im Einkommensteuerrecht gekämpft haben. Wahrcheinlich können die wenigsten von Ihnen erklären, orum es sich dabei handelt. Aber es haben auch nur die enigsten mit einbringungsgeborenen Anteilen im Einommensteuerrecht zu tun, auch wenn es sich dabei um ine wichtige, komplizierte Materie handelt. Eine Reform des Steuerrechts darf nicht nur unter em Gesichtspunkt der Vereinfachung durchgeführt erden. Denn eine Vereinfachung bedeutet noch lange icht, dass die Reform auch gerecht oder gesellschaftlich ünschenswert ist. Deswegen haben sich die Finanzinister den Vorschlag ihrer Steuerabteilungsleiter zu igen gemacht, Herr Kollege Faltlhauser, und sind bei hrer gründlichen Bewertung zu dem Ergebnis gekomen, dass es kein Patentrezept für eine grundsätzliche ereinfachung des Steuerrechts gibt. Keines der derzeit diskutierten Modelle erfüllt die an ine echte Steuerreform anzulegenden Kriterien. Das ist icht zuletzt auf die teilweise enormen Mindereinnahen zurückzuführen, die trotz der Verbreiterung der Beessungsgrundlage unterm Strich verbleiben würden. as gilt insbesondere für das Konzept der Opposition. it den von der CDU/CSU selbst errechneten Steuerindereinnahmen in Höhe von 10,7 Milliarden Euro bei oller Jahreswirkung wird die unabdingbare Aufkomensneutralität, auf die alle öffentlichen Haushalte zuindest gegenwärtig achten müssen – das muss nicht nbedingt für alle Zeiten gelten –, verfehlt. Die kurzfristige Kassenwirkung würde sogar noch zu eitaus höheren Steuerausfällen in einer Größenordnung on 16 Milliarden Euro in den Jahren 2005 und 2006 ühren. Es liegt auf der Hand, dass das nicht hinnehmbar st. Das von der Union vorgelegte Konzept hätte zudem das gilt auch für die anderen so genannten radikalen onzepte beispielsweise von Herrn Kirchhof und Herrn olms – hochgradig problematische Verteilungswirkunen zur Folge. Von den Entlastungen würden Spitenverdiener weit überproportional profitieren; die inanzierung hingegen bliebe zum guten Teil den Areitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit niedrigerem der mittlerem Einkommen überlassen. Wenn es nach er CDU/CSU geht, dann zahlen also die kleinen Leute ie Zeche, und zwar in dreifacher Hinsicht. Erstens rofitieren sie nicht von der massiven Senkung der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks Spitzensteuersätze. Zweitens sollen sie auf steuerliche Vergünstigungen verzichten. Drittens sollen sie sich an den Lasten einer höheren Verschuldung beteiligen. Für so eine Art Reform stehen wir nicht zur Verfügung. Ich stelle demgegenüber fest: Die Bundesregierung tritt natürlich für Steuervereinfachung und mehr Transparenz im Steuerrecht ein. Hierbei sind aber klare Vorgaben zu beachten. Erstens. Eine Steuerreform muss für den Staat finanzierbar sein. Zweitens. Sie muss sozial gerecht sein. Drittens muss sie die Europatauglichkeit des Steuersystems verbessern und zu einer besseren Position im internationalen Steuerwettbewerb führen. Aus guten Gründen hat daher kürzlich die Ministerpräsidentenkonferenz den Finanzministern den Auftrag erteilt, die Konsenspunkte der unterschiedlichen Reformkonzepte herauszufiltern. Sollten sich auf diesem Weg Reformperspektiven eröffnen, bei denen alle drei Vorgaben, die ich eben nannte, erfüllt sind und bei denen auch die Aussicht auf politische Durchsetzbarkeit besteht, werden wir uns dem sicherlich nicht verschließen. Die von einem langen propagandistischen Vorlauf begleiteten Steuerpläne von CDU und CSU sind daneben ein vergeblicher Versuch, davon abzulenken, dass sich seit 1999 in der Steuerpolitik sehr viel zum Positiven entwickelt hat. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch des Abg. Dr. Hermann Otto Solms [FDP])


(Joachim Poß [SPD]: So ist es!)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


Die Bundesregierung hat mit ihrer Steuerreform 2000
das größte Steuersenkungsprogramm in der Geschichte
der Bundesrepublik umgesetzt. 2005 wird der Eingangs-
steuersatz bei der Einkommensteuer, der im Jahre 1998
noch bei 25,9 Prozent lag – das fiel in Ihre Regierungs-
verantwortung –, auf 15 Prozent gesunken sein. Das ist
ein historischer Tiefstand. Von 2005 an wird der Spitzen-
steuersatz 42 Prozent betragen. 1998, also vor knapp
sechs Jahren, als Sie in der Regierungsverantwortung
waren, lag er noch bei 53 Prozent. Insgesamt sorgt die
Steuerreform 2000 für Entlastungen in Höhe von rund
32 Milliarden Euro bis 2005, und zwar nicht einmalig,
sondern Jahr für Jahr.


(Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Hätten Sie die Vereinbarung auf dem Petersberg nicht blockiert, wären wir heute weiter!)


Wir haben damit nicht nur im historischen, sondern
auch im internationalen Vergleich sehr niedrige Steuer-
sätze. Um das an zwei ganz konkreten Beispielen deut-
lich zu machen: Ein Lediger mit einem Einkommen von
25 000 Euro zahlte 1998 noch 4 700 Euro Steuern. 2005
wird er nur noch 3 600 Euro zahlen. Er hat also 1 100 Euro
mehr in der Tasche. Eine Arbeitnehmerfamilie mit zwei
Kindern und einem Einkommen von 37 500 Euro wurde
1998 unter Einbeziehung des Kindergeldes noch mit
3 000 Euro belastet. 2004 zahlt sie unter Einbeziehung
des Kindergeldes nur noch knapp 60 Euro. Von 2005 an
bekommt sie unter dem Strich sogar 12 Euro heraus. Ein

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(C (D lus von 12 Euro im Jahr 2005 statt eines Minus von 000 Euro im Jahr 1998 für eine Arbeitnehmerfamilie it zwei Kindern! Das soll uns erst einmal jemand nachachen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Unternehmensteuerbereich hat sich ebenfalls
ntscheidendes getan. Seit 2001 haben wir ein europa-
augliches, deutlich vereinfachtes und international wett-
ewerbsfähiges Unternehmenssteuerrecht. Die Körper-
chaftsteuer haben wir auf 25 Prozent für thesaurierte
nd ausgeschüttete Gewinne reduziert. Zur Erinnerung:
n der Zeit, als Sie die Regierungsverantwortung hatten,
agen die Steuersätze bei 45 und 30 Prozent. Mit dem
euen Halbeinkünfteverfahren haben wir auch in Europa
aßstäbe gesetzt. Italien hat das System bereits über-
ommen. Frankreich wird dem Beispiel wohl folgen.
In Zukunft werden wir weiter daran arbeiten, das

eutsche Steuerrecht internationalen Gegebenheiten und
tandards anzupassen. Unter anderem wird das Außen-
teuerrecht entsprechend zu reformieren sein. Außerdem
ollen wir das EG-Recht künftig aktiver – so weit das in
nseren Möglichkeiten liegt; wir sind hier ja schon im-
er aktiv gewesen – in die Richtung beeinflussen, wie
ie vorhin von Herrn Faltlhauser angesprochen worden
st, nämlich eine Verknüpfung mit den Infrastrukturför-
ermitteln herzustellen, die nicht nur die neuen EU-Län-
er, sondern auch die bisherigen Mitglieder der EU er-
alten.
Die Bundesregierung hat im Übrigen auf dem Feld

er Subventionen, das sie alleine beeinflussen kann und
uf dem sie nicht durch Ihre Mehrheit im Bundesrat be-
indert werden kann, Wesentliches geleistet. Von 1998
is 2004 werden die Finanzhilfen von 11,4 Milliarden
uro auf knapp unter 7 Milliarden Euro, also um rund
,4 Milliarden Euro bzw. knapp 40 Prozent gesenkt.
0 Prozent weniger Subventionen als bei der Regie-
ungsübernahme! Im Finanzplan bis 2007 ist ein weite-
er Abbau auf weniger als die Hälfte vorgesehen.
Das, was die Opposition auf diesem Gebiet zu bieten

at, gleicht eher einem Trauerspiel. Von der im ur-
prünglichen Konzept vom Kollegen Merz noch vorge-
ehenen „radikalen Streichung steuerlicher Vergünsti-
ungen“ ist kaum mehr etwas übrig geblieben. Selbst die
ohnungsbaupolitisch verfehlte und ökologisch frag-
ürdige Eigenheimzulage soll unangetastet bleiben.


(Beifall des Abg. Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU])


Daran können Sie sehen, wie mutig Sie sind und wie
odern Ihr Steuerrecht in einer Zeit ist, in der es Leer-
tände nicht nur in den neuen Bundesländern, sondern
ogar auch in ländlichen und städtischen Räumen im
esten unserer Republik gibt.
CDU und CSU können mit dem heute vorgelegten
ntrag kaum überdecken, dass sie eigentlich keine ge-
einsame finanzpolitische Position haben. Sonntags tra-
en sich die Präsidien der beiden Parteien. Der Berg
reißte und gebar eine Maus, die er „Konzept 21“






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks

nannte. Bekanntlich haben Mäuse kein sehr langes Le-
ben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510505900

Frau Kollegin Hendricks, Sie sind mittlerweile schon

mehrfach mit Glückwünschen bedacht worden. Nun
möchte auch ich Ihnen im Namen des ganzen Hauses
herzlich gratulieren. Das hätte ich gerne vorher gemacht;
leider wusste ich es aber nicht. Umso herzlicher ist mein
Glückwunsch.


(Beifall)

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Otto Solms.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510506000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Jeden Monat, beinahe jede Woche müssen wir
diese Debatte führen. Die gesamte Fachwelt in Deutsch-
land, alle steuerpflichtigen Bürger in Deutschland, die
Steuerverwaltung – alle wissen, dass es mit diesem cha-
otischen Steuerrecht so nicht weitergehen kann.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das Steuerrecht ist zu kompliziert, die Steuerbelas-

tung ist zu hoch, die Steuergerechtigkeit ist grundsätz-
lich verletzt. Nur die Bundesregierung hat das noch nicht
verstanden und deswegen kommen wir nicht voran. Das
ist ganz einfach.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Frau Kollegin Hendricks, Sie wissen so gut wie ich:

Wenn damals, nach den Petersberger Beschlüssen,

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Ja!)


die vom Bundestag beschlossene Reform vom Bundes-
rat, dem der damalige hessische Ministerpräsident, Ihr
heutiger Finanzminister, angehörte, nicht blockiert wor-
den wäre, dann hätten wir seit dem 1. Januar 1998 einen
Spitzensteuersatz von 39 Prozent.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Man muss sich das einmal vorstellen!)


Also: Rühmen Sie sich der 42 Prozent, die im nächsten
Jahr gelten sollen, nicht! Ihre Politik hat uns viele Jahre
Geld gekostet. Alle Bürger müssen das bezahlen und da-
für tragen Sie die Verantwortung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich möchte auf die Notwendigkeiten zurückkommen.

Wir haben hier am 12. Februar ein ausformuliertes,
neues Einkommensteuergesetz eingebracht. Es hat in der
Fachwelt hohe Anerkennung gefunden. Wir haben in ei-
nem Wettbewerb sogar einen Preis von 40 000 Euro ge-
wonnen. Ich glaube, das ist in der Geschichte der Bun-
desrepublik noch keiner Partei gelungen. Diese
Einbringung war eine Aufforderung an alle Fraktionen
dieses Hauses, sich dieser elementar notwendigen Auf-
gabe zu stellen. Das war keine Aktion der Opposition,
um sich zu profilieren. Das geschah vielmehr in der

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(C (D offnung, dass wir noch in dieser Legislaturperiode teuersenkungen, Steuergerechtigkeit und Einfachheit urchsetzen können, wenn alle Fraktionen mitarbeiten. Vonseiten der Regierungskoalition höre ich immer ieder, dass sie nicht bereit ist, diesen Weg zu gehen. nser Angebot bleibt bestehen. Ich freue mich, dass die DU/CSU als gemeinsame Fraktion jetzt, nach sicherich schwierigen Diskussionen zwischen den beiden Pareien, hier Thesen vorlegt, die in dieselbe Richtung geen wie unsere Vorstellungen. Auf dieser Basis lässt sich in gemeinsames Reformkonzept durchsetzen. err Kollege Faltlhauser, ich bedanke mich auch bei Ihen, dass Sie daran mitgewirkt haben. In diesem Zusammenhang möchte ich auf einige Pro leme im Zeitablauf hinweisen. Es ist so, dass wir keine eit mehr verlieren dürfen. Wenn es in dieser Legislatureriode wegen der Haltung der Koalitionsfraktionen, der PD und des Bündnisses 90/Die Grünen, zu einer geeinsamen Reform also nicht mehr kommt – nach dem, as Frau Kollegin Hendricks gesagt hat, müssen wir daon ausgehen –, (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Nach dem, was Herr Poß gesagt hat, auch!)


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Richtig!)


ann müssen wir sofort nach der gewonnenen Bundes-
agswahl handlungsfähig sein. Diese Wahl findet
nde 2006 statt.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Oder früher!)

ine solche Reform kann also frühestens zum
. Januar 2008 in Kraft treten. Das wird aber nur gelin-
en, wenn wir konzeptionell so weit vorbereitet sind,
ass die Gesetzgebungsarbeit bis Mitte 2007 erledigt ist.
eswegen müssen die Vorbereitungen jetzt getroffen
erden, und zwar mit konkreten Ergebnissen; sonst
chaffen wir das nicht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Herr Kollege Faltlhauser, ich habe, was den Zeitplan

nd die Prioritäten anbetrifft, ein Problem. Ich glaube,
ass die Gemeindefinanzreform als Erstes auf den Weg
ebracht werden muss; denn die Abschaffung oder die
rsetzung der Gewerbesteuer ist der Schlüssel zur
teuervereinfachung. Die Gewerbesteuer ist ein Fremd-
örper in unserem Steuerrecht und passt auch in das eu-
opäische Steuerrecht überhaupt nicht hinein.
Wir brauchen also eine gemeindefreundliche Ersatz-

inanzierung. Die können wir nur gemeinsam finden.
as wird nicht nur über einen Zuschlag zur Einkommen-
nd Körperschaftsteuer möglich sein; vielmehr brauchen
ir eine deutliche Erhöhung des Anteils der Gemein-
en an der Umsatzsteuer,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


amit die Gemeinden eine gleichmäßig fließende ver-
ässliche Steuerquelle erhalten. Der Verteilungsschlüssel
ann wirtschaftsbezogen und damit wirtschaftsfreund-
ich ausgestaltet werden.






(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms

Darüber müssten wir uns am schnellsten einigen. Das

ist aber – das weiß ich genau; wir haben uns mit dieser
Frage intensiv beschäftigt – das Schwierigste von allem.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Ja!)

Ich fordere Sie auf, mit uns gemeinsam ein Konzept
dazu vorzulegen, damit wir dann ohne Gewerbesteuer
ein wirklich einfaches Steuerrecht realisieren können.

Die Gemeinden sind für unsere wirtschaftliche Ent-
wicklung von fundamentaler Bedeutung.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Die Gemeinden haben heute kein Geld. Da herrscht die
blanke Not. Dringend erforderliche Reparaturarbeiten an
Schulen, Kindergärten, Sportstätten, Krankenhäusern
und Straßen werden mangels ausreichender Finanzaus-
stattung nicht vorgenommen. Gelder für Jugendarbeit
werden gestrichen. Büchereien, Sportstätten, Museen
und Theater werden geschlossen. Eintrittsgelder für ver-
bleibende kommunale Einrichtungen werden – bei ver-
kürzten Öffnungszeiten – erhöht. Die Gemeinden haben
mit ihrem Auftragsverhalten für das örtliche Gewerbe
eine fundamentale Bedeutung. Wenn wir sie nicht in die
Lage versetzen, wieder vernünftige Haushalte zu gestal-
ten und Ausgaben zu tätigen, werden wir auch die regio-
nale Wirtschaftskraft nicht stärken. Dieser Zusammen-
hang ist zu sehen.

Wenn das nicht gelingt, dann bricht uns die Basis, der
kleine Mittelstand und das Gewerbe, weg. Auf diesem
Weg befinden wir uns gerade. Wenn Sie das nicht erken-
nen und nicht bereit sind, zu Lösungen zu kommen, dann
sehe ich für die weitere wirtschaftliche Entwicklung
schwarz.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Da nützt es auch nichts, wenn Sie uns neue Zahlen nen-
nen, was die Exporterfolge anbetrifft; denn die Export-
statistik sagt überhaupt nichts darüber aus, wo die Wert-
schöpfung stattgefunden hat. Die Wertschöpfung findet
in immer größerem Maße in ganz anderen Ländern und
nicht in der Bundesrepublik Deutschland statt.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas sagen,
weil ich eine bestimmte Diskussion leid bin. Sie halten
uns immer vor, wir hätten in Deutschland die niedrigste
Steuerquote. Entscheidend ist die Belastung des Gewer-
bes, der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstandes.
Dazu hat uns interessanterweise der Bundesfinanzminis-
ter Eichel am 24. März dieses Jahres in einem Brief an
die Fraktionsvorsitzenden in diesem Haus im Zusam-
menhang mit der Frage der Abgeltungsteuer mitgeteilt,
dass eine Abgeltungsteuer nicht möglich sei, weil sie zu
einer Besserbehandlung der Kapitaleinkünfte gegenüber
dem investierten Kapital führen würde. Er hat geschrie-
ben: Erträge aus Fremdkapital, also Zinsen, wären nur
mit der niedrigeren Abgeltungsteuer belastet, zum Bei-
spiel 30 Prozent, während Erträge aus Eigenkapital
– jetzt kommt es – selbst nach In-Kraft-Treten der letz-
ten Stufe der Steuerreform 2000 ab dem Jahr 2005 mit
bis zu 52,24 Prozent belastet blieben.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das hat der geschrieben?)



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(C (D Das hat uns der Bundesfinanzminister vorgerechnet. – ch habe es nachgerechnet. Es stimmt. Darin ist die Kirhensteuer noch nicht einmal enthalten. Wenn Sie hören, welche Steuersätze in Estland oder n der Slowakei – 19 Prozent – oder jetzt in Österreich etwas über 20 Prozent – vorgeschlagen werden, erkenen Sie, wo wir im Steuerwettbewerb liegen. Wettbeerb ist im Gegensatz zu der Auffassung der verehrten ollegin Frau Scheel kein Dumping, sondern Wettbeerb ist das Bemühen um die besten Bedingungen. Herr Kollege, achten Sie bitte auf die Zeit. Wir müssen uns diesem Wettbewerb stellen, sonst erden wir keinen Erfolg haben. Dazu haben wir unsere orschläge gemacht. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Kerstin Andreae. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Herr Solms, ich gebe Ihnen darin Recht, dass die inanzausstattung der Gemeinden der entscheidende unkt ist, an dem wir beginnen sollten. Dabei will ich arauf hinweisen, dass wir im letzten Herbst in Zusamenarbeit mit den Kommunen ein Modell vorgestellt haen, das gewährleisten soll, dass die Finanzstruktur der ommunen verbessert wird. Wenn ich lese, dass die CDU/CSU in ihrem „Kon ept 21“ diese Gemeindefinanzreform in enger Abtimmung mit den Kommunen vornehmen will, dann eribt sich für mich daraus schon die Frage, wo Sie von er CDU/CSU im letzten Herbst waren, als auch die ürgermeisterinnen und Bürgermeister Ihrer Parteien iese Gemeindefinanzreform einschließlich der Moderisierung der Gewerbesteuer forderten. Wo waren Sie a? Sie haben sie im Regen stehen lassen. Auch das ist in Grund, warum die Finanzlage der Gemeinden noch mmer so desaströs ist. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
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Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
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(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510506300
Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510506400

Sie plädieren jetzt für eine wirtschaftskraftbezogene
emeindesteuer. Es bleibt völlig im Leeren, was Sie ei-
entlich wollen. Das ist insgesamt das Problem dieses
onzeptes 21. Es bewegt sich in einem Bereich von me-
ientauglichen Halbwahrheiten. Es ist halbkonkret. An
ielen Stellen bleibt offen, was genau Sie wollen und
ie Sie es machen wollen.


(Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Da fehlt die ordentliche Redevorbereitung, nicht das Konzept!)







(A) )



(B) )


Kerstin Andreae

Die Frage, die das Konzept wirklich verschleiert, ist die
Art und Weise der Gegenfinanzierung. Am Schluss die-
ses Konzeptes findet sich ja ein Finanztableau, aller-
dings nur für das Sofortprogramm. Da kommen Sie auf
die besagten 10 Milliarden. Das DIW hat Ihr Konzept
durchgerechnet und sagt, es kostet 13 Milliarden. Das
Finanzministerium spricht von 16 Milliarden. Wir wer-
den nachher – es ist ja interessant, dass auch Herr Merz
gesagt hat, dass man das im Gesamtkontext sehen
müsse –


(Zuruf von der CDU/CSU: Natürlich!)

eine Debatte über den Gesamtkontext Ihrer Reformen
führen. Herr Seehofer spricht davon, dass im Gesamt-
kontext Kosten in Höhe von 100 Milliarden Euro entste-
hen. Dass Sie ein Konzept haben, wie Sie das gegenfi-
nanzieren wollen, können Sie mir nicht im Ernst sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Auch ich finde, dass Sie Recht damit haben, dass
Vereinfachung Not tut.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Warum macht Ihr dann ständig das Gegenteil?)


Auch ich gebe zu: Ein einfacheres Steuersystem ist ein
gerechteres Steuersystem, weil dann die Leute verste-
hen, wo ihre Steuern bleiben und wie sich die Einnah-
men strukturieren. Nur, das Junktim, dass Vereinfachung
nur mit Tarifentlastung gehe, sehen wir so nicht. Wir ha-
ben eine Einkommensteuerreform auf den Weg ge-
bracht, die im Jahre 2005 zu einem Eingangssteuersatz
von 15 Prozent und einem Spitzensteuersatz von 42 Pro-
zent führt. Bei den Eckwerten macht das insgesamt
11 Prozentpunkte weniger aus als 1998. Da ist unsere
Tarifentlastung. Das ist gut so. Aus unserer Sicht ist
aber kein weiteres Entlastungsvolumen möglich.

Ich sehe allerdings, dass wir im Bereich der Unter-
nehmensbesteuerung etwas tun müssen. Wir stehen
hier vor wirklich großen Herausforderungen. Ich warne
aber davor, einfache Zusammenhänge herzustellen. Ich
halte es wirklich für billig, zu behaupten, dass es im
Zuge der EU-Osterweiterung zu Ungerechtigkeiten
komme, weil die neuen Länder zum einen niedrige Steu-
ersätze hätten und zum anderen hohe Subventionen emp-
fangen würden. Ich glaube, man muss viel genauer hin-
schauen, wie sich die Subventionen und die Steuersätze
entwickelt haben, wo es Mitnahmeeffekte gibt und von
welchen Erwartungen dies geprägt war. Mir ist es zu bil-
lig, wenn gesagt wird, die Subventionen seien zu hoch,
dadurch würden nur niedrige Steuersätze finanziert.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: An welche Adresse geht das denn?)


Nichtsdestotrotz müssen wir uns die Frage stellen,
wie wir uns angesichts der neuen Wettbewerber aufstel-
len wollen. Wir müssen dabei aber seriös vorgehen. Ich
kann in den Vorschlägen des „Konzepts 21“ zur Unter-
nehmensteuerreform keine Antwort auf diese Frage fin-
den.


(Zuruf von der SPD: Richtig!)


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(C (D ie halten es sich offen, Sie werden nicht konkret. Es ört sich zwar schön an, wenn Sie sagen, Sie wollten ales einfacher machen und die Tarife senken. Aber wenn s darauf ankommt, bleibt es unklar. (Zuruf von der CDU/CSU: Schauen Sie doch einmal in das Konzept hinein!)


Ein weiterer Punkt noch, der mir besonders wichtig
st: die Familienpolitik. Sie sprechen davon, dass die
inderfreibeträge und das Kindergeld erhöht werden
ollen. Seit 2001 haben wir in Deutschland 180 Mil-
iarden Euro für familienpolitische Leistungen und
aßnahmen ausgegeben. Trotzdem haben wir ein
emographieproblem. Ich behaupte, dass das Demo-
raphieproblem, also die mangelnde Bereitschaft, heute
inder zu bekommen, eng mit der ungelösten Frage der
ereinbarkeit von Familie und Beruf zusammenhängt.
eswegen will ich nicht, dass die Transferleistungen er-
öht werden, sondern ich will, dass wir Geld für die Ver-
esserung von Kinderbetreuungsmöglichkeiten in die
and nehmen. Qualifizierte und flexible Maßnahmen
ür Kinder unter drei Jahren und mehr Ganztagsschulen
röffnen die Chance, dass sich wieder mehr junge Men-
chen für Kinder entscheiden. Ich bezweifle, dass Sie
it Ihrem Ansatz in der Familienpolitik, nämlich eine
eitere Erhöhung der Transferleistungen vorzusehen,
irklich der Lebenswirklichkeit junger Menschen nahe
ommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Noch einmal: Eine Einkommensteuerreform ist er-
olgt. Wir haben die Eckwerte der Steuertarife gesenkt.
etzt einen Unterbietungswettbewerb zu starten halten
ir für unseriös. Entlastungsvolumina im Einkommen-
teuerbereich sehen wir nicht.
Sie treiben uns immer wieder bei der Frage des Stabi-

itätspaktes. Das ist angesichts der gemeinsamen Verant-
ortung aller politischen Ebenen bezüglich des Schul-
enstandes und der Einhaltung der Maastricht-Kriterien
uch richtig. Aber Ihre Vorstellungen und Vorschläge
insichtlich der Finanzierung zeigen nichts von dieser
emeinsamen Verantwortung.
Meine Damen und Herren von der Union, Sie ver-

prechen aus unserer Sicht Manna vom Himmel. Mehr
hrlichkeit stünde Ihnen gut zu Gesicht. Aus Ihrem
ierdeckel ist eine Tischdecke mit vielen einzelnen Be-
eichen, kleinen Regelungen und Änderungen geworden.
on einem Gesamtkonzept kann man hier leider nicht
ehr sprechen.
Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510506500

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Freiherr von

tetten.

(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Frhr. Christian von Stetten (CDU):
Rede ID: ID1510506600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Seit Monaten diskutieren wir über die Notwen-
digkeit einer umfassenden Reform des deutschen Steuer-
rechts. Aber heute, vor allem nach dem Redebeitrag von
Herrn Poß, ist klar geworden: Die Regierung und auch
die Fraktionen von Rot-Grün wollen überhaupt keine
Steuerreform mit den Merkmalen einfacher, niedriger
und gerechter. Sie verweigern sich einem modernen
Steuerrecht, das unser Land so dringend braucht.

Aber es ist ja nicht die erste Initiative, die Sie mit Ih-
rer Abgeordnetenmehrheit hier im Deutschen Bundestag
verhindern und blockieren.


(Zuruf von der SPD)

– Natürlich blockieren Sie! Sie blockieren dieses wich-
tige Gesetz.

Herr Dr. Solms hat für die FDP deren Steuervor-
schläge auf den Tisch gelegt und auch wir bringen un-
sere Steuervorschläge heute ein. Nur die Regierung, von
der man das, Frau Staatssekretärin, eigentlich am ehes-
ten hätte erwarten können, ist trotz Tausenden von Mit-
arbeitern nicht in der Lage, uns Parlamentariern ihr Pro-
gramm vorzulegen und deutlich zu machen, wie Sie sich
die Zukunft vorstellen. Die Handlungsunfähigkeit der
Bundesregierung ist der eigentliche Skandal am heutigen
Vormittag.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Nur weiterwurschteln können sie!)


Stattdessen kommt Minister Eichel wieder mit der
Abschaffung der Eigenheimzulage. Frau Staatssekretä-
rin, Sie haben es angesprochen: Bei unserem Konzept
bleibt die Eigenheimzulage erhalten, weil sie – trotz vie-
ler Falschmeldungen – mit der Reform der Einkommen-
steuer überhaupt nichts zu tun hat. Sie haben, keine drei
Monate nachdem wir uns im Vermittlungsausschuss auf
eine gemeinsame Position geeinigt haben, diese Position
wieder aufgekündigt und die betroffenen Bürger erneut
tief verunsichert. Die Betroffenen rufen bei uns an und
fragen, welche Versprechen dieser Regierung eigentlich
noch gelten. Bei uns rufen die Betroffenen noch an; ich
weiß, dass bei Ihnen schon lange niemand mehr anruft.
Sie sind in den Wahlkreisen – wir merken das jede Wo-
che – auf Tauchstation gegangen. Sie sind überhaupt
nicht mehr ansprechbar, weil Sie das, was von der Bun-
desregierung wöchentlich neu in die Welt gesetzt wird,
nicht mehr vertreten wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben es heute gehört: Steuerpflichtige Bürger

und deutsche Unternehmen verlassen in Scharen unser
Land und gehen dorthin, wo es nicht nur niedrigere Steu-
ern, sondern vor allem auch nachvollziehbare Gesetze
gibt. Transparenz ist eines der Hauptziele unseres heu-
tigen Antrages. Übrigens war das auch einmal eines Ih-
rer Ziele. Noch im Jahr 2000 hat die Bundesregierung
die Förderung von Wachstum und Beschäftigung durch
ein gerechtes Steuer- und Abgabensystem angekündigt,
doch das Gegenteil – auch das haben wir heute mehrfach

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(C (D ehört – war der Fall. Der Rat der Wirtschaftsweisen hat n seinem Jahresgutachten 2003/04 eindeutig festgetellt, dass das Steuersystem des Jahres 2003 weit enternt von den Zielen der Bundesregierung aus dem ahr 2000 ist. Mit Erlaubnis der Präsidentin darf ich die von der undesregierung selbst vorgeschlagenen Gutachter mit rei Sätzen zitieren. (Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Das geht auch ohne Erlaubnis!)


ie Gutachter schreiben:
Im Bereich der Steuerpolitik bestehen gegenwärtig
erhebliche Defizite. Das deutsche Steuerrecht wird
zunehmend als chaotisch wahrgenommen. … Der
deutschen Steuergesetzgebung fehlt das Leitbild, an
dem sich die Haushalte und Investoren … ausrich-
ten könnten.

ie Gutachter fordern daher einen grundlegenden Um-
au der Einkommensteuer und der Unternehmensbesteu-
rung. Zusätzlich soll die Gewerbesteuer ersetzt werden.
ie schlagen Einkommensteuersätze vor, die bei etwa
5 Prozent beginnen und bei etwa 35 Prozent enden sol-
en.
Bei diesen Gutachtern handelt es sich um hochqualifi-

ierte Persönlichkeiten. Einen dieser Gutachter, Herrn
rofessor Weber, hat der Bundeskanzler vor kurzem un-
er Beifall aller Fraktionen und aller gesellschaftlichen
ruppen als neuen Präsidenten der Bundesbank vorge-
chlagen.
Ich stelle also fest: Ihre eigenen Gutachter schlagen

hnen genau das vor, was Friedrich Merz und der bayeri-
che Finanzminister vor wenigen Minuten ausführlich
rläutert und vorgestellt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Das stimmt nicht! Der Sachverständigenrat hat ein anderes Konzept vorgeschlagen!)


Herr Poß, Hauptleidtragender Ihrer Verweigerungspo-
itik ist wieder einmal der Mittelstand.


(Joachim Poß [SPD]: Da muss man aber ganz blind sein, wenn man das gleichsetzt!)


ie brauchen gar nicht abzuwinken. Allein im Jahr 2003
ab es 40 000 Unternehmenspleiten. Frau Hendricks,
as bedeutet, alle zwölf Minuten gibt es einen mittel-
tändischen Betrieb weniger. Auch wenn Sie heute Ge-
urtstag haben, können wir Ihnen diese Feststellung
icht ersparen: Dabei handelt es sich nicht um Unterneh-
en, die irgendwann einmal zu Beginn des Internetzeit-
lters von Glücksrittern gegründet wurden. Die sind alle
chon in den letzten Jahren verschwunden. Es handelt
ich vielmehr um mittelständische Betriebe, die schon
eit Jahren am Markt existieren und sich jetzt einfach
icht mehr halten können, weil sie von der Bürokratie
rdrückt werden oder aus dem Steuerchaos nicht mehr
erausfinden. Sie haben mit Ihren Fehlentscheidungen
iese Betriebe mit auf dem Gewissen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Christian Freiherr von Stetten

Eine letzte Bemerkung.


(Zuruf von der SPD: Gott sei Dank!)

Ich darf Sie bitten: Handeln Sie jetzt! Werden Sie Ihrer
Verantwortung gerecht!


(Zuruf von der SPD: Machen wir!)

Geben Sie Deutschland ein einfaches und gerechtes
Steuersystem! Es wurde schon mehrfach darauf hinge-
wiesen: Wir können nicht bis 2006, also bis zur nächsten
Bundestagswahl, warten. Das würde viele weitere Ar-
beitsplätze kosten. Wir brauchen jetzt ein neues Steuer-
system. Deswegen darf ich Sie bitten, dem Antrag der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510506700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Jörg-Otto Spiller.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Jörg-Otto Spiller (SPD):
Rede ID: ID1510506800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der Staat verlangt von seinen Bürgern Steuer-
ehrlichkeit. Dem steht aber zu Recht der Anspruch der
Bürger entgegen, dass in der Steuerpolitik nicht geflun-
kert und nicht vernebelt wird.


(Joachim Poß [SPD]: So ist es!)

Der vorliegende Antrag der CDU/CSU-Fraktion ist

leider ein Musterbeispiel für Flunkern und bewusstes
Im-Unklaren-Lassen.

Seit dem Herbst vorigen Jahres kündigen CDU und
CSU an, es werde einen Entwurf einer großen Steuerre-
form geben. Doch über Eckpunkte ist die Union noch
immer nicht hinausgekommen. Manches in Ihrem An-
trag liest sich sogar ganz hübsch. Das ist auch kein Wun-
der; denn Sie beschränken sich weitestgehend auf das
Schöne und Gute. Klartext ist das nicht.

Warum legen Sie eigentlich keinen Gesetzentwurf
vor?


(Beifall bei der SPD – Heinz Seiffert [CDU/ CSU]: Weil Sie regieren! Haben Sie es noch nicht gemerkt?)


– Herr Kollege Seiffert, schauen Sie doch einmal in das
Grundgesetz! Eine Oppositionsfraktion hat das Recht,
einen Gesetzentwurf einzubringen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Sollen wir ständig Ihre Arbeit machen?)


Wenn Sie meinen, das sei für Sie als Oppositionsfraktion
etwas zu mühsam, dann muss ich Ihnen sagen: Sie haben
doch Zugriff auf das Fachwissen von wirklich guten und
tüchtigen Beamten in den Ministerien der Länder.


(Joachim Poß [SPD]: München!)

Beispielsweise hat das bayerische Finanzministerium
einen guten Ruf. Bedienen Sie sich doch einfach der

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(C (D nterstützung beispielsweise des Kollegen Professor altlhauser, der leider etwas früher gehen musste. In einem Gesetzentwurf – das ist vielleicht der Nach eil, den Sie sehen, Herr Seiffert – muss man ganz konret werden. Man kann sich darin nämlich nicht auf das eschränken, was die Menschen gerne präsentiert beommen wollen. Hätten Sie einen Gesetzentwurf vorgeegt, hätten Sie auch nicht so ohne weiteres mit einfahen Floskeln die Unterschiede, die es im Steuerbereich wischen den Vorstellungen der CDU und denen der SU gibt, übertünchen können. Ich werfe Ihnen gar icht vor, dass es in Ihren Vorstellungen Unterschiede ibt. Aber das müsste man ehrlicherweise auch den Bürerinnen und Bürgern dieses Landes sagen. Ich nenne ein Beispiel: den Stufentarif; Herr Merz at ihn seit etlichen Wochen herausgekehrt. Herr Merz pricht voller Begeisterung vom Stufentarif, der angebich alles einfacher mache; da könne man dann auf dem ierdeckel ausrechnen, wie hoch die eigene Steuerflicht sei. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Dass Sie das nicht können, ist mir klar! – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Nicht jeder!)


Vorweg noch der Hinweis: Die Autoren Ihres Antra-
es sagen, nicht sie selbst würden einen Entwurf vorle-
en, der ihren Grundsätzen folge. Sie fordern vielmehr:
ir haben ein paar Grundsätze und die Bundesregierung
öge bitte schön einen entsprechenden Gesetzentwurf
orlegen.
Herr Meister hat in diesem Antrag zwei Teile meister-

ich formuliert.

(Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Danke schön!)

eil A beinhaltet das steuerpolitische Grundkonzept der
ukunft. Für die fernere Zukunft ist ein so genannter
ieltarif mit bestimmten Stufen vorgesehen.
Dann gibt es einen konkreten Teil – er kommt über-
iegend aus München –, ein Sofortprogramm.


(Zuruf von der CDU/CSU: Der ist auch gut!)

Der ist sogar viel besser,


(Zuruf von der CDU/CSU: Besser als meisterlich?)


eil er zum Teil richtig konkret ist. Da wird einfach ge-
agt: Es ist ein linear-progressiver Tarif vorgesehen,
eil er sich bewährt hat.
Ich bestätige ja Herrn Faltlhauser und auch der CSU

nsgesamt gerne, dass sich ihre Darlegungen zur Steuer-
olitik von dem, was Herr Merz der deutschen Öffent-
ichkeit verkündet, wohltuend unterscheiden. Da herr-
chen eine relative Nüchternheit, Konkretheit und sogar
irklichkeitsnähe. Auf die legt Herr Merz nicht so

urchtbar viel Wert;

(Joachim Poß [SPD]: Nein! Der lebt in seiner eigenen Wirklichkeit!)

ber man kann vielleicht nicht alles haben.






(A) )



(B) )


Jörg-Otto Spiller

Ich will nur einmal in Erinnerung rufen, was Herr

Professor Faltlhauser schon vor ein paar Jahren zum
Stufentarif geschrieben hat, damals nicht mit Blick auf
Herrn Merz – dieser hatte sich diese Meinung damals
noch nicht zu Eigen gemacht –, sondern mit Blick auf
Herrn Uldall; das war aber dieselbe Soße. Unter der
Überschrift „Die Lösung kann nur sein: Weg mit dem
Stufengag“ wurde 2001 im „Handelsblatt“ ein schönes
Interview mit Herrn Faltlhauser veröffentlicht. Hieraus
ein Zitat:

Es wird immer wieder behauptet, ein Stufentarif sei
dem linear-progressiven Formeltarif überlegen,
weil er gerechter und einfacher sei. Dies ist schlicht
falsch: Der Stufentarif vereinfacht nichts, er ist
gleichzeitig weniger leistungsgerecht. Einige mei-
nen nun, jeder Steuerpflichtige könne im Stufenmo-
dell seine Steuerbelastung ohne Schwierigkeiten
selbst berechnen. Das ist reine Illusion.

(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Bei Ihrem Sys tem! – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein!)

Komplex, verwaltungsaufwändig und streitanfällig
ist allein die Ermittlung der Bemessungsgrundlage,
die Anwendung des Tarifs ist dagegen ein Rechen-
vorgang und mit Tabellen und Computerprogram-
men leicht zu vollziehen.

Recht hat Herr Professor Faltlhauser!

(Joachim Poß [SPD]: Das hätte er heute ein mal vortragen sollen!)

Ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie in den eigenen

Reihen noch Erklärungsbedarf haben; das ist ja in Ord-
nung. Ich werfe Ihnen vor, dass Sie in den Darstellungen
nach außen so tun, als wüssten Sie schon, was Sie wol-
len.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Wir wissen es tatsächlich!)


Was ich Ihnen noch viel mehr vorwerfe – ich glaube,
ein großer Teil der Öffentlichkeit tut dies auch –, ist,
dass zwischen dem, was Sie an programmatischen Ziel-
vorstellungen verkünden, und dem, was Sie tatsächlich
tun, eine sehr große Lücke klafft, ein großer Gegensatz
besteht. Seit Jahren bekennen Sie sich – solange er abs-
trakt ist – zu dem Grundsatz, Sonderregelungen und
Vergünstigungen im Steuerrecht und natürlich auch
Subventionen müssten abgebaut werden, damit man
Spielraum zur Senkung des Tarifes bekomme. Dem
kann man nur beipflichten.


(Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Das gehört aber zusammen, Herr Spiller! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ein Gesamtkonzept!)


Dass wir die Tarife seit 1998 kräftig gesenkt haben,
darauf hat Frau Hendricks schon hingewiesen; das brau-
che ich nicht zu wiederholen. Bloß, bei dem Abbau von
Steuervergünstigungen und der damit einhergehenden
Senkung von Tarifen


(Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Das unterbleibt ja bei Ihnen! Das ist ja das Problem!)


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(C (D ind wir fast immer auf den erbitterten Widerstand der nionsfraktion gestoßen. Denn Sie haben immer mit inem rein opportunistischen Verhalten nach interessieren Gruppen geschielt, weil Sie glaubten, das brächte Ihen irgendetwas ein. Da die Zeit nicht ausreicht, Ihr geamtes Sündenregister hier auszubreiten, nenne ich nur enige Beispiele. Wenn man Ihren Antrag liest und sich dann daran er nnert, wie Sie sich vorher verhalten haben, reibt man ich die Augen. Der Antrag liest sich geradezu wie eine eichte. Ich erinnere einmal an die heftigen Debatten, ie Sie geführt haben, als vor ein paar Jahren die so geannten AfA-Tabellen aktualisiert wurden, als man näer an die tatsächliche Nutzungsdauer von Investitionsütern heranging und die Abschreibung in einigen ereichen über einen längeren Zeitraum erstreckt weren musste. Damals haben Sie massiv dagegen polemiiert. Was liest man heute in Ihrem Antrag? Abschreibungen können künftig nur noch in Höhe eines aus Vereinfachungsgründen typisierten Werteverzehrs, der sich an der tatsächlichen Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes bemisst, steuerlich berücksichtigt werden. as wollten wir schon damals. Dagegen sind Sie Sturm elaufen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Ortwin Runde [SPD]: Recht hat er!)


(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])


Noch schöner: Heute Vormittag hat der Kollege
losbach zum Alterseinkünftegesetz und zur nachgela-
erten Besteuerung von Alterseinkünften gesprochen.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Er hat gut gesprochen! Gute Rede!)


r hat ein richtig engagiertes Plädoyer dafür gehalten,
ine breite Palette von Möglichkeiten zu eröffnen. Es ist
icherlich erfreulich, wenn man Vermögen bilden kann,
as man zur Alterssicherung heranziehen kann. Sie ha-
en sich dafür ausgesprochen, es möglichst frei verwen-
en zu können.
Was steht in Ihrem Antrag? Dort heißt es zu den Vor-

orgeanforderungen:
Die Abzugsfähigkeit wird beschränkt auf solche
Vorsorgesysteme, die ausschließlich der Alterssi-
cherung dienen.

(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Was ist daran falsch?)

Reue, die aus dem Herzen kommt, klingt anders.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as ist noch nicht einmal ein Lippenbekenntnis zu Ihren
igenen Sünden. Sie anonymisieren die Sünden, es han-
elt sich um irgendwelche Sünden, die man keiner Ein-






(A) )



(B) )


Jörg-Otto Spiller

zelperson zuordnen kann. Gehen Sie in sich! Die Ein-
sicht und die Einkehr folgen dann sicher.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510506900

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Gesine Lötzsch.

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1510507000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr ge-

ehrte Gäste! Ich bin Abgeordnete der PDS.
Wir reden heute nicht über das Urheberrecht, aber wir

müssen einfach festhalten, dass alle Parteien außer der
PDS das Programm der FDP gnadenlos geplündert ha-
ben. Aus einer Steuersenkungspartei sind nun vier Steu-
ersenkungsparteien geworden, die um die Wette die
Steuern senken wollen und den Staat ruinieren. Die FDP
steht nun ziemlich nackt da und kann nur noch mit dubi-
osen Schwarzgeldkonten in den Medien glänzen.

Ich will mich aber auf die CDU konzentrieren. Das
Steuerkonzept der CDU ist ein Konzept für Besserver-
dienende. Die CDU will die FDP-Wähler gewinnen und
hofft, dass die Arbeiter und Angestellten, die immer
noch CDU wählen, den dramatischen Kurswechsel nicht
bemerken. Die ehemalige Volkspartei CDU ist program-
matisch auf dem Weg hin zu einer neoliberalen Partei,
die nur noch die Vermögenden dieser Gesellschaft im
Auge hat und dabei ist, die Wortverbindung „soziale
Marktwirtschaft“ aufzulösen.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Etliche Vorredner sind bereits auf das Gutachten der

Länderfinanzminister eingegangen. In diesem Gutach-
ten der Finanzminister der Länder ist deutlich gemacht
worden, wohin der Trend der Steuermodelle von CDU,
CSU und FDP geht. Gewinner wären Steuerpflichtige in
derzeit hoher Progressionsstufe mit wenig Abzügen, also
Menschen, die sehr gut verdienen.

Verlierer wären dagegen Steuerpflichtige mit gerin-
gen Einkommen und hohen Abzügen oder hohen steuer-
freien Einkünften. So soll der Bezieher eines zu versteu-
ernden Einkommens in Höhe von 15 000 Euro von der
CSU – die genauen Unterschiede werden nachher in der
Aktuellen Stunde besprochen werden – um 286 Euro,
von der FDP um 507 Euro und von Herrn Merz bzw. der
CDU sogar um 787 Euro entlastet werden. Das hört sich
zunächst einmal sehr gut an.

Wenn man das aber mit den Entlastungen, die für Be-
zieher hoher Einkommen vorgesehen sind, vergleicht, ist
das nur ein Trinkgeld. Topverdiener mit einem Jahres-
einkommen in Höhe von einer halben Million Euro sol-
len von der CSU um etwa 15 700 Euro im Jahr entlastet
werden. Herr Merz will sie um fast 32 000 Euro entlas-
ten und die FDP sogar um fast 36 000 Euro.

Schauen wir uns doch einmal an, wie das Geld in
Deutschland verteilt ist. Schon im Jahre 2002 besaßen in
Deutschland 33 Milliardäre zusammen ein Nettogeld-
vermögen von 106 Milliarden Euro. Das ist eine Zahl,
die sich die meisten gar nicht vorstellen können. Auf die

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(C (D eichsten 10 Prozent der Haushalte entfielen 50 Prozent ller Geldvermögenswerte. Die Umverteilung von unten nach oben ist bereits seit ielen Jahren in vollem Gange. Leider hat trotz gegenteiiger Versprechen auch die rot-grüne Regierung daran ichts geändert. Allein die Aussetzung der Vermögenteuer von 1997 bis 2003 führte zu einem Steuerausfall on rund 50 Milliarden Euro. Das ist mehr als das Dopelte zum Beispiel des Haushaltes des Landes Berlin. PD und Grüne hatten den Bürgern vor der Wahl die iedereinführung der Vermögensteuer versprochen; och sie haben ihr Versprechen bis heute nicht eingelöst. ir sind sehr gespannt, wann sie das endlich tun weren. (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


ie Konzepte von CDU, CSU und FDP sind auch aus
inem anderen Grund asozial zu nennen.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Na, na, na!)

ie entziehen dem Staat Geld, das er für die Erhaltung
on Städten und Gemeinden, zur Finanzierung von Bil-
ung und Wissenschaft und zur Finanzierung von Ord-
ung und Sicherheit dringend braucht.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Sie reden einen solchen Quatsch, da lohnt sich nicht einmal ein Zwischenruf!)


Eines haben Sie vergessen zu erklären: Würde das
DU-Modell umgesetzt, müsste der Staat im ersten Jahr
inen Ausfall von 32 Milliarden Euro und mittelfristig
on 25 Milliarden Euro im Jahr verkraften. Leider haben
ie uns hier nicht erklärt, welche Aufgaben der Staat
ann nicht mehr erfüllen soll, welche Aufgaben Sie
treichen wollen.


(Zuruf von der SPD: Steuerfahndung!)

Wir als PDS sind gegen diese dauernde Umverteilung

on unten nach oben. Wir fordern unter anderem die
iedereinführung der Vermögensteuer. Wir erinnern die
PD gerne an ihr Versprechen, das sie gegeben und auf
ehreren Parteitagen bekräftigt hat, und wir fordern eine
rhöhung der Erbschaftsteuer auf Großvermögen.
ir können nur hoffen, dass das Konzept von Herrn
erz immer nur auf dem Bierdeckel stehen und nie um-
esetzt werden wird; denn das wäre verheerend für die
ehrheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Dann würden sie ihr Bier mit mehr Freude trinken!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510507100

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
rtwin Runde, SPD-Fraktion.

Ortwin Runde (SPD):
Rede ID: ID1510507200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

pannende Frage, die sich anlässlich der heutigen De-
atte stellte, war die, wie die Diskussion in der CDU/






(A) )



(B) )


Ortwin Runde

CSU weitergeht. Es war hochinteressant, dass mit Herrn
Merz und Herrn Faltlhauser hier zwei Protagonisten des
Streites anwesend waren.

In den letzten Monaten hat sich gezeigt, dass der
Kompromiss in der CDU zur Steuerpolitik richtig wack-
lig ist.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Aber mit Bewegung!)


Hier ist schon daran erinnert worden, dass es bereits
Schlagzeilen des Inhalts gab, dieser Stufentarif sei eher
ein Gag. Ich fand es ganz elegant, wie Herr Faltlhauser
dieses Problem heute gelöst hat, indem er zu dem
Stufentarif sagte: Über meine Aussagen von damals will
ich nicht mehr reden, aber bezogen auf Kirchhof gilt:
Dessen Tarif, diese Flat Tax, die eine ähnliche Qualität
wie der Stufentarif hat, ist wirklich absurd. – So kann
man Kollegen aufs Allerschönste abohrfeigen. Das war
in der Tat interessant.


(Beifall bei der SPD)

Die gesamte Öffentlichkeit hat ja sehr gespannt auf

den 6. März gewartet,

(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: 7. März! – Joachim Poß [SPD]: 7. März, Herr Kollege!)


den Tag, an dem sich CDU und CSU auf ein gemeinsa-
mes Steuerkonzept einigen wollten. Das, was dabei he-
rausgekommen ist, liegt uns nun vor.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ja, sehr beachtlich!)


Es ist interessant, wie man diese Ergebnisse charakteri-
sieren kann. Dazu hat Herr Solms zu Recht gesagt, dass
sie kein konkretes Sofortprogramm darstellen, sondern
dass sie eher Thesencharakter haben. Das müsste bei
Ihnen von der CDU/CSU ja eigentlich auf heftigen Wi-
derstand stoßen. Aber in der Einleitung Ihres Antrags
gibt es bestimmte Hinweise. Da steht:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregie-
rung deshalb auf: ... Ein steuerpolitisches Gesamt-
konzept zu entwickeln und sich dabei von folgen-
den Gedanken leiten zu lassen.

Dieses Sofortprogramm, das von Herrn Faltlhauser als
sehr konkret beschrieben worden ist, besteht also nur aus
Gedanken.


(Zuruf von der CDU/CSU: Es wäre mal etwas Neues, wenn ihr im Steuerrecht auch nachdenken würdet! Das wäre mal neu für euch!)


Wie konkret das Ganze ist, wird deutlich, wenn man
sich Ihre Aussagen zur Gewerbesteuer ansieht; denn
daran merkt man auch, wie klar Ihre Konzeption ist. Da
heißt es:

Die Kommunen könnten neben der heute bereits
bestehenden Beteiligung an der Einkommensteuer
auch an der Körperschaftsteuer beteiligt werden. In
einem solchen Beteiligungsmodell müssten ...

Weiter heißt es, es

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(C (D könnten Hebesätze angelegt werden. (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Alles im Konjunktiv!)

Über die Zerlegungsmaßstäbe könnte ein gerechter
interkommunaler Ausgleich geschaffen werden.

Ich muss Ihnen sagen: Das sind, wenn man an die Not
er Betroffenen in den Kommunen denkt, wirklich Luft-
ummern, für die diese wenig dankbar sind.


(Beifall bei der SPD)

Hieran wird sehr deutlich, dass nichts geklärt ist. Lie-

er Herr von Stetten, wie sollen wir ein solches Sofort-
rogramm umsetzen? Was sollen wir davon umsetzen?
ie kann man so etwas umsetzen? Das geht doch gar
icht. Das ist kein Programm oder Konzept, sondern das
egenteil davon.


(Zuruf von der CDU/CSU: Die können es wirklich nicht!)


Ganz gespannt bin ich darauf, wie sich Ihr Dissens in
er Europadebatte auflösen wird. Man muss ja sagen,
ass der Steuerstreit in der CDU/CSU immer unter-
chiedliche Protagonisten hat. Erst waren es Faltlhauser
nd Merz. Hier kam es zu all den qualifizierten Aussa-
en von Faltlhauser zu diesem Konzept. Dann hat
eehofer Faltlhauser zu dessen Entlastung abgelöst. Da-
aufhin kam es zur Auseinandersetzung zwischen
toiber und Merkel, was den Steuerwettbewerb und das
teuerdumping in Europa angeht. Man ist ja richtig ge-
pannt darauf, wie sich diese Situation auflösen wird.
In dieser Europadiskussion fand ich den Ansatz ganz

nteressant, nicht nur bei der Mehrwertsteuer, sondern
uch bei den direkten Steuern eine Harmonisierung her-
eizuführen. Dazu wird man sicherlich in einem ersten
chritt die Bemessungsgrundlagen der Unternehmen-
teuern festlegen müssen. Dann kann man darüber nach-
enken, ob man Korridore für Mindest- und Höchstsätze
raucht, um auch hier zu einer gewissen Harmonisierung
u kommen.
Zum Steuerwettbewerb sage ich also Ja. Es darf aber

icht passieren – hier stimme ich sowohl Stoiber als
uch Bundeskanzler Schröder zu –, dass andere Länder
hre Infrastrukturinvestitionen nicht über Steuereinnah-
en finanzieren können und darauf hoffen, dass das
ritte tun. Das geht nicht. Das muss man ganz deutlich
agen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich schätze aber, dass diese Länder, was ihre Ausga-

enotwendigkeiten angeht, nach und nach unter Druck
eraten werden und dann dankbar wären, wenn der
ürchterliche und vernichtende Wettbewerb zwischen
en kleinen der neu beitretenden Mitgliedstaaten etwas
eregelt würde. Das ist meines Erachtens ein wichtiger
nsatz. Ich glaube, es wäre gut, die Harmonisierung des
uropäischen Steuerrechts so anzugehen.
Ich habe heute von Herrn Merz erwartet, dass er in

einer Rede das kleine Problem des Konfliktes mit Herrn
eehofer auflöst. Wie will er den Steuerzahlern 10 bis






(A) )



(B) )


Ortwin Runde

16 Milliarden Euro zurückgeben und gleichzeitig ins-
besondere für die sozialen Sicherungssysteme fast
100 Milliarden Euro zusätzlich aufbringen? Er hatte zu
der Verschiebung der Steuerbelastung von direkten zu
indirekten Steuern gesagt:

Ich werde darauf zum Schluss noch einmal zu spre-
chen kommen.

Ich hätte erwartet, dass er dieses Rätsel noch in dieser
Sitzung und noch in der gleichen Rede auflöst. Da kam
aber nichts.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ja, was ist das? – Joachim Poß [SPD]: Heiße Luft! Typischer Merz: Viel heiße Luft!)


Man hätte sich auch unter Fachleuten darüber unterhal-
ten müssen, was 100 Milliarden Euro an Mehrwertsteu-
erprozentpunkten ausmachen. Wenn man 8 Milliarden
Euro für einen Prozentpunkt ansetzt, wären wir plötzlich
bei einer Mehrwertsteuer von 28 Prozent. Das ist schon
richtig verwegen!

Herr Solms, ich habe mit Freude und einem gewissen
Behagen gesehen, wie die CDU-Kollegen bei Ihrer Rede
immer kräftig mit dem Kopf nickten, als Sie sagten, bei
dem Gewerbesteuerersatz, den Sie andenken, solle man
auch an höhere Umsatzsteueranteile denken. Da stellt
man dann fest: Gut, wenn diese Umsatzsteuer schon ein-
mal verteilt wird – zwischen Herrn Merz und Ihnen –,
kann man das ja richtig großzügig, in luftigen Dimensio-
nen machen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dabei muss man eines feststellen: Was nicht geht – da

komme ich auf das zurück, was Herr Poß gesagt hat –,
ist, den Bürgern bei der Einkommensteuer Erleichterun-
gen zu versprechen, später aber zu sagen: Ich ersetze die
Gewerbesteuer, die die Unternehmen heute bezahlen,
durch Einkommensteueranteile.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz genau!)


Sie kommen dann auch noch mit dem Umsatzsteueran-
teil. Welche Verteilungswirkung das hat, das ist ja sehr
deutlich.

Man merkt, meine Damen und Herren von der CDU/
CSU, dass das Ganze eine sehr einseitige Lastenvertei-
lung mit sich bringt. Wenn man die nicht geschulterten
Probleme der Ablösung der Finanzierung der sozialen
Sicherungssysteme von der Erwerbstätigkeit mitbetrach-
tet, dann, stellt man fest, ist die Gefahr des Sozialstaats-
abbaus bei solchen Konzepten allemal und immer gege-
ben. Man kann also insgesamt zu dem Ergebnis
kommen:


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Jetzt bin ich gespannt!)


Der Berg hat gekreißt, es ist ’ne Maus draus geworden

(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Warten Sie’s mal ab!)

und diese Maus schlägt Rad, macht Luftnummern.

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(C (D Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU]: Was haben Sie jetzt eigentlich gesagt in dieser Rede? Sie können es eigentlich besser, das weiß man!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510507300

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/2745 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 24 a bis 24 h sowie

ie Zusatzpunkte 2 a bis 2 c und Tagesordnungspunkt 16
uf:
24 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einfüh-
rung der nachträglichen Sicherungsverwah-
rung
– Drucksachen 15/2887, 15/2945 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Intensi-
vierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit
und damit zusammenhängender Steuerhinter-
ziehung
– Drucksache 15/2948 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung der Vorschriften über Fernabsatzver-
träge bei Finanzdienstleistungen
– Drucksache 15/2946 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 27. März 2003 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Repu-
blik Tadschikistan zur Vermeidung der






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steu-
ern vom Einkommen und vom Vermögen
– Drucksache 15/2925 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Übereinkommen vom 9. September 2002 über
die Vorrechte und Immunitäten des Internati-
onalen Strafgerichtshofs
– Drucksache 15/2723 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Rege-
lung von Rechtsfragen hinsichtlich der Rechts-
stellung von Angehörigen der Bundeswehr bei
Kooperationen zwischen der Bundeswehr und
Wirtschaftsunternehmen sowie zur Änderung
besoldungs- und wehrsoldrechtlicher Vor-
schriften
– Drucksache 15/2944 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit
Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael
Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Entsorgung von Gewerbeabfall unbürokra-
tisch und einfach gestalten
– Drucksache 15/2010 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann,
Joachim Günther (Plauen), weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der FDP
Bürgernähe durch mehr Wettbewerb bei der
Fahrzeugüberwachung
– Drucksache 15/2751 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

ZP 2 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Petra
Weis, Siegfried Scheffler, Sören Bartol, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD,
der Abgeordneten Günter Nooke, Dirk
Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU, der Abgeordneten Franziska Eichstädt-
Bohlig, Irmingard Schewe-Gerigk, Volker

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(C (D Beck Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Joachim Günther Eberhard Otto Gerhardt und der Fraktion der FDP Planung und städtebauliche Zielvorstellungen des Bundes für den Bereich beiderseits der Spree zwischen Marschallund Weidendammer Brücke vorlegen – Drucksache 15/2981 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Innenausschuss Ausschuss für Kultur und Medien b)

Brunhilde Irber, Annette Faße, Renate
Gradistanac, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten
Undine Kurth (Quedlinburg), Rainder
Steenblock, Volker Beck (Köln), weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
Chancen und Potenziale des Deutschland-
tourismus in der erweiterten Europäi-
schen Union konsequent nutzen
– Drucksache 15/2980 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union
Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags des Präsidenten des Bun-
desrechnungshofes
Rechnung des Bundesrechnungshofes für das
Haushaltsjahr 2003 – Einzelplan 20 –
– Drucksache 15/2885 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

16 Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur
Änderung des Tierseuchengesetzes
– Drucksache 15/2943 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
en Verfahren ohne Debatte.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an

ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 25 a bis 25 c auf.

s handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu
enen keine Aussprache vorgesehen ist.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Tagesordnungspunkt 25 a:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von
der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. März
2003 zwischen der Regierung der Bundesrepu-
blik Deutschland und der Regierung der Re-
publik Türkei über die Zusammenarbeit bei
der Bekämpfung von Straftaten mit erhebli-
cher Bedeutung, insbesondere des Terroris-
mus und der organisierten Kriminalität
– Drucksache 15/2724 –

(Erste Beratung 102. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)

– Drucksache 15/2994 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Tobias Marhold
Norbert Geis
Silke Stokar von Neuforn
Dr. Max Stadler

Der Innenausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/2994,
den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben.
– Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-
entwurf ist mit den Stimmen des ganzen Hauses ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 25 b:
– Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Neuordnung der Gebühren in
Handels-, Partnerschafts- und Genossen-

(Handelsregistergebühren-Neuordnungsgesetz – HRegGebNeuOG)

– Drucksache 15/2251 –

(Erste Beratung 88. Sitzung)


Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)

– Drucksache 15/2993 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hermann Bachmaier
Andrea Astrid Voßhoff
Jerzy Montag
Rainer Funke

Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 15/2993, den Gesetzent-
wurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen des gan-
zen Hauses angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer

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(C (D timmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 25 c: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung trag der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Gleiche Nachweispflichten für Apotheken und Tierärzte bei der Abgabe von Tierarzneimitteln – Drucksachen 15/1568, 15/2604 – Berichterstattung: Abgeordneter Dr. Wolfgang Wodarg Der Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung mpfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/1568 abzulehen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Geenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung st mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen nd CDU/CSU gegen die Stimmen der FDP angenomen. Ich rufe Zusatzpunkt 3 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Äußerungen aus der CSU zur Finanzierungslücke von rund 100 Milliarden Euro in den Konzepten der CDU zur Reform der Sozialund Steuersysteme Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Waltraud Lehn, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! s reiche nicht aus, neu zu denken, sondern man müsse uch sehen, ob das Neue finanzierbar sei. – Mit dieser eststellung hat Horst Seehofer die abenteuerlichen Reormpläne der CDU kommentiert. (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wo ist der eigentlich?)

Waltraud Lehn (SPD):
Rede ID: ID1510507400

Das ist eine gute Frage.

(Joachim Poß [SPD]: Der geht seinem Hobby nach!)

Die CDU sieht im Einzelnen Folgendes vor: 40 Mil-

iarden Euro für die Kopfpauschale im Gesundheitswe-
en, 22 Milliarden Euro für veränderte Kindererzie-
ungszeiten bei der Rentenberechnung, 10 Milliarden
uro bei der Steuerreform, 12 Milliarden Euro für eine
eplante Mindestrente, 18,6 Milliarden Euro für eine Er-
öhung des Kindergeldes. Das ergibt zusammen den
tolzen Betrag von 102,6 Milliarden Euro.
Nach der wohlwollenden Rechnung von Herrn

eehofer sind es 100 Milliarden Euro – diese Zahl hat er






(A) )



(B) )


Waltraud Lehn

selber ins Gespräch gebracht –, die Sie für Ihr wohlklin-
gendes und mit großem Getöse verkündetes Reform-
paket benötigen. Finanziert werden soll das Ganze durch
Steuermittel. Woher das Geld dafür kommen soll – im
Klartext: wem man es wegnimmt –, das bleibt Ihr Ge-
heimnis.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Genau!)

Ich behaupte nicht, dass Sie es nicht wissen; ich werfe
Ihnen nur vor, dass Sie es uns nicht sagen, jedenfalls we-
der Herr Merz noch Frau Merkel.

Was auf den ersten Blick wie ein Sozialprogramm
aussieht, ist in Wahrheit eines der schlimmsten und rigi-
desten Umverteilungsprogramme, das man in diesem
Hause je gesehen hat,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


jedenfalls wenn es so kommen sollte. Das wäre aller-
dings verheerend. Bestensfalls könnte man Ihre Überle-
gungen als Lug und Trug einstufen. Aber das sehen Sie
natürlich anders. Auf den ersten Blick verteilt die CDU
großzügigst Geld, das sie aber nicht hat und das es nicht
gibt. Sie müssten es sich irgendwoher holen. Aber wie
und von wem?

Sie müssten die Mehrwertsteuer in Deutschland um
13 Prozentpunkte erhöhen.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wahnsinn!)

Der Mehrwertsteuersatz in Deutschland würde auf
29 Prozent steigen. Das wäre ein absoluter Spitzenwert
in Europa.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie sind stehen geblieben!)


– Ich habe großes Verständnis dafür, dass Sie das auf-
regt. – Entscheidend ist: Diese angeblich sozialen Ge-
schenke begünstigen zu über 80 Prozent die Hoch- und
Besserverdienenden in unserer Gesellschaft.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Hört! Hört!)


Das Geld für diese Merkel-Gunst würde nämlich bei al-
len eingesammelt werden.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sie haben nichts verstanden! – Georg Schirmbeck [CDU/ CSU]: Die meisten sind schon pleite, da können Sie gar nichts mehr einsammeln!)


Ich will das an zwei Beispielen verdeutlichen und
komme zunächst einmal zur Gesundheitspolitik. Die
CDU – wohlgemerkt: nicht die CSU – will hier einen
Systemwechsel. Die gesetzliche Krankenversicherung
soll nicht länger über einkommensabhängige Beiträge,
sondern über so genannte Kopfpauschalen finanziert
werden,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Was habt ihr denn in der Beratungskommission gesagt?)


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(C (D ie für alle Versicherten – unabhängig davon, wie viel ie verdienen – gleich hoch sind. Im Klartext heißt das: err Schrempp zahlt genauso viel wie seine Sekretärin. (Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das ist doch Unsinn! – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie haben doch keine Ahnung!)


iese Kopfpauschale wurde mit 264 Euro beziffert.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das Niveau sollte auch für Sie zu niedrig sein!)

ass Sie das der Bevölkerung nicht sagen können, ist
och völlig klar.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das darf nicht wahr sein!)


Um das soziale Ungleichgewicht, das durch dieses
onzept entstehen würde, wenigstens etwas wieder aus-
ugleichen, will die CDU Einkommensschwachen Zu-
chüsse aus Steuermitteln zahlen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Aha! – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Jetzt widersprechen Sie sich aber selbst!)


as kostet das denn? Das würde 40 Milliarden Euro
osten. Woher nehmen Sie das Geld?


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Von den Reichen!)


ie greifen den Leuten in die Tasche, indem Sie bei-
pielsweise – etwas anderes bleibt Ihnen kaum übrig –
ie Mehrwertsteuer erhöhen.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sie haben doch gar nichts mehr in der Tasche, nachdem Sie bereits alles herausgenommen haben! Sie haben sie doch schon leer gemacht!)


ie nehmen und verteilen es also so, dass derjenige mit
ohem Einkommen viel weniger bezahlt, als er bezahlen
önnte. Den Ausgleich schaffen Sie dadurch – Sie wol-
n den ganz Armen ja etwas geben –, dass Sie es bei al-
en wieder einkassieren.
Ich will ein zweites Beispiel nennen, und zwar aus der
entenpolitik.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510507500

Frau Kollegin, Sie müssen sich mit Ihrem Beispiel

itte sehr kurz fassen, da Sie Ihre Redezeit bereits über-
ogen haben.


Waltraud Lehn (SPD):
Rede ID: ID1510507600

Ich lasse das Beispiel weg,


(Lachen und Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sehr vernünftig!)


a die nachfolgenden Redner dazu durchaus ebenfalls
tellung nehmen können.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie haben doch nur Rednerinnen!)







(A) )



(B) )


Waltraud Lehn

Alles in allem: Sie sind sich in der Sache nicht einig.

Sie verschweigen, wie Sie das Ganze finanzieren wollen.
Der einzige, der bei Ihnen den Mut hat, dies zu themati-
sieren, ist Herr Seehofer.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: So hohe Schulden wie Sie könnten wir gar nicht machen!)


Ich sage Ihnen: Das Bild, das Sie der Öffentlichkeit ver-
mitteln, ist von Streitereien und Uneinheitlichkeit ge-
prägt.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510507700

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.


Waltraud Lehn (SPD):
Rede ID: ID1510507800

Sie versuchen, Ihre innere Zerrissenheit zu ver-

schweigen, zu kaschieren und der Öffentlichkeit Hand-
lungsfähigkeit vorzutäuschen. Das hat dieses Land nicht
verdient.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510507900

Das Wort hat der Kollege Dr. Günter Krings, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1510508000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren Kollegen! Es wirft wirklich ein bezeichnendes
Licht auf diese Regierungskoalition, dass ihr offenbar
nichts Besseres für eine Aktuelle Stunde einfällt, als die
Unterschiede in der Sozialpolitik von CDU und CSU zu
thematisieren.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: 100 Milliarden Euro sind eine ganze Menge! – Waltraud Lehn [SPD]: Das ist ja lächerlich!)


Es wäre übrigens ganz nett gewesen, wenn aus Ihren
Reihen einige Leute mehr zu der von Ihnen beantragten
Aktuellen Stunde gekommen wären. Ich finde es fast er-
bärmlich, wie schlecht Sie hier – auch quantitativ – ver-
treten sind.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Statt die Probleme dieses Landes zu lösen, was eine

Regierung zumindest einmal versuchen sollte, be-
schimpft die Koalition die Opposition dafür, dass CDU
und CDU um die richtigen Konzepte dafür ringen, wie
man den Menschen bei Krankheit, Gebrechlichkeit und
Alter dauerhaft und verlässlich wieder Sicherheit geben
kann.


(Beifall bei der CDU/CSU – Waltraud Lehn [SPD]: Wenn Sie das mal täten!)


Die linke Seite dieses Hauses sucht offenbar deshalb
ihr Heil in der Diffamierung der Union, weil sie selbst
das Vertrauen in ihre eigene Problemlösungskompetenz
schon längst verloren hat.

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(C (D (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie diffamieren sich doch nur selbst!)


er wie Sie in der Regierung sitzt und keine eigenen
ösungen anzubieten hat, wie er dieses Land aus der
chwersten wirtschaftlichen und sozialen Krise seit der
achkriegszeit herausführen kann, der kann seine Zu-
lucht nur noch in Beschimpfungen der Opposition su-
hen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Nehmen Sie nur für einen Augenblick die volkswirt-

chaftlichen Rahmendaten zur Kenntnis, vor deren Hin-
ergrund die Finanzierungsprobleme der Sozialsysteme
n der Tat gelöst werden müssen. Die amtierende Bun-
esregierung, die heute bei dieser wichtigen Frage eben-
alls nicht sehr stark vertreten ist, hat es zum ersten Mal
n der Geschichte der Europäischen Union geschafft,
ass das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen jedes
enschen in unserem Lande im unteren Drittel der euro-
äischen Tabelle angelangt ist. Während die CDU/CSU
ahrzehntelang am Bau des europäischen Hauses mitge-
rbeitet hat,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Auf Kosten der folgenden Generation! Unter dieser Konstruktion leiden wir heute noch!)


ind wir durch die Leistungen der Damen und Herren auf
er linken Seite dieses Hauses in eine Kellerwohnung
ingezogen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ie Menschen trauen es einer Regierung, die schon da-
it überfordert ist, die Rücknahme von Bierdosen zu or-
anisieren oder LKWs auf Autobahnen zu zählen,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Noch nicht einmal das können sie richtig!)


infach nicht mehr zu, dass sie uns aus diesem Keller he-
ausführt.
Wenn es Ihnen, meine sehr verehrten Damen und
erren auf der linken Seite dieses Hohen Hauses, wirk-
ich darum gehen würde, den ramponierten Sozialstaat
ieder auf ein festes Fundament zu stellen und das Ver-
rauen in den Sozialstaat und seine sozialen Systeme
iederzugewinnen, dann hätten Sie sich bei Ihrem An-
rag nicht hinter Äußerungen des Kollegen Seehofer in
inem Interview vor zweieinhalb Wochen verstecken
üssen. Sie hätten dann nämlich in jeder Sitzungswoche
inen Anlass gefunden, diese aktuellen Probleme auf das
ableau dieses Hauses zu bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

n jeder Parlamentswoche bietet die demographische
ntwicklung in Deutschland hinreichend Anlass dazu.
n jedem x-beliebigen Tag eines jeden Jahres werden in
eutschland über 1 000 Kinder zu wenig geboren, um
nseren Bevölkerungsaufbau auch nur halbwegs in der
alance zu halten. Jeder, der auch nur die vier Grundre-
henarten beherrscht, weiß, dass bei einer solchen demo-
raphischen Entwicklung die jetzigen umlagefinanzierten






(A) )



(B) )


Dr. Günter Krings

Sozialsysteme einfach nicht mehr zu finanzieren sind
und nicht mehr funktionsfähig sind.


(Peter Dreßen [SPD]: Das wollten Sie doch so!)


Das ist eine simple mathematische Erkenntnis. Man
kann sie entweder – das haben wir gemacht – zum Aus-
gangspunkt von Reformmodellen machen oder man
kann sie einfach nach dem Motto ignorieren: Wir rasen
mit unserem Wagen auf den Abgrund zu und machen
erst einmal die Augen zu oder beschweren uns über die
Länge des Bremsweges. – Das ist keine Lösung.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Natürlich ist der Umbau unseres Sozialsystems, eines

Transfersystems, in dem jährlich Hunderte von Milliar-
den hin und her bewegt werden, nicht einfach. Er birgt
Risiken und kostet auch etwas. Es ist vollkommen rich-
tig, wenn auf die Finanzierungsschwierigkeiten seriös
hingewiesen wird. Der Unterschied zwischen uns und
Ihnen ist allerdings: Wir benennen diese Probleme, um
dafür nach Lösungen zu suchen und um Lösungen zu
ringen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wir lösen die Probleme!)


Sie benennen die Probleme, um Ihre Untätigkeit in die-
ser Frage zu rechtfertigen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Waltraud Lehn [SPD]: Sie suchen und wir finden! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist lächerlich! Das wissen Sie auch! Ein plumper Ablenkungsversuch!)


Die jüngere Generation von Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern in unserem Lande hat genug davon, dass
die Schröders und Münteferings in der Politik sie immer
wieder dazu zwingen, jahrzehntelang in Umlagesysteme
einzuzahlen, von denen sie genau wissen, dass sie sich
im Alter darauf nicht verlassen können. Sie geben uns
für das Alter keine Sicherheit mehr.


(Zuruf der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks)


– Jetzt gibt es sogar Zwischenrufe von der Regierungs-
bank. Es ist eigentlich die Aufgabe der Koalitionsabge-
ordneten, gute Zwischenrufe zu machen.

Die jungen Menschen in unserem Lande wissen: Wer
Monat für Monat umgelegt wird, der hat keine Mittel
mehr, um am Ende des Monats etwas für seine private
Vorsorge zurückzulegen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir als junge Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion

haben im letzten Jahr gemeinsam unsere Positionen zur
Generationengerechtigkeit vorgelegt. Wir haben in Eck-
punkten dargelegt, wie wir den Ausstieg aus der Umla-
gefalle schaffen können.


(Peter Dreßen [SPD]: Eine Katastrophe ist das!)


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(C (D ir brauchen weniger Vollkaskodenken, mehr Wahlfreieit, mehr Eigenverantwortung und sozial ausbalancierte rämienmodelle in der Renten-, Pflegeund Krankenersicherung. Wir Jüngeren wollen die größeren Lasten iner immer älter werdenden Bevölkerung gerne mittraen. Wir müssen diese Lasten aber so organisieren und erteilen können, dass die jüngere Generation unter dieer Last nicht zusammenbricht. Herr Kollege, bitte schauen Sie auf die Uhr. Ich werde nur noch meinen Schlusssatz sprechen, rau Präsidentin: Wenn SPD und Grüne nicht willens der in der Lage sind, diese Probleme einer Lösung zuuführen, dann sollten sie diese Regierungsbank chnellstens frei machen. Danke schön. Das Wort hat die Kollegin Christine Scheel, Bünd is 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Herr rings, ich möchte gerne auf Ihre Ausführungen eingeen, denn so einfach können Sie es sich nicht machen. (Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Wieso eigentlich?)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510508100
Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1510508200

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510508300
Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510508400

ie gesamte Union, sowohl die CDU/CSU-Führung als
uch diejenigen, die in den jeweiligen Fachbereichen ar-
eiten, weiß genau, dass bei allen zentralen Projekten,
ber die wir in dieser Republik diskutieren, in ihren ei-
enen Reihen ein ganz großer Dissens besteht. Das be-
ifft die Rentenreform – die haben wir heute Morgen be-
andelt; Sie haben sie abgelehnt, obwohl in all Ihren
arteiprogrammen steht, dass die nachgelagerte Besteu-
rung kommen muss –,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Hätten Sie etwas vorgeschlagen, dann wäre es in Ordnung gewesen!)


ie Gesundheitsreform, die Pflegeversicherung und die
teuerpolitik.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wir behandeln das Thema wenigstens!)


Es ist kein Wunder, dass Herr Seehofer der CDU die
o genannte 100-Milliarden-Frage gestellt hat.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wir haben sie beantwortet!)


chauen wir uns die einzelnen Punkte an, die Sie vorge-
chlagen haben. Wir haben heute Vormittag unter ande-
em den Vorschlag zur Steuerpolitik beraten. In diesem
orschlag tauchen 10 Milliarden Euro auf, die das






(A) )



(B) )


Christine Scheel

Ganze kostet. Das betrifft aber nur einen ganz kleinen
Teil. Das, was Herr Merz vorgeschlagen hat, kostet, wie
wir alle wissen, 37 Milliarden Euro. Wenn man ehrlich
ist, dann muss man das sagen. Das tun Sie aber nie.

Alle wissen, dass die Union Forderungen zum Kin-
dergeld erhoben hat, die zwar gut klingen, aber mit über
18 Milliarden Euro nicht finanzierbar sind. Sie wissen
auch, dass die Gesundheitsprämie nach Aussagen man-
cher 40 Milliarden Euro kostet; Herr Kauder hat aber
von „nur“ 27 Milliarden Euro gesprochen. Sie haben
Vorschläge zur Mindestrente mit einem Volumen von
rund 12 Milliarden Euro gemacht. Weiterhin haben Sie
Anrechnungszeiten für die Kindererziehung vorgeschla-
gen, die rund 22 Milliarden Euro kosten. Wir erleben bei
jeder Haushaltsberatung in diesem Haus, dass die Union
mit Vorschlägen glänzt, wofür man noch mehr Geld aus-
geben kann. Summa summarum sind es nicht 100 Milli-
arden Euro; es ist weitaus mehr, womit die Vorschläge
der Union die öffentlichen Haushalte belastet würden.

Sie haben auch inhaltliche Differenzen; Herr Merz hat
darauf hingewiesen. Es ist nicht so, dass die rot-grüne
Regierungskoalition erfunden hätte, dass es Schwierig-
keiten in Ihren Reihen gibt.


(Detlef Parr [FDP]: Selbst verursacht!)

Sie sagen selbst, dass Sie Riesenschwierigkeiten haben.
Herr Merz sagt wörtlich:

Was mir bei der CSU und bei Stoiber auffällt, ist,
dass sie in Bayern den Prozess der Reformen un-
glaublich beschleunigen und in der Bundespolitik
eher auf der Bremse stehen.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Erzählen Sie mal etwas von Ihren Schwierigkeiten bei der Ausbildungsplatzabgabe! Das wäre viel aktueller!)

Ich verstehe die CSU in diesem Punkt nicht. Viel-
leicht hat man das Gefühl, man müsse in der Oppo-
sition ein bisschen gefälliger sein. Diese Zeiten sind
aber vorbei.

(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Ihr motzt gegen alles!)

Da kann ich ihm nur beipflichten. Denn das, was Sie ma-
chen, ist eine Täuschung der Öffentlichkeit.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ihr seid die Bettvorlegerpartei!)


Jeder, der sich die Mühe macht, nicht nur die Überschrif-
ten der Zeitungen zu lesen, sondern auch das Kleinge-
druckte zu verfolgen, stellt doch fest, dass die Union bei
keinem einzigen Projekt, das die Zukunft dieses Landes
prägen soll, eine einheitliche Auffassung hat, und dass
die Bürgerinnen und Bürger nicht wissen, was auf sie zu-
kommt. Das ist doch der Punkt.


(Beifall bei der SPD – Heinz Seiffert [CDU/ CSU]: Erstaunlich, dass die uns wählen und die Umfragen so gut sind!)


Es ist schon überraschend, wenn Herr Merz sagt, dass
die CDU ihre Parteitagsbeschlüsse habe und diese der
Maßstab seien. Er rät ganz dringend, keinen Millimeter

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(C (D inter diese Beschlüsse zurückzuweichen. Er gibt an, ass er immer gesagt habe: Wenn man meint, dass man m Ende eines solchen Reformprozesses, wie auch imer er ausschaut – das wissen wir noch nicht –, Geld raucht, dann muss man über die indirekten Steuern reen, zu denen auch die Mehrwertsteuer gehört – er pricht auch von Mehrwertsteuer und nicht von Umsatzteuer, verehrte Herren; Sie haben das vorhin bei der ollegin der SPD moniert –, auch wenn sich einige eute darüber aufregen. Wenn Herr Merz und andere Vertreter der Union der uffassung sind, dass die CDU und die CSU ein echtes trukturproblem haben – besonders hinsichtlich der unelösten Machtfrage an der Spitze –, dann kann ich ihen nur empfehlen, den Mut aufzubringen, mit ihren onzepten in Bayern anzutreten. Das aber tun Sie nicht. (Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sprechen Sie doch mal die Themen an, die die Menschen in Deutschland bewegen!)


Ich wünsche mir etwas mehr Ehrlichkeit in der De-
atte, statt so zu tun, als kosteten Ihre Vorschläge kein
eld. Tatsächlich bedeuten sie eine enorme Belastung
er Bürger und Bürgerinnen. Letztendlich haben Sie den
eg zu einer wesentlich höheren Mehrwertsteuer einge-
chlagen. Die Lösung kann aber nicht darin bestehen,
eformkonzepte vorzulegen, die mit Steuererhöhungen
inanziert werden sollen.
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510508500

Das Wort hat der Kollege Dr. Heinrich Kolb, FDP-

raktion.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1510508600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ei der Vorbereitung auf diese Debatte sind mir spontan
inige Gedanken in den Sinn gekommen. Wenn man das
hema einer Aktuellen Stunde erfährt, dann fragt man
ich zunächst, ob sie sachlich begründet ist oder ob sie
inen politisch-taktischen Hintergrund hat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Was die heutige Aktuelle Stunde angeht, erscheint
ir Ihre Absicht ziemlich durchsichtig. Ich glaube, Sie
erfolgen damit vor allem den Zweck, die von der FDP
eantragte Stunde zur Haltung der Bundesregierung zur
llgemeinen Wehrpflicht und zu Plänen für ein soziales
flichtjahr auf morgen Nachmittag an den Rand der Ta-
esordnung zu verdrängen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Detlef Parr [FDP]: Drückeberger!)


Dafür gibt es gute Gründe. Die Grünen, die nicht
üde werden, öffentlich die Abschaffung der Wehr-
flicht zu fordern, müssen eingestehen, dass sie in dieser
rage zahnlose Tiger sind. Bei der SPD würden die offe-
en Konfliktlinien hinsichtlich des sozialen Pflichtjahres






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

deutlich, die zwischen Struck, Schily und Zypries auf
der einen Seite und Renate Schmidt und Teilen der Frak-
tion auf der anderen Seite bestehen. Sie haben insofern
eine berechtigte Scheu davor, dass die Aktuelle Stunde
zu diesem Thema an prominenter Stelle auf der Tages-
ordnung erscheint. Deswegen glaube ich, dass die heu-
tige Aktuelle Stunde vor allen Dingen taktisch begründet
ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Kirschner [SPD]: Da täuschen Sie sich!)


Aber auch wenn man Ihr Motiv kennt, liebe Kollegin-
nen und Kollegen von Rot-Grün, so staunt man und fragt
sich, ob Ihnen nichts Besseres eingefallen ist als dieses
mühsam konstruierte Thema. Gibt es keine anderen ak-
tuellen Probleme, über die wir gemeinsam diskutieren
müssten?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Interessiert Sie gar nicht, ob die Leute mit 100 Milliarden Euro belastet werden? – Waltraud Lehn [SPD]: Pfui Teufel! Wie können Sie 100 Milliarden als Kleinigkeit bezeichnen?)


Ich schlage Ihnen einige Themen für eine Aktuelle
Stunde vor: Was macht die Koalition falsch, dass sich
die rot-grünen Wachstumsprognosen nie erfüllen? Das
ist ein interessantes Thema.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Was macht sie falsch, dass im vierten Jahr in Folge die
Maastricht-Kriterien verfehlt werden?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Diese interessanten Themen wollen Sie nicht erörtern.


(Waltraud Lehn [SPD]: Das ist ja harmlos gegenüber dem, was Sie vorhaben!)


– Die Fähigkeit zur Selbsterkenntnis ist Ihnen leider
nicht gegeben, Frau Kollegin Lehn. – Stattdessen soll
über die Reformen und die damit verbundenen Kosten
diskutiert werden.

Bevor wir über die möglichen Kosten reden, die mit
der Durchführung von Reformvorschlägen der Opposi-
tion verbunden wären, ist zu diskutieren, welche Kosten
sich bereits daraus ergeben haben bzw. noch ergeben
werden, dass die Reformen durch die rot-grüne Koali-
tion nicht oder nur halbherzig durchgeführt werden.


(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie uns die Wachstumsraten in den Jahren

2001 bis 2003 betrachten. Sie hatten ein Wachstum von
2,75 Prozent in 2001, von 2,25 Prozent in 2002 und
2 Prozent in 2003 prognostiziert.


(Joachim Poß [SPD]: Nicht wir, sondern die Wirtschaftsinstitute und der Sachverständigenrat haben das prognostiziert!)


Das tatsächliche Wachstum betrug 0,6 Prozent, 0,2 Pro-
zent und minus 0,1 Prozent. Da ein Wachstum von
1 Prozent ein Mehr von rund 5 Milliarden Euro an Steu-

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(C (D reinnahmen und 1,5 Milliarden Euro an Sozialabgaben edeutet, läuft dies auf ein Minus von 31,5 Milliaren Euro in den Steuerund Sozialkassen innerhalb von ur drei Jahren hinaus. Dass diese Rechnung stimmt, ird auch an dem Rekorddefizit von fast 40 Milliaren Euro deutlich, das Sie dieses Jahr im Haushalt erzien werden, obwohl Sie doch mittlerweile längst den eg zur Haushaltskonsolidierung bzw. zu einem ausgelichenen Haushalt einschlagen wollten. (Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Schön wär’s, wenn es nur 40 Milliarden Euro wären!)


Das sind die Istkosten Ihrer Politik, in denen Ihr tat-
ächliches Versagen zum Ausdruck kommt. Das müssen
ie sich vorhalten lassen.


(Beifall bei der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Blanker Unsinn!)


er Vollständigkeit halber sei gesagt, dass sich die Situ-
tion in 2004 leider nicht verbessern wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun zu Herrn Seehofer: Er beziffert die Kosten auf
00 Milliarden Euro. Ich unterstelle einmal, dass dieser
ngabe eine richtige Schätzung der Zahlen zugrunde
egt. Es sind in jedem Fall Bruttozahlen, denen Eigenfi-
anzierungseffekte aus induziertem Wachstum gegenü-
erstehen könnten.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Ihre Skepsis ist durchaus berechtigt. Es kommt aller-
ings sehr darauf an, wie man dabei vorgeht.
Es steht leider zu befürchten, dass die von der CDU

orgeschlagene halbherzige Steuerreform mit einer Net-
entlastung von 10 Milliarden Euro ähnlich verpuffen
ird wie die Stufen der rot-grünen Steuerreform. Wir
einen dagegen, dass eine umfassende Steuerreform,
ie durch einen konsequenten Abbau von Subventionen
egenfinanziert wird, echte Wachstumseffekte zeitigen
ird. Die FDP hat als einzige Fraktion einen Vorschlag
ür eine solche Steuerreform in den Deutschen Bundes-
g eingebracht.
Noch ein paar Anmerkungen zum Thema Gesund-

eitssystem – das ist mit 45 Milliarden Euro der größte
rocken –: Ich glaube, jedem ist mittlerweile klar, dass
in Kurieren an den Symptomen nicht mehr ausreicht.
m Zusammenhang mit dem GMG ist das ganz offen-
ichtlich geworden. Ich bin überzeugt, dass das Unions-
onzept einer Kopfprämie ebenso in die Irre führt wie
er rot-grüne Vorschlag einer Bürgerversicherung. Eine
ürgerversicherung ist eine „Zwangs-AOK“, die fri-
ches Geld in ein marodes System bringen soll. Bei der
opfprämie


(Klaus Kirschner [SPD]: Das ist Einheitsversicherung! Dann können Sie gleich eine Einheitskasse schaffen!)


andelt es sich immerhin um einen Ansatz, der geeignet
t, die fatale Wirkung der Lohnkostenbindung bei der
inanzierung der sozialen Sicherung aufzuheben, aller-






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

dings um den Preis einer Einheitsversorgung mit hohem
Transferbedarf für den sozialen Ausgleich. Auch die De-
mographiefestigkeit ist hier nur unzureichend gegeben.
Zudem werden der Wettbewerb und die Wahlmöglich-
keiten eingeschränkt.

Wettbewerb und Wahlmöglichkeiten sind aber zen-
trale Gestaltungselemente eines zukunftsfähigen Ge-
sundheitswesens. Deswegen schlagen wir, die FDP, für
das Gesundheitswesen eine Pflicht zur Versicherung der
Basisversorgung mit der Möglichkeit vor, den darüber
hinausgehenden Versicherungsschutz frei nach eigenen
Bedürfnissen zu gestalten. Der Versicherte soll seinen
Versicherer, den Umfang des Versicherungsschutzes und
die Leistungserbringer frei wählen können. Das führt zu
mehr Wettbewerb auf allen Ebenen und zu einer Verbes-
serung der Effizienz, steigert die Versorgungsqualität
und reduziert den Zuschussbedarf deutlich.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich bin leider am Ende meiner Redezeit. Nur noch so
viel: Die Kollegin Lehn hat gesagt, es reiche nicht aus,
neu zu denken. Noch weniger reicht allerdings aus, nicht
neu zu denken. Das ist das, was wir Ihnen vorwerfen
müssen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Waltraud Lehn [SPD]: Wenn hier einer in den letzten 20 Jahren neu gedacht hat, dann wir!)


Ich fordere Sie auf: Treten wir in einen Wettbewerb der
Konzepte ein! Die FDP hat zu allen Zweigen der sozia-
len Sicherung gute Vorschläge gemacht, über die es sich
nachzudenken lohnt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510508700

Das Wort hat der Kollege Klaus Kirschner, SPD-

Fraktion.


Klaus Kirschner (SPD):
Rede ID: ID1510508800

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Zuerst ist dem Kollegen Horst Seehofer zu danken, dass
er den – hoffentlich von Erfolg gekrönten – Versuch un-
ternimmt, seinen Fraktionskolleginnen und -kollegen der
CDU das Einmaleins der Grundrechenarten – ein mal
eins ist eins und nicht zwei – beizubringen. Lieber Herr
Kollege Kolb, Luftbuchungen sind nun einmal nicht un-
wichtig, wie Sie glauben. Das, was der Kollege Seehofer
zu Recht angeprangert hat, sind nämlich Luftbuchungen.
Herr Seehofer kommt zu dem Ergebnis, dass sich aus den
CDU-Vorschlägen für einen Kopfprämienausgleich im
Gesundheitswesen – darauf ist schon hingewiesen wor-
den –, eine Verbesserung der Kindererziehungszeiten
und der Mindestrente, eine Kindergelderhöhung sowie
eine Steuerreform ein nicht gedeckter Scheck in Höhe
von mehr als 102 Milliarden Euro pro Jahr ergibt. Ver-
ehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie ver-
sprechen den Bürgerinnen und Bürgern das Blaue vom

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(C (D immel, als ob von dort die Milliarden nur so herunteregneten. Dass so viele Nullen auf keinen Bierdeckel passen, rschwert offensichtlich der CDU und insbesondere dem ollegen Merz die Berechnung und den Durchblick. Beonders augenfällig werden Ihre Luftbuchungen bei der om CDU-Parteitag in Leipzig beschlossenen Kopfpauchale für die gesetzlich Krankenversicherten. Unabhänig von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Einzelen – an diesem Beispiel wird das deutlich – sollen alle esetzlich Krankenversicherten gleich hohe Kopfpräien zahlen. Nach Ihrer Ideologie wollen Sie, dass die utzfrau im Krankenhaus genauso viel wie der Chefarzt n Kopfprämie zahlt. Sie haben vielleicht insoweit Recht, dass der Chefarzt ar kein Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung st. Dann hat er sich natürlich außerhalb des gesetzlichen rankenversicherungssystems gestellt. Im Prinzip bedeutet das, was Sie wollen, dass Gering erdienende und Familien mit Kindern stärker belastet nd dass Besserverdienende entlastet werden. Dies ist mverteilung von unten nach oben, nichts anderes. Das ird auch dadurch nicht besser, dass der Erfinder dieser deologie, der ehemalige Bundespräsident und frühere räsident des Bundesverfassungsgerichts, Professor erzog, der im Übrigen vermutlich als Beihilfeberechigter und Privatversicherter ein besonders schillerndes eispiel dafür ist das muss auch einmal gesagt werden –, dass diejenien, die anderen ständig Wasser predigen, selbst Wein rinken, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


ür den Ausgleich 41 Milliarden Euro aus Steuermitteln
obilisieren will. Gleichzeitig versprechen Sie den Bür-
erinnen und Bürgern Steuersenkungen. Sie werden
chon dadurch wortbrüchig, dass Sie den bisherigen Ar-
eitgeberbeitrag dem Lohn zuschlagen und damit die
teuer erhöhen. Über den weiteren Steuerbedarf, den Sie
ur Finanzierung Ihrer unsozialen Umverteilung benöti-
en, schweigen Sie sich geflissentlich aus.
Ich frage Sie: Wollen Sie allen Ernstes die Finanzie-

ung des Gesundheitswesens in die jährlichen Auseinan-
ersetzungen um die Verteilung des Bundeshaushalts
ineinziehen? Das Gesundheitswesen steht dann in
aushaltskonkurrenz beispielsweise zu Bildung, For-
chung, Straßenbau oder Bundeswehr. Man braucht
eine prophetische Gabe, um vorauszusagen, dass die
inanzierung der notwendigen Gesundheitsausgaben
on Jahr zu Jahr unsicherer werden wird.
Auch deshalb ist Horst Seehofer voll zuzustimmen,

er in einem Beitrag für die Zeitschrift „die Ersatzkasse“
sie alle können das nachlesen – das Kopfprämienmo-
ell als gesundheitspolitischen Irrweg bezeichnet hat. Er
ommt dort zu dem Fazit:






(A) )



(B) )


Klaus Kirschner

Es ist absurd, die Probleme des demographischen
Wandels dadurch lösen zu wollen, dass gerade die
Familien durch die Umstellung des Finanzierungs-
modells der GKV besonders belastet werden. Die-
ser falsche Ansatz stünde einer adäquaten Lösung
diametral entgegen.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sie lösen das Problem vorsichtshalber einmal gar nicht!)


– Lieber Herr Kollege, das sagt der Kollege Seehofer.
Wo er Recht hat, hat er Recht. Sie haben eben Unrecht,
weil Sie von den Dingen keine Ahnung haben.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Nach dieser Methode bringen wir Deutschland rasant in den Abgrund!)


Man muss bedenken, dass insbesondere Familien und
Geringverdienende durch den Steuerausgleich zu Bitt-
stellern staatlicher Almosen werden, deren Höhe von der
jeweiligen Haushaltslage abhängig ist. Sie halten es of-
fenbar für eine moderne Gesundheitspolitik, dass ein
Drittel der Menschen zu Bittstellern des Staates wird.
Das ist Ihre Art der Modernisierung.


(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen sollten Sie sich an der Schweiz ein Beispiel
nehmen. Da können Sie sich einmal anschauen, wie mo-
dern eine Gesundheitspolitik ist, die ein Drittel der Be-
völkerung zu Bittstellern des Staates macht!

Die Lösung komplexer Probleme passt nun einmal
nicht auf einen Bierdeckel. Alle Vorschläge Ihrerseits
zeigen eines: Sie haben von der alten Machterhaltungs-
partei kohlscher Prägung hin zu einer an Problemlösun-
gen orientierten Inhaltspartei noch einen weiten Weg zu-
rückzulegen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Hin zu einer Gewerkschaftspartei!)


Ich rate Ihnen eines – das gilt auch für Sie, Herr Kauder –:
Hören Sie auf den Kollegen Horst Seehofer!


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr gut!)

Stampfen Sie Ihr Kopfprämienmodell ein, auch wenn es
durch das dann wirksam werdende EU-Wettbewerbs-
recht einen einzigen interessanten Aspekt besitzt, näm-
lich die Abschaffung der Monopole und Anbieterkartelle
Kassenärztlicher bzw. Kassenzahnärztlicher Vereinigun-
gen und der bisherigen Krankenhausbedarfsplanung!

Trotzdem: Die Kopfprämie ist – um es mit Horst See-
hofers Worten zu sagen – ein gesundheitspolitischer Irr-
weg, da sie das Solidarprinzip umkehrt. Sie können aber
an diesem Modell festhalten und damit unsere
Wahlchancen weiter erhöhen.


(Lachen bei der CDU/CSU)

– Ja, sicher. – Ich rate Ihnen eines: Sie sollten einmal auf
Ihren früheren Generalsekretär Heiner Geißler hören. Er
sagte zu Ihrem Kopfprämienmodell Folgendes, und zwar
an Sie selbst gerichtet: „Wer so stiehlt, den wählt man
nicht.“

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Schaun wir mal!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510508900

Nächster Redner ist der Kollege Georg Fahrenschon,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1510509000

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Wie weit muss man eigentlich auf den Hund ge-
ommen sein, dass man sich nicht mehr anders zu helfen
eiß, als eine Aktuelle Stunde so zu verdrehen? Ihnen
eht es nicht um die Themen, die diesem Land wirklich
m Herzen liegen. Herr Kollege Kolb hat bereits auf die
inkelzüge der Geschäftsordnung hingewiesen. Allein
as lässt tief blicken.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Die Leute wollen wissen, wo Sie Ihre Konflikte haben! – Peter Dreßen [SPD]: Das brennt den Menschen schon auf den Nägeln! Das wissen Sie!)


Liebe Frau Kollegin Scheel, es ist schon ein besonde-
es Beispiel von Chuzpe oder Scheinheiligkeit, dass Sie
ier „So eine Gemeinheit; wir müssen uns dringend über
ie CDU/CSU unterhalten“ gesagt haben, während
leichzeitig in großen Lettern „Meuterei gegen Ausbil-
ungsabgabe“ zu lesen ist. In dem entsprechenden Artikel
t davon die Rede, dass Rot-Grün tief zerstritten ist und
ass bis zu 20 Abgeordnete der Grünen die SPD-Pläne ab-
ehnen. Erklären Sie uns doch einmal hier, im Parlament,
as bei Ihnen los ist!


(Beifall bei der CDU/CSU)

Eine große westdeutsche Tageszeitung hat es auf den

unkt gebracht:
Dem Bundesfinanzminister fliegt wieder einmal der
Haushalt um die Ohren. Der Aufschwung findet
zwar statt, leider aber anderswo. Deutschland ver-
liert immer mehr Arbeitsplätze und die Stimmung
im Volk ist mies wie nie.

er „Spiegel“ spricht vom „Alles-paletti-Kanzler“ und
ndere Zeitungen bezeichnen den Bundeskanzler
chröder mittlerweile als „Schönwetteronkel“. Vom gro-
en Reformator ist nichts mehr übrig geblieben und
eine Mehrheit, die Koalitionsfraktionen, setzt hier eine
ktuelle Stunde an, um sich über die Probleme und die
nhaltlichen Auseinandersetzungen zwischen CDU und
SU zu unterhalten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!)

itleiderregend ist das Bild, das Sie abgeben!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ziemlich arrogant für so einen jungen Burschen wie Sie!)







(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon

Ich habe noch ein anderes Beispiel. Es gibt das

schöne Bild: Wer mit dem Finger auf andere zeigt, zeigt
mit drei Fingern seiner Hand auf sich selbst. – Das soll-
ten Sie nicht vergessen. Das ist genau Ihr Problem.


(Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Unterstützen Sie doch einmal Ihren Kollegen Seehofer! Der ist auch von der CSU! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Warum machen Sie innerhalb der Union eigentlich Herrn Seehofer so nieder? – Waltraud Lehn [SPD]: Haben Sie schon einmal mit Seehofer gesprochen? Nur mal eine Frage!)


Ich kann Ihnen auch sagen, warum wir uns über die
Zukunft der sozialen Sicherungssysteme unterhalten:
weil es natürlich eine der spannendsten Angelegenheiten
des Standorts Deutschlands ist, sich einmal mit dem Pa-
radoxon, mit dem Dilemma des deutschen Gesundheits-
systems auseinander zu setzen. Eigentlich würde die
demographische Entwicklung zu einer steigenden Nach-
frage nach Gesundheitsgütern führen. Es handelt sich
dabei eigentlich um einen Wachstumssektor in Deutsch-
land. Wir waren einmal die Apotheke der Welt. Wir ha-
ben einmal Industrieunternehmen gehabt, die medizini-
schen Fortschritt entwickelt und geprägt haben. Unter
Ihrer Regierung sind wir dazu gekommen, dass wir nur
noch kopieren.


(Klaus Kirschner [SPD]: Das ist doch eine Luftnummer! – Peter Dreßen [SPD]: Klären Sie darüber auf, wie Sie die 100 Milliarden finanzieren!)


Wir haben keine Möglichkeiten mehr. Ihr einziges Pro-
blem ist, dass Sie mit den aktuellen Mitteln der Gesund-
heitspolitik nur noch Kostendämpfung betreiben. Sie
machen genau das Gegenteil von Wachstumsanschub.


(Klaus Kirschner [SPD]: Die CDU/CSU war doch beim letzten Gesetz dabei! Oder wissen Sie das nicht mehr? – Gegenruf des Abg. Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Ihr braucht bei allem fünf Jahre länger!)


Sie versuchen alles, um die Kostensteigerungen irgend-
wie aufzuhalten bzw. die Kosten zu senken.

Dann kommen Sie auch noch mit einem Ladenhüter.
Der Begriff der Kopfpauschale kommt doch nicht von
der CDU oder der CSU. Es ist Ihr Berater, der Regie-
rungsberater Rürup, der in Ihrem Auftrag diese Dinge
entwickelt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP] – Waltraud Lehn [SPD]: Wir haben Leute, die unabhängig sind!)


Im Gegensatz dazu sagen Sie dann: Die Bürgerversiche-
rung löst das Problem. – Sie haben bis heute nicht ver-
standen, dass durch neue Beitragszahler, die Sie durch
die Bürgerversicherung bekommen würden, sofort ent-
sprechende Ansprüche induziert würden. Wenn wir uns
die Krankenkassen anschauen, dann stellen wir fest: Es
gibt Schwierigkeiten; es müssen Verwaltungsreformen
durchgeführt werden. – Sie haben bis heute niemandem

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(C (D rklären können, wieso Ihr Konzept dagegen lautet: Wir achen eine Einheitskasse. (Klaus Kirschner [SPD]: Mit der Kopfprämie gibt es doch die Einheitskasse! Dann können Sie doch mit der Kopfprämie gleich die Einheitskasse machen!)


ie haben bis heute noch nicht eingestanden, dass mit
er Bürgerversicherung die Schwankungen, die wir mo-
entan im System der gesetzlichen Krankenversiche-
ung haben und mit denen wir uns herumschlagen müs-
en, letztlich institutionalisiert würden.
Ich sage klipp und klar: Der Weg, den Sie gehen wol-

en, führt zwar zu mehr Mitteln – das ist unbestritten –,
ber die wesentlichen Strukturprobleme, die wir im Be-
eich des Gesundheitswesens haben, werden nicht ge-
öst.


(Klaus Kirschner [SPD]: Das haben Sie doch in den Verhandlungen verhindert!)


a vergeben Sie sich eine Chance für die Zukunft.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was haben Sie denn mit der Gesundheitsreform gemacht? Sie waren doch die Bremser!)


Im Gegensatz zu Rot-Grün sind wir von der CDU/
SU uns sehr wohl darüber im Klaren, welche Probleme
s im Lande gibt. Sie waren im Übrigen noch nie so groß
ie nach fünf Jahren schröderscher Willkürpolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Weil wir wissen, dass die Probleme nur in verantwort-

icher Teamarbeit gelöst werden können, werden wir das
enauso machen. Wir vergeuden unsere Zeit auch nicht
it überflüssigen Debatten zu den innerparteilichen Dis-
ussionen der anderen Seite. Wir werden uns allein
chon deshalb einigen und ein konkretes Konzept vorle-
en, weil uns eines klar ist: Ihre Zeit ist abgelaufen –
um Glück für Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Lächerlich!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510509100

Das Wort hat die Kollegin Anja Hajduk, Bündnis 90/
ie Grünen.


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510509200

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

ch verstehe gar nicht, warum Sie am Thema der Aktuel-
en Stunde herumkritteln. Es ist gut gewählt oder min-
estens wichtig.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Eines von beiden!)


s geht in der Demokratie doch darum, die alternativen
onzepte öffentlich zu vertreten. Wenn wir jetzt einmal
hre Konzepte unter die Lupe nehmen, dann ist das, wie
ch finde, kein Grund zu sagen: Fällt Ihnen nichts Besse-
es ein? – Wir sollten über die Alternativen reden.






(A) )



(B) )


Anja Hajduk


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das ist rich tig! Aber nicht bei Interviews!)

Das machen wir heute zum Teil. Da braucht sich nie-
mand aufzuregen. Das gehört dazu. Das ist gegenüber
der Öffentlichkeit nur richtig.

Lassen Sie uns also einmal über einige Sachen reden,
auch wenn das in der Aktuellen Stunde nur begrenzt
möglich ist. – Die Frage aufzuwerfen, wie finanzierbar
die Reformkonzepte sind, ist notwendig. Sie, Herr
Dr. Kolb, haben auf Maastricht hingewiesen. Da muss
man doch auch schauen, ob Reformkonzepte Finanzlü-
cken reißen oder inwieweit sie eine Dynamik entfachen,
die dafür sorgt, dass sie sich selbst finanzieren. Auch
darüber können wir streiten.

Es ist aber schon interessant, zu sehen, dass das Steu-
erreformkonzept der Union in einem ersten Schritt eine
Nettoentlastung von 10 Milliarden und dann bis zu 30 bis
40 Milliarden verspricht und parallel dazu in einem Vor-
schlag zur Gesundheitsreform der soziale Ausgleich
durch Steuern finanziert werden soll. Sie müssen doch
verstehen, dass sich die Leute Sorgen machen. Wenn Sie
nämlich auf der Steuerseite ein solches Loch reißen,
kann ja für den sozialen Ausgleich nicht mehr viel übrig
bleiben. Das hat Herr Seehofer angesprochen. Danach
hat er gefragt. Sie haben aber keine Antwort darauf ge-
liefert. Das ist ein Problem.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie sollten nicht so polemisch darüber hinweggehen,
sondern sich bewusst machen, dass es sich hierbei um
eine wahlentscheidende Auseinandersetzung handelt.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Eben! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)


Sie müssen nämlich sagen, ob Sie einen sozialen Aus-
gleich auch finanzieren können. Sie können ja nicht auf
der einen Seite etwas abstrakt durch Steuern finanzieren
wollen, auf der anderen Seite aber über steuerliche Net-
toentlastungen in einem hohen zweistelligen Bereich re-
den.

Ich fordere Sie auf, erst einmal ehrlich und hand-
lungsleitend über eine Vereinfachung des Steuersystems
und mehr Transparenz zu reden. Das werden wir jeden-
falls tun. Wenn wir uns in diesen Punkten einig sind,
können wir darüber sprechen, ob es überhaupt Raum für
Nettoentlastungen gibt. Wir müssen zunächst beim Sub-
ventionsabbau vorankommen. Wir sind da bescheidener
und versprechen nicht so viel Nettoentlastung. Ich finde,
dass Ihre Aussagen insbesondere mit Blick auf Ihre Ge-
sundheitsreform sehr widersprüchlich sind.

Lassen Sie uns des Weiteren noch einen Punkt in Ih-
rem Konzept zur Gesundheitsreform näher betrachten.
Es ist hier gerade zu Recht gesagt worden, dass das Sys-
tem der pauschalen Kopfprämien keine Erfindung der
Herzog-Kommission ist, sondern – das ist richtig – von
Herrn Rürup als Alternative zum Lauterbach-Modell
vorgeschlagen worden ist. Der Hauptkritikpunkt, der
mich umtreibt, ist die Absicherung und die Art und

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(C (D eise des sozialen Ausgleichs; ich hatte ja eben schon uf die Finanzierungslücke hingewiesen. Darüber hinaus stellt ein weiterer Punkt erst recht ine Schwäche in Ihrem Konzept dar. Hier ist gerade von errn Fahrenschon die Mär erzählt worden, Rot-Grün trebe eine Einheitskasse an. Das ist kompletter Unsinn. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ir wollen definieren, was gesetzlich krankenzuversi-
hern ist. Darum geht es uns. Wir wollen aber dann ei-
en Wettbewerb zwischen gesetzlichen und privaten
rankenkassen. Sie dagegen beziehen 10 Prozent der
evölkerung nicht in die Solidargemeinschaft ein, in-
em Sie sie im privaten System belassen und lassen die
estlichen 90 Prozent der Bevölkerung den Solidaraus-
leich bezahlen. Die Überwindung dieser ungerechten
rennung von privat und gesetzlich versichert haben Sie
n Ihrem Herzog-Reformmodell noch nicht vollzogen.
uch in dieser Frage wird es zu einer wahlentscheiden-
en Auseinandersetzung zwischen uns kommen. Sie ver-
alten sich an dieser Stelle wettbewerbsfeindlich, indem
ie eine ganz bestimmte Klientel schonen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Günter Krings [CDU/ CSU]: Sie wollen Wettbewerb zwischen Staat und Wirtschaft!)


Zum Abschluss möchte ich Folgendes sagen: Der
ollege Krings hat hier ja sehr vollmundig davon ge-
prochen – ich habe dabei alle Diskussionen des heuti-
en Tages im Auge –, was alles nötig ist, um die Zukunft
nseres Landes zu meistern. Stichworte waren: Genera-
ionengerechtigkeit, Vermeidung von Vollkaskomentali-
ät. Der Kollege Merz ruft hier – das ist wohl nicht zu
ritisieren – dazu auf, mehr Mut zu haben und der Be-
ölkerung auch ehrlich zu sagen, was die Reformen kos-
en und welche Zumutungen mit ihnen verbunden sind.
n Bezug auf diesen Punkt haben Sie – das muss ich ein-
al ganz deutlich sagen – heute Morgen bei den Diskus-
ionen in diesem Hause komplett versagt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


er Herr Storm, der wirklich ein guter Rentenexperte ist,
at nämlich als Begründung der ablehnenden Haltung
egenüber unserem Konzept in seinem Redebeitrag ge-
chimpft, dass wir die Rentner belasten. Ja, wie verhält
s sich denn jetzt mit dem Mut zur Offenheit? Wie wol-
en Sie denn die nachgelagerte Besteuerung als faires
nd generationengerechtes Projekt, bei dem die heute
ktiven entlastet werden sollen, damit sie Vorsorge be-
reiben können, seriös darstellen? Sie schlagen sich jetzt
chon in die Büsche, um 2005, wenn die Steuerbe-
cheide kommen, dann wohl sagen zu können, Sie hätten
ichts damit zu tun, dass jetzt die Rentner – im Übrigen
ie, denen es besser geht – auch steuerlich ihren Beitrag
eisten müssen. Sie haben offensichtlich nicht den Mut,
er Bevölkerung zu sagen, dass sie an gewissen Stellen
uch belastet wird. Da haben Sie heute Morgen komplett
ersagt.






(A) )



(B) )


Anja Hajduk

Lieber Herr Krings, kämpfen Sie einmal in Ihren

eigenen Reihen für diesen Mut. Dann können Sie sich
wieder hier vorne hinstellen; sonst lassen Sie das bitte
bleiben.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510509300

Das Wort hat der Kollege Hans-Ulrich Krüger, SPD-

Fraktion.

Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD):
Rede ID: ID1510509400

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Nach Art. 20 unseres Grundgesetzes ist die
Bundesrepublik Deutschland ein demokratischer und so-
zialer Bundesstaat. Ungeachtet aller parteipolitischen
Unterschiede haben viele maßgebliche Kräfte aus die-
sem Hause hieraus das Gebot einer sozialen Politik ab-
geleitet und den modernen Sozialstaat überhaupt erst er-
möglicht.

Von diesem Gebot des Grundgesetzes haben sich of-
fenbar Teile der CDU in verantwortungsloser


(Lachen des Abg. Dr. Günter Krings [CDU/ CSU])


und gleichzeitig uns alle beschämender Art und Weise
verabschiedet.


(Beifall bei der SPD)

Laut Friedrich Merz – immerhin dem Finanzexperten der
Bundestagsfraktion der CDU/CSU – ist nämlich Umver-
teilung nichts anderes als der Versuch, Leistung ohne
Gegenleistung zu bekommen, und bekommt derjenige
am meisten Zustimmung, der am lautstärksten nach Um-
verteilung ruft und Faulheit belohnen will. Ich frage Sie,
meine Damen und Herren von der CDU, wie Sie mit die-
ser Arroganz, mit dieser Verachtung für sozial benach-
teiligte Menschen fertig werden können. Sind Sie etwa
alle so abgehoben, dass Sie nicht mehr wissen, wie sich
eine Sozialrentnerin fühlt, die Wohngeld beantragen
muss, um ihre Miete bezahlen zu können, wie sich die
allein erziehende Mutter fühlt, wenn eines ihrer Kinder
auf Klassenfahrt gehen will und dafür das Geld nicht
reicht?

Die Aussagen des Herrn Merz beschimpfen Men-
schen, die zum größten Teil unschuldig in soziale Not
geraten sind und die eben nicht die Chance gehabt ha-
ben, am Wohlstand zu partizipieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Diesen Menschen zu helfen ist für uns Sozialdemokraten
Ausdruck unseres Sozialstaatsverständnisses und keine
Belohnung von Faulheit.


(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie dies nicht so sehen, wenn Sie diese Grundfes-
ten des Sozialstaates infrage stellen wollen, dann sagen
Sie es, aber bitte nicht nur uns, sondern auch den Men-
schen draußen im Lande.

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(C (D Unser Steuersystem ist nach dem Motto „Starke chultern tragen mehr als schwache“ aufgebaut. Das ist uch gut und richtig so. Es ist Ausdruck sozialer Gerechigkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


enn daher ein progressiver Einkommensteuertarif da-
ür sorgt, dass der Stärkere deutlich mehr zahlt als der
chwache, und zwar über 36 Prozent hinaus, so ist das
erecht, sowohl bei der Steuer als auch beim Kranken-
ersicherungsbeitrag gemäß Einkommen und nicht etwa
emäß einer Kopfpauschale, bei der Geringverdiener
nd gut Verdienende gleich viel zu zahlen haben.
Wenn es eine Ungerechtigkeit in diesem Zusammen-

ang überhaupt gab, dann die, dass Einkommensmillio-
äre ihre Steuerschuld in der Vergangenheit in unverant-
ortlicher Art und Weise auf null reduzieren konnten.


(Beifall bei der SPD)

ies haben wir abgestellt. Gerechtigkeit bedeutet aber
uch, den Menschen kein X für ein U vorzumachen und
ie ehrlich darüber aufzuklären, was man will. Um es mit
en Worten des schon mehrfach erwähnten Horst
eehofer zu sagen: Es reicht nicht aus, neu zu denken,
an muss auch sagen, ob das Neue finanzierbar ist.
Man muss daher auch darstellen: Woher kommen die

0 Milliarden Euro für die Kopfpauschale im Gesund-
eitswesen? Woher kommen die 22 Milliarden Euro für
ie veränderten Kindererziehungszeiten bei der Renten-
erechnung? Woher kommen die heute schon mehrfach
ngesprochenen 10 Milliarden Euro für die Steuerre-
orm? Woher kommen die 12 Milliarden Euro für die ge-
lante Mindestrente? Woher kommen die 18,6 Milliar-
en Euro für die Kindergelderhöhung? Wer hier derart
eichtfertig mit mehr als 100 Milliarden Euro umgeht
nd gleichzeitig sagt – wie von der FDP soeben
usgeführt –, die Debatte betreffe Peanuts, der hat die
eichen der Zeit nicht erkannt; er handelt zynisch und
altschnäuzig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie hätten zuhören sollen!)


Wir jedenfalls, die SPD, und offenbar auch die CSU
aben bislang noch nicht gehört, woher die CDU diese
ehr als 100 Milliarden Euro konkret nehmen will. Da-
er nennen wir das, was hier veranstaltet wird, unseriös
nd unsozial. Hören Sie bitte durchaus auf Ihren Kolle-
en Seehofer, der dies bemerkt und angeprangert hat.
it sozialer Gerechtigkeit hat es nämlich überhaupt
ichts zu tun, wenn steuerpolitische Wolkenkuckucks-
eime, wie wir das heute Morgen gehört haben, in die
elt gesetzt werden, ohne dass man sagen kann, welcher
ürger, welche Bürgerin die Zeche hierfür bezahlen
uss.
Wer den Menschen weismachen will, ein einfaches

teuerrecht sei gleichzeitig ein gerechtes, der muss sich
uch über die Konsequenzen im Klaren sein, nämlich
arüber, dass die Abschaffung steuerpolitischer Not-
endigkeiten der vergangenen Jahre nur dazu führen






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Ulrich Krüger

würde, dass der Starke entlastet und der Schwache be-
lastet wird.

Mit der SPD wird es daher keine Diskussion über eine
weitere Absenkung des Spitzensteuersatzes und keine
Diskussion über eine Schwächung des Staates geben.
Wer glaubt, hier noch Spielraum zu haben, der irrt und
der muss klar und deutlich sagen, dass er einen schwa-
chen Staat haben will, bei dem sich nur Reiche, privat
Versicherte und Vermögende die notwendigen Leistun-
gen bei Krankheit oder im Alter einkaufen können.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510509500

Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.


Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD):
Rede ID: ID1510509600

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.
Einerseits unfinanzierbare Vorschläge zu unterbreiten

und andererseits von einer Neiddebatte zu reden, das
passt nicht nur nicht zusammen, das ist auch zynisch und
hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun. Kehren Sie, meine
Damen und Herren von der CDU, daher zurück zu der
Erkenntnis, dass es das Gebot sozialer Gerechtigkeit ist,
das diese Republik zusammenhält.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510509700

Das Wort hat die Kollegin Marlene Rupprecht, SPD-

Fraktion.


Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1510509800

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Herr

Kolb, Sie haben vorhin gesagt, Sie erwarten von uns,
dass wir nachdenken. Es stimmt: Wir werden für das
Nachdenken und nicht bloß für die Anwesenheit bezahlt.
Ich hoffe daher, dass sich alle – sowohl auf der Koali-
tionsseite als auch auf der Oppositionsseite – Gedanken
machen.

Es ist eine grundsätzliche Aufgabe der Politik – also
auch der Opposition –, Konzepte für die Gestaltung die-
ses Landes zu entwickeln.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir versuchen, Ihnen zu helfen, wo es geht! Aber Sie nehmen keinen Rat an!)


Es ist völlig legitim, dass man bei der Entwicklung von
Konzepten seiner Fantasie freien Lauf lässt und sich
nicht von vornherein nur auf das Machbare beschränkt.
Man kann sich völlig neue Welten denken. Auch das ist
legitim. Aber man muss in der Politik unterscheiden
zwischen dem, was wünschenswert ist, und dem, was in
die Realität umgesetzt werden kann. Ich wünsche mir
manchmal auch das Traumhaus am Meer und gleichzei-
tig im Gebirge, ein Haus mit Autobahnanschluss, aber
doch völlig ruhig gelegen. Diese Fantasien hat jeder.
Aber er behält sie für sich und äußert sie nicht.

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(C (D Sie müssten uns eigentlich dankbar sein, dass wir Ihen heute eine solche Steilvorlage geben, Ihre Konzepte arzustellen. Das ist doch nichts Negatives. Wenn Sie on Ihrer Konzeption überzeugt sind, dann müssten Sie s doch eigentlich begrüßen, dass Ihnen die Regierungsoalition die Möglichkeit gibt, Ihre Konzepte darzustelen. (Beifall des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD] – Dr. Uwe Küster [SPD]: Zeigen!)


Da Ihre Fantasien nichts mit der Realität zu tun ha-
en, betreiben Sie eine schlechte Politik. Sie widerspre-
hen sich gegenseitig. Sie sagen an einem Tag A und am
nderen Tag B. Sie haben keine Konzeption für die Fa-
ilienpolitik und auch keine Konzeption für die Sozial-
nd Gesellschaftspolitik. Als Familienpolitikerin muss
ch Ihnen sagen, dass Sie noch dem 19. Jahrhundert ver-
aftet sind, obwohl wir bereits im 21. Jahrhundert ange-
ommen sind. Sie sollten die Lebenswirklichkeit von
amilien nicht ignorieren.
Es gibt unterschiedliche Lebensformen. Wenn ich mir

hre Konzeption anschaue, dann muss ich feststellen,
ass bei Ihnen nur ein Familienmodell im Mittelpunkt
teht. Alle anderen Formen des Zusammenlebens sind
ür Sie nicht existent. Sie vertreten ein rückwärts ge-
andtes Familienbild.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Dann sollten Sie sich einmal die neueren Beschlüsse schicken lassen!)


Vielleicht sollten Sie sich Ihre Beschlüsse, die Sie ver-
bschiedet haben, einmal genau anschauen. Dann kön-
en wir miteinander darüber reden.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Lesen Sie einmal die aktuellen Beschlüsse! – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Besser ein richtiges Familienbild als ein falsches!)


Ihr Familienbild ist geprägt von einem erwerbstätigen
ater und einer nicht berufstätigen Mutter – sie übt
öchstens einen Minijob aus –, die Kinder betreut. Ich
chätze diese Form des Familienlebens und jedem muss
s freistehen, so zu leben. Aber das ist nur eine Form des
usammenlebens. Man kann ein Lebensmodell nicht
um Maßstab für alle Menschen machen. Jeder von Ih-
en müsste sich einmal fragen, ob die Menschen tatsäch-
ich so leben, wie Sie es sich vorstellen.
Sie haben 16 Jahre lang Zeit gehabt, die Familie in

as Zentrum Ihrer Politik zu stellen und zu fördern. Sie
ätten eine Chance gehabt; stattdessen haben Sie Luftbu-
hungen gemacht. Wir haben, nachdem wir 1998 die Re-
ierung übernommen haben, die Familie als Aufgabe der
olitik begriffen und gesagt: Familien müssen finanziell
ntlastet werden. Damit stand in der ersten Periode unse-
er Regierungszeit die finanzielle Entlastung der Familie
m Mittelpunkt. Ich nenne nur am Rande die Erhöhung
es Kindergeldes, das BAföG usw.
Seit 2002 sind wir dabei, strukturelle Verbesserungen

ür Familien zu schaffen. Wir sind mit 4 Milliarden Euro
n die Ganztagsbetreuung von Schulkindern eingestie-
en. Sie haben Jahrzehnte gewartet und nichts gemacht.






(A) )



(B) )


Marlene Rupprecht (Tuchenbach)


Wir werden weiter die Betreuung der unter Dreijährigen
fördern, damit Kinder unter drei Jahren Chancen bekom-
men, mit anderen Kindern zusammen zu sein und sich zu
entwickeln. Das heißt, in den Bereichen Erziehung, Bil-
dung und Betreuung haben wir ein Zukunftsprogramm
auf den Weg gebracht.

Man sollte sich einmal anschauen, was Sie dort tun,
wo Sie es könnten. Ich komme aus Bayern. Welchen
Kahlschlag gab es dort seit der Landtagswahl!


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Die Landtagswahl haben Sie verloren, oder?)


Dazu muss ich Ihnen sagen: Die Schulpolitik wurde
ohne Konzeption heruntergefahren. In der Jugendpolitik
hat man die Förderung der Jugendverbände so reduziert,
dass das nur noch ein Sterbegeld für ein langsames Ster-
ben ist, aber nicht zum Überleben reicht. Wenn ich die
Konzeptionen für Veränderungen in der Bürokratie an-
schaue,


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Ihre Konzeptionen haben immerhin für 19 Prozent gereicht!)


dann kann ich dazu nur sagen: gnadenloses Vorgehen;
unsozial bis zum Gehtnichtmehr. Es ist wie ein Feigen-
blatt, wenn gesagt wird: Wir sind mit den Reformen, die
die CDU will, nicht einverstanden; wir sind sozial. – Ich
sage immer: Schaut auf das, was die sagen, und schaut
auf das, was die tun!


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Apropos „Geht nicht mehr“: Ich glaube, Ihre Zeit ist abgelaufen, Frau Kollegin!)


In Bayern wird zwar anders geredet, aber nach der Linie
der CDU gehandelt: Es wird in diesem Land ein sozialer
Kahlschlag durchgeführt.

Sie hätten heute eine Chance gehabt; die haben Sie
nicht genutzt. Sie haben nicht dargestellt, was Sie wollen
und wie Sie dies finanzieren wollen.


(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Weil wir nicht nach Ihrer Pfeife tanzen!)


Oben auf der Tribüne sitzen Bürgerinnen und Bürger.
Die wollen wissen, woher Sie die für die Umsetzung Ih-
rer Vorschläge nötigen 102 Milliarden Euro nehmen und
wem Sie sie aus der Tasche holen, um tatsächlich umzu-
verteilen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Also, ich habe sie nicht! Das kann ich schon einmal sagen!)


Stehen Sie doch zu dem, was Sie produziert haben! Ich
sehe Feigheit und Sprachlosigkeit auf Ihrer Seite.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510509900

Frau Kollegin!


Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1510510000

Vielleicht schaffen Sie es woanders.
Danke schön.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510510100

Letzter Redner in dieser Aktuellen Stunde ist der Kol-

ege Peter Dreßen, SPD-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1510510200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute
orgen haben wir im Plenum eine Darbietung der be-
onderen Art erleben dürfen. Lassen Sie mich mit einem
itat beginnen:

Liebhabern politischer Schmierenstücke muss man
am heutigen Donnerstag die Bühne Bundestag
empfehlen. Dort steht der erste Akt eines Werkes
mit dem Titel Versuchte Volksverdummung an, ins-
zeniert und aufgeführt … von der Merkel-Stoiber-
Truppe.

(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Auf den Spielplan gesetzt von der SPD-Bundestagsfraktion!)


Diese Ankündigung, welche die Darbietung der
nion im Plenum trefflich beschreibt, konnten die Bür-
erinnen und Bürger heute Morgen der „Süddeutschen
eitung“ entnehmen. „Die schwarzen Gaukler“, wie es
m Leitartikel von Susanne Höll weiter heißt, haben
eute im Bundestag gegen das Alterseinkünftegesetz ge-
timmt und gegen den Entwurf von Rot-Grün gewettert.
uf der nächsten Sitzung des Bundesrates wird die
nion dann aber brav die Hand heben. Schließlich han-
elt es sich bei dem Alterseinkünftegesetz nicht nur um
ie Umsetzung eines Urteils des Bundesverfassungsge-
ichts. Vielmehr setzen wir auch um, was die Union einst
ehement gefordert hat.


(Erika Lotz [SPD]: So ist es!)

Sie denken, dass Sie die Bürgerinnen und Bürger mit

hrer Taktiererei hinters Licht führen können. Das funk-
ioniert aber nicht, weder beim Alterseinkünftegesetz
och bei all den anderen populistischen Vorschlägen, mit
enen Sie in regelmäßigen Abständen an die Öffentlich-
eit treten. Denn ebenso regelmäßig bleiben Sie die Ant-
ort auf die Frage schuldig, wie Sie Ihre generösen Ver-
prechungen eigentlich finanzieren wollen.
Mit dieser Aktuellen Stunde wollten wir Ihnen heute

ie Chance geben, den Bürgerinnen und Bürgern zu er-
lären, wie Sie die Quadratur des Kreises hinbekommen
ollen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das hat Knecht Rupprecht alles schon gesagt!)


err Krings, es ging nicht um Beschimpfung, sondern
m Aufklärung. Das haben Sie schlichtweg missverstan-
en.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Ach so!)

ie hätten hier aufklären können, woher Sie die
00 Milliarden Euro, die Sie für die Umsetzung Ihrer






(A) )



(B) )


Peter Dreßen

Vorschläge benötigen, nehmen und wen Sie damit belas-
ten. All diese Chancen hatten Sie heute, leider haben Sie
sie nicht genutzt.

Herr Seehofer sagte: „Es reicht nicht, wenn man neu
denkt, sondern man muss auch sagen, ob das Neue finan-
zierbar ist.“ – Sie haben mit Ihren Vorschlägen nichts
Neues gedacht. Sozialabbau und Besserstellung der
eigenen Klientel überzeugen nicht als innovative Ideen.
Sie wollen die sozial ungerechte Kopfpauschale einfüh-
ren. Die Förderung einer sozialen Schieflage ist Ihnen
40 Milliarden Euro wert. Durch die finanzielle Förde-
rung der Erziehungsleistung in der Rente und durch
mehr Kindergeld zementieren Sie ein antiquiertes Frau-
enbild. Wichtiger als die materielle Förderung sind für
die jungen Menschen, insbesondere für die jungen
Frauen, Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder. Dafür
hat die Bundesregierung die richtigen Weichen gestellt.
Mit unserem 4-Milliarden-Programm sind wir auf dem
richtigen Weg. Wir wollen, dass Familie und Arbeit mit-
einander vereinbar sind.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie brauchen erst einmal Arbeit!)


Sie wollen das Geld an den Bedürfnissen junger Men-
schen vorbei ausgeben, und das in einer Höhe von fast
21 Milliarden Euro.

Mit den Ausgaben für Mindestrente und Steuerreform
kommen wir, summa summarum, auf einen Betrag von
102 Milliarden Euro. In dieser Summe fehlen noch die
täglichen Schnellschüsse. Frau Kollegin Scheel ist auf
die Haushaltsberatungen bereits eingegangen. Wenn wir
all das verwirklichen wollten, was Sie uns in den Haus-
haltsberatungen vorschlagen – Ausbau sechsspuriger
Autobahnen und vieles andere –, bräuchten wir immense
Summen. Die Mittel für Vorschläge wie flächende-
ckende Lohnkostenzuschüsse sind in dem Betrag von
102 Milliarden Euro ebenso wenig enthalten.

Sie richteten mit fadenscheinigen Argumenten einen
Lügenausschuss ein, in dem Sie uns Wahlbetrug unter-
stellten.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Ja!)

Da Sie 2006 keine Regierungsverantwortung überneh-
men werden, werden Sie auch nicht in die Verlegenheit
kommen, sich wegen nicht eingehaltener Versprechen
erklären zu müssen. Das hätten Sie aber heute hier tun
können. Schon als Kind hatte ich Zweifel, wie sich Ba-
ron Münchhausen am eigenen Schopf aus der Grube zie-
hen konnte. Diese Zweifel reichen bei weitem nicht an
meine Bedenken heute heran, wenn Sie mir erklären, wie
Sie Ihre Vorschläge finanzieren wollen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510510300

Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a und 5 b auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-

nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE

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(C (D GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Kommunales Optionsgesetz)

– Drucksache 15/2816 –

(Erste Beratung 103. Sitzung)

aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-


(9. Ausschuss)

– Drucksache 15/2997 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Karl-Josef Laumann


(8. Ausschuss)

– Drucksache 15/3003 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Joachim Fuchtel
Otto Fricke
Volker Kröning
Anja Hajduk

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit

(9. Ausschuss) zu dem Antrag der Fraktionen der

SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Verabschiedung eines Optionsgesetzes
– Drucksachen 15/2817, 15/2997 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Karl-Josef Laumann

Zu dem Gesetzentwurf liegt ein Entschließungsantrag
er Fraktionen der CDU/CSU und der FDP vor.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
iderspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Bundes-
inister für Wirtschaft und Arbeit Wolfgang Clement.
Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft

nd Arbeit:
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Wir reden heute über den Arbeitsmarkt. Dabei
st es besonders wichtig, dass wir diejenigen in ihre
chranken weisen, die für Pessimismus in Deutschland
orgen: die Schlechtredner, die Miesmacher, die Re-
ormverhinderer und die Chaosbeschwörer.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das war die Rede von gestern, Herr Minister!)


as sind diejenigen, die Wachstum und Fortschritt ver-
indern wollen. Sie dürfen und werden unsere Reformen
icht aufhalten.


(Beifall bei der SPD)

Klar gesagt: Die Zusammenlegung von Arbeitslosen-

nd Sozialhilfe – um sie geht es beim Optionsgesetz – ist






(A) )



(B) )


Bundesminister Wolfgang Clement

längst überfällig. Wir haben über Jahrzehnte hinweg den
Fehler gemacht, zwei Fürsorgesysteme, ein staatliches
und ein kommunales, nebeneinander, teilweise sogar ge-
geneinander – jedenfalls waren sie nicht aufeinander ab-
gestimmt – erhalten zu haben … Damit muss Schluss
sein, Arbeitslosen- und Sozialhilfe müssen zusammen-
gelegt werden.

Die Menschen müssen endlich aus der Arbeitslosig-
keit in Arbeit vermittelt werden. Wir dürfen uns nicht
darauf konzentrieren, Arbeitslosigkeit zu finanzieren. So
haben es über Jahrzehnte hinweg alle gefordert, aber lei-
der sind keine ausreichenden Fortschritte erzielt worden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Wir müssen das Prinzip des Förderns und des Forderns
anwenden. All dies geschieht mit dem, was wir gesetz-
geberisch auf den Weg gebracht haben.

Wir beraten jetzt über das Kommunale Optionsgesetz.
Das gehört natürlich in den Gesamtzusammenhang des
Themas, über das ich gerade gesprochen habe. Ich will
aber ebenso klar sagen: Das Kommunale Optionsgesetz
hängt nicht untrennbar an dem, was wir kurz und bündig
als Hartz IV bezeichnen. Das Schicksal des Kommuna-
len Optionsgesetzes ändert nichts an unserem Fahrplan
für die Zusammenlegung der beiden Fürsorgeleistungen
Arbeitslosen- und Sozialhilfe.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das wird eine Bruchlandung!)


Ich sage das so klar und deutlich, weil ich feststelle, dass
die Opposition das anscheinend nicht auseinander halten
kann oder vielleicht auch nicht will.


(Klaus Brandner [SPD]: Das muss sie lernen!)

Manche jedenfalls versuchen, die Diskussion über die

konkrete technische und organisatorische Ausgestaltung
des Systemwechsels zum 1. Januar 2005 zu missbrau-
chen. Sie missbrauchen sie dazu, die Lösung einer
zwischen Bundesagentur und Kommunen geteilten Trä-
gerschaft infrage zu stellen, die wir im Vermittlungsaus-
schuss vereinbart haben. Diese Regelung der geteilten
Trägerschaft steht seit Anfang dieses Jahres im Gesetz.
Daran haben sich alle zu halten, ob ihnen das nun passt
oder nicht. Am liebsten wäre mir, es passte allen.

Alle sollten spätestens jetzt damit aufhören, den Städ-
ten und Gemeinden sowie den Landkreisen in unserem
Land vorzugaukeln, es werde sich an der gemeinsamen
Trägerschaft noch etwas ändern. Diese Debatte führt al-
lenfalls zu einer Verunsicherung der Beteiligten, insbe-
sondere auf kommunaler Ebene.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Die Verunsicherung ist nicht mehr notwendig! – HansJoachim Fuchtel [CDU/CSU]: Die Verunsicherung ist längst da!)


Eigentlich sollte daran niemand ein Interesse haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Wir machen niemandem etwas vor. Vor uns liegt eine ewaltige Kraftanstrengung. Der Umbau der Bundesgentur für Arbeit und die Einführung der neuen Grundicherung für Arbeitsuchende sind zwei Herkulesaufgaen, die wir der Bundesagentur anvertraut haben. Wir der Vorstand der Bundesagentur genauso wie ich, das inisterium und alle Fachleute, mit denen wir zusamenarbeiten – sind überzeugt, dass beide Aufgaben erüllt werden können. Deshalb werden wir die Erfüllung er Aufgaben mit aller Entschlossenheit weiter verfolen. Dabei wird es Prioritäten geben. Priorität hat zwei elsfrei die Einführung der neuen Leistung pünktlich um 1. respektive 2. Januar 2005. Jedem Bezieher und eder Bezieherin der neuen Grundsicherung für Areitsuchende muss Anfang des kommenden Jahres die eue Leistung zur Verfügung stehen. Wir sind auf dieem Weg. Trotz aller Schwierigkeiten, die das macht, ind wir auf einem guten Weg. Wir werden das auch hinekommen. Voraussetzung ist natürlich, dass all diejenien, die ein Interesse an Lösungen haben, an einem trang ziehen. Dabei ist die Einrichtung von Arbeitsgemeinschaf en ein ganz wichtiger Punkt. Nach dem Gesetz werden ir Arbeitsgemeinschaften schaffen zwischen den örtlihen, kommunalen Repräsentanten auf der einen Seite, ie in diesem Sektor arbeiten und sich insbesondere um ie Sozialhilfeempfänger, in diesem Fall die erwerbsfäigen Sozialhilfeempfänger, kümmern, und den örtlihen Agenturen für Arbeit auf der anderen Seite. Im SGB II ist vorgesehen, dass die kommunalen Trä er und die Agenturen für Arbeit vor Ort kooperieren nd diese Arbeitsgemeinschaften bilden. Darin liegt also ie entscheidende Aufgabe. Was dort entsteht, ist auch lles andere als irgendein zentrales Monstrum. Vielmehr ntstehen Arbeitsgemeinschaften auf kommunaler bene. Wir werden alles tun – die Bundesagentur tut das uch –, um die Bildung dieser Arbeitsgemeinschaften zu nterstützen. Um das noch etwas konkreter zu beschreiben: Zurzeit indet in meinem Ministerium eine erste Besprechung it Vertretern von 20 kreisfreien Städten und Landkreien sowie der entsprechenden Agenturen für Arbeit statt. wischen diesen Trägern werden jetzt Pilotarbeitsgeeinschaften vereinbart. Unser Ziel ist es, möglichst chnell ein möglichst umfassendes Netz solcher Pilotareitsgemeinschaften zu schaffen. Das wird – so hoffe nd erwarte ich – eine entsprechende Ausstrahlung haen und die Bereitschaft insgesamt erhöhen, ans Werk zu ehen, statt sich in organisatorischen Diskussionen und useinandersetzungen zu erschöpfen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Situation am Arbeitsmarkt ist viel zu ernst, als
ass wir uns wieder der deutschen Leidenschaft hinge-
en könnten, sich in organisatorischen Diskussionen zu
erkrallen, statt sich ganz auf das zu konzentrieren, wo-
um es geht, nämlich so viele Menschen so rasch wie






(A) )



(B) )


Bundesminister Wolfgang Clement

möglich aus der Arbeitslosigkeit herauszuholen bzw. ih-
nen auf dem Weg zurück in den Arbeitsmarkt zu helfen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deshalb appelliere ich an alle – wir brauchen die Mit-
wirkung von allen, von möglichst vielen –: Wenn Sie
wollen und mögen, machen Sie in Ihren Wahlkreisen
möglichst Werbung für die Arbeitsgemeinschaften. Die
Bundesagentur braucht dringend Klarheit darüber, wel-
che Kommunen sich an der Bildung von Arbeitsgemein-
schaften beteiligen. Daran werden sich übrigens auch
Landkreise beteiligen. Vor Ort sieht die Welt ja ohnedies
anders aus, als sie in manchen politischen Auseinander-
setzungen dargestellt wird.

Die Städte und Gemeinden, vor allen Dingen die gro-
ßen Städte, werden mitmachen. Die Landkreise werden
sich nach und nach anschließen. Die Spitzenorganisatio-
nen der Städte, die Städtetage und der Städte- und Ge-
meindebund, stehen ohnehin voll und ganz dahinter.
Langsam, aber sicher wird man auch die Auseinander-
setzungen bzw. Diskussionen mit dem Landkreistag leid,
der sich in bürokratisch-juristischen Auseinandersetzun-
gen erschöpft, statt sich auf diese Aufgabe zu konzen-
trieren. Wir haben hier kein Kompetenzgerangel und
keine Kompetenzhuberei, sondern vernünftige Arbeit für
die Arbeitslosen abzuliefern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Was ist mit den Finanzen? – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sagen Sie lieber mal, wo das Geld herkommen soll!)


Jetzt steht das Kommunale Optionsgesetz auf unserer
Tagesordnung. Hier geht es darum, insbesondere in den
Finanzfragen Klarheit zu schaffen. Sie wissen, dass sich
mein Ministerium seit einiger Zeit bemüht, mit der Bun-
desagentur und vor allen Dingen mit den Ländern und
der kommunalen Ebene zu einer gemeinsamen Lösung
zu kommen.


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Wo kommt das Geld her?)


– Herr Kollege, Sie sind ja sehr auf die Finanzen fixiert.
Das ist auch richtig; denn das ist das Wichtigste.


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Sagen Sie mal was dazu!)


Deswegen haben wir uns im Vermittlungsverfahren auf
den Umfang der finanziellen Ausstattung aller Beteilig-
ten verständigt.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Eine Verständigung, die dann gebrochen wurde!)


Zu diesem Zweck führt man ja Vermittlungsverfahren
durch. Die Kommunen sind aber der Meinung, dass
diese Finanzmittel nicht ausreichen. Hierzu führen wir,
ohne dabei Vorwürfe zu erheben, sehr ernsthafte Gesprä-
che.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Das ist die völlig falsche Formulierung!)


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(C (D utzen Sie diese Situation nicht, um abzulenken und nsicherheit zu stiften. Ich bin überzeugt, dass wir, enn alle guten Willens sind, zu einer Lösung kommen önnen. Wir wollen möglichst eine Einigung hinsichtch der Berechnungsmethodik erzielen. (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ja gar nicht konkret!)


Vor allen Dingen müssen wir uns über das verständi-
en, was man zur Stunde nur schätzen bzw. prognosti-
ieren kann: Welche Entwicklungen wird es beispiels-
eise bei der Sozialhilfe geben? Wie wird sich die Zahl
er erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger entwickeln?
as passiert mit den Unterkunftskosten? Wir müssen
ns also über die Berechnungsmethoden verständigen
nd wir brauchen Lösungen für Entwicklungen, die man
eute nur prognostizieren, aber erst im Nachhinein fest-
tellen kann. Deshalb glaube ich, es ist das Wichtigste,
ass wir uns auf eine Revisionsklausel verständigen und
it ihrer Hilfe eine Spitzabrechnung vornehmen, die den
ommunen absolute Sicherheit gibt. Daran sind wir in-
ressiert.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das glauben Sie doch selber nicht!)


as wollen wir. Hier wird niemand über den Tisch gezo-
en.
Ich wiederhole unsere Zusage, dass den Kommunen,

achdem wir uns über die Berechnungsmethoden dieses
inanzmodells verständigt haben, aus der Gesamtopera-
on unter dem Strich ein Gewinn in Höhe von
,5 Milliarden Euro bleibt. Diese Zusicherung gilt. Sie
chließt allerdings ein, dass die Länder, die durch diese
peration in der Größenordnung von etwa 2,5 Milliar-
en Euro begünstigt werden, bereit sein müssen, diesen
etrag an die Kommunen weiterzugeben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Natürlich brauchen die Kommunen auch Klarheit
ber die Ausgestaltung des Optionsrechts. Diese Klar-
eit wird geschaffen, wenn Sie den heute vorliegenden
esetzentwurf mit uns gemeinsam verabschieden und
m auch der Bundesrat zustimmt.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist kein Optionsrecht!)


ierzu hat sich die Opposition in den bisherigen Bera-
ngen ablehnend geäußert. Sie werden verstehen, dass
ns das überhaupt nicht beeindruckt,


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Das ist ein großer Fehler!)


ondern dass wir unverändert an Sie appellieren, sich
icht auch auf diesem Feld in einer Organisationsdebatte
u verlieren. Das sagen Ihnen alle Experten. Lesen Sie
as im Sachverständigengutachten nach! Darin wird Ih-
en bescheinigt, dass das Mehr an Bürokratie, das durch
in Gesetz, wie Sie es sich vorstellen, geschaffen würde
Sie wollen ja auch noch eine Verfassungsänderung –,
en Reformprozess aufhalten und insgesamt zu Unsi-






(A) )



(B) )


Bundesminister Wolfgang Clement

cherheit führen, aber nicht zu Lösungen beitragen
würde.


(Dirk Niebel [FDP]: Sie haben das doch selbst angeboten, aber bei Ihren Leuten nicht durchsetzen können!)


Deshalb lautet meine Bitte: Gehen Sie den Weg mit,
den wir Ihnen mit dem vorliegenden Entwurf eines Opti-
onsgesetzes vorgeschlagen haben. Dieser Weg ist der
beste, der ohne Verfassungsänderung möglich ist. Er
wird meiner Überzeugung nach auch dem Grundgedan-
ken der Vereinbarung, die wir im Vermittlungsausschuss
getroffen haben, gerecht.

Meine Damen und Herren, es wird viel über Mitwir-
kung der Kommunen gesprochen; vor allen Dingen
von Ihnen, der CDU/CSU, die Sie die Kommunen ja neu
entdeckt haben.


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Was?)

Finanziell haben Sie für die Kommunen bisher in den
Ländern, in denen Sie die Verantwortung tragen, relativ
wenig getan, sowohl gegenwärtig als auch in der Ver-
gangenheit. Ich sage Ihnen: Helfen Sie lieber mit, dass
jetzt auf der kommunalen Ebene geschieht, was gesche-
hen muss. Bei der Bundesagentur für Arbeit verfügen
wir über ausreichend Mittel, um noch Zehntausenden
von Jugendlichen durch das JUMP-plus-Programm zu
einer Ausbildung, Umschulung oder Vorqualifizierung
zu verhelfen. Da liegt noch Geld für Arbeitsplätze für
Zehntausende junge Arbeitslose.


(Zuruf von der CDU/CSU: Warum?)

Dort liegt übrigens auch noch Geld für Zehntausende
von Arbeitsplätzen für Langzeitarbeitslose. Statt wie Sie
eine, wie ich finde, überzogene Organisationsdiskussion
zu führen, sollten wir allesamt in unseren Kommunen
dazu beitragen – das ist mir wichtig –, dass etwas in Be-
wegung kommt, was die Leute von der Straße bringt,
was gerade junge Leute in Ausbildung und Arbeit, in
Ausbildungsplätze und Umqualifizierung bringt.


(Dirk Niebel [FDP]: Warum können die Kommunen das Ihrer Ansicht nach besser als die Bundesagentur, warum sollen die Kommunen das machen?)


Dabei können Sie helfen. Das wäre mehr wert als das,
was Sie versuchen, nämlich Verunsicherung unter die
Menschen zu bringen. Sie werden es nicht schaffen, Sie
werden uns dabei nicht aufhalten – gewöhnen Sie sich an
den Gedanken!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir alle – Sie und wir – haben am Arbeitsmarkt genug
Zeit verloren. Wir werden nicht noch mehr Zeit verlieren
wollen, sondern alles tun, um unseren Fahrplan einzu-
halten.

Dass etwas geschieht, sehen Sie, wenn Sie einen
Blick auf die Jugendarbeitslosigkeit werfen: Die Ar-
beitslosigkeit von Jugendlichen unter 20 Jahren liegt

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(C (D etzt gottlob unterhalb von 4 Prozent, bei den Jugendlihen unter 25 Jahren unterhalb von 8 Prozent. (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist immer noch eine Katastrophe!)


Das ist immer noch zu viel. Es ist immer noch
chlecht, auch wenn es im europäischen Maßstab übri-
ens nicht ganz so schlecht ist.
Wir werden uns auf unsere Aufgaben konzentrieren

nd diesen Prozess vorantreiben. Ich bin überzeugt, dass
ir erfolgreich sein werden. Wichtig ist, dass die Kom-
unen zur Zusammenarbeit bereit sind. Ich bin über-
eugt, sie sind es. Wir haben die Pflicht, die finanziellen
rundlagen zu klären – das tun wir mit Hochdruck –,
nd Sie haben aus meiner Sicht die Pflicht, konstruktiv
itzuwirken. Das tun Sie am besten, wenn Sie mitgehen
uf dem Weg, den wir mit dem Optionsgesetz vorge-
eichnet haben.
Ich danke Ihnen sehr für Ihre Geduld und Aufmerk-

amkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510510400

Das Wort hat der Kollege Karl-Josef Laumann, CDU/
SU-Fraktion.


Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1510510500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr
undesminister! Meine Damen und Herren! Das Pro-
lem bei dieser Debatte heute ist, dass wir ein Gesetz be-
aten, bei dem schon die Überschrift nicht stimmt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ort heißt es „optionale Trägerschaft“, in Wahrheit ist in
em Gesetz von Trägerschaft aber gar nicht die Rede.
ier wird von Ihnen ein Organleihemodell vorgeschla-
en. Ich glaube, dass es gar keinen Streit darüber geben
uss: „Option“ hätte bedeutet, dass die Aufgabe in die-
em Fall zur Kommune kommt und sie diese in Eigen-
erantwortung wahrnimmt.


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


ie Wahrheit ist auch – um dabei ganz ruhig zu blei-
en –: „Organleihe“ bedeutet, dass das Organ, in diesem
all die Kommune, zur Aufgabe wandert, diese Aufgabe
ber in den Entscheidungssträngen der Bundesagentur
ür Arbeit verbleibt.


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Genau so ist es!)


Das ist der Streit um den Unterschied, den wir haben:
ollen wir einem Landkreis, einer kreisfreien Stadt die
öglichkeit geben, in Eigenverantwortung zu handeln,
der wollen wir nur die Möglichkeit einräumen, in den
ntscheidungsstrukturen der Bundesagentur für Arbeit
itarbeiten zu können? Ich finde, es ist auch in Ord-
ung, dass wir darüber streiten. Hier geht es ganz
infach darum, ob der Wettbewerb der Ideen vieler






(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann

kommunaler Träger und Beschäftigungsorganisationen
in der schwierigen Frage, wie man trotz der schwierigen
Arbeitsmarktlage Langzeitarbeitslose integrieren kann,
in diesem Land noch stattfindet oder ob er nicht mehr
stattfindet.

Dieses Gesetz bedeutet – das wissen auch Sie –, dass
mit dem 1. Januar 2005 ein Ende der kommunal verant-
worteten Beschäftigungspolitik bevorsteht. Dies bedeu-
tet nicht notwendigerweise das Ende der gemeinsamen
Beschäftigungsbemühungen von Kommune und Ar-
beitsamt, aber das Ende einer kommunal verantworteten
Beschäftigungspolitik. Das wird die Beschäftigungspoli-
tik in unserem Land ärmer machen; davon bin ich über-
zeugt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es sollte Sie sehr nachdenklich machen, dass der

Deutsche Landkreistag, der immerhin 323 von 439 kom-
munalen Körperschaften vertritt, die überhaupt optieren
können, sagt: Unter den Bedingungen dieses Gesetzes
können wir uns das überhaupt nicht vorstellen.


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: So ist die Wahrheit!)


Ein weiterer Punkt: Jeder von uns, der sich mit kom-
munaler, mit regionaler Arbeitsmarktpolitik beschäftigt
hat, weiß doch – den Eindruck habe ich seit Jahren –,
dass die besten Ergebnisse dort zustande kommen, wo
die kommunalen Gebietskörperschaften vernünftig mit
dem Arbeitsamt zusammenarbeiten und umgekehrt. Das
ist die Wahrheit und das kann niemand bestreiten. Aber
es ist eben ein ganz großer Unterschied, ob dies in einem
Jobcenter stattfindet, in dem die Entscheidungsstruktu-
ren der Bundesagentur gelten, oder ob es in einem Job-
center stattfindet, wo regional denkende und handelnde
Kommunalpolitik den Ton angibt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Diesen Unterschied müssen wir in diesem Gesetz he-
rausarbeiten. Das Gesetz, das Sie vorgelegt haben, hat
mit Subsidiarität nichts zu tun; es ist ein Gesetz, das die
Zentralität verstärkt.

Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis möchte ich nun
aus dem Protokoll der Anhörung vom vergangenen
Montag zitieren. In dieser Anhörung hat Professor
Dr. Wieland von der Goethe-Universität Frankfurt auf
eine Frage unseres verehrten und sachkundigen Kolle-
gen Wolfgang Meckelburg


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

geantwortet:

Wenn Sie dieses Optionsmodell mit der Organleihe
verwirklichen, bedeutet das letztlich, Sie geben ei-
gentlich den Vorteil der kommunalen Selbstverwal-
tung auf. Kommunale Selbstverwaltung lebt ja von
der demokratischen Legitimation von unten nach
oben. Die kommunalen Stellen sind aus der örtli-
chen Gemeinschaft heraus legitimiert und handeln
daraus. Wenn Sie hier optieren, wenn Sie von der
Möglichkeit Gebrauch machen, die im Gesetzent-
wurf vorgesehen ist, begeben Sie sich gewisserma-

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(C (D ßen unter die Weisungshoheit der Bundesagentur für Arbeit, die zugleich die Verantwortung dafür übernehmen muss. urch diese Aussage wird ganz deutlich, was passiert, enn dieses Gesetz verabschiedet wird. Herr Clement, ich sage Ihnen ganz offen: Das, was ie vorgelegt haben, entspricht nicht dem Sinn und Geist nserer gemeinsamen Entschließung vom 18. Dezember es letzten Jahres, ie die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Soialhilfe mit einer Option auf eine kommunale Trägerchaft zum Inhalt hatte. Das wissen Sie. Darüber bin ich ersönlich sehr enttäuscht. Das wird auch Auswirkungen arauf haben, wie wir in Zukunft miteinander umgehen. In einem Punkt Ihrer Rede, die Sie gerade gehalten aben, gebe ich Ihnen Recht: Ihr Vorschlag ist die einige Möglichkeit, die es gibt, um dieses Problem unteralb des Ranges einer Verfassungsänderung zu lösen. arin gebe ich Ihnen ausdrücklich Recht. Ich muss mich ber fragen, warum wir die Verfassung nicht ändern könen, wenn wir der Meinung sind, dass die Kommunen inen erheblichen Beitrag in Eigenverantwortung erbrinen können. Wenn wir in Deutschland die Verfassung für en Tierschutz ändern können, dann werden wir doch ohl auch in der Lage sein, sie für die Schwächsten am rbeitsmarkt zu ändern, damit der Arbeitsmarkt in trukturen kommt, die wir uns doch eigentlich alle geünscht haben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf des Abg. Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


In diesem Punkt hätten wir die Verfassung ändern kön-
en. Das ist gar kein Problem.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber nicht gemacht worden!)


Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der uns
uch nachdenklich stimmen soll. Ich habe am Montag in
er Anhörung einen Vertreter der Bundesagentur für Ar-
eit gefragt, wie man dieses Problem seiner Meinung
ach verwaltungstechnisch in den Griff bekommen
önne. Er hat gesagt – das können Sie im Protokoll der
nhörung nachlesen –, dass man dafür etwa 40 950 Stel-
n brauche. Heute gebe es etwa 14 000 Mitarbeiter bei
er BA, die sich um die Arbeitslosenhilfe kümmern.
an wird also weitere rund 26 000 Menschen irgendwie
ur Bundesagentur bringen müssen, eventuell über Ge-
tellungsverträge aus den Kommunen oder über die Be-
uftragung Dritter.
Die Bundesagentur hat schon heute 91 000 Mitarbei-
r. Sie wollen nun die Zahl der Stellen bei einer derart
roßen Behörde um 26 000 erweitern. Diese werden
war nicht alle in einem Arbeitsverhältnis mit ihr stehen,
ber auf deren Payroll. Denn auch die von den Kommu-
en Gestellten werden auf der Lohnliste der Bundesagen-
r für Arbeit stehen und in deren Entscheidungsstruktu-
en eingebunden sein. Wenn Sie so weitermachen, dann






(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann

ist die Arbeitsverwaltung bald größer als die Bundes-
wehr. Das kann nicht gut gehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Zum Schluss bitte ich Sie, dass Sie Folgendes über-

denken: Die Holländer – Herr Clement kommt wie ich
aus einer Ecke, wo die Niederlande nicht ganz fern sind –
können auf dem Arbeitsmarkt Erfolge verzeichnen, seit
sie ihn regionalisiert haben. Wenn ein Land mit
16,2 Millionen Einwohnern Erfolge verzeichnen kann,
wenn es regionalisiert, dann glaube ich, dass in einem
Land mit 82 Millionen Einwohnern – das ist die Größe
unseres wiedervereinigten Vaterlandes – eine Regionali-
sierung erst recht anschlägt.

Umkehren wollen Sie ja nicht mehr. Sie haben deut-
lich genug gesagt, dass Sie mit dem Kopf durch die
Wand gehen werden. Sie müssen aber davon ausgehen,
dass wir die Hand dazu nicht reichen.

Ich stelle fest, dass dieses Gesetz nicht dem Sinn und
dem Geist der Entschließung vom 18. Dezember 2003
entspricht.


(Doris Barnett [SPD]: Unsinn!)

Ich sage noch einmal: Wenn wir gewusst hätten, dass so
etwas dabei herumkommt, dann hätte es die Zusammen-
führung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe nicht ge-
geben, weil wir nicht mitgemacht hätten. Es ist nicht zu
verantworten, dass sie in dieser Form zusammengeführt
werden. Den Menschen, die Arbeitslosenhilfe erhalten,
wird dadurch nämlich sehr viel Geld weggenommen, ob-
wohl sie nicht zu viel haben. Gleichzeitig werden ihnen
keine effizienteren Betreuungsstrukturen angeboten. Das
ist unverantwortlich.

Es gibt noch einen weiteren Punkt, der gelöst werden
muss. Dabei geht es um die Mieten, also um die Unter-
kunftskosten, und darum, wie stark die Kommunen hier
belastet werden. Das muss gelöst werden. In Nordrhein-
Westfalen wird sich keine einzige Kommune mehr au-
ßerhalb des Ausgleichsstocks befinden, wenn das, was
jetzt im Gesetz steht, Realität wird.

Ich kann Ihnen nur raten: Ändern Sie den Weg! An-
sonsten wird bei der Kommunalwahl in Nordrhein-West-
falen am 26. September 2004 deutlich werden, wer für
diese Finanzsituation verantwortlich ist.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510510600

Das Wort hat die Kollegin Dr. Thea Dückert, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510510700

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Herr Laumann, wir sind heute hier zusammenge-
kommen, weil weder Sie noch wir am 18. Septem-
ber 2003 eine Mehrheit für eine Verfassungsänderung im
Vermittlungsausschuss gefunden haben. Die Verfas-
sungsänderung wurde im Vermittlungsausschuss weder
vorgeschlagen noch durchgesetzt.

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(C (D (Otto Fricke [FDP]: Das geht auch gar nicht im Vermittlungsausschuss!)


eswegen reden wir heute darüber, wie die Option für
ie Kommunen aussehen kann.
Ich finde es interessant, dass Sie in diesem Zusam-
enhang hier gesagt haben, dass das, was wir vorschla-
en, unterhalb der Verfassungsänderung ein guter und
angbarer Weg sei.


(Dirk Niebel [FDP]: Nein, er hat gesagt, es ist der einzig mögliche!)


err Laumann, nehmen Sie Ihre eigenen Wort ernst und
achen Sie mit! Eines ist doch klar und darin sind wir
lle uns auch vollkommen einig: Wir brauchen die Kom-
unen bei der Umsetzung der anstehenden Arbeits-
arktreformen.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Dann müssen Sie auch was tun!)


ir brauchen die Kommunen. Sie müssen sich um die
angzeitarbeitslosen kümmern und sie müssen auf der
ozialen Ebene, beispielsweise bei der Drogenberatung,
ute Angebote machen. Aber sie müssen eben auch – da-
ür brauchen wir die Bundesagentur für Arbeit – bei der
ermittlung tätig werden. Wir brauchen beide und wir
rauchen die Kooperation der Kommunen mit der
undesagentur für Arbeit, weil jeweils eine Seite et-
as besser kann als die andere. Diese Kooperation müs-
en wir vorbereiten.
Lassen Sie mich an dieser Stelle einen Punkt aufgrei-

en, den der Minister vorhin angesprochen hat: Wir brau-
hen die Kommunen. Deshalb ist es auch völlig klar,
ass wir das Ziel, das wir durch die Zusammenlegung
on Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe erreichen wollten,
ämlich zu einer Entlastung der Kommunen in Höhe von
,5 Milliarden Euro zu kommen, auch weiterhin verfol-
en werden. Das ist unser politischer Wille.
Die Daten, die heute vorliegen, wurden im Vermitt-

ungsausschuss übrigens gemeinsam mit der Opposition
ugrunde gelegt. Sie waren also die Grundlage für die
emeinsame Entscheidung.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sie waren damals schon falsch!)


iese Daten entsprechen heute nicht mehr der Realität,
a die Entlastung offenbar nicht vollständig so erfolgt,
ie wir das gehofft haben. Deswegen wird hierüber auch
eiterhin geredet werden. Die Wahrheit wird wahr-
cheinlich in der Mitte liegen: Herauskommen werden
icherlich nicht die 5 Milliarden Euro, die jetzt von der
ommunalen Seite eingeklagt werden. Aber offenbar ist
ie Realität am Arbeitsmarkt auch nicht so, dass tatsäch-
ich 2,5 Milliarden Euro erbracht werden. Es ist wichtig,
as eindeutig festzustellen.
Ich möchte für meine Fraktion noch einmal sagen,

ass wir den Vorschlag, eine Revisionsklausel einzufüh-
en, in diesem Zusammenhang als sehr vernünftig und
roduktiv ansehen. Wir halten es für notwendig, dass die
inanzpolitischen Spielräume der Kommunen auch und
erade durch die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe






(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert

und Sozialhilfe erweitert werden, damit auch die Betreu-
ungsmöglichkeiten von Kindern unter drei Jahren weiter
verbessert werden. Das ist nämlich auch aus arbeits-
marktpolitischen Gründen erforderlich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Opposition schlägt jetzt die Verschiebung der Zu-
sammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe
vor; Herr Koch will gar – ich komme darauf noch zu
sprechen – einen Boykott. Das würde den Kommunen
zusätzlich schaden. Eine Verschiebung der Maßnahmen
würde nämlich gerade nicht zu einer Entlastung der
Kommunen führen.

Wir brauchen die Zusammenlegung von Arbeitslo-
senhilfe und Sozialhilfe aber auch aus einem ganz ande-
ren Grund. Seit Jahren wäre sie notwendig gewesen; sie
ist längst überfällig.


(Dirk Niebel [FDP]: Warum haben Sie es dann vor zwei Jahren abgelehnt, als wir es beantragt haben?)


Wir hätten dies bereits in den 90er-Jahren tun müssen.
Sie haben das in den 90er-Jahren verschlafen.


(Lachen bei der CDU/CSU)

– Diese absurden Doppelstrukturen gibt es nur in
Deutschland: Steuerfinanzierte Systeme – Arbeitslosen-
und Sozialhilfe – existieren nebeneinander her; die
Langzeitarbeitslosen werden in zwei Schubladen einsor-
tiert, die Sozialhilfeempfänger teilweise zu Bittstellern
diskreditiert, weil die Leistungen nicht pauschaliert sind.


(Klaus Brandner [SPD]: Wir packen es an!)

Das alles ist von Ihnen über Jahre hinweg gepflegt wor-
den, übrigens immer verbunden mit dem Ziel, die So-
zialhilfe abzusenken. Wir wollen, dass die Sozialhilfe-
empfänger Zugang zur aktiven Arbeitsmarktpolitik
haben und nach der Reform vernünftig und zügig betreut
werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510510800

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Niebel?


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510510900

Ja, Herr Kollege Niebel. Bitte sehr.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1510511000

Vielen Dank, Frau Dückert. – Ich stimme Ihnen aus-

drücklich zu, dass es sinnvoll ist, die beiden steuerfinan-
zierten Leistungen zusammenzulegen, stelle Ihnen aber
die Frage, weshalb Sie vor knapp drei Jahren unseren
Antrag, genau das zu tun, hier in diesem Hause abge-
lehnt haben.


(Doris Barnett [SPD]: Wir sind die Besseren!)


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(C (D Herr Niebel, Ihre Arbeitsmarktpolitik hatte schon imer – das ist in den letzten Monaten wieder ganz deutich zutage getreten – die Absenkung der Sozialhilfe um Ziel. Das war immer ein Element und Baustein Iher Strategie. Heute wollen Sie (Otto Fricke [FDP]: Die Frage war, warum Sie es vor drei Jahren abgelehnt haben!)

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510511100

ngesichts unserer fortgesetzten Reformen – ich wieder-
ole: Sie hätten sie in Ihren über 20 Jahren Regierungs-
eteiligung einleiten können – die Bundesagentur für
rbeit sogar zerschlagen.


(Dirk Niebel [FDP]: Auflösen!)

ie unsoziale Strategie Ihrer Arbeitsmarktpolitik und die
ontraproduktiven Elemente beim Umgang mit der Bun-
esagentur für Arbeit haben sich auch in Ihren damali-
en Anträgen widergespiegelt.


(Birgit Homburger [FDP]: Antwort!)

eswegen konnten wir sie beim besten Willen nicht un-
erstützen, Herr Niebel.
Lassen Sie mich zurückkommen: Es ist überfällig, die
rbeitslosen- und Sozialhilfe zum 1. Januar 2005 zu ei-
er neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende zusam-
enzulegen und die Kommunen als Partner auf gleicher
ugenhöhe in diese Aufgabe einzubinden. In dieser Si-
uation – das ist ein riesiges Projekt, das viele Verände-
ungen mit sich bringt und viele Schwierigkeiten birgt –
tellt sich Herr Koch von der CDU quer


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Ein tüchtiger Ministerpräsident!)


nd ruft die Kommunen zum Boykott in der Zusammen-
rbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und den Arbeits-
mtern auf, weil ihm das Modell, das für die Träger-
chaft des Arbeitslosengeldes II vorgeschlagen wird,
icht passt. Ich halte das für einen unglaublichen Vor-
ang. Dieser Boykottaufruf von Herrn Koch ist nichts
nderes als ein Zeichen dafür, dass die Opposition mitt-
erweile hemmungslos im Umgang mit Langzeitarbeits-
osen geworden ist und sie in Geiselhaft ihrer Politik
ehmen will.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Blockade und Angstmacherei – das war stets eine
trategie Ihrer Arbeitsmarktpolitik. Angesichts dessen
ue ich mich schon schwer mit dem von Ihnen, Herr
aumann, immer so freundlich vorgetragenen Angebot,
rnsthaft in der Sache zu streiten. Denn um die Sache
eht es Ihnen offensichtlich überhaupt nicht.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das war ernst gemeint!)


s geht Ihnen um Diskreditierung und Zerschlagung ei-
er Arbeitsmarktreform, die absolut notwendig ist.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Eine schlechte Politik kann man nicht unterstützen!)







(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert

Das Optionsgesetz, das wir heute diskutieren, ist ein

Stück weit ein Aufhänger für diese Debatte, weil das,
was wir bereits verabschiedet haben und was Gesetz ist,
die Umsetzung der Reform notwendig und möglich
macht.


(Dirk Niebel [FDP]: Dann blockieren wir doch gar nicht!)


Die Arbeitsgemeinschaften sind inzwischen Gesetz.
Zum 1. Januar 2005 kann die Zusammenlegung von Ar-
beitslosen- und Sozialhilfe kommen.


(Dirk Niebel [FDP]: Warum wirft man uns dann Blockade vor?)


– Genau das blockieren Sie, Herr Niebel. Ihr Kollege
Laumann schlägt die ganze Zeit vor, die Zusammenle-
gung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe um ein Jahr zu
verschieben. Herr Koch ruft sogar die Kommunen zum
Boykott auf, um die angeschobenen Arbeitsmarktrefor-
men aufzuhalten.


(Dirk Niebel [FDP]: Sie verstehen das einfach nicht oder Sie wollen das nicht verstehen!)


Was Sie wollen, ist fahrlässig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Otto Fricke [FDP]: Ich dachte, das sei vorsätzlich! Was denn nun?)


Wir wollen den Kommunen eine Optionsmöglichkeit
einräumen. Die Organleihe, die wir vorschlagen, ist ein
faires Angebot. Die Kommunen bekommen in einem
sehr überschaubaren Rahmen eine Handlungsfreiheit.
Sie haben einen finanzpolitischen Spielraum in Form
von Budgets, über die sie frei verfügen können, und sie
erhalten einen Spielraum in Form von Zielvereinbarun-
gen. Nur dann, wenn sie die politischen Zielvereinbarun-
gen, die sie selber abschließen, verletzen, greift die Auf-
sichtspflicht. Das ist in diesem Gesetz festgelegt.

Das ist exakt die Vereinbarung, die wir im Vermitt-
lungsausschuss getroffen haben. Darüber reden Sie näm-
lich nicht mehr: Wir haben in einem Entschließungsan-
trag festgelegt, dass die Einbindung der Kommunen
durch Zielvereinbarungen erfolgt. Genau das wird hier-
mit eingelöst. Der Handlungsspielraum der Kommunen
wurde so groß wie möglich konzipiert, ohne die Verfas-
sung ändern zu müssen. Das geben sie selber zu. Deswe-
gen sage ich noch einmal: Machen Sie bei den Verände-
rungen mit!


(Dirk Niebel [FDP]: Wir werden uns nicht mit Ihnen schuldig machen!)


Ich möchte zum Schluss noch eines ansprechen. Die
Reform, die auf die Menschen zukommt, ist ein riesiges
Projekt. Viele Arbeitslose, viele Kommunen, viele Trä-
ger und viele Angebote am Arbeitsmarkt sind davon be-
troffen. Es gibt in der Tat große Probleme in dem Be-
reich. Die Lösung kann aber nicht darin bestehen, nur
die Probleme zu nennen, sondern wir müssen Strategien
zur Lösung der Probleme erarbeiten.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen. Ich komme zum Schluss. – Nun heißt es überall, es ei schwierig, zum 1. Januar 2005 die Auszahlung zu oranisieren. Es besteht – so wurde in der Anhörung geagt – eine 20-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass die oftware nicht gut funktioniert. Ich erwarte von den ommunen und von der Bundesagentur für Arbeit, – Frau Kollegin, Sie müssen jetzt wirklich zum Ende ommen. dass sie neben den Vorschlägen zur Software einen lan B entwickeln, um die Probleme zu lösen, nstatt die Reform zu verschieben. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510511200
Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510511300
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510511400
Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510511500

(Dirk Niebel [FDP]: Das ist unverschämt!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510511600

Nächster Redner ist der Kollege Dirk Niebel, FDP-

raktion.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1510511700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
at zu Recht gesagt: Wir brauchen die Kommunen.
eine grüne Kollegin hat zu Recht gesagt: Wir brauchen
ie Kommunen. – Sie legen hier ein Organleihegesetz
or, das mit Option nichts am Hut hat und das dazu füh-
en wird, dass die Kommunen das nicht machen werden.
ie spielen Mikado mit den Lebenschancen von Millio-
en von Menschen – weil wir die Kommunen brauchen!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie nehmen die Menschen in Haft!)


Wir haben am 18. Dezember des letzten Jahres nach
inem relativ langen Vermittlungsverfahren einen ge-
einsamen Entschließungsantrag von Bundestag und
undesrat hier in diesem Haus beschlossen, mit dem
ine eigenständige Trägerschaft für Kommunen, die
ptieren wollen, gewährleistet werden sollte. Das Organ-
eihegesetz, das Sie vorlegen, hat mit diesem Beschluss
berhaupt nichts zu tun.


(Beifall bei der FDP – Doris Barnett [SPD]: Doch, lesen Sie mal nach!)


Frau Barnett, wir wissen schon aus der Medizin, dass
rganleihe nicht funktionieren kann.

(Doris Barnett [SPD]: Lesen Sie mal nach! Viel leicht haben Sie Ihre Brille vergessen!)







(A) )



(B) )


Dirk Niebel

Wir brauchen Kommunen, die sich mit einer fairen, be-
rechenbaren Chance um die Integration auf dem Arbeits-
markt kümmern können. Aus diesem Grunde haben wir
gemeinsam mit der Union einen Entschließungsantrag
eingebracht, der eine transparente Regelung mit grund-
gesetzlicher Absicherung der Option einfordert, damit
diese Aufgabe übernommen werden kann.

Wir haben in dem Vermittlungsverfahren eine Reform
beschlossen. Das ist – da haben Sie völlig Recht – schon
Gesetz. Insofern können wir gar nichts blockieren. Wir
wollen nur Fairness, wir wollen, dass Sie uns nicht bei
dem Beschluss betrügen, den wir gemeinsam getroffen
haben.


(Beifall bei der FDP – Dr. Uwe Küster [SPD]: Seien Sie einmal etwas ruhiger! Halten Sie mal die Zügel ein bisschen fester!)


Wir haben dreierlei beschlossen: erstens – das wollten
Sie – die grundsätzliche Zuständigkeit der Bundesagen-
tur, zweitens die Möglichkeit, Arbeitsgemeinschaften zu
bilden – Sie können die Kommunen dazu aufgrund des
grundgesetzlich garantierten kommunalen Selbstbestim-
mungsrechts nicht verpflichten –, und drittens die Op-
tion. Wenn Sie ein Gesetz vorlegen, mit dem sich die
Kommunen faktisch in die Abhängigkeit der Bundes-
agentur für Arbeit begeben, um dann als Organ der Bun-
desagentur mit deren Dienstvorschriften arbeiten zu
müssen – das wird kein verantwortlich denkender Kom-
munalpolitiker machen –, werden Sie keine Kommunen
finden, die optieren werden.

Insofern bleiben nur die ersten beiden Alternativen,
die grundsätzliche Zuständigkeit der Bundesagentur und
die Möglichkeit, Arbeitsgemeinschaften zu bilden.


(Beifall bei der FDP)

Wir haben in der Anhörung gehört – lesen Sie das

bitte im Protokoll nach, Herr Clement! –, dass sich die
Kommunen angesichts ihrer Haushaltssituation mittel-
fristig sehr genau überlegen werden, ob sie Angebote
und Dienstleistungen für Aufgaben zur Verfügung stel-
len, für die sie nicht mehr zuständig sind. Die Zuständig-
keit erfolgt grundsätzlich durch die Bundesagentur.

Wir laufen Gefahr, dass mittelfristig Strukturen weg-
brechen, die den Menschen vor Ort die letzte Chance zur
Integration geboten haben. Sie selbst haben festgestellt,
Herr Clement, dass die Kommunen aufgefordert werden
müssten, sich bei JUMP plus und Ähnlichem zu beteili-
gen, weil ihre Mitwirkung notwendig ist. Das hätten Sie
sicherlich nicht gemacht, wenn sie es nicht besser ma-
chen würden als die Bundesagentur.


(Beifall bei der FDP)

Sie haben noch nicht angesprochen, was am 1. Januar

kommenden Jahres geschehen wird, wenn sich eine
Vielzahl der Kommunen nicht einer Arbeitsgemein-
schaft anschließen wird. In dem Fall haben die Mitarbei-
ter der Bundesagentur Aufgaben zu erfüllen, für die sie
keine Kompetenzen haben. Denn für den Personenkreis,
um den es dabei geht – langfristig arbeitslose Men-
schen –, ist der Verlust des Arbeitsplatzes meistens nur
eines von sehr vielen Problemen.


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(C (D (Wolfgang Clement, Bundesminister: Machen Sie sich keine Hoffnung!)


Ich mache mir keine Hoffnungen. Ich habe vielmehr
ittere Angst, dass es Anfang nächsten Jahres zu einem
ozialen Chaos kommt, weil Sie sich nicht an die Verein-
arungen gehalten haben.


(Wolfgang Clement, Bundesminister: Sie haben Angst! Sie machen nichts anderes als Chaos!)


ußerdem sind Ihnen von der Regierungsbank keine
wischenrufe erlaubt.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510511800

Herr Minister, ich habe Verständnis für Ihre Erregung,

ber Sie dürfen von der Regierungsbank aus keine Zwi-
chenrufe machen.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1510511900

Frau Präsidentin, ich habe kein Verständnis für die Er-

egung des Herrn Minister. Der Herr Minister hat sich
chlichtweg nicht an eine im Vermittlungsausschuss ge-
roffene Vereinbarung gehalten und jetzt versucht er,
urch die Hintertür zu fliehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Herr Niebel, bleiben Sie ein bisschen dichter an der Wahrheit! Das ist ja unglaublich, was Sie behaupten!)


Die die Regierung tragenden Fraktionen und er wer-
en dafür verantwortlich sein, wenn Anfang nächsten
ahres die Existenz von Millionen Menschen gefährdet
ird. Sie tragen die politische Verantwortung dafür.


(Beifall bei der FDP – Dr. Uwe Küster [SPD]: Das ist an der Grenze dessen, was man hier noch sagen darf! Unglaublicher Mensch!)


Wir hören immer wieder, dass angesichts der Vielzahl
on Datensätzen, die zu übertragen sind, und der Pro-
lematik mit den Schnittstellen – es gibt 440 unter-
chiedliche Träger der Sozialhilfe, 180 Agenturen für
rbeit, die unterschiedlichsten EDV-Programme und un-
erschiedlich erfasste Daten – erhebliche Schwierigkei-
en auf uns zukommen. Hinzu kommt, dass unseres Wis-
ens die EDV zumindest zurzeit nicht funktioniert, nicht
inmal insofern, als ein belastbarer Test durchgeführt
erden könnte. Einen solchen Test haben Sie am
9. Mai geplant.
Als Konsequenz daraus werden die Datensätze von

en Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Hand einge-
eben werden müssen. Außerdem werden aus der Porto-
asse oder aus welcher Kasse auch immer Abschlags-
ahlungen gewährt werden müssen.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Er hat heute früh wohl seine Blutdrucktropfen vergessen! Unglaublich!)







(A) )



(B) )


Dirk Niebel

Die Betroffenen werden leider nicht vor Ihrem Ministe-
rium, sondern vor den Agenturen für Arbeit stehen und
diejenigen belasten, die sich darum bemühen, diese
Menschen wieder in Arbeit zu vermitteln. Was Sie ma-
chen, ist unverantwortlich, Herr Clement!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Mir graut davor, dass nach dem Dosenpfand, dem vir-

tuellen Arbeitsmarkt und der LKW-Maut das nächste
große Desaster dieser Regierung kommt. Deswegen for-
dere ich Sie auf, Herr Clement: Geben Sie den Kommu-
nen, so wie wir es vereinbart haben, die gerechte Mög-
lichkeit, die Aufgaben zu übernehmen, wenn sie dies
wollen. Die Kommunen, die das nicht wollen, werden
sich dann sicherlich den Arbeitsgemeinschaften an-
schließen. Das ist dann vermutlich auch das Beste, weil
die Selbstbestimmung der Kommunen das entschei-
dende Kriterium dafür ist, ob sie den Wettbewerb um die
besten Ideen gewinnen können. Nur dann können die
Menschen, um die es hierbei geht, eine Chance zur Inte-
gration und zur Teilhabe am gesellschaftliche Leben be-
kommen.

Wir werden jedenfalls in weiteren Vermittlungsver-
fahren nicht mehr so blauäugig sein, Herr Clement, uns
auf Entschließungen oder Protokollnotizen zu verlassen.
Die Zusammenarbeit mit Ihnen wird schwieriger, weil
wir Ihnen nicht trauen können.


(Doris Barnett [SPD]: Die Zusammenarbeit mit Ihnen!)


Wir werden in weiteren Vermittlungsverfahren Punkt für
Punkt, Komma für Komma und Buchstabe für Buch-
stabe beschließen müssen, weil Sie nicht ehrlich und
redlich sind und weil Sie belogen und betrogen haben.


(Doris Barnett [SPD]: Na, na! An die eigene Nase fassen!)


Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510512000

Das Wort hat der Kollege Klaus Brandner, SPD-Frak-

tion.

Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1510512100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Mit der Verabschiedung des Op-
tionsgesetzes vollziehen wir heute den letzten Schritt der
Reformen am Arbeitsmarkt.


(Zuruf von der FDP: Hoffentlich nicht! – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Die alle gescheitert sind!)


Wir legen damit pünktlich ein faires Angebot vor, das
die Möglichkeiten des Grundgesetzes voll ausschöpft.
Denn wir alle wissen, dass eine Grundgesetzänderung
im Bundesrat nicht mehrheitsfähig gewesen wäre. Die
Vorwürfe, die gerade mein aufgeregter Vorredner in
einer aus meiner Sicht unflätigen Weise erhoben hat – er
hat unter anderem von Lügen gesprochen –, muss ich an

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(C (D ieser Stelle für meine Fraktion ganz deutlich zurückeisen. ieber Herr Niebel, als ich Ihre Rede verfolgt habe, habe ch gedacht: Wer so schreit, der muss sich auch nach seier Kinderstube fragen lassen. Ich habe jedenfalls geernt: Wer schreit, hat Unrecht. Sie haben Unrecht in dieer Angelegenheit. (Beifall bei der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Wenn Sie meine Mutter beleidigen wollen, dann ist aber was los!)


(Beifall bei der SPD)


In der Sache selbst müssen wir jetzt, unabhängig von
ersönlichen Sichtweisen, die Debatten schnell beenden
nd zu einer zügigen Umsetzung kommen. Roland Koch
at gestern die Kommunen zur Blockade aufgerufen.
eine Damen und Herren von der Opposition, ich finde,
s ist ein Skandal, dass Sie damit zum Gesetzesboykott
ufgerufen haben. Viel schlimmer ist aber, dass Sie Ihre
olitischen Interessen auf dem Rücken der Arbeitslosen,
en Schwächsten der Gesellschaft, durchzusetzen versu-
hen. Das diskreditiert Sie.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie behaupten, die Kommunen würden nicht mitmachen.
atsächlich gibt es aber zahlreiche kommunale Initia-
iven. Bremsen Sie diese nicht ab! Behindern Sie die Zu-
ammenarbeit nicht! Die Menschen in diesem Land seh-
en sich nach Überwindung der sozialen Unsicherheit
owie nach Zusammenarbeit und praktikablen Lösun-
en. Solche haben wir auch vorgeschlagen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

Wir haben gehört, dass es schon viele gute Beispiele

ibt. Im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit ist eine
ruppe gebildet worden, die Musterarbeitsgemein-
chaften voranbringen soll. Diese sollten wir unterstüt-
en; denn jetzt sind Taten und nicht große Reden gefragt.
etzt ist die Stunde der Praxis. Es gibt keine Ausflüchte
ehr, man müsse erst noch auf die eine oder andere ge-
etzliche Regelung warten. Alle arbeitsmarktpolitischen
kteure sollten zügig an die Arbeit gehen. Den Zeitplan
darauf haben Vorrednerinnen und Vorredner schon hin-
ewiesen – gilt es einzuhalten. Es hilft auch nichts, wenn
ir diese notwendige und sinnvolle Reform hinausschie-
en. Einige behaupten, ein solches Mammutprojekt
rauche mehr Zeit. Ich sage dazu: Erstens haben wir
och acht Monate Zeit. Zweitens haben wir schon viel
u viel Zeit bis zur Umsetzung dieses wichtigen Vorha-
ens verstreichen lassen.


(Beifall bei der SPD)

eder weiß: Nur wenn man mutig ist, die notwendigen
eformen anzupacken, kann man wieder Zuversicht und
ertrauen in der Gesellschaft gewinnen und dafür sor-
en, dass die Beschäftigung in diesem Land zunimmt.
ir brauchen Menschen, die zupacken, und keine Men-
chen, die alles mies machen.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Klaus Brandner

Die Arbeitsagenturen und die Kommunen müssen die

Bildung von Arbeitsgemeinschaften jetzt zügig angehen.
Dafür haben wir den notwendigen Spielraum geschaffen.
Das Optionsgesetz stellt klar, dass Gemeinden, die es
sich zutrauen, die Aufgabe allein übernehmen können.
Diese Gemeinden erhalten dann die gleichen Pauschalen
für Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten,
wie sie auch den Arbeitsagenturen bzw. den Arbeitsge-
meinschaften zustehen.

Das Optionsgesetz ändert im Übrigen nichts an der
Finanzverteilung. Das haben viele in der Vergangenheit
verwechselt. Bund und Länder haben im Übrigen ge-
meinsam gerechnet. Möglicherweise haben sie die Fall-
zahlen unterschätzt. Das betrifft dann aber alle: Sie als
Opposition genauso wie uns, den Bund genauso wie die
Länder. Tun Sie nun also nicht so, als ob der Bund Ihnen
etwas Falsches vorgelegt und sich, wie Herr Koch jetzt
behauptet, einen großen Teil vom Kuchen gegriffen
hätte! Das ist schlicht gelogen. Mit dieser Verdrehung
der Tatsachen und dieser Unsachlichkeit kommen wir
keinen Millimeter weiter.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Länder müssen im Übrigen auch die Ehrlichkeit
besitzen, die Einsparungen an die Kommunen weiterzu-
geben. Hier liegt unter anderem der Hase im Pfeffer.
Darauf sollten wir in diesem Haus gemeinsam achten.
Wir stehen jedenfalls zu unserer Verantwortung und
werden auf eine seriöse Nachberechnung rasch reagie-
ren. Der Minister hat gerade noch einmal deutlich zu-
gesichert – er hat kein Glaubensbekenntnis abgelegt,
sondern ein Versprechen gegeben –, dass die Bundesre-
gierung sowie die Bundestagsfraktionen von SPD und
Grünen dafür stehen, dass die Kommunen tatsächlich
um 2,5 Milliarden Euro entlastet werden. Eine solche
Zusicherung sollte endlich Mut machen, die Arbeit zur
Bildung von Arbeitsgemeinschaften aufzunehmen.

Wir wissen, dass sich die Opposition in diesem Zu-
sammenhang rein destruktiv verhält. Sie haben die Bun-
desagentur für Arbeit oft genug schlechtgeredet. Die
FDP will sie sogar zerschlagen.


(Dirk Niebel [FDP]: Auflösen!)

– Das ist fein formuliert, bedeutet aber im Ergebnis
nichts anderes. – Die CDU/CSU behauptet landauf,
landab, dass die Arbeitsagenturen es nicht könnten und
dass man diesen keine Arbeit mehr geben dürfe. Das
läuft letztendlich auf das Gleiche hinaus. Insofern müs-
sen wir deutlich sagen: Wir stehen zu dieser Reform und
wir sind davon überzeugt, dass die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit eine Chance
verdient haben. Sie können zusammen mit den in den
Kommunen Beschäftigten dazu beitragen und dafür sor-
gen, dass Sozialhilfeempfänger stärker als in der Vergan-
genheit in Arbeitsverhältnisse integriert werden.

Es geht darum, praktische Beispiele wie das aus
Essen bekannter zu machen. Ihr ewiges Schlechtreden,
das Sie in der Vergangenheit und auch heute praktiziert
haben, muss aufhören. Wir haben in Essen gemeinsam

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(C (D rlebt – wir kennen das auch aus Heilbronn und aus aneren Orten –, dass es klappen kann. Wer die positiven eispiele nicht lobt, sondern nur auf negative Beispiele erweist, der baut in diesem Land nichts auf, sondern der aut ab. Wir wollen aufbauen und nicht abbauen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Jetzt geht es darum, mit den neuen Strukturen in Ar-
eitsgemeinschaften offensiv umzugehen. Die Fortfüh-
ung der kommunalen Beschäftigungsgesellschaften
st – danach wird oft genug gefragt – gesichert. Gerade
ei der Beschäftigungsförderung brauchen wir die aus-
rückliche Zusage, dass sich diese Beschäftigungsge-
ellschaften keine Sorgen machen müssen. Wir befinden
ns im Verfahren, das im SGB II geregelt ist. In den Ar-
eitsgemeinschaften kann die Aufgabe vergeben wer-
en. Die Maßnahmen können, wie es bis jetzt nach dem
undessozialhilfegesetz geschieht, voll und ganz beibe-
alten werden. Deshalb muss mit der Verunsicherung
chluss sein. Sie ist verantwortungslos; schließlich brau-
hen wir genau diese Trägerstrukturen für eine aktive
rbeitsvermittlung.
Außerdem gibt es die Möglichkeit der Übergangsre-

elung. Darauf kann man zurückgreifen, im Übrigen
uch dann, wenn der Leistungsbezug nicht gleich funk-
ioniert. Ich bin aber davon überzeugt: Er wird funktio-
ieren. In Jobcentern kann man auch ganz pragmatisch
ereinbarungen treffen, die vorsehen, dass an mehreren
tellen Leistungen erbracht und Auszahlungen getätigt
erden.
Die Beschäftigungsgesellschaften können – das ist we-

en unserer gesetzlichen Grundlage etwas Neues – sogar
estandteil der Arbeitsgemeinschaften werden. Das
eißt: Sie wären nicht nur Beauftragte, sondern ein Teil
er aktiven Arbeitsmarktpolitik. Insofern finde ich es
ichtig, dass das Bild der Arbeitsgemeinschaften
chlüssig und logisch ist. Mit den Verschiebebahnhöfen
uss endlich Schluss sein. Leistungen kommen aus ei-
er Hand.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Auch bei den
usschreibungsverfahren haben wir dafür gesorgt,
ass auf die regionalen Belange in Zukunft wesentlich
ehr Rücksicht genommen wird.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510512200

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1510512300

Das geschieht durch kleinere Lose und durch das
chten auf Qualität. Dadurch, dass den Qualitätskrite-
ien mehr Gewicht beigemessen wird, sorgen wir dafür,
ass die kleinen leistungsfähigen Strukturen in der Flä-
he erhalten bleiben. Das wird ein aktiver Beitrag zum
bbau der Langzeitarbeitslosigkeit vor Ort sein.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510512400

Ich erteile dem Kollegen Johannes Singhammer,

CDU/CSU-Fraktion, das Wort.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1510512500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und

Kollegen! Herr Bundeswirtschaftsminister, die Bundes-
regierung steuert bei der Einführung des Arbeitslosen-
geldes II auf die größte Bruchlandung der letzten Jahr-
zehnte zu. Ein bizarres Bild zeichnet sich ab: Der
Chefpilot des Jumbos Bundesagentur für Arbeit, Herr
Weise, funkt SOS, die EDV-Programme für den Weiter-
flug fehlen, das Höhenruder klemmt,


(Dirk Niebel [FDP]: Und kein Fallschirm an Bord!)


der Finanzsprit für die Kommunen und die Landkreise
reicht nicht und die Pilotenmannschaft bittet um die Er-
laubnis zur Notlandung. Was macht der Cheffluglotse im
sicheren Berlin, Herr Clement? – Er befiehlt: Augen zu,
Blindflug bis zur Bruchlandung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Leidtragenden einer solchen Gesetzeskatastrophe

– 3,5 Millionen Menschen, über 2 Millionen Langzeit-
arbeitslose, hinzu kommen die erwerbsfähigen Sozialhil-
feempfänger – haben schon jetzt große Sorge. Ich sage an
dieser Stelle ohne Häme: Wir hätten uns gewünscht, dass
das Projekt der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe
und Sozialhilfe gelingt und zu einem Erfolg für Deutsch-
land wird. Deshalb haben wir im Vermittlungs-
ausschuss alle Kräfte mobilisiert und unseren Beitrag
geleistet.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach ja?)


Die zentralen Absprachen im Vermittlungsausschuss
wurden aber – das wissen Sie genau – nicht eingehalten.
Deshalb sage ich an dieser Stelle klar und deutlich: Wir
lehnen jede Verantwortung für die sich anbahnende Ge-
setzeskatastrophe ab. Wir distanzieren uns von diesem
Gesetzesmurks.


(Beifall bei der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie lehnen Verantwortung ab! Darum geht es genau!)


Die Bereitschaft zur Mitwirkung der Gemeinden, der
Städte und der Landkreise wird Tag für Tag mehr ver-
spielt. Für die meisten Städte stellt sich im Hinblick auf
die Lösung der Arbeitsgemeinschaft natürlich die
Frage: Wie schauen die Finanzen aus? Das ist auch für
diese Alternative die entscheidende Frage. Nachdem Sie
eine echte Option abgelehnt haben, wird die Bereit-
schaft, in eine Arbeitsgemeinschaft einzusteigen, nicht
wachsen, wenn Sie die grundlegende Frage, wie es mit
den Finanzen der Kommunen weitergeht, nicht klären.

Wieder einmal fehlen nach den Berechnungen der
Kommunen Milliarden, in diesem Falle 5 Milliarden
Euro. Sie sagen: Es sind weniger. Das Problem wird sich
schon noch lösen. – Wenn Sie uns nicht glauben, auch
den Kommunen und den Kreisen nicht vertrauen, dann

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(C (D ertrauen Sie doch zumindest der rot-grünen Regierung er Landeshauptstadt München; denn das sind Ihre poliischen Freunde! ort hat man ausgerechnet, dass bei dem Verfahren, das ie jetzt einführen wollen, allein die Landeshauptstadt ünchen mit 92 Millionen Euro zusätzlich belastet ürde. Deshalb ist die Bereitschaft bei den Kommunen ering. Deshalb werden Sie auch keine neuen Kommuen dafür gewinnen. Was ist die Folge? – Die Folge ist, dass die Bundes gentur die in der Tat gewaltige Aufgabe der Zusamenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe allein chultern muss. 40 000 Mitarbeiter – darüber haben wir chon gesprochen – werden zusätzlich benötigt. Ich möchte an das Beispiel von Karl-Josef Laumann nknüpfen. Die Bundeswehr schrumpfen und die Bunesagentur aufblähen, das ist der rote Faden in der Poliik dieser Bundesregierung und das zeigt, wohin der Weg eht. Statt Verschlankung und Beschränkung auf das erngeschäft der Arbeitsvermittlung, die nach allgemeier Ansicht notwendig sind, franst die Bundesagentur zu iner allgemeinen Sozialagentur aus. Sie wird zukünftig ine Bundessozialagentur und weniger eine Bundesverittlungsagentur sein. Bei der Vorbereitung der Umsetung dieses gewaltigen Vorhabens wurde – das lässt sich chon jetzt sagen – fehlerhaft kalkuliert und mit dem Bearren auf ihrer Fortsetzung tragen Sie die Verantworung. Wenn am 2. Januar kommenden Jahres, also 2005, indestens 3,5 Millionen Menschen die neuen Leistunen erhalten sollen, um buchstäblich ihr Auskommen zu aben, um finanziell überleben zu können, dann, so sagt ie Bundesagentur, müssen wir am 1. Oktober dieses ahres beginnen, arbeitstäglich mehrere Zehntausend ieser Anträge zu bescheiden. Ab dem 1. August müssen ie Daten gesammelt werden. Das ist nicht einfach. Es üssen Anträge versandt werden, die Anträge müssen usgefüllt werden, sie müssen zurückkommen, sie müsen ausgewertet werden. Das muss EDV-tauglich gestalet werden. Dies geht nur, wenn ein funktionsfähiges DV-System vorhanden ist. Deshalb ist das so wichtig. eshalb kommen wir in dieser Debatte auch immer wieer auf das EDV-Programm zurück. Erst am 19. Mai, in wenigen Wochen, soll eine Risi ostudie der Bundesagentur vorliegen, die klärt, ob die echnik überhaupt funktioniert und eingesetzt werden ann. Wenn es bei diesem komplizierten Vorhaben zu ehlern kommt, dann gilt – so sagt die Bundesagentur; as ist ihr eigenes Eingeständnis –: Es ist kein zeitlicher uffer mehr vorhanden. Sie befinden sich auf ganz dünem Eis. Ein Fehler – und Sie brechen ein. Ich wünsche s nicht. ch wünsche es auch den Arbeitslosen nicht. Ich sage hnen: Es ist durchaus vorstellbar, dass am 2. Januar ommenden Jahres die Menschen an den Türen der Johannes Singhammer Arbeitsagenturen rütteln, weil sie ihr Geld noch nicht erhalten haben. (Dr. Uwe Küster [SPD]: Das sind Ihre Spekulationen! Auf diese Karte setzen Sie! Sie sind durchschaut!)


(Otto Fricke [FDP]: Da bin ich nicht sicher!)


(Widerspruch der Abg. Doris Barnett [SPD])


(Lachen der Abg. Doris Barnett [SPD])





(A) )


(B) )


– Sie brauchen nicht so dazwischenzuschreien! – Ich
sage Ihnen eines: In den 50 Jahren der Geschichte der
Bundesrepublik Deutschland sind wir von Volksaufstän-
den Gott sei Dank verschont geblieben.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie schüren sie!)


Aber wenn Sie so weitermachen, gibt es für die Zukunft
keine Garantie.

Jetzt komme ich zu einem weiteren ernsthaften Pro-
blem: Weil jetzt alle Kraft der Mitarbeiter der Bundes-
agentur – ich weise an dieser Stelle die Unterstellungen,
die Sie ständig aussprechen, nämlich dass wir ihre Leis-
tung nicht würdigen oder ihnen nichts zutrauen würden,
zurück – auf dieses Projekt, das erkennbar mit schweren
Mängel behaftet ist, konzentriert werden muss, werden
die anderen Vorhaben der Hartz-Reformen, die auch Sie
so dringend einfordern, insbesondere die Umsetzung der
so genannten Hartz-III-Reform, also eine bessere Orga-
nisation der Arbeitsämter, nur noch in einer Leicht-
bzw. Softfassung verwirklicht werden.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Jetzt aber einmal ruhig!)


– Logisch, Sie müssen ja alle Kräfte auf Hartz IV kon-
zentrieren.

Zum Schluss richte ich deshalb meinen dringenden
Appell an Sie und den Cheffluglotsen Wolfgang
Clement, der die Verantwortung trägt: Stoppen Sie den
Blindflug! Verhindern Sie die Bruchlandung!


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Das ist ja unerhört!)

Und tun Sie alles, dass aus Hartz IV nicht eine Maut II
wird!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510512600

Das Wort hat nun die Kollegin Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1510512700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Reform des Arbeitsmarktes stagniere, ist zu hören. Die
Einführung des so genannten Arbeitslosengeldes II zum
1. Januar 2005 sei gefährdet. Noch immer sei unklar, ob
und wie die Kommunen und die Bundesagentur für Ar-
beit zusammenwirken sollen. Obendrein gebe es auch
noch Softwareprobleme. – Das sind – wie ich finde: zu
Unrecht – die Schlagzeilen der letzten Tage. Wir haben
nämlich kein Softwareproblem, sondern wir reden über
ein Hardcoreprogramm,


(Widerspruch des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD])


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(C (D as Millionen Arbeitslose, potenzielle Arbeitslose und eren Angehörige in die Armut treiben wird. Das ist das igentliche Thema, und nicht, wer dann das Ganze mit elcher Software durchführt. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Sie wissen, dass die PDS gegen diese so genannte Ar-
eitsmarktreform ist. Sie firmiert unter dem Namen
artz und ist Teil der Agenda 2010. Erst vor wenigen
ochen haben eine halbe Million Menschen bundesweit
agegen demonstriert; wie ich finde, zu Recht. Nun
taune ich allerdings, dass sich, wie man lesen kann,
ronzeugen zu Wort melden, von denen ich das gar
icht erwartet hätte, nämlich die viel zitierten Wirt-
chaftsweisen. Sie haben gestern ihren Jahresbericht
orgelegt. Eine Aussage in diesem Bericht lautet: Die
genda 2010 hat keine Besserung gebracht; sie schuf
assenhafte Verunsicherung; sie belastet den Binnen-
arkt; sie bremst das Wachstum und schafft keine Ar-
eitsplätze. Das sind starke Worte, allemal dann, wenn
an sie an den großspurigen Versprechungen im Zusam-
enhang mit Hartz misst. Da war nämlich noch von ei-
er drastischen Senkung der Arbeitslosigkeit die Rede.


(Doris Barnett [SPD]: Über Nacht?)

ie Fakten sprechen eine andere Sprache. Sie sprechen
icht für Rot-Grün – im Gegenteil.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Nun wollen Sie trotz alledem das Arbeitslosengeld II
inführen. Auch wenn wir gemeinsam die einschlägigen
abellen rauf- und runterrechneten, kämen wir für Fami-
en mit Kindern, für Alleinstehende, für Ältere im Wes-
n oder Jüngere im Osten immer wieder zu demselben
rgebnis: Sie greifen Bedürftigen in die Tasche. Sie ge-
en sogar ans Ersparte. Sie zwingen Arbeitslose in un-
rbezahlte Jobs und drohen ihnen obendrein mit Stra-
en. Doch damit nicht genug: Sie drehen generell an der
ohnspirale. Betroffen sind also nicht nur die Arbeitslo-
en, sondern alle, die jetzt noch Arbeit haben. Oder mit
en Worten des DGB-Chefs Sommer, der dieses in die-
er Woche auf den Punkt brachte: Sie benehmen sich so,
ls sei Arbeit Dreck.
Ein Wort noch an den Kollegen Singhammer. Sie ha-

en sich ja eben zum Anwalt der Langzeitarbeitslosen
ufgeschwungen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Waren wir immer schon!)


ie haben nur vergessen, dass Sie sich freudig an diesem
lau von Sozialleistungen beteiligt haben, indem Sie am
9. Dezember der Einführung des Arbeitslosengeldes II
ür Menschen an der Armutsschwelle zugestimmt haben.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Kurzum: Es spricht sehr viel dafür, die Tätigkeit der
undesagentur für Arbeit den neuen Bedingungen anzu-
assen. Aber die Vorhaben, die genau dieses Ziel verfol-
en, etwa entsprechend ausgestattete moderne Jobcenter,






(A) )



(B) )


Petra Pau

schieben Sie auf die lange Bank. Die Repressionen ge-
genüber Arbeitslosen wollen Sie zugleich aber forcieren.
Sie meinen noch, das sei ein ehrgeiziges Ziel. Ich finde,
das ist nicht ehrgeizig, sondern eher ehrabschneidend.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510512800

Ich erteile das Wort der Kollegin Doris Barnett, SPD-

Fraktion.


Doris Barnett (SPD):
Rede ID: ID1510512900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

sind die Guten, wir haben es angepackt: Doppelstruktu-
ren weg! Denn die Experten der Hartz-Kommission
empfahlen vor knapp zwei Jahren die Zusammenlegung
von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Damals, im
August 2002, waren wir uns einig, dass das der richtige
Ansatz ist. Der Rahmen für die Reformen ist also schon
lange klar, und zwar allen Beteiligten: Bund, Ländern
und Kommunen. Der Vorschlag hatte damals mit Option
nichts am Hut, wie Sie eigentlich wissen müssten, son-
dern es wurde klar und eindeutig von der Hartz-Kom-
mission formuliert, dass die BA (neu) die Zuständigkeit
haben und die Betreuung im Jobcenter erfolgen sollte.

Ziel unseres Gesetzentwurfes ist und bleibt, dass wir
die Kenntnisse und Erfahrungen der Akteure am Ar-
beitsmarkt nutzen, um eine Absenkung der Arbeitslosig-
keit zu erreichen und aus Leistungsbeziehern Erwerbstä-
tige zu machen, die möglichst keinerlei Unterstützung
mehr bedürfen. Aber nach fast zwei Jahren sollen wir
noch immer nicht dürfen können, weil Ihnen, meine Da-
men und Herren von der Opposition, die Augenhöhe
nicht passt. Sie verbelzebuben die Arbeitsgemeinschaf-
ten zwischen Kommunen, deren Beschäftigungsgesell-
schaften und den Arbeitsämtern, obwohl diese schon
lange, zum Teil seit Jahren, sehr gut funktionieren. Fra-
gen Sie doch einmal in Köln nach, ob sie sich als Büttel
der BA fühlen!

Außerdem erinnere ich an die Ausführungen des Ver-
treters des Deutschen Städtetages in der Anhörung, der
darauf hingewiesen hat, dass bei der Zusammenlegung
der Aufgaben der Sozial- und Arbeitslosenhilfe Koope-
ration Grundbedingung ist, weil es keiner Seite allein
möglich ist, diese Herkulesaufgabe zu schultern.

Aber auch wenn eine Kommune optiert – das soll sie
ja, wenn sie es will –, würde sie für viele Aufgabenstel-
lungen des SGB III im Unterverhältnis die Agentur für
Arbeit beauftragen müssen. Oder glauben Sie allen Erns-
tes, die Sozialämter vermitteln die Arbeitssuchenden
dann bundesweit? Denn darauf haben die Empfänger des
Arbeitslosengeldes II Anspruch. Also läuft das echte Le-
ben auch unter dieser Annahme wieder auf eine Arbeits-
gemeinschaft hinaus.

Ich will damit aufzeigen, dass wir uns der Options-
möglichkeit der Kommunen nicht verschließen, dass
aber die Lebenswirklichkeit nicht immer so ist, wie es
sich manche vorstellen, dass es nämlich möglich sei, die
Option in Reinform zu praktizieren. Denken Sie doch

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(C (D ur daran, dass es neben den Arbeitslosenhilfeempfänern auch noch Arbeitslosengeldempfänger gibt. Diese leiben auf jeden Fall im Zuständigkeitsbereich der Areitsagentur. Aber auch in diesem Fall müsste eine verünftige Kommune, selbst wenn sie optiert, ein Interesse aran haben, diese schnellstmöglich zu vermitteln, damit ie nicht erst zu ihren Arbeitslosengeld-II-Kunden weren. Auch deshalb würde hier eine Schnittmenge entsteen, die deutlich für eine Arbeitsgemeinschaft spricht. Weil die Eventualitäten des Lebens vielfältiger sind, ls man es vernünftigerweise in ein Gesetz schreiben ollte, kann ich trotz Ihrer ablehnenden Haltung nur daür werben, mit uns das jetzt vorliegende Optionsgesetz u beschließen und die Akteure endlich an die Arbeit zu ssen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


eil wir einer flexiblen Handhabung den Vorzug vor
chematischer Gleichmacherei geben, werden wir jede
ernünftige Lösung fördern. Die guten Beispiele, die es
ereits gibt – zum Beispiel in Köln und Düsseldorf –,
önnen Pate stehen und helfen, viele Detailfragen zu
lären. Dann kommen wir auch mit unserem eigentli-
hen Ziel, Menschen wieder in Arbeit zu bringen,
chneller vorwärts.
Bei den Debatten in den letzten Tagen hatte ich aller-

ings eher den Eindruck, wir streiten über bürokratische
etails und Vorurteile gegenüber den jeweiligen Fähig-
eiten der Verwaltungen – natürlich ist die eigene immer
ie bessere –, was vielleicht auch damit zusammenhängt,
ass man auf Kompetenzzuwachs hofft. Aber eigentlich
uss es uns doch darum gehen, dem arbeitslosen Men-
chen zu helfen. Da nützt es nichts, durch Verschiebung
es Gesetzes so zu tun, als könne man durch Zuwarten
öglicherweise noch bessere Lösungen finden – in
wei, drei oder fünf Jahren, wann auch immer, wahr-
cheinlich nach der Bundestagswahl. Wir brauchen die
nstrumente wie Jobcenter jetzt. Die Menschen wollen
tzt vermittelt werden, sie wollen jetzt in Arbeit oder
ortbildung und dabei interessiert es sie herzlich wenig,
b ihr Gegenüber von der Agentur für Arbeit, von der
tadtverwaltung oder von der Kreisverwaltung kommt.
Aber so soll es ja nicht sein. Zuerst will die Opposi-

on geklärt haben, wie das Ergebnis des Vermittlungs-
usschusses zu interpretieren ist, nämlich so, wie die
DU/CSU es in ihrem Gesetzentwurf vom September
003 geschrieben hat: „Zuweisung aller Vermittlungs-,
eratungs- und Leistungsaufgaben an die kreisfreien
tädte und Landkreise“. So steht es in Ihrem Gesetzent-
urf. Dieser sah damals eine Grundgesetzänderung vor.
as ist das genaue Gegenteil von dem, was in dem
artz-Papier steht. Aber in der Beschlussempfehlung
es Vermittlungsausschusses – vielleicht lesen Sie die
inmal, Herr Niebel – wird bezüglich der Option der
ommunalen Träger bestimmt, dass das Nähere ein
Bundesgesetz“ regelt – so, wie die Hartz-Kommission
s vorgeschlagen hat. Im fraktionsübergreifenden Ent-
chließungsantrag zum Ergebnis des Vermittlungsaus-
chusses vom 18. Dezember 2003 fordern Sie mit uns er-
eut, dass die Vorlage eines entsprechenden






(A) )



(B) )


Doris Barnett

Gesetzentwurfs zu erfolgen habe. Von einer Grundge-
setzänderung war wieder weit und breit nichts zu lesen.
Wenn Sie hier jetzt mit Entrüstung behaupten, wir hiel-
ten uns nicht an Absprachen, dann ist das schon verwun-
derlich. Denn Sie tun so, als hätten wir tatsächlich über
eine Grundgesetzänderung gesprochen. Es waren aber
die B-Länder, die Ihre Forderungen letztendlich ablehn-
ten.

Es trifft nicht zu, dass die Kommunen zu Bittstellern
der Bundesagentur werden. Auch hier hilft ein Blick in
das von uns gemeinsam verabschiedete Papier vom
18. Dezember. Dort wird eindeutig über Zielvereinba-
rungen mit den Kommunen gesprochen. Genau das,
was Sie im Dezember letzten Jahres mit uns beschlossen
haben, stellen Sie, meine Damen und Herren von der
CDU/CSU, jetzt mit Ihrem Entschließungsantrag in-
frage. Ihr Ziel ist und bleibt ganz offensichtlich, auf Bie-
gen und Brechen zu verhindern, dass wir Erfolg damit
haben, die Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Da-
rum geht es Ihnen in Wirklichkeit. Mit dem von uns vor-
gelegten Gesetz, das Sie im Bundesrat verhindern wol-
len, haben wir den Kommunen die Möglichkeit an die
Hand gegeben, im Rahmen einer Zielvereinbarung ar-
beitslose Menschen in Beschäftigung zu bringen.

Jeder, der etwas von Politik und Taktik versteht, be-
greift, um was es Ihnen geht. Ihnen geht es nicht um die
Optionsmöglichkeit, die Herr Koch für ganz Hessen und
nicht nur für den Main-Kinzig-Kreis hätte haben kön-
nen. Er hat sie nicht gewollt und hat bis heute nicht ge-
sagt, warum.


(Beifall bei der SPD)

Sie wollen blockieren, weil Sie Angst haben, dass wir
Erfolg haben könnten. Deswegen sage ich Ihnen: Tun
Sie sich selbst einen Gefallen und stimmen Sie zu! Dann
können Sie den Erfolg mit uns teilen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510513000

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

Kollege Wolfgang Meckelburg für die CDU/CSU-Frak-
tion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1510513100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich laufe

jetzt Gefahr, ähnlich schnell zu reden wie Frau Barnett,
weil ich ebenfalls einige Zettel mehr habe, als ich für
meine Rede brauchen werde.


(Klaus Brandner [SPD]: So viel habt ihr doch gar nicht zu sagen!)


Ich will als letzter Redner unserer Fraktion und auch als
letzter Redner in dieser Debatte den Versuch unterneh-
men, die Argumente zu bündeln, die gegen das sprechen,
was heute verabschiedet werden soll.

Ich habe aus der „WAZ“, einer großen Zeitung im
Ruhrgebiet, einen Artikel von vorgestern mitgebracht.


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(C (D (Otto Fricke [FDP]: Gehört die auch der SPD?)


Man müsste einmal nachschauen, wem sie gehört. –
arin steht, dass in den Städten schon das Wort von der
aut II kursiert.


(Klaus Brandner [SPD]: Das hatten wir heute schon!)


enau diese Diskussion läuft zurzeit in den Kommunen
nd Städten. Wenn Sie mit Sozialhilfeträgern reden,
ann können Sie die Einschätzung hören, dass die Ge-
ahr besteht, dass die Zusammenlegung von Sozialhilfe
nd Arbeitslosenhilfe am 1. Januar 2005 ähnlich
chlimm ausgeht wie die Einführung der Maut.
Wir haben jetzt aber noch etwas Zeit, darüber zu re-

en, ob wir wirklich die Vernunft ausschalten und uns
ehenden Auges in diese Gefahr begeben wollen. Die
este Lösung wäre, wenn Sie heute sozusagen kurz vor
em Zieleinlauf den Gesetzentwurf zurückziehen wür-
en, weil er in dieser Form nicht tauglich ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Uwe Küster [SPD]: Na, na! Nun ist aber genug!)


Ich konnte eben fast den Eindruck gewinnen, dass Rot
nd Grün die Urheber des Themas Zusammenlegung
on Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe sind. Es hat lange
edauert, bis Sie sich zu einer Zusammenlegung ent-
chlossen haben. Sie haben in der letzten Legislaturperi-
de mehrere entsprechende Anträge von uns abgelehnt.
eit Hartz ist diese Politik aber hoffähig geworden. Das
st auch gut so. Es besteht jetzt breite Übereinstimmung
arin, dass dieses Vorgehen sinnvoll ist. Dennoch sind
ir in vielen Fragen nicht einer Meinung. Ich will in die-
em Zusammenhang drei Punkte ganz deutlich anspre-
hen.
Erster Punkt. Uns war schon während der Beratung in

er letzten Legislaturperiode klar, dass wir nur dann zu
iner Lösung kommen werden, wenn Sie die Kommunen
m Boot haben und wenn Sie den Kommunen nicht das
efühl geben, dass ihnen eine Aufgabe zugeschustert
ird, die sie selbst zu finanzieren haben. Genau diese
iskussion findet zurzeit statt. Es geht also um die
rage, ob – wie versprochen – die Kommunen um
,5 Milliarden Euro entlastet werden oder ob sie – damit
echnen sie – mit 5 Milliarden Euro belastet werden. Das
st ein Unterschied von 7,5 Milliarden Euro. Es wäre gut
ewesen, wenn wir heute darüber Klarheit geschaffen
ätten. Das gilt nicht nur für das Optionsmodell, sondern
uch für das andere diskutierte Modell.
Herr Minister, man kann Ihnen nicht durchgehen las-

en, dass Sie in einem Interview gesagt haben, dass wir
u den finanziellen Auswirkungen eine Verständigung
Vermittlungsverfahren erreicht hätten. Dies sei im
achhinein von den Kommunen angesichts der finanzi-
llen Dimensionen infrage gestellt worden. Sie haben
erner die Ansicht geäußert, dass die Kommunen
Milliarden Euro mehr vom Bund haben wollten, als es
m Vermittlungsverfahren vereinbart worden sei. Das ist
chlicht und einfach falsch. Es ist eine Entlastung von






(A) )



(B) )


Wolfgang Meckelburg

2,5 Milliarden Euro vereinbart worden. Dabei geht es
nicht um Nachforderungen, sondern um eine richtige
Berechnung. Es wäre schön gewesen, wenn wir heute
das Signal ins Land hätten senden können, dass das Geld
vorhanden ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ein weiterer Punkt betrifft die Organleihe. Der ge-
schätzte Kollege Laumann hat eben aus der Anhörung
zitiert. Sie können das nennen, wie Sie wollen. Eine
kommunale Trägerschaft mit einem eigenen Handlungs-
spielraum, wie es im Vermittlungsausschuss vereinbart
wurde, ist das, was heute verabschiedet wird, nicht. Sie
machen die kommunalen Träger in Ihrem Entwurf zu
kommunalen Stellen, die zu Organen der Bundesagentur
werden. Dies ist letztlich eine Auftragsverwaltung.

Wenn Sie einmal in Ihren Antrag hineinschauen, dann
finden Sie auf Seite 2 die sehr überzeugende Formulie-
rung von den „zugelassenen kommunalen Stellen“. Das
zeigt, wer an wessen Tropf hängt. So stellen wir uns eine
kommunale Trägerschaft nicht vor. Den Kommunen
bleibt nach diesem Gesetz kaum Spielraum für eine ei-
genständige regionale Beschäftigungspolitik. Das ist für
uns ein wichtiger Grund, Nein zu sagen. Es geht hier
nicht um eine Strukturdiskussion, Herr Minister
Clement, sondern um die Frage: Wer kann es besser? Ich
glaube, wir können den Kommunen mehr zutrauen, als
Sie es in Ihrem Gesetz vorsehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich frage mich wirklich: Warum versucht Rot-Grün
mit aller Macht, eine zentralstaatliche Lösung durchzu-
setzen? Wir haben doch gute Erfahrungen; die Kommu-
nen leisten doch Gutes.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie können doch all das machen, was sie wollen! – Weiterer Zuruf der Abg. Doris Barnett [SPD])


Woher nehmen Sie von Rot-Grün eigentlich die Zuver-
sicht, dass die Bundesagentur für Arbeit das alles besser
kann? Sie war schon früher für 2 Millionen Arbeits-
losenhilfeempfänger und für die Langzeitarbeitslosen
zuständig. Die Zahlen sind doch nicht zurückgegangen;
sie sind angestiegen.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Hier wird wieder ein Popanz aufgebaut! Ohne den geht es nicht!)

Jetzt kommen noch mindestens 1,2 Millionen erwerbsfä-
hige Sozialhilfeempfänger hinzu. Warum soll das über
die Bundesagentur für Arbeit besser gehen?

Frau Barnett, warum lernen wir nicht – wir haben das
auch an anderen Stellen versucht – von den Nieder-
landen


(Doris Barnett [SPD]: Wir tun es doch!)

– nein, wir tun es gerade nicht –, die als ein kleineres
Land mit 14 Millionen Einwohnern den Kommunen die
Trägerschaft überlassen, und zwar mit der Begründung,
dass ein Land mit 14 Millionen Einwohnern für eine

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(C (D entrale Stelle zu groß sei. Wir erlauben uns mit 2 Millionen Einwohnern genau das Gegenteil; wir mahen daraus eine Mammutveranstaltung. Dies ist falsch nd bedeutet über 40 000 Mitarbeiter mehr. Wir sind nicht im Zeitplan. Nicht abwarten. – Damit es klar ist: Wir haben am 8. Dezember 2003 als Ergebnis eines Vermittlungsverahrens gemeinsam beschlossen, dass Sie bis Ende Feruar 2004 einen Gesetzentwurf vorlegen. Ich stelle fest: er erste Punkt, der Termin, wurde nicht eingehalten. Dann steht dort unter Punkt 1: Falls das Bundesgesetz icht bis Ende April in Kraft getreten ist – es wird heute erabschiedet; aber es tritt nicht in Kraft; das heißt, man at keine genaue Gewissheit, was möglich ist –, sind die risten entsprechend anzupassen. Es ist der 31. August 2004 genannt worden, bis zu em sich die Kommunen entscheiden sollen. (Doris Barnett [SPD]: Wollt ihr den Kommunen das Geld vorenthalten? – Dr. Uwe Küster [SPD]: Das ist Ihre Linie: Den Kümmel aus dem Käse polken! Das ist Ihre Politik! Unglaublich!)


(Doris Barnett [SPD]: Abwarten!)


Was passiert hier eigentlich? Die Frist vorne wird im-
er länger und die Frist hinten immer kürzer. Welche
ommunen sollen sich angesichts eines so kurzen Zeit-
ensters denn wirklich für ein solches Modell entschei-
en? Wir haben in diesem Zeitraum acht Kommunal-
ahlen. Zusätzlich wird am 26. September in
ordrhein-Westfalen gewählt. In Phasen, in denen Wah-
en anstehen, können Sie den Räten solche grundlegen-
en Entscheidungen nicht zumuten. Deswegen ist die
rage, wann was in Kraft tritt, eine Frage, die uns sehr
ewegt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Meckerburg!)


Lassen Sie die Verdrehung meines Namens! Das kenne
ch schon aus dem Rat der Stadt Gelsenkirchen. Das war
or 20 Jahren. Das brauchen Sie nicht zu wiederholen;
as ist nicht neu.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Aber es bleibt richtig!)


Meine Damen und Herren, es wäre schön gewesen,
eute zur Verabschiedung des Gesetzes hier im Bun-
estag einmal wirklich alle Fragen geklärt zu haben: die
inanzierung, die Frage der eigenständigen kommunalen
rägerschaft, die Zeitschiene. Können Sie sich, meine
amen und Herren von Rot-Grün, überhaupt noch vor-
tellen, welches Signal es für Deutschland wäre, wenn
ie endlich einmal ein bis zu Ende gedachtes und in sich
timmiges Konzept mit einem Schlag durchbrächten,


(Doris Barnett [SPD]: Das könnten wir! Aber Sie machen ja nicht mit!)


enn Sie heute bei der Verabschiedung Sicherheit für
ie Kommunen und hinsichtlich der Finanzen schaffen
ürden? Sie bekommen das nicht hin. Dies alles bleibt






(A) )



(B) )


Wolfgang Meckelburg

Stückwerk. Es entsteht Verunsicherung nach dem heuti-
gen Beschluss.

Deswegen haben wir als Fraktion der CDU/CSU ei-
nen Entschließungsantrag eingebracht


(Dirk Niebel [FDP]: Mit der FDP!)

– genau, zusammen mit der FDP –, in dem wir die Bun-
desregierung in vier Punkten auffordern, das Kommu-
nale Optionsgesetz so umzugestalten, dass erstens die
optierenden Kreise und kreisfreien Städte tatsächliche
Träger werden – das sind sie nämlich jetzt nicht – und in
Eigenverantwortung die Aufgaben erfüllen können, die
in diesem Gesetz vorgesehen sind, dass Sie zweitens
eine verfassungskonforme Regelung vorlegen, wodurch
den Kommunen entsprechend dem Entschließungsantrag
direkt vom Bund Geldmittel an die Hand gegeben wer-
den, dass drittens bei den Mitteln für Verwaltungs- und
Eingliederungspauschalen auskömmliche Summen, das
heißt höhere als bisher, ausgewiesen werden und dass
Sie viertens durch gegebenenfalls notwendige Gesetzes-
änderungen sicherstellen, dass den Kommunen tatsäch-
lich die zugesagten Einsparungen von jährlich
2,5 Milliarden Euro verbleiben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn Sie das alles heute schon geschafft hätten, wä-

ren wir einen wichtigen Schritt weiter. Das wäre ein Si-
gnal: Jetzt geht es richtig los. Wir wären dabei. Aber Sie
haben es wieder nicht geschafft.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen wird die Sache den Weg gehen, den sie gehen
muss. Jedenfalls werden Sie das heute alleine verab-
schieden müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510513200

Ich schließe die Aussprache.
Nun geht es wirklich los. Denn wir kommen nun zur

Abstimmung über den von den Fraktionen der SPD und
des Bündnisses 90/Die Grünen eingebrachten Gesetzent-
wurf zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach
dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch auf Drucksache
15/2816. Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit emp-
fiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf
der Drucksache 15/2997, den Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in dieser Fassung zustimmen wol-
len, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung angenommen.

Wir kommen zur
dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz-
entwurf ist mit den Stimmen der Koalition gegen die
Stimmen der Opposition angenommen.

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(C (D Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entchließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der DP auf Drucksache 15/3005. Wer stimmt für diesen ntschließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer nthält sich? – Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Tagesordnungspunkt 5 b: Beschlussempfehlung des usschusses für Wirtschaft und Arbeit auf Drucksache 5/2997 zum Antrag der Fraktionen der SPD und des ündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel „Verabschieung eines Optionsgesetzes“. Der Ausschuss empfiehlt nter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung, diesen ntrag auf Drucksache 15/2817 anzunehmen. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehung ist damit angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Christian Schmidt Reinhard Beck neter und der Fraktion der CDU/CSU Für den Erhalt sicherheitsrelevanter Strukturen in der Bundeswehr – Drucksache 15/2824 – Überweisungsvorschlag: Verteidigungsausschuss Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für iese Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Dazu höre ch keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Bevor ich dem ersten Redner das Wort erteile, wäre ch dankbar, wenn wir den üblichen Wechsel in der Beetzung der beteiligten Kolleginnen und Kollegen ersens möglichst zügig und zweitens möglichst geräuschos vornehmen könnten. Als erstem Redner erteile ich dem Kollegen Christian chmidt, CDU/CSU-Fraktion, das Wort. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen nd Kollegen! Bei dem vorliegenden Antrag „Für den rhalt sicherheitsrelevanter Strukturen in der Bundesehr“ handelt es sich nicht um ein dahingeschriebenes latt Papier, sondern um eine zentrale Problematik, die ich in diesem Jahr mehr und mehr zeigt. Anspruch und irklichkeit klaffen wieder einmal auseinander. (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei wem?)

Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1510513300

ie wird die Zielsetzung, die letztes Jahr verkündet
urde, in diesem Jahr umgesetzt? Da sind große Frage-
eichen zu setzen.
Gründe dafür sind die pure Finanznot und vielleicht

uch ein Schuss Ideologie: Die Frage der Landesvertei-
igung soll ad acta gelegt werden.






(A) )



(B) )


Christian Schmidt (Fürth)


Ich erlaube mir, Ihnen nach dem Prinzip „Schlag nach

bei Struck“ vorzulesen und in Erinnerung zu rufen, was
der Verteidigungsminister, dem wir, Herr Staatssekretär,
von hier aus alles Gute und gute Besserung wünschen


(Walter Kolbow, Parl. Staatssekretär: Schon wieder im Einsatz!)


– schon wieder im Einsatz –, in den Verteidigungs-
politischen Richtlinien geschrieben hat, die ich mit In-
teresse gelesen habe – ich zitiere –:

Zum Schutz Deutschlands und seiner Bürgerinnen
und Bürger leistet die Bundeswehr künftig einen
bedeutenden, zahlreiche neue Teilaufgaben umfas-
senden und damit deutlich veränderten Beitrag im
Rahmen einer nationalen Sicherheitskonzeption.

Nationale Sicherheitskonzeption heißt nicht Ressort-
konzeption, sondern dass sich alle zusammensetzen und
überlegen, was sie tun müssen, können und sollen, damit
unser Land sicher bleibt und unsere Bürgerinnen und
Bürger vor den drohenden Gefahren zum Teil völlig
neuer Art, die wir noch vor zehn oder 15 Jahren für völ-
lig unmöglich gehalten haben, geschützt werden. Das
heißt auch, dass man von dem, was bis vor 15 Jahren
war, Abschied nehmen muss.

Natürlich geht es dabei nicht um das, was früher Ter-
ritorialverteidigung hieß, also so zu tun, als ob es darauf
ankäme, anstürmende fremde Heere zu bekämpfen und
zu domestizieren. Es geht vielmehr um die Frage – dies
erfordert schon ein Stück Mitdenk- und Handlungsbe-
reitschaft und -fähigkeit –, wie ich mit dem Potenzial,
das ich aus diesen Zeiten habe, umgehe, ob ich im Sinne
einer destruktiven Zerstörung sage: Ich verscherbel das
alles, tue es weg und dann fangen wir neu an. – Das ist
vergleichbar mit dem, was Bundeskanzler Schröder ge-
sagt hat: Wir kassieren die Rentenreform von CDU/CSU
und FDP erst einmal und dann bekommen alle wieder
Geld. Es hat bis zum Februar des nächsten Jahres
– 1999 – gedauert, als er zugeben musste, dass er kein
Geld für eine Rentenerhöhung in der Kasse hatte. – Ge-
nau diese Gefahr scheint bei der Bundeswehrreform
auch zu bestehen.

Das ist angesichts der jetzigen Situation problema-
tisch, da am 11. März dieses Jahres eine Illusion ausge-
räumt worden ist, die Illusion nämlich, Europa könnte
von den neuen Gefahren, insbesondere des Terroris-
mus, verschont bleiben. Unser Land ist auch vorher
nicht davon verschont geblieben und deswegen müssen
wir in eine internationale Koalition gegen den Terror
eintreten. Wir müssen unseren Beitrag leisten. Das tun
wir: in Afghanistan und auch woanders. Hierfür gilt im-
mer wieder unser Dank den Soldaten, die einen An-
spruch darauf haben, dass sie eine entsprechende Aus-
stattung bekommen und behalten.

Die andere Frage ist aber: Wie gehen wir mit den Ri-
siken um, die unser eigenes Land betreffen? Müssen wir
uns darauf vorbereiten? Diese Fragen sind eigentlich
durch die Verteidigungspolitischen Richtlinien des Ver-
teidigungsministers beantwortet worden. Seine Antwort
lautet: nationale Sicherheitskonzeption. Ich sage: Ja, er
hat Recht. Wir nennen das Gesamtverteidigungs-

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(C (D onzept. Das ist das, was wir wollen. Aber worin beteht denn dieses Konzept? Bislang hat sich lediglich der undesinnenminister dahingehend geäußert, dass man ine gemeinsame Übung mit THW, BGS und Bundesehr machen könnte, um zu klären, wie die so genannte ivil-militärische Zusammenarbeit funktioniert. Was uss man denn da üben? Ist die Bundeswehr überhaupt otwendig? Dazu möchte ich wieder zitieren – es geht um die rage der Landesverteidigung und bedrohliche Entwickungen in unserem eigenen Lande –: Sie kann den Einsatz deutlich umfangreicherer eigener Streitkräfte erfordern. Angesichts der sicherheitspolitischen und strategischen Lage können die hierfür erforderlichen zusätzlichen Kräfte zeitgerecht wieder aufgestellt werden. Es ist interessant, das zu hören. Ich bekomme allerings einen anderen Eindruck von den Strukturen, die ir bisher als Territorialverteidigung kennen. Aus heutier Sicht kann man übrigens über die Frage nachdenken, b es damals richtig war, die Verteidigungskreiskomandos abzuschaffen. ie haben die Zusammenarbeit zwischen den zivilen tellen und den Katastrophenschutzorganen der Bundesehr in hervorragender Weise sichergestellt. Wenn ich as, was der Generalinspekteur vor kurzem hierzu geagt hat, richtig verstanden habe, sollen in diesem Beeich im Sinne einer Föderalisierung Änderungen vorenommen werden. ch habe schon gedacht, mit dem Begriff „Föderalisieung“ werde versucht, vor allem die Bayern zu ködern; enn Föderalismus wird hier als etwas Positives betrachet. Das wird selbstverständlich auch in anderen Bundesändern so gesehen. Aber was steckt hinter „Föderalisierung“? Dahinter teckt die Absicht, die flächendeckende Struktur, die otwendig ist, um zivil-militärische Zusammenarbeit berhaupt zu organisieren, durch einen Verbindungsoffiier bei den jeweiligen Landesregierungen zu ersetzen, er dann, mit einem PC ausgestattet, eine Art virtuelle icherheit organisieren kann. Mehr kann er aber nicht un. Das ist das Problem, das uns unruhig schlafen lässt. Es geht auch um ein anderes Problem, das man an ei igen Stellen nachlesen kann: Ich meine die Umsetzung on Erfahrungen in die VPR: Angesichts der gewachsenen Bedrohung des deutschen Hoheitsgebiets durch terroristische Angriffe gewinnt der Schutz von Bevölkerung und Territorium an Bedeutung und stellt zusätzliche Anforderungen an die Bundeswehr bei der Aufgabenwahrnehmung im Inland und demzufolge an ihr Zusammenwirken mit den Innenbehörden des Bundes und der Länder. Christian Schmidt Herr Präsident, mit Ihrer Genehmigung habe ich aus den Verteidigungspolitischen Richtlinien des Bundesministers der Verteidigung zitiert. Herr Kollege, darf ich Sie zwischendurch darauf hin weisen, dass nach den überarbeiteten Richtlinien unserer Geschäftsordnung für Zitate keine Genehmigung mehr erforderlich ist? (Zuruf von der CDU/CSU: Das hört sich aber gut an!)


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: So ist es!)


(Zuruf von der SPD: Das ist ja auch richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510513400

Es wäre allerdings schön, wenn sie authentisch wären.

(Heiterkeit)



Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1510513500

Herr Präsident, da es mir nicht zusteht, die Sitzungs-

leitung in irgendeiner Weise zu kommentieren, möchte
ich das so aufgefasst wissen, dass ich als jemand, der im
besten Sinne konservativ ist, Traditionen, die sich gut
entwickelt haben und nicht verzichtbar sein sollten, fort-
führen will. Das möchte ich nicht nur auf die Verteidi-
gungskreiskommandos übertragen. – Ich habe Ihren
Hinweis zur Kenntnis genommen.

Zurück zum Thema. Ich meine, das darf aber nicht
heißen, dass die Reservelazarettstrukturen nicht ange-
passt, sondern schlichtweg aufgelöst werden und dass
die Aufwuchsfähigkeit bzw. die Rekonstitutionsfähig-
keit, die mehrfach zitiert wurde, eigentlich nirgendwo
widergespiegelt wird. Wie sieht eigentlich das Reservis-
tenkonzept aus? Welche Rolle sollen Reservisten in Zu-
kunft spielen? Welche Vorbereitungen wurden für die
Risiken getroffen, die uns drohen? Über diese Fragen
muss diskutiert werden.

Ich hoffe, dass in der Konzeption der Bundeswehr,
die wir in den nächsten Wochen erwarten, auf diese Fra-
gen – da habe ich allerdings große Zweifel – vernünftige
Antworten gegeben werden. Ich hoffe, dass das getan
wird und dass die Verantwortlichen im Verteidigungsmi-
nisterium wissen, wovon sie reden. Sie sind nicht unter
der Knute des Finanzministers und anderer und können
nicht daran gehindert werden, das aufzuschreiben, von
dem sie wissen, dass sie es eigentlich aufschreiben und
umsetzen müssten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen hoffe ich, dass wir jetzt nicht den zweiten

Schritt vor dem ersten oder sogar einen falschen Schritt
tun. Das heißt, wir müssen die notwendigen Debatten
führen und uns im Dialog darüber einig werden, wie un-
ser Land zu sichern ist und wie wir uns zukünftig im Zu-
sammenspiel aller Kräfte gegen neue Gefahren wappnen
können. Es ist nicht zulässig und nicht sinnvoll, Struktu-
ren aufzugeben, die in ihrer jetzigen Form nie mehr wie-
derherzustellen sind. Diese Strukturen zu erhalten ist das
Hauptanliegen unseres Antrags. Ich bitte Sie alle, diesem
Antrag zuzustimmen. Er beschreibt die Notwendigkeit
seriöser Politik, die die Grundlage dafür schafft, das,
was Transformation der Bundeswehr genannt wird, in

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(C (D ukunft in einer vernünftigeren Art und Weise zu orgaisieren. Vielen Dank. Für die Bundesregierung hat nun der Parlamentari che Staatssekretär Walter Kolbow das Wort. W Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der orliegende Antrag der CDU/CSU und auch die zum eil bedeutungsschwangere Rede des Kollegen Schmidt önnen nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir das, was ie wollen, insbesondere nach dem 11. September 2001, chon längst verfolgen: Wir gewährleisten umfassende icherheit nach innen und nach außen. Wir werden dabei ber, liebe Kolleginnen und Kollegen der antragstellenen Fraktion, keinesfalls dem von Ihnen verfolgten Anatz folgen, die bewährte, grundgesetzlich gewollte, lare Trennung zwischen Strukturen und Zuständigkeien der inneren und der äußeren Sicherheit aufzuweihen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510513600
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1510513700

ir machen keineswegs bei der Absicht der CDU/CSU
it, die Bundeswehr zum Lückenfüller für Aufgaben zu
achen, die in erster Linie andere Institutionen, wie zum
eispiel die Polizeien der Länder, wahrzunehmen haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Die Bundesregierung begegnet den absehbaren inne-
en und äußeren Herausforderungen und Risiken mit ei-
er vorbeugend angelegten, ressortübergreifenden Poli-
ik. Diese beinhaltet auch die Bereitschaft und die
ähigkeit, Freiheit und Menschenrechte sowie Stabilität
nd Sicherheit notfalls mit militärischen Mitteln durch-
usetzen. Für die Bundeswehr bleibt die Verteidigung
eutschlands gegen eine äußere Bedrohung der zentrale
nd eigentliche verfassungsrechtliche und politische
uftrag. Verteidigung beschränkt sich im Sinne des
rundgesetzes jedoch nicht nur auf die Verteidigung an
en Landesgrenzen, sondern fängt dort an, wo Risiken
nd Bedrohungen für die Sicherheit Deutschlands und
einer Verbündeten entstehen. Um diese Fähigkeiten zu
rreichen und weiter auszubauen, wurde die Bundes-
ehrreform des Jahres 2001 auf den Weg gebracht, die
ir jetzt mit dem von Verteidigungsminister Dr. Struck
ingeleiteten Transformationsprozess fortsetzen. Hierzu
ichten wir die Bundeswehr klar auf die Einsätze zur
onfliktverhütung und Krisenbewältigung einschließ-
ich des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus
us.
Nun im Einzelnen zu den von Ihnen aufgeworfenen

roblempunkten. Ich gehe zunächst auf die Aspekte des






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Walter Kolbow

Heimatschutzes ein. Die Behauptung, wir würden diese
Aspekte unberücksichtigt lassen, geht ins Leere. Viel-
mehr hat der Schutz Deutschlands und seiner Bürgerin-
nen und Bürger eine neue, umfassende Bedeutung ge-
wonnen. Diese Kernaufgabe umfasst neben der derzeit
eher unwahrscheinlichen Aufgabe der Landesverteidi-
gung im herkömmlichen Sinn auch den Schutz der Be-
völkerung und von lebenswichtiger Infrastruktur vor ter-
roristischen und asymmetrischen Bedrohungen. Dies
gehört im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben
zum subsidiären Aufgabenspektrum der Bundeswehr,
hierzu stehen im Bedarfsfall entsprechende Kapazitäten
zur Verfügung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es steht doch außer
Frage, dass die Bundeswehr im Rahmen des geltenden
Rechts wie bisher auch künftig immer dann zur Verfü-
gung stehen wird, wenn nur sie über die erforderlichen
Fähigkeiten verfügt oder der Schutz der Bürgerinnen
und Bürger sowie wichtiger Infrastruktur allein durch
die Bundeswehr geleistet werden kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Bundeswehr ist wie in der Vergangenheit auch in der
Zukunft in der Lage, subsidiär die für diese Aufgaben
zuständigen Innenbehörden von Bund und Ländern zu
unterstützen. Auch in den neuen, im weiteren Transfor-
mationsprozess einzunehmenden Strukturen der territo-
rialen Kommandobehörden wird die Bundeswehr die
Zusammenarbeit mit den Bundesländern, den Regie-
rungsbezirken, den kreisfreien Städten und den Land-
kreisen sicherstellen. Mehr noch, Herr Kollege Schmidt:
Die Unterstützung des Krisenmanagements auf Regio-
nal- und Kommunalebene wird durch optimierte Fähig-
keiten der Bundeswehr zur zivil-militärischen Zusam-
menarbeit künftig verbessert werden. Deswegen geht
Ihr Hinweis auf lediglich virtuelle Sicherheit bei der
praktischen Gestaltung der Umsetzung ins Leere.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der verehrte Präsident des Verbandes der Reservisten
der Deutschen Bundeswehr sitzt in der ersten Reihe und
schaut mich freundlich an; er wird nachher auch reden.
Lieber verehrter Herr Kollege Beck, Reservistinnen
und Reservisten werden auch künftig einen hohen Stel-
lenwert einnehmen; wir sind uns darüber einig. Wir wol-
len dieses qualifizierte und motivierte Personal, das ein
wichtiges Potenzial darstellt, sowohl bei Einsätzen im
Inland als auch bei Auslandseinsätzen noch besser nut-
zen. Mit der neuen Konzeption betreffend die Reservis-
tinnen und Reservisten wird auch deren kurzfristige Ein-
berufung zur Hilfeleistung bei Katastrophen und
schweren Unglücksfällen im Inland möglich.

Zur Reservelazarettorganisation. Hier möchte ich
mit einer Mär aufräumen. Nehmen Sie bitte zur Kennt-
nis, dass wir die Anteile der Reservelazarette, die dem
Schutz der Bevölkerung im Falle von Katastrophen oder
Anschlägen dienen, auch weiterhin erhalten. Jeder, der
sich damit beschäftigt, weiß – ich gehe davon aus, dass
die sehr geschätzte Frau Kollegin Lietz in dieser Debatte

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(C (D och das Wort dazu ergreifen wird –, dass diese fachrztlichen Komponenten, die das zivile Gesundheitsween im Bedarfsfall in dem entsprechenden Brennpunkt erstärken können, auch weiterhin zur Verfügung stehen erden. Die Reservistinnen und Reservisten des Saniätsdienstes werden auch künftig eine wichtige Rolle pielen. Durch eine engere Anbindung an aktive Einheien und Verbände, die sie bei ihren gesamten Aufgaben m Inund Ausland unterstützen sollen, wird ihr Potenial noch wirksamer ausgeschöpft werden können. Ein Wort zum Thema Bundeswehrkrankenhäuser. ie sind auf dieses Thema zwar nicht eingegangen, aber ch möchte dazu etwas sagen, weil man ständig in den eitungen darüber liest. Da der Umfang der Bundeswehr inkt, muss man natürlich auch die Bettenzahl anpassen nd entsprechend reduzieren. Der Bedarf an ärztlichem nd nicht ärztlichem Klinikpersonal leitet sich aus der ationalen Zielvorgabe für die Einsätze der Bundeswehr b. Die fachgerechte Ausbildung des Klinikpersonals nd dessen Übung ist bei strukturbedingt rückläufigen allzahlen nur mit einer ausreichenden Anzahl ziviler atientinnen und Patienten zu gewährleisten. Deswegen erden wir Bundeswehrkrankenhäuser in ausreichender röße im geeigneten regionalen Umfeld realisieren. Das bringt mich zu meinem letzten Punkt. Auch auf ieses Thema sind Sie, Herr Kollege Schmidt, nicht einegangen. Es ist wichtig, dass Ihr Antrag umfassend berachtet wird und dass auch dessen Schwächen deutlich erausgearbeitet werden. Es ist künftig nicht mehr erforerlich, dass eine solch große Anzahl nicht aktiver Trupenteile besteht wie bisher. Diese große Anzahl hat sich ämlich aus der früheren Aufgabe der Landesverteidiung aufgrund der groß angelegten Aggression aus dem sten hergeleitet, die heute aber nicht mehr gegeben ist. iese Überkapazitäten werden unter den heutigen icherheitspolitischen Rahmenbedingungen eindeutig icht mehr benötigt. Künftig werden die freiwillig beorerten Reservistinnen und Reservisten sehr zielgenau nd damit wesentlich effizienter als bisher besonders im inblick auf ihre zivilberuflichen Qualifikationen und pezialkenntnisse zur Ergänzung der Fähigkeiten der akiven Truppe genutzt werden. Mit dem derzeit laufenden Transformationsprozess ird die Bundeswehr auf einen Kurs gebracht, der unseer Meinung nach operationell geboten, betriebsirtschaftlich vertretbar, haushalterisch zu beherrschen, üstungswirtschaftlich sinnvoll und insgesamt zukunftsähig ist. Die Bundeswehr wird zielgerichtet auf die ünftig wahrscheinlichen Einsätze zur Konfliktverhüung und Krisenbewältigung einschließlich des Kampfes egen den internationalen Terrorismus ausgerichtet. Die ünftig bereitgehaltenen Kapazitäten der Bundeswehr erden für ihre jeweiligen Einsätze richtig ausgebildet nd ausgerüstet und im Rahmen des geltenden Rechts uch zum Schutz der Bevölkerung und der lebenswichtien Infrastruktur in Deutschland geeignet sein. Die neu estaltete Bundeswehr wird damit den Herausforderunen der Zukunft gerecht und wird durch unsere Politik uch künftig in der Lage sein – das ist das ntscheidende –, den Schutz der Bürgerinnen und Bürer sicherzustellen. Parl. Staatssekretär Walter Kolbow Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510513800

Ich erteile dem Kollegen Günther Nolting, FDP-Frak-

tion, das Wort.

(Beifall bei der FDP)



Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1510513900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir be-

schäftigen uns heute mit dem Thema Struktur der Bun-
deswehr. Morgen werden wir uns an diesem Ort in einer
von der FDP beantragten Aktuellen Stunde mit der Frage
der Wehrpflicht beschäftigen. Ich will Ihnen aber schon
heute sagen: Wir werden das Thema Aussetzung der
Wehrpflicht so lange auf die Tagesordnung setzen, bis
die Wehrpflicht auch endlich ausgesetzt wird.


(Beifall bei der FDP)

Dann werden wir eine zukunftsfähige und den Anforde-
rungen gerechte Struktur für die Bundeswehr haben.

Meine Damen und Herren, wenn wir uns das einmal
genau anschauen, dann sehen wir, dass der Verteidi-
gungsminister das Ende der Wehrpflicht bereits im Vi-
sier hat. Es werden jetzt lediglich noch die Rahmenbe-
dingungen für die Entscheidung hergestellt.


(Ulrike Merten [SPD]: Das hätten Sie wohl gerne!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Gesichts-
wahrung ist hier offensichtlich angesagt. Politisch kann
ich das ja verstehen. Das geht aber zulasten der Angehö-
rigen der Bundeswehr, weshalb das nicht zu tolerieren
ist. Dem Generalinspekteur und seinen Planern im
BMVg wird ein weiteres Jahr für die Planung entzogen.
Das ist aus unserer Sicht unverantwortlich. Die Angehö-
rigen der Bundeswehr haben es verdient, hier endlich
Planungsvertrauen und Planungssicherheit zu erhalten.


(Beifall bei der FDP)

Das Thema Wehrpflicht hätte schon längst abge-

schlossen sein können. Die Bundesregierung bzw. der
damalige Verteidigungsminister Scharping hätte im
Jahr 2000 nur die guten Vorschläge der Weizsäcker-
Kommission aufgreifen müssen, die sich weitgehend mit
dem bereits 1999 von der FDP-Fraktion vorgelegten
Bundeswehrkonzept deckten, und Sie hätten die Ausset-
zung der Wehrpflicht beschließen müssen.


(Ulrike Merten [SPD]: Kommen Sie doch zur Sache, Herr Kollege!)


Die Anschläge vom 11. September 2001 und vom
11. März 2004 waren grausam und haben uns gelehrt,
dass sich die tödliche Gefahr des Extremismus und des
Terrorismus regional nicht einschränken lässt. Daher
sind die Strukturen der Sicherheitsinstitutionen, wo im-
mer es möglich und sinnvoll ist, auch auf diese Bedro-
hungen einzustellen. Das soll und kann aber nicht hei-

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(C (D en, dass die Bundeswehr auch die Erfüllung von olizeiaufgaben übernehmen soll. (Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ffensichtlich sucht die Union krampfhaft nach einer
egitimation für die Wehrpflicht.


(Beifall des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Bundeswehr hat sich mit ihrem Potenzial, zum
chutz und zur Abschreckung gegen eine äußere Bedro-
ung beizutragen, bewährt. Dabei waren die Polizeien
es Bundes und der Länder immer für die innere Sicher-
eit zuständig. Das muss auch in Zukunft so bleiben. Die
inisterpräsidenten und die Innenminister der Länder,
ie massiv Stellen bei der Polizei abgebaut haben, sind
etzt gefordert. Herr Kollege Schmidt, gerade Bayern
nd Nordrhein-Westfalen führen diese Negativliste an.
uch dort sollten Sie ansetzen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Karin Evers-Meyer [SPD]: Vor allem Bayern!)


er Einsatz der Bundeswehr im Inneren ist im Grundge-
etz geregelt und hat sich bewährt. Im Rahmen der
mtshilfe – aber auch nur dann – darf die Bundeswehr
ingesetzt werden. Auch darauf werden wir in Zukunft
chten.


(Beifall bei der FDP)

Die Bürgerinnen und Bürger würden einen Einsatz ih-

er wehrpflichtigen Söhne niemals befürworten, wenn
iese Selbstmordattentätern oder professionellen Terro-
isten gegenübergestellt würden. Ich frage Sie: Wollen
ie wirklich den Einsatz junger Wehrpflichtiger zur Ter-
orismusbekämpfung?


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Das ist ja Quatsch! – Ernst-Reinhard Beck [Reutlingen] [CDU/CSU]: Das will doch niemand! – Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Das hat niemand behauptet!)


ollen Sie die jungen Wehrpflichtigen wirklich nur als
illige Wachleute einsetzen? Wir werden dort nicht mit-
achen und unterstützen dies nicht.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Da besteht Einvernehmen!)


ie FDP-Bundestagsfraktion will, dass jede Institution
uf ihrem Platz ihren Auftrag erfüllt. Dafür sind die not-
endigen Rahmenbedingungen vom Parlament vorzuge-
en. Wir haben hierzu ein Konzept vorgelegt.
Wir brauchen dringend eine große Reform für die
undeswehr, die diesen Namen auch verdient. Die Bun-
eswehr muss entschlackt und von so unsinnigen Aufga-
en wie zum Beispiel der Fähigkeit zum personellen
ufwuchs auf 500 000 Soldaten befreit werden. Unge-
eure Kapazitäten werden vergeudet, um eine Leistung
ufrechtzuerhalten, die während des Kalten Krieges






(A) )



(B) )


Günther Friedrich Nolting

zwar von vitaler Bedeutung war, heute jedoch völlig
überflüssig ist. Die Struktur, die von Ihnen gefordert
wird, bindet Personal und kostet sehr viel Geld. Es geht
hierbei um die Beschaffung, Lagerung und Bewachung
der Ausrüstung und Bewaffnung für 200 000 zusätzliche
Soldaten. Eine Sicherheitsvorsorge dieser Art ist im ge-
genwärtigen sicherheitspolitischen Umfeld nicht mehr
angemessen. Das dafür benötigte Geld sollte sinnvoller
zur Nachwuchswerbung, zur besseren Besoldung der
Soldatinnen und Soldaten und zur Beschaffung mo-
dernster Ausrüstung eingesetzt werden.


(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die FDP will eine Tren-

nung der zukünftig hochgradig professionellen Einsatz-
armee und der Einheiten und Verbände, in denen Reser-
visten Dienst leisten können. In allen Bundesländern
sollten Truppenteile einer so genannten Nationalgarde
oder einer Territorialarmee aufgestellt werden, die
60 000 Soldaten umfassen sollte: 5 000 Aktive und
55 000 Reservisten. Diese muss den Status als Teilstreit-
kraft erhalten, vom BMVg geführt und mit den Bundes-
ländern partnerschaftlich verbunden werden. Sie sollte
vorrangig im Bereich der humanitären und Katastro-
phenhilfe sowie des militärisch relevanten Objektschut-
zes eingesetzt werden. Die Übernahme polizeilicher
Aufgaben soll jedoch nach unserer Meinung nicht Auf-
trag sein.

Diese Territorialarmee müsste auch in der Lage sein,
im Fall der Landes- und Bündnisverteidigung eingesetzt
zu werden. Ich denke, die Vorstellungen der FDP sind
praktikabel. Sie versprechen, dass die Bundeswehr mit
einer endlich soliden finanziellen Ausstattung den Auf-
trägen gerecht wird und gewappnet ist.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Ich komme zum Schluss. Herr Kollege Schmidt, es

reicht nicht aus, wenn Sie als Opposition an die Bundes-
regierung nur Forderungen stellen. Die FDP als Opposi-
tionsfraktion hat ein eigenes Konzept aufgestellt.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Wir doch auch!)


Auch Sie als Opposition sind gefragt, hier eigene Kon-
zepte vorzustellen und nicht nur Forderungen an die
Bundesregierung zu richten. Ich habe nicht mehr Zeit,
um unser eigenes Konzept weiter zu erläutern.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510514000

Das ist zutreffend, Herr Kollege.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1510514100

Ich empfehle Ihnen, unter www.guenthernolting.de

nachzusehen.

(Heiterkeit im ganzen Hause)


Dort können Sie das gesamte Konzept abrufen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Der letzte Vorschlag, Herr Kollege Nolting, war si her gut gemeint, könnte aber die fatale Wirkung haben, ass demnächst mit der Frage zu rechnen ist, ob auf dieem Weg Debatten nicht überhaupt eingespart werden önnten. (Heiterkeit – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Vor allen Dingen die von Herrn Nolting!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510514200

Bis zum Vollzug einer solchen Anregung fahren wir
n der Rednerliste fort. Ich erteile das Wort dem Kolle-
en Winfried Nachtwei, Bündnis 90/Die Grünen.


Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510514300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

ürchterlichen Anschläge von Madrid haben besonders
eutlich gezeigt, dass auch die europäischen Länder im
isier des internationalen Terrorismus stehen. Man
onnte das schon vorher an verhinderten Anschlägen
nd an einigen aufgedeckten Planungen erkennen. Es
äre eine Illusion, zu meinen, dass Länder, bei denen
icht nur die Bevölkerung, sondern auch die Regierun-
en gegen den Irakkrieg waren, von Anschlägen ausge-
ommen wären. Schließlich müssen wir feststellen, dass
nzwischen der fortdauernde Irakkrieg regelrecht als
randbeschleuniger bei dem Entfachen des Feuers des
nternationalen Terrorismus wirkt.
Selbstverständlich ist es die erste Pflicht des Staates,

ür den Schutz der Bürgerinnen und Bürger und der offe-
en Gesellschaft zu sorgen. Daran kann es keinen Zwei-
el geben. Hierfür müssen direkte Gefahrenabwehr,
trafverfolgung, Bekämpfung von Unterstützern des
errorismus und von Nährböden des Terrorismus Hand
n Hand gehen. Dazu gehört auch die Vorbereitung auf
en nicht auszuschließenden schlimmsten Fall.
In den Verteidigungspolitischen Richtlinien des Ver-

eidigungsministers vom letzten Jahr wird festgestellt,
ass auf absehbare Zeit mit einem konventionellen An-
riff nicht zu rechnen ist und deshalb die herkömmliche
andesverteidigung nicht mehr akut ist. Aus diesem
runde könne – so die richtige Schlussfolgerung – auf
trukturen und Fähigkeiten der Bundeswehr verzichtet
erden, die ausschließlich für die Landesverteidigung
orgesehen gewesen seien.
Selbstverständlich – das ist in den Verteidigungspoli-

ischen Richtlinien deutlich zum Ausdruck gekommen –
leibt es Aufgabe der Bundeswehr, zum Schutz des Lan-
es und seiner Bürger beizutragen: erstens im Ausland
urch Teilnahme an internationaler Krisenbewältigung,
ie Auswirkungen auf die Sicherheit Deutschlands hat,
weitens durch Rettungseinsätze und drittens – das ist
urch Vorredner schon angesprochen worden – durch
mtshilfe im Innern im Rahmen der bestehenden verfas-
ungsrechtlichen und gesetzlichen Grundlagen, angefan-
en bei der Katastrophenhilfe bis hin zu Einsätzen zur
uftsicherheit.
Vor diesem Hintergrund hat das Verteidigungsminis-

erium die Auflösung der Reservelazarettorganisation
ls Struktur nur für die Landesverteidigung beschlossen.






(A) )



(B) )


Winfried Nachtwei

Die Union behauptet nun, die Reduzierung dieses Teils
der Verteidigungsinfrastruktur sei vor allem finanzpoli-
tisch motiviert und beeinträchtige den Schutz der Bevöl-
kerung. Das ist nicht nur falsch, das ist lächerlich. Die
Reservelazarettgruppen – zurzeit noch 56 an der Zahl –
waren immer für die Landesverteidigung gedacht. Sie
waren nie für den Katastrophenschutz eingeplant.


(Ulrike Merten [SPD]: Genau!)

Ihre Mobilisierung würde mindestens drei bis fünf Tage
dauern. Um aber Großschadensfällen begegnen zu kön-
nen – von einem Terroranschlag ganz zu schweigen –
müssen Stunden genügen. Das muss an einem Tag lau-
fen. Also geht das Angebot dieser Reservelazarette voll
an den Anforderungen einer solchen Krisensituation vor-
bei.

Circa 100 Ärzte pro Lazarettgruppe müssten dann aus
zivilen Krankenhäusern abgezogen werden. Das heißt,
die zivile Krankenversorgung würde dadurch ge-
schwächt. Schließlich wurde das Material dieser Reser-
velazarettgruppen zuletzt Ende der 80er- und Anfang der
90er-Jahre erneuert. Das ganze System verfügt über
keine eigenen Fahrzeuge usw. Insofern entspricht dieses
System nicht mehr dem Bedarf. Staatssekretär Kolbow
hat sehr deutlich darauf hingewiesen, dass die Elemente,
die für den Schutz der Bevölkerung weiterhin notwendig
und nützlich sind, selbstverständlich übernommen wer-
den. Was das Personelle angeht, ist ein viel schnelleres
Alarmierungssystem für Reservisten, Ärzte usw. von
entscheidender Bedeutung.

Zur Erinnerung an die Union: Unter Ihrer Regie-
rungsverantwortung wurde das System der Zivilverteidi-
gung und der Gesamtverteidigung sehr weit reduziert.
Wie sehen Sie das eigentlich heute? War das ein Fehler
oder war das zu Ihrer Regierungszeit nur finanzpolitisch
motiviert? Wie erklären Sie sich das?


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Welche Forderungen haben denn die Grünen in den 90er-Jahren gestellt?)


Ich komme nun zur zweiten Forderung der Union,
dem Gesamtverteidigungskonzept.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Die Grünen wollten die NATO auflösen!)


Wer wollte bestreiten, dass auf dem Feld der inneren und
äußeren Sicherheit und des Katastrophenschutzes eine
eingespielte und flexible Kooperation elementar ist und
Gesamtkonzepte notwendig sind? Aber dabei sollten Sie
doch nicht den völlig falschen Eindruck erwecken, als
wären wir bei null. Es gibt ein weit reichendes Gesamt-
konzept. Das kann man sehr wohl sagen. Was die ge-
samte Sicherheitspolitik angeht, so wird das Weißbuch
Aufschluss darüber geben, was zurzeit in Arbeit ist.


(Zuruf von der CDU/CSU: Seit Jahren!)

Schließlich ist die Forderung nach einem sicherheits-

politischen Gesamtkonzept, auch bezogen auf terroristi-
sche Bedrohungen, gerade aus dem Mund der Union
reichlich unglaubwürdig. In diesem einen Fall setzen Sie
sich massiv für einen angeblich verbesserten Bevölke-

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(C (D ungsschutz durch das Aufrechterhalten traditioneller lemente ein. Auf der anderen Seite – das gehört auch u einem weitsichtigen Bevölkerungsschutz – hat zuindest Ihre Führung in der Vergangenheit eine Politik itgetragen und tut dies bis zum jetzigen Zeitpunkt, die it dem Irakkrieg dem weltweiten internationalen Terroismus enormen Auftrieb gegeben hat. Überwinden Sie lso bitte erst einmal Ihre Grundwidersprüche, bevor Sie ollmundig von der Bundesregierung Gesamtkonzepte erlangen. (Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: So weit geht nicht einmal Ihr Außenminister, Herr Nachtwei! Das ist unter allererster Ordnung! Peinlich! – Gegenruf des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Aber, Herr Schmidt!)


hr Antrag ist beispielhaft für das krampfhafte Bemühen
er Union, die traditionelle Art der Landesverteidigung
rgendwie am Leben zu erhalten und darüber eine Rest-
egitimation für die Wehrpflicht zu behalten.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Das mühselige Suchen nach einem Wahlkampfthema endet in der Peinlichkeit!)


m notwendigen Bemühen um einen möglichst wirksa-
en Bevölkerungsschutz, um nüchterne Risikoabschät-
ung und -vorsorge leistet die Union den Aufgaben mit
iesem Antrag – Kollege Schmidt, Sie sind nur zum Teil
uf diesen Antrag eingegangen – einen Bärendienst. An-
esichts der realen Herausforderungen ist dieser Antrag
chlichtweg peinlich.
Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510514400

Ich erteile das Wort dem Kollegen Ernst-Reinhard
eck, CDU/CSU-Fraktion.


Ernst-Reinhard Beck (CDU):
Rede ID: ID1510514500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und
ollegen! Lieber Kollege Nachtwei, die Einführung des
rakkriegs als Wahlkampfthema war meines Erachtens
nangemessen. Ich weise das namens meiner Kollegen
urück.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Unkalkulierbarkeit ist zur Realität in den Streit-
kräften geworden, Planungssicherheit wird es auf
absehbare Zeit nicht mehr geben.

iese Aussage von Generalinspekteur Schneiderhan auf
er Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Wehr-
chnik am 22. April dieses Jahres gibt ziemlich genau die
erzeitige Umbruchsituation in der Bundeswehr – und
icht nur dort – wieder. Die Soldaten und ihre Familien
ünschen sich Verlässlichkeit von Staat und Gesell-
chaft und ein höchstmögliches Maß an Sicherheit und
chutz angesichts neuer Formen der Bedrohung.






(A) )



(B) )


Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)


Veränderungsprozesse in der Politik bewegen sich

immer zwischen den beiden Extremen Bewahren oder
Verändern. Verfechter der Variante Streichen, Kürzen,
Auflösen fordern, sich möglichst schnell von bisherigen
Strukturen zu verabschieden und an Stelle des überhol-
ten Alten zukunftsträchtiges Neues zu setzen. Allzu viel
Neues habe ich aber von Ihnen nicht gehört, lieber Kol-
lege Kolbow.

Der konservative Ansatz möchte möglichst vieles an
Bewährtem bewahren und nur das unbedingt Notwen-
dige verändern. Ich erinnere in diesem Zusammenhang
an die Auflösung des Bundesamtes für Zivilschutz im
Jahr 1999. Damals hielt man den Zivilschutz für über-
flüssig und zu teuer. Heute wissen wir, dass zumindest
das Erste ein Irrtum war. Seit diesem Jahr gibt es wieder
ein Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastro-
phenhilfe.

Wir stehen mit der jetzt eingeleiteten Bundeswehrre-
form wieder an einem ähnlichen Punkt, an dem wir uns
entscheiden müssen, von welcher Philosophie der Um-
bau geleitet werden soll. Wenn ich es richtig sehe, hat
sich die Bundeswehr bereits seit den 90er-Jahren bei den
für die Auslandseinsätze notwendigen Umstrukturierun-
gen für einen eher behutsamen evolutionären Weg, bei
der Landesverteidigung und beim Heimatschutz jedoch
für die Methode Tabula rasa entschieden. Dies geschieht
gegenwärtig durch die Auflösung der Reservelazarettor-
ganisation und nicht aktiver Truppenteile sowie durch
die nahezu völlige Demontage der territorialen Verteidi-
gungsorganisation.

Wenn man die schrecklichen Bilder nach den Terror-
anschlägen in Madrid vor Augen hat, dann löst die ge-
plante Auflösung der Reservelazarettorganisation in
der Tat Verwunderung aus. Könnte es irgendjemand ver-
stehen, wenn im Falle einer so schweren Katastrophe die
Bundeswehr um medizinische Hilfe gebeten würde und
nicht in der Lage wäre, diese zu leisten?

Sicher ist es richtig, dass die 56 Reservelazarett-
gruppen mit ihren 68 000 Reservisten und 7 000 bis
8 000 Ärzten für einen verlustreichen Krieg gegen die
konventionellen Armeen des Warschauer Paktes geplant
wurden. Es ist auch richtig, dass sie eine lange Mobil-
machungszeit benötigen. Es mag zutreffen, dass eine so
große Zahl von Reservelazarettgruppen nicht mehr be-
nötigt wird, dass die Strukturen schwerfällig und die
Ausrüstung zum Teil veraltet ist. Aber rechtfertigt dies
bereits den völligen Verzicht auf die bisher vorgehalte-
nen Fähigkeiten und Strukturen, die vor allem in der
Kompetenz des dort eingesetzten Personals liegen?

Angesichts der bereits jetzt bestehenden Fähigkeitslü-
cken im Zivilschutz sollte der qualitative wie auch der
quantitative Umfang der Reduzierung gründlich bedacht
werden. Terroranschläge, Naturkatastrophen oder große
Unfälle sind in Zeitpunkt und Intensität selten vorher-
sehbar. Darin sind wir uns sicherlich einig. Notwendig
und erforderlich sind eine sofortige Reaktion und die
umgehende Versorgung von Verletzten. Schon aus Zeit-
gründen verbieten sich aufwuchsabhängige Organisa-
tionsformen. Darin stimme ich Ihnen zu, Herr Kollege
Nachtwei.

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(C (D Aber warum sollte es nicht möglich sein, eine rasche obilmachung des Sanitätspersonals anzustreben? Wieso ann eine angepasste Reservelazarettstruktur nicht in en nationalen Katastrophenschutz eingeplant werden? (Zuruf von der CDU/CSU: Genau das ist der Punkt!)


eines Erachtens sollte der Vorschlag, eine Taskforce
us Ärzten und qualifiziertem, schnell verfügbarem Sa-
itätspersonal zu bilden, die binnen weniger Stunden die
rbeit aufnehmen kann, geprüft werden. Im Falle einer
o genannten Großschadenslage könnten dann weitere
eservekräfte innerhalb von Tagen mobilisiert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

enn dies nur durch eine stärkere Einbindung der Re-
ervisten in aktive Verbände möglich ist, dann sollte
uch dieser Weg beschritten werden. Dies wäre nicht nur
in wichtiger Schritt zu einem verbesserten Katastro-
henschutz. Vielmehr blieben gleichzeitig viele freiwil-
ige Fachärzte und Spezialisten des Sanitätsdienstes im
eservistenstatus eingebunden. Besser eingebunden als
usgemustert!


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bundesregierung plant ferner, alle nicht aktiven
ruppenteile aufzulösen. Ich kann davor nur warnen.
nterschätzen Sie nicht die psychologische Wirkung,
ie von einer Entpflichtung von circa 250 000 Soldaten
er Reserve ausgeht! Motivationsfördernd ist dies nicht.
inmal aufgelöst, werden wir auf diese Strukturen nie
ehr zurückgreifen können. Ich plädiere nicht für die
öllige Erhaltung, sondern dafür, dass Anzahl, Ausrüs-
ung und Binnenstruktur der nicht aktiven und der teilak-
iven Verbände an die neuen Aufgaben der Bundeswehr
ngepasst werden. Angesichts der geplanten Generalaus-
usterung sicherheitsrelevanter Strukturen aus der Bun-
eswehr frage ich mich, ob die Bundesregierung wirk-
ich gut beraten ist, aus Kostengründen lediglich auf die
ethode „streichen, kürzen und auflösen“ zu setzen.
Die Bundesregierung hat erklärt, dass der Schutz
eutschlands und seiner Bürger nach wie vor Kernauf-
abe der Bundeswehr ist. Der Staatssekretär hat dies
iederholt. Aber gleichzeitig demontiert die Bundesre-
ierung weitgehend die bereits dünne territoriale Ver-
eidigungsorganisation. Botschaft und Realität klaffen
ier weit auseinander. Es soll nur noch vier Wehrbe-
eichskommandos und zwölf Landeskommandos geben.
nterhalb dieser Ebene sind keine aktiven Kräfte mehr
orgesehen. Dies ist das Aus für die zivil-militärische
usammenarbeit auf der Ebene der Landkreise und der
reisfreien Städte.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Nun höre ich, dass diese Aufgabe von Reserveoffizie-

en wahrgenommen werden soll. Dies ist zwar ehrenvoll.
an muss sich jedoch fragen, ob dieses Notkorsett den
nforderungen wirklich gerecht wird. Können die ge-
ade in Katastrophenfällen notwendigen Koordinie-
ungsaufgaben im Nebenamt geleistet werden? Wie wird
ie Bundeswehr in den Verwaltungen wahrgenommen?
ird sie überhaupt noch wahrgenommen? In einem






(A) )



(B) )


Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)


großen Flächenland wie Baden-Württemberg wären
mindestens 42 Beauftragte zu installieren und auch zu
führen. Ist dies das sichere Netz, auf das wir uns im Ka-
tastrophenfall und im Heimatschutz abstützen können?
Das ist eine wirklich ernste Frage.

All diese Punkte bestärken mich in der Befürchtung,
dass der geplante Abbau sicherheitsrelevanter Strukturen
endgültige Tatsachen schafft, die nur sehr schwer und
unter großem Aufwand revidiert werden könnten. Reser-
velazarettorganisation, Beorderung von Reservisten und
Auflösung von nicht aktiven Verbänden – darin sind wir
uns sicherlich einig – sind lediglich Detailfragen. Sie
können nur sinnvoll im Rahmen eines Gesamtverteidi-
gungskonzepts beantwortet werden. Solange dieses nicht
vorliegt, verbieten sich grundlegende Strukturverände-
rungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510514600

Ich erteile das Wort dem Kollegen Rolf Kramer, SPD-

Fraktion.


Rolf Kramer (SPD):
Rede ID: ID1510514700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

CDU/CSU-Antrag trägt den schönen Titel „Für den Er-
halt sicherheitsrelevanter Strukturen in der Bundes-
wehr“. Dies ist geradezu eine harmlose Bezeichnung.
Das Papier ist kurz und es ist schnell zu lesen. Man
möchte eigentlich hinzufügen: Entsprechend ist der In-
halt. Dahinter steckt nichts anderes als ein Paradigmen-
wechsel in der Sicherheitspolitik. Wollten wir dem fol-
gen, würden die vergangenen mehr als 50 Jahre
erfolgreicher deutscher Sicherheitspolitik negiert und
auf den Kopf gestellt werden.

Grundlage des Antrags ist offensichtlich das Papier
mit dem Titel „Landesverteidigung und Heimatschutz
als Teil des Gesamtkonzepts Sicherheit“, ein ebenfalls
harmloser Name. Denn wer kann schon etwas gegen
Heimatschutz und Landesverteidigung haben? In dem
Papier wird auf Seite 5 ausgeführt – ich zitiere –:

In den zurückliegenden Jahren wurden die Struktu-
ren, die einen Heimatschutz in Deutschland tragen
könnten, in ihrer Wirksamkeit stark reduziert. Die-
sem Entschluss lag die – aus heutiger Sicht – irrige
Annahme zugrunde, dass sich die Bedrohungslage
für unser Land verringert habe …

So weit, so gut und auch fast vollständig. Meine sehr
verehrten Damen und Herren von der CDU/CSU, Sie
hätten ruhig deutlich sagen können: Die CDU/CSU-ge-
führte Regierung unter Helmut Kohl hat nach 1990 den
Zivilschutz in seiner Substanz geschwächt.


(Ulrike Merten [SPD]: So ist das!)

Gleichzeitig behaupten Sie, dass der Verteidigungs-

minister in den Verteidigungspolitischen Richtlinien den
Aspekt des Heimatschutzes vernachlässigt habe. Meine
sehr verehrten Damen und Herren von der CDU/CSU,

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(C (D ntweder haben Sie die Verteidigungspolitischen Richtliien nicht gelesen oder Sie haben sie nicht verstanden. llein zwölf Passagen in diesen Richtlinien beschäftigen ich mit dem Aspekt der inneren Sicherheit. (Helmut Rauber [CDU/CSU]: Alles nur Worthülsen!)


(Ulrike Merten [SPD]: Nur selektiv!)


ie Verteidigungspolitischen Richtlinien bilden die
rundlage des von Ihnen geforderten umfassenden Ge-
amtverteidigungskonzeptes. Sie entsprechen in ausge-
ogener Art und Weise den neuen Herausforderungen
Inneren wie im Äußeren.
Doch was wollen Sie eigentlich?


(Ulrike Merten [SPD]: Das ist eine gute Frage!)


ie wollen Art. 35 und Art. 87 a des Grundgesetzes da-
in gehend ändern, dass „… die Bundeswehr auch bei
er Verhinderung einer unmittelbar drohenden Katastro-
he oder eines unmittelbar drohenden schweren Un-
lücksfalles sowie bei der Bewältigung ihrer Folgen ein-
esetzt werden kann“.


(Helmut Rauber [CDU/CSU]: Richtig!)

oweit Ihr Papier. Das muss man sich auf der Zunge zer-
ehen lassen: Schon bei einer drohenden Katastrophe oder
inem drohenden Unglücksfall soll die Bundeswehr im
nnern eingesetzt werden können. Da stellen sich di-
erse Fragen: Wer definiert das? Ein Unglücksfall oder
ine Katastrophe kann immer drohen. Wer kann das vor-
ersagen?
Es kann doch nicht einmal Ihre Absicht sein, liebe
olleginnen und Kollegen von der Union, die Sicher-
eitskräfte und damit unser Land sozusagen im dauern-
en Notstand leben zu lassen.


(Ulrike Merten [SPD]: Sehr richtig!)

iese Vorstellungen der Union hätten einen für uns nicht
innehmbaren Interpretationsspielraum hinsichtlich der
efugnisse von Kräften der inneren und äußeren Sicher-
eit zur Folge. Der Einsatz der Bundeswehr im Innern
ürde sozusagen in das Benehmen der Innenminister der
änder gestellt werden.


(Ulrike Merten [SPD]: Das fehlte auch noch!)

Wir haben in Deutschland bisher aus sehr wohl erwo-

enen Gründen einen Konsens. Die Trennung von inne-
er und äußerer Sicherheit ist politisch und gesellschaft-
ch gewollt. Es ist ein großer Vorteil seit der Gründung
er Bundesrepublik Deutschland, dass innere und äußere
ewalt im Prinzip strikt getrennt sind. Eine Bundes-
ehr, die de facto ein Instrument zur Anwendung des in-
eren Gewaltmonopols werden würde, lehnen wir ab.


(Ulrike Merten [SPD]: Die meisten Menschen auch – Gott sei Dank!)


Wir halten daran fest: Nur in vom Grundgesetz genau
estgelegten Situationen wird die Bundeswehr im Innern
ingesetzt, und das mit großem Erfolg, wie die Hilfeleis-






(A) )



(B) )


Rolf Kramer

tungen der Bundeswehr bei den diversen Einsätzen ge-
zeigt haben. Dafür sei den Soldatinnen und Soldaten von
dieser Stelle aus noch einmal gedankt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In einem Punkt sind wir ganz sicherlich einer Mei-
nung: Der 11. September 2001 hat die Welt sicherheits-
politisch verändert. Die Terroranschläge vom 11. März
dieses Jahres in Madrid haben deutlich gemacht, dass
Europa und damit natürlich auch Deutschland im Fokus
der Bedrohung stehen. Eine Grundgesetzänderung, um
den generellen Einsatz der Bundeswehr zu ermöglichen,
würde den Bevölkerungsschutz nicht verbessern, aber
die bewusst gewählte Sicherheitsarchitektur unseres
Grundgesetzes fundamental verschieben. Es würde eine
Sicherheit suggeriert werden, die so nicht erreicht wer-
den kann.

Es ist doch einsichtig, dass – um nur ein Beispiel zu
nennen – die Debatte über die Sicherung der Bahnhöfe
durch Soldaten an der Realität vorbeigeht.


(Ulrike Merten [SPD]: In der Tat!)

Ganz abgesehen davon, dass Soldaten für den zivilen
Bereich nicht ausgebildet sind, lassen sich 7 500 Bahn-
höfe bundesweit, 38 000 Kilometer Schiene, 30 000 Züge
pro Tag mit etwa 4 Millionen Reisenden nicht effektiv
schützen, indem man die Bundeswehr aufmarschieren
lässt.


(Ulrike Merten [SPD]: Sehr richtig!)

Dieses Beispiel gilt nur für einen Bereich des öffentli-
chen Lebens. Die Sicherheit wäre nur vorgetäuscht, eine
reine Placebomaßnahme. Dafür sollte uns allen die Si-
cherheit unserer Bevölkerung zu wertvoll sein.

In diesem Zusammenhang ist aber bedenklich, dass
die Länder in den vergangenen Jahren 12 000 Polizei-
stellen abgebaut haben.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: So ist es!)

Das dadurch entstandene Vakuum durch Militär ersetzen
zu wollen wäre eine in mehrfacher Hinsicht zu billige
Lösung. Man muss es auch einmal deutlich sagen: Ein
hundertprozentiger Schutz gegen alle Terrorszenarien
wird nicht möglich sein, nicht einmal dann, wenn wir
tragende Grundsätze unserer freiheitlichen Verfassung
opferten. Wir Sozialdemokraten wissen, was wir an un-
serer Verfassung haben. Sie gilt es zu bewahren!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Aber wir können uns auf die Gefahren vorbereiten,
indem das Zusammenwirken der Kräfte für den Notfall
und den Katastrophenschutz weiter verbessert wird –
auch gegen Anschläge, die bisher außerhalb unserer Vor-
stellungskraft lagen. Natürlich ist hier auch die Bundes-
wehr gefordert. Ein entsprechender Vorschlag für ge-
meinsame Übungen im zivil-militärischen Bereich liegt
bereits vor.

Die Bundeswehr kann schon heute in besonderen
Ausnahmesituationen und zur nationalen Gefahrenab-

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(C (D ehr und zu Hilfeleistungen herangezogen werden. Dies ilt auch für die Abwehr von terroristischen Angriffen. Was im Grundgesetz allerdings nicht explizit erwähnt ird, ist die Abwehr von Gefahren aus der Luft und von er See. In diesem Zusammenhang ist evident, dass nur ie Bundeswehr die Mittel und Methoden hat, um in solhen Fällen einzugreifen und für Abhilfe zu sorgen. Hier esteht ein gesetzlicher Handlungsbedarf. Die Koaliionsfraktionen haben deshalb den Entwurf eines Lufticherheitsgesetzes in die parlamentarische Beratung ingebracht. Ob in diesen speziellen Fällen eine Klartellung im Grundgesetz notwendig ist, bedarf noch der lärung durch die Verfassungsjuristen. Es geht dabei icht um das Einräumen zusätzlicher Befugnisse, sonern um die Verdeutlichung von schon bestehendem echt und das Schaffen von Rechtssicherheit für alle Beeiligten. Lassen Sie uns mit Augenmaß sowie mit Achung vor den Menschen und der Verfassung an diese ufgabe herangehen! Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510514800

Nächste Rednerin ist die Kollegin Ursula Lietz, CDU/
SU-Fraktion.

Ursula Lietz (CDU):
Rede ID: ID1510514900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir
aben es bereits gehört: Die Bundeswehr steht vor einem
undamentalen Umbruch. Laut den Verteidigungspoliti-
chen Richtlinien werden wir bis zum Jahr 2010
5 000 Soldaten haben, die in der Lage sein sollen, als
chnelle Eingreiftruppe zu fungieren und überall in der
elt zur Verfügung zu stehen. Zusätzlich sollen
0 000 Soldatinnen und Soldaten zur Friedenserhaltung
ingesetzt werden können, und zwar an maximal fünf
erschiedenen Einsatzorten weltweit mit bis zu
4 000 Soldaten pro Einsatz. Zusammen mit den
45 000, die für Nachschub, Organisation und Versor-
ung sorgen sollen, macht das einen Gesamtbestand
on 250 000 Soldaten in der Bundeswehr aus.
Wenn man die Anzahl der Soldaten verringert, muss
an nicht automatisch die Sicherheit, die Anforderun-
en und die Finanzen verringern. Das passt nicht zusam-
en. Man muss nämlich die Fähigkeiten des einzelnen
oldaten erhöhen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Verteidigungsministerium schlägt aber vor, bis

um Jahr 2010, also innerhalb von sechs Jahren, im Rah-
en der Verteidigungspolitischen Richtlinien insgesamt
6 Milliarden Euro zu sparen. Das sind immerhin
Milliarden Euro mehr, als wir im Moment pro Jahr zur
erfügung haben. Wer glaubt, dass wegen der Reduzie-
ung der Gesamttruppenstärke auf 250 000 der Sicher-
eitsbedarf und die Finanzen ebenfalls reduziert wer-
en können – Herr Kollege Arnold, Sie haben in der
resse sogar verlauten lassen, dass die Sanitätsstärke






(A) )



(B) )


Ursula Lietz

entsprechend der Anzahl der Soldaten verringert werden
kann –, der hat die Einsatzszenarien nicht realisiert.

Das Verteidigungsministerium hat formuliert, dass
wir im schlimmsten Fall – ich hoffe und weiß, dass der
nicht immer eintritt – 105 000 Soldatinnen und Soldaten
in Einsatzgebieten rund um die Welt, nicht nur am Hin-
dukusch, haben sollten. Wenn Sie diesen schlimmsten
Fall so programmieren, dann müssen Sie auch den Si-
cherheitsbedarf, der damit verbunden ist, entsprechend
anpassen. Das tun Sie allerdings nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Verteidigungsminister und der Generalinspekteur
haben in ihren Ankündigungen offen gelassen, wie sie
den Szenarien begegnen wollen, die sie quasi auf dem
Reißbrett geplant haben.

Das Sanitätswesen der Bundeswehr muss in der Zu-
kunft sehr viel höheren Anforderungen gerecht werden,
als das zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Fall ist. Knapp
8 000 Soldatinnen und Soldaten sind im Moment im
Einsatz. Sie alle wissen, wie die Einsatzzeiten des Sani-
tätspersonals aussehen. Kaum dass die Ärzte zu Hause
sind, fahren sie schon wieder an neue Einsatzorte. Da-
runter leiden die Familien. Die Bundeswehrkranken-
häuser haben zum Teil reduzierte Operationskapazitä-
ten, weil die Anästhesisten und die Chirurgen an
bestimmten Einsatzorten sind. Wenn Sie sich vor Augen
führen, dass Facharztausbildungen wegen Fehlzeiten
verlängert werden müssen, damit sie überhaupt zustande
kommen, dann erkennen Sie, in welcher Situation das
Sanitätswesen zum jetzigen Zeitpunkt ist.

Deswegen fordern wir die Bundesregierung auf, eine
nachvollziehbare Bedarfs- und Vorsorgeplanung für die
Bundeswehrkrankenhäuser und das Sanitätswesen vor-
zulegen. Gerade was die Bundeswehrkrankenhäuser an-
betrifft, bekommt man völlig unterschiedliche Antwor-
ten, wenn man im Verteidigungsministerium nachfragt.
Ich appelliere schon deswegen an die Verantwortung des
Verteidigungsministeriums, weil gerade das zivile Perso-
nal in den Krankenhäusern einen Anspruch darauf hat,
informiert zu werden: Sagen Sie der Öffentlichkeit end-
lich klipp und klar, welche Bundeswehrkrankenhäuser
bestehen bleiben sollen. Lassen Sie die Menschen in den
Krankenhäusern nicht im Ungewissen.

Es ist nämlich klar, dass von den acht Krankenhäu-
sern, die wir jetzt haben, lediglich drei als vollwertige
Krankenhäuser erhalten bleiben werden, nicht mehr. Der
Rest wird geschlossen, dient der tropenmedizinischen
Versorgung, als Polikliniken oder zu was auch immer.
Wir werden aber nur noch genau drei vollwertige Kran-
kenhäuser haben. In diesen drei verbleibenden Kranken-
häusern müssen wir dann unser gesamtes Sanitäts-
personal ausbilden. Das heißt, wir müssen in den
verbleibenden Krankenhäusern zusätzliche Ausbil-
dungskapazitäten und zusätzliche Versorgungsmöglich-
keiten für Soldaten schaffen. Schließlich brauchen wir
diese Krankenhäuser für die Aus-, Fort- und Weiterbil-
dung in der Einsatzmedizin. Das kann kein ziviles Kran-
kenhaus in der Bundesrepublik Deutschland leisten.

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(C (D Zusätzlich brauchen wir eine höhere Zahl von zivilen atienten, denn etliche Krankheiten, die Bestandteil der acharztausbildung sind, gibt es bei jungen Soldaten icht. Deshalb ist es sehr wichtig, dass endlich die zivien Bettenkontingente dieser Krankenhäuser in die Betimmungen des SGB V einbezogen werden. Wir beanragen schon seit mehreren Jahren, entsprechende chritte zu unternehmen. Dafür haben wir bis jetzt leider eine Mehrheiten gefunden. (Karin Evers-Meyer [SPD]: Das müssen doch die Länder entscheiden! – Weitere Zurufe von der SPD)


Dann sollte jeder mit Verantwortlichen in den Ländern
prechen, zu denen er gute Beziehungen hat, liebe Kolle-
innen und Kollegen.
Der Sanitätsdienst der Bundeswehr hat bisher gute
rbeit geleistet. Es handelt sich um gut ausgebildete
eute, die in bis jetzt hoch leistungsfähigen Funktions-
inheiten wirken. Der vorgegebene Standard allerdings,
er ausdrücklich fordert, dass die medizinische Versor-
ung in Einsatzgebieten der Qualität der Versorgung in
er Heimat entspricht, ist in Gefahr. Dieser Anspruch
teht auf dem Spiel. Ich möchte Sie sehr herzlich bitten,
azu beizutragen, dass militärische Fähigkeiten, die wir
is jetzt noch auf diesem Gebiet haben, nicht auch noch
erloren gehen und dass die medizinische Versorgung
er Soldaten im Einsatz weiterhin gewährleistet ist. Ich
abe große Sorgen, dass das in Zukunft nicht mehr der
all sein wird.
Eine verantwortungsvolle medizinische Versorgung

on bis zu 105 000 Soldaten im Einsatz – ich muss das
och einmal sagen – verlangt einfach mehr und besser
usgebildetes Sanitätspersonal.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ir können uns da nicht auf andere europäische NATO-
itglieder verlassen, weil ihre Standards geringer sind
ls unsere und ihre Fähigkeiten hinter unseren zurückfal-
en. Lediglich die Vereinigten Staaten von Amerika ha-
en noch hoch qualifiziertes Personal und technisch her-
orragend ausgestattete Armeekrankenhäuser.
In dieser Diskussion sollten wir nicht zuletzt deswe-

en auch einmal ernsthaft darüber nachdenken, auf wel-
he Weise wir Nachwuchsgewinnung betreiben, also
eeignete Personen rekrutieren. Die Unsicherheit, die
nter den Bundeswehrangehörigen selbst, aber auch in
er Öffentlichkeit bezüglich des Arbeitgebers Bundes-
ehr herrscht, ist ausgesprochen groß. Wenn wir qualifi-
ierten Nachwuchs haben wollen, müssen wir ihm etwas
ieten, insbesondere auch im Sanitätswesen der Bundes-
ehr. Ich habe mich sehr gefreut, dass der Verteidi-
ungsminister angekündigt hat, dass die Einsatzzeiten
emnächst vier Monate betragen werden. Wir haben
ange dafür gekämpft. Auf meine Frage allerdings, zu
elchem Zeitpunkt dieser Beschluss umgesetzt würde,
st mir gesagt worden, dieses finde im Rahmen der
urchsetzung der Verteidigungspolitischen Richtlinien
tatt.






(A) )



(B) )


Ursula Lietz

Meine Damen und Herren, zum Schluss noch ein

Satz: Es macht mich traurig, dass viele verantwortungs-
bewusste Offiziere in diesen Tagen über Maulkorb-
erlasse Sprechverbote bekommen und ihnen sogar die
Entfernung von ihren Aufgabengebieten angedroht
wurde, wenn sie ihre Sorgen über die jetzt anstehende
Reform und deren Schwächen zum Ausdruck bringen.
Eine Regierung bzw. ein Minister, der von seinem Plan
überzeugt ist und zu ihm steht, sollte sich auch der Dis-
kussion in den eigenen Reihen stellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Das macht er doch!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510515000

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

erhält die Kollegin Karin Evers-Meyer, SPD-Fraktion,
das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Karin Evers-Meyer (SPD):
Rede ID: ID1510515100

Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol-

legen! Meine Damen und Herren! Das Sozialwissen-
schaftliche Institut der Bundeswehr hat letzte Woche
eine aktuelle Bevölkerungsbefragung zum sicherheits-
politischen Meinungsbild veröffentlicht. Diese Studie
belegt, dass das Gefühl von Sicherheit abnimmt. Nie-
mand wird von der Hand weisen können, dass es nicht
nur so ein Gefühl ist, das da abnimmt, sondern dass sich
die Bedrohungslage tatsächlich verschärft hat.

In einer solchen Situation sollten wir die Menschen in
unserem Land nicht mit falschen Heilsversprechungen
aufs Glatteis führen, sondern für Aufklärung sorgen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die CDU/CSU-Opposition tut dies leider nicht, weder
mit ihrem vorliegenden Antrag noch mit ihren wieder-
holten populistischen Forderungen nach einem Einsatz
der Bundeswehr im Innern. Sie schüren damit die
Ängste in der Bevölkerung und suggerieren, es werde
nicht genügend zu deren Schutz getan.


(Zuruf von der SPD: Genau!)

Natürlich stellen sich die Bürgerinnen und Bürger die

Frage: Warum darf die Bundeswehr Deutschland am
Hindukusch verteidigen, nicht aber am Hamburger
Hauptbahnhof? Darauf gibt es drei ganz klare Antwor-
ten:

Erstens. Die Bundeswehr ist dafür weder ausgebildet
noch ausgerüstet. Sie steht im Moment vor ganz ande-
ren, neuen Herausforderungen. Wir können unsere Sol-
datinnen und Soldaten jetzt nicht auch noch zu Hilfs-
sheriffs machen.

Zweitens. Die Polizeien der Länder und des Bundes
sowie der Bundesgrenzschutz sind für die innere
Sicherheit zuständig. Sie sind die Spezialisten, sie sind
dafür ausgebildet. Insbesondere unser Bundesgrenz-

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(C (D chutz ist dank unseres Ministers Otto Schily heute dafür esser ausgerüstet denn je. o brauchen wir auch den Vergleich mit den in Sachen icherheit gerne als Vorbild zitierten USA überhaupt icht zu scheuen. Ein Vergleich von Zuständigkeiten und mfang staatlicher Sicherheitsleistungen in Deutschland it dem Department of Homeland Security zeigt, dass ie deutsche Organisation der amerikanischen Organisaon in Bezug auf Kompetenzbreite und potenzielle urchgriffsmöglichkeiten in nichts nachsteht. Auch der nteil finanzieller Aufwendungen ist im Verhältnis zum weiligen Gesamthaushalt mit rund 1,6 bis 1,7 Prozent ahezu identisch. Ich weiß also die innere Sicherheit eim Bundesinnenminister in guten Händen. Drittens. Es gibt ohne Zweifel besondere Span ungslagen und Katastrophenfälle, in denen wir die undeswehr mit ihren spezifischen Fähigkeiten brauhen. In diesen Fällen kann sie aber – das ist hier bereits esagt worden – schon heute eingesetzt werden. Mit em Luftverkehrssicherheitsgesetz wurden in diesem ereich bestehende Lücken geschlossen. Wo noch Lüken bestehen, werden wir auch diese schließen und die insatzfähigkeit weiter optimieren. Meine Damen und Herren, die CDU/CSU will uns it ihrem Antrag weismachen, dass wir den Heimatchutz vernachlässigen, weil wir die Bundeswehr zu eier effizienten, gut ausgebildeten und gut ausgerüsteten ternational einsatzfähigen Truppe machen. Zwar erennen auch Sie die Notwendigkeit einer Neuausrichng der Bundeswehr an; auch Sie wollen diese internaonal einsatzfähige Armee, die mit unseren Partnern in uropa und der NATO mithalten kann. Gleichzeitig woln Sie aber eine Bundeswehr, bei der nicht nur alles so leibt, wie es ist, sondern die mit alten Strukturen weire Aufgaben übernimmt. Unsere Bundeswehr ist jedoch keine Eier legende ollmilchsau. Die CDU/CSU setzt mit ihren Forderunen ihre konfuse Politik der Widersprüche auch auf dem ebiet der Sicherheitspolitik fort: ie fordern Steuersenkungen und wollen mehr Geld auseben, Sie wollen Bürokratieabbau und halten Ihre chützende Hand über jeden, der auch nur im Verdacht teht, Ihrer Wählerklientel anzugehören. Ich bitte Sie, ie Bundeswehr dabei aus dem Spiel zu lassen. Die Buneswehr steht vor neuen, großen Herausforderungen. ir sind auf einem guten Weg, diese Herausforderungen u meistern. Diesen Weg wollen wir konsequent weiterehen und die Reform der Bundeswehr nicht aus parteiktischem Kalkül überfrachten und damit letztlich zum cheitern verurteilen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


Ich möchte noch einige Dinge zur geplanten Auflö-
ung der Reservelazarette sagen. Der Verteidigungs-
inister hat in seinen von allen gelobten Verteidigungs-
olitischen Richtlinien den Verzicht auf allein für den






(A) )



(B) )


Karin Evers-Meyer

Verteidigungsfall bereitgehaltene Strukturen angewie-
sen. Gleichzeitig hat er aber auch den Schutz Deutsch-
lands und seiner Bürgerinnen und Bürger als Auftrag der
Bundeswehr festgeschrieben. Diesen Vorgaben folgend
wird die Reservelazarettorganisation als Struktur der
Landesverteidigung aufgelöst.

Diese Auflösung wird jedoch keineswegs negative
Auswirkungen auf den Katastrophenschutz haben. Re-
servelazarette waren bisher als zusätzliche Militärkran-
kenhäuser für den Verteidigungsfall vorgesehen. Die
heutigen 56 Lazarettgruppen wären erst nach einer sehr
zeitintensiven und von der Feststellung des Verteidi-
gungsfalls abhängigen allgemeinen Mobilmachung ein-
satzbereit. Für die Aufgaben im Katastrophenschutz wa-
ren und sind sie wirklich nicht optimal vorbereitet. Das
wollen wir ändern.

Wesentliche Kernelemente der Lazarettorganisation
bleiben auch nach der Entscheidung über deren Auflö-
sung erhalten. Dazu gehören insbesondere fachärztliche
Komponenten, die auch für die Katastrophenhilfe ge-
nutzt werden können und mit denen man in der Lage ist,
das zivile Gesundheitswesen bei einem Massenanfall
von Verletzten gezielt zu verstärken.

Auch die Reservisten des Sanitätsdienstes der Bun-
deswehr werden weiterhin eine sehr wichtige Rolle spie-
len, Herr Beck. Sie werden jetzt verstärkt mit der aktiven
Truppe zum Einsatz kommen,


(Ulrike Merten [SPD]: Sehr richtig!)

diese unterstützen und so die Reaktionsfähigkeit des Sa-
nitätsdienstes in Katastrophen- und besonders schweren
Unglücksfällen verbessern.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Hierzu werden Verfahrensweisen erarbeitet, die eine
schnellere Unterstützung im Katastrophenfall ermögli-
chen. Die bisherige Alarmierungs- und Einberufungs-
praxis bedarf, wie schon gesagt, eines zeitlichen Vor-
laufs, der den raschen Anforderungen eines plötzlichen
Katastrophenfalls nicht gerecht wird.

Die Bundeswehr gibt damit keine für den Katastro-
phenschutz relevanten wesentlichen Fähigkeiten auf. Im
Gegenteil: Sie wird ihre Reservistenorganisation so opti-
mieren, dass diese – gemeinsam mit der aktiven Truppe –
den Katastrophenschutzorganisationen und dem zivilen
Gesundheitswesen im Bedarfsfall die bestmögliche Un-
terstützung leisten kann.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Da bin ich gespannt!)


Die Fähigkeit des Sanitätsdienstes der Bundeswehr zu ei-
ner bedarfsgerechten, reaktionsschnellen Unterstützung
ziviler Kräfte im Katastrophenfall wird damit nicht nur
erhalten bleiben, sondern noch optimiert.

Gleiches gilt im Übrigen auch für die neue Reservisten-
konzeption der Bundeswehr, die in enger Kooperation
mit dem Reservistenverband und mit anderen Verbänden
erarbeitet wurde. Die Reserve wird auf die wahrscheinli-
cheren Aufgaben der Bundeswehr und auf ein ausgewo-

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(C (D enes Verhältnis von Auftrag, Fähigkeiten und Mitteln uch für die Reserve ausgerichtet. Mobilmachungsstrukturen alter Art für die herkömm che Verteidigung an Landesgrenzen gegen einen konentionellen Angreifer werden nicht mehr benötigt und aher abgeschafft, ohne dass aber die Kompetenzen zertört würden. Reservisten und Reservistinnen werden eiterhin im gesamten Aufgabenspektrum ihren Beitrag isten. Die zivil-militärische Zusammenarbeit wird urch gemeinsame Übungen mit den zuständigen zivilen tellen weiter intensiviert. Zur Steigerung von Professionalität und Einsetzbar eit der Reserve wird eine erhöhte Übungsfrequenz der reiwillig beorderten Reservisten und Reservistinnen anestrebt. Die Gestaltung von Wehrübungen und Übunen wird klar auf die neuen Aufträge im Rahmen der ufgaben der Bundeswehr auszurichten sein. Meine Damen und Herren, es bleibt daher festzuhaln: Alle in Deutschland maßgeblichen Stellen arbeiten it Nachdruck an der Neuausrichtung der Sicherheitsbeörden auf die neue Bedrohungslage. Die Bundeswehr ird da, wo es notwendig und sinnvoll ist, ihren Beitrag uch für die Sicherheit im Innern leisten. Die Transforation der Bundeswehr zu einer international einsetzbaen Eingreiftruppe steht diesem Ziel gewiss nicht entgeen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Zuruf von der SPD: So ist es!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510515200

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/2824 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 7 auf:
– Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-

gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung der Regelungen über Altschulden

(Landwirtschafts-Altschuldengesetz – LwAltschG)

– Drucksache 15/1662 –

(Erste Beratung 66. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Hans-Michael Goldmann, Jürgen Türk,
Dr. Christel Happach-Kasan, weiteren Abgeord-
neten und der Fraktion der FDP eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur endgültigen Rege-
lung über Altschulden landwirtschaftlicher Un-

(LandwirtschaftsEnd-Altschuldengesetz – LwEndAltschG)

– Drucksache 15/2468 –

(Erste Beratung 91. Sitzung)







(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts-
ausschusses (8. Ausschuss)

– Drucksache 15/3002 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ilse Aigner
Ernst Bahr (Neuruppin)

Franziska Eichstädt-Bohlig
Jürgen Koppelin

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Dazu
gibt es offenkundig Einvernehmen. Dann ist es so be-
schlossen.

Dann bitte ich diejenigen Kolleginnen und Kollegen,
die an dieser Debatte nicht mehr teilnehmen können oder
wollen, den Saal möglichst geräuschlos zu verlassen, da-
mit diejenigen Platz nehmen können, die an dieser De-
batte dringend teilnehmen wollen oder müssen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst für
die Bundesregierung das Wort dem Parlamentarischen
Staatssekretär Gerald Thalheim.

Dr
Dr. Gerald Thalheim (SPD):
Rede ID: ID1510515300


Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Heute ist für mich in meiner Abge-
ordnetenlaufbahn, wenn man das so bezeichnen will, ein
besonderer Tag. Am 21. Dezember 1990 habe ich als neu
gewählter Abgeordneter hier im Reichstagsgebäude ei-
nen Antrag zu einem Altschuldenmoratorium für die
ostdeutsche Landwirtschaft unterschrieben. Damals
hätte ich mir nicht vorstellen können, 14 Jahre später bei
der endgültigen Regelung des Gesetzes hier im Bundes-
tag für die Bundesregierung zu sprechen. Ich hätte mir
auch nicht vorstellen können, dass es so lange dauern
und so schwierig werden würde, eine Regelung herbei-
zuführen, und dass das ungelöste Altschuldenproblem
nicht nur in der Landwirtschaft eine so schwierige Hypo-
thek darstellen würde.

Wir haben in den letzten Wochen kontrovers über die
Situation in Ostdeutschland diskutiert. Entindustriali-
sierung und viele andere Worte sind gefallen. Einer der
Gründe für diese Situation liegt in den Folgen der feh-
lerhaften Währungsunion und ganz besonders darin, wie
die Altschulden behandelt wurden. Nach der Wäh-
rungsunion waren die Betriebe einfach nicht in der Lage,
die damals in Mark der DDR aufgenommenen Kredite in
D-Mark zurückzuzahlen. Das galt nicht nur für die
LPGs, das galt genauso für die Industrieunternehmen,
die aus den volkseigenen Betrieben hervorgegangen wa-
ren, und für die Wohnungsgesellschaften. Deshalb
musste der Bund im Falle der Industrie und der Woh-
nungsunternehmen weitgehend auf die Rückzahlung
verzichten.

Angesichts der heutigen Debatte, in der wechselseitig
viele Vorwürfe gemacht wurden, wer für was verant-
wortlich ist, muss man sagen: Dieser Forderungsver-
zicht, der in Milliarden zu Buche geschlagen ist, ist eine

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(C (D er Ursachen für die Probleme, die wir heute in Deutschand haben. Für die Nachfolgebetriebe der Landwirtschaftlichen roduktionsgenossenschaften wurde mit der so genannen Rangrücktrittsvereinbarung eine bilanzielle Entastung vereinbart. Damit konnten zwar kurzfristig Inolvenzen vermieden werden. Aber das Problem wurde icht wirklich gelöst. Im Gegenteil: Die Altschuldenbeastung der LPG-Nachfolgebetriebe ist von 1,6 Milliaren Euro 1991 auf heute 2,5 Milliarden Euro angewachen. Das hat folgende Ursachen: Zum Ersten waren die etriebe nach der Wiedervereinigung einfach nicht in er Lage, Gewinne zu erwirtschaften. Aus diesen Geinnen hätte eine Rückzahlung erfolgen müssen. Einer er Gründe für diese Situation war die Tatsache, dass die redite, die für Investitionen aufgenommen worden ind, einfach nicht mehr werthaltig waren. Zum Zweiten etzten die Rangrücktrittsvereinbarungen nur wenige nreize, die Altschulden zügig zurückzuzahlen. Zum ritten gab es für hoch verschuldete Unternehmen überaupt keine realistische Chance, die Altschulden zurückuzahlen. Gerade für diese Betriebe fehlte angesichts essen, dass man, bildlich gesprochen, vor einer Wand tand, von der jeder wusste, dass sie nicht zu übersprinen ist, jede Motivation, sich anzustrengen. Das alles ist längst bekannt. Aber CDU/CSU und DP, damals in der Regierungsverantwortung, haben ichts unternommen, um dieses Problem zu lösen. Erst nach dem Regierungswechsel 1998 wurde eine ösung des Problems ernsthaft in Angriff genommen. Lieber Peter Jahr, wenn man hier neu dabei ist, soll an nicht dazwischenrufen. Verehrter Herr Staatssekretär, die Geschäftsordnung ieht keine Staffelung der Zulässigkeit von Zwischenruen nach der Zugehörigkeit zum Bundestag vor. arauf muss ich Sie schon aufmerksam machen. Dr 1996 gab es einen leisen Versuch, der dann aber ganz chnell wieder beiseite gelegt wurde. Wie gesagt: Nach dem Regierungswechsel wurde das roblem ernsthaft in Angriff genommen. Grundlage für as heute zu beschließende Gesetz sind das Urteil des undesverfassungsgerichts und die in der Folge in uftrag gegebene wissenschaftliche Überprüfung. Auch wenn nicht alle Altschuldenbetriebe mit dem rgebnis einverstanden sind, werden mit dem Landwirtchafts-Altschuldengesetz die Fehler der Rangrücktrittsereinbarungen korrigert. Die Anreize zu einer zügigen edienung der Altschulden werden erhöht. Es ist Parl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim durchaus zulässig, hier von zusätzlichem Druck, von Verschärfungen zu reden. Legale Steuervermeidungsmöglichkeiten werden eingeschränkt. Der Abführungsprozentsatz, bezogen auf die Gewinne, wird erhöht. Außerdem können die Betriebe auf der Basis der prognostizierten Gewinnentwicklung ihre Verpflichtungen mit einer Einmalzahlung abgelten. Diese Einmalzahlung ergibt sich aus dem so genannten Barwert der künftigen Zahlungen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen wird damit angemessen berücksichtigt. Das Vorgehen ist das Ergebnis umfangreicher Prüfungen und zahlloser Diskussionen. Lieber Kollege Goldmann, auch der Vorschlag, den jetzt die FDP vorlegt, nämlich einen Pauschalsatz von 33 Prozent zu verwenden, ist geprüft worden. Das wäre sicherlich eine Vereinfachung hinsichtlich der Bürokratie. Aber für die einen wären 33 Prozent noch eine nicht zu überspringende Hürde, für die anderen, die leistungsfähiger sind, ein zusätzliches Geschenk. Insofern kam diese Lösung nicht infrage. Bei der Erarbeitung des Gesetzes musste eine schwierige Abwägung der Interessen des Bundes als des letztendlichen Gläubigers der Altschulden und der Nachfolgebetriebe der LPGs, die mit Altschulden belastet sind, herbeigeführt werden. Nach der ersten Lesung ist der Gesetzentwurf der Bundesregierung äußerst intensiv mit den Betroffenen diskutiert worden. Zum einen gab es eine grundsätzliche Zustimmung zu der Herangehensweise, was uns sehr wichtig war; zum anderen gab es aber noch Änderungswünsche. Als Agrarpolitiker bin ich sehr zufrieden, dass diese im parlamentarischen Verfahren aufgenommen wurden. Das gilt für die Reduzierung des Abführungsprozentsatzes auf 55 Prozent und für die Wahl des mehrjährigen Durchschnitts bei der Ermittlung des Diskontierungszinssatzes. Außerdem wurde ein Mindestabführungsbetrag vereinbart; das entspricht den Finanzinteressen des Bundes. Durch diese Regelung wird es zu einer schnelleren Rückzahlung kommen. Insofern sind in dem Gesetz, das wir heute beschließen werden, sowohl agrarpolitische Aspekte als auch die Finanzinteressen des Bundes berücksichtigt. Ich habe eingangs genannt, auf welche Höhe sich mittlerweile die Altschulden summieren. Ich will diese Gelegenheit nutzen, an die betroffenen Betriebe zu appellieren, die Möglichkeiten, die dieses Gesetz vorsieht, zu nutzen und sich insbesondere durch die Nutzung der Ablöseregelung ein für alle Mal von den Altschulden zu verabschieden. Herr Präsident, in den 14 Jahren, von denen ich eingangs sprach, bin ich nie wegen Überziehung der Redezeit auffällig geworden. Insofern gestatten Sie mir bitte, noch eine Bemerkung hinzuzufügen. Das Fazit dieser Regelung lautet: Was lange währt, wird endlich gut. Ich kann nur an die Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen appellieren, dem G m a s n w o e c w ß B S a t b C H g w b p w l d l f s B w N s ö c b d K t M d K (C (D esetz zuzustimmen. Ich hatte kürzlich eine Diskussion it einem renommierten CDU-Agrarpolitiker, der den nwesenden Vertretern von Landwirtschaftsbetrieben agte: „Stimmt dieser Regelung zu oder kritisiert sie icht! Wir hätten das nicht hinbekommen.“ Herr Kollege Goldmann, auch an Sie will ich mich enden. Die 33-Prozent-Regelung wäre im Jahre 1991 der 1992 sicherlich vernünftig gewesen, ist es aber ben nicht mehr im Jahre 2004. Insofern appelliere ich an Sie alle, diesem ausgespro hen guten Gesetz im Interesse der ostdeutschen Landirtschaftsbetriebe zuzustimmen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Zuruf des Abg. Dr. Peter Jahr [CDU/CSU])

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510515400

(Heiterkeit)

Dr. Gerald Thalheim (SPD):
Rede ID: ID1510515500




(A) )


(B) )


(Heiterkeit)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510515600

Herr Kollege Thalheim, den Dank für die regelmä-

ige Einhaltung der Redezeit, die eigentlich unter den
edingungen unserer Geschäftsordnung eine schiere
elbstverständlichkeit sein sollte, verbinde ich mit der
usdrücklichen Hoffnung, dass Ihre heutige Überschrei-
ung derselben in Zukunft wieder die seltene Ausnahme
leibt.
Nun erhält der Kollege Dr. Peter Jahr für die CDU/
SU-Fraktion das Wort.


Dr. Peter Jahr (CDU):
Rede ID: ID1510515700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Mit der Schlussdebatte über die Altschuldenre-
elung in landwirtschaftlichen Unternehmen betreiben
ir in diesem Hohen Hause ein Stück Vergangenheits-
ewältigung. Mit der Behandlung der Altschulden-
roblematik, die aus DDR-Zeiten stammt, weht ein klein
enig der Hauch der Wendezeit durch den Plenarsaal.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: So ist es!)

Immerhin: Zum Zeitpunkt der D-Mark-Eröffnungsbi-

anz hatten die landwirtschaftlichen Unternehmen Kre-
itverbindlichkeiten in Höhe von umgerechnet 3,9 Mil-
iarden Euro. Schon bei oberflächlicher Analyse war
estzustellen, dass bei normaler Umrechnung der Alt-
chulden die überwiegende Mehrzahl der betroffenen
etriebe in die Gesamtvollstreckung getrieben worden
äre. Gerade weil damals nicht genügend regionale
eugründer vorhanden waren, wären nicht nur Zigtau-
ende von Arbeitsplätzen gefährdet gewesen, sondern im
stlichen Teil unseres Vaterlandes hätte sich nie eine flä-
hendeckende, wettbewerbsfähige Landwirtschaft eta-
lieren können.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Hauptproblem der so genannten Altschulden war

ie extrem unterschiedliche Werthaltigkeit dieser
redite. Es gab zum Beispiel die Kredite für Neuinves-
itionen in einen nach DDR-Maßstäben hoch modernen
ilchkuhstall, dessen Ausrüstung und Technologie nach
er Wende völlig veraltet waren. Daneben gab es den
redit, der auf einem Beschluss der SED-Kreisleitung






(A) )



(B) )


Dr. Peter Jahr

beruhte. Damit wurde der Betrieb verpflichtet, kommu-
nale Straßen, Kindergärten oder Kinderferienlager zu
bauen und zu bezahlen. Bezahlt wurden diese Dinge
durch die LPGs, finanziert durch Kreditierung seitens
der Genossenschaftsbank der ehemaligen DDR.

Selbstverständlich hätte man 1990 theoretisch auch
die Möglichkeit gehabt, die Werthaltigkeit der Kredite
durch eine Einzelfallbewertung konkret zu prüfen und zu
korrigieren. Aber seien wir zumindest heute ehrlich:
Diese Einzelfallbewertung wäre schon allein aufgrund
des Datenumfangs zum Scheitern verurteilt gewesen.

Zusätzlich erhob sich auch die Frage: Wer hätte diese
Wertfeststellung eigentlich treffen können? Welcher
Sachverständige konnte 1990 nachvollziehbar feststel-
len, welchen Wert eigentlich eine Milchviehanlage mit
2 000 Tieren auf fremden Grund und Boden ohne
Erbbaurechtsvertrag hatte? Was war eine Anlage mit
1 200 Säuen wert, die nicht nur auf fremdem Grund und
Boden stand, sondern dessen Bodeneigentümer in den
alten Bundesländern wohnte und im Rahmen eines so
genannten Kreispachtvertrages enteignet wurde?


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Aus diesen Gründen war es richtig, dass 1990 die da-
malige CDU/CSU/FDP-geführte Bundesregierung sa-
nierungsfähige Unternehmen mit Altschulden durch
zwei Maßnahmen unterstützte: Zum einen wurden Alt-
schulden in Höhe von circa 0,7 Milliarden Euro von der
Treuhand übernommen. Zum anderen wurden damals
Schulden in Höhe von rund 2 Milliarden Euro durch
zwischen den Unternehmen und den altkreditführenden
Banken abgeschlossene zivilrechtliche Rangrücktritts-
vereinbarungen beglichen und somit die landwirt-
schaftlichen Unternehmen entlastet.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Durch diese Rangrücktrittsvereinbarungen traten fol-

gende günstige Wirkungen ein: Kredite, die durch Alt-
schulden begründet waren, wurden nachrangig einge-
stellt und durften in der Bilanz als Eigenkapital
ausgewiesen werden. Die Unternehmen wurden damit
bilanziell de facto schuldenfrei gestellt, hatten Eigen-
kapital und konnten neue Kredite aufnehmen. Die Alt-
schulden mussten nur im Falle einer Gewinnerwirtschaf-
tung zurückgezahlt werden. Lediglich 20 Prozent des
handelsrechtlichen Überschusses mussten abgeführt
werden, das heißt, 80 Prozent konnten die Unternehmen
behalten. Zinsen fielen dabei nur in Höhe des so genann-
ten Euribor-Zinssatzes an. Zinseszinsen wurden nicht er-
hoben.

Die Rangrücktrittsvereinbarung war übrigens auch
für die altschuldenführenden Banken ein gutes Geschäft.
Die Banken waren im Endeffekt so gestellt, als hätten
die LPG-Nachfolgeunternehmen die im Rahmen der
Rangrücktrittsvereinbarung gezeichneten Altschulden
bereits zurückgezahlt. Im Endeffekt führte das allerdings
dazu, dass viele Unternehmen lediglich die jährlichen
Verwaltungsgebühren entrichten mussten, sich aber an-
dererseits wirtschaftlich stabilisierten.

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(C (D Zugegebenermaßen war die damalige Altschuldenegelung sehr großzügig. Ich weiß auch, dass viele landirtschaftliche Unternehmen bei neuen Krediten auch eute noch eine solche Rangrücktrittsvereinbarung unerzeichnen würden. Aber das kann man auch anders forulieren: Diese Regelung wurde von Union und FDP in raft gesetzt, als die Politik des Aufbaus Ost noch Fanasie hatte. Diese Regelung wurde in Kraft gesetzt, als ie Landwirtschaft noch als Wirtschaftszweig betrachtet urde. Im April 1997 erging das Urteil des Bundesverfas ungsgerichtes, in dem einerseits die Verfassungsmäigkeit der getroffenen Altschuldenregelung bestätigt nd andererseits der Gesetzgeber verpflichtet wurde, die ielerreichung der bilanziellen Belastungen zu überprüen. Das Bundesverfassungsgericht ordnete de facto eine id-Term-Review an, der die damalige schwarz-gelbe undesregierung auch nachkam. Aus diesem Grund wurde 1998 von der Bundesregie ung eine entsprechende wissenschaftliche Untersuhung in Auftrag gegeben. Man muss sagen, dass ihr Erebnis nur für Laien eine Überraschung war: Mit der bis eute gültigen bilanziellen Entlastung würden bis 2010 ediglich 5 Prozent der Unternehmen ihre Altschulden ollständig zurückzahlen. Insgesamt würde die Summe es Altschuldenbestands der Unternehmen bis 2010 urch aufgelaufene Zinsen sogar wieder ansteigen. Aus icht der Bundesregierung war es somit erforderlich, die ltschuldenregelung anzupassen. Weil man auch einmal berparteiliche Gemeinsamkeiten festhalten sollte, stelle ch für meine Fraktion fest: Dieser Anpassungsbedarf ist nstreitig. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


(Zuruf von der CDU/CSU: Eben!)


Ich dachte, auch auf der linken Seite des Hauses würde
etzt geklatscht. Aber Sie haben gleich noch eine Chance
u klatschen.
Allerdings war meine Fraktion über den Realisie-

ungszeitraum ein wenig erstaunt. Man könnte auch so
ormulieren: Sie brauchten nach Vorlage des Gutachtens
anze fünf Jahre, um einen beratungsreifen Gesetzestext
orzulegen,


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Das ist doch jetzt wohl eine blanke Frechheit!)


nd das, obwohl Sie schon vor der Bundestagswahl 1998
ine schnelle Lösung der Altschuldenfrage versprochen
atten. Sie erweckten bereits im Wahlkampf 1998 den
indruck, den entsprechenden Gesetzestext in der
chublade zu haben.


(Zuruf von der CDU/CSU: Versprochen und gebrochen!)


Nach dem Regierungswechsel 1998 habe ich den
ortgang der Dinge aus sächsischer Perspektive mit gro-
em Interesse verfolgt. Denn seinerzeit sind wir im säch-
ischen Landtag – man kann fast sagen: monatlich – von
en Sozialdemokraten gedrängt worden, endlich einen






(A) )



(B) )


Dr. Peter Jahr

entsprechenden Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag
auf den Weg zu bringen. Meine Damen und Herren ins-
besondere von der SPD, offenbar haben Sie beim Wech-
sel von der Oppositionsbank auf die Regierungsbank
vergessen, Ihre Schubladen mitzunehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Entweder war Ihr Entwurf nicht mehr da oder er war,
wie die Juristen zu sagen pflegen, unauffindbar ver-
räumt.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Suche war zugegebenermaßen nicht ganz einfach.

Denn immer, wenn Sie gerade in Ihr verstaubtes Archiv
hinabsteigen wollten, kam etwas dazwischen. Da war die
BSE-Geschichte – hier könnte man fragen, was Rinder-
wahn mit Altschulden zu tun hat –, dann wurde die
Ministerin ausgewechselt. Aus heutiger Sicht muss man
sagen: Glücklicherweise hat sich Frau Künast nicht in
den Altschuldenprozess eingeschaltet; denn sonst wären
wir noch nicht so weit.


(Zuruf von der CDU/CSU: Rosenkrieg!)

Dann kam auch noch eine Bundestagswahl dazwischen.
Aber im Jahre 2002 war alles ganz einfach: Man musste
nur noch auf eine Gute-Laune-Phase des Finanzminis-
ters warten und blitzschnell zuschlagen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Unter Berücksichtigung dieser Umstände war das ein

regelrechtes Schnellverfahren. Das sage ich nur deshalb,
weil Sie, meine Damen und Herren von den Regierungs-
fraktionen, manchmal auch anders können. Ich erinnere
bloß an das Thema Ausbildungsplatzabgabe, bei dem ich
mir ein ähnlich langes Nachdenken wünschen würde.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Der vorliegende Gesetzentwurf zerfällt im Wesent-
lichen in zwei Teile: Erstens wird die bestehende
Rangrücktrittsvereinbarung massiv verschärft. Zweitens
können sich die Unternehmen von dieser verschärften
Verpflichtung freikaufen, indem sie einen einmaligen
Ablösebetrag bezahlen.

Obwohl ich selbst am Anfang der Diskussion – damit
meine ich 1998 – lieber die bestehenden Altkredite auf
ihre Werthaltigkeit überprüft gesehen hätte, um daraus
den Ablösebetrag zu ermitteln, bin auch ich mittlerweile
– nach Abwägung aller Umstände – der Auffassung,
dass der Grundansatz dieses Gesetzes richtig ist.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wofür?)


Frau Wolff, wenn Sie mitschreiben wollen: Das wäre
dann die zweite Gemeinsamkeit.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: So gut sind Sie dann doch nicht!)


Allerdings wird die Decke der Gemeinsamkeiten jetzt
immer dünner. Bei der gedruckten Fassung des Gesetz-
entwurfs sieht meine Fraktion noch erheblichen Nach-
besserungsbedarf. Wir sind nach wie vor der Auffas-

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(C (D ung, dass die verschärfte Rangrücktrittsvereinbarung art an der Kante der Verfassungskonformität entlang chlittert. Dabei geht es mir weniger um den abzuführenen Prozentsatz, den Sie ja von 65 auf 55 Prozent senken ollen, es geht vielmehr um die veränderte Bemesungsgrundlage für den Gewinn. Selbst ein Abführungsatz von 55 Prozent führt in der Praxis häufig dazu, dass er gesamte handelsrechtliche Überschuss abgeführt erden muss. Zweiter Kritikpunkt: Die Ablöseregelung allein an er wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehens zu orientieren ist nicht richtig. Selbstverständlich st die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehen sehr unterschiedlich, aber seien wir ehrlich: Es gibt a auch subjektive Faktoren. Es gibt nun einmal gute nd weniger gute Geschäftsführer, es gibt nun einmal rfolgreiche und weniger erfolgreiche Unternehmen. eine Fraktion ist deshalb der Auffassung, dass es nicht ufgabe des vorliegenden Gesetzentwurfs sein kann, utes Management zu bestrafen und schlechtes Manageent zu belohnen. Ihr Gesetzentwurf folgt an dieser Stelle – ich gebe zu, as ist fast unzulässigerweise verkürzt dargestellt – zu tark dem Sozialhilfeprinzip. Die Betriebe würden sich arauf einstellen: Sie würden praktisch all ihre Fantasie insetzen, um sich möglichst arm darzustellen. Dagegen ürden Sie sich wundern, wie dasselbe Unternehmen egenüber seiner Hausbank plötzlich einen Verlust in eien konzeptionellen Gewinn umwandelt bzw. umwaneln muss, denn neue Kredite bekommt man natürlich ur, wenn man konzeptionellen Gewinn ausweist – gereu dem Motto „Wenn du zur Altschuldenstelle fährst, ann nimm das Fahrrad, brauchst du einen Kredit von er Hausbank, dann fahre mit dem Mercedes vor“. Ich weiß auch nicht, wie die zuständige Behörde ob ektiv einschätzen soll, ob der seitens des Betriebes voreschlagene Ablösebetrag angemessen ist. Deshalb chlägt meine Fraktion zur Ermittlung der Gewinnerwarung von Unternehmen ein standardisiertes, betriebsruppenindividuelles mathematisches Verfahren vor, elches die Verzinsung von Produktionsfaktoren angeessen berücksichtigt. Diese de facto kalkulatorische ewinnermittlung und der daraus ermittelte Ablöseberag könnten den Verwaltungsaufwand erheblich senken nd überhaupt erst eine Entscheidungsgrundlage für die blösevereinbarung bilden. Leider haben Sie unseren ntrag im Ausschuss abgelehnt, sodass wir den vorlieenden Gesetzentwurf leider ebenfalls ablehnen müssen. Nun noch ein paar Worte zum Gesetzentwurf der iberalen. Die FDP will den großen Schnitt dadurch achen, dass sie ganz einfach festlegt: Jeder soll ein rittel seiner Altschulden begleichen und basta. Die orteile dieses Verfahrens liegen auf der Hand: Es hanelt sich um ein extrem einfaches Verwaltungsverfahren. in mit der Prozentrechnung halbwegs vertrauter Beareiter könnte die Bescheide erstellen. Der Finanzminiser bekommt sogar mehr Geld als im Regierungsentwurf ingeplant; dafür gibt es einen Pluspunkt – so sind wir u den Liberalen. Andererseits liegt in der extremen Dr. Peter Jahr Pauschalität gerade das Problem: Kleine Schuldner würden unterund große Schuldner würden überfordert. Das Problem, was wir mit denjenigen Unternehmen machen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit diesen Ablösesatz objektiv nicht aufbringen können, bleibt ungelöst: Keine Bank der Welt würde diesen Unternehmen den Ablösebetrag finanzieren. Das heißt, in der Einfachheit Ihres Gesetzes liegt zugleich die große Gefahr; das wäre ein Minuspunkt. Ich mache es einfach jetzt: Pluspunkt und Minuspunkt ergeben null, deshalb wird sich meine Fraktion bezüglich des Gesetzentwurfs der FDP der Stimme enthalten. Meine Damen und Herren von Rot-Grün, trotzdem ist es noch nicht ganz zu spät, die guten Anregungen von CDU und FDP in die für das Gesetz maßgeblichen Verwaltungsvorschriften zu etablieren: Erstens. Bestimmen Sie die Gewinnerwartung des Unternehmens nicht durch Befragung, sondern mathematisch, also in einem standardisierten Verfahren. Zweitens. Entbinden Sie das Unternehmen bei einer bestimmten Angebotshöhe von aufwendigen Kontrollverfahren, getreu dem Motto: Je niedriger das Angebot, desto höher die Kontrolldichte. Weil ich davon ausgehen muss, dass sich meine Fraktion heute bei der Schlussabstimmung völlig unverdientermaßen nicht durchsetzen kann, erlaube ich mir noch einen Appell an die Damen und Herren von Rot-Grün: Erstens. Überlassen Sie die Ausformulierung der entsprechenden Verwaltungsvorschriften nicht allein der Bundesregierung und der Verwaltung! Zweitens. Sorgen Sie bei der praktischen Umsetzung des Gesetzes für ein nachvollziehbares, faires Verfahren, welches auch die Verhältnismäßigkeit gegenüber denjenigen Unternehmen wahrt, die ihre Altschulden vollständig zurückgezahlt haben bzw. als Neuund Wiedereinrichter mit immensen Neukrediten belastet sind! Drittens. Sorgen Sie dafür, dass gutes Management nicht bestraft und Missmanagement nicht belohnt wird! Viertens. Beugen Sie Missbrauch vor! Auch in der Landwirtschaft sollte nämlich gelten: Leistung muss sich wieder lohnen. Danke schön. Das Wort hat jetzt die Kollegin Cornelia Behm vom Bündnis 90/Die Grünen. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie wir gemerkt haben, verführt dieses Thema dazu, zurückzublicken. Ich bitte Sie, dass Sie auch mir einen kleinen Ausflug in die Vergangenheit erlauben. Bevor am 9. November 1989 die Mauer fiel, hat es 40 Jahre lang zwei deutsche Staaten gegeben. In diesen 4 t s b g m e m S e a s g g g d D c B s n D d is n h s w s s n d h S e la w S v b l e d d t V s L G m R Ä tr a 6 (C (D 0 Jahren hat sich bedingt durch die Zuordnung zu unerschiedlichen politischen Systemen eine sehr unterchiedliche wirtschaftliche Entwicklung vollzogen. Auf eiden Seiten der Mauer lebten Deutsche: im Wesen leich, mit einer gemeinsamen Geschichte und Kultur, it familiären und freundschaftlichen Kontakten unterinander – die hat es damals Gott sei Dank gegeben –, it den gleichen Empfindungen, wenn es um Liebe und chmerz, um Gerechtigkeit und um die Sehnsucht nach iner friedlicheren Welt ging. Deswegen hatte ich schon, ls es die DDR noch gab, einen Hang zu den Grünen. Ich gehe davon aus, dass Sie alle hier mit mir froh ind, dass Deutschland wiedervereint ist. Die Vereiniung war tatsächlich eine große Leistung. Der Vereiniungsvertrag und einige daraus abgeleitete Gesetze daegen verdienen weniger Beifall. Auf die Lasten der eutschen Teilung häuften sich Vereinigungslasten. iese Lasten tragen alle Deutschen, aber nicht alle gleihermaßen: Es gibt besonders betroffene Gruppen. Als eispiele möchte ich nur die Kapitel „Rückgabe vor Entchädigung“, „Bodenreform“ und „Altschulden“ nenen. Die Betroffenen leben zum größten Teil im Osten eutschlands. Der 9. November 1989 liegt fast 15 Jahre zurück und ie deutsche Einheit besteht seit fast 14 Jahren. Insofern t es aus meiner Sicht dringend geboten, mit den Vereiigungsfolgen endlich aufzuräumen. Aus diesem Grund abe ich es begrüßt, dass die Bundesregierung einen Geetzentwurf zur Regelung der Altschulden in der Landirtschaft vorgelegt hat. Dieser Entwurf ist so umstritten wie selten ein Ge etzgebungsvorhaben: Landwirtschaftsbetriebe mit Altchulden – LPG-Nachfolgebetriebe – bewerten die euen Regelungen zur Rückzahlung der Altschulden in er Regel sehr kritisch: Sie befürchten aufgrund der eröhten Gewinnabführung eine massive Gefährdung ihrer olvenz. Betriebe ohne Altschulden – Wiederund Neuinrichter – halten dagegen die neuen Regelungen für zu x: Sie machen den Vorwurf, dass die LPG-Nachfolger eiterhin subventioniert werden und dass damit der taat die von ihnen seit langem kritisierte Wettbewerbserzerrung fortsetze. Beide Seiten sind sich jedoch darüer einig – Herr Jahr hat das vorhin gesagt –, dass Regeungsbedarf besteht. Prinzipiell wird auch die ntscheidende Neuerung des Gesetzentwurfs anerkannt, ass nämlich die Altschulden durch einen betriebsindiviuell festzusetzenden, einmalig zu zahlenden Ablöseberag endgültig getilgt werden können. Insbesondere zum ollzug des Gesetzes gab es aber erheblichen Geprächsbedarf. In einer Vielzahl von Gesprächen mit betroffenen andwirten und Verbänden haben wir Parlamentarier die elegenheit gehabt, Kritik und Anregungen aufzunehen. Im Ergebnis haben die Koalitionsfraktionen den egierungsentwurf an einigen Punkten geändert. Diese nderungen sollen bewirken, dass möglichst viele Beiebe die einmalige Chance ergreifen, ihre Altschulden bzulösen: Erstens haben wir den Abführungssatz von 5 Prozent auf 55 Prozent vermindert. Zweitens haben Cornelia Behm wir den Abdiskontierungszinssatz zur Ermittlung des Ablösebetrages auf der Basis eines mehrjährigen Mittelwertes festgelegt. Dies wirkt sich mindernd auf den Ablösebetrag aus. Drittens haben wir einen Mindestablösebetrag in Höhe der eingesparten Bankund Wirtschaftsprüfungskosten eingeführt. Mit diesen Änderungen sind die Rückzahlungsbedingungen so gestaltet, dass sie angemessen und für die Betriebe zu schultern sind. Im Übrigen werden auch zukünftig nur die Unternehmen, die Gewinne erwirtschaften, zur Bedienung der Altschulden herangezogen. Herr Jahr, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Betriebe wird also ausdrücklich berücksichtigt. Aus diesem Grund ist auch an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes nicht zu zweifeln. Den Kritikern, die das Gesetz als Subvention für rote Barone brandmarken, sei gesagt: Aufgrund der von CDU und FDP geschaffenen Rechtslage ist seit Jahren klar, dass die LPG-Rechtsnachfolger ihre Altschulden nie komplett zurückzahlen werden. Es ist Rot-Grün nicht möglich, das Rad zurückzudrehen. Die Rückzahlungsbedingungen lassen sich heute nicht beliebig, sondern nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit verschärfen. Durch unseren Gesetzentwurf schaffen wir keine zusätzliche Subventionswirkung. Im Gegenteil: Er führt zu zusätzlichen Einnahmen für den Erblastentilgungsfonds in dreistelliger Millionenhöhe. CDU und FDP haben die Rückzahlung der DDR-Kredite mit ihrer damaligen Regelung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Ohne das aktuelle Landwirtschafts-Altschuldengesetz würde es weiterhin den Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung zulasten von Neuund Wiedereinrichtern geben. Der rot-grüne Gesetzentwurf führt dazu, dass LPG-Nachfolgebetriebe und neu gegründete Betreibe nunmehr zumindest bezüglich der Schulden gleichgestellt sind. Damit kann ein Kapitel leidvoller Vereinigungsgeschichte endlich geschlossen werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510515800
Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510515900

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510516000

Das Wort hat jetzt der Kollege Hans-Michael

Goldmann von der FDP-Fraktion.


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1510516100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich denke, das Klima der Gesprächsführung
– es ist ja keine Auseinandersetzung – macht deutlich,
dass wir alle froh sind, dass wir hier zu einer Lösung
kommen werden, die der besonderen Situation des länd-
lichen Raums und der Landwirtschaft im Osten Rech-
nung trägt.

Als ich 1998 in den Bundestag kam, war mir – das
muss ich zu meiner Schande gestehen – die Altschulden-
problematik nicht sehr bekannt. Bei Besuchen vor Ort,
bei Gesprächen mit vielen Betroffenen und bei einer
fraktionsinternen Anhörung haben wir uns sehr intensiv
um die Materie bemüht. Ich sage es ganz einfach: Ich bin

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(C (D ehr stolz darauf, dass meine kleine Fraktion an dieser telle einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Lieber Peter Jahr, ich bin ein bisschen enttäuscht von uch. Du hast hier vorhin 18 Minuten lang geredet. Ich enke, wenn ihr vorher schon ähnlich viel Kraft aufgeendet hättet, dann hättet auch ihr einen eigenen Gesetzntwurf vorlegen können. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das finde ich auch!)


(Beifall bei der FDP)


n diesem Gesetzentwurf hätten dann möglicherweise
ie Dinge gestanden, die ihr wollt und die wir dann nicht
ber den Verordnungsweg hätten regeln müssen.
Es lohnt sich nicht, über diese Sache zu streiten. Alle,

ie die Materie nicht kennen, werden sie auch am Ende
er Debatte nicht verstanden haben. All diejenigen, die
ich mit dem Thema auskennen, merken sowieso, ob wir
ns damit wirklich ernsthaft auseinander setzen oder ob
ir uns nur herumstreiten. Das will ich nicht tun.
Ich habe mit tief betroffenen Wiedereinrichtern ge-

prochen, die mir schwerste Vorwürfe gemacht haben,
ie mit diesem Problem umgegangen wurde. Ich habe in
aststätten gesessen, die den LPG-Nachfolgern gehör-
en. Ich bin auf Straßen gefahren und war in Kindergär-
en zu Besuch, die noch einen Teil der Altschulden aus-
achten und die Bedrängnis verstärkten. Es geht darum,
n diesem speziellen Fall ein vernünftiges Maß an Zu-
unftschancen und Gerechtigkeit herzustellen.
Lieber Herr Thalheim, ich glaube, dass der Gesetzent-
urf der Bundesregierung, der von Rot-Grün getragen
ird, den Anforderungen, die wir an ihn stellen, nicht
erecht wird. Ich meine, er ist steuersystematisch äußerst
ragwürdig. Ich bin der Meinung, dass Sie das selbst er-
annt haben, weil Sie das zunächst anvisierte Einnahme-
iel von 600 Millionen Euro auf 370 Millionen Euro re-
uziert haben. Sie werden mit dem individuellen
rüfverfahren, das Sie durchführen lassen wollen, einen
ürokratischen Moloch aufbauen, der ebenfalls dazu bei-
ragen wird, dass dieser Betrag nicht erzielt wird.
Die individuelle Prüfung erscheint zunächst sehr

ernünftig. Es leuchtet allerdings bei genauerer Betrach-
ung nicht ein, dass jemand, der in den letzten Jahren gut
ewirtschaftet hat, heute dafür bestraft werden soll, und
erjenige, der sich sehr wenig Mühe gegeben hat, dafür
onoriert wird. Das ist doch wirklich nicht logisch. Las-
en Sie uns auch – Herr Dr. Jahr hat es schon angespro-
hen – über Möglichkeiten reden, den Zahlungsver-
flichtungen zu entgehen. Untergesellschaften sind nun
inmal ein sehr geeignetes Mittel, um Zahlungsver-
flichtungen auszuweichen. Der Nachweis eines Gut-
chtens – das ist zwar ein bisschen umstritten, aber die
ubventionswirkungen sind erheblich – wird im Gesetz-
ntwurf der Bundesregierung nicht aufgegriffen.
Wir haben uns für einen anderen Weg entschieden,

en ich in drei Punkten kurz skizzieren will und den ich
ür den besseren halte. Das Problem in unserem Gesetz-
ntwurf – das ist völlig richtig – ist die Festlegung der
blösung der Altschulden auf 33 Prozent. Aber schauen






(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann

wir uns die Forderungen der anderen an: Die Wiederein-
richter verlangen einen Ablösebetrag von mindestens
50 Prozent und die LPG-Nachfolgebetriebe meinen,
15 Prozent seien die oberste Grenze. Die Mitte dieser
beiden Zahlen liegt bei etwa 33. Ich sage Ihnen ganz ehr-
lich: Ich wäre sogar bereit gewesen, über 25 Prozent
nachzudenken.

Unser System hat einen Riesenvorteil. Es sichert in-
nerhalb von 15 Jahren die Einnahmen. Das muss man
besonders in einer Zeit berücksichtigen, in der wir den
Menschen in den neuen Ländern verstärkt helfen wollen.
Unser Vorschlag sichert dem Bund die Einnahmen und
beendet im Grunde genommen die Auseinandersetzung
über diese Problematik.

Wer nicht in der Lage ist, den von uns vorgeschlage-
nen Ablösebetrag – von mir aus können es auch 25 Pro-
zent sein – aufzubringen, der wird sich allerdings auf
dem zukünftigen Agrarmarkt nicht behaupten können.
Insofern ist der pauschalisierte Satz eine sehr unbüro-
kratische Maßnahme, die meiner Meinung nach ein
hohes Maß an Gerechtigkeit beinhaltet. Sie würde auch
dazu beitragen, insgesamt zu einer Befriedung zu kom-
men, die diesem Problem gerecht wird.

Wir werden dem Gesetzentwurf der Bundesregierung,
der von Rot-Grün getragen wird, nicht zustimmen. Wir
sind aber hoffentlich alle froh darüber, dass wir dieses
Thema befriedigend abgearbeitet haben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510516200

Das Wort hat jetzt der Kollege Ernst Bahr von der

SPD-Fraktion.

Ernst Bahr (SPD):
Rede ID: ID1510516300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Jahr, Sie
haben Ihre Rede gut angefangen, indem Sie wie Herr
Thalheim, Frau Behm und auch Herr Goldmann zu-
nächst sachlich dargestellt haben, worum es geht. Das ist
erfreulich. Aber die Art und Weise, wie Sie dann ver-
sucht haben, zu begründen, dass unser Gesetzentwurf an
der Sache vorbeigeht oder zumindest nichts taugt, hat
wenigstens mir persönlich den Eindruck vermittelt, dass
wir mit dem, was wir hier vorlegen, sehr gut liegen. Des-
wegen werden wir es so beschließen.


(Beifall bei der SPD)

Das Landwirtschafts-Altschuldengesetz, Herr Jahr,

zeigt, dass man schon 1990 mit Fantasie so manche Pro-
bleme in vielen Wirtschaftsbereichen wie der Industrie,
des Handwerks und des Mittelstandes erfolgreich hätte
lösen können. Wir legen auch dank der Mitarbeit des da-
maligen Mitgliedes des Bundestages, Dr. Thalheim, eine
Lösung vor, die sich noch heute sehen lassen kann und
zum Erfolg führt.
In den übrigen Wirtschaftsbereichen hätte man sicher
mit Fantasie auch einiges machen können, anstatt alles
platt zu machen, was wir heute bedauern.

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(C (D Das Landwirtschafts-Altschuldengesetz wurde nach er Wiedervereinigung verabschiedet und die Umstrukurierung der Landwirtschaftsbetriebe ist mehr oder weiger gelungen. Die Betriebe haben sich stabilisiert. urch diese Maßnahmen wurde vermieden, dass sanieungsfähige Unternehmen in Konkurs gehen. Insofern ist ie Situation deutlich besser als vor zwölf oder 4 Jahren. Jedoch wird das politische Ziel, dass bis 2010 alle be roffenen Landwirtschaftsbetriebe ihre Altschulden zuückzahlen, auf der Basis der gegenwärtigen Rangrückrittsvereinbarungen nicht erreicht. Sie bieten den etrieben wenig Anreize, Schulden zu bedienen. Eine nderung des geltenden Landwirtschafts-Altschuldenesetzes ist aus haushaltspolitischer Sicht unumgängich; denn aufgrund der aufgelaufenen und der weiter uflaufenden Zinsen steigen die Forderungen an. Letztich ist der Bund über den Erblastentilgungsfonds der läubiger der Altschulden. In ihm werden die wesentlihen Elemente der finanziellen Erblasten der ehemaligen DR zusammengefasst, verzinst und auch getilgt. Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfes ist die be chleunigte Ablösung der Altschulden durch die Beriebe entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsähigkeit. Deshalb wird die Bemessungsgrundlage erbreitert und der Abführungssatz erhöht. Zugleich ird den landwirtschaftlichen Unternehmen die Mögichkeit eröffnet, ihre Altschulden freiwillig in einem inheitlichen Ablöseverfahren gegen Zahlung eines unernehmensindividuell bestimmten Ablösebetrages voreitig zurückzuzahlen. Für Unternehmen, die auf absehare Zeit keine oder nur sehr geringe Gewinne rwirtschaften, wird ein Mindestablösebetrag eingeführt. ieser entspricht dem Barwert der aufgrund der Auflöung der Rangrücktrittsvereinbarung ersparten Aufwenungen an Bankgebühren und an Wirtschaftsprüferkosen. Unternehmen, die die Altschulden nicht ablösen, wer en auch künftig nur im Falle der Gewinnerzielung die ahlung leisten müssen, dann allerdings erhöhte Zahlunen. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Passt mal auf, was die für einen Gewinn haben!)


ltschuldenbedingte Insolvenzen wird es also in die-
em Zusammenhang auch in Zukunft nicht geben. Der
erzeit aufgelaufene Gesamtschuldenbetrag liegt bei
,5 Milliarden Euro. Mit der alten Regelung hätten wir
inen Barwert von 320 Millionen Euro zu erwarten. Mit
er neuen Regelung, die wir jetzt vorlegen, werden es
60 Millionen Euro sein.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass der FDP-Ent-
urf eine relativ ungerechte Lösung darstellen würde,
enn er auch unbürokratischer ist, was ich sehr wohl in
echnung stellen will. Er würde aber einige Unterneh-
en bevorteilen. Wir wollen aber Subventionen abbauen
nd nicht neue schaffen. Andere Betriebe würden viel-
eicht unter dieser Last zusammenbrechen. Deswegen
alten wir es für sinnvoll, diese Regelung abzulehnen.
ine sinngemäße Anpassung des Rangrücktritts wäre im






(A) )



(B) )


Ernst Bahr (Neuruppin)


Übrigen auch juristisch problematisch. Insofern ist Ihr
Antrag auch aus dieser Sicht nicht sehr gut geeignet.

In Anbetracht der allgemeinen haushaltspolitischen
Lage wäre es außerdem unverantwortlich, auf die Rück-
zahlungen staatlich gewährter Kredite durch leistungsfä-
hige Unternehmen zu verzichten. Das ist einfach nicht
machbar.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Nach unserem Modell kriegt ihr mehr!)


– Nein. Wir sprechen über fiktive Zahlen; das wissen wir
auch.

Es ist gelungen, eine Lösung der Altenschuldenpro-
blematik aufzuzeigen, bei der jeder Betrieb eine Chance
erhält, seine Altschulden entsprechend den ökonomi-
schen Möglichkeiten zu bedienen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Es gibt überhaupt kein Gesetz!)


– Herr Goldmann, ich sage noch einmal: Wir sind von
fiktiven Zahlen ausgegangen. Wir haben versucht, das so
seriös wie möglich zu berechnen. Das ist eine solide
Grundlage für das, was wir geschaffen haben.

Wir gehen davon aus, dass derjenige, der Gewinne
macht, auch Schulden bedienen muss. Das ist ein ganz
realer Grundsatz. Es wird niemand überfordert. In dem
Sinne ist das, was wir hier machen, eine zumutbare Lö-
sung. Mit der Lösung des Altschuldenproblems wird
auch der Konflikt zwischen den Agrargenossenschaften
und den Wieder- und Neueinrichtern ein für alle Mal be-
endet. Insofern ist das eine gute Lösung.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510516400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Waltraud Wolff von

der SPD-Fraktion.


Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1510516500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! An 18 Minuten Redezeit der CDU/CSU-Frak-
tion kann ich nicht vorbei. Herr Jahr, Sie haben den
Geist der Wendezeit beschworen. Das hat fast an Nostal-
gie gegrenzt. Das hätten Sie als Vertreter Ihrer Fraktion
gerade nicht sagen dürfen. Denn Sie sind daran schuld,
dass die Schulden so immens angewachsen sind. Sie
sind daran schuld, dass es bis 1998 keine vernünftige
Regelung im Sinne des Bundes und der Betriebe gege-
ben hat.


(Beifall bei der SPD – Dr. Peter Jahr [CDU/ CSU]: Sie haben mindestens genauso lange gebraucht!)


14 Jahre nach der Wiedervereinigung muss ich kon-
statieren, dass es der damaligen CDU/CSU-Regierung
nicht gelang oder auch nicht gelingen wollte, dieses Pro-
blem vom Tisch zu bekommen. Sie haben in Ihrer Rede
gesagt, Herr Jahr, dass die alte Regelung großzügig ge-

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(C (D esen sei. Sie war so großzügig, dass sie die Betriebe in ie Schuldenfalle geführt hat und ihnen keine Luft mehr um Atmen ließ. er Druck wurde von Jahr zu Jahr größer. Wie hoch die erschuldung angestiegen ist, wurde bereits anhand von ahlen dargelegt. Letztlich ist keine akzeptable Lösung ür den Bund und die betroffenen Betriebe in Aussicht estellt worden. Wir alle wissen, dass die alte Regelung nicht unbe ingt dazu motivierte, die Schuldenlast zu tilgen. Bisher üssen 20 Prozent der Gewinne zur Schuldentilgung ingesetzt werden. Dabei gibt es einige Gestaltungsmögichkeiten und keine zeitliche Begrenzung. Wir wissen ber auch, dass die Verbindlichkeiten zu einem nicht unrheblichen Teil aus Investitionen entstanden sind, die ereits im Rahmen der Treuhandentschuldung 1991 zu 00 Prozent als entschuldungsfähig anerkannt wurden. ufgrund der damaligen Finanzsituation wurden aber ur 78 Prozent entschuldet. Die restlichen Schulden sind n den heute zur Debatte stehenden Betrieben hängengelieben. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eröffnen ir endlich die Möglichkeit, durch die freiwillige Zahng ines einmaligen Ablösebetrages die Vergangenheit abuschließen und Planungssicherheit für zukünftige Inestitionen zu bekommen. Ich kann und will nicht verhehlen, dass der ursprüng ch vorgelegte Gesetzentwurf aus meiner praxisnahen nd ostdeutschen Sicht förmlich nach Änderung verngte. Warum? – Erstens gab für mich das Urteil des undesverfassungsgerichts von 1996 die Richtung vor. anach sollte die Ablösung der Altschulden bei ordungsgemäßer Wirtschaftsführung möglich sein, ohne, m es salopp auszudrücken, in den Ruin zu führen. Hierei geht es auch um Arbeitsplatzsicherung. Zweitens. Die Absenkung des Abführungsprozent atzes von ursprünglich 65 Prozent auf 55 Prozent bietet esentlich mehr Betrieben die Chance zur Ablösung. nser Ziel ist es, den größten Teil der Betriebe zu motiieren, unser Angebot anzunehmen. Aus diesem Grund wird drittens bei der Barwertbe echnung nicht, wie vorgesehen, der Referenzzinssatz um Ende der Antragsfrist angesetzt, sondern der Durchchnitt seit Bestehen dieses Zinssatzes, also seit 1997. uf diese Weise entstehen reelle Berechnungsgrundlaen. Viertens. Wir haben eine Mindestablöseregelung ingefügt. Auch und gerade Betriebe mit geringen Eragsaussichten sollen die Chance der Entschuldung beommen. Sie können damit Bankgebühren und andere ufwendungen sparen und den Gegenwert als Mindestblöse abführen. Dem, der von der Ablöseregelung keinen Gebrauch achen will, bleibt die Variante der jährlichen Bedieung der Schulden aus dem Gewinn. Waltraud Wolff Heute wird auch über unseren Entschließungsantrag abgestimmt, der den Auftrag zur Umsetzung unterstützt. An dieser Stelle möchte ich mich beim BMF und beim BMVEL für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Aber wir haben noch einiges vor uns. Deshalb bringe ich an dieser Stelle meinen Wunsch zum Ausdruck, dass die Durchführungsverordnung sehr zügig kommt, um für die Betriebe Sicherheit zu schaffen. Wie bei allen Themen rund um die deutsche Wiedervereinigung wird auch die Diskussion um die landwirtschaftlichen Altschulden sehr kontrovers und emotional geführt. Ich habe den Wunsch, dass wir künftig sachlich bleiben, dass die verschiedenen Interessengruppen auf eine erneute Emotionalisierung verzichten und dass wir alle gemeinsam einen Schlussstrich unter die Altschulden ziehen. Schwarz-Gelb hatte lange genug Zeit, ein gutes Gesetz auf den Weg zu bringen. Sie bringen jetzt Ihre Vorschläge vor, Herr Jahr. Sie hätten sie jedoch schon vor 1998 einbringen sollen. Aber wie bei der EU-Agrarreform oder bei der Organisationsreform der landwirtschaftlichen Sozialversicherung ist die CDU/CSU nicht in der Lage, sich zugunsten der richtigen Sache zu entscheiden, wenn es dabei zu Missstimmungen in der eigenen Wählerklientel kommen könnte. Es ist aber noch nicht zu spät. Setzen Sie doch hier und heute ein Zeichen. Sie selbst haben schließlich gesagt, unser Gesetzentwurf sei im Grundsatz gut und richtig. Lassen Sie uns dieses Kapitel gemeinsam zu Ende schreiben und stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu! Danke schön. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Dr. Peter Jahr [CDU/CSU]: Was?)


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Freiwillig?)





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(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510516600

Die Rede der Kollegin Petra Pau nehmen wir mit

Ihrem Einverständnis zu Protokoll.1) Damit schließe ich
die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Änderung der Regelungen über Altschulden landwirt-
schaftlicher Unternehmen, Drucksache 15/1662. Der
Haushaltsausschuss empfiehlt unter I seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 15/3002 (neu), den Gesetz-
entwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen,
um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stim-
men der Opposition angenommen.

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1) Anlage 3

(C (D Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die timmen von CDU/CSU und FDP angenommen. Unter II seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 5/3002 ntschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Kolitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen on CDU/CSU und FDP angenommen. Unter III seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa he 15/3002 en Entwurf eines Gesetzes der Fraktion der FDP zur ndgültigen Regelung über Altschulden landwirtschaftliher Unternehmen auf Drucksache 15/2468 abzulehnen. ch bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf der FDP zutimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt daegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist in weiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktioen bei Zustimmung der FDP-Fraktion und Enthaltung er CDU/CSU-Fraktion abgelehnt. Die weitere Beratung ntfällt damit. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 8 a und 8 b sowie usatzpunkt 4 auf: a)


Heiderich, Gerda Hasselfeldt, Peter H.
Carstensen (Nordstrand), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion CDU/CSU
Grüne Gentechnik in Deutschland nutzen –
Verlässliche Rahmenbedingungen für einen
verantwortungsvollen Einsatz in der Land-
wirtschaft schaffen
– Drucksache 15/2822 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Rechtsauschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Wahlfreiheit für die Landwirte durch Reinheit
des Saatgutes sicherstellen
– Drucksache 15/2972 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Rechtsauschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

ZP 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten

Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael
Goldmann, Ulrike Flach, weiterer Abgeodneter
und der Fraktion der FDP
Chancen der Grünen Gentechnik nutzen –
Gentechnikgesetz und Gentechnik-Durchfüh-
rungsgesetz grundlegend korrigieren
– Drucksache 15/2979 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (f)

Rechtsauschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat
das Wort die Kollegin Dr. Herta Däubler-Gmelin von der
SPD-Fraktion.


Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD):
Rede ID: ID1510516700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Heute diskutieren wir erneut über die Frage, wie wir mit
der Grünen Gentechnik umgehen sollen. Darüber haben
wir schon mehrfach geredet. Wir werden in den kom-
menden Wochen im Zusammenhang mit der Debatte
über den Gesetzentwurf der Bundesregierung alle grund-
sätzlichen Fragen besprechen. Wir wissen, dass die Posi-
tionen durchaus kontrovers sind. Das zeigt sich auch an
den uns heute vorliegenden Anträgen. Jeweils einen ha-
ben die CDU/CSU – Drucksache 15/2822 –, SPD und
Bündnis 90/Die Grünen sowie die FDP vorgelegt.

Die Opposition betont sehr gerne die Möglichkeiten,
die sich mit dieser innovativen Technik verbinden. Auch
wir tun dies, verweisen aber gleichzeitig darauf, dass der
Nachweis der Schadensfreiheit und des positiven
Nutzens für die Menschen sowie für die Natur und ins-
besondere für die Artenvielfalt in vielen Punkten noch
aussteht. Wir sind der Meinung, dass man darauf gerade
bei Lebensmitteln, die tagtäglich von einer großen Zahl
von Menschen verzehrt werden, in keiner Weise verzich-
ten darf, und zwar auch deshalb nicht, weil sonst das
Vertrauen der Verbraucher, die die Lebensmittel kaufen
sollen, in die Produkte unserer Landwirtschaft nicht ge-
sichert werden kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn ich mir die beiden Anträge der Oppositionsfrak-
tionen anschaue, dann stelle ich fest, dass der Antrag der
Union relativ allgemein gehalten ist. Das Gesetz, über
das wir in den kommenden Wochen beraten, wird sehr
viel konkreter sein. Es heißt im Antrag der Union – auch
wir und die Europäische Union vertreten diese Auffas-
sung –, dass die Koexistenz mehrerer Anbauformen – es
geht dabei um den Anbau mit und ohne Gentechnik – ein
tragender Grundsatz ist. Außerdem ist die Rede davon,
dass es sowohl für die Landwirte als auch für die Ver-

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(C (D raucher eine echte Wahlfreiheit geben muss. Für die andwirte besteht diese Freiheit darin, frei zu entscheien, wie sie anbauen; für die Verbraucher besteht sie dain, frei zu entscheiden, was sie kaufen wollen. Wer das berücksichtigt, der kann sich auch in dieser iskussionsrunde nicht mehr davor drücken, eine klare osition zu beziehen, aus der hervorgeht, ob man der uffassung ist, dass es zum Beispiel Pflanzen gibt, die in nseren Breiten einfach nicht koexistenzfähig sind, und ie man es mit dem Raps hält. Wir wissen ganz genau, ass die Auskreuzung unter Umständen weite Flächen nd große Distanzen betreffen kann, je nachdem, wie tark der Wind ist. Einer der Punkte, über die wir uns unterhalten müssen, ird die Frage sein, ob man noch mit Zwischenflächen rbeiten kann. Außerdem muss man ganz klar sagen, was an unter Wahlfreiheit versteht. Wahlfreiheit beginnt mit iner ehrlichen, richtigen und stimmigen Kennzeichung. Eine solche Kennzeichnung beginnt beim Saatgut, nd zwar deswegen, weil es „ein bisschen genverändert“ ben nicht gibt. Entweder etwas ist – technisch nachweisar – genverändert oder nicht. Man kann hier nicht „rumuscheln“, sondern muss sich klar äußern. Schließlich issen wir ganz genau, dass Saatgut als Grundlage für ebensmittelpflanzen und auch für Futtermittelpflanzen ie Möglichkeit einer Genveränderung vielfach verstären kann, wenn man nicht sehr präzise ist. All das wissen wir heute. Deswegen hatte ich eigent ich erwartet, dass im Antrag der Union, den wir heute eraten, genau wie in unserem Antrag festgestellt wird: awohl, gerade beim Saatgut – diese Frage muss jetzt ntschieden werden – muss die Kennzeichnung so sein, ass das, was im Saatgut technisch nachweisbar ist, auch achgewiesen wird. Leider finde ich in Ihrem Antrag azu nichts. Dass Sie nicht deutlich werden, dass Sie ich wieder verweigern, finde ich sehr bedauerlich. Mit hrem Antrag hätten Sie eine Gelegenheit gehabt, sich ehr klar zu äußern. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ir tun das.
Ich will Sie zum Abschluss einfach auffordern, sich

ur Grenze des technischen Nachweises der Reinheit des
aatgutes ganz konkret – ich benutze jetzt einen Ihrer
usdrücke – zu bekennen. Ich glaube, das wäre ein guter
eitrag, auf der einen Seite Vorurteile abzubauen und
uf der anderen Seite zu helfen, Konflikte zu lösen. Viel-
eicht ändern Sie Ihre Einstellung. Wenn ja, dann stim-
en Sie unserem Antrag zu! Ich würde mich darüber
reuen.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510516800

Das Wort hat jetzt der Kollege Helmut Heiderich von

er CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1510516900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit

unserer heutigen Initiative wollen wir Sicherheit bei der
Nutzung der Gentechnik in Deutschland schaffen: Si-
cherheit für die Bürger, Sicherheit für die Landwirte, Si-
cherheit für die Forschung und Sicherheit für die Unter-
nehmen der Pflanzenzucht.

Dieses Bemühen unsererseits, verehrte Frau Vorred-
nerin, ist nicht neu. Bereits 2001 haben wir in diesem
Haus eine Kennzeichnung von genetisch veränderten
Bestandteilen in Lebensmitteln gefordert. Wir haben da-
bei einen Grenzwert von 1 Prozent vorgeschlagen. Das
heutige Ergebnis von 0,9 Prozent ist von unserem dama-
ligen Vorschlag nicht sehr weit entfernt. Dass wir, die
CDU/CSU, als Erste für diese Transparenz und für die
Wahlfreiheit des Verbrauchers eingetreten sind, und
zwar hier, in diesem Hause, wird in den Diskussionen
über dieses Thema immer wieder gern verschwiegen.
Ich möchte Sie bitten, das in Zukunft endlich einmal zur
Kenntnis zu nehmen und auch öffentlich zu erklären.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ebenso wird gern verschwiegen, dass es bei der

Kennzeichnung um eine Zusatzinformation für den
Verbraucher und nicht um einen Warnhinweis zu einem
neuen Produkt oder Ähnliches geht. Genlebensmittel
sind nicht gefährlich. Ich zitiere den EU-Kommissar
Byrne, der vorgestern dem „Tagesspiegel“ gesagt hat:

Gentechnisch veränderte Lebensmittel sind ge-
nauso sicher wie herkömmlich produzierte. Es be-
steht keine Gefahr für die öffentliche Gesundheit.

Es wäre gut, wenn das auch von Ihrer Seite einmal öf-
fentlich vertreten würde und nicht immer das Gegenteil
behauptet würde.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Kennzeichnung – ich sage das noch einmal deutlich –
heißt also Sicherheit und nicht Risiko. Sicherheit für die
Landwirte schaffen wir durch mehrstufige umfassende
wissenschaftliche Prüfung der gezüchteten Pflanzen.
Wissenschaftliche und praktische Erfahrungen sind die
Grundlage für die Wahlfreiheit jedes Landwirts. Deshalb
muss die Diskriminierung derjenigen Landwirte aufhö-
ren, die sich freiwillig für die Möglichkeiten der Bio-
technik entscheiden oder entscheiden werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist doch gerade Rot-Grün, Frau Dr. Däubler-

Gmelin, das mit aller Macht einen großflächigen Erpro-
bungsanbau in Deutschland verhindert und damit die
Möglichkeit ausschließt, die notwendigen eigenen Er-
kenntnisse für die Sicherheit der Landwirte in unserem
Land zu gewinnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Meine Bauern sehen das aber anders!)


– Herr Tauss, man muss Lautstärke und Inhalt ein biss-
chen auseinander halten. – Wie viele Diskussionen über
Verhältnisse in England oder in Kanada oder wo auch
immer könnten wir uns ersparen, auch in diesem Hause,

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(C (D enn wir uns endlich auf öffentlich gewonnene und urch wissenschaftliche Begleituntersuchungen abgesiherte Fakten aus dem eigenen Land beziehen könnten! a sind Sie in der Pflicht! Es ist wirklich bezeichnend für Ihre Politik, dass sich etzt die Bundesländer von sich aus dieser Aufgabe anehmen und dabei auch noch von Ihnen beschimpft weren. Frau Höfken hat das kürzlich einen Anschlag auf ie Verbraucher genannt. Die Bundesländer erfüllen die flicht, die Sie fahrlässig versäumen, und gehen jetzt ach vorn, um den großflächigen Erprobungsanbau in eutschland möglich zu machen. Erst daraus können wir ie praktischen Erkenntnisse gewinnen, die eben schon efordert worden sind. Pflanzenspezifische Abstandsregeln wie in anderen U-Ländern auch werden meines Erachtens im Ergebnis azu führen, dass alle Landwirte – ich sage ausdrückich: alle Landwirte, auch die Ökolandwirte – sicher uner der Grenze von 0,9 Prozent bleiben können. Ich bitte ie, endlich zur Kenntnis zu nehmen, dass es eine politiche europäische Entscheidung ist, die besagt: Bei einem nteil von unter 0,9 Prozent ist das gentechnikfrei. Das st die entscheidende Grenze. Sie ist politisch so gesetzt orden. Die müssen wir in unserem Land auch anerkenen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Matthias Weisheit [SPD]: Beim Endprodukt! – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Nicht beim Saatgut!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich rede nicht von Saatgut. Beim Saatgut – das wissen
ie – haben wir eine andere Gefechtslage. Da gibt es ei-
en anderen Vorschlag. Die EU-Kommission wird dem-
ächst eine entsprechende Wertung auf den Tisch legen.
Auch die Behauptung, die jetzt immer wieder verbrei-

et wird, nämlich Gentechnik sei nicht wieder rückhol-
ar, wenn man einmal damit begonnen habe, ist – das
ill ich noch einmal sagen – in keiner Weise wissen-
chaftlich begründet. Es gibt eine aktuelle Studie der
niversität Bern vom 13. April – sie ist also zwei Wo-
hen alt – mit einem Umfang von etwa 200 Seiten, die
iederum zeigt, dass die Merkmale transgener Pflanzen
ach einigen Jahren aus der Population verschwinden,
enn die entsprechenden Pflanzen nicht mehr angebaut
erden, weil sie gegenüber den bisherigen Pflanzen
icht superior sind, das heißt, ihnen mit der Zeit unterlie-
en. Gentechnik ist also nicht eine Büchse der Pandora,
ie immer wieder öffentlich gesagt wird; sie ist viel-
ehr eine sichere und beherrschbare Technologie.
Die Anwendung im eigenen Land brauchen wir – das
ird auch immer übersehen – für die Zukunftssicherung
nserer Forschung. Bisher waren wir in Deutschland
eltweit mit an der Spitze. Doch während in anderen
ändern massiv in die Forschung investiert wird, insbe-
ondere in China – Frau Däubler-Gmelin führt gerade
in Gespräch mit einer Abordnung –, werden im eige-
en Land die Chancen der Forschung ständig ver-
chlechtert.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Helmut Heiderich

Damit verlieren auch unsere Pflanzenzüchter im welt-
weiten Wettbewerb an Boden. Wer wie diese Regierung
den eigenen Unternehmen das Leben schwer macht, ar-
beitet den internationalen Multis, wie Sie sie immer so
schön bezeichnen, direkt in die Hände. Sie bieten ihnen
den Markt geradezu auf dem Silbertablett an, wenn Sie
die eigenen Pflanzenzüchter benachteiligen und ihnen
die Chance nehmen, sich am internationalen Wettbewerb
zu beteiligen.

Dazu passt, dass Sie vor drei Tagen, also am Montag
dieser Woche, in Brüssel der Importgenehmigung für
Bt-Mais-Produkte aus Übersee nicht widersprochen ha-
ben. Gleichzeitig verhindern Sie aber im eigenen Land,
dass ein Erprobungsanbau mit diesen Produkten stattfin-
det. In diesem Punkt ist Ihre Argumentation doppelzün-
gig. So etwas machen wir nicht mit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Letzter Satz: Wir stehen für Wettbewerbsfähigkeit
und sichere, praktikable Rahmenbedingungen; Rot-Grün
steht für Verunsicherung der Bevölkerung und für Ver-
nachlässigung des Standortes Deutschland.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510517000

Das Wort hat jetzt die Kollegin Ulrike Höfken vom

Bündnis 90/Die Grünen.


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510517100

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Schön wäre es, wenn das wahr wäre,
was der Kollege Heiderich da eben gesagt hat. Den Ver-
braucherschutz ernst nehmen heißt auch, die Bedenken
unabhängiger Organisationen ernst nehmen. Es geht
dann nicht an, sie in Stammtischmanier als irre zu be-
schimpfen und uns Grüne der Straftaten zu bezichtigen,
die wir mitnichten begangen haben, so wie das der Kol-
lege Merz gemacht hat. Das ist meiner Meinung nach
nicht dadurch zu entschuldigen, dass man ihn selbst in
den Kreisen der CDU/CSU als Quartalsirren bezeichnet.
Hier ist schon eine richtige Entschuldigung fällig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wahl- und Entscheidungsfreiheit ist ein hohes Gut.
Sie setzt echte Wahlfreiheit und ein hohes Schutzniveau
für Mensch und Umwelt, wie es die CDU/CSU in ihrem
Antrag schreibt, voraus. Angesichts dessen, was weiter-
hin im CDU/CSU-Antrag steht, kann man diese Aussage
nur als irreführend bezeichnen. Die CDU/CSU fordert
hier nämlich wie auch im Bundesrat die Aufgabe der gu-
ten fachlichen Praxis und des Schutzes ökologischer Ge-
biete. Sie will die Haftungsregelungen aufweichen,


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist Quatsch!)

ein untransparentes Standortregister schaffen, das den
Namen dann nicht mehr verdient, und kurze Anzeige-

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(C (D risten für den Anbau gentechnisch veränderter Organisen, sodass sich der Nachbar nicht mehr darauf einstelen kann. Das markiert, wie Sie sehr wohl wissen, einen ammbruch und den Beginn unkontrollierter Ausreuzungen. Das provoziert eben genau die Konfrontaion, die Sie angeblich nicht wollen. Solch ein Vorgehen ezeichne ich tatsächlich als fahrlässig. Da werden die eute sauer. Wir als Grüne unterstützen eine gesellchaftliche demokratische Diskussion, die mit legalen itteln geführt wird. So verhalten wir uns auch als Par ei im Hinblick auf unsere Wähler. Diese sollen sich ämlich frei und jeder für sich entscheiden können, ob ie genfoodfrei leben wollen. Dazu gehört aber auch, dass wir uns mit Pioneer in owa unterhalten und deren Argumente wahrnehmen. ioneer hat zum Beispiel gesagt: Wenn der Markt es verangt, dann wird auch von uns gentechnikfreies Saatgut ngeboten. Das ist eine bemerkenswerte Aussage, wie ch finde. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist etwas anderes als reines Saatgut! – Zuruf von der CDU/CSU: Das gibt es doch seit Jahrzehnten!)


ir wissen natürlich, dass es dazu nötig ist, dass sich
ioneer darum bemüht, dass auch die Gesetze in den
SA geändert werden. Uns beunruhigt jedenfalls, dass
ich die unionsregierten Länder von den Lobbyisten der
entechnikindustrie instrumentalisieren lassen.
Die FDP geht im Übrigen mit den Forderungen in ih-

em Antrag noch über die im CDU/CSU-Antrag hinaus.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Völlig dane ben die Rede!)

ie fordert nämlich, dass ein freiwilliges Kataster ein-
eführt wird. Bezüglich dieses Punktes dürfen wir Sie
uf die Rechtslage hinweisen; denn die Freisetzungs-
ichtlinie steht dem eindeutig entgegen. Das Gentechnik-
esetz ist die wesentliche Grundlage für Wahlfreiheit.
eswegen werden wir dafür kämpfen.
Die zweite wichtige Grundlage ist der Schutz der
ahlfreiheit in Bezug auf die gentechnikfreie Produk-

ion, das heißt beim Saatgut. Ich unterstütze ausdrück-
ich das, was meine Kollegin Däubler-Gmelin eben ge-
agt hat: Wir setzen uns massiv dafür ein – und hoffen
uch auf Ihre Unterstützung –, dass sich die Nachweis-
renze auf den Schwellenwert bezieht, damit die Wahl-
reiheit nicht Makulatur wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir können hier natürlich – das sage ich gerade vor
em Hintergrund des letzten Satzes des Kollegen
eiderich – auf die Analysen von US-Wissenschaftlern
erweisen, die festgestellt haben, dass konventionelles
aatgut nach rund acht Jahren großflächigem Anbau
das heißt nach kurzer Zeit – in hohem Maße gentech-
isch verunreinigt ist; bei Mais und Soja sind es über






(A) )



(B) )


Ulrike Höfken

50 Prozent, bei Raps sogar 80 Prozent. Das möchten wir
nicht haben und ich hoffe, auch Sie nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Aber ich will auch kurz etwas zu den Umwelt- und
Gesundheitsrisiken sagen, die auf unserer USA-Reise
ein großes Thema waren.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die wir aber auf unserer Reise nicht gefunden haben!)


Nicht bekannt bedeutet auf keinen Fall nicht gefährlich,
dann schon eher: nicht untersucht. Es gibt weltweit nur
zehn wissenschaftlich anerkannte Studien. Kollege
Heiderich, wir sind übrigens für wissenschaftliche For-
schung.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist gut!)

Aber ich darf auch darauf hinweisen, dass von diesen
zehn Untersuchungen fünf – nämlich die von unabhängi-
gen Instituten – nachteilige Effekte und die anderen fünf
– die von der Industrie – keine nachteiligen Effekte fest-
gestellt haben. Das dürfte doch Anlass geben, das Vor-
sorgeprinzip hochzuhalten.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Es muss geprüft werden, ob gentechnisch hergestelltes Insulin gefährlich ist oder nicht!)


Das gilt übrigens auch im Hinblick auf die gesund-
heitlichen Effekte. Sie wissen, dass die französische
Kommission für biomolekulare Forschung, CBG, soeben
im Rahmen des Zulassungsverfahrens der EU-Kommis-
sion für einen Bt-Mais gesundheitliche Schäden bei Rat-
ten festgestellt hat.


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Eben nicht! Die Studie wurde als falsch zurückgewiesen!)


Auch das ist ernst zu nehmen. Es gibt eine Reihe von
weiteren Untersuchungen, die umstrittener sind. Ich er-
innere nur an den Fall Pusztai. Wenn noch keiner tot um-
gefallen ist, dann liegt das daran, dass man noch keine
ausreichenden Erkenntnisse hat.

Ich fordere Sie auf und bitte Sie, sich mit uns für den
Schutz der gentechnikfreien Produktion einzusetzen
durch ein Gentechnikgesetz, das die Forderungen der
Wahlfreiheit und der Freiheit des Saatgutes von Gen-
technikkontamination erfüllt.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510517200

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Christel Happach-

Kasan von der FDP-Fraktion.

Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1510517300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Kollegin Höfken, Freiheit ist ein Menschenrecht; darauf
möchte ich hinweisen. Beim Saatgut sollten wir uns an
das Sortenrecht halten und sollten diese Begriffe hier
nicht durcheinander werfen.

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(C (D Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass Ministerin ünast mir gestern zu der Bewertung der Rattenversuhe gesagt hat, sie sei der Meinung, daran könne schon twas sein, aber es gebe Minister in der Bundesregieung, die anderer Meinung seien, weswegen sich die undesregierung enthalten habe. Nach fünf Jahren Moatorium hat sie noch immer keine einheitliche Meinung. as finde ich ein Armutszeugnis. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdeokraten, Sie sollten einmal zur Kenntnis nehmen: Geger Grüner Gentechnik sind in aller Regel satte Menchen. Wer sich um seine Zukunft und die seiner Kinder orgt, er Angst um den eigenen Arbeitsplatz und seine Alersversorgung hat, der kümmert sich um vieles, aber icht darum, ob eine der Zutaten im Müsliriegel von entechnisch veränderten Organismen stammt oder icht. Er ist nämlich froh, wenn er sich die Müsliriegel ür seine Kinder überhaupt leisten kann. Bei 4,6 Millioen Arbeitslosen und einem äußerst geringen Wirtchaftswachstum interessiert die Menschen die Sichereit ihres Arbeitsplatzes und nicht, ob die Margarine estandteile von gentechnisch veränderten Organismen nthält. Die Grünen haben uns hier eine Luxusdiskusion aufgezwungen, die den Menschen im Lande nicht ilft. Ministerin Künast hat erst gestern im Ausschuss wie erholt, dass der Verzehr von Produkten von gentechisch veränderten Organismen keine Gefährdung der esundheit erwarten lässt. Die FDP stimmt ihr zu. (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Albert Deß [CDU/CSU]: Das sollte die Ministerin Künast öffentlich sagen!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Gustav Herzog [SPD]: Unverschämtheit!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ie Gesundheit der Menschen ist ein sehr hohes Gut.
er Verbraucherschutz dient der Gesundheit der Men-
chen. Wenn eine Züchtungsmethode hilft, Kulturpflan-
en zu züchten, die der Gesundheit der Menschen nüt-
en, dann ist dies ein guter Grund, die Anwendung
ieser Züchtungsmethode zu unterstützen.
Grüne Gentechnik kann der Gesundheit der Men-

chen nützen. Nehmen wir das Beispiel Weizen. Weizen,
er nicht mit Pilzgiften belastet ist, bietet Vorteile für
eine Verwendung als Nahrungs- oder Futtermittel. Das
st unmittelbar einleuchtend. Dennoch ist ein Freiset-
ungsversuch in Sachsen-Anhalt, der der Erprobung von
ilzresistentem Weizen dienen sollte, gerade von Green-
eace massiv behindert worden. Die Organisation nennt
ich „Grüner Frieden“ und handelt gänzlich unfriedlich,
enn sie fremde Felder entgegen den Interessen der
igentümer bestellt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan

Daher ist es gut, dass die Gemeinnützigkeit dieses un-
friedlich handelnden Konzerns überprüft wird.

Die FDP setzt sich in ihrem Antrag dafür ein, dass die
Chancen der Grünen Gentechnik in Deutschland genutzt
werden. Dafür brauchen wir Regeln für die Koexistenz.
Sie müssen sich an der Verbreitungsbiologie der Pflanzen
orientieren. Ich darf noch hinzufügen: Im Wesentlichen
sind die Kenntnisse vorhanden. Wo Wissenslücken be-
stehen, ist es Aufgabe der Institute der Ressortforschung,
diese Lücken zu schließen. Derzeit behindert Ministerin
Künast die BBA dabei, ihre Forschungsaufgaben zu er-
füllen. Es ist schon einmalig, dass eine Ministerin mehr
Kenntnisse einfordert und gleichzeitig verhindert, dass
die Institutionen in ihrem Verantwortungsbereich ent-
sprechende Forschungen durchführen.

Die im Regierungsentwurf enthaltene gesamtschuld-
nerische Haftung lehnt die FDP ebenfalls ab. Schäden
müssen ausgeglichen werden und gleichzeitig muss gel-
ten: Wer sich korrekt verhalten hat, kann nicht zur Haf-
tung herangezogen werden.

Da von den zugelassenen Sorten gesundheitliche
Schäden und eine Beeinträchtigung von Natur und Um-
welt nicht zu befürchten sind, ist nach Auffassung der
FDP sehr viel mehr Gelassenheit angebracht. Deswegen
lehnen wir die Forderung der Koalition ab, beim Saatgut
Schwellenwerte festzulegen, die sich an den Nachweis-
grenzen orientieren. Das ist weder erforderlich noch
praktikabel.

Die polarisierte Diskussion hat die Risikowahrneh-
mung der Menschen in Deutschland verzerrt und die
Menschen verunsichert, obwohl keine Gefahren beste-
hen. Die Grüne Gentechnik wird in fünf Jahren bei uns
eine Selbstverständlichkeit sein.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wird sie nicht!)


Ihre Startschwierigkeiten sind durch schlechte Kommu-
nikation zwischen Wirtschaft, Politik und Wissenschaft
verursacht worden. In Deutschland wurde aus dem De-
saster um die Genehmigung der ersten Insulinproduk-
tionsanlage in Hessen offensichtlich nichts gelernt. Ich
bedauere dies ausdrücklich.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510517400

Das Wort hat jetzt der Kollege René Röspel von der

SPD-Fraktion.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1510517500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Frau Happach-Kasan, ich gebe zu, dass
ich mich bei Ihrer Rede aufgeregt habe. Trotzdem will
ich mich nicht allzu ausführlich dazu äußern.

Ich habe vor einigen Wochen in Gesprächen mit Reis-
bauern aus Thailand und auch mit Vertretern von Mise-
reor und „Brot für die Welt“ – es handelt sich um Orga-
nisationen, die sicherlich nicht verdächtig sind,

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(C (D deologisch zu sein; sie machen aber vor Ort in den Enticklungsländern Politik – über die Problematik der Beämpfung des Welthungers durch Gentechnik diskutiert. eine Gesprächspartner sehen diese Problematik in inem ganz anderen Licht, als Sie es dargestellt haben. as muss ich deutlich sagen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ch will mich aber mit diesem Punkt nicht weiter befas-
en, weil wir dieses Thema jedes Mal behandeln.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510517600

Herr Röspel, erlauben Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Happach-Kasan?

René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1510517700

Ja, natürlich.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510517800

Bitte schön.

Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1510517900

Herr Kollege Röspel, ich gehe davon aus, dass Sie
ie auch wir Gespräche mit dem Entwicklungsdienst der
vangelischen Kirche geführt haben. Sie haben sich si-
herlich auch intensiv mit diesem Problem befasst. Ist
hnen dabei nicht aufgefallen, dass die zahlreichen Pro-
leme, die in den Entwicklungsländern existieren und
ie uns die Vertreter und Vertreterinnen dieser Länder
orgestellt haben, nichts mit der Anwendung einer be-
timmten Züchtungsmethode zu tun haben? Diese Pro-
leme haben vielmehr damit zu tun, dass in diesen Län-
ern Regierungen an der Macht sind, die die Interessen
er Menschen nicht gut vertreten, und dass es dort Kon-
erne gibt, die die Schwächen dieser Regierungen aus-
utzen. Die Züchtungsmethode ist aber letztlich völlig
nmaßgeblich für die Not, die in diesen Ländern
errscht.

René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1510518000

Liebe Frau Kollegin Happach-Kasan, auch ich habe
espräche geführt. Ich weiß nicht, über welches Thema
ie diskutiert haben. In meinen Gesprächen ging es aus-
rücklich um den Einsatz gentechnisch veränderten
aatgutes und gentechnisch veränderter Pflanzen. Es
andelt sich beispielsweise um Bt-Baumwolle in Indien,
o die Einbrüche bei den Ernten dramatisch sind. Wir
ls satte Westeuropäer können uns diese Einbrüche
urchaus erlauben. Für einen indischen Bauern ist es
ine Katastrophe, wenn ein neues, gentechnisch verän-
ertes Produkt schlechter ist. Genau über diese Probleme
aben wir gesprochen. Sie haben möglicherweise nicht
ber die Probleme diskutiert, die mit der Gentechnik zu
un haben, sonst hätten Sie hoffentlich ein anderes Bild.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Putzen Sie einmal Ihre Brille!)


Wir wollen heute über drei Anträge, die sich mit dem
insatz der Grünen Gentechnologie beschäftigen, disku-






(A) )



(B) )


René Röspel

tieren. Der Antrag der SPD und der Grünen ist über-
schrieben mit: „Wahlfreiheit für die Landwirte durch
Reinheit des Saatgutes sicherstellen“. Die CDU/CSU hat
ihrem Antrag den Titel gegeben: „Grüne Gentechnik in
Deutschland nutzen – Verlässliche Rahmenbedingungen
für einen verantwortungsvollen Einsatz in der Landwirt-
schaft schaffen“. Die FDP überschreibt ihren Antrag
mit: „Chancen der Grünen Gentechnik nutzen – Gen-
technikgesetz und Gentechnik-Durchführungsgesetz
grundlegend korrigieren“. Allein die Überschriften ma-
chen den Unterschied in der Intention der Anträge deut-
lich, was nicht sehr häufig der Fall ist. Die rot-grüne
Koalition will die Interessen von Landwirten und Ver-
brauchern wahren und schützen; das steht auch in der
Überschrift unseres Antrages. Die Opposition stellt die
Einführung der Grünen Gentechnik in den Vordergrund;
das hat Herr Heiderich vorhin betont.


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Die Rahmenbedingungen!)


Wie aber ist die Situation in Deutschland und in Eu-
ropa? In Deutschland gibt es bisher wie in den meisten
EU-Ländern keinen Anbau gentechnisch veränderter
Pflanzen zu kommerziellen Zwecken. Seit 1998 – das
wissen die meisten von Ihnen – gibt es – auch wegen der
unterschiedlichen wissenschaftlichen Einschätzung ei-
nes solchen Anbaus – ein EU-Moratorium, solche Pflan-
zen nicht anzubauen. Dies wird sich verändern. Auf EU-
Ebene ist die Freisetzungsrichtlinie verabschiedet wor-
den. Wir haben sie umzusetzen. Die EU-Kommission
wird die ersten gentechnisch veränderten Pflanzen für
den Anbau zulassen. Es werden mehr werden.

Um es klarzustellen: Ich persönlich halte das In-Ver-
kehr-Bringen gentechnisch veränderter Pflanzen nach
wie vor für falsch.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die FDP schreibt in ihrem Antrag – ich darf zitieren –:
Die Potenziale der Grünen Gentechnik sind vielfäl-
tig und sie werden weltweit seit zehn Jahren auf in-
zwischen mehr als 60 Mio. Hektar

– das ist das Mehrfache der Fläche der Bundesrepublik –
genutzt.

Das ist richtig. Aber ist das auch wirklich ein Argu-
ment? Man muss nämlich, wenn man ehrlich ist, ergän-
zen: Die Begleitforschung, die die Auswirkungen eines
solches Anbaus betrachtet,


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Die hebeln Sie doch gerade aus!)


findet weltweit auf weniger als 1 Prozent der Fläche
statt; in Europa übrigens auf 15 Prozent der Fläche, weil
wir genauer hinschauen.


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Sie verbieten doch die Begleitforschung!)


Die Begleitforschung findet erst seit fünf oder sechs Jah-
ren statt – und meist sogar in einem Umfang, der die

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(C (D esonderen Charakteristika gentechnisch veränderter flanzen nicht berücksichtigt. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wo haben Sie denn das gesehen?)


Alles in allem: Die Erfahrungen im Umgang mit gen-
chnisch veränderten Pflanzen sind noch sehr gering.
eswegen finde ich es eher problematisch, dass die An-
aufläche zunimmt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Nennen Sie doch mal ein Beispiel, wo Sie das gesehen haben, was Sie gerade behauptet haben!)


Sie können gerne eine intelligente Zwischenfrage stel-
n. Aber das Herumplärren nutzt mir nun wirklich
ichts.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir tauschen ja re-

elmäßig wissenschaftliche Untersuchungen im Aus-
chuss aus. Die einen benennen die Probleme; die ande-
en verneinen sie. Die von Ihnen genannte Studie, Herr
eiderich, ist übrigens nur über einen sehr kurzen Zeit-
aum durchgeführt worden.


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Zehn Jahre!)

en Glauben, innerhalb von fünf Jahren die Auswirkun-
en von Veränderungen nachvollziehen zu können, die
der Evolution mehrere Jahrhunderte bis Jahrtausende
ebraucht haben, halte ich für irreal. Ich könnte Ihnen
ie Studie der Universität Kiel entgegenhalten, in der
lar dargelegt wird, dass es, baut man zunächst gentech-
isch veränderten Raps und danach bei normaler Frucht-
olge nicht gentechnisch veränderten Raps an, acht Jahre
ng eine gentechnische Verunreinigung zur Folge hat,
ie höher als 0,9 Prozent ist.
Mich stimmen diese Untersuchungen nachdenklich.
eine Zweifel sind nicht ausgeräumt. Ich würde meine
rbeit als Abgeordneter schlecht machen, wenn ich
icht darüber nachdenken würde, welche Auswirkungen
amit für die Zukunft dieser Gesellschaft und der Um-
elt wirklich einhergehen. Ich bin immer sehr erstaunt
arüber, wie eindeutig Sie von der CDU/CSU und der
DP davon ausgehen, dass es überhaupt keine Probleme
ei einer Freisetzung geben wird.


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Das erzählt doch niemand!)


ch würde das nie sagen. Ich glaube, dass die Rückhol-
arkeit, anders als Sie es gesagt haben, in der Tat ein
roblem ist.
Aber, wie eingangs gesagt, die Grundentscheidung ist

efallen. Wir haben keine andere Wahl; wir werden auf
U-Ebene und damit auch in Deutschland die Zulassung
entechnisch veränderter Pflanzen bekommen. Die rot-
rüne Koalition wird deshalb das Gentechnikrecht no-
ellieren. Unser Ziel ist dabei: Landwirte und Verbrau-
her sollen sich entscheiden können, ob sie gentechnisch
eränderte Lebensmittel herstellen oder kaufen. Wir
ollen sicherstellen, dass ein Nebeneinander, eine so ge-
annte Koexistenz, zwischen denen, die die Gentechik
insetzen wollen, und denen, die darauf verzichten






(A) )



(B) )


René Röspel

wollen, möglich ist. Darüber werden wir in der nächsten
Woche reden.

Der heutige Antrag setzt an einem zentralen Punkt an:
an der Reinheit des Saatgutes. Wenn sich ein Landwirt
entscheidet, weiterhin konventionell oder biologisch,
also gentechnikfrei, zu produzieren, steht für ihn eines
im Vordergrund: Seine Produkte, sein Mais, sein Wei-
zen, dürfen nicht mehr als 0,9 Prozent gentechnisch er-
zeugter Bestandteile enthalten. Wenn seine Produkte die-
sen Wert überschreiten, muss er sie als gentechnisch
verändert kennzeichnen. Dann ist es natürlich nur ein-
leuchtend und sinnvoll, bereits beim Saatgut dafür zu
sorgen, dass die Verunreinigungen so niedrig wie mög-
lich sind.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das sind doch keine Verunreinigungen!)


Das ist doch einigermaßen logisch.
Die EU-Kommission wollte unterschiedliche Schwel-

lenwerte beim Saatgut einführen. Bei Soja sollte das
Saatgut zum Beispiel zu 0,7 Prozent verunreinigt sein
dürfen


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: „Verunreinigt sein dürfen“! Ha!)


bzw. 0,7 Prozent gentechnisch verändertes Saatgut ent-
halten dürfen. Von 0,7 Prozent im Saatgut ist es nicht
weit bis zu 0,9 Prozent im Endprodukt. Für denjenigen,
der gentechnikfrei anbauen will, ist es eine Katastrophe,
wenn er wegen solcher Verunreinigungen sein Produkt
als gentechnisch verändert bezeichnen muss.

Wir wissen, dass ein niedriger Schwellenwert mehr
Aufwand bedeutet. Das aber ist uns der Verbraucher-
schutz wert. Unser Ziel bleibt, dass diejenigen, die gen-
technikfrei produzieren wollen, das weiterhin tun kön-
nen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir wollen echte Wahlfreiheit für Landwirte und Ver-
braucher.

Ich schließe mit meinem Appell an die Opposition:
Helfen Sie dabei mit, Landwirte und Verbraucher zu
schützen! Unterstützen Sie unseren Antrag!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510518100

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

hat die Kollegin Dr. Maria Flachsbarth, CDU/CSU-
Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1510518200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wie jüngste Meinungsumfragen belegen, gibt es in der
deutschen Bevölkerung starke Vorbehalte, ja sogar dif-

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(C (D use Ängste vor Grüner Gentechnik. Das Ganze führt zu bsurden Vorstellungen. So äußern in Umfragen 50 Proent der Befragten, dass sie keine Tomaten mit Genen ssen würden. Der liebe Gott oder die Natur haben es ber nun einmal so eingerichtet, dass alles, was lebt, notendigerweise Gene hat. Dazu gehören auch Salat, bst, Gemüse und Fleisch. Meine Damen und Herren, ganz anders ist es bei oter Gentechnik. Sie findet demgegenüber nämlich reite Akzeptanz. Zur Anwendung des humanen Insulins ei Tausenden von Diabetikern jeden Tag gibt es aufrund der hervorragenden Verträglichkeit und Wirksameit überhaupt keine Alternative. Keiner käme auf die dee, stattdessen wieder, wie früher, natürlich gewonnees Insulin aus Schweinebauchspeicheldrüsen zu verenden. Das würde nämlich zu schweren Nebenwirkunen führen. Es ist vor diesem Hintergrund wichtig und richtig, die ngste und Befürchtungen der Menschen ernst zu nehen und zum Beispiel im Rahmen der neuen Kennzeichungsverordnung die Wahlfreiheit insbesondere in Beug auf Lebensmittel zu ermöglichen. Es ist aber auch wichtig, die Menschen objektiv über ie Chancen zu informieren, besonders vor dem Hinterrund des vom Bundeskanzler mit großer Medienwirkamkeit ausgerufenen Jahres der Innovationen und Techologie, das auch dem daniederliegenden Forschungsnd Wirtschaftsstandort Deutschland neue Impulse geen sollte. Dabei ist es auch wichtig, darüber zu informieen, dass bereits heute gentechnisch veränderte Pflanen einer strengen, mehrjährigen Sicherheitsüberprüfung nter Beteiligung mehrerer deutscher und europäischer ehörden und Institute und Einbeziehung sowohl wisenschaftlichen als auch politischen Sachverstands unteriegen, bevor sie im Freien angebaut, geschweige denn ur Produktion von Lebensmitteln eingesetzt werden düren. ie bereits genannte Kennzeichnungspflicht sichert daüber hinaus die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers. Meine Damen und Herren, weltweit wird die Genchnik bereits seit Jahren erfolgreich genutzt, ohne dass s gravierende negative Auswirkungen auf Verbraucher der Umwelt gäbe. Im Jahre 2003 wurden auf 8 Millionen Hektar weltweit gentechnisch veränderte rganismen angebaut. (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein kleiner Teil der Weltproduktion, nicht einmal eine Nische! – Zuruf von der SPD: Zählen Sie doch einmal die Länder auf!)


(Zuruf von der CDU/CSU: Und Menschen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


um Vergleich: Die Gesamtanbaufläche in Deutschland
eträgt 12 Millionen Hektar.
Auch in Deutschland sind mit gentechnisch veränder-

en Organismen hergestellte Lebensmittel bereits heute
ehr weit verbreitet. Lebensmittel wie Käse und Wein






(A) )



(B) )


Dr. Maria Flachsbarth

werden mit Enzymen und Hefen hergestellt, die ihren
Ursprung in gentechnisch veränderten Organismen ha-
ben. Tierfutter enthält große Anteile an Gensoja.
80 Prozent des Sojas, das in der Tierernährung einge-
setzt wird, wird in Ländern produziert, die gentechnisch
veränderte Organismen anbauen.

Warum aber wollen wir nun Grüne Gentechnik? Wa-
rum wollen wir dort auf Chancen hinweisen? Die Grüne
Gentechnik hat zum Beispiel im Bereich der Umwelt
– aus dem ich komme – Vorteile: Ein geringerer Einsatz
von Pflanzenschutzmitteln ist möglich; das ist ein star-
kes Argument zum Beispiel für den kleinbäuerlich struk-
turierten Anbau von Baumwolle in China. Ein Anbau an
ungünstigen Standorten ist besser möglich. Ferner kann
weniger Dünger eingesetzt werden.

Mit Grüner Gentechnik kann man Energie sparen. Ich
verweise zum Beispiel auf Amylopektinkartoffeln, die
als Stärkelieferant in der Papierproduktion angewandt
werden. Dort werden deutlich weniger energieintensive
Verarbeitungen nötig. In Zukunft ist der Einsatz bioge-
ner Pflanzen denkbar.

Meine Damen und Herren, dennoch ist ein umfangrei-
cher Erprobungsanbau erforderlich, um Regeln für
gute landwirtschaftliche Praxis zu erarbeiten und die Ko-
existenz zwischen Landwirten, die sich für GVOs ent-
scheiden, und denen, die dagegen sind, zu ermöglichen.
Dafür brauchen wir ein Gentechnikrecht, das den Anbau
ermöglicht und für einen gerechten Interessenausgleich
sorgt. Die Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches bieten
dafür eine gute Grundlage. Die Regeln jedoch, die Sie in
Ihrem Entwurf des Gentechnikgesetzes vorsehen, wei-
chen ausdrücklich davon ab. Unser Antrag weist dage-
gen in die richtige Richtung.

Auch die im Gentechnikgesetzentwurf vorgesehenen
Beweiserleichterungen verstoßen gegen die bisherige
deutsche Rechtsauffassung. Die Bundesregierung sieht
vor, dass dann, wenn der direkte Verursacher eines Scha-
dens nicht ermittelt werden kann, jeder Nachbar, der
kreuzungsfähige GVOs anbaut, für den Ausgleichsan-
spruch haftet. Er soll auch dann haften, wenn alle Regeln
der guten landwirtschaftlichen Praxis eingehalten wur-
den. Das ist so, als ob dann, wenn ein Unfallverursacher
im Verkehr nicht zu ermitteln ist, derjenige haften
würde, der am nächsten an der Unfallstelle vorbeigefah-
ren ist. Das kann es nicht sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – René Röspel [SPD]: Aber wir haben doch Gefährdungshaftungen im Straßenverkehr!)


Deshalb weist ein Vorschlag des Bundesrates, in dem
über die Einrichtung eines Haftungsfonds vergleichbar
mit dem bewährten Klärschlammfonds nachgedacht
wird, in die richtige Richtung.


(Lachen des Abg. Matthias Weisheit [SPD] – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist genau verkehrt! Genau das falsche Modell! Haben Sie sich damit schon mal beschäftigt? Das ist das allerletzte Modell!)


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(C (D Wenn es dem Bundeskanzler und den Regierungsraktionen mit dem Jahr der Innovationen und Technoloie tatsächlich ernst ist, dann sollten Sie den Gesetzenturf dringend überarbeiten und das, was die Deutsche orschungsgemeinschaft in ihrer Stellungnahme zu Ihem Gesetzentwurf zu bedenken gibt, wirklich ernst nehen: Statt Risiken und Chancen der Gentechnik abzuägen, enthalte der Entwurf nahezu ausschließlich orschriften im Interesse der Gefahrenabwehr, ohne deen Notwendigkeit zu belegen. Durch unverhältnismäßig ohe Auflagen werde die Nutzung der Grünen Gentechik in Landwirtschaft und Forschung nahezu ausgechlossen. Ich denke, das spricht für sich. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 15/2822, 15/2972 und 15/2979 an die n der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgechlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der all, dann sind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf: – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord neten Dirk Manzewski, Joachim Stünker, Hermann Bachmaier, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD, den Abgeordneten Siegfried Kauder Röttgen, Dr. Wolfgang Götzer, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU, den Abgeordneten Jerzy Montag, Volker Beck geordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie den Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Sibylle Laurischk, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines … Strafrechtsänderungsgesetzes – § 201 a StGB – Drucksache 15/2466 – – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Siegfried Kauder Dr. Norbert Röttgen, Wolfgang Bosbach, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum verbesserten Schutz der Privatsphäre – Drucksache 15/533 – – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Otto Fricke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum verbesserten Schutz der Intimsphäre – Drucksache 15/361 – Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines … Strafrechtsänderungsgesetzes – Schutz der Intimsphäre – Drucksache 15/1891 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 15/2995 – Berichterstattung: Abgeordnete Dirk Manzewski Siegfried Kauder Hans-Christian Ströbele Jörg van Essen Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für diese Debatte eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat der Kollege Dirk Manzewski von der SPD-Fraktion das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen jetzt zu einem etwas erfreulicheren Thema. Am heutigen Tag debattieren wir nämlich abschließend über den interfraktionellen Gesetzentwurf zur Verbesserung des Schutzes der Intimsphäre. Damit beenden wir ein längeres und interessantes Gesetzgebungsverfahren. Über die hierin angesprochene Problematik wird schon seit längerem diskutiert. Während die Vertraulichkeit des nicht öffentlich gesprochenen Wortes einen umfassenden strafrechtlichen Schutz genießt, hat es bislang für die viel stärker in das Persönlichkeitsrecht eingreifenden Bildaufnahmen nichts Vergleichbares gegeben. Lediglich deren Verbreitung und öffentliche Schaustellung ohne Einwilligung der Abgebildeten war im Einzelfall bislang rechtlich geschützt. Nicht zuletzt der Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten hat jedoch deutlich gemacht, dass dieser Zustand nicht länger hingenommen werden kann. Beschäftigt man sich intensiver mit der Thematik, stellt man erschreckt fest, dass sich unser Land offenbar immer mehr zu einem Volk von Voyeuren entwickelt. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510518300

(Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, weiteren Ab-


(Erste Beratung 91. Sitzung)


(Erste Beratung 31. Sitzung)


(Erste Beratung 28. Sitzung)





(A) )


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(Erste Beratung 88. Sitzung)

Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1510518400

Offensichtlich ist es für viele Menschen interessant, im-
mer stärker in den höchstpersönlichen Lebensbereich
von anderen einzudringen. Tabuzonen spielen dabei lei-
der eine immer geringere Rolle.

Die Technik – liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie
wissen das – hat ihren Teil dazu beigetragen. Dazu zäh-
len insbesondere versteckt installierte Minikameras, mit
denen heimlich in Dusch- und Umkleidekabinen oder in
Solarien Bilder gefertigt werden, oder neuerdings auch
moderne Handys mit integrierter Kamera. Diese werden
blitzschnell in die Umkleidekabine gehalten und so wer-
den im wahrsten Sinne des Wortes scharfe Bilder ge-

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(C (D acht. Via Internet sind diese Fotos dann zum Leidween der Betroffenen auch noch häufig binnen kürzester eit über ein weltweites Netz zu verbreiten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, zwischen unseren raktionen bestand deshalb frühzeitig Einigkeit darüber, ass wir zu handeln haben. Nur über das Wie gab es anangs noch unterschiedliche Auffassungen. Unproblemaisch waren dabei sicherlich die spektakulären Fälle zu ehandeln, die wir alle am Anfang der Gesetzgebungsnitiative im Auge hatten. Je intensiver wir uns jedoch mit dieser Thematik be chäftigten, desto deutlicher wurden auch die hiermit erbundenen Schwierigkeiten. Dabei ging es insbesonere um die Frage, wann in diesem Zusammenhang trafwürdiges Verhalten beginnen soll und ob bzw. wie ie Praxis mit diesem neu geschaffenen Instrument umehen kann. Zu denken war auch daran, Pressefreiheit nd Strafverfolgung durch das neue Gesetz nicht unanemessen zu beeinträchtigen. Ich denke, all das ist uns mit dem vorliegenden Ge etzentwurf sehr gut gelungen. Geschützt werden soll eshalb nur der letzte Rückzugsbereich von Menschen, lso die Wohnung, die nicht zwangsläufig die eigene zu ein braucht, oder ein gegen Einblicke besonders gechützter Raum. Allgemein zugängliche Orte sind damit ereits aus dem räumlichen Schutzbereich der Strafbareit ausgeklammert. Der Grund hierfür ist relativ klar: it Bildaufnahmen, die in der Öffentlichkeit hergestellt erden, würde ein zu breites Spektrum an Alltagshandngen unter Strafe gestellt werden. Damit strafwürdiges Verhalten vorliegt, müssen je och noch weitere Kriterien erfüllt sein, nämlich dass urch diese unbefugt gefertigten Bildaufnahmen der öchstpersönliche Lebensbereich des Abgebildeten etroffen ist. Hierüber haben wir lange Zeit debattiert, ns letztendlich aber auf diese Regelung geeinigt. Dieser Begriff lehnt sich an den bereits im Strafrecht erwendeten Begriff des persönlichen Lebensbereichs n. Er ist einerseits etwas einengender als dieser, da icht alles, was der Privatsphäre unterliegt, aber ein neuales Verhalten darstellt, eines strafrechtlichen Schutzes edarf. Andererseits reduziert er sich aber auch nicht auf ie Intimsphäre allein, das heißt auf Sexualität, Tod und rankheit. Das bedeutet nicht, dass damit alle ansonsten emachten Bildaufnahmen keinem strafrechtlichen chutz mehr unterliegen. Insbesondere hinsichtlich der erbreitung von Bildaufnahmen bleibt es bei dem nunehr zusätzlichen Schutz des § 33 des Kunsturhebergeetzes. Ich gehe davon aus, dass wir der Rechtsprechung dait ein gutes Instrument an die Hand geben und dass sie eine großen Probleme mit diesem neuen Gesetz haben ird. Ich glaube, je weiter wir den Tatbestand gefasst ätten, desto größer wären die Probleme gewesen. Je ehr man nämlich mit konstruierten Beispielsfällen onfrontiert wird, desto deutlicher wird neben dem drinenden Bedarf für dieses Gesetz der Umstand, dass wir tsächlich all diejenigen Handlungen, die wir unter trafe stellen wollten, auch unter Strafe gestellt haben, Dirk Manzewski und dass diejenigen Fälle, die wir nicht unter Strafe stellen wollten, nach diesem Gesetzentwurf auch weiterhin straflos bleiben. Es gab ein großes Problem, das noch nicht ganz ausgeräumt ist; denn Medienvertreter reagierten zeitweise sehr zurückhaltend auf diesen Gesetzentwurf. (Jörg van Essen [FDP]: Das ist noch freundlich ausgedrückt!)





(A) )


(B) )


Sie befürchteten, hierdurch – ähnlich wie Voyeure – er-
hebliche Probleme bei ihrer Arbeit zu bekommen. Dies
vermag ich jedoch allenfalls in Einzelfällen im Bereich
der so genannten Yellow Press zu erkennen.

Das möchte ich gerne anhand eines Beispiels verdeut-
lichen. In einer gemeinsamen Stellungnahme der Me-
dienverbände und -institutionen, die uns allen zugegan-
gen ist, wird ein hypothetischer Fall gebildet, der – so
die Kritik – die journalistische Tätigkeit unangemessen
beeinträchtigen würde. Da geht es um einen hochrangi-
gen Politiker – um wen auch sonst –, der von einem Fo-
tografen dabei erwischt wird, wie er mit einer Frau, die
nicht die seine ist, in einem Wohnwagen verschwindet.
– Toll!


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was denn sonst!)


Um es deutlich zu machen: Hierüber darf natürlich
nach wie vor berichtet werden. Auch gegen die Auf-
nahme vor dem Wohnwagen dürfte noch nichts einzu-
wenden sein. In und an dem Wohnwagen hat eine Ka-
mera in einer besonderen Situation aber nichts zu
suchen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch für Journalisten gilt das!)


Hier gilt für Politiker ebenso wie für die Menschen, die
uns heute zuhören, und auch für Journalisten: Was dort
geschieht, geht niemanden etwas an. Das kann man auch
nicht mit dem Hinweis auf ein etwaiges öffentliches In-
teresse rechtfertigen. Im Übrigen vermag ich hier schon
kein öffentliches Interesse zu erkennen.

Neben der Pressefreiheit, liebe Kolleginnen und Kol-
legen, haben wir auch an das Persönlichkeitsrecht des
Einzelnen zu denken. Dies ist nicht zuletzt durch die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum so ge-
nannten Lauschangriff sogar gestärkt worden. Was den
Strafverfolgungsbehörden verwehrt bleibt, kann der
Presse schlechterdings nicht erlaubt sein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)


Lassen Sie mich abschließend den Kollegen Kauder,
van Essen, Ströbele und Montag, die sehr engagiert mit
mir an diesem Gesetzentwurf gearbeitet haben, danken.
Ich fand es sehr interessant, ich fand es spannend und ich
muss sagen: Es hat Spaß gemacht mit Ihnen.

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(C (D Relativ schnell – das ist ja nicht so häufig – wichen uf Berichterstatterseite Emotionen einer sachlichen und achlichen Diskussion. Ich glaube, es war richtig, dass ir uns für den Gesetzentwurf Zeit genommen haben nd dass wir auch noch die „Praxisanhörung“ aus Bayrn abgewartet und den hiernach entsprechend modifiierten Gesetzentwurf des Bundesrates zum Gegenstand nserer gemeinsamen Anhörung gemacht haben. Die nhörung, die meiner Auffassung nach eine ausgesprohen gute war, hat nämlich die Schwächen der bis dahin orliegenden Gesetzentwürfe aufgezeigt und uns letztndlich den Weg gewiesen, der zu dem gemeinsamen ntwurf der Bundestagsfraktionen führte und der – das öchte ich betonen, liebe Kolleginnen und Kollegen – nser gemeinsames, eigenständiges Werk geworden ist. Dafür vielen Dank. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510518500

Das Wort hat der Kollege Siegfried Kauder von der
DU/CSU-Fraktion.

Siegfried Kauder (CDU):
Rede ID: ID1510518600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frei-

eit der Presse ist nicht grenzenlos. Das ergibt sich aus
rt. 5 Abs. 2 des Grundgesetzes. Die Pressefreiheit ist
u Recht grundrechtlich geschützt und sie ist ein hohes
ut. Aber auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist
in hohes Gut und grundgesetzlich geschützt. Dieses
echt ist ebenfalls nicht grenzenlos.
Der Auftrag des Bundesdatenschutzbeauftragten
ar klar: Im Bereich der Privatsphäre gibt es eine Lücke.
as nicht öffentlich gesprochene Wort ist besser ge-
chützt als Einblicke in die bzw. Abbildungen aus der
rivatsphäre. Der Gesetzgeber hatte den Auftrag umzu-
etzen. Die Diskussion war – da schließe ich mich dem
ollegen Manzewski an – sehr sachlich, fundiert und
chwieriger, als wir alle anfangs dachten.
Wir von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion waren

er Meinung, dass die Privatsphäre nicht an der Woh-
ungstür endet, sondern dass es auch intime Situationen
m öffentlichen Leben gibt, beispielsweise dann, wenn
in Mensch nach einem Verkehrsunfall oder nach einem
ttentat mit dem Tod oder um das Leben ringt.
Es war schwierig, diese Sachverhalte in einen Geset-

estatbestand zu fassen, deswegen wurde der Anwen-
ungsbereich im Laufe der Diskussion immer enger.
etztlich ist die Wohnung und ein „gegen Einblick be-
onders geschützter Raum“ übrig geblieben. Wir haben
ns mit Rechtsbegriffen schwer getan, wie Sie schon an
er Formulierung hören. Der Raum ist im allgemeinen
prachgebrauch dreidimensional zu verstehen. In die-
em Gesetzentwurf ist er zweidimensional ausgefallen;
as, was das Gesetz üblicherweise das „umfriedete Be-
itztum“ benennt, fällt auch darunter.
Die Presse ist, als die Diskussion über den Schutz der

rivatsphäre anlief, Sturm gelaufen: Man sah die Presse-
reiheit über Gebühr strapaziert und war der Meinung,






(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)


man müsse eine so genannte Rechtswidrigkeitsklausel
in den Straftatbestand einführen. Wir von der CDU/
CSU-Bundestagsfraktion hätten damit keine allzu gro-
ßen Probleme gehabt, aber es gehört nun einmal zu einer
Diskussion und zu einem Konsens unter den Fraktionen,
dass das eine oder andere auf der Strecke bleibt. Man
muss den Pressevertretern aber auch klar sagen, dass
sich das Eis für sie in einem Bereich dünner gestaltet als
bisher: Bisher war es nicht strafbar, in die Privatsphäre
hineinzuspähen. Das Hineinspähen, das Herstellen von
privaten Fotos durch die Presse war nicht strafbewehrt,
sondern nur das Verbreiten und öffentlich Zurschaustel-
len.

Das Horten von Fotos, die aus der Intim- und Privat-
sphäre und aus einer Wohnung stammen, ist nach dem
Gesetzentwurf nicht mehr erlaubt. Es bleiben die allge-
meinen Rechtfertigungsgründe, die aber den bisherigen
Bereich nur unzulänglich abdecken. Deswegen hätte ich
es durchaus als vertretbar angesehen, wenn wir wie in
unserem Entwurf § 193 StGB, der für Beleidigungsde-
likte gilt, auch für den Bereich des Schutzes der Privat-
sphäre übernommen hätten. Es ist uns nicht gelungen,
aber ich glaube, die Presse kann mit diesem Ergebnis
durchaus leben.

Für uns war auch ein anderer Bereich wichtig; denn
Stoßrichtung dieses Gesetzes ist nicht die Pressefreiheit.
Stoßrichtung ist vielmehr der Schutz der Privatsphäre
vor Ausspähen und Hineinfotografieren. In der prakti-
schen Anwendung gibt es immer wieder Fälle, in denen
Beziehungen auseinander gehen und auf der einen oder
anderen Seite oder auf beiden Seiten intime Fotos zu-
rückbleiben, die dann – unverändert oder am Computer
bearbeitet – an Stammtischen kursieren. Das wollen wir
nicht.

Wir von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben
uns auch in diesem Zusammenhang einen weiteren
Schutzbereich gewünscht. Er wurde in der interfraktio-
nellen Diskussion immer mehr eingeschränkt. Jetzt liegt
eine Gesetzeskonstruktion vor, die in der Rechtspre-
chung – ich stimme hierbei nicht ganz mit dem Kollegen
Manzewski überein – ganz erhebliche Probleme aufwer-
fen wird.

Das in der Beziehung mit Genehmigung gefertigte Foto
darf nicht wissentlich unbefugt gebraucht werden. Nun wis-
sen wir Juristen, dass das Element der Wissentlichkeit ein
Vorsatzelement und die Befugnis ein Rechtfertigungs-
element ist. Würde in der Rechtsprechung vorgegangen,
wie der Kollege Ströbele es meint – die Wissentlichkeit
macht nach seiner Meinung das Rechtfertigungselement
zum Tatbestandselement –, könnte sich mancher Straftä-
ter auf dem Irrtumsweg aus der Verantwortung heraus-
schleichen.

Auch das gibt Anlass zu Überlegungen: Der Straftä-
ter, der Fotos aus einer intimen Beziehung publiziert, ist
gegenüber dem Pressevertreter privilegiert. Wir nehmen
das zur Kenntnis.

Es handelt sich um einen gemeinsamen Entwurf, den
wir mittragen. Trotzdem muss man sagen, dass es
Punkte gibt, die in der Öffentlichkeit auf Unverständnis

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(C (D toßen werden und die in der Justizpraxis zu Anwenungsproblemen führen werden. Man muss aber auch ur Kenntnis nehmen, dass beispielsweise das Schweizer echt viel weiter geht als das deutsche Recht; trotzdem st das dort geltende Recht praktikabel. Wir haben uns in der Diskussion aus gutem Grund arauf verständigt, auf die Versuchsstrafbarkeit zu verichten, weil wir der Meinung waren, dass die Vorbereiung für das Anfertigen von Fotos im Vorfeld nicht in en Straftatbestand aufgenommen werden soll. Auch mit iesem Punkt ist man der Presse durchaus entgegengeommen. Sie sehen also: Einen Auftrag von einem Bunesdatenschutzbeauftragten zu bekommen, ist die eine eite; ihn in Recht umzuformen, ist eine andere, außerrdentlich schwierige Angelegenheit. Die Lösung ist – ich glaube, das kann ich für alle sa en – nicht allzu elegant geworden; sie ist aber praktikael. Die Rechtsanwendung wird zeigen, ob noch Nachesserungsbedarf besteht oder nicht. Ich bin mir sicher, ass die Presseöffentlichkeit diesen Straftatbestand sehr ohl im Auge behalten wird. Man wird aber auch immer ieder daran erinnern müssen, dass der wesentliche Beeich der Medienberichterstattung durch § 33 Kunstureberrechtsgesetz ohnehin schon abgedeckt war, sodass ur noch eine geringe Strafbarkeitslücke zu schließen ar. Ich sage abschließend: Es gibt nicht nur die Presse reiheit, sondern auch das allgemeine Persönlichkeitsecht eines jeden Bürgers. Dazu gehört nun einmal auch ie Privatsphäre, die es zu schützen gilt. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt der Kollege Hans-Christian tröbele vom Bündnis 90/Die Grünen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510518700
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

ch wollte eigentlich am Anfang meiner Rede sagen,
ass es gar keinen Grund gibt, sich heute hier im Bun-
estag zu streiten, weil wir alle diesem Gesetz zustim-
en wollen.


(Jörg van Essen [FDP]: Das ist auch weiterhin so!)

un hat der Kollege Kauder aber doch einen Punkt ge-
annt, den ich klarstellen will: Wir unterscheiden in die-
em Gesetz nicht zwischen Pressevertretern und sonsti-
en Menschen, sondern alle werden gleich behandelt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


as Gesetz gilt also in allen seinen Absätzen für alle,
lso in gleichem Maße für Pressevertreter und für alle
nderen Menschen. Das heißt, Journalisten und Privat-
ersonen, die Aufnahmen von anderen Personen ma-
hen, sind gleichgestellt.






(A) )



(B) )


Hans-Christian Ströbele

Weil wir uns hier im Bundestag eigentlich nicht mehr

untereinander streiten müssen – wir haben diskutiert und
sind zu diesem Ergebnis gekommen, das nun von allen
getragen wird –, will ich nur einige Bemerkungen für die
Öffentlichkeit machen. Es ist nämlich in der Tat so, dass
dieses Gesetz – so, wie es jetzt vorgelegt wird – noch bis
heute in den Medien, von Medienvertretern, von der dpa
und von anderen, kritisiert wird. Man könnte manchmal,
wenn man die Stellungnahmen liest, den Eindruck ha-
ben, dass wir hier einen konzentrierten Angriff auf die
Pressefreiheit machen, möglicherweise sogar, um die
Politiker, die Abgeordneten, den Bundeskanzler zu
schützen. Dem ist nicht so. In diesem Gesetz wird die
Veröffentlichung, also das, was die Journalisten von den
Privatleuten, die Fotos machen, eigentlich unterscheidet,
überhaupt nicht erwähnt. Es geht in diesem Gesetz nicht
um die Veröffentlichung; das bleibt wie bisher auch im
Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bil-
denden Künste und der Fotografie geregelt.

Hier geht es lediglich um eine Lücke in dem Bereich, in
dem der Privatmann, die Privatfrau und natürlich auch die
Journalisten gerne Aufnahmen machen und – das ist ja kein
theoretischer Fall – in der Vergangenheit auch immer wie-
der gemacht haben. Wir haben all diese Fälle aus der Praxis
diskutiert. Mit der heutigen Kameratechnik – kleine Fo-
toapparate an einem Stock, in einer Streichholzschachtel
oder ähnlich verborgen – werden Fotoaufnahmen von
ganz intimen Situationen gemacht, die vielleicht zu-
nächst einmal nur zu Hause aufbewahrt werden. Es be-
steht dann aber immer die Möglichkeit, dass Einzelne
diese gebrauchen und weitergeben, ohne dass sie unbe-
dingt veröffentlicht werden.

Wir haben festgestellt – auch der Datenschutzbeauf-
tragte hat zu Recht darauf hingewiesen –, dass das ge-
sprochene Wort mehr geschützt ist als das Bild des Men-
schen oder auch mehrerer Menschen zusammen. Das
heißt: Wenn ich heute durch den Tiergarten gehe und je-
mand neben mir nimmt mein Gespräch mit einer anderen
Person mittels einer technischen Einrichtung auf, dann
macht er sich selbst dann strafbar, wenn es sich um ein
ganz banales Gespräch handelt, bei dem nichts Intimes
oder Geheimnisvolles besprochen wird. Allein das kann
schon strafbar sein, wenn ich einen Strafantrag stellen
würde. Eine Aufnahme aus dem intimsten Bereich –
wenn sich Menschen also ganz intim nahe kommen, sei
es im Tiergarten,


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Im Tierpark!)


zu Hause oder auch, wie Sie das geschildert haben, in ei-
nem Bauwagen wird bisher in keiner Weise strafrecht-
lich sanktioniert. Dieses Ungleichgewicht kann schon
aufgrund des Grundsatzes der Gleichbehandlung nicht
bestehen bleiben.

Deshalb haben wir nun diesen Gesetzentwurf vorge-
legt. Wir sagen allen Journalisten, die Sorge um ihre Ar-
beit haben: Ihr dürft auch weiterhin Abgeordnete, Bun-
deskanzler, Talkmaster und Tennisstars fotografieren,
sogar in ganz persönlichen Zusammenhängen. Wenn es
sich um eine Person der Zeitgeschichte oder das eigen-

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(C (D rtige Institut einer relativen Person der Zeitgeschichte andelt, dürft ihr diese Fotografien auch veröffentlichen. Im Gesetz wird nun aber eine Grenze festgelegt: Ihr ürft keine Fotografien aus dem höchst persönlichen zw. intimen Bereich der Menschen herstellen. Diese ergen ja immer die Gefahr in sich, dass man mit ihnen twas macht. Ich kann mir eigentlich keinen Journalisten orstellen, der sich rechtfertigt und sagt, dass Fotos von enschen, die in einem geschützten Bereich – zum Beipiel in einer Wohnung oder in einem Garten – ganz perönlichen Bedürfnissen nachgehen und sich entsprehend verhalten, rechtmäßig sind und es ihm deshalb rlaubt sein muss, entsprechende Fotos herzustellen. ieser Raum muss für alle Menschen geschützt bleiben. Ich halte es mit dem Bundesverfassungsgericht, das as in der schon angesprochenen Entscheidung zum groen Lauschangriff ganz banal formuliert hat: Es muss eien Raum für jeden Menschen – für jeden Mann und für de Frau – geben, in dem er in Ruhe gelassen wird und dem er sich so verhalten kann, wie es seiner Persönichkeit entspricht, soweit er nicht gegen Strafgesetze erstößt. Dort hat auch die Presse nichts zu suchen. Dieen Raum wollen wir für alle Menschen – auch für die ersonen der Zeitgeschichte und auch für die Politiker – chließen. Ich glaube, das ist eine Errungenschaft, weil das Per önlichkeitsrecht gemäß dem Grundgesetz für alle Menchen gilt. Jeder sollte in gleichem Maße geschützt sein nd geschützt bleiben. Deshalb verabschieden wir dieses esetz heute gemeinsam. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510518800

Das Wort hat jetzt der Kollege Jörg van Essen von der

DP-Fraktion.

Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1510518900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

abe für meine Fraktion schon in der 14. Legislaturperi-
de, vor etwa drei Jahren, erstmals einen Gesetzentwurf
um besseren Schutz der Intimsphäre eingebracht. An-
ass für diese Aktivität war für mich nicht nur die Mah-
ung des Datenschutzbeauftragten – das ist hier schon
ngesprochen worden –, sondern die sich damals häu-
enden Berichte darüber, dass kleine Kameras in Sola-
ien und Umkleideräumen von Betrieben angebracht
orden waren und die jeweiligen Arbeitgeber und Be-
reiber die sich umziehenden Frauen fotografiert oder
efilmt haben.
Der Gesetzentwurf, den wir heute verabschieden,

chützt besonders die Frauen, die häufig Opfer solcher
ktivitäten sind, und zwar nicht nur der beschriebenen
ktivitäten, sondern auch Opfer der Tätigkeit von Papa-
azzi, die sich nicht scheuen, auf Bäume zu klettern, um
n den intimsten Bereich von insbesondere bekannten
rauen einzudringen, Fotos zu machen und diese zu






(A) )



(B) )


Jörg van Essen

verkaufen, schwerpunktmäßig natürlich an Boulevard-
blätter, die dafür entsprechend viel Geld zahlen.

Es ist schon mehrfach angesprochen worden, dass wir
bisher nur das vertraulich gesprochene Wort schützen,
aber der Schutz vor heimlich gemachten Fotos noch
fehlte. Dass dieser Schutz noch dringender geworden ist,
haben die bisherigen Beiträge gezeigt. Dadurch, dass Fo-
tohandys immer mehr Verbreitung finden, besteht natür-
lich noch mehr die Möglichkeit, solche Fotos anzuferti-
gen. Es wird überdies zunehmend leichter, sie dann
elektronisch zu verarbeiten. Deshalb ist es ganz drin-
gend, dass wir in diesem Zusammenhang strafrechtliche
Grenzen aufzeigen.


(Beifall im ganzen Hause)

Ich bin wie meine Vorredner der Auffassung, dass wir

nicht in die Pressefreiheit eingreifen. Ich bin sehr über-
rascht, dass selbst heute noch entsprechende Vorwürfe
publiziert worden sind. Wir haben den hohen Wert der
Pressefreiheit in unseren Diskussionen immer berück-
sichtigt. Wir haben ausgelotet, ob das Nebeneinander
des Schutzes des Persönlichkeitsrechtes des Einzelnen
vor ungewollten Aufnahmen auf der einen Seite und des
hohen Gutes der Pressefreiheit auf der anderen Seite
richtig miteinander abgewogen ist.

Uns hat insbesondere – auch das haben die Vorredner
schon angesprochen – die Entscheidung des Bundesver-
fassungsgerichtes sehr geholfen. Das Bundesverfas-
sungsgericht – das findet unsere volle Unterstützung –
hat deutlich gemacht, dass es einen Kernbereich gibt, in
dem niemand etwas unbefugt zu suchen hat. Das gilt
auch für die Presse. Deshalb will ich kritisch sagen – das
sehe ich wie der Kollege Manzewski –, dass die Bei-
spielsfälle, die uns von den entsprechenden Organisatio-
nen der Presse vorgelegt worden sind, nicht überzeugen
können. Daran konnten wir sehen, dass es keinen einzi-
gen wirklichen Fall gegeben hat, bei dem nicht auch in
Zukunft die berechtigten Interessen der Presse gewahrt
bleiben. Daran wird das Gesetz nichts ändern.

Von daher findet der Gesetzentwurf die Zustimmung
der FDP-Bundestagsfraktion. Der Kollege Manzewski
hat angesprochen, dass wir von sehr verschiedenen Posi-
tionen ausgegangen sind. Wir als FDP konnten uns einen
weiter gehenden Schutz vorstellen. Deshalb sieht unser
Gesetzentwurf einen sehr viel größeren Schutzbereich
vor, als er in dem gemeinsamen Gesetzentwurf zum
Ausdruck kommt.

Mich hat damals das Argument des Kollegen Montag
überzeugt – ich danke ihm nachdrücklich für seine Bei-
träge –, der betont hat, dass dies ein sehr sensibler Be-
reich ist: Wenn wir den ersten Schritt in diese Richtung
machen, dann sollten wir uns auf den Kernbereich des
zu Schützenden beschränken. Wir schauen uns an, ob die
Regelungen wirken und das erreicht wird, was wir wol-
len. Beim Strafrecht muss man vorsichtig sein. Erst
wenn sich zeigt, dass danach noch Schutzlücken beste-
hen, können wir über eine Erweiterung nachdenken.
Aber zunächst einmal fangen wir mit dem Kernbereich
an.

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(C (D Das macht deutlich, dass wir in der Diskussion sehr orgfältig vorgegangen sind. Ich habe mit dem Kollegen ontag schon einen der Mitdiskutanten angesprochen, em zu danken ist. Der Kollege Manzewski hat das Verahren ganz hervorragend moderiert und damit zu dem uten Ergebnis beigetragen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall im ganzen Hause)


uch der Kollege Kauder hat ganz hervorragende Bei-
räge geleistet.
Der Gesetzentwurf ist im Parlament über die Frakti-

nsgrenzen hinweg erarbeitet worden. Das haben wir
icht häufig. Deshalb ist es umso erfreulicher, dass wir
u einem gemeinsamen Ergebnis und, wie ich finde, gu-
en Ergebnis kommen. Ob es elegant ist, Herr Kollege
auder, weiß ich nicht, aber es ist gut. Das ist das Wich-
igste.
Vielen Dank.


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510519000

Das Wort hat jetzt die Kollegin Gisela Hilbrecht von

er SPD-Fraktion.


Gisela Schröter (SPD):
Rede ID: ID1510519100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

assen Sie mich nun die Schließung der Strafbarkeitslü-
ke bei unbefugten Bildaufnahmen aus einem anderen
lickwinkel betrachten. Die hier notwendige Abwägung
wischen Persönlichkeitsinteresse und öffentlichem In-
eresse betrifft, wie meine Vorredner gesagt haben, auch
en gesamten Medienbereich. Darüber hinaus ist die po-
itische und gesellschaftliche Verständigung über eine
olche Balance ein wichtiger Beitrag für unsere Grund-
ertekultur. Genau aus diesem Grund haben wir in den
eratungen im Ausschuss für Kultur und Medien diesem
hema ganz breiten Raum gegeben.
Im Bereich der Medien zielt dieser Gesetzentwurf

uch darauf, den bisweilen – das haben meine Vorredner
uch gesagt, aber ich werde es wiederholen – unerträgli-
hen Paparazzijournalismus zu verhindern. Auch das hat
twas mit Kultur oder auch mit Unkultur unserer Gesell-
chaft zu tun. Hierin sind wir uns einig.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


s kann nur im Interesse aller verantwortungsvollen Me-
ienberichterstatter sein, dass wir etwas dagegen unter-
ehmen. Wir alle wissen, wovon wir sprechen, und wir
lle kennen die Bilder, wie in schamloser Weise in den
rivaten Lebensbereich eingedrungen wird, um Bildauf-
ahmen zu machen. Ich danke Ihnen, dass Sie darauf
ingewiesen haben, dass es besonders die Frauen sind,
ie darunter zu leiden haben. Adressat dieses Gesetzes
st also nicht die gesamte Medienbranche, sondern sind
ie schwarzen Schafe der Medienzunft.






(A) )



(B) )


Gisela Hilbrecht

Wir wissen, dass die Journalisten in der Regel die er-

forderliche Gratwanderung zwischen Schutz- und Frei-
heitsrechten mit großer Verantwortung wahrnehmen. Das
möchte ich hier betonen. Aber überall haben die Men-
schen auch ein Interesse an Boulevard- und Sensations-
journalismus. Trotzdem stellen die meisten in der Be-
völkerung bei schockierenden Bildern, die oft genug
veröffentlicht werden, immer wieder die Fragen: Ist das
eigentlich erlaubt? Könnt ihr nicht etwas dagegen tun?
Es ist gut und richtig, dass wir jetzt ein Gesetz auf den
Weg bringen, das sich gegen das Spannerunwesen – ich
möchte das beim Namen nennen – und gegen diese ver-
antwortungs- und geschmacklose Berichterstattung wen-
det.

Der Presserat, die Journalistenverbände, öffentlich-
rechtliche und private Sendeanstalten und weitere Medi-
enverbände haben sich bei uns zu Wort gemeldet. Sie se-
hen sich mit der Schaffung des neuen Straftatbestandes in
ihrer verfassungsrechtlich geschützten Berufsausübung
behindert und sagen, er hindere sie bei der Aufdeckung
von Missständen. Sie sagen weiter, ihre Arbeit liege im
öffentlichen Interesse und deshalb sei in diesem Fall das
Eindringen in den höchstpersönlichen Lebensbereich von
Strafe freizustellen. Die Medienvertreter – meine Vorred-
ner haben auch darauf hingewiesen – fordern die Auf-
nahme einer Rechtfertigungsklausel ins Gesetz. Danach
sollen Bildaufnahmen im höchstpersönlichen Lebensbe-
reich weiterhin straffrei bleiben, wenn sie der Wahrneh-
mung berechtigter öffentlicher Interessen dienen. So war
die Formulierung.

Wir haben auch das im Ausschuss genau unter die
Lupe genommen. Wir haben in einem eigens angesetzten
Expertengespräch Medienvertreter angehört. Die Medi-
envertreter haben dort ihre Interessen verteidigt und wir
haben viele Rücksprachen gehalten. Trotz alledem haben
wir uns dazu entschieden, diese Rechtfertigungsklausel
nicht in das Gesetz aufzunehmen.

Ich möchte anmerken, dass ich als Abgeordnete aus
einem der neuen Länder eine besondere Sensibilität mit-
bringe, wenn es um Persönlichkeitsrechte wie auch um
Meinungs- und Pressefreiheit geht. Wir wissen, wie es in
der DDR darum bestellt war. Wir sind unter anderem für
die Pressefreiheit, die ein wichtiger Eckpfeiler unserer
demokratischen Gesellschaft ist, auf die Straße gegan-
gen.

Trotz dieses Hintergrunds bin ich nach langem Abwä-
gen zu dem Ergebnis gekommen, dass die von den Me-
dien vorgeschlagene Klausel nicht in das Gesetz gehört.
Die Kollegen von der Union und der FDP im Kulturaus-
schuss haben es anders gesehen. Trotzdem haben wir
– darüber freue ich mich – dem Gesetzentwurf im Aus-
schuss gemeinsam zugestimmt.

Ich denke, mit dem Rechtfertigungsgrund „zur Wahr-
nehmung berechtigter öffentlicher Interessen“ würde der
neu geschaffene Straftatbestand so stark eingeschränkt,
dass er sozusagen nach Belieben wieder ausgehebelt
werden könnte. Wir hätten dann doch wieder einen
Gummiparagraphen. Die Formulierung „berechtigte öf-
fentliche Interessen“ lässt, wie wir alle wissen, sehr viel
Raum für Interpretationen.

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(C (D Nach der geltenden Rechtslage ist aus unserer Sicht ein besonderer Rechtfertigungsgrund notwendig; meine ollegen haben im Vorfeld darauf hingewiesen. Ich reue mich, dass diese Einschätzung auch von den echtsexperten der Union und der FDP geteilt wird. Ich denke, wir können heute mit dem Gesetz eine trafbarkeitslücke schließen und zugleich einen sehr ichtigen Beitrag für die Kultur unseres Zusammenleens leisten, für die Ausbalancierung zwischen individuller Freiheit jedes Einzelnen – also auch der Presse – nd dem berechtigten öffentlichen Interesse. Wir werden dabei selbstverständlich auch die Einände der Medienvertreter im Blick behalten und wir erden, wie bei allen Gesetzen, die Auswirkungen sehr ufmerksam beobachten. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510519200

Das Wort hat die Kollegin Daniela Raab von der
DU/CSU-Fraktion.

Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1510519300

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Der umfassende Schutz der Intimsphäre jedes Ein-
elnen lag und liegt uns allen sehr am Herzen und ich
in froh, dass wir doch in den meisten Punkten überein-
timmen und eine gemeinsame Formulierung gefunden
aben. Das liegt hauptsächlich daran, dass der Schutz
er Privatsphäre unbestreitbar ein Thema ist, bei dem
an eigentlich nur einer Meinung sein kann.
Nach durchaus nicht immer einfachen und auch nicht

mmer kurzen Verhandlungen mit Ihnen, meine verehr-
en Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, haben Sie
ingelenkt und uns – das hat uns sehr gefreut – auch ein
isschen beigegeben; wie Sie sich vorstellen können,
ürden wir uns das öfter wünschen.
In unserer hoch technisierten und immer globaler
erdenden Medienwelt gewinnen Bildaufnahmen im-
er mehr an Bedeutung. Durch Bildaufnahmen kann in-
ormiert, aber auch manipuliert werden. Die Vertraulich-
eit des Wortes in jeglicher Form ist ausreichend
eschützt. Was den Schutz des heute schon oft erwähn-
en so genannten höchstpersönlichen Lebensbereiches
egen unbefugte Bildaufnahmen angeht, gab es jedoch
ach wie vor Lücken. Diese Lücken werden nun beho-
en. Das war dringend notwendig.
Wir alle wissen es nur zu gut: Digitalkameras und Fo-

ohandys sind an der Tagesordnung. Wie schnell werden
amit Aufnahmen gemacht, die oft auf unwürdigste Art
nd Weise in die Privatsphäre der betroffenen Person
ingreifen! Das ist besonders dann der Fall, wenn diese
ufnahmen in Situationen gemacht werden, in denen
ir uns eigentlich unbeobachtet fühlen dürfen.
Allein die Herstellung derartiger Fotos greift tief in

ie Würde des Betroffenen ein. Diese Aufnahmen dann






(A) )



(B) )


Daniela Raab

auch noch weiterzugeben – egal in welcher Form – ist
ungleich verletzender.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb waren wir uns auch einig: Nach dem nun ein-
gefügten § 201 a StGB ist es strafbar, eine Person abzu-
lichten, die sich in ihrem ganz privaten Rückzugsbe-
reich, also dem so genannten höchst persönlichen
Lebensbereich, aufhält. Dazu zählen klassischerweise
– auch das ist erwähnt worden – die Wohnung, das Ho-
telzimmer und grundsätzlich alle Räumlichkeiten, die
vor unbefugtem Einblick schützen sollen. Hinzu kommt,
dass dies ohne die Zustimmung der Person geschieht und
die Bilder an Dritte – zur Veröffentlichung oder
Ähnliches – weitergegeben werden. Die Aufnahme des
Begriffes des „höchst persönlichen Lebensbereichs“
sorgt aber auch dafür – auch das ist schon gesagt wor-
den –, den Straftatbestand nicht unangemessen weit aus-
zudehnen. Auch das war uns allen wichtig.

Zum Thema Pressefreiheit ist von meiner Vorredne-
rin schon sehr viel gesagt worden. Ich sehe es durchaus
ähnlich. Es gibt keine Existenzgefährdung für Blätter
wie „Gala“, „Bunte“ und „die aktuelle“, um nur einige
Zeitschriften zu nennen.


(Jörg van Essen [FDP]: Die nur von Frauen beim Friseur gelesen werden!)


– Richtig. – Es trifft hauptsächlich den Paparazzo, der
aus zwei Kilometern Entfernung mit Superzoom aus der
Hecke ins Wohnzimmer fotografiert, oder den Spanner
von nebenan, der sich einfach an Badezimmerfotos der
Nachbarin ergötzen möchte. Denken Sie aber auch an
das ganz aktuelle Beispiel der Fotos von der verstorbe-
nen Prinzessin Diana, die jetzt wohl im Umlauf sind und
die eine sterbende Prinzessin zeigen sollen, und daran,
für welchen Aufruhr das in der Öffentlichkeit gesorgt
hat! Das sollte uns zeigen, dass wir auf dem richtigen
Weg sind.

Ich möchte auch noch ein konkretes Beispiel aus dem
täglichen Leben nennen. Man stelle sich die Konstella-
tion vor, dass eine Beziehung zu Ende geht. In glückli-
chen Zeiten sind Bildaufnahmen entstanden, die sich
eindeutig auf die Intimsphäre des Beteiligten bzw. der
Beteiligten beziehen. Dabei muss es nicht immer um Se-
xualität oder Nacktheit gehen. Es kann auch Krankheit
und Tod oder der ganz normale Alltag, zum Beispiel im
Schlafanzug morgens vor dem Spiegel, sein. Nach einer
Trennung sieht sich nun der Expartner veranlasst, diese
aus Rache – wem auch immer – zur Verwendung zu ge-
ben oder in das Internet zu stellen und auch noch seine
Exfreundin darauf hinzuweisen. Das, was früher noch
ein schlechter Spaß war, ist nun strafbar. So soll es auch
sein. Auch hierüber sind wir uns einig.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

An dem Gesetzentwurf ist eine kleine Sache noch zu

bemängeln. Herr Ströbele, Sie wissen, dass ich Ihnen äu-
ßerst ungerne widerspreche. Sehen Sie es mir nach!

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(C (D (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das höre ich gerne! Ich nehme Sie beim Wort!)


ch sehe wie der Kollege Kauder im Zusammenhang mit
em neuen § 201 a Abs. 3 StGB ein Beweisproblem in
er Praxis, das der Richter lösen muss. Wir begeben uns
ier schon in die Irrtumslehre. Herr Ströbele, hier sind
ir juristisch einfach anderer Meinung. Ich glaube aber,
ass wir das so stehen lassen können. Uns ist der Gesetz-
ntwurf jedenfalls so wichtig, dass wir die Bedenken, die
ir in diesem Bereich haben, hintangestellt haben. Dazu
tehen wir nach wie vor.
Erlauben Sie mir – meine Redezeit gibt das gerade

och her – eine ganz kurze persönliche Anmerkung zum
hema Graffiti. Auch hier wünsche ich mir eine solch
ragmatische und zielgerichtete Lösung.
In diesem Sinne: vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich sage nur „Hanf“!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510519400

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Michaela Noll.

Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1510519500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
uch ich begrüße wie alle meine Vorredner den gefun-
enen Kompromiss. Der Schutz des Einzelnen vor unbe-
ugten Bildaufnahmen wird verbessert; denn wenn schon
indern vor Gericht Schmerzensgeld wegen veröffent-
ichter Paparazzifotos zugesprochen wird, dann ist die
nbefugte Bildaufnahme eben kein Kavaliersdelikt
ehr. Die verschiedenen Gerichtsurteile haben dies bestä-
gt. Wir alle sind uns einig, dass hier eine strafrechtliche
erfolgung notwendig ist. Das ist Aufgabe des Staates.
ber es geht nicht nur um die besonders medienwirksa-
en Fälle prominenter Opfer. Ich denke, wir sollten hier
uch für diejenigen Opfer Partei ergreifen, die nicht im
ampenlicht stehen bzw. nicht stehen wollen. wie – ein
leiner Scherz am Rande – beim Abitur.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as war für uns alle nicht länger hinnehmbar. Es war
lso allerhöchste Zeit, zu handeln.
Die Bürger wollen zeitnahe Problemlösungen. In diesem

usammenhang muss ich doch noch Kritik anbringen. Es
acht keinen Sinn, dass Gesetzentwürfe erst einmal drei
ahre in der Versenkung verschwinden, um dann wieder auf
ie Agenda gesetzt zu werden. Nur zur Erinnerung, falls
ie es vergessen haben: Diese Strafbarkeitslücke wollte
ie Bundesregierung schon in der letzten Legislaturperi-
de schließen; das haben Sie, Herr Kollege van Essen
ben bereits angesprochen. Wir hätten sie bereits schlie-
en können, wenn Sie von der Regierungskoalition vor
rei Jahren mitgemacht hätten.
Ich möchte meine Kritik nicht fortsetzen; denn ich bin

roh, dass wir es geschafft haben. Es ist uns gemeinsam
elungen, einen Konsens zu finden. Dafür möchte ich






(A) )



(B) )


Michaela Noll

mich auch bei meinen Kollegen von den Koalitionsfrak-
tionen bedanken; denn den kriminalpolitischen Hand-
lungsbedarf, den Sie heute bejahen, haben Sie noch im
Februar 2003 ganz anders bewertet. Frau Kollegin
Schewe-Gerigk, Sie haben damals gesagt, es gebe be-
reits ausreichende rechtliche Möglichkeiten, und haben
dann auf die Unterlassungsklage, und Schadenersatzan-
sprüche sowie das Kunsturhebergesetz verwiesen.

Ein Jahr später – das bewerte ich sehr positiv – haben
wir es trotzdem noch geschafft, eine Einigung zu erzie-
len.


(Beifall bei der CDU/CSU)

In unserer Zeit stehen Daten und Fotos speziell durch

Internet und Fotohandys innerhalb von Sekunden welt-
weit zur Verfügung. Viele von Ihnen kennen die Geräte,
mit denen man solche Bilder machen kann. Sie sind zum
Teil so groß wie eine Scheckkarte. Was heißt das Ganze
für den Bürger? Es bleibt oft im Verborgenen, wer wann
wo welche Aufnahmen von Personen gemacht hat. Diese
Gefahren hat 1999 auch der Datenschutzbeauftragte ge-
sehen.

Ich glaube, dass einige der Gäste auf der Besuchertri-
büne bereits am Brandenburger Tor waren und dort unter
Umständen schon Fotos geschossen haben. Vielleicht
finden sich auf diesen Bildern andere Touristen wieder.
Aber damit müssen Touristen rechnen; schließlich haben
sie sich auf einen öffentlichen Platz begeben. Etwas an-
deres muss allerdings gelten, wenn Bildaufnahmen im
höchstpersönlichen Lebensbereich gemacht werden,
Stichwort Hotelzimmer, Stichwort Damentoilette. Ich
denke an Aufnahmen, von denen Sie nichts wissen und
von deren Veröffentlichung, womöglich im Internet, Sie
keine Kenntnis haben. Es ist für Sie alle wichtig, davor
ausreichend geschützt zu werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das haben wir mit diesem Gesetzentwurf erreicht.
Der Fokus liegt jetzt nicht mehr auf dem, was hinter-

her, wenn es schon zu spät ist, passiert; vielmehr geht es
darum, die Hemmschwelle im Vorfeld zu erhöhen, da-
mit solche Bilder gar nicht mehr hergestellt werden. Wir
wollen erreichen, dass diese Fotos einfach vom Markt
verschwinden. Eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jah-
ren ist eine deutliche Warnung.

Sehr geehrter Kollege Manzewski, jetzt will ich Sie
kurz mit ins Boot holen. Sie haben in der letzten Debatte
zu diesem Thema im Jahre 2003 gesagt, es gehe darum,
erhebliche Probleme in der Praxis zu vermeiden. „Wir
sind aufgefordert, nur Gesetze zu schaffen, die der Justiz
helfen und die Justiz nicht belasten.“ Vielleicht hätten
Sie Ihren Kollegen Ströbele einmal zur Seite nehmen
müssen, dass das Wörtchen „wissentlich“ nicht in den
Gesetzestext kommt; denn in der Rechtsanwendung wird
das bestimmt Probleme schaffen. Aber auch die werden
wir lösen.

Ich möchte noch kurz ein Wort zur Pressefreiheit sa-
gen. Die Pressefreiheit wurde mit diesem Gesetzentwurf
nicht infrage gestellt. In diesem Punkt kann ich aus-

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(C (D ahmsweise dem Kollegen Ströbele zustimmen. Die eststellung, dass die Pressefreiheit ein hohes Gut ist nd dass der Staat verpflichtet ist, die Pressefreiheit zu chützen, wo immer er kann, ist zweifellos richtig; denn hne Pressefreiheit kann eine lebendige Demokratie icht existieren. Das ist unbestritten. Sie wird durch dieen Gesetzentwurf gewahrt, auch wenn die Presse das um Teil anders sieht. Wir haben die Strafbarkeitslücke geschlossen. Alle, ie jetzt Fotos aus dem höchst persönlichen Lebensbeeich illegal herstellen, benutzen oder vertreiben, sind in Fall für die Staatsanwaltschaft. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510519600

Ich schließe die Aussprache.1)
Wir kommen zur Abstimmung über den von den Frak-

onen der SPD, der CDU/CSU, des Bündnisses 90/
ie Grünen und der FDP eingebrachten Entwurf eines
trafrechtsänderungsgesetzes, § 201 a StGB. Der Rechts-
usschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschluss-
mpfehlung auf Drucksache 15/2995, den Gesetzent-
urf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
iejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
ung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer
timmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
st damit in zweiter Beratung einstimmig angenommen
orden.

Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Ge-
etzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer
timmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
st damit auch in dritter Beratung einstimmig angenom-
en worden.
Abstimmung über die Beschlussempfehlung des
echtsausschusses auf Drucksache 15/2995 zu dem von
er Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Gesetzentwurf
um verbesserten Schutz der Privatsphäre. Der Rechtsaus-
chuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussemp-
ehlung, den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/533 für
rledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschluss-
mpfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die
eschlussempfehlung ist einstimmig angenommen wor-
en.
Unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung emp-

iehlt der Rechtsausschuss, den Gesetzentwurf der Frak-
ion der FDP auf Drucksache 15/361 zum verbesserten
chutz der Intimsphäre ebenfalls für erledigt zu erklären.
er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-
timmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
st ebenfalls einstimmig angenommen worden.

Der Redebeitrag der Abgeordneten Petra Pau (fraktionslos) wird zu
Protokoll genommen. (Anlage 4)







(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Schließlich empfiehlt der Rechtsausschuss unter Buch-

stabe d seiner Beschlussempfehlung, den vom Bundesrat
eingebrachten Entwurf eines Strafrechtsänderungsgeset-
zes – Schutz der Intimsphäre – ebenfalls für erledigt zu er-
klären. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung?
– Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht
der Fall. Die Beschlussempfehlung ist einstimmig ange-
nommen worden.

Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesord-
nung um die Beratung zweier Beschlussempfehlungen
des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung zu Anträgen auf Genehmigung zur
Durchführung der Strafverfolgung zu erweitern und jetzt
sofort als Zusatzpunkte 7 und 8 aufzurufen. Sind Sie da-
mit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist so be-
schlossen.

Somit rufe ich die Zusatzpunkte 7 und 8 auf:
7 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

richts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu-
nität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss)

Immunität von Mitgliedern der Bundesver-
sammlung
hier: Antrag auf Genehmigung zur Durchfüh-
rung der Strafverfolgung
– Drucksache 15/3007 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Christine Lambrecht

8 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu-
nität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss)

Immunität von Mitgliedern der Bundesver-
sammlung
hier: Antrag auf Genehmigung zur Durchfüh-
rung der Strafverfolgung
– Drucksache 15/3008 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Eckart von Klaeden

Wir kommen sofort zur Abstimmung.
Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Ge-

schäftsordnung empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 15/3007, die Genehmigung zur
Durchführung der Strafverfolgung zu erteilen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gibt es Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
lung ist einstimmig angenommen worden.

In seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/3008
empfiehlt der Ausschuss ebenfalls, die Genehmigung zur
Durchführung der Strafverfolgung zu erteilen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gibt es Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall.
Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen
worden.

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(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Tourismus (19. Ausschuss)

Burgbacher, Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Sperrzeiten für Außengastronomie verbrau-
cherfreundlicher gestalten
– Drucksachen 15/674, 15/1287 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Klaus Brähmig

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
DP fünf Minuten erhalten soll. – Widerspruch höre ich
icht. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst

er Abgeordnete Ernst Burgbacher.

Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1510519700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kolle-

en! Ich hoffe, dass wir an den vorigen Debattenpunkt
nknüpfen können und diese Problematik hier einmal
enauso sachlich und in Ruhe miteinander diskutieren
önnen.
Was ist der derzeitige Rechtsstand? Es gibt eine Tech-

ische Anleitung Lärm. Sie setzt Lärmgrenzwerte fest
nd sie setzt auch fest, wann die Nachtzeit beginnt. Von
ieser Technischen Anleitung Lärm ist die Außengastro-
omie ausdrücklich ausgenommen. Die Rechtspraxis ist
llerdings eine ganz andere. In der Rechtspraxis berufen
ich Gerichte und auch Gemeinden auf diese Technische
nleitung Lärm. Das hat zur Folge, dass in weiten Teilen
er Republik Außengastronomie – Biergärten, Straßen-
afés, Weinterrassen – um 22 Uhr schließen müssen. Das
st der Ausgangspunkt.
Da wir das ändern wollen, fordern wir die Bundesre-

ierung in unserem Antrag auf, in zwei Punkten tätig zu
erden. Wir wollen erstens, dass während der Sommer-
eit der Beginn der Nachtzeit in diesem immissions-
chutzrechtlichen Sinne auf 23 Uhr oder 24 Uhr – wir
ären mit einer Festlegung auf 23 Uhr schon zufrieden –
estgelegt wird. Wir wollen zweitens, dass für menschli-
hen Lärm andere Grenzwerte festgesetzt werden als
twa für Maschinenlärm, dass also das Lachen, Reden,
ingen anders behandelt wird als Maschinenlärm, das
ämmern, Bohren oder Sägen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Das ist der Weg!)


Wir wollen ausdrücklich nicht, dass der Bund etwas
egelt. Natürlich wollen wir nicht, dass in Berlin ent-
chieden wird, wann in Düsseldorf die Altstadtkneipe
der das Weinrestaurant am Rhein oder was auch immer
ür den Außenbetrieb schließen muss, sondern wir wol-
en vom Bund aus den Spielraum erweitern, damit Län-
er, Städte und Gemeinden das so festlegen können, wie
ie es für richtig halten. Das verstehen wir unter bürger-
aher Politik.






(A) )



(B) )


Ernst Burgbacher


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es gibt einige Gründe dafür. So ist ein völlig verän-

dertes Konsumentenverhalten zu verzeichnen. Auch
die Deutschen gehen später aus und bleiben länger sit-
zen. Wir haben das Ziel, ein florierendes Stadtwesen zu
schaffen. Dazu gehört gerade die Außengastronomie.
Sobald man außen zumacht, sind die Innenstädte tot. Wir
haben in Deutschland eine florierende Biergartenkultur.
Der Tourismus in Deutschland lebt förmlich von dieser
Kultur. Sie wollen wir fördern und damit insbesondere
auch den Tourismusstandort Deutschland.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wenn wir wol-
len, dass mehr Menschen aus anderen Ländern – Franzo-
sen, Italiener, Engländer – zu uns kommen, müssen wir
etwas verändern. Wenn sie schön gemütlich im Biergar-
ten sitzen, können sie es nämlich nicht verstehen, dass
um 22 Uhr alles hochgeklappt wird und sie gehen müs-
sen.

Ein weiteres wirtschaftliches Argument – ich bitte
Sie, das nicht zu unterschätzen –: Im letzten Sommer,
diesem Jahrhundertsommer, gab es das große Problem,
dass die Leute, als die vollen Biergärten um 22 Uhr
schließen mussten, nicht in die Innenräume, sondern
nach Hause gegangen sind. Unterm Strich waren das
Umsatzausfälle. Vor diesem Argument sollte man die
Augen nicht verschließen, sondern es zur Kenntnis neh-
men und entsprechend handeln.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Nun möchte ich gerne auf ein paar Gegenargumente

eingehen. Mir bleibt leider nur wenig Zeit, da ich ledig-
lich fünf Minuten Redezeit habe. Ich weiß ja, welche
Gegenargumente kommen, da Sie, liebe Kollegin Irber,
nach mir reden werden. Somit will ich nur auf zwei ein-
gehen:

Erstens. Es ist totaler Unsinn, wenn davon geredet
wird, durch die von uns vorgeschlagene Regelung würde
mehr Bürokratie aufgebaut.


(Brunhilde Irber [SPD]: Natürlich!)

Wir wollen keine weiteren Lärmschutzvorschriften er-
lassen, sondern wir wollen die bisherigen Lärmschutz-
werte verändern. Das hat überhaupt nichts mit zusätzli-
cher Bürokratie zu tun. Im Gegenteil: Dadurch, dass wir
den vom Bund vorgegebenen Rahmen ausweiten, verrin-
gern wir die Bürokratie, weil jetzt die Länder und Ge-
meinden so handeln können, wie sie es gerne wollen.
Unser Vorschlag führt also zu Bürokratieabbau und nicht
zu mehr Bürokratie.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Zweitens. Sie werfen uns immer vor, wir wollten alles

von Berlin aus regulieren. Auch das ist völliger Unsinn.

(Brunhilde Irber [SPD]: Aber natürlich!)


Wir wollen den Rahmen ausweiten, schreiben aber nie-
mandem etwas vor; im Gegenteil. Wenn Sie doch nur

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(C (D inmal in der Lage wären, unseren Antrag überhaupt zu esen, dann könnten wir miteinander diskutieren. (Brunhilde Irber [SPD]: Keine Beleidigung, Herr Kollege!)


ir wollen nur den Rahmen setzen. Entscheiden sollen
ie Städte und die Gemeinden vor Ort. Wir in Berlin mi-
chen uns in diese Entscheidungen damit überhaupt
icht ein.
Lassen Sie mich zum Schluss Folgendes sagen: Sie

aben jetzt die Einführung einer Ausbildungsabgabe in
ie Diskussion gebracht. Sie treffen damit die Branche
anz erheblich. Mit der Annahme unseres Vorschlages
önnten Sie etwas beschließen, was keinen Cent kostet,
as aber der Branche und den Menschen in Deutschland
ilft.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Recht hat er!)

eshalb bitte ich Sie: Springen Sie endlich über Ihren
deologischen Schatten und stimmen Sie dem Antrag
eute zu.
Danke schön.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510519800

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Brunhilde Irber.

Brunhilde Irber (SPD):
Rede ID: ID1510519900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ie FDP besitzt ein gutes Timing: Das Frühlingswetter,
erade dieser Tage hier in Berlin, animiert zum Besuch
on Biergärten und Straßencafés. In den vor uns liegen-
en Monaten mit lauen Frühlings- und Sommerabenden
ird es wieder viele Menschen in die Biergärten und
traßencafés ziehen. Damit ergibt sich eine Einnahme-
uelle für die Gastronomie. Das begrüßen wir ausdrück-
ich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist die schönste Wirtschaftsförderung!)


Ich will auch gar nicht verhehlen, dass wir, wie schon
n den vorhergehenden Beratungen ausführlich darge-
tellt, um jedes Bundesland und um jede Kommune froh
ind, die die vorhandenen Möglichkeiten zur Verkürzung
er Sperrzeiten in der Außengastronomie nutzen. Bis
ierher sind wir uns einig, liebe Kolleginnen und Kolle-
en von der Opposition.
Mit dem Thema Sperrzeiten in der Außengastronomie

eschäftigen wir uns ja beinahe jedes Jahr wieder zu Be-
inn der sommerlichen Zeit. Die Kollegen haben heute
chon gesagt, dass auch ihnen bewusst ist, dass alle Jahre
ieder der Antrag der FDP zu diesem Thema kommt.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Macht es halt! Dann ist es vorbei damit!)


ch hätte es mir heute einfach machen und meine Reden
om 29. Juni 2001 oder vom 8. Mai 2003 erneut vortra-
en können, denn neue Argumente habe ich in Ihrem
ntrag nicht gefunden. Auch in den Ausschussberatungen






(A) )



(B) )


Brunhilde Irber

gab es keine neuen Argumente. Deswegen glaube ich,
dass es eigentlich überflüssig ist, diesen Antrag zu bera-
ten. Aber wir müssen es tun, weil er gestellt worden ist.

Sie fordern die Bundesregierung jetzt nicht mehr zur
Änderung des § 18 des Gaststättengesetzes auf. Denn die
meisten Bundesländer haben mittlerweile nur noch die
Besenstunde zwischen 5 und 6 Uhr. Sogar Bayern hat
sich jetzt dazu entschlossen. Das begrüße ich ausdrück-
lich.

Mit diesem Antrag zielen Sie ausschließlich auf die De-
finition der Nachtzeit im immissionsschutzrechtlichen
Sinne ab. Die Nachtzeit soll gemäß Ihrem Antrag in den
Sommermonaten erst um 23 Uhr oder idealerweise gar
erst um 24 Uhr beginnen. Ich stimme Ihnen wie vor
einem und auch vor drei Jahren zu: Insbesondere bei jün-
geren Leuten haben sich das Ausgehverhalten und die
Lebensgewohnheiten geändert.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wir gehen aber auch noch ganz gerne aus!)


Viele werden gerade in der Sommerzeit zu regelrechten
Nachteulen. Auch ich gehöre im Übrigen dazu.

Aber des einen Freud ist des anderen Leid. Sie dürfen
die Nachbarschaft und die Anwohner nicht vergessen.
Das ist das, was uns bewegt. Die Anwohner haben ein
Recht auf eine ungestörte Nachtruhe. Wir alle setzen uns
dafür ein, mögliche nächtliche Ruhestörungen zu mini-
mieren. Damit beugen wir auch gesundheitlichen Beein-
trächtigungen vor. Das ist Aufgabe des Gesetzgebers.
Man darf nicht nur die Einkünfte der Gastronomie se-
hen, sondern muss auch das berechtigte Interesse der
Anwohner auf ungestörte Nachtruhe ins Auge fassen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Deshalb Regelungen vor Ort!)


– Das geht eben nicht, Herr Burgbacher; ich komme
noch darauf.

Ihre Forderung nach einer Technischen Anleitung
„Menschlicher Kommunikationslärm“ missachtet dieses
Recht auf Nachtruhe. Sie würden damit einen bürokrati-
schen Wust aufbauen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Was?)

– Natürlich!


(Ernst Burgbacher [FDP]: Quatsch! Das ist doch Unsinn!)


Wenn wir diesen Antrag heute hier beschließen, würde
es eine Technische Anleitung „Menschlicher Kommuni-
kationslärm“ geben. Dann müssten Grenzwerte festge-
setzt werden, die eingehalten werden müssten. Der Staat
und seine Verwaltungsorgane hätten dann die Pflichten
der Exekutive. Die Einhaltung müsste bei Beschwerden
überprüft werden.

Nehmen wir einmal den folgenden Fall an: Anwohner X
fühlt sich in seiner nächtlichen Ruhe gestört. Er ruft die
Polizei. Die Polizei muss anrücken und den Lärmpegel
messen. Daran würde sich ein Verfahren wegen Störung
der Nachtruhe anschließen. Ich weiß nicht, wie der Voll-

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(C (D ug genau aussehen müsste; aber es würde ein riesiger ürokratischer Aufwand entstehen. (Ernst Burgbacher [FDP]: Genau wie bisher! – Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Wir wollen Entbürokratisierung, nicht Bürokratisierung!)


ch glaube, das wäre ein Arbeitsbeschaffungsprogramm
ür Lärmmessungsingenieure und würde eine Mehrarbeit
ür die Polizeien der Länder bedeuten.
Ich glaube nicht, dass wir einem solchen Gesetzent-
urf zustimmen sollten. Einen verbraucherfreundlichen
nsatz kann ich dabei überhaupt nicht entdecken. Sie
ordern in Ihrer Kleinen Anfrage vom 19. März dieses
ahres den Abbau von Bürokratie in der Tourismusbran-
he. In dem heute debattierten Antrag fordern Sie,
einen unbürokratischen, verbraucherfreundlichen und
raxistauglichen Vorschlag zur Änderung des Bundes-
missionsschutzrechts“ für die Sommerzeit vorzule-

en. Jetzt frage ich mich: Was ist an Ihrem Antrag unbü-
okratisch, praxistauglich oder verbraucherfreundlich?


(Ernst Burgbacher [FDP]: Alles! Ganz einfach!)


erbraucher sind nicht nur diejenigen, die im Straßen-
afé sitzen, sondern auch diejenigen, die am Morgen um
oder 6 Uhr aufstehen müssen, um zur Arbeit zu gehen,
nd nicht schlafen können, weil sie durch den Lärm in
en Cafés gestört werden.
Sie sehen lediglich die Umsatzzahlen in der Gastro-

omie und meinen, allen Städten müsste am besten eine
erschiebung des Sperrzeitbeginns bis 24 Uhr geneh-
igt werden. Dabei missachten Sie aber die Rechte der
nwohner. Ich glaube nicht, dass das zielführend ist.
ir haben als Gesetzgeber die Rechte aller Bürger zu
chützen; das ist unsere Aufgabe.
Wenn Leute in fröhlicher Runde beieinander sitzen,

ann können sie auch um 22 Uhr in den Innenraum ge-
en. Die Kommunen können die Zeiten schon heute ver-
ängern. In der „Passauer Neuen Presse“ vom heutigen
age stand, dass die Stadt Passau die Sperrzeiten in der
ußengastronomie auf 23 Uhr festgesetzt hat. Verlän-
erte Öffnungszeiten sind also schon jetzt möglich. Wes-
alb sollen wir dann bitte schön eine Technische Anlei-
ung „Menschlicher Kommunikationslärm“ schaffen?
Ich denke, wir werden unsere bisherige Haltung, die

ich bewährt hat, nicht ändern. Es bedarf keiner bundes-
eit einheitlichen Regelung. Die Kompetenz lassen wir
ei den Ländern. Damit behalten die Kommunen das
echt, die Sperrzeiten für ihre Außengastronomie selbst
estzulegen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Da sind wir uns völlig einig!)


ort kennt man nämlich am besten die Interessen und
ie Bedürfnisse der Bevölkerung und aller Beteiligten.
an weiß auch, wo eine Gastronomie im Außenbereich
törend ist und wo sie nicht störend ist.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Völlig richtig!)







(A) )



(B) )


Brunhilde Irber

Ich habe nichts dagegen, wenn eine abgelegene Wald-

wirtschaft, in deren Umgebung niemand wohnt, länger
geöffnet hat.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Aber denken Sie einmal an den Tierschutz!)


Ich habe aber etwas dagegen, wenn diese Gastwirtschaft
in einem Wohngebiet, neben einem Krankenhaus oder
einem Altenheim liegt. Wir würden mit einer Techni-
schen Anleitung „Menschlicher Kommunikationslärm“
längeren Öffnungszeiten derart gelegener Gastwirtschaf-
ten Tür und Tor öffnen.

Ich glaube daher, dass Ihr Antrag obsolet ist. Wir
brauchen ihn nicht und wir werden ihn deshalb ableh-
nen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510520000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Klaus Brähmig.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Jetzt kommen erst einmal die Fakten!)



Klaus Brähmig (CDU):
Rede ID: ID1510520100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Wilhelm Busch hat einmal trefflich bemerkt:
„Das Trinkgeschirr, sobald es leer, macht keine rechte
Freude mehr.“


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, werden
auch in diesem Sommer die Biergläser ab 22 Uhr leer
bleiben. Wenn es gerade gemütlich wird, findet die Bier-
gartenkultur in Deutschland per Anordnung ihr abruptes
Ende.

Nicht nur bei den wirtschaftlichen Parametern wird
Deutschland unter der Regierung Gerhard Schröder vom
restlichen Europa abgehängt; auch bei der abendlichen
Lebensqualität ziehen unsere Nachbarn gnadenlos an
uns vorbei. Die Toskana-Fraktion von Bündnis 90/Die
Grünen und SPD weiß die Vorzüge flexibler Öffnungs-
zeiten in der Gastronomie im südlichen Europa Jahr für
Jahr zu schätzen.


(Beifall bei der FDP)

Ich möchte hinzufügen: Auch ich habe dieses Flair in
Ljubljana, Budapest und Prag bei Arbeitsgruppenreisen
in angenehmer Erinnerung behalten.

Unsere Bürger und ausländischen Gäste müssen in
einem Hochsommer wie dem des letzten Jahres die An-
nehmlichkeiten von geschlossenen Räumen bei 30 Grad
Celsius genießen. Da ist es kein Wunder, dass unsere
heimische Gastronomie unter Konsumverzicht leidet.
Die Wirtschaft liegt am Boden und die letzten konsum-
bereiten Kunden werden indirekt nach Hause geschickt.
Sie kaufen sich dann das Bier in der Kaufhalle und sit-
zen mit Freunden im Grünen bzw. auf dem Balkon.

Schon vor zwei Jahren haben wir dieses Thema im
Deutschen Bundestag debattiert. Geändert hat sich in der

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(C (D wischenzeit nichts. Das ist ein großes Ärgernis für die nternehmer und Gäste in Deutschland. Der Antrag uneres Kollegen Ernst Burgbacher zur Liberalisierung der perrzeiten in der Außengastronomie will dieses Ärgeris beseitigen. Freiluftgaststätten wie zum Beispiel iergärten sollen in Zukunft bis mindestens 23 Uhr und öchstens bis 24 Uhr öffnen dürfen. Wir haben diesen ntrag vor zwei Jahren unterstützt und unsere Meinung azu ist unverändert. Die heutige Debatte sagt viel über den aktuellen Zu tand des Wirtschaftsstandortes Deutschland aus. ieder einmal verpasst die rot-grüne Bundesregierung ine gute Möglichkeit, dem gastronomischen Mitteltand in Deutschland unter die Arme zu greifen. Ich rauche es eigentlich nicht zu erwähnen: Er hat es mehr enn je nötig. Hier und heute könnte die Regierung, ohne Kosten für en Staat zu verursachen, aktive Wirtschaftsförderung etreiben. Aber die rot-grüne Bundesregierung hat einen iel besseren Ansatz, für mehr Wachstum und Beschäftiung in Deutschland zu sorgen. Sie droht dem teilweise m seine Existenz kämpfenden Mittelstand mit der ideoogischen Keule der Ausbildungsplatzabgabe. eider vergisst die Regierung dabei, dass beispielsweise as Gastgewerbe seiner gesellschaftlichen Verantworung überdurchschnittlich gerecht wird. Mit rund 7 Proent aller Ausbildungsplätze in Deutschland und einer berdurchschnittlichen Ausbildungsquote bietet das astgewerbe weiterhin vielen jungen Menschen eine erufsund Lebensperspektive. Allerdings braucht das Gastgewerbe Perspektiven für ine bessere Zukunft, um den im letzten Jahr aufgestellen Ausbildungsrekord in der Hotellerie und Gastronoie auch in diesem Jahr wieder erreichen zu können. as läge also näher als eine Zustimmung von Rot-Grün u einem Antrag, dessen Umsetzung keine Kosten veruracht und dem Gastgewerbe zusätzliche Umsätze becheren könnte? Leider setzt sich die irrationale Wirtschaftspolitik der egierung Schröder auch in anderen Politikfeldern fort. eispielsweise will sich die Bundesregierung für eine U-Richtlinie einsetzen, die Frankreich die Einführung ines ermäßigten Steuersatzes für Restaurantdienstleisungen ermöglichen soll. Gleichzeitig will die Bundesegierung dies den deutschen Gastwirten aber weiterhin trikt verwehren. (Brunhilde Irber [SPD]: Zum Thema, zum Thema!)


(Brunhilde Irber [SPD]: Ach Gott!)


Ich denke schon, dass das alles zusammengehört. –
urz gesagt, Bundeskanzler Schröder setzt sich für ei-
en preiswerten Urlaub in Frankreich ein und sorgt für
inen gleich bleibend teuren Urlaub im eigenen Land.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Unglaublich!)

Dabei hat ein wissenschaftliches Gutachten in Frank-

eich ergeben, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz
uf Gastronomiedienstleistungen circa 40 000 neue






(A) )



(B) )


Klaus Brähmig

Arbeitsplätze schaffen kann. Wir gratulieren der Regie-
rung zu dieser wirtschaftspolitischen Meisterleistung.
Wo bleibt endlich Ihr Einsatz für eine Harmonisierung
der Umsatzsteuer im europäischen Gastgewerbe?

Lassen Sie mich zu dem heute zu debattierenden An-
trag zurückkommen.


(Brunhilde Irber [SPD]: Endlich! – Annette Faße [SPD]: Bravo!)


Dessen Ablehnung begründet Rot-Grün mit dem Ruhe-
bedürfnis der Anwohner von Außengastronomie. La-
chen und Reden fallen nach Ihrer Auffassung unter den
Immissionsschutz. Dies ist eine sehr seltsame Interpreta-
tion von menschlicher Kommunikation. Aber, liebe Kol-
leginnen der Regierungskoalition, machen Sie sich keine
Sorgen um das Ruhebedürfnis der Anwohner. Ange-
sichts Ihrer bewährten Regierungspolitik wird es auch
im Hochsommer für die meisten Bürger kaum Anlass zu
Jux und Dollerei geben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wer etwas verhindern will, sucht Gründe. Wer etwas

bewegen will, sucht Wege. Was Rot-Grün heute anbietet,
ist die Aneinanderreihung von Gründen. Wege in die Zu-
kunft kann man von dieser Regierung nicht mehr erwar-
ten.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510520200

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Undine Kurth.
Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Gäste auf den Rängen! Mit einigem Unwillen
müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die FDP alljähr-
lich und regelmäßig den Bundestag mit ein und demsel-
ben Antrag beschäftigt. Auch wenn es sich um das sehr
sympathische Thema Biergarten dreht und wir jetzt viel-
leicht besser in einem solchen sitzen sollten, ist das nicht
besonders erfreulich.

Herr Brähmig, wenn Sie den Niedergang der gesam-
ten Wirtschaft der Bundesrepublik an den Öffnungszei-
ten von Biergärten festmachen wollen, ist das nicht ganz
angemessen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Pars pro Toto!)


Das stete Wiederholen eines Themas kann natürlich
sinnvoll sein,


(Ernst Burgbacher [FDP]: So ist es! – Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Das werden wir so lange wiederholen, bis wir zum Erfolg gekommen sind, bis ihr nicht mehr an der Regierung seid!)


wenn dies im Sinne von Max Weber das „Bohren dicker
Bretter“ bedeuten würde, wenn man neue Argumente

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(C (D ringen würde, wenn Sie Argumente berücksichtigen ürden, die bisher vorgetragen worden sind. Aber das ist icht der Fall. Lieber Herr Burgbacher, ich schätze Sie irklich sehr. Ihr Antrag entbehrt zwar nicht des Eifers, ber er entbehrt neuer Argumente. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


So viel zur Einleitung meines Beitrags; denn jetzt
leibt mir nur übrig, auf die vorgetragenen Argumente
nsere bereits bekannten Antworten zu geben und damit
lar zu machen, warum wir nicht zustimmen können.
Natürlich wissen auch wir, dass sich die Lebensge-
ohnheiten verändert haben. Wir finden das sehr gut;
uch wir gehen gerne abends aus. Auch wir wissen, dass
s für touristische Destinationen wichtig ist, dass sich
ie Gäste dort wohl fühlen. Auch wir wissen es zu schät-
en, dass es Gastwirte gibt, die über wunderbare Bier-
ärten verfügen, in denen sie Gäste bewirten können.
Aber wir wissen auch, dass es Anwohner gibt, die

bends Ruhe brauchen. Wir denken, man muss beides
egeneinander abwägen und beides in Einklang bringen;
enn nicht jeder in der Bundesrepublik, der für den Wirt-
chaftsaufschwung sorgen möchte, geht direkt vom Büro
n den Biergarten und bleibt dort die halbe Nacht. Es gibt
uch Menschen, die abends einfach Ruhe brauchen.
Deshalb sagen wir: Wir brauchen und wollen verbrau-

herfreundliche und anwohnerfreundliche Sperrzeiten.
ir wollen optimale Lösungen für alle Beteiligten. Re-
elungen nach dem Motto „Für die paar Tage geht das
chon“ greifen zu kurz, weil diejenigen, die in der Nähe
olcher Gastwirtschaften wohnen, diese Zeit als durch-
us lang empfinden können. Der letzte Sommer war lang
nd schön, wie wir alle wissen.
Deswegen setzen wir auf ein bewährtes Konfliktma-

agement und sagen: Lasst es die Leute vor Ort entschei-
en. Sie kennen die Situation am besten. Sie wissen am
esten, wie man es machen muss. Dafür braucht man
eine neuen Verordnungen.
Ihr Vorschlag, Immissionsgrenzwerte für Kommu-

ikationslärm festzusetzen, klingt zunächst charmant.
ber es hat sich nichts daran geändert, dass sie nicht so
infach zu bestimmen sind. Frau Irber hat beschrieben,
uf welche Schwierigkeiten man dabei stoßen kann.
Lassen Sie die Menschen also so lange trinken, wie

ie mögen. Aber lassen Sie vor Ort bestimmen, ob das
raußen oder drinnen geschehen kann.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Das wollen wir doch! Dann sind wir uns ja einig!)


s ist unsinnig, von hier aus festzulegen, wie lange wo
eöffnet werden darf.
Deshalb glauben wir, dass es nicht sinnvoll ist, dem
ntrag zuzustimmen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510520300

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
urgbacher?






(A) )



(B) )


Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN):
Ich bin eigentlich sehr offen für Zwischenfragen.

Aber da wir das alles ausreichend oft behandelt haben,
glaube ich nicht, dass wir darauf noch einmal eingehen
müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ernst Burgbacher [FDP]: Dann nehmen Sie einmal zur Kenntnis, dass wir das unten entscheiden lassen wollen!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510520400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Jürgen Klimke.


Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1510520500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen von Rot-Grün! Lassen Sie uns einmal zwei
Jahre in die Zukunft blicken. Wir schreiben das Jahr
2006. Die Fußballweltmeisterschaft findet in Deutsch-
land statt. Alle feiern dieses Ereignis. Wirklich alle?


(Zuruf des Parl. Staatssekretärs Rezzo Schlauch)


– Haben Sie nicht vorgestern das „Wunder von Bern“
gesehen?


(Rezzo Schlauch, Parl. Staatssekretär: Ich habe das Wunder von Bukarest gesehen!)


Da haben wir auch am Anfang 5 : 1 oder 6 : 1 verloren;
hinterher sind wir Weltmeister geworden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Feiern also alle das Ereignis? Das ist nicht möglich;

denn die ehemalige rot-grüne Regierung des Gastgebers
hat – wie schon in den vorigen Jahren – im Jahre 2004
wieder auf die Spaßbremse getreten. Denn feiern darf in
Deutschland nach 22 Uhr nicht möglich sein.


(Brunhilde Irber [SPD]: Nur nicht im Freien!)

Da werden die Bürgersteige hochgeklappt.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo leben Sie denn?)


Die Fans müssen direkt von den Stadien in ihre Hotels
oder nach Hause. – Das ist das Szenario. Schließlich sol-
len deutsche Städte – das ist eindeutig Ihr Ziel – nach
22 Uhr menschenleer bleiben.


(Brunhilde Irber [SPD]: Quatsch! – HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gehen Sie doch gleich einmal spazieren!)


Die Gastronomie darf in der Hauptsaison kein Geld ver-
dienen.

Liebe Frau Kollegin Irber, ich darf das mit einem Zi-
tat von Ihnen ausdrücken, das die „Süddeutsche Zei-
tung“ vom 27. April bringt: Das alkoholisierte Gegröle
von Fußballfans wollen wir nicht; darauf kann man gut
verzichten.

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(C (D (Brunhilde Irber [SPD]: Von Fußballfans steht da nichts!)


Das Motto der WM 2006 heißt: „Die Welt zu Gast bei
reunden.“ Das bekommt dann gleich eine ganze andere
edeutung: Was die Gäste nicht dürfen, sollen die Deut-
chen auch nicht. Bloß kein Lebensgefühl in Deutsch-
and entstehen lassen! Das ist offensichtlich Ihr Ziel.
Meine Damen und Herren, hier klafft wieder einmal

in Abgrund zwischen Ihrem Anspruch und der Wirk-
ichkeit. Multikulturell darf unsere Gesellschaft schon
erne werden, aber bitte mit deutschen Ladenschlusszei-
en. Spanische, französische oder gar italienische Le-
ensfreude darf in deutschen Landen keinen Platz fin-
en. – Unsere südlichen Nachbarn schütteln darüber im
brigen verständnislos den Kopf. Sie sind beim Thema
ebenskultur viel weiter. Sie denken in Sachen Sperrzei-
en viel fortschrittlicher; sie haben nämlich keine Sperr-
eiten.


(Brunhilde Irber [SPD]: Das können die Kommunen übrigens entscheiden!)


Wenn wir – das machen wir jetzt öfter – anlässlich des
. Mai nach Osten schauen, stellen wir fest, dass sogar
ie neuen EU-Mitgliedstaaten im Osten die Lebens-
reude nicht wie bei uns in Deutschland reglementieren.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gehen Sie erst einmal nach Kreuzberg!)


„Zu Gast bei Freunden“ – das sollte nicht nur das
otto der Fußballweltmeisterschaft sein, sondern auch
ine Verpflichtung gegenüber unseren Gästen aus der
anzen Welt. Perfekte Organisation, reibungslose Logis-
ik und überzeugende Angebote: Diese deutschen Attri-
ute sind dabei nur Grundvoraussetzungen. Sie reichen
ei weitem nicht aus. Denn eine herzliche Gastfreund-
chaft muss unsere Gäste empfangen.
Dazu ist es unerlässlich, dass die Politik die Rahmen-

edingungen für eine solche Gastfreundschaft herstellt.
ffensichtlich hat das in der Regierung bisher nur Wirt-
chaftsminister Clement begriffen. Die wenigen spani-
chen Nächte, die wir haben, sollte man die Gäste und
ie Gastronomen genießen lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es ist doch nicht so, dass wir die Nacht zum Tag ma-

hen wollen. Schließlich sollen brave Bürger – auch die
ollegin Irber – ihren wohlverdienten Schlaf finden. Wir
ollen, dass man laue Sommernächte genießen kann
nd die Gastronomen die Lokale und Kassen in ihrer
auptsaison nicht schon um 22 Uhr schließen müssen.


(Brunhilde Irber [SPD]: Das müssen sie nicht, weil die Leute nach drinnen gehen können!)


„Deutschland will raus!!!“ – so hat die DEHOGA das
rgebnis einer Emnid-Umfrage kommentiert, wonach
3,7 Prozent der Bundesbürger längere Öffnungszeiten
on Straßencafés und Biergärten befürworten.
Kollegin Irber, Ihr Kanzler hat diese Umfrage offen-

ichtlich nicht richtig mitbekommen; denn eigentlich






(A)



(B) )


Jürgen Klimke

folgt er jedem Trend. Man muss sich folgende Situation
einmal vorstellen: Gerhard Schröder sitzt um 22.30 Uhr
in Hannover in einem Biergarten – natürlich gibt es ein
riesiges Medienaufgebot – und fordert: „Hol mir mal ne
Flasche Bier, sonst streik ich hier!“ Ich kann mir vorstel-
len, dass diese Performance Sie um den Schlaf gebracht
hätte.

Wir stellen fest, dass die rot-grüne Regierung wieder
einmal eindeutig gegen den erklärten Willen der Deut-
schen handelt. Dabei ist es doch ganz einfach: Stimmen
Sie dem Antrag zu. Stimmen Sie gegen das Ausschuss-
votum.

Es geht nicht darum – das wurde hier vielfach
behauptet –, die Angelegenheit von Berlin aus zu regeln,
sondern darum, den Spielraum der Kommunen in der
Gastronomie zu erweitern. Ich komme aus Hamburg.
Dort wurde die Sperrzeit in diesem Frühjahr verkürzt.
Draußen kann man nun bis 24 Uhr und drinnen bis 5 Uhr
feiern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Brunhilde Irber [SPD]: Was soll dann der Antrag? Es geht doch!)


Frau Irber, damit niemand um seinen Schlaf fürchten
muss, wird die Regelung im Einzelfall vor Ort geprüft.


(Brunhilde Irber [SPD]: Weshalb soll der Bundesgesetzgeber dann ein Gesetz machen?)


Im Norden handelt man also miteinander und nicht
gegeneinander. Leider können diesen Weg nicht alle
Kommunen gehen, weil die Technische Anleitung
Lärm diese Möglichkeit versperrt. Allein der Begriff
„Technische Anleitung Lärm“ ist spröde.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der stammt aus Ihrer Regierungszeit! – Brunhilde Irber [SPD]: Er kommt doch von der FDP und nicht von mir!)


Es handelt sich um ein Konglomerat von Negativem. Ich
frage mich, wie man menschliche Kommunikation, La-
chen und Freude ernsthaft mit Industrielärm gleichsetzen
kann.


(Brunhilde Irber [SPD]: Eben nicht!)

Werden im nächsten Schritt Balkone zu spaßfreien Zo-
nen erklärt, da niemand mehr einen Witz erzählen darf,
weil das Lachen gegen die Technische Anleitung ver-
stößt?


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510520600

Der Witz ist schon out of time. Bitte fassen Sie sich

ganz kurz.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Sperrzeit 22 Uhr!)


Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1510520700

Okay. – Wir haben über den Unsinn in der Techni-

schen Anleitung sehr oft gesprochen.
Zum Abschluss kann ich nur sagen: Stimmen Sie dem

Antrag Burgbacher zu.

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(C (D ie heißt es doch so schön? Wo man singt, da lass dich ieder – böse Menschen haben keine Lieder. Danke schön. – Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss mpfehlung des Ausschusses für Tourismus auf rucksache 15/1287 zu dem Antrag der Fraktion der DP mit dem Titel „Sperrzeiten für Außengastronomie erbraucherfreundlicher gestalten“. Der Ausschuss empiehlt, den Antrag abzulehnen. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Kolitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition anenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Brunhilde Irber, Annette Faße, Renate Gradistanac, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Undine Kurth golstadt)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510520800
neter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN
Tourismus in, an und auf dem Was-
ser – Naturverträglichen Wassertourismus in
Deutschland ausbauen und fördern
– Drucksache 15/2667 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst

ie Abgeordnete Annette Faße.


Annette Faße (SPD):
Rede ID: ID1510520900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eute kann ich Ihnen einen Antrag vorstellen, der mir
anz besonders am Herzen liegt: „Tourismus in, an und
uf dem Wasser – Naturverträglichen Wassertourismus
n Deutschland ausbauen und fördern“.
In meinem Wahlkreis Cuxhaven/Osterholz ist der
assertourismus von zentraler Bedeutung. Daher freue

ch mich, dass dieses touristische Segment hier heute
bend im Mittelpunkt steht.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Aber nur bis 22 Uhr!)


Wir haben in Deutschland, im Zentrum Europas, ein
edeutendes Wassersportrevier. Wir sind uns dessen
)






(A) )



(B) )


Annette Faße

nur leider nicht genügend bewusst. Nord- und Ostsee,
zahlreiche Binnenseen, Fließgewässer und nicht zuletzt
die Wasserstraßen bilden in Deutschland die optimalen
Voraussetzungen für Tourismus in, an und auf dem Was-
ser.

Hier besteht großes wirtschaftliches Potenzial, das
noch ausbaufähig ist. Immerhin betreiben rund
6,5 Millionen Deutsche aktiv Wassersport. Das sind rund
8 Prozent der Bevölkerung. Der direkte Gesamtumsatz
in der Wassersportwirtschaft wird auf jährlich
1,7 Milliarden Euro geschätzt. Dass wir inzwischen
mehr über Wassertourismus in Deutschland wissen, ver-
danken wir der Grundlagenuntersuchung „Wassertouris-
mus in Deutschland“, die vom Bundeswirtschaftsminis-
terium in Auftrag gegeben wurde und seit Mai letzten
Jahres vorliegt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Eine gute Tat!)


Ich begrüße es ausdrücklich, dass uns zu diesem Thema
endlich Basisdaten zur Verfügung stehen und dass hierzu
eine generelle Untersuchung durchgeführt wurde, die
uns Hinweise darauf gibt, was wir wo zu ändern versu-
chen sollten.

Lassen Sie mich zunächst zu einigen Rahmenbedin-
gungen und Vorschriften Stellung beziehen; meine Kol-
legin wird dann speziell auf die Tourismusseite einge-
hen. Die Bundeswasserstraßen und die mit ihnen
verbundenen Landesgewässer bilden ein Wasserwan-
dernetz von etwa 10 000 Kilometern Länge. Der Bund
als Eigentümer der Bundeswasserstraßen unterhält und
betreibt diese Wasserwege. Darüber hinaus saniert der
Bund die Nebenwasserstraßen, um diese wieder zu bele-
ben und dem Tourismus zuzuführen. Das gilt ganz be-
sonders für die Nebenwasserstraßen in den neuen Bun-
desländern. Hier haben wir, wenn ich beispielsweise an
den Finowkanal denke, gemeinsam einiges erreicht.
Dazu gehört aber auch die Instandsetzung von Schleu-
sen, durch die ein durchgängiges Befahren der Wasser-
wege erst ermöglicht wird.

Die zunehmende Nutzung der Wasserstraßen erfor-
dert allerdings auch Regelungen. Davon gibt es eine
ganze Menge. Es gilt nun, zu überprüfen, welche sinn-
voll und welche nicht sinnvoll sind. Das können Bund
und Länder nur gemeinsam machen, weil viele Kompe-
tenzen bei den Ländern liegen.

Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel dafür darlegen,
dass wir durch ein Modellprojekt, das die Charter-
scheinregelung betroffen hat, etwas wirklich Positives
in Gang gebracht haben. In diesem Fall wurde ein auf
drei Jahre befristetes Modellprojekt durchgeführt. Die
Erfahrungen damit waren durchweg positiv. Auch die
Touristen aus dem Ausland entdeckten, dass es in
Deutschland Hausboote gibt, auf denen sich wunderbar
Urlaub machen lässt.

Nach Abschluss dieses Projektes haben wir es zu
einer Dauerregelung werden lassen. In unserem Antrag
fordern wir, zu überprüfen, ob noch weitere Wasserre-
viere diese Charterscheinregelung übernehmen können
oder ihre Übertragung auf Landesgewässer möglich ist.

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(C (D ir bewerten diese Regelung als sehr positiv. Hier haen wir eindeutig eine Lockerung erreicht, die auch dem irtschaftlichen Bereich dienlich ist. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns
uch mit den unterschiedlichen bestehenden Regelun-
en, die dem Wassertourismus nicht gerade dienlich
ind, befassen. Es gibt zum Beispiel unterschiedliche
efahrensregelungen. Hier sind die Bundesländer mas-
iv gefordert. So ist es kaum zu verstehen, dass, wenn
an eine Landesgrenze überfährt, andere Regeln gelten
ollen; denn man merkt gar nicht, dass man sich in
inem anderen Bundesland befindet. Aber dann kann es
atürlich schnell zu Konflikten kommen.
Dies gilt auch für Boots- und Segelführerscheine.
uch hier sehen wir Handlungsbedarf. Ganz deutlichen
andlungsbedarf sehen wir auch bezüglich einer einheit-
ichen Ausschilderung. Es kann nicht sein, dass es die
nterschiedlichsten oder gar keine Piktogramme gibt.
ir wollen es den Gästen erleichtern, zu erkennen, wel-
he Angebote an einer Anlegestelle und im touristischen
mfeld vorhanden sind, damit sie sehen, dass es sich
ohnt, auch einen Tag länger zu bleiben. Dafür brauchen
ir eine einheitliche Beschilderung. Hier sind wir auf
inem sehr guten Weg. Damit eine solche Regelung
ompatibel ist, hat man dabei auch die europäische
bene zu berücksichtigen. Ich gehe davon aus, dass wir
ier gemeinsam mit den Ländern eine gute Lösung fin-
en werden, die vom Bund auch finanziell unterstützt
erden wird.


(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich möchte

ch zu der Vignette für Sport- und Freizeitboote, über
ie gegenwärtig in der Presse heiß diskutiert wird, Stel-
ng beziehen. Diesen Punkt haben wir in unserem An-
ag als Prüfauftrag aufgegriffen und auch inhaltliche
orgaben hierzu gemacht. Wir müssen einfach feststel-
n, dass der Bundesrechnungshof und der Rechnungs-
rüfungsausschuss des Deutschen Bundestages von uns
ie Schaffung einer aktuellen, rechtlich einwandfreien
rundlage für die Erhebung der Schifffahrtsabgaben so-
ie die Neufestlegung der Abgaben für Sport- und Frei-
eitschifffahrt fordern.
Bisher haben wir die Regelung, dass zwei große Ver-

ände zusammen pauschal 51 000 Euro zahlen. Diese
umme ist über eine lange Zeit nicht angehoben worden.
a muss man sich schon fragen: Ist es gerecht, dass die
erbände zahlen? Wer kein Mitglied in einem Verein ist,
t schließlich nicht eingebunden. Ist es gerecht, dass das
chleusen an der Mosel extra bezahlt werden muss? Ich
laube, hier besteht Handlungsbedarf. Keiner will eine
egelung, die das Ehrenamt im Sportbereich negativ be-
influsst, keiner will eine Überbürokratisierung, aber ich
eine schon, dass wir uns der Aufgabe stellen müssen.
ie Verbände und auch die Politik müssen sich einschal-
n, damit die zu schaffende Regelung für den Tourismus
rträglich ist.






(A) )



(B) )


Annette Faße

Ich lade Sie alle ein, im August nach Cuxhaven zum

Tall Ships’ Race zu kommen; da kann man über Wasser-
tourismus nicht nur reden, da kann man ihn auch erle-
ben.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510521000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Wilhelm Josef

Sebastian.


Wilhelm Josef Sebastian (CDU):
Rede ID: ID1510521100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Werte Frau Faße, Sie haben gesagt, Wassersport liege Ih-
nen am Herzen. Ich frage mich aber, warum Sie im Juni
des vergangenen Jahres unserem Antrag nicht zuge-
stimmt haben und auch nicht im Oktober dem der FDP.
Sie hätten all das viel früher haben können.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Verzögerungstaktik!)


Deshalb muss ich ein bisschen daran zweifeln, dass es
Ihnen ein Herzensanliegen ist. Aber ich freue mich, dass
Sie uns nach Cuxhaven eingeladen haben – das erinnert
mich an meine Bundeswehrzeit: Ich war in Cuxhaven
bei der Marine; das war eine schöne Zeit. Vielleicht se-
hen wir uns dann da wieder.

Meine Damen und Herren, der Deutsche Bundestag
beschäftigt sich nun schon zum dritten Mal mit dem
Thema Wassertourismus. Man kann nur hoffen, dass die
Ergebnisse der Initiative auch wirklich rechtfertigen,
dass man diesem Thema die entsprechende Aufmerk-
samkeit zuteil werden lässt. Ich habe es schon gesagt: Im
Juni des vergangenen Jahres haben wir, die CDU/CSU-
Bundestagsfraktion, dieses Thema eingebracht, im Okto-
ber dann die FDP. Immer war die Stoßrichtung die glei-
che. Ich kann in Ihrem neuen Antrag nichts wesentlich
Besseres oder anderes sehen, aber man kann ja so schön
sagen: Besser spät als nie. Deshalb sind wir eigentlich
froh, dass wir heute noch einmal über das Ganze reden.


(Brunhilde Irber [SPD]: Auf unsere Initiative hin wurde diese Studie überhaupt angefertigt! Und Sie haben sich als Trittbrettfahrer betätigt!)


– Liebe Kollegin, ich will es noch einmal sagen: Natür-
lich freut es einen Oppositionspolitiker, wenn die Regie-
rungsfraktionen Formulierungen finden, die man selbst
schon gebraucht hat. Man darf Ihnen durchaus gratulie-
ren, denn Sie haben recht ordentlich abgeschrieben – bei
uns und bei der FDP.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen der Abg. Annette Faße [SPD] – Brunhilde Irber [SPD]: Sie haben aus dem Gutachten abgeschrieben! – Zuruf von der CDU/CSU: Ihr schreibt sowieso nur ab!)


Was an Füllmaterial noch fehlte, stammt offensichtlich
aus der Grundlagenuntersuchung „Wassertourismus in

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(C (D eutschland“, die seinerzeit im Mai 2003, kurz nach unerem Antrag, erschienen ist. Im Großen und Ganzen kann man vielem von dem, as Sie zu Papier gebracht haben, zustimmen. Unsere nliegen vom Mai des vergangenen Jahres werden überiegend aufgegriffen, ich will nur einige wichtige noch inmal nennen: Aufbau eines länderübergreifenden oordinierungsinstrumentariums, Vereinheitlichung und ereinfachung der Befahrensregelungen auf den Gewäsern in ganz Deutschland, Verknüpfung von Wasserportangeboten mit Angeboten an Land, Förderung des hemenjahres 2004 „Faszination Wasser“, Belange der portverbände fördern und deren Anliegen bei Maßnahen des Naturund Umweltschutzes angemessen beücksichtigen. Wir möchten aber kritisch anmerken, dass wir uns mit hrem Vorschlag, ein Vignettensystem für den Bereich on Sportund Freizeitbooten einzuführen, gar nicht nfreunden können. Ich habe fast das Gefühl, dass Sie m Freizeitbereich die Vignette wieder einführen wollen, ie für die LKWs aus vielerlei anderen Gründen, die hier eute nicht zur Debatte stehen, nicht mehr ausgegeben ird. Ich könnte die Frage stellen: Warum nicht gleich ine Maut? Streckenbezogen, denn wer viel fährt, soll ehr zahlen, wer wenig fährt, zahlt wenig? Es kann och wohl nicht sein, dass wir jetzt auch im Freizeitbeeich ein Mautdesaster bekommen. Der behördliche Aufwand für eine solche Einführung st derart groß, dass sich die Fragen ergeben: Wer konrolliert es und wo ist eine Kostendeckung? Auf mich irkt das alles etwas illusorisch. Sie sagen zwar, dass as nur ein Prüfauftrag und es noch keine Forderung ist, ber wenn so etwas geprüft wird, gibt es meist Experten, ie zum Schluss immer noch etwas schönrechnen. Wir önnen uns des Eindruckes nicht erwehren, dass immer eue Erfindungen gemacht werden, um den Bürgern eld aus der Tasche zu ziehen. Dann kommen bei dieser Regelung – wie heißt es so chön: keine Regel ohne Ausnahme – die Befreiung für ereine und Rabatte – deutlich weniger Abgaben oder ar keine – hinzu. Ich halte von dieser Geschichte nichts. ir reden in allen Bereichen von Entbürokratisierung. ies ist für mich deutlich mehr Bürokratisierung. In Ihrem Antrag wird angeführt, dass man sich durch us vorstellen kann, im Bereich von Schleusen Kommuikationspunkte für die Menschen zu haben und Attrakivitäten einzurichten. Wer jemals Wassersport in olland betrieben hat, der weiß – ich kann mich selbst aran entsinnen –, dass es immer ein Erlebnis ist, an iner Brücke vorbeizufahren: Man bekommt einen Holzchuh zugeworfen und man konnte damals 1 Gulden, eute 1 Euro, hineinstecken. Das ist etwas Unterhaltenes und keine Vignette; es ist vielmehr etwas Freiwillies. ch bin für Anreize. In diesem Fall bin ich für weniger nd nicht für mehr. Wilhelm Josef Sebastian Wir sollten überhaupt bedenken, dass Wassertouris mus im Wettbewerb mit anderen Ländern steht. (Zuruf von der FDP: Da haben Sie Recht, Herr Kollege!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Zuruf von der FDP: Jawohl!)





(A) )


(B) )

Der Gast entscheidet, ob er in Holland, in Frankreich, in
Belgien oder anderswo Wassersport betreibt oder ob er
auf unsere Gewässer geht, auf denen er möglicherweise
sehr viel mehr zahlen muss. Wettbewerb mit anderen
Ländern muss dazu führen, dass wir unseren Standort-
vorteil – wir haben herrliche Landschaften – nutzen. Wir
sollten den Bürger in diesem Zusammenhang kein Geld
aus der Tasche nehmen.

Es gibt ein altes Indianersprichwort: Wenn du merkst,
das Pferd ist tot, steige ab. – Bei Ihnen habe ich den Ein-
druck: Wenn du merkst, das Pferd ist tot, gründe einen
Arbeitskreis, der herausfindet, warum das Pferd gestor-
ben ist. – Hier wird wieder etwas geprüft, von dem man
eigentlich schon heute weiß, dass es nicht zum Vorteil
ist.

Eine abschließende Frage in diesem Zusammenhang:
Wo beginnt die Gerechtigkeit, wenn Sie im Freizeitbe-
reich Boote mit Gebühren belegen und Fahrräder bei der
Nutzung von Radwegen von einer Vignette befreien?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Man könnte noch sehr viele Ideen aufgreifen, warum
man zum Beispiel bei Skatern oder in anderen Bereichen
demnächst Gebühren einführt.


(Annette Faße [SPD]: Wir haben doch schon Gebühren!)


Nicht zu Unrecht vermutet man bei Ihrem Antrag die
Handschrift der grünen Kolleginnen und Kollegen, die
eine für mich sehr übertriebene Betonung der Belange
des Natur- und Umweltschutzes in Ihrem Antrag formu-
lieren. Die Abwägung und der Ausgleich der Interessen
fehlen. Es hört sich so an, als ob sich den aus unserer
Sicht überzogenen Ansprüchen des Naturschutzes alles
unterordnen muss. Es wird vergessen, dass man sehr
wohl Konzeptionen finden kann, die touristischen und
wirtschaftlichen Erwägungen genauso Rechnung tragen
wie dem berechtigten Schutz der Natur.

Wir benötigen in diesem Bereich – wie in vielen an-
deren in Deutschland – eine weitergehende Deregulie-
rung der gesetzlichen Vorschriften, um die ökonomi-
schen Potenziale auszuschöpfen. In der öffentlichen
Anhörung zum Thema Wassertourismus im letzten Som-
mer erfuhren wir zum Beispiel, dass es in Deutschland
592 Einzelbefahrungsregeln auf deutschen Gewässern
aus Naturschutzgründen gibt. Für mich ist das des Guten
zu viel. Hier muss es zu Vereinfachungen und einheitli-
chen Regelungen kommen.


(Annette Faße [SPD]: Richtig!)

Wir sind gespannt, ob der Ansatz, den die Regie-

rungskoalition dazu gefunden hat – in den Bundeslän-
dern anzuregen, Kriterien für übergreifende, flussein-
heitliche Befahrensregelungen zu entwickeln –, den
nötigen Nachdruck verleiht und den erhofften Erfolg
bringt.

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(C (D Die Union wird in der nächsten Zeit sehr wohl beoachten, ob das hier zur Beschlussfassung anstehende rogramm, Ihre Agenda Wassertourismus, erfolgreich mgesetzt wird oder ob es – wie Ihre Agenda 2010 – och vor dem Stapellauf Schiffbruch erleidet. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510521200

Das Wort hat jetzt wieder die Abgeordnete Undine
urth.

Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch von mir und

on meiner Fraktion ein Plädoyer für den Wassertouris-
us.
Die Verstädterung und die Bewegungsarmut einer-

eits sowie die Zunahme an Freizeit und Mobilität ande-
erseits führen zu einer immer stärkeren Nachfrage nach
rholung und Sport in freier Natur. Der Wassersport pro-
itiert davon in ganz herausragender Weise, da er zu den
aturorientierten Sportarten zählt. Der enge Kontakt zu
iner möglichst unberührten Natur besitzt gerade beim
assersport eine ganz besondere Bedeutung.
Man möchte es kaum glauben, aber es ist wahr:
eutschland ist ein Wasserland mit etwa
,5 Millionen Menschen, die sich zumindest zeitweise
m, auf dem, im oder unter Wasser aufhalten. Aufgrund
ieser großen Zahl von Menschen hat sich der Wasser-
port längst zum Breitensport entwickelt. Mit unserem
eute vorliegenden Antrag wollen wir dem Rechnung
ragen sowie die bisherige Unterschätzung dieses touris-
ischen Potenzials aufheben und ihr entgegenwirken. Mit
er Grundlagenuntersuchung des Bundeswirtschafts-
inisteriums „Wassertourismus in Deutschland“ haben
ir, wie wir bereits hörten, zudem die notwendigen em-
irischen Daten vorliegen, um gezielt handeln zu können
nd genau die Potenziale aktivieren und besser aus-
chöpfen zu können, die bisher nicht wirklich genutzt
orden sind. Ich denke, unser Antrag enthält dazu eine
eihe wirklich guter Forderungen.
Herr Sebastian, nach den Fakten, die Frau Faße be-

eits vorgetragen hat, möchte ich jetzt zu einem Thema
ommen, das genau den Unterschied zwischen uns aus-
acht und weswegen unser Antrag heute in dieser Form
orliegt und wir Ihren Anträgen nicht zustimmen konn-
en. Es geht um den Bereich des Naturschutzes. Die An-
räge Ihrer Fraktion und der Antrag der FDP waren da
irklich sehr schlecht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Was? Das kann gar nicht sein! Unverschämtheit! – Birgit Homburger [FDP]: Stimmt die Kommasetzung nicht oder weswegen war er falsch?)


Nein.






(A) )



(B) )


Undine Kurth (Quedlinburg)


Bei aller gewollten und notwendigen Unterstützung

für den Wassertourismus – deswegen wollen wir uns ja
auf diesen Antrag verständigen – hat auch der Natur-
schutz eine große Bedeutung. Um den Wassersport in
der Natur betreiben zu können, brauchen wir nämlich in-
takte Naturräume, die wir auch weiterhin vor der Zerstö-
rung bewahren müssen. Auch dafür benötigen wir Re-
geln und Kriterien, an denen wir uns orientieren. Wir
müssen zwischen den Belangen des Naturschutzes und
den Interessen der Wassertouristen abwägen. Wer glaubt,
dass das automatisch immer zugunsten des Naturschut-
zes geschehen würde, der kennt die Realität nicht und
der weiß nicht, was wir draußen täglich erleben. Auch
von gut gemeinten Aktivitäten auf dem Wasser gehen
nämlich Gefahren für die Pflanzen- und Tierwelt aus.
Demzufolge müssen wir darauf achten.

Erfreulicherweise gibt es aber hervorragende Bei-
spiele integrierter Schutz- und Nutzungskonzepte. Eine
Spitzenposition nimmt hierbei Schleswig-Holstein ein.
Dort wurden beispielsweise freiwillige Vereinbarungen
für die wassersportliche Nutzung von Natura-2000-Flä-
chen getroffen. Seit Sommer 2001 bieten dort Kanusport
und Kanutouristik über eine Begleitservicebörse techni-
sche und fachliche Hilfestellungen an. Gemeinsam mit
den Natur- und Umweltschutzverbänden wurden ver-
bindliche Regeln für das Befahren festgelegt, um sen-
sible Gewässer zu schonen und zu erhalten. Genau diese
Entwicklung wollen wir mit unserem Antrag fördern und
stabilisieren. Deshalb wollen wir zum Beispiel Wasser-
sportverbänden Gelder zur Verfügung stellen, mit denen
die Schulungs- und Ausbildungsarbeit für naturverträgli-
chen Wassertourismus in Gang gesetzt werden kann.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wo steht denn das in Ihrem Antrag?)


Durch das neue Bundesnaturschutzgesetz wurde die
Möglichkeit freiwilliger Vereinbarungen deutlich ge-
stärkt. Wo immer das nötig ist, sollen diese auch beför-
dert und angewandt werden. Ein gutes Beispiel hierfür
ist die zwischen dem WWF Deutschland und dem
Landesanglerverband Mecklenburg-Vorpommern abge-
schlossene Kooperationsvereinbarung zum Projekt „Na-
turschutz und Wassersport auf dem Greifswalder Bod-
den und Strelasund“. Die Einhaltung dieser Regeln wird
freiwillig und ehrenamtlich durch so genannte Revierlot-
sen kontrolliert. Das geht, auch ohne den Tourismus zu
behindern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist schon gesagt
worden: In Deutschland sind aktuell 650 Befahrensre-
gelungen bekannt. Das kann man nicht als übersichtlich
bezeichnen. Es ist sicherlich richtig, dass sich dort etwas
ändern muss. Wir regen in unserem Antrag daher an,
dass die Bundesländer Kriterien für übergreifende fluss-
einheitliche Befahrensregelungen für den naturverträgli-
chen Wassersport entwickeln und ein einheitliches Ver-
fahren beschließen, wie diese regional anzuwenden sind.
Hier kann man sicherlich auch auf die große Kompetenz
des Bundesamtes für Naturschutz zurückgreifen.

Hilfreich ist es sicherlich auch, wenn sich die Länder
auf eine einheitliche wasserseitige Hinweisbeschilde-
rung einigen könnten, die nicht nur deutlich macht, was

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(C (D uf dem Wasser gelten soll, sondern auch darauf hineist, was sich im Umfeld der Region befindet, damit ouristen eine Chance haben, die Region kennen zu leren, und die Region vom Wassertourismus profitieren ann. Zum Abschluss meines Beitrages möchte ich noch uf einen ganz besonderen Aspekt hinweisen. Im Januar aben wir uns im Bundestag auf einen Antrag zum barierefreien Tourismus in Deutschland verständigt und ür uns alle festgestellt, dass barrierefreier Tourismus ein arkenzeichen des Deutschlandtourismus werden soll. ch möchte an alle appellieren, dass wir die guten Beipiele, die es in diesem Bereich schon gibt – „Boot ohne andicap“ oder „Sail together“; es fing damit an, dass ie Jugendgruppe einer evangelischen Kirchengemeinde inen rollstuhltauglichen Katamaran entwickelt hat, um ehinderten und Nichtbehinderten gemeinsame Ferieneiten auf dem Wasser zu ermöglichen –, besonders im uge behalten und unterstützen. Mit dem barrierefreien ourismus kann dem gesamten Segment Wassertourisus ein weiterer Bereich hinzugefügt werden, von dem r ganz sicherlich profitieren und der ihn attraktiver mahen kann. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510521300

Jetzt hat der Kollege Goldmann das Wort.


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1510521400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
achdem wir eben das Thema Sperrzeiten für Außen-
astronomie hatten, sind wir uns sicherlich darin einig,
ass wir die Regelungen ändern müssen, um unsere
hancen im Tourismus zu erhöhen. Wir sind uns bei die-
em Thema im Grundsatz darin einig, dass der Wasser-
ourismus Potenzial hat und dass man dieses Potenzial
icherlich weiterentwickeln kann.
Wenn man die Länder vor seinem geistigen Auge Re-

ue passieren lässt, dann fällt einem für Berlin ein,
elch riesiges Potenzial das Wasser für diese Stadt dar-
tellt. Gleiches gilt für Länder wie Bayern. In diesem
usammenhang ist besonders ein Bundesland im Osten
u nennen, Mecklenburg-Vorpommern. Stellt man sich
inmal Mecklenburg-Vorpommern ohne die touristi-
chen Chancen vor, dann wäre die Situation dort noch
erheerender, als sie sich schon im Moment darstellt.
ei diesem Thema gibt es also viele Gemeinsamkeiten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Annette Faße [SPD])


Wir sollten ehrlich miteinander umgehen und genau
n die Anträge hineinschauen. Frau Kurth, ich finde es
ehr mutig, was Sie gesagt haben. Aber vom barriere-
reien Wassertourismus steht in Ihrem Antrag nichts.


(Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Doch!)







(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann

Ich finde es auch mutig, was Kollegin Faße zum Aus-

bau verschiedener Bereiche gesagt hat. Liebe Kollegin
Faße, da wir uns auch von der Arbeit in der parlamenta-
rischen Gruppe „Binnenschifffahrt“ kennen, kann ich
mir nicht vorstellen, dass du die Aufwendungen für Bau-
betrieb und die Erhaltung der Wasserstraßen in Höhe
von 1,4 Milliarden Euro ernstlich begrüßt. Bei jeder an-
deren Veranstaltung fordern wir für den Ausbau von
Wasserstraßen wesentlich mehr. Allein für den Unterhalt
der Wasserstraßen ist mehr Geld nötig. Da hilft auch die
Einladung nach Cuxhaven nichts mehr. Man sollte schon
ehrlich sagen, dass die früheren Anträge von CDU/CSU
und FDP sehr viel weitgehender waren, um den Wasser-
tourismus insgesamt zu stärken.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich finde die Forderung Nr. 10, die Einführung einer

nutzergerechten Jahresvignette für Sport- und Frei-
zeitboote zu prüfen und diesen Prüfauftrag gleichzeitig
dadurch abzuarbeiten, bereits gestellten Forderungen
nachzukommen, eigenartig. Ich meine, dass eine solche
Vignette nun wirklich nicht geeignet ist, den Wassertou-
rismus in Deutschland zu fördern.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510521500

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Kurth?

Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1510521600

Ja.

Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Herr Goldmann, würden Sie mir zustimmen, dass sich
folgender Absatz durchaus mit Barrierefreiheit befasst?
In unserem Antrag heißt es wörtlich:

Die Tourismuswirtschaft sollte sich bei der Erstel-
lung wassertouristischer Angebote auf die wach-
sende Nachfrage nach barrierefreien Angeboten
einstellen. Barrierefreiheit wird zukünftig Quali-
tätsmerkmal eines erfolgreichen Deutschlandtouris-
mus sein. Bei den wassertouristischen Angeboten
wie auch bei dem Ausbau der dafür nötigen Infra-
struktur ist Barrierefreiheit weitgehend zu ermögli-
chen.

Oder sehen Sie hier keinen Bezug zur Barrierefreiheit?


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1510521700

Selbstverständlich; denn in dem beschreibenden Cha-

rakter haben Sie im Grunde genommen alles zusammen-
gefasst. Entscheidend für einen Antrag ist aber, welche
Forderungen erhoben werden. Dafür gibt es in Ihrem
Antrag den Abschnitt III: „Der Deutsche Bundestag for-
dert die Bundesregierung auf“. In diesem Abschnitt for-
dern Sie eben nicht die Bundesregierung auf,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


sondern Sie fordern etwas von der Tourismuswirtschaft,
was die Tourismuswirtschaft, jeder gute Hotelier und je-

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(C (D er ernst zu nehmende Anbieter von Campingplätzen eienverantwortlich erfüllt. Das ist aber nicht etwas, was n Ihrem Antrag so festgeschrieben ist, dass daraus eine arteipolitische oder eine regierungspolitische Fordeung abgeleitet werden kann. Das Gleiche gilt für die Bereiche im Naturund Umeltschutz, die Sie angesprochen haben. Ich bin dafür, ass wir den Tourismus im Einklang mit dem Naturchutz entwickeln. Wenn Sie sich vor Ort erkundigen ürden, dann würden Sie wissen, was an der Küste in ieser Hinsicht schon alles passiert. Sehr interessant inde ich, dass Sie so etwas unter dem Punkt „Der Deutche Bundestag fordert die Bundesregierung auf“ in den aum stellen und dort keine einzige Forderung nach ereinbarkeit von touristischen Interessen und Naturchutzinteressen erheben. Ich bin dafür, dass wir den Tourismus weiterentwi keln und der Naturschutz dabei bewahrt bleibt. Denn hne gesunde Natur gibt es auch keinen erholsamen ourismus. In diesem Sinne werden wir die Arbeit in en Ausschüssen begleiten. Herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Gabriele Hillerhm. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 2. Juni findet zum zweiten Mal in Europa der Tag des assersports statt. Die deutsche Wassersportbranche ist abei. Unter dem Motto „Go Boating“ werden an vielen eutschen Seen und Flüssen und auch an den Küsten enschen eingeladen, die unterschiedlichsten Wasserportarten kennen zu lernen und selbst auszuprobieren. ie Branche nutzt den Tag, um gemeinsam mit dem ourismus für ihre Angebote zu werben und auf die bechtliche wirtschaftliche Bedeutung des Wassersports inzuweisen. Der jährliche Gesamtumsatz – darauf urde schon hingewiesen – beträgt 1,7 Milliarden Euro. as kann sich sehen lassen. Wassersport ist also ein ganz wichtiger Bereich. Was ertourismus ist noch umfassender. Er schließt auch bernachtungen an Land und auf dem Wasser und landeitige Angebote ein. Es ist eigentlich nicht zu fassen: bwohl rund 17 Millionen Deutsche in ihrer Freizeit nd im Urlaub aufs Wasser gehen, wurde dem Wasserourismus bisher nur relativ wenig Beachtung geschenkt. ichtige Basisdaten und Nutzungskonzepte fehlen. Mit er Studie „Wassertourismus in Deutschland“, die von er SPD und den Grünen in Auftrag gegeben wurde übrigens lange bevor Sie überhaupt an Wassertourisus gedacht haben – ist jetzt zum Glück eine Grundlage eschaffen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510521800
Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1510521900






(A) )



(B) )


Gabriele Hiller-Ohm

Die Studie ist nicht ohne Echo geblieben. Kommunen

und Bundesländer erkennen zunehmend die Potenziale,
die der Wassertourismus besonders auch für struktur-
schwache Regionen bietet.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wenn wir auf euch gewartet hätten, wären wir schon pleite in diesem Bereich!)


Ich nenne ein Beispiel: Mecklenburg-Vorpommern kann
als eines von wenigen Bundesländern umfassende Ent-
wicklungs- und Nutzungskonzepte vorweisen, die nun
umgesetzt werden müssen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aufgrund eurer Studie!)


Das Klein-Klein wurde überwunden. Man denkt und
plant zunehmend überregional und vernetzt systematisch
wasser- und landseitige Angebote zu attraktiven touristi-
schen Highlights.


(Beifall bei der SPD)

Das schafft Arbeitsplätze und stärkt die Region. Das ist
der richtige Weg. Andere Bundesländer, beispielsweise
Schleswig-Holstein, woher ich komme, ziehen nach.
Doch reicht das aus? Nein. Wassertourismus muss ein
gesamtdeutsches Thema sein, denn das Wasser hört nicht
zwangsläufig an den Landesgrenzen auf.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ehrlich nicht?)


Alle Fraktionen im Bundestag haben sich angesprochen
gefühlt und zu unterschiedlichen Zeitpunkten Anträge
eingebracht. Es gibt – Herr Sebastian hat darauf hinge-
wiesen – viele Übereinstimmungen. Die Unterschiede
hat Frau Kollegin Kurth beschrieben.

Im Zusammenhang mit dem Thema Vignette werden
wir sicherlich noch oft Gelegenheit haben, uns auszutau-
schen und auch in dieser Frage einen richtigen Weg für
den Wassertourismus zu finden. Ich bin alles in allem
zuversichtlich, dass wir im Bundestag gemeinsam etwas
für den Wassertourismus erreichen werden.

Ich möchte nun auf zwei Forderungen aus unserem
Antrag eingehen. Erstens. Die Potenziale des Wassertou-
rismus sind in Deutschland trotz guter Wachstumsper-
spektiven noch lange nicht ausgeschöpft. Oft fehlt es an
Koordination und an der Vernetzung von Angeboten und
Akteuren. Wir fordern deshalb die Einrichtung einer län-
derübergreifenden Koordinierungsstelle, die diese
Vernetzung voranbringen soll.


(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Wir wollen unsere Gewässer touristisch

stärker erschließen. Wir müssen dabei sicherstellen, dass
wir die Grundlagen, die wir nutzen wollen, nicht zerstö-
ren.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist richtig!)


Durch Information und Aufklärung sowie durch eine
gute Beschilderung und Besucherlenkung kann viel für
den Schutz der Natur erreicht werden. Wir fordern des-

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(C (D alb integrierte Schutzund Nutzungskonzepte, an deen Erstellung Wassersportler und Naturschützer gleihermaßen beteiligt werden. Davon war in Ihrem Antrag ichts zu lesen. Wir haben gelernt, dass der Wassertourismus ein inte essanter Wirtschaftsfaktor ist. Wassertourismus bietet ber noch mehr. Er hat auch eine wichtige soziale Komonente. Denn gerade die Vielfalt dieses Segments eröglicht nahezu allen gesellschaftlichen Gruppen die eilnahme. Nicht nur sportlich aktive, sondern auch in hrer Mobilität eingeschränkte Menschen, Senioren, Failien mit Kindern und Menschen mit kleinem Geldbeuel können Angebote in, an und auf dem Wasser nutzen. Ich fasse zusammen: Es gibt gute Gründe, den Was ertourismus in Deutschland mit Nachdruck zu fördern. ir kurbeln die Wirtschaft an, schaffen Arbeitsplätze, tärken strukturschwache Regionen und schaffen attrakive Urlaubsund Freizeitangebote für alle. Packen wir s gemeinsam an! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510522000

Ich schließe damit die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/2667 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
inverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
ung so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung
Wohngeld- und Mietenbericht 2002
– Drucksache 15/2200 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Ich höre kei-
en Widerspruch. – Dann ist so beschlossen.
Die Kollegin Petra Pau hat darum gebeten, ihre Rede

u Protokoll geben zu können1), wie sie es auch schon
ei Tagesordnungspunkt 9 – verbesserter Schutz der Pri-
atsphäre – getan hat, was wir hiermit im Protokoll fest-
alten2). Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all.
Dann eröffne ich jetzt die Aussprache für diejenigen,

ie ihre Redezeit nutzen wollen. Als erster Redner hat
er Parlamentarische Staatssekretär Achim Großmann
as Wort.

Anlage 5
Anlage 4






(A) )



(B) )


Ac
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1510522100

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Die Bundesregierung berichtet dem Bundestag re-
gelmäßig über die Entwicklung der Mieten und die
Durchführung des Wohngeldgesetzes. Der vorliegende
Wohngeld- und Mietenbericht 2002 umfasst den Zeit-
raum von 1999 bis 2002.

Die Mitte der 90er-Jahre eingetretene Entspannung
der Wohnungsmärkte hat sich auch im Berichtszeitraum
in den meisten Regionen fortgesetzt. Dies zeigt sich in
der moderaten Mietenentwicklung. Der Mietenindex
netto kalt ist während des Berichtszeitraums mit maxi-
malen jährlichen Steigerungsraten von 1,4 Prozent nur
geringfügig gestiegen. Im Vergleich mit der Mietenent-
wicklung der letzten Berichtsperiode ist eine deutliche
Preisberuhigung bis 2003 erkennbar.

Der Neubauboom Mitte der 90er-Jahre hat nicht nur
kurzfristig die damals bestehenden Versorgungsengpässe
beseitigt. Die anhaltend moderate Mietenentwicklung si-
gnalisiert, dass auch bei reduzierter Neubautätigkeit die
Wohnungsmärkte im Allgemeinen weiterhin entspannt
sind.

Die Unterschiede zwischen den einzelnen regionalen
Wohnungsmärkten vertiefen sich aber zusehends. Auf
der einen Seite gibt es Wachstumsregionen wie Mün-
chen und andere westdeutsche Ballungsräume, die in-
folge einer dynamischen Wirtschaftsentwicklung und re-
gionaler Bevölkerungszuwächse überdurchschnittliche
Mietsteigerungen aufweisen. Auf der anderen Seite si-
gnalisieren die umfangreichen Wohnungsleerstände in
den neuen Bundesländern und teilweise auch in west-
deutschen Städten einen dauerhaften Angebotsüberhang
im Geschosswohnungsbereich mit schwerwiegenden
Belastungen für Stadtentwicklung und Wohnungswirt-
schaft. Der Wohnungsleerstand hat sich jedoch in den
neuen Bundesländern im Zeitraum von 1998 bis 2002
nur moderat um circa 140 000 auf 1,1 Millionen Woh-
nungen erhöht, übrigens mit deutlichen Unterschieden
zwischen den einzelnen neuen Bundesländern. Im Be-
richtszeitraum und auch in jüngster Zeit, das heißt im
Jahr 2003 und im laufenden Jahr 2004, hat sich die Leer-
standszunahme aber deutlich verlangsamt.

Wichtige Wohnungsversorgungsindikatoren haben
sich verbessert. Die Zahl der Eigentümerhaushalte hat
enorm zugenommen. Die Eigentümerquote ist bundes-
weit um über 8 Prozent gestiegen. In den alten Bundes-
ländern ist sie um 7,2 Prozent auf 44,6 Prozent und in
den neuen Bundesländern um 13 Prozent auf 34,2 Pro-
zent aller Haushalte gestiegen. Bei Familien mit Kindern
liegt die Eigentümerquote bei fast 48 Prozent. Hier ist
ein deutlicher Zuwachs in den letzten Jahren erfolgt.

Schwerpunkt des Berichts ist aber die am 1. Januar
2001 in Kraft getretene Wohngeldnovelle. Auf sie kön-
nen wir wirklich stolz sein; denn hier haben wir einiges
bewegt. Wohngeld ist ein unverzichtbares Element einer
grundsätzlich marktwirtschaftlich ausgerichteten und so-
zial verantwortlichen Wohnungspolitik, das sich durch
hohe soziale Treffsicherheit, ökonomische Effizienz und
Verlässlichkeit für den Bürger auszeichnet. Wohngeld ist
aber nur dann ein taugliches Instrument, wenn wir es

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(C (D on Zeit zu Zeit überprüfen und es bei steigenden ieten entsprechend anpassen. Bis 1990 wurden Anpasungen im Abstand von jeweils drei bis vier Jahren vorenommen. Aber in den 90er-Jahren ist von der Vorgänerregierung keine weitere Anpassung vorgenommen orden mit der Folge einer massiven Verschlechterung er Leistungsfähigkeit dieses Instrumentes. Mit der neuen Wohngeldnovelle haben wir nun – das abe ich schon erwähnt – deutliche Verbesserungen erielen können. Ich möchte das mit einigen wenigen Zahen unterlegen. Der durchschnittliche Wohngeldanspruch estehender Empfängerhaushalte, das heißt der Hausalte, die bereits vor der Reform Wohngeld erhielten, eröhte sich in den alten Bundesländern um rund 42 Euro uf 122 Euro monatlich und in den neuen Bundesländern hier lag der Wohngeldanspruch aufgrund der vorher estehenden Mietensituation schon höher – um rund Euro auf rund 97 Euro monatlich. Bei Empfängern, die 001 erstmals oder wieder Wohngeld erhielten, belief ich der durchschnittliche Wohngeldanspruch in den alen Bundesländern auf rund 32 Euro pro Monat und in en neuen Bundesländern auf rund 22 Euro pro Monat. Interessant ist die Zahl der Empfängerhaushalte. Dazu agt der Bericht Folgendes aus: Bundesweit stieg die nzahl der Haushalte, die Empfänger von allgemeinem ohngeld sind, 2001 im Vergleich zu 1998 um rund 32 000, also um 22 Prozent auf 1,83 Millionen an. Dait erhielten rund 4,8 Prozent aller Haushalte in eutschland ein angemessenes allgemeines Wohngeld. m Jahr 2000, also vor der Reform, waren das noch ,9 Prozent. Beim besonderen Mietzuschuss sank die Zahl der mpfängerhaushalte 2001 um rund 350 000 auf nsgesamt etwa 992 000. Dieser Rückgang ist im Weentlichen eine Folge der Reform, die aufgrund der notendigen Neuberechnung des Wohngeldes bei Sozialilfeempfängerhaushalten eine statistische Bereinigung ach sich zog. Bei dieser Gelegenheit haben wir auch ehr viele Ungereimtheiten in der Statistik beseitigen önnen. Der durchschnittliche Wohngeldanspruch pro onat liegt nach der Reform beim besonderen Mietzuchuss bei 166 Euro in den alten Bundesländern und bei 36 Euro in den neuen Bundesländern. Die Überschreiterquote, das heißt die Quote derjeni en, deren Miete so hoch ist, dass sie bei der Bemessung es Wohngeldanspruchs nicht voll berücksichtigt weren kann, war beim Tabellenwohngeld auf rund 7 Prozent angewachsen. Wir haben sie durch die Reorm auf rund 50 Prozent in den alten Bundesländern geenkt. Mehr war aufgrund der Tatsache, dass man zehn ahre lang nichts gemacht hat, einfach nicht möglich; enn das wäre nicht finanzierbar gewesen. Insgesamt kann der Bericht durchaus Erfolge ver eichnen. Auf diesen werden wir aufbauen, wenn wir as, was in Zukunft im Mietenund Wohngeldbereich otwendig ist, anpacken werden. Zum Schluss möchte ich noch daran erinnern, dass ir im Rahmen des Hartz-IV-Gesetzes die Wohngeldegelungen umfassend reformieren. Der nächste Parl. Staatssekretär Achim Großmann Wohngeldund Mietenbericht wird also sicherlich wieder interessante Details beinhalten. Das Ganze ist eine etwas trockene Materie, zumal dann, wenn man einige Zahlen referieren muss. Aber wir haben vielleicht im Ausschuss die Gelegenheit, darüber lebhafter zu diskutieren. (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Aber wir haben ganz begeistert und konzentriert zugehört!)





(A) )


(B) )

– Selbst der Vorsitzende des Ausschusses erteilt ein Lob.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Mein Zwischenruf kann nicht als solches bewertet werden!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510522200

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Gero Storjohann.


Gero Storjohann (CDU):
Rede ID: ID1510522300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir diskutieren heute über den Wohngeld- und
Mietenbericht 2002. Ich möchte vorab die Gelegenheit
wahrnehmen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
Ministeriums für die Erstellung dieses Berichts, der für
uns Wohnungspolitiker wichtige Strukturdaten enthält
und der auch wichtige Entwicklungen aufzeigt, herzlich
zu danken.

Wohnen ist ein Grundbedürfnis.

(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


Mit den politischen Entscheidungen im Bundestag oder
in der Regierung greift man in das Spiel der Kräfte auf
dem Wohnungsmarkt erheblich ein. Auch deswegen ist
es gut und – auch zur eigenen Kontrolle – unerlässlich,
dass wir von der Regierung regelmäßig informiert wer-
den. Der Parlamentarische Staatssekretär hat auf das
Wort „regelmäßig“ natürlich Wert gelegt. Dieser Begriff
ist dieses Mal etwas gedehnt worden, weil wir, die Parla-
mentarier, einer Verlängerung der Frist um ein halbes
Jahr zugestimmt haben, da es bei der Datenermittlung
erhebliche Probleme gab.

Insgesamt wird in diesem Bericht festgestellt, dass
sich die Wohnungsmärkte in Deutschland aus der Sicht
der Nachfrager in einer sehr günstigen Verfassung prä-
sentieren. Die überwiegende Zahl der Haushalte sei mit
Wohnraum gut bis sehr gut versorgt. In den meisten Re-
gionen sehe man sich einem umfangreichen Angebot zu
erschwinglichen Mieten gegenüber.

Was die Bundesregierung hier feiert, stellt jedoch in
Wirklichkeit auch eine gewisse Gefahr dar. Wir Woh-
nungspolitiker kennen den Schweinezyklus. Unser Be-
streben war es immer, dem entgegenzuwirken. Wir müs-
sen jetzt Investoren finden, die es in dieser entspannten
Marktsituation reizvoll finden, in den Bau neuer Woh-
nungen zu investieren. Anstatt den Status quo zu loben,
muss die Bundesregierung also Signale für Investoren

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(C (D etzen, damit sie auch in Zukunft auf dem Mietwohungsmarkt zuverlässig auftreten können. Aber auch bei einem anderen Punkt, nämlich bei den ohnnebenkosten, werden keine Lösungen bestehener Probleme aufgezeigt. In den letzten zehn Jahren stieg er Anteil der Wohnnebenkosten an der Bruttomiete berproportional an. Dafür gibt es Gründe. Welche sind as? Zum Beispiel sind die Gaspreise seit 1999 um 0 Prozent gestiegen, die Preise für flüssige Brennstoffe m 37 Prozent und die Kosten von Strom und Müll um ber 8 Prozent. Die Lebenshaltungskosten sind im Zeitaum 1999 bis 2003 um immerhin 6,4 Prozent gestiegen. ie Wohnnebenkosten sind in diesem Zeitraum hingeen um 7 Prozent angewachsen. Die Gründe für die steigende Kostenbelastung der ieter sind von Rot-Grün politisch gewollt. Ständige nhebungen von Standards, zum Beispiel in der Umelttechnik, die damit einhergehende Anhebung der ommunalen Gebühren und die Einführung der Ökoteuer wirken sich auf die Kostenstruktur der Mieteraushalte erheblich aus. (Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht! Die Heizkosten sind minimal von der Ökosteuer belastet!)


Aber nicht nur die Mieter, sondern auch die Vermieter
ind an niedrigen Nebenkosten interessiert. Hohe Be-
riebskosten verringern die Bereitschaft zur Zahlung der
iete und führen zu verwaltungsaufwendigen Abrech-
ungen. Bei der Frage nach der Finanzierbarkeit ange-
essener Wohnungen muss natürlich auch die Wirkung
es Wohngeldes einbezogen werden.
Im Wohngeld- und Mietenbericht 2002 betont die
undesregierung, dass durch die am 1. Januar 2001 in
raft getretene Wohngeldreform der Kreis der Empfän-
erhaushalte erweitert wurde. 3,1 Millionen Haushalte
das macht circa 8 Prozent aller deutschen Haushalte
us – empfingen 2002 Wohngeld. Im Jahre 2002 wurden
,5 Milliarden Euro an Wohngeld je zur Hälfte vom
und und den Ländern gezahlt, davon 3,5 Milliarden
uro in den alten und 1 Milliarde Euro in den neuen
ändern.
Die Art der Darstellung im Bericht vermittelt den

indruck, die Bundesregierung sei auf diese Entwick-
ung stolz. Darin kommt jedoch zum Ausdruck, dass die
ot-grüne Wirtschaftspolitik gescheitert ist. Massenar-
eitslosigkeit und Nullwachstum schlagen sich unmittel-
ar in der Höhe des Wohngelds und in der Anzahl der
ohngeldempfänger nieder.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Eberhard Otto [Godern] [FDP])


ie wachsende Zahl von Wohngeldempfängern ist
ichts anderes als das Ergebnis einer gescheiterten Wirt-
chaftspolitik von Rot-Grün.
Der Wohngeldbetrag in Deutschland beläuft sich im
urchschnitt auf 102 Euro. In den alten Ländern belief
r sich auf 109 Euro. In den neuen Ländern blieb er mit
9 Euro weitgehend gleich. Besonders Ein- und Zwei-






(A) )



(B) )


Gero Storjohann

personenhaushalte sind Empfänger von Wohngeld. Im-
mer mehr Menschen können ihre Miete nicht mehr allein
aufbringen und sind daher auf Wohngeld angewiesen.

In Ihrem Koalitionsprogramm haben Sie eine Verbes-
serung des Wohngeldes für die laufende Legislaturperiode
in Aussicht gestellt. Im Dezember 2003 fühlte sich die
Bundesregierung wegen des starken Anstiegs der Wohn-
geldausgaben von Bund und Ländern aber zu deutlichen
Einsparungen angeregt.

Durch den Beschluss des Vermittlungsausschusses
vom 15. Dezember letzten Jahres wurde festgelegt, dass
die Bundesregierung das Wohngeldrecht mit dem Ziel
deutlicher Einsparungen strukturell überarbeiten wird.
Dies hat sicherlich eine nachhaltige Kürzung des
Wohngelds für den Zeitraum ab 2005 zur Folge. Seit-
dem ist allerdings unklar, was mit dem Wohngeld wirk-
lich geschehen soll.

Auf meine Anfrage antwortete die Bundesregierung
am 14. April, die Prüfung, auf welche Weise die Umset-
zung der auf die Haushaltsjahre ab 2005 bezogenen Pro-
tokollerklärung erfolgen könne, sei innerhalb der Bun-
desregierung noch nicht abgeschlossen.

Daraufhin mahnte der Mieterbund an, keine Kürzun-
gen beim Wohngeld vorzunehmen. Sofort meldete sich
der Herr Minister Stolpe zu Wort und erklärte, er halte
Wohngeldkürzungen für nicht vertretbar. So wie wir die
Standhaftigkeit unseres Ministers und seinen Umgang
mit semantischen Feinheiten kennen, müssen wir davon
ausgehen, dass im Ministerium bereits intensiv an einer
Wohngeldkürzung gearbeitet wird.

Das Parlament und die Öffentlichkeit erwarten, dass
in naher Zukunft klar aufgezeigt wird, was Sie bezüglich
des Wohngeldes wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich fordere Sie auf: Regieren
Sie, handeln Sie, schaffen Sie Klarheit beim Wohngeld!
Dann ist uns allen wohler.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510522400

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Franziska

Eichstädt-Bohlig.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrter Herr Kollege Storjohann, zunächst kurz
der Hinweis: Sie sollten sich das Ökosteuerrecht einmal
anschauen. Die Heizkosten sind von der Ökosteuer nur
minimal betroffen. Beim Benzinpreis ist das etwas ande-
res.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber Kleinvieh macht auch Mist!)


Man sollte schon genauer hinschauen, wenn man über
die Heizkostenentwicklung redet.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Abkassieren ist Ihre Leidenschaft!)


Zum Thema. Wir sollten uns darüber freuen, dass der
ericht tatsächlich hergibt, was inzwischen eigentlich je-
er im Alltag spürt, nämlich dass in weiten Teilen von
eutschland die Wohnungsmärkte wirklich entspannt
ind und dass es Wohnungsengpässe nur noch in den
roßen Wachstumszentren – in der Münchner Region, in
tuttgart, in Frankfurt/Main, in Düsseldorf und im Ham-
urger Raum – gibt. Ansonsten – auch das zeigt der
ohngeld- und Mietenbericht sehr deutlich – ist die
ohnsituation gut bis sehr gut. In Ostdeutschland gibt es
ogar einen bedrohlichen Wohnungsüberschuss. Einer-
eits sollte man das positiv bewerten und nicht daran he-
ummäkeln, aber andererseits sollte man prüfen, was
araus politisch folgt.
Bevor ich dazu ein paar Sätze sage, zum Wohngeld

och einmal ganz klar Folgendes: Das Wohngeld ist ge-
ade auch seit der Wohngeldnovelle von 2001 ein ganz
entrales Instrument für Haushalte mit niedrigem Ein-
ommen. Von allen Seiten wird anerkannt, dass es in der
elation von Mietbelastung, Wohnungsgröße, Haus-
altsgröße und Einkommen die treffsicherste Form der
ubvention ist. Dabei kommt es nur zu einem Minimum
n Fehlsubventionen – im Unterschied zu vielen anderen
ubventionen, die bis heute noch gewährt werden. Von
aher sage ich auch in Ihre Richtung ganz deutlich, dass
ch die Empfehlung des Vermittlungsausschusses, das
ohngeld zu kürzen, aus sozialpolitischen Gründen
icht für verantwortbar halte.
Jetzt noch ein paar Sätze zu Herrn Storjohanns Angst

or dem Schweinezyklus. Wenn Sie sich nicht nur die
ohnungsbestände, die ja überwiegend morgen nicht
bgerissen und verschwunden sein werden, sondern bei
edarf auch wirklich bewohnt werden, sondern auch die
emographische Entwicklung anschauen, die uns in den
ächsten zehn, zwanzig bzw. dreißig Jahren erwartet,
ann dürften Sie keinen Grund mehr finden, hier Angst
or einem Schweinezyklus zu wecken. Vielmehr müss-
en Sie aufgrund der Aussagen dieses Wohngeld- und
ietenberichts zu dem Schluss kommen, dass die Politik
ie quantitative Ausweitung des Wohnungsangebotes
icht fördern darf. Demzufolge haben wir nämlich eine
ute bis sehr gute Wohnversorgung, sowohl bezüglich
er Quadratmeterzahl pro Einwohner als auch bezüglich
er Wohnqualität aller Schichten der Bevölkerung, und
as obendrein zu tragbaren Bedingungen. Beispiels-
eise ist allein die Belastung des Einkommens für
ohnzwecke in den alten Bundesländern von 25 Prozent

m Jahre 1998 auf inzwischen 22,2 Prozent gesunken.
atsächlich ist es so, dass der Miet- bzw. Wohnkostenan-
tieg geringer ausfällt als die Entwicklung der Lebens-
altungskosten.
Von daher möchte ich noch einmal deutlich darauf hin-
eisen, dass der demographische Wandel in den Blick
u nehmen ist. Da ich nach wie vor der Marktwirtschaft
ositiv gegenüberstehe, müssen sich meiner Meinung
ach als allererstes die Eigentümer und Grundbesitzer






(A) )



(B) )


Franziska Eichstädt-Bohlig

diese Zeichen der Zeit zu Eigen machen. Das heißt, sie
müssen sich in neuer Weise auf Konkurrenz einstellen
und deshalb ihre Wohnungsbestände für die Zukunft fit
machen. Das heißt, auf der einen Seite muss der Wohn-
standard angepasst werden, indem sie modernisiert wer-
den, damit dieses Wohnungsangebot auch nachgefragt
wird. Auf der anderen Seite muss gleichzeitig die ener-
getische Sanierung – das sage ich als Mitglied der Grü-
nen, die sich ja für eine umfassende Förderung solcher
Maßnahmen eingesetzt haben – vorangetrieben werden.
Wenn die Wohnungen so auf Vordermann gebracht wer-
den, sinken die Wohnnebenkosten so, wie Sie es sich
eben gewünscht haben. Ich glaube, es gibt kein besseres
Instrument als ein solches, welches gleichzeitig für eine
Senkung der Heizkosten und des CO2-Ausstoßes sorgt.Das halte ich für sehr wichtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Sie machen das Gegenteil!)


– Wir machen nicht das Gegenteil.
Ich glaube, dass auch die Kommunen das sehr ernst

nehmen sollten. Insbesondere die Städte müssen aufpas-
sen, dass sie nicht durch Siedlungserweiterungen im
Umland geschwächt werden, denn in dem Moment, da
die Wohnungsmärkte ausgeglichen sind, stellt jeder wei-
tere Neubau eine Schwächung des Siedlungsbestandes
dar. Von daher fordert dieser Wohngeld- und Mietenbe-
richt auch ein Stück weit Kommunen, Länder und Bund
dazu auf, für ein Ende der Zersiedlung, die den Sied-
lungsbestand weiter schwächen würde, zu sorgen. Ich
halte es nämlich für sehr wichtig, dass der Siedlungsbe-
stand gestärkt wird.

Ich möchte zum Schluss noch etwas zur Bauwirt-
schaft sagen. Natürlich spiegelt dieser Bericht auch ein
Stück weit die Schwierigkeiten in der Bauwirtschaft wi-
der. Ich halte es politisch aber nicht für verantwortlich,
einzig und allein zum Nutzen der Bauwirtschaft wieder
mehr Neubau zu fördern. Ich halte es aber sehr wohl für
richtig – das tun wir auch –, energetische Sanierung und
Stadtumbau in Richtung einer sozialen Stadt zu fördern.
Das sind im Gegensatz zur Forderung nach Siedlungser-
weiterung richtige Instrumente zur Stärkung des Bestan-
des, Herr Storjohann.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510522500

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Eberhard Otto.


Eberhard Otto (FDP):
Rede ID: ID1510522600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann

dem, was Sie, Herr Staatssekretär, gesagt haben, insge-
samt nicht so folgen.


(Zuruf von der SPD: Das muss aber an Ihnen liegen!)



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(C (D Moment. – Ich bin Abgeordneter des Deutschen Bunestages und habe zugleich ein kleines Wohnungsunterehmen in den neuen Ländern, und zwar in Mecklenurg-Vorpommern. (Siegfried Scheffler [SPD]: Das ist schon einmal gut!)


ch weiß, wovon ich hier rede. Deswegen kann ich fest-
tellen, dass es sich hierbei um ein ganz brisantes Thema
andelt. Eigentlich hätte ich mir gewünscht, dass dieses
hema nicht erst heute Abend, da wir alle schon ein we-
ig müde sind, hier behandelt wird, sondern schon heute
ormittag behandelt worden wäre. Insgesamt ist es näm-
ch ein ganz heißes Thema.
Wohngeld hat ja in den neuen Bundesländern eine
eitaus größere Bedeutung als in den alten Bundeslän-
ern. So beträgt der Anteil der Wohngeldempfänger in
en neuen Ländern 11,6 Prozent gegenüber 6,4 Prozent
den alten Ländern. Wenn ich dann sehe, dass der An-
il gerade erst auf 11,6 Prozent gestiegen ist, weil auf-
rund der miserablen Gesamtlage der Wirtschaft auch
ie Zahl von Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern
estiegen ist, muss ich diese Zahl natürlich gesondert
erten.
Auch bei Neuregulierungen und Veränderungen geht

s um Zahlenspiele. Ich habe insbesondere in den letzten
ahren die Situation beim Wohngeld beobachten können.
ch habe heute eine Reihe von Stunden damit verbracht,
iele Bürgermeister anzurufen, um sie zu fragen, wie sie
ie Entwicklung sehen; denn ab nächstem Jahr wird die
ahl der Wohngeldberechtigten in den neuen Bundeslän-
ern leider sehr stark zunehmen. Das hat dann auch Aus-
irkungen auf die Finanzen der Kommunen. Kein
ürgermeister konnte mir heute eine Antwort auf die
rage geben, wie das Problem insgesamt gelöst werden
oll.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist das eigentlich Entscheidende!)


er erhöhte Bedarf an Wohngeld stellt für die Kommu-
en ein Problem dar.


(Beifall bei der FDP)

Das heißt, es wird eine endlose Kette ausgelöst: Der

rme Mieter, der das Geld vorher nicht hatte, hat es auch
tzt nicht, bekommt aber teilweise kein Wohngeld mehr.
o bleibt das Problem hängen? – Es bleibt beim Eigen-
mer der Wohnung hängen. Ich habe 1993 den Kommu-
en Wohnungen abgekauft, sie saniert und sie dann den
ommunen als Sozialwohnungen zur Verfügung ge-
tellt. Wenn der Mieter nun aufgrund seines geringen
inkommens die Miete nicht zahlen kann – ich habe das
elber überprüft und festgestellt, dass es genau so ist:
iele Mieter haben das Geld nicht –, aber aus dem Kreis
erjenigen herausfällt, die Wohngeld bekommen, ent-
teht ein Problem: Die Mietschulden bleiben beim Ei-
entümer, also bei der Kommune oder bei Privatleuten,
ie eine Wohnung bereitgestellt haben, hängen.
Deswegen kann ich mit Blick auf die Kommunen nur

ordern, die finanzielle Versorgung auf diesem Gebiet
ntsprechend zu regulieren.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Eberhard Otto (Godern)


Wir sind als FDP für den Abbau von Subventionen; das
ist insgesamt okay. Aber wir sind für einen sinnvollen
Abbau. Insbesondere im Osten, beispielsweise in Meck-
lenburg-Vorpommern, wäre eine weitere Reduzierung
des Wohngeldes oder eine nicht genügende Absicherung
tödlich.

Dann gibt es eine weitere Regelung, die ebenfalls be-
achtet werden sollte – sie wird in Deutschland sehr un-
terschiedlich gehandhabt –, nämlich dass das Wohngeld
direkt dem Eigentümer bzw. dem Betreiber zur Verfü-
gung gestellt wird, um eine Zweckentfremdung zu ver-
meiden.

Ein weiteres großes Problem ist der Leerstand.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510522700

Herr Kollege, beachten Sie bitte, dass Ihre Redezeit

weit überschritten ist.

Eberhard Otto (FDP):
Rede ID: ID1510522800

Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern ein wahn-

sinnig großes Problem durch die Abwanderung. Das hat
zu sehr viel Leerstand geführt, der sich regelmäßig er-
höht.

Ein Satz noch zu den Mietpreisen in Mecklenburg-
Vorpommern. Die Wohnungen werden zurzeit für 3 bis
4 Euro pro Quadratmeter vermietet. Teilweise liegen die
Betriebskosten – es wurde schon gesagt – höher als die
Nettokaltmiete. Das kann nicht sein. Wir müssen dafür
kämpfen, dass hier Veränderungen vorgenommen wer-
den, denn Wohnen bedeutet Leben.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510522900

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Wolfgang

Spanier.

Wolfgang Spanier (SPD):
Rede ID: ID1510523000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Erstes:
Ich habe nicht ganz verstanden, Herr Otto, was Sie hier
eigentlich kritisiert bzw. vorgeschlagen haben. Dass sich
die Wohngeldsituation nach der Wohngeldnovelle 2001
auch in den neuen Bundesländern verbessert hat, dass
sich in der Zwischenzeit weder an den Einkommens-
grenzen noch an der Höhe etwas geändert hat, das kön-
nen Sie doch nicht beklagen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die Kommunen zahlen kein Wohngeld mehr!)


Ein Zweites: Es sind nicht die Kommunen, die zum
allgemeinen Wohngeld einen Beitrag leisten müssen,
sondern diese Kosten teilen sich Bund und Länder. Ich
habe daher nicht so ganz verstanden, wie Sie den Ein-
druck gewinnen konnten, es könne nicht genügend
Wohngeld gezahlt werden, weil die Kommunen dazu
nicht in der Lage seien. Darüber müssen wir im Aus-
schuss oder an anderer Stelle vielleicht noch einmal in
Ruhe reden.

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(C (D Der Wohngeldund Mietenbericht ist nicht ein Beicht unter vielen, sondern er hat einen ganz besonderen tellenwert. Immerhin sind 57 Prozent der 39 Millionen ohnungen in Deutschland Mietwohnungen. Rund ,2 Millionen Haushalte beziehen allgemeines bzw. beonderes Wohngeld. Es ist schon darauf hingewiesen worden – die Zahlen ind genannt worden –, dass es im Zeitraum 1999 bis 002 einen sehr moderaten Anstieg der Mieten gegeben at. Das ist erfreulich. Aber Herr Storjohann, eine gleihe Entwicklung ergab sich bei den Wohnnebenkosten. 998 betrug der Anstieg immerhin noch 3,6 Prozent. Er t aber deutlich zurückgegangen. Er lag 2002 lediglich ei 1,3 Prozent. In den 90er-Jahren gab es zwar deutlihe Steigerungsraten. Aber diese haben sich glücklichereise nach unten entwickelt. Ich glaube, dieses Ergebis, das ebenfalls im Bericht enthalten ist, können wir urchaus mit Freude zur Kenntnis nehmen. Auf die Entspannung des Wohnungsmarktes ist schon ingewiesen worden. In der Tat haben wir eine gute ohnraumversorgung. Dennoch möchte ich auf Folendes hinweisen: In dem Zeitraum, der dem Bericht zurunde liegt, ist die Bevölkerung lediglich um ,6 Prozent gewachsen, aber die Zahl der Haushalte imerhin um 2,5 Prozent. Das heißt, 300 000 Haushalte ehr haben Wohnungen nachgefragt. Diesen Effekt üssen wir in den nächsten zehn Jahren bei unseren ohnungspolitischen Entscheidungen im Hinterkopf haen. Diese Situation auf dem Wohnungsmarkt hat natür ch dazu geführt, dass die Zahl der fertig gestellten ohneinheiten von 473 000 im Jahre 1999 auf 90 000 im Jahre 2002 gesunken ist. Angesichts dieser uten Wohnraumversorgung kann ich überhaupt nicht erstehen, dass Sie, Herr Storjohann, anmahnen, wir ollten besondere finanzielle Anstrengungen unternehen, um Investitionen im Mietwohnungsbau anzureen. Wo wollen Sie diese Wohnungen bauen und an wen ollen Sie sie vermieten? In den neuen Bundesländern it absoluter Sicherheit nicht. Wir haben in einigen kleinen Bereichen noch Bedarf n neuen Wohnungen. Aber ansonsten ist der Wohungsmarkt flächendeckend ausgeglichen. Es ist vollommen richtig, was Frau Eichstädt-Bohlig hier gesagt at. Wir müssen uns von der Vorstellung der 80erund 0er-Jahre lösen, es komme beim Wohnungsbau auf die uantität an. Diese Zeiten sind vorbei. Wir brauchen in inigen Ballungszentren jährlich sicherlich eine gewisse ahl an neuen Wohnungen, damit es eine Erneuerung es Wohnungsbestandes gibt. (Zuruf des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])


enn Sie aber, Herr Friedrich, zu Ihrem Bürgermeister
ehen und ihm anbieten, 10 Millionen Euro in den sozia-
n Wohnungsbau zu investieren, dann wird er dankend
arauf verzichten, weil die Märkte nun einmal ausge-
lichen sind. Es wird immer stärker darauf ankommen,
ass wir die Qualität des Wohnungsbestandes verbessern.






(A) )



(B) )


Wolfgang Spanier

Dabei geht es nicht nur um die energetische Modernisie-
rung.

Ich möchte noch auf das Wohngeld eingehen und
Herrn Großmann deutlich in seiner Auffassung unter-
stützen, dass das Wohngeld eine besondere Bedeutung
hat. Haushalte mit weit unterdurchschnittlichem Ein-
kommen beziehen Wohngeld. Es ist durch die Wohn-
geldnovelle 2001 sozial deutlich treffsicherer geworden.
Auch das ist ein Ergebnis im Bericht, das wir erfreut zur
Kenntnis nehmen können.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Es war damals vereinbart worden, diese Novelle zu
evaluieren. Ich glaube, die Ziele, die wir damals gehabt
haben – nämlich Verbesserung der Wohngeldleistung,
Vereinheitlichung des Wohngeldes Ost und West sowie
Rechtsvereinfachung –, haben wir in der Tat erreicht,
auch was die Rechtsvereinbarung betrifft. Die Bundes-
länder haben sich entsprechend geäußert.

Es ist richtig, wir haben einen Beschluss im Vermitt-
lungsverfahren gefasst. Wir alle haben am 19. Dezember
2003 – da können Sie sich so wenig aus der Verantwor-
tung ziehen wie wir – diese Protokollerklärung in na-
mentlicher Abstimmung beschlossen.


(Renate Blank [CDU/CSU]: Aber der Bericht ist für das Jahr 2002!)


Allerdings enthält diese Protokollerklärung keine Aus-
sage dazu, dass das allgemeine Wohngeld gekürzt wer-
den soll. Es heißt dort vielmehr, dass es beim Wohngeld
zu strukturellen Veränderungen mit einem Einspareffekt
kommen soll. Es wird aber zu einer völligen Umkrempe-
lung des Wohngeldes kommen, weil das Wohngeld für
Sozialhilfeempfänger, also der Fünfte Teil des Wohn-
geldgesetzes, durch Hartz IV völlig wegfällt. Ich glaube,
dass schon dies eine deutliche strukturelle Veränderung
ist und zu einem entsprechenden Einspareffekt führt.

Wir sollten uns auf das besinnen, was wir am
19. Dezember 2003 beschlossen haben. Ich sehe keinen
konkreten Auftrag und Beschluss, das Wohngeld zu kür-
zen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510523100

Herr Kollege, denken auch Sie bitte an die Zeit!


Wolfgang Spanier (SPD):
Rede ID: ID1510523200

Sehr verehrte Frau Präsidentin, ich komme zum

Schluss. – Dieser Bericht zieht, was die Entwicklung der
Mieten und des Wohngeldes in Deutschland betrifft, eine
positive Bilanz. Darüber können wir alle nur froh sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510523300

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Renate Blank.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege panier, wir reden vom Mietenbericht 2002 und nicht om 19. Dezember 2003. Denn der Wohngeldund Mieenbericht belegt doch, dass die rot-grüne Bundesregieung die Rahmenbedingungen erneut so verschlechtert at, dass sich Kapitalanleger weiter aus dem Wohnungsau zurückgezogen haben. Auch die Änderungen im ietrecht fördern das Vertrauen der Investoren nicht. Investitionen in den Wohnungsbau hängen nicht ur von der staatlichen Förderpolitik, sondern im Weentlichen auch von den rechtlichen und steuerlichen ahmenbedingungen ab. Die Bundesregierung muss ein irtschaftliches und rechtliches Klima schaffen, in dem ich die Bürger selbst mit Wohnraum versorgen können. er vorgelegte Wohngeldund Mietenbericht zeigt och: Dieses Klima hat sich auf Bundesebene seit dem egierungswechsel 1998 kontinuierlich verschlechtert. ie seit Jahren festzustellende Stagnation bei privaten nvestitionen insbesondere in den Mietwohnungsbau ist ierfür die klare Quittung. Die Wohnraumförderung leiset insoweit einen wesentlichen Beitrag zur sozialen Baance und zum Erhalt des sozialen Friedens. Sie haben rüher von uns wesentlich mehr Mittel dafür verlangt. Zudem muss den so genannten Schwellenhaushalten ie Bildung von Wohneigentum ermöglicht werden. Die oalition unterschätzt den Umfang der Wohneigenumsförderung. Die Wohneigentumsförderung macht um Beispiel in Bayern rund zwei Drittel der Wohnaumförderung aus. Sie ist für Familien und als Beitrag ur Altersversorgung von erheblicher Bedeutung. Wir essen dem selbst genutzten Wohneigentum einen hoen sozialpolitischen Rang bei. Es bietet nämlich wirtchaftliche Unabhängigkeit nd unterstützt wie kaum eine andere Geldanlage die ermögensbildung und damit die Altersvorsorge. Die oalition hat dies bisher leider noch nicht begriffen. Die bisherige Entwicklung der Wohngeldausgaben eigt eindrücklich die damit verbundene Belastung des taatshaushalts. Allein der Freistaat Bayern zahlte im ahr 2003 357 Millionen Euro Wohngeld aus – fast dopelt so viel wie vor zehn Jahren; damals waren es nämich noch 188 Millionen Euro –, um ein angemessenes nd familiengerechtes Wohnen zu sichern. Damit ist eine eue traurige Rekordhöhe erreicht. Eine Trendwende ist icht absehbar. Die verfehlte Steuerund Arbeitsmarktolitik der Bundesregierung hat dazu geführt, dass imer mehr Menschen, insbesondere Alleinerziehende, auf ohngeld angewiesen sind. Ein Tiefpunkt rot-grüner Politik war sicherlich die ietrechtsreform im Jahre 2001 (Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ein wunderbarer Höhepunkt!)

Renate Blank (CSU):
Rede ID: ID1510523400

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Renate Blank

mit ihrer einseitigen Benachteiligung von Vermietern
und damit von Investoren. Der Einwand der Regierungs-
koalition, mit der Reform werde immerhin einem umfas-
senden Mieterschutz Rechnung getragen, ist ideologisch
gefärbt, aber auch kurzsichtig. Denn bleiben bei einer
solchen Verschlechterung der Rahmenbedingungen die
Investitionen in den Mietwohnungsbau aus, bricht damit
auch der Mietermarkt zusammen. Erschwingliche Woh-
nungen werden dann Mangelware, was letztendlich auch
auf die Mieter zurückfällt.

Kollegin Franziska Eichstädt-Bohlig, der tatsächliche
Bedarf an Wohnungen kann in nächster Zeit steigen,
wenn es aufgrund der EU-Osterweiterung zu einer ver-
stärkten Zuwanderung kommt. Das Ifo-Institut schätzt,
dass in den ersten 15 Jahren nach der EU-Osterweite-
rung rund 500 000 Personen aus den neuen EU-Staaten
allein nach Bayern kommen werden.


(Zurufe von der SPD: Oh!)

Das Ifo-Institut erwartet, dass sich diese Zuwanderungs-
ströme nicht gleichmäßig verteilen, sondern vor allem
auf die Ballungsräume konzentrieren werden. Gerade in
den Ballungsräumen besteht ohnehin der größte Neubau-
bedarf.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat man vor 20 Jahren auch gesagt, als die Portugiesen, Spanier und andere gekommen sind!)


Das Etikett vom Schlusslicht in Europa haftet der
Bundesrepublik durch Rot-Grün nicht nur wegen
schlechter Wachstums- und Beschäftigungszahlen an.
Auch bei der Wohnungsbautätigkeit ist Deutschland
längst auf die letzten Ränge zurückgefallen. Im europäi-
schen Vergleich ist Deutschland – 1996 waren wir noch
Vizeeuropameister –


(Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Worin? In der Wohnraumversorgung?)


mit 3,19 Wohnungen je 1 000 Einwohner im Jahre 2002
inzwischen weit abgeschlagen.

Im Rahmen der Diskussion über den Wohngeld- und
Mietenbericht möchte ich Ihnen, meine Damen und Her-
ren von der Regierungskoalition, auch das Thema Miet-
nebenkosten – der Kollege Storjohann hat schon darauf
hingewiesen – nicht ersparen. Fakt ist: Seit Einführung
der Ökosteuer, die für den überproportionalen Anstieg
der Heizöl- und Gaspreise verantwortlich ist, ist Rot-
Grün zum Preistreiber Nummer eins bei den Wohnkos-
ten der Mieter und der selbstnutzenden Wohneigentümer
geworden. Auch die Strompreise gehören in diese Reihe.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dazu hört man vom zuständigen Minister bzw. vom
Staatssekretär allerdings nichts.

Bedenklich stimmt der Blick in die Zukunft: Immer
mehr Mieten werden nicht gezahlt und müssen auf dem
Gerichtsweg geltend gemacht werden.

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(C (D Aus unserer Sicht hat Rot-Grün bis heute keine auseichende Antwort auf die unterschiedlichen Entwickungen und Probleme der regionalen Wohnungsmärkte n Deutschland gefunden. Der vorliegende Bericht zeigt, ass, wenn Vermieten uninteressant gemacht wird, Inestitionen unterbleiben und die Mieten steigen. Wer lso wirklich etwas für die Mieter tun will, muss für auseichend guten Wohnraum sorgen. Gerade in einer Zeit schwacher Konjunktur und knap er Kassen ist es erforderlich, gemeinsam die Initiative ür einen innovativen Wohnungsbau zu ergreifen. Wir rauchen eine Abstimmung zwischen Wohnungs-, teuerund Mietenpolitik sowie stark verbesserte Rahenbedingungen für den Wohnungsbau – Frau Kollegin, denken bitte auch Sie an die Zeit! – ich komme zum Schluss –, die in der rot-grünen Re ierungszeit leider verloren gegangen sind, damit mehr nvestiert wird und gerade junge Familien und einkomensschwächere Haushalte davon profitieren können. Ich schließe damit die Aussprache zu diesem Punkt. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 15/2200 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Maria Böhmer, Maria Eichhorn, Antje Blumenthal, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Arbeitsplätze im Bereich privater Dienstleistungen schaffen – Rahmenbedingungen für Dienstleistungszentren und -agenturen verbessern – Drucksache 15/2825 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Tourismus Haushaltsausschuss Die Kollegen Barnett, Pawelski, Kurth und Niebel haen gebeten, ihre Reden zu diesem Punkt zu Protokoll eben zu können.1)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510523500
Renate Blank (CSU):
Rede ID: ID1510523600

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510523700
t der Fall.

Anlage 6






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/2825 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie einverstan-
den? – Das ist der Fall. Dann ist auch diese Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Gero

(Hamburg)

der CDU/CSU
Keine toten Winkel bei Lastkraftwagen
– Drucksache 15/2823 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Wider-
spruch höre ich nicht. Dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat wieder der
Herr Kollege Gero Storjohann.


Gero Storjohann (CDU):
Rede ID: ID1510523800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Vor wenigen Wochen ist es in Berlin erneut zu
zwei tödlichen Verkehrsunfällen gekommen. Wieder
wurden zwei Radfahrer von Lastkraftwagen, die nach
rechts abbogen, erfasst. Wieder konnten die LKW-Fah-
rer die Radfahrer nicht sehen, da sich diese im toten
Winkel ihrer Fahrzeuge befanden.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Diese beiden Unfälle zeigen nach Auffassung der
Unionsfraktion ganz deutlich: Es ist endlich Zeit zum
Handeln. Der tote Winkel muss schnell weg.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb hat die CDU/CSU-Fraktion mit einem Antrag
die Initiative ergriffen und einen Weg aufgezeigt, wie
wir dem toten Winkel schnell und umfassend zu Leibe
rücken können. Wir erfahren Unterstützung vom Allge-
meinen Deutschen Fahrrad-Club und auch von den Spe-
diteuren. Es gibt eine Lösung für das Problem: den so
genannten Dobli-Spiegel aus den Niederlanden.

In den Niederlanden waren bereits im Jahre 2002
50 Prozent der LKWs mit über 3,5 Tonnen zulässigem
Gesamtgewicht mit dem Dobli-Spiegel ausgerüstet. Die-
ser Spiegel wird auf der Beifahrerseite des Fahrzeuges
von außen angebracht. Es handelt sich um eine konvexe
Linse, durch die der tote Winkel von derzeit 38 Prozent
auf 4 Prozent verringert wird. Die Anzahl der schweren
und tödlichen Unfälle aufgrund des toten Winkels haben
sich in den Niederlanden im Jahre 2002, seit Einführung
des Spiegels fast halbiert. Seit Januar 2003 sind dort
sämtliche LKWs über 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtge-
sicht mit dem so genannten Dobli-Spiegel ausgestattet.

Wegen der äußerst positiven Erfahrungen in den Nie-
derlanden fordert die Union in dem heute zu beratenden

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(C (D ntrag die unverzügliche Einführung dieses Spiegels in eutschland. Das zögerliche Herangehen des Verkehrsinisteriums an die mit dem toten Winkel verbundene roblematik hat uns in der CDU/CSU-Fraktion erstaunt. ffensichtlich hat man nach dem Maut-Desaster in Ihem Hause Gefallen daran gefunden, möglichst kompliierte und langwierige Lösungen zu verfolgen. Wenn ich mir Ihre Pressemitteilungen vom 2. und 6. April ansehe, dann muss ich folgende Feststellungen reffen: Erstens. Sie wollen ebenfalls einen Weitwinkelspie el einführen. Im Gegensatz zum von uns vorgeschlageen Dobli-Spiegel verkleinert dieser den toten Winkel ber nur auf etwa 19 Prozent. Außerdem wollen Sie dieen Spiegel erst ab 2005, und dann auch nur bei eufahrzeugen einführen. Ihre Argumentation, der obli-Spiegel würde vibrieren und die Sicht nach vorne inschränken, nehmen wir auf, gewichten die Arguente im Gesamtkontext aber anders. Zweitens. Sie wollen sich bei der Einführung neuer piegel ordentlich Zeit lassen. ährend wir mit unserem Antrag erreichen wollen, dass er effektive Dobli-Spiegel unverzüglich eingeführt ird, wollen Sie Ihren Weitwinkelspiegel über eine EGichtlinie einführen. Das dauert erheblich länger. Drittens. Die von Ihnen favorisierte EG-Richtlinie ieht nur die Umrüstung der nach dem 1. Januar 2006 ugelassenen LKWs vor. Wenn Sie schon den von uns evorzugten Weg nach niederländischem Vorbild nicht itgehen wollen, dann frage ich Sie: Wann legt uns Ihr aus endlich die entsprechende Verordnung zur Umrüsung der im Verkehr befindlichen LKWs vor? Bis jetzt ören wir nur Ankündigungen und Vertröstungen. Viertens. Sie wollen nur LKWs ab 7,5 Tonnen zuläs igem Gesamtgewicht umrüsten. Offensichtlich haben ie überhaupt nicht vor, Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen zuläsigem Gesamtgewicht mit einem zusätzlichen Spiegel uszustatten, wie dies in den Niederlanden der Fall ist. arum Sie diese Unterscheidung vornehmen, ist für die nion nicht nachvollziehbar. Von den Grünen bekommen wir Unterstützung für un ere Position. Jedenfalls finden wir entsprechende Ausagen auf der Homepage von Frau Eichstädt-Bohlig. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Widerspruch bei der SPD)


ch freue mich, dass wir bei dieser Problemstellung im
inne der Sache gemeinsam etwas Druck machen. Es
leibt zu hoffen, dass wir auch den Minister und die
taatssekretärin mit unserer Argumentation überzeugen
önnen.
Wir wollen eine Lösung, die sofort und nicht erst in

ehn oder 15 Jahren greift. Wir sind es unseren Familien
chuldig, dass sofort etwas geschieht. So mancher Unfall
at Familien ins Unglück gestürzt. Wir Politiker sollten
as Machbare auch in Taten umsetzen.






(A) )



(B) )


Gero Storjohann


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb fordere ich Sie auf: Stimmen Sie unserem An-
trag zu! Er wirkt – das ist für mich in diesem Fall ganz
entscheidend – sofort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510523900

Das Wort hat jetzt die Parlamentarische Staatssekretä-

rin Iris Gleicke.

I
Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1510524000


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
bedanke mich zunächst einmal ganz ausdrücklich dafür,
dass wir hier und heute über den toten Winkel sprechen.
Dieses Thema treibe ich seit vielen Monaten voran.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich habe großes Verständnis dafür, dass die öffentli-

che Diskussion über den toten Winkel zum Teil sehr
emotional geführt wird; denn die Unfälle, die mit rechts
abbiegenden LKWs passieren, haben ganz schreckliche
Folgen. Das kann niemanden kalt lassen, und, Herr Kol-
lege Storjohann, dass lässt auch niemanden kalt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich bin davon überzeugt, dass es auch deshalb künftig

weniger solcher Unfälle geben wird, weil dieses wich-
tige Thema unterdessen ins Bewusstsein aller Beteiligten
gerückt ist.

Lieber Kollege Storjohann, ich unterstelle Ihnen
wirklich die besten Absichten, aber Ihr Antrag enthält
eine Reihe von sachlichen Fehlern. Mir fehlt leider die
Zeit, all diese Fehler im Einzelnen aufzuzählen. Deshalb
beschränke ich mich auf einen: die Behauptung, von der
EU werde ein vierter Spiegel vorgeschrieben, der den
nicht einsehbaren Bereich angeblich wesentlich weniger
verringere als der Dobli-Spiegel, den Sie offensichtlich
meinen. Ich muss Ihnen sagen, dass es eine solche Ver-
ordnung bzw. Vorschrift der EU überhaupt nicht gibt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ja noch schlimmer!)


Durch die EU-Verordnung wird der tote Winkel eben
nicht durch einen zusätzlichen Spiegel auf der Beifahrer-
seite beseitigt, sondern vor allem durch eine veränderte
Spiegelkrümmung und ein dadurch verbessertes Sicht-
feld der schon heute vorhandenen Weitwinkelspiegel.
Hier liegt offenbar eine Verwechslung mit dem in der Tat
von der EU neu vorgeschriebenen Frontspiegel vor. Er
ist wichtig, um anders geartete schwere Unfälle zu ver-
meiden. Deshalb haben wir bei den Herstellern Druck
gemacht, um auch ihn früher als in der EU-Richtlinie
vorgesehen, einführen zu können. Aber mit dem toten
Winkel hat dieser Frontspiegel wirklich überhaupt nichts
zu tun.

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(C (D Ihr gesamter Antrag zielt eindeutig auf den Doblipiegel, obwohl er nicht ein einziges Mal namentlich erähnt wird. Dieser Zusatzspiegel ist aber eben nicht die infache und preiswerte Patentlösung, als die er in der ffentlichen Diskussion bisweilen gepriesen wird; denn r kann nicht an allen LKWs sicher und vibrationsfrei efestigt werden. Zudem beeinträchtigt er die direkte icht durch die Windschutzscheibe. Dieser Spiegel ist in den Niederlanden übrigens nicht esetzlich vorgeschrieben, sondern er stellt dort eines on mehreren zugelassenen Systemen zur Verbesserung er rückwärtigen Sicht dar. Sollen wir etwa Spiegel geetzlich vorschreiben, die Nachteile für die Verkehrssiherheit haben können? Das kann aus unserer Sicht nicht er richtige Weg sein. Ich möchte aber noch einmal ganz lar und deutlich sagen, dass ich die gute Absicht Ihres ntrags würdige; denn wir sind uns darin einig, dass der te Winkel beseitigt werden muss. Das ist gar keine rage. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir wollen den toten Winkel schon seit langer Zeit
eseitigen. Bereits im Jahr 2001 hat die Bundesregie-
ung gemeinsam mit den Niederlanden die Initiative für
ine EU-Richtlinie mit verschärften Anforderungen an
ie rückwärtige Sicht bei LKWs ergriffen. Diese Richtli-
ie ist im vergangenen Januar in Kraft getreten. Durch
hre Umsetzung wird der tote Winkel entgegen anders
utenden Behauptungen von verschiedenen Seiten wei-
stgehend ausgeschaltet.
An dieser Richtlinie wird jedoch vor allen Dingen

weierlei kritisiert: Erstens ist sie erst ab Januar 2007 für
eu in den Verkehr kommende LKWs obligatorisch an-
uwenden. Das dauert auch mir zu lange. Zweitens ist
eine Nachrüstung der Fahrzeuge vorgesehen, die schon
tzt auf unseren Straßen unterwegs sind. Auch das ge-
ügt mir nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aus genau diesem Grunde habe ich dem Deutschen
undestag und der Öffentlichkeit im vergangenen Jahr
ersprochen, mich dieses Problems persönlich anzuneh-
en. Das habe ich auch getan. Wir haben schon vor
ehreren Monaten mit den Fahrzeugherstellern verein-
art, dass sie spätestens ab Anfang des kommenden Jah-
es alle neuen LKWs laufender Serien, soweit technisch
öglich, mit verbesserten Spiegeln ausrüsten, um den
nforderungen der EU-Richtlinie zu entsprechen.
Um, soweit technisch möglich, auch eine Nachrüs-
ng auf freiwilliger Basis sicherzustellen, haben wir mit
en Herstellern außerdem vereinbart, dass sie unverzüg-
ich für den jeweiligen Fahrzeugtyp geeignete Aus-
uschspiegelgläser mit größerem Sichtfeld zum Einbau
n die vorhandenen Spiegelgehäuse auf den Markt brin-
en. Das ist bei allen LKWs ab dem Baujahr 2000, aber
uch bei vielen älteren Modellen möglich.
Wir werden selbstverständlich intensiv dafür werben,

ass möglichst alle LKW-Halter von der Möglichkeit der






(A)



(B) )


Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke

Nachrüstung Gebrauch machen. Sowohl für die vorgezo-
gene Serienausstattung als auch für die Möglichkeit der
Nachrüstung müssen wir die Straßenverkehrs-Zulas-
sungs-Ordnung ändern. Diese Änderung bringen wir
gerade auf den Weg. Damit schreiben wir gleichzeitig
die Verbesserung des für die weitestgehende Beseitigung
des toten Winkels besonders wichtigen Weitwinkelspie-
gels auf der Beifahrerseite verbindlich vor. Das bedeutet,
dass dieser verbesserte Spiegel spätestens ab Anfang des
kommenden Jahres Pflicht sein wird. Wir müssen das bei
der EU notifizieren, da wir die Richtlinie von uns aus
verschärfen; wir wollen schließlich auch importierte
Fahrzeuge erfassen. Damit muss sich auch der Bundesrat
befassen; auch das wird jetzt auf den Weg gebracht.
Meine Damen und Herren, das muss so schnell wie mög-
lich passieren, je schneller, je lieber.

Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510524100

Das Wort hat jetzt der Kollege Horst Friedrich von

der FDP-Fraktion.


Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1510524200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Deutsche Bundestag befasst sich wieder einmal mit dem
Thema „Verkehrssicherheit“, insbesondere mit im Stra-
ßenverkehr Getöteten, zu wirklich geeigneter Zeit.


(Renate Blank [CDU/CSU]: Zu später Stunde!)


Ich meine das ganz bewusst negativ, weil es ein Problem
ist, das unserer Ansicht nach sicherlich zu lösen ist. Es
wird mit dem von der Union vorgelegten Antrag aus un-
serer Sicht aber nicht völlig rund gelöst. Ich habe den
Eindruck, es ging ein bisschen um die Schnelligkeit; das
muss ich hier einmal ganz deutlich sagen.

Der Antrag muss, wenn er eine gute Beratungsgrund-
lage sein soll, die niederländischen Erfahrungen stärker
berücksichtigen und bezüglich dessen, was man in
Deutschland machen kann und notwendigerweise ma-
chen muss, ausgeweitet werden. Er nimmt aus unserer
Sicht nur einen Teilnehmer am Unfallgeschehen, näm-
lich den schweren LKW, aufs Korn und befasst sich nur
mit einem Problem, dem toten Winkel/Sichtwinkel.

Die Niederlande haben, bevor sie die technische Lö-
sung entwickelt haben, eine breite Kampagne für Ver-
kehrssicherheit gestartet, die dort im Straßenverkehr
bereits seit 2000 zur Senkung der Unfallzahlen der
Kombination „Zweiradfahrer/Fußgänger mit schwerem
LKW“ geführt hat. Seit 2003 ist ein entsprechender
Spiegel vorgeschrieben; seitdem haben sich die Unfall-
zahlen in den Niederlanden nicht mehr signifikant ver-
ringert. Die Zahlen sind aber nicht unbedingt statistisch
belastbar, weil dieser Aspekt bei der Unfallaufnahme
kein Kriterium ist. Das ist das eine Thema.

Das zweite Thema: Natürlich gäbe es aus unserer
Sicht auch noch andere Möglichkeiten, über eine Sicher-

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(C (D eitskampagne hinaus. Ich denke dabei zum Beispiel an 5 Abs. 8 der Straßenverkehrsordnung. Wir haben es rmöglicht, dass Zweiradfahrer – Mofafahrer und Fahradfahrer – an stehenden LKWs vorsichtig rechts vorbeiahren dürfen. Damit entstehen Gefahrensituationen aber igentlich erst: Vor der Änderung dieser Vorschrift ussten Zweiradfahrer hinter einem LKW stehen bleien. Es wäre aus unserer Sicht zumindest überlegensert, auch über diesen Punkt nachzudenken. Eine andere öglichkeit bestünde darin, den Aufstellraum für Zwei adfahrer so weit vorzuziehen, dass der LKW-Fahrer sie irekt sehen kann. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as sind Lösungen, über die man, wenn man das Pro-
lem wirklich angehen will, aus unserer Sicht in aller
reite diskutieren muss.
Wenn ich die Vorschrift der EU richtig in Erinne-

un
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1510524300
zwei vorne und jeweils zwei an den Seiten. Man
uss bei solchen Vorschriften auch darauf achten, dass
erjenige, der ein Fahrzeug bewegt, noch in der Lage
ein muss, sämtliche Spiegel gleichzeitig mit dem flie-
enden Verkehr im Auge zu behalten. Ich will gar nicht
avon reden, dass man nicht ausschließen kann, dass,
achdem der Fahrer rechts in den Weitwinkelspiegel ge-
chaut und feststellt hat, dass da kein Fahrradfahrer ist,
nd er sich dann mit den anderen Spiegeln befasst, ein
ahrradfahrer auf einem Mountainbike angebrettert
ommt und damit eine neue Gefahrensituation eintritt.
ie völlige Sicherheit vor dieser Situation wird es nicht
eben. Deswegen sind wir sehr dafür – auch im Interesse
er Kinder und der Kinder-Kommission, die das auch
ufgegriffen hat –, dieses Problem zu lösen. Ich bin al-
rdings der Meinung, wir sollten das im Fachausschuss
uf breiter Basis diskutieren – im Zweifel auch eine An-
örung durchführen – und hier tatsächlich Wert auf Qua-
ität der Lösung vor Schnelligkeit der Lösung legen;
ann sind wir, glaube ich, zur Zusammenarbeit im gan-
en Haus bereit.
Danke sehr.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510524400

Das Wort hat jetzt der Kollege Winfried Hermann von
ündnis 90/Die Grünen.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510524500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Die beiden tödlichen Radfahrunfälle von vor un-
efähr einem Monat haben in Berlin, aber auch darüber
inaus eine heftige Debatte ausgelöst. In den letzten Jah-
en ist es immer wieder vorgekommen, dass Radfahrer,
ie sich im toten Winkel befunden haben, totgefahren
urden. Das hat aufgerührt.
)






(A) )



(B) )


Winfried Hermann

An solchen Punkten fragen Eltern und Lehrer immer

wieder: Warum bewegt sich in diesem Bereich nichts?
Warum greift man dieses Problem nicht auf, obwohl es
schon so alt ist, obwohl jedes Jahr vermutlich mehrere
Hundert Radfahrer aus diesem Grund ums Leben kom-
men und es offensichtlich anderswo schon technische
Lösungen gibt, dies besser in den Griff zu bekommen?
Man fragt sich auch: Wie kann es eigentlich sein, dass
eine Automobilindustrie, die allen möglichen elektroni-
schen und technischen Schnickschnack in neue LKWs
und auch in PKWs einbaut, im Bereich des Spiegels und
der Rückblende bislang im Grunde genommen altmodi-
sche, vorgestrige Lösungen angeboten hat? Das ist wirk-
lich ärgerlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Nun ist endlich Bewegung in den Vorgang gekom-
men. Auch das Verkehrsministerium hat zusammen mit
dem niederländischen Ministerium Druck gemacht, da-
mit auf europäischer Ebene etwas geschieht. Sicher
bringt die neue europäische Richtlinie einen Fort-
schritt. Aber wie die Kolleginnen und Kollegen schon
angesprochen haben: Das, was die EU vorgelegt hat, ist
ziemlich unbefriedigend. Denn erstens gilt die Richtlinie
nur für Neufahrzeuge und auch erst in Jahren und zwei-
tens ist sie nur für große LKWs und nicht für kleine vor-
gesehen. Sie ist also völlig unzureichend.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Schauen wir uns die Erfahrungen in den Niederlan-
den an. Dazu gibt es eine interessante Geschichte. Ein
niederländischer Junge ist ums Leben gekommen. Sein
Vater hat keine Ruhe gefunden und hat in wenigen Wo-
chen einen neuen Spiegel entwickelt. Dann hat er es ge-
schafft, einen Produzenten zu finden und diesen Spiegel
in Form einer Freiwilligenkampagne bekannt zu ma-
chen. Interessanterweise hat sich damals das Ministe-
rium erst gewehrt und gesagt, dass dies nicht funktio-
niert. In einem beharrlichen Verfahren hat es dieser Vater
zusammen mit der Initiative geschafft, zuerst eine Phase
der freiwilligen Umrüstung in Holland zu beginnen und
danach eine gesetzliche Umsetzung zu erreichen, was
dazu geführt hat, dass seit den letzten zwei Jahren in den
Niederlanden völlig neue Verhältnisse herrschen. Viele
haben diesen so genannten Dobli-Spiegel und tatsächlich
– das wurde schon gesagt – sind die Unfallzahlen um
über 40 Prozent zurückgegangen. Ich finde, dass man
von dieser Technik und Erfahrung sowie von dieser bür-
gerschaftlichen Initiative lernen kann.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der CDU/CSU)


Übrigens gibt es auch in Berlin eine solche Initiative,
die meine Kollegin Eichstädt-Bohlig und ich unterstüt-
zen. Diese sammelt Geld, damit LKWs umgerüstet wer-
den können. Das ist eine gute Sache. Aber ich sage Ihnen
auch: Das allein kann nicht ausreichen. Die Bürgerinnen
und Bürger erwarten zu Recht, dass Politik alles tut, was
sie tun kann: Dort, wo sie durch Vorschriften oder ge-

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(C (D etzliche Regelungen etwas erreichen kann, sollte sie iese verbindlich für alle einführen. Das ist unsere Posiion. Sie haben es in der Öffentlichkeit und natürlich heute urch die Debatte wahrgenommen: Es gibt offensichtich einen Dissens mit der Regierung, die den Doblipiegel als problematisch einschätzt. Wir glauben, dass in größerer Teil dieser Bedenken durch die Praxis und eren empirische Überprüfung widerlegt ist. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Er ist nur einer von neun in den Niederlanden zugelassenen!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie Erfahrung zeigt, dass man diesen Spiegel sicher an-
ringen kann. Das Argument, dass ein neuer Spiegel die
icht behindere, ist ziemlich fragwürdig. Denn dann
üsste man eigentlich alle Rückspiegel abschaffen, weil
ie selbstverständlich auf der einen Seite ein kleines
tück ausblenden, aber auf der anderen Seite verschaffen
ie eine neue große Sicht. Spiegel haben Vorteile und
achteile. Deswegen kann ich dieses Argument nicht
kzeptieren.
Es ist möglich, diesen Spiegel schnell und einfach

achzurüsten. Auch das ist ein großer Vorteil. Das Ver-
ehrsministerium sollte dies positiver prüfen und nicht
o kritisch wie bisher. Ich erkenne durchaus an, dass es
icht allein mit der Zahl der Spiegel getan ist, sondern
atürlich hängt es auch von der Beschaffenheit des Spie-
els und vom System insgesamt ab. Aber es ist eine ein-
ache und schnelle Lösung, die in der Nachrüstung güns-
ig und rasch umzusetzen ist.
Wir werden innerhalb der Koalition und mit der Re-

ierung noch verhandeln müssen, wie wir weiter vorge-
en. Für meine Fraktion sage ich: Wir sehen beim aktu-
llen Stand der Informationen gerade in diesem Dobli-
piegel eine sehr gute Lösung und glauben, dass wir die-
en rasch – und nicht erst in zwei Jahren – und für alle,
icht nur für Neufahrzeuge, einführen sollten.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wir können das nur für Deutschland machen!)


Wir unterstützen die Bundesratsinitiative von Berlin
nd Brandenburg, die genau in diese Richtung vorstößt.
m Verkehrsausschuss des Bundesrates haben Sie dafür
brigens eine ganz große Mehrheit gefunden. Das wird
uch den Bundestag fordern. Ich meine, das ist eine gute
orlage des Bundesrates.
Ich komme zum Schluss und möchte gerne an die
orte und Gedanken des Kollegen Friedrich anknüpfen.
ine auf Spiegel beschränkte Verkehrssicherheitspolitik
äre in der Tat sehr beschränkt. Wir brauchen eine um-
assend neue Verkehrssicherheitspolitik. Diese müssen
ir an dem Konzept „Vision Zero“ messen, das in
chweden und in der Schweiz seit einigen Jahren sehr
mbitioniert erprobt wird.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Auch in der EU!)







(A) )



(B) )


Winfried Hermann

Wir haben die sehr ambitionierte Vorstellung, dass man
eine Politik betreiben muss, die das Ziel hat, dass es im
Straßenverkehr möglichst überhaupt keine Verkehrstoten
mehr und nur noch möglichst wenige Schwerverletzte
gibt.


(Beifall der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist ungeheuer wichtig, an diesem Ziel hart zu arbei-
ten. Dazu müssen wir alle Bereiche konzeptionell ange-
hen.

Das gilt übrigens auch für die Verkehrserziehung und
das Verhalten der Radfahrer selbst. Auch sie tragen Ver-
antwortung und müssen schauen, durch welches Verhal-
ten sie sich gefährden. Wir müssen versuchen, durch Re-
geln und Vorschriften all das zu erreichen, was möglich
ist, um Verkehrssicherheit herzustellen, sodass wir zu-
künftig keine Radfahrer mehr aufgrund des toten Win-
kels als Tote im Straßenverkehr zu beklagen haben.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510524600

Das Wort hat der Kollege Günter Nooke von der

CDU/CSU-Fraktion.

Günter Nooke (CDU):
Rede ID: ID1510524700

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich

möchte mit der Bemerkung einleiten, dass die Debatte
trotz des so ernsten Anlasses eigentlich sehr erfreulich
ist. Ich muss mich bei meinem Kollegen Hermann be-
danken, dass er unseren Antrag hier so freundlich beglei-
tet. Frau Staatssekretärin Gleicke, ich denke, es ist wich-
tig, dass man nicht nur gute Absichten unterstellt,
sondern nach der Debatte auch einräumt, dass der An-
trag gut ist.


(Beifall bei der CDU/CSU – Werner Kuhn [Zingst] [CDU/CSU]: Damit hast du den Nagel auf den Kopf getroffen! – Zuruf von der SPD: Gut gemeint!)


Ich glaube, es ist auch wichtig, zumindest anzuerkennen,
dass durch diese Debatte entsprechender Druck auf die
Ministerien ausgeübt wird, wodurch sie zum Handeln
gebracht werden. Ich denke, es ist klar, dass wir nicht
nur eine Aufklärungskampagne durchführen, sondern
auch zum Handeln kommen müssen.

Vielleicht sollte ich noch einmal ganz kurz sagen, wo-
rum es hier eigentlich geht. Es ist bereits kurz angespro-
chen worden, warum ich als Berliner Bundestagsabge-
ordneter hier rede. Vor einem Monat – es war am
23. März 2004 – ist nicht weit von hier ein neunjähriger
Junge gestorben. Er war morgens um 8.15 Uhr mit sei-
nem Fahrrad auf dem Weg zur Schule. An der Kreuzung
Bismarckstraße/Kaiser-Friedrich-Straße hatte er grünes
Ampellicht. Er wurde von einem LKW erfasst und getö-
tet. Der LKW-Fahrer wollte rechts abbiegen und hatte
den Neunjährigen auf dem Radweg nicht gesehen. Mich

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(C (D ewegt das sehr. Der Neunjährige wurde auf dem Schuleg sogar von seiner Mutter auf dem Rad begleitet. Sie uhr unmittelbar vor ihm auf dem Radstreifen über die reuzung. Das war nicht der einzige tödliche Fahrradunfall an iesem Tag. Gleiches ereignete sich auch am Nachmitag gegen 13.30 Uhr in der Teilestraße in Tempelhof. ierbei kam ein 59-jähriger Radfahrer ums Leben. Auch ier war die Unfallursache der so genannte tote Winkel. Ich denke, wir als Abgeordnete sind gefragt, hier zu andeln. Die bisherigen Debattenbeiträge der verschieenen Fraktionen haben gezeigt, dass solch abwiegelnde ositionen wie die des Bundesverkehrsministeriums, die ch jetzt gar nicht allzu sehr kritisieren will, weil ich uch Ihnen gute Absichten unterstelle, auf jeden Fall icht ausreichen. Ich glaube nämlich schon, dass es anchmal noch ein wenig schneller ginge. Es ist hier urch manche Hinweise deutlich geworden, dass es zu ange dauern würde, auf neue EU-Vorschriften zu waren. Ich will eines deutlich machen: Ich wünsche mir, dass as Ministerium auch von den Parlamentariern der Koaitionsfraktionen gedrängt wird, schnell zu handeln. Ich denke, dass sich der Allgemeine Deutsche Fahr ad-Club bereits deutlich zu der Pressemitteilung zu dieem Thema und zu den Aussagen, die vonseiten des undesverkehrsministeriums gemacht wurden, geäußert at. Damals hieß es, Sie seien in höchster Erklärungsnot. ch finde, wir sind inzwischen schon einen Schritt weier. Das gilt auch für diese Debatte und das kann ja nur ut sein. Bezüglich der Länderkammer will ich noch etwas Er reuliches ein wenig genauer darstellen. Es ist auf einen ntschließungsantrag – gestern stand er auf der Tagesrdnung der Sitzung des Verkehrsausschusses des undesrates – der Länder Berlin und Brandenburg zum ntwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverehrsgesetzes hingewiesen worden. Dort hieß es: Die ichtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates om 10. November 2003 zur Angleichung der Rechtsorschriften der Mitgliedstaaten für die Typengenehmiungen von Einrichtungen für indirekte Sicht und von it solchen Einrichtungen ausgestatteten Fahrzeugen soie zur Änderung entsprechender Richtlinien soll bis pätestens Mitte 2004 in nationales Recht umgesetzt erden. – Das ist der entscheidende Satz. Es geht weiter: Für alle im Verkehr befindlichen utzfahrzeuge ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgeicht soll eine kurzfristige Nachrüstfrist entsprechend er EG-Richtlinie 2003/97 vorgesehen werden, mindesens aber ein zusätzlicher Frontspiegel verbindlich festeschrieben werden. – Das ist Inhalt dieser Initiative. indestens sieben Länder haben sich ausdrücklich posi iv dazu geäußert. Weiter heißt es: Für Nutzfahrzeuge und Neufahrzeuge b 3,5 bis 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht soll benfalls ein zusätzlicher Frontspiegel zur Verminde Günter Nooke rung des toten Winkels kurzfristig verbindlich vorgeschrieben werden. – Genau das haben wir gefordert. Wenn das Wort „kurzfristig“ durch „unverzüglich“ ersetzt wird, ist das im Prinzip die Fassung unseres CDU/ CSU-Antrages. Die Begründung des Antrags erinnert im Übrigen an die Aussagen, die wir schon seit längerem in der Presse lesen und die auch unseren Antrag auszeichnen. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die Entschließung, die im Brandenburger Landtag dazu behandelt wurde, eine interessante Feststellung enthält: Die Gefahrendimension durch den toten Winkel wird in der schulischen Verkehrssicherheitsarbeit so verdeutlicht, dass in den Bereich des toten Winkels bei einem LKW eine komplette Schulklasse gestellt wird, die vom Fahrzeugführer durch die Rückspiegel nicht gesehen werden kann. Weiter heißt es: Nach Angaben der gesetzlichen Unfallversicherungen sterben pro Jahr etwa 140 Radfahrer sowie Fußgänger bei Unfällen mit rechtsabbiegenden LKW. All das lässt den Handlungsbedarf erkennen. Wir von der Union sind zu konstruktiver Mitarbeit, Initiativengebung und auch weiterer Unterstützung bereit. Wir haben gerade auch in Berlin und Brandenburg – es ist ja in Berlin und Brandenburg nicht so, dass die Verkehrsminister der Union angehören; jedenfalls noch nicht – ein großes Interesse, mit Ihnen gemeinsam voranzukommen. Wir können sagen: Nicht nur zu später Stunde, sondern auch am helllichten Tage wollen wir ein ernstes Problem konstruktiv lösen. Da immer alle denken, wir zanken uns hier ohne Unterlass, war dies ein gutes Beispiel dafür, um zu zeigen, dass wir – vorausgesetzt auch die Kollegen von den Grünen machen mit – gemeinsam mit dem Ministerium schnell zu einer Lösung kommen können. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510524800

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

hat die Kollegin Heidi Wright von der SPD-Fraktion das
Wort.


Heidemarie Wright (SPD):
Rede ID: ID1510524900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

fortwährende Aufgabe, Verkehrssicherheit insbesondere
für schwächere Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten
und zu verbessern, führte zu dem vorliegenden Antrag.
Wir alle wollen keinen toten Winkel bei Lastkraftwagen.
Das eint uns: alle Politiker, alle LKW-Fahrer, alle, die
diesen LKWs im Straßenverkehr begegnen, und die
Fahrradfahrer, die sich gefährdet fühlen.

Besorgte Bürgerinnen und Bürger, insbesondere Müt-
ter, sind durch tragische Todesfälle bei Unfällen zwi-
schen LKWs und Fahrradfahrern aufgeschreckt. Auch
ich habe solche Zuschriften bekommen. Wir alle nehmen

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(C (D as sehr ernst. Dieser Wunsch, diese Unfälle zu vermeien, eint uns alle. Die Anstrengungen zur Beseitigung on Schwachstellen der Sichtwinkel und Sichtfelder von KW-Fahrern sind in vollem Gange, und zwar seit Moaten. Ich will hier ganz klar machen: Es genügt nicht, ein ach einen weiteren Spiegel, einen vierten Spiegel oder inen Dobli-Spiegel anzubringen, und alles ist in Ordung. Vielleicht ist dann den tagesaktuellen Forderungen n Zeitungsüberschriften oder Fernsehreportagen Geüge getan, aber das Problem ist nicht grundsätzlich und achhaltig gelöst. Deshalb ist der Antrag der Union gut emeint, aber unzureichend und in dieser Form überflüsig. Ein vierter Spiegel muss nicht eingeführt werden. Er st bereits möglich, aber nicht ausreichend. (Werner Kuhn [Zingst] [CDU/CSU]: Frau Wright, das ist die Frage!)


Was ist wirklich zielführend? Zielführend ist, dass
icht nur einige niederländische oder einige deutsche
KWs mit einem weiteren Spiegel ausgestattet werden,
ondern dass alle europäischen LKWs verkehrssicherer
it Spiegelsystemen ausgestattet werden.


(Beifall bei der SPD)

ies ist bereits eingetütet, also beschlossen, und durch
ie Arbeit der Parlamentarischen Staatssekretärin Iris
leicke mächtig mit Dampf versehen.
So hat die Bundesregierung bereits im Jahre 2001 ge-
einsam mit den Niederlanden eine Initiative bei der
uropäischen Kommission gestartet;


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Es sterben aber immer noch Radfahrer! Was sagen Sie dazu?)


enn auch in den Niederlanden wird die Notwendigkeit
on Verbesserungen gesehen. Das Resultat ist die EU-
ichtlinie 2003/97 – in Kraft seit Januar 2004 –, die ver-
chärfte Anforderungen für die rückwärtige Sicht vor-
ieht. Ein LKW mit 7,5 Tonnen hat in Zukunft sechs
piegel.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Sie nehmen sich viel Zeit!)


uch eine Ausrüstung mit einem Kamerasystem ist
öglich.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Aber die Radfahrer sterben noch immer!)


etzt geht es um den mühseligen Gang der vollständigen
msetzung und um die Übergangsfristen. Das kann uns
lle hier im Parlament und in der Regierung nicht befrie-
igen. So hat Staatssekretärin Gleicke auch da die Sache
nter Dampf gesetzt. Wir werden die Übergangszeiten
icht ausschöpfen, sondern mächtig vorziehen.
Es gibt drei Verbesserungen: Erstens. Eine Ausstat-

ung mit einem modifizierten Weitwinkelspiegel auf
er Beifahrerseite, der für die Verringerung des toten
inkels besonders wichtig ist, soll ab Februar 2005 für
eue Fahrzeuge möglich sein.






(A) (C)



(B) )


Heidi Wright
Zweitens. Darüber hinaus soll der neue Frontspiegel,

wie in der Richtlinie vereinbart, durch die deutschen
Fahrzeughersteller ebenfalls ein Jahr früher zur Verfü-
gung stehen.

Drittens. Wir wollen die Nachrüstung – die ist in der
EU-Richtlinie leider gar nicht geregelt – regeln. Es hat
eine Vereinbarung des Ministeriums mit der Fahrzeugin-
dustrie gegeben. Für die jeweiligen Fahrzeugtypen wer-
den geeignete Austauschspiegelgläser mit stärkerer
Krümmung und größeren Sichtfeldern zum Einbau in


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510525000

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/2823 an den Ausschuss für Verkehr,
Bau- und Wohnungswesen vorgeschlagen. Sind Sie da-
mit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Über-
weisung so beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 5 auf:
ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle
die vorhandenen Spiegelgehäuse hergestellt.
Sie sehen – das sollten wir auch den besorgten Bürge-

rinnen und Bürgern gemeinsam deutlich machen –: Ver-
kehrssicherheit ist ein wichtiges Anliegen der Bundesre-
gierung und die nationalen Initiativen, aber auch die
europäischen Regelungen sind auf Verbesserung ausge-
richtet.

Ich warne vor scheinbar einfachen Lösungen und gar
vor der Unterstellung, diese würden blockiert. Nachhal-
tige Lösungen sind meist etwas kompliziert, was uns je-
doch nicht abhalten kann. Wenn einfache Teillösungen
möglich sind, wie der in den Niederlanden verwendete
Dobli-Spiegel, so können diese selbstverständlich ge-
nutzt werden. Keiner verbietet sie. Allerdings wird ein
Dobli-Spiegel nicht in der StVZO vorgeschrieben wer-
den. Das ist auch in den Niederlanden nicht der Fall.

Zum Schluss: Ich danke ausdrücklich der Parlamenta-
rischen Staatssekretärin Iris Gleicke für die intensiven
Vorarbeiten mit der deutschen Fahrzeugindustrie und für
das Vorziehen der EU-Richtlinie. Mit diesen Grundlagen
müssen wir ganz schnell politisch dafür sorgen, dass die
Veränderung der StVZO auf den Weg gebracht wird.
Auch die fakultativen Möglichkeiten eines Dobli-Spie-
gels werden wir klären. Es liegt jedoch an den Ländern,
im Bundesrat die Veränderung der StVZO zügig durch-
zuwinken. Das Signal der heutigen Debatte muss sein:
Wir sind uns einig in dem Ziel für mehr Verkehrssicher-
heit. Ich bin mir sicher, dass wir uns auch ganz schnell
über das Wie einig werden.

Wichtig ist jedoch bei allem das öffentliche Bewusst-
sein; das hat der Kollege Friedrich bereits angesprochen.
Die persönliche Vorsicht und Voraussicht jedes einzel-
nen Verkehrsteilnehmers, ob LKW- oder Fahrradfahrer,
sind ebenfalls wichtig. Sie können auch durch noch so
gute technische Möglichkeiten und viele Spiegel nicht
ersetzt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)


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Laurischk, Rainer Funke, Dr. Werner Hoyer, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung zum
40. Jahrestag des Élysée-Vertrags – Regionale
und interregionale Zusammenarbeit – Schaf-
fung von Eurodistrikten
– Drucksache 15/1111 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

Die Redebeiträge zu dieser Debatte sollen zu Proto-
oll genommen werden. Die Rede des Staatsministers
ans Martin Bury ist zu Protokoll gegeben worden. Von
er CDU/CSU haben Dr. Andreas Schockenhoff und
unther Krichbaum, vom Bündnis 90/Die Grünen Anna
ührmann und von der FDP Sibylle Laurischk ihre Re-
en zu Protokoll gegeben. Eine Aussprache findet nicht
tatt.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/1111 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
inverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
ung so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-

rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-

estages auf morgen, Freitag, den 30. April 2004, 9 Uhr,
in.
Die Sitzung ist geschlossen.