Protokoll:
15102

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 102

  • date_rangeDatum: 1. April 2004

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:16 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/102 (Drucksache 15/2820) . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Christoph Hartmann (Hom- burg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ausbildungsplatz- abgabe verhindern – Wirtschaft nicht weiter belasten – Berufsausbil- dung stärken (Drucksache 15/2833) . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Edelgard Bulmahn, Bundesministerin Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Weichen stellen für eine bessere Be- schäftigungspolitik – Wachstumspro- gramm für Deutschland (Drucksache 15/2670) . . . . . . . . . . . . . . . Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . 9148 C 9148 D 9149 A 9151 B 9154 A 9155 B 9172 A 9172 B 9175 C 9176 A 9177 D Deutscher B Stenografisch 102. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 17, 20, 23 h und 23 i . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Sicherung und Förderung des Fachkräftenach- wuchses und der Berufsausbil- dungschancen der jungen Genera- tion (Berufsausbildungssicherungs- gesetz – BerASichG) E B K J K G D C P D D S 9147 A 9148 B 9148 B BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 9157 A 9159 C undestag er Bericht ung en 1. April 2004 t : delgard Bulmahn, Bundesministerin MBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . örg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . rietje Bettin BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Hartmann (Homburg) FDP . . . . . . etra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ernst Dieter Rossmann SPD . . . . . . . . . . agmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . wen Schulz (Spandau) SPD . . . . . . . . . . . . 9160 A 9160 C 9163 A 9163 C 9163 C 9164 A 9165 A 9165 D 9166 D 9168 A 9170 C Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fritz Kuhn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 9179 B 9181 B II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kauder CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Fritz Kuhn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . Anette Kramme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Kues CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . Ortwin Runde SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Grotthaus SPD . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung von Ver- kehrsleistungen (Verkehrsleistungs- gesetz – VerkLG) (Drucksache 15/2769) . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. März 2003 zwischen der Regie- rung der Bundesrepublik Deutsch- land und der Regierung der Repu- blik Türkei über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung, insbe- sondere des Terrorismus und der or- ganisierten Kriminalität (Drucksache 15/2724) . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (Drucksache 15/780) . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines … Geset- zes zur Änderung des Strafvollzugs- gesetzes (Drucksache 15/2252) . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Haftungsregeln als eigenstän- diges Instrument europäischer Um- weltpolitik (Drucksache 15/2011) . . . . . . . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, Daniel Bahr (Münster), weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Grundsätzliche Neuausrich- T 9184 A 9184 D 9185 C 9186 D 9188 B 9189 B 9190 B 9191 A 9192 D 9194 B 9196 A 9196 A 9196 B 9196 B 9196 B tung der EU-Hilfsmaßnahmen für Südosteuropa (Drucksache 15/2424) . . . . . . . . . . . . . g) Antrag der Abgeordneten Ulla Burchardt, Jörg Tauss, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD so- wie der Abgeordneten Grietje Bettin, Volker Beck (Köln), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Aktions- plan zur UN-Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (Drucksache 15/2758) . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu der in Rom am 17. November 1997 angenomme- nen Fassung des Internationalen Pflanzenschutzübereinkommens (Drucksachen 15/2544, 15/2754) . . . . b) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zum Zusatzabkommen vom 15. Oktober 2003 zu dem Abkom- men vom 4. Oktober 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteue- rung auf dem Gebiet der Erbschaft- steuern (Drucksachen 15/2721, 15/2847) . . . . c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 13. Mai 2002 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und Ka- nada über die Rechtshilfe in Strafsa- chen (Drucksachen 15/2598, 15/2840) . . . . d) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Zusatzvertrag vom 13. Mai 2002 zu dem Vertrag vom 11. Juli 1977 zwischen der Bundesre- publik Deutschland und Kanada über die Auslieferung (Drucksachen 15/2599, 15/2841) . . . . e) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Proto- koll betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und 9196 C 9196 C 9196 D 9197 A 9197 B 9197 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 III bodennahem Ozon (Multikompo- nenten-Protokoll) vom 30. Novem- ber 1999 im Rahmen des Überein- kommens von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung (Drucksachen 15/2410, 15/2846) . . . . f) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des Beschlusses des Rates (2003/725/ JI) vom 2. Oktober 2003 zur Ände- rung von Art. 40 Abs. 1 und 7 des Übereinkommens zur Durchfüh- rung des Schengener Übereinkom- mens vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kon- trollen an den gemeinsamen Gren- zen (Drucksachen 15/2546, 15/2842) . . . . g) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Protokoll Nr. 13 vom 3. Mai 2002 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollstän- dige Abschaffung der Todesstrafe (Drucksachen 15/2549, 15/2844) j) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Ver- ordnung der Bundesregierung: Dreizehnte Verordnung zur Durch- führung des Bundes-Immissions- schutzgesetzes (Verordnung über Großfeuerungs- und Gasturbinen- anlagen – 13. BImSchV) (Drucksachen 15/2596, 15/2630 Nr. 2.1, 15/2802) . . . . . . . . . . . . . . . . . k) – o) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 103, 104, 105, 106 und 107 zu Petitionen (Drucksachen 15/2763, 15/2764, 15/2765, 15/2766, 15/2767) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Beschlussempfehlung des Ausschus- ses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) zu dem Ge- setz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinder- ter Menschen T 9197 D 9198 A 9198 B, C 9198 C 9198 D–9199 A (Drucksachen 15/1783, 15/2357, 15/2557, 15/2830, 15/2636 Nr. 2.40, 15/2848) b) Beschlussempfehlung des Ausschus- ses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) zu dem Ge- setz zur Änderung der Vorschriften über die Anfechtung der Vaterschaft und das Umgangsrecht von Bezugs- personen des Kindes und zur Ein- führung von Vordrucken für die Vergütung von Berufsbetreuern (Drucksachen 15/2253, 15/2492, 15/2716, 15/2831) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung des Ausschus- ses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) zu dem Ge- setz zur Umsetzung des Beschlusses (2002/187/JI) des Rates vom 28. Fe- bruar 2002 über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Be- kämpfung der schweren Kriminali- tät (Eurojust-Gesetz – EJG) (Drucksachen 15/1719, 15/2484, 15/2717, 15/2832) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Vor- schlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/ 96/EG im Hinblick auf die Möglich- keit der Anwendung vorübergehen- der Steuerermäßigungen und Steuerbefreiungen auf Energieer- zeugnisse und elektrischen Strom durch bestimmte Mitgliedstaaten (Drucksachen 15/2636 Nr. 2.40, 15/2848) e) Beschlussempfehlung des Rechtsaus- schusses: Übersicht 6 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfas- sungsgericht (Drucksache 15/2834) . . . . . . . . . . . . . f) – j) Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 108, 109, 110, 111 und 112 zu Petitio- nen (Drucksachen 15/2835, 15/2836, 15/2837, 15/2838, 15/2839) . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs 9199 B 9199 C 9199 D 9199 D 9200 A 9200 A–C IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 eines Gesetzes zur Umsetzung der Re- form der gemeinsamen Agrarpolitik (Drucksachen 15/2553, 15/2770, 15/2843, 15/2851) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jella Teuchner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . . Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Vereinbarte Debatte: zu den Ergebnissen des Frühjahrsgipfels der Europäischen Union am 25./26. März 2004 Hans Martin Bury, Staatsminister für Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . Anna Lührmann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP . . Martin Dörmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Schwanholz SPD . . . . . . . . . . . . . Peter Altmaier CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Reform des Sanktionenrechts (Drucksache 15/2725) . . . . . . . . . . . . . . . . B S C J D J D T D E H R D H H T 9200 C–D 9200 D 9202 A 9203 B 9204 C 9206 A 9207 D 9210 A 9211 C 9213 C 9214 D 9219 C 9215 B 9216 D 9221 B 9222 D 9224 A 9225 C 9226 A 9227 C 9228 A 9228 D 9230 B 9231 D rigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . iegfried Kauder (Bad Dürrheim) DU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erzy Montag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Volker Wissing FDP . . . . . . . . . . . . . . . . oachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . aniela Raab CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien – zu dem Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN und der FDP: Deutsch als Arbeitssprache auf eu- ropäischer Ebene festigen – Ver- stärkte Förderung von Deutsch als erlernbare Sprache im Ausland – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Gauweiler, Günter Nooke, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Deutsch als dritte Ar- beitssprache auf europäischer Ebene – Verstärkte Förderung von Deutsch als lernbare Sprache im Ausland (Drucksachen 15/1574, 15/468, 15/1951) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Peter Gauweiler CDU/CSU . . . . . . . . . . ckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . . ans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . ainder Steenblock BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU . . . . edi Wegener SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Michael Bürsch, Ludwig Stiegler, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD sowie der Abgeordneten 9232 A 9233 D 9234 D 9235 D 9236 C 9237 C 9239 A 9240 D 9242 C 9242 D 9244 B 9245 C 9246 B 9247 B 9248 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 V Volker Beck (Köln), Werner Schulz (Berlin), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Öffentlich-private Partnerschaften (Drucksachen 15/1400, 15/2663) b) Antrag der Abgeordneten Otto Fricke, Gudrun Kopp, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Privatisie- rung und öffentlich-private Partner- schaften (Drucksache 15/2601) . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Bürsch SPD . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Dobrindt CDU/CSU . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: a) Erste Beratung des von den Abgeord- neten Dr. Andreas Pinkwart, Dr. Günter Rexrodt, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion der FDP einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Begrenzung, Befristung und degres- siven Gestaltung von Subventionen (Subventionsbegrenzungsgesetz) (Drucksache 15/2061) . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhil- fen des Bundes und der Steuerver- günstigungen gemäß § 12 des Geset- zes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) vom 8. Juni 1967 für die Jahre 2001 bis 2004 (19. Subventi- onsbericht) (Drucksache 15/1635) . . . . . . . . . . . . . Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . Georg Schirmbeck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Anja Hajduk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . Dr. Andreas Pinkwart FDP . . . . . . . . . . . . . . Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . C J T R I K I D P J B D D D T A B I U D R D U 9249 B 9249 B 9249 B 9251 A 9253 A 9254 B 9255 B 9255 D 9257 A 9258 D 9259 A 9259 B 9260 C 9262 B 9263 C 9264 B arsten Schneider SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Pinkwart FDP . . . . . . . . . . . ochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . . . . . Anja Hajduk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Ingrid Arndt- Brauer, Norbert Barthle und weiteren Ab- geordneten: Mehr Demokratie wagen durch ein Wahlrecht von Geburt an (Drucksache 15/1544) . . . . . . . . . . . . . . . olf Stöckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ngrid Fischbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . laus Haupt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . ohannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . arbara Wittig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aniel Bahr (Münster) FDP . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 12: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) (Drucksachen 15/1487, 15/2795) . . . . . . . lfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär MJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . ngo Wellenreuther CDU/CSU . . . . . . . . . . . lrike Höfken BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Manzewski SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Jürgen Gehb CDU/CSU . . . . . . . . . . Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . rsula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 9264 D 9266 B 9267 A 9268 A 9269 B 9269 C 9270 D 9272 C 9273 D 9275 B 9275 D 9276 C 9277 D 9279 A 9280 C 9280 D 9281 C 9282 B 9284 A 9285 A 9286 C 9287 C 9288 B 9289 D VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Cajus Caesar, Peter H. Carstensen (Nordstrand), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Urwaldschutz durch nachhaltige Holz- und Forstwirtschaft stärken (Drucksache 15/2747) . . . . . . . . . . . . . . . . Cajus Caesar CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm SPD . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan FDP . . . . . . . . . Cornelia Behm BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhold Hemker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/ CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP: Rating-Agenturen: Integrität, Unabhängigkeit und Trans- parenz durch einen Verhaltenskodex verbessern (Drucksache 15/2815) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Gisela Piltz, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Passa- gierdatensammlungen und Daten- schutzrechte – EU-Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika (Drucksache 15/2761) . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Hofmann (Volkach) SPD . . . . . . . . . . Beatrix Philipp CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . U T N A L A E D ti d d t A Z d U n n R S H D C A Z A D d g P 9291 A 9292 B 9292 C 9293 C 9294 D 9296 A 9296 D 9297 C 9298 D 9299 A 9299 A 9300 B 9301 B 9302 D 9304 A te Vogt, Parl. Staatssekretärin BMI . . . . . . . agesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Gero Storjohann, Dirk Fischer (Hamburg), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Kleinlaster sicherer machen (Drucksache 15/2577) . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten r. Gesine Lötzsch und Petra Pau (beide frak- onslos) zur namentlichen Abstimmung über en Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung er Reform der gemeinsamen Agrarpoli- ik (Tagesordnungspunkt 6) . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Rating-Agenturen: Integrität, nabhängigkeit und Transparenz durch ei- en Verhaltenskodex verbessern (Tagesord- ungspunkt 14) einhard Schultz (Everswinkel) SPD . . . . . . tefan Müller (Erlangen) CDU/CSU . . . . . . ubert Ulrich BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung des ntrags: Passagierdatensammlungen und atenschutzrechte – EU-Abkommen mit en Vereinigten Staaten von Amerika (Ta- esordnungspunkt 15) etra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . 9305 A 9305 D 9306 C 9307 A 9307 B 9307 D 9308 C 9310 A 9310 C 9312 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 VII Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Kleinlaster sicherer machen (Tagesordnungspunkt 16) Uwe Beckmeyer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gero Storjohann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Ursula Sowa BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9312 C 9313 C 9314 B 9315 A 9315 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 9147 (A) ) (B) ) 102. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    1) Anlage 5 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 9307 (A) ) (B) ) Zeit, etwas Konkretes anzubieten. Die jüngste Anhörung ses des Deutschen Bundestages unter meiner Leitung die verbindlich. Die Bundesregierung hatte ausreichend g angenen Sommer eine Delegation des Finanzausschus- Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau (beide fraktionslos) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik (Tagesordnungspunkt 6) Die PDS fordert seit Jahren eine Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik. Deshalb unterstützten wir den Luxem- burger Beschluss zur Reform der gemeinsamen Agrar- politik, auch wenn diese Reform nur bedingt unseren weiter gehenden Vorstellungen entspricht. Der System- wechsel in der Agrarförderung, der die Landwirtschaft wettbewerbsfähiger und marktgerechter machen und umweltgerechte Erzeugungsverfahren sicherstellen soll, ist ein gesellschaftliches Erfordernis. Aus diesem Grund sind wir vom Grundsatz her für die dem Gesetzentwurf zugrunde liegende Grundkon- struktion für die nationale Umsetzung der Reform. Trotzdem haben wir dem Gesetz nicht zugestimmt. Un- sere Gründe dafür waren folgende. Erstens. Die Bundesregierung lehnt in ihrer Gegenäu- ßerung die vom Bundesrat vorgeschlagene Verschiebung des Beginns der Prämienangleichung auf 2010 ab. Le- diglich im Bereich der Milch- und Schafproduktion will sie Ausnahmen in Erwägung ziehen. Das ist uns zu un- d d t g d g f M B d d t d r d E f b g i s g d n m s d d g d d n S m e z R A Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Deittert, Hubert CDU/CSU 01.04.2004* Hartnagel, Anke SPD 01.04.2004 Irber, Brunhilde SPD 01.04.2004 Koppelin, Jürgen FDP 01.04.2004 Laurischk, Sibylle FDP 01.04.2004 Link (Diepholz), Walter CDU/CSU 01.04.2004 Dr. Rexrodt, Günter FDP 01.04.2004 Simm, Erika SPD 01.04.2004 Thiele, Carl-Ludwig FDP 01.04.2004 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht es Agrarausschusses hat deutlich gemacht, dass Län- ervertreter wie Wissenschaftler – unabhängig vom Par- eibuch – für eine zeitliche Verschiebung der Prämienan- leichung plädieren. Gerade Milchproduzenten würden urch Preissenkung und Prämienabschmelzung doppelt etroffen. Das Brandenburger Agrarministerium be- ürchtet – Zitat – „umfangreiche Existenzaufgaben“ von ilchviehbetrieben. Um das zu vermeiden, muss den etrieben die erforderliche Anpassungszeit im Interesse er künftigen Wettbewerbsfähigkeit und zur Vermeidung er Entwertung von Investitionen und Gesellschafteran- eilen eingeräumt werden. Die heutige Debatte hat ver- eutlicht, dass der Konflikt zwischen „Besitzstandswah- ung“ und „Beseitigung von Ungerechtigkeit“ nicht mit er Brechstange lösbar ist. Deshalb hat die PDS in ihrem uropawahlprogramm unter anderem formuliert: Beim Umbau des Agrarförderungssystems, der mit erheblichen Umschichtungen zwischen Betrieben und Regionen verbunden sein wird, sollten die natio- nalen Entscheidungsspielräume so genutzt werden, dass die Umschichtungen aus Einkommensgründen nicht abrupt, sondern als mehrjähriger Übergang er- folgen. Zweitens. Für uns und die Landwirte, die mit der Re- orm leben müssen, ist eine zentrale Frage offen geblie- en, nämlich die Einschätzung der komplexen Wirkun- en dieser umfassenden Reform. Das betrifft nsbesondere ihre Konsequenzen für die regionale Wirt- chaftskraft, für Wachstum, Wertschöpfung, Beschäfti- ung. Es ist schlimm, dass die Bundesregierung nicht in er Lage ist, Einschätzungen und Auswirkungsberech- ungen vorzulegen. Damit wird dem Bundestag zuge- utet, die „Katze im Sack zu kaufen“. Damit ist kein olides Gesetzgebungsverfahren möglich. Unsere Be- enken betreffen Voraussagen, die von der Wissenschaft, em Bauernverband und Agrarministerien der Länder etroffen wurden, wonach vor allem die Rindfleischpro- uktion erheblich absinken werde. Ostdeutschland wäre avon besonders betroffen. Das ist weder akzeptabel och mit der in der Koalitionsvereinbarung zwischen PD und Bündnis 90/Die Grünen formulierten und im- er noch nicht eingelösten Aussage vereinbar, sich „für inen höheren Tierbestand in Ostdeutschland einzuset- en, um Wertschöpfung wieder verstärkt in ländlichen egionen Ostdeutschlands anzusiedeln“. nlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Rating-Agenturen: Integrität, Unabhängigkeit und Transparenz durch einen Verhaltenskodex verbessern (Ta- gesordnungspunkt 14) Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD): Als im ver- 9308 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 (A) ) (B) ) Vereinigten Staaten besuchte und dort internationale Fi- nanzmarktprobleme erörterte, trafen wir dort kaum je- manden, weder in der Politik noch bei Aufsichtsbehör- den, der ernsthaft die Notwendigkeit sah, die Tätigkeit von Rating-Agenturen zu regulieren. Zwar haben die Vereinigten Staaten durch eine Verpflichtung der Rating- Agenturen, bei der Finanzaufsicht zugelassen zu sein, die wenigen US-amerikanischen und kanadischen Ra- ting-Agenturen de facto weltweit monopolisiert. Aber alles andere sollte nach Auffassung unserer Gesprächs- partner der Markt regeln. Vor diesem Hintergrund bin ich besonders erfreut, dass die Wertpapieraufsichtsbehörden aller großen Industrieländer sich inzwischen gemeinsam bemühen, einen so genannten Verhaltenskodex für Rating-Agen- turen zu entwickeln. Dies ist auch dringend erforderlich. Das Gutachten einer Rating-Agentur entscheidet über die Kreditwürdigkeit und die Finanzierungskosten von Unternehmen und damit über deren Zukunft. Versiche- rungsunternehmen, Finanzdienstleister, Banken und Börsen unterliegen national und zum Teil inzwischen auch international einer Aufsicht. Die Rechnungslegung von Konzernen wird zunehmend standardisiert und da- mit transparent, aber die „selbsternannten“ Schiedsrich- ter über die Kapitalausstattung und Bonität von Unter- nehmen, die Rating-Agenturen, unterliegen keinerlei Spielregeln. Es gibt Rating-Agenturen, die unabhängig sind. Sie blicken auf lange Zeitreihen von Finanzmarktdaten und unternehmensbezogenen Informationen zurück, sie ha- ben eine offene Eigentümerstruktur und sind nicht mit anderen Zweigen von Finanzdienstleistungen verstrickt. Bei diesen Rating-Agenturen kann davon ausgegangen werden, dass sie immer und ausschließlich ihrem einzi- gen Produkt, nämlich dem objektiven Rating, verpflich- tet sind. Es gibt andere Rating-Agenturen, die sind selbststän- diger Bestandteil von Finanzdienstleistungskonzernen und arbeiten unter einem Dach mit Wirtschaftprüfern, Anlageberatern und Investmentbankern und haben in ih- rer unternehmerischen Verwandtschaft sogar noch füh- rende Wirtschaftszeitungen. Bei solchen Unternehmen kann unterstellt werden, dass es zu Interessenskonflikten kommen kann. Es gibt Herauf- und Herabstufungen von Unterneh- men durch Rating-Agenturen, die auch für Kenner des Marktes nicht nachvollziehbar sind. Ein Offenlegen der Methode und der empirischen Basis des Ratings gibt es in der Regel nicht. Es ist erforderlich, dass die Methoden offen gelegt werden und auch einer Methodenkritik zu- gänglich sind. Es muss sich ein State of the Art hinsicht- lich der Durchführung von Ratings herausbilden, der un- angreifbar ist. Die ersten Ratings von Unternehmen werden häufig durch die Unternehmen selbst in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse sind dann Grundlage einer langen Zeitreihe, die ohne Rückfragen bei den betroffenen Unternehmen von den Rating-Agenturen weiterverwandt werden kann. Auch dies kann zu einem Problem werden, weil die Un- ternehmen wenig Einfluss darauf haben, unter welchen G w w s d t A a e e f K m s a n M L l v O g d z W v k m m D f m U s s a s l d R T d g w r k A k v B (C (D esichtspunkten die angesammelten Daten eingesetzt erden. Es ist nur sehr selten der Fall, dass Ratings eine Vor- arnfunktion im Sinne eines Coachings für große Ge- ellschaften wahrnehmen, wie wir es zum Beispiel bei er Entlassung der Landesbanken aus der Gewährs- rägerhaftung haben. Hier wird über mehrere Jahre ein ls-ob-Rating durchgeführt, sodass sich die Gesellschaft uf den „Ernstfall“ einstellen kann. Die Refinanzierung iner Landesbank ist am günstigsten, wenn sie mit „aaa“ ingestuft wird, und gerade noch möglich bei einem ein- achen „a“. Alle Einstufungen darunter verteuern die onditionen so sehr, dass ein Bankgeschäft nicht mehr öglich ist. Vor diesem Hintergrund kann man sich vor- tellen, dass auch Wettbewerber Rating-Agenturen be- uftragen, den Konkurrenten zu beobachten, und das icht nur uneigennützig mit dem Ergebnis, diesen am arkt zu stärken. All diese Probleme müssen gelöst werden. Die ösungen können Eingang finden in einen internationa- en Verhaltenskodex für Rating-Agenturen. Die BaFin erhandelt für Deutschland im Rahmen der internationalen rganisationen der Wertpapieraufsichtsbehörden IOSCO enau mit diesem Ziel. Der Deutsche Bundestag bestärkt ie BaFin und Herrn Sanio ausdrücklich in dieser Zielset- ung und wünscht ihm auch im Interesse der deutschen irtschaft viel Erfolg. Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU): Die Bedeutung on Rating-Agenturen hat vor dem Hintergrund der stär- eren gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der Finanz- ärkte in den letzten Jahren weiter zugenommen. Ratings sind eine wesentliche Grundlage für Kapital- arktteilnehmer bei deren Investitionsentscheidungen. amit besitzen Rating-Agenturen einen erheblichen Ein- luss auf die Zins- und Preisgestaltung an den Kapital- ärkten und damit auch auf die Finanzierungskosten der nternehmen. Vor dem Hintergrund von Basel II und der voraus- ichtlich ab 2007 geltenden neuen Eigenkapitalvor- chriften für Banken werden externe Ratings noch mehr n Bedeutung gewinnen, auch im Bereich der Mittel- tandsfinanzierung. Manches spricht dafür, dass die von den internationa- en Rating-Agenturen praktizierten Bewertungsstan- ards einen prägenden Einfluss auch auf das bankinterne ating der Kreditinstitute ausüben. Damit erlangt das hema auch für den industriellen Mittelstand hohe Be- eutung. Für viele Banken, die sich zu den Basel-Il-Vor- aben auf ein bankinternes Rating vorbereitet haben, aren die Rating-Standards der internationalen Agentu- en ein Vorbild. Ich möchte für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion larstellen: Rating-Agenturen erfüllen eine wichtige ufgabe im Bereich der Überprüfung der Kreditwürdig- eit von Unternehmen. Allerdings sind die internationalen Rating-Agenturen erstärkt in die öffentliche Diskussion geraten. Positive onitätseinschätzungen im Vorfeld spektakulärer Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 9309 (A) ) (B) ) Firmenpleiten, Herabstufungen deutscher Großunterneh- men, Überprüfung der Bonität der Bundesrepublik Deutschland sowie die Diskussion um die Bonität der Landesbanken haben zu einer verstärkten Kritik an den Rating-Agenturen geführt. Wesentliche Kritikpunkte sind mangelnde Objektivi- tät und fehlende Nachvollziehbarkeit von Gründen, die zu einer Rating-Entscheidung führen, sowie der geringe Wettbewerb unter den Agenturen. Angesichts des von mir soeben beschriebenen Ein- flusses der Rating-Agenturen auf den Markt, das ein- zelne Unternehmen und letztlich der gesamten Volks- wirtschaft stellt sich die Frage nach möglichem Handlungsbedarf für die Politik. Sowohl auf internationaler Ebene wie auf europäi- scher Ebene ist in den letzten Monaten ein Diskussions- prozess über die mögliche Regulierung von Rating- Agenturen in Gang gekommen. Im Deutschen Bundestag haben wir als CDU/CSU- Bundestagsfraktion eine Kleine Anfrage an die Bundes- regierung gerichtet und im Finanzausschuss die Durch- führung der nicht öffentlichen Anhörung angeregt. Wir haben damit deutlich gemacht, dass wir an einer kon- struktiven Diskussion des Themas interessiert sind. Vor diesem Hintergrund ist auch der heutige frak- tionsübergreifende Antrag zu sehen. Wir wollen mit die- ser Entschließung den deutschen Verhandlungsführern bei der IOSCO einen parlamentarischen Beschluss für die Gespräche, die Ende April stattfinden, mit auf den Weg geben. Wir setzen damit auch ein Signal für mehr Demokratie in diesen Expertengremien. Ziel ist es, einen international gültigen und agentur- übergreifenden Verhaltenskodex – einen so genannten Code of Conduct – zu entwickeln. Ein solcher Kodex könnte die Vergleichbarkeit und Transparenz von Ra- ting-Entscheidungen und die Effizienz im Rating-Pro- zess spürbar verbessern. In erster Linie geht es um die Verbesserung der Trans- parenz des Rating-Prozesses. Den Unternehmen muss eine angemessene Zeit eingeräumt werden, um auf ge- plante Marktkommuniqués der Agentur reagieren zu können. Nicht zuletzt auch um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Jede Veränderung des Ratings sollte vorher zwischen Agentur und Unternehmen diskutiert werden. Wichtig dabei ist, dass die Ratings laufend beobachtet und auf den neuesten Stand gebracht werden. Die Agen- tur muss unverzüglich handeln, sobald sie von Informa- tionen Kenntnis erlangt, die zu einer Änderung der Boni- tätseinschätzung führen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist in diesem Zusammen- hang die Offenlegung der Rating-Verfahren und -Metho- den. Über wesentliche Elemente wie beispielsweise angewandte Kennziffern, Definitionen Annahmen, Benchmarks und so weiter sollte regelmäßig informiert werden. Zur Sicherung eines ausreichend hohen Rating-Stan- dards sollten die Kriterien regelmäßig einer Überprüfung u T w z t M a z v D E v d f e d u l s E w k m B a t e d F s g t n s R l s z z W v n K z f m s d P (C (D nterzogen werden. Im Interesse einer umfassenden ransparenz erscheint es sinnvoll, Änderungen der ange- andten methodischen Grundlagen vor In-Kraft-Treten u veröffentlichen. Die Behandlung von Ratings ohne Auftrag des Emit- enten ist ein wesentlicher Aspekt einer funktionierenden arktkommunikation. Wir sprechen uns daher dafür us, solche auftragslosen Ratings als solche zu kenn- eichnen. Wichtig bei alledem ist: Ratings müssen unabhängig on geschäftspolitischen Interessen der Agenturen sein. abei sind potenzielle Interessenkonflikte zu vermeiden. in Rating kann nur dann dazu beitragen, die Effizienz on Finanzmärkten zu erhöhen, wenn sichergestellt ist, ass die Bewertung nicht durch andere Interessen beein- lusst wird. Es muss also Sorge dafür getragen werden, dass twaige Interessenkonflikte möglichst vermieden wer- en oder zumindest offen gelegt werden. Hierzu zählen insbesondere die Vergütungsstruktur nd die Erbringung von nicht rating-bezogenen Dienst- eistungen durch die Agenturen und finanziellen Interes- en von Rating-Analysten. Angesichts der weitreichenden Auswirkungen der ntscheidungen der Agenturen stellt sich die Frage, in- ieweit die Rating-Agenturen ihrerseits einer Gegen- ontrolle bedürfen. In diesem Zusammenhang wird im- er wieder die Forderung nach einer laufenden eaufsichtigung und Regulierung von Rating-Agenturen ufgestellt. Dazu ist zunächst festzustellen: Eine rein na- ionale Regulierung macht keinen Sinn. Dies würde zu iner Diskriminierung deutscher Agenturen bzw. Nie- erlassungen internationaler Agenturen führen. Letztlich wäre der Abbau von Arbeitsplätzen die olge. Deshalb ist den Forderungen nach gesetzgeberi- chen Maßnahmen in Deutschland ohne Berücksichti- ung internationaler Diskussionen eine Absage zu er- eilen. Erst wenn die internationalen Gremien zu Ergeb- issen gekommen sind, können wir über nationale Um- etzung reden. Ich sage aber ganz offen: Selbstverpflichtung geht vor egulierung. Grundsätzlich sollte der Markt die Regu- ierungsfunktion übernehmen. Eine Rating-Agentur kann auf Dauer nur erfolgreich ein, wenn ihre Analysen von den Marktteilnehmern ak- eptiert sind und sich über einen längeren Zeitraum als uverlässig erwiesen haben. Inwieweit ein stärkerer ettbewerb wirksam wird, hängt nicht zuletzt auch da- on ab, ob die Investoren die Ratings neuer Marktteil- ehmer als verlässliche Indikatoren für die Bonität von reditnehmern ansehen. Viel wichtiger scheint daher zu sein, den Wettbewerb u stärken. Eventuell vorhandene Markteintrittsbarrieren ür neue Rating-Agenturen sind abzubauen und die Rah- enbedingungen für deren Etablierung müssen verbes- ert werden. Gegenwärtig teilen sich im Wesentlichen rei Rating-Agenturen den Markt auf: Standard & oor’s, Moody’s und Fitch. Generell wird durch derartige 9310 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 (A) ) (B) ) oligopolistische Strukturen der Wettbewerb einge- schränkt. Deshalb ist ein größerer Wettbewerb auf dem Rating-Markt wünschenswert. Dies könnte insbesondere eine differenzierte Betrachtung der Unternehmen in den verschiedenen Ländern ermöglichen. Von daher sollte es im Interesse einer qualitativ hochwertigen Versorgung von Bonitätseinschätzungen nicht bei den genannten drei Agenturen bleiben. Aber auch hier gilt: das Regulativ ist der Markt. Zusammenfassend möchte ich feststellen: Die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion hat ein Interesse daran, das Vertrauen in einen stabilen Finanzmarkt zu stärken. Mit dem heute vorliegenden Antrag aller Fraktionen und den darin geforderten Einzelpunkten leisten wir dazu einen wesentlichen Beitrag. Hubert Ulrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir beraten heute den interfraktionellen Antrag zu Rating- Agenturen mit dem Titel „Integrität, Unabhängigkeit und Transzparenz durch einen Verhaltenskodex verbes- sern“. Über Rating-Agenturen wird viel diskutiert. Rating-Agenturen haben eine wichtige volkswirt- schaftliche Aufgabe. Sie erhöhen die Effizienz der Fi- nanzmärkte, indem sie die Komplexität von Unterneh- mensdaten reduzieren und auf eine verständliche Kurzformel bringen. Ein Rating entscheidet über Kosten der Kapitalbeschaffung auf den internationalen Finanz- märkten. Jedoch besteht der Rating-Markt de facto aus einem Oligopol. Drei große Rating-Agenturen – Moody’s, S&P und Fitch – beherrschen den Markt. Dies führt zu über- höhten Gebühren und vor allem zu unkontrollierter Macht. Die Skandale um Enron und Worldcom haben gezeigt, wo unkontrollierte Macht hinführen kann. Diese Macht der Rating-Agenturen muss eingeschränkt und mehr Wettbewerb etabliert werden. Auch müssen die besonderen Strukturen in Europa von den angelsächsischen Agenturen besser beachtet werden. Denn in der Vergangenheit wurden zum Bei- spiel die deutschen Unternehmen Thyssen und Linde schlechter geratet, weil sie hohe Pensionsverpflichtun- gen ausweisen. In den USA gibt es dieses Problem erst gar nicht, weil die betriebliche Altersvorsorge in Pen- sionsfonds ausgelagert ist. Zudem hat es im letzten Jahr Ärger um ein geplantes Rating der Landesbanken im Hinblick auf den Wegfall der Staatsgarantien gegeben. Nach Kritik vonseiten der Bundesbank und der BaFin wurde das Rating um einige Monate verschoben. Ich begrüße daher ausdrücklich den nun erarbeiteten interfraktionellen Antrag, indem die deutschen Interes- sen bei den Verhandlungen zur Entwicklung eines Ver- haltenskodices der „Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden“, IOSCO, gestärkt werden. Es ist richtig, Verhaltensregeln auszustellen, die nach dem Grundsatz funktionieren: so viel Aufsicht wie nötig, so wenig Regulierung wie möglich. Und es ist wichtig, den Verhaltenskodex so zu erweitern, dass mehr Trans- parenz und Qualität etabliert werden. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass deutsche und europäische U r r n g b D M d t s u F – n i A G r d m d b F t i e k G r R g n k m G w n t p n d W b g g B m J v k m (C (D nternehmen aufgrund ihrer unterschiedlichen Struktu- en und Bilanzierungseigenschaften im Rating-Verfah- en nicht benachteiligt werden, und die internationale Fi- anzarchitektur stabilisiert wird. Carl-Ludwig Thiele (FDP): Im Markt für die Ver- abe von Bonitätsbewertungen, so genannter Ratings, esteht ein von US-Unternehmen beherrschtes Oligopol. ie Rating-Agenturen Standard & Poor’s, S&P, und oody’s haben zusammen 80 Prozent des Weltmarkts in er Hand, weitere 15 Prozent hält die drittgrößte Agen- ur Fitch Ratings. Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag setzen ich die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU, FDP, SPD nd Bündnis 90/Die Grünen übereinstimmend für die ormulierung eines Verhaltenskodex für diesen Markt „Code of Conduct“ – durch die IOSCO, die Internatio- ale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden, ein. Die FDP stimmt diesem Antrag zu, da es bisher keine nternational abgestimmten Verhaltensregeln für Rating- genturen gibt. Ein Kodex der IOSCO sollte allgemeine rundsätze zur Integrität, Unabhängigkeit und Transpa- enz der Rating-Agenturen umfassen. Außerdem braucht er Rating-Markt dringend mehr Wettbewerb. Die For- ulierung der Grundsätze soll dabei helfen, die Macht er Oligopolisten zu beschränken und neue Wettbewer- er zum Eintritt in den Markt zu ermuntern. Nach Ansicht des Präsidenten der Bundesanstalt für inanzdienstleistungsaufsicht, Jochen Sanio, sind die Ra- ing-Agenturen die „größte unkontrollierte Machtstruktur m Weltfinanzsystem“. Damit liegt er richtig. Wir leben in iner Zeit, in der die Bedeutung des traditionellen Bank- redits für die Finanzierung von Unternehmen abnimmt. leichzeitig werden die Kapitalmärkte für die Finanzie- ung der Firmen immer wichtiger. Somit gewinnen die ating-Agenturen immer größere Macht. Ihre Bewertun- en entscheiden letztlich darüber, wohin das internatio- ale Kapital fließt. Sie bestimmen Anleihe- und Aktien- urse. Ohne Rating durch die großen Agenturen ist es ittlerweile fast unmöglich, sich an den Kapitalmärkten eld zu leihen. Ob die Agenturen bei ihren Bonitätsbe- ertungen den Daumen senken oder nicht, entscheidet icht selten über die Zukunft von Unternehmen. Die Ra- ing-Agenturen sind die wichtigsten Kontrolleure der Ka- italmärkte. Das Problem dabei ist, dass die Kontrolleure selbst icht kontrolliert werden. Es ist höchste Zeit, dass sich ies ändert und dass dieser oligopolistische Markt mehr ettbewerb und einen Verhaltenskodex bekommt. Ins- esondere deutsche Unternehmen haben in den vergan- enen Jahren bereits negative Erfahrungen mit der riesi- en Macht der Rating-Agenturen gemacht. Zuerst möchte ich in diesem Zusammenhang die neue ewertung von Pensionsrückstellungen von Unterneh- en durch Standard & Poor’s nennen. Seit vergangenem ahr stuft diese Rating-Agentur Pensionsrückstellungen on Unternehmen als herkömmliche Finanzverbindlich- eiten ein. Stark davon betroffen sind insbesondere Fir- en mit hohen Pensionsrückstellungen in ihren Bilanzen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 9311 (A) ) (B) ) wie Thyssen-Krupp, Deutsche Post und Linde, die nun als stärker verschuldet gelten als zuvor. Durch die He- rabstufung des Ratings hat sich die Geldaufnahme dieser Firmen am Kapitalmarkt deutlich verteuert. Besonders hart hat es Thyssen-Krupp getroffen. In der neuen Bewertung gibt Standard & Poor’s dem Unter- nehmen nicht einmal mehr das Rating bzw. die Note „in- vestitionswürdig“. An den Kapitalmärkten gelten Anlei- hen von Unternehmen mit einem solchen Rating als „Ramsch-Anleihen“. Die Kurse der Thyssen-Krupp- Anleihen stürzten nach Bekanntgabe der Rating-Verän- derung ab, und die Kapitalaufnahme hat sich für Thys- sen-Krupp immens verteuert. Dies erschwert die Lage für das Unternehmen und kostet im Endeffekt deutsche Arbeitsplätze. Als zweites Beispiel für das unkontrollierte Vorgehen der Rating-Agenturen möchte ich die Bewertung der deutschen Landesbanken, ebenfalls durch Standard & Poor’s, nennen. Bei den Landesbanken fällt im Jahr 2005 die Staatsgarantie für Kredite weg, was zu neuen Rating-Noten führen wird. Um sich hier in Position zu bringen, wollte Standard & Poor’s schon jetzt, ohne von den Landesbanken darum gebeten worden zu sein, neue Noten verteilen. Nach massiven Protesten der BaFin und der deutschen Politik hat Standard & Poor’s das Vorha- ben aufgegeben. Dennoch zeigt dieser Vorfall, welch großen Einfluss diese amerikanischen Agenturen am hiesigen Kapital- markt haben. Es geht doch nicht, dass sich die Rating- Agenturen auf eine solche Art und Weise versuchen, neue Aufträge beschaffen – und das alles, ohne von ir- gendeiner Instanz kontrolliert zu werden. Die Kriterien, nach denen unbestellte Ratings erstellt werden, sind üb- rigens keineswegs transparent. Und für die Landesban- ken, die sich mitten im Umbruch befinden, kam die un- gebetene Profilierungsstrategie von S&P zur absoluten Unzeit. Drittens hat eine Vielzahl von Fällen bereits gezeigt, dass die Agenturen mit ihren Rating-Urteilen keines- wegs immer richtig liegen. Die Unternehmenskrisen bei dem Energiehändler Enron und dem Telekomkonzern Worldcom haben die Rating-Agenturen genauso wenig vorher gesehen wie die anderen Akteure an den Kapitalmärkten – obwohl diese Krisen schließlich ein wahres Beben an den Aktien- und Anleihemärkten aus- gelöst haben. Außerdem haben die Rating-Agenturen auch bei den Krisen um den niederländischen Handels- konzern Ahold und, ganz aktuell, bei dem italienischen Nahrungsmittelkonzern Parmalat zu spät reagiert. Auch die Rating-Agenturen sind letztlich machtlos, wenn Un- ternehmensführer betrügen und Zahlen fälschen. Und gerade weil die Agenturen alles andere als unfehlbar sind, tut Kontrolle not. Alle diese Beispiele zeigen, dass es im Interesse des Deutschen Bundestages ist, dass die amerikanischen Ra- ting-Agenturen an den Kapitalmärkten nicht weiter schalten und walten können, wie sie wollen. Die Rating- Agenturen dürfen nicht unbegrenzte Freiheiten haben – gerade, weil sie so wichtig sind. d M d b E w w t i D t o n s a M t M c S s d b i R d w m f V t f t Z t t m t k r R d b b r r k g R D d t (C (D Der Markt für Rating-Bewertungen ist amerikanisch ominiert. Er ist ein natürliches Oligopol. Das heißt, im arkt werden fast ausschließlich nur die Bewertungen er etablierten Rating-Agenturen akzeptiert. Neue Wett- ewerber haben es sehr schwer. Die Hürden für einen intritt in den Markt sind sehr hoch. Das Wichtigste ist, dass dieser Markt mehr Wettbe- erb bekommt. Nach Ansicht der FDP heißt dies keines- egs, dass der Staat eine neue, europäisch geprägte Ra- ing-Agentur auf dem Reißbrett entwerfen sollte. Dafür st der Markt zuständig. Die FDP unterstützt aber Initiativen wie diejenige des eutschen Aktieninstituts, ein unabhängiges Aktien-Ra- ing für Deutschland und später eventuell für ganz Eur- pa aufzubauen. Langfristig könnte der Aufbau dieser euen Rating-Agentur namens „Equirate“ ein Anfang ein, um im Rating-Bereich ein Gegengewicht zu den merikanischen Anbietern Standard & Poor’s und oody’s zu schaffen. Insbesondere in Deutschland bie- en sich hier Chancen, da im deutschen Mittelstand die arktanteile nicht, wie in den meisten anderen Berei- hen, bereits an die Amerikaner vergeben sind. Vor diesem Hintergrund begrüßt die FDP auch die im eptember 2003 verabschiedeten Ansätze zu einer auf- ichtsrechtlichen Regulierung des Rating-Markts durch ie Internationale Organisation der Wertpapieraufsichts- ehörden IOSCO. Ein internationaler Verhaltenskodex st notwendig, da nur eine solche den global agierenden ating-Agenturen gerecht werden kann. Nun ist es an er Zeit, dass diese Verhaltens- und Arbeitsstandards eiter konkretisiert werden. Den Rating-Agenturen üssen klare Pflichten auferlegt werden. Die wichtigsten Inhalte des Verhaltenskodexes sollten olgende sein: Erstens geht es dabei um Regelungen der orgehensweise der Rating-Agenturen bei der Bewer- ung der Schuldner. Die Agenturen müssen schriftlich est gelegte, systematische Verfahren befolgen und de- ailliert darlegen, wie sie zu ihren Ergebnissen kommen. weitens geht es dabei um die Veröffentlichungspflich- en und um die Transparenz der Rating-Prozesse; die in- ernen organisatorischen Regelungen der Agenturen üssen offen gelegt werden. Drittens müssen die Ra- ing-Agenturen dazu angehalten werden, Interessens- onflikte zu vermeiden. Schließlich werden die Agentu- en von den Unternehmen, die sie bewerten, bezahlt. Die atings dürfen nicht von den Geschäftsbeziehungen zu en Emittenten berührt werden. Ein weiterer wichtiger Punkt sind viertens die „nicht- estellten“ Ratings wie im Falle der deutschen Landes- anken. Hier muss dargelegt werden, welche Verfah- ensweise zulässig sind. Außerdem müssen die Agentu- en angeben, dass es sich um Ratings handelt, für die ein Auftrag des Emittenten vorliegt. Die IOSCO hat bereits Anfang Februar eine Arbeits- ruppe beauftragt, die nun den Verhaltenskodex für die ating-Agenturen ausarbeitet. Es ist im Interesse eutschlands, dass der deutsche Verhandlungsführer, er Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleis- ungsaufsicht Jochen Sanio, hier die weitestgehende 9312 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 (A) ) (B) ) Legitimation erhält. Dies stärkt seine Verhandlungsposi- tion in der Arbeitsgruppe. Allerdings wendet sich die FDP gegen die laufende Überwachung des Verhaltenskodexes durch eine neue Behörde. Bei dem „Code of Conduct“ geht es in erster Linie darum, den Spielraum der Rating-Agenturen aus- zuformulieren und nicht darum, neue Bürokratie zu schaffen. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Passagierdaten- sammlungen und Datenschutzrechte – EU-Ab- kommen mit den Vereinigten Staaten von Ame- rika (Tagesordnungspunkt 15) Petra Pau (fraktionslos): Seit Monaten gibt es inten- sive Versuche, insbesondere seitens der USA, Passagier- daten zu erfassen, zu speichern und zu verarbeiten. Da- bei handelt es sich nicht nur um Erwägungen, sondern um praktische Eingriffe in den Datenschutz. Die PDS hat das stets kritisiert. Nun hat die FDP einen Antrag vorgelegt und damit die Bundesregierung aufgefordert, das Grundrecht der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger auf informatio- nelle Selbstbestimmung zu schützen und zu stärken. Ich schließe mich namens der PDS im Bundestag diesem Anliegen grundsätzlich an – dies umso mehr, da die Bundesregierung bislang weder Zweifel noch Skrupel erkennen lässt, den Forderungen der USA zu folgen. Sie steht damit auch im Gegensatz zum Europäischen Parla- ment und zu zahlreichen internationalen Organisationen, die sich kritischer auf die Seite des Datenschutzes und damit von Bürgerrechten stellen. Die PDS tut das auch. Bei alledem geht es bekanntlich nicht nur um den Austausch von Daten, die zur Identifikation von Passa- gieren wichtig sein könnten. Es geht um ein Sammel- surium von persönlichen Daten, die von Fluggesell- schaften gespeichert und de facto ohne Einwilligung der Passagiere und ohne Rechtsgarantien weitergegeben werden. Dazu gehören unter anderem der geplante Rei- severlauf, die Buchungsstelle, die Art der Bezahlung, bei Zahlung mit Kreditkarte deren Nummer, der Sitzplatz, die Essenswünsche, die Hotel- oder Mietwagenreservie- rungen und vieles andere mehr. Insgesamt geht es um 30 persönliche Daten und mehr. Das ist – selbst unter der Überschrift „Terrorismusbekämpfung“ – absolut unver- hältnismäßig und nicht hinnehmbar. Die FDP hat in ihrem Antrag zahlreiche Punkte vor- geschlagen, wie dem zu begegnen ist – sie sind nachzu- lesen. Ich teile viele davon, will sie aber jetzt nicht im Einzelnen bewerten. Dazu ist in den parlamentarischen Ausschüssen noch Gelegenheit. Keinen Zeitverzug verträgt allerdings das grundsätzli- che Agieren der Bundesregierung. Sie darf nicht länger dulden, was nicht duldbar ist. Sie darf nicht länger zulas- sen, was nicht zulässig ist. Und sie darf nicht länger be- fördern, was irreparabel werden kann. Denn jeder Daten- satz, der einmal in die Welt gesetzt wurde, entwickelt ein Eigenleben. Deshalb reichen keine Sonntagsreden über d d D A e U g B D b g e S K D z w o k s f s e s V u n f V n U e u d d s Z v w s t K l z z G l g (C (D as Informationszeitalter. Man muss der damit verbun- enen politischen Verantwortung auch gerecht werden. as gilt auch für Rot-Grün. nlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Kleinlaster sicherer machen (Tagesordnungspunkt 16) Uwe Beckmeyer (SPD): Seit geraumer Zeit werden ine ganze Reihe von Maßnahmen zur Minderung des nfallrisikos, das von so genannten Kleinlastern aus- eht, intensiv diskutiert. Ab Mitte der 90er-Jahre ist der estand dieser Fahrzeuge zur Güterbeförderung auf eutschlands Straßen aus verschiedenen Gründen spür- ar gewachsen, leider ist mit dem Anstieg der Zulassun- en auch ein deutlicher Zuwachs an Unfällen verbunden. Daraus ergibt sich für die SPD-Bundestagsfraktion in umfassender Handlungsbedarf. Eine Gefährdung der traßenverkehrssicherheit durch den Gütertransport mit leinlastern muss möglichst gering gehalten werden. as größte Gefährdungspotenzial geht von Kleinlastern wischen 2,8 und 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtge- icht aus, die nach einer Änderung der Straßenverkehrs- rdnung im Jahre 1997 wie PKW von Geschwindig- eitsbeschränkungen auf Autobahnen ausgenommen ind. Sie unterliegen nur der Richtgeschwindigkeitsemp- ehlung. Die Fahrzeuge sind allerdings zwischenzeitlich o hoch motorisiert, dass sie vollbeladen bis zu 180 km/h rreichen – man bedenke die dabei gespeicherte kineti- che Energie – und mit Recht von vielen Autofahrern als erkehrsbedrohung angesehen werden. Kleintransporter nter 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht unterliegen icht den Einschränkungen für LKW wie dem Sonntags- ahrverbot, obwohl sie meist als LKW zugelassen sind. Die Haupteinsatzbereiche der Kleintransporter sind erteilverkehre, Post- und Paketdienste. Die Nachfrage ach diesen Dienstleistungen ist ständig angestiegen, die nternehmen und die selbstständigen Fahrer sind aber inem starken Wettbewerb um die Aufträge ausgesetzt. Es liegt auf der Hand, dass die legalen Möglichkeiten nd Freiheiten genutzt werden, die Transporte mithilfe er schnellen und wendigen Kleintransporter zeitsparend urchzuführen. Nur darf das nicht zulasten der Verkehrs- icherheit erfolgen. Neben den Daten aus der Verkehrsstatistik liegen wischenberichte aus den noch nicht abschließend eröffentlichten Studien der Bundesanstalt für Straßen- esen und des Verkehrstechnischen Instituts der Deut- chen Versicherer zum Bestand sowie zu den Risikofak- oren und zur Struktur von Unfällen vor, an denen leinlaster beteiligt waren: Insgesamt waren in Deutsch- and im Jahre 2002 rund 1,84 Millionen Kleintransporter wischen 2 und 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht ugelassen, davon 386 000 zwischen 2,8 und 3,5 Tonnen esamtgewicht. Gegenüber 1996 ist der Bestand der zu- etzt genannten Fahrzeugklasse um 135 Prozent gestie- en. 85 Prozent aller Unfälle unter Beteiligung dieser Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 9313 (A) ) (B) ) Kleinlaster ereignen sich innerhalb geschlossener Ort- schaften und auf Landstraßen. Während die Beteiligung von Kleintransporter unter 2,8 und LKW über 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtge- wicht an Unfällen mit Personenschäden gesunken ist, ist bei den Kleinlastern über 2,8 Tonnen leider ein Anstieg um 201 Prozent – auf Autobahnen sogar um 308 Pro- zent – zu verzeichnen. Wieder zeigt es sich, dass wir unsere besondere Auf- merksamkeit diesen Fahrzeugen schenken müssen. Nach der Schilderung der Situation wende ich mich anschlie- ßend den Gründen für die gestiegene Häufigkeit und Schwere der Unfälle von Kleintransportern zu: Über- höhte Geschwindigkeit, gerade in geschwindigkeitsredu- zierten Abschnitten der Autobahnen und in Baustellen sowie zu geringer Sicherheitsabstand machen zusammen 50 Prozent der ermittelten Unfallursachen aus. Ein Drittel der Unfälle geschehen bei Dunkelheit, oft treten Alleinunfälle auf, darunter fällt zum Beispiel das Abkommen von der Fahrbahn. Nicht unerwähnt sollte in diesem Zusammenhang die Tatsache bleiben, dass über- durchschnittlich viele an Unfällen beteiligte Fahrer unter 24 Jahren alt waren. Zumeist ist als Unfallursache eine unangepasste Geschwindigkeit festzuhalten. Hier zeigt sich deutlich, dass die relativ jungen Fahrer das Fahrverhalten und den Bremsweg ihres beladenen Transporters nicht richtig einschätzen können. Dazu kommen mangelnde Kenntnisse über die Bedeutung und fachgerechte Durchführung der Ladungssicherung für die Fahrstabilität des Fahrzeugs. Die unter Termindruck stehenden Fahrer versuchen, durch Erhöhung der Ge- schwindigkeit ihre Aufträge zeitgerecht durchzuführen. Die hohe Anzahl der Alleinunfälle und der Unfälle in der Dunkelheit deuten darauf hin, dass die vorgeschriebene Dauer der Arbeitszeit oft überschritten wird. Welche Maßnahmen sollten zur Verbesserung der Verkehrssicherheit im Zusammenhang mit den Kleinlas- tern ergriffen werden? Die seit Juni 2003 laufende Qua- lifizierungsoffensive „Kleintransporter“ könnte zu einer Pflichtschulung für alle Fahrer von Kleintransportern ausgebaut werden. Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt den Vor- schlag, den Einbau von EG-Kontrollgeräten – als einzig zulässige Möglichkeit zur Überwachung der Lenk- und Ruhezeiten und der Geschwindigkeit – in Kleintranspor- tern zwischen 2,8 und 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtge- wicht vorzuschreiben. Wir setzten uns auch dafür ein, die Einhaltung des Si- cherheitsabstands, von streckenbezogenen Geschwin- digkeitsbeschränkungen und innerhalb von Baustellen- bereichen stärker zu kontrollieren und Verstöße mit höheren Sanktionen zu belegen. Daneben bedürfen die Vorschriften zur Ladungssicherung dringend einer Präzi- sierung. Die gestrigen Beschlüsse der Verkehrsministerkonfe- renz und des 42. Deutschen Verkehrsgerichtstags zeigen, dass die Vorschläge der deutschen Verkehrspolitiker und Verkehrsexperten zur Senkung der Unfallgefahr durch Kleintransporter nicht weit voneinander entfernt sind. D g a h r n i c l U t 3 b z l K u m s c F 6 m z t k U n z g c i z F F n u z R b a g I K n b li a d A la e o m te (C (D aher sehe eine gute Chance, in den folgenden Beratun- en im Ausschuss eine gute Lösung für mehr Sicherheit uf Deutschlands Straßen auf den Weg zu bringen. Gero Storjohann (CDU/CSU): Wir diskutieren eute den Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur Verbesse- ung der Verkehrssicherheit von Kleinlastern. Die Zu- ahme der Unfälle mit so genannten Kleinlastern stellt mmer mehr eine ernst zu nehmende Gefährdung der Si- herheit im Straßenverkehr dar. Es ist deshalb erforder- ich, dass hier endlich etwas getan wird! Die Zahl der nfälle mit Beteiligung von Kleinlastern hat in den letz- en Jahren zugenommen! 1991 waren 10 173 der 2,8- bis ,5-Tonnen-Sprinter an Unfällen mit Personenschäden eteiligt. Diese Zahl schließt auch ausländische Fahr- euge ein. 2001 waren 20 678 an Verkehrsunfällen betei- igt. Diese Zahl hingegen bezieht sich nur auf deutsche leinlaster! Das macht ein Plus von 103 Prozent aus, nd das nur innerhalb von zehn Jahren! Kurz gefasst: Seit 1996 hat sich die Zahl der Unfälle it Kleinlastern verdreifacht, die Zahl der Fahrzeuge elbst hat sich hingegen nur verdoppelt! Hauptverursa- her der Unfälle mit Kleinlastern waren in den meisten ällen die Fahrer dieser Fahrzeuge selbst. In gut 5 Prozent der Fälle lag die Unfallschuld bei ihnen. In einer schleswig-holsteinischen Heimat zieht die Poli- ei mittlerweile jeden dritten Kleintransporter bei Kon- rollen aus dem Verkehr. Nicht angepasste Geschwindig- eit und Abstandsfehler sind hier die häufigsten rsachen. Und kaum jemand kann behaupten, sich noch ie über die Fahrweise eines Kleintransporters geärgert u haben. Es geht hier um alltägliche Situationen. Es eht um alltägliche Gefahren! Gefahren, die ihre Ursa- he zumeist in der Verwendung der Kleinlaster durch hre Fahrer selbst haben. Oft sind die Fahrer dieser Fahr- euge übermüdet und lassen sich leicht zu aggressivem ahren verleiten. Was sind die Gründe dafür? Sie sind oft eine logische olge aus der beruflichen Verpflichtung. Zu den Haupt- utzern der Kleinlaster zählen nämlich Kurierdienste nd Handwerksbetriebe. Diese umgehen durch die Nut- ung dieser Fahrzeuge die für LKW vorgeschriebenen uhezeiten und Regelungen wie das Sonntagsfahrver- ot. Es ist leicht nachzuvollziehen, dass sich das negativ uf die Fahrtüchtigkeit auswirkt, da die Fahrer viel län- er hinter dem Steuer sitzen als beim Führen eines LKW. Blicken wir aber noch einmal zurück auf die Zahlen. m Jahr 2001 ereigneten sich 60 Prozent der Unfälle mit leinlastem innerorts, 30 Prozent auf Landstraßen und ur zehn Prozent auf Autobahnen. Eine Lösung des Pro- lems kann deshalb nicht bei einem allgemeinen Tempo- mit auf Autobahnen gefunden werden. Wir müssen vielmehr bei der Qualifikation der Fahrer nsetzen! Tatsache ist, dass jeder Führescheininhaber er Klasse B befugt ist, einen Kleinsprinter zu lenken. ber nicht jeder ist sich darüber bewusst, dass ein Klein- ster in vielen Fahrsituationen eben anders reagiert als in herkömmlicher PKW. In Kurven, beim Bremsen der bei voller Beladung entstehen Situationen, auf die an als normaler PKW-Fahrer überhaupt nicht vorberei- t ist. Vor diesen Tatsachen dürfen wir nicht die Augen 9314 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 (A) ) (B) ) verschließen! Wir brauchen deshalb dringend eine hö- here Qualifizierung und mehr Verantwortungsbewusst- sein der Fahrer der Kleinlaster! Die Experten des 42. Verkehrsgerichtstages in Goslar haben diesbezüglich vernünftige Lösungsvorschläge entwickelt. Mit dem heutigen Antrag greifen wir von der CDU/ CSU-Fraktion diese Vorschläge auf. Wir fordern daher die Unterstützung von Schulungsprogrammen für die Fahrer von Kleintransportern. Weiterhin setzten wir uns vordringlich für eine verstärkte Kontrolle aller sicher- heitsrelevanten Verkehrsvorschriften ein. Sicherheitsab- stand, streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkun- gen und Gurtpflicht müssen unbedingt eingehalten werden. Außerdem benötigen wir die verbesserte Siche- rung der Ladung sowie die verstärkte Kontrolle einer möglichen Überladung. Auch muss geprüft werden, ob geltende Bußgeldregelsätze gegebenenfalls zu erhöhen und ob Fahrverbotsregelungen strenger zu fassen sind. Weiterhin muss auch in die Sicherheit der Fahrzeuge investiert werden. Wir müssen zu einer erheblich verbes- serten Fahrzeugtechnik der Kleinlaster gelangen, so etwa durch die Ausstattung der Fahrzeuge mit einer stärkeren Bremsleistung, mit Anti-Blockier-System (ABS), mit Elektronischem-Stabilitäts-Programm (ESP), mit Fahr- dynamikreglern und Airbags, Reifen mit ausreichender Belastungsreserve und Reifendruckkontrollsystemen Wie die zu Beginn genannten Zahlen zeigen, stehen wir hier nicht nur vor einem rein nationalen Problem, sondern vor einem europaweiten. Auch ausländische Firmen haben die Attraktivität der Kleinlaster entdeckt. Wir wollen deshalb dringend die Änderung der entspre- chenden Richtlinien auf europäischer Ebene durchset- zen. Besonders ist uns an der europaweiten Einführung des EG-Kontrollgeräts zur Überwachung vorgeschriebe- ner Lenk-und Ruhezeiten gelegen. Hier darf es nicht zu weiteren Verzögerungen kommen! Meine Damen und Herren von Rot-Grün, eines geht aber nun wirklich nicht: Im letzten Unfallbericht der Bundesregierung vom 4. Juli 2002 wird deutlich, wel- cher Stellenwert den Kleinlastern durch diese rot-grüne Bundesregierung beigemessen wird. Nämlich gar keine. Nicht mit einem Wort wird in diesem umfangreichen Werk auf diese Problematik hingewiesen. Politik muss aber auf Probleme flexibel und auch schnell reagieren. Dies gilt besonders bei der Sicherheit im Straßenverkehr. Für mehr Verkehrssicherheit auf unseren Straßen fordere ich sie daher auf: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Ursula Sowa (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im Sinne aller Verkehrsteilnehmer ist das Anliegen der CDU/CSU-Fraktion sehr zu begrüßen, das Thema Ver- kehrssicherheit erneut auf die politische Agenda zu set- zen. Wir erinnern uns sicher alle mit Entsetzen an die Rücksichtslosigkeit eines Mercedes-Testfahrers im ver- gangenen Jahr, dessen Fahrverhalten auf der Autobahn zum Tod einer Mutter und ihres Kindes geführt hat. Das Problem der viel zu hohen Unfallzahlen mit Verletzten oder gar mit Toten insbesondere bei Kleinlastern ver- langt nach unserer Auffassung nach Maßnahmen, die leider im Antrag der Union nicht bedacht werden. e n U e b j d A s w a f h e i a R d S d n r g k A w n s c h l m w f l Ü G m U v b v U 6 l ti 7 w k e n U l (C (D Obwohl dem Antrag aus den Reihen der Opposition ine treffende Problemanalyse zugrunde liegt – ich enne die zwei wesentlichen Punkte: Verdoppelung der nfälle mit Verletzten in den letzten zehn Jahren und ine überproportionale Hauptschuld der an den Unfällen eteiligten Fahrer von Kleinlastern – kommt Ihr Antrag edoch nicht zu der nahe liegenden Schlussfolgerung, ass Kleinlaster oft schlicht zu schnell unterwegs sind. uf dem Deutschen Verkehrssicherheitstag wurde die- en Fahrzeugen das Label „Rasende Kleinlaster“ zuge- iesen, denn bei einer alarmierenden Anzahl führte oft uch zu hohe Geschwindigkeit zum nachfolgenden Un- all. Unsere Aufforderung an die Union heißt auch des- alb: Schließen Sie sich endlich unserer Forderung nach inem allgemein gültigen Tempolimit an. Deutschland st das letzte Land in der Europäischen Union, in dem uf Autobahnen gilt: Freie Fahrt für verantwortungslose aser! Das darf so nicht bleiben, wir sollten uns auch in iesem Punkt an den Richtlinien der EU orientieren – tichwort: Harmonisierung. Und würden wir uns auf ein Tempolimit auf allen eutschen Autobahnen einigen können, hätten wir auch och einen weiteren großen Schritt m Richtung Siche- ung unserer Zukunft und der Zukunft unserer Kinder emacht: Durch den Verzicht auf Spitzengeschwindig- eiten von über 130 Stundenkilometern würden sich der usstoß von Klimagasen und Luftschadstoffen ebenso ie der Lärmpegel deutlich verringern – eine Erkennt- is, die ja schon auf vielen Autobahnkilometern zu Ge- chwindigkeitsbeschränkungen geführt hat. Trotz unzähliger Studien und zahlreicher Feldversu- he verleugnen Sie jedoch hartnäckig den Zusammen- ang von Höchstgeschwindigkeit und Risiko von Unfäl- en mit Todesfolge. Hier ein ganz aktuelles Beispiel, das eine Feststellung unterstreicht: Auf der A 24 – nicht eit von hier, im schönen Brandenburg – hat es seit Ein- ührung des Tempolimits vor fast einem Jahr keinen töd- ichen Unfall mehr gegeben! Das Tempolimit liegt im brigen genau auf dem Level, der von Bündnis 90/Die rünen favorisiert wird, nämlich bei 130 Stundenkilo- etern. Aber kommen wir zurück auf die Problematik der nfälle von Kleinlastern. Ja, ich spreche hier bewusst on Unfällen von Kleinlastern, weil zwei von drei der etreffenden Unfälle von den Fahrern der Kleinlaster erschuldet werden. Sehen wir uns genauer an, wo diese nfälle passieren, dann erstaunt es wenig, dass mit 0 Prozent der Löwenanteil in den Städten und Dörfern iegt. Das sagt in etwa auch die allgemeine Unfallstatis- k. Die viel zu hohe Zahl der Unfälle insgesamt und die 000 Verkehrstoten und nahezu 450 000 Verletzten, die ir im Straßenverkehr in Deutschland jedes Jahr zu be- lagen haben, sollten uns alle überlegen lassen, wie wir ndlich unser Verkehrsgeschehen sicherer machen kön- en – ganz sicher nicht, indem wir – wie Sie uns von der nion glauben machen wollen – alle Fahrer von Klein- astern zu Fahrertrainings verpflichten. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 9315 (A) ) (B) ) Lange Zeit ist den Menschen von den Fürsprechern der Raserei vorgegaukelt worden, dass mit Airbag, ABS und all den technischen Weiterentwicklungen der Stra- ßenverkehr sicher sei. Was war die Folge? Ein dramati- scher Anstieg der Unfälle und, damit einhergehend, der Todesopfer, die diese Entwicklung nach sich gezogen hat. Wir alle begrüßen die Umkehr dieses schlimmen Trends seit dem Jahr 2000, doch dürfen wir uns nicht da- mit zufrieden geben, dass die Zahlen gesunken sind. Noch immer sterben auf deutschen Straßen im Jahr 7 000 Menschen. Und deshalb braucht dieses Land eine Reform des Verkehrs insgesamt – eine Verkehrswende muß her! Wir brauchen endlich ein allgemeines Tempolimit auf den Autobahnen, die Verlagerung von Gütern auf die Schiene, damit wir den gefährlichen LKW-Verkehr aus den Städten zurückdrängen – um nur die Punkte zu nen- nen, die in Bezug auf das heutige Thema relevant sind. Mit einer solchen Strategie würden wir unsere Innen- städte ebenso wie den Autobahnverkehr endlich sicherer machen – zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger. Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Als ob wir es nicht schon ausreichend in allen anderen Politikberei- chen erleben dürfen, demonstriert diese Bundesregie- rung auch in der Verkehrspolitik wieder einmal ihre Be- ratungsresistenz: Herr Stolpe kündigt ein Tempolimit für Kleintransporter aufgrund ihrer erhöhten Unfallbeteili- gung an. Eine Menge neuer Gesetze und Verordnungen soll zur Senkung der Unfallrate beitragen. Allerdings ist vonseiten der Verkehrsfachleute keine derartige Empfeh- lung ausgesprochen worden. Zum Beispiel lehnt der letzte Deutsche Verkehrsgerichtstag, der, wie ich hörte, eine anerkannte Institution in Verkehrssicherheitsfragen ist, ein Tempolimit für Kleinlaster ab; die Mehrheit der Verkehrsminister der Länder auch. Außerdem steht seit einem Jahr eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwe- sen aus, die die Ursachen bei Unfällen mit Kleinlastern analysieren soll. Die FDP-Bundestagsfraktion hat im Frühjahr 2003 eine Kleine Anfrage zu dem Thema Tem- polimit für Kleinlaster gestellt, die von der Bundesregie- rung mit den Worten beantwortet wurde, dass die Mitte 2003 zu erwartende Studie abzuwarten sei. Allerdings ist vorab veröffentlichten Zwischenergebnissen der Studie zu entnehmen, dass Unfälle eher innerorts und auf Land- straßen stattfinden als auf Autobahnen, das heißt in Be- reichen, die bereits mit Tempolimits versehen sind. Also ist die Forderung der Bundesregierung nach einer Ge- schwindigkeitsbeschränkung ein weiterer reflexhafter Ruf mit der zweifelhaften Hoffnung, der Situation per Verbot Herr zu werden. Ein zusätzliches Tempolimit für Kleintransporter wird aber dem eigentlichen Problem nicht gerecht. Die Kontrolle der Einhaltung eines zusätzlichen Tem- polimits hat Herr Stolpe überhaupt noch nicht angespro- chen. Die Ordnungshüter kommen nicht einmal mit den Geschwindigkeitskontrollen bei den PKW nach. Wie sollen sie es dann zusätzlich noch bei Kleinlastern schaf- fen? s f k d d G s d m F n z t s s w F s s z h r w d s V m d d K B w u b g v t g m g W v m h d e – n n z B a (C (D Gemäß den Empfehlungen des Verkehrsgerichtstags ind alternative Maßnahmen zu untersuchen, um die Un- allrate bei Kleinlastern zu senken. Wie der Bundesver- ehrsminister immerhin eingesehen hat, sollte die La- ungssicherung eine wichtigere Rolle spielen. Aber für en Sicherheitsabstand zwischen zwei Fahrzeugen und eschwindigkeitsbeschränkungen bezogen auf be- timmte Strecken gibt es schon reichlich Vorschriften, eren Einhaltung schlicht stärker kontrolliert werden üsste. Daher ist der vorliegende Antrag der CDU/CSU- raktion ein Schritt in die richtige Richtung. Darüber hi- aus wäre nach Meinung der FDP-Bundestagsfraktion u prüfen, ob die Fahrer gewerblich eingesetzter Klein- ransporter den Vorschriften des Güterkraftverkehrsge- etzes hinsichtlich Fahrausbildung und Zuverlässigkeit owie den zulässigen Lenk- und Ruhezeiten unterworfen erden, auch wenn das zulässige Gesamtgewicht der ahrzeuge unterhalb von 3,5 Tonnen liegt. Die Bundesregierung sollte auf jeden Fall echte Lö- ungsansätze aufgrund gesicherter Daten anbieten, an- tatt eine ideologische Diskussion zu führen, die nicht ur Problemlösung beiträgt. Ein langjähriger Präsident des Verkehrsgerichtstages at einmal gesagt, dass jede Verkehrsvorschrift erfah- ungsgemäß nur so viel wert ist, wie sie auch überwacht ird. Wenn der Bundesverkehrsminister schon nicht auf ie konstruktive Kritik der Opposition eingehen möchte, o sollte er wenigstens auf die außerparlamentarischen erkehrsexperten hören. Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin beim Bundes- inister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Auch ie Bundesregierung betrachtet die zunehmende Zahl er Verkehrsunfälle unter Beteiligung der so genannten leintransporter mit Sorge. Aus diesem Grunde hat das undesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungs- esen bereits im Frühjahr 2002 die Initiative ergriffen nd eine wissenschaftliche Untersuchung der Thematik ei der Bundesanstalt für Straßenwesen in Auftrag ge- eben, nachdem Beschwerden von Bürgern über das erkehrssicherheitsgefährdende und unfallrisikobehaf- ete Verhalten von Kleintransportern vermehrt eingegan- en waren. Auch die Verkehrsministerkonferenz und die Innen- inisterkonferenz der Länder haben dieses Thema auf- egriffen. Gestern hat die Verkehrsministerkonferenz in eimar abschließend befunden und ein ganzes Paket on gesetzgeberischen und untergesetzlichen Maßnah- en zur Bekämpfung des von Kleintransportern ausge- enden Unfallrisikos beschlossen. Das BMVBW hat ieses Paket bereits im Vorfeld der Konferenz in jedem inzelnen Punkt ausdrücklich unterstützt. Sämtliche auch vom 42. Deutschen Verkehrsgerichtstag Ende Ja- uar in Goslar empfohlenen – Maßnahmen sind geeig- et, dem Unfallrisiko von Kleintransportern nachhaltig u begegnen. Die Verkehrsministerkonferenz hat ihre eschlüsse auf der Grundlage tragfähiger Erkenntnisse us den nunmehr abgeschlossenen wissenschaftlichen 9316 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 102. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 (A) (C) (B) ) Untersuchungen vor allem der Bundesanstalt für Stra- ßenwesen gefasst. Dem war eine intensive Diskussion in der Öffentlich- keit, aber auch in den zuständigen Fachgremien des Bun- des und der Länder vorangegangen. Im Zentrum der kon- trovers und zum Teil auch emotional geführten Diskussion stand die Frage, ob mit einem gesetzlichen Tempolimit von 120 oder 130 km/h auf Autobahnen für Kleintransporter mit einem zulässigem Gesamtgewicht von 2,8 bis 3,5 Tonnen die Unfallhäufigkeit und -schwere deutlich verringert werden kann. Diese Frage hat die Mehrheit der Verkehrsminister und -Senatoren der Län- der gestern verneint. Auch in dem vorliegenden Antrag der CDU/CSU- Fraktion findet die gesetzliche Einführung eines Tempo- limits für Kleintransporter auf Autobahnen keine Er- wähnung. In der Tat ist es zweifelhaft, ob ein solches Tempolimit zur Bekämpfung des Unfallrisikos von lichen Anforderungen an das verkehrssichere Verstauen der Ladung zu präzisieren. Denn gerade bei der Güterbe- förderung mit Kleintransportern werden immer wieder eklatante Mängel bei der Ladungssicherung bis hin zum Fehlen jeglicher Sicherung festgestellt Der richtige An- satz zur Lösung dieses Problems besteht darin, die ge- setzlichen Anforderungen der Straßenverkehrsordnung an die Ladungssicherung zu verdeutlichen und nicht – worauf Ihr Antrag in diesem Punkt abzielt –, durch Änderung von EU-Richtlinien die Ausstattung von Kleintransportern mit stabileren Trennwänden oder mehr Zurrpunkten generell vorzuschreiben. Denn die notwendigen Sicherungsmaßnahmen sind von der La- dung abhängig und müssen individuell den Anforderun- gen angepasst werden. Als weitere Maßnahme wollen wir die Sanktionen für das Unterschreiten des gesetzlichen Mindestabstandes anheben, um ein deutlich abschreckendes Signal gegen Kleintransportern geeignet wäre, weil nur 14 Prozent al- ler Unfälle unter Beteiligung von Kleintransportern auf Autobahnen geschehen. Davon finden gerade die schwe- ren Kleintransporterunfälle überproportional häufig auf Autobahnabschnitten statt, in denen bereits Geschwin- digkeitsbegrenzungen durch Verkehrszeichen angeord- net sind. Auffallend häufig ist dies in Baustellenab- schnitten der Fall. Die Wirkung eines Tempolimits wäre deutlich geringer, als sie öffentlich vielfach eingeschätzt wird. Deshalb hat die Verkehrsministerkonferenz anstelle eines gesetzlichen Tempolimits für Kleintransporter die verstärkte Überwachung der Einhaltung der streckenbe- zogen angeordneten Höchstgeschwindigkeitsbeschrän- kungen zu fordern, von denen heute schon weit mehr als ein Drittel des gesamten Autobahnnetzes betroffen ist. Das BMVBW hat schon in der Vergangenheit gegenüber den für die Verkehrsüberwachung zuständigen Ländern stets deutlich gemacht, dass besonders an Unfallschwer- punkten die Verkehrskontrollen zu intensivieren sind. Die Bundesregierung wird jetzt zügig daran gehen, die von der Verkehrsministerkonferenz beschlossenen gesetzgeberischen Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Hierbei halte ich es für besonders bedeutsam, die gesetz- d t w m f S a g t J b tr F d l k d T u F A k p t (D as vielfach beobachtete „Drängeln“ von Kleintranspor- ern auf Autobahnen zu setzen. Für die Ladungsverstöße urden die Sanktionen erst vor kurzem erhöht und sind it dem heutigen Tage in Kraft getreten. Die Verschär- ungen waren zwar durch die Verbesserung der LKW- icherheit im Allgemeinen motiviert, erstrecken sich ber auch auf den Spezialfall Kleintransporter. Mit diesen Maßnahmen führen wir unsere Bemühun- en zur Verbesserung der Verkehrssicherheit von Klein- ransportern fort, die wir bereits im Sommer letzten ahres gemeinsam mit den Verbänden und der Automo- ilindustrie mit der „Qualifizierungsoffensive Klein- ansporter“ begonnen haben. Diese zielt auf eine bessere ahrerschulung sowie auf eine technische Verbesserung er Fahrzeuge in Eigeninitiative der Nutzer und Herstel- er ab und hat bereits erste Erfolge hervorgebracht. So önnen inzwischen in über 50 Fahrsicherheitszentren es ADAC die Fahrer von Kleintransportern spezielle rainingseinheiten zur Verbesserung der Fahrsicherheit nd Ladungssicherung absolvieren. Im Bereich der ahrzeugtechnik bin ich zuversichtlich, dass auch die utomobilindustrie dem Appell der Verkehrsminister- onferenz folgen wird, in Eigeninitiative die Kleintrans- orter mit den gleichen „Sicherheitsfeatures“ auszustat- en wie PKW. 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 340, Telefax (02 21) 97 66 344 102. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 1. April 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510200000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die

verbundene Tagesordnung erweitert werden. Die
Punkte sind in der Ihnen vorliegenden Zusatzpunktliste
aufgeführt:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU:
Haltung der Bundesregierung zur Finanzsituation beim
Fernstraßenbau

(siehe 101. Sitzung)


ZP 2 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache

(Ergänzung zu TOP 23)

a) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach

Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) zu dem
Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäfti-
gung schwerbehinderter Menschen
– Drucksachen 15/1783, 15/2357, 15/2557, 15/2830 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gudrun Schaich-Walch

b) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach
Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) zu dem
Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Anfech-
tung der Vaterschaft und das Umgangsrecht von Be-
zugspersonen des Kindes und zur Einführung von Vor-
drucken für die Vergütung von Berufsbetreuern

Redet
– Drucksachen 15/2253, 15/2492, 15/2716, 15/2831 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Hans-Joachim Hacker

c) Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach
Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) zu dem
Gesetz zur Umsetzung des Beschlusses (2002/187/JI) des
Rates vom 28. Februar 2002 über die Errichtung von
Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schwe-
ren Kriminalität (Eurojust-Gesetz – EJG)

– Drucksachen 15/1719, 15/2484, 15/2717, 15/2832 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Hans-Joachim Hacker

d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu der
durch die Bundesregierung: Vorschlag für ei
des Rates zur Änderung der Richtlinie 20
Hinblick auf die Möglichkeit der Anwendu
gehender Steuerermäßigungen und Steue

(C (D ung en 1. April 2004 0 Uhr auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom durch bestimmte Mitgliedstaaten KOM – Drucksachen 15/2636 Nr. 2.40, 15/2848 – Berichterstattung: Abgeordnete Reinhard Schultz Georg Fahrenschon e)


(6. Ausschuss)

Übersicht 6 über die dem Deutschen Bundestag zugelei-
teten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
– Drucksache 15/2834 –

f) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschus-
ses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 108 zu Petitionen
– Drucksache 15/2835 –

g) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschus-
ses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 109 zu Petitionen
– Drucksache 15/2836 –

h) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschus-
ses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 110 zu Petitionen
– Drucksache 15/2837 –

i) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschus-
ses (2. Ausschuss)


ext
Sammelübersicht 111 zu Petitionen
– Drucksache 15/2838 –

j) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschus-
ses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 112 zu Petitionen
– Drucksache 15/2839 –

ZP 3 a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen

(Kommunales Optionsrecht)

– Drucksache 15/2816 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)


sschuss
sschuss
usschuss
usschuss
gungsausschuss
Unterrichtung
ne Richtlinie
03/96/EG im
ng vorüber-
rbefreiungen

Innenau
Sportau
Rechtsa
Finanza
Verteidi






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Verabschiedung eines Optionsgesetzes
– Drucksache 15/2817 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

Von der Frist für den Beginn der Beratung soll – so-
weit erforderlich – abgewichen werden.

Darüber hinaus sollen abgesetzt werden: Tagesord-
nungspunkt 17 – Alterseinkünftegesetz –, Tagesord-
nungspunkt 20 – Allokationsplan-Gesetz –, Tagesord-
nungspunkt 23 h – Sperrzeiten für Außengastronomie –,
Tagesordnungspunkt 23 i – Arbeitserlaubnis für auslän-
dische Saisonarbeitskräfte.

Des Weiteren sollen der Tagesordnungspunkt 5 – Re-
form des Sanktionsrechts – erst nach Tagesordnungs-
punkt 7 und der Tagesordnungspunkt 19 – Erneuerbare-
Energien-Gesetz – vor Tagesordnungspunkt 18 aufgeru-
fen werden.

Außerdem mache ich auf nachträgliche Überweisun-
gen im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerksam:

Der in der 63. Sitzung des Deutschen Bundestages
überwiesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätzlich
dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend und dem Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung zur Mitberatung überwie-
sen werden.

Gesetzentwurf zur Änderung der Abgaben-
ordnung
– Drucksache 15/904 –
überwiesen:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Kultur und Medien

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(C (D Der in der 98. Sitzung des Deutschen Bundestages berwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem usschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Enticklung zur Mitberatung überwiesen werden. Antrag der Abgeordneten Günter Nooke, Dr. Friedbert Pflüger, Bernd Neumann (Bremen)

der CDU/CSU: Auswärtige Kultur- und Bil-
dungspolitik stärken
– Drucksache 15/2647 –
überwiesen:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Sind Sie mit den Vereinbarungen einverstanden? –
ch höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a und 3 b auf:
a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD

und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung
und Förderung des Fachkräftenachwuchses und
der Berufsausbildungschancen der jungen Gene-

(Berufsausbildungssicherungsgesetz – BerASichG)

– Drucksache 15/2820 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Pieper, Christoph Hartmann (Homburg), Rainer
Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Ausbildungsplatzabgabe verhindern – Wirt-
schaft nicht weiter belasten – Berufsausbil-
dung stärken
– Drucksache 15/2833 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für

die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Jörg Tauss, SPD-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der SPD)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1510200100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir bera-
ten heute einen Gesetzentwurf, der mit Sicherheit zu den
bedeutenden Gesetzentwürfen gehört; schließlich geht es
um die Zukunft der jungen Generation.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wie man beim Redner merkt!)


Es wäre also wichtig, dass dieses Thema ernsthaft debat-
tiert wird. Ich muss Ihnen aber sagen, dass die Diskus-
sion um diesen Gesetzentwurf noch vor Vorlage des Tex-
tes in einem Maße von Propaganda, Desinformation,
falschen Zahlen und falschen Behauptungen begleitet
war, wie ich es selten erlebt habe. Ich hoffe, dass die De-
batte am heutigen Tag dazu beiträgt, die Diskussion zu
versachlichen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/ CSU]: Herr Clement ist gar nicht da!)


Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Die „Financial
Times Deutschland“, ein Blatt, von dem man erwarten
könnte, dass die Redakteure die normale Multiplikation
mit der Zahl Tausend beherrschen, hat sich bei den ohne-
hin übertriebenen Verwaltungskosten, die ermittelt
wurden, um eine blanke Null getäuscht. Es wurde darin
geschrieben, die Kosten betrügen 730 Millionen Euro.
Das ist falsch. Es sind 73 Millionen Euro. Niemanden
hat das aber daran gehindert, die Zahl 730 Millionen
Euro weiter abzuschreiben. – So viel zum Thema Desin-
formation mit falschen Zahlen. Ich hoffe, dass sich hier
etwas ändert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben diese Woche Interviews sehen können, in
denen Kleinunternehmer als vermeintlich Betroffene be-
fragt wurden. Wie sich herausgestellt hat, bekämen die
Betriebe, die dort genannt wurden, nach unserem Gesetz
Geld. Auf die Frage, warum das so gesendet wurde,
wurde uns mitgeteilt, es handle sich um Funktionäre des
Arbeitgeberverbandes. Das ging aus den Berichten aber
nicht hervor. Ich habe also die herzliche Bitte an alle,
auch an diejenigen, die oben auf der Tribüne sitzen, um
über diese Debatte zu berichten, zur Sachlichkeit zu-
rückzukehren.

Wer nicht zu Wort kam, das waren die Jugendlichen
in diesem Land, das waren junge Menschen, die Ausbil-
dungsplätze suchen und brauchen. Um diejenigen sollten
wir uns kümmern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Wer bedauerlicherweise auch nicht zu Wort kam, das aren jene Betriebe, die in diesem Lande ohne Gedöns usbilden und es als selbstverständlich ansehen. Ihnen ilt unser Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich war in
einem Wahlkreis kürzlich in einem Unternehmen, das
ein 25-jähriges Jubiläum gefeiert hat. Der Chef hat bei
einer Ansprache gesagt, er erfülle sich nun einen Her-
enswunsch, indem er eine Ausbildungswerkstatt ein-
ichten werde. Das brauchen wir: Wir brauchen Unter-
ehmer, deren Herzensanliegen es ist, der jungen
eneration eine Zukunft zu geben, und keine Unterneh-
er, die sich aus ihrer Verantwortung verabschieden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


us diesem Grunde bedanke ich mich nochmals aus-
rücklich bei den 23 Prozent der Betriebe, die ausbilden
nd ohne Entlastung heute allein die Verantwortung für
ie Ausbildung der jungen Generation im dualen Be-
eich übernehmen.
Ich bedauere es sehr, dass sich nun auch Funktionäre

er Unternehmerverbände – damit meine ich durchaus
uch Herrn Hundt –, die in der Vergangenheit selbst ei-
en Beitrag dazu geleistet haben, solche Ausbildungs-
lätze zur Verfügung zu stellen, zum Sprachrohr derer
achen, die nicht ausbilden. Das ist eine verkehrte Welt.
ir brauchen Unternehmerfunktionäre, die sich hinter
ie Betriebe stellen, die ausbilden, und nicht hinter die,
ie nicht ausbilden. Vor dieser gesellschaftlichen He-
ausforderung stehen wir.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Weil nur 23 Prozent der Betriebe ausbilden – ich sage
och einmal: bei diesen bedanken wir uns herzlich –, hat
ich die Zahl der Ausbildungsplätze seit dem Jahr 2000
m weitere 11 Prozent reduziert. Wir haben fast wieder
ie Situation des Jahres 1998, die Sie uns überlassen ha-
en. Dieser Trend, der sich über viele Jahre fortgesetzt
at, setzt sich auch weiterhin fort. Heute Morgen stand
n einer Tickermeldung, dass die Zahl der Ausbildungs-
nfänger auf ein Rekordtief gefallen ist. Im vergangenen
ahr gab es 3 600 weniger neu besetzte Lehrstellen. Mit
iesen nackten Zahlen haben wir es trotz aller Anstren-
ungen vieler in der Wirtschaft und der Politik, die an
einer Stelle gering geschätzt werden sollen, zu tun.
In diesem Zusammenhang bedanke ich mich aus-

rücklich bei Bundeswirtschaftsminister Clement und
undesministerin Edelgard Bulmahn, die alles getan ha-
en, was möglich war, um dafür zu werben, dass die
irtschaft auf freiwilliger Basis genügend Ausbildungs-
lätze zur Verfügung stellt. Herzlichen Dank allen in der
esamten Bundesregierung und auch vielen Kolleginnen
nd Kollegen hier, die sich hierum gekümmert haben!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ulrike Flach [FDP]: Wie viel bilden sie denn aus?)







(A) )



(B) )


Jörg Tauss

– Frau Kollegin Flach, ich konnte Sie nicht verstehen, es
war zu leise. Sie haben irgendetwas angemerkt, soweit
ich das verstanden habe. Wir können uns aber gerne
noch einmal unterhalten.

Zum Ende des letzten Ausbildungsjahres waren
35 000 Jugendliche unversorgt. Das sind 11 000 mehr
als im Vorjahr. Das bedeutet ein Plus bei der Zahl der
Unversorgten um fast 50 Prozent. Diesen standen nur
15 000 unbesetzte Ausbildungsplätze gegenüber. Die
Lücke hat sich gegenüber dem Vorjahr also vervierfacht.
Dabei sind die Jugendlichen, die in Ersatzmaßnahmen
gehen, nicht mit eingerechnet. Ich meine damit insbe-
sondere diejenigen, die in ein Berufsvorbereitungsjahr
gehen. 2003 waren das – das müssen wir hinzurechnen –
46 700 Jugendliche.

Weil in diesem Zusammenhang immer gefragt wird,
was der Staat tue, sage ich Ihnen: Jeder neunte Ausbil-
dungsplatz wird heute voll aus Steuern finanziert. Damit
dies möglich ist, haben wir 733 Millionen Euro aus
Steuermitteln aufgebracht. Daneben wenden wir
2,2 Milliarden Euro für die Berufsvorbereitung und
Qualifizierung auf. Dies zeigt deutlich: Der Staat zieht
sich aus seiner Verantwortung nicht zurück. Ganz im
Gegenteil: Wir nehmen unsere Verantwortung insbeson-
dere auch für die Jugendlichen, die noch nicht berufsreif
sind – wir wissen, dass es welche gibt –, wahr.

Die teilweise erhobenen Vorwürfe der Wirtschaft, die
Umlage führe zu einer Verstaatlichung der Berufsausbil-
dung, ist angesichts dieser Zahlen falsch.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es gibt einen schleichenden Prozess der Verstaatlichung.
Diesen wollen wir stoppen, indem wir wieder stärker an
die Verantwortung der Wirtschaft appellieren.


(Cornelia Pieper [FDP]: Das ist ja lächerlich!)

Die Ausbildung in der Wirtschaft hat Priorität; dies ist

für uns klar. Deshalb führen wir mit diesem Gesetz ein
Umlagesystem ein, mit dem zusätzliche betriebliche
Ausbildungsplätze gefördert werden. Diesen Punkt
halte ich für wichtig. Wir haben ihn mit unserem Koali-
tionspartner ausdrücklich besprochen. Mit diesem Ge-
setzentwurf wollen wir die betriebliche Ausbildung stär-
ken. Das hat absolute Priorität.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Umlagepflichtig werden alle Betriebe mit zehn und
mehr Beschäftigten sein. Selbstverständlich werden
Teilzeitbeschäftigte entsprechend einem Schlüssel ange-
rechnet. Alle Betriebe – das ist die gute Nachricht für
diejenigen, die die Ausbildungsquote von 7 Prozent er-
füllen – werden gefördert. Wer seine Ausbildungsleis-
tung nachweislich steigert, wird ebenfalls gefördert.
Dies ist ein ganz wichtiges Signal. Außerdem ist es ein
wichtiges Signal, dass auch Betriebe gefördert werden,
die nicht umlagepflichtig sind, also kleinere Betriebe.
Sie können durch unser Gesetz von der Umlage profitie-
ren.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Gelegentlich wird gefragt: Wie kommt es zu der
uote von 7 Prozent? Interessanterweise sind es gerade
ie kleinen und mittleren Betriebe, die ihrer Verantwor-
ung nachkommen. Herr Brüderle, Sie sollten sich beim
hema Mittelstand nicht vor den Karren der großen Be-
riebe spannen lassen. Die Großbetriebe mit 500 oder
ehr Beschäftigten sind es, die diese Quote von
Prozent nicht erfüllen. Aus diesem Grunde tun wir hier
irklich etwas für kleine und mittlere Betriebe, die ihrer
erantwortung nachkommen.
Alle anderen Betriebe wollen wir in der Tat an Kosten

nd Lasten von Ausbildung beteiligen. Es kann, wie ge-
agt, nicht sein, dass wenige Betriebe für alle anderen
ie Ausbildung des Fachkräftenachwuchses überneh-
en. Ich will nochmals festhalten: Ausbildung ist keine
ohltätigkeitsveranstaltung und kein soziales Engage-
ent. Es ist vielmehr eine Pflicht und liegt im Eigeninte-
esse der Wirtschaft zur Sicherung ihrer Zukunft. Dies
uss man einigen immer wieder deutlich machen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


s geht um die Sicherung des Nachwuchses. Über Fach-
räftemangel zu klagen und gleichzeitig nicht auszubil-
en ist nicht nur dreist, sondern ein teilweise sehr kurz-
ichtiges Verhalten.
Wir wollen – auch das möchte ich deutlich machen –

en öffentlichen Dienst nicht ausnehmen. Es gab solche
orderungen. Ich kann mir aber nicht ernsthaft ein Ge-
etz vorstellen, das die Wirtschaft in die Pflicht nimmt
nd den öffentlichen Dienst außen vor lässt. Das wollen
ir nicht. Wir werden prüfen, wie andere Ausbildungs-
istungen, die bereits heute im Umlagesystem erbracht
erden, beispielsweise in der Krankenpflege, angerech-
et werden können. Aber auf die Forderung, die Wirt-
chaft solle allein ausbilden und öffentliche Arbeitgeber
ollten ausgenommen werden, wollen wir nicht einge-
en.
Reden wir einmal von den Belastungen, über die im
oment so viel geschrieben und gejammert wird. Nach
nserem Gesetzentwurf würde ein Betrieb mit 100 Be-
chäftigten und ohne einen einzigen Auszubildenden
und 23 000 Euro an Umlage für fehlende Ausbildungs-
lätze zahlen müssen. Ich habe mir gestern in ein paar
atalogen der deutschen Automobilindustrie angesehen,
elche Autos ich für 23 000 Euro bekommen würde. Ich
abe nicht sehr viele Fahrzeuge gefunden, mit denen
an wirklich etwas anfangen kann. Die Aufwendungen
ür die Umlage erreichen noch nicht einmal den Preis für
inen Mittelklassewagen. Ich glaube, einem Betrieb mit
00 Beschäftigten wäre es zumutbar, Aufwendungen zu
rbringen, die unter dem Preis für ein Auto liegen, um
twas zur Zukunftssicherung beizutragen. Jeder zusätz-
che Auszubildende reduziert diese Summe.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Jörg Tauss

Zum Abschluss: Jahrelange Appelle und Absichtser-

klärungen haben nachweislich nicht zu dem erhofften
Ergebnis geführt. Wir wollen mit diesem Gesetz ein Si-
gnal setzen, damit sich die Tarifvertragsparteien, die Ar-
beitgeber und die Arbeitnehmer, die Gewerkschaften
und die Verbände, zusammensetzen, um Tarifverträge
zu diesem Thema abzuschließen, so wie das in einigen
Branchen schon getan wurde. Ich erinnere an die Bau-
und die Chemieindustrie, den Garten- und Landschafts-
bau sowie die Metallindustrie. Wir begrüßen es sehr,
dass die Industriegewerkschaft Metall und die Metallar-
beitgeberverbände zugesichert haben, zu prüfen, ob sie
in Tarifverhandlungen eintreten, um zu Lösungen im
Sinne der jungen Generation zu kommen. Genau das
wollen wir. Uns geht es nicht prinzipiell um ein Gesetz,
sondern uns geht es in diesem Zusammenhang um eine
Lösung des Problems.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Bundeskanzler hat am 14. März letzten Jahres in
seiner Rede zur Agenda 2010 ganz klar gesagt: Wenn
nicht genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung ste-
hen, müssen wir zu gesetzlichen Regelungen kommen.
Dies wollen wir jetzt tun. Ich will dies mit einem Hin-
weis auf die junge Generation verbinden, über die Franz
Müntefering völlig berechtigt mehrmals erklärt hat: Vie-
len Jugendlichen, die aus der Schule kommen, wird ge-
sagt, ihr habt euch zwar angestrengt, aber ihr bekommt
keine Lehrstelle und damit auch keinen Job; es gibt nur
Stütze und mit 25 Jahren werdet ihr abgeschrieben. Aber
haltet den Mund und lasst uns in Ruhe! – Eine solche
Gesellschaft stellen wir uns nicht vor. Wir wollen eine
Gesellschaft, in der die Verantwortung für die junge Ge-
neration von allen übernommen wird: von der Wirt-
schaft, vom Staat und allen anderen Beteiligten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich hoffe, das gilt ein Stück weit auch für die Opposi-
tion. Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu! Beteiligen
Sie sich konstruktiv an diesem Prozess!

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510200200

Ich erteile das Wort Kollegen Friedrich Merz, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Friedrich Merz (CDU):
Rede ID: ID1510200300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Wer will bestreiten, dass wir allen Grund haben, uns
Sorgen um die Ausbildung der jungen Menschen in
Deutschland zu machen? Wer will bestreiten, dass dies
eine der wichtigsten Aufgaben ist, vor die Politik und
Gesellschaft in Deutschland gestellt sind, nämlich dafür
zu sorgen, dass unter schwierigsten wirtschaftlichen Be-
dingungen gerade junge Menschen – ich stimme Ihnen

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(C (D insichtlich dessen, was Sie zum Schluss gesagt haben, usdrücklich zu, Herr Tauss – eine Perspektive haben? enn sie aus dem Schulleben heraustreten und in die be ufliche Bildung gehen wollen, muss ihnen diese Gesellchaft ein Angebot machen und sie müssen eine Chance aben. Aber die Lautstärke des Vortrages meines Vorredners teht in auffallendem Widerspruch zur Überzeugung in en eigenen Reihen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Er ist immer so!)


s ist doch ganz offenkundig so, Herr Tauss, dass das,
as Sie hier heute Morgen vorlegen – es hat etwas Tra-
ikomisches, dass dies ausgerechnet am 1. April vorge-
egt wird


(Cornelia Pieper [FDP]: Aprilscherz!)

in auffallendem Gegensatz zu dem steht, was aus den
eihen der Bundesregierung zu hören ist.


(Zuruf von der SPD: Ein dümmeres Argument gibt es schon gar nicht mehr! – Weitere Zurufe von der SPD)


Ihre Zwischenrufe zeigen nur, wie nervös Sie gewor-
en sind, nachdem Ihr neuer Vorsitzender dies zu seinem
entralen Projekt der nächsten Wochen gemacht hat.
Wenn eine SPD-Bundestagsfraktion tagt und nicht

inmal die Hälfte der Abgeordneten anwesend ist und
nschließend ein Viertel der Abgeordneten gegen diesen
esetzentwurf stimmt, dann zeigt das, in welchem Zu-
tand Ihre Fraktion ist und was Sie uns heute Morgen
orgelegt haben. Es ist unglaublich, wie Sie arbeiten!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD – Zuruf von der SPD: Kommen Sie doch mal zur Sache!)


ie können mit Ihren Zwischenrufen versuchen, mich zu
tören; aber das wird Ihnen nicht gelingen. Schauen Sie
inmal auf die Regierungsbank. Da sitzt nicht ein einzi-
er der Minister, die eigentlich für diese Aufgabe zustän-
ig wären.


(Widerspruch bei der SPD)

rau Bulmahn sitzt dort hinten. In der ersten Reihe fehlt
er Bundeswirtschaftsminister, der sich ausdrücklich da-
egen ausgesprochen hat. In der ersten Reihe fehlt der
undesfinanzminister.


(Cornelia Pieper [FDP]: Der Außenminister ist auch nicht da!)


s ist gerade Kernzeit des Deutschen Bundestages und
icht irgendeine Nachtsitzung. In der Kernzeit fehlen die
eiden zuständigen Ressortminister, die sich ausdrück-
ich gegen dieses Gesetz ausgesprochen haben. Es ist
och keine Überraschung, dass sie heute Morgen fehlen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nun müssen wir uns in der Tat fragen, welche Ursa-

hen es hat, dass wir im Jahr 2004 erneut ein solches
roblem mit Ausbildungsplätzen haben. Ich kann Ihnen






(A) )



(B) )


Friedrich Merz

nicht ersparen, darauf hinzuweisen, dass dies nach einer
solchen Insolvenzwelle – wir haben im letzten Jahr
40 000 Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ver-
zeichnet; im Jahr davor waren es 36 000 – nicht ausblei-
ben kann. Die Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser
Bundesregierung und diese Insolvenzwelle sind wesent-
liche Ursachen dafür, dass in Deutschland nicht genü-
gend Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden.
Es sind nicht die Unternehmer in Deutschland, denen es
an Patriotismus mangelt. Das ist der eigentliche Hinter-
grund.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nun sind Sie sich über die Wirkung dessen, was Sie

heute Morgen vorgelegt haben, offensichtlich nur zum
Teil im Klaren. Ich will Sie auf zwei Sachverhalte hin-
weisen, die von erheblicher Bedeutung sein werden,
wenn dieses Gesetz jemals Wirklichkeit würde. Zum ei-
nen haben Sie das Stichwort selbst genannt: Wir steuern
mit einer solchen Entscheidung auf eine endgültige und
dauerhafte Verstaatlichung der beruflichen Bildung zu.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: So ein Blödsinn!)

Wenn die Unternehmer in Deutschland wissen, dass sie
diese Abgabe zahlen müssen, dann werden sie jede An-
strengung, auch über den eigenen Bedarf hinaus auszu-
bilden, einstellen und die Abgabe zahlen. Als Ergebnis
wird das duale System der beruflichen Bildung, das
auf der Welt noch immer als Vorbild gilt, endgültig zu
Grabe getragen. Die Ausbildungsplatzabgabe, die Sie
heute Morgen vorgeschlagen haben, wird die Ursache
sein.

Sie sind sich offensichtlich über einen zweiten Sach-
verhalt nicht im Klaren, der noch dramatischer ist. Selbst
wenn Sie das Erste, was ich gesagt habe, bestreiten, kön-
nen Sie das Zweite nicht bestreiten. Stellen Sie sich vor,
eine solche Abgabe würde eingeführt. Das hätte doch
zur Folge, dass sich diejenigen, die in besonders an-
spruchsvollen Berufen ausbilden, wodurch Kosten in
den Unternehmen verursacht werden, die über die
Summe dieser Ausbildungsplatzabgabe hinausreichen,
von ihren Ausbildungsverpflichtungen freikaufen wer-
den, weil sie sich ausrechnen können, dass es betriebs-
wirtschaftlich sinnvoller ist, die Abgabe zu zahlen als
auszubilden.


(Jörg Tauss [SPD]: Falsch!)

Von dieser Abgabe werden diejenigen profitieren, die in
relativ einfachen Berufsbildern ausbilden, mit der fata-
len Folge, dass die Qualifikation in den Berufen, in de-
nen der Ausbildungsbedarf am höchsten ist, in den Be-
trieben nicht mehr vermittelt wird und dass die weniger
gut qualifizierten Berufsbilder durch die Abgabe sub-
ventioniert werden. Das ist das Gegenteil von Qualifika-
tion und wettbewerbsfähigen Arbeitsplätzen, die wir ge-
genwärtig in Deutschland brauchen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Sie trauen den Unternehmern aber wenig zu!)


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(C (D Welche Konsequenzen hat das auf die öffentlichen aushalte? Die Länder, die Gemeinden und auch der und, die allesamt aus unterschiedlichen Gründen die erpflichtungen, die Sie im Gesetzentwurf vorsehen, nur um Teil oder gar nicht erfüllen, werden in Zukunft elbstverständlich die Abgabe zahlen müssen. Das heißt, ie belasten die öffentlichen Kassen insbesondere der emeinden und Länder – diese machen den größten Aneil des öffentlichen Dienstes aus, nicht der Bund –, (Zuruf von der SPD: Sie haben die Entlastung der Kommunen verhindert!)


it der Folge, dass die öffentlichen Kassen durch eine
olche Abgabe zusätzlich belastet werden. Der Finanz-
inister hat völlig Recht, dass eine zusätzliche Belas-
ung dadurch entsteht, dass die Ausbildungsabgabe der
etriebe als Betriebsausgabe und -aufwand abzugsfähig
st und dass auf die öffentlichen Haushalte erhebliche
usätzliche Steuerausfälle zukommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

as ist das Gegenteil dessen, was die öffentlichen Finan-
en in diesen Tagen und Wochen brauchen.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist falsch, Herr Merz!)

Sie haben auf die freiwilligen Vereinbarungen
besser: auf die Tarifvereinbarungen – Bezug genom-
en. Es hätte den Tarifvertragsparteien in Deutschland
ber nichts im Wege gestanden, schon in früheren Jahren
essere Ausbildungstarifverträge zu verabschieden.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD] – Jörg Tauss [SPD]: Sehr gut! Ohne Gesetz haben sie es nicht gemacht!)


Ich bedanke mich sehr für den Beifall. Ich habe das an
ieser Stelle auch schon bei anderer Gelegenheit festge-
tellt. Es hätte den Tarifvertragsparteien durchaus gut
ngestanden, in ihren Ausbildungstarifverträgen die
rage zu beantworten, ob nicht etwa die berufliche Bil-
ung in den Betrieben mittlerweile ein wenig zu teuer
eworden ist


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Ja, einverstanden!)


nd ob nicht möglicherweise die Ausbildungsordnungen
ahin gehend überprüft werden müssen, ob es nicht bes-
er wäre, wenn die Auszubildenden längere Zeiten in
en Betrieben und weniger in den Berufsschulen ver-
eilten.
Alle diese Fragen hätten die Tarifvertragsparteien

ängst beantworten können, wenn sie sich ihrer Verant-
ortung gestellt hätten. Sie haben das aber nicht getan,
eil sie auch von Ihrer Seite immer wieder ermuntert
orden sind, auf diesem Weg weiter voranzuschreiten.
urch die Ausbildungsplatzabgabe bekommen sie jetzt
ie Bestätigung der Richtigkeit ihres Vorgehens in den
etzten Jahren, das aber – objektiv gesehen – auch schon
n diesem Zeitraum falsch gewesen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Wir saßen Friedrich Merz am Tarifverhandlungstisch und haben die ermuntert? – Heiterkeit im ganzen Hause)





(A) )


(B) )


– Herr Tauss, regen Sie sich nicht so auf! Wir sind lang-
sam um Ihre Gesundheit besorgt.


(Jörg Tauss [SPD]: Um Gottes willen! Die ist glänzend!)


Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch da-
rauf hinweisen, dass die freiwilligen Vereinbarungen nur
dann erfolgreich sein können, wenn diese auch die regio-
nal unterschiedlichen Arbeitsmarktbedingungen ausrei-
chend berücksichtigen. Solche freiwilligen Vereinbarun-
gen oder Tarifvereinbarungen, die Sie heute Morgen zu
Recht als möglich und notwendig dargestellt haben, wer-
den nicht zustande kommen, wenn mit dem von Ihnen
vorgelegten Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag und
möglicherweise im Bundesrat ein bundesweit einheitli-
ches Gesetz verabschiedet wird. Denn Sie haben keine
Öffnungsklauseln vorgesehen, die regional unterschied-
liche Antworten auf sehr unterschiedliche Arbeitsmarkt-
und Ausbildungsplatzbedingungen zulassen. Das heißt,
was Sie heute Morgen als richtig anerkannt haben, ist in
Ihrem Gesetzentwurf nicht enthalten. Es sind keine re-
gionalen Bündnisse für Ausbildung möglich, weil der
Gesetzentwurf keine entsprechende regionale Differen-
zierung zulässt.

Sie wissen im Übrigen selbst, warum Sie keine ent-
sprechende Regelung in den Gesetzentwurf aufgenom-
men haben. Denn mit ziemlich großer Sicherheit wäre
ein solcher Gesetzentwurf zustimmungspflichtig. Dann
müsste der Bundesrat dem Gesetzentwurf zustimmen
und damit wäre richtigerweise das Ende dieses Gesetzes
endgültig besiegelt gewesen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Abschließend erlaube ich mir, die Frage zu stellen,
auf welcher Rechtsgrundlage Sie eine solche Abgabe
staatlicherseits erheben zu können meinen.


(Jörg Tauss [SPD]: Nicht auf dem Bierdeckel! Das ist richtig!)


Worum geht es in dem von Ihnen vorgelegten Gesetzent-
wurf eigentlich? Eine solche Abgabe erfordert nach un-
serem Grundgesetz eine entsprechende Grundlage.


(Nicolette Kressl [SPD]: Die hat sie ja auch!)

Dafür brauchen Sie eine entsprechende Gesetzgebungs-
kompetenz.

Handelt es sich bei der Abgabe um eine Gebühr? –
Mit ziemlich großer Sicherheit nicht; denn es handelt
sich ja nicht um eine unmittelbare Gegenleistung für die
Inanspruchnahme eines staatlichen Angebots. Handelt es
sich möglicherweise um eine Steuer? Wenn die Abgabe
eine Steuer wäre, dann bin ich ziemlich sicher, dass Ih-
nen dafür die entsprechende verfassungsrechtliche
Grundlage fehlen würde. Es ist also kein Wunder, dass
nicht nur der Bundeswirtschafts- und -arbeitsminister so-
wie der Bundesfinanzminister – der eine aus wirtschafts-
politischen, der andere aus finanzpolitischen Gründen –
ihre Bedenken gegen das Gesetz geäußert haben.

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(C (D (Franz Müntefering [SPD]: Das stimmt doch überhaupt nicht! Was erzählen Sie denn da für Geschichten? Märchenerzähler!)


anz offensichtlich hat es auch in der ersten Ressort-
bstimmung der Bundesregierung erhebliche verfas-
ungsrechtliche Bedenken gegen ein solches Gesetz ge-
eben. Es wäre gut, wenn heute Morgen der eine oder
ndere von der Koalition, vielleicht sogar jemand von
er Bundesregierung,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

u der Frage Stellung nehmen würde, ob das Grundge-
etz der Bundesrepublik Deutschland es Ihnen überhaupt
rlaubt, eine solche Abgabe zu erheben.


(Jörg Tauss [SPD]: Bundesverfassungsgericht, Herr Merz!)


ch sage Ihnen das alles nicht, um formelle Einwendun-
en gegen ein in der Sache falsches Gesetz zu erheben,
ondern deshalb, weil Sie in diesem Staat nicht einfach
un und lassen können, was Sie wollen, je nachdem wie
hre innerparteiliche Diskussionslage dies erfordert. Sie
aben sich an Regeln zu halten. Das gilt auch und insbe-
ondere bei diesem Gesetz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

n diesem Sinne werden wir in den nächsten Wochen die
ebatte mit Ihnen über den Gesetzentwurf streitig füh-
en.
Ich möchte zum Abschluss nur sehr deutlich sagen,

ass wir jeden konstruktiven Beitrag, selbst wenn er von
hnen kommt, unterstützen werden,


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe von Ihnen, Herr Merz, gar nicht gehört, was Sie wollen!)


er dazu führt, dass am Ende des Jahres 2004 möglichst
lle Jugendlichen in Deutschland einen Ausbildungs-
latz haben. Nur eines scheint mir bei Fortsetzung der
irtschafts-, der Finanz- und der Sozialpolitik der rot-
rünen Koalition wirklich sicher zu sein: Im Verlauf des
ahres 2004 wird es nicht besser, sondern weiter schlech-
er werden. Die Zahl der Insolvenzen in diesem Land
ird weiter steigen. Mit der Zunahme bei Insolvenzen
nd Arbeitsplatzverlusten werden leider auch immer
ehr Ausbildungsplätze in Deutschland verloren gehen.
ann können Sie so viele Abgaben – in welcher Höhe
uch immer – erheben, wie Sie wollen, Sie werden am
nde des Jahres vor einem riesengroßen, zusätzlichen
cherbenhaufen stehen. Dann wird dieses Gesetz bedeu-
ungslos sein. Das Einzige, was man dem mit einigem
ynismus abgewinnen könnte, wäre, dass dies den Nie-
ergang der Bundesregierung weiter beschleunigen
ürde. Aber es ist ein verdammt hoher Preis, den dieses
and dafür zahlen muss.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Kein Wort zu den Jugendlichen! Das ist ein Skandal! Unglaublich! Nicht einen Vorschlag! Aber der März ist ja vorbei!)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510200400

Ich erteile das Wort Kollegin Dr. Thea Dückert, Frak-

tion des Bündnisses 90/Die Grünen.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510200500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Merz hat am Anfang etwas Richtiges ange-
merkt: Jeder Jugendliche, jede junge Frau und jeder
junge Mann, in diesem Land braucht ein Ausbildungsan-
gebot – das ist völlig klar. Sie brauchen eine Perspektive.
Wir wissen schließlich, dass Jugendliche, die keinen
Ausbildungsabschluss haben, eine ganz schlechte
Erwerbsbiografie vor sich haben und dass in Zukunft
unsere Wirtschaft mit einem Fachkräftemangel kämpfen
wird. Deswegen ist die Anmerkung von Herrn Merz
richtig. Aber seine einzige Antwort auf die Frage, was
wir tun können, war: Wir sollen die Ausbildungsvergü-
tungen senken. Lieber Herr Merz, ich finde, dass das der
Aprilscherz des heutigen Tages ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich sage Ihnen eines: Die von uns vorgeschlagene Um-
lage, die nichts anderes als ein Konzept des Handelns ist,
wird jedem Betrieb, der ausbildet, mehr bringen als das,
was Sie auf Kosten der Auszubildenden vorschlagen,
nämlich die Senkung der Ausbildungsvergütungen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ein weiterer Punkt: Herr Merz, Sie haben darauf hin-
gewiesen, dass die hohe Zahl der Insolvenzen des letzten
Jahres zwangsläufig zu einem Rückgang der Zahl der
Ausbildungsplätze führe. Herr Merz, auch Sie leiden of-
fenbar unter dem kollektiven Gedächtnisschwund Ihrer
Fraktion; das muss ich ganz klar sagen. Die Zahl der
Ausbildungsplätze geht nämlich bereits seit 1992 zu-
rück. Heute gibt es in den Betrieben 100 000 Ausbil-
dungsplätze weniger. Herr Merz, das Problem, mit dem
wir zu kämpfen haben, ist, dass sich die großen Betriebe
Stück für Stück aus der notwendigen Ausbildung zu-
rückziehen. Es gab es in den vergangenen Jahren immer
Betriebe – es gibt sie auch jetzt –, die wirtschaftlich stark
waren und sich dennoch aus der dualen Ausbildung zu-
rückzogen. Gleichzeitig gab es auch Betriebe, denen es
nicht so gut ging, die aber trotzdem ihrer Ausbildungs-
verpflichtung nachkommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Herr Merz, Sie haben hier davon gesprochen, wir
brächten mit unserem Gesetz eine Verstaatlichung auf
den Weg.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Keine Ahnung von Wirtschaft!)


Eine schleichende Verstaatlichung findet durch den suk-
zessiven Attentismus jener Betriebe statt, die sich Jahr
für Jahr aus der Ausbildung heraushalten. Dagegen wer-
den wir mit einem Gesetz ansteuern, das diejenigen Un-
ternehmen stärken will, die die Aufgabe der betriebli-
chen Ausbildung noch wahrnehmen.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich weiß, dass es besser wäre, wenn die Wirtschaft
elbst handelte, und dass Eigeninitiative Vorfahrt haben
uss. Das werden wir in diesem Gesetz verankern. Aber
ch weiß auch, dass die heutige Situation für die jungen
eute unerträglich ist. Wir Politikerinnen und Politiker
aben bisher die Hände in den Schoß gelegt, obwohl vie-
en jungen Leuten eine Perspektive fehlt. Ich weiß auch,
ass die heutige Situation gegenüber den Unternehmen
nverantwortlich ist, denen in der Zukunft ein Fach-
rbeitermangel droht.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Nur noch 24 Prozent der Unternehmen bilden aus.
00 000 Unternehmen könnten ausbilden. Wenn nur je-
es zehnte dieser Unternehmen einen Ausbildungsplatz
nböte, dann wäre dieses Problem schon gelöst. In den
etzten Jahren wurden uns gegenüber Versprechungen
emacht und die Regierung ist aktiv geworden; aber am
nde sind dies leere Versprechungen gewesen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

eswegen müssen wir an dieser Stelle handeln. Das
andeln der Wirtschaft wäre die beste Lösung. Es bleibt
llerdings aus. Wir können aber nicht die Augen ver-
chließen und wir dürfen uns nicht abwenden.
Das Geschrei ist groß. Aber woher kommt es?

7,9 Prozent derjenigen Betriebe, die ausbilden, die sich
uf diesem Gebiet also wirklich anstrengen, sind für eine
usbildungsplatzumlage.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


aran sieht man doch ganz deutlich, worum es geht: Diese
etriebe wollen Unterstützung und die anderen, also dieje-
igen Betriebe, die nicht ausbilden, machen gegen die
usbildungsplatzabgabe Front. Ich weiß, dass diese Dis-
ussion sehr schwierig ist. Ich weiß auch, dass wir alles tun
üssen – in dem Gesetz haben wir diesen Gedanken auf-
egriffen –, um die Eigeninitiative zu stärken.
In dieser Debatte wird aber auch ein politischer

opanz aufgebaut.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


ier wird behauptet, wir führten eine Strafabgabe ein.
ch weiß nicht genau, inwieweit PISA auf Ihre Reihen
utrifft. Wenn Sie sich diese Vorlage anschauen, dann
erden Sie feststellen, dass es sich um eine Umlage han-
elt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Strafsteuer!)


urch diese Umlage unterstützen die Betriebe, die nicht
usbilden, diejenigen, die ausbilden. Diese Umlage wird
n die betriebliche Ausbildung fließen. Das Geld der
irtschaft wird in der Wirtschaft bleiben. Es wird nicht
bkassiert.






(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Es gibt im Vorfeld dieser Debatte eine Initiative, die

darauf abzielt, Stimmung zu machen und dem Attentis-
mus ein moralisches Gütesiegel aufzudrücken. Es ist
aber so: Die Betriebe tragen für sich selbst Verantwor-
tung und müssen betriebswirtschaftlich rechnen. Wenn
sie das tun, wird sich zeigen, dass sich jeder Ausbil-
dungsplatz, den sie anbieten, in ihrer Bilanz positiv dar-
stellen wird: Wenn sie unter der Quote liegen, dann wird
das ihre Abgabenlast reduzieren; wenn sie über der
Quote liegen, dann werden sie eine Unterstützung be-
kommen. Es geht um die Unterstützung der betriebli-
chen Ausbildung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich will noch eines sagen: Es gibt in diesem Gesetz si-
cherlich Punkte, die wir noch verändern müssen, um die
betriebliche Ausbildung stark zu machen. Von der Oppo-
sition habe ich hier aber kein einziges Wort über die Si-
tuation der Jugendlichen gehört. Stattdessen haben Sie
darüber philosophiert, ob das Gesetz zustimmungsbe-
dürftig ist oder nicht. Das interessiert die Jugendlichen
nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie brauchen Angebote.

(Zuruf des Abg. Friedrich Merz [CDU/CSU])


– Ich sitze nicht auf den Ohren, Herr Merz. Ich habe
ganz genau gehört, was Sie gesagt haben. Ihr einziger
Vorschlag war, die Vergütung für Auszubildende zu sen-
ken. Keinen anderen Vorschlag haben Sie gemacht. Das
ist billig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510200600

Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510200700

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Unsere Ju-

gendlichen brauchen ein Angebot. Unsere Jugendlichen
brauchen eine wirkliche Perspektive. Die Betriebe brau-
chen Facharbeitskräfte. Deswegen führen wir eine Um-
lage ein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510200800

Ich erteile Kollegin Cornelia Pieper, FDP-Fraktion,

das Wort.

Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1510200900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kol-

legin Dückert, ob das nun Ausbildungsplatzabgabe oder
-umlage heißt, ist völlig egal.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass Ihnen das egal ist, glaube ich!)


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(C (D er Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt haben, wird Ausildungsplätze in Deutschland vernichten und nicht neue usbildungsplätze schaffen, meine Damen und Herren on der Regierungskoalition. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Ist das Ihre stille Hoffnung?)


Sie haben Recht: Der Mittelstand, das Handwerk
chafft 80 Prozent der Ausbildungsplätze in Deutsch-
and. Der Mittelstand ist in diesem Land das Rückgrat
er Wirtschaft. Aber Sie, meine Damen und Herren von
er Regierungskoalition, treiben den Mittelstand in den
uin. Ökosteuer, Tabaksteuer, Erbschaftsteuer – und nun
ommt auch noch die Ausbildungsplatzsteuer.


(Jörg Tauss [SPD]: Die Biersteuer!)

ie treiben die Steuerspirale in die Höhe. Die Abgaben
nd Steuern steigen in Deutschland.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Ihnen sind sie gestiegen! Seit 1998 ist das um einen Punkt runtergegangen!)


ie belasten den Mittelstand und – da können Sie
chreien, wie Sie wollen – treiben die Kosten für die
usbildung in die Höhe. – Ich weiß, dass ich ins
chwarze treffe; sonst würden Sie ja nicht so reagieren.


(Lachen des Abg. Jörg Tauss [SPD] – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schwarz! Genau!)


Es geht hier – auch das will ich einmal sagen – um die
ituation von jungen Menschen in diesem Land. Sie
chaffen für die jungen Menschen eine Situation, die sie
irklich in die Verzweiflung treibt.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Ihre Rede ist zum Verzweifeln!)


as kann so nicht weitergehen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ihre Politik in Sachen Wirtschaft, Steuern, Ausbil-

ung und Bildung ist gescheitert. Der Ifo-Index für das
irtschaftsklima ist erneut abgesackt. Das Institut der
eutschen Wirtschaft in Köln sagt ganz deutlich: Ausbil-
ungsplätze werden geschaffen, wenn das Bruttoinlands-
rodukt um 2 Prozent wächst. – Sie haben uns und den
ungen Menschen im letzten Jahr damit gedroht, dass Sie
ie Folterwerkzeuge für die Wirtschaft herausholen wer-
en. Sie setzen das nun mit einem Berufsausbildungssi-
herungsgesetz um. Dieses Gesetz, meine Damen und
erren von der Regierungskoalition, ist ein bürokrati-
ches Monster und nichts anderes.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Eine neue Mammutbehörde mit 100 Beamten, in die
00 Beamte noch zusätzlich eingestellt werden müssen,
m diese Ausbildungsplatzabgabe einzukassieren,


(Jörg Tauss [SPD]: Wie kommen Sie denn auf die Zahlen?)







(A) )



(B) )


Cornelia Pieper

ist ein fragwürdiger Beitrag zur Innovationsoffensive der
Bundesregierung, Herr Tauss.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Freie Erfindung, Frau Kollegin!)


Ein Markt lässt sich nun mal nicht per Gesetz regulie-
ren. Da hat Herr Merz durchaus Recht: Sie betreiben die
schleichende Verstaatlichung der Berufsausbildung. Das
bewährte System der betrieblichen Ausbildung blutet
durch Ihre Politik aus. Der europäische Vergleich zeigt,
dass in einem staatlichen Ausbildungssystem die Ju-
gendarbeitslosigkeit viel höher liegt. Deswegen setzen
wir auch weiterhin auf die betriebliche Ausbildung, auf
die duale Berufsausbildung in Deutschland. Sie machen
sie jedoch kaputt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen Sie doch einmal einen Vorschlag!)


Sie haben selbst den Beweis dafür angetreten.
Schauen Sie sich das JUMP-Programm der Bundesregie-
rung an!


(Zuruf von der SPD: Sehr erfolgreich! Fragen Sie einmal die Jugendlichen!)


Jeder dritte Jugendliche wird aus dem JUMP-Programm
in die Arbeitslosigkeit entlassen. Das ist keine Lösung.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen wollen wir auch betriebliche Ausbildungsplätze!)


Wie gesagt: Dieses neue Gesetz wird Ausbildungs-
plätze vernichten. Sie bestrafen die kleinen mittelständi-
schen Unternehmen, die ausbilden wollen.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die kriegen doch Geld!)


Auch die, die ausbilden wollen, aber nicht können, weil
es an Nachfrage fehlt, zum Beispiel bei den Berufen der
Elektrotechnik oder im Fleischerhandwerk, werden be-
straft.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Richtig!)

Selbst dann, wenn ein Lehrling seine Berufsausbildung
kurz vor dem Abschluss abbricht, wird der Betrieb zur
Kasse gebeten.


(Jörg Tauss [SPD]: Oh Herr, hilf!)

Was Sie hier vorgelegt haben, ist eine Katastrophe!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Kassandra war nichts dagegen!)


Die Spitze des Eisbergs, Herr Tauss, ist, dass Ihre ei-
gene Regierung Ihren Gesetzentwurf nicht akzeptiert.


(Beifall bei der FDP)

Das Justizministerium erhebt verfassungsrechtliche Be-
denken. Nach der Idee der Strafandrohung bzw. Kon-

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(C (D rolle der Putzfrauen durch Steuerfahnder in Bezug auf chwarzarbeit folgt nun der große Lauschangriff für den ittelstand und das Handwerk in Deutschland. (Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Geht es noch ein bisschen dreister, Frau Kollegin?)


inanzminister Eichel habe den Gesetzentwurf wegen zu
oher Steuermindereinnahmen eigentlich abgelehnt,
eißt es. Sie haben in Ihrer eigenen Regierung und auch
n der Bevölkerung keine Mehrheit für diese Ausbil-
ungsplatzabgabe.


(Jörg Tauss [SPD]: 73 Prozent, Frau Pieper! Nicht schlecht! Das hätten wir bei Wahlen gern!)


Ich kann nur sagen: Ziehen Sie diesen Gesetzentwurf
urück! Sie machen die Wirtschaft kaputt und verspielen
ie Zukunft der jungen Menschen in diesem Land. Die
este Mittelstandspolitik für dieses Land wäre es, wenn
iese Bundesregierung endlich zurückträte. Sie bringen
s einfach nicht!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Geben Sie den Jugendlichen eine Chance! Sachsen-
nhalt hat eine Bundesratsinitiative eingebracht. In der
at, Herr Tauss, wir schlagen eine flexiblere Ausbil-
ungsvergütung vor.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


arum soll sich der Unternehmer mit den Lehrlingen
icht auf eine andere Ausbildungsvergütung einigen?


(Jörg Tauss [SPD]: Bei der Einigung bin ich gern dabei!)


ie wollten doch Politik mit Herz machen! Ich sehe die
ungen Leute in Sachsen-Anhalt mit dem Handwerks-
eister bei der Kammer stehen. Sie wollen einen Aus-
ildungsvertrag über 300 Euro abschließen und die
ammer darf das nicht unterschreiben. Das ist eine un-
enschliche Politik,


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Jetzt halten Sie sich aber mal zurück! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Haben Sie einmal die Menschenrechtskommission damit befasst? Unglaublich!)


ie verhindert, dass ein Ausbildungsplatz entsteht. Bes-
er ein Ausbildungsplatz mit weniger Lehrgeld als gar
ein Ausbildungsplatz!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510201000

Frau Kollegin, Sie haben Ihre Redezeit schon deutlich

berschritten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B)



Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1510201100

Ja. – Greifen Sie unsere Vorschläge auf, auch zur No-

vellierung des Berufsausbildungsgesetzes, dann kom-
men Sie weiter!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510201200

Ich erteile das Wort der Bundesministerin Edelgard

Bulmahn.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten
Herren und Damen! Wenn es eine gesellschaftspolitische
Aufgabe gibt, die wir vor allen anderen zu lösen haben,
dann ist es die, für alle jungen Menschen eine qualifi-
zierte Ausbildung zu gewährleisten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nur so gewinnen wir die jungen Menschen für unsere
Gesellschaft und nur so können wir auch sicherstellen,
dass wir in zehn, 20 Jahren Menschen haben, die bereit
sind, für dieses Land, für diese Gesellschaft zu arbeiten,
Wohlstand zu sichern und eine Zukunftsperspektive zu
schaffen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben ein Ziel: Wir wollen erreichen, dass kein
junger Mensch von der Schulbank in die Arbeitslosigkeit
geschickt wird,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


dass keinem jungen Menschen die Türe vor der Nase zu-
geknallt wird, statt dass ihm Zukunftschancen eröffnet
werden. Herr Merz, dazu habe ich von Ihnen kein einzi-
ges Wort gehört.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Traurig!)


Zu allem Nein zu sagen,

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht!)

aber mit keinem einzigen Wort zu erläutern, wie Sie er-
reichen wollen, dass alle Jugendlichen eine Ausbildung
erhalten, das ist zu billig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Sie haben es nicht begriffen!)


Eine qualifizierte Ausbildung sicherzustellen ist auch
deshalb eine der wichtigsten politischen Aufgaben, weil
sich Unternehmen nur mit gut ausgebildeten Menschen
im internationalen Wettbewerb behaupten können. Das

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(C (D st unsere große Stärke, unser Vorteil gegenüber anderen olkswirtschaften. (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Diese Stärke kriegen Sie auch noch kaputt!)


ualifizierte Menschen sind die Innovationskraft unse-
es Landes. Das muss man begreifen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Dann handeln Sie aber auch richtig!)


Es gibt in diesem Land viele Unternehmen – ich habe
iele besucht und kennen gelernt –, in denen Unterneh-
er mit ganz hohem persönlichem Engagement hervor-
agend ausbilden,


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Ohne Gesetz!)

ich jedes Jahr einbringen, damit ausgebildet wird, damit
unge Leute eine Zukunftschance haben. Diese Unter-
ehmen entziehen sich eben nicht ihrer Verantwortung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Aber auch die sind gegen die Abgabe!)


iese Unternehmen sollen für ihre Leistung Anerken-
ung erhalten, auch finanzielle Anerkennung.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Aber sie wollen keine Abgabe! – Gegenruf des Abg. Swen Schulz [Spandau] [SPD]: So ein Quatsch, Herr Schauerte!)


as halte ich für einen richtigen Weg. Diese Unterneh-
en kommen ihrer Verantwortung nach und erhalten
eswegen eine entsprechende Unterstützung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Für das Ausbildungsjahr 2003 haben wir zum vierten
al in Folge einen Rückgang der Zahl der abgeschlosse-
en Ausbildungsverträge feststellen müssen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Unter dieser Regierung geht alles zurück!)


ir sind wieder auf dem Stand des Jahres 1998. Sie ha-
en damals die negative Entwicklung einfach hingenom-
en.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Dummes Zeug! – Jörg Tauss [SPD]: So ist es!)


ch sage ausdrücklich, dass ich diese Entwicklung für
roblematisch halte. Inzwischen wird jede neunte Lehr-
telle voll aus öffentlichen Mitteln finanziert.


(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

nzwischen gehen rund 10 Milliarden Euro aus Steuer-
itteln und aus Mitteln der BA in die berufliche Ausbil-
ung. Offensichtlich ist das für Sie akzeptabel. Das ist
ber eine schleichende Verstaatlichung der beruf-
ichen Bildung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

)






(A) )



(B) )


Bundesministerin Edelgard Bulmahn

Diese schleichende Verstaatlichung halten wir für äu-

ßerst problematisch. Sie wollen sie ja offensichtlich;
dann müssen Sie aber auch Farbe bekennen:


(Jörg Tauss [SPD]: Ja!)

Wollen Sie dies? – Dann muss man den Weg der Ver-
staatlichung der beruflichen Bildung mit allen Konse-
quenzen gehen. Ich habe aber dagegen größte Bedenken
und halte diesen Weg für falsch. Aber darüber kann man
streiten. Wenn Sie es wollen, dann müssen Sie es aller-
dings ehrlich sagen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Eines geht nicht: zu allem Nein zu sagen und sich
nicht darum zu kümmern, wenn Tausende von Jugendli-
chen auf der Straße stehen und keine Perspektive haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das ist eine Unverschämtheit, was Sie da sagen! Eine Frechheit sondergleichen!)


Fast die Hälfte der Betriebe mit mehr als zehn Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeitern bildet nicht mehr aus.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Stimmt doch überhaupt nicht!)


– Herr Merz, Sie haben jederzeit die Möglichkeit, hier zu
sagen, was Sie wollen. Tun Sie es endlich!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Wir kümmern uns in unseren Wahlkreisen mehr darum, als Sie das mit diesem Gesetz machen!)


Machen Sie konkrete Vorschläge und lehnen Sie nicht
alles ab! Ich habe bis jetzt keinen einzigen konkreten
Vorschlag gehört.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sie hören ja nicht zu!)


Was Sie hier leisten, ist billige Politik.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Hören Sie auf, so verleumderisch zu reden!)


Ich sage noch einmal ausdrücklich: Fast die Hälfte
der Betriebe mit mehr als zehn Mitarbeitern bildet nicht
aus.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Wann redet denn Minister Clement?)


Ich will aber auch ausdrücklich sagen, dass die andere
Hälfte – genau: 51 Prozent – hervorragend ausbildet und
in den allermeisten Fällen ihren Ausbildungsverpflich-
tungen nachkommt. Diese Leistung will ich ausdrück-
lich anerkennen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn sich in einem dualen System zu viele Unter-
nehmen ihrer Ausbildungsverantwortung entziehen,

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(C (D (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist die Reaktion auf Ihre falsche Politik!)


ann wird damit dem Ausbildungssystem die Existenz-
rundlage entzogen. Dieses Problem kann man nicht
infach ignorieren. Wir brauchen vielmehr Vorschläge,
ie wir es lösen können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Koalitionsfraktionen haben heute den Entwurf für
in Berufsausbildungssicherungsgesetz in den Deut-
chen Bundestag eingebracht. Ich will hier nicht in die
etails gehen. Ich will aber eine Anmerkung zu der
rage der Rechtmäßigkeit machen. Herr Merz, man
ollte sich nicht auf Gerüchte verlassen, sondern man
ollte sich mit Fakten und Tatsachen auseinander setzen.
as ist vernünftig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil von
980 eindeutig bestätigt, dass der Bund die Kompetenz
ür diesen Bereich hat.


(Nicolette Kressl [SPD], zur CDU/CSU gewandt: Das sollten Sie vielleicht einmal lesen!)


as ist im Übrigen auch die Auffassung des Bundesjus-
izministeriums.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will noch auf zwei entscheidende Punkte in dem
esetzentwurf der Koalitionsfraktionen hinweisen.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Sprechen Sie jetzt für die Bundesregierung? – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Es ist doch Ihr Entwurf! – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss [SPD]: Durften Sie heute nicht reden, Herr Schauerte? Was ist los?)


Erstens. Die Wirtschaft hat es selber in der Hand.
ie im Gesetzentwurf der Koalition vorgesehene Aus-
ildungsplatzumlage wird nicht ausgelöst und darf auch
icht ausgelöst werden – das ist für mich ein ganz wich-
iger Punkt –, wenn es Ausbildungsplätze in ausreichen-
er Zahl gibt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie gesagt: Die Wirtschaft hat es selber in der Hand.
enn sie ihrer Verantwortung nachkommt – ich hoffe
nd wünsche mir dies – und Ausbildungsplätze in aus-
eichender Zahl schafft, dann wird die Ausbildungsplatz-
mlage nicht ausgelöst. So sieht es der Gesetzentwurf
or. Das ist auch richtig; denn die Verantwortung für die
erufliche Ausbildung liegt aufseiten der Wirtschaft. Da
ehört sie hin und da muss sie auch bleiben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans Bundesministerin Edelgard Bulmahn Michelbach [CDU/CSU]: Da müssen Sie eine bessere Wirtschaftspolitik machen!)





(A) )


(B) )


Zweitens. In dem Gesetzentwurf wird ausdrücklich
festgestellt, dass die Förderung zusätzlicher Ausbil-
dungsplätze – ich sage: absoluten – Vorrang hat. Denn
wir wollen eben keine Verstaatlichung der beruflichen
Ausbildung. Es darf auch keine Verlagerung in außerbe-
triebliche Ausbildung geben. Diese gab es in den letzten
15 Jahren leider viel zu oft. Es geht also nicht, wie Sie es
sagen, um einen störenden Eingriff, sondern um eine
Stärkung des dualen Systems. Das ist die Zielsetzung.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das glaubt in Deutschland keiner!)


Ich will ganz kurz auf einen weiteren Gesichtspunkt
eingehen, der mir selber ein wichtiges Anliegen ist. Ich
bin nämlich der Auffassung, dass wir vor dem Hinter-
grund dieser Diskussion nicht die strukturellen Refor-
men in der Berufsausbildung aus den Augen verlieren
dürfen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Bundesregierung wird alles dafür tun, dass die duale
Berufsausbildung ein Markenzeichen, ein Aushänge-
schild des deutschen Bildungssystems bleibt.

In diesem Zusammenhang möchte ich kursorisch ei-
nige Punkte nennen: Die Bundesregierung unterstützt
die Anstrengungen der Wirtschaft, ein ausreichendes
Ausbildungsplatzangebot zur Verfügung zu stellen, auch
weiterhin durch verbesserte Rahmenbedingungen und
finanzielle Hilfen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Darauf warten alle!)


Wir haben in den vergangenen Jahren durch unsere Maß-
nahmen eine ganze Menge erreicht.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Was zum Beispiel? Was ist besser geworden? Was haben Sie erreicht? Nichts!)


Ich nenne die Unterstützung beim Aufbau von Ausbil-
dungsverbünden, die inzwischen besonders in den neuen
Bundesländern, aber auch in den alten eine große Rolle
spielen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich nenne das Programm STARegio, das aufseiten der
Wirtschaft auf großes Interesse stößt. Auch den Einsatz
von Ausbildungsplatzentwicklern, der von der Wirt-
schaft gewollt wird, unterstützen wir. Ich nenne die Mo-
dernisierung der Berufe. Inzwischen haben wir mehr als
die Hälfte der gängigen Berufe modernisiert. Ich nenne
auch besondere Unterstützungsmaßnahmen für diejeni-
gen Jugendlichen, die die Schulen mit sehr schlechten
schulischen Ergebnissen verlassen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Woher kommt das wohl?)


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(C (D a haben auch Sie in den von Ihrer Partei regierten Länern eine Menge zu tun, um bessere Ergebnisse zu erreihen. Ich nenne ausdrücklich die Novelle des BBiG, mit der ir (Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Seit 12 Jahren!)


uf der einen Seite mehr Freiräume für die Betriebe
chaffen und auf der anderen Seite eine bessere Abstim-
ung und Passgenauigkeit zwischen den Anteilen der
usbildung in der Berufsschule und denen in den Betrie-
en erzielen wollen.
Kurz gesagt, unser Ziel ist es, die berufliche Ausbil-

ung als ein Markenzeichen unseres Bildungssystems
nd unserer Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Darüber
hnt es sich zu streiten. Aber man muss dann auch Ar-
umente und Vorschläge auf den Tisch legen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510201300

Kollege Friedrich Merz hat eine Kurzintervention an-

emeldet. – Bitte schön.


Friedrich Merz (CDU):
Rede ID: ID1510201400

Frau Bulmahn, wir können uns hier im Deutschen
undestag lange und streitig über die Frage unterhalten,
ie wir ein Problem lösen. Dabei kann man – auch in
er Bundesregierung – höchst unterschiedlicher Auffas-
ung sein. Aber Sie haben es mit Bezug auf meinen Re-
ebeitrag für richtig gehalten, mir und den Kollegen in
er Fraktion der CDU/CSU abzusprechen, dass wir an
er Lösung dieses Problems interessiert seien.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Das ist wahr! Daran habt ihr kein Interesse! Kein Wort dazu! – Gegenruf des Abg. Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Schäm dich!)


Herr Tauss, wenn ich Sie höre, fühle ich mich an das
rinnert, was Ihnen Herr Schäuble einmal gesagt hat:
eitdem Sie im Deutschen Bundestag sind, hat das Wort
Morgengrauen“ eine ganz andere Bedeutung bekom-
en.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Frau Bulmahn, ich weise hier den Vorwurf, den Sie
ier erhoben haben, nämlich dass uns das Schicksal der
ungen Leute ohne Ausbildungsplätze gleichgültig sei,
ntschieden zurück. Hier sitzen Abgeordnete, die sich in
hren Wahlkreisen teilweise in mühevollster Kleinarbeit
ei Unternehmern darum bemühen, jungen Leuten zu
usbildungsplätzen zu verhelfen, und sich bemühen, im
leinen zu reparieren, was die Bundesregierung in
eutschland im Großen kaputtgemacht hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Friedrich Merz

Das, was Sie, Frau Bulmahn, hier gesagt haben, geht

weit über das hinaus, was eine parlamentarische Ausei-
nandersetzung erlaubt. Das, was Sie hier an unsere
Adresse gerichtet gesagt haben, ist eine schiere Unver-
schämtheit gewesen.


(Zurufe von der SPD: Oh!)

Ich weise das mit Empörung zurück und fordere Sie auf,
das, was Sie hier gesagt haben, zurückzunehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Uwe Küster [SPD]: Düsenjäger durch Kinderzimmer! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Lesen Sie im Protokoll nach, was Sie gesagt haben und was nicht! – Siegfried Scheffler [SPD]:: Trotzdem haben Sie keinen Vorschlag gemacht!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510201500

Frau Ministerin, Sie haben Gelegenheit zu antworten.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sagen Sie kurz: „Ich entschuldige mich“!)


Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:

Herr Merz, ich habe Sie persönlich angesprochen. Ich
will ausdrücklich sagen: Ich habe nicht Ihre Kollegen
angesprochen. Wenn ich „Herr Merz“ sage, sind Sie,
Herr Merz, gemeint. Dass Ihre Kollegen, um Sie zu un-
terstützen, applaudieren, ist etwas anderes. Aber ich will
ausdrücklich sagen: Ich kenne aus dem Fachausschuss
einige Kollegen Ihrer Fraktion, die sich persönlich sehr
einsetzen. Ich spreche das auch niemandem ab.

Herr Merz, Ihre Redezeit betrug 16 Minuten. Sie ha-
ben in diesen 16 Minuten keinen einzigen konkreten
Vorschlag vorgelegt. Das halte ich für billige politische
Argumentation.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie haben keinen Vorschlag dazu auf den Tisch gelegt,
wie Sie es erreichen wollen, den Tausenden von Jugend-
lichen, die zurzeit auf der Straße stehen, weil sie keinen
Ausbildungsplatz gefunden haben – manche suchen zum
zweiten oder sogar zum dritten Mal einen Ausbildungs-
platz –, eine Perspektive zu eröffnen. Sie haben den Ju-
gendlichen kein einziges Angebot gemacht. Das erwarte
ich aber von Ihnen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Merz, es ist eine Unverschämtheit, dass Sie hier
zu allem Nein gesagt, aber keinen einzigen konkreten
Vorschlag unterbreitet haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie sollten sich schämen, Frau Ministerin! – Gegenruf des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD]: Kauder, selbst ist der Mann!)


Das ist keine politische Kultur. Zur politischen Kultur
gehört es, sich über konkrete Vorschläge auseinander zu

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(C (D etzen. Es liegen konkrete Vorschläge auf dem Tisch und ber diese müssen wir uns auseinander setzen. Ich erwarte darüber hinaus aber von jeder Politikerin nd jedem Politiker, dass sie Gegenvorschläge machen. err Merz, ich kritisiere, dass Sie keinen einzigen konreten Gegenvorschlag gemacht haben. Die jungen eute in diesem Land erwarten zu Recht Ihre Gegenvorchläge; sie wollen sich nämlich zwischen Ihren und uneren Vorschlägen entscheiden können. Das ist politische ultur. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/ CSU]: Sie sagen Merz und meinen Clement! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Zwei zu null für die Ministerin!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510201600

Nun hat die Kollegin Katherina Reiche, CDU/CSU-

raktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Jetzt kommt die Morgenschwärze! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Jetzt kommen die Vorschläge!)



Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1510201700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Frau Ministerin, Sie hatten gerade die Chance, Ihre
nverschämten Anschuldigungen gegenüber dem Kolle-
en Merz zurückzunehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: He, he, he! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Unglaublich!)


ie haben diese Chance vertan und verschärfen damit die
ebatte in einer unzulässigen Art und Weise. Sie tun da-
it weder der Debatte noch den jungen Menschen in
eutschland einen Gefallen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Siegfried Scheffler [SPD]: Peinlich, peinlich!)


Die Wirtschaft schaut mit Angst auf diese Koalition
nd ihre eigene wirtschaftliche Situation. Die Lage am
usbildungsmarkt ist mehr als angespannt und Sie über-
iehen das Land mit neuen Regulierungen und Steuern.
ndere Vorschläge haben Sie in der Tat nicht. Tobin-
teuer, Erbschaftsteuer, Vermögensteuer und jetzt eine
usbildungsplatzsteuer:


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch gar nicht wahr! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das wird ja immer schlimmer!)


amit demotivieren Sie die Unternehmen und die Men-
chen in diesem Land. Sie glauben immer noch, dass
an mit Zentralismus und Bürokratie den Herausforde-
ungen der Zukunft begegnen könnte. Ihre Politik bewäl-
igt nichts, sie bringt zum Ausdruck, dass Ihr ordnungs-
olitisches Verständnis gleich null ist.






(A) )



(B) )


Katherina Reiche


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)

Bundeskanzler Schröder hat in der letzten Woche in

seiner Regierungserklärung gesagt: „Wir sind noch
längst nicht am Ende unseres Weges.“ Wenn ich mir den
Gesetzentwurf ansehe, dämmert mir, wohin dieser Weg
geht: schnurstracks in die Staatswirtschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist eine Unverschämtheit, wenn Herr Müntefering
behauptet, er sei der Interessenvertreter der jungen Ge-
neration. Herr Müntefering, Sie sind der Totengräber des
dualen Ausbildungssystems in Deutschland und Sie be-
treiben Politik auf Kosten der jungen Menschen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Anfang März hat eine DIHK-Unternehmensbefra-
gung offen gelegt: Eine Ausbildungsplatzabgabe
würde die Situation zusätzlich verschärfen. Wir müssten
dann sogar eine Verdoppelung der Ausbildungsplatzlü-
cke gegenüber 2003 befürchten.

Seit dem 11. November des vergangenen Jahres – das
ist der Tag, an dem die SPD-Bundestagsfraktion Eck-
punkte zur Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe
beschlossen hat – nimmt der Wahnsinn seinen Lauf.


(Lachen bei der SPD)

Die Ministerpräsidenten – auch Ihre eigenen – haben es
Ihnen gesagt, der Bundeswirtschaftsminister hat es Ih-
nen gesagt, der Bundesfinanzminister warnt, das Bun-
desjustizministerium hat verfassungsrechtliche Beden-
ken angemeldet wie übrigens auch Ihr eigener Gutachter,
Professor Däubler. Alle Experten und Studien, vom Ifo-
Institut bis zum Bundesinstitut für Berufsbildung, kom-
men zu dem Schluss: Mit einer Zwangsabgabe ist kei-
nem geholfen, aber allen geschadet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ihre engsten Mitstreiter, die Gewerkschafter, verlas-
sen Sie. Ich zitiere den Vorsitzenden der GdP, Konrad
Freiberg, der in der „FAZ“ vom 30. März 2004 gesagt
hat:

Wenn wir die Abgabe gegen die Wirtschaft, die
CDU, die SPD-Ministerpräsidenten und wichtige
Teile der Bundesregierung durchsetzen: Was bleibt
denn dann an Glaubwürdigkeit übrig?

Er spricht von „Gewürge“. – Recht hat der Mann.
Doch der Wahnsinn geht weiter. Erst hat das BMBF

eine Formulierungshilfe vorgelegt mit einer Formel, wie
sie komplizierter nicht hätte sein können, und nun haben
Sie noch einmal nachgebessert.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit Sie es verstehen können, Frau Reiche!)


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(C (D as heißt im Klartext: Sie haben die Sache noch verchlimmert. Nun wird die Ausbildungsplatzabgabe im Ergebnis in jährliches Volumen von bis zu 3,45 Milliarden Euro tatt wie bisher geplant 2,45 Milliarden Euro erreichen. rst wurden die Teilzeitbeschäftigten rausgerechnet, tzt werden sie wieder reingerechnet. Erst wurden Branhenausnahmen restriktiv behandelt, jetzt sind sie weit efasst. Ihre geniale Formel haben Sie mittlerweile pauchaliert und im Ergebnis weiß niemand, was Sache ist. einer kennt die Anzahl der Betriebe, die aufgrund von ranchenausnahmen herausgerechnet werden. Woher nehmen Sie eigentlich das Geld für die Vor nd Zwischenfinanzierung der Verwaltungskosten? Bunesfinanzminister Eichel hat schon abgewinkt. Er hat eine Mittel dafür. (Nicolette Kressl [SPD]: Sie sind nicht mehr auf dem neuesten Stand, Frau Reiche! Das ist aber typisch!)


r hat Frau Bulmahn aufgefordert, die entsprechenden
usgaben aus dem Forschungshaushalt zu nehmen. Im
rgebnis heißt das, dass Ideologieprojekte durch For-
chungskürzungen finanziert werden. Das nenne ich In-
ovation à la SPD!


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Betriebliche Ausbildung sind Ideologieprojekte? Jetzt haben Sie sich selber entlarvt! – Jörg Tauss [SPD]: Lesen Sie mal nach!)


Kaum ist der Gesetzentwurf auf dem Markt, werden
usnahmeregelungen in alle Richtungen gefordert,
err Tauss: Ausnahmen für Pflegeeinrichtungen, für
rankenhäuser, für öffentliche Einrichtungen der Ju-
endhilfe; Ausnahmen für Existenzgründer und vor allen
ingen für die Bundesressorts. Hier hinzuschauen ist be-
onders interessant. Ausbildungsquote im Kanzleramt:
Prozent; Bundesfinanzministerium: 0,8 Prozent; Ver-
raucherschutzministerium: 0,4 Prozent. Selbst das Bun-
esbildungsministerium kommt nur auf 2,8 Prozent,


(Edelgard Bulmahn, Bundesministerin: 8,6 Prozent!)


eit entfernt von den von Ihnen geforderten 7 Prozent.
Aber, meine Damen und Herren von der Koalition, es

ibt tatsächlich auch Klarheiten: Klar ist zum Beispiel
as Bußgeld. Wer fehlerhafte Angaben macht, dem wer-
en drakonische Strafen von bis zu 50 000 Euro aufer-
egt. Klar sind auch die Steuerausfälle für Bund, Länder
nd Kommunen. Bundesfinanzminister Eichel rechnet
it mindestens 600 Millionen Euro. Hinzu kommt die
bgabenlast, die sich die Kommunen angesichts der lee-
en Stadtkassen kaum leisten können. Ein paar Zahlen:
ie Stadt Leipzig hätte 5,4 Millionen Euro zu zahlen, für
ünchen wären es 3,5 Millionen Euro und für Berlin so-
ar 48 Millionen Euro. Wenn Sie das beschließen, trei-
en Sie die Kommunen noch weiter in den Ruin.






(A) )



(B) )


Katherina Reiche

Klar ist, dass die Zwangsabgabe die Bürokratie ver-

schärft. Ihre internen Berechnungen gehen von ungefähr
1 000 Mitarbeitern aus.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist nicht wahr!)

Ihre eigene Formulierungshilfe gibt an, dass pro Person
Kosten von 72 000 Euro im Jahr verursacht werden.
Nach Adam Riese belaufen sich die Kosten für den Ver-
waltungsaufwand also auf mehr als 70 Millionen Euro;
und das noch bevor irgendetwas passiert.

Klar ist auch, dass die Ausbildungsplatzabgabe eine
Sondersteuer Ost ist, denn die Ausbildungsplatzlücke
ist gerade in den neuen Bundesländern besonders groß.


(Barbara Wittig [SPD]: Nein! Blödsinn!)

Zudem ist in den neuen Bundesländern die Verbeam-
tungsquote geringer. Die Beamten haben Sie in Ihrem
Gesetzentwurf jedoch bewusst nicht mitgerechnet. So
haben die ostdeutschen Kommunen dann noch weniger
Spielraum für Investitionen zum Beispiel in Kindergär-
ten oder Schulen. Das ist ein wirklicher Skandal.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Ausbildungsplatzabgabe ist zudem wirkungslos.

Ein Lehrstellenangebot lässt sich nun einmal nicht ge-
setzlich festlegen. Sie aber legen willkürliche Quoten
fest. Die Quote von 7 Prozent ist willkürlich gewählt.
Danach sollen 15 Prozent mehr Ausbildungsplätze ange-
boten werden. Auch das ist eine willkürliche Quote. Das
Ausbildungsplatzangebot richtet sich vor allen Dingen
nach der wirtschaftlichen Situation der Unternehmen
und ihren Zukunftserwartungen. Und die sind in
Deutschland dank Rot-Grün so schlecht wie nie. Der
Kollege Merz hat auf die hohe Zahl der Unterneh-
mensinsolvenzen hingewiesen. Sie ruinieren den Mittel-
stand und rufen nun nach einer Ausbildungsplatzabgabe.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Was ist mit denen, die trotz intensiver Suche keine
Lehrlinge finden? Was ist mit den Bäckern, den Flei-
schern, den Dachdeckern und den Landwirten? All die
werden von Ihnen abgestraft.

Klar ist, dass die Ausbildungplatzabgabe das Ende
des dualen Systems ist. Sie wollen sich gegen Verstaatli-
chung wenden, betreiben aber genau den Prozess, gegen
den Sie sich angeblich wehren: Sie produzieren Ersatz-
maßnahmen und Warteschleifen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir produzieren betriebliche Ausbildungsplätze!)


Sehen Sie sich die Wirkungen des JUMP-Programms an:
In Sachsen-Anhalt haben 30 000 junge Leute am JUMP-
Programm teilgenommen. 22 000 von ihnen sind, nach-
dem sie JUMP durchlaufen hatten, wieder auf der Straße
gelandet. Die Wirkung war gleich null.

Klar ist, dass Arbeit in Deutschland durch Ihre
Zwangsabgabe noch teurer wird. Meine Damen und
Herren, die teuerste Auszubildende sitzt derzeit im Bun-
desbildungsministerium.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Unverschämtheit!)


lar ist, dass die Abgabe nicht den Mangel an geeigne-
en Bewerbern beseitigt. Viele junge Leute sind schlicht
icht ausbildungsfähig. 90 000 von ihnen haben keinen
chulabschluss. Diese Bemerkung richte ich auch an die
dresse Ihrer Bildungsminister. Hier müssen die Schu-
en und auch die Elternhäuser besser werden.


(Zuruf von der SPD: Richtig dumpf!)

Klar ist, dass diese Abgabe zu Wettbewerbsverzerrun-

en zwischen lohn- und kapitalintensiven Unternehmen
ühren wird. Die Ausbildungplatzabgabe ist und bleibt
in Ideologieprojekt, eine Morgengabe für die Ewigges-
rigen. Bei Ihnen herrscht Endzeitstimmung.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

ie sind bis aufs Messer zerstritten. Ein Drittel der Grü-
en ist gegen die Ausbildungsplatzabgabe. 25 Abgeord-
ete aus Ihrer Fraktion haben dagegen gestimmt. Wür-
en Sie nicht ständig Druck auf Ihre Kolleginnen und
ollegen ausüben, hätten Sie in diesem Haus keine
ehrheit mehr.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie sich aber vertan!)


Weder der Bundeskanzler noch der Wirtschafts- oder
er Finanzminister besitzen politische Gestaltungskraft.
ie machen miserable Politik, entziehen den Unterneh-
en ihre wirtschaftliche Basis und bestrafen sie an-
chließend dafür.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das müssen gerade Sie sagen!)


eute die Ausbildungsplatzabgabe, morgen der Emis-
ionshandel, übermorgen das Gentechnik- und Chemika-
enrecht – das nimmt kein gutes Ende.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie haben von uns konkrete Vorschläge gefordert.

etzt werde ich sie Ihnen nennen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)


ntriegeln Sie zunächst den Arbeitsmarkt! Lassen Sie
icht nur betriebliche Bündnisse für Arbeit, sondern
uch betriebliche Bündnisse für Ausbildung zu!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])


auen Sie die Bürokratie ab und reformieren Sie die be-
ufliche Bildung! Frau Bulmahn, seit fünf Jahren kündi-
en Sie ein Berufsbildungsgesetz an. Bislang liegt aber
ichts auf dem Tisch.


(Cornelia Pieper [FDP]: So ist es!)

ir brauchen moderne Berufsbilder. Wir brauchen diffe-

enzierte Angebote für junge Menschen, die ihre unter-
chiedlichen Begabungen berücksichtigen.


(Zuruf von der SPD: Ihre Begabung hält doch keiner aus!)







(A) )



(B) )


Katherina Reiche

Wir brauchen ein modernes Prüfungswesen und mehr
Flexibilität für Betriebe in Bezug auf Ausbildungsvergü-
tung und Ausbildungsinhalte.

Meine Damen und Herren von der Koalition, in dieser
Woche haben wir in unserer Bundestagsfraktion ein mo-
dernes Berufsbildungsrecht beschlossen,


(Jörg Tauss [SPD]: Toll!)

mit dem die duale Ausbildung in Deutschland ihren
Glanz zurückgewinnen kann. Wenn Sie selbst keine
Kraft zu guter Politik mehr haben – wir haben sie.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen des Abg. Jörg Tauss [SPD])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510201800

Ich erteile dem Kollegen Jörg Tauss zu einer Kurzin-

tervention das Wort.

(Zuruf von der CDU/CSU: Oh! Auch das noch! – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das Morgengrauen!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1510201900

Frau Kollegin Reiche, ich lasse den polemischen Ge-

halt Ihrer Rede weg und sage Ihnen zu Ihrer sachlichen
Information: Niemand in diesem Lande ist daran gehin-
dert, ein betriebliches oder regionales Bündnis für Aus-
bildung zu organisieren, es mit Leben zu füllen und jun-
gen Menschen Ausbildungsplätze zur Verfügung zu
stellen.

Was ich allerdings in aller Deutlichkeit zurückweise,
ist Ihre Behauptung, dass beispielsweise das Bundesmi-
nisterium für Bildung und Forschung seine Ausbildungs-
verpflichtung nicht erfüllt und unterhalb der Quote aus-
bildet. Liebe Frau Reiche, die Ausbildungsquote des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung liegt bei
8,6 Prozent.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist es, was ich vorhin gesagt habe: dass bewusst mit
falschen Zahlen argumentiert wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Cornelia Pieper [FDP]: Und was ist mit den Gewerkschaften?)


Das Gesundheitsministerium beispielsweise weist
eine Ausbildungsquote von 7 Prozent auf. Aber hier ist
die unterschiedliche Struktur der Ministerien zu berück-
sichtigen. Ich habe klar gesagt: Auch der öffentliche
Dienst und die Ministerien haben ihre Verpflichtung zu
erfüllen. Das ist selbstverständlich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Und Verdi?)


Abschließend sage ich Ihnen, liebe Frau Reiche:
Auch die SPD-Bundestagsfraktion bildet aus und erfüllt
die Ausbildungsquote. Sie gibt jungen Menschen eine
Chance. Aber die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bleibt

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(C (D nterhalb der Quote. Das zeigt symbolisch Ihr Interesse n der jungen Generation. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie sind auch noch Auszubildender!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510202000

Kollegin Reiche, Sie haben Gelegenheit zur Antwort.

Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1510202100

Herr Kollege Tauss, ich weise Sie darauf hin, dass das
undesbildungsministerium nicht nur die Auszubilden-
en des Ministeriums in seine Ausbildungsplatzquote
inrechnet, sondern auch die der Ressortforschungsein-
ichtungen. Dass sich dann solche Quoten ergeben, ist
ein Wunder. Wenn das zeigen soll, dass Sie Forschung
erstaatlichen, sind wir in der Tat auf einem guten Weg.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510202200

Ich erteile der Kollegin Grietje Bettin für die Fraktion
ündnis 90/Die Grünen das Wort.


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt steigt das Niveau wieder!)



Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510202300

Herr Präsident! Meine liebe Kolleginnen und Kolle-

en! Schon so häufig haben wir das Problem sinkender
usbildungsplatzzahlen in diesem Hause diskutiert, das
ns seit so vielen Jahren begleitet. Im Gegensatz zu Ih-
en, liebe Opposition, suchen wir zumindest nach Lö-
ungen; Sie haben außer Polemik und platten Sprüchen
bsolut nichts beizutragen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Und unter „Wahnsinn“, liebe Kollegin Reiche, ver-
tehe ich wirklich etwas anderes:


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

ausende junger Menschen stehen jedes Jahr nach ihrem
chulabschluss ohne Ausbildungsvertrag auf der Straße.
er Staat versucht alljährlich mit großen Kraftanstren-
ungen und viel Geld, kompensatorische Maßnahmen
nzubieten. Aber der Staat kann die Rolle der Betriebe
icht ersetzen. Wir haben in Deutschland ein auch über
eutschlands Grenzen hinaus viel gelobtes duales Aus-
ildungssystem, das gerade von der Ausbildung im Be-
rieb lebt. Eine Ausbildung mit großen praktischen An-
eilen sichert den Unternehmen den stetigen Nachwuchs
on Fachkräften, den sie für die wirtschaftliche Weiter-
ntwicklung brauchen.
Leider ist im letzten Ausbildungsjahr das Angebot an

etrieblichen Ausbildungsplätzen im Vergleich zum Vor-
ahr wieder um mehr als 2 Prozent gesunken. Auf frei-
illiger Basis – das müssen auch Sie eingestehen –
onnte wieder kein Durchbruch erzielt werden, obwohl
iele junge Menschen sich enorm um einen Ausbil-
ungsplatz bemüht haben: Für eine Lehrstelle würden






(A) )



(B)


Grietje Bettin

die meisten sogar weit von zu Hause wegziehen, und das
mit 16 oder 17 Jahren!

Vergleichbares Bemühen hätten wir uns von der Wirt-
schaft gewünscht. Ihr einziges Angebot lag darin, die
Ausbildungsvergütung zu senken. Sagen Sie mir einmal,
liebe Kollegin Pieper, wie Sie von 180 Euro im Monat
– im Westen – bzw. 150 Euro im Monat – im Osten – auf
eigenen Füßen stehen wollen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510202400

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin

Pieper?

Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510202500

Ja.

Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1510202600

Kollegin Bettin, Sie wissen ja, dass außerbetriebliche

Ausbildungsvergütungen weit unter den betrieblichen
Ausbildungsvergütungen liegen. Halten nicht auch Sie
es für vernünftiger, die Ausbildungsvergütungen – wel-
che ja einem Tarifsystem unterliegen – zu flexibilisieren
und dadurch Ausbildungsplätze zu schaffen?


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist sogar regional flexibel, Frau Kollegin!)


Sollten wir nicht versuchen, die Lehrlinge in Bezug auf
die Ausbildungsvergütung besser zu stellen, anstatt sie
von staatlich subventionierten Ausbildungsplätzen ab-
hängig zu machen?


Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510202700

Liebe Kollegin Pieper, ich halte die Debatte über die

Ausbildungsvergütung für eine absolute Ablenkungsde-
batte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das Problem liegt in einem ganz anderen Bereich, näm-
lich darin, dass die duale Ausbildung Stück für Stück
ausgehöhlt wird, indem immer mehr außerbetrieblich
ausgebildet wird. Entsprechend nimmt der praktische
Anteil der Ausbildungen – der Teil, den wir alle uns im
Interesse der Zukunftsfähigkeit unseres Landes wün-
schen – immer weiter ab. Hier müssen wir gegensteuern;
über die Ausbildungsvergütung können wir das Problem
sicherlich nicht lösen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte die
Wirtschaft nicht mit einer pauschalen Kritik überziehen.
Mit der Ausbildungsplatzumlage wollen wir Unterneh-
men fördern, die ihre Ausbildungsverpflichtung ernst
nehmen und um eigenen Fachkräftenachwuchs bemüht
sind. Es geht uns darum, die Kosten der Ausbildung
gerecht zu verteilen; das haben wir den Arbeitgebern seit
fast einem Jahr zu vermitteln versucht. Es gab viele Initi-

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(C (D tiven, die für einzelne Regionen erfolgreich waren; chleswig-Holstein ist für mich ganz besonders hervoruheben. Flächendeckend hat es aber nicht gereicht; das üssen auch Sie eingestehen. Deshalb legen wir heute einen Gesetzentwurf vor, der iese vielfältigen Bemühungen nach unseren Vorstellunen entsprechend berücksichtigt. An dieser Stelle ist mir ichtig, zu betonen, dass für die gesetzliche Lösung ein uslösemechanismus vorgesehen wurde – das wurde uch von Frau Bulmahn schon angesprochen –: Ob es zu er Umlage kommt, liegt jedes Jahr aufs Neue in der and der Unternehmen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ir freuen uns – das können Sie mir glauben –, wenn
er Mechanismus nicht ausgelöst wird.
Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang auch

och ein paar Worte zu der von uns schon häufig vorge-
chlagenen Stiftung Betriebliche Bildungschance. Wir
rüne wollen damit über die bisher vorgeschlagene Lö-
ung hinausgehen, um die gesellschaftspolitische Di-
ension der beruflichen Bildung besonders hervorzuhe-
en. Wir wollen die Mittel einer solchen Stiftung vor
llem dazu nutzen, die dringend notwendige Moderni-
ierung der beruflichen Bildung voranzubringen; sie ist
nabhängig von der Umlage notwendig. Dazu wollen
ir Modellprojekte fördern, in denen die Modularisie-
ung und unser gemeinsames Ziel der Internationalisie-
ung auch der beruflichen Bildung beispielhaft umge-
etzt werden. Förderfähig im Sinne der Stiftung wären
ach unseren Wünschen betriebliche, aber auch außerbe-
riebliche Modellprojekte.
Im Rahmen der heute hier vorgelegten gesetzlichen

ösung zielen wir aber ausdrücklich auf die Förderung
etrieblicher Ausbildungsplätze in einzelnen Unterneh-
en oder Ausbildungsverbünden. Wir Grüne wollen mit
iesem Mechanismus der Umlage einen Ausgleich zwi-
chen ausbildenden und nicht ausbildenden Betrieben
chaffen. Geld aus der Wirtschaft soll in die Wirtschaft
urückfließen.
Es gibt im Detail durchaus noch Präzisierungsbe-

arf. Beispielhaft sei hier der Fall eines Unternehmens
enannt, welches mehr als zehn Beschäftigte hat, aber in
inem Berufsfeld tätig ist, in dem keine anerkannte Aus-
ildung vorzuweisen ist. Zudem müssen noch spezifische
ärtefallregelungen ausgearbeitet werden. Das betrifft
us unserer Sicht zum Beispiel Träger der Jugendhilfe,
er Behindertenintegration oder Ähnliches.
Insgesamt wollen wir zu einem Gesetz kommen, das

inerseits den Interessen der jungen Menschen in unse-
em Land gerecht wird und andererseits ausgewogen und
ielgenau einen gerechten Ausgleich zwischen ausbil-
enden und nicht ausbildenden Betrieben schafft, ohne
llzu viel Papierkram für Wirtschaft und Verwaltung zu
erursachen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

)






(A) )



(B) )


Grietje Bettin

Dies ist zugegebenermaßen keine einfache, aber den-
noch eine lohnenswerte Aufgabe. Liebe Opposition, al-
lein zu sagen, was man alles nicht möchte, hilft den jun-
gen Menschen und unserem dualen System absolut nicht
weiter.

Wir haben einen Großteil unserer Hausaufgaben ge-
macht. Wir werden aber zugegebenermaßen noch weiter
arbeiten müssen. Sie können sich, unter anderem im An-
hörungsverfahren, konstruktiv an einer Verbesserung der
Ausbildungssituation beteiligen. Ich bin gespannt auf
Ihre Vorschläge.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510202800

Das Wort hat Kollege Christoph Hartmann, FDP-

Fraktion.

(Beifall bei der FDP)



Christoph Hartmann (FDP):
Rede ID: ID1510202900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! In einem Punkt hat die Regierung Recht: Wir
müssen die Situation verbessern. Das ist aber der einzige
Punkt, in dem die Regierung Recht hat.

Sie monieren unter anderem, dass es keine Anträge
und keine konkreten Vorschläge gibt. Die FDP hat in
dieser Legislaturperiode in diesem Zusammenhang
schon vier Anträge eingebracht. Sie haben alle abge-
lehnt. Heute liegt wieder ein konkreter Antrag vor. Auch
diesen werden Sie ablehnen. Vor diesem Hintergrund
können Sie doch nicht guten Gewissens sagen, dass wir
nicht an Lösungen interessiert seien!


(Beifall bei der FDP)

Sie belasten mit dem Gesetz den Steuerberater, der

keinen geeigneten Bewerber findet, und den Metzger mit
15 Angestellten, der überhaupt keinen Bewerber findet.
Sie wollen Unternehmen, die von Insolvenz bedroht
sind, eventuell von der Ausbildungsabgabe befreien.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eventuell?)


– Ja, weil Sie eine Ausnahmegenehmigung schaffen
wollen, die Sie der Verwaltung aufoktroyieren. Das
heißt, die Verwaltung darf darüber entscheiden,


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind aber pfiffig!)


ihr obliegt es, darüber zu entscheiden, ob eine Ausbil-
dungsplatzabgabe erhoben wird oder nicht.

Sie wollen Unternehmen belasten, die zwar ausbil-
den, aber nicht im Rahmen einer dualen Ausbildung,
zum Beispiel Medienunternehmen, die Volontäre ausbil-
den, und Firmen, die in Berufsakademien ausbilden. Sie
belasten Zeitarbeitsfirmen, deren Arbeitnehmer bei an-
deren Unternehmen beschäftigt sind. Meine sehr verehr-
ten Damen und Herren, dieses Gesetz ist ein Ausbil-
dungsplatzkiller und nicht ein Ausbildungsplatzschaffer.

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(C (D Sie betreiben Gleichmacherei. Sie unterscheiden icht nach Branchen: Es ist Ihnen vollkommen gleich, b es um die IT-Branche oder um die Landwirtschaft eht. Sie wollen, dass die deutsche Steinkohle ausbildet, bwohl die Politik von ihr verlangt, dass Arbeitsplätze bgebaut werden. Sie unterscheiden nicht nach Unterehmensgrößen: Es ist vollkommen irrelevant, ob es um 5 Arbeitsplätze oder um 15 000 Arbeitsplätze geht. Das t Planwirtschaft! Das ist der falsche Weg. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


Es gibt einen Bereich, die Bauindustrie, in dem es
ine freiwillige Umlage gibt. Diese Umlage wird immer
ieder sehr gerne von Ihnen als Beispiel herangezogen.
eit 1995 hat sich die Zahl der Ausbildungsplätze in der
auindustrie – trotz der freiwilligen Umlage – von
5 000 auf 24 000 verringert.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie wissen nicht, warum, Sie junges Kerlchen!)


n diesem Punkt kommen Sie immer mit Ihrer Argu-
entation, die Bauindustrie bilde über dem Durchschnitt
us. Aber das ist doch nur deshalb der Fall, weil die Bau-
dustrie Teil des Handwerks ist und das Handwerk ins-
esamt überdurchschnittlich ausbildet. Die einzigen
usbildungsplätze, die Sie mit diesem Gesetz schaffen,
ind Ausbildungsplätze im Bundesverwaltungsamt, dem
mt, das für die Verwaltung der Ausbildungsplatzab-
abe nötig ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Seit wann gehören die Großen der Bauindustrie zum Handwerk?)


Frau Kollegin Kressl, ich selbst bin Mitinhaber eines
leinen Unternehmens. Ich weiß, wie ein solches Gesetz
uf diejenigen wirkt, die in einer ähnlichen Situation
ind wie ich. Es wird nicht dazu führen, dass auch nur
in Ausbildungsplatz mehr geschaffen wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Ge-

etz löst keine Probleme, dieses Gesetz schafft Pro-
leme.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510203000

Ich erteile das Wort Kollegin Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1510203100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das
erufsausbildungssicherungsgesetz – oder kurz, wie es
uf der Drucksache steht, das „BerASichG“ – ist allge-
ein unter „Ausbildungsumlage“ bekannt. Ihr Sinn ist
bersichtlich: Wer nicht ausbildet, obwohl er es könnte,
oll sich wenigstens finanziell an der Ausbildung beteili-
en. Wer ausbildet, obwohl es ihm schwer fällt, soll fi-
anziell entlastet werden. Eine solche Umlage ist nur






(A) )



(B) )


Petra Pau

recht und billig. Die PDS im Bundestag fordert sie seit
langem. Rot-Grün steht im Wort.

Das zu lösende Problem wird deutlich, sobald man
die Fakten sprechen lässt. Seit Jahren ist die Zahl der be-
trieblichen Ausbildungsplätze rückläufig. Nach Anga-
ben des DGB bildet heute nur noch jeder vierte der
2,1 Millionen Betriebe in Deutschland aus. Zugleich
wächst die Zahl derjenigen, die vergebens eine Lehr-
stelle suchen. Nach Angaben der Bundesregierung wa-
ren es im Herbst 2003 circa 35 000 Jugendliche. Die
Zahlen des DGB sind wahrscheinlicher. Wenn man näm-
lich all diejenigen dazuzählt, die in Warteschleifen ge-
parkt sind, kommt man auf über 200 000 Betroffene.
SPD und Grüne betonen das große Potenzial der Wirt-
schaft, das brachliegt, wenn nicht ausgebildet wird. Ich
betone das schlimme Signal für die Jugendlichen, die
sich wert- und nutzlos fühlen. Das kann in der Zukunft
nicht gutgehen.

Besonders dramatisch ist die Lage in den neuen
Bundesländern. Immer mehr Jugendliche bleiben ohne
Chance auf eine betriebliche Ausbildung. Sie werden in
Ersatzmaßnahmen geparkt oder werden außer Landes
gedrängt. Das hat Folgen für die Regionen. Ihnen kommt
nämlich die Jugend abhanden und damit auch die Zu-
kunft. Der „Spiegel“ schrieb dazu sarkastisch: „Zurück
bleiben Alte, Kranke und Dumme“. Das ist ein zusätzli-
ches Problem im Problembereich Ausbildungsplätze und
darf den neuen Bundesländern nicht alleine überlassen
werden.

Nun weht ein Sturm der Entrüstung durch das Land,
seitdem Rot-Grün mit der Ausbildungsabgabe ernst
macht. Ein Argument wird auf das nächste getürmt, um
das Berufsausbildungssicherungsgesetz, wie es amtlich
heißt, zu verhindern. Unternehmerverbände malen Hor-
rorszenarien und drohen mit noch weniger Ausbildung.
Die FDP warnt vor einer Bußsteuer. Die CDU/CSU sieht
den Standort Deutschland bedroht. Ist Ihnen, liebe Kol-
leginnen und Kollegen, noch nie aufgestoßen, dass an-
dersherum ein Schuh daraus wird?


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Die wirtschaftspolitische Expertise der PDS hat schon die DDR zugrunde gerichtet!)


Hunderttausende Unternehmen bilden nicht aus, obwohl
sie es könnten. Diese gefährden den Standort Deutsch-
land. Sie bürden den anderen Lasten auf, anstatt sie zu
teilen, und sie lassen immer mehr junge Menschen hän-
gen. Dagegen muss etwas getan werden. Wir sind hier,
um politisch zu intervenieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das viel gelobte duale Ausbildungssystem hinkt seit

langem. Immer weniger Jugendliche werden betrieblich
und immer mehr ersatzweise außerbetrieblich ausgebil-
det. Das ist weder im Sinne des Erfinders noch im Inte-
resse der Jugendlichen. Hinzu kommt: Die Unterneh-
men, die nicht ausbilden, sparen Kosten. Stattdessen
müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für die
Ersatzmaßnahmen aufkommen. Es ist dasselbe Trauer-
spiel, das wir auch auf anderen Gebieten erleben: Viele
Unternehmen entziehen sich ihrer Sozialpflicht. Die Op-

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(C (D osition zur Rechten findet das gut, die Opposition zur inken findet das nicht gut. Eine Ausbildungsumlage ist nicht nur ein Gebot der ernunft und der Moral – beides ist der Marktwirtschaft, ie wir wissen, nicht naturgegeben –, sie ist auch rechtich geboten, und zwar spätestens seit dem Urteil des undesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1980. In iesem Urteil hat das Gericht allen Jugendlichen das echt auf eine praxisbezogene Ausbildung eingeräumt nd die Arbeitgeber verpflichtet, für die Verwirklichung ieses Anspruchs zu sorgen. Daneben hat es dem Staat, er Politik, bedeutet – ich zitiere aus dem Urteil –: Das gilt auch, wenn das freie Spiel der Kräfte zur Erfüllung dieser Aufgabe nicht mehr ausreichen sollte. urzum: Das Recht steht aufseiten von Rot-Grün, wenn ie Koalition die Umlage nun endlich einführt. In der ganzen Debatte wird der Ball nun zurückge pielt, zum Beispiel mit dem Argument, viele Unternehen seien zwar ausbildungswillig, aber immer mehr Juendliche seien gar nicht ausbildungsfähig. Dem will ich m Einzelfall gar nicht widersprechen. Die Klagen über as Ausgangsniveau an deutschen Schulen sind nicht eu und nicht erst seit der PISA-Studie im internationaen Vergleich belegt. Allerdings ist das eher ein gutes rgument für eine gründliche Bildungsreform und ein chlechtes Argument gegen eine Ausbildungsumlage. Das heißt, die PDS im Bundestag ist grundsätzlich für ine solche Umlage. Über die Details muss man im weieren Verfahren miteinander reden. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Sie kennen die Urteile des Verfassungsgerichts besser als die CDU! Das spricht für Sie, Frau Pau!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510203200

Ich erteile das Wort Kollegen Ernst Dieter Rossmann,

PD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)



Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1510203300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
err Merz von der CDU ist hier ganz gewaltig und pole-
isch eingestiegen. Andere haben es ihm nachgemacht.
ch möchte nur ganz nüchtern sagen: Mit Schaum vor
em Mund lässt sich schlecht denken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


it Schaum vor dem Mund wird man zum Dogmatiker.
ielleicht können wir uns auf eine solche Unterschei-
ung einigen: Wir sollten gemeinsam dogmatisch sein in
em Ziel, dass alle jungen Menschen eine Ausbildungs-
nd Qualifizierungschance erhalten.


(Beifall bei der SPD)

Ihr Dogmatismus aber ist ein anderer: Sie wollen

ber alles Mögliche diskutieren, aber eine Erweiterung






(A) )



(B) )


Dr. Ernst Dieter Rossmann

des Instrumentariums, mit dem wir uns in Deutschland
diesem Problem und dessen Bewältigung nähern kön-
nen, unter keinen Umständen auch nur bedenken. Mit ei-
nem solchen Dogmatismus schließen Sie lediglich das
Instrument aus, konzentrieren sich aber nicht auf das,
worauf es eigentlich ankommt, nämlich darauf, in der
Gesellschaft, bei den Unternehmen und bei uns Politi-
kern dafür zu werben, dass auch die letzten Chancen er-
örtert werden, die wir eröffnen können, damit junge
Menschen einen Ausbildungsplatz erhalten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb muss selbst in Ihre Kreise hinein und bei der
Wirtschaft dafür geworben werden, sich ganz nüchtern
zu fragen, ob das Instrument der Ausbildungsplatzum-
lage, das in den Kasten der zur Verfügung stehenden In-
strumente aufgenommen werden soll, nicht durchaus
modern ist.

Das Gesetz ist modern, weil es subsidiär ist. Von ihm
wird nur dann Gebrauch gemacht, wenn die in der Ge-
sellschaft freiwillig entwickelten Lösungen nicht zur Er-
reichung der entsprechenden Ziele führen. Das ist klas-
sisch, modern und subsidiär.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In Gesprächen mit Unternehmerinnen und Unterneh-
mern kann sich über dieses Instrument – hoffentlich mit
Ihrer Unterstützung – die Frage, weshalb nicht ausgebil-
det wird, zum Positiven wenden: Ja, weshalb bilden wir
denn eigentlich nicht aus? Welche Chancen liegen denn
in der Verbundausbildung, in Kooperationen mit Schu-
len, in neuen Ausbildungsordnungen, in ausbildungsbe-
gleitenden Hilfen, die von der Regierung und der Bun-
desagentur für Arbeit zur Verfügung gestellt werden? –
So muss gedacht werden, wenn man die Zielvorgabe
Subsidiarität – was Sie von uns erwarten und was unser
Anspruch an ein modernes Gesetzesinstrumentarium
ist – ernst nimmt.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Keine Praxiserfahrung und keine Ahnung!)


Das Gesetz ist modern, weil es dynamisch ist. Der
Entwurf bezieht offene, sich wandelnde Größen ein – si-
cher erschwert das die Sache –: Wie viele suchen einen
Ausbildungsplatz? Wie viele Ausbildungsplätze gibt es?
Wie ist das Verhältnis zu den Arbeitsplätzen? – Genau so
wünscht man sich die Gesetze ja eigentlich. Gesetze sol-
len nicht ein bestimmtes Maß dogmatisch setzen, son-
dern die gesellschaftliche Wirklichkeit abbilden, auch
beim Thema Beruf und Bildung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dieses Gesetz ist modern, weil es den Blick in die

Zukunft richtet. Relevant sind die Bedarfe der Zukunft,
zum Beispiel der Bedarf an Facharbeitern. Damit wird
reflektiert, dass es einen Alters- und Gruppenwandel
gibt. Deshalb ist die Geltungsdauer dieses Gesetzes zeit-
lich auch begrenzt. Sie fordern doch immer: Macht Ge-
setze, die nicht für die Ewigkeit gedacht sind, sondern

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(C (D in offenes Instrument darstellen und zeitlich befristet ind! Dieses Gesetz ist modern, weil es entstaatlicht. In iesem Zusammenhang möchte ich mich gerne mit der DP auseinander setzen, da sie immer wieder die Vertaatlichung von Berufsausbildung beklagt. Wir stimen sicherlich darin überein, dass eine vollzeitschuliche Ausbildung Verstaatlichung bedeutet. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


n dieser Stelle beobachten wir, dass es zu immer mehr
ollzeitschulischen Ausbildungen kommt, manchmal
us guten Gründen, manchmal auch deshalb, weil im
ualen System nicht genug ausgebildet wird. Aus die-
em Grund gehen zwischen 60 000 und 70 000 junge
enschen in die Berufsfachschulen und andere voll-
taatliche Ausbildungen. Mit dem vorliegenden Gesetz-
ntwurf wollen wir gegensteuern. Es wird versucht,
nerhalb des dualen Systems zusätzliche Ausbildungs-
lätze rechtzeitig zu mobilisieren, damit die jungen Men-
chen nicht die Flucht in die Berufsfachschulen antreten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein anderer Punkt. Zu der Zeit, als Herr Schäuble
och Oppositionsführer war, schleuderte er uns, als wir
om Instrument JUMP begeistert waren – in Teilen auch
och sind –, entgegen, das sei ein Betrug an den Jugend-
ichen, weil es keine wirkliche Ausbildung im dualen
ystem sei. In diesem Punkt will ich ihm gerne Recht
eben. Vielleicht ist das Instrument der Ausbildungs-
latzabgabe eine Teilantwort auf Erfahrungen, die wir
it JUMP machen mussten. Es ist etwas anderes als
UMP: Es nimmt die Wirtschaft, die Unternehmen in die
flicht. Es wirbt dafür, nicht an erster Stelle auf Ersatz-
aßnahmen zu setzen, sondern den Lernort Betrieb bes-
er zu organisieren, als das mit JUMP im Einzelfall
öglich war.
Ein weiterer Punkt – die differenzierte Betrachtung
erden wir sicherlich in der Ausschussanhörung vorneh-
en wollen –, mit dem ich mich auseinander setzen will,
st der FDP-Vorschlag, die Ausbildungsvergütung in
en Betrieben an die Ausbildungsvergütung in den au-
erbetrieblichen Lernorten anzupassen. Nimmt dies das
uf, was duale Ausbildung kennzeichnet, nämlich Ler-
en und Arbeit zunehmend miteinander zu verbinden? In
er dualen Ausbildung wird akzeptiert, dass der Lernort
in Betrieb ist, dass man vom ersten bis zum dritten
ehrjahr zunehmend etwas leistet. Junge Menschen sol-
en lernen, dass sie dann, wenn sie sich anstrengen und
twas leisten, dafür etwas bekommen, nämlich Anerken-
ung und eine tarifmäßige Bezahlung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ll das wollen Sie nivellieren. Sie wollen die von Ihnen
icht gewollte außerbetriebliche Ausbildung zum Maß-
tab nehmen, nach dem Sie junge Menschen bezahlen
ollen.






(A) )



(B) )


Dr. Ernst Dieter Rossmann

An dieser Stelle komme ich auf meinen Ausgangs-

punkt zurück. Vielleicht gibt es einen Unterschied zwi-
schen Dogmatismus und Engagement. Ich versuche, das
durch den Wunsch vorzuleben, dass wir all das, was Sie
aus den Fraktionen zu diesem Gesetzentwurf im Einzel-
nen an Fragen haben, im Ausschuss sachlich erörtern
können, dass Sie Vorschläge machen und wir diese Vor-
schläge aufnehmen, sodass es am Ende einen Gesetzent-
wurf gibt, der eine große Gemeinschaftsleistung von
Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt darstellt. Wenn es
nicht zur Anwendung dieses Gesetzes kommt, dann des-
halb, weil es in dieser Gesellschaft ein klares Bekenntnis
dazu gibt, dogmatisch für junge Leute und ihre Ausbil-
dungschancen zu streiten und bei der Wahl der Instru-
mente offen zu sein. Im Übrigen soll möglichst freiwillig
und rechtzeitig all das mobilisiert werden, was in unserer
Wirtschaft an Kraft für Ausbildung steckt.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Da klatscht die Angst!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510203400

Ich erteile das Wort Kollegin Dagmar Wöhrl, CDU/

CSU-Fraktion.


Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1510203500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Ausführungen der Redner von Rot-Grün in dieser De-
batte sind deprimierend. Ich sage das so, wie ich es emp-
finde.


(Jörg Tauss [SPD]: Das befürchte ich!)

Ich glaube, ich bin von allen Rednern die Einzige, die
ausbildet. Mein Betrieb hat eine Ausbildungsquote von
11 Prozent.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Ich erwarte nicht, dass jeder ein Unternehmen hat und
die Praxis vor Ort miterlebt. Aber ich erwarte von Kolle-
gen, die sich hier vorne hinstellen und große Reden
schwingen, dass sie in die Betriebe gehen, mit Jugendli-
chen und Betriebsinhabern sprechen und sich vor Ort er-
kundigen, wie die wirtschaftliche Lage momentan ist,
sodass sie wissen, wovon sie hier reden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das heutige Datum ist wirklich bezeichnend für diese
Debatte. Ihr Gesetzentwurf, den Sie auf den Tisch gelegt
haben, ist ein sehr missglückter Aprilscherz.


(Widerspruch bei der SPD)

Sie müssen doch zugeben: Es gibt viele in Ihren Reihen,
die derselben Auffassung sind. Jeder, der einen klaren
Menschenverstand hat, sieht doch, dass das Unvernunft
hoch drei ist.

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(C (D (Siegfried Scheffler [SPD]: Kommen Sie doch mal zu Ihren eigenen Vorschlägen!)


ir wissen es, viele von Ihnen wissen es auch und die
eisten Menschen draußen vor Ort wissen es ebenfalls.
hr Gesetzentwurf ist nur ein Tribut an die SPD-Linken
nd sonst nichts.


(Beifall bei der CDU/CSU – Siegfried Scheffler [SPD]: Nur dummes Gerede!)


Sie treiben einen bitterernsten Schabernack mit den
ungen Menschen in unserem Land. Sie erwecken Hoff-
ungen, dass mit diesem Gesetz mehr Ausbildungs-
lätze geschaffen werden. Sie wissen aber so gut wie
ir, dass dem nicht so sein wird. Im Gegenteil: Es wird
icht besser, sondern es wird schlechter werden. Es wer-
en weniger Ausbildungsplätze als vorher bereitgestellt
erden.


(Jörg Tauss [SPD]: Warum stellen Sie weniger Ausbildungsplätze zur Verfügung? – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Können Sie nicht ein wenig charmant sein?)


arum sind denn inzwischen 16 Prozent aller Unterneh-
en in Wartehaltung und haben ihre Lehrstellenange-
ote auf Eis gelegt? Warum warten sie ab? Daran sieht
an, dass Ihr Gesetzentwurf eine ganz verheerende psy-
hologische Wirkung hat.
Sie haben das in Ihren Reihen teilweise selbst er-

annt. Es kommt doch nicht von ungefähr, dass Ihr Wirt-
chaftsminister nicht da ist.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: So ist es! Wo ist er denn?)


r steht nicht dahinter; das wissen wir. Wir wissen auch,
ass Herr Eichel nicht dahinter steht. Daran sieht man,
ass er auch vernünftig sein kann;


(Zurufe von der SPD: Oh!)

enn nicht umsonst hat er seine Beamten aufschreiben
assen, die Beschäftigungs- und Wachstumswirkung ei-
er Ausbildungsplatzabgabe sei „fragwürdig“. Das ist
in Zitat. „Fragwürdig“ hat er gesagt. Er rechnet mit Be-
astungen der Wirtschaft in Höhe von 1,2 Milliarden
uro.


(Jörg Tauss [SPD]: 3,5! Jetzt einigt euch mal!)

ie bauen eine Mammutbehörde mit bis zu 1 000 Beam-
en auf. Die Vorhaltekosten betragen bis zu 70 Millionen
uro per annum, unabhängig davon, ob Sie diese Ausbil-
ungsplatzabgabe überhaupt erheben oder nicht.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Der Tauss soll Präsident werden! – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss [SPD]: Anstelle von Köhler allemal! Aber Schwan ist besser!)


ie sammeln für die immense Bürokratie 2,4 Milliarden
uro ein. Dann geben Sie an einige wenige wieder
,4 Milliarden Euro.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist doch nicht wahr!)







(A) )



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Dagmar Wöhrl

Es verschwinden in dem bürokratischen Apparat
1,2 Milliarden Euro. Sie sind einfach perdu.

Das alles geschieht in einer Situation, die durch
80 000 Firmeninsolvenzen in den letzten zwei Jahren ge-
prägt ist, was bedeutet, dass junge Menschen 80 000-mal
weniger die Chance hatten, einen Ausbildungsplatz zu
bekommen, in einer Situation, in der in 20 Monaten
70 000 Jobs weggefallen sind, in der die Osterweiterung
mit einem immensen Wettbewerbsdruck und Kosten-
druck vor der Tür steht, und in der wir weniger Bürokra-
tie und nicht mehr Bürokratie brauchen. Sie aber bauen
ein Riesenbürokratiemonster par excellence auf.


(Nicolette Kressl [SPD]: Sie sind nicht à jour! Das ist typisch!)


Ihr Minister Eichel sagt nicht umsonst, dass das
Ganze aus Haushaltssicht nicht akzeptabel sei. Er hat das
ganz genau berechnen lassen: Er erwartet Steuerausfälle
von 600 Millionen Euro.


(Jörg Tauss [SPD]: Man sollte sich auf eine Debatte ordentlich vorbereiten! Das kann man erwarten!)


Denn die Abgabe kann man gewinnmindernd abschrei-
ben. Das sind Fakten, die man nicht negieren kann.

Lieber Kollege Tauss, ich frage mich, warum Sie die
Beamten ausgenommen haben. Sie sprechen nur von so-
zialversicherungspflichtig Beschäftigten, Sie sprechen
nicht von den Beamten. Sie werden Ihre guten Gründe
haben und nach dem Motto verfahren: Wir Bundesbe-
hörden nicht, macht ihr Länder und Kommunen das mal
schön, ihr habt die Angestellten. – Sie kennen doch die
Situation der Kommunen und der Länder: Denen steht
das Wasser bis zum Hals. Sie bürden ihnen noch mehr
Kosten auf. Allein die Stadt Berlin hat Zusatzkosten von
48 Millionen Euro. Wie soll denn das überhaupt noch fi-
nanziert werden?

Man fragt sich in diesem Zusammenhang, warum Sie
eigentlich nicht auf die Bund-Länder-Kommission hö-
ren. Ihre Beauftragten aus dem Bildungsbereich waren
sich einig, dass sie nicht erwarten, dass auch nur ein zu-
sätzlicher Ausbildungsplatz mit der Ausbildungsplatzab-
gabe geschaffen wird.

Wir haben Sie letzte Woche gefragt, welche Kosten
auf Bund, Länder und Gemeinden zukommen und wie
viel zusätzliche Lehrstellen Sie im staatlichen Bereich
erwarten. Wir haben gefragt, wie hoch die maximale Be-
lastung der Betriebe sein könne. Das sind doch elemen-
tare und wichtige Fragen, die beantwortet werden müs-
sen, bevor ein Gesetzentwurf erarbeitet wird. Wie aber
hat Ihr Staatssekretär Matschie diese Fragen beantwor-
tet? Die Antwort lautete schlicht und ergreifend – wie
ich meine, auch erschreckend –: Hierzu ist eine konkrete
Abschätzung nicht möglich.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Blindflug!)

Daran sieht man, wie Sie Gesetze machen, nämlich

chaotisch, unüberlegt und ohne zu wissen, welche Aus-
wirkungen auf viele Bereiche damit verbunden sind.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Bayerischer Textbaustein!)


as gesamte Vorhaben ist unkoordiniert. Der Gesetzent-
urf beinhaltet verfassungsrechtliche Problemstellungen
n masse. Das wissen auch Sie.
Sie haben inzwischen die Anerkennung der Tarifver-

räge aufgenommen; stattdessen soll die Quote nicht an-
rkannt werden.


(Nicolette Kressl [SPD]: So ein Blödsinn!)

n diesem Zusammenhang frage ich mich, inwiefern ein
usgleich vorgesehen ist. Denn diejenigen, die zwar
ine tarifvertragliche Vereinbarung getroffen haben, de-
en Ausbildungsquote aber unter 7 Prozent liegt, müssen
eine Ausbildungsplatzabgabe zahlen, während ein an-
erer Betrieb, der nicht tarifvertraglich organisiert ist,
ber mehr Lehrstellen anbietet, die Abgabe zahlen muss.
iese Regelung werden Sie aus verfassungsrechtlichen
ründen nicht aufrechterhalten können.


(Jörg Tauss [SPD]: So ein Quatsch! Was erzählen Sie denn jetzt?)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie können uns si-
herlich nicht absprechen, dass wir uns – ebenso wie
ie; das gestehe ich Ihnen zu – große Sorgen um die
ungen Menschen machen.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Das ist nicht zum Lachen. – Wenn heute 16-Jährige auf
er Straße stehen und keinen Ausbildungsplatz bekom-
en, obwohl sie gerne einen hätten, dann ist das für sie
rustrierend und oft auch demoralisierend. Wenn das
inzige, was sie in dieser Situation von unserer Gesell-
chaft noch zu erwarten haben, eine Ersatzmaßnahme
st, dann wissen sie oft nicht mehr weiter.
Wir sind durchaus einer Meinung, dass man dagegen

twas tun muss.

(Ernst Küchler [SPD]: Aber was denn?)


ber man muss bei den Ursachen anfangen und die
rage stellen, warum weniger ausgebildet wird. Es ist
och die Grundlage für jede Lösung, erst einmal heraus-
ufinden, warum weniger ausgebildet wird.
In der Regel sind es die großen Betriebe – diejenigen
it betrieblicher Mitbestimmung –, die weniger ausbil-
en. Das muss ebenfalls berücksichtigt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Jetzt haben wir den Schuldigen!)


o bleibt denn in diesem Bereich die Verantwortung der
ewerkschaften in den Großbetrieben, in denen sie ver-
reten sind, oder auch in den Gewerkschaften selbst? Bei
erdi beträgt die Ausbildungsquote 0,28 Prozent, aber
ach außen wird – nach dem Motto „Immer bei den an-
eren, aber nie bei uns“ – laut eine Ausbildungsplatzab-
abe gefordert. Das entspricht auch Ihrer Methode, Poli-
ik zu machen. Das aber ist der falsche Weg, liebe
olleginnen und Kollegen von Rot-Grün.






(A) )



(B) )


Dagmar Wöhrl


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Christoph Hartmann [Homburg] [FDP])


Unsere Mittelständler wollen ausbilden – das wissen
wir –, aber sie können es oft nicht. Warum ist das so?
Zum einen finden sie keine geeigneten Bewerber. Ob-
wohl diese Unternehmen Lehrstellen besetzen wollen,
aber keine geeigneten Lehrlinge finden, wollen Sie bei
ihnen zukünftig ebenfalls abkassieren. Zum anderen
können viele Betriebe nicht ausbilden, weil es ihnen auf-
grund der schlechten wirtschaftlichen Lage nicht gut
geht.


(Nicolette Kressl [SPD]: Deswegen kriegen sie auch die Förderung!)


– Moment. – Wer jetzt einen Lehrling einstellt, unterliegt
der Verpflichtung, ihn in zwei bis drei Jahren zu über-
nehmen. Der Unternehmer weiß aber nicht, ob er ihn
dann wirklich übernehmen kann und ob die Auftragslage
das zulässt.


(Jörg Tauss [SPD]: Wo gibt es denn eine Übernahmeverpflichtung im Einzelhandel? Was erzählen Sie denn da?)


Diese Fragen muss man angehen.
Ein großes Problem, mit dem wir konfrontiert sind, ist

die Ausbildungsfähigkeit unserer jungen Menschen.
Pro anno verlassen 90 000 Schüler die Schule ohne Ab-
schluss. Das kann man nicht einfach negieren. Das kön-
nen Sie auch nicht dadurch ändern, dass Sie den Betrie-
ben eine Strafsteuer auferlegen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie müssen vielmehr die Wurzel des Problems angehen.
Dabei sind wir als Politiker gefordert. Wir müssen das
duale Ausbildungssystem reformieren und Betriebe für
solche Jugendliche finden, die nicht hochqualifiziert
sind. Wir müssen einfachere Ausbildungswege finden.

Wir haben, wie Sie wissen, einen Gesetzentwurf zur
Modernisierung des Berufsbildungsrechtes vorgelegt, in
dem wir detailliert Maßnahme für Maßnahme, die wir
vorschlagen, aufgeführt haben. Wir haben in unserem
Antrag zur Beschäftigungspolitik auch Vorschläge zur
Verbesserung der Situation Jugendlicher formuliert, Vor-
schläge, die im Anschluss an diese Debatte diskutiert
werden müssen. Unsere Vorschläge liegen auf dem
Tisch, auch wenn Sie noch so oft sagen, dass das nicht
stimmt.

Lassen Sie uns die Diskussion über die Punkte begin-
nen, die den Jugendlichen wirklich helfen, statt über Ge-
setzentwürfe zu diskutieren, die nur als Placebo für die
linken Flügel Ihrer Partei dienen. Geben Sie den jungen
Menschen eine Chance! Sie brauchen sie wirklich. Ver-
gessen Sie nicht: Die jungen Menschen sind unsere
Zukunft und auch die Zukunft vieler Betriebe. Die Mit-
telständler wissen das. Aber Sie geben den jungen Men-
schen keine Chance. Sie nehmen ihnen mit dem vorlie-
genden Gesetzentwurf vielmehr jede Chance. Deswegen
fordere ich Sie auf: Nehmen Sie den Gesetzentwurf zu-
rück; denn die Leidtragenden würden die jungen Men-

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(C (D chen sein, wenn dieser Gesetzentwurf Wirklichkeit erden sollte. Ich erteile das Wort Kollegen Swen Schulz, SPD raktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ehr verehrte Damen und Herren! Eine Vorbemerkung u Herrn Merz: Er hat bei seinem polemischen Einstieg roßspurig gesagt, die Bundesregierung sei nicht angeessen vertreten. Das ist falsch; denn die Bundesregieung ist in der Spitze durch die hier anwesende Bilungsministerin Bulmahn vertreten. Aber wo ist jetzt err Merz? err Merz hat großartige Sprechblasen produziert und at sich dann verdrückt. So kann es nicht gehen. (Dr. Uwe Küster [SPD]: Billigste Polemik hat er abgelassen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510203600

(Beifall bei der SPD)

Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1510203700

(Beifall bei der SPD)


Liebe Kollegin Wöhrl, ich möchte nicht im Einzelnen
uf das eingehen, was Sie gesagt haben. Es ist am bes-
en, wenn ich Ihnen unseren Gesetzentwurf zur Verfü-
ung stelle, damit Sie sich über den aktuellen Stand in-
ormieren können.


(Beifall bei der SPD – Dagmar Wöhrl [CDU/ CSU]: Jeden Tag einen neuen Entwurf!)


ann werden Sie vielleicht beim nächsten Mal keine fal-
chen Dinge erzählen.
Ich möchte mit meiner Rede die Debatte wieder auf

ine sachliche Basis zurückführen.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Da bin ich aber gespannt! Der Anfang war es nicht!)


arum gibt es jetzt eine solche Gesetzesinitiative?

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das fragen wir uns auch!)

ie Antwort ist: weil die Situation auf dem Ausbil-
ungsmarkt 2003 fast wieder so unbefriedigend war
ie 1997. Die Ausbildungsstellenlücke betrug noch un-
er der Regierung Kohl 21 557. Einige Zeit konnten wir
ann sogar ein Plus verzeichnen. Aber zuletzt belief sich
ie Lücke auf 20 175. Auch bei der Zahl der nicht ver-
ittelten Jugendlichen drohen wir an die Zeiten der
ohl-Ära anzuknüpfen.
Der Bund, die Länder und die Kommunen haben in

en letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternom-
en, Klinken geputzt, Bündnisse geschlossen, Ausbil-
ungskonsense vereinbart und sehr viele Steuermittel
ur Verfügung gestellt. Damit haben wir vielen Jugendli-
hen zwar geholfen, aber das Grundproblem nicht aus
er Welt geschafft, nämlich die immer weiter sinkende
usbildungsbereitschaft der Unternehmen. Obwohl






(A) )



(B) )


Swen Schulz (Spandau)


der staatliche Anteil, wie Ministerin Bulmahn das hier
dargelegt hat, schleichend immer weiter steigt, bleiben
immer mehr junge Menschen ohne Ausbildung, ohne
Perspektive. Das können und werden wir nicht hinneh-
men.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nun wirft uns die Opposition vor, wir verstaatlichten
die Ausbildung und wollten Betriebe bestrafen. Aber das
genaue Gegenteil ist der Fall. Wir sorgen lediglich dafür,
dass die Betriebe, die ausbilden, Unterstützung erhalten,
und zwar von denjenigen, die nicht ausbilden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist ein sehr einfaches und gerechtes Prinzip, das je-
der hier im Hause verstehen können sollte.

Übrigens, noch eine Bemerkung zum Thema Staat:
Die FDP hat vor knapp einem Jahr im Deutschen Bun-
destag allen Ernstes Subventionen für Ausbildungsplätze
vorgeschlagen.


(Ina Lenke [FDP]: Das ist etwas anderes als eine Abgabe!)


Das ist sicherlich kein Beitrag zur Entstaatlichung der
Ausbildung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Tatsächlich ist die Regierungskoalition die politische
Kraft, die den öffentlichen Anteil zurückfährt und der
Wirtschaft wieder Verantwortung gibt. Wir handeln, um
das duale System vom Kopf auf die Füße zu stellen und
es damit zu retten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mein „Lieblingsargument“ gegen die Umlage, das
unter anderem auch von Herrn Merz angeführt wurde,
ist, die Unternehmen würden sich dann freikaufen. An-
gesichts dessen muss ich die Frage stellen, für wie blöd
Sie eigentlich die Unternehmer halten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Heute hat kein Unternehmen irgendwelche Sanktionen
zu erwarten, wenn es nicht ausbildet. Die Kosten für
Ausbildungsverweigerung sind also null. Andere Unter-
nehmen bilden aus und tragen die entsprechenden Kos-
ten. Durch die Umlage gibt es Geld für Ausbildung und
Nichtausbildung kostet Geld. Aber plötzlich wollen sich
alle freikaufen? Das ist blanker Unsinn.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Übrigen eine Anmerkung zu Ihrem Vorschlag,
meine Damen und Herren von der Opposition, die Aus-
bildungsvergütungen zu kürzen: Man könnte ja sagen,
dies wäre eine Art solidarische Handlung unter den Ju-
gendlichen. Aber auf die Idee, dass sich auch einmal die
Unternehmer solidarisch verhalten könnten, kommen
Sie natürlich nicht.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist wahr: Im Falle der Auslösung der Umlage müs-
en auch diejenigen Unternehmen zahlen, die nicht aus-
ilden können oder keine Auszubildenden finden. Ich
erstehe, dass das im Einzelfall ungerecht erscheinen
ann. Doch es ist im Interesse aller Unternehmen, dass
ie Jugendlichen ausgebildet werden und später als
achkräfte zur Verfügung stehen. Es ist darum nur sach-
erecht, wenn sich alle Unternehmen an der Finanzie-
ung der Ausbildung beteiligen.


(Beifall bei der SPD)

In diesem Zusammenhang will ich auf den Report des

nstituts der deutschen Wirtschaft vom 25. März 2004
er ist also ganz aktuell – verweisen. Da ist unter der
berschrift „Lücken in der Nachwuchsmannschaft“ klar
ormuliert, dass Deutschland im internationalen Wettbe-
erb einem Fachkräftemangel entgegensieht. Die
irtschaft ist dabei, den Ast, auf dem letztendlich wir
lle sitzen, abzusägen. Es ist die Pflicht und Schuldigkeit
er Regierungskoalition, hier einzugreifen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir müssen mit Sicherheit noch über Einzelaspekte
eden. Dafür gibt es das parlamentarische Verfahren mit
nhörungen und Ausschussberatungen. Es gibt auch in
nseren Reihen einige Fragen. Auch ich habe Bespre-
hungspunkte.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Welche denn?)


chließlich handelt es sich hierbei nicht um ein Routine-
esetz; dafür ist es viel zu wichtig.
Der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist jedoch,

ass Sie, anstatt sinnvolle Vorschläge zu machen, Ein-
elaspekte herausgreifen, um das ganze Anliegen, zu-
ätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen, zu diskreditie-
en. Wir sprechen die Probleme an, um sie zu lösen. Wir
ollen für die Menschen etwas bewegen, anstatt zu ver-
indern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Abschließend komme ich auf einen Punkt zu spre-
hen, der nicht oft genug wiederholt werden kann. Es
ibt für die Wirtschaft einen ganz einfachen Weg, die
uslösung der Umlage zu verhindern. Ich appelliere an
lle Unternehmer, diesen Weg einzuschlagen. Tun Sie
as, wozu Sie sich selbst unzählige Male verpflichtet ha-
en! Tun Sie das, was Ihre Aufgabe ist – und zwar aus
ehr guten Gründen –: Bilden Sie die jungen Menschen
us! Nehmen Sie sich ein Beispiel an den Unternehmen,
ie toll ausbilden! Wenn Sie das tun, dann wird das im
esetz vorgesehene Verfahren gar nicht erst ausgelöst.
as wäre gleichzeitig der größte Erfolg, den wir mit die-
em Gesetz erzielen könnten.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1510203800

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen auf

Drucksachen 15/2820 und 15/2833 zu überweisen: zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung,
Forschung und Technikfolgenabschätzung und zur Mit-
beratung an den Innenausschuss, den Rechtsausschuss,
den Finanzausschuss sowie an die Ausschüsse für Wirt-
schaft und Arbeit, für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft, für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend, für Gesundheit und Soziale Sicherung, für Ver-
kehr, Bau- und Wohnungswesen, für Tourismus, für Kul-
tur und Medien sowie an den Haushaltsausschuss zur
Mitberatung und den Gesetzentwurf zusätzlich gemäß
§ 96 der Geschäftsordnung. Gibt es dazu anderweitige
Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann sind die Über-
weisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Karl-Josef

Laumann, Dagmar Wöhrl, Norbert Barthle, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU
Weichen stellen für eine bessere Beschäfti-
gungspolitik – Wachstumsprogramm für
Deutschland
– Drucksache 15/2670 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Karl-Josef Laumann, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Grotthaus [SPD]: Ist das mit dem Arentz abgestimmt?)



Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1510203900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir alle erinnern uns sicherlich noch sehr gut
an den 16. August 2002 hier in Berlin. Nach Angaben
des Wetterdienstes waren damals 25 bis 26 Grad Celsius
und die Sonne schien. Es war ein sehr schöner Tag. Vor
allem wurde an diesem Tag am Gendarmenmarkt in Ber-
lin das Hartz-Papier vorgestellt. Was gab es da nicht al-
les für schöne Begriffe! Wer hatte jemals zuvor etwas
von „Reformmodulen“, von „Profis der Nation“, von
„Personal-Service-Agenturen“, von „Ich-AGs“, von
„Jobfloatern“ und von „Bridgesystem“ gehört?


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Alles von der Wirtschaft vorgeschlagen!)


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(C (D Das zentrale Versprechen des Hartz-Wahlkampfpaieres lautete damals: Innerhalb von 36 Monaten wird ie Arbeitslosigkeit von 4,018 Millionen auf 2 Millionen esenkt. Deutschland war beeindruckt. Peter Hartz prach von der „Bibel für den Arbeitsmarkt“, die in dieer Kommission geschrieben worden sei. Dies alles war or genau 593 Tagen. Die Realität sieht anders aus als das, was in der Hartzibel steht. Seit der Hartz-Präsentation sind jeden Tag über 240 sozialversicherungspflichtige Jobs weggefallen. Insesamt gibt es heute 730 000 sozialversicherungspflichtige obs weniger als im August 2002. Jeden Tag ist die Arbeitssigkeit gestiegen, hat es über 1 050 Arbeitslose mehr geeben. Jetzt sind es 4 641 000 Arbeitslose. Zusätzlich haben seitdem jeden Tag 28 Jugendliche nter 25 Jahren ihre Arbeit verloren. Mittlerweile sind ast 529 000 Jugendliche arbeitslos. Gleichzeitig mussten jeden Tag 94 Unternehmen ihre ore schließen. Insgesamt haben seit August 2002 fast 5 700 Betriebe Insolvenz angemeldet. Noch nicht einerechnet sind die Insolvenzen aus dem ersten Quartal 004, weil uns die Zahlen noch nicht vorliegen. Das ganze Ausmaß wäre noch viel deutlicher, wenn icht die Arbeitslosenstatistik geändert worden wäre. ürden heute die Statistikregeln von 1998 gelten, hätten ir noch 300 000 Arbeitslose mehr, das heißt insgesamt und 5 Millionen Arbeitslose. (Klaus Brandner [SPD]: Das ist gelogen! – Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)


Angesichts dieser Fakten hat der Bundeskanzler in
er vergangenen Woche davon gesprochen, dass unser
and heute besser dastehe als vor einem Jahr. Ich frage
ich: Wie kann man zu einem solchen Urteil kommen?


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Traumtänzer! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Ja, Traumtänzer!)


Es ist einfach an der Zeit, finde ich, dass wir uns auch
inmal mit den einzelnen Hartz-Modulen auseinander
etzen. Fangen wir doch mit der Personal-Service-
gentur an.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Das ist das Schönste!)


as war laut Hartz damals das Herzstück seiner Vor-
chläge.


(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Pleite!)

ieses Herzstück erweist sich als teurer Totalausfall.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)

Die Bundesregierung hatte versprochen – das ist hier

m Rednerpult gesagt worden –, dass allein durch dieses
nstrument 500 000 Menschen eine befristete Beschäfti-
ung und jährlich bis zu 350 000 Arbeitslose eine dauer-
afte sozialversicherungspflichtige Tätigkeit finden wür-
en; das war der so genannte Klebeeffekt. Bis heute
aben gerade einmal 7 700 Vermittlungen in Beschäfti-
ung stattgefunden, obwohl die Bundesagentur für Ar-






(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann

beit diese Maßnahmen bislang mit gut 230 Millionen
Euro aus Beitragsmitteln subventioniert hat.

Mit der Insolvenz der Firma Maatwerk ist jetzt sogar
jede fünfte PSA in Deutschland pleite.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: So wie die Regierung auch!)


Das bedeutet, dass rund 10 000 in einer PSA Beschäf-
tigte nicht mehr in einer PSA beschäftigt und damit wie-
der arbeitslos sind.

Die Maatwerk-Pleite hat uns ein Weiteres gelehrt,
nämlich dass es auch PSAs gibt, die sich gar nicht an der
Zeitarbeit beteiligt haben. Maatwerk hat überhaupt keine
Zeitarbeitsvermittlung betrieben, sondern hat die Fälle
übernommen, das Geld kassiert und darauf gesetzt, wie
ein privater Arbeitsvermittler die Leute zu vermitteln
und dann die Vermittlungsprovision, gestaffelt danach,
ob die Leute unter drei Monaten oder über drei Monate
arbeitslos waren, abzukassieren. Allerdings ist dieses
Modell so danebengegangen, dass die Firma jetzt pleite
ist. Da von Zeitarbeit zu sprechen ist verrückt.

Wenn Sie noch etwas Verstand haben, dann stampfen
Sie das PSA-Modell ein


(Beifall bei der CDU/CSU)

und arbeiten mit der privaten Zeitarbeitsbranche zusam-
men, die regional sehr gut aufgestellt ist, mittlerweile
auch überregional sehr gut aufgestellt ist. Dann haben
Sie wenigstens Profis, die dieses Geschäft verstehen.


(Zuruf von der CDU/CSU, zur SPD gewandt: Der Verstand fehlt da aber!)


Jetzt komme ich zum nächsten Punkt, den Ich-AGs.
500 000 Arbeitslose sollten nach den Hartz-Plänen mit
staatlichen Subventionen in Ich-AGs den Schritt in die
Selbstständigkeit wagen. Obwohl die Bundesregierung
für das erste Jahr sehr großzügig bemessene Staatsmittel
ohne jede Prüfung mit vollen Händen ausgibt, haben bis-
lang lediglich rund 100 000 Arbeitslose davon Gebrauch
gemacht, also 400 000 weniger, als Hartz damals ver-
kündet hat. Ab diesem Sommer – da bin ich mir sicher –,
wenn die Subventionen für die Ich-AGs erstmals redu-
ziert werden, wird sich zeigen, wie viele von diesen
Kleinstgründern auf dem freien Markt überhaupt beste-
hen können.

Man kann doch heute in jedem Arbeitsamt deutlich
erkennen: Läuft das Arbeitslosengeld aus, ist die beste
Möglichkeit, an Staatsknete zu kommen, die Gründung
einer Ich-AG, weil dafür noch nicht einmal ein Ge-
schäftsmodell vorgelegt werden muss. Es ist eine Einla-
dung, sich Unternehmer zu nennen, ob man am Markt
operiert oder nicht, und an Zuschüsse von monatlich im-
merhin 600 Euro im ersten Jahr zu kommen. Ich sage Ih-
nen voraus: Wenn die Förderung ausläuft, werden wir
bei den Ich-AGs eine Insolvenzentwicklung haben, die
sich gewaschen hat.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Das liegt daran, dass Sie schlicht und ergreifend fol-

gendem Trugschluss unterliegen: Sie denken, dass man

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(C (D n einer so modernen Volkswirtschaft, wie Deutschland ie hat, mit Kleinstunternehmertum einen gigantischen rbeitsmarkt schaffen könnte. Das ist aber nicht mögich. Sie können unsere Volkswirtschaft, etwa den Einelhandel, nicht mehr mit der von Spanien oder Portugal ergleichen. Dadurch, dass in den Gemeinden Lidl, Aldi nd viele andere Einzug gehalten haben, hat sich der inzelhandel völlig umstrukturiert. In dem Dorf, aus em ich komme, konnten in meiner Kindheit fünf kleine inzelhändler bestehen. Von ihnen ist kein Einziger übig geblieben. Heute gibt es dort zwei große Marktketen, die das Dorf genauso gut mit Lebensmitteln versoren, sogar mit einer noch größeren Auswahl als früher. ine solche Einzelhandelsstruktur, wie es sie früher gab, ird es nie wieder geben. (Klaus Brandner [SPD]: Sie wollen doch nicht sagen, dass die alle geschlossen haben, seit die SPD und die Grünen an der Regierung sind!)


Nein, das hat mit SPD und Grünen nichts zu tun. Aber
lauben Sie doch nicht, dass Sie die Probleme des deut-
chen Arbeitsmarktes mit Ich-AGs lösen könnten!


(Beifall bei der CDU/CSU)

enn Sie zusätzliche Arbeitsplätze schaffen wollen,
üssen Sie die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft,
ür die industriellen Arbeitsplätze, für neue Bereiche,
twa den Bereich der privaten Haushalte, verbessern;
uf dem von Ihnen gewählten Weg wird Ihnen das nicht
elingen.
Dann gab es das Instrument des Jobfloaters. Können

ie sich daran noch erinnern?

(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Job flopper!)

er Jobfloater ist am 1. November 2002 unter dem Titel
Kapital für Arbeit“ von der KfW auf den Weg gebracht
nd im März 2003 auf die Einrichtung von Ausbildungs-
lätzen ausgeweitet worden. Anstatt der von der Hartz-
ommission versprochenen durchschnittlich 120 000
euen Arbeitsplätze pro Jahr hat die KfW bis heute le-
iglich knapp 11 500 Vollzeitarbeitsplätze und rund
100 Ausbildungsplätze mit einem Mittelvolumen von
37,4 Millionen Euro subventioniert. Das ist weniger als
0 Prozent des versprochenen Beschäftigungseffektes
nd bedeutet einen skandalösen Umfang von Subventio-
en pro Arbeitsplatz von rund 73 000 Euro.
Hinzu kommt, dass sich der Bundesminister für den
ufbau Ost, Manfred Stolpe, vom Jobfloater einen gro-
en Beitrag zur spürbaren Senkung der Arbeitslosenzahl
n Ostdeutschland versprochen hatte. Bislang sind in die
euen Bundesländer lediglich rund 10 Prozent der KfW-
ittel geflossen; das sind ganze 83 Millionen Euro.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Die haben Jobs geflutet, nicht gefloatet!)


Ein ganz wichtiger Ansatz der Hartz-Kommission
ar die Reform der Bundesanstalt für Arbeit. Durch
erbesserte Vermittlung und ein modernes IT-System
ollte der Nachschub von Arbeitslosen nach Nürnberg
estoppt werden. Alleine durch die Reform der Bundes-
nstalt für Arbeit sollten bis zu 250 000 Arbeitslose im






(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann

Jahresschnitt weniger gezählt und gut 100 000 neue Be-
schäftigungsverhältnisse geschaffen werden. Anstatt der
erhofften Erfolge und einer Entlastung der Beitragszah-
ler aber erweist sich insbesondere der virtuelle Arbeits-
markt als Millionengrab. Nach der ersten Ausschreibung
wurde noch mit Kosten von 35 Millionen Euro für den
virtuellen Arbeitsmarkt gerechnet. Mittlerweile geht die
neue Führung der Bundesagentur, wie wir alle wissen,
von Gesamtkosten von 163 Millionen Euro aus. Hinzu
kommt, dass auch die Beitragsmittel, die der ehemalige
BA-Vorsitzende Gerster für Kommunikationsberatungen
unter Verstoß gegen das Vergaberecht vergeben hat, in
den Sand gesetzt worden sind.

Vor ein paar Tagen lese ich, meine lieben Kolleginnen
und Kollegen von der SPD-Fraktion und den Grünen
und vor allen Dingen vom Ministerium für Wirtschaft
und Arbeit, dass das Wirtschaftsministerium vor
14 Tagen eine Studie – aus den Mitteln des Steuerzah-
lers – über das Image der Bundesagentur für Arbeit in
Auftrag gegeben hat.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Schon wieder!)

Man hat mit dieser Studie ein Bonner Institut beauftragt
und zahlt dafür 830 000 Euro.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Wahnsinn!)

Ich möchte einmal wissen, wer in Ihrem Haus die Ver-
gabe dieses Auftrags unterschrieben hat. Sie brauchen
zurzeit keine Untersuchung über das Image der Bun-
desagentur für Arbeit durchzuführen. Sie müssen nur
einmal Straßenbahn fahren. Da hören Sie genug über das
Image der Bundesagentur.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Diejenigen, die solche Untersuchungen für notwendig
halten, sind wahrscheinlich schon lange nicht mehr Stra-
ßenbahn gefahren. Es wird Zeit, dass sie ihren Fahrer
verlieren und wieder mehr Straßenbahn fahren müssen.
Dann erfahren sie, wie das Image der Bundesagentur
aussieht, auf deren Unterstützung Millionen von Men-
schen in diesem Land angewiesen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollten besser Fahrrad fahren!)


Die Vergabe dieser Studie ist zwar für das Institut in
Bonn sehr schön. Aber wenn ich mir anschaue, wie ver-
zweifelt die finanzielle Situation in vielen Bereichen in
Deutschland ist, dann kann ich nur den Kopf darüber
schütteln – das zeugt von Unsensibilität –, dass man eine
solche Studie in der jetzigen Zeit vergibt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition,
Sie sollten einfach Abschied nehmen von dem Hartz-
Wahlkampfmanöver. Damals haben einige eitle Herren,
die Herrn Schröder helfen wollten, in einer Kommission
zusammengesessen und haben alte Tatsachen mit neuen
Begriffen bezeichnet. Sie haben sich Zahlen ausgedacht,
die – wenn man daran glaubt – zeigen, wie schön die
Welt sein kann. Aber mittlerweile wissen wir ganz ge-
nau, dass die Hartz-Reformen und die entsprechenden

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(C (D nstrumente nicht die Renner in der Arbeitsmarktpolitik ind. Deswegen sollten wir, was die Finanzierung dieser nstrumente, über die ich geredet habe, angeht, mit der eldvernichtung aufhören. Der Ansatz bei der Bundesagentur für Arbeit und in er Arbeitsmarktpolitik muss viel stärker im grundsätzlihen Bereich liegen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, ass wir gewaltige Anstrengungen unternehmen müssen, m in Deutschland im Bereich der Industrie eine gewisse iefe bei der Fertigung erhalten zu können. Es nützt uns ichts, wenn bei uns am Ende Güter zwar zusammenontiert werden, aber die Tiefe der Fertigung in einem temberaubenden Tempo abnimmt. Diese Entwicklung hat natürlich etwas mit der Kos ensituation zu tun. Wir sollten uns in der Öffentlichkeit nd im Parlament über ein paar Punkte unterhalten, die an am leichtesten und am zumutbarsten verändern ann. Ich bin der Meinung, dass wir zu flexibleren und ängeren Arbeitszeiten kommen müssen, um unsere ertigungstiefe zu erhalten. Ich glaube, dass kein Weg aran vorbeiführt. Das geeignete Instrument wird nicht ie stumpfe 40-Stunden-Woche sein. Aber ich bin davon berzeugt, dass wir über das Jahr gesehen 41 oder 2 Stunden – abhängig von Jahreszeit und Branche – reativ flexibel arbeiten müssen. (Christian Müller [Zittau] [SPD]: Und samstags!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das wäre der humanste und zumutbarste Beitrag, um
u einer Kostenentlastung zu kommen. Davon bin ich
utiefst überzeugt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will Ihnen einen weiteren Punkt nennen, auf den
ir uns verständigen müssen. Wir müssen in allen staat-
ichen Bereichen schauen, welche Auflagen im Zusam-
enhang mit Arbeitsplätzen entbehrlich sind. Ich würde
n Deutschland das Arbeitszeitgesetz abschaffen. An
essen Stelle sollte die entsprechende EU-Richtlinie tre-
en. Darin ist die wöchentliche Arbeitszeit festgehalten.
ie Entwicklung geht also hin zu einem Abschied von
er täglichen Arbeitszeit als Richtgröße, die noch Be-
tandteil – das ist bei uns Tradition – der deutschen Ge-
etzgebung ist. Diese Maßnahme kostet kein Geld und
st relativ einfach. Ein Federstrich genügt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Ich würde vorschlagen, dass man die Arbeitsstätten-
erordnung auf den Gesundheitsschutz konzentriert.
lles andere muss uns nicht interessieren. Das können
ernünftige Leute selber regeln. Vorschriften zum Ge-
undheitsschutz würde ich vorgeben. Dann wäre aber
chluss.
Man müsste einmal nachprüfen, wozu die Zahlen, die

ie statistischen Ämter auf Bundes- und Landesebene er-
eben, gebraucht werden. Mich ärgert nicht nur, dass der
ittelständler sonntagmorgens diese Formulare ausfül-






(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann

len muss. Mich ärgert auch, dass sich wahrscheinlich
irgendein gut bezahlter BAT-Mensch damit beschäftigt.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir müssen uns einmal fragen, ob wir diese Zahlen
wirklich brauchen. Was geschieht mit diesen Zahlen?
Sind diese Informationen für das Handeln des Staates
notwendig? Für die Bereiche, in denen wir diese Zahlen
nicht benötigen, sollte man sie nicht mehr erheben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das wäre ein großer Fortschritt auf dem Weg zur Ent-
bürokratisierung.

Wenn ein Handwerksmeister feststellen würde, dass
es weniger Bürokratie gibt, dann hätte er vielleicht mehr
Spaß an seinem Job und würde allein schon deswegen
mehr junge Menschen einstellen. Aber wenn er die Bü-
rokratie im Zusammenhang mit Ihrer Ausbildungs-
platzabgabe sieht, dann wird er sich wahrscheinlich
überlegen, wie er unter die Grenze von zehn Mitarbei-
tern kommt, um damit nichts zu tun zu haben.

Wir werden – das sage ich Ihnen voraus – nächstes
Jahr weniger Betriebe mit 13 Anstreichern haben als die-
ses Jahr. Denn alle Betriebe werden versuchen, unter
zehn Beschäftigte zu kommen, damit sie mit diesem
Thema nichts zu tun haben. So läuft das praktisch ab.

Ich weiß, dass das für jeden, der eine Bindung zur Ge-
werkschaftsbewegung in Deutschland hat, ein schwieri-
ges Thema ist. Aber wenn wir wollen, dass der Flächen-
tarifvertrag seine Bindungswirkung behält, wird der
Weg, den die IG Bergbau, Chemie, Energie und andere
eingeschlagen haben, nämlich die Tarifvereinbarungen
flexibler auf Betriebsstrukturen zuzuschneiden, unver-
meidlich sein. Wenn dieser Weg unvermeidlich ist, wa-
rum können wir dann im Bundestag das Günstigkeits-
prinzip im Tarifvertragsgesetz nicht so klarstellen, dass
Gerichte es nicht verbieten können, wenn sich Beleg-
schaften und Geschäftsleitungen im Rahmen von Inves-
titionen für die Zukunft auf eine andere Auslegung des
Günstigkeitsprinzips verständigen?


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510204000

Herr Kollege, achten Sie bitte auf die Zeit!


Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1510204100

Ich hoffe, dass es früh genug ist, wenn Sie umkehren.

Ich habe praktische Beispiele genannt, die nicht Millio-
nen in Agenturen kosten. Dafür brauchen Sie auch nicht
die Profis der Nation; dafür brauchen Sie nur ein Parla-
ment mit einer gutwilligen Mehrheit. Wenn Sie diese
nicht herstellen, werden wir das bald tun.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510204200

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Klaus Brandner.

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(C (D Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten amen und Herren! Im Dezember 2003 haben sich die ppositionsund die Regierungsparteien im Vermittungsausschuss zusammengesetzt, um die größten Areitsmarktreformen der Geschichte der Bundesrepublik eutschland zu besprechen. Sie sind dabei zu einem einernehmlichen Ergebnis gekommen und haben hier im undestag den überwiegenden Teil sehr einvernehmlich eschlossen. Heute erleben wir einen Oppositionsantrag, der mit em Satz beginnt: Die rot-grüne Arbeitsmarktpolitik ist auf ganzer Linie gescheitert. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1510204300
o machen Sie sich einen schlanken Fuß; so ziehen Sie
ich aus der Verantwortung bzw. aus einer Angelegen-
eit, die Sie gemeinsam mit uns auf den Weg gebracht
aben. Ich sage es einmal freundlich: Sie haben ein
irklich hocherotisches Verhältnis zum Negativen. Da-
an – und nicht an Inhalten und praktischen Hilfen für
ie Menschen in diesem Land – ziehen Sie sich anschei-
end hoch. Sie suchen nach Misserfolgen. Das ist Ihr Er-
olgsrezept und das lassen wir nicht durchgehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Armselig!)


Mir zeigt das: Sie haben die Agenda 2010 weder gele-
en noch verstanden. Die Wirtschafts- und Arbeitsmarkt-
olitik ist nämlich nicht gescheitert. Sie ist sehr erfolg-
eich.


(Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Bitte? – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wo denn?)


00 000 Gründungen von Ich-AGs im letzten Jahr sind
ben kein Misserfolg, wie es Kollege Laumann hier vor-
etragen hat. Die Bundesagentur für Arbeit bzw. das Ins-
itut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung gingen da-
on aus, dass sich in einem Jahr aus der Arbeitslosigkeit
m höchsten Fall bis zu 200 000 Existenzgründungen
ekrutieren lassen. 250 000 sind es geworden. Sie aber
eden dies schlecht, machen es negativ und nehmen jun-
en Menschen, die den Mut haben, Existenzgründungen
ufzubauen, den Mut, diesen Weg weiterhin zu beschrei-
en. Das ist skandalös!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch die Anzahl der Minijobs ist dank unserer unbü-
okratischen Regelung


(Lachen bei der CDU/CSU)

anz erheblich gestiegen.


(Franz Romer [CDU/CSU]: Was habt ihr denn hier beschlossen? – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wer hat das denn vorgeschlagen?)







(A) )



(B) )


Klaus Brandner

– Stehen Sie nicht mehr zu diesem Ergebnis?


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist unser Kind!)


– Setzen Sie keine falschen Dinge in die Welt! Wir ha-
ben uns im Vermittlungsausschuss auf ein einfaches Ver-
fahren verständigt. Stehen Sie zumindest dazu, dass das
ein gemeinsames Ergebnis ist!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn es ein gemeinsames Ergebnis ist, dann ist die rot-
grüne Arbeitsmarktpolitik eben nicht gescheitert. Sagen
Sie: Das ist ein Erfolg, zu dem auch wir ein Stück weit
unseren Beitrag geleistet haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510204400

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Niebel?

Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1510204500

Bitte.

Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1510204600

Herr Kollege Brandner, erinnern Sie sich daran, dass

die rot-grüne Bundesregierung und die sie tragenden
Fraktionen im Jahre 1998 die Minijobs abgeschafft ha-
ben, die Sie jetzt als einen der größten Erfolge Ihrer Poli-
tik schildern, und würden Sie mir zustimmen, dass wir
diesen großen Erfolg auch in den dazwischenliegenden
fünf Jahren hätten haben können, wenn Sie nicht ideolo-
gisch gehandelt hätten?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Ich würde jetzt einfach mal ehrlich sein!)



Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1510204700

Erstens hat die rot-grüne Regierung die Minijobs

nicht abgeschafft, sondern sozialpolitisch anders geord-
net.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


Zweitens. Wir wären mit Sicherheit bei den Arbeits-
marktreformen schon erheblich weiter, wenn Sie in der
Vergangenheit nicht so stark blockiert hätten. Wir hätten
die notwendigen Reformen schneller durch das Parla-
ment bringen können. Vor dieser Problematik stehen wir.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Zahl der Existenzgründungen – sie ist ein Beleg
für das, was sich in der Gesellschaft tut – entwickelt sich
positiv. 2003 gab es 12 Prozent mehr Gewerbeanmel-
dungen als im Vorjahr. Die Zahl der Unternehmensneu-
gründungen ist seit 1998 um 39 Prozent gestiegen.

Ein Beleg dafür, dass Sie Ihren Antrag mit flinker
Hand geschrieben haben, ist, dass Sie von skandalösen
Subventionen auf der Grundlage des Programms „Kapi-
tal für Arbeit“ berichten. Es heißt bei Ihnen, ein Arbeits-

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(C (D latz werde mit 73 000 Euro subventioniert. Sie haben as Programm nicht verstanden. Es handelt sich dabei m ein Kreditprogramm. Die Subvention besteht darin, ass der Kredit verbilligt wird. Ein Arbeitsplatz kann öchstens mit 1 460 Euro bezuschusst werden. Durch as Programm sind immerhin 11 500 neue Arbeitsplätze nd 1 100 Ausbildungsplätze entstanden. (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Es sollten doch 500 000 entstehen!)


ie Art, in der Sie diese sinnvollen Elemente, mit deren
ilfe Unternehmen, die nicht über genügend Eigenkapi-
al verfügen, Beschäftigungsaufbau organisieren kön-
en, zerreden, ist ein Skandal.


(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich ganz deutlich sagen: Sie sind darin

eübt, die wirtschaftliche Lage und den Standort ständig
chlechtzureden, es ist aber so, dass die realwirtschaftli-
hen Indikatoren eine positive Tendenz aufweisen. Der
mfang der Exporte hat zugenommen, die Industriepro-
uktion zieht an und gestern erst meldeten die Maschi-
enbauer ein Auftragseingangsplus von 5 Prozent.


(Doris Barnett [SPD]: Hört! Hört!)

s sind auch mehr Auslandsinvestitionen in Deutschland
etätigt worden.
Die Arbeitslosenzahl für den Monat März wird unter

em Vorjahresniveau liegen, und das nach einer langen
tagnationsphase. Wir sind in der Vergangenheit immer
avon ausgegangen, dass wir nach einer Phase ohne
achstum von einer deutlich erhöhten Arbeitslosenbi-

anz ausgehen müssen. Es ist ein Erfolg unserer Arbeits-
arktpolitik, dass die Arbeitslosigkeit real nicht gestie-
en ist.


(Beifall bei der SPD – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Fahren Sie mal Straßenbahn!)


b man es wahrhaben will oder nicht: Die Daten spre-
hen eine deutliche Sprache.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Wie sieht es bei den Beschäftigten aus?)


Ich bin aber davon überzeugt, dass wir in der Sache
iel weiter wären, wenn Sie nicht immer blockiert und
chlechtgeredet hätten. Sie haben das auch jetzt wieder
ei der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und
ozialhilfe angekündigt. Jahrelang haben Sie an diesem
ednerpult gefordert, die Arbeitslosen- und Sozialhilfe
u einer Leistung zusammenzufügen. Sie haben im Zu-
ammenhang mit dem Job-AQTIV-Gesetz gedrängt, in
ie Puschen zu kommen, um es innerhalb von drei Mo-
aten umsetzen zu können. Heute ziehen Sie durch die
ande und reden davon, dass wir noch anderthalb Jahre
rauchen werden,


(Dirk Niebel [FDP]: Weil wir vorher keine Mehrheit haben!)


is wir überhaupt in der Lage sind, die Zusammenlegung
raktisch umzusetzen. Das zeigt, wie widersprüchlich
ie argumentieren. Es geht Ihnen nicht um die Men-
chen in diesem Land, sondern um Ihren politischen Er-






(A) )



(B) )


Klaus Brandner

folg. Das muss an dieser Stelle offen und deutlich gesagt
werden.


(Beifall bei der SPD)

Sie fordern das Voranschreiten der Deregulierung des

Arbeitsrechts. Mit einer Zangenbewegung wollen Sie
normale Arbeitsverhältnisse dadurch unter Druck setzen,
dass Sie den Kündigungsschutz fast völlig aufgeben.
Das zeigt nur, dass die soziale Markwirtschaft nicht
mehr in Ihrer Grundphilosophie enthalten ist. In den
ersten vier Jahren einer Beschäftigung soll es ebenso
wie in Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten
überhaupt keinen Kündigungsschutz mehr geben. Auch
über 50-Jährige sollen überhaupt keinen Kündigungs-
schutz mehr haben.

Dabei haben wir im letzten Jahr im Vermittlungsaus-
schuss ein Ergebnis erzielt, dem Sie zugestimmt haben.
Wie lange halten Ihre programmatischen Vorgaben? Wie
lang ist die Halbwertszeit Ihrer Zusagen? Nicht einmal
drei Monate sind ins Land gegangen und schon werfen
Sie alles über Bord und bezeichnen alles als Quatsch, zu
dem Sie vorher Ja gesagt haben. Mit dieser Wider-
sprüchlichkeit müssen Sie fertig werden. Das ist nicht
unser Problem.

Wir jedenfalls stehen dafür, dass Kündigungsschutz
Sicherheit und Planbarkeit für die Menschen in diesem
Land bedeutet. Wir können uns nicht vorstellen, dass
junge Menschen Familien gründen, wenn sie überhaupt
keine Sicherheit in ihren Arbeitsverhältnissen spüren.
Wenn Sie die Menschen wie Ware, wie Handys oder Au-
tos, behandeln, werden wir keine positive wirtschaftliche
Entwicklung erfahren. Nicht allein der Preis darf zählen.
Marktwirtschaft pur kann nicht unser Programm sein.
Das Soziale in der Marktwirtschaft muss erhalten blei-
ben. Deshalb brauchen wir auch weiterhin einen sozialen
Kündigungsschutz.


(Beifall bei der SPD)

Ganz verrückt ist Ihr Antrag bezüglich der betriebli-

chen Mitbestimmung. Auf der einen Seite sagen Sie,
dass die Anzahl der Betriebsratsmitglieder reduziert
werden muss, dass die Freistellungen reduziert und die
Rechte der Betriebsräte beschnitten werden müssen. Auf
der anderen Seite stellt sich Kollege Laumann hier hin
und sagt: Wir brauchen betriebliche Bündnisse für Ar-
beit, die verantwortlich über Lohnreduzierungen, Ur-
laubsreduzierungen und Jahressonderzahlungsreduzie-
rungen reden, verhandeln und entscheiden können. Die
Drecksarbeit sollen sie also machen, aber ihre Rechts-
stellung wollen Sie drastisch beschneiden, sodass sie
überhaupt nicht dazu in der Lage sind. Das ist die Wahr-
heit und das muss man Ihnen deutlich sagen.


(Beifall bei der SPD – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Die Sicherung von Arbeitsplätzen ist keine Drecksarbeit!)


Genauso deutlich sind die Widersprüche in Ihrer Ar-
beitsmarktpolitik: Sie fordern hier im Parlament, die
Beiträge für die Arbeitslosenversicherung zu senken.
Das ist gut und wir würden das auch gerne tun. Sobald
die Arbeitslosigkeit sinkt, werden wir das auch tun.

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(C (D (Zuruf von der CDU/CSU: Dann seid ihr aber nicht mehr dran!)


ber Sie gehen doppelzüngig über Land. Sie gehen auf der
inen Seite zu den karitativen Einrichtungen wie Kolping
nd Caritas und sagen denen: Ihr leistet tolle Arbeit und
üsst eure betrieblichen Berufsausbildungsergänzungs-
aßnahmen ausdehnen. Auf euch kann man nicht ver-
ichten. Auf der anderen Seite jedoch fordern Sie hier,
ass die Mittel für genau diese Aufgaben gekürzt oder
aktisch ganz gestrichen werden. Sie sagen: Die aktive
rbeitsmarktpolitik ist gescheitert. Es sollen lieber die
eiträge gesenkt werden. Darin zeigt sich Ihre Wider-
prüchlichkeit.
Bei den Arbeitnehmern und Arbeitgebern machen Sie

ich mit Ihrer Forderung nach Beitragssatzsenkungen
eliebt. Den Konsumenten sagen Sie: Wir brauchen
ehr Geld. Den Kommunen sagen Sie: Wir brauchen
ehr Geld für Investitionsmaßnahmen. Wir wollen si-
herstellen, dass mehr Geld zur Verfügung gestellt wird.
en Bürgern sagen Sie: Wir wollen die Steuern senken.
ie versprechen allen alles, wollen zugleich aber hier
en vernünftigen Weg nicht mitgehen, damit die Arbeits-
arktpolitik effizienter wird und die Maßnahmen ge-
tützt werden. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510204800

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

aumann?


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1510204900

Ja, bitte schön.

Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1510205000

Kollege Brandner, Sie haben gerade gesagt, wir wür-

en den Einrichtungen, die sich um die benachteiligten
ugendlichen kümmern, sagen: Dehnt eure Arbeit aus.
leichzeitig würden wir den Arbeitslosenversicherungs-
eitrag senken wollen. Darin sehen Sie einen Wider-
pruch.
Sind Sie denn nicht mit mir der Meinung, dass es gute

nd weniger erfolgreiche Arbeitsmarktinstrumente gibt?
azu, dass wir uns angesichts der derzeitigen Situation
m Arbeitsmarkt um benachteiligte Jugendliche küm-
ern, bestand immer Konsens über die Fraktionsgren-
en hinaus.
Ich bin schon der Meinung – können Sie mir darin

icht Recht geben? –, dass zum Beispiel die Förderung
er PSAs in Höhe von 280 Millionen Euro, dass die För-
erung der Ich-AGs und ABM im Westen Arbeitsmarkt-
nstrumente sind, die teuer, aber nicht erfolgreich sind.
ollten wir uns nicht davon verabschieden, um dann die
rfolgreichen Modelle weiterfahren zu können?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1510205100

Nun, Kollege Laumann, Sie wissen, dass gerade die

ot-grüne Regierung dafür steht, die Effizienz der






(A) )



(B) )


Klaus Brandner

arbeitsmarktpolitischen Instrumente nicht nur zu über-
prüfen,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei der CDU/CSU)


sondern auch dafür zu sorgen, dass sie bezüglich der In-
tegration in den Arbeitsmarkt und auch unter finanziel-
len Gesichtspunkten vorliegt. Von manchen, die nicht ef-
fizient sind, bekommen wir großen Ärger. Diesbezüglich
würden wir gern Ihre Unterstützung in Anspruch neh-
men und sagen: Wer die Leistung hinsichtlich der Inte-
gration in den Arbeitsmarkt nicht bringt, wird nicht mehr
bedacht. Dafür hätten wir gern die Unterstützung von al-
len in diesem Land, auch von der FDP. Das tritt leider
nicht ein. Das ist die eine Erfahrung, die wir machen.

Schauen Sie sich – zum Zweiten – einmal die Daten-
lage in diesem Land an. Die Menschen müssen das wis-
sen. Sie fordern, den Beitragsatz von 6,5 auf 5,5 Prozent
zu senken. Das bedeutet einen Einnahmeverlust von
12 Milliarden Euro. Für die aktive Arbeitsmarktpolitik
werden etwa 20 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.
Dann blieben nur noch 8 Milliarden Euro übrig. Für die
aktive Arbeitsmarktpolitik stünden damit praktisch keine
Mittel mehr zur Verfügung. Man muss Ihnen ganz dras-
tisch sagen, was Sie mit Ihrem Antrag auslösen.


(Abg. Karl-Josef Laumann [CDU/CSU] nimmt wieder Platz)


– Moment, meine Antwort auf Ihre Frage ist noch nicht
zu Ende.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Das ist zu Ende!)


– Nein, nein. Die Uhr läuft ohnehin die ganze Zeit wei-
ter, Frau Präsidentin.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510205200

Ich habe die Uhr vorhin nicht gestoppt. Deswegen

muss ich sie weiterlaufen lassen. Ich glaube aber, die
Frage ist ausführlich beantwortet.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1510205300

Lassen Sie mich ein klares Argument zu dem anfüh-

ren, was Sie ansonsten vorgetragen haben. Der nieder-
sächsische Ministerpräsident zum Beispiel sagt, dass er
für die aktiven Integrationsmaßnahmen für Langzeit-
arbeitslose dreieinhalb Milliarden Euro mehr haben
möchte. Der Bund will für die ganze Bundesrepublik
Deutschland sechs Milliarden Euro zur Verfügung stel-
len. Sie müssen sich einmal vorstellen, wie widersprüch-
lich diese Situation ist: Sie fordern unendlich hohe Sum-
men für die kommunale Ebene, aber hier im Parlament
sagen Sie im Grunde genommen, dass diese Arbeits-
marktpolitik Quatsch ist, dass sie gescheitert ist und dass
wir diese Maßnahmen überhaupt nicht brauchen. Diese
Widersprüchlichkeit lassen wir Ihnen nicht einfach
durchgehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich

noch etwas zum Stichwort Teilzeitarbeit sagen. Auch

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(C (D as ist bei Ihnen ein beliebtes Thema. Die Teilzeitquote st in den letzten fünf Jahren von 22,5 auf 27,3 Prozent estiegen. Das zeigt, welche Bedarfe und Wünsche voranden waren. Das zeigt aber auch, dass durch Teilzeit in Stück weit die Arbeitslosigkeit bekämpft werden ann. Das zeigt auch, dass Teilzeitansprüche gesellchaftliche Ansprüche beinhalten können, nämlich die artnerschaftliche Arbeit im Betrieb zu ermöglichen. as steht im krassen Widerspruch zu Ihrer Politik der auschalen Arbeitszeitverlängerung, die im Ergebnis ichts anderes als Lohndrückerei und höhere Arbeitsloigkeit bringen würde. Dafür gibt es politisch keinen aum. Wir setzen auf Differenzierung und Flexibilität. Sie ind in der Arbeitszeitpolitik notwendiger denn je. Alle aßnahmen in dieser Richtung unterstützen wir. Aber hr pauschaler Ansatz, einfach die Arbeitszeit generell uf 42 Stunden zu verlängern, ist ein Programm gegen ie Beschäftigten und für höhere Arbeitslosigkeit. Das assen wir Ihnen nicht durchgehen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren, mit Ihrem Antrag haben
ie sich hinsichtlich der Einseitigkeit geoutet, mit der
ie die sozialen Rechte auf dem Rücken insbesondere
er Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abbauen wol-
en. Wir fragen uns: Wo bleiben Ihre Forderungen an
ie Manager, ihre Gehaltsstrukturen zu überprüfen? Wo
chauen Sie, inwiefern gerade die Klientel, für die Sie
ich sonst ins Zeug werfen, noch leistungsgerecht Ge-
altsforderungen in Millionenhöhe erheben kann?


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das hat doch sicher Gerhard Schröder in Dresden gesagt!)


Wie Sie wissen, lautet unser Programm „Fördern und
ordern“. Sie fordern nur von den Arbeitnehmern. Das
elegt Ihr Antrag, in dem Sie das deutlich machen. Ihnen
ehlt das Augenmaß. Wir sind Ihnen für Ihren Antrag in-
ofern dankbar, als er Ihre politische Richtung zeigt. Un-
ere Grundstrategie bleibt eine Politik, die auf Angebot
nd Nachfrage reagiert und die Arbeitnehmer- und Ar-
eitgeberinteressen berücksichtigt. Ihr Antrag hat in sei-
em Kern nur die Interessen der Bundesvereinigung der
eutschen Arbeitgeberverbände zum Inhalt. Wir wissen,
ass wir mit Hartz begonnen haben, einen erfolgreichen
eform- und Umstrukturierungsprozess einzuleiten, der
uch an harten Zahlen sichtbar wird,


(Zuruf von der CDU/CSU: Die Arbeitslosen werden immer mehr! – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Hartz ist ein bisschen verharzt!)


it dem neue Beschäftigung erschlossen wird, mit dem
ie Qualität und auch die Geschwindigkeit der Vermitt-
ung verbessert wird und der die Neuausrichtung der ak-
iven Arbeitsförderung sicherstellt. Wir bauen darauf,
ass die Tarifvertragsparteien diesen Prozess unterstüt-
en.






(A) )



(B) )


Klaus Brandner

Deshalb geht auch von dieser Stelle ein aktives und

deutliches Zeichen für den Erhalt der Tarifautonomie
aus. Die Tarifvertragsparteien in Deutschland haben ge-
rade erst wieder bewiesen, dass sie in der Lage sind, auf
neue Herausforderungen flexibel zu reagieren. Ihr An-
satz, den Tarifvertragsparteien – im Kern meinen Sie ja:
den Gewerkschaften – den Boden unter den Füßen zu
entziehen und damit einseitig die Arbeitnehmerseite zu
schwächen, ist eine Angelegenheit, die wir nicht hinneh-
men werden.


(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir werden deutlich sa-

gen: Wir sind für gleichgewichtige Partner. Beide Part-
ner werden mit unserer Unterstützung – je gemeinsamer,
desto besser – dafür sorgen, dass sie auch neue Heraus-
forderungen aufgreifen, zum Beispiel die Frage der Aus-
bildungsplätze. Das wäre doch ein Thema, bei dem Be-
darfe bestehen. Wir könnten sie ermuntern, dieses
Thema zu behandeln. Das ist eine Wertefrage, die sie ge-
meinsam aufgreifen könnten, was auch uns mit Sicher-
heit ermöglichen würde, von mancher komplizierten Re-
gelung eher Abstand zu nehmen.

Aber wir müssen doch Fragen, die sich in diesem
Land stellen, auch sachgerecht beantworten. Deshalb
sollten Sie nicht einseitig die Gewerkschaften und die
Arbeitnehmer als Sündenböcke für die Problemlagen in
dieser Gesellschaft darstellen. Wir bauen auf eine gute
Zusammenarbeit. Insofern sind wir mit unserem Pro-
gramm „Fördern und fordern“ auf einem richtigen Weg.
Ich denke, das haben unsere Erfolge deutlich gemacht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510205400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rainer Brüderle.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abteilung Gift und Galle!)



Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1510205500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir de-

battieren über das Wachstumsprogramm der Union. Sie,
Herr Brandner, haben nur draufgehauen. Ich hätte mir in
dem Wachstumsprogramm der Union mehr Konkretes
zum Aufbrechen des Tarifkartells gewünscht, auch zur
Steuerpolitik manches Konkretere, aber die Richtung
stimmt.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Aha!)

Grundsätzlich hat Herr Laumann völlig Recht: Wir

müssen uns mit den Ursachen beschäftigen, warum wir
heute – am Vorabend der Erweiterung der Europäischen
Union um zehn neue Mitgliedsländer – in der Situation
sind, dass Deutschland, das früher das reichste Land der
Europäischen Union war, unter dem Durchschnitt liegt,
dass die leichte Belebung der Konjunktur schon wieder
gefährdet ist: Der Ifo-Index geht zum zweiten Mal he-
runter; Herr Eichel spricht von der Wachstumsbremse
des Konsums, von der Achillesferse. Auch die Beurtei-
lung draußen ist nicht positiv.

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(C (D Wir werden mit der Erweiterung der Union Niedrigteuergebiete in unserem Gemeinsamen Markt haben. ie baltischen Staaten oder auch Slowenien haben Flatax-Einheitssteuersätze: Existenzminimum frei, maxiale Besteuerung unter 20 Prozent. Relativ bald wird es gal sein, wo sich der Hauptsitz eines Unternehmens beindet, in Essen oder in Riga. Der Unterschied wird nur ein: In Riga zahlen sie unter 20 Prozent, in Essen 0 Prozent Steuern. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das wird Konsequenzen haben. Schon jetzt beobach-
en wir eine Abwanderung von Talenten, von Wissen-
chaftlern, von Unternehmen, von Investitionen aus
eutschland. Diese Neuorientierung in Europa wird sich
erstärken. Wir müssen uns deshalb grundsätzlich damit
eschäftigen, was wir falsch machen, und zwar über
iele Jahre. Die Obergrenze des Wachstumspotenzials
er deutschen Wirtschaft liegt seit Jahren bei 1 bis
,5 Prozent. Das ist zu wenig. Für einen Beschäftigungs-
uwachs brauchen wir gegen 2 Prozent reales Wachstum.
Die Weichen sind nicht gestellt. Was ist die Antwort

uf die Niedrigsteuergebiete in der Europäischen Union?
ie muss doch sein, dass wir auch bei uns Anpassungen
ornehmen, drastisch vereinfachen, andere Strukturen
ntwickeln. Nur ein bisschen Reparatur wird nicht hel-
en. In ganzen Bereichen werden wir einen Systemwech-
el brauchen.
Weshalb gelingt es der Regierung nicht, die Men-

chen im Land bei den Veränderungen mitzunehmen?
as hat zwei Ursachen. Zum Ersten, weil sie ständig
ickzack macht: Da wird etwas angepackt, dann verän-
ert; keiner kann sich orientieren, die Verunsicherung
st groß. Zum Zweiten setzt sie auf eine insgesamt schon
ehr hohe Regulierungsdichte weitere Regelungen drauf.
ie Bürger stehen vor einer babylonischen Wand. Sie
erstehen die Strukturen nicht mehr, sie können nicht
ehr Teil des Systems sein, sie können nicht mehr mit-
ntscheiden und es nicht mehr bewerten, weil das Sys-
em so kompliziert geworden ist, dass keiner mehr mit-
ommt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im Grunde brauchen wir eine Redemokratisierung
urch wieder überschaubare Strukturen, die den Bürgern
öglichkeiten zur Partizipation, zur Mitwirkung, zur
itentscheidung einräumen. So, wie wir die Strukturen
die sozialen Sicherungssysteme, das Steuersystem –
estaltet haben, kommen die Bürger nicht mehr mit; des-
alb sind sie nicht dabei. So meinen heute zwischen
0 und 70 Prozent der Bevölkerung: Alle Parteien sind
ist, sie sind nicht in der Lage, die Probleme zu lösen.
ie innere Zustimmung der Bürger zum parlamentari-
chen System schwindet insgesamt.
Deswegen müssen wir die Grundachsen der Politik

ndern. Die Ordnungspolitik verfällt in diesem Land.
icht nur der legendäre Holzmann-Interventionismus, es
eht ja weiter: Das Postmonopol wurde verlängert. Im
elekommunikationsgesetz wird – das hat noch keine






(A) )



(B) )


Rainer Brüderle

Regierung Deutschlands gewagt – ein Weisungsrecht
des Ministers in Wettbewerbsfragen gegenüber der Re-
gulierungsbehörde festgelegt. Eine neue Dimension!
Oder im Pressefusionsrecht: Verbietet das Kartellrecht
eine Fusion, führt man einen Sonderstatus ein. Was ma-
chen wir denn, wenn morgen etwa die Banken in weitere
Schwierigkeiten geraten? Etwa ein eigenes Bankenfu-
sionsrecht, ein Sonderrecht für Banken? Nein, die Kar-
tellordnung, das Wettbewerbsrecht ist die Magna Charta,
die Grundlage der sozialen Marktwirtschaft.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dort wird permanent interveniert, fehlgesteuert. Und
dann wundert man sich, wenn die Ergebnisse schlecht
ausfallen.

Eon, Ruhrgas, 85 Prozent Marktanteil. Als Belohnung
bekommt der Wirtschaftsminister dann noch den Vor-
standsvorsitz bei der Ruhrkohle AG. Welche Einstellun-
gen und Verhaltensweisen sind das! Wie will man dann
noch dem Pförtner, der abends Papier für sein Faxgerät
mit nach Hause nimmt, eine Abmahnung schicken, wenn
sich Führungspersonen in Politik und Gesellschaft, auch
wenn es rechtlich nicht angreifbar ist, so verhalten, wie
Herr Müller sich verhält?


(Beifall bei der FDP)

Das sind die Ursachen einer Fehlentwicklung und

Fehlsteuerung, die in vielen Bereichen zu falschen Er-
gebnissen führen. Wenn wir keine Rückbesinnung auf
mehr Charakter in der Grundausrichtung der Wirt-
schaftspolitik erreichen, werden wir es nicht schaffen.

Ich nehme als Beispiel den Arbeitsmarkt. Weshalb
dürfen die betroffenen Mitarbeiter im Betrieb – in gehei-
mer Abstimmung mit einer Mehrheit von 75 Prozent;
das ist mehr als eine verfassungsändernde Mehrheit –
keine eigenen Regelungen treffen, wenn sie es wollen?
Es geht um ihren Job und um ihre Lebensperspektive.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich will Mitbestimmung für die Mitarbeiter und weniger
Mitbestimmung für Funktionäre, die vielfach nicht wis-
sen, wie die Situation vor Ort ist.

Dies betrifft übrigens beide Seiten. Es gibt auch bei
Arbeitgeberverbänden viele, die nicht in modernen
Strukturen angekommen sind. Aber Sie haben auch
nicht den Mut, bei der Bundesagentur für Arbeit das
Kartell aufzubrechen. Wer sitzt denn dort im Verwal-
tungsrat? Es sind doch dieselben wie vorher: zu einem
Drittel die Arbeitgeberverbände, zu einem Drittel die
Gewerkschaften und zu einem Drittel der Staat. Wenn
Sie diejenigen, die bewiesen haben, dass sie mit der Fle-
xibilisierung nicht umgehen können, zu Reformatoren
ernennen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn wir
nichts hinbekommen.


(Beifall bei der FDP)

Die Strukturen aufzubrechen heißt, Chancen und

Freiheiten zu geben, das Richtige zu entscheiden. Wir
sind in Deutschland nicht blöder und auch nicht fauler
als früher. Wir haben es nur nicht geschafft, die Struktu-

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(C (D en so zu ändern, dass die Tüchtigen und Anständigen m Lande mit Fleiß und Engagement auch erfolgreich ein können. Vielmehr wird auf Beziehungen gesetzt, ie es früher der Fall war, als die Pompadour die Kakaousschankrechte von Ludwig XIV. bekam. Ein großer onzern, der im Ministerium oder in der Politik jemanen kennt, bekommt Unterstützung; wenn ein Mitteltändler oder Handwerker kaputtgeht, interessiert es keien Menschen. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Schwachsinn!)


Diese Schieflage wirkt sich jenseits des einzelnen Un-
ernehmens auf das Klima im Lande aus. Viele haben
as Gefühl, dass dies nicht fair, nicht anständig ist. Dies
st auch ein Grund dafür, dass sich viele innerlich abmel-
en. Es findet nicht nur eine objektive Auswanderung
on Talenten, Forschern, Begabung und Kapital statt,
ondern auch eine innere Auswanderung. Es fehlt die
oralisch-ethische Grundlage eines solchen Systems:
reiheit und Verantwortung. Wir müssen mehr Freihei-
en geben und dann Verantwortung einfordern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir haben sie über Jahre reduziert. Ich will gar keine
inseitige Zurechnung vornehmen. Das Ergebnis ist
ber, dass Deutschland heute als der kranke Mann Euro-
as gilt.


(Zuruf der Abg. Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD])


Es ist doch so, Frau Kollegin! Wenn ein Land, das die
ummer eins war, heute unter dem Durchschnitt der
uropäischen Union angekommen ist, dann müssen wir
och etwas falsch gemacht haben. Wir haben in Wahr-
eit doch 6 Millionen Arbeitslose. Es sind nicht nur die
,5 Millionen, die in der Statistik auftauchen. 1,5 Millio-
en Menschen sind in Ersatzmaßnahmen wie ABM; sie
ind faktisch geparkt und hängen am Tropf von Sozial-
ransfers, haben aber keine durch Marktmechanismen
esicherte Arbeitsplätze. Es muss doch bei uns etwas
alsch sein, wenn die Arbeitslosigkeit in Großbritannien
alb so hoch und in den Niederlanden und in Schweden
eniger als halb so hoch wie in Deutschland ist. Dies
eigt doch, dass die Menschen dort besser als wir gehan-
elt haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Hier werden aber diejenigen, die auf Schwachstellen

inweisen und sagen, dass bei uns die Grundachsen
icht stimmen und sich hier etwas ändern muss, jetzt als
npatriotisch und als vaterlandslose Gesellen be-
chimpft. Wenn diese unsinnige Debatte überhaupt einen
inn hat, dann muss es doch der sein, dass derjenige ein
atriot ist, der den Mut hat, Veränderungen vorzuneh-
en. Die Menschen draußen im Lande wissen, dass es
hne Veränderungen nicht weitergeht, dass wir Verände-
ungen vornehmen müssen. Es genügt nicht, ein biss-
hen zu ändern oder zaghaft nachzusteuern. Das Unso-
ialste ist, keinen Arbeitsplatz und keine Chance auf
inen Wiedereinstieg in die Gesellschaft zu haben, weil






(A) )



(B) )


Rainer Brüderle

wir nicht den Mut haben, die Dinge in Ordnung zu brin-
gen.

Sie brauchen mir das alles gar nicht zu glauben; das
können Sie in jedem Gutachten des Sachverständigen-
rats, in den Monatsberichten der Bundesbank sowie in
den Veröffentlichungen der OECD und des Währungs-
fonds nachlesen. Die Europäische Kommission mahnt
Deutschland, endlich die Dinge zu verändern. Wenn wir
in Deutschland nicht die Kraft haben, im Rahmen unse-
res parlamentarischen Systems die Veränderungen vor-
zunehmen – die Menetekel können Sie in Italien und
Frankreich in vielen Bereichen sehen –, werden sich die
Probleme andere Lösungswege, vorbei an heute beste-
henden Strukturen, suchen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510205600

Herr Kollege, achten Sie bitte auf Ihre Redezeit.

Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1510205700

Frau Präsidentin, mein letzter Satz: Es ist unsere pa-

triotische Pflicht, Veränderungen vorzunehmen. Deshalb
sollten wir hier eine Debatte darüber führen, wie wir
wieder Wachstum und Beschäftigung schaffen, und
keine Punkt-, Komma- und Strichdiskussion. Denn das
schreckt die Menschen in Deutschland noch mehr von
unserer Politik ab.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510205800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Fritz Kuhn.

Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510205900

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Herr Brüderle, natürlich muss man, wenn
man die Arbeitslosigkeit bekämpfen will, viel verändern.
Das ist doch logisch. Man muss Reformen in allen Be-
reichen der Wirtschaft durchführen, auch auf dem Ar-
beitsmarkt.

Ich bin aber sehr darüber erstaunt, was hier abläuft.
Wir stecken mit der Umsetzung des Gesamtpakets der
Hartz-Reformen gerade mitten in einer der größten Re-
formen des deutschen Arbeitsmarktes. Damit sind wir
noch nicht fertig.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Hartz IV – dazu werde ich später noch etwas sagen – ist
noch nicht umgesetzt


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das ist doch gescheitert! – Dr. Hermann Kues [CDU/ CSU]: Das reicht schon so!)


und Sie verkünden wortreich, so wie eben Herr
Laumann, das Ganze sei gescheitert und werde nichts
bringen.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: So ist es!)

Dabei stehen wir gerade am Beginn der entscheidenden
Arbeitsmarktreform. Die ausländischen Medien dagegen

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(C (D erichten, Deutschland fange endlich an, seinen Arbeitsarkt zu reformieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Herr Laumann, Sie müssen sich gefallen lassen, dass
an Ihnen folgende Frage stellt: Hunderttausende Men-
chen haben eine Ich-AG gegründet, weil sie der Auf-
orderung, die in den letzten Jahren verbreitet worden
st, geglaubt haben, deren Tenor hieß: Werdet selbststän-
ig und nehmt euer Schicksal in die eigene Hand. Was
ollen diese Menschen nun denken, wenn Sie, Herr
aumann, hier fröhlich erklären, die Ich-AGs seien
chwindel, es gebe keinen Markt für die neuen Dienst-
eistungen, die von ihnen aufgrund sehr unbürokrati-
cher Unterstützung angeboten werden?
Mir drängt sich der Verdacht auf, dass Sie zynisch mit

en Reformen umgehen.

(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Ja, ja!)


ie haben offenkundig ein Interesse daran – das werde
ch Ihnen im Einzelnen belegen –, dass alles, auch der
mbau der Bundesagentur für Arbeit, schlechtgeredet
ird. Denn Sie glauben – das ist Ihr Kalkül –, dass es,
enn vor Ort in den Arbeitsämtern Chaos herrscht, für
ie Bundesregierung schlecht und demnach für die Op-
osition gut ist. Mit dieser Methode nehmen Sie, Herr
aumann, den einzelnen Arbeitslosen in Geiselhaft einer
illigen Oppositionspolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Unerhört!)


Ich nenne Ihnen hierfür einige Beispiele. Erstens. Es
st doch klar, dass die PSAs, die Personal-Service-
genturen, in Zeiten einer massiven Konjunkturkrise
icht optimal funktionieren können. Das Instrument der
SAs ist dann geeignet, wenn die Konjunktur wieder an-
ieht, weil man dann Menschen in Leiharbeitsfirmen
ermitteln kann; das ist doch logisch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ieses Instrument ist kein Instrument für die Konjunk-
urkrise. Wir brauchen es trotzdem.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Dann brauchen wir eine neue Regierung!)


Ein zweites Beispiel. Alle Welt weiß, dass in
eutschland zwischen Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe
ufgrund der Finanzierung aus den Gemeindehaushalten
nd aus dem Bundeshaushalt seit Jahren – von Ihrer Re-
ierung damals gewollt – ein Verschiebebahnhof be-
teht. Die Gemeinden haben ein Interesse daran, dass die
ozialhilfeempfänger Arbeitslosengeld und später Ar-
eitslosenhilfe beziehen können. Der Bund hat das ent-
egengesetzte Interesse.
Nun gehen wir hin – viele von Ihnen fordern diese
eform seit Jahren – und legen Sozialhilfe und Arbeits-
osenhilfe zusammen,


(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Das wollen wir auch!)







(A) )


)

Fritz Kuhn

damit die Menschen schneller und leichter vermittelt
werden können und damit wir Bürokratie sparen. Wenn
Sie nun aber wie in dieser Woche blockieren, dass die
Arbeitslosenhilfe mit der Sozialhilfe zusammengelegt
werden kann, dann ist das nichts anderes als destruktive
Politik


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist doch Unsinn! Das wissen Sie!)


hinsichtlich eines zentralen Reformprojekts, das wir in
Deutschland brauchen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Herr Kauder, ich will Ihnen das im Detail darlegen.
Herr Koch ist der Meinung, die Gemeinden sollten das
in Zukunft machen, obwohl das außer dem Landkreistag
kaum eine Gemeinde wirklich will. Denn die Gemein-
den wissen, dass ihre Kompetenzen bei der Schuldnerbe-
ratung, bei der Drogenberatung


(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Die Landkreise machen das!)


und bei solchen Dingen liegen und nicht bei der Arbeits-
marktvermittlung. Diese Kompetenz hat die Arbeitsver-
waltung.


(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! Das Gegenteil ist der Fall!)


Dann hat man sich auf ein Optionsmodell geeinigt. Aber
plötzlich fordern Sie nach den Beratungen im Vermitt-
lungsausschuss eine Verfassungsänderung. Bringen Sie
einmal in die Föderalismuskommission ein, dass Sie für
diesen Einzelfall eine Verfassungsänderung durchführen
wollen, sodass die Gelder vom Bund über die Länder zu
den Gemeinden fließen; so lautete Kochs Konzept. Da-
bei weiß doch jeder Landespolitiker, dass die klebrigen
Finger der Länder einen Teil dieser Gelder abgreifen
werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Erklären Sie das einmal Ihren schwarzen Ministerpräsi-
denten! Jeder hier weiß doch, dass alle, auch die Union,
diese Verfassungsänderung nicht wollen.


(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Polemik pur!)


Der Wirtschaftsminister hat einen Vorschlag gemacht:
Durch die Organleihe soll bei dieser Aufgabe die Zu-
sammenarbeit zwischen den Gemeinden und der Bun-
desagentur für Arbeit möglich werden. Wir alle wollen
doch, dass die Gemeinden diese Aufgabe mit wahrneh-
men. Sie sagen trotzdem, dass Sie die Verfassungsände-
rung wollen, obwohl die Union in den Ländern dagegen
ist. Das ist destruktive Politik. Sie wollen die Reform
nicht, stattdessen wollen Sie Chaos in den Arbeitsämtern
im nächsten Jahr. Diesen Vorwurf kann ich Ihnen an die-
ser Stelle einfach nicht ersparen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Herr Laumann hat bestimmte Punkte des Antrags, den ie heute vorlegen, sicherheitshalber gar nicht erst angeprochen. (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Ich hatte keine Zeit mehr!)


Ja, Sie haben Ihre Zeit gut eingeteilt; das können Sie. –

(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Kollege Arentz wollte doch gar nicht, dass Herr Laumann redet!)


hr Antrag beinhaltet eine Inkonsequenz nach der ande-
en.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Wo denn?)

ch will Ihnen das einmal an einem Beispiel vor Augen
ühren. Wir haben die größte Steuerreform durchge-
ührt, die es in der Geschichte der Bundesrepublik je-
als gegeben hat. Ich will Ihnen das noch einmal in Er-
nerung rufen: 1998 betrug der Eingangssteuersatz
5,9 Prozent und der Spitzensteuersatz betrug 53 Pro-
ent. 2005 wird der Eingangssteuersatz 15 Prozent und
er Spitzensteuersatz 42 Prozent betragen.
Die größte Steuerreform aller Zeiten

(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Ist 1997 blockiert worden! – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das hätten wir schon seit 1998 haben können!)


aben wir durchgeführt. Sie haben sie bekämpft, solange
s ging.
Jetzt haben Sie fröhlich in Ihren Antrag geschrieben,

ass die Steuern viel zu hoch sind und sinken müssen. In
iesem Zusammenhang kommen Sie auf Ihre 12 und
6 Prozent.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: So ist es!)

Selbst wenn man zu Ihren Gunsten rechnet, haben Sie

afür eine Deckungslücke von 10 Milliarden Euro; diese
eben Sie zu. In der Krankenversicherung wollen Sie
ine Kopfprämie einführen. Die selbst erklärte De-
kungslücke beträgt dort 20 Milliarden Euro. Ihrem
röhlichen Wachstums- und Belebungskonzept für die
eutsche Wirtschaft fehlen nüchtern gerechnet also
0 Milliarden Euro.
Daneben schreiben Sie in Ihrem Antrag fröhlich, dass
ehr für Forschung und Bildung ausgegeben werden
uss. Entsprechend der Lissabon-Ziele sollen wir das
,0-Ziel im Forschungsbereich verwirklichen. Das
ürde uns Jahr für Jahr 600 Millionen Euro zusätzlich
osten. Für das, was Sie hier zusätzlich fordern, haben
ie keinerlei Finanzdeckung, sondern ein Deckungsdefi-
it von insgesamt 30 Milliarden Euro. Trotzdem wollen
ie der staunenden Öffentlichkeit erklären, dass die von
hnen präsentierte Milchmädchenrechnung in irgend-
iner Weise ein Wachstumskonzept sein soll. Herr
aumann, ich kann Ihnen nur sagen: Wer so schlecht
echnet


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Er kann gut rechnen!)


(B)







(A) )



(B) )


Fritz Kuhn

und derart auf Desinformation und Chaos wie Sie setzt,
der sollte nicht den Anspruch stellen, die Kompetenz da-
für zu haben, die Arbeitslosigkeit in Deutschland ernst-
haft bekämpfen zu können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich komme nun zum Subventionsabbau. Sie schrei-
ben fröhlich – wie es Ihre Art ist –, dass Sie Subventio-
nen abbauen wollen. Es liegen konkrete Vorschläge der
Regierung für den Subventionsabbau auf dem Tisch.
Bundeskanzler Schröder hat in seiner Regierungserklä-
rung jüngst die Abschaffung der Eigenheimzulage ange-
sprochen. Die dadurch frei werdenden Mittel sollen für
die Bildung in den Gemeinden, Ländern und im Bund
verwendet werden. Dazu habe ich von der CDU/CSU,
die den vorliegenden Antrag gestellt hat, noch kein ein-
ziges konstruktives Wort gehört.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Das ist doch Unsinn! Das ist eine Steuererhöhung!)


Sie reden von mehr Bildung. Wenn es aber um die Fi-
nanzierung geht, dann ducken Sie sich weg. Herr Kauder
geht dann auf die Toilette und schaut, dass er sich ver-
drückt. So einfach ist das Spiel, das Sie hier veranstalten,
Herr Kauder.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Reinhard Grindel [CDU/ CSU]: Sie haben keine Ahnung! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Deswegen sage ich Ihnen: Wenn Sie in Deutschland
politisch etwas werden wollen, dann müssen Sie in den
nächsten Jahren Vorschläge für die Finanzierung dessen,
worüber sie reden, machen. Ansonsten bleibt es bloßes
Gerede und nichts anderes.

Herr Laumann, Sie haben einige Vorschläge gemacht,
auf die ich eingehen will.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Gut!)

Selbstverständlich können wir darüber reden, welche
Anfragen an die Statistischen Bundes- und Landesämter
wirklich notwendig sind. Reden wir dann aber auch ehr-
lich darüber!


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Ja!)

Sie wissen, dass die Wirtschafts- und die Handwerksver-
bände von der Bundesregierung und den Landesregie-
rungen sehr viel von dem, was dort abgefragt wird und
was den Mittelständler am Sonntagvormittag tatsächlich
belastet – da haben Sie völlig Recht –, wissen wollen.
Das heißt, man muss sich wirklich an einen Tisch setzen
und Commitments bezüglich dieser Frage einholen.
Dann ist aber auch Schluss damit, dass die Opposition
mit ihren Anträgen jeden Punkt und jedes Komma von
der Regierung erklärt haben will.

Sie kennen doch das Geschäft. Viele Daten, die statis-
tisch erhoben werden, werden deshalb erhoben, weil
Verbände und auch das Parlament insgesamt bzw. die
Opposition diese Zahlen abfragen. Wenn wir die Ant-

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(C (D ort nicht geben können, wird das hier skandalisiert. as ist ein Punkt. (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Wenn man die Antwort nicht geben kann, kann man sie nicht geben!)


Auch bei der Arbeitsstättenverordnung können wir je-
erzeit über die Frage reden, was notwendig ist und was
icht. Ich selber kenne aus Diskussionen mit Unterneh-
ern eine Reihe von Punkten, die nicht plausibel sind
nd die Überregulierung zum Ausdruck bringen.
Wenn Sie den Masterplan von Herrn Clement kon-

truktiv begleiten würden – Sie machen ihn nur
chlecht –,


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wo ist er denn?)


enn Sie konkrete Vorschläge einbringen oder ein Vier-
der Achtaugengespräch darüber führen würden, was
öglich ist und was nicht, dann könnten Sie vieles von
em erreichen, was Sie angesprochen haben. So weit
ind wir nämlich gar nicht auseinander.
Ich komme zu einem anderen Punkt in Ihrem Antrag,

ei dem man ganz einfach sagen muss: Sie haben ein an-
eres Konzept der sozialen Marktwirtschaft als wir. In
hrem Antrag fordern Sie, dass der Kündigungsschutz
rst bei Betrieben mit 20 Personen gelten und in den ers-
en vier Jahren der Beschäftigung keine Anwendung fin-
en soll. Da 7 Millionen Menschen in Deutschland Jahr
ür Jahr den Job wechseln, bedeutet Ihr Vorschlag prak-
isch, dass die große Mehrheit der Beschäftigten in
eutschland nicht mehr unter die Kündigungsschutzge-
etzgebung fallen soll. Das halten wir für falsch. Man
uss es ganz klar sagen: Sie wollen für die Mehrzahl der
eschäftigten in Deutschland keinen Kündigungsschutz.
ir hingegen wollen ihn für die Mehrzahl der Beschäf-

igten in Deutschland, weil der Schutz vor Kündigung
in elementares Recht der sozialen Marktwirtschaft ist.
as ist ein wichtiger Punkt. Da haben Sie sich in Ihrem
ntrag vielleicht verrannt. Darüber sollten Sie meines
rachtens noch einmal in Ruhe nachdenken.
Ich will zum Abschluss einen anderen wichtigen

unkt zu Ihrem Vorgehen ansprechen. Sie setzen darauf,
ass die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und
ozialhilfe nicht, wie vorgesehen, zum 1. Januar 2005
ingeführt wird. Übrigens wird dieser Vorschlag von der
undesagentur für Arbeit mit ihrer Selbstverwaltung,
ie auch Sie wollen, selbst sabotiert. Die Kollegen vom
irtschaftsausschuss saßen in Essen mit den entspre-
henden Kollegen zusammen und haben darüber disku-
iert, was geht und was nicht. Kaum waren sie aus der
ür, hat der Vertreter der Arbeitgeberverbände, Herr
lever, öffentlich erklärt, dass der Termin verschoben
erden muss, weil er nicht einzuhalten ist. In der Sit-
ung aber hat er das Maul nicht aufgemacht, obwohl er
it am Tisch saß. Daran können Sie sehen, welches
oppelspiel an dieser Stelle gespielt wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )


Fritz Kuhn

Ich sage Ihnen: Wir werden Ihnen nicht durchgehen

lassen, dass Sie das taktische Oppositionsspiel einer Ver-
elendungsstrategie der Bundesrepublik Deutschland zu-
lasten der Arbeitslosen spielen und dadurch die Arbeits-
losen, die hoffen, schnell vermittelt zu werden, an den
Rand drücken. Diese Taktik wird nicht aufgehen. Da
können Sie noch so laut schreien und triumphieren, wie
Sie es gerade getan haben.

Wir werden es in der Auseinandersetzung der nächs-
ten zweieinhalb Jahre schaffen, deutlich zu machen, dass
diese Opposition bislang keinerlei Konzepte vorgelegt
hat, wie wir in Deutschland zu mehr Wachstum und Be-
schäftigung kommen werden. Vielmehr chaotisieren und
destabilisieren Sie systematisch auf hohem Niveau. Wir
werden das offen legen. Am Schluss werden wir sehen,
wer Recht bekommt.

Ich danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510206000

Zwei Kollegen haben eine Kurzintervention angemel-

det: der Kollege Niebel und der Kollege Kauder. Herr
Kuhn, Sie können danach auf beide zusammen antwor-
ten.

Bitte sehr, Herr Niebel.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1510206100

Sehr verehrter Herr Kollege Kuhn, Sie können am

Pult noch so sehr schreien, aber das ändert nichts daran,
dass Sie das Haus anzünden und dann rufen: Haltet den
Brandstifter! Nicht die Opposition ist für die schlechte
Situation am Arbeitsmarkt und das Stocken von Refor-
men verantwortlich, sondern die die Regierung tragen-
den Fraktionen von Rot und Grün.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie regieren seit fünf Jahren. Auch vorherige Regierun-
gen haben Fehler gemacht. Wer aber fünf Jahre lang das
Steuer in der Hand hat und ständig nur in den Rückspie-
gel schaut, muss den Wagen gegen die Wand fahren; das
ist ganz klar.

Sie haben die Zusammenlegung von Arbeitslosen-
und Sozialhilfe angesprochen. Nun waren Sie im Ver-
mittlungsverfahren Ende letzten Jahres nicht dabei. Des-
wegen wissen Sie wahrscheinlich nicht, dass wir verein-
bart und im Bundestag und im Bundesrat über alle
Fraktionsgrenzen hinweg auch beschlossen haben, den
Kommunen eine faire und gleichberechtigte Options-
chance einzuräumen. Das Gesetz aber, das Sie morgen
einbringen werden, hat entgegen dem überfraktionellen
Beschluss des Bundestages und des Bundesrates einen
anderen Zweck.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie werden einen Gesetzentwurf zur Zusammenlegung
von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe vorlegen, der in

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(C (D er Konsequenz zum Chaos in der Bundesagentur für rbeit führen wird. Das ist die Konsequenz Ihrer Politik nd resultiert nicht daraus, dass die Opposition den ommunen eine faire Mitwirkungsmöglichkeit geben ollte. Sie werden morgen die Organleihe vorschlagen. Das eißt, dass die kommunalen Träger der Sozialhilfe, die iese Aufgabe übernehmen, als Organ der Bundesagenur für Arbeit handeln, also auch ihren Weisungen unteriegen. Kein kommunalpolitischer Entscheidungsträger it einem bisschen Hirn im Kopf wird so etwas tun. ie wissen aus der Medizin, dass Organleihe nicht funkionieren kann. Das ist bei der Bundesagentur für Arbeit enauso. Das Ergebnis wird sein: Wenn wir hinterher kein Op ionsgesetz haben werden, weil es keines gibt, dem der undesrat zustimmt, wird das SGB II, das wir Ende letzen Jahres beschlossen haben, gelten. Nach dem SGB II iegt die grundsätzliche Zuständigkeit bei der Bundesgentur für Arbeit. Es können Arbeitsgemeinschaften ebildet werden. Jetzt lernt man im Grundstudium eines erwaltungsstudiums, dass man zuerst die Zuständigkeit rüfen muss. Wenn die Kommunen vor dem Hintergrund hrer kommunalen Haushalte sehen, welche Aufgaben ie auszuführen haben und welche nicht, dann werden ie nach Prüfung der Zuständigkeit feststellen, dass die undesagentur für Arbeit zuständig ist. Dann hat diese roße Behörde mit ihren über 4,6 Millionen Arbeitsloen, mit denen sie nicht fertig wird, auch noch die ererbsfähigen Sozialhilfeempfänger und deren Familien u versorgen. Die Kompetenzen dafür hat sie nicht erorben, weil sie sie nie gebraucht hat. Dann werden Sie alles vergessen können, was Sie jeals über Dosenpfand und Maut gehört haben. Wir weren am 1. Januar 2005 aufgrund Ihrer schlechten Politik nicht aufgrund der Politik der Opposition – eine „Doenmaut“ in den sozialen Sicherungssystemen erleben nd die existenzielle Grundlage von Millionen von Menchen wird dadurch gefährdet werden. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510206200

Herr Kollege Kauder.


Volker Kauder (CDU):
Rede ID: ID1510206300

Herr Kollege Kuhn, Sie haben vorhin behauptet, dass
ir uns aus dem Programm der Zusammenlegung von
rbeitslosenhilfe und Sozialhilfe verabschiedet hätten.
ntweder Sie wissen es nicht, weil Sie nicht Mitglied im
ermittlungsausschuss sind, oder Sie sagen bewusst die
nwahrheit. Wir haben von Anfang an beantragt, dass
rbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu einem Hilfesystem
usammengelegt werden. Wir haben im Deutschen Bun-
estag einen Gesetzentwurf, das EGG, vorgelegt.
s ist auch wahrheitswidrig, wenn behauptet wird, wir
ätten nachträglich eine Grundgesetzänderung gefor-






(A) )



(B) )


Volker Kauder

dert. Wenn Sie den Gesetzentwurf gelesen hätten, dann
wüssten Sie, dass wir schon damals die Grundgesetzän-
derung gefordert haben, und zwar weil wir wollten, dass
sich die Kommunen darauf verlassen können, dass das
Geld bei ihnen ankommt.

Das, was in dieser Woche geschehen ist, wird Konse-
quenzen haben. Zum dritten Mal hintereinander hat die
Regierungskoalition bzw. die Bundesregierung das nicht
eingehalten, was sie im Vermittlungsausschuss verspro-
chen hat.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Genau das ist der Punkt!)


Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Brandner [SPD]: Das ist unwahr!)

Ich nenne Ihnen die Punkte.

Erstens. Es ist uns versprochen worden, dass die Ein-
nahmen, die aus der Maut kommen sollen – bis jetzt
sind sie nicht da –, zusätzlich für Verkehrsinvestitionen
im Haushalt zur Verfügung gestellt werden sollen und
dass die Einnahmen nicht mit den Haushaltsmitteln ver-
rechnet werden sollen. Das steht im Gesetz. Prompt hat
die Bundesregierung den Haushalt so zurückgefahren,
dass jetzt überhaupt keine Investitionen mehr im Ver-
kehrssektor stattfinden können. Das geschieht in einer
Situation, in der Wachstum notwendig wäre.

Zweitens. Die Bundesregierung hat zugesagt, dass sie
sich an das hält, was im Vermittlungsausschluss zum so
genannten Koch/Steinbrück-Subventionsabbau be-
schlossen worden ist. Schauen Sie sich einmal an, was
im Haushaltsplan passiert ist. Es werden Dinge gemacht,
die mit den Koch/Steinbrück-Beschlüssen nicht zu ver-
einbaren sind.

Drittens. Die Bundesregierung hat zugesagt, dass sie
ein Optionsgesetz als Zustimmungsgesetz vorlegen
wird, das genau das erfüllt, was wir verabredet haben,
nämlich die Kommunen als Träger der Maßnahmen nach
Hartz IV zu bestimmen. Jetzt aber sollen die Kommunen
Lakaien der Bundesagentur für Arbeit werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie haben dreimal hintereinander nicht gehalten, was

Sie versprochen haben. Deswegen werden wir im Ver-
mittlungsausschuss mit Ihnen nur noch Gesetze verein-
baren können, die bis auf Punkt und Komma ausformu-
liert sind, keine Protokollerklärungen mehr und keine
Absichtserklärungen. Auf diese Regierungskoalition ist
kein Verlass.

Jetzt muss ich Ihnen sagen: –


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510206400

Nein, Herr Kollege Kauder. Sie hatten drei Minuten.


Volker Kauder (CDU):
Rede ID: ID1510206500

– Bei der Maut, die gescheitert ist, ging es um Last-

wagen.

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(C (D Herr Kollege Kauder! Hier aber geht es um 4 Millionen Menschen, die Sie it dem Optionsgesetz hinund herschieben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Da war jede Sekunde wertvoll!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510206600
Volker Kauder (CDU):
Rede ID: ID1510206700


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510206800

Bitte, Herr Kuhn.

Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510206900

Herr Kollege Kauder, so wie Sie aussehen, sind Sie
itglied des Ältestenrates.


(Widerspruch bei der CDU/CSU – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kauderwelsch!)


as heißt, Sie könnten doch Redezeit beantragen. Inso-
ern kann man leicht Abhilfe schaffen.


(Zustimmung beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist ein Kasper! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Ganz ruhig!

(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Er muss sich erst entschuldigen! Das ist doch unverschämt!)


Herr Kollege, auch für Ihr Leiden gibt es eine Pro-
lemlösung, und zwar in der Apotheke; da gibt es näm-
ich Beruhigungszäpfchen.


(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Das ist eine Unverschämtheit! Flegel! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Wenn Sie keine Argumente haben, dann treten Sie doch einfach ab! Lümmel!)


Die Argumente kommen noch. – Herr Kauder, im Ver-
ittlungsausschuss ist nicht verabredet worden – weder
rotokollarisch noch mündlich –,


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das wissen Sie doch gar nicht, wenn Sie nicht dabei waren!)


ass das Optionsmodell mithilfe einer Verfassungsände-
ung umgesetzt werden soll. Ich habe mich nach dem
rund dafür erkundigt. Es hat einen systematischen
rund: Die Unionsländer hätten dem niemals zuge-
timmt.


(Ortwin Runde [SPD]: So ist es!)

eshalb hat man zugunsten eines Optionsmodells argu-
entiert und hat dessen konkrete Ausgestaltung im Un-
laren gelassen.
Lassen Sie mich eine konstruktive Bemerkung ma-

hen. Bei einer nüchternen Betrachtung – statt sich zu






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn

ereifern – wird man feststellen, dass die Arbeitsverwal-
tung bestimmte Kompetenzen hat, über die die Gemein-
den nicht verfügen, und dass die Gemeinden bestimmte
Kompetenzen haben, über die die Bundesagentur für Ar-
beit nicht verfügt. Wenn Sie im Interesse der Arbeitslo-
sen eine wirklich konstruktive Lösung wollen –


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Es geht um die Landkreise, nicht um die Gemeinden!)


– ja, die Gemeinden und die Landkreise –,

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Sie haben keine Ahnung! Das ist das Problem!)

– dann wird man ein Modell finden,


(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Was reden Sie denn da?)


das die Fähigkeiten der einen Seite mit denen der ande-
ren Seite zusammenbringt.

Herr Laumann, wenn Sie sich konstruktiv auf den
vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung ein-
lassen würden und über die Frage diskutieren würden,
wie die Selbstständigkeit der Gemeinden


(Zuruf von der CDU/CSU: Er sagt jetzt wieder „Gemeinden“! Er lernt nicht!)


– der Kreise – in diesem Prozess gestärkt werden kann,
dann würden wir eine Lösung finden, die dies in der Pra-
xis ermöglichen würde.

Was uns nicht gefällt, ist, dass Sie eine Länder-Lö-
sung vorschlagen,


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Darüber reden wir morgen Mittag!)


von der wir wissen, dass sie nicht funktioniert. Ich muss
den Kollegen, die sich so ereifern, noch einmal erklären,
dass das eine Verfassungsänderung erfordern würde, die
– Kochs Vorstellungen entsprechend – dazu führen
würde, dass der Bund den Ländern Mittel zuweist, die
diese an die Gemeinden weitergeben sollen.


(Klaus Brandner [SPD]: Das ist Trickserei, was die vorhaben!)


Wer sich einigermaßen in der Landespolitik auskennt
und weiß, wie beim kommunalen Finanzausgleich in al-
len Bundesländern mit den Gemeinden Schindluder ge-
trieben wird, der weiß auch, dass die Gemeinden diese
Lösung nicht wollen können. Das ist ganz einfach.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie reden einen Blödsinn!)


Wenn Sie konstruktiv an die Fragen herangehen würden,
dann würden Sie auch eine Lösung herbeiführen. Aber
das wollen Sie nicht.


(Klaus Brandner [SPD]: Deshalb haben sie den Gesetzentwurf zurückgezogen! – Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Das weiß Frau Dückert besser! – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Hier spricht der Blödsinn!)


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(C (D In einem gebe ich Ihnen Recht, Herr Kauder. Es ist otwendig, bestimmte Punkte konkreter zu vereinbaren, ls es in den langen Sitzungen des Vermittlungsauschusses bis in den späten Abend hinein geschieht. Dait haben Sie völlig Recht. Das Vermittlungsausschusserfahren – alle stehen ja auf diese Highnoon-Situation – ührt dazu, dass am Schluss – Hauptsache schnell – Vorchläge in den Raum gestellt werden, deren rechtliche nd praktische Konsequenzen nicht im Einzelnen durchuchstabiert worden sind. (Zuruf des Abg. Reinhard Grindel [CDU/ CSU])


Herr Kollege, machen Sie jetzt nicht den Pöbel! Dafür
ibt es Fußball- oder Eishockeystadien. Das müssen Sie
och nicht im Bundestag machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


rgendwie kommen Sie mir vor, als hätten Sie noch
estalkohol im Blut, so wie Sie sich hier aufpunken.
Damit bin ich am Schluss. Ich danke Ihnen.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Eine ganz miese Figur sind Sie! Kommen Sie mal von Ihrem hohen moralischen Ross herunter! So wie Sie redet der Pöbel! Eine miese Figur!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510207000

Wir brauchen zwar lebhafte Debatten – auch in der
ernzeit –, aber ich bitte alle, sich etwas zu mäßigen,
nd zwar wirklich in jeder Richtung.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Johannes

inghammer.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Johannes, halte eine Bierzeltrede! Hau drauf!)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1510207100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Herr Kuhn, angesichts der mehr als
,5 Millionen Arbeitslosen, die Sie zu verantworten ha-
en,


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich?)


ann ich verstehen, dass das schmerzt.

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

eshalb kann ich auch verstehen, warum Sie hier so laut
chreien müssen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Singhammer, Ihre Stimme ist noch ein bisschen lauter!)


ie Lage ist aber ernst. Rot-Grün hat – das ist der Grund
ür die heutige Debatte – Deutschland und die Menschen
n unserem Land in eine tiefe Depression gestürzt. Wir






(A) )



(B) )


Johannes Singhammer

wollen zeigen, wie man aus dieser Krise wieder heraus-
kommt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Vom Beginn bis zum Ende dieser knapp eineinhalb-
stündigen Debatte werden 70 Menschen in Deutschland
ihren Arbeitsplatz verloren haben. Das bedeutet, dass es
im Monat 25 000 und in diesem Jahr wohl erneut
300 000 Menschen sein werden, die ihren Arbeitsplatz
verlieren. Deutschland hat einen gefährlichen Spitzen-
platz erklommen, nämlich den eines Exportweltmeisters
bei den Arbeitsplätzen. Mit über 40 000 Firmenpleiten
im vergangenen Jahr ist ein neuer Negativrekord erreicht
worden.

Die von Ihnen als Heilsbringer angekündigten Hartz-
Konzepte haben nichts bewirkt. Die Beschäftigungslo-
sigkeit – hier sind nicht nur die 4,5 Millionen Arbeits-
lose zu berücksichtigen – ist auf deutlich über 6,5 Mil-
lionen Menschen angewachsen. Deshalb können Sie
nicht von einem Erfolg sprechen, den Sie eingeleitet ha-
ben. Im Gegenteil: Das ist ein Misserfolg.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Immer mehr Menschen in unserem Land sehen mit
Sorge und Düsternis in die Zukunft. Das ist auch der
Grund, warum nicht mehr konsumiert wird, warum bei-
spielsweise auch beim PKW-Absatz in diesem Frühjahr
– das ist normalerweise eine Zeit, in der er in die Höhe
geht – kaum Belebung feststellbar ist. Um zu verdeutli-
chen, dass nicht nur wir, sondern auch gerade die Wäh-
ler, die Sie gewählt haben, insbesondere die Wähler der
SPD, das so sehen und dass sie sich massiv getäuscht
fühlen, möchte ich Ihnen ein Zitat von Herrn Klaus
Ernst, erster Bevollmächtigter der IG Metall in Schwein-
furt und Mitbegründer der regierungskritischen „Initia-
tive für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“, vorlesen:

Wir haben links geblinkt und sind rechts abgebogen
und jetzt sind wir irgendwie auf der Geisterbahn.

(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Das ist bei den Geistern auch nicht anders zu erwarten!)


Ich stelle ohne jegliche Häme fest: Wut und Enttäu-
schung über die Wirtschaftspolitik der Regierung bedro-
hen das Vertrauen und das Zutrauen in das gesamte poli-
tische System. Die rot-grüne Wirtschaftskrise ist bereits
in eine höchst gefährliche System- und Demokratie-
krise ausgefranst. Man hört immer öfter den Satz: Die in
der Politik sind doch alle gleich! – Diese Anklage, die
zunächst an die Regierung gerichtet ist, kann uns als Op-
position natürlich nicht gleichgültig lassen; denn das
Vertrauen in die politische Klasse ist derzeit nicht nur ei-
nem Schwelbrand ausgesetzt; vielmehr brennt es lichter-
loh.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Was ist zu tun? Die Aufgabe der politisch Verantwort-

lichen ist, zuerst den Menschen in unserem Land reinen
Wein einzuschenken und ihnen die ungeschminkte
Wahrheit über den bedrohlichen Substanzverlust zu sa-

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(C (D en, dem unser Land seit vielen Jahren ausgesetzt ist. ir könnten es uns als Opposition leicht machen und ralinen und andere Süßigkeiten verteilen. Aber wir saen: Bittere Arznei ist leider notwendig – das entspricht er Wahrheit –, um auf den Wachstumspfad zurückzuehren. ir als Opposition versprechen – das haben wir in unse em Antrag exakt aufgelistet – nicht nur Wohltaten, sonern wir sagen auch, dass Anstrengungen und Schweiß otwendig sind. Wir versprechen – um ganz konkret zu erden – nicht ständig kürzere Arbeitszeiten und mehr reizeit, sondern wir sagen: Die Arbeitsplätze in eutschland können nur dann dauerhaft gesichert weren, wenn es in unserem Land auch wieder längere rbeitszeiten gibt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Zuruf von der SPD: Placebos!)


Nun wird das von Ihnen auf das Heftigste kritisiert.
ber auch Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass allein
ufgrund der von den Arbeitnehmern als ungünstig emp-
undenen diesjährigen Feiertagsregelung – im Ver-
leich zum Vorjahr fallen in diesem Jahr vier Feiertage
eniger auf einen Werktag – ein zusätzliches Wirt-
chaftswachstum von 0,6 Prozent prognostiziert wird.
arauf geht im Übrigen der größte Teil des Wirtschafts-
achstums zurück, das Sie sich auf die Fahne geschrie-
en haben. Bei nur einer Stunde Mehrarbeit pro Woche
önnte die deutsche Wirtschaft einen Wertzuwachs von
0 Milliarden Euro verzeichnen. Die Wettbewerbsfä-
igkeit der Arbeitsplätze wäre entsprechend größer.
Wir stehen vor einer riesigen Herausforderung. Die
enschen in unserem Land spüren das. Ich möchte die
ahresarbeitsstunden in einigen anderen Ländern an-
prechen. Die Anzahl der Jahresarbeitsstunden in den
ereinigten Staaten ist um 350 höher als in Deutsch-
and – und die Amerikaner arbeiten auch nicht schlecht.
n der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai, also in vier
ochen, findet die EU-Osterweiterung statt. Damit
ommt ein weiteres Stück Globalisierung direkt vor un-
ere Haustür. Ein Vergleich: Die jährliche Arbeitszeit
iegt in Deutschland bei 1 444 Stunden, in Belgien bei
559 Stunden, in Spanien bei 1 807 Stunden und in
schechien bei 1 980 Stunden. Die Wochenarbeitszeit
iegt in Deutschland bei 39,9 Stunden, in Tschechien bei
2,4 Stunden, in Ungarn bei 42,9 Stunden und in Polen
ei 45,2 Stunden.
Hinzu kommt eine wesentlich niedrigere Unterneh-
ensbesteuerung in diesen Ländern. In Deutschland

iegt sie nominal bei 38,7 Prozent, in Polen und in der
lowakei bei 19 Prozent, in Litauen und in Zypern bei
ur 15 Prozent. Machen wir uns doch nichts vor! Wir
issen, was das bedeutet. Auf der anderen Seite wollen
ir doch nicht das Lohnniveau der Beitrittsstaaten er-
eichen. In Tschechien liegt es bei knapp über 3 Euro,
ährend es bei uns im Schnitt bei annähernd 30 Euro
iegt. Wir können die Verlagerung der Arbeitsplätze in
ndere Länder nur durch flexible Arbeitszeiten verhin-
ern.






(A) )



(B) )


Johannes Singhammer

Der Bundeskanzler hat auf die patriotische Pflicht der

Unternehmen hingewiesen. Dazu sage ich: Diese Bun-
desregierung hat die patriotische Pflicht, Rahmenbedin-
gungen zu schaffen, die gewährleisten, dass die Unter-
nehmen bei uns bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dazu gehört, dass wir einen nationalen Solidarpakt

für längere Arbeitszeiten und für Beschäftigungsgaran-
tien vereinbaren. Dem werden auf der lokalen Ebene die
– von uns verlangten – betrieblichen Bündnisse ge-
recht. Diese betrieblichen Bündnisse sind vielfach Pra-
xis. Sie haben sich bewährt. Es gibt eine Vielzahl von
großen Firmen, die diese Bündnisse erfolgreich prakti-
ziert haben, beispielsweise die Firmen Siemens und
Deutsche Post AG.

Wir wollen, dass der gesetzliche Spielraum erweitert
wird. Der Bundeskanzler hat vor drei Monaten im An-
schluss an das Bemühen des Vermittlungsausschusses,
Deutschland gemeinsam fit zu machen, angekündigt, die
Möglichkeiten zu erweitern. Seither ist nichts gesche-
hen. Wir befürchten, dass auch in den nächsten Monaten
aufgrund der Schwäche dieser Regierung nichts passiert.
Das ist das Allerschlimmste für unser Land. Abwarten,
Attentismus, Verdrängen, Nichtstun, das braucht
Deutschland nicht. Wir brauchen vielmehr neuen
Schwung. Die deutschen Arbeitnehmer und die deut-
schen Unternehmer sind nicht schlechter geworden; al-
lerdings haben sich die Rahmenbedingungen verschlech-
tert. Deshalb müssen wir an dieser Stelle ansetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510207200

Herr Kollege Singhammer, Sehen Sie, dass Ihre Re-

dezeit zu Ende ist?

Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1510207300

Ja.
Es gibt eine merkwürdige Gemeinsamkeit zwischen

der Bundesregierung, insbesondere dem Wirtschafts-
minister, und der Konjunktur: Beide schwächeln. Wir
brauchen wieder eine starke Konjunktur und eine starke
Regierung. Dazu muss es eine neue Regierung geben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510207400

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Anette Kramme.

Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1510207500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Die CDU/CSU hat in diesem Antrag eine ein-
fache Gleichung aufgestellt: Arbeitnehmer – plus Ar-
beitsrecht gleich schlechte Konjunktur. Aber: Anders als
für den Satz des Pythagoras – a2 + b2 = c2 – gibt es für
diese Formel keinerlei wissenschaftlichen Nachweis.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine ak-
tuelle Untersuchung verweisen, nämlich vom IAB vom
12. Dezember 2003. Darin heißt es: Empirische Untersu-
chungen zu den Arbeitsmarktwirkungen des Kündi-

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(C (D ungsschutzes zeigen ein differenziertes Bild. So gibt es aum Hinweise, dass die Regelungsdichte auf das Nieau von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit Einfluss at. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, Sie ha en für Ihren Antrag einen hübschen Titel gewählt, nämich „Weichen stellen für eine bessere Beschäftigungspoitik“. Nur, mit dem Stellen von Weichen hat das ediglich in einer bestimmten Richtung zu tun. Ihr Zug andet auf dem Abstellgleis. Sie wollen Marktwirtschaft ur. „Sozial“ wird bei Ihnen klitzeklein geschrieben. war wurden einige Ihrer Positionen durch den Bundesorstand in letzter Sekunde noch abgeschwächt, weil die inisterpräsidenten vor dem Hintergrund der Wahlen es Jahres 2004 schlichtweg kalte Füße bekommen haen. (Klaus Brandner [SPD]: So ist es! Rüttgers und Co.!)


(Jürgen Türk [FDP]: Das weiß jeder!)


ber eines ist klar: Die Union tritt für drei Sachen ein:
erschlagung von Arbeitnehmerrechten, Abbau des
ündigungsschutzes, Kampf gegen die Tarifautonomie
nd damit Kampf gegen die Gewerkschaften. Dass Sie
in Wolf im Schafspelz sind, kann man Ihnen wahrlich
icht vorwerfen.


(Zuruf des Abg. Bartholomäus Kalb [CDU/ CSU])


Auch beim Minimalkonsens in Sachen Steuern ist
lar, wer die Zeche zahlt: Weshalb fällt die Absenkung
es Spitzensteuersatzes doppelt so hoch aus wie die Ab-
enkung des Eingangsteuersatzes? Weshalb wird zur Ge-
enfinanzierung die Steuerfreiheit für Nacht-, Schicht-,
onn- und Feiertagszuschläge angegriffen? Weshalb soll
er Sparerfreibetrag abgeschafft werden? Fazit: Wer hat,
em wird bei Ihnen gegeben.


(Beifall bei der SPD – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wer nichts mehr hat, dem kann auch nichts genommen werden!)


Sie versuchen, mit Ihrem Antrag eine Bilanz des
artz-Konzepts zu ziehen. Aber Ihr Versuch, Bilanz zu
iehen, ist wissenschaftlich unseriös und destruktiv.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Dieser Beitrag ist nicht durch Sachkunde getrübt!)


ie sind die Letzten, die es sich erlauben dürfen, mit
em Finger auf andere zu zeigen. Sie sind nach wie vor
er Rekordhalter, was die Arbeitslosigkeit angeht. „Mie-
epeter“ sagt man da.


(Beifall bei der SPD – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Bitte mal Luft holen!)


Ich will meinerseits Bilanz ziehen, und zwar bei-
pielsweise betreffend die Ich-AG. Die Daten, die da zu
ennen sind, sind positiv. Jede zweite Existenzgründung
rfolgt mittlerweile aus der Arbeitslosigkeit heraus.


(Zuruf von der CDU/CSU: Verzweiflungstaten sind das!)







(A) )



(B) )


Anette Kramme

100 000 Ich-AGs gibt es mittlerweile. 157 000 Anträge
zum Überbrückungsgeld sind im Jahr 2003 gestellt wor-
den. Die Zahl der Förderanträge hat sich verdoppelt. Ins-
gesamt ist noch zu beobachten, dass es beim Überbrü-
ckungsgeld eine 27-prozentige Zunahme gegeben hat.
Wir sind da also positiv gestimmt. Wir rechnen damit,
dass binnen zwei Jahren jeder dieser Existenzgründer ei-
nen zusätzlichen Arbeitsplatz geschaffen haben wird.


(Dirk Niebel [FDP]: Die dürfen doch gar keinen einstellen!)


Das ist das, was uns wissenschaftliche Institute sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Zur Bilanz betreffend die Personal-Service-Agentu-
ren: Erst Mitte des Jahres 2003 war die flächendeckende
Einführung. Im Februar 2004 hat es 993 Personal-Ser-
vice-Agenturen gegeben mit 44 000 Plätzen, einer Be-
setzungsquote von 74,4 Prozent und 32 700 Teilneh-
mern.


(Dirk Niebel [FDP]: Die von Maatwerk müssen Sie noch abziehen!)


Ohne weiteres gilt: Wir haben uns für 2003 mehr da-
von versprochen. Aber auch dazu gibt es eine Untersu-
chung. In einer Veröffentlichung des IAB vom 15. Ja-
nuar 2004 heißt es: „Um diese PSAen einer fundierten
Betrachtung zu unterziehen, ist es noch zu früh.“


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510207600

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Niebel?


Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1510207700

Aber sicher doch.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510207800

Herr Niebel, Sie haben in dieser Debatte, glaube ich,

zwei Zwischenfragen gestellt und eine Kurzintervention
gemacht. Das ist jetzt die letzte Zwischenfrage, die ich
Ihnen in dieser Debatte erlaube.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1510207900

Der Stoff für Fragen, Frau Präsidentin, ist unerschöpf-

lich.
Frau Kollegin Kramme, können Sie mir die Zahl be-

stätigen, die dem Wirtschaftsausschuss vorgelegt wurde,
dass durch die Personal-Service-Agenturen zum damali-
gen Zeitpunkt – das muss Mitte letzten Monats gewesen
sein; da haben wir das diskutiert – insgesamt 6 357 Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer dauerhaft in den ers-
ten Arbeitsmarkt vermittelt worden sind? Bestätigen Sie
mir dann, wenn Sie mir diese Zahl bestätigen können,
auch, dass bei 250 Millionen Euro, die im Haushalt für
die Ich-AGs vorgesehen sind, pro Arbeitnehmer rein
rechnerisch gut 35 000 Euro eingesetzt worden sind, was
eine Dimension ähnlich wie bei der Steinkohlesubven-
tion wäre?

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(C (D Herr Niebel, wenn ich Zahlen auswendig repetiere, ann lüge ich immer. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Endlich ehrlich!)

Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1510208000
ragen Sie mich von daher nicht nach Zahlen, die ir-
endwann in einer Ausschusssitzung genannt worden
ind. Ich kann Ihnen nur die Zahl nennen, die ich mir ak-
uell aus dem Wirtschaftsministerium habe geben lassen.
anach haben 7 700 Arbeitnehmer mittlerweile in Per-
onal-Service-Agenturen gewechselt. Das ist Punkt eins.


(Beifall bei der SPD – Klaus Brandner [SPD]: Seriöse Daten!)


Punkt zwei. Sie haben offensichtlich Herrn Kuhn
icht zugehört.


(Dirk Niebel [FDP]: Doch!)

Nein, das haben Sie offensichtlich nicht. – Wie Sie
issen, ist die Leiharbeit sehr wohl konjunkturabhän-
ig. Mit dem Anspringen der Konjunktur wird es selbst-
erständlich auch dazu kommen, dass wir in stärkerem
aße von dem Klebeeffekt profitieren werden. Noch
inmal das IAB zitiert: „Um diese PSAen einer fundier-
en Betrachtung zu unterziehen, ist es noch zu früh.“ Das
ollten Sie akzeptieren.


(Beifall bei der SPD)

Die Zahl der Arbeitslosen ist zweifellos viel zu hoch,

ber Ihre Instrumente, meine Damen und Herren von der
DU/CSU, weisen schlichtweg in die falsche Richtung.
rster Punkt: betriebliche Bündnisse. Was Sie wollen,
st klar und deutlich: Sie wollen Tarifverträge zu unver-
indlichen Meinungsäußerungen erklären.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Warum schreien Sie so?)


Das geht auch ganz leise.

(Zurufe von der CDU/CSU: Ja!)


Aber umso eindringlicher, damit Sie auch zuhören. –
ußerdem wollen Sie das Erpressungspotenzial vor Ort
utzen.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Reden Sie doch nicht einen solchen Unsinn!)


ie wollen, dass Arbeitgeber erklären können: Wenn der
etriebsrat und die Belegschaft nicht zustimmen, dann
ibt es Kündigungen. – Dann ist niemand da, der verifi-
iert.

(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Haben Sie schon einmal in einem Betrieb gearbeitet?)

s geht darum, eine unabhängige Instanz zu haben. Das
ind die Gewerkschaften. Wenn Sie ehrlich wären, dann
ürden Sie auf das Instrument der Sanierungstarifver-
äge verweisen.

(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Haben Sie schon einmal in einem Betrieb gearbeitet?)







(A) )



(B) )


Anette Kramme

– Ich bin Fachanwältin für Arbeitsrecht. Mein Hauptge-
schäft in der Kanzlei ist, Interessenausgleiche herzustel-
len und Sozialpläne zu machen, was beinhaltet, dass ich
ständig mit Betrieben zu tun habe, die sich in der Situa-
tion der Insolvenz befinden oder kurz davor sind. Ich
weiß also sehr wohl, was es heißt, auf individuelle Situa-
tionen einzugehen.


(Lena Strothmann [CDU/CSU]: Dann können Sie doch nicht so einen Blödsinn erzählen! – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Dann reden Sie hier wider besseres Wissen!)


– Nein, ich rede nicht wider besseres Wissen. Ich habe
bereits unzählige Sanierungstarifverträge abgeschlossen
und ich weiß, dass die Gewerkschaften in solch einer Si-
tuation fast alles zugestehen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Warum gibt es so viele Insolvenzen? – Gegenruf des Abg. Klaus Brandner [SPD]: Das ist auf Bayern bezogen! Das sind bayerische Insolvenzen!)


Zweiter Punkt: Kündigungsschutzgesetz. Wir haben
mit dem Entwurf, der durch den Vermittlungsausschuss
gegangen ist, beschlossen, dass es 2007 eine Evaluie-
rung geben wird. Aber offensichtlich wollen Sie diese
Evaluierung gar nicht, obwohl Sie wissen müssten, dass
der Abbau des Kündigungsschutzes überhaupt nichts
bringen wird. Sie wollen, dass 90 Prozent der Betriebe
aus dem Kündigungsschutz herausgenommen werden
und dass 28 Prozent der Arbeitnehmer keinerlei Kündi-
gungsschutz mehr haben. Sie betreiben eine Politik der
Angst in der Bundesrepublik Deutschland.

Ich sage Ihnen eines: Das, was Sie wollen, wird nie-
mals Gesetz werden, denn das Bundesverfassungsge-
richt würde dem schlichtweg einen Riegel vorschieben.
Anknüpfungspunkte zum Betriebsinhaber gibt es dabei
nämlich keine mehr. Sie wollen ermöglichen, dass bis zu
80 Arbeitnehmer in einem Betrieb ohne Kündigungs-
schutz arbeiten. Das hat mit dem Betriebsinhaber nichts
mehr zu tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, den wirt-
schaftlichen Wandel können wir nicht gegen die Ar-
beitnehmer, sondern nur mit ihnen gestalten.


(Beifall bei der SPD)

Die Zukunftschancen Deutschlands liegen vor allem in
hoch qualifizierten Arbeitsplätzen. Dafür brauchen wir
motivierte und sozial abgesicherte Arbeitnehmer. Mit
Ihrem Entwurf werden wir das nicht erreichen.


(Beifall bei der SPD)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510208100

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. Hermann

Kues.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1510208200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte gerne auf eine Situation zurückkommen, die

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(C (D ir eben erlebt haben, als der Kollege Kuhn hier vorne m Rednerpult stand. Ich kann verstehen, dass man sich n einer hitzigen Debatte kräftig ausdrückt und auch einal emotional reagiert. Wenn man aber auf das Ausseen von Herrn Kauder abhebt und eine Verbindung zum ltestenrat herstellt und wenn man dem Kollegen rindel mit dem Hinweis „Pöbel“ antwortet, dann muss ch schon sagen, dass das ein ganz mieser Stil ist, den Sie ier an den Tag legen. ie sollten sich dafür entschuldigen. Da Sie aber ganz ffenkundig auf einem sehr hohen Ross sitzen, werden ir das von Ihnen nicht erwarten. Ich finde es schäbig, ie Sie sich hier präsentieren. Sie sollten sich dafür chämen. Ich gebe zu, dass es sehr schwierig ist, die Arbeitsarktpolitik dieser Bundesregierung schönzureden. Der rste Satz in unserem Antrag trifft zu: Die rot-grüne Arbeitsmarktpolitik ist auf ganzer Linie gescheitert. s ist eher unwichtig, was wir im Plenum über Ihre Poliik denken. Es ist viel wichtiger, was die Menschen drauen im Lande von Ihrer Politik halten. Sie sehen, dass ie Personal-Service-Agenturen teilweise Pleite gehen zw. dass Agenturen Aufträge erhalten haben, die sich in er betreffenden Region überhaupt nicht auskennen. Der rfolg auf dem Gebiet der Zeitarbeit hängt natürlich von er konjunkturellen Situation ab, er wird aber auch daurch beeinflusst, wie Sie die Sache angehen. Ihr Kernproblem ist – das hat sich auch daran gezeigt, ie Sie mit dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses mgehen –: Sie trauen den Menschen nicht über den eg. Sie trauen auch den Kommunen nicht über den eg. etztendlich trauen Sie den Betriebsräten ebenfalls nicht ber den Weg. Bei uns gibt es eine eher unterentwickelte Verände ungsbereitschaft; das will ich überhaupt nicht bestreien. Das hat etwas mit der Mentalität in Deutschland zu un. Viele meinen nämlich, das Heil würde angesichts er zahlreichen Herausforderungen insbesondere vom taat abhängen. Dieses Hoffen auf eine zentrale Macht, ie sie der Staat repräsentiert, ist ein großer Irrglaube, em Sie nach wie vor unterliegen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510208300

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
randner?


Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1510208400

Selbstverständlich.






(A) )



(B) )



Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1510208500

Herr Kollege Kues, Sie haben gerade festgestellt, dass

die SPD-Fraktion den Betriebsräten nicht über den Weg
traut. Wie erklären Sie sich dann, dass in Ihrem Antrag
gefordert wird, dass die Rechte der Betriebsräte deut-
lich eingeschränkt werden, dass die Anzahl der Betriebs-
räte deutlich minimiert wird und dass die Freistellungs-
möglichkeiten begrenzt werden? Damit wollen Sie den
Handlungsspielraum der Betriebsräte ganz erheblich ein-
engen. Meine Frage lautet: Wie erklären Sie sich diesen
Widerspruch?

Weiterhin haben Sie festgestellt, wir würden den Ge-
meinden nicht über den Weg trauen. Wie erklären Sie
dann, dass Sie den hessischen Gesetzentwurf unterstüt-
zen, den Sie in der Arbeitsgruppe, die sich mit der Ar-
beitslosen- und Sozialhilfe beschäftigt, vorgelegt haben
und nach dem nicht der Bund, sondern das Land für die
Weiterleitung der Mittel an die Kommunen für die Ar-
beitslosengeld-II-Bezieher zuständig sein soll? Wie ver-
trägt sich dieses Vertrauen in die Länder – Sie wollen
das Land statt den Bund als Zuständigkeitsträger einset-
zen – mit dem, was Sie gerade vorgetragen haben?


Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1510208600

Zu Ihrer ersten Frage. Herr Kollege Brandner, ich

gehe davon aus, dass Sie hin und wieder in die Betriebe
gehen. Wenn Sie dort einmal nachfragen, wie viele Be-
triebsräte freigestellt werden, dann können Sie feststel-
len – das berichten Betriebsräte und Arbeitnehmer –,
dass teilweise keine Mitarbeiter gefunden werden, die
diese Aufgabe übernehmen. Sie wollen nämlich nicht
freigestellt werden, sondern sie wollen in ihrer eigentli-
chen Funktion verbleiben und parallel Betriebsratsfunk-
tionen wahrnehmen. Wir wollen, dass das Betriebsver-
fassungsgesetz effektiv gestaltet wird und dass es
tatsächlich den Interessen der Betriebsräte entspricht.

Zu Ihrer zweiten Frage, was die Länder und die Kom-
munen angeht. Wir sind uns mit dem Landkreistag völlig
einig gewesen; auch er ist gegen diese Lösung. Sie wis-
sen das ganz genau; denn Sie kommen ebenfalls aus ei-
ner ländlichen Region. Ich vermute sogar, dass Sie hier
eine Position vertreten, von der Sie gar nicht überzeugt
sind. Sie wissen ebenfalls ganz genau, dass die Kommu-
nen vor Ort – es sind die Landkreise, nicht die Gemein-
den; Herr Kuhn hat sich mit diesem Thema anscheinend
nicht so intensiv beschäftigt – große Erfahrungen auf
diesem Gebiet haben und dass sie ihre Ideen, die sie in
den vergangenen Jahren entwickelt haben, einbringen
würden, wenn es vernünftige Rahmenbedingungen gäbe.
Sie sind also sehr wohl dafür, dass die Landkreise ent-
sprechende Zuständigkeiten erhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte etwas zu der Mentalität sagen, den Men-
schen zu wenig zuzutrauen. Diese zieht sich wie ein
roter Faden – das kann man auf andere Gebiete übertra-
gen – durch Ihre Lösungsansätze; denn Ihre Lösungsan-
sätze sind von Zentralismus statt kommunaler Selbstver-
waltung, von Bürokratie statt Flexibilität und von
Ineffizienz statt Wirksamkeit geprägt.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Herr Kollege Kuhn, ich hoffe ja, dass die Leute Ihrer
ede nicht so genau zugehört haben. Aber ich hoffe,
ass sie einen Satz gehört haben. Sie haben eben gesagt,
ie rot-grüne Arbeitsmarktpolitik fange erst an.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ine schlimmere Drohung gegenüber Arbeitnehmerin-
en und Arbeitnehmern sowie Unternehmern in
eutschland können Sie nicht aussprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das Ergebnis, das wir jetzt vorliegen haben, ist
chlimm genug; Kollege Laumann hat die entsprechen-
en Zahlen genannt. Herr Hartz hat damals davon
esprochen – auch er dachte in den Kategorien eines
ertreters eines Großunternehmens mit Mitbestimmung;
enn er nahm an, die gesamte Volkswirtschaft werde
o –, man könne die Arbeitslosenzahl halbieren. Das Er-
ebnis kennen Sie: Das Projekt der PSA ist völlig ge-
cheitert. Die Minijobs sind nicht gescheitert; das ist völ-
ig richtig. Aber hinsichtlich der Reform Hartz III
etreffend die Bundesagentur für Arbeit sollten wir erst
inmal abwarten. Was wir bislang gehört haben, ist – das
age ich ausdrücklich – eher besorgniserregend. Auch
artz IV ist faktisch gescheitert, weil Sie ein richtiges
nstrument, die Zusammenfassung von Arbeitslosen-
nd Sozialhilfe, wieder einmal zentralisieren, bürokrati-
ieren und inflexibel angehen. Vermutlich wird das zu
eginn des nächsten Jahres zu einer Katastrophe führen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie regieren schon etwas länger. Sie hätten es ganz

eicht gehabt – das ist heute schon einmal angesprochen
orden –: Mitte und Ende der 90er-Jahre gab es in den
ommunen erfolgreiche Modellversuche, die wir da-
als angeschoben und auf den Weg gebracht haben. Die
ommunen haben dabei glänzende Erfahrungen gesam-
elt.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel aus meiner Region, aus

em Emsland, nennen. Ich habe einen Jahresbericht der
SBA aus dem Jahre 1999 vorliegen. Er ist damals sogar
om Bundesrechnungshof geprüft worden. Aus einem
ool von 750 Personen sind 605 Langzeitarbeitslose in
en ersten Arbeitsmarkt integriert worden, davon 416
das alles wurde vom Rechnungshof überprüft – auf
auer. Jetzt kommt es: Staatliche Leistungen von mehr
ls 3 Millionen DM konnten eingespart werden. Das
eißt, mit einer klugen, dezentralen Arbeitsmarktpolitik,
ei der Sie die Menschen einbinden und ihnen nicht nur
eld geben – es ist typisch Wohlfahrtsstaat, dass man
en Menschen Geld gibt und sich nicht um sie küm-
ert –, können Sie etwas für die Menschen tun und so-
ar noch Geld sparen. Um diese Lösungen geht es uns.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich sage Ihnen auch, was die Kommunen jetzt tun
erden. Ich habe mich nach dem, was gestern und vor-
estern hier abgelaufen ist, ein bisschen erkundigt. Mir






(A) )



(B) )


Dr. Hermann Kues

wurde gesagt, die Tendenz gehe zur Variante „gesetz-
liche Mindestleistung“. Man tut das, was man gesetz-
lich in jedem Fall tun muss. Darüber hinaus steht man
den in Aussicht genommenen Arbeitsgemeinschaften
skeptisch gegenüber, weil man natürlich gesehen hat,
wie auf einer ganz anderen Ebene mit Ergebnissen des
Vermittlungsausschusses umgegangen wird. So entsteht
kein Vertrauen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)

Sie brauchen ein Minimum an Vertrauen zwischen Bun-
des-, Landes- und kommunaler Ebene, wenn Sie etwas
wirksam für die Arbeitslosen erzielen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Brandner [SPD]: Sie wissen, welche Regelung der Städteund Gemeindebund will, Herr Kues?)


– Die kommunalen Spitzenverbände sind gelegentlich
sehr bunt; das weiß ich wohl, Herr Brandner.


(Klaus Brandner [SPD]: Deshalb!)

Es ist gut, wenn man sich gelegentlich von außen be-

trachtet. Es gibt eine Studie der EU-Kommission, die
die Beschäftigungsentwicklung in den Mitgliedsländern
unter die Lupe genommen hat. Der Zusammenhang zwi-
schen Produktivität, Lohnstruktur und Beschäftigungs-
dynamik wurde analysiert. Daraus ergeben sich für uns
in Deutschland wichtige Schlussfolgerungen. Jetzt wird
gesagt, das schlechte Abschneiden Deutschlands im
Hinblick auf den Arbeitsplatzabbau, der 2003 per saldo
400 000 betrug, liege an dem Tempo wirtschaftlicher
Reformen. Es wird ehrlicherweise auch gesagt, dass das
etwas mit den Folgelasten der deutschen Teilung zu tun
habe.

In diesem europäischen Vergleich kommen aber zwei
weitere Faktoren ans Licht. Der eine Faktor betrifft den
Zusammenhang zwischen Lohnhöhe und Arbeitsproduk-
tivität. In der Studie heißt es dazu: Arbeitslosigkeit ent-
steht in der Regel dort, wo die Produktivitätsentwick-
lung hinter der Lohnentwicklung zurückbleibt. Eine
weitere Ursache dafür, dass die Beschäftigungsdynamik
in Deutschland hinter der europäischen zurückbleibt, ist
die spezielle Situation niedrig qualifizierter Erwerbsper-
sonen. Man kommt zu dem Ergebnis, dass niedrig quali-
fizierte Erwerbspersonen in Deutschland im Grunde
genommen nur auf dem so genannten zweiten Arbeits-
markt eine Chance haben.

Dabei gibt es Unterschiede. In den Niederlanden, in
Finnland und in Italien müssen weniger als 30 Prozent aller
gering Qualifizierten mit nicht regulären Beschäftigungs-
verhältnissen mit niedrigem Lohn und hohem Arbeits-
platzrisiko klarkommen – das sind keine positiven Fakto-
ren –, in Deutschland sind es mehr als 50 Prozent. Das
heißt, Ihre Politik, durch die es den niedrig Qualifizierten
nicht ermöglicht wird, flexibel vom ersten in den zweiten
Arbeitsmarkt zu wechseln, führt dazu, dass sich die gering
Qualifizierten in Deutschland in einer deutlich schlechte-
ren Situation befinden als in den Nachbarländern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])


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(C (D ch will Ihnen ausdrücklich sagen: Das ist alles andere ls sozial, das ist unsozial. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Wenn man ausschließlich auf das Anziehen der Kon-
unktur und damit auf größeres Wirtschaftswachstum
etzt, werden die strukturellen Probleme nicht gelöst.
iese müssen Sie angehen. Wir haben dazu Vorschläge
nterbreitet. Ich will sie hier nicht wiederholen; sie ste-
en in unserem Antrag.
Ich möchte noch ein paar Worte über den Kündi-

ungsschutz verlieren. Ich weiß, dass dieses Thema sehr
iel Potenzial für Polemik enthält. Wir müssen uns in die
ituation eines Arbeitslosen versetzen, wenn wir Lö-
ungsansätze suchen. Ein Arbeitsloser fragt nicht zuerst
ach dem Kündigungsschutz, sondern danach, wie er
ieder auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen und sein
eld verdienen kann. Deswegen sollten Sie die Polemik
assen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es ist überhaupt nicht zu bestreiten, dass wir uns in ei-

er Umbruchsituation befinden. In einer solchen Situa-
ion kommt es darauf an, die Weichen richtig zu stellen.
hr Problem ist, dass Sie in die falsche Richtung laufen.
eswegen kommen wir in Deutschland nicht voran.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510208700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ortwin Runde.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ortwin Runde (SPD):
Rede ID: ID1510208800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der
ollege Brüderle hat gesagt, es handele sich um das
achstumsprogramm der Union.


(Rainer Brüderle [FDP]: So ist es!)

ie Union hat es fälschlicherweise etwas anders formu-
iert. Sie spricht in ihrem Antrag vom Wachstumspro-
ramm für Deutschland. Herr Brüderle hat die Absicht
ieses Programms gut erkannt. Das ist meines Erachtens
in ganz richtiger Ansatz.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

err Brüderle, es ist immer spannend zu untersuchen,
as in einem Antrag enthalten ist und was fehlt.
Sie selbst haben auf den sich verschärfenden innereu-

opäischen Wettbewerb hingewiesen und ausgeführt,
ass wir bezüglich unserer Wettbewerbsfähigkeit vor
chwierigen Anpassungsprozessen stehen. Wenn man
ich über ein Wachstumsprogramm für Deutschland un-
erhält, muss man auch die Weltwirtschaft im Blick ha-
en. Ich schätze, dass alle Wirtschaftsfachleute und auch
ie Wirtschaftspresse sehr viel gespannter nach Frank-
urt schauen als auf unsere Diskussion in Berlin.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Bei dieser Regierung wundert das nicht!)







(A) )



(B) )


Ortwin Runde

Die Wirtschaftsfachleute interessieren sich vor dem

Hintergrund einer leichten konjunkturellen Erholung der
Weltwirtschaft


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wo?)

für andere Fragen: Wie entwickeln sich die Rohölpreise?
Wie wirkt sich die Bedrohung durch den internationalen
Terrorismus auf die konjunkturelle Entwicklung aus?
Wie kann die europaweite Stagnationsphase, die wir in
Frankreich, Spanien, Italien und auch in den von Ihnen
gerühmten Niederlanden beobachten, überwunden wer-
den? Es kommt darauf an, diesen Zusammenhang zu se-
hen.

Ich hoffe, dass wir heute von der Europäischen Zen-
tralbank ein positives Signal erhalten werden. Vor dem
Hintergrund der Preisstabilität, die wir in der Europäi-
schen Union und vor allem in Deutschland seit Jahren
haben, ist die Europäische Zentralbank gut beraten, den
Leitzins in einem größeren Umfang zu senken und somit
die Konjunktur zu stabilisieren. Das ist angesagt.


(Beifall bei der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Das ist aber ein kühner Rat!)


Natürlich geht es in Europa darum, neben Konjunk-
turpolitik auch Strukturpolitik zu machen. Dazu muss
man feststellen: So viele Reformen wie in den letzten
zwei oder drei Jahren hat es – mit all den Schwierigkei-
ten, die damit verbunden sind – in Deutschland und auch
in Europa noch nie gegeben. Diejenigen, die 16 Jahre
lang Reformen nicht durchgeführt haben, sollten daher
in ihren Bewertungen ein bisschen vorsichtig sein.


(Beifall bei der SPD)

Diesen Reformmut hätte ich von Ihnen jedoch erwartet.

Wenn wir das richtig sehen, stehen in Gesamteuropa
der Umbau der Sozialsysteme, aber auch notwendige
Steuerstrukturdebatten und Debatten über Innovationen
an. Ich nenne nur die Lissabon-Strategie: Wie erreichen
wir diese 3 Prozent für Forschung und Entwicklung und
den Bildungsbereich?

Natürlich ist auch die CDU/CSU gefordert, bei sol-
chen strukturellen Richtungsentscheidungen Farbe zu
bekennen und zu sagen, wie sie zu dem Vorschlag des
Kanzlers steht, die Eigenheimzulage, also Investitionen
in Beton und Steine, durch Investitionen in die Köpfe zu
ersetzen. Wie lauten die konkreten Finanzierungsvor-
schläge, um das Dreiprozentziel zu erreichen und die
6 Milliarden Euro aufzubringen? Darauf erwarten wir
Antworten.

Ich halte konkrete Aussagen dazu, wie man mehr In-
vestitionen in diesen Bereichen finanzieren will, für
wichtig und begrüße kreative Vorschläge wie den seitens
der Bundesbank, über die Goldreserven zusätzliche
Potenziale für die Finanzierung zu erschließen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn man sich den Antrag der CDU/CSU ansieht,

muss man feststellen,

(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Dass er gut ist!)


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(C (D ass es sich um ein Sammelsurium von Vorschlägen andelt, das in einer Kneipe entstanden sein muss. Zu eiem Konzept verbunden ist das Ganze jedenfalls nicht. ch habe den Eindruck, dass die CDU/CSU auf unser chlechtes Kurzzeitgedächtnis, auch das der Wähler, pekuliert. Ich erinnere mich genau an die Vermittlungsusschusssitzungen im Dezember des letzten Jahres. Daals gab es ein Wehklagen über die 1 Milliarde Euro, m die man sich verrechnet hatte und mit der dann die änder, die Gemeinden und der Bund, also die öffentlihen Kassen, belastet wurden. Damals wurde gesagt: as ist eine Katastrophe für die öffentlichen Finanzen. (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: War es doch auch!)


s ist angesichts der fehlenden Finanzierung nicht hin-
ehmbar, dass wir den Bürgern im Rahmen einer Steu-
rreform Steuerentlastungen in diesem Umfang zugute
ommen lassen.
Jetzt sehe ich unter Punkt 4 Ihres Antrags, dass die

lte Bierdeckelstrategie von Merz wieder recycelt wird.
nzwischen sind die Brauereien dazu übergegangen, die
ntsprechenden Vorlagen für diese Bierdeckelstrategie
u liefern.


(Beifall bei der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Herr Kollege, ich weiß jetzt, warum Sie nicht mehr Oberbürgermeister sind!)


ie kann man innerhalb von nur drei Monaten einen
olchen Richtungswechsel vornehmen? Gemäß Punkt 4
hres Antrages sollen nun plötzlich für eine Einkommen-
teuerreform 15 oder 25 Milliarden Euro zur Verfügung
tehen. Haben Sie das mit Ihren Ministerpräsidenten ab-
eklärt oder ist der Vorschlag nicht so ernst gemeint? Ist
as übrigens der Vorschlag von Merz oder wessen Vor-
chlag verbirgt sich hinter diesen kargen Zeilen?


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ein guter Vorschlag!)


Man muss sagen: Alles in Ihrem „klaren“ Konzept ist
utiefst interpretationsbedürftig. Auch die wirtschafts-
olitischen Wirkungen Ihrer Vorschläge muss man et-
as genauer untersuchen. Sie wollen die Einnahmesitua-
on von Spitzenverdienern stärken, indem Sie den
pitzensteuersatz noch einmal um 6 Prozentpunkte von
2 auf 36 Prozent senken. Der Steuersatz für die Bezie-
er unterer Einkommen soll ab 2005 von 15 auf 12 Pro-
ent gesenkt werden. Es ist logisch, wer dann die Zeche
ahlt: Diejenigen im unteren Einkommenssektor müssen
ie Entlastung der Spitzenverdiener bezahlen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Ist das ein Unsinn! Unglaublich!)


as ist eine Gerechtigkeitsfrage. Sie sagen: Die Gerech-
gkeitsfrage kümmert uns nicht; das ist eine Neiddiskus-
ion. Aber die wirtschaftspolitischen Auswirkungen sind
ehr wohl von Interesse; denn so kommt es nicht zu ei-
er Stärkung, sondern zu einer Schwächung der Binnen-
achfrage. Eine Stärkung wäre aber wirtschaftspolitisch
ngezeigt.






(A) )



(B) )


Ortwin Runde

Sie müssen Folgendes sehen: Die Leiter der Steuerab-

teilungen der Finanzministerien, die ja keine Heißsporne
sind, haben deutlich gesagt, welche Auswirkungen die
Umsetzung dieses Konzepts auf den Arbeitsmarkt haben
würde.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510208900

Herr Kollege, achten auch Sie bitte auf die Zeit?

Ortwin Runde (SPD):
Rede ID: ID1510209000

Ja. – Sie sagen, dass sich der Anreiz zur Arbeitsauf-

nahme im Bereich der Bezieher niedriger Einkommen
stark verringern wird. Bringen Sie das einmal mit der
Debatte, die wir hier führen, in Zusammenhang und be-
rücksichtigen Sie auch das, was Herr Kues vorhin über
die Hauptbetroffenen der strukturellen Veränderungen
gesagt hat!

Ich rate der Union, innerhalb ihrer eigenen Fraktion
mehr zu koordinieren. Dann könnten Sie vielleicht etwas
klarere und schlüssigere Konzepte als bisher vorlegen;
denn das war keine Weichenstellung in die richtige Rich-
tung. Dieser Zug fährt ins Nirgendwo.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Sagen Sie doch mal etwas zu Ihrem Konzept!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510209100

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Wolfgang

Grotthaus.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Von dieser Art Reden kann man gar nicht genug kriegen!)


Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1510209200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Lassen Sie mich in Erinnerung rufen, wie der
Titel des Antrags der CDU/CSU lautet: „Weichen stellen
für eine bessere Beschäftigungspolitik – Wachstumspro-
gramm für Deutschland“.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Ja!)

Wer diese Diskussion aufmerksam verfolgt hat, müsste
eigentlich zu dem Schluss kommen, dass die Überschrift
heißen müsste: „Abbau von Arbeitnehmerrechten – Re-
duzierung des Jugendarbeitsschutzgesetzes – Differen-
zierung der Anwendung des Arbeitsstättenrechtes in
Klein- und Großbetrieben“. In einer Summe ausge-
drückt: „Schaffung von Möglichkeiten zur inneren Kün-
digung der Arbeitnehmer – zum Standort Deutschland“.


(Beifall der Abg. Doris Barnett [SPD])

Ihre Vorschläge haben nichts mit einem Wachstumspro-
gramm zu tun. Es geht um knallharte Politik, die zulas-
ten der in den Betrieben Beschäftigten gehen soll.

Spätestens seit dem 7. März steht fest – das ist auch
nachzulesen –, dass die CDU/CSU mit ihren Beschlüs-
sen zur Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik endgültig die
Katze aus dem Sack gelassen hat. Die Union will eine

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(C (D ndere Republik. Die Union will Marktwirtschaft pur. ie breite gesellschaftliche Kritik an Ihren Vorschlägen st zu Recht groß. Der Begriff „sozial“ wird in den Vorchlägen der Union klitzeklein geschrieben. (Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Wen meinen Sie denn?)


Herr Dr. Kues, darauf komme ich noch zu sprechen.

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Ist das eine Drohung?)

Der heute von Ihnen vorgelegte Antrag ist nur ein

piegelbild dieser Beschlüsse. Ihn hier zur Debatte zu
tellen weist schon Züge von – ich sage das bewusst –
olitischer Unverfrorenheit und Uneinsichtigkeit gegen-
ber Ihrem Arbeitnehmerflügel auf. Mich würde interes-
ieren, wie Kollege Arentz, der sich ja eindeutig zu den
orschlägen Ihrer beiden Generalsekretäre geäußert hat,
uf diesen Antrag reagieren wird. Ich bin gespannt, ob er
en Vorschlägen Ihrer Fraktion zustimmen wird.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Ja! Alles abgesprochen!)


Herr Laumann, wenn das abgesprochen ist, dann sagt
r jetzt nicht mehr die Wahrheit bzw. steht er jetzt nicht
ehr hinter seiner Argumentation oder hat er vorher in
en Betrieben nur eine Beruhigungspille verteilen wol-
en.


(Beifall bei der SPD)

Sie, meine Damen und Herren von der Union, treten
it diesem Antrag zum wiederholten Male für die Zer-
chlagung von Arbeitnehmerrechten


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Wo denn? Welche denn?)


nd den Abbau des Kündigungsschutzes ein und be-
ämpfen offen die Tarifautonomie. Alle, die bisher die
olitik der Regierungskoalition kritisieren, sollten sich
anz genau ansehen, was Sie von der Union an dieser
telle vorschlagen. Ich kann Ihnen nur den Vorschlag
achen: Legen Sie diese Anträge in den Betrieben aus,
odass sich jeder Mensch in diesem Land, der abhängig
eschäftigt ist, ein Bild davon machen kann, wohin der
eg Ihrer Meinung nach gehen soll!


(Beifall bei der SPD)

hr Ziel ist es nicht, den Staat für die Zukunftsaufgaben
eu aufzustellen. Ihr Ziel ist eine Deregulierung, die den
enschen nicht nur ihre bisherigen Arbeitnehmerrechte
immt; sie sollen obendrein auch noch dafür zahlen. Der
ollege Runde hat dies bereits im Rahmen der Steuerpo-
itik dargestellt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, obwohl der Antrag
eines Erachtens nicht das Papier wert ist, auf dem er
edruckt ist, will ich einige Punkte daraus aufgreifen
nd sie ein bisschen näher betrachten.






(A) )



(B) )


Wolfgang Grotthaus

Bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung in den

neuen Bundesländern

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Können wir nicht zufrieden sein!)

machen Sie uns dafür verantwortlich – Herr Kollege
Schauerte, hören Sie einmal zu! –, dass das Versprechen
von den „blühenden Landschaften“ nicht gehalten
wurde. Vorhin wurde über Betriebe geredet. Ich habe
36 Jahre in der Industrie gearbeitet und miterlebt, wie
der Konzern, dem ich angehörte, sich in Ostdeutschland
bereichert hat, indem er Betriebe aufgekauft und die Pro-
duktion nach Westdeutschland verlagert hat. Dies wurde
über die Treuhandanstalt abgewickelt und konnte so ge-
schehen, weil nirgendwo in den Verträgen stand, dass
der Industriestandort Ostdeutschland aufrechterhalten
werden solle. Nirgendwo stand, dass eine Verlagerung
von Produktionsstätten nicht stattfinden dürfe. Nein, Ihre
damalige Regierung hat dies sogar noch forciert. Sie hät-
ten die Entindustrialisierung von Ostdeutschland aufhal-
ten müssen, Sie hätten gleich bei der Vereinigung beider
deutscher Staaten den Standort Ostdeutschland stärken
müssen. Stattdessen haben Sie Ostdeutschland ausbluten
lassen.

Wir werden die Stabilisierung und Weiterentwicklung
der Wachstumszentren, die sich in Ostdeutschland he-
rausgebildet haben, vorantreiben.


(Abg. Hartmut Schauerte meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Ich empfange um 13 Uhr eine Besuchergruppe. Ich
bitte Sie deshalb um Verständnis, dass ich die Zwischen-
frage nicht erlauben kann.

Wir wollen den Solidarpakt II, den wir gemeinsam
beschlossen haben und nach dem in den Jahren 2005 bis
2019 105 Milliarden Euro für die ostdeutschen Länder
zur Verfügung stehen, nicht nur fortführen, sondern wir
haben ihn seitens des Bundes um zusätzliche 51 Milliar-
den Euro für überproportionale Leistungen zugunsten
der ostdeutschen Länder ergänzt. Hier nützt es nichts, zu
klagen. Hier nützt es nur, konstruktiv mitzuarbeiten.
Eine solche konstruktive Mitarbeit habe ich bei Ihnen
bisher nicht feststellen können.

Bei Ihren Aussagen zum Arbeitsschutz und zur
Arbeitsstättenverordnung ist es auffällig, dass Sie eine
Festlegung auf Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten
als Richtschnur wählen. Ich habe mich gefragt: Was
steckt dahinter? Nach Ihren Vorstellungen genössen Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter in kleinen Betrieben eine
andere, eine mindere gesundheitliche Vorsorge als Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter in Großbetrieben. Ich weiß
nicht, ob dies politisch gewollt ist, aber es ist das Ergeb-
nis. Dies beträfe immerhin mehr als 80 Prozent aller Be-
triebe in Deutschland. Das Gleichheitsprinzip bliebe auf
der Strecke; aus meiner Sicht ist das auch EU-rechtlich
überhaupt nicht umsetzbar.

Ihre Forderung, das Jugendarbeitsschutzgesetz sei
anzupassen,


(Dirk Niebel [FDP]: Gastronomie bis 23 Uhr!)


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(C (D amit Anreize zur Einstellung geschaffen würden, ist öllig nichtssagend. Was meinen Sie damit? Hier hätten ie eine Aussage machen müssen: weniger Gehalt? Drei zubis teilen sich zwei reguläre Stellen? – Auch hier, eine Damen und Herren von der Opposition, sprechen ie Fakten gegen Sie: Trotz geltendem Jugendarbeitschutzgesetz, Herr Niebel, sind in den letzten zehn Jahen 10 Prozent mehr Ausbildungsstellen im gastronomichen Bereich entstanden. Unsere Ausbildungsplatzumlage wird für mehr Aus ildungsplätze sorgen. Statt Gesetze zum Schutz der junen Menschen zum Schlechteren zu verändern, sollten ie mit uns gemeinsam auf die einwirken, die sich in den etzten Jahren der gesellschaftlichen Aufgabe, junge eute auszubilden, verschlossen haben. Zu den Betriebsräten ist schon einiges gesagt wor en. – Ich sehe, die Zeit läuft mir davon. Noch eine Anmerkung zum Kündigungsschutz: ieser Begriff soll nach Ihren Vorstellungen für Ältere nd Arbeitslose ein Fremdwort werden. Statt Kündiungsschutz wollen Sie das Aushandeln von Abfindunen in den Vordergrund stellen. (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Reden Sie mal mit Herrn Clement!)


(Beifall bei der SPD)


er mag da wohl am längeren Hebel sitzen und das Ver-
ahren bestimmen: derjenige, der sich um einen Arbeits-
latz bewirbt, oder derjenige, der diesen Arbeitsplatz als
are anbietet und auf das bestmögliche Gebot wartet?
ie propagieren die freie Marktwirtschaft. Dann wissen
ie auch genau, wie man in diesem Falle am Arbeits-
arkt mit den Menschen umgehen wird.
Meine Damen und Herren, während wir die Gleich-

angigkeit von Human- und Finanzkapital als Zukunfts-
erspektive ansehen – wir wollen, dass sich Arbeitneh-
erinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber auf einer
ugenhöhe begegnen –, wollen Sie die Abschaffung von
rbeitnehmerrechten auf breiter Flur. Wir wollen
eutschland zukunftssicher machen; Sie wollen eine an-
ere Republik: eine Republik, in der Arbeitnehmerinnen
nd Arbeitnehmer zur Manövriermasse des Kapitals
erden. Dies lassen wir nicht durchgehen. Wir sagen
ein zu Ihren Plänen, weil wir der Auffassung sind, dass
ir auch weiterhin selbstständige, gute Arbeitnehmerin-
en und Arbeitnehmer in dieser Republik benötigen. In
iesem System sind als Interessenvertreter nicht Bittstel-
er, sondern gleichberechtigte Partner gefragt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510209300

Ich schließe damit die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/2670 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 22 a bis 22 g auf:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Siche-

(Verkehrsleistungsgesetz – VerkLG)

– Drucksache 15/2769 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Tourismus

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 3. März 2003 zwischen der Re-
gierung der Bundesrepublik Deutschland und
der Regierung der Republik Türkei über die
Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von
Straftaten mit erheblicher Bedeutung, insbe-
sondere des Terrorismus und der organisier-
ten Kriminalität
– Drucksache 15/2724 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

c) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ge-
setzes über Ordnungswidrigkeiten
– Drucksache 15/780 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss

d) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des
Strafvollzugsgesetzes
– Drucksache 15/2252 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael
Kauch, Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Haftungsregeln als eigenständiges Instrument
europäischer Umweltpolitik
– Drucksache 15/2011 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Rainer Stinner, Daniel Bahr (Münster),

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(C (D Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Grundsätzliche Neuausrichtung der EU-Hilfsmaßnahmen für Südosteuropa – Drucksache 15/2424 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union g)

Burchardt, Jörg Tauss, Ulrike Mehl, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der SPD sowie der
Abgeordneten Grietje Bettin, Volker Beck

(Köln), Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter

und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN
Aktionsplan zur UN-Weltdekade „Bildung für
nachhaltige Entwicklung“
– Drucksache 15/2758 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
en Verfahren ohne Debatte.
Interfraktionell wird geschlagen, die Vorlagen an die

n der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu über-
eisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
ann sind die Überweisungen so beschlossen.
Nun rufe ich die Tagesordnungspunkte 23 a bis 23 g

owie 23 j bis 23 o sowie die Zusatzpunkte 2 a bis 2 j
uf. Es handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorla-
en, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.
Tagesordnungspunkt 23 a:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zu der in Rom am 17. November 1997 ange-
nommenen Fassung des Internationalen Pflan-
zenschutzübereinkommens
– Drucksache 15/2544 –

(Erste Beratung 94. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-
wirtschaft (10. Ausschuss)

– Drucksache 15/2754 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gustav Herzog
Dr. Peter Jahr
Friedrich Ostendorff
Dr. Christel Happach-Kasan






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und

Landwirtschaft empfiehlt auf Drucksache 15/2754, den
Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. – Stimmt jemand dagegen? – Gibt es Enthaltun-
gen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung
mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen wor-
den.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich zu erheben,
wenn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Gibt
es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der
Fall. Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 23 b:
Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zum Zusatzabkommen vom
15. Oktober 2003 zu dem Abkommen vom
4. Oktober 1954 zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und der Republik Österreich zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem
Gebiet der Erbschaftsteuern
– Drucksache 15/2721 –

(Erste Beratung 100. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)

– Drucksache 15/2847 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Manfred Kolbe

Der Finanzausschuss empfiehlt auf Druck-
sache 15/2847, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wol-
len, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen?
– Der Gesetzentwurf ist damit angenommen.

Tagesordnungspunkt 23 c:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zu dem Vertrag vom 13. Mai 2002 zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und Kanada
über die Rechtshilfe in Strafsachen
– Drucksache 15/2598 –

(Erste Beratung 97. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)

– Drucksache 15/2840 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Erika Simm
Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)

Jerzy Montag
Jörg van Essen

Der Rechtsausschuss empfiehlt auf Druck-
sache 15/2840, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich

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(C (D itte Sie um das Handzeichen, wenn Sie dem Gesetzenturf zustimmen wollen. – Gibt es Gegenstimmen? – nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beraung angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich zu erheben, enn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – timmt jemand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der esetzentwurf ist in dritter Beratung angenommen. Tagesordnungspunkt 23 d: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzvertrag vom 13. Mai 2002 zu dem Vertrag vom 11. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada über die Auslieferung – Drucksache 15/2599 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 15/2841 – Berichterstattung: Abgeordnete Erika Simm Siegfried Kauder Jerzy Montag Jörg van Essen Der Rechtsausschuss empfiehlt auf Druckache 15/2841, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich itte Sie, sich zu erheben, wenn Sie dem Gesetzentwurf ustimmen wollen. – Stimmt jemand dagegen? – Gibt es nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen es ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 23 e: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon vom 30. November 1999 im Rahmen des Übereinkommens von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung – Drucksache 15/2410 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Drucksache 15/2846 – Berichterstattung: Abgeordnete Astrid Klug Marie-Luise Dött Winfried Hermann Birgit Homburger Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor sicherheit empfiehlt auf Drucksache 15/2846, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung einstimmig angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich zu erheben, wenn Sie zustimmen wollen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in dritter Beratung einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 23 f: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des Beschlusses des Rates rung von Art. 40 Abs. 1 und 7 des Übereinkommens zur Durchführung des Schengener Übereinkommens vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen – Drucksache 15/2546 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 15/2842 – Berichterstattung: Abgeordnete Christoph Strässer Wolfgang Zeitlmann Jerzy Montag Sibylle Laurischk Der Rechtsausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/2842, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung einstimmig angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn Sie zustimmen wollen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Der Gesetzentwurf ist in dritter Beratung einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 23 g: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll Nr. 13 vom 3. Mai 2002 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe – Drucksache 15/2549 – s b z t g D B g v E t t n (C (D Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 15/2844 – Berichterstattung: Abgeordnete Christoph Strässer Ute Granold Jerzy Montag Jörg van Essen Der Rechtsausschuss empfiehlt auf Druckache 15/2844, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich itte Sie, sich zu erheben, wenn Sie dem Gesetzentwurf ustimmen wollen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthalungen? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen des anzen Hauses einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 23 j: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Verordnung der Bundesregierung Dreizehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Großfeuerungsund Gasturbinenanlagen – 13. BImSchV)


(Erste Beratung 97. Sitzung)


(Erste Beratung 91. Sitzung)





(A) )


(B) )


(2003/725/JI) vom 2. Oktober 2003 zur Ände-


(Erste Beratung 94. Sitzung)


(Erste Beratung 94. Sitzung)

– Drucksachen 15/2596, 15/2630 Nr. 2.1,
15/2802 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Astrid Klug
Marie-Luise Dött
Winfried Hermann
Birgit Homburger

Der Ausschuss empfiehlt, der Verordnung auf
rucksache 15/2596 zuzustimmen. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
en? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
on SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU bei
nthaltung der FDP angenommen.
Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe-

itionsausschusses.
Tagesordnungspunkt 23 k:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 103 zu Petitionen
– Drucksache 15/2763 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
ungen? – Sammelübersicht 103 ist einstimmig ange-
ommen.
Tagesordnungspunkt 23 l:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 104 zu Petitionen
– Drucksache 15/2764 –






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Wer stimmt dafür? – Gibt es Gegenstimmen? – Ent-

haltungen? – Sammelübersicht 104 ist einstimmig ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 23 m:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 105 zu Petitionen
– Drucksache 15/2765 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Sammelübersicht 105 ist einstimmig ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 23 n:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 106 zu Petitionen
– Drucksache 15/2766 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Sammelübersicht 106 ist mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
tionsfraktionen angenommen.

Tagesordnungspunkt 23 o:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 107 zu Petitionen
– Drucksache 15/2767 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Sammelübersicht 107 ist mit den Stimmen
von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die
Stimmen der CDU/CSU angenommen.

Wir kommen zum Zusatzpunkt 2 a:
Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

rung der Ausbildung und Beschäftigung
schwerbehinderter Menschen
– Drucksachen 15/1783, 15/2357, 15/2557,
15/2830 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gudrun Schaich-Walch
– Drucksachen 15/2636 Nr. 2.40, 15/2848 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Schultz (Everswinkel)

Georg Fahrenschon

Der Vermittlungsausschuss hat gemäß § 10 Abs. 3
Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, dass im
Deutschen Bundestag über die Änderungen gemeinsam
abzustimmen ist. Dies gilt auch für die noch folgenden
Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses zu
den Zusatzpunkten 2 b und 2 c.

Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Ver-
mittlungsausschusses, Drucksache 15/2830? – Gibt es

G
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(C (D egenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempehlung ist einstimmig angenommen worden. (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510209400

Zusatzpunkt 2 b:

Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

rung der Vorschriften über die Anfechtung
der Vaterschaft und das Umgangsrecht von
Bezugspersonen des Kindes und zur Einfüh-
rung von Vordrucken für die Vergütung von
Berufsbetreuern
– Drucksachen 15/2253, 15/2492, 15/2716,
15/2831 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Hans-Joachim Hacker

Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung des Ver-
ittlungsausschusses? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
ungen? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig an-
enommen.
Zusatzpunkt 2 c:

Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

zung des Beschlusses (2002/187/JI) des Rates
vom 28. Februar 2002 über die Errichtung von
Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung

(Eurojust-Gesetz – EJG)

– Drucksachen 15/1719, 15/2484, 15/2717,
15/2832 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Hans-Joachim Hacker

Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Auch diese Be-
chlussempfehlung ist einstimmig angenommen.
Zusatzpunkt 2 d:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu
der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur
Änderung der Richtlinie 2003/96/EG im Hin-
blick auf die Möglichkeit der Anwendung vo-
rübergehender Steuerermäßigungen und Steu-
erbefreiungen auf Energieerzeugnisse und
elektrischen Strom durch bestimmte Mitglied-
staaten
KOM (2004) 42 endg.; Ratsdok. 5850/04
– Drucksachen 15/2636 Nr. 2.40, 15/2848 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Schultz (Everswinkel)

Georg Fahrenschon






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Der Ausschuss empfiehlt in Kenntnis der Unterrich-

tung, eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist ein-
stimmig angenommen.

Zusatzpunkt 2 e:
Beratung der Beschlussempfehlung des Rechts-
ausschusses (6. Ausschuss)

Übersicht 6
über die dem Deutschen Bundestag zugeleite-
ten Streitsachen vor dem Bundesverfassungs-
gericht
– Drucksache 15/2834 –

Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
genprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zu weiteren Beschlussempfehlungen
des Petitionsausschusses.

Zusatzpunkt 2 f:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 108 zu Petitionen
– Drucksache 15/2835 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht 108 ist einstimmig an-
genommen.

Zusatzpunkt 2 g:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 109 zu Petitionen
– Drucksache 15/2836 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Sammelübersicht 109 ist einstimmig an-
genommen.

Zusatzpunkt 2 h:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 110 zu Petitionen
– Drucksache 15/2837 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht 110 ist ebenfalls ein-
stimmig angenommen.

Zusatzpunkt 2 i:
Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 111 zu Petitionen
– Drucksache 15/2838 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Sammelübersicht 111 ist mit den Stim-

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A
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(C (D en der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von DU/CSU und FDP angenommen. Zusatzpunkt 2 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 112 zu Petitionen – Drucksache 15/2839 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 112 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen und der FDP gegen die Stimen von CDU/CSU angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik – Drucksachen 15/2553, 15/2770 – a)


(Erste Beratung 95. Sitzung)

ses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-
wirtschaft (10. Ausschuss)

– Drucksache 15/2843 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Waltraud Wolff (Wolmirstedt)

Peter H. Carstensen (Nordstrand)

Friedrich Ostendorff
Hans-Michael Goldmann

b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung
– Drucksache 15/2851 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Otto Fricke
Ernst Bahr (Neuruppin)

Bartholomäus Kalb
Franziska Eichstädt-Bohlig

Es liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktionen
er CDU/CSU und der FDP vor. Ich weise darauf hin,
ass zur Annahme des Gesetzentwurfs, über den wir
päter namentlich abstimmen werden, nach Art. 87
bs. 3 des Grundgesetzes die absolute Mehrheit – das
ind 302 Stimmen – erforderlich ist.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
iderspruch. Dann ist so beschlossen.
Als erster Rednerin erteile ich der Kollegin Jella

euchner von der SPD-Fraktion das Wort.

Jella Teuchner (SPD):
Rede ID: ID1510209500

Herr Präsident! Sehr geehrte Herren und Damen! Seit

uni 2003 diskutieren wir die nationale Umsetzung der
grarreform. Heute werden wir eine Diskussion ab-
chließen, die hier im Bundestag, die zwischen dem
und und den Ländern und mit den Landwirten meistens






(A) )



(B) )


Jella Teuchner

sehr konstruktiv geführt wurde. Ich sage „meistens“,
weil es doch einige gibt, die die EU-Agrarreform nicht
haben wollen und deswegen alles versuchen, um die na-
tionale Umsetzung zum Scheitern zu bringen. Da wärmt
man sich an einer Früher-war-alles-besser-Ideologie,
sitzt in der Ecke und schmollt. Den Landwirten hilft man
damit allerdings überhaupt nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir alle wissen, dass es in der Förderung der Land-
wirtschaft zu einem Umbruch kommen wird, unabhän-
gig davon welches Modell wir wählen. Jetzt tun die
Union und vor allem der bayerische Landwirtschaftsmi-
nister aber so, als sei das Betriebsmodell der Königs-
weg und würde alle glücklich machen. Wir alle wissen:
In dieser Frage gibt es keinen Königsweg.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Da ist was dran!)


Ich kann nur alle auffordern: Machen Sie endlich die
Augen auf! Fangen Sie endlich an, mit uns hierüber ehr-
lich zu diskutieren!

Sprechen Sie einmal mit den bayerischen Bauern. Sie
werden feststellen, dass vielen sehr wohl bewusst ist,
dass sich die Bayerische Staatsregierung in der Agrarpo-
litik isoliert hat. Die Bauern wissen: In dieser Position
kann sich Bayern nicht mehr für die Bauern einsetzen.
Wer einfach nur verhindern will, der kann auch nicht
mehr gestalten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Albert Deß [CDU/CSU]: Bayern will eine Reform zugunsten der Bauern!)


Sie konnten die Agenda 2000 nicht verhindern. Auch die
EU-Agrarreform wird kommen. Sie sollten sich doch
eher die Frage stellen: Wollen wir gestalten oder wollen
wir zuschauen, wie gestaltet wird? Wir wollen klar und
eindeutig gestalten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist geradezu absurd, wenn – wie in Ihrem Ent-
schließungsantrag – gleichzeitig mehr Betriebsprämien
und weniger nationale Reserve gefordert werden. Die
nationale Reserve dient dem Ausgleich von Härtefällen.
Die Union will damit offensichtlich deutlich mehr Härte-
fälle; denn genau das bedeutet die Ausweitung der Be-
triebsprämie.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Die Bundesregierung ist ein Härtefall für die Bauern!)


Sie will aber keine Mittel, diese auszugleichen. Dies
steht so in Ihrem Antrag. Die Frage ist: Sagen Sie das
auch so den Landwirten, wenn Sie mit ihnen sprechen?


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


Sie machen es sich sehr einfach. Sie sammeln alle popu-
listischen Forderungen, ohne ein eigenes schlüssiges
Konzept vorzulegen.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So funktioniert das!)


ie Landwirte haben schon längst gemerkt, wer hier
rnsthaft diskutiert. Hören Sie doch einfach auf, hier nur
erumzupoltern!


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Haben Sie schon mit Landwirten gesprochen?)


Mehr als genug, und zwar auch in Freising.
Hören Sie bitte auf, den Teufel Cross Compliance an

ie Wand zu malen. Cross Compliance bedeutet, dass
rämien dann gezahlt werden, wenn bestimmte EU-
ichtlinien eingehalten werden. Es geht also um die Ein-
altung eines bereits bestehenden, gültigen Rechts. Da-
ei gibt es keinen Spielraum nach oben. Dies war im
grarrat übrigens nie umstritten. Diese anderweitigen
erpflichtungen sind für die Akzeptanz der Agrarpolitik
otwendig.
Wir wollen die Landwirte auch in Zukunft bei ihren

ielfältigen Aufgaben für die Gesellschaft unterstützen
önnen. Dafür ist diese Akzeptanz notwendig. Ich höre
on Ihnen aber nur, dass wir nicht kontrollieren dürfen.
a werden Feldbeobachter beim Pflanzenschutz zu Er-
ittlern, Bauernspionen und Stasimitarbeitern.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: So ist es ja auch!)


ei den Cross-Compliance-Regelungen sollen wir, wenn
s nach der Union geht, nicht zu viel kontrollieren, damit
s nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt. Ich frage
ie: Rechtsbruch als Standortvorteil?


(Albert Deß [CDU/CSU]: Das ist doch ein dummer Vergleich!)


alten Sie solche Aussagen für eine Vertrauensoffensive
ür die deutsche Landwirtschaft? Wollen Sie so die Ak-
eptanz für die Förderung der Landwirtschaft sichern?
enn Sie so weitermachen, dann werden Sie zu einem
ommunikationsrisiko für alle deutschen Bauern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die EU-Agrarreform ist beschlossen. Sie bietet eine
ute Grundlage für die zukünftige Agrarpolitik. Sie stellt
icher, dass unsere Politik in der WTO durchsetzbar ist,
on den Menschen akzeptiert wird und auch in Zukunft
inanzierbar ist.
Wir wissen, dass es Härten geben wird. In der Ausei-

andersetzung haben wir diese soweit wie möglich ver-
indert. Es gibt keinen Königsweg. Was aber geschafft
urde: Es ist ein Weg aufgezeigt worden, der den Land-
irten die Möglichkeit gibt, in Zukunft für den Markt
nd nicht mehr für die Prämie zu produzieren. Das ha-
en wir erreicht und damit haben wir viel erreicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Albert Deß [CDU/CSU]: Ihr habt erreicht, dass viele Bauern aufhören!)







(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510209600

Das Wort hat der Kollege Peter Bleser von der CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Bleser (CDU):
Rede ID: ID1510209700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeder Ver-

such, einem Branchenfremden die EU-Agrarpolitik und
die letzte Reform zu erklären, ist von vornherein zum
Scheitern verurteilt. Ich habe auch erhebliche Zweifel,
nachdem ich Sie, Frau Teuchner, gehört habe, ob es ge-
lungen ist, zumindest den Fachpolitikern in diesem Haus
diese Reform nahe zu bringen.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Das ist wohl wahr!)


Ich bleibe deswegen bei meiner Bewertung vom letzten
Jahr, dass diese bis 2013 angelegte Reform ein Vorstoß
in eine neue Dimension staatlicher Bevormundung ist,
eine Verschwendung von Steuergeldern und ein bürokra-
tischer Exzess, der seinesgleichen sucht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Sagen Sie das doch mal Ihren Bundesländern!)


Wer geglaubt hat, dass bei der nationalen Umsetzung
dieser Reform eine Steigerung dieser Vorwürfe nicht
mehr möglich ist, der muss sich leider getäuscht sehen.
Seit September letzten Jahres analysieren unsere Bauern,
die Verbände, die Bundesländer und die Abgeordneten
in diesem Haus die Auswirkungen dieser Reform auf die
landwirtschaftlichen Betriebe. Niemand kann voraussa-
gen, wie die Bewirtschaftung unserer Flächen in den
nächsten Jahren aussehen wird. Werden sie brach fallen?
Denn auch in Zukunft wird die Prämiengewährung ohne
Lebensmittelproduktion möglich sein. Die Flächen
müssen lediglich gemulcht werden. Oder wird die Han-
delbarkeit von Prämienrechten, das Verkaufen von Prä-
mienrechten, dazu führen, dass die gewollten Unterstüt-
zungen nicht den weiter wirtschaftenden Betrieben, den
Zukunftsbetrieben, zukommen, sondern denen, die aus-
steigen wollen oder die schon ausgestiegen sind?

Was die Bundesregierung mit diesem Gesetzentwurf
vorhat, nämlich ab 2007 die Prämien zum Beispiel der
Milcherzeuger und der Bullenmäster auf die Flächen
umzulegen, führt dazu, dass diese Betriebe in eine arge
wirtschaftliche Existenznot getrieben werden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Elke Wülfing [CDU/ CSU]: Das kann man wohl sagen!)


Wenn Sie diesen Gesetzentwurf, den Sie heute einge-
bracht haben, beschließen werden – dessen bin ich mir
sicher –, werden Sie die Vernichtung von Tausenden von
landwirtschaftlichen Existenzen zu verantworten haben.
Das ist die Konsequenz Ihres Tuns.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Bittere Wahrheit!)

In den Schlachtereien, in den Molkereien, in den Land-
maschinenwerken oder im Landhandel wird der
Arbeitsplatzabbau massiv beschleunigt werden.

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(C (D In der Anhörung am 23. März hier in Berlin hat Pro essor Isermeier auf meine Frage hin geantwortet, dass er Produktionsrückgang allein in der Rindermast mehr ls 20 Prozent betragen werde und dass er damit rechne, ass allein in diesem Bereich mehr als 10 000 Arbeitslätze verloren gingen. Frau Ministerin, Sie sind Ihrer rünen Ideologie so sehr verfallen, dass Ihnen das chicksal dieser Menschen völlig gleichgültig ist. och dramatischer wird die Senkung der Interventionsreise bei der Milchproduktion, die einer Abschaffung er Intervention gleichkommt, ausfallen. Schon im Vorriff auf diese Reform befindet sich der Milchpreis im reien Fall. rlauben Sie mir deshalb, dass ich an dieser Stelle an die erantwortlichen im Lebensmitteleinzelhandel appeliere: Berücksichtigen Sie bei Ihren Preisverhandlungen och die bittere Not vieler landwirtschaftlicher Milchereuger! (Beifall bei der CDU/CSU – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Hier kann man auch Namen nennen!)


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: So ist es!)


Nach den EU-Ratsbeschlüssen sollen die Milchpreise
m 7 bis 8 Cent pro Liter zurückgehen und die Land-
irte sollen einen Ausgleich von 3,5 Cent dafür erhalten.
ie Bauern wollen das übrigens nicht. Ich frage mich, ob
iese Preissenkungen letztlich den Verbraucher errei-
hen. Da haben wir in der Vergangenheit leider negative
rfahrungen gemacht.


(Albert Deß [CDU/CSU]: So ist es!)

Sie wollen aber diesen Ausgleich für die Betriebe, der

hnehin nicht ausreichend ist, schon nach zwei Jahren
ieder senken. Das können diese Betriebe, die in den
ergangenen Jahren hohe Investitionen in moderne, tier-
erechte Stallungen getätigt haben, nicht überleben.
Wenn wir uns vor Augen führen, dass in der Milch-

roduktion und in der Rindermast 11 Milliarden Euro
mgesetzt werden – das ist ein Drittel aller landwirt-
chaftlichen Erlöse –, dann müssen wir davon ausgehen,
ass weitere Markteinbrüche zu erwarten sind. Deutsch-
and ist schon jetzt der größte Lebensmittelimporteur der
elt. Sie, Frau Künast, können dann von sich behaup-

en, dass Sie alles Mögliche dazu beigetragen haben,
iese fragliche Spitzenposition auch in Zukunft zu hal-
en.
Jeder Fachmann weiß: Wenn die Milchproduktion aus

en Mittelgebirgsregionen weggeht, dann stirbt das
rünland. Damit wird sich auch unsere Kulturlandschaft
achhaltig verändern. Welche Auswirkungen diese Ent-
icklung auf die Tourismusbranche hat, brauche ich
icht zu erläutern. Ich denke, das wissen Sie alle ge-
auso gut wie ich.
Wir wollen das alles nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Peter Bleser

Deswegen haben wir heute unseren Entschließungsan-
trag vorgelegt. Wir wollen, dass die Hilfen der EU den
Milcherzeugern über die gesamte Laufzeit der Reform
zukommen, dass die Rindermäster längere Übergangs-
zeiten bekommen und dass bei der Umsetzung der so ge-
nannten Cross-Compliance-Regelungen jede Sonderbe-
lastung von den deutschen Landwirten ferngehalten
wird.

Ich fasse zusammen und ziehe das Fazit:
Erstens. Die von Frau Künast gelobte und mitbe-

schlossene EU-Agrarreform ist eine nicht honorierte
Vorleistung im WTO-Prozess und in der grundsätzlichen
Anlage falsch.

Zweitens. Die von der Bundesregierung beabsichtigte
Umsetzung der Reform führt zum Verlust von Marktan-
teilen und zur Vernichtung von Zehntausenden Arbeits-
plätzen in der Ernährungswirtschaft.

Drittens. Ich fordere den Bundeskanzler auf, ange-
sichts von 4,5 Millionen Arbeitslosen das Vorgehen der
Frau Ministerin Künast in dieser Frage zu stoppen.

Viertens. Die Bundesregierung hat kein Konzept, um
die deutsche Landwirtschaft in einem Europa der
27 Staaten und bei einer weiteren Globalisierung wett-
bewerbsfähiger zu machen.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Aber du hast eins?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510209800

Herr Bleser, kommen Sie bitte zum Schluss.

Peter Bleser (CDU):
Rede ID: ID1510209900

Ich komme gleich zum Ende, Herr Präsident. – Mit

der Schwerpunktsetzung auf Ökobetriebe werden wir
gnadenlos untergehen. Deswegen hoffen nicht nur die
deutschen Bauern, sondern auch die Beschäftigten im
ländlichen Raum auf die CDU/CSU-geführten Bundes-
länder.


(Jella Teuchner [SPD]: Auf euch hofft doch keiner mehr!)


Aus diesem Grunde müssen wir den Wählern dafür dan-
ken, dass wir dieses Korrektiv haben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510210000

Das Wort hat jetzt die Kollegin Ulrike Höfken von

Bündnis 90/Die Grünen.

Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510210100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wenn der Kollege Bleser schon auf die durch-
geführte Anhörung zurückgreift, dann sollte er korrekt
zitieren. Professor Isermeier zum Beispiel hat auch vor-
gerechnet, dass durch die Gesetzesreformen der Bundes-
regierung im Rindfleischbereich Preissteigerungen von
17 Prozent zu erwarten sind.

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(C (D as ist sehr leicht nachzuvollziehen, wenn es zu den entprechenden Umstrukturierungen kommt. Sie wissen, dass der heutige Rindfleischpreis bzw. der ullenpreis zu einem hohen Prozentsatz – und zwar zum berwiegenden Teil – durch staatliche Mittel gestützt ird. Diese Entwicklung, die durch die Marktferne herorgebracht wurde, will aber niemand. Von der CDU/CSU wird nun aus ideologischen Grün en auch der bislang im Konsens verlaufene Diskussinsprozess um die Agrarreformen in den politischen eppichhandel des Vermittlungsausschusses gezogen. (Beifall des Abg. Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Lachen bei der CDU/CSU)


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


amit wird das Parlament weitgehend um seine inhaltli-
hen Mitwirkungsmöglichkeiten gebracht. Ein Aufgrei-
en der verschiedenen Vorschläge aus der Anhörung, von
en Verbänden oder den Ländern vonseiten der Koaliti-
nsfraktionen hier und heute ist damit völlig unsinnig
eworden.
Die CDU/CSU-Fraktion legt stattdessen als Tischvor-

age einen Entschließungsantrag vor, mit dessen Bera-
ung sie gerade fertig geworden ist. Dieser entspricht
ins zu eins den Vorschlägen des Deutschen Bauern-
erbandes. Es ist ja in Ordnung, wenn ein Interessen-
erband seine Interessen vertritt. Aber die CDU/CSU
ntzieht sich damit wieder einmal ihrer politischen Ver-
ntwortung, indem sie Populismus betreibt und allen
ohl und keinem Wehe verspricht, und zwar wider bes-
eres Wissen. Aber hierüber hat Peter Bleser kein einzi-
es Wort verloren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


iese Politik hat in der Vergangenheit der deutschen
andwirtschaft nur marktferne Überschussproduktion,
iserable Erzeugerpreise, hohe Abhängigkeit von
taatsknete und überbordende Bürokratie, aber keine
ukunftsperspektive gebracht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich möchte noch auf den Kern der Vorschläge einge-
en, die die CDU/CSU in ihrem Entschließungsantrag
acht. Diese Vorschläge würden, wenn sie umgesetzt
ürden, gerade in der Anfangszeit, in der Übergänge
otwendig sind, zu einer stärkeren Belastung der tier-
altenden Betriebe – mit Ausnahme der Milchbauern;
as ist die Folge des 65/35-Modells – zugunsten der
ckerbauern und zu einer Verschiebung der endgültigen
ntkopplung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag führen.
as wäre das Ergebnis einer solchen Politik? Von den
estprämien kann niemand mehr leben. Die Schafhalter,
ie flächenarm wirtschaften, und die Ziegenhalter, die
ulturlandschaftspflege betreiben


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Willst du jetzt nicht mal über die Ulrike Höfken Ziegenhalter reden? Sag doch mal, für welchen Verband du jetzt sprichst!)





(A) )


(B) )


– gut, dass Sie mich daran erinnern –, arbeiten schon
heute mit der Mutterschafprämie am Existenzminimum.
Flächenarme Betriebe müssen also nach Ihrem Modell
aufgeben. Gleichzeitig werden aber die Marktorientie-
rung und damit die Bildung realistischer Marktpreise
– das gilt auch im Hinblick auf mögliche Anstiege im
Rindfleischsektor – aktiv behindert. Die Mitnahmeef-
fekte, also das Beziehen von Prämien, obwohl die Pro-
duktion schon längst aufgegeben wurde, und die über-
langen Übergangszeiten, die die CDU/CSU in ihrem
Entschließungsantrag vorsieht, würden die gesellschaft-
liche Akzeptanz massiv gefährden – worauf Jella
Teuchner schon hingewiesen hat.

Mit Ihren Vorschlägen ist außerdem eine enorme Bü-
rokratisierung verbunden. Wenn jemand die EU in Sa-
chen Bürokratie noch toppt, dann ist es die CDU/CSU-
Fraktion mit ihren Vorschlägen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es wird unrealistischerweise die Illusion genährt, dass
die Reformen wieder zurückgenommen werden können.
Das verhindert Planungssicherheit sowie einen Moderni-
sierungs- und Neuausrichtungsprozess in der Landwirt-
schaft. Zudem wird eine massive Instrumentalisierung
der Bauern betrieben – das erlebe ich immer wieder vor
Ort –, indem man mit gezielten Falschinformationen
über angeblich von der Bundesregierung geplante zu-
sätzliche Auflagen, die die bisherigen Umweltpro-
gramme gefährden würden, Widerstände schürt und die
Menschen auf die Palme treibt.


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Das ist so!)

– Das ist überhaupt nicht so! Es gibt keine einzige Vor-
lage. Das ist reine Propaganda im übelsten Sinne.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Die Grünen unterstützen die Vorschläge der Bundes-
regierung, die auf eine rasche und möglichst vollstän-
dige Entkopplung, auf eine Verringerung der bisherigen
Benachteiligung von Regionen und Betriebsformen, auf
Marktorientierung und Honorierung der gesellschaftli-
chen Leistungen zum Beispiel im Hinblick auf Umwelt,
tiergerechte Produktion, Qualität und Lebensmittelsi-
cherheit zielen. Uns ist natürlich klar, dass bestimmte
Produktionsbereiche besonderer Lösungen bedürfen,
zum Beispiel die Milchproduktion und die extensiven
Erzeugungsformen, und dass ein Gleitprozess notwendig
ist. Hier sind wir mit den Ländern einer Meinung.

Wir fordern die Bundesländer und die CDU/CSU auf,
die Agrarreform nicht länger für eine parteipolitische
Auseinandersetzung zu instrumentalisieren, die Land-
wirtschaft in Deutschland mit notwendigen Reformen
auf die Osterweiterung und die WTO-Ergebnisse vor-
zubereiten sowie die Marktorientierung zu unterstützen,
umwelt- und tiergerechte Produktion, Grünlandbewirt-
schaftung und Weidewirtschaft zu stärken – das ist auch

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(C (D m Rahmen der Umsetzungsbeschlüsse möglich, die Miisterin Künast vorgelegt hat; (Zuruf von der CDU/CSU: Sie müssen nur mulchen!)


icht nur mulchen, sondern auch abfahren –,


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510210200

Frau Kollegin Höfken, kommen Sie bitte zum

chluss.


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510210300

– die zweite Säule und die Modulation voll auszu-

chöpfen sowie das EEG zu unterstützen; denn dieses
esetz bietet der Landwirtschaft und den ländlichen
äumen Einkommensperspektiven, die sie unbedingt
rauchen.
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510210400

Das Wort hat der Kollege Hans-Michael Goldmann

on der FDP-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1510210500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Lieber Matthias, da du mich so freundlich be-
rüßt hast, will ich die Atmosphäre hier durchaus ein
isschen danach ausrichten. Ich freue mich darüber, dass
ir über die Reform der Agrarmärkte ganz grundsätzlich
prechen; denn ich halte sie für reformbedürftig. Ich
alte das, was die Bundesregierung gesetzgeberisch auf
en Weg gebracht hat, von der Grundausrichtung her für
ichtig und notwendig. Ich begrüße es, dass ein Modell
ufgegriffen wird, das die FDP schon vor Jahren entwi-
kelt hat, nämlich das Modell der so genannten Kultur-
andschaftsprämie, also ein Modell der gesellschaftli-
hen Leistung für Menschen, die unseren Kulturraum
nd unseren ländlichen Raum insgesamt erhalten.


(Beifall bei der FDP)

ur unter diesem Gesichtspunkt ist eine Bereitstellung
ieser Mittel dauerhaft gerechtfertigt.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Das haben Bayern und Baden-Württemberg schon vor acht Jahren umgesetzt!)


Liebe Kollegen, insbesondere du, Albert Deß, wir
ollten uns wirklich besinnen und uns fragen, ob es nicht
esser ist, den Streit hier nicht fortzusetzen, sondern uns
arüber zu unterhalten, wie wir diesen Paradigmenwech-
el ausgestalten.
Lieber Peter Bleser, du bist zu dem Ergebnis gekom-
en, dass das nicht zu verstehen ist. Ich finde das nicht
ichtig. Das ist ganz einfach: Bis jetzt bekommt man
eld dafür, dass man etwas produziert, was auf dem






(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann

Markt nicht unbedingt nachgefragt wird. Das ist unsin-
nig. Das sehen sehr viele Bauern genauso wie ich.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zukünftig bekommt man Geld dafür, dass man etwas
macht, was von der Gesellschaft insgesamt akzeptiert
wird. Das führt zu mehr Markt und dazu, dass der Bauer
eine größere Chance erhält, am Markt Preise zu erzielen,
die ein vernünftiges Einkommen für seine Leistungen er-
möglichen. Im Endeffekt bedeutet das wesentlich weni-
ger Bürokratie und wirkt der momentan vorhandenen
Fehlsteuerung entgegen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich finde es deswegen schade, wenn man sagt: Das
kann keiner verstehen. – Damit tun wir uns keinen Ge-
fallen. Die Gesellschaft muss verstehen, was wir hier
machen. Die Gesellschaft versteht sehr wohl, dass wir
hier eine besondere Leistung für die Landwirte und den
ländlichen Raum erbringen. Ich meine, wir können ge-
meinsam die Entwicklung in die richtige Richtung len-
ken.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)


Lieber Peter Bleser, du sagst, dass ihr das alles nicht
wollt. Dazu muss ich ehrlich sagen: Das trifft mich. Un-
sere Fraktionen, die beide in der Opposition sind, müs-
sen vieles gemeinsam – der entsprechende Gesetzent-
wurf wird sicherlich im Vermittlungsausschuss landen –
auf den Weg bringen. Ich bitte deswegen sehr nach-
drücklich darum, die Gemeinsamkeiten herauszustellen
und den Finger nicht immer wieder in – sicherlich vor-
handene – Wunden zu legen. Es gibt Punkte, bei denen
wir unterschiedlicher Auffassung sind. Das kommt auch
in unserem Entschließungsantrag zum Ausdruck.

Wir sollten aber auch einmal gemeinsam hervorhe-
ben, dass wir die Anliegen der Milchbauern und der Rin-
dermäster sehr ernst nehmen.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Eben!)


Ihre und unsere Fraktion kommen doch zu dem Ergeb-
nis, dass es hier Veränderungen geben muss. Ich meine,
dass 2010 eine gute Marke ist. Diese Auffassung teilen
sowohl der Bundesrat als auch sehr viele CDU-Agrarmi-
nister. Ich bin nicht der Meinung, dass es richtig ist, am
Jahr 2013 festzuhalten und dann einen abrupten Bruch
zu vollziehen. Ich glaube, dass der Entschließungsantrag
der CDU/CSU an dieser Stelle ein Riesenproblem ent-
hält.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)


Wir sind uns einig, dass wir bei den Modulationsmit-
teln ansetzen müssen. Niederländer haben mir einmal
den schönen Satz „Bauerngeld ist Bauerngeld“ gesagt.
Auch ich bin dafür, dass dieses Geld wieder bei den Bau-

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(C (D rn ankommt und nicht in den ländlichen Regionen ausegeben wird. Es sollte genutzt werden, um Belastungen er Milchwirtschaft und derjenigen, die ihr Einkommen is jetzt durch Tierprämien erzielt haben, zu verringern. Wir sind in der Frage des Dauergrünlandes einer Mei ung. Lasst uns das doch gemeinsam auf den Weg brinen! Wir sind auch einer Meinung, dass wir im Bereich on Cross Compliance eine Änderung anstreben sollten. ir wollen nicht, dass der Umweltminister in diesen Be eich hineinregiert. Wir wollen vielmehr, dass dieser Beeich von denjenigen ausgestaltet wird, die besondere eziehungen zur Agrarpolitik und zur Verbraucherpoliik haben. eswegen ein ganz klares Ja zu diesem Konzept, im rundsatz jedenfalls, verbunden mit dem dringlichen nliegen, dass noch deutliche Verbesserungen erreicht erden. Liebe Frau Teuchner, Sie haben vorhin etwas ange prochen. Ich will das mit den Bauernspionen nicht bertreiben. Aber jemand, der über Jahre mit der Agrarirtschaft politisch so umgegangen ist wie Sie, darf sich un nicht darüber wundern, dass er mit seiner Politik bei en Bauern im Moment kein Vertrauen gewinnt. Sie haen doch die europäischen Vorgaben nicht eins zu eins mgesetzt, sondern haben immer wieder überzogen und amit im Grunde genommen die unternehmerischen andwirte in die Ecke gedrängt. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Sie haben heute einen guten Ansatz gehabt. Ich kann
hnen nur empfehlen: Machen Sie einen Clement! Set-
en Sie sich gegenüber den Grünen durch! Behalten Sie
ie Arbeitsplätze in diesem Bereich im Auge! Dann kön-
en wir uns in dieser Frage auf viel Gemeinsamkeit ein-
tellen und eine gute Lösung entwickeln.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Ich will noch etwas betonen, liebe Freunde von der
DU/CSU.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ach, jetzt sind wir Freunde?)


Wir sind fachlich gern zur Zusammenarbeit bereit. –
eter Harry Carstensen, die marktwirtschaftliche Linie,
hre Husumer Beschlüsse, das – das will ich noch einmal
agen – war eine gute Linie. Wenn Sie davon jetzt abrü-
ken und so handeln, wie es Kollege Deß immer wieder
ut


(Albert Deß [CDU/CSU]: Jetzt ist eine andere Geschäftsgrundlage!)


ich sage das jetzt einmal in der Agrarsprache:
acSharry 1992 war Mist, 2000 war Mist, die Halbzeit-
ewertung war Mist; das ist eine völlig falsche Agrarpo-
itik –, wenn das die Position der CDU/CSU ist, dann
ibt es in dieser Frage keine Gemeinsamkeit mit der
DP.






(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann

Wir wollen eine Reform, die den unternehmerischen

Landwirt stärkt. Wir wollen eine Reform, die gesell-
schaftliche Akzeptanz erhält.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Ihr wollt eine Reform, die die Bauern kaputtmacht!)


Wir wollen eine Reform, die den Agrarbereich, einen ab-
soluten Hochleistungsbereich, einen – das muss man
auch einmal betonen – wunderbaren Bereich mit riesigen
Exportchancen, WTO-kompatibel macht, die die Chan-
cen der EU-Osterweiterung für unsere Landwirte nutzt.

Von daher werden wir uns heute bei der Abstimmung
über den Entschließungsantrag der CDU/CSU der
Stimme enthalten. Die Regierungsvorstellungen lehnen
wir ab, weil wir noch dringend Verbesserungen errei-
chen müssen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ein bisschen konsequenter hätte es schon sein können!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510210600

Das Wort hat jetzt die Kollegin Waltraud Wolff von

der SPD-Fraktion.


Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1510210700

Sehr geehrter Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich Ih-

nen, Herr Kollege Goldmann, meine Hochachtung zol-
len. Sie haben eine fantastische Rede gehalten. Besser
hätte auch ich mit der CDU/CSU nicht umgehen können,
aber zum Schluss hat leider die Konsequenz gefehlt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Aber dahin kommen wir vielleicht auch noch.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: 2007 ist zu früh!)

Zur Wiederholung: Was von der CDU/CSU noch vor

zwei Jahren als Spinnerei verschrien und verlacht wurde,
was als nicht umsetzbar galt, machen wir heute. Wir be-
schließen heute die Reform zur Gemeinsamen Agrar-
politik. Es gibt keinen notwendigeren Schritt auf dem
Weg zur Sicherung des Agrarstandorts Deutschland und
Europa insgesamt. Mit dieser Reform machen wir unsere
Landwirte


(Zuruf von der CDU/CSU: Kaputt!)

fit für die Zukunft und wettbewerbsfähig – in Europa
und auf dem globalisierten Weltmarkt.

Genau wie Herr Goldmann gesagt hat, folgen wir nur
der Entwicklung seit 1992. Ich habe schon bei der ersten
Lesung dieses Gesetzentwurfs gesagt: Ich war auf gro-
ßen Bauernveranstaltungen; ich weiß nicht, wo Sie un-
terwegs waren. Unsere Bauern haben gesagt: Wir haben
MacSharry geschafft. Wir haben die Agenda 2000 ge-
schafft. Wir schaffen auch die EU-Agrarreform.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU – Albert Deß [CDU/CSU]: Eines ist sicher: Es gibt länger Bauern in Deutschland als diese rot-grüne Bundesregierung!)


Die Umstrukturierung der Förderung durch die GAP
ar dringend notwendig; denn die Landwirtschaft – das
issen wir alle – wird auch künftig nicht ohne Zuwen-
ungen produzieren können. Die Bauern müssen in einer
iberalisierten globalen Marktwirtschaft bestehen kön-
en. Die umwelt- und tierschutzrechtlichen Anforderun-
en werden immer höher; das will der Verbraucher so.
Nebenbei gesagt: Die bisherige Art der Fördermittel-

ergabe kann man der Bevölkerung auch einfach nicht
ehr erklären. Das kann man nicht mehr vermitteln.
Die Bauern werden sich also am Markt orientieren
üssen. An der Nachfrage wird ihre Produktion ausge-
ichtet sein. Die Direktzahlungen der EU werden sich
ünftig an den Leistungen ausrichten, die die Landwirte
ür die Gesellschaft erbringen.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Das ist hier die reinste Märchenstunde! – Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Wolff und das Märchen!)


Von diesem Platz aus, liebe Kolleginnen und Kolle-
en, muss ich endlich einmal loswerden, wie schändlich
ch das Verhalten der CDU/CSU-Fraktion auch im Nach-
ang finde. Sie haben bis zum Abschluss der Halbzeitbe-
ertung der Agenda 2000 gesagt: Entkopplung? Modu-
ation? Das brauchen wir nicht, liebe Bauern, alles
uatsch, wir machen weiter wie gehabt.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Bei der Modulation, ja! Bei der Entkopplung haben wir das nie gesagt! Du erzählst nicht die Wahrheit! Sagen Sie die Wahrheit, Frau Wolff! – Dr. Klaus Rose [CDU/ CSU]: Wolff, sag die Wahrheit!)


as war nicht nur vorsätzlich falsch, sondern es ist auch
ine sträfliche Art von Verunsicherungstaktik, die Sie bis
um heutigen Tag fortgesetzt haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Verunsichert haben Sie den Berufsstand, dem Sie sich
och angeblich so verbunden fühlen. Ich finde, Ihr
haos ist einfach nicht mehr nachzuvollziehen: Erst for-
ern Sie unternehmerische Freiheit und wenn sie dann
ommen könnte, wollen Sie plötzlich die alte Prämien-
ahlung beibehalten. Wenn es dann auch noch um die
rschließung neuer Einkommenspotenziale geht,


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Gegen die Bauern! – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bauernverbandsideologie!)


enn wir für die Erschließung neuer Einkommensquel-
en sind und für die Landwirte sorgen, machen Sie nicht
it.






(A) )



(B) )


Waltraud Wolff (Wolmirstedt)


Ich muss hier öffentlich sagen, dass die Opposition

die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes gestern
im Ausschuss geschlossen abgelehnt hat, obwohl gerade
im Bereich der Biomasse ein Quantensprung gelungen
ist


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der Widerspruch!)


und die Bauern in der Zukunft die Möglichkeit haben,
sich ein neues Standbein zu schaffen.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das ist doch gar nicht wahr, was Sie hier erzählen!)


Wir werden diese Novelle morgen hier beraten und be-
schließen. Ich sage: ein guter Tag!

Aber wessen Interessen vertreten Sie denn eigentlich
noch? Ich glaube, seit Sie Oppositionsarbeit machen,
drehen Sie sich nur noch um sich selbst und wissen nicht
mehr, auf welchen Veranstaltungen Sie wie reden sollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestern ist also das
große Wunder geschehen: Die CDU/CSU hat ihren
Entschließungsantrag angekündigt. Meine Kollegin
Teuchner und auch Herr Goldmann haben dazu schon et-
was gesagt, sodass ich mich inhaltlich nicht mehr dazu
äußern muss. Aber Sie haben ihn wohlgemerkt für die
heutige Debatte eingebracht, nicht für eine Debatte vor
Wochen oder zur gestrigen Beratung im Ausschuss,
nein, heute. Da kann man nur sagen: Zu spät, liebe
Freunde, der Zug rollt, und zwar ohne euch. In den Bau-
ernversammlungen sind die Parolen, die ihr ständig dort
gebracht habt, endlich verstummt. Ich denke, das ist
auch gut so.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich bin froh, dass wir einen anderen Weg gewählt ha-
ben. Wir wollen gemeinsam mit den Ländern einen Weg
finden, und zwar über ein Kombinationsmodell, das zum
einen aus einer Betriebsprämie und zum anderen aus ei-
ner Flächenprämie besteht.


(Zuruf von der CDU/CSU: Machen wir auch!)

Wenn wir uns für die Betriebsprämie entschieden hätten,
dann hätten wir die Ungerechtigkeiten, die es bei der jet-
zigen Förderung gibt, festgeschrieben. Das wollten wir
nicht. Deshalb bin ich froh, dass wir einen anderen Weg
gewählt haben. Denn in zehn Jahren ist niemandem
mehr zu erklären, welche historischen Umstände zur
Vergabe der Prämie geführt haben. Der Fakt der unglei-
chen Verteilung wird trotzdem manifestiert. Das wäre
auch für die wirtschaftliche Entwicklung des Betriebes
ein Debakel.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Diese Regierung ist ein Debakel für die deutschen Bauern!)


Deshalb ist die wesentliche deutsche Forderung, regio-
nal einheitliche Flächenprämien zu gewährleisten, letz-
tes Jahr von Frau Künast bei der Kommission durchge-
setzt worden. Auf diese Weise können wir, im Gegensatz

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(C (D ur Betriebsprämie, zwischen Ackerland und Grünland nterscheiden. Es kommt real zu Umverteilungen zwichen den Höfen. (Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Genau! Siehst du? Es kommt zu Umverteilungen!)


atürlich wird es bei einer solchen Reform – auch das
aben wir bereits bei der Einbringung gesagt – Gewinner
nd Verlierer geben.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aha! – Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Und wir kümmern uns um die Verlierer!)


ir müssen natürlich schauen, wie wir das abmildern.
ir haben eine nationale Reserve eingeführt, die Sie
icht in der Höhe wollen, wie wir sie brauchen. Aber wir
rauchen auch eine bäuerliche Solidarität, damit in allen
egionen landwirtschaftliche Kulturlandschaften erhal-
en werden können. Deshalb ist die Mehrheit der Bun-
esländer auf unserer Seite und spricht sich mit uns für
as Kombinationsmodell aus.
Dieser Weg bedeutet Flexibilität für Produktionsent-

cheidungen und neue Einkommensalternativen. Die
euen Forderungen, die in jüngster Zeit vor der zweiten
nd dritten Lesung von den Bundesländern erhoben wor-
en sind, halte ich für nicht so günstig. Gut und gern hät-
n wir ausnahmsweise einmal auf ein Vermittlungsver-
ahren verzichten können. Wir hätten nicht nur die
ositionen noch rechtzeitig angleichen können; wir hät-
n möglicherweise auch ein positives Signal für die
auern im Lande aussenden können.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ihr hättet doch einen Entschließungsantrag stellen können! – Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Ihr hättet euch auch Zeit nehmen können!)


Zum Schluss sei mir noch eine Bemerkung gestattet.
rau Künast hat die vom Bundesrat geforderte Verschie-
ung des Abschmelzungsprozesses als richtig anerkannt.
ie hat auch Verständnis für die Forderungen der Länder
ei den Cross-Compliance-Regelungen gezeigt. Ich
ünsche mir, dass das ein gutes Omen für das Vermitt-
ngsverfahren ist, das Sie ins Auge gefasst haben.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510210800

Das Wort hat jetzt der Kollege Peter Harry Carstensen

on der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter H. Carstensen (CDU):
Rede ID: ID1510210900

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Es ist schon erstaunlich, dass Frau Teuchner, Herr
oldmann und auch Frau Wolff darauf aufmerksam
achen, dass sie über diese Agrarreform gerne noch so
ange diskutiert hätten, bis es zu einer Einigung






(A) )



(B) )


Peter H. Carstensen (Nordstrand)


gekommen wäre. Ich muss mich daher fragen, warum
Sie dann eine solche Eile an den Tag gelegt haben. Wir
haben Zeit bis August, das Gesetzgebungsverfahren zum
Abschluss zu bringen.

Ich frage mich auch, ob es akzeptabel ist, die Antwor-
ten auf die während der Anhörung am 22. März gestell-
ten Fragen nicht einmal abzuwarten. Es wurde nach der
Anhörung eine Ausschusssitzung abgehalten und darauf
folgt heute holterdiepolter die zweite und dritte Lesung.

Wenn es Sie stört, dass unser Entschließungsantrag
noch nicht im Ausschuss behandelt wurde, liebe Frau
Kollegin Wolff, dann sollten Sie sich einmal die Ge-
schäftsordnung ansehen. Alles andere, was wir hätten
einbringen können, wäre eine Selbstbefassung gewesen,
weil wir es nicht in der ersten Lesung eingebracht haben
und es daher keine Überweisung an den Ausschuss gege-
ben hat. Es ist hier im Hause üblich, Entschließungsan-
träge zur zweiten und dritten Lesung einzubringen.


(Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Das war immer so!)


Das haben wir getan.
Wie ernsthaft die Bundesregierung mit den Proble-

men in der Landwirtschaft umgeht, das konnten wir an
dem Abend feststellen, an dem uns die Sozialversiche-
rungsträger zu einem parlamentarischen Abend eingela-
den hatten. Es waren drei Parlamentarische Staatssekre-
täre der Bundesregierung zugegen.


(Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär: Vier!)


– Vier? Wer war der Vierte?

(Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär: Ich!)


– Ihren Namen habe ich als ersten auf der Liste.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich habe Sie nicht vergessen. Sie saßen neben mir und
ich weiß, wie Sie diesen Abend genossen haben, Herr
Hartenbach. Anwesend waren noch Herr Thalheim und
Herr Thönnes. Wer war denn der vierte Staatssekretär,
Herr Hartenbach?


(Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär: Ich!)

– Nein, Sie sind der Erste auf meiner Liste.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Sie sind nicht der Vierte. Auch wenn Sie es gerne hätten:
Ich nenne Ihren Namen nicht zweimal. Das hat etwas
mit Rechnen zu tun und Rechnen war Gegenstand der
PISA-Studie. Deswegen sage ich noch einmal: Es waren
drei Parlamentarische Staatssekretäre anwesend.

Die Vertreter der Koalition haben die Forderung nach
Eigenständigkeit der Sozialversicherungsträger unter-
stützt. Aber am nächsten Morgen, an dem die meisten
Gäste kein Frühstück zu sich zu nehmen brauchten, weil
sie am Abend zuvor gut versorgt gewesen sind, kam die
Meldung aus dem Ministerium, dass es Kürzungen bei

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(C (D er Sozialversicherung in Millionenhöhe gibt. Es ist unnständig, so mit den Menschen umzugehen. Um einige Punkte richtig zu stellen, möchte ich sa en: Wir stehen hinter der Entkoppelung, Frau Wolff, rau Teuchner und Herr Goldmann. (Matthias Weisheit [SPD]: Ein bisschen schwanger!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ir wissen auch, dass die Entkoppelung positive Effekte
ür den Markt haben wird. Wir stehen zu der Entkoppe-
ng, weil sie zu einer Orientierung am Markt führen
ird.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aha!)

enn Sie unseren Antrag gelesen hätten, dann wüssten
ie – es steht dort eindeutig geschrieben –, dass unser
iel eine regional einheitliche Flächenprämie ist, die bis
013 eingeführt werden soll. Das heißt, wir sind uns in
er Zielsetzung einig, aber es bestehen Unterschiede,
as den Übergang angeht.
Es besteht ein tiefer Dissens – der Kollege Goldmann

at ihn schon angesprochen –, was die Regelung in
rt. 2 § 5 bezüglich des Einvernehmens mit dem Um-
eltminister angeht. Meine Damen und Herren, der
mweltminister hat auf unseren Äckern nichts zu su-
hen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ie Leute wissen schon, wie sie sich im Rahmen der gu-
n fachlichen Praxis zu verhalten haben. Sie haben ihre
cker gepflegt. Wir wissen, dass es in diesem Bereich
eine Verschärfungen auf nationaler Ebene geben darf.
Aber wir wissen auch, dass es richtig ist, was der Kol-
ge Zöllmer gestern gesagt hat. Er sprach von einem Pa-
adigmenwechsel in der Agrarpolitik. Die jetzt anstehen-
en Beschlüsse sind ein Paradigmenwechsel. Da dies so
t, ist es angebracht, die einzelnen Fälle möglichst sorg-
ältig durchzuspielen und zu überlegen, was auf die
andwirte zukommt. Schon aufgrund der Wortwahl be-
reifen wir manchmal nicht mehr – ich gebe zu, dass
uch ich dem zum Teil verfalle –, dass es hier um ein-
elne Betriebe, um einzelne Schicksale, um Familien,
m Betriebsleiter und um Arbeitnehmer geht.
Es wird von einer Umverteilung zwischen den Län-

ern gesprochen. Aber es kommt im Hinblick auf die
5 Prozent der Direktzahlungen zu keiner Umverteilung
wischen den Ländern. Dabei handelt es sich vielmehr
m einen Solidarbeitrag, der von Bauern aus einigen
ändern an Bauern in anderen Ländern abgeführt wird.
ieser kommt nicht aus Landeshaushalten, er wird bei
en Landwirten abgezogen.
Eine Umverteilung ist sicherlich notwendig. Aber ich

abe meine Probleme damit – dazu stehe ich –, in mei-
em Bundesland die Notwendigkeit eines Betrages von
5 Prozent der Direktzahlungen zu erklären. Ich staune,
ie offen und wie schnell der Landwirtschaftsminister
us meinem Land dies zugestanden hat. Die Summe be-
ägt fast 5 Prozent der Prämien in Schleswig-Holstein.






(A) )



(B) )


Peter H. Carstensen (Nordstrand)


Dass das für die landwirtschaftlichen Betriebe eine Rolle
spielt, ist doch wohl selbstverständlich.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn dies ein Paradigmenwechsel ist, dann erwarte

ich, dass man darauf achtet, was in den Betrieben pas-
siert. Ich erwarte, dass beobachtet wird, was um uns he-
rum passiert. Es geht nicht nur um die Akzeptanz, son-
dern auch um – lieber Kollege Goldmann, ich wundere
mich, dass du das vergessen hast – die Wettbewerbs-
fähigkeit unserer Landwirte.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Habe ich dreimal erwähnt!)


Es reicht nicht aus, Akzeptanz für ein bestimmtes Sys-
tem zu haben. Wenn unsere Landwirte nicht mehr wett-
bewerbsfähig sind, dann brauchen wir auch keine Ak-
zeptanz mehr; denn dann sind sie nämlich gar nicht mehr
da.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen streiten wir über den Weg. Dies hat mit

Umverteilung zu tun. Hier geht es um Wettbewerbsfä-
higkeit, um Marktanteile, um den ländlichen Raum und
natürlich auch um das Landschaftsbild. Deswegen ist
Sorgfalt angebracht.

Ich gebe gerne zu, dass ich persönlich mich gewan-
delt habe, dass ich meine Meinung geändert habe und
dass ich die strikte Linie, die wir in Husum festgelegt
haben – allerdings ohne Einzelheiten zum Beispiel über
den Milchbereich zu wissen –, nicht mehr einhalten
kann, da ich weiß, dass wir bei dieser strikten Linie ins-
besondere im Rindfleischbereich zu Strukturbrüchen
kommen würden, die enorm sind.

Liebe Uli Höfken, ich staune ein bisschen.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Was wollt ihr denn beim Rindfleisch?)

– Gemach, das erzähle ich dir gleich. – Du hast unsere
Verbindungen zum Bauernverband angesprochen. Wir
fragen uns manchmal, von wem wir gute Informationen
bekommen können. Es ist richtig, wenn Abgeordnete die
Verbände mit einschalten. Man kann da aber nicht zwi-
schen dem „bösen“ Bauernverband und den „guten“ Ge-
werkschaften und dem „guten“ NABU unterscheiden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es gibt auch andere, die sich dort Informationen besor-
gen. Wenn du in diesem Zusammenhang vom Bauern-
verband sprichst, dann solltest du den Leuten auch ein-
mal sagen, dass es bei dir offensichtlich so manche
Verbindung zu Verbänden gibt, die mit Ziegen und Scha-
fen zu tun haben, liebe Kollegin Höfken. Man sollte zu-
mindest in diesem Zusammenhang nicht in dieser Art für
die eigenen Leute reden und eigene Betroffenheit nicht
mitteilen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Im Nebenberuf Schafzüchterin!)


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(C (D Es geht doch darum, wie wir mit den Betrieben umgeen. Da stellt sich die Frage: Wie können wir es schafen, dass man in die Strukturveränderung quasi hineinleitet nd dass nicht gleich am Anfang die größten Brüche aufeten? Wir wissen, dass wir die Betriebsprämie abchmelzen müssen, m zu diesem Ziel zu kommen. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Dazu steht nichts im Antrag!)


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja!)


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wo denn?)


Doch, dort steht etwas dazu. Wir haben gesagt: mög-
chst spät. Bei euch steht: 2010. Das ist möglichst spät.
ies doch einmal die beiden Entschließungsanträge und
ann wirst du kaum Unterschiede sehen. Du möchtest
och nur gerne Unterschiede hineininterpretieren. Stell
ine Zwischenfrage, dann habe ich noch etwas mehr Zeit
u reden!
Meine Damen und Herren, bei der Betrachtung des
ilchbereiches bestehen Unterschiede. Bei den Bullen
nd beim Rindfleisch sieht das anders aus als bei der
ilch; denn durch die Milchbeschlüsse ist von vornher-
in eine Preissenkung eingebaut. Lasst euch doch von ei-
igen Betriebswirten erzählen, wie es letztendlich in die-
en Betrieben aussieht.
Uli Höfken hat von Planungssicherheit gesprochen.
iejenigen, die 1999 an diesem Pult gesagt haben: „Jetzt
aben die Bauern Planungssicherheit, weil wir eine
genda bis zum Jahr 2007 festgeschrieben haben“ und
er Landwirtschaft im Jahr 2003 eine neue Agrarreform,
ie zu schnellen Veränderungen führte, überstülpten,
önnen nicht den Anspruch erheben, Planungssicherheit
ür die Landwirte zu gewährleisten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Halbwertszeit politischer Beschlüsse ist immer

ürzer geworden. Ich glaube, es hätte uns gut angestan-
en, über den Weg zu unserem gemeinsamen Ziel, über
en Zeitrahmen, den wir zur Erlangung dieses Ziels
rauchen, und die Veränderungen in der Landwirtschaft
nd für die einzelnen Bauern noch ein wenig länger zu
iskutieren. Wenn wir das getan hätten, dann wäre die
rontstellung, die ihr aufgebaut habt, vermeidbar gewe-
en.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind nicht wir, das seid ihr gewesen!)


Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510211000

Das Wort hat die Bundesministerin Renate Künast.






(A) )



(B) )


Renate Künast, Bundesministerin für Verbraucher-

schutz, Ernährung und Landwirtschaft:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die

Agrarreform, über die wir jetzt in zweiter und dritter Le-
sung debattieren, ist ein wichtiger Schritt für die Land-
wirtschaft. Wir zeigen den Bäuerinnen und Bauern da-
mit, wie der Weg in die Zukunft aussehen kann. Ich
freue mich, dass die Agrarministerkonferenz in Osna-
brück in der letzten Woche die gemeinsame Position von
Bund und der großen Mehrheit der Länder, also der A-
und B-Länder, bekräftigt hat.

Die deutliche Mehrheit für das Flächenmodell, das
wir vorschlagen und über das wir hier diskutieren, freut
mich besonders, weil es in der letzten Woche eine kleine
Irritation gegeben hat. Es wurde die Position einiger aus
dem Bauernverband laut, die ein anderes Modell bevor-
zugt hätten. Ich habe mich gefreut, dass die CDU/CSU
bei diesem Modell anerkennt, dass es einen Paradigmen-
wechsel gibt. Vor ungefähr drei Jahren, als wir die Dis-
kussion angestoßen und nach einem neuen Modell ge-
sucht haben, hat die CDU noch Nein gesagt. Ich habe
von Ihnen Sätze wie „Frau Künast, Sie werden das so-
wieso nicht durchsetzen, da sind unsere französischen
Freunde vor“ gehört. Irgendwann in einer Sommernacht
im letzten Jahr haben Sie gemerkt, dass man mit den
Franzosen gemeinsam eine Agrarreform machen kann.
Jetzt freue ich mich, dass Herr Carstensen halbwegs zu
uns gefunden hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür hat er lange gebraucht!)


Sie, Herr Carstensen, haben gesagt: Wir müssen sorg-
fältig darüber diskutieren. Herr Carstensen, wir diskutie-
ren darüber schon seit Januar 2001 und wir können nicht
jedes Mal darauf warten, dass Sie mit vierjähriger Ver-
spätung merken, dass sich Reformen im Umsetzungs-
prozess befinden.

Wir haben einen ganz anderen Ansatzpunkt; deshalb
kommen wir zu dem Flächenmodell. Aus dem gleichen
Grund ist wahrscheinlich auch die FDP zu diesem Mo-
dell gekommen. Es ermöglicht mehr Wettbewerb und
mehr Markt und, Herr Carstensen, es bedeutet ein wenig
mehr Solidarität unter den Landwirten. Ich sage ganz
klar: In der Vergangenheit bekamen diejenigen, die die
besten Böden besaßen, das meiste Geld.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Diejenigen mit den besten Böden haben 1992 den niedrigsten Ausgleich bekommen! – Albert Deß [CDU/CSU]: Weil die den größten Verlust hatten!)


Nun ging es dabei aber nicht um Ihr Geld, sondern um
Steuergelder. Natürlich geben wir auch das gern für die
Landwirtschaft, aber wir müssen in Zeiten knapper Kas-
sen und im Zuge von Neuausrichtungen die Verteilung
von Steuermitteln verändern. Es geht also um Solidarität
beim Verteilen von Steuergeldern und nicht um etwas,
auf das man einen Rechtsanspruch hat.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Herr Carstensen und andere haben von Bürokratieab-
au geredet. Ihr Modell aber, das Sie in Ihrem Entschlie-
ungsantrag vorstellen, würde einen nachgerade giganti-
chen Bürokratieaufwand nach sich ziehen. Deshalb
indet dieses Modell, genau wie das einiger Vertreter des
auernverbandes, nicht die Unterstützung der A-Länder
nd auch nicht der B-Länder.
Als ich letzte Woche in Osnabrück ankam, habe ich

efragt: Gibt es ein neues Papier, denn darüber würde
ch gern diskutieren? Daraufhin bekam ich die Antwort:
ergessen Sie es. Das haben wir bereits gestern Abend
iskutiert und es lohnt sich nicht. – Es hieß: Die Zahlen
ind falsch, denn – das ist auch in Ihrem Antrag enthal-
en – die nationale Reserve, die eigentlich verringert
erden soll, wird faktisch erhöht. Insgesamt ist das Mo-
ell weder durchdacht noch besonders überzeugend. Sie
chaffen im Ergebnis immer mehr Härtefälle, die Sie mit
er nationalen Reserve am Ende finanziell ausgleichen
üssten. Insofern können Sie sie gar nicht senken.
Jetzt geht es darum, zukunftstauglich zu organisieren.

u Cross Compliance sage ich Ihnen: Sie malen zwar
en Teufel an die Wand, Tatsache ist jedoch, dass es sich
m ein Instrument zur wirksamen Kontrolle von Min-
eststandards handelt. Ich möchte an dieser Stelle eines
larstellen: Die Landwirte haben überhaupt nichts zu be-
ürchten.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)


ch gehe nämlich davon aus – vielleicht habe ich mehr
ertrauen in die Landwirtschaft als Sie –, dass die Land-
irte ordnungsgemäß wirtschaften.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Eben!)


er ordnungsgemäß wirtschaftet, hat eben nichts zu be-
ürchten. Ich frage mich, woher Ihr Misstrauen eigent-
ich kommt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – HansMichael Goldmann [FDP]: Dann sollen Sie auch nicht so viel Kontrolle machen!)


Wir beschließen Umweltstandards, die nachvollzieh-
ar sind. Diese sind auch gesellschaftlich richtig, denn
enn man Steuergelder ausgibt, darf man auch einige
orderungen stellen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wo wollen Sie denn das Einvernehmen herstellen, Frau Künast?)


ir wollen Regeln, die die Landwirte nicht über Gebühr
elasten und die die jetzigen Förderprogramme der Bun-
esländer für besondere Gebiete möglichst wenig tangie-
en.
Wir sind an dieser Stelle – dies spiegelt sich auch in

er Beschlusslage der Agrarministerkonferenz von Os-






(A) )



(B) )


Bundesministerin Renate Künast

nabrück – auf einem sehr konstruktiven Weg. Wir wer-
den auch bei den Cross-Compliance-Regelungen, also
bei den Standards für Umwelt und Tierschutz, einen ge-
meinsamen, für Bund und Länder gleichermaßen gang-
baren Weg finden.

Auch die Erhaltung von Grünland

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Milch!)


– zur Milch komme ich noch – war ein Thema. Ich habe
in dieser Angelegenheit mit dem zuständigen Kommis-
sar gesprochen und ihm klar gemacht, dass wir eine gut
umsetzbare Regelung brauchen. Wir haben uns jetzt auf
eine vernünftige Lösung geeinigt, die nicht Individual-
zuweisungen vorsieht, sondern diese Aufgabe den Bun-
desländern zuweist. Dadurch sind zum Beispiel auch die
Grünlandprogramme geschützt.


(Beifall des Abg. Matthias Weisheit [SPD])

Außerdem befinden wir uns im Einklang mit der EU-Re-
gelung. Was wollen Sie mehr?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Auf der AMK haben wir auch über die Probleme bei
Milch gesprochen. Wir wissen alle um die sehr schwie-
rige Situation. Wir appellieren nicht nur an die Verbrau-
cherinnen und Verbraucher, sondern auch an die Wirt-
schaft, sich für faire Preise einzusetzen. Wir nehmen zur
Kenntnis, dass auch der Bauernverband über eine Preis-
reduzierung redet. Eines wissen wir: Überproduktionen
sind auch ein Werkzeug des Preisdrucks,


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Sie machen aber das Gegenteil!)


allerdings von den Landwirten und denen, die überpro-
duzieren, selbst gemacht.

Der Bauernverband hat eine Reduzierung der Milch-
produktion um 70 000 Tonnen zur Diskussion gestellt.
Alle Fachleute sagen mir: Diese 70 000 Tonnen sind an-
gesichts einer Überproduktion in einer Größenordnung
von ungefähr 1 Million Tonnen ein Nichts. Wir haben
ein Optionenpapier vorgelegt und gefragt: Was können
wir tun? Darüber will ich reden: mit Ihnen, mit den Län-
dern, mit den Verbänden. Von all denen möchte ich wis-
sen, was sie wollen, dass ich es tue. Es geht darum, bis
zu 1 Million Tonnen nicht mehr in die Saldierung zu
nehmen – was bedeuten würde, dass 380 Millionen Euro
von Landwirten gezahlt werden müssen, die wettbe-
werbsfähige, zukunftsfähige Betriebe haben, um die
nächsten Jahre zu überstehen. Wir müssen darüber dis-
kutieren, ob wir das wollen oder nicht. Ansonsten müs-
sen die Landwirte ihre Produktion selber reduzieren.
Hinsichtlich der Werkzeuge muss man die Wahrheit aus-
sprechen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Herr Goldmann hat vorhin schön gesagt: Das alte
System hat die Landwirte dazu animiert, zu fragen, wo-
für es Geld gibt, egal wonach der Markt fragt. Das neue
System orientiert sich am Markt und daran, gesellschaft-

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(C (D iche Leistungen zu honorieren. Das ist die richtige ichtung. Ich hoffe, eines ist klar – zuletzt hat es Frau Wolff esagt –: Wir werden im Bundesrat zufrieden stellende egelungen zur Milchproduktion finden müssen, denn is jetzt ist das noch nicht gelungen. Wir werden auch och über die eine oder andere Jahreszahl reden. Das age ich zu. Sie können mir alle glauben. Sie wissen, wie ft ich Ihnen schon etwas zugesagt habe, das kommen ird, so zum Beispiel diese Reform. Sie haben nicht daan geglaubt, ich aber habe Wort gehalten. Ich werde uch mein Wort halten, hier noch über die Zahlen und as Thema Milch zu reden und eine akzeptable Regeung zu finden. Insgesamt wird diese Reform unseren andwirten helfen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510211100

Das Wort hat die Kollegin Gerda Hasselfeldt von der
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1510211200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Frau Ministerin, wenn Sie ernsthaft Wort halten
ollten, hätten Sie das gerade in den Beratungen der
etzten Wochen zum Thema Milch unter Beweis stellen
önnen. Sie sind aber nicht auf die Vorschläge der Bun-
esratsmehrheit eingegangen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

uch haben Sie, gerade in Bezug auf die Milch, schlecht
erhandelt. Das für uns schwierige Ergebnis in diesem
ereich haben wir Ihnen und Ihrer schlechten Verhand-
ung zu verdanken.


(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias Weisheit [SPD]: Die Agenda 2000 hatte doch eine viel stärkere Erhöhung der Quote vorgesehen!)


Meine Damen und Herren, für die Bewertung dieser
eform, die eine der einschneidendsten Reformen in der
eschichte der Gemeinsamen Agrarpolitik ist, sind mei-
es Erachtens die Antworten auf folgende zentrale Fra-
en ausschlaggebend: Erstens. Ist diese Reform geeig-
et, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirte
u verbessern?


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Und wir müssen Ja sagen!)


Zweitens. Ist sie geeignet, die landwirtschaftliche
roduktion und die Produktion der ihr nachgelagerten
ereiche – und damit die Arbeitsplätze – in Deutschland
u halten?


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist genau der Punkt!)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt

Drittens. Ist die Reform geeignet, die leistungsfähigen
und leistungsstarken Betriebe, also gerade die, die in der
Vergangenheit viel investiert haben, zu stärken?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch Ja!)


Auf diese drei zentralen Fragen würden Sie gerne mit
Ja antworten. Aber wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie sa-
gen: Genau diese Anforderungen erfüllt diese Reform
nicht.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist nicht richtig, was Sie da jetzt sagen!)


Wenn Sie den Landwirten ehrlich sagen, was ihnen diese
Reform bringen wird, dann werden Sie sehr schnell zu
folgenden Ergebnissen kommen: Diese Reform führt
wieder zu Preissenkungen, zu Prämienkürzungen, zu
neuen Bewirtschaftungsauflagen mit zusätzlicher Büro-
kratie und – damit verbunden – einer schlechteren Wett-
bewerbssituation innerhalb der Europäischen Union


(Jella Teuchner [SPD]: Wovon reden Sie denn überhaupt!)


sowie zu einer massiven und schnellen Umverteilung in-
nerhalb der Landwirtschaft zulasten der leistungsstarken
und intensiv wirtschaftenden Betriebe.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Gelegentlich sagen Sie dann, dass diese Entscheidung

auf EU-Ebene getroffen worden sei und dass wir damit
nichts zu tun hätten.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist genau falsch, was Sie jetzt sagen!)


Diese Entscheidung ist aber von der zuständigen deut-
schen Ministerin mitverhandelt und mitgetragen worden.
Daher wäre es schön, wenn wir wenigstens in einigen
Bereichen eine deutsche Handschrift erkennen könnten.
Das wäre beispielsweise im Bereich der Milchwirt-
schaft notwendig. Wir verfügen in Deutschland über
etwa 25 Prozent der gesamten Milchproduktion inner-
halb der EU.


(Matthias Weisheit [SPD]: Das sind 5 Prozent zu viel!)


Unsere Milchbauern erleiden aufgrund dieser Reform
Einkommenseinbußen von fast 1 Milliarde Euro.


(Matthias Weisheit [SPD]: Nein! Die Agenda 2000, gnädige Frau! Nicht diese Reform!)


Meine Damen und Herren, das müssen wir uns verge-
genwärtigen; denn genau das ist das Ergebnis der Ver-
handlungen innerhalb der Europäischen Union, das jetzt
umgesetzt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb müssen wir die Situation der Milchbauern ver-
bessern. Das, was im Rahmen der nationalen Umsetzung
noch korrigiert werden kann, muss korrigiert werden.


(Unruhe)



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(C (D Frau Kollegin Hasselfeldt, einen Augenblick bitte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz der gleich stattindenden namentlichen Abstimmung bitte ich um etwas ehr Ruhe und Gehör für die Rednerin. – Bitte schön, ahren Sie fort. Danke. – Es gibt ja durchaus Spielraum auf nationaler bene. Das heißt, wir sind nicht gehalten, das Verhandungsergebnis genau umzusetzen. Andere Länder, beipielsweise Frankreich und Österreich, nutzen diesen pielraum zugunsten ihrer leistungsstarken Betriebe aus. ei uns hingegen wird diese Reform unter der großen berschrift „Agrarwende“ umgesetzt, obwohl sich dainter nichts anderes verbirgt als eine massive und chnelle Umverteilung zulasten der leistungsstarken Beriebe. Damit wir uns hier nichts vormachen, sage ich Ihnen: as hat nicht nur Auswirkungen für die Landwirte, sonern das hat auch für die nachgelagerten Bereiche masive Auswirkungen, (Zuruf von der CDU/CSU: Da gehen 10 000 Arbeitsplätze verloren!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510211300
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1510211400

(Beifall bei der CDU/CSU)


eispielsweise – um nur ein Stichwort zu nennen – im
ullenmastbereich. In dem Moment, in dem die Land-
irte verstärkt aus dieser Produktion aussteigen, was sie
ufgrund dieser Reform tun werden, werden sich Aus-
irkungen auf die regionalen Schlachthöfe und die ge-
amte Verarbeitungsindustrie ergeben, die eine Fülle von
rbeitsplätzen in Gefahr bringen werden, ganz zu
chweigen davon, dass die Kälber verkauft werden müs-
en.Wenn sie nicht mehr in Deutschland produziert wer-
en, dann werden sie eben von anderen Ländern ver-
auft – dort, wo die Maßnahme anders umgesetzt wird.
as ist für uns ein Wettbewerbsnachteil.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Neben dieser Prämienregelung ist bei dieser Umset-

ung das Stichwort Cross Compliance ganz wichtig.
eine Damen und Herren, wer soll denn glauben, was
ie Ministerin gesagt hat – dass die Landwirte nichts zu
efürchten haben –, wenn er sich bloß einmal anzu-
chauen braucht, was diese Regierung in der Vergangen-
eit bereits bei der Umsetzung europäischen Rechts in
ationales Recht gemacht hat: Bei jeder möglichen Gele-
enheit wurden die deutschen Landwirte stärker zur
asse gebeten, wurden die Auflagen verstärkt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn? Sagen Sie doch einmal, wo!)


Beispielsweise bei der Düngeverordnung; es gibt aber
uch jede Menge anderer Beispiele!
Mit den vorgesehenen Regelungen für Cross Compli-

nce ist im Übrigen eine zusätzliche Gefahr verbunden,
ämlich dass die guten Länderprogramme im Agrar-






(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt

umweltbereich nicht mehr aufgelegt werden können.
Dies werden wir genauso wenig mitmachen wie das Vor-
haben, dass das Bundesumweltministerium die Einver-
nehmensbehörde für die Durchführungsvorschriften im
landwirtschaftlichen Bereich sein soll.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Vor diesem Hintergrund haben wir unsere Vorstellun-

gen entwickelt. Ich will nur die wesentlichen nennen:
Erstens. Cross Compliance darf nur eins zu eins umge-
setzt werden. Die deutsche Landwirtschaft kann keine
zusätzlichen Wettbewerbsnachteile verkraften.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Zweitens. Die laufenden Agrarumweltprogramme der
Bundesländer müssen auch weiterhin möglich sein, denn
damit werden zusätzliche Umweltmaßnahmen der Land-
wirte in den Regionen, die das schätzen, ermöglicht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Sind sie doch! Sie hören ja gar nicht zu!)


Drittens. Eine Einvernehmensregelung zugunsten des
Bundesumweltministers werden wir auf keinen Fall ak-
zeptieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Viertens. Die Milchprämie muss bis zum Ende der
Laufzeit betriebsbezogen gewährt werden, denn gerade
die Milchbauern haben nicht nur durch die aktuelle
Preissituation, sondern auch durch die EU-Beschlüsse
ganz gravierende Einbußen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei allen Forderungen, die ich jetzt genannt habe, be-

finden wir uns in guter Gesellschaft mit den unionsge-
führten Bundesländern.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Alle Vorschläge – zu Cross Compliance genauso wie zur
Milchwirtschaft – sind durch Bundesratsbeschlüsse in
den einzelnen Ausschüssen gedeckt.

Wir haben noch das Problem zu lösen, wie das übrige
Prämienvolumen verteilt wird. Auch dafür gibt es einen
konkreten Vorschlag: Ein fester Anteil von 35 Prozent
wird flächenbezogen gewährt, die anderen 65 Prozent
betriebsbezogen, und zwar für einen möglichst langen
Zeitraum, um auch denen entgegenzukommen, die im
Vertrauen auf die Politik gerade in den letzten Jahren In-
vestitionen vorgenommen haben. Dies sorgt für Glaub-
würdigkeit und dient der Planungssicherheit der Land-
wirte und Betriebsinhaber.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Nach diesem Vorschlag wird die Umverteilung bei

weitem nicht so schnell und bei weitem nicht so krass
vorgenommen, werden die leistungsstarken Betriebe ge-
stärkt, vor allem diejenigen, die in den vergangenen Jah-
ren investiert haben. Im Grundgedanken, die leistungs-
starken Betriebe zu stärken und die Umverteilung so
gering wie möglich zu gestalten, befinden wir uns wie-

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(C (D erum in guter Gesellschaft mit den unionsregierten ändern. Meine Damen und Herren, Kant hat einmal gesagt: us einem krummen Holz kann man keinen geraden tab schnitzen. – Entsprechend ist unser Vorschlag ein ersuch, aus dem verkorksten, schlecht verhandelten Erebnis des EU-Beschlusses doch noch ein gutes, tragfäiges Ergebnis für die deutschen Bauern und die deutche Bevölkerung insgesamt zu erreichen. Das Wort hat der Kollege Michael Müller von der PD-Fraktion. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich itte noch einmal um ein wenig Ruhe, damit der letzte edner in dieser Debatte noch Gehör finden kann. – itte schön, Herr Müller. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wurde ehrfach gesagt, dass es richtig sei, einen Paradigmenechsel in der Agrarpolitik einzuleiten. Wenn man Ihen von der Union zuhört – Herr Goldmann, Ihre Rede mpfand ich bis auf den Schluss als sehr wohltuend –, ann kann ich nur sagen: Seit 20 Jahren reden Sie über eformen; wenn es darauf ankommt, knicken Sie ein. ichts anderes ist hier von Ihnen rübergekommen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510211500
Michael Müller (SPD):
Rede ID: ID1510211600

hr Kernsatz lautet: Eigentlich wollen wir, dass alles so
leibt. Angesichts der Probleme in der Landwirtschaft
st dieser Satz unverantwortlich; denn Sie wissen, dass
ies nicht geht. Sie sind Repräsentanten der deutschen
rankheit, über Reformen zu reden, aber keine zu wol-
en. Das geht nicht, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Man muss eines hinzufügen: Die Mehrheit dieser Re-
ormen wurde noch zu Ihrer Regierungszeit geplant.
chauen Sie sich einmal an, was Frau Künast seitdem
erbessert hat. Natürlich nutzen wir den nationalen
pielraum aus – das tun wir wie alle anderen –; aber wir
un dies erstens in Übereinstimmung mit den nationalen
edingungen und zweitens so, dass sich in Europa etwas
ewegen kann. Was nützt es, wenn wir etwas fordern,
ich aber in Europa nichts bewegt? Genau diese Verbin-
ung hat Renate Künast aus meiner Sicht gut hinbekom-
en; dafür danken wir ihr.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, die GAP-Reformen sind
eine Willkür, sondern notwendige Voraussetzung, weil
ir mehr Markt, mehr Effizienz und mehr gesellschaft-
iche Verpflichtungen brauchen. Sie sind Voraussetzung
ür eine nachhaltigere Landbewirtschaftung und eine
tärkere Orientierung der Landwirtschaft am Markt, um
ie subventionierte Überschussproduktion zu verringern
nd eine bessere Ausrichtung auf die Wünsche der






(A) )



(B) )


Michael Müller (Düsseldorf)


Verbraucher sowie mehr Lebensmittelsicherheit zu errei-
chen.

Ich verstehe auch nicht, wenn ein Widerspruch zwi-
schen Umweltschutz und Landwirtschaft konstruiert
wird. Die Zukunft unserer Landwirtschaft – dies war
auch in der Vergangenheit oft schon so – liegt doch ge-
rade in der Qualität. Glaubt jemand im Ernst, diese Qua-
lität ließe sich bei einem Widerspruch zwischen Um-
weltschutz und Landwirtschaft erreichen? Das wäre ein
völlig falscher Weg. Die Landwirte müssen gute Vertre-
ter des Umweltschutzes sein; sie sind es überwiegend
auch. Deshalb empfinde ich es als schlicht falsch, wenn
man von einem solchen Gegensatz redet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Wir bauen ihn doch nicht auf!)


Wichtig ist schließlich auch, dass wir mit diesem An-
satz den ländlichen Raum stärken. Deshalb ist es gut,
dass wir die beiden Säulen der GAP in den Mittelpunkt
stellen und nicht nur über ein Regulierungssystem reden.
Wir erweitern die Landwirtschaftspolitik. Genau dies ist
künftig die Chance auf mehr Qualität.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, eine Reform der alten
Agrarpolitik ist längst überfällig. Sie ist durch ihre un-
durchschaubaren, komplizierten Geflechte aus Quoten,
Interventionspreisen und Regulierungen schon lange
nicht mehr haltbar. Es ist gut, dass wir mit diesen Un-
gleichgewichten endlich Schluss machen. Herr
Goldmann hat Recht: Man kann über so etwas nicht im-
mer nur reden, sondern man muss auch einmal springen.

Natürlich sind wir bereit, über Einzelheiten zu reden.
Aber wenn wir den Eindruck haben, dass nur auf Kon-
frontation gesetzt und versucht wird, alles zu verhindern,
dann ist es auch schwierig, konstruktiv über Verbesse-
rungen zu reden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Wir sind bereit, über
Verbesserungen zu reden, weil wir wissen, dass es in ein-
zelnen Punkten durchaus noch Verbesserungen geben
kann. Aber das geht nur, wenn man an die Grundfrage
der Reformen konstruktiv herangeht und nicht versucht,
alles zu blockieren, zu erschweren und zu verhindern.

Meine Damen und Herren, wenn Sie an diesem Kurs
festhalten, müssen Sie auch sehen, welche unverantwort-
liche Position Sie vertreten. Wir stehen vor der nächsten
WTO-Runde, wir stehen vor der EU-Osterweiterung. Es
ist eine Illusion, zu glauben, man könne diese Herausfor-
derungen ohne Reformen bestehen. Deshalb muss heute
gehandelt werden. Genau dies tun wir. Wir haben nun
lange genug über das Thema geredet. Nun machen wir
den richtigen Schritt.

Wir danken Renate Künast. Wir danken übrigens
auch einem großen Teil der Bauernverbände. Diese ha-

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1)
2)

(C (D en sich in der Diskussion von der anfänglich totalen blehnung konstruktiv auf die Reform zu bewegt. Sie ind Ihnen von der Union voraus; die Wahrheit ist, dass ie in der Zwischenzeit sogar hinter die Positionen des auernverbandes zurückgefallen sind, von Ihren Länern, die überwiegend die GAP unterstützen, gar nicht u reden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, das Kombimodell der
undesregierung ist unserer Meinung nach der richtige
nsatz. Wir sind bereit, über Einzelheiten zu sprechen,
ind aber nicht bereit, einen Konfrontationskurs mitzu-
achen. Nein, wir können jetzt den notwendigen Schritt
Richtung auf eine moderne Landwirtschaftspolitik
achen und so den ländlichen Raum stärken. Das ist der
eg, den wir gehen werden. Darin lassen wir uns nicht
eirren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510211700

Ich schließe die Aussprache.
Bevor wir zur Abstimmung kommen, gebe ich Ihnen

ekannt, dass es eine Erklärung zur Abstimmung nach
31 der Geschäftsordnung der Kolleginnen Dr. Gesine
ötzsch und Petra Pau gibt. Wir nehmen diese Erklärung
u Protokoll.1)
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Umset-
ung der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik, Druck-
achen 15/2553 und 15/2770.
Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und

andwirtschaft empfiehlt auf Drucksache 15/2843, den
esetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen.
ch bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
ollen, um ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
altungen? – Dann ist der Gesetzentwurf in zweiter Be-
atung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
ie Stimmen der CDU/CSU-Fraktion und der FDP-Frak-
ion angenommen.

Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung. Nach Art. 87 Abs. 3 des
rundgesetzes ist zur Annahme des Gesetzentwurfs die
bsolute Mehrheit – das sind 302 Stimmen – erforder-
ich. Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Haben
ie Schriftführerinnen und Schriftführer ihre Plätze
ingenommen? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich die
bstimmung.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine

timmkarte noch nicht abgegeben hat? – Ich schließe die
bstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schrift-
ührer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der
bstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.2)

Anlage 2
siehe Seite 9219 C






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, Platz

zu nehmen, da wir nun mit den Abstimmungen fortfah-
ren und ich nur so Ihr Abstimmungsverhalten überbli-
cken kann.

Ich komme zu den Entschließungsanträgen.
Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-

tion der CDU/CSU auf Drucksache 15/2856? – Gegen-
probe! – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist
abgelehnt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ge-
gen die Stimmen der CDU/CSU bei Enthaltung der FDP.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
tion der FDP auf Drucksache 15/2857? – Gegenpro-
be! – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist ab-
gelehnt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
die Stimmen der FDP-Fraktion bei Enthaltung der CDU/
CSU.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:
Vereinbarte Debatte
zu den Ergebnissen des Frühjahrsgipfels der
Europäischen Union am 25./26. März 2004

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre und sehe
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat der
Staatsminister Hans Martin Bury das Wort.


Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1510211800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Der Gipfel in Brüssel war in zweifacher Weise
durch die Ereignisse in Madrid geprägt: Die furchtbaren
Terroranschläge haben dazu beigetragen, dass Europa
enger zusammenrückt, und die neue spanische Regie-
rungspartei hatte bereits vor dem Gipfel deutlich ge-
macht, dass sie ihr Land zurück ins Zentrum Europas
führen möchte. Es bietet sich nun die Chance einer Eini-
gung über die zukünftige europäische Verfassung. Wir
sollten diese Chance ergreifen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP])


Was hat uns die Opposition in diesem Haus in den
vergangenen Jahren nicht alles vorgeworfen: die Spal-
tung der EU, die Zerstörung der NATO. Nichts davon
war richtig. Die Realität zeigt: Gerade Deutschland hat
zur Einigung Europas entscheidend beigetragen. Die
Einladung von Bundeskanzler Gerhard Schröder zum
60. Jahrestag der Landung der alliierten Streitkräfte in
der Normandie ebenso wie die Einladung zum
60. Jahrestag des Warschauer Aufstandes zeigen, wel-
ches Vertrauen hier gewachsen ist. Auch die transatlanti-
sche Partnerschaft ist stabil. Gerade die internationale
Afghanistan-Konferenz, die gestern und heute hier in
Berlin stattfindet, zeigt, welche Fortschritte wir gemein-
sam erzielen können. Sie zeigt aber auch, vor welchen
Herausforderungen wir stehen.

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(C (D Der Europäische Rat hat beschlossen, Art. 42 des Verassungsentwurfs bereits heute anzuwenden, wenn einer er Mitgliedstaaten Opfer eines Terroranschlages wird. urch diese Solidaritätsklausel wird sichergestellt, dass n einem solchen Fall alle Mitgliedstaaten die ihnen zur erfügung stehenden Mittel mobilisieren und den betrefenden Staat unterstützen. Diese Klausel war in der Disussion des Verfassungsentwurfs in der Regierungsonferenz noch umstritten. Nun zeigt die EU die rforderliche Solidarität und Entschlossenheit. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


in Antiterrorismuskoordinator der EU wird dazu beitra-
en, Informationen besser und schneller zusammenzu-
ühren und die Arbeit der Sicherheitsbehörden enger zu
oordinieren.
Wir müssen und werden die Zusammenarbeit insbe-

ondere in drei Bereichen verbessern: Bei der polizeili-
hen Zusammenarbeit werden die Mitgliedstaaten die
orhandenen Informationen über Straftäter besser ver-
etzen und miteinander austauschen. Die justizielle Zu-
ammenarbeit muss insbesondere durch die schnelle
inführung des europäischen Haftbefehls verbessert
erden. In Europa wird nicht verstanden, warum dieses
ichtige Projekt im Bundesrat blockiert werden soll.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie Arbeit der Nachrichtendienste wird durch eine neue
chnittstelle im Ratssekretariat verknüpft. Damit soll si-
hergestellt werden, dass Terrorismusinformationen von
ationalen Polizei- und Nachrichtendiensten an einer
telle zusammenlaufen, miteinander abgeglichen und ef-
ektiver als heute genutzt werden.
Auch wenn die aktuellen Ereignisse den eigentlichen

chwerpunkt des Frühjahrsgipfels ein wenig in den Hin-
ergrund gedrängt haben, ist es doch gelungen, den Fo-
us der Lissabon-Strategie noch stärker auf mehr
achstum und mehr Beschäftigung zu richten. Zu die-

em Zweck sollen vor allem die strukturellen Vorausset-
ungen verbessert werden. Das erfordert eine Konzen-
ration auf Innovation, Bildung, Forschung, Entwicklung
nd neue Technologien.
Dabei richtet sich die Lissabon-Strategie nicht nur an

ie Institutionen der EU. Konkrete Reformen müssen
or allem in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Wir
odernisieren den Arbeitsmarkt, stellen die sozialen
icherungssysteme auf eine tragfähige Grundlage, ha-
en Steuern gesenkt und stabilisieren die Lohnneben-
osten. Die Agenda 2010 stellt sich den Herausforde-
ungen der Gegenwart und eröffnet so Spielräume für
ie Zukunft.
Neue Technologien und Verfahren, Dienstleistungen

nd Investitionen in Forschung und Entwicklung sind
lemente einer mehr und mehr wissensbasierten Wirt-
chaft. Das Fundament jedoch ist noch immer eine
tarke industrielle Basis. Deshalb treten wir Gefahren
er Deindustrialisierung entschlossen entgegen.






(A) )



(B) )


Staatsminister Hans Martin Bury


(Michael Glos [CDU/CSU]: Das klingt aber „überzeugend“!)

Wir wollen, dass eine aktive, wachstumsfördernde In-
dustriepolitik wieder in den Mittelpunkt des Handelns
der EU rückt; denn die wirtschaftliche Leistungsfähig-
keit Europas und insbesondere die seiner industriellen
Kernländer Deutschland, Frankreich und Großbritannien
ist entscheidend dafür, dass wir auch zukünftig Wohl-
stand und das hohe soziale Niveau in Europa sichern
können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es war uns deshalb wichtig, dass die Kommission die
Auswirkungen europäischer Gesetzgebung auf die Wett-
bewerbsfähigkeit und den Verwaltungsaufwand für Un-
ternehmen in Zukunft bereits im Vorfeld neuer Regelun-
gen untersucht und in ihre Entscheidungen einbezieht.

Aber machen wir uns nichts vor. Die Umsetzung der
Lissabon-Strategie auf europäischer Ebene muss mit hö-
herem Tempo und vor allem mit mehr Kohärenz voran-
getrieben werden, wenn wir die anvisierten ambitionier-
ten Ziele erreichen wollen. Eine Gruppe unter Leitung
von Wim Kok wird bis November eine Halbzeitbilanz
des Lissabon-Prozesses vorlegen. Die Konsequenz der
bereits heute erkennbaren Defizite lautet aus meiner
Sicht: Wir sollten nicht die Ziele revidieren, sondern die
Anstrengungen erhöhen, um die ambitionierten und rich-
tigen Ziele zu erreichen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien ha-
ben wir angeregt, die Kohärenz der Kommissionsarbeit
durch die Einrichtung eines für Fragen der Wettbewerbs-
fähigkeit zuständigen Vizepräsidenten zu stärken. Diese
Frage wird der neue Kommissionspräsident zu entschei-
den haben. Aber es ist auf dem Europäischen Rat deut-
lich geworden: Es zeichnet sich hier eine sehr breite
Übereinstimmung unter den Mitgliedstaaten ab.

Die Staats- und Regierungschefs haben in Brüssel
auch den Weg für einen Abschluss der Verfassungsver-
handlungen geebnet. Unstreitig ist nun, dass das Prinzip
der doppelten Mehrheit Grundlage für Entscheidungen
des Rates werden soll.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das bedeutet nicht weniger als: Europa wagt mehr De-
mokratie. Das ist die Botschaft des Europäischen Rates.
Die EU muss handlungsfähiger und transparenter wer-
den, die Bürgerinnen und Bürger müssen nachvollziehen
können, wie Entscheidungen zustande kommen. Die Bil-
dung von Gestaltungsmehrheiten muss erleichtert, die
von Blockademinderheiten zukünftig erschwert werden.
Deshalb – da sind wir uns einig, Herr Kollege Altmaier –
werden wir sehr sorgfältig auf die noch zu leistende Aus-
gestaltung des Prinzips zu achten haben.

Auch das Verständnis für die Notwendigkeit einer
kleineren und damit effizienteren und handlungsfähige-

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(C (D en Kommission wächst. Wir haben die Zeit genutzt, um uch hier Überzeugungsarbeit zu leisten. Unmittelbar ach der Erweiterung gibt es ein nachvollziehbares Inteesse gerade der neuen Mitgliedstaaten, mit einem eigeen Kommissar in Brüssel sichtbar zu sein. Aber im eitablauf deutet sich eine Lösung für die Verkleinerung er Kommission an. Es gilt nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die ntegrationsfortschritte im Bereich der Gemeinsamen ußenund Sicherheitspolitik, der Europäischen Sichereitsund Verteidigungspolitik und der Justizund Inenpolitik zu sichern. Der Entwurf des Konvents wird uropa demokratischer, handlungsfähiger und bürgernäer machen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ir alle haben zu diesem Entwurf beigetragen. Lassen
ie uns den gemeinsamen Kompromissvorschlag jetzt
icht durch Nachforderungen gefährden.
Noch hat die irische Präsidentschaft, der ich an dieser

telle für ihre hervorragende Arbeit schon heute Dank
nd Anerkennung aussprechen möchte, nicht über das
eitere Verfahren entschieden. Die Bundesregierung
ird – das hat sich während des Konvents und der Re-
ierungskonferenz bewährt – Bundestag und Bundesrat
eiterhin umfassend über den Fortgang informieren.


(Zuruf von der CDU/CSU: So wie gestern!)

Mit Fortschritten bei der Verfassung erfüllen wir nicht

ur die berechtigten Erwartungen der europäischen Bür-
erinnen und Bürger; eine gute Verfassung ist auch die
oraussetzung für das Gelingen der Erweiterung. Heute
n einem Monat erleben wir die Vereinigung Europas.
ie Einigkeit des Europäischen Rates, die Geschlossen-
eit und Entschlossenheit der europäischen Staats- und
egierungschefs auf dem Frühjahrsgipfel sind eine gute
rundlage für das Gelingen der großen Aufgaben, die
or uns liegen, für die erfolgreiche Verknüpfung von Er-
eiterung und Vertiefung, für ein Europa der Bürgerin-
en und Bürger.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510211900

Das Wort hat der Kollege Peter Hintze von der CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1510212000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Der Deutsche Bundestag hat heute zum ersten Mal
elegenheit, über zentrale Grundfragen nach dem euro-
äischen Gipfel in Brüssel zu sprechen. Was bietet uns
u diesen zentralen Grundfragen die Bundesregierung?
ie halbe Bundesregierung war beim Gipfel in Brüssel
nd lässt heute einen Staatsminister zu uns sprechen, der
on den Beratungen ausgeschlossen war.






(A) )



(B) )


Peter Hintze


(Michael Glos [CDU/CSU]: Er hat lustlos etwas vorgelesen!)

Damit wird die Tradition fortgesetzt, die wir im Europa-
ausschuss schon länger zu beklagen haben, nämlich dass
die Regierung versucht, das Parlament in den entschei-
denden Fragen Europas aus den Beratungen herauszu-
halten. Unser Verständnis von Demokratie ist ein ande-
res. Danach gehört das Parlament mitten in diese
Beratungen hinein.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Unglaublich! – Michael Glos [CDU/ CSU]: Hochmut kommt vor dem Fall!)


Liebe Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregie-
rung, denken Sie bitte daran, dass die europäische Ver-
fassung nicht nur das Wohlwollen und die Zustimmung
der Bundesregierung braucht, sondern dass die europäi-
sche Verfassung auch die Zustimmung des Deutschen
Bundestages und des Bundesrates braucht. Gehen Sie
bitte mit diesen Verfassungsorganen so pfleglich um,
wie es unsere Verfassung vorsieht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Sie wissen doch, dass Herr Fischer auf der Afghanistan-Konferenz ist!)


Nie zuvor stand die Europäische Union vor so großen
Herausforderungen wie heute. Der Beitritt von zehn
neuen Staaten am 1. Mai wird der Europäischen Union
ein neues Gesicht verleihen. Ich möchte für die CDU/
CSU-Fraktion sagen: Wir empfinden den Beitritt dieser
zehn Staaten als einen politischen und kulturellen Ge-
winn für die Europäische Union.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ute Kumpf [SPD]: Wir auch! – Dr. Angelica SchwallDüren [SPD]: Wunderbar!)


Wenige Wochen nach der endgültigen Vollendung der
europäischen Einigung werden wir hoffentlich die Ge-
burtsstunde der europäischen Verfassung feiern können.
Zum Jahresende haben wir die Frage zu beantworten, ob
die Europäische Union den Beitritt der Türkei verkraften
kann.

Schließlich müssen wir alles daransetzen, um der Gei-
ßel des Terrorismus in Europa Herr zu werden. Mein
Wunsch ist, dass die Europäische Union den Mut und die
Kraft hat, die richtigen Weichenstellungen für die Zu-
kunft vorzunehmen.

Was die Verfassung angeht, wünsche ich mir, dass
die Staats- und Regierungschefs die Gunst der Stunde
nutzen und die noch offenen Fragen so schnell wie mög-
lich klären. Dabei wäre es gut, wenn die Bundesregie-
rung ihre Hände nicht selbstzufrieden in den Schoß le-
gen würde. Statt tatenlos am Verhandlungstisch zu
sitzen, sollte sie sich aktiv um einen möglichst optimalen
Verhandlungserfolg bemühen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Das macht sie doch unaufhörlich!)


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(C (D Dazu gehört für die CDU/CSU-Fraktion der klare erweis auf das christliche Erbe Europas in der Präamel als Ausdruck unserer Wertgrundlagen. Wer das geing schätzt, der versteht die geistigen Herausforderunen der Zeit völlig falsch. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Sie wissen, dass das nicht durchsetzbar ist!)


Was die Politik der Europäischen Union angeht, ist
eit der Unterzeichnung der Römischen Verträge 1957
m EG-Vertrag das starke Dreieck der Wirtschaftspolitik,
estehend aus den Eckpunkten Wachstum, Vollbeschäf-
igung und Preisstabilität, verankert. Die Preisstabilität
st zwischenzeitlich leider herausgebrochen worden. Wir
ollen, dass sie neben dem Wachstum und der Vollbe-
chäftigung wieder als Ziel mit aufgenommen wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir setzen uns auch dafür ein, dass im Rahmen der
atifizierung der europäischen Verfassung die Mitwir-
ungsrechte des Deutschen Bundestages gestärkt wer-
en. Schließlich werden immer mehr Politikbereiche
nd Lebensbereiche der Bürger durch die Gesetzgebung
uf europäischer Ebene bestimmt. An dieser Gesetzge-
ung ist zwar die Bundesregierung stark beteiligt – das
st auch gut so im Sinne der europäischen Verträge –,
ber wir wollen auch, dass das deutsche Parlament, der
undestag, an diesen Beratungen beteiligt wird. Über
ie Beteiligung des Deutschen Bundestages wollen wir
ine deutsche und europäische Öffentlichkeit für wich-
ige Gesetzgebungsvorhaben in Brüssel schaffen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die europäische Verfassung wird eine grundlegend
eue Architektur im innerstaatlichen Umgang mit euro-
apolitischen Vorhaben und in der Zusammenarbeit zwi-
chen den einzelnen staatlichen Akteuren erfordern.
ies schließt eine Überprüfung und Neubewertung des
rt. 23 unseres Grundgesetzes und der darin vorge-
chriebenen Verfahren sowie des Gesetzes über die Zu-
ammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem
undestag in Angelegenheiten der Europäischen Union
in.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch ein weiterer

unkt ist mir sehr wichtig. Zu den Schicksalsfragen
uropas gehört die Frage, wer in Zukunft noch zur
nion der 25, die es ab dem 1. Mai 2004 geben wird,
inzustoßen wird. Hier wollen wir durch eine Änderung
er gesetzlichen Grundlagen in Deutschland erreichen,
ass wir als Deutscher Bundestag bei der Eröffnung
on Beitrittsverhandlungen genauso unser Votum abge-
en können wie die Kammer der Länder, der Bundesrat.
enn das Tor zum Beitritt wird nicht mit dem Abschluss
er Beitrittsverhandlungen aufgestoßen, sondern mit ih-
er Eröffnung. Wir wollen, dass die Repräsentanten der
ürgerinnen und Bürger – und damit unseres Volkes –
Deutschen Bundestag in diesem entscheidenden Mo-
ent um ihr Votum gefragt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Peter Hintze

Gleiches gilt für die Zustimmung der Bundesregie-

rung zu möglichen Entscheidungen des Europäischen
Rates, durch einstimmigen Beschluss von der Einstim-
migkeit zur Mehrheitsentscheidung überzugehen. Das
verändert das deutsche Gewicht in Europa erheblich.
Das kann im Einzelfall richtig und förderlich sein – das
ist es auch in den meisten Fällen –, aber auch diese ge-
meinschaftsautonome Verfassungsänderung wollen wir
parlamentarisch begleiten. Wir wollen, dass die Bundes-
regierung dem deutschen Parlament über ihre Position in
diesen Verhandlungen Rechenschaft ablegt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es schleicht sich leider mehr und mehr ein, dass inte-

ressante außenpolitische und europapolitische Kurs-
wechsel und Positionsbestimmungen der Bundesregie-
rung in der Presse und im Fernsehen abgehandelt, aber
nicht im Plenum des Deutschen Bundestages beraten
werden. Der Bundesaußenminister hakelt zurzeit mit
dem Bundeskanzler um den zukünftigen Kurs in der
Europapolitik. Herr Fischer hat sich eine Abkehr von sei-
ner Humboldt-Rede vorgenommen und verspottet die
Gründerstaaten der Europäischen Union als Kleineuropa.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Bundeskanzler hat ihm darin widersprochen. Das
möchte ich hier positiv erwähnen. Aber negativ ist, dass
wir bis jetzt keine Gelegenheit hatten, im Plenum des
Deutschen Bundestages mit dem Herrn Bundeskanzler
und dem Herrn Bundesaußenminister über die Grundfra-
gen der deutschen Europapolitik zu sprechen, weil sie
sich bisher einer solchen Aussprache konsequent ver-
weigert haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Das ist lächerlich! Sie wissen doch, dass Herr Fischer auf der Afghanistan-Konferenz ist!)


Das eine ist die Hakelei zwischen dem Bundesaußen-
minister und dem Bundeskanzler in der Frage, wer ei-
gentlich die Zuständigkeit in der Europapolitik hat.
Unter dieser Fragmentierung in der Europapolitik leidet
übrigens die Position Deutschlands in Europa massiv;
denn die entscheidende Rolle, die wir von Konrad
Adenauer bis Helmut Kohl gespielt haben, nämlich als
größter und einflussreichster Staat Europas die Mittler-
rolle wahrzunehmen, was von allen Staaten Europas als
positiv und förderlich anerkannt wurde, haben wir unter
Rot-Grün zugunsten einer Streiterrolle aufgegeben. Das
ist der schwerste Fehler der Europapolitik der Bundesre-
gierung.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich finde es schon merkwürdig, dass wir in einer Zeit,

in der wir zu Recht nach unseren geistigen Grundlagen
fragen, auf einmal von der Vorstellung, dass Europa ei-
nen inneren Zusammenhalt, ein Wirgefühl und gemein-
same Werte braucht, sowie von der Idee der politischen
Union und deren Vertiefung Abschied nehmen und von
einem Kontinentaleuropa träumen sollen, eine Vorstel-

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(C (D ng, die in Deutschland als Begründung dienen soll, den eitritt der Türkei praktisch zu erzwingen. Übrigens, wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen on Rot-Grün, in Sachen Türkei so vehement dazwichenrufen, dann darf ich Ihnen empfehlen, nicht nur die usführungen von Helmut Schmidt und von unserem undespräsidenten Johannes Rau, sondern vielleicht uch das zur Kenntnis zu nehmen, was der Ratsvorsitende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof uber, gesagt hat und was er uns ins Stammbuch gechrieben hat. ischof Huber hat nicht nur vor einem übereilten Beitritt er Türkei sehr gewarnt, sondern er hat auch klar gesagt, ass die Diffamierung der Europäischen Union als hristlichen Klub völlig die Tatsache verdunkelt, dass es as Christentum war, das die Werte von Freiheit und enschenwürde sowie von Toleranz, sozialer Gerechtigeit und Rechtsstaatlichkeit in Europa hervorgebracht at, und dass das die entscheidenden Werte sind, die uch in Zukunft für unsere Vorstellung von Europa von edeutung sind. Wir sollten also das Erbe des Christenms ernst nehmen. (Christel Humme [SPD]: Wovon reden Sie überhaupt? In welchem Jahrhundert leben Sie? – Weiterer Zuruf von der SPD: Was ist mit den Hexenverbrennungen, Herr Kollege?)


(Lachen und Zurufe von der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Sie sollten nicht so viel dazwischenbrüllen. Wenn Sie
chon nicht auf Ihren Bundespräsidenten und Ihren Alt-
anzler hören, dann hören Sie wenigstens auf eine solch
ichtige Stimme aus dem kirchlichen Raum.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Zum Schluss zu den wirtschaftlichen Fragen. Hin-

ichtlich der Lissabon-Strategie ist das Bild gemischt.
ährend viele Staaten in Europa die Zeichen der Zeit er-
annt haben und sich für die Zukunft rüsten, ist Deutsch-
nd im Jahre 2003 zum ersten Mal in seiner Geschichte
nter den EU-Durchschnitt gerutscht. Dass das Land der
ozialen Marktwirtschaft und des Wirtschaftswunders
inmal zum ärmeren Teil Europas gehören würde,


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ätten selbst Pessimisten beim Amtsantritt von Rot-Grün
icht für möglich gehalten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


er Bundeskanzler hat das geschafft und Herr Trittin hat
as Seine dazu beigetragen.
Es täte der deutschen Europapolitik gut, wenn die

eutsche Bundesregierung zu einem doppelten Aus-
leich zurückfinden würde: zu einem fairen Ausgleich in
uropa und zu einem fairen Ausgleich zwischen den po-
itischen Kräften hier im Parlament. Die Europäische
nion ist auf die breite Unterstützung aller politischen
räfte angewiesen. Wir fordern die Bundesregierung






(A) )



(B) )


Peter Hintze

Marco Bülow Gisela Hilbrecht Lothar Mark Silvia Schmidt (Eisleben)


Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Iris Hoffmann (Wismar)

Frank Hofmann (Volkach)

Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger

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hristoph Matschie
ilde Mattheis
arkus Meckel
lrike Mehl
etra-Evelyne Merkel
lrike Merten
ngelika Mertens
rsula Mogg
ichael Müller (Düsseldorf)

hristian Müller (Zittau)

esine Multhaupt

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Heinz Schmitt (Landau)

Carsten Schneider
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Brigitte Schulte (Hameln)

Ulla Burchardt Gabriele Hiller-Ohm Caren Marks Dagmar Schmidt (Meschede)

auf, zu diesem Grundsatz, der
den letzten Jahrzehnten beherz
ren.


(Beifall bei der CDU/C Vizepräsident Dr. Herman Bevor ich der nächsten Re gebe ich Ihnen das von den Schriftführern ermittelte Erge Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 589; davon ja: 305 nein: 283 enthalten: 1 Ja SPD Dr. Lale Akgün Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Hermann Bachmaier Ernst Bahr Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Eckhardt Barthel Klaus Barthel Sören Bartol Sabine Bätzing Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Hans-Werner Bertl Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding Kurt Bodewig Gerd Friedrich Bollmann Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann Hans-Günter Bruckmann Edelgard Bulmahn S H M G P K A E G R G D L Ir G U R A D M K G A W K H B K A M N H R R D G P M von allen Regierungen in igt wurde, zurückzukeh SU und der FDP)


(Hildesheim)


n Otto Solms:
dnerin das Wort erteile,
Schriftführerinnen und
bnis der namentlichen

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iegmund Ehrmann
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ernot Erler
etra Ernstberger
arin Evers-Meyer
nnette Faße
lke Ferner
abriele Fograscher
ainer Fornahl
abriele Frechen
agmar Freitag
ilo Friedrich (Mettmann)

is Gleicke
ünter Gloser
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ngelika Graf (Rosenheim)

ieter Grasedieck
onika Griefahn
erstin Griese
abriele Groneberg
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olfgang Grotthaus
arl-Hermann Haack

(Extertal)

ans-Joachim Hacker
ettina Hagedorn
laus Hagemann
lfred Hartenbach
ichael Hartmann

(Wackernheim)

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einhold Hemker
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r. Barbara Hendricks
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onika Heubaum

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bstimmung über den von de
rachten Entwurf eines Gesetze
orm der Gemeinsamen Agrar
ene Stimmen 589. Mit Ja habe
aben gestimmt 281, Enthaltun
urf ist damit mit der erforderl
en.


(Beifall bei Abgeordnete BÜNDNISSES 90/D runhilde Irber enate Jäger ann-Peter Janssen laus-Werner Jonas ohannes Kahrs lrich Kasparick r. h.c. Susanne Kastner lrich Kelber ans-Peter Kemper laus Kirschner ans-Ulrich Klose strid Klug r. Heinz Köhler alter Kolbow ritz Rudolf Körper arin Kortmann olf Kramer nette Kramme rnst Kranz icolette Kressl olker Kröning ngelika Krüger-Leißner r. Hans-Ulrich Krüger orst Kubatschka rnst Küchler elga Kühn-Mengel te Kumpf r. Uwe Küster hristine Lambrecht hristian Lange hristine Lehder altraud Lehn r. Elke Leonhard ckhart Lewering ötz-Peter Lohmann abriele Lösekrug-Möller rika Lotz r. Christine Lucyga irk Manzewski obias Marhold F D V D D H H J J D F D K G D C W R R D K M G O M T A A G R B D S H O H U (C (D r Bundesregierung einges zur Umsetzung der Repolitik bekannt. Abgegen gestimmt 305, mit Nein gen eine. Der Gesetzentichen Mehrheit angenom n der SPD und des IE GRÜNEN)


ranz Müntefering
r. Rolf Mützenich
olker Neumann (Bramsche)

ietmar Nietan
r. Erika Ober
olger Ortel
einz Paula
ohannes Pflug
oachim Poß
r. Wilhelm Priesmeier
lorian Pronold
r. Sascha Raabe
arin Rehbock-Zureich
erold Reichenbach
r. Carola Reimann
hristel Riemann-
Hanewinckel
alter Riester
einhold Robbe
ené Röspel
r. Ernst Dieter Rossmann
arin Roth (Esslingen)

ichael Roth (Heringen)

erhard Rübenkönig
rtwin Runde
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(Tuchenbach)

homas Sauer
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xel Schäfer (Bochum)

udrun Schaich-Walch
udolf Scharping
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r. Hermann Scheer
iegfried Scheffler
orst Schild
tto Schily
orst Schmidbauer

(Nürnberg)

lla Schmidt (Aachen)







(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Swen Schulz (Spandau)

Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt (Pforzheim)

Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Reinhard Weis (Stendal)

Petra Weis
Gunter Weißgerber
Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Jochen Welt
Dr. Rainer Wend
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek (Böhlen)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff

(Wolmirstedt)


Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)


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kin Deligöz
r. Thea Dückert
utta Dümpe-Krüger
ranziska Eichstädt-Bohlig
r. Uschi Eid
ans-Josef Fell
oseph Fischer (Frankfurt)

atrin Göring-Eckardt
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lrike Höfken
hilo Hoppe
ichaele Hustedt
ritz Kuhn
enate Künast
ndine Kurth (Quedlinburg)

arkus Kurth
r. Reinhard Loske
nna Lührmann
erzy Montag
erstin Müller (Köln)

infried Nachtwei
hrista Nickels
riedrich Ostendorff
imone Probst
laudia Roth (Augsburg)

rista Sager
hristine Scheel
mingard Schewe-Gerigk
ezzo Schlauch
lbert Schmidt (Ingolstadt)

erner Schulz (Berlin)

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rsula Sowa
ainder Steenblock
ilke Stokar von Neuforn
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ürgen Trittin
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r. Antje Vogel-Sperl
r. Antje Vollmer
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(Reutlingen)

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r. Christoph Bergner

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r. Rolf Bietmann
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r. Maria Böhmer
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(Bönstrup)

olfgang Bosbach
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r. Ralf Brauksiepe
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onika Brüning
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erena Butalikakis
artmut Büttner

(Schönebeck)

ajus Caesar
eter H. Carstensen

(Nordstrand)

itta Connemann
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lbert Deß
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ainer Eppelmann
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eorg Fahrenschon
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irk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)

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(Hof)

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ans-Joachim Fuchtel
r. Peter Gauweiler
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r. Reinhard Göhner
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(C (D ichael Grosse-Brömer arkus Grübel anfred Grund arl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg lav Gutting olger-Heinrich Haibach erda Hasselfeldt laus-Jürgen Hedrich elmut Heiderich rsula Heinen iegfried Helias da Carmen Freia Heller ichael Hennrich ürgen Herrmann ernd Heynemann rnst Hinsken eter Hintze obert Hochbaum laus Hofbauer oachim Hörster ubert Hüppe usanne Jaffke r. Peter Jahr r. Egon Jüttner artholomäus Kalb teffen Kampeter mgard Karwatzki ernhard Kaster iegfried Kauder (Bad Dürrheim)

olker Kauder
erlinde Kaupa
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ürgen Klimke
ulia Klöckner
ristina Köhler (Wiesbaden)

anfred Kolbe
orbert Königshofen
artmut Koschyk
homas Kossendey
udolf Kraus
ichael Kretschmer
ünther Krichbaum
ünter Krings
r. Martina Krogmann
r. Hermann Kues
erner Kuhn (Zingst)

r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

r. Norbert Lammert
elmut Lamp
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arl-Josef Laumann
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erner Lensing
eter Letzgus
rsula Lietz
duard Lintner
r. Klaus W. Lippold

(Offenbach)

atricia Lips
r. Michael Luther
orothee Mantel
rwin Marschewski

(Recklinghausen)

tephan Mayer (Altötting)







(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)


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Jetzt erteile ich der Kolleg
Bündnis 90/Die Grünen das Wo


(BÜNDN Sehr geehrter Herr Präside und Herren! Es war ein guter G ein Gipfel, der Europa wieder a bracht hat; denn auf diesem Gi ropa eine neue Verfassung b spätestens im Juni. Die EU ha bereit ist, nach vorne zu blick richten für Europa. Nach all den Unwägbarkeit Monate, nach dem unwürdigen sungsentwurf des Konventes b leichtert, dass sich die europä lich besonnen haben. Es ist Europäische Union nur mit die ilhelm Josef Sebastian orst Seehofer urt Segner atthias Sehling arion Seib einz Seiffert ernd Siebert homas Silberhorn ohannes Singhammer ens Spahn rika Steinbach hristian von Stetten ero Storjohann ndreas Storm F D R A E H J U O H R D H J in Anna Lührmann vom rt. IS 90/DIE GRÜNEN)

nt! Sehr geehrte Damen
ipfel für Europa. Es war
uf den richtigen Weg ge-
pfel wurde klar, dass Eu-
ekommen wird, und das
t gezeigt, dass sie wieder
en. Das sind gute Nach-

en der vergangenen drei
Gezerre um den Verfas-
in ich nun froh und er-
ischen Regierungen end-
offensichtlich, dass die
ser Verfassung die globa-

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aniel Bahr (Münster)

ainer Brüderle
ngelika Brunkhorst
rnst Burgbacher
elga Daub
örg van Essen
lrike Flach
tto Fricke
orst Friedrich (Bayreuth)

ainer Funke
r. Wolfgang Gerhardt
ans-Michael Goldmann
oachim Günther (Plauen)


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en und die europäischen Auf
önnen wird.
Es wurde auch höchste Eis
onat werden die zehn neuen
eitreten und die EU braucht n
en, um handlungsfähig zu sei
nd Bürger sollten wissen, was
äischen Geschäfte ist, wenn si
ehen. Deshalb ist der Abschlu
egierungskonferenz noch vo
chenswert.
Ich persönlich will an dies

chlag von Pat Cox begrüßen:
ag, markiert den Beginn der eu
r ist Symbol für europäischen
ies der optimale Tag für die A
erfassung.

(D r. Dieter Thomae ürgen Türk r. Guido Westerwelle r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing raktionslose Abgeordnete artin Hohmann nthalten raktionslose Abgeordnete etra Pau gaben angemessen lösen enbahn: In genau einem Mitgliedstaaten der EU eue vertragliche Grundlan. Auch die Bürgerinnen die Grundlage der euroe im Juni zur Europawahl ss der Verfassung und der r den Wahlen so wün er Stelle auch den Vor Der 9. Mai, der Europaropäischen Kooperation; Fortschritt. Deshalb ist nnahme der europäischen Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Melanie Oßwald Rita Pawelski Andreas Schmidt Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Elke Wülfing Wolfgang Zeitlmann Wolfgang Zöller Willi Zylajew Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Andreas Pinkwart Dr. Hermann Otto Solms Dr. Rainer Stinner Dr. Conny Mayer Dr. Martin Mayer Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Friedrich Merz Laurenz Meyer Doris Meyer Maria Michalk Hans Michelbach Klaus Minkel Marlene Mortler Stefan Müller Bernward Müller Dr. Gerd Müller Hildegard Müller Henry Nitzsche Michaela Noll Claudia Nolte Günter Nooke Katherina Reiche Hans-Peter Repnik Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Hannelore Roedel Franz-Xaver Romer Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Kurt J. Rossmanith Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Volker Rühe Albert Rupprecht Peter Rzepka Anita Schäfer Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Andreas Scheuer Norbert Schindler Georg Schirmbeck Bernd Schmidbauer Christian Schmidt M M T L M A E D A V A G M P G I A K W M W D (Cax Straubinger atthäus Strebl homas Strobl ena Strothmann ichael Stübgen ntje Tillmann deltraut Töpfer r. Hans-Peter Uhl rnold Vaatz olkmar Uwe Vogel ndrea Astrid Voßhoff erhard Wächter arko Wanderwitz eter Weiß erald Weiß ngo Wellenreuther nnette Widmann-Mauz laus-Peter Willsch illy Wimmer atthias Wissmann erner Wittlich agmar Wöhrl Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Christel Happach-Kasan Christoph Hartmann Klaus Haupt Ulrich Heinrich Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Michael Kauch Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Dirk Niebel Günther Friedrich Nolting Hans-Joachim Otto Eberhard Otto Detlef Parr Anna Lührmann Wie eben wieder einmal deutlich wurde, haben Teile der Opposition die Zeichen der Zeit aber noch immer nicht erkannt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Baiersbronn)


(Siegertsbrunn)


(Homburg)


(Frankfurt)





(A) )


(B) )


Die CSU muss jetzt resigniert feststellen, dass sich Eu-
ropa schneller als die Opposition einigt. Die CSU droht
zum Trotz, der neuen Verfassung eventuell gar nicht zu-
zustimmen. Anders sehen das die CDU-Kollegen. Ich
würde sagen: Damit folgt die CDU/CSU zur Abwechs-
lung einmal eindeutig den neuen Vorgaben von Frau
Merkel; denn sie demonstriert hier vorbildlich die neue
Zerstrittenheit der Opposition.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sehr geehrte Damen und Herren der CSU, ich finde es
beinahe gruselig, wie Sie argumentieren. Ihre Forderun-
gen sind nicht nur überzogen, sondern sie zeigen vor al-
len Dingen auch, dass Sie überhaupt kein Gespür für die
Art und Weise haben, wie europäische Politik funktio-
niert.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Auweia, auweia!)

Europa lebt nämlich vom Kompromiss. Diese Verfas-
sung ist kein Kompromiss auf der Basis des kleinsten
gemeinsamen Nenners; sie ist vielmehr ein großer
Schritt vorwärts für Europa. Es wäre fatal, wegen Ein-
zelforderungen wie die nach dem Gottesbezug den ge-
samten Verfassungsprozess scheitern zu lassen. Noch ist
die Verfassung nicht in trockenen Tüchern. Deswegen ist
die Verhandlungsstrategie der Bundesregierung, keine
neuen Forderungen aufzustellen und am Entwurf des
Konvents festzuhalten, nach wie vor richtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nicht nur beim Thema Verfassung wird erst im Nach-
hinein wirklich klar sein, ob dieser Frühjahrsgipfel ein
Erfolg war. Auch wenn dieses Mal aus traurigem Anlass
die Bekämpfung des Terrorismus im Vordergrund stand,
so befasst sich der Frühjahrsgipfel traditionell mit der
europäischen Wirtschaft und der Lissabon-Agenda. Der
Lissaboner Fahrplan ist ein ehrgeiziges Projekt, und das
zu Recht. Die EU hat das Potenzial, sich zum weltweit
wettbewerbsstärksten wissensbasierten Wirtschaftsraum
zu entwickeln.


(Markus Löning [FDP]: Richtig!)

Diese Agenda ist gut. Aber den Worten müssen jetzt

auch Taten folgen: zum einen in der EU und zum ande-
ren in den Mitgliedstaaten.


(Markus Löning [FDP]: Auch jetzt!)

Wichtige Impulse, die von der europäischen Ebene aus-
gehen könnten, etwa das Gemeinschaftspatent oder die
Dienstleistungsrichtlinie, sind längst überfällig. Der ge-
meinsame Binnenmarkt ist ein wichtiger Wettbewerbs-
vorteil Europas. Es ist die entscheidende Aufgabe, die
Potenziale des gemeinsamen Marktes wirklich umfas-
send auszuschöpfen. Nur so kann Europa im globalen

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(C (D ettbewerb bestehen. Nur so können wir unsere hohen ozialund Umweltstandards hier verteidigen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


An dieser Stelle will ich noch auf etwas Wichtiges
inweisen. Die EU – das ist in den europäischen Verträ-
en verankert; das steht auch noch einmal in den
chlussfolgerungen dieses Gipfels – will nachhaltiges
achstum schaffen. Die Göteborg-Strategie, der europäi-
che Nachhaltigkeitsplan, ist Bestandteil der Lissabon-
genda; denn Europa hat verstanden, dass Wachstum
uf Kosten der natürlichen Lebensgrundlagen nicht
rägt.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510212100

Frau Kollegin Lührmann, kommen Sie bitte zum

chluss.

Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510212200

Das tue ich. – Deshalb gilt für die EU genauso wie für
eutschland, dass die ökologische Modernisierung der
olkswirtschaft kein Hemmschuh für die wirtschaftliche
ntwicklung ist; sie ist vielmehr Impuls und Chance für
eue Arbeitsplätze. Wirtschaftliche Entwicklung und
kologische Modernisierung sind nicht zu trennen, wenn
ir den Auftrag von Lissabon ernst nehmen wollen und
uropa zukunftsfähig machen wollen.
Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510212300

Das Wort hat jetzt die Kollegin Sabine Leutheusser-

chnarrenberger von der FDP-Fraktion.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1510212400

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Die schrecklichen Anschläge in Ma-
rid haben Europa geschockt, aber nicht gelähmt. Sie ha-
en eines bewirkt: Das Gefühl der europäischen Verbun-
enheit und Solidarität wächst wieder. Die Widerstände
egen die europäische Verfassung schwinden; denn auch
en integrationsskeptischen europäischen Staats- und
egierungschefs wird zunehmend bewusst, dass die
ntwort auf die gegenwärtigen Herausforderungen lau-
en muss: mehr Europa, mehr Demokratie, mehr Hand-
ungsfähigkeit, mehr gemeinsame Außenpolitik und
ehr gemeinsame Rechtsstandards.


(Beifall bei der FDP)

ie Chance für eine Verabschiedung der europäischen
erfassung noch unter irischer Ratspräsidentschaft hat
ich mit dem Gipfel vergrößert, auch wenn einige Kom-
romisslinien noch sehr unklar sind.
Wir von der FDP-Fraktion erwarten von der Bundes-

egierung, dass sie in der jetzt entscheidenden Verhand-
ungsphase das Parlament bzw. – wo es nicht anders
eht – den Europaausschuss über den jeweiligen Ver-
andlungsstand zeitnah und umfassend informiert.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Das Parlament hat einen Anspruch darauf, in einer so
grundlegenden Frage wie der Verabschiedung der euro-
päischen Verfassung nicht nur mit den Ergebnissen kon-
frontiert zu werden, sondern auch an den entscheidenden
Schritten zum Ergebnis hin beteiligt zu werden. Ohne
Zustimmung des Parlaments kann keine europäische
Verfassung in Kraft treten.

Für die FDP gibt es folgende Schwerpunkte für einen
Konsens: Ausgestaltung der doppelten Mehrheit, Ver-
kleinerung der Kommission, mehr Entscheidungen mit
qualifizierter Mehrheit und, verstärkt durch die jüngsten
Debatten im Europäischen Parlament, ganz besonders
die Stärkung des Europäischen Parlaments.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Europa ist den Bürgern nur näher zu bringen, wenn
das Demokratiedefizit, das besonders im sensiblen Be-
reich der Innen- und Justizpolitik besteht, abgebaut wird
und wenn es nicht zunehmend zu unheilvollen Allianzen
zwischen der Kommission und dem Rat kommt,


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Wohl wahr!)

so wie das derzeit zum Beispiel bei der Weitergabe von
Passagierdaten von der Europäischen Union an die USA
der Fall ist.

Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie die
Entscheidung des Europäischen Parlaments von ges-
tern ernst nimmt.


(Beifall bei der FDP)

Das Europäische Parlament hat die derzeitige Fassung
des Übereinkommens und der Entscheidung über die
Angemessenheit mit Mehrheit abgelehnt. Es hat gefor-
dert, dass es zu Verhandlungen kommt. Die Kommission
ist anscheinend nicht aufgeschlossen und nicht bereit,
das aufzugreifen. Aber der Rat hat es in der Hand. Wenn
Sie von der Bundesregierung Ihr Gewicht im Rat ein-
bringen, dann können Sie bewirken, dass darüber in Ein-
zelpunkten noch einmal verhandelt wird. Es geht nicht
um irgendeine exekutive Entscheidung, sondern um eine
ganz grundlegende Frage der Sicherheit der Bürgerinnen
und Bürger beim Vorgehen gegen Terrorismus, aber
auch um wichtige Fragen des Datenschutzes.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Dieses Beispiel zeigt: Wenn das Parlament nicht ge-
stärkt wird, dann wird es künftig noch mehr Entschei-
dungen geben, die wir Parlamentarier zur Kenntnis neh-
men müssen, die wir dann vielleicht auch noch vertreten
sollen, an denen aber kein Parlamentarier in der Sache
konstitutiv beteiligt gewesen ist. Das darf nicht die Zu-
kunft Europas sein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die FDP hält den Entwurf des EU-Konvents für ein

akzeptables Ergebnis. Natürlich können wir uns an eini-
gen Stellen Verbesserungen vorstellen. Wir haben das
auch hier im Parlament häufig und deutlich zum Aus-
druck gebracht. Nicht nur eine Stärkung des Europäi-

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(C (D chen Parlaments, sondern auch eine Verbesserung der andlungsfähigkeit im Bereich der gemeinsamen Auen-, Sicherheitsund Verteidigungspolitik sind drinend geboten. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürger ach den Anschlägen in Madrid, aber auch nach den anzen Verwerfungen im Zusammenhang mit dem Irakrieg. Sie erwarten gemeinsame inhaltliche Positionieungen der Europäischen Union in diesen für sie lebensichtigen Fragen und sie erwarten, dass dafür auch die trukturen geschaffen werden, damit das besser als dereit geschehen kann. Deshalb würden wir uns sehr wünchen, dass in den dafür entscheidenden Verhandlungen etzt deutliche Verbesserungen beschlossen werden. Aber eines halte ich, sehr geehrte Kollegen und Kol eginnen von der CDU/CSU, schon für falsch: jetzt mit inem Neun-Punkte-Katalog (Michael Glos [CDU/CSU]: Jetzt? Das sagen wir schon die ganze Zeit!)


ine Art Conditio sine qua non aufzustellen, der erfüllt
erden müsse, damit zugestimmt werden könne. In die-
em Punkt setze ich ausnahmsweise auf Ministerpräsi-
ent Stoiber, der signalisiert hat, dass er, auch wenn er in
inzelnen Punkten Bauchweh habe, letztendlich der eu-
opäischen Verfassung zustimmen wolle. Denn es ist,
enn man den Anspruch erhebt, auf Bundesebene eine
ichtige Stimme zu haben, unverzichtbar, dass man
icht Blockierer der europäischen Verfassung ist.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie FDP begrüßt deshalb die Absichtserklärung, den
erfassungsentwurf möglichst bald, im Juni – je früher,
esto besser –, zu verabschieden.
Aber lassen Sie mich ein Wort zu dem Thema sagen,

as dank der Vorbereitung durch die Innenminister im
ittelpunkt des Gipfels stand, nämlich die Terroris-
usbekämpfung, die in der Europäischen Union hohe
riorität hat. Wie war das Ergebnis dessen, was be-
chlossen wurde? Typisch für Europa: Zu 90 Prozent
urde gesagt, was man vor drei Jahren beschlossen
abe, müsse man jetzt endlich umsetzen. Drei Jahre da-
ach! Auch dort, wo man neue Wege gesucht hat, hat
an einen Beschluss gefasst, der typisch für Europa ist:
ine neue Stelle einzurichten, das Amt eines Antiterro-
ismuskoordinators. Dessen Kompetenzen und Aufga-
en sind allerdings vollkommen unklar, ebenso die Ab-
renzung zum zuständigen Kommissar.
Ich glaube, es wäre besser, sich auf die wichtigen
inge zu konzentrieren, auf den Informationsaustausch
nter Achtung des Trennungsgrundsatzes, wie wir ihn
us der Verfassung kennen, statt mit neuen Stellen eine
eue Unübersichtlichkeit zu schaffen, auch wenn der In-
aber dieser Stelle ein sehr kompetenter, hervorragender
iberaler ist.
Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Michael Glos [CDU/CSU]: Sie hat den Stoiber gelobt!)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510212500

Das Wort hat der Kollege Martin Dörmann, SPD-

Fraktion.

Martin Dörmann (SPD):
Rede ID: ID1510212600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Das Jahr 2004 ist für die Europäische Union
von historischer Bedeutung, und das gleich in mehrfa-
cher Hinsicht. Es geht um nichts Geringeres als die Iden-
tität und Perspektive Europas, die Handlungsfähigkeit
der EU und ihre Legitimation durch die Bürgerinnen und
Bürger.

Eines steht fest: Am Ende des Jahres wird das europäi-
sche Haus anders aussehen als zu Beginn. Mit der Er-
weiterung um zehn Staaten zum 1. Mai wird eine unna-
türliche Trennmauer in Europa endgültig beseitigt. Die
EU-Osterweiterung bietet große Chancen für eine
friedliche und wirtschaftlich positive Entwicklung des
Kontinents, bei allen Herausforderungen, die damit
ebenfalls verbunden sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Am 13. Juni geben die Europawahlen dem europäi-
schen Haus einen neuen Anstrich und dem Parlament
eine neue demokratische Basis. Ich denke, wir hoffen
alle, dass die Regierungskonferenz Mitte Juni endlich
die europäische Verfassung als neues Dach für die EU
beschließen wird.

Die Staats- und Regierungschefs haben sich hierzu
beim Frühjahrsgipfel in Brüssel ausdrücklich selbst ver-
pflichtet. Die Chancen stehen also gut. Eine Einigung
auf die Verfassung ist aber auch dringend notwendig;
denn nur sie kann gewährleisten, dass die größer gewor-
dene Europäische Union handlungsfähig bleibt und der
Integrationsprozess fortschreitet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Vor allem wird die Verfassung dazu beitragen, die
Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit Europa
zu festigen und noch zu steigern. Noch immer wird die
EU leider von zu vielen als ferne Bürokratie wahrge-
nommen und in ihrer politischen wie wirtschaftlichen
Bedeutung eher unterschätzt. Durch die Verfassung wird
Europa demokratischer, transparenter und effizienter.

Es ist deshalb ermutigend, dass in der wichtigen, bis-
her umstrittenen Frage der doppelten Mehrheit bei
Ratsentscheidungen ein Durchbruch gelungen ist. Alle
sind nun bereit, dieses Prinzip mitzutragen. Die irische
Ratspräsidentschaft hat hier ganz hervorragend gearbei-
tet. Es ist aber sicher auch der klaren Verhandlungsstra-
tegie und der Überzeugungsarbeit der Bundesregierung
und des Bundeskanzlers zu verdanken, wenn dieser ent-
scheidende Schritt in Richtung Verfassung gegangen
werden kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In diesem Zusammenhang ein Wort an den Kollegen
Hintze. Herr Hintze, was Sie heute vorgetragen haben,

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(C (D ar nicht nur von der Art, sondern auch was den Inhalt etrifft, der Sache in keiner Weise angemessen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie haben ein Zerrbild von der Politik der Bundesregie-
ung gezeichnet. Ich muss mich schon fragen, ob Sie
irklich die Verfassung, also den Termin Mitte Juni,
der ob Sie nicht vielmehr den 13. Juni im Blick haben.
ie emotionale Welle, die Sie zu Wahlkampfzwecken
ufbauen wollen, wird ganz schnell wie ein Kartenhaus
usammenbrechen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


m Ende – das sage ich Ihnen voraus – werden auch Sie
ieser vernünftigen Verfassung zustimmen. Ich kann der
nion nur raten, diese historische Chance nicht zu ver-
assen.
Auch und gerade im Bereich der inneren Sicherheit

st ein einiges Europa notwendiger denn je. Das haben
ie verbrecherischen und menschenverachtenden Terror-
nschläge im März uns allen in erschreckender Weise in
rinnerung gerufen. Die Bekämpfung des Terrorismus
nd die Verhinderung weiterer Anschläge ist eine der
anz zentralen Aufgaben in den nächsten Jahren. Die At-
entate von Madrid haben allen bewusst gemacht, dass es
uch in Europa keinen wirklich sicheren Ort mehr gibt,
n einer freien Gesellschaft wohl auch nicht geben kann.
mso wichtiger ist es, alles Erforderliche zu tun, damit
as Risiko für die Bevölkerung minimiert wird.
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union stehen

ier in einer besonderen Verantwortung für die Sicher-
eit ihrer Bürgerinnen und Bürger. Die gemeinsame Be-
rohung durch den Terrorismus hat die Europäer enger
usammenrücken lassen. Doch wir dürfen nicht bei dem
efühl der gemeinsamen Betroffenheit stehen bleiben.
s muss auch gehandelt werden.


(Beifall bei der SPD)

Es ist deshalb wichtig und notwendig, dass sich die

nnenminister und Regierungschefs der Mitgliedstaaten
chnell auf zusätzliche Maßnahmen geeinigt haben, um
er Bedrohungslage gerecht zu werden. Die SPD-Bun-
estagsfraktion begrüßt deshalb nachdrücklich die Er-
lärung für eine stärkere Zusammenarbeit in der Ter-
orismusbekämpfung, die vom europäischen Gipfel
eschlossen wurde.


(Beifall bei der SPD)

er bereits verabredete Aktionsplan muss jetzt zügig
mgesetzt und ergänzt werden.
Die Informationswege werden weiter verbessert. In-

ormationen der Geheimdienste und der Polizei der Mit-
liedstaaten sollen zukünftig miteinander verknüpft wer-
en. Die Geheimdienste sollen nicht mehr eher
ebeneinander, sondern stärker miteinander arbeiten.
Die Einsetzung des Niederländers de Vries als EU-
oordinator für die Terrorismusbekämpfung darf dabei
ber nicht nur eine symbolische Geste sein. In der ge-
enwärtigen Situation kommt es darauf an, dass alle re-






(A) )



(B) )


Martin Dörmann

levanten Erkenntnisse und Aktionen auf EU-Ebene zu-
sammengeführt werden.

Als wichtigen Schritt sehen wir dabei an, dass die im
Verfassungsentwurf vorgesehene EU-Solidaritäts-
klausel mit sofortiger Wirkung in Kraft gesetzt wurde.
Sie sieht unter anderem eine Verpflichtung zu gegensei-
tigem Beistand im Falle eines Terrorangriffs vor. Die
Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass das eu-
ropäische Haus so sicher wie möglich gemacht wird. Sie
hätten kein Verständnis dafür, wenn bestehende Sicher-
heitsmängel nicht beseitigt würden. Grenzüberschrei-
tende Bedrohungen sind nur durch grenzüberschreitende
Maßnahmen effektiv zu bekämpfen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundesregierung und die rot-grüne Regierungs-
koalition haben sich von Anfang an auf europäischer
Ebene für eine stärkere Zusammenarbeit und für ge-
meinsame Institutionen und Handlungsmöglichkeiten
eingesetzt, gerade im Bereich der inneren Sicherheit und
der Justiz. Anfang März haben wir beispielsweise im
Bundestag den europäischen Haftbefehl in Deutsch-
land auf den Weg gebracht, der allerdings – man höre –
noch immer durch den Widerstand der Union im Bun-
desrat blockiert wird.


(Uta Zapf [SPD]: Pfui! – Günter Gloser [SPD]: Hört! Hört!)


Wir könnten in manchem einen Schritt weiter sein, liebe
Kolleginnen und Kollegen von der Union, wenn Sie mit
Ihrer Mehrheit im Bundesrat Maßnahmen, die für die
Bürgerinnen und Bürger wichtig sind, nicht aus kleinli-
chen und nicht nachvollziehbaren Gründen, wie oftmals
geschehen, blockieren würden.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das war gestern im Vermittlungsausschuss auch wieder so!)

Die Bekämpfung des Terrorismus ist jedoch nicht nur

eine Sache der Polizei und der Nachrichtendienste. Maß-
nahmen der inneren Sicherheit mögen Anschläge verhin-
dern. Sie beseitigen jedoch nicht ohne weiteres die Basis
des Terrorismus. Richtig ist deshalb die verabredete Ver-
besserung der Terrorismusprävention. Darüber hinaus
geht es aber auch darum, die gemeinsame Sicherheits-
und Außenpolitik der Union weiter nach vorne zu brin-
gen.


(Beifall bei der SPD)

Es gibt leider zu viele politische Probleme und Kon-

flikte, durch die die Terroristen einen gefährlichen Nähr-
boden für ihre Aktivitäten gewinnen können, der ihr
Agieren erst möglich macht. Deshalb muss die Europäi-
sche Union noch stärker als bisher als politischer Akteur
handlungsfähig werden, um erfolgreich an der Vorbeu-
gung und Lösung von Konflikten mitwirken zu können.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510212700

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger?

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(C (D Bitte schön. Sehr geehrter Herr Dörmann, Sie haben uns die Akti nen dargelegt, die beschlossen worden sind, um gegen en Terrorismus vorzugehen, was sehr interessant ist. eine Frage lautet: Sind Ihnen die Wörter „Datenchutz“ und „Rechte des Einzelnen“ bekannt (Uta Zapf [SPD]: Sie tut wieder so, als sei die FDP liberal!)

Martin Dörmann (SPD):
Rede ID: ID1510212800
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1510212900

nd welchen Stellenwert nehmen sie in diesem Kontext
hrer Meinung nach ein?


Martin Dörmann (SPD):
Rede ID: ID1510213000

Frau Leutheusser-Schnarrenberger, ich bin sehr dank-

ar für diese Frage. Denn ich glaube, wir sollten ehrlich
iteinander umgehen. Wir alle wissen, dass im Bereich
er inneren Sicherheit bei allen Maßnahmen, die wir
ort zu treffen haben, insbesondere bei Maßnahmen, die
em Informationsaustausch dienen, zwei Dinge abzuwä-
en sind: die Gefährdung der Bürgerinnen und Bürger
nd die Maßnahmen, die notwendig sind, um diese Ge-
ährdungen zu minimieren, auf der einen Seite und auf
er anderen Seite die Rechte von Bürgerinnen und Bür-
ern im Bereich des Datenschutzes. Wir, die SPD-Frak-
ion, nehmen beides gleichermaßen ernst. Wir werden
ns vorbehalten, in jedem Einzelfall jede einzelne Maß-
ahme daraufhin zu überprüfen, ob das eine dem ande-
en gegenüber gleichwertig ist oder überwiegt. Da, wo
ir ein klares Überwiegen feststellen, werden wir uns
ür diesen Weg entscheiden. Es kann sein, dass wir uns
ür den Datenschutz entscheiden. Es kann aber auch
ein, dass wir uns im Einzelfall für größere Informati-
nsmöglichkeiten entscheiden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Das hätten Sie sofort sagen können und nicht erst auf Nachfrage!)


wenn ich es sofort gesagt hätte, wäre es von meiner
edezeit abgegangen.
Das europäische Haus hat bereits starke Funda-
ente. Doch noch sind nicht alle Mauern und Zimmer
ertig gestellt; manches ist noch im Bau und im Werden.
erade die letzten Wochen haben aber zusätzliche Hoff-
ung geweckt, dass ein stabiles Gebäude entsteht, in
em sich die Bewohner sicher und wohl fühlen können.
enn es gelingt, sich in den nächsten Monaten auf eine
uropäische Verfassung zu einigen, wird endlich das ge-
einsame Dach fertig gestellt. Lassen Sie uns alle – ich
etone: alle – daran mitwirken, den Menschen mehr Si-
herheit und Rechte für eine gute und friedliche Zukunft
n Deutschland und in Europa zu geben!
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510213100

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gerd Müller,

CDU/CSU-Fraktion.

(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Herr Hintze, Sie sollten die letzte Rede einmal mit Ihrer Rede vergleichen!)



Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1510213200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir

freuen uns, dass die Regierungsfraktionen aufwachen,
wenn auch die Regierungsbank verwaist ist. Weil ich
Bundesminister Eichel auf der Regierungsbank sehe,
möchte ich an den Europäischen Rat anknüpfen. In den
Schlussfolgerungen des Europäischen Rates steht der be-
merkenswerte Satz:

Die wirtschaftliche Erholung, die im zweiten Halb-
jahr 2003 in Europa eingesetzt hat, schreitet voran.

Europa schreitet wirtschaftlich voran, aber nicht
Deutschland. Herr Eichel, wie fühlt man sich, wenn man
von der Lokomotive zum Wachstumsbremser der Ge-
meinschaft wird? Es ist beschämend, dass Deutschland
innerhalb der EU von Platz drei auf Platz 13 zurückge-
fallen ist.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Glückszahl!)

Im UN-Ranking sind wir zwischenzeitlich von Platz 8
auf Platz 18 abgestiegen. Rot-Grün hat dieses Land in
die Abstiegszone geführt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Michael Glos [CDU/CSU]: Leider wahr!)


Das Problem dabei ist: Die Menschen zahlen dafür die
Zeche.

Wir stehen kurz vor der Osterweiterung; dies ist eine
der letzten Europadebatten des Bundestages vor diesem
Termin. Es ist kläglich, in welch geringem Maße die Re-
gierungsbank besetzt ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir blicken mit Freude auf die Osterweiterung. Der
vergangene Europäische Rat war – abgesehen vom for-
mellen Vollzug und vom Feiern der Osterweiterung –
vermutlich der letzte vor der Osterweiterung.

Wir sehen mit Sorge auf die damit verbundenen Pro-
bleme. Große Sorge bereitet uns die Verlagerung der Be-
triebe, insbesondere in den Grenzregionen. Auf der Be-
suchertribüne sitzen Freunde aus Leuchtenberg und
Weiden – das sind Orte im bayerisch-tschechischen
Grenzgebiet. Ich denke an die Weidener Erklärung von
Bundeskanzler Schröder, in der er vor einem Jahr ausge-
führt hat, wie er die Osterweiterung im thüringischen
und bayerischen Grenzgebiet managen will. Nichts da-
von ist eingehalten worden. Diese Bundesregierung hat
kein Konzept, sie weiß nicht, wie sie die Probleme der
Osterweiterung im Grenzbereich managen soll.

Wir haben ein hohes Steuer-, Förder- und Lohnge-
fälle. Wo sind die Vorschläge, wie wir den Menschen

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(C (D nd Betrieben in diesen Regionen in den nächsten Wohen helfen? Der Außenminister glänzt durch Abwesenheit. (Michael Glos [CDU/CSU]: Das ist auch das Einzige, womit er glänzen kann!)


er Gipfel

(Günter Gloser [SPD]: Der Gipfel ist die Rede!)

at sich auch mit dem Kosovo, mit Afghanistan und
ussland beschäftigt. Aus aktuellem Anlass möchte ich
urz darauf Bezug nehmen. Wir sind nicht der Meinung,
ass die Antwort auf die Frage nach der Zukunft Afgha-
istans nur lauten kann: mehr Geld und mehr Soldaten.
ir fragen nach dem politischen Konzept, aber der Au-
enminister hat keines.
Bezüglich des Kosovos müssen wir nach fünf Jahren

ragen: Herr Minister Struck, liegt die Lösung der dorti-
en Probleme in der Verdoppelung oder gar in der Ver-
reifachung des Kontingents der eingesetzten Soldaten,
ie Sie jetzt angeordnet haben? Kann der Einsatz von
mmer mehr Geld die Antwort sein? Dass dies der rich-
ge Weg ist, wage ich zu bezweifeln. Müssen wir uns
ach fünf Jahren nicht eher die Frage stellen, wie wir die
ilfsorganisationen besser koordinieren können? Sollten
ir nicht eher der Frage der Multiethnizität im Kosovo
uf den Grund gehen?
Auch die Russlandstrategie der Europäischen Union

tand auf der Tagesordnung. Es lohnt sich wirklich ein-
al, ein solches Dokument zu lesen. Vermutlich hat das
ein Regierungschef getan.


(Günter Gloser [SPD]: Nur Müller!)

as Paradoxe dieser Gipfel ist, dass die Dokumente zur
chlusserklärung Wochen vorher von Beamten vorberei-
et und den Regierungschefs zugeleitet werden. Darin
teht tatsächlich – zynisch – der Glückwunsch des Euro-
äischen Rates an Präsident Putin zu seiner Wiederwahl.
er Rat gratuliert dem Präsidenten nicht nur zur Wieder-
ahl, sondern begrüßt den Aufbau eines Mehrparteien-
ystems in Russland und die Anstrengungen, die Presse-
reiheit zu gewährleisten.
Meine Damen und Herren, wer weiß, unter welchen
mständen die Wahl in Russland stattgefunden hat, der
eiß auch, dass das der blanke Zynismus ist. Wir hätten
in kritisches Wort zur Gefährdung der Demokratie, der
ressefreiheit und der Menschenrechte in Russland er-
artet.


(Uta Zapf [SPD]: Da klatschen nicht einmal die eigenen Leute!)


Ich komme nun auf den Terrorismus in Europa zu
prechen. Es gab viele Bekundungen, und Aktionen und
rogramme wurden beschlossen, aber wir haben bis
eute keine operativen integrierten Strukturen. Auch die-
er Europäische Rat ist darüber nicht hinausgekommen.
Es hat mich sehr beeindruckt, als Bundesinnenminis-

er Schily darauf hinwies, dass es inzwischen in Deutsch-
and sage und schreibe 160 Gremien gibt, in denen die in-






(A) )



(B) )


Dr. Gerd Müller

nere Sicherheit koordiniert wird. Mit der Einsetzung des
europäischen Terrorismusbeauftragten haben wir das
161. Gremium geschaffen, das wir beschicken können.
Aber auch damit schaffen wir nicht mehr Sicherheit.

Zum Verfassungsvertrag: Wir wollen den Verfas-
sungsvertrag, aber wir wollen ihn nicht um jeden Preis.
Der Kollege Hintze hat unsere Kernpunkte bereits ange-
sprochen. Wir fordern, dass die Bundesregierung unsere
Position in den nächsten Wochen in die Verhandlungen
einbringt. Die Bundesregierung braucht die Opposition
zur Ratifizierung und deshalb erwarten wir, dass unsere
Forderungen ernst genommen und eingebracht werden.

Erstens. Wir wollen mehr Föderalismus statt Zentra-
lismus. Natürlich stehen wir der vorgesehenen Kompe-
tenzausweitung in Politikfeldern, in denen wir eigentlich
national handeln müssten, kritisch gegenüber.

Der Kollege Hintze hat einen zweiten zentralen Punkt
herausgestellt. Wir unterstützen die Bundesbank in ih-
rer Forderung, am Verfassungsziel der Preisstabilität und
der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank fest-
zuhalten. Das sind die zwei Kernpunkte der Maastricht-
Stabilitätsordnung. Unter diesen Bedingungen haben wir
die D-Mark in den Euro überführt. Wenn Sie diese zwei
Punkte jetzt mit dem Verfassungsvertrag auflösen, ist
das ein Anschlag auf die Stabilitätsordnung in Europa.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP] – Günter Gloser [SPD]: Was heißt „wir“? Wer hat den Vertrag denn entworfen?)


Sie können die Forderungen der Bundesbank und der
Opposition an diesem Punkt nicht einfach beiseite schie-
ben und zur Tagesordnung übergehen.

Das Streben nach einer Entparlamentarisierung der
europäischen Politik zeigt sich in dieser Verfassungsde-
batte. Deshalb fordern wir – der Kollege Hintze hat dies
bereits angesprochen; wir werden dies in der Föderalis-
muskommission und an anderer Stelle einbringen – in
Zukunft ein maßgebliches Mitwirkungsrecht für den
Deutschen Bundestag in der europäischen Sekundär-
rechtsetzung. Es kann nicht sein, dass Brüssel an den na-
tionalen Parlamenten vorbei Recht setzt, das unsere Bür-
ger vor Ort beschwert, und wir nur noch ein
Feuerwehrparlament sind, das die Dinge im Nachhinein
zur Kenntnis nimmt.

Blickt man nach Spanien, Skandinavien, Polen oder
Portugal, merkt man: Diese Europäische Union ist im
Umbruch und im Aufbruch. Lethargie, Problemstau und
miese Stimmung herrschen nur in Deutschland. Dafür
gibt es nur eine Lösung: Ihre Ablösung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510213300

Nächster Redner ist der Kollege Rainder Steenblock,

Bündnis 90/Die Grünen.

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(C (D Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ngesichts der historischen Dimension der Inhalte die-
er Debatte frage ich mich schon, welche strategischen
mplikationen die Beiträge der Opposition heute haben.
ch kann nur sagen: Wie gut, dass Sie in diesem Lande
eine Verantwortung tragen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Schauen wir uns an, was Sie heute hier geboten ha-
en: In der Debatte über die europäische Verfassung
erden einfach Punkte aneinander gereiht. Wir sind uns
och darin einig, dass die Erweiterung der EU und die
ertiefung der europäischen Beziehungen die zentralen
ufgaben sind, die wir gemeinsam lösen müssen. Wir
efinden uns jetzt in der entscheidenden Phase der Ge-
taltung der Verfassung. Dann mit einem Neun-Punkte-
atalog zu kommen und die ganze Debatte noch einmal
ufnehmen zu wollen zeugt von Parteipolitik bezogen
uf den EU-Wahlkampf. Das zeugt aber nicht von der
ahrnehmung deutscher Interessen für Europa in die-
em Prozess. Sie machen Parteipolitik, wir gestalten
uropa. Das ist der Unterschied.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie haben die ganze Latte vom christlichen Abend-
and bis zum Türkeibeitritt noch einmal runtergebetet.
ieber Kollege Hintze, Sie wissen ganz genau, dass die
rage des Türkeibeitritts in Ihrer Fraktion nicht so ein-
eutig beantwortet wird, wie Sie das heute dargestellt
aben; sicherlich auch mit Blick auf die CSU, um sie mit
m Boot zu haben. Sie wissen, dass Herr Rühe, Herr
olenz und andere aus Ihrer Fraktion sehr vernünftige
orstellungen dazu entwickelt haben.
Gerade die Türkeiproblematik zu benutzen, um sich

on der Vertiefungsdebatte zu verabschieden, halte ich
icht nur hinsichtlich Ihrer Verantwortung für schwierig.
ielmehr deckt sich das auch in der Sache nicht mit
em, was ansteht. Sie wissen das ganz genau. Die Si-
herheitspolitik der EU ist ein zentrales Thema, das ver-
ieft werden muss. Die GASP wird eine entscheidende
olle spielen. Die Sicherheitspolitik der EU mit der Tür-
ei vertiefend zu gestalten ist angesichts der globalen
erausforderungen, vor denen wir gerade in Europa ste-
en, natürlich eine Chance. Damit könnten wir insbeson-
ere eine gemeinsame Antwort auf die Herausforderun-
en geben, vor die uns der Terrorismus stellt. Der
ürkeibeitritt bietet die Chance, die europäische Außen-
nd Sicherheitspolitik zu vertiefen. Wir wollen die Rah-
enbedingungen streng formulieren. Das haben wir im-
er gesagt. Aber wir sehen in diesem Prozess Chancen.
ür diese Chancen engagieren wir uns.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde gerne
och mit einem anderen Vorurteil aufräumen, das heute
ieder angesprochen wurde. Ich meine die Ausführun-
en zum Thema christliches Abendland. Ich weiß, dass






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock

man sich in diesen Debatten sehr schnell verzettelt. Aber
wenn es vor dem Hintergrund all der ideologischen Aus-
einandersetzungen, die heute – auch im Bezug auf den
Islam – geführt werden, um den Wert der Toleranz geht,
dann plädiere ich dafür, das nicht auf das christliche
Abendland zu begrenzen.

Unsere europäische Kultur – damit haben die Grie-
chen angefangen – ist durch den Wert demokratischer
Entscheidungsstrukturen gekennzeichnet, was auch mit
Toleranz und Akzeptanz von Unterschiedlichkeit ver-
bunden ist. Wäre es nicht das Morgenland gewesen, das
die griechische Kultur wieder nach Europa gebracht
hätte, wüsste ich nicht, wo wir mit unseren Kulturbegrif-
fen heute stehen würden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Deshalb plädiere ich sehr dafür, die Debatte über Tole-
ranz tolerant und aufgrund von Wissen um die Ge-
schichte Europas zu führen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510213400

Das Wort hat die Kollegin Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1510213500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir leben in der Europäischen Union. Die EU wird am
1. Mai dieses Jahres um zehn neue auf insgesamt
25 Staaten erweitert. Allein dies sind gute Gründe, die
EU modern zu verfassen. Allerdings wird die künftige
EU-Verfassung nur dann eine gemeinsame sein, wenn
auch alle EU-Bürgerinnen und -Bürger darüber abstim-
men. In vielen Ländern wird das so sein, ausgerechnet in
Deutschland nicht. CDU und CSU waren immer dage-
gen. SPD und Grüne sprachen sich lange dafür aus. In-
zwischen ist Rot-Grün in das Unionslager gewechselt.
Ich finde, das schwächt die Demokratie, anstatt sie zu
stärken. Die PDS im Bundestag bleibt bei ihrer Forde-
rung: Volksabstimmung über die EU-Verfassung!

Die Verfassung selbst ist ein Kompromiss, ein um-
strittener zudem. Vor einem Vierteljahr kam der Prozess
ins Stocken. Ein EU-Gipfel scheiterte. Nun, nach dem
Regierungswechsel in Spanien und dem Einlenken Po-
lens, ist die Debatte wieder offener. Aber viele Probleme
bleiben. Ich habe hier schon vor einer Woche gesagt,
dass Sie meine grundsätzliche Kritik an der zunehmen-
den Militarisierung der Politik kennen. In der künfti-
gen Verfassung wurde sie sogar als Pflicht festgeschrie-
ben. Als Reaktion auf diesen Satz rief der Abgeordnete
Joseph Fischer dazwischen: „Genau so ist es!“. Herr
Fischer ist im Ehrenamt Grüner und im Nebenberuf
Außenminister. Er muss es also wissen. Die PDS lehnt
eine Militarisierung der EU nach wie vor ab.

Mit ähnlichen Sorgen sehen wir aktuelle Entwicklun-
gen in der künftigen EU-Innenpolitik. Unter der Über-
schrift „Terrorbekämpfung“ werden Bürgerrechte ab-

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(C (D nd Geheimdienste ausgebaut. Der Datenschutz wird reisgegeben und die Rolle des Parlaments geschwächt. as alles steht im Widerspruch zum Verfassungsprozess. r ging mit mehr Transparenz und Demokratie schwaner. Nun droht uns dort eine Fehlgeburt. Umso mehr berüße ich es, dass das EU-Parlament gestern den Handel ersönlicher Passagierdaten mit den USA moniert hat. ch finde, wir sollten heute Abend die Chance ergreifen, er Bundesregierung mit dem FDP-Antrag auch einen ntsprechenden Verhandlungsauftrag zu geben, um dieen Fehler zu korrigieren und ihre Zustimmung zur bermittlung sensibler Daten zurückzuziehen. Die deutschen Unionsparteien wollen der Europäi chen Union noch immer einen Gottesbezug verordnen. ie PDS will das nicht. Im Übrigen, liebe Kolleginnen nd Kollegen, frage ich mich: Was würde ein Gottesbeug an der sozialen Schieflage ändern, die mit der so geannten Lissabon-Strategie verfolgt wird? Überhaupt: s klingt ja mächtig und gewaltig, wenn die EU bis 2010 ur stärksten Wirtschaftsregion der Welt entwickelt weren soll. Es nützt nur wenig, wenn dabei immer mehr ürgerinnen und Bürger verarmen. Aus all diesen Gründen teile ich den Optimismus, der uch heute gelegentlich unter dieser Kuppel schwebte, icht. Auch außerhalb dieses Hauses herrscht Skepsis. chauen wir also mal: Am 13. Juni wird ein neues EUarlament gewählt. Die PDS tritt als proeuropäische Parei für soziale Gerechtigkeit und gegen eine Militärunion n. Das ist unsere Linke, eine wählbare Alternative. (Günter Gloser [SPD]: Wir sind keine Militärunion, Frau Pau!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510213600

Das Wort hat der Kollege Dr. Martin Schwanholz,

PD-Fraktion.


Dr. Martin Schwanholz (SPD):
Rede ID: ID1510213700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Auf der Tagung des Europäischen Rates im
ärz 2000 in Lissabon haben sich die europäischen
taats- und Regierungschefs das fürwahr ehrgeizige Ziel
esetzt, die Europäische Union bis zum Jahr 2010 zum
ynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der
elt zu machen. Vier Jahre später fällt die Bilanz des
isher Erreichten jedoch eher ambivalent aus.
Die vor dem Frühjahrsgipfel von der Kommission

orgelegten Strukturindikatoren machen deutlich, dass
as Reformtempo der Europäischen Union – Herr
taatsminister Bury hat es schon erwähnt – vehement
eschleunigt werden muss, wenn die Lissabon-Ziele bis
010 tatsächlich erreicht werden sollen. Deshalb haben
ie Staats- und Regierungschefs in der vergangenen Wo-
he in Brüssel deutliche Prioritäten gesetzt, nämlich ers-
ens die Schaffung von Arbeitsplätzen und zweitens die
tärkere Förderung eines umweltverträglichen Wirt-
chaftswachstums. Diese beiden Bereiche sollen bis zur
albzeitevaluierung der Lissabon-Strategie auf dem
rühjahrsgipfel 2005 im Fokus der Kraftanstrengungen
er Mitgliedstaaten stehen.






(A) )



(B) )


Dr. Martin Schwanholz

Wir Sozialdemokraten begrüßen diese Schwerpunkt-

setzung ausdrücklich; sie bestärkt uns darin, unsere Re-
formpolitik fortzusetzen. Mit der Agenda 2010 haben
wir nämlich schon im vergangenen Jahr die Weichen in
die richtige Richtung gestellt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Europäische Kommission nennt in diesem Zusam-
menhang die Gesetze Hartz I bis Hartz IV: so zum Bei-
spiel die Einrichtung von Jobzentren zur Verbesserung
der Arbeitsvermittlung sowie die Arbeitsplatzschaffung
durch niedrige Steuersätze und Sozialversicherungsbei-
träge bei den Minijobs. Die Botschaft, die von diesem
Frühjahrsgipfel ausgeht, ist auch die Botschaft der Poli-
tik dieser Regierungskoalition und der sie tragenden
Fraktionen.

Im Bereich der Beschäftigungspolitik haben die
Staats- und Regierungschefs vergangene Woche in Brüs-
sel vier Herausforderungen hervorgehoben: erstens den
Abbau von Lohnnebenkosten, zweitens die Steigerung
der Attraktivität des Arbeitsmarktes für mehr Menschen,
drittens die Erhöhung der Qualität der Beschäftigung
und viertens die Ausweitung der Investitionen in Hu-
mankapital. Wir sind in Deutschland bereits einen wich-
tigen Schritt weiter. Wir haben viele Schritte unternom-
men, um die Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung
zu erhöhen, allerdings ohne dabei das hohe Sozial-
schutzniveau in unserem Land aufzugeben – wie ich
finde, eine bemerkenswerte Leistung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben mit der Reform des Gesundheitssystems
den Abbau der Lohnnebenkosten eingeleitet und wir
nehmen es ernst mit der Vision einer europäischen Wis-
sensgesellschaft, wie sie in der Lissabon-Strategie veran-
kert ist. Deshalb haben wir in den vergangenen fünf Jah-
ren die Ausgaben für Bildung und Forschung um mehr
als 25 Prozent auf über 9 Milliarden Euro im Jahr 2003
erhöht. Wir werden diese wichtigen Ausgaben weiter er-
höhen. Denn eines ist klar: Der europäische Wirtschafts-
raum ist nur dann langfristig konkurrenzfähig, wenn wir
unseren Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit ge-
ben, sich auf einem hohen Niveau zu qualifizieren und
sich ein Leben lang fortzubilden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir in Deutschland
haben unsere Hausaufgaben gemacht; das bestätigt uns
auch die Kommission in ihrem „Entwurf des gemeinsa-
men Beschäftigungsberichts 2003/2004“. Durch die Po-
litik der Bundesregierung wurden beispielsweise – ich
zitiere aus dem „Entwurf des gemeinsamen Beschäfti-
gungsberichts 2003/2004“ – „neue Arbeitsanreize ge-
schaffen für ältere Arbeitskräfte und für Arbeitskräfte
am unteren Ende der Lohnskala“. Das ist eines der we-
sentlichen Probleme, die wir in Deutschland haben. Die
Beschäftigungsquote der älteren Arbeitnehmer ist bei
uns bisher auf immerhin 38,4 Prozent angewachsen und
wird weiter anwachsen, wenn unsere Reformen erst ein-
mal ihre volle Wirkung entfalten.

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(C (D Die Beschäftigungsquote der Frauen blieb 2002 kontant bei 58,8 Prozent und liegt damit über dem EU-15urchschnitt von 55,6 Prozent. Das reicht uns aber noch icht. Deshalb haben wir 4 Milliarden Euro zur Verfüung gestellt, um die Ganztagsbetreuung in Deutschland u verbessern. Das wird viel mehr Frauen die Möglicheit eröffnen, am Berufsleben teilzunehmen; das ist für ns eine wichtige Maßnahme. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Alles in allem erreichen wir in Deutschland schon
eute eine Gesamtbeschäftigungsquote von annähernd
6 Prozent. Würden wir die auf europäischer Ebene fest-
elegten Kriterien zur Messung der Beschäftigungsquote
eranziehen, erreichten wir mit über 69 Prozent schon
eute fast das Lissabon-Ziel von 70 Prozent. Damit be-
egen wir uns also auf einer Linie mit den zentralen Zie-
en der europäischen Beschäftigungspolitik im Rahmen
er Lissabon-Strategie. Für Deutschland als wichtigstes
ndustrieland der Europäischen Union ein starkes Stück
eutschland um es einmal so zu auszudrücken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Allerdings reichen die Anstrengungen in den Mit-
liedstaaten nicht aus, um die Lissabon-Ziele zu errei-
hen; wir alleine können das nicht. Auch auf europäi-
cher Ebene müssen sich die Rahmenbedingungen für
ehr Beschäftigung und Wachstum ändern. So darf es
icht mehr sein, dass bestimmte Gesetze für europäische
nternehmen einen solchen bürokratischen Mehrauf-
and verursachen, dass Kosten in einer Höhe entstehen,
ie ihre Wettbewerbsfähigkeit in der globalisierten Welt
eeinträchtigen. Damit muss endlich Schluss sein, meine
amen und Herren.
Daher ist es zu begrüßen, dass der Europäische Rat

er Kommission auf diesem Frühjahrsgipfel ins Stamm-
uch geschrieben hat, wie wichtig die Weiterentwick-
ng des Instruments der Gesetzesfolgenabschätzung
st. Nur wenn in Zukunft genau evaluiert wird, welche
uswirkungen ein Gesetzesvorhaben auf die europäi-
che Industrie und Wirtschaft hat, wird die Wettbewerbs-
ähigkeit des Standorts Europa gewährleistet und dem
isiko einer Deindustrialisierung entgegengewirkt wer-
en können. Wir sind hier auf dem richtigen Weg. Im
ahr 2003 wurden circa 20 Prozent der Gesetzesvorla-
en, die unter diese Gesetzesfolgenabschätzung fielen,
iner Überprüfung unterzogen; im Jahr 2004 werden es
ber 50 Prozent sein. Auf diesem Gebiet werden wir also
inen Schritt vorankommen.
Neben einer besseren Rechtsetzung müssen jedoch

uch die Rahmenbedingungen für die europäische In-
ustrie insgesamt überprüft werden. Unser Bundeskanz-
er Gerhard Schröder, Staatspräsident Chirac und Pre-
ierminister Blair haben dies schon mehrfach gefordert.
rfreulicherweise hat der Europäische Rat die Anregun-
en der drei Staats- bzw. Regierungschefs berücksichtigt
nd bekräftigt in seinen Schlussfolgerungen, „dass Wett-
ewerbsfähigkeit, Innovation und die Förderung einer
ultur des Unternehmertums maßgebliche Vorausset-
ungen für Wachstum sind“. Vor diesem Hintergrund






(A) )



(B) )


Dr. Martin Schwanholz

wird die Kommission – auch auf Wunsch der Bundesre-
gierung – bis April einen Bericht vorlegen, der konkrete
Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der
europäischen Industrie nennt.

Meine Damen und Herren, wir wissen, dass ein hohes
europäisches Beschäftigungsniveau sowie der Erhalt des
europäischen Sozialmodells nur dann erreichbar sind,
wenn es uns gelingt, sowohl durch eine bessere Recht-
setzung auf europäischer Ebene – dies klang heute schon
an – als auch durch die Förderung unternehmerischer In-
novationen Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität in
der Europäischen Union zu steigern.

Wir sind uns bewusst, dass die europäischen Staaten
heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, vor großen He-
rausforderungen im wirtschaftlichen, aber auch im au-
ßen- und, wie eben gehört, sicherheitspolitischen Be-
reich stehen. Dasselbe gilt für das Projekt einer
europäischen Verfassung. Die Geschichte hat uns ge-
lehrt, dass die Europäische Union immer nur dann einen
großen Schritt vorangekommen ist, wenn alle an einem
Strang gezogen haben.

Ich fasse zusammen: Die Europäische Union braucht
Schwung, keine Frage. Wir Sozialdemokraten haben den
Schwung. Wir machen das gemeinsam mit unseren euro-
päischen Partnern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510213800

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Peter

Altmaier, CDU/CSU-Fraktion.

Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1510213900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Das Ergebnis des Europäi-
schen Rates vom letzten Wochenende bestätigt einen de-
primierenden Befund: Zweieinhalb Jahre nach dem ver-
heerenden Anschlag des 11. September und drei Wochen
nach dem schrecklichen Anschlag von Madrid verfügen
weder die Europäische Union noch die Bundesregierung
über eine nachvollziehbare, adäquate und wirksame
Strategie gegenüber der wachsenden Bedrohung durch
den Terrorismus.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die eigentliche Spaltung der EU begann am
12. September 2001. Wir stellten fest, dass die eu-
ropäischen Nationen entsprechend ihren alten nati-
onalen Reflexen handelten.
... dass die Europäer sich nach einem Angriff auf ih-
ren wichtigsten Partner sofort zusammengesetzt
und eine strategische Analyse angestellt hätten, das
ist nicht geschehen. Wir waren nicht dialogfähig,
wo wir es hätten sein müssen, als die Konflikte auf-
brachen, was dann definitiv in der Irakkrise der Fall
war. Das mangelnde strategische Bewusstsein bei
uns führte zur mangelnden strategischen Dialogfä-
higkeit mit dem Partner Amerika.

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(C (D Dieses vernichtende Urteil stammt nicht von irgendei em böswilligen Kommentator. Es stammt von niemand nderem als dem Außenminister, dem für Außenpolitik uständigen Mitglied dieser Bundesregierung, in einem nterview mit der „FAZ“ vom 6. März dieses Jahres, geau fünf Tage vor dem verheerenden Anschlag von adrid. err Staatsminister Bury, mich interessiert, ob der Bunesaußenminister mit dieser Aussage die offizielle Posiion der Bundesregierung wiedergegeben hat oder ob es, ie üblich, die Privatmeinung des Bundesaußenminisers war. Darüber hinaus würde mich, wenn die Analyse von errn Fischer stimmt, interessieren, was sich in der Zwichenzeit geändert hat. Welche Schlussfolgerungen haen wir aus dem Anschlag von Madrid denn gezogen? ie Antwort ist ernüchternd, aber eindeutig: eigentlich ichts. Darüber täuschen auch der kurzzeitige Aktionisus, das Sondertreffen der Innenminister und der Euroäische Rat vom letzten Wochenende nicht hinweg. Auf diesem Europäischen Rat wurde eine Solidari ätsklausel beschlossen. Wir haben in den vergangenen agen die Bundesregierung mehrfach gefragt, was denn ie konkrete politische, juristische und praktische Beeutung dieser Solidaritätsklausel ist. Nichts gegen Soliarität, aber ich frage mich schon, was nach dem Anchlag von Madrid anders gewesen wäre, wenn wir diese lausel zu dem Zeitpunkt schon gehabt hätten. Ich habe einen Vertreter der Bundesregierung gefunden, der imtande gewesen ist, diese einfache Frage zu beantworten. err Staatssekretär Körper, Frau Ministerin Zypries, enn Sie diese Frage beantworten können, würde ich ich sehr freuen, wenn Sie das dem Deutschen Bundesag erklären könnten. Auf diesem europäischen Gipfel wurde auch ein euro äischer Koordinator für die Terrorismusbekämpung bestellt. Das ist löblich. Ich kenne den Kollegen de ries aus dem Konvent. Er ist persönlich und fachlich ervorragend geeignet. Aber wenn Sie die großartigen nkündigungen hören, dann müssen Sie sich doch fraen, was dieser Koordinator für Terrorismusbekämpfung igentlich bewirken wird. (Günter Gloser [SPD]: Er formuliert gerade den Terrorismus!)


(Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)


(Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ch zitiere aus den Schlussfolgerungen des Ratsvorsit-
es:

Der Koordinator koordiniert die Arbeiten des Rates
zur Terrorismusbekämpfung und behält unter ge-
bührender Berücksichtigung der Befugnisse der
Kommission alle der Union zur Verfügung stehen-
den Instrumente im Auge, damit er dem Rat regel-
mäßig Bericht erstatten und ein wirksames Vorge-
hen aufgrund von Ratsbeschlüssen gewährleisten
kann.






(A) )



(B) )


Peter Altmaier


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Bürokratie pur!)

Ich bin davon überzeugt, dass der internationale Terro-
rismus nicht gerade erschüttert sein wird angesichts der
Entschlossenheit der Europäischen Union und ihrer Mit-
gliedstaaten bei ihrem Vorgehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich glaube, mit Worthülsen alleine werden wir den
Kampf gegen den Terrorismus nicht gewinnen. Die Bür-
ger erwarten von Europa zu Recht nicht nur ein Mehr an
Papier, sondern einen echten Mehrwert.

Wir werden den Kampf auch nicht gewinnen – das ist
ein Appell an das Bundesinnenministerium –, indem wir
versuchen, mit den veralteten Mitteln des Intergouverne-
mentalismus vorzugehen. Ich verhehle nicht, dass ich
persönlich Bedenken bekommen habe, als ich gelesen
habe, dass die fünf großen Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union – Deutschland, Frankreich, Großbritannien,
Italien und Spanien – eine Arbeitsgruppe zur Bekämp-
fung des Terrorismus eingerichtet haben. Ich bin der
Meinung, dass sich der Terrorismus nicht per definitio-
nem auf diese fünf Staaten begrenzen lassen wird. Was
tun Sie denn, wenn Terroristen die Beneluxstaaten, Por-
tugal oder Irland als Ausgangsbasis wählen und von dort
aus operieren?

In diesem Fall kommt es zum ersten Mal dazu, dass es
einen exklusiven Kreis von Staaten gibt – das haben wir
alle immer abgelehnt –, die eine Zusammenarbeit orga-
nisieren, die für die anderen Staaten nicht offen steht. Sie
haben die anderen Staaten wie die Beneluxstaaten nicht
einmal gefragt, ob sie bereit sind mitzumachen. Das ha-
ben Sie noch nicht einmal bei dem berühmten „Pralinen-
gipfel“ getan. Eine solche Strategie wird in der Europäi-
schen Union Misstrauen und Spannungen erzeugen.

Die Alternative ist, wie ich glaube, klar: Wir müssen
im Rahmen der Gemeinschaftsstrukturen dafür sorgen,
dass wir auch im Bereich der Innen- und Justizpolitik
vernünftige föderale Strukturen aufbauen mit einer star-
ken Europäischen Kommission und einem Europäischen
Parlament, das die Kommission kontrolliert und die
Union damit nach außen handlungsfähig macht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir alle hoffen, dass wir

bis zum Ende der irischen Präsidentschaft den Verfas-
sungsvertrag verabschieden werden. Wir haben ge-
meinsam mit Ihnen an vernünftigen Lösungen gearbei-
tet. Aber ich sehe mit Sorge – das verhehle ich nicht –,
dass seit dem Beginn der Regierungskonferenz über den
Verfassungsvertrag in vielen einzelnen Punkten nachver-
handelt worden ist. Dadurch ist er nicht besser, sondern
schlechter geworden, auch unter dem Gesichtspunkt,
was wir für das europäische Interesse, die Handlungsfä-
higkeit und die Demokratie in Europa erreichen können.

Die Verhandlungsstrategie der Bundesregierung ist
daran nicht ganz unschuldig. Sie haben gesagt: Wir stel-
len keine Forderungen, wir wollen nicht nachverhandeln
und wir wollen das Paket beieinander halten. Die Ab-

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(C (D icht ist ja löblich. Das Ergebnis ist aber, dass alle andeen – die Briten, die Franzosen und die Spanier – ihre orderungen formuliert haben und dass wir inzwischen bsehen können, dass es 20 bis 30 Änderungen im Enturf des Konvents geben wird. Die Bundesregierung ar nicht imstande, diese negativen Änderungen zu verindern, weil sie in diesem Verhandlungsprozess nicht ktiv mit einem eigenen Konzept vorgegangen ist. Der wahrscheinlich kläglichste Teil des Gipfels – des alb ist darüber öffentlich auch nur wenig gesprochen orden – war die Debatte zur Lissabon-Strategie. Der ollege Schwanholz hat auf das Problem hingewiesen. ur Halbzeit des gemäß der Lissabon-Strategie vorgeseenen Zeitplans sind wir dem Ziel, das wir uns gesetzt aben, nicht näher gekommen. Die Lücke zu den erfolgeichsten Regionen der Welt hat sich weiter vergrößert. Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Ende kommen. Frau Präsidentin, ich komme zu meinen letzten Sät en. Dafür gibt es einen Grund, nämlich die Politikunfä igkeit der Bundesregierung und ihre Schwäche beim ersuch, im innenpolitischen Bereich, also in den Bereihen Wirtschaft, Finanzen und Soziales, für Wachstum u sorgen. Mit jedem Tag, den wir durch Sie unseren eienen Wachstumszielen nicht näher kommen und den es hnen nicht gelingt, einen Aufschwung herbeizuführen, achen wir es der Europäischen Union schwerer, ihre rsprünglichen Ziele zu erreichen. Deshalb wäre ein Poitikwechsel hier bei uns auch eine gute Entscheidung für ie gesamte Europäische Union. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das war sehr schlicht, Herr Altmaier! – Dr. Martin Schwanholz [SPD]: Warum blockieren Sie im Vermittlungsausschuss wichtige Reformen?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510214000
Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1510214100


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510214200

Ich schließe die Aussprache.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform
des Sanktionenrechts
– Drucksache 15/2725 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen, wobei
ie FDP fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen
iderspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Bundes-
inisterin der Justiz, Brigitte Zypries.






(A) )



(B) )



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1510214300

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Mit dem heute zu beratenden Entwurf eines Ge-
setzes zur Reform des Sanktionenrechts setzen wir ein
weiteres Zeichen für eine vernünftige und sachorien-
tierte Kriminalpolitik.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Seit Mitte der 80er-Jahre hat es schon viele Initiativen
zur Umgestaltung des strafrechtlichen Sanktionensys-
tems gegeben. Bereits in der 10. Legislaturperiode gab
es erste Initiativen dazu. Der Juristentag 1992 hat sich
sodann damit befasst und Beschlüsse gefasst. In der
12. und 13. Legislaturperiode legte die SPD-Fraktion
entsprechende Gesetzentwürfe in diesem Hause vor.
Schließlich hat das Bundesjustizministerium zur Zeit der
Regierung Kohl eine Kommission zur Reform des straf-
rechtlichen Sanktionensystems eingesetzt. Diese legte
im März 2000 ihren Abschlussbericht vor. Teile davon
sind bereits in der letzten Legislaturperiode in einen er-
neuten Gesetzentwurf eingegangen, der allerdings nicht
zu Ende beraten werden konnte.

Mit dem Ihnen nun vorliegenden Gesetzentwurf neh-
men wir im Wesentlichen die Vorschläge in dem Gesetz-
entwurf der letzten Legislaturperiode auf. Darüber hi-
naus sehen wir darin Möglichkeiten zur Ersetzung kur-
zer Freiheitsstrafen durch gemeinnützige Arbeit vor.

Nun wissen wir alle, dass auch der heute zu beratende
Gesetzentwurf auf erhebliche Vorbehalte im Bundesrat
gestoßen ist und dass wir bezüglich der Vielfältigkeit der
Sanktionsmöglichkeiten im Vergleich zu den anderen
europäischen Ländern ganz hinten liegen. Deshalb sei
die Frage gestattet, ob sich Deutschland einer Reform
des Sanktionenrechts wirklich grundsätzlich verschlie-
ßen darf.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Ich meine, das wäre angesichts der Tatsache, dass die
Bundesländer immer wieder über überfüllte Haftanstal-
ten klagen, kaum verständlich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich denke, dass wir den Spielraum der Gerichte er-
weitern müssen, um im Bereich der Kleinkriminalität
und der mittelschweren Kriminalität auch anders auf die
Straftäter einwirken zu können. Deshalb ermöglicht es
unser Entwurf der Justiz, auf Straftaten künftig flexibler
und effektiver zu reagieren. Das ist dringend erforder-
lich; denn die Zahl der Gefangenen steigt ständig. 1993
waren es noch rund 37 000 Personen, die zur Verbüßung
von Freiheitsstrafen inhaftiert waren. Zehn Jahre später,
im Jahre 2003, waren es schon 55 000 Personen, also
18 000 Gefangene mehr.

In unseren Gefängnissen verbüßen außerdem von
Jahr zu Jahr mehr Menschen eine so genannte Ersatzfrei-
heitsstrafe, weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlen konn-
ten. Hier stiegen die Zahlen in dem genannten Zehnjah-
reszeitraum von knapp 1 800 auf rund 3 500 Gefangene.

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(C (D s kann also aus diesen, aber auch aus anderen Gründen urchaus sinnvoll sein, einen Täter nicht aus seinem soialen Umfeld und Arbeitsumfeld herauszureißen, sonern nach anderen Lösungen zu suchen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das gilt auch und gerade für solche Gefangene, die
ine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen müssen, die also eine
eldbuße nicht bezahlen können. Sie sitzen ja nicht des-
alb ein, weil die Richterin oder der Richter meinte, dass
nter Schuld- und Präventionsgesichtspunkten eine Ver-
rteilung, ein Einsitzen erforderlich ist. Gerade bei die-
en Gefangenen stellt sich die Frage: Warum können sie
hre Schuld nicht abarbeiten und damit innerhalb der Ge-
ellschaft einen Beitrag leisten, statt auf Kosten der Län-
er ihre Strafe im Gefängnis abzusitzen?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Aus diesen Erwägungen heraus wollen wir die in
ehreren Bundesländern bereits bestehende Möglichkeit
um – schlagwortartig formuliert – „Schwitzen statt Sit-
en“ einheitlich im Bundesrecht verankern und als pri-
äre Ersatzstrafe ausbauen. Ich meine, dass man über
inen sinnvollen Einsatz gemeinnütziger Arbeit bei den
ersonen nachdenken kann, die zu einer kurzen Frei-
eitsstrafe bereits verurteilt worden sind; denn bei Wie-
erholungstaten der geringeren Kriminalität kann eine
nabwendbare Freiheitsstrafe gleichwohl noch zu scharf
ein. Damit fände genau das nicht statt, was ich mit ei-
em gestuften Sanktionensystem gemeint habe. Hier
ollen wir die Möglichkeit eröffnen, eine unbedingte
reiheitsstrafe quasi als Warnung zu verhängen, dem Tä-
er aber gleichwohl die Chance geben, durch gemeinnüt-
ige Arbeit ebendiese Freiheitsstrafe abzuwenden.
Neben diesem Gesichtspunkt wollen wir den Gerich-
n mehr Gestaltungsspielraum bei der Wahl der Sanktio-
en eröffnen und deshalb das Fahrverbot zu einer
auptstrafe ausbauen und es von jetzt drei Monaten auf
ann sechs Monate verlängern. Das Fahrverbot – das
issen wir alle – trifft so manchen Täter härter als eine
eldstrafe, insbesondere dann, wenn er über ein erkleck-
iches Einkommen oder Vermögen verfügt. Wir werden
ußerdem aus der bisherigen Verwarnung mit Strafvor-
ehalt in § 59 StGB eine Verurteilung mit Strafvorbehalt
achen und auch diese Sanktionen ausbauen. Diese Ver-
rteilung muss mit Auflagen oder Weisungen verbunden
erden, die der Tat und dem Täter entsprechen. Wir er-
öglichen so, wie wir meinen, eine bessere Resozialisie-
ung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das weitere Ziel dieses Gesetzentwurfes ist, noch
ehr für die Opfer von Kriminalität zu tun. Wir haben
m Bundestag bereits verschiedene Gesetze verabschie-
et, die die Stellung der Opfer insgesamt stärken, und
uch kürzlich das Opferrechtsreformgesetz auf den Weg
ebracht. Wir wollen jetzt auch im Sanktionenrecht den
edanken der Wiedergutmachung der Schäden stärker in
en Vordergrund rücken. Deswegen ist vorgesehen, dass






(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries

der Staat von seinem Anspruch auf Eintreibung einer
Geldstrafe zurücktritt, wenn das Opfer ansonsten keinen
Ersatz durch den Täter erhalten würde. Auf gut Deutsch:
Wenn die Mittel des Täters zu gering sind, erhält zu-
nächst einmal das Opfer sein Geld. Erst dann kann der
Staat seine Forderung nach einer Geldstrafe erheben.
Wir meinen, dass die Interessen der Opfer wichtiger als
die des Staates und seiner Gerichtsbarkeit sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zur Wahrung von Opferinteressen gehört auch, dass
die Einrichtungen, die sich speziell um Opfer kümmern,
finanziell besser ausgestattet werden. Vereine der Opfer-
hilfe – das ist hier schon häufig betont worden – leisten
einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft und ins-
besondere für die betroffenen Opfer.


(Beifall des Abg. Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/CSU])


– Das ist wahr, Herr Kauder, und Sie ganz besonders.
Unser Gesetzentwurf sieht deshalb vor, dass künftig

5 Prozent einer Geldstrafe einer Einrichtung der Opfer-
hilfe zugewiesen werden sollen. Damit sind wir der Kri-
tik des Bundesrates bereits entgegengekommen. Sie wis-
sen, dass der Entwurf in der letzten Legislaturperiode
noch 10 Prozent für die Opferhilfe vorsah. Die Länder
lehnen aber aus rein fiskalischen Erwägungen auch diese
5 Prozent ab, weil ihnen dann die Einnahmen aus der
Geldstrafe entgehen.

Ich habe bei der Beratung im Bundesrat signalisiert,
dass wir bereit sind, über andere Lösungsformen nach-
zudenken, um zu vermeiden, dass die Opferverbände
gänzlich leer ausgehen. Denn es kann nicht sein, dass
diese entweder 5 Prozent oder gar nichts bekommen.
Wir müssen kreativ an eine Lösung herangehen und
überlegen, wie man das sonst regeln kann. Insofern bitte
ich Sie herzlich, auch durch Ihre Beratungen im Rechts-
ausschuss mitzuhelfen, im Interesse der von uns allen
gewollten verbesserten Situation der Opfer zu Lösungen
zu kommen.

Ich will nicht verhehlen, dass ich die Einwände des
Bundesrates hinsichtlich der Kosten der gemeinnützi-
gen Arbeit nicht nachvollziehen kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die sind auch nicht nachzuvollziehen!)


Kürzlich hat Sachsen-Anhalt dargetan, dass mehr als
96 000 Hafttage allein in Sachsen-Anhalt durch Ableis-
tung von Ersatzfreiheitsstrafen durch gemeinnützige Ar-
beit eingespart wurden.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Aha!)

Das wurde unter Zugrundelegung des reinen Verpfle-
gungsgeldes auf 200 000 Euro und unter Zugrundele-
gung der realen Haftkosten auf 7,2 Millionen Euro hoch-
gerechnet.

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(C (D Ich habe aus dieser Presseerklärung den Eindruck geonnen, dass vielleicht viele Länder Sorge haben, wir ollten in ihr bestehendes System der Organisation von aftstrafen eingreifen. Das wollen wir natürlich gar icht. Das ist nicht das Bestreben der Bundesregierung. m Gegenteil: Sie wissen, dass wir all das unterstützen, as sachgerechte und gute Ergebnisse bringt. Uns geht s lediglich darum, zum einen diejenigen Länder zu eruntern, auch solche Verfahren einzuführen, die das biser noch nicht oder nur in einem sehr geringen Maße n. Zum anderen geht es uns auch darum, Richterinnen nd Richtern deutlich zu machen, dass es einen Spielaum gibt, um Sanktionen zu finden, die der jeweiligen äterpersönlichkeit angemessen sind. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


enn die Zielgruppe unserer Reform sind – ich möchte
icht, dass darüber ein Irrtum entsteht – die kleineren
traftäter, die kleineren Wiederholungstäter wie Laden-
iebe oder mehrfache Schwarzfahrer, aber keine
chwerverbrecher. Wir wollen nicht, dass Schwerverbre-
her „schwitzen statt sitzen“.
Ich meine, dass unsere Reform ein ausgewogenes
onzept bietet, damit Richterinnen und Richter bei der
ahl der Sanktionen besser als bisher auf den Einzelfall
ingehen können. Das sollten wir alle im Sinne einer
ernünftigen Strafrechtspflege wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510214400

Nächster Redner ist der Kollege Siegfried Kauder,
DU/CSU-Fraktion.

Siegfried Kauder (CDU):
Rede ID: ID1510214500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ehr geehrte Frau Justizministerin! Der Gesetzentwurf
st eine Sammlung aus dem Kuriositätenkabinett.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben vorhin doch geklatscht!)


icht nur, dass das Sanktionensystem, das aus einem
ein abgestuften Gebäude besteht, aufgebrochen wird, es
ird regelrecht verkehrt und auf den Kopf gestellt.


(Ernst Kranz [SPD]: Sie haben doch vorhin geklatscht!)


Beifall, wo Beifall angemessen ist. Mehr als einmal
latschen war bei dieser Vorstellung nicht drin.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immerhin!)


Lassen Sie mich das an einem Beispiel erklären. Die
rüder A und B fahren nach einem geselligen Zusam-
ensein jeder in seinem Fahrzeug betrunken nach
ause. Sie fahren in eine Fußgängergruppe hinein. Bei
ruder A hat das schlimme Folgen; er fährt einen Men-
chen tot. Bei Bruder B wird ein Mensch nur verletzt.






(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)



(Zuruf von der SPD: Ein ganz schlechtes Beispiel!)

Der Richter reagiert maßvoll. Bruder B, der einen

Menschen nur verletzt hat, erhält eine Freiheitsstrafe von
drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Er
muss 150 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten, was
er auch tut.

Bei Bruder A sieht es anders aus. Er hat einen Men-
schen zu Tode gebracht. Zur Verteidigung der Rechts-
ordnung hält es der Richter für geboten, dass dieser Bru-
der eine Freiheitsstrafe von drei Monaten ohne
Bewährung bekommt.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo kriegt er so eine Strafe?)


Nun sollte man vermuten, dass Bruder A die Haft-
strafe verbüßen muss. Das muss er aber nicht. Wenn es
nach den Vorstellungen von Rot-Grün geht, kann er
nämlich, weil er Ersttäter ist, diese Haftstrafe abarbeiten,
und zwar in Form von gemeinnütziger Arbeit, die er
auch leistet.


(Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Ich möchte erst mein Beispiel zu Ende führen, Herr
Kollege Montag.

Jetzt ziehen wir eine Zwischenbilanz. Bruder A, der
eine Freiheitsstrafe hätte absitzen müssen, ist nach dem
Ableisten der gemeinnützigen Arbeit lastenfrei; denn die
Strafe ist verbraucht.

Bei Bruder B sieht es anders aus. Er hat zwar auch ge-
meinnützige Arbeit geleistet, aber er nimmt eine Bürde
in Form einer Freiheitsstrafe von drei Monaten zur Be-
währung mit in die Zukunft.

Beide Brüder haben darüber hinaus das gleiche Pro-
blem: Sie haben wegen ihrer Verurteilung keinen Führer-
schein mehr. Sie fahren aber ohne Fahrerlaubnis weiter.
Bruder B wird dabei erwischt. Der Richter sagt: Das
kann doch nicht wahr sein; er hat wohl nichts dazuge-
lernt. – Nun bekommt Bruder B eine Freiheitsstrafe von
zwei Monaten ohne Bewährung zur Einwirkung auf ihn
und zur Verteidigung der Rechtsordnung.

Wie es der Teufel will,

(Zuruf von der SPD: Fritz Teufel oder wer? – Erwin?)

fährt auch Bruder A weiterhin ohne Führerschein. Dies-
mal fährt er einen Fußgänger an, der zum Glück nicht
stirbt, sondern nur verletzt wird. Welche Folgen hat das
für Bruder A?


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Halbes Jahr!)


Er hatte die erste Freiheitsstrafe abgearbeitet; sie ist ver-
braucht. Damals waren es drei Monate ohne Bewährung.
Jetzt müssen es fünf Monate ohne Bewährung sein. Nun
wird Bruder A sicherlich endlich einmal seine Strafe

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(C (D erbüßen müssen. – Nein! Denn Bruder A – durch einen erteidiger gut beraten, Herr Kollege Ströbele – sagt em Richter: Ich bin gerne bereit, den Schaden wiederutzumachen, und biete ein Schmerzensgeld an. Die rste Rate habe ich schon überwiesen. – Nach dem Wilen von Rot-Grün würde der Richter darauf erwidern: Na chön, die Schadenswiedergutmachung geht vor. Desween kannst du den Schaden wiedergutmachen und geeinnützige Arbeit leisten; du musst nicht ins Gefängnis ehen. Wie geht es aber dem anderen Bruder, der weit weni er kriminelle Energie aufgebracht hat? Bei ihm ist nur in Mensch verletzt worden. Bei Bruder A ist ein ensch tot und einer verletzt. Wissen Sie, was mit ruder B passiert? – Er fährt vier Monate ins Gefängnis in, und zwar aus folgendem Grund: Die gegen ihn verängte Freiheitsstrafe von zwei Monaten kann er nicht in orm von gemeinnütziger Arbeit ableisten, weil er ein iederholungstäter ist und keinen Schaden wiedergutachen kann. Er verbüßt die zwei Monate auch voll, eil nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch bei einer reiheitsstrafe von zwei Monaten keine Aussetzung des trafrestes nach Verbüßung von zwei Dritteln der verängten Strafe möglich ist. Bei seiner ersten Strafe, die ur Bewährung ausgesetzt wurde, wird die Bewährung iderrufen. Davon sitzt er zwei Drittel ab. Zwei Drittel on drei Monaten sind – das kann jeder schnell nachechnen – zwei Monate. Derjenige, der eine geringere kriminelle Energie auf ebracht hat, sitzt also insgesamt vier Monate ab, ohne ies abwenden zu können, während derjenige, der die öhere kriminelle Energie an den Tag gelegt hat, davonommt, ohne die Strafe verbüßen zu müssen. Frau Miisterin, da halte ich es mit Frau Dr. Merkel: Was sinnoll ist, machen wir mit. Was nicht sinnvoll ist, tragen ir nicht mit. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Montag? (Joachim Stünker [SPD]: Das muss doch nicht sein, Herr Montag! – Weiterer Zuruf von der SPD: Dann redet der noch länger!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510214600


Siegfried Kauder (CDU):
Rede ID: ID1510214700

Bitte schön.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510214800

Kollege Kauder, das ist ein Beispiel aus Absurdistan.

ch frage Sie, ob Ihnen bekannt ist, dass der Letzte, der
ngeklagt war, weil er betrunken Auto gefahren ist und
abei einen Menschen totgefahren hat und mit einer klei-
en Freiheitsstrafe davonkam, der bayerische CSU-Mi-
ister Wiesheu war und dass danach in der Bundesrepu-
lik Deutschland keine Freiheitsstrafen von drei
onaten mehr ausgesprochen worden sind, wenn je-
and im Straßenverkehr alkoholisiert einen Menschen
otgefahren hat?






(A) )



(B) )



Siegfried Kauder (CDU):
Rede ID: ID1510214900

Herr Kollege Montag, ich bin dankbar für Ihre Zwi-

schenfrage. Sie dokumentiert nämlich, dass Sie dem Pro-
blem nicht auf den Grund gehen, sondern versuchen, mit
Einzelfallbeispielen rechtliche Grundsätze auszuhebeln.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie denn gerade gemacht? Sie haben das falsch verstanden!)


Wenn Sie mir die grundsätzliche Problematik erläutern
können, höre ich Ihnen im Ausschuss gerne zu. Aber
das, was Rot-Grün vorgelegt hat, ist Absurdistan. Hier-
für könnte ich Ihnen noch weitere Beispiele nennen. –
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Nicht einmal die Antwort haben sie gegeben!)


Nun komme ich auf das zu sprechen, bei dem ich der
Justizministerin Beifall gezollt habe. Es ist gut – das soll
im Übrigen auch europäischer Standard werden –, dass
ein Teil der Geldstrafen den Opferschutzorganisatio-
nen zur Verfügung gestellt werden soll. Aber, Frau Jus-
tizministerin, Sie wissen genau, dass das eine Luftnum-
mer ist; denn die Länder werden nicht zustimmen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür müssen Sie sorgen!)


Ich hätte mir gewünscht, dass die Ministerin strategisch
vorgegangen wäre. Wenn man mit leerem Tornister zu
armen Ländern reist, deren Kassen leer sind, dann wird
man mit einer Maßnahme, die den Ländern einen Ein-
nahmeausfall von 20 Millionen Euro beschert, wohl
kaum auf offene Ohren stoßen. Sie haben einen Trumpf
im Ärmel gehabt, den Sie aber verspielt haben. Das Kos-
tenrechtsmodernisierungsgesetz spült nicht zulasten des
Bundes, sondern zulasten der Kostenschuldner bei Ge-
richtsverfahren 111 Millionen Euro in die Kassen der
Länder. Ich hätte erwartet, dass eine kluge Ministerin
dies als Manövriermasse in ihrem Tornister mitnimmt
und den Ländern sagt: Wir stimmen dem Entwurf
eines Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, das euch
111 Millionen Euro einbringt, zu, wenn ihr wenigstens
20 Millionen Euro für die Entschädigung der Opfer von
Straftaten zur Verfügung stellt. Aber diese Chance haben
Sie verspielt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Geld müssen die Länder doch schon an den Rechtsanwalt Kauder ausschütten!)


Im Übrigen instrumentalisieren Sie in der Debatte
über den vorliegenden Entwurf die Opferinteressen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Unglaublich! – Gegenruf von der CDU/CSU: Ja, finde ich auch!)


Sie wollen, dass ein Straftäter, der die gegen ihn ver-
hängte Geldstrafe nicht bezahlen kann, ohne den An-
spruch des Opfers auf Schadenswiedergutmachung zu

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(C (D efährden, einen Bonus bekommt. Eine ähnliche gesetziche Vorschrift gibt es bereits. Nach § 459 a der Strafrozessordnung können Opfer vor Gericht die Zurücktellung der Eintreibung der Geldstrafe beantragen, bis chadenersatz geleistet ist. Von dieser Möglichkeit urde auch Gebrauch gemacht. Aber Sie wollen diese orschrift ersatzlos streichen. Dafür soll der Täter einen onus bekommen. Er darf den Schaden wiedergutmahen, was auf die Geldstrafe angerechnet wird. Damit rivilegieren Sie Straftäter gegenüber jedem anderen chuldner. Das wollen und werden wir nicht mitmachen. Frau Ministerin, Sie reden so locker und lässig von schwitzen statt sitzen“ und weisen darauf hin, dass die efängnisse voll seien. Sie vertreten hier auf einmal andesinteressen; denn der Vollzug der Strafe ist Länersache und nicht Bundessache. Es kann doch wohl icht sein, dass man der Bevölkerung sagt: Wir können traftäter ihre Strafe nicht verbüßen lassen, weil die Geängnisse voll sind. Dann muss man dort etwas regeln. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Länder müssen etwas regeln!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Frau Ministerin, Sie weichen aus. Statt „sitzen“ soll
emeinnützige Arbeit geleistet werden. So viele Vereine,
ie Sie dafür brauchen, können Sie gar nicht gründen.
icht nur ich, sondern wahrscheinlich auch viele von Ih-
en sind Vorsitzende von gemeinnützigen Vereinen und
ennen die Last für die Vereine, wenn sie gemeinnützige
rbeit ableisten lassen. Das ist ein riesengroßer Verwal-
ungsaufwand, der von ehrenamtlich Tätigen erwartet
ird. Diese sind aber nicht verpflichtet, den staatlichen
trafanspruch durchzusetzen. Sie müssen mir einmal er-
lären, wie ein Verein mit einer fünfmonatigen Freiheits-
trafe, die durch gemeinnützige Arbeit abgeleistet wer-
en soll, umgehen soll. Ein Tag Freiheitsstrafe sind
echs Stunden gemeinnützige Arbeit. Bei fünf Monaten
ind das 900 Stunden gemeinnützige Arbeit, von denen
wei Drittel binnen 18 Monaten abgeleistet werden müs-
en. Erklären Sie mir bitte einmal, welcher Verein das
eisten soll!
Zusammenfassend: Der Gesetzentwurf hat nur we-

ige vernünftige Ansätze. Wir sind zwar bereit, diese
itzutragen. Aber Sie können von uns nicht verlangen,
nsinn zu unterstützen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510215000

Das Wort hat der Kollege Jerzy Montag, Bündnis 90/
ie Grünen.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510215100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Die Reform des Sanktionenrechts ist dringend
otwendig. Frau Bundesjustizministerin hat darauf hin-
ewiesen, wie viele Jahre in diesem Hause über eine
olche Reform nachgedacht worden ist und dass es der






(A) )



(B) )


Jerzy Montag

Vorgängerregierung, die viele Jahre regiert hat, nicht ge-
lungen ist, mehr als nur Reden zu halten, zu einem
schlüssigen Konzept zu kommen und den Entwurf eines
Gesetzes zur Reform des Sanktionenrechts vorzulegen.

Der jetzt vorliegende Entwurf ist Ausdruck unserer
fortschrittlichen, in die Zukunft gerichteten Rechtspoli-
tik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie bedauern ja fortwährend, Sie hätten nichts zu tun und
es rege sich in der Rechtspolitik wenig. Jetzt haben Sie
etwas Konkretes auf dem Schreibtisch liegen; daran kön-
nen Sie sich abarbeiten. Es ist ein Beispiel für das, was
wir unter einer fortschrittlichen Reform in der Rechts-
politik verstehen.


(Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: Gnade uns Gott!)


Das Erwachsenenstrafrecht im Bereich der kleinen
und der mittleren Kriminalität ist einfach zu unflexibel.
Es ist notwendig, dass wir dieses Instrument in den Hän-
den der Strafrichterinnen und Strafrichter flexibler ma-
chen. Warum ist das so? Die Bevölkerung in der Bun-
desrepublik Deutschland wächst nicht. Auch die
Kriminalität in der Bundesrepublik Deutschland wächst
nicht. Nur die Anzahl der Strafgefangenen wächst dra-
matisch.


(Otto Fricke [FDP]: Weil sich die Art der Kriminalität wandelt!)


Das hängt nicht mit der Quote der Aufklärung durch die
Polizei zusammen, sondern damit, dass wir das Straf-
recht fortwährend verschärfen und keine Möglichkeiten
haben, in einer anderen Art und Weise auf diejenigen tat-
sächlich einzuwirken, die eine Verfehlung begangen ha-
ben und deswegen auch eine Ahndung vonseiten des
Staates zu spüren bekommen sollen.

Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten sollte ei-
gentlich eine Ausnahme sein.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch so!)

Sie ist es aber nicht. Die Bundesjustizministerin
sagte hier in einer Fragestunde zu diesem Thema – ich
zitiere –:

Im letzten Jahr gab es beispielsweise 144 Fälle, in
denen die Bestraften wegen Beleidigung zu einer
Freiheitsstrafe von knapp sechs Monaten ohne Be-
währung verurteilt worden sind.

Das bisherige Muster ist zu kleinmaschig. Es sieht
folgendermaßen aus: Geldstrafe, bei Unmöglichkeit der
Zahlung sofort Ersatzfreiheitsstrafe. Dadurch werden
Tausende von Menschen mit Ersatzfreiheitsstrafen in
den Strafvollzug geschickt. Dorthin kämen sie nicht,
wenn wir den Richtern ein vernünftiges Instrument gä-
ben, das diesen Schritt verhindert.

Es gibt in diesem Fall für die Länder eine Öffnungs-
klausel. Wir meinen, dass diese Öffnungsklausel das
nicht erreicht hat, was sie erreichen sollte. Erst vor eini-

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(C (D en Tagen habe ich davon gehört, wie in Badenürttemberg auf der Grundlage dieser Öffnungsklausel ngeblich vorgegangen wird: Derjenige, der eine Geldtrafe nicht zahlt und gegen den eine Ersatzfreiheitstrafe verhängt wird, rückt ein; wenn er am ersten Tag es Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe die Hälfte der trafe bezahlt, dann wird ihm die andere Hälfte erlassen. ch muss Ihnen sagen: Das ist allerdings keine moderne orm des Umgangs mit diesem Thema. (Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510215200

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Kauder?


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510215300

Gerne.


Siegfried Kauder (CDU):
Rede ID: ID1510215400

Herr Kollege Montag, sind Sie mit mir einig, dass

ich aus Ihren Ausführungen ein Wertungswiderspruch
u Ihrer Zwischenfrage ergibt? Haben Sie mir nicht vor-
in vorgehalten, es gebe in Deutschland heutzutage kei-
en Richter mehr, der für eine Trunkenheitsfahrt drei
onate Freiheitsstrafe ohne Bewährung verhänge? Ge-

ade haben Sie mir erzählt, dass es in Deutschland sogar
ei Beleidigungen kurzfristige Freiheitsstrafen geben
oll.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ersatzfreiheitsstrafen, Herr Kollege! Das ist ein Unterschied!)



Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510215500

Herr Kollege Kauder, Sie haben meine Zwischenfrage

ffensichtlich nicht verstanden

(Zuruf von der SPD: So ist es!)


nd Sie haben das, was ich eben gesagt habe, nicht ver-
tanden. Mir fehlt die Zeit, Ihnen das noch einmal aus-
ührlichst zu erklären. Nur so viel: Wenn Sie Tötungen
m Straßenverkehr, seien sie auch fahrlässig begangen,
it Beleidigungen auf eine Stufe stellen


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das Gegenteil hat er gemacht!)


nd sich dann darüber mokieren, dass das – angeblich –
leich bzw. ungleich bestraft wird, dann geht das wirk-
ich haarscharf an der Sache vorbei, lieber Herr Kollege
auder.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/CSU]: Ihr Beispiel liegt doch von der Qualität her sogar noch niedriger!)


Ich habe Ihre Frage beantwortet.

(Lachen bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/ CSU: Herr Montag hat sich bemüht!)







(A) )



(B) )


Jerzy Montag

Herr Kollege Kauder, ich will Ihnen Folgendes sagen:

Weder Ihre Kritik von heute, die sich auf die Darstellung
eines tatsächlich absurden Falles beschränkt, noch die
Kritik, die der rechtspolitische Sprecher Ihrer Bundes-
tagsfraktion zum Gesetzesvorschlag zur Reform des
Sanktionenrechts geäußert hat, setzt sich sachlich mit
dem auseinander, was konkret vorgeschlagen wird. Herr
Dr. Röttgen, Ihr rechtspolitischer Sprecher, hat zu die-
sem Gesetzentwurf gesagt – ich darf zitieren –:

Inhalt dieses Gesetzentwurfs ist eine Verharmlo-
sung und Aufweichung staatlicher Sanktionierung
kriminellen Verhaltens.

Jetzt dürfen Sie pflichtgemäß klatschen,

(Ilse Falk [CDU/CSU]: Müssen wir aber nicht!)

aber ich sage Ihnen: Eine inhaltsleerere Kritik als die,
die sich Ihr rechtspolitischer Sprecher da geleistet hat,
kann es angesichts eines Entwurfs mit vielen ganz kon-
kreten Änderungsvorschlägen zum bisher begrenzten
Sanktionensystem überhaupt nicht geben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/CSU]: Wir haben es mit Inhalt gefüllt!)


Wir schauen nach dem, was Sie eigentlich konkret
vorschlagen, und finden null Komma null. Seit Jahren
schlagen Sie Folgendes vor: höhere Strafen, immer mehr
Repression, Strafe als Zerstörung und nicht als Reinte-
grationsmöglichkeit und als Hilfe für ein zukünftig straf-
freies Leben.


(Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: Das ist eine Unverschämtheit von Ihnen, Herr Kollege! – Unruhe bei der CDU/ CSU)


Der letzte Vorschlag von Ihnen lautete: Erhöhung der Ju-
gendhöchstfreiheitsstrafe von zehn auf 15 Jahre. Alles,
was Sie uns anbieten, ist von gestern, ist keine moderne
Rechtspolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Zu der Länderkritik an unseren Vorschlägen, die den
Opfern und den Opferhilfeverbänden zugute kommen
sollen, will ich in allem Ernst nur Folgendes sagen – das
hat die Bundesregierung auch wortwörtlich in ihrer Ge-
genäußerung geschrieben –: Die Länder, der Staat, ha-
ben keinen Anspruch auf Geldstrafen. – Im Sinne eines
modernen Blicks auf die Haushalte darf man nicht nur
darauf schauen, dass man die 5 Prozent, die von den
Geldstrafen an die Opferhilfeverbände gehen sollen,
nicht bekommt. Man darf auch nicht nur darauf schauen,
was es kostet, die Organisation aufzubauen, damit
„schwitzen statt sitzen“ wirklich in dem erwarteten Maß
möglich wird. Man muss doch auch gegenrechnen, dass
jeder Tag Vollzug 75 bis 95 Euro kostet. Da kann man
sparen.

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(C (D Herr Kollege, schauen Sie bitte auf die Uhr. Ich komme zum Schluss. – Man muss ferner gegen echnen, dass der Staat die Opferhilfeverbände auch onst subventionieren und unterstützen müsste. Das alles üssen Sie in Ruhe gegenrechnen. Wenn Sie das tun, ann können wir mit den Ländern in ein konstruktives espräch treten und dann werden wir die Länder davon berzeugen können, dass dieser Entwurf auch ihnen ützt und außerdem für eine moderne Strafrechtspflege nd für eine moderne Kriminalitätspolitik genau das ichtige ist. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Herr Montag, das war heute nicht Ihr Tag!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510215600
Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510215700


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510215800

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Volker Wissing,

DP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)



Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1510215900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ie FDP begrüßt eine Reform unseres strafrechtlichen
anktionensystems. Die Frage ist nur: Wie soll diese Re-
orm aussehen? Angesichts der langjährigen Diskussion,
ie über dieses Thema geführt worden ist, ist der vorge-
egte Regierungsentwurf mehr als enttäuschend.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie wollen es Straftätern ermöglichen, Geldstrafen
urch gemeinnützige Arbeit abzuarbeiten. Dagegen ist
ichts einzuwenden. „Schwitzen statt sitzen“ ist eine
ute Idee. Die Länder haben solche Modelle längst ein-
eführt. Sie werden dort erfolgreich praktiziert und ha-
en sich bewährt. Das alles ist nichts Neues, Frau Bun-
esjustizministerin.


(Joachim Stünker [SPD]: Nur nicht bei Ersatzfreiheitsstrafe!)


Trotzdem ist Ihr Entwurf einmalig.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt!)


ie führen nämlich den Dreistundenarbeitstag in
eutschland ein. Sie wollen, dass ein Tagessatz Geld-
trafe künftig mit drei Stunden Arbeit abgegolten ist.
as kann die FDP weder nachvollziehen noch mittragen.


(Beifall bei der FDP)

Ihr Gesetzentwurf geht damit an den gesellschaftli-

hen Realitäten in unserem Land vorbei. Im öffentlichen
ienst diskutieren wir eine Erhöhung der Arbeitszeit auf
2 Stunden,


(Joachim Stünker [SPD]: Um Gottes willen!)







(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing

eine Arbeitszeit, die für Selbstständige eine reine
Wunschvorstellung ist,


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das von der FDP zu hören!)


und Sie wollen ausgerechnet für Straftäter die 15-Stun-
den-Woche einführen. Diese Idee hätte ich allenfalls der
IG Metall zugetraut.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gemeinnützige Arbeit!)


Ihre Rechtspolitik ist an dieser Stelle abgehoben. Sie
wird der Sache nicht gerecht und sie ist auch den Men-
schen in Deutschland nicht mehr zu vermitteln. Ihr Ge-
setzentwurf lässt ganz entscheidende Fragen unbeant-
wortet. Es ist nicht klar, ob es überhaupt möglich sein
wird, genügend geeignete Arbeitsplätze anzubieten.
Ebenso ist nicht klar, was die Betreuung, Begleitung und
Überwachung der gemeinnützigen Arbeit kosten wird.
Hier, Frau Ministerin, liegen doch in der Praxis die Pro-
bleme.


(Beifall bei der FDP)

Sie belasten die Länder mit zusätzlichen Kosten, deren
Höhe Sie überhaupt nicht einschätzen können.

Solange diese wesentlichen Punkte nicht geklärt sind,
lehnen wir die Reform ab. Ihr Gesetz wird erhebliche
Kosten mit sich bringen. Die ohnehin schon knappe Per-
sonaldecke der Strafverfolgungsbehörden wird dadurch
weiter belastet. Ich warne davor; Sie werden der Straf-
rechtspflege damit einen Bärendienst erweisen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich habe den Eindruck, mit jeder verlorenen Land-

tagswahl verliert die SPD mehr und mehr Praxis- und
Realitätsbezug. Sie scheinen sich von der Verantwortung
auf Landesebene schleichend zu verabschieden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dirk Manzewski [SPD]: So wie in Hamburg! Das war jetzt irgendwie ganz schlecht!)


– Wir regieren auf Landesebene verantwortlich mit. –
Ein Beleg dafür ist Ihr Vorschlag, künftig 5 Prozent jeder
Geldstrafe zwingend an Opferschutzeinrichtungen zu
überweisen. Sie greifen damit in fremde Taschen, Frau
Bundesjustizministerin, um rot-grüne Träume zu finan-
zieren.


(Beifall bei der FDP)

Wir können nicht widerspruchslos hinnehmen, dass der
Bund das Geld der Länder großzügig an gemeinnützige
Organisationen verteilt. Sie zahlen ja auch nicht
5 Prozent der Einnahmen aus der Ökosteuer an Umwelt-
verbände.

Der Opferschutz in Deutschland muss nicht neu er-
funden werden. Es gibt genügend Opferschutzstiftungen
und gemeinnützige Organisationen, die hervorragende
Arbeit leisten und auch in Zukunft in der Lage sind,
diese Aufgabe zu erfüllen. Ihre Vorgängerin, Frau Bun-

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(C (D esjustizministerin, hatte vorgeschlagen, 10 Prozent der eldstrafen an Opferhilfeeinrichtungen zu geben, Sie ommen uns mit 5 Prozent. Mein Vorschlag lautet: Geen Sie noch einmal 5 Prozent runter, dann sind wir mitinander im Geschäft. Sie drehen hier an den falschen Schrauben. Die Opfer on Straftaten würden es mehr begrüßen, wenn Sie dafür orgten, dass eine Strafe in Deutschland eine Strafe leibt. Die Opfer von Straftaten erwarten vor allen Dinen eine konsequente Strafvollstreckung und eine effiiente Strafverfolgung. (Zuruf von der SPD: Das sind liberale Gedanken!)


(Beifall bei der FDP)


s macht doch keinen Sinn, immer härtere Strafen in un-
ere Gesetzbücher hineinzuschreiben und Verfahren mit
rheblichem Aufwand zu betreiben, wenn am Ende die
ollstreckung der Strafe zur Farce verkommt.


(Beifall bei der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das gilt jetzt gerade der Union, oder?)


Bei Ihrem Gesetzentwurf gewinnt man den Eindruck,
ie wollten die Strafvollstreckung mit möglichst gerin-
em Aufwand und möglichst wenigen Belastungen für
ie Verurteilten auf dem kleinen Dienstweg erledigen.
ch sage Ihnen ganz klar: Diesen Weg gehen wir nicht
it.
Wir akzeptieren auch nicht die von Ihnen vorgeschla-

ene Entwertung der Geldstrafe. Es ist rechtspolitisch
erfehlt, dass zwei Tagessätze künftig nur noch einem
ag Ersatzfreiheitsstrafe entsprechen sollen. Es kann
och nicht sein, dass jemand, der zur Zahlung von zehn
agessätzen verurteilt wurde und diese weder bezahlt
och abarbeitet, am Ende nur fünf Tage Ersatzfreiheits-
trafe verbüßen muss. Im Klartext bedeutet Ihre Rech-
ung doch, dass man seine Strafe halbieren kann, indem
an sich weigert, sie zu bezahlen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ihr Vorschlag wird – das prophezeie ich Ihnen – dazu
ühren, dass die Gerichte bei der Festsetzung von Geld-
trafen künftig das Doppelte wie bisher festsetzen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie halten die Richter aber für ziemlich dämlich!)


ie bringen ein funktionierendes System durcheinander,
hne dass Sie eine durchdachte Alternative bieten könn-
en.


(Alfred Hartenbach [SPD]: Was habt ihr denn da eingekauft, Herr Funke? – Gegenruf des Abg. Otto Fricke [FDP]: Qualität, Herr Kollege!)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie schrei-
en in Ihrem Gesetzentwurf, es gehe Ihnen um eine bes-
ere Berücksichtigung der Opferinteressen. Wie müssen
ich die Opfer von Straftaten fühlen, wenn sie Ihren Ka-
alog der Annehmlichkeiten für Straftäter lesen?






(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing

Frau Bundesjustizministerin, Ihr Gesetzentwurf ist

unausgegoren. Die FDP sieht hier noch erheblichen
Nachbesserungsbedarf. Ich bin sicher, dass dafür mehr
als drei Stunden am Tag gearbeitet werden muss.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Dann gehen Sie mal an die Arbeit, wenn Sie bisher nur drei Stunden am Tag gearbeitet haben!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510216000

Herr Kollege Wissing, Sie sind am 23. Januar dieses

Jahres in den Deutschen Bundestag nachgerückt. Es war
Ihre erste Rede in diesem Hohen Hause. Ich gratuliere
Ihnen recht herzlich und wünsche Ihnen für die Zukunft
alles Gute.


(Beifall)

Das Wort hat der Kollege Joachim Stünker, SPD-

Fraktion.


Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1510216100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Mehrheit
des Bundesrates und die CDU/CSU-Fraktion in diesem
Hause haben in der Tat äußerst kritische Stellungnahmen
zu dem vorliegenden Gesetzentwurf abgegeben. Bei der
FDP war das bisher anders. Ich hoffe, dass das, was wir
gerade gehört haben, nicht die neue liberale Rechtspoli-
tik der FDP darstellt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das klang doch gut!)


In den Stellungnahmen der Länder heißt es, dass die
wesentlichen Punkte der Regierungsvorlage kriminalpo-
litisch verfehlt seien. Die Vorschläge zur gemeinnützi-
gen Arbeit und zur Verwarnung mit Strafvorbehalt wür-
den die strafrechtliche Praxis vor kaum überwindbare
Probleme stellen. Man versteigt sich sogar zu der Be-
hauptung, das verfassungsrechtliche Gebot einer effekti-
ven Strafverfolgung werde dadurch verletzt. Weiter heißt
es, die Spezial- und die Generalprävention des Straf-
rechts würden geschwächt und die Strafvollstreckung
werde in beträchtlichem Maße verzögert. Das ist in der
Tat starker Tobak. Wenn dem so wäre, hätten wir einen
solchen Entwurf nicht vorgelegt. Das Gegenteil ist aber
der Fall.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wer so dicke Backen macht wie Sie mit Ihren Formu-
lierungen, der muss einen Grund dafür haben.


(Otto Fricke [FDP]: Sie meinen: Wangen!)

– Ja, ich meine die Wangen.

Das ist – im Chor mit der CDU/CSU – die Stellung-
nahme genau der Länder, die sich in dieser Legislaturpe-
riode ansonsten ausschließlich dadurch hervorgetan ha-
ben, im Bereich der Kriminalpolitik immer mehr, immer
schärfere und immer höhere Strafen zu fordern. Eine

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(C (D ülle von Gesetzesinitiativen belegen diese Linie. Ich abe diese Initiativen einmal heraussuchen lassen. Es ibt in der kurzen Zeit dieser Legislaturperiode schon 0 entsprechende Vorstöße aus den Reihen der Union. er letzte Vorstoß ist schon genannt worden, nämlich em Erziehungsgedanken im Jugendstrafrecht endgülig den Garaus zu machen. Das war die letzte Initiative, ie uns auf den Tisch gelegt wurde. (Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: Das stimmt doch nicht!)


Andererseits wird die Überfüllung der Strafvollzugs-
nstalten beklagt. Welch Wunder, kann ich nur sagen.
ie Rechts- und Kriminalpolitik der CDU/CSU kulmi-
iert in einer Bundesratsinitiative – auch die liegt uns
or – mit der letztendlichen Zielrichtung, das Strafvoll-
ugsgesetz zu ändern und den allgemeinen Anspruch auf
inzelunterbringung der Häftlinge während der Ruhezeit
inzuschränken oder sogar – das ist eine weitere Initia-
ive aus Hessen – das Vollzugsziel zu ändern. Das heißt,
as Ziel der Resozialisierung steht danach nicht mehr
m Mittelpunkt. Damit entfernen Sie sich meilenweit
on der Verfassungsrechtsprechung in diesem Land.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


amit entfernen Sie sich meilenweit von einer vertretba-
en Kriminalpolitik.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Damit wäre ich an Ihrer Stelle vorsichtig!)


Da stellt sich wirklich die Frage: Erkennen Sie den
eufelskreis dieser Spirale, die Sie auslösen, wirklich
icht? Wollen Sie wirklich das, was Sie da sagen? Oder
agen Sie das nur aus populistischen Überlegungen? Ist
as wirklich Ihr Gesellschaftsbild? Ist das wirklich Ihre
orstellung von Kriminalpolitik? Ich sage Ihnen ganz
eutlich: Unsere Vorstellung ist das nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das Anliegen des vorliegenden Gesetzentwurfs ist,
ine eindeutige Alternative in der Kriminalpolitik zu
ieten. Er ist aus diesem Grunde aus unserer Sicht voll
nterstützungswürdig. Es macht kriminalpolitisch Sinn,
as strafrechtliche Sanktionensystem zu erweitern und
u flexibilisieren sowie die Interessen von Opfern von
traftaten bei der Gestaltung der Sanktionen einzubezie-
en.
Der Gesetzentwurf sieht insoweit sinn- und maßvolle
nderungen im Sanktionenrecht vor. Schon seit Jahren
erden in Wissenschaft, Praxis und Politik als Ergän-
ung zu den traditionellen Geld- und Freiheitsstrafen,
ie wir sie kennen, neue, kreativere Freiheitsbeschrän-
ungsstrafen bei kleinen und mittleren Straftaten gefor-
ert. Genau darüber reden wir. Wir reden nicht über
chwerstkriminalität und über organisierte Kriminalität.
enn man Sie hört, Herr Kauder, dann könnte man fast
einen, der Untergang des Abendlandes stünde bevor,
eil wir diesen Gesetzentwurf eingebracht haben.

(Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/CSU]: Der Untergang Ihrer Rechtspolitik!)







(A) )



(B) )


Joachim Stünker

Es geht hier um den breiten Bereich der kleinen und
mittleren Kriminalität.

Der Vorschlag, der jetzt zur Diskussion auf dem Tisch
liegt, ist das Ergebnis der Reformdiskussion der Vergan-
genheit. Ich sage Ihnen: In der Praxis ist man sich, das
heißt Staatsanwälte, Richter, Rechtsanwälte, Gerichts-
hilfe, Bewährungshilfe und wer alles in diesem Bereich
arbeitet, also alle diejenigen, die im Strafrecht tätig sind,
schon seit Jahren darin einig, dass das geltende Sanktio-
nensystem, das die Geld- und die Freiheitsstrafe als
Hauptstrafen vorsieht, den Gerichten zu wenig Gestal-
tungsmöglichkeiten bietet, um gerade im Bereich kleiner
und mittlerer Kriminalität in geeigneter Weise spezial-
präventiv tätig werden zu können.


(Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/CSU]: Und was sagen die Richter dazu?)


Der vorliegende Gesetzentwurf wird daher in der Praxis
ganz überwiegend begrüßt, Herr Kollege Kauder.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mit Ihrer ablehnenden Haltung werden Sie den Anforde-
rungen an eine moderne Kriminalpolitik nicht mehr ge-
recht; das sage ich Ihnen auch heute.


(Beifall bei der SPD)

Aus meiner Sicht noch ein letztes Wort zu der von Ih-

nen so sehr bekämpften gemeinnützigen Arbeit als pri-
märe Ersatzstrafe bei Uneinbringlichkeit einer Geld-
strafe oder als Ersatz für die Verhängung von kurzen
Freiheitsstrafen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Die bekämpft niemand!)


Das betrifft die in § 59 StGB vorgesehene Neuregelung
einschließlich des Strafvorbehalts.

Ich darf darauf hinweisen, dass bereits nach gelten-
dem Recht, nämlich nach Art. 293 des Einführungsge-
setzes zum StGB, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe
durch Erbringung von Arbeitsleistungen abgewendet
werden kann. Dies ist geltendes Recht.


(Zurufe von der CDU/CSU: Eben!)

Allerdings bedarf es hierzu jeweils der Rechtsverord-
nung durch eine Landesregierung.

Darum frage ich mich: Weshalb wehren Sie sich
eigentlich so vehement gegen die Implementierung der
gemeinnützigen Arbeit in das geltende Strafgesetzbuch?
Das ist für mich einfach nicht nachvollziehbar. Oder ist
es Ihnen lieber, die Anordnung der gemeinnützigen Ar-
beit nicht durch ein Gericht im Zusammenhang mit dem
Urteil vornehmen zu lassen, sondern durch die Exeku-
tive, das heißt je nach Bedarf oder Kassenlage, Herr Kol-
lege Kauder? Das kann es im Ergebnis nicht gewesen
sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Herr Kollege Stünker, gestatten Sie eine Zwischen rage? (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wir ha ben noch Ausschussberatungen!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510216200


Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1510216300

Nein, Frau Präsidentin. Die Beiträge von Herrn
auder werden durch Zwischenfragen nicht besser.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte noch einmal auf das eingehen, worauf die
inisterin, aber auch der Kollege Montag hingewiesen
aben. Im Zusammenhang mit den Kosten, die an den
erichten entstehen, geht es auch darum, dass 5 Prozent
er gezahlten Geldstrafen Opferverbänden und -einrich-
ungen zugeführt werden sollen. Gerade mit einer Erwei-
erung der Möglichkeit der Anordnung gemeinnütziger
rbeit können die Kosten im Vollzug – das wurde nach-
ewiesen; die Länder haben da erhebliche Kosten – in
roßem Umfang eingespart werden. Das Land Bayern
at bekannt gegeben, im Jahre 2002 durch gemeinnüt-
ige Arbeit 65 226 Hafttage eingespart zu haben. Bei
aftkosten von täglich rund 80 Euro bedeutet dies rund
,2 Millionen Euro. Der Justizminister aus Hessen hat
ür das Jahr 2002 eine Summe von 4,7 Millionen Euro
ekannt gegeben und Niedersachsen kommt auf 7,5 Mil-
ionen Euro. Mecklenburg-Vorpommern hat im Jahre
002 einen Modellversuch durchgeführt, um einmal die
osten zu berechnen, die entstehen, wenn gemeinnüt-
ige Arbeit abgeleistet wird. Dadurch entstehen natür-
ich auch Kosten; das ist klar.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510216400

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.


Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1510216500

Ja, ich komme zum Ende. – Man kam dort netto auf
Million Euro.
Deshalb sage ich Ihnen: Wenn all die Diskussionen

er letzten Wochen und Monate in diesem Hause über
erstärkten Opferschutz und über die Implementierung
on Opferrechten in die Strafprozessordnung ernst ge-
eint gewesen sind, dann sollten wir uns dem Gedan-
en, den ich eben vorgetragen habe, nicht verschließen.
Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510216600

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin
aniela Raab, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1510216700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Sie werden meinen Eindruck nicht ganz






(A) )



(B) )


Daniela Raab

teilen; aber lassen Sie ihn mich trotzdem schildern. Man
möchte fast meinen, die heutige Sitzung ist eine Sonder-
veranstaltung zum 1. April. Das begann heute Morgen
mit der Debatte über Ihre geplante Ausbildungsplatzab-
gabe. Das war kein Aprilscherz. Das Lachen bleibt
einem schier im Halse stecken; denn Sie meinen es tat-
sächlich ernst.

Da Sie gerade beim Reformieren sind, haben Sie sich
jetzt überlegt, auch gleich das Sanktionenrecht anzuge-
hen. Das ist sozusagen der nächste lang ersehnte rechts-
politische Wurf Ihrerseits.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Gut, dass Sie das erkannt haben!)


Das Sanktionenrecht eignet sich allerdings nicht für
einen Aprilscherz. Wir sind heute nicht wirklich zum
Scherzen aufgelegt.


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Was heißt „heute“?)


Deswegen fordere ich Sie auf, sich ein paar Gedanken zu
Ihrem Gesetzentwurf zu machen.

Unser bisher geltendes Sanktionenrecht, in dem Geld-
strafen und Freiheitsstrafen als Hauptstrafen angewandt
werden, bedarf meiner Ansicht nach keiner so grundle-
genden Reform, wie sie jetzt von Ihnen angedacht
wurde. Die Praktiker werden mir wahrscheinlich Recht
geben, wenn ich sage, dass unser ohnehin schon schwer
überlastetes Justizsystem diese so genannte Reform defi-
nitiv nicht braucht. Vorhin war von aufgeblasenen Ba-
cken oder Wangen – man kann sich darüber streiten – die
Rede. Ich sehe schon, dass die verfassungsrechtlich ge-
botene effektive Strafverfolgung durch Ihren Entwurf
unnötig verzögert wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Einige konkrete Beispiele: Es ist unserer Ansicht

nach absolut nicht zu verantworten, dass es Straftätern
erlaubt wird, eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Frei-
heitsstrafe bis zu sechs Monaten lediglich abzuarbeiten.
Freiheitsstrafen werden nicht ohne weiteres verhängt. Es
wird auch nicht ohne weiteres von den Gerichten auf
eine Aussetzung zur Bewährung verzichtet. In vielen
Fällen ist nun einmal die Verhängung einer Freiheits-
strafe unumgänglich, sozusagen die Ultima Ratio. Dies
gilt gerade für die Täter, die eine kurze Freiheitsstrafe
absitzen sollen. Es dreht sich hier in aller Regel um Wie-
derholungstäter, von denen die Richter wohl nicht ohne
Grund annehmen, dass sie rückfällig werden könnten.
Deswegen hat der Richter durch sein Strafmaß zum Aus-
druck gebracht, dass eine Haftstrafe unumgänglich und
angemessen ist. In solchen Fällen eine reine Abarbei-
tung der Strafe durch den Täter zu ermöglichen, ist
grob verharmlosend und hilft uns in keiner Weise weiter.

Selbstverständlich – auch wenn Sie uns das nicht
glauben – verkennen wir nicht die präventive Wirkung
gemeinnütziger Arbeit. Bei Wiederholungstätern aber,
um die es uns in diesem speziellen Fall geht, ist das allei-
nige Abstellen auf Prävention völlig verfehlt und läuft
ins Leere.

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(C (D (Joachim Stünker [SPD]: Warum ist das verfehlt?)


Ein weiterer Punkt, der die spezialpräventive Wir-
ung, die ein Urteil auf den Täter haben soll, außer Kraft
etzt, ist die Erweiterung der Verwarnung mit Straf-
orbehalt. Die Verwarnung mit Strafvorbehalt gibt es
ereits in § 59 StGB, allerdings als Kannregelung. Das
eicht in meinen Augen völlig aus. Wir lehnen die Muss-
egelung, die Sie einführen wollen, ab.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich komme zu Ihrer neuen Geldstrafenregelung, die

u massiven Einnahmeausfällen bei den Ländern führen
ird. Der Kollege Kauder hat sie bereits auf
0 Millionen Euro beziffert. Sie sagen, die Länder hätten
einen Anspruch auf eine Geldstrafe. Ich muss Ihnen
ntgegenhalten: Bei Ihrer Politik müssen die Länder ein-
ach schauen, woher sie das Geld bekommen. Dazu ist
uch die Geldstrafe geeignet.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Unmöglich!)

Das finde ich nicht unmöglich. Die armen Länder!
Es ist sicherlich kein schlechter Ansatz,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was denn nun?)


ass 5 Prozent der Geldstrafe an eine gemeinnützige
inrichtung zum Opferschutz gehen sollen. Das finde
ch grundsätzlich nicht verkehrt. Sie haben uns nur nicht
esagt, wer das organisieren soll.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: So ist es!)


ollen Sie wieder eine neue Behörde gründen?

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie das alles in das Gesetz schreiben?)


ollen Sie die Beamten nehmen, die seit der Maut-
chlappe arbeitslos sind? Es steht nichts im Gesetz. Den
rganisatorischen Mehraufwand hat auch keiner berech-
et. Bürokratieaufbau der reinsten Sorte! Etwas anderes
ind wir von Ihnen auch nicht gewöhnt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Opfer sind schon angesprochen worden – mehr

on uns und weniger von Ihnen.

(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Nicht so überheblich!)

ie wirkt es auf ein Opfer, wenn der Täter seiner ge-

echten Strafe einfach durch minimales Abarbeiten ent-
ehen kann? Ich glaube nicht, dass die Opfer das unter-
tützen und dass die Opferverbände hier Zustimmung
ignalisieren werden. „Schwitzen statt sitzen“ ist einer
hrer tollen Slogans. Er klingt nicht schlecht. Die Idee ist
om Grundsatz her bestimmt nicht falsch. Aber der
taatliche Strafanspruch darf nicht ausgehöhlt werden.
ngemessenes Strafübel darf nicht abgemildert werden.
ie haben hier den falschen Weg eingeschlagen.






(A) )



(B) )


Daniela Raab

Aber Sie gehen diesen Weg konsequent weiter, indem

Sie die gemeinnützige Arbeit als primäre Ersatzstrafe
für nicht eintreibbare Geldstrafen einführen. Den Bedarf
für eine solche Regelung kann ich leider nicht sehen.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das ist Ihr Problem!)


Wir sind nach wie vor der Meinung: Kann eine Geld-
strafe nicht bezahlt werden, muss weiterhin die Ersatz-
freiheitsstrafe greifen. Strafe hat schließlich auch das
Ziel, unsere Rechtsordnung zu wahren, das Unrechtsbe-
wusstsein des Täters zu schärfen und auf die Schuld des
Täters angemessen zu reagieren.

Hinzu kommt die in meinen Augen absurde Umrech-
nungsweise, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf vorschla-
gen: Ein Tagessatz nicht eingetriebener, nicht bezahlter
Geldstrafe entspricht drei Stunden gemeinnütziger Ar-
beit. Der Kollege von der FDP hat dazu bereits – durch-
aus nicht unzutreffend – angemerkt: Was sind schon drei
Arbeitsstunden in den Augen eines durchschnittlichen
Arbeitnehmers? – Hübsch wenig, würde ich sagen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sollen auch nicht davon leben!)


Immer schlechter wird das Verhältnis, wenn man Ihre
geplante Lösung bei der Ersatzfreiheitsstrafe betrachtet,
frei nach dem Motto, dass Rabatte ja derzeit in sind.
Auch hier wird plötzlich die Umrechnung geändert. Mo-
mentan gilt noch die Formel: Ein Tagessatz nicht gezahl-
ter Geldstrafe entspricht einem Tag Freiheitsstrafe. Sie
ändern das in das Verhältnis 2 : 1; zwei Tagessätze nicht
gezahlter Geldstrafe entsprechen also einem Tag Frei-
heitsstrafe. Den Grund für diese Wohltaten am Täter er-
kenne ich nicht.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kommt den Staat billiger!)


Einiges leuchtet mir nicht ein, einige Ansätze sind si-
cherlich nicht schlecht. Dennoch können wir diesem
Entwurf so, wie er jetzt vorliegt, nicht zustimmen.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510216800

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-

wurfs auf Drucksache 15/2725 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Kultur und Medien

(21. Ausschuss)


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(C (D – zu dem Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP Deutsch als Arbeitssprache auf europäischer Ebene festigen – Verstärkte Förderung von Deutsch als erlernbare Sprache im Ausland – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Gauweiler, Günter Nooke, Bernd Neumann tion der CDU/CSU Deutsch als dritte Arbeitssprache auf europäischer Ebene – Verstärkte Förderung von Deutsch als lernbare Sprache im Ausland – Drucksachen 15/1574, 15/468, 15/1951 – Berichterstattung: Abgeordnete Eckhardt Barthel Dr. Peter Gauweiler Dr. Antje Vollmer Hans-Joachim Otto Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege r. Peter Gauweiler, CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren Kollegen! Mit unserem heutigen Antrag, den wir oraussichtlich einstimmig beschließen können, erfülen wir zwei wichtige Aufgaben: zum Ersten, Deutsch in er Europäischen Union zu stärken, und zum Zweiten, eutsch als erlernbare Sprache im Ausland zu fördern. Zur Stärkung von Deutsch in der Europäischen Union st bei der letzten Beratung ein ganzer Katalog von Notendigkeiten vorgetragen worden. Ich möchte bei dieser elegenheit die Bitte an die Bundesregierung richten, err Staatsminister Bury, dass die Bundesregierung auch ie Forderung prüft, dass jeder neu eingestellte europäiche Spitzenbeamte oder zumindest jeder Beamte oder ngestellte des höheren Dienstes als Einstellungsvoaussetzung – wie es früher war – zwei Fremdsprachen önnen muss. Denn die Reduktion auf eine Fremdsprahe führt logischerweise zu einer Präferenz für Englisch nd Französisch. Wir glauben, dass dieses Verlangen en Beamten absolut zumutbar ist. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Hedi Wegener [SPD])


(Bremen), weiterer Abgeordneter und der Frak-


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Peter Gauweiler (CSU):
Rede ID: ID1510216900

Das Goethe-Institut hat im Rahmen einer großen
ampagne bezüglich des zweiten Teils unseres Antrags,
ämlich das Lernen von Deutsch in Europa und im Aus-
and zu fördern, einen Katalog von zehn Gründen vorge-
egt. Ich kann Ihnen aus Zeitgründen nicht alle zehn vor-
ragen, aber die wichtigsten sind sehr einprägsam:
eutschland ist das wichtigste Exportland der Welt.
eutsch ist die meistgesprochene Sprache in der Euro-






(A) )



(B) )


Dr. Peter Gauweiler

päischen Union. 18 Prozent aller Bücher weltweit er-
scheinen in Deutschland. Viele internationale Unterneh-
men haben ihren Sitz in Deutschland. Deutsch ist die
zweithäufigste Sprache in der Wissenschaft auf der Welt.
Wer Deutsch spricht und versteht, lernt die Kultur besser
kennen und verbessert seine Chancen auf dem Arbeits-
markt. Die Deutschen sind in vielen Ländern die wich-
tigsten Touristen.

Ich glaube, dass in den Forderungskatalog aufgenom-
men werden muss, Deutsch als Einstellungsvorausset-
zung im Ausland mehr zu fördern. Bei der Reise des
Kulturausschusses nach Prag ist vor den Mitgliedern des
Kulturausschusses von tschechischen jungen Germanis-
ten und Germanistikstudenten beklagt worden, dass
deutsche Firmen im Ausland nicht mehr – wie früher
ganz selbstverständlich – deutsche Sprachkenntnisse als
zusätzliche Einstellungsvoraussetzung präferieren, son-
dern dass deutsche Sprachkenntnisse der ausländischen
Bewerber unserer Wirtschaft wegen angeblicher Domi-
nanz des Englischen gleichgültig geworden sind.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nun einmal so!)


Ich habe heute zur Vorbereitung auf diese Sitzung
noch einmal beim Deutschen Industrie- und Handels-
kammertag nachfragen lassen. Dort wurde uns mitge-
teilt: Englisch ist bei der Einstellung für uns die wich-
tigste Sprache am Markt. Daran orientieren wir uns. –
Das ist eine ungute Entwicklung. Es ist die Aufgabe
eines Parlaments, das sich als Interessenvertretung des
eigenen Landes versteht, dieser Entwicklung entgegen-
zuwirken.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


In unserem Antrag sehe ich, wenn Sie so wollen, eine
Einladung an die Verantwortlichen, sich um dieses
Thema in seiner Gesamtheit zu kümmern. Das gilt auch
für die ungute Entwicklung, dass ganz bestimmte Groß-
institutionen meinen, sie müssten sich von Deutsch als
Firmensprache verabschieden. Das ist nicht nur ein
sprachliches Problem, sondern letzten Endes auch ein
Problem der Gesetzeskontrolle und des Gesetzesvoll-
zugs. Als Beispiel nenne ich eines der auf der ganzen
Welt berühmtesten deutschen Unternehmen bzw. Bank-
institute, die Deutsche Bank.

Der Unverdächtigkeit halber sei auf den „Spiegel“
verwiesen, der vor wenigen Wochen in einer großen Do-
kumentation berichtet hat, dass es immer mehr gelingt,
sich der deutschen Bankenaufsicht durch Verlagerung
ins Ausland, durch fremdsprachigen Schriftverkehr,
durch fremdsprachige Aktenführung und Ähnliches zu
entziehen. Ich glaube, dass wir, so wie wir es auch hin-
sichtlich des Schutzbereichs anderer Gesetze tun, eine
Vernetzung herstellen müssen, um das in diesem Antrag
formulierte Anliegen der Förderung der deutschen Spra-
che durchzusetzen.

Wir verlangen ein Weiteres. Herr Staatsminister, in
Ihrem Vortrag bei der letzten Debatte, den ich mir durch-
gelesen habe, haben Sie – mit einer kleinen Spitze an
Ihre Vorgängerregierung – darauf hingewiesen, dass be-

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(C (D timmte Positionen schon früher aufgegeben wurden. as ist wahr. Wir brauchen uns hier wechselseitig nichts u schenken. Aber es ist ja nicht verboten, zu versuchen, erloren gegangenes Terrain zurückzugewinnen. Ich laube, die Forderung ist richtig, dass auch im Bereich er Gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik der uropäischen Union auf das bewährte, Dreisprachenegime – Englisch, Französisch und Deutsch – zurückgeriffen und nicht mehr nur Englisch und Französisch geprochen werden soll. Ein letzter Gesichtspunkt. Aus Gründen der Unver ächtigkeit verweise ich auf eine Aussage der Staatsmiisterin Weiss, (Horst Kubatschka [SPD]: Sie ist nicht unverdächtig! Sie ist sehr gut!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie bei der Eröffnung eines Generalsekretariats des
eutschen Musikrats in Berlin mehr deutsche Musik-
roduktionen in deutschen Rundfunksendern for-
erte.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ja, aber das ist ein anderes Thema! Eine andere Baustelle!)


uch das gehört letzten Endes zu diesem Thema.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Musik ist international!)


Kein geringerer als Herr Bundestagspräsident
olfgang Thierse hat die Rundfunksender vor wenigen
agen, am 29. März 2004, aufgefordert, mehr deutsche
usik zu spielen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn deutsche Musik?)


ollte dies nicht freiwillig geschehen, müsse über eine
uotenregelung diskutiert werden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Gauweiler, was ist deutsche Musik?)


ie deutsche bzw. europäische Kultur müsse sich gegen
ie Allmacht des amerikanischen Kulturimperialismus
urchsetzen. Ich möchte den Herrn Bundestagspräsiden-
n hier gegen jede Art respektloser Zwischenrufe in
chutz nehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


In diesem Zusammenhang erinnere ich an die bemer-
enswerte Protokollerklärung aller Ministerpräsidenten
um Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, in der
s heißt:

Die Länder erwarten von den Hörfunkveranstaltern,
insbesondere von den in der ARD zusammenge-
schlossenen Rundfunkanstalten und dem Deutsch-
landradio, eine stärkere Berücksichtigung von
deutschsprachiger Musik und deshalb eine Förde-
rung auch neuerer deutschsprachiger Musikange-
bote durch ausreichende Sendeplätze in den Pro-
grammen.






(A) )



(B) )


Dr. Peter Gauweiler


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Und was hat das mit dem Thema zu tun? – HansJoachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das Thema ist doch „Deutsch im Ausland“!)


– Dieses Thema ist zweigleisig.

(Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510217000

Herr Kollege Gauweiler, Sie müssen zum Ende kom-

men. Deswegen kann ich auch nicht mehr die Zwischen-
frage des Kollegen Ströbele zulassen.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Günter Nooke [CDU/CSU]: Wir hätten uns aber alle gefreut!)


Herr Kollege Gauweiler, Sie dürfen zum Ende kom-
men.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Er ist am Ende!)



Dr. Peter Gauweiler (CSU):
Rede ID: ID1510217100

Herr Kollege, ich hätte Ihnen gerne zugehört. – Aber

lassen Sie uns dieses Thema nicht zerreden. Wir verfol-
gen doch ein gemeinsames Interesse.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das stimmt!)


Die „Los Angeles Times“ hat vor nicht allzu langer
Zeit geschrieben


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Aber auf Englisch!)


– ja, auf Englisch –, warum die Deutschen ihre eigene
Sprache zu wenig benutzen. Die Amerikaner hoffen,
dass die Deutschen ihre Stimme wiederfinden, wenn sie
dazu ermutigt werden. Dieser Ermutigung dient unser
heutiger Antrag.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510217200

Das Wort hat der Kollege Eckhardt Barthel, SPD-

Fraktion.

Eckhardt Barthel (SPD):
Rede ID: ID1510217300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich

werde jetzt im Unterschied zu Herrn Gauweiler etwas
ganz Revolutionäres machen. Ich werde nämlich zu dem
Antrag reden, der hier zur Abstimmung steht.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Auch mir fallen dazu Quoten ein. Das Schöne an die-
sem Thema ist ja, dass man eigentlich über alles reden
kann, weil es um Sprache geht. Wir haben aber einen

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(C (D ntrag vorliegen. Insofern finde ich es ein bisschen beauerlich, Herr Gauweiler, dass Sie nicht auf den Antrag nd seine Folgen eingegangen sind. (Zuruf von der CDU/CSU: Er wusste, dass Sie es machen!)


ass wir, also alle vier Fraktionen gemeinsam, diesen
ntrag gezimmert haben, ist schon eine gute Sache. Das
weite, was ich etwas bedauere, ist, dass Sie nicht da-
auf eingegangen sind, dass wir hier die angenehm
erkwürdige Situation haben, vor dem Beschluss eines
ntrages zu stehen, dessen Forderungen zum großen
eil bereits erfüllt sind.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Na ja!)


Ich werde es Ihnen gleich vortragen. – Das ist, wie ich
inde, eigentlich eine gute Sache.
Ich glaube, zwei Drittel unser Forderungen, die

unkte 1 und 2 dieses Antrages, sind bereits in unserem
inne erfüllt. Wir haben gefordert, das so genannte
arktmodell im europäischen Sprachenregime zu ver-
nkern. – Ich bitte, eine Fußnote machen zu dürfen: Viel-
eicht sollte man einmal überlegen, ob der Begriff „Spra-
henregime“ richtig ist. Mit „Regime“ assoziiere ich
igentlich etwas Negatives; ich weiß nicht, woran das
iegt. Aber das ist jetzt nicht das Thema.
Es ist gelungen, auf europäischer Ebene – ich freue
ich, dass Herr Bury hier ist – dieses Marktmodell ein-
uführen; die Forderung in unserem Antrag ist damit er-
üllt. Nun weiß ich, dass vielen der Begriff „Marktmo-
ell“ noch nichts sagt. Deswegen will ich es in
rinnerung rufen: Mit dem Marktmodell – damit wäre
uch die politische Bewertung vorgenommen – ist die
leichwertigkeit aller Sprachen anerkannt. Jeder Mit-
liedstaat kann selbst entscheiden, welche Sprache be-
utzt werden soll. – Das ist wichtig; wir reden schließ-
ich von der Vielfalt der Kulturen in Europa als Teil
nserer europäischen Identität.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Barthel für den Markt – das ist etwas Neues!)


Wenn er vernünftig ist und niemand verdrängt wird,
mmer.
Ich schildere jetzt die Erfolgsbilanz der Bundesregie-

ung: Sie hat sofort für alle 94 Gruppen, die dem Markt-
odell unterliegen, die Deutsch-Dolmetschung ange-
eldet; somit ist auch dieses festgelegt, Herr Gauweiler.
as Zweite zu diesem Marktmodell: Es ist flexibel und
part übrigens eine Menge Kosten. Wenn ich das
ichtig gelesen habe, spart die EU jedes Jahr
00 Millionen Euro. Ich wäre froh, wenn wir das im
ulturetat hätten. Das wäre eine tolle Sache.


(Horst Kubatschka [SPD]: Zusätzlich!)

ie Vielfalt der genutzten Sprachen hat also auch diesen
ositiven Effekt.
Ich möchte diese beiden, wie ich glaube, wichtigsten

ntscheidungen zusammenfassen, Herr Gauweiler, und
omme damit zu unserem Antrag; über Quoten können






(A) )



(B) )


Eckhardt Barthel (Berlin)


wir immer noch reden. Es ist also gelungen, dieses von
uns geforderte Marktmodell in der EU einzuführen. Das
ist das Erste. Das Zweite ist – man sollte es nicht gering
schätzen –: Es gab ja bisher für den AStV, den Aus-
schuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten, die-
ses Dreisprachenregime. – Hier taucht schon wieder
der Begriff Regime auf. – Diese drei Sprachen – Eng-
lisch, Französisch und Deutsch – sind jetzt zum ersten
Mal festgeschrieben worden.

Ich glaube, mit der Umsetzung unseres noch nicht be-
schlossenen Antrages werden wir einen großen Schritt
vorankommen, wenn wir auch noch nicht am Ende ste-
hen. Auch mir ist natürlich klar: Alleine mit Regeln wer-
den wir das eigentliche Ziel, nämlich die Verbreitung
und die Pflege der deutschen Sprache im Ausland, nicht
erreichen. Dies bildet ja die Überschrift von dem, worü-
ber wir jetzt reden; was im Antrag steht, ist lediglich ein
wichtiger Teil davon. Deswegen bin ich froh, heute nicht
nur einen gemeinsamen Antrag verabschieden zu kön-
nen, sondern gleichzeitig auch noch eine Erfolgsmel-
dung bezüglich der Ziele dieses Antrags vortragen zu
können. Wir müssen uns bewusst sein, dass der Auftrag
der Pflege und der Verbreitung der deutschen Sprache im
Ausland im Inneren beginnt; das habe ich schon mehr-
fach gesagt und wir haben in der letzten Debatte hier
eine breite Diskussion dazu geführt.

Lassen Sich mich daher ein bisschen selbstkritisch
darauf hinweisen, wie wir im Parlament mit unserer
Sprache umgehen, die dann vielleicht auch nach außen
getragen wird. In letzter Zeit habe ich mir im Hinblick
darauf einige Gesetzestexte angeschaut. Das meine ich
jetzt nicht beckmesserisch; jede Fraktion kann sich unter
diesem Gesichtspunkt angesprochen fühlen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Public Private Partnership!)


– Ja, es wimmelt von Begriffen wie Jobfloater.

(Zuruf von der CDU/CSU: Oder „Brainup“)


– Ich habe bewusst ein Beispiel aus einem Gesetz von
uns gewählt. Aber Sie müssen nicht mit dem Finger auf
uns zeigen; diese Sprache geht quer durch alle Fraktio-
nen. Wir haben in diesem Bereich also auch als Parla-
ment eine Vorbildfunktion nach innen wie nach außen.

Eine letzte Bemerkung: Der dritte Punkt unseres An-
trags betrifft etwas, was zurzeit unser täglich Brot im
Kulturausschuss ist, die auswärtige Kulturpolitik. In
diesem Zusammenhang steht auch das Thema Deutsche
Welle an. Der Kulturausschuss nimmt diese Themen
sehr ernst. Wir alle sind froh, dass es uns in einer ge-
meinsamen Anstrengung gelungen ist, dass die Sprach-
vermittlung im Ausland nicht darunter leidet, dass Kul-
tur unter die Subventionen fällt und somit reduziert wird.
Darauf werden wir wohl auch in Zukunft achten müssen.

Herr Otto, weil ich Sie hier so fröhlich sehe, sage ich
noch ein Wort zu Ihrem Änderungsantrag.


(Otto Fricke [FDP]: Liberale sind immer fröhlich!)


Sie haben sinngemäß beantragt, dass Kultur nicht unter
Subventionen fallen dürfe. Von meiner Seite kann ich Ih-

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(C (D en nur sagen, dass ich dies für in Ordnung halte. Das ollten wir beschließen, weil wir nicht nur bei diesem aushalt, sondern auch in Zukunft häufig darum kämpen werden, wie Kultur einzuordnen ist. Wenn wir nach em wichtigen Etappenziel, das wir heute erreicht haen, auch dies erreichen, dann können wir sagen: Auch er Deutsche Bundestag bemüht sich gleichermaßen um ie Verbreitung der deutschen Sprache nach außen und m ihre Pflege im Inneren. Ich bedanke mich. Nächster Redner ist der Kollege Hans-Joachim Otto, DP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr ge hrter Herr Kollege Barthel, es gibt ein chinesisches prichwort, das besagt, auch die längste Reise beginne it dem ersten Schritt. Ich begrüße es sehr, dass wir hier en ersten Schritt getan haben, indem wir uns über alle raktionen hinweg gemeinsam auf diesen Antrag vertändigt haben. Aber zu meinen, zwei Drittel dieses Anrags seien bereits erfüllt, ist, freundlich formuliert, blauugig. Wir sind weit davon entfernt, dass zwei Drittel ieses Antrags erfüllt seien. Das Marktmodell und das prachenregime gibt es bisher lediglich auf dem Papier. ber wenn man in die europäischen Institutionen nach rüssel und Straßburg schaut, wird man feststellen, dass ich in der Praxis überhaupt noch nichts verändert hat. Nachdem wir uns im Deutschen Bundestag über die raktionen hinweg verständigt haben, bestärken wir die undesregierung in ihrem Ziel, dafür zu sorgen, dass ie deutsche Sprache mehr zur Anwendung kommt. Hier st allerdings noch viel zu tun. Nur rund 1 Prozent aller U-Bediensteten sprechen Deutsch als Muttersprache. ies muss sich ändern. Wir verlangen – Herr Kollege auweiler hat zu Recht darauf hingewiesen –, dass jeder öhere EU-Bedienstete in der Lage ist, zwei Fremdsprahen zu sprechen. Das ist nicht zu viel verlangt und muss urchgesetzt werden. Dies trüge entscheidend dazu bei, ass deutsche Bewerber französischen und englischen ewerbern gleichgestellt werden. Diesem Marktmodell – ich freue mich, dass auch Kol ege Barthel beim Markt angekommen ist – müssen wir n der Tat zum Durchbruch verhelfen. Bisher steht dieses odell nur auf dem Papier; in die Praxis wird es noch icht richtig umgesetzt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der zweite Teil die es Antrags ist von uns selbst noch nicht richtig umgeetzt. Wenn es im Antrag heißt, Deutsch sei als Fremdprache im Ausland zu fördern, dann müssen wir als arlamentarier dazu beitragen, dass die Mittel im Beeich der auswärtigen Kulturpolitik nicht nur gegen teinbrück/Koch, sondern generell verteidigt werden. Wir issen, dass der Anteil der auswärtigen Kulturpolitik im Hans-Joachim Otto Etat des Auswärtigen Amtes in den letzten Jahren kontinuierlich auf rund 23 Prozent gesunken ist. Wenn wir es mit dem dritten Teil des Antrages ernst meinen, dann müssen wir als Parlamentarier in den Haushaltsberatungen dazu beitragen, dass dieser Anteil wieder gestärkt wird. Wir sind nicht glaubwürdig, wenn wir fordern, dass Deutsch verstärkt in den EU-Gremien gesprochen wird, während wir selber die Mittel für den Deutschunterricht im Ausland immer weiter zurückfahren und die Position der Goethe-Institute und der Sprachmittler schwächen. Wir haben einen ersten Schritt in die richtige Richtung getan, was ich sehr begrüße. Ebenso begrüße ich es, dass wir den Antrag heute über alle Fraktionsgrenzen hinweg annehmen. Aber zu glauben, wir hätten jetzt unsere Arbeit getan und wir könnten uns getrost zurücklehnen, wäre ein großer Fehler. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Das macht doch keiner!)


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1510217400
Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1510217500

(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)


Wir haben, lieber Kollege Barthel, beileibe noch nicht
zwei Drittel dessen, was im Antrag vorgesehen ist, ver-
wirklicht. Die Bemühungen beginnen jetzt erst.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510217600

Herr Kollege Otto, die Arbeit ist noch nicht getan,

aber die Redezeit ist vorbei.

Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1510217700

Frau Präsidentin, meine Arbeit ist getan. Ich habe uns

alle ermahnt, am Ball zu bleiben, nachdem wir einen ers-
ten Schritt gemacht haben. Wir müssen das Ganze jetzt
umsetzen. Ich bitte insbesondere die Bundesregierung,
gestärkt durch diesen Beschluss darauf hinzuwirken,
dass in der Praxis Erfolge erzielt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510217800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rainder

Steenblock.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich war am letzten Wochenende und die Tage davor als
Wahlbeobachter des Europarates in Georgien. Es ist er-
hebend und bewegend, wenn man durch die Dörfer des
Kaukasus fährt und in fast jedem Ort jemandem begeg-
net, der Deutsch spricht und einem sozusagen um den
Hals fällt, und man die Akzeptanz dieser Sprache und
der Kultur, die dahinter steht, erlebt.

Genau diese Verpflichtung haben wir hier aufgenom-
men. Wir müssen uns dafür einsetzen, diese nationale
Aufgabe umfassend zu erfüllen. Die Bedeutung der Kul-

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(C (D urförderung in diesem Land, die aus meiner Sicht äuerst wichtig ist, wird leider aufgrund der monetären Asekte von der Politik nicht richtig wahrgenommen. Ich laube, dass auswärtige Kulturpolitik nicht nur die Stärung der deutschen Sprache und Kultur im Ausland, ondern auch gerade die ökonomische Dimension von olitik unterstützt und vorbereiten hilft. Dies sollten wir emeinsam tun. Das steht uns allen gut an. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Aber es geht auch um die europäische Dimension.
uropa lebt von der Vielfalt, von der kulturellen und von
er sprachlichen Vielfalt. Diese Vielfalt wird mit dem
eitritt der zehn neuen Länder, den wir sehr begrüßen,
och größer. Er macht das Sprachenregime in Europa
omplizierter. Aber ich bin der Meinung: Wir sind in der
U auf einem guten Wege. Wir haben im Europäischen
at, im Europäischen Parlament und im Ministerrat die
olldolmetschung ab dem 1. Mai 2004 in 20 Amtsspra-
hen.
Wir haben im Ausschuss der Ständigen Vertreter – das

st schon angesprochen worden, aber ich möchte es wie-
erholen – die Gleichberechtigung von Französisch und
eutsch. Sobald auf EU-Kosten ins Französische gedol-
etscht wird, wird automatisch auch ins Deutsche ge-
olmetscht. Dieser Fortschritt wurde schon erreicht. In
en ratsvorbereitenden Gruppen – das Marktmodell ist
estgesetzt, es funktioniert und ist beschlossen – tritt ab
. Mai 2004 eine Reform des Sprachregimes in Kraft.
as heißt, jedes Land bekommt einen Basisbetrag und
lles, was darüber hinaus gefordert wird – sei es die
olmetschung ins Englische, Französische, Deutsche,
itauische oder in eine andere Sprache –, wird von den
inzelnen Ländern bezahlt. Dieses Sprachregime ist gül-
g und vernünftig.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal, weil wir

ns in vielen Punkten einig sind, auf einen Aspekt, der
eutlich gemacht worden ist, hinweisen: Neben diesen
prachstrukturen, die wir politisch verabreden – wir sind
ort auf einem guten Weg –, brauchen wir in der Kom-
ission auf der Arbeitsebene, auf der Ebene der Beam-
innen und Beamten, Personen, die die deutsche Sprache
icht nur sprechen können, weil sie schön, wichtig und
ertvoll ist, sondern wir brauchen – ein Antrag dazu ist
Vorbereitung – deutsche Beamtinnen und Beamte,
ertreter der Bundesregierung, die unser Land zahlen-
äßig tatsächlich repräsentieren.
Bei der Durchsetzung dieser Interessen sind wir nicht
allen internationalen Gremien auf allen Ebenen der
U, UN und wo auch immer so weit, wie wir gerne sein
ürden. Deshalb muss die Politik Anstrengungen unter-
ehmen, damit diese Gremien stärker als bisher mit
eutschen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzt
erden; das hielte ich für richtig.
Es wurde vorhin moniert, dass wir hier noch nicht
ehr erreicht haben. Bezüglich der Beamten sind wir
ber schon deutlich weiter. Vielleicht ist das auch zu ak-
uell, weshalb ich das hier noch einmal sagen will: In der






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock

letzten Woche wurde das EU-Beamtenstatut geändert
und in unserem Sinne verbessert; denn von nun an muss
ein Beamter oder eine Beamtin vor seiner oder ihrer ers-
ten Beförderung nach der Einstellung nachweisen, dass
er oder sie in einer dritten Sprache der Gemeinschaft ar-
beiten kann.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Noch schöner wäre es vor der Einstellung!)


– Ja, das hat aber mit dem Dienstrecht zu tun. Das wird
vor den Beförderungen geprüft.

Das ist bereits ein Fortschritt. Ich finde, wir sollten an
dieser Stelle nicht immer das, was noch nicht erreicht
wurde, in den Vordergrund stellen. Wir sollten betonen,
dass wir gemeinsam dabei sind, das, was in der Vergan-
genheit versäumt worden ist, Schritt für Schritt zu errei-
chen. Ich glaube, dass wir hier auf einem guten Weg
sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich hoffe, dass die Sensibilität in diesem Hohen
Hause und in der Bundesregierung auf einem hohen Ni-
veau bleibt, damit diese Interessen durchgesetzt werden
können. Man muss natürlich aufpassen, dass man sich in
der Begrifflichkeit nicht vergreift. Ich glaube aber, wir
alle zusammen haben ein Interesse daran, Deutsch zur
Durchsetzung von ökonomischen Interessen und politi-
schen Strategien in dieser Welt – das sage ich jetzt tat-
sächlich einmal etwas überspitzt – zu stärken. Das soll-
ten wir selbstbewusst und ohne falsche Zwischen- und
Misstöne tun. Dieses Selbstbewusstsein sollten wir ha-
ben.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Dr. Peter Gauweiler [CDU/CSU] und des Abg. HansJoachim Otto [Frankfurt] [FDP])



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510217900

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Heinrich-

Wilhelm Ronsöhr.


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr (CDU):
Rede ID: ID1510218000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Vielleicht kann man die unterschiedlichen En-
den, die hier zum Ausdruck gekommen sind, zusammen-
führen. Es geht ja um eine Gemeinsamkeit. Ich glaube,
es geht nicht nur um einen gemeinsamen Antrag, son-
dern es geht um die Gemeinsamkeit der deutschen Poli-
tik. Das möchte ich bewusst herausstellen.

Eckhardt, nun mag es ja sein, dass zwei Drittel der
Beschlüsse bisher erfüllt wurden. Herr Otto hat auf der
anderen Seite aber auch Recht, da von diesen Beschlüs-
sen noch nicht alles so umgesetzt wurde, wie es umge-
setzt werden sollte. Ich will mich nun nicht darüber strei-
ten, wie weit wir den Weg bisher gegangen sind. Ich
glaube, dass wir uns alle darüber einig sein sollten, dass
wir uns auf dem richtigen Weg befinden.

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(C (D Die Einlassung von Herrn Gauweiler ist ganz wichtig; enn es geht auch ein Stück weit darum, mit welchem elbstverständnis wir die deutsche Sprache nach innen erwenden. Manchmal hat man hier den Eindruck, dass ort, wo Anglizismen draufstehen, schon Modernität nthalten ist. Dadurch spiegelt man sich etwas Falsches or. Um das ganz deutlich zu sagen: Damit macht man ie Sprache zum Teil kaputt. Sie müssen sich nur einmal Toll Collect anschauen. uf den Apparaturen stehen irgendwelche Anglizismen. ier war keine Modernität drin. Es lag nichts Funktionsüchtiges vor. Dort war nichts, aber auch gar nichts drin. an lässt sich dadurch etwas vortäuschen. Vielen ist ies so ergangen. Ich glaube, hier gilt es umzudenken. Wir müssen ein nderes Selbstverständnis entwickeln. Dieses Selbstvertändnis muss nicht nur die EU, sondern auch die Unterehmen erreichen. Für deutsche Unternehmen im Ausand muss es selbstverständlich sein, dass sie sich auch er deutschen Sprache bedienen. (Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Auch im Inland!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Auch ich war mit dem Kulturausschuss unterwegs.
err Otto, Sie waren dabei: Wir haben in Südafrika ge-
ört, dass die deutsche Sprache manchmal als Nachteil
mpfunden wird, wenn sie von jemandem gesprochen
ird, der sich bei deutschen Unternehmen bewirbt. Das
arf nicht sein. Es geht schließlich um Chancen für
eutsche und Deutschsprechende. Herr Steenblock, Sie
aben eben deutlich gemacht, dass der Osten wie ein of-
enes Buch vor uns liegt und in diesem Buch das Deut-
che sehr häufig vorkommt. Das heißt, wenn es um
hancen für das Deutsche geht, dann sind dies nicht nur
hancen für Deutsche, sondern auch Chancen für Ost-
uropäer. Dies gilt auch für Leute innerhalb der EU, die
eiter östlich wohnen als wir.
Ich habe vorhin eine junge und sehr hübsche sloweni-

che Praktikantin empfangen.

(Heiterkeit im ganzen Hause)


Das kann man doch einmal sagen. Politik hat schon so
anches Schöne mit sich gebracht und wird auch weiter-
in sehr viel Schönes mit sich bringen. Die Kultur, damit
uch die deutsche Sprache, ist etwas sehr Schönes, das
öchte ich klar Ausdruck zu bringen. – Diese junge
raktikantin hat erklärt, das Deutsche sollte sich in der
U stärker durchsetzen, als das bisher der Fall gewesen
st. Das heißt, es ist auch im Interesse vieler junger Men-
chen, die zur EU gestoßen sind oder noch stoßen wer-
en, dass wir den Gebrauch des Deutschen weiter forcie-
en.
Wenn wir uns dieser Aufgabe gemeinsam widmen,
ie das letztlich in diesem Antrag zum Ausdruck
ommt, dann bin ich mir sicher, dass das Deutsche die
edeutung erhält, die auch in Zukunft von möglichst
ielen – nicht nur in der EU, sondern auch darüber
inaus – anerkannt werden sollte.






(A) )



(B) )


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr

Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Sagen Sie mal, Ronsöhr, wollen Sie heiraten? – Renate Blank [CDU/CSU]: Ein richtiger Schwerenöter!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510218100

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Hedi Wegener.

Hedi Wegener (SPD):
Rede ID: ID1510218200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Gäste auf der Tribüne, Sie erleben heute ein seltenes Er-
eignis in diesem Haus. Wir beraten einen von allen Frak-
tionen gemeinsam eingebrachten Antrag. Das ist nicht
oft der Fall. Die Diskussionen, die bisher geführt wur-
den, hörten sich zwar kontrovers an, waren es aber nicht.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wir lieben uns alle!)


Dieser Antrag ist einstimmig eingebracht worden,
weil alle erkannt haben, dass auf europäischer Ebene die
Tendenz vorherrscht, englisch und französisch zu spre-
chen. Wir wollen dazu beitragen, dass sich Deutsch
mehr als bisher etabliert. Wir begrüßen daher ausdrück-
lich den Einsatz der Bundesregierung, die deutsche
Sprache auf europäischer Ebene zu stärken, und fordern,
diesen Einsatz fortzusetzen.


(Beifall bei der SPD)

Vor dem Hintergrund der EU-Erweiterung findet eine

Neuregelung des Sprachenregimes statt. Bei 4 000 Ar-
beitsgruppensitzungen und 20 Amtssprachen gibt es
380 denkbare Sprachkombinationen. Dabei stößt man
auf logistische und finanzielle Grenzen. Das Marktmo-
dell – es ist ein komischer Begriff für ein ganz einfaches
System – ist schon häufig erwähnt worden. Es bedeutet:
Wer die Musik bestellt, der bezahlt sie auch. Der Kern-
gedanke ist, dass es einen Grundtopf gibt und diejenigen,
die eine weitere Versprachlichung fordern, diese extra
bezahlen müssen.

Die deutsche Sprache erhält eine eindeutige Aufwer-
tung, weil gleichzeitig für alle 94 Arbeitsgruppen, die
dem Marktmodell unterliegen, eine Vollverdolmet-
schung ins Deutsche beantragt wurde. Damit wird
Deutsch als Arbeitssprache in der Europäischen Union
weiterhin gestärkt. Herr Steenblock hat schon darauf
hingewiesen: Bei der Verabschiedung des neuen EU-Be-
amtenstatus am 22. März dieses Jahres ist entschieden
worden, dass eine dritte EU-Sprache für eine Beförde-
rung Pflicht ist.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Aber in Datenbanken und in Ausschreibungen ist es das immer noch nicht!)


Ich bin Mitglied der Parlamentarischen Versammlung
des Europarates. Da erlebe ich häufig, dass Vertreterinnen
und Vertreter aus anderen Ländern, in deren Sprache nicht
übersetzt wird, den deutschen Kanal hören. Diesen Schatz
müssen wir uns erhalten. Das sehe ich als Erfolg an.

Es gibt noch einen weiteren Aspekt in dem Antrag.
Das ist die Pflege der deutschen Sprache im Ausland,

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(C (D nd das nicht nur im Hinblick auf unsere europäischen achbarn. Die Goethe-Institute leisten wirklich eine nschätzbare wertvolle Arbeit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


ch betone noch einmal – das ist in der Debatte zur Kul-
urpolitik schon gesagt worden –, dass wir in den letzten
ahren keine Goethe-Institute geschlossen haben. Das ist
n den Vorjahren übrigens anders gewesen. Im Gegen-
eil: Es sind neue Goethe-Institute geplant. Wir haben ei-
es in Kabul eröffnet,


(Renate Blank [CDU/CSU]: Dafür das in Island geschlossen!)


ines ist in Algier geplant und in diesem Jahr soll noch
ines in Laibach eröffnet werden.
Ich habe Anfang des Jahres eine Mädchenschule in

aschkent besucht und dort erfahren, dass Deutsch von
en Kindern geradezu aufgesogen wird. In Turkmenistan
ernen die Kinder im hintersten Dorf Deutsch. Die deut-
chen Auslandsschulen und Lehrerprogramme wer-
en vom Auswärtigen Amt unterstützt. Dadurch werden
eltweit 250 000 Schüler erreicht. Es ist nicht nur so,
ass die Jugendlichen die deutsche Sprache lernen, son-
ern sie lernen sie aus deutschen Schulbüchern. Damit
ernen sie deutsche Kultur und das Menschenbild, das
ir ihnen vermitteln wollen. Was ich zu den Schulbü-
hern gesagt habe, gilt im Übrigen auch für die Lesesäle.
s gibt 55 Lesesäle, die unterstützt werden und in denen
eutsche Zeitungen, Broschüren und Hefte ausliegen.
as ist von unschätzbarem Wert, weil damit deutsche
emokratie vermittelt wird.


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Auch in Nordkorea! – Gegenruf des Abg. HansJoachim Otto [FDP]: Etwas zähflüssig!)


In Pjöngjang ist jetzt gerade ein Lesesaal hinzugekom-
en. Das ist unglaublich wichtig für eine Region, in der
s keine Pressefreiheit gibt. Die jungen Generationen
augen das wie ein Schwamm auf.
Ich mache auch immer auf www.deutschland.de auf-
erksam. Da präsentieren wir uns in fünf Sprachen. Es
st eine Chance nicht nur für junge Leute, wenn sie Inte-
esse an Deutschland haben, auf diese Seite zuzugreifen
nd mehr über Deutschland zu erfahren. Die Deutsche
elle wäre auch ein Thema, das wir noch erwähnen
önnten.
Zum Schluss möchte ich aus der Begründung des An-

rags zitieren:
Die Verbreitung von Deutsch als Fremdsprache im
Ausland ist von ganz zentraler Bedeutung. Durch
die Sprache wird eine Beschäftigung mit dem Land,
den Menschen und der Kultur erreicht.

ch hätte es nicht besser als der gemeinsame Antrag sa-
en können.
Vielen Dank.


(Beifall im ganzen Hause)







(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510218300

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-

ses für Kultur und Medien auf Drucksache 15/1951. Der
Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be-
schlussempfehlung die Annahme des Antrags der Frak-
tionen der SPD, der CDU/CSU, des Bündnisses 90/Die
Grünen und der FDP auf Drucksache 15/1574 mit dem
Titel „Deutsch als Arbeitssprache auf europäischer
Ebene festigen – Verstärkte Förderung von Deutsch als
erlernbare Sprache im Ausland“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig ange-
nommen worden.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss, den An-
trag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/468
mit dem Titel „Deutsch als dritte Arbeitssprache auf eu-
ropäischer Ebene – Verstärkte Förderung von Deutsch
als lernbare Sprache im Ausland“ für erledigt zu erklä-
ren. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
lung ist einstimmig angenommen worden.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9 a und 9 b auf:
a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

richts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit

(9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Dr. Michael Bürsch, Ludwig Stiegler, Klaus
Brandner, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD sowie der Abgeordneten Volker
Beck (Köln), Werner Schulz (Berlin), Katrin
Göring-Eckardt, Krista Sager und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Öffentlich-private Partnerschaften
– Drucksachen 15/1400, 15/2663 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Werner Schulz (Berlin)


b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Otto
Fricke, Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Privatisierung und öffentlich-private Partner-
schaften
– Drucksache 15/2601 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Wider-
spruch höre ich nicht. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Abgeordnete Michael Bürsch.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1510218400

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Das Thema, über das wir jetzt sprechen, könnte

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(C (D hnlich wie das vorige Thema „Deutsch als Arbeitssprahe auf EU-Ebene“ fraktionsübergreifende Zustimmung inden. Betrachtet man die Infrastrukturmaßnahmen ls Ausgangspunkt, dann zeigt sich, dass zum Beispiel ei Schulen, Kindergärten, sozialen Einrichtungen, rankenhäusern und Straßen sowie im Personennahverehr, in der Wasserversorgung, bei der Kommunikaionstechnik und in vielen anderen Bereichen ein gewaliger Bedarf besteht. Für die Kommunen beläuft sich der Investitionsbe arf für Infrastrukturmaßnahmen bis 2009 auf eine umme von fast 700 Milliarden Euro, sei es für die nergieversorgung, den Wohnungsbau, die Telekommuikation und Ähnliches. Allein bei den Schulen beläuft ich der Investitionsbedarf – zum Beispiel für den Bau nd die Sanierung von Schulen – auf 80 Milliarden uro. Die Kommunen bzw. die öffentliche Hand können iese Summen nicht mehr aufbringen. (Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Warum denn?)


Nun fragen wir uns, wie wir diesem Problem beikom-
en können. Warum ist die Situation so schwierig ge-
orden? Die Gründe dafür aufzuzählen würde sicherlich
ine abendfüllende Veranstaltung: die Verschuldung der
ffentlichen Hand, die Vorbelastungen aus den 16 Regie-
ungsjahren von Helmut Kohl – der Kollege hat nach
en Gründen gefragt, also bekommt er auch die entspre-
hende Antwort –,


(Anton Schaaf [SPD]: Sie erinnern sich nur an die letzten fünf Jahre! Den Rest haben sie verdrängt!)


as hohe Leistungsniveau des Staates und nicht zuletzt
uch die deutsche Einheit. Sie ist uns zwar lieb und
euer, aber wir müssen dafür wahrscheinlich noch über
ehr viele Jahre mehr als 100 Milliarden Euro allein von
taatlicher Seite aufbringen. Das ist aber berechtigt;
enn in den neuen Ländern gibt es einen gewaltigen In-
rastrukturbedarf.
Wir können nun den klassischen Weg weiterbeschrei-

en und die Verschuldung erhöhen, indem wir versuchen,
ie notwendigen Mittel weiterhin aus öffentlicher Hand
ufzubringen, oder wir können – was die FDP als Kö-
igsweg ansieht – alle Bereiche privatisieren.


(Otto Fricke [FDP]: Nicht alles!)

as wird von den Sozialdemokraten anders gesehen.
ir sehen in der Privatisierung keine Daueraufgabe für
ie soziale Marktwirtschaft, werte Kolleginnen und Kol-
egen von der FDP. Wir sehen durchaus auch die Gefah-
en der Privatisierung. Ein Blick nach England zeigt,
ass die in den 16 Jahren unter Maggie Thatcher durch-
eführten Maßnahmen noch heute ihre Spuren hinterlas-
en. Das britische Gesundheitswesen ist nicht unbedingt
eispielhaft. Auch andere Bereiche, die umfassend pri-
atisiert worden sind, zeigen, dass dieser Weg nicht der
este ist.
Insofern plädieren wir – das ist die Zielrichtung unse-

es Antrags – für einen dritten Weg, nämlich mit öffent-
ich-privaten Partnerschaften eine neue Verantwor-
ungs- und Risikoaufteilung zwischen öffentlicher und






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch

privater Hand zu suchen. Es geht um eine Kooperation,
wohlgemerkt auf derselben Augenhöhe, bei der die Auf-
gaben gemeinsam wahrzunehmen sind und die Risiken
– darum geht es bei solchen Partnerschaften immer –
wie auch die dabei erzielten Gewinne gerecht verteilt
werden.

Sie von der FDP haben das viel zitierte Beispiel der
Maut aufgegriffen. Bei der Maut, wie sie bis vor zwei
oder drei Monaten gehandhabt worden ist, gab es aber
keine öffentlich-private Partnerschaft; vielmehr wurde
im Zusammenhang mit der Einführung eines Mautsys-
tems ein Auftrag vergeben. Es gab einen Auftraggeber
– die öffentliche Seite – und einen Auftragnehmer. Der
Auftrag ist auf vielen Seiten schriftlich festgehalten wor-
den.

Bei der Maut hat es keine öffentlich-private Partner-
schaft gegeben, bei der eine solche ausführliche Auf-
tragsbeschreibung im Übrigen nicht nötig ist, weil diese
Partnerschaft auf etwas anderem basiert, nämlich auf
Vertrauen. In gegenseitigem Vertrauen müssen unerwar-
tete Risiken gemeinsam verantwortet und getragen wer-
den.

Die Maut ist jetzt auf gutem Wege. Ich bin der Über-
zeugung, dass wir ein so riesiges Projekt auch als Vor-
zeigeprojekt brauchen, um zu zeigen, dass es der bessere
Weg ist, wenn sich die öffentliche Seite mit der privaten
Seite zusammentut. Wir können einerseits die Vorteile
der privaten Seite und die damit verbundenen Effizienz-
gewinne, die vorsichtig geschätzt 10 bis 20 Prozent aus-
machen, nutzen.


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Wenn es klappt!)


Andererseits haben wir aber auch weiterhin die Mög-
lichkeit, steuernd einzugreifen und die Aufgabe wahrzu-
nehmen, die die öffentliche Hand wahrnehmen muss,
nämlich für soziale Gerechtigkeit und Gleichheit vor
dem Gesetz zu sorgen.


(Otto Fricke [FDP]: Chancengleichheit!)

– Auch für Chancengleichheit. – Die öffentlich-private
Partnerschaft nutzt also die Möglichkeiten der privaten
Seite, insbesondere die bessere Qualität, die man durch
private Aufgabenwahrnehmung erreichen kann. Aber sie
lässt auch die Möglichkeiten zu, Einfluss zu nehmen,
wie das im Interesse der Öffentlichkeit tatsächlich not-
wendig ist.

Diese vertraglich geregelte Kooperation wird bislang
bei uns leider fast nur unter dem Gesichtspunkt der In-
vestition betrieben. Wenn man sich andere Länder, ins-
besondere England, anschaut, dann stellt man fest, dass
diese schon wesentlich weiter sind. Der Charme einer
öffentlich-privaten Partnerschaft entfaltet sich erst rich-
tig – dies nutzen wir noch gar nicht –, wenn man eine
solche Partnerschaft über den gesamten Lebenszyklus
einer Infrastruktur zum Gegenstand eines Vertrages
macht, das heißt, wenn man die Effizienzgewinne und
die damit verbundene Qualität über den gesamten Le-
benszyklus nutzt.

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(C (D Nehmen wir ein Beispiel aus England – so etwas gibt s in Anfängen auch schon in Deutschland –: Die Aufabe, ein Gefängnis zu errichten und zu betreiben, wird n eine öffentlich-private Partnerschaft vergeben. Natürich wird die öffentliche Hand immer darauf achten müsen, dass die Sicherheitsbelange gewahrt bleiben. Selbsterständlich müssen bestimmte Aufgaben weiterhin im inne des Staates erfüllt werden. Aber es steht nirendwo geschrieben, dass die Aufgabenwahrnehmung icht auch durch private Dienste erfolgen kann. Die Engländer haben einen wunderbaren Vergleich ngestellt, als ich vor kurzem über ein solches Projekt, lso das Errichten und Betreiben eines Gefängnisses, geprochen habe – er macht vielleicht auch beispielhaft en Unterschied zwischen England und Deutschland eutlich, wo es bereits eine vergleichbare Ausschreibung ibt –: Die Deutschen werden in einem solchen Falle mit eutscher Gründlichkeit alles bis in das kleinste Detail die Höhe der Mauern, der Fenster und der Türen – bechreiben. Die Engländer dagegen legen als Aufgabentellung bzw. Rahmenbedingung einfach vertraglich fest, ass niemand aus dem Gefängnis entkommen darf. Das st alles; das ist schließlich die Zielstellung. Wenn jeand entkommt, muss dafür natürlich Verantwortung bernommen und müssen Konsequenzen gezogen weren. Ich wünsche mir, dass wir Deutschen uns an solhen Beispielen orientieren. Das wäre nämlich ein wunerbarer Beitrag zur Entbürokratisierung und zur ereinfachung. Zudem entspräche es dem, was ich unter ffentlich-privater Partnerschaft verstehe, nämlich eine ooperation auf gleicher Augenhöhe und mit gegeneitigem Vertrauen, in der die Risiken und die Chancen erecht verteilt werden. Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, dass der nvestitionsbedarf bis 2009 auf kommunaler Seite bei ast 700 Milliarden Euro liegt. Davon entfallen allein 0 Milliarden Euro auf den Bau und die Ausstattung unerer Schulen. Nach Schätzungen von Fachleuten könnte twa ein Drittel der Aufgaben in diesem Bereich in Form on öffentlich-privaten Partnerschaften erledigt werden. as wäre allein im Bereich der Schulsanierung ein Aufagsvolumen von rund 26 Milliarden Euro. Wohlgeerkt, niemand sollte glauben, dass damit die Finanzot der öffentlichen Hand in irgendeiner Weise ehoben werden kann. Öffentlich-private Partnerschafn sind kein Allheilmittel und dürfen erst recht nicht zur ildung von Schattenhaushalten führen. Sie sind ledigch ein modernes Instrument des Zusammengehens und er Kooperation von öffentlicher und privater Seite zum eiderseitigen Nutzen. Insofern werbe ich für dieses Intrument. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, lassen ie uns das gemeinsam machen. Liebe Kolleginnen und ollegen von der CDU/CSU, das ist kein Konfliktthema, ondern ein Instrument der Modernisierung von Staat nd Gesellschaft, das uns allesamt voranbringen wird. Danke schön. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510218500

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. Michael

Fuchs.


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1510218600

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Verehrter
Herr Kollege Bürsch, „Es gibt nichts Gutes, außer man
tut es“, sagte schon Erich Kästner. All das, was Sie uns
gerade mit viel Feuer und Pathos vorgetragen haben,
können Sie tun. Niemand hält Sie auf, das öffentliche
Vergaberecht so zu verändern, wie Sie sich das vorge-
stellt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Steht im Antrag drin!)


Wir wünschen uns das Ganze. Eine Partnerschaft, wie
Sie sie gefordert haben, hat ihren Nutzen darin, dass man
Dinge zu zweit besser als allein bewältigen kann.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wie in der Ehe!)

Dies trifft auf das Thema der heutigen Debatte bes-

tens zu. Es ist richtig, sich mit dem Thema „Public Pri-
vate Partnership“ oder – eben hat die Debatte über
Deutsch als Arbeitssprache auf EU-Ebene stattgefun-
den – „ÖPP“, also öffentlich-private Partnerschaften, zu
beschäftigen. Es geht um die Frage, was der Staat allein
zu bewerkstelligen hat und in welchen Bereichen priva-
tes Unternehmertum besser wäre. Von Bereichen, in de-
nen dies der Fall ist, brauchen wir einfach mehr.

Meiner Meinung nach ist der Staat beispielsweise
nicht dafür zuständig – Sie haben das in der Debatte
heute Morgen gefordert –, eine neue Behörde zur Erhe-
bung der Ausbildungsplatzabgabe zu gründen. Dort
müssten zusätzlich 1 000 Mitarbeiter eingestellt werden.
Das würde uns in der Zukunft mit 72 Millionen Euro pro
Jahr belasten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die angestrebten Investitionsmöglichkeiten haben wir
dann wieder nicht, Herr Kollege Bürsch.

Der heutige Sozialstaat interveniert meiner Meinung
nach in viel zu vielen Bereichen, vor allen Dingen in den
Bereichen der Daseinsvorsorge. Er hat den Höhepunkt
seiner Leistungsfähigkeit absolut überschritten. Er
krankt daran, dass im Prinzip nur noch – ich denke, darin
sind wir uns fast alle einig – umverteilt wird. Der Staat
sollte aber nur dort eingreifen, wo es allen zum Nutzen
gereicht und wo es um hoheitliche Aufgaben geht. Alle
anderen Dinge sollte er Privaten überlassen.

Subsidiarität – ein Wort, das wir alle in Sonntags-
reden von jedem Politiker immer wieder hören – ist in
vieler Hinsicht nur noch eine Worthülse; dennoch
müsste es wieder zum zentralen Thema in der Politik
werden. Daher begrüßt es die Union, dass der Privatisie-
rung im FDP-Antrag Vorrang vor öffentlich-privaten
Partnerschaften einräumt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Wir sollten erst einmal nachdenken. Am Anfang üsste eine Aufgabenkritik des Staates stehen. Was der taat nicht machen muss, das darf er auch nicht machen. r sollte sich da also zurückhalten. Sie benennen große ereiche in Bezug auf PPP, zum Beispiel die sozialen ienste. Ich bin der Meinung, dass wir gerade hierbei uf mehr Eigenverantwortlichkeit der Bürger setzen sollen. Dem Subsidiaritätsgedanken folgend sollten wir öglichst viele Dinge nach unten delegieren. Die Arbeit er Privaten ist sicherlich nicht nur kostengünstiger, sonern auch besser für die Bürger. Neben der Aufgabenkritik muss der Staat allerdings uallererst seine Hausaufgaben machen. Unsere Staatsuote liegt mittlerweile bei 50 Prozent. Ist das noch soiale Marktwirtschaft? (Gudrun Kopp [FDP]: Die Staatsquote ist höher!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Frau Kollegin Kopp, Sie haben vollkommen Recht:
nsere Staatsquote ist schon höher als 50 Prozent, Ten-
enz ständig steigend. Wenn das stimmt, was in den De-
atten heute Morgen gesagt worden ist, dann sind wir
ittlerweile in Richtung 55 Prozent unterwegs.
Von sozialer Marktwirtschaft kann keine Rede mehr

ein. Wir sollten ÖPP deswegen nicht als ein Ausweich-
anöver betrachten, um die grundlegenden Probleme
rst einmal zu umgehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ie zugrunde liegenden Fakten, Herr Kollege Bürsch,
ind nämlich erdrückend: Unsere Steuereinnahmen sin-
en ständig, die Ausgaben für Sozialleistungen steigen
tändig und auch die Investitionen gehen immer weiter
urück. In der gestrigen Verkehrsdebatte wurde deutlich,
ass in diesem Jahr kaum noch Investitionen im Ver-
ehrsbereich, und zwar auf allen Ebenen – Straße,
chiene etc. –, vorgenommen werden. Ich sage Ihnen
chon jetzt voraus: Die Arbeitslosigkeit im Tiefbausek-
or wird dieses Jahr erheblich steigen. Das ist eine Folge
hrer Politik.
Es kann nicht angehen, dass wir zwei Haushaltsjahre

intereinander das verfassungsrechtlich verankerte Ziel,
ür eine bestimmte Investitionshöhe zu sorgen, nicht er-
eicht haben. Wir werden dieses Ziel auch dieses Jahr
icht erreichen. Ich sage Ihnen voraus: Wir werden die
0-Milliarden-Euro-Grenze im Haushalt dieses Jahres
ieder überschreiten; die Investitionen werden wieder
esentlich niedriger als die konsumtiven Ausgaben sein.


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Leider wahr!)


as hat eben katastrophale Auswirkungen auf den Ar-
eitsmarkt und auf die Wirtschaft insgesamt. Sichtbare
olgen sind die Staus auf den Autobahnen und die
aumnot in den Hochschulen. Wir hören von Ihnen im-
er Diverses über Bildungsprogramme, aber über Kür-
ungen bei den Investitionen müssen wir auch etwas ver-
ehmen. In vielen Bereichen Deutschlands gibt es
traßen, die man bald nur noch mit Geländewagen






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs

befahren kann. Die Schwimmbäder in den Kommunen
werden geschlossen. Na gut, wir haben ja Mosel, Rhein,
Spree etc. da können unsere Kinder dann schwimmen
gehen. In vielen Schulen und Kindergärten sieht es so
aus, dass die Kinder nur noch mit Schutzhelmen hinein-
gehen können.

Das alles sind Folgen einer Politik, die die Kommu-
nen an den Rand des Abgrunds gebracht hat. Das hat
dazu geführt, dass wir bei der Reform im Gemeindefi-
nanzbereich nichts vernünftig hinbekommen haben.

Ich will Ihnen das aus meiner Heimatstadt Koblenz
schildern. Im letzten Jahr hatten wir bei einem Etat von
247 Millionen Euro eine Neuverschuldung von 51 Mil-
lionen Euro, davon allein 12 Millionen Euro zusätzlich
für die Jugendhilfe. So etwas kann keine Kommune
mehr bewältigen. Es müssen Gesetze her, die die Kom-
munen wieder handlungsfähig machen, die die Kommu-
nen wieder in die Lage versetzen zu investieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Anton Schaaf [SPD]: Das haben Sie doch verhindert! – Hans-Werner Bertl [SPD]: Das haben Sie doch bei der Gewerbesteuer verhindert! – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das haben die vorgestern im Ausschuss abgelehnt!)


Auch dazu eine Zahl. 1992 war das Investitionsvolumen
der Kommunen 10 Milliarden Euro höher als heute.


(Hans-Werner Bertl [SPD]: Haben wir die 6 Milliarden für die Kommunen verhindert oder Sie?)


Daher fordere ich Sie auf: Überlassen Sie viele Berei-
che dem privaten Sektor und den natürlichen Regeln des
Wettbewerbs! Erst in einem zweiten Schritt sind dann
ÖPP anzugehen. So sinnvoll diese ÖPP-Maßnahmen
sind: Ich warne davor, sie zu überschätzen. Ich halte sie
für eine Second-best-Lösung. Meiner Meinung nach
sollte in vielen öffentlichen Bereichen zunächst einmal
die Privatisierung Vorrang haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Selbstverständlich begrüßen wir ÖPP. Aber das kann

nur nach den Prinzipien des Wettbewerbs gehen. Es
muss unbürokratisch sein. Moderne Maßnahmen sollte
man heute natürlich IT-stützen. Großbritannien, der
große Vorreiter in Sachen ÖPP, hat bewiesen, dass pri-
vatwirtschaftlich durchgeführte Projekte – Sie haben
eben das Beispiel mit den Gefängnissen genannt – um
20 Prozent günstiger realisiert werden als staatlich
durchgeführte.

Aber hierzulande fehlt der Mut.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Und das Können!)

Ihr Antrag


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Guter Antrag!)

zeigt mir, Herr Kollege Bürsch, dass Ihnen der Mut fehlt.
Es wird eine ganze Menge von Vorschlägen gemacht,
über die man nachdenken kann. Aber ich halte zum Bei-

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(C (D piel nichts davon, jetzt wieder neue Kommissionen der Arbeitsgruppen beim Bauministerium zu bilden, änderübergreifende Zusatzarbeitsgruppen einzurichten tc. Das alles hilft uns nicht weiter. Wir sollten möglichst unbürokratisch arbeiten. Ich arte schon lange auf die Vorschläge des Ankündiungsministers Clement zum Bürokratieabbau. Da sind ir bis jetzt keinen Zentimeter weitergekommen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Gudrun Kopp [FDP]: Leider wahr!)


Herr Kollege Bürsch, ich bin nicht mit Ihnen der Mei-
ung, dass die Maut kein Beispiel von ÖPP ist. Es ist
och so, dass der Staat einem privaten Konsortium eine
ufgabe übertragen hat, und zwar die Aufgabe, für ihn
aut-Gelder zu erheben. Das ist ein klassisches Beispiel
iner ÖPP.
Was ist dabei herausgekommen? Es ist ein Versagen

hres Ministers Bodewig gewesen, der – Entschuldi-
ung – lausige Verträge gemacht hat,


(Otto Fricke [FDP]: Wieso Versagen? Das war doch Absicht!)


ie er zwei Tage vor der Wahl – und damit seiner Ab-
ahl durch den Bundeskanzler sozusagen – noch schnell
nterschrieben hat. „Honi soit qui mal y pense!“, sagt
er halbgebildete Franzose.


(Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär: Wir haben doch über Deutsch gesprochen!)


Ich kann es Ihnen gern übersetzen, Herr Staffelt; keine
orge. Das mache ich dann aber nachher. – Das zeigt
och, dass da irgendetwas nicht in Ordnung war. Einen
olch komplizierten Vertrag unterschreibt man nicht
wei Tage vor einer Wahl. Die Folgen haben wir jetzt zu
ragen.
Es gibt aber auch noch eine ganze Reihe anderer Bei-

piele dafür, dass das nicht klappt. Ich nenne den Vertei-
igungsbereich. Nehmen wir doch einmal die GEBB!
err Kollege Bürsch, ich empfehle Ihnen, sich das ein-
al anzuschauen. Ich bin ja Koblenzer und habe mit
em BWB viel zu tun. Gehen Sie dahin und hören sich
n, was bei der GEBB läuft! Es ist ein Desaster. Das gilt
enauso für die LH Bundeswehr Bekleidungsgesell-
chaft oder auch für die Fuhrpark-Service GmbH. Ich
abe das Gefühl: Alle diese Dinge sind eigentlich nur
azu da, dass man Posten schafft, Aufsichtsrats- und
orstandsposten, auf die man Leute entsorgt.


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Für ehemalige Wirtschaftsminister!)


Das verschlingt Geld. Geld hat das bisher nicht ge-
racht. Fragen Sie bitte den ehemaligen Verteidigungs-
inister, was er damals zur GEBB angekündigt hat und
azu, was wir in Koblenz denn an Privatisierung erwar-
en dürften, wie schnell die Objekte verkauft würden!
ichts ist verkauft! Gucken Sie bitte nach, was von der
EBB im letzten Jahr verkauft wurde! – Nichts!
So kann man das nicht machen. So werden wir bei
PP-Projekten mit Sicherheit keine Chance haben. Wir






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs

brauchen deswegen keine Taskforce im Verkehrsminis-
terium und keinen zusätzlichen Behördenapparat. Das
widerspricht ja dem Gedanken, den Sie und ich für rich-
tig halten.

Deutschland wird zu Recht als Trockenschwimmerre-
publik bezeichnet. Es wurde ein 1 500 Seiten starkes
Gutachten angefertigt, aber nichts passiert. Wir brauchen
Leuchtturmprojekte, die die Leute anregen, solche Pro-
jekte durchzuführen, und nicht zusätzliche Bürokratie in
Form von weiteren Kommissionen. Da sind Sie auf dem
falschen Wege. Deswegen müssen wir Ihren Antrag lei-
der ablehnen. Er ist vom Grundgedanken her in Ord-
nung, aber von der Organisation her falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Da sind wir ja schon mal einig! Aber Enthaltung wäre auch ein Weg!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510218700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Alex Bonde.


Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510218800

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Mit den öffentlich-privaten Partnerschaften, ÖPP – ich
gebe zu, PPP ist gebräuchlicher, aber der Hinweis auf
die letzte Debatte ist ja bereits erfolgt –, beschreiten wir
neue Wege, um die Modernisierung des Staates voranzu-
bringen, die Bürokratie zu verschlanken und mehr Effi-
zienz und Leistungsfähigkeit in öffentliche Verwaltun-
gen zu bringen. Angesichts der derzeitigen Probleme ist
ÖPP ein Instrument, dessen Möglichkeiten wir bei wei-
tem noch nicht ausschöpfen. Gerade als Haushaltspoliti-
ker – durch die Berichterstattung für Bildung und For-
schung sowie Verteidigung bin ich außerdem in zwei
Bereichen mit ersten ÖPP-Projekten tätig – möchte ich
für die weitere Nutzung dieser Möglichkeiten werben.

Herr Kollege Dr. Fuchs, weil Sie die GEBB, die Fuhr-
park-Service GmbH und die LH Bundeswehr Beklei-
dungsgesellschaft angesprochen haben: Ich will gar
nicht bestreiten, dass es bei ÖPP-Projekten nicht auch
Schwierigkeiten gibt. Aber wenn Sie sich auf den Stand-
punkt stellen, dass Sport gut für die Gesundheit ist, dann
können Sie nicht beim ersten Seitenstechen mit dem Jog-
gen aufhören, sondern dann stellt sich die Frage, ob Sie
bereit sind, das auch durchzuziehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Marathonlauf ist angesagt! – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Warm machen! Dann passiert das nicht! – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Nennen Sie einmal ein Großprojekt, das gut gelaufen ist!)


Ich bin mir sicher – da sind wir uns auch einig –, dass
durch ÖPP nicht überall finanzielle Einsparungen mög-
lich sind, wohl aber die effizientere Nutzung von Res-
sourcen und häufig mehr oder bessere Leistung pro
Steuer-Euro. Wenn wir dabei auch noch die Kluft zwi-
schen öffentlichem Raum und privater Wirtschaft redu-
zieren, ist das umso besser. Wir alle wissen, dass die

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(C (D eistungen der öffentlichen Hand bisher in Eigenregie, ach eigenen Regeln, organisiert und durchgeführt wuren. Mit ÖPP ergibt sich nun die Möglichkeit, alte, einefahrene Abläufe zu hinterfragen und moderne Technoogien verstärkt zu nutzen. Für diese Organisationsform chafft der Antrag von SPD und Grünen, den wir hier leen, die Voraussetzungen. Wir müssen uns in diesem Kontext natürlich auch mit bergeordneten Fragen beschäftigen. Wir müssen die ebatte darüber führen, was wir uns als Staat heute leisen können und wo wir Staatsaufgaben entrümpeln müsen. Privatisierung wie ÖPP sind dabei an unterschiedlihen Stellen wichtige Instrumente. Sich aber nur auf eine Privatisierung zu verlassen oder gar einen Automaismus einzuräumen, wie der FDP-Antrag es formuliert, äre weit über das Ziel hinausgeschossen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wichtig ist, dass Wirtschaft und öffentliche Hand
emeinsam Lösungen für die Erbringung öffentlicher
ienstleistungen suchen. Mit dem Antrag soll ein guter
rdnungsrahmen geschaffen werden, der sichere Inves-
itionen ermöglicht und für Vertrauen sorgt. Durch ÖPP
oll ermöglicht werden, dass Kooperationspartner zu-
ächst voneinander lernen und im nächsten Schritt die
rfahrungen nutzen und die Kooperation umsetzen. Auf
ommunaler Ebene sind wir da zugegebenermaßen wei-
er. Mit dem vorliegenden Antrag tragen wir dieser Tat-
ache Rechnung, indem wir eine ebenso häufige Anwen-
ung dieser Organisationsform auf Länderebene und
undesebene ermöglichen. Dafür müssen wir aus den
emachten Erfahrungen lernen. Es bedarf der Überprü-
ung der rechtlichen Rahmenbedingungen, die durch
nseren Antrag angeschoben werden. Bedeutsam ist bei-
pielsweise die Anpassung des Haushaltsrechts und der
HO, unter anderem um einen einheitlichen Maßstab für
irtschaftlichkeitsvergleiche zu schaffen. Genauso
ichtig sind die Überprüfung des Vergaberechts und die
teuerliche Gleichbehandlung der unterschiedlichen Mo-
elle.
Wir reden über eine Vielzahl von politischen Berei-

hen, in denen wir mit ÖPP vorankommen können. Mit
er Wirtschaft haben wir im Bereich Bildung und For-
chung erfolgreiche Kooperationen für den flächende-
kenden Anschluss von Schulen an das Internet ab-
chließen können. Im Bereich des Einzelplans 14, der
erteidigung, gibt es Gebiete, die nicht gut vorankom-
en, wie Sie beschrieben haben. Ebenso gibt es aber Ge-
iete, die deutlich machen, wie wichtig ÖPP in den
ächsten Jahren sein wird.
Ich nenne beispielsweise das Projekt „Herkules“. Mit

iesem Projekt sind wichtige Fragen verbunden. Die
rage, wie die gesamte IT-Struktur der Bundeswehr
odernisiert werden kann, schreit geradezu danach,
eue Wege zu gehen. Über eine Anschubfinanzierung
ür die Modernisierung könnte man dieses Pilotprojekt
o vorantreiben, wie es die Bundeswehr allein mit den
hr zur Verfügung stehenden IT-Mitteln nicht schaffen
önnte.






(A) )



(B) )


Alexander Bonde

Wir alle können zu Recht Zweifel daran anmelden, ob

die Bundeswehr in Eigenregie die Modernisierung der
IT, die Einführung von SAP und das Betreiben von Re-
chenzentren – das alles sind Prozesse, die in der Wirt-
schaft tagtäglich ablaufen und für die in der Wirtschaft
Erfahrungen vorliegen – wirtschaftlicher durchführen
kann. Wir müssen uns vielmehr fragen, ob es an dieser
Stelle nicht angebracht ist, von der Erfahrung der Wirt-
schaft zu profitieren.

Die Tatsache, dass Projekte dieser Art auch in der
Wirtschaft von keinem Konzern mehr selbstständig
durchgeführt werden, spricht dafür, in diesem Bereich
neue Wege zu beschreiten. Komplexer werdende Anfor-
derungen und neue Technologien erfordern von der Poli-
tik zwingend neue Wege, Kooperationen und Finanzie-
rungsmechanismen.

Ich glaube, wir wären an dieser Stelle gut beraten, ge-
meinsam voranzugehen. Wir alle wissen, wo die Defizite
in der öffentlichen Verwaltung liegen. Wir alle wissen
auch, dass es insbesondere in Zeiten knapper Kassen für
den Staat schwierig ist, zu handeln. Insofern hoffe ich,
dass wir es jenseits allen Parteienstreits und jenseits der
verschiedenen ideologischen Ansätze, die auch in diese
Debatte eingeflossen sind, hinbekommen, unseren Staat
moderner zu gestalten und die notwendigen Rahmenbe-
dingungen zu schaffen.

Erste Erfahrungen liegen vor. Lassen Sie uns gemein-
sam daraus lernen!

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510218900

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Gudrun Kopp.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Jetzt kommt die blanke Privatisierung!)



Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1510219000

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren und Damen!

Jawohl, jetzt kommt die blanke Privatisierung. – Lassen
Sie mich zunächst einmal zur Ausgangslage zurückkeh-
ren. Wir alle wissen, dass die Staatskassen leer sind und
dass es immer noch starre Strukturen und eine riesige
Bürokratie gibt. Unterm Strich kann man sagen: Der
Staat ist seit langem überfordert mit der großen Anzahl
von Aufgaben und Lasten. Es ist dringend notwendig,
dass er sich davon befreit.

An welcher Stelle soll man anfangen? Es ist natürlich
völlig klar, dass wir eine umfassende Steuerreform und
auch eine Gemeindefinanzreform brauchen.


(Hans-Werner Bertl [SPD]: Oh! Was ist denn im Bundesrat mit der Gemeindefinanzreform passiert, Frau Kopp? Haben Sie die befürwortet?)


Dazu hat die FDP-Bundestagsfraktion ein ausgearbeite-
tes Konzept vorgelegt. Damit würde die Grundlage dafür

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(C (D eschaffen, dass der Staat in den Bereichen, die staatlich eregelt werden müssen, handeln kann. Wir müssen damit anfangen, die vorhandenen Struk uren zu evaluieren und neue Strukturen zu schaffen. eue Strukturen können wir durch die öffentlich-privaen Partnerschaften aufbauen. Die FDP steht diesem orhaben positiv gegenüber. Ein solches Instrument ann durchaus sinnvoll sein, wenn es effizient eingesetzt ird. Dann trägt es dazu bei, Leistungen, die im öffentlihen Interesse liegen, kostengünstig zu erbringen. Man uss aber beachten, dass nicht alle Leistungen komplett on privater Seite erbracht werden können. In diesem all ist ÖPP ein sehr sinnvolles Instrument. Lieber Herr Kollege Bürsch, Sie haben in Ihrem An rag gute Beispiele für ÖPP genannt. Wir sind uns grundätzlich einig, dass dies ein sinnvoller Ansatz ist. Aber ie haben in Ihrem Antrag nicht an einer einzigen Stelle ie Privatisierung erwähnt. ie sprechen immer nur von ÖPP. Ich finde es sehr inteessant, dass Sie die vorhin von dem Kollegen Fuchs geannten Beispiele in Ihrem Antrag erwähnen. Sie sprehen von dem Lenkungsausschuss, den Sie eingerichtet aben, und von der Gesellschaft zur Finanzierung von erkehrsinfrastrukturmaßnahmen. Von der GEBB war benfalls die Rede. Das alles sind aber Beispiele für kosenträchtige Flops und nicht etwa Beispiele, die zeigen, ie man ÖPP so nach vorn bringen kann, wie wir uns as vorstellen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


Sie schreiben in Ihrem Antrag sehr richtig, dass es nö-
g ist, im Zusammenhang mit ÖPP-Modellen Erfahrun-
en und Erkenntnisse zu sammeln und daraus Schluss-
olgerungen zu ziehen, um auf diesem Gebiet erfolgreich
u sein. Aber an all dem, was Sie sich selber verschrie-
en haben, fehlt es. Den Antrag haben Sie im vergange-
en Jahr eingebracht. Inzwischen hat uns alle das Maut-
esaster – das kann man ja nur als „Desaster“
ezeichnen – überrollt. Dies zeigt, dass es Ihnen nicht
elungen ist, in diesen Bereichen Erkenntnisse zu erwer-
en, Schlussfolgerungen zu ziehen und dies dann auch
tsächlich umzusetzen.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Es gibt einen neuen Vertrag, Frau Kollegin! Der ist der richtige Weg!)


Die FDP-Bundestagsfraktion legt Ihnen hingegen
inen Antrag vor, in dem die vollständige Privatisierung
or ein ÖPP-Modell gesetzt wird. Wir haben die Vor-
angstellung der Privatisierung klar herausgestellt. Wir
agen: Wenn trotzdem ÖPP-Projekte eingerichtet wer-
en sollen, dann knüpfen wir das an bestimmte Bedin-
ungen. Ich nenne ein paar: Zum einen sind parlamenta-
ische Kontrollmöglichkeiten ganz wichtig, mit denen
PP-Auswirkungen auf öffentliche Haushalte darge-
tellt werden können.






(A) )



(B) )


Gudrun Kopp


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Zustimmung! – Gegenruf des Abg. Otto Fricke [FDP]: Danke!)


Zum anderen brauchen wir dringend eine Prüfung der
gesetzlichen Regelungen, und zwar im Hinblick auf die
Verteilung des Risikos zwischen den Vertragsparteien,
auf Haftungsfragen, Vergaben – das haben Sie selber
eben angesprochen – und die Durchführung sowie Be-
endigung von ÖPP-Projekten. Auch das sind wichtige
Merkmale, die berücksichtigt werden müssen.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Richtig!)

Zum letzten muss man dafür sorgen, dass bei ÖPP-

Vorhaben des Bundes auch mittelständische Unterneh-
men und nicht immer nur Großunternehmen eine
Chance haben, im Zusammenhang mit solchen Projekten
öffentlich-private Partnerschaften einzugehen. Das kann
man zum Beispiel sehr gut mit Landestestaten machen,
die schon sehr erfolgreich in einem Bundesland ausgege-
ben wurden und die eine Firma unter zinsgünstigen Be-
dingungen an Banken verkaufen kann. Unter solchen
Voraussetzungen haben auch kleine und mittelständische
Unternehmen die Chance, hieran teilzunehmen.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Zustimmung!)

Dies ist also sehr wichtig. Dies sind Voraussetzungen,
die wir vorher festsetzen müssen.

Das Beispiel England wurde sehr häufig genannt.
Dazu sage ich Ihnen: Der britische Rechnungshof hat
vor kurzem eine Evaluierung vorgenommen und mitge-
teilt, dass 75 Prozent aller ÖPPs rechtzeitig und budget-
gerecht fertig gestellt werden konnten und dass enorme
Kosteneinsparungen zu erzielen waren. Auch in Groß-
britannien hat sich sehr viel zum Positiven entwickelt.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Ja, genau!)

Privatisierungen sind also als vorrangig anzusehen;

ÖPPs sind als Zwischenschritt durchaus akzeptabel. Ich
glaube, wenn es gelingt, beides miteinander zu verbin-
den, dann wird es auch gelingen, den Wirtschaftsstand-
ort Deutschland zu revitalisieren. Ich bitte Sie: Überprü-
fen Sie Ihren Antrag und stimmen Sie unserem
letztendlich zu!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das Erste ja, das Zweite nicht! Im Prinzip verstehen wir uns, Frau Kollegin! Aber keine Privatisierung!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510219100

Der Parlamentarische Staatssekretär Ditmar Staffelt

hat jetzt das Wort.
Dr
Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1510219200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Lassen Sie mich zu Beginn meiner kurzen Aus-
führungen darauf hinweisen, dass ich glaube, dass es
nicht der Sache dient, wenn wir alle Probleme dieser
Welt in das Thema „öffentlich-private Partnerschaften“

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(C (D acken. Ich glaube, dass wir in diesem Lande die Resourcen, die dieses Thema bietet, bisher nicht ausgechöpft haben. Darum sollten wir uns in der Hauptsache ümmern. Niemand von den Antragstellern hat je behauptet, ass mit solchen Partnerschaften alle Probleme, die wir n diesem Lande haben, gelöst werden könnten. Aber ies ist als Ergänzung des Instrumentariums, das uns zur erfügung steht, interessant genug und es ist deshalb eines Erachtens auch wert, dass man dem nachgeht. ur darum wird in diesem Antrag gebeten. Er ist – ohne ede Verurteilung der Vergangenheit und nur nach vorne erichtet – absolut sachlich gehalten. Deshalb ist es umso enttäuschender, wenn vonseiten er CDU/CSU auch bei diesem späten Tagesordnungsunkt heute wieder nur herumgeeiert wird. Das fing eute Morgen an und setzte sich den ganzen Tag über ort. Im Übrigen haben wir viele der hier angesprochenen spekte berücksichtigt. Ich will am Anfang auf das einehen, was die Kollegin Kopp hier eben bezüglich der ittelständler sagte. Es gibt beispielsweise ein ganz exlizit mittelständisches Projekt in Monheim in Nordhein-Westfalen zur Unterhaltung von Schulen. Auch ir denken natürlich daran; die Länder denken daran. Gestatten Sie eine Zwischenfrage? D Ja, bitte. Bitte. Herr Kollege Staffelt, Sie haben eben ausgeführt, das ei ein netter, freundlicher – ich will nicht sagen: harmoser – Antrag. Ich möchte Ihnen die Kernfrage stellen: ürden Sie mir zustimmen, dass dieser Antrag nicht agt, dass Privatisierung vor Public Private Partnership eht? (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Weil das falsch ist, sagt er das nicht!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510219300
Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1510219400
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510219500
Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1510219600

D
Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1510219700

Das kann ich Ihnen gerne beantworten. Das trifft
eine tiefe Überzeugung.


(Beifall des Abg. René Röspel [SPD])

ine solche Haltung wäre gegen das Haushaltsrecht ge-
ichtet. Jeder, der über eine öffentliche Investition zu
ntscheiden hat, hat die Möglichkeit zu suchen, die für
ie jeweilige Gebietskörperschaft die wirtschaftlich
este ist. Das kann eine private Lösung sein; das kann
ine öffentliche Lösung sein. Das kann aber auch – das






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt

wollen wir ausdrücklich ergänzen – eine öffentlich-pri-
vate Partnerschaft sein. Nur darum geht es.

Ich bin dagegen zu präjudizieren. Ich bin sehr dafür,
dass der öffentliche Sektor privatisiert. Der Bund tut das
in vielfältiger Weise. Beispielsweise haben wir Anteile
an staatlichen Unternehmen an Private veräußert.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: An die KfW! Rechte Tasche, linke Tasche!)


Wir müssen aber – ich sage es noch einmal – unser In-
strumentarium erweitern.

An dieser Stelle sei auf einige Maßnahmen verwie-
sen, die wir eingeleitet haben. Wir haben im Fernstra-
ßenbau einen ersten Schritt in diese Richtung unternom-
men. Wir sind dabei, Konzepte abzustimmen, wie
öffentlich-private Partnerschaften im Autobahnbau reali-
siert werden können. Denken Sie an die Feste Warnow-
querung, aber auch an den Landes- und den kommuna-
len Bereich!

Im Dialog mit Ländern und Gemeinden müssen wir
die zentrale Frage beantworten, wie wir öffentlich-pri-
vate Partnerschaften hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit
mit anderen Lösungen vergleichen können. Ein Problem
sind Ängste im Umgang mit solchen Neuerungen. Da
wollen wir helfen. Wir haben gemeinsam mit den Ban-
ken und der Bauwirtschaft ein Gutachten zum Thema
„Public Private Partnership im öffentlichen Hochbau“ in
Auftrag gegeben. Die Taskforce „Öffentlich-private
Partnerschaften“ bietet eine hervorragende Basis für ein
Kompetenznetzwerk, das wir dringend benötigen.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Also wieder mehr Bürokraten! – Gegenruf des Abg. Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das sind ja nicht Hunderte von Leuten! Das sind vielleicht fünf!)


Es geht darum, wie wir private Leistungsfähigkeit
und private Qualitäten mit öffentlicher Leistungsfähig-
keit und öffentlichen Qualitäten verbinden können, wo
es Sinn macht. Ich sage ganz ausdrücklich: Das ist kein
Modell, das jetzt zwingend für jedermann vorgeschrie-
ben wird.

Im Übrigen ist dieses Modell nicht aus der Not gebo-
ren. Es ist der Versuch, verschiedene Denkweisen mit-
einander zu verbinden: die notgedrungen kameralisti-
sche Denkweise, die im öffentlichen Bereich herrscht,
die betriebswirtschaftliche Denkweise; die öffentliche
Verantwortung auf der einen Seite und die technische
Leistungsfähigkeit, das Know-how auf der anderen
Seite.

Wir sollten nur jenen unsere ausdrückliche Unterstüt-
zung zusagen, die sich auf den Weg gemacht haben. Es
ist unglaublich schwierig, bei der Gegenüberstellung
jeweils die steuerliche und die finanzielle Seite zu be-
trachten und in diesem Konstrukt noch die Wirkung von
privater Finanzierung und Kommunalkrediten auseinan-
der zu halten. Hinzu kommt – Sie wissen das alles –,
dass auch der Wertverfall einer Investition vernünftig in
die Kameralistik einzubauen ist, will man das Ganze
vergleichbar machen.

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(C (D Wir sind angetreten, hier als Bund, Land und Komune einfach mehr Know-how zu vermitteln und dieses now-how durch praktische Beispiele zu unterfüttern. s handelt sich quasi um Learning by Doing. Na, hören Sie mal! Wenn er „honi soit, qui mal y ense“ sagen kann, dann werde ich doch wohl noch engisch sprechen dürfen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Johannes Singhammer [CDU/ CSU]: Und Latein!)


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Ja, das kann ich auch – großes Latinum! Die Berliner
chule ist besser, als Sie glauben.
An dieser Stelle will ich nur noch einmal ergänzend

agen: Lassen Sie uns gemeinsam auf die Reise gehen.
s macht überhaupt keinen Sinn, hier eine politische De-
atte zu führen, die ideologisiert oder die parteipolitisch
eprägt ist. Ich gebe Ihnen Brief und Siegel: Die Kom-
unen und Länder, die von Ihren Parteifreunden regiert
erden, haben genau die gleichen Probleme wie die so-
ialdemokratisch geführten.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Weil Sie vorher diese Länder zugrunde gewirtschaftet haben!)


Hören Sie doch bloß auf! Das glaubt ja niemand.

(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das glauben alle Wähler mittlerweile!)

Ja, das können Sie vielleicht im Bierzelt erzählen. Hier
laubt Ihnen das keiner mehr.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Fahren Sie einmal Taxi und sprechen Sie mit dem Taxifahrer!)


Ja, Rot-Grün regiert seit fünf Jahren und wir haben das
and heruntergewirtschaftet. Sie sollten sich als gewähl-
er Abgeordneter des Deutschen Bundestages eigentlich
u schade dafür sein, sich auf einem solchen Niveau zu
nterhalten. Das könnten wir gegebenenfalls nämlich
uch ganz gut.
Ich wollte mich hier in der Sache mit Ihnen auseinan-

er setzen. Bei diesem Tatbestand ist nämlich Gemein-
amkeit angesagt. Eine Auseinandersetzung auf einer
olchen Ebene könnte ohnehin keiner nachvollziehen,
brigens, Herr Kollege Abgeordneter, auch jene nicht,
ie aufseiten der Privatwirtschaft schon lange darauf
arten, endlich auch Aufträge im Bereich von Public
rivate Partnership zu bekommen, weil die öffentliche
and in vielen Bereichen bisher darauf verzichtet, Pri-
ate mit ins Boot zu nehmen. Deshalb ist ein vernünfti-
es und nachvollziehbares PPP-Konzept, das auf eine
reite Basis gestellt wird, auch ein Konzept zur Ankur-
elung der Konjunktur und zur Stabilisierung von Unter-
ehmen in unserem Land. Vergessen Sie das bitte nicht!
Die Unsicherheiten in vielen Kommunen, von denen

ch sprach, können sicherlich beseitigt werden, wenn wir
hnen in verstärktem Maße Leitlinien mit auf den Weg
eben. Niemand in einer Stadt, einer Kommune oder






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt

einem Landkreis hat Lust, sich am Ende vom Rech-
nungshof die Ohren lang ziehen zu lassen, weil er aus
Unkenntnis oder zu großem Wagemut den einen oder an-
deren Fehler gemacht hat. Auch davor sollten wir schüt-
zen, um diese Wege zu öffnen.

Ich sage noch einmal: Neben Privatisierung und öf-
fentlicher Tätigkeit gehört dieses dritte Element drin-
gend in unser Repertoire. Deshalb bitte ich Sie an dieser
Stelle um Zustimmung. Die Bundesregierung jedenfalls
teilt den Tenor und den Inhalt dieses Antrages ganz aus-
drücklich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wunderbare Rede! Mit Augenmaß und Leidenschaft!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510219800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Alexander

Dobrindt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1510219900

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Staatssekretär, Sie haben erwähnt, PPP sei eine Er-
gänzung und ein neues Instrument. Ich sage: Öffentlich-
private Partnerschaften sind – gar keine Frage! – aktive
Zukunftsmodelle für die Zusammenarbeit zwischen
öffentlicher Hand und privater Wirtschaft. Das bedeutet
aber, dass es im Besonderen unsere Aufgabe ist, sie wei-
terzuentwickeln, gebrauchsfähiger und effektiver zu ma-
chen. Dabei muss es hauptsächlich darum gehen, den
partnerschaftlichen Gedanken stärker herauszustellen,
als es bisher der Fall ist.


(Hans-Werner Bertl [SPD]: Wie macht man aus so viel Zustimmung Ablehnung?)


– Nicht so viele Vorschusslorbeeren, Herr Kollege!

(Zuruf von der SPD: So weit war es noch nicht!)

Ein solches Leitmotiv der Zusammenarbeit zwischen öf-
fentlicher Hand und privater Wirtschaft bei der effizien-
ten Erbringung öffentlicher Dienstleistungen wollen
wir allgemein stärken und verbindlicher gestalten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Ergebnis muss dabei immer ein Plus herauskom-

men. Das heißt, es muss erreicht werden, dass man ge-
meinsam zu einem besseren Ergebnis als allein kommt.
Das ist zwangsläufig nicht immer gegeben. Dafür gibt es
eine ganze Reihe von Beispielen; die Lkw-Maut wurde
bereits genannt. Ein solches Chaos bricht dann aus,
wenn keine echte Partnerschaft vorliegt, sondern wenn
sich der eine auf den anderen verlässt und wenn die Part-
ner – was im Zweifelsfall noch viel verheerender ist –
ihre gegenseitigen Kontrollpflichten nicht erfüllen. Ge-
rade diese Kontrollpflichten sind im Bereich der PPP
ausgesprochen wichtig. Interessanterweise ist es wohl
regelmäßig die öffentliche Hand, die nicht oder nur un-
zureichend kontrolliert und sich darauf verlässt, dass sie

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(C (D a den Bedarf feststellt und im Zweifelsfall das Geld zur erfügung stellt. Genau das reicht aber nicht aus, wenn an eine Win-win-Situation erreichen will. Meine Damen und Herren, wer dem heute weit ver reiteten Gedanken anhängt, PPP könne einen Großteil er Finanzlücken der öffentlichen Haushalte schlichteg schließen, da dieses Instrument langfristige Finanierungsmöglichkeiten biete, ist falsch beraten. Im Beonderen gilt das dann, wenn man in dem Glauben lebt, ass in Zukunft alles, was politisch wünschenswert ist nd wofür keine andere Finanzierungsform gefunden ird, über diesen Weg finanziert werden könne. Weil dies genau der falsche Weg ist, ist es auch nicht ünschenswert, fixe Handlungsweisen zu entwickeln hier komme ich auf Ihren Antrag zu sprechen –, durch ie die eigentliche Entscheidungsfindung nach einer Art asterschema von den handelnden Personen entkoppelt ird. Dies erweckt lediglich den Anschein von Allgeeingültigkeit. Genau dies darf bei der Fortentwicklung es Gedankens der öffentlich-privaten Partnerschaften ber nicht passieren: dass dieses Instrument zu einer Art niversalwerkzeug ausgebaut wird, das sich im Werkeugkoffer der Kommunen oder sonstiger staatlicher tellen befindet und – gewissermaßen wie eine Zwichenfinanzierung über Kommunalkredite oder Ähnlihes – den Anschein erweckt, beliebig einsetzbar zu ein. (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Ich weiß nicht, ob Sie über den Antrag reden, den wir gestellt haben!)


Doch, Sie müssten ihn vielleicht einmal lesen.

(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wir haben ihn ja formuliert!)

Öffentlich-private Partnerschaften können kein Stan-

ardinstrument sein, um die Finanznot der öffentlichen
aushalte zu bekämpfen. Dabei ist die Grundidee, die
ffentliche Hand und private Unternehmen miteinander
u verbinden – hier stimme ich Ihnen zu –, durchaus
ernünftig.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Na, siehst du!)

ie klare Devise muss lauten, dass jeder das macht, was
r am besten kann, dem anderen aber zwingend auf die
inger schaut, ob dieser auch wirklich sein Bestes tut
nd seine Möglichkeiten ausschöpft.


(Hans-Werner Bertl [SPD]: Wenn jeder das tun sollte, was er am besten kann, sollten Sie jetzt aufhören!)


Herr Kollege, warten Sie doch einmal ab! Der Sinn
iner Rede besteht ja darin, ihr als Ganzes zuzuhören.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510220000

Meine Kollegen, ich bitte Sie: Lassen Sie uns diese
ebatte in Ruhe führen!


Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1510220100

– Danke schön, Frau Präsidentin.






(A) )



(B) )


Alexander Dobrindt

Der öffentliche Partner bestimmt die Aufgabe in dem

erforderlichen Umfang, der private Partner liefert das
technische Know-how, das Management und die Umset-
zungskraft. Beide teilen sich die Risiken und im Ergeb-
nis verbuchen beide einen Vorteil. Doch leider ist das in
der Praxis oft auch anders herum. Das Ganze bleibt oft
Theorie. PPP bietet keine Garantie für das bessere Gelin-
gen einer Aufgabe. Im Gegenteil, oftmals ist das Ganze
zum Scheitern verurteilt.

Ich kann Ihnen ein gutes Beispiel aus meiner Heimat
nennen. Bereits 1992 wurde in meinem Landkreis im
Zusammenhang mit einem Abfallentsorgungszentrum
eine PPP eingegangen. Der private Betreiber hatte als
Anlagenbauer 49 Prozent der GmbH inne, der Landkreis
51 Prozent. Alle Aufgaben, die im Bereich der Abfall-
wirtschaft anfielen, wurden über diese GmbH abgewi-
ckelt. Das ist auch heute noch so. Das ist eine funktio-
nierende Partnerschaft, die sich bewährt hat und die
Partner in eine Win-win-Situation gebracht hat.

Das ist ein schönes Modell, das zeigt, dass eine solche
Kooperation in ihrer Reinform funktionieren kann. Al-
lerdings muss der Wille beider Seiten vorhanden sein,
den Einfluss des jeweils anderen zuzulassen und sich
entsprechend in hohem Maße kontrollieren zu lassen.
Eine Idealkonstellation lag im vorliegenden Fall deswe-
gen vor, weil nicht der Finanzierungsgedanke im Vorder-
grund stand, sondern die tiefe Überzeugung, dass die Be-
teiligten sich gegenseitig unterstützen können und die
kommunale Aufgabe effizienter und hochwertiger wahr-
nehmen können.

Inzwischen ist die Partnerschaft beendet. Auch das ist
grundsätzlich nicht verkehrt: Es ist im Geiste von PPP,
dass die Partnerschaften gelöst werden; in der Regel sind
feste Laufzeiten vereinbart. Auf jeden Fall sollte die
Partnerschaft dann beendet werden, wenn eine Win-win-
Situation eingetreten ist, aber nicht dann, wenn die Part-
nerschaft kurz vor dem Scheitern steht, wie bei der
Maut, wo der eine nur versucht, dem anderen die Kosten
anzuhängen.

PPP kann also eine riesige Chance bieten, wenn das
Projekt geeignet ist und die zukünftigen Partner richtig
motiviert sind. Um solche Konstellationen zu lokalisie-
ren, ist es hilfreich, wenn sich eine Art Kultur von öf-
fentlich-privaten Partnerschaften bildet; das sehe ich
ganz genauso, wie es sicherlich auch bei Ihnen gesehen
wird. Eine solche Kultur lässt sich aber nicht staatlich
verordnen: Weder bei der Ausbildungsplatzabgabe – wir
haben diese Diskussion heute geführt – noch hier wird
ein solches Zusammenwirken von Staat und Wirtschaft
funktionieren.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Es wird nichts verordnet!)


Ich kann ja noch gut nachvollziehen, wenn man einen
Wirtschaftlichkeitsvergleichsmaßstab finden will, mit
dem bei der Gegenüberstellung – Partnerschaftsangebote
auf der einen Seite, selbstständiges Durchführen der
Maßnahme auf der anderen Seite – die Organisations-
vorteile, Optimierungsmöglichkeiten, die Finanzierung
und die steuerlichen Auswirkungen geprüft werden.

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(C (D ber ich kann nicht nachvollziehen, dass Sie ernsthaft lauben, durch Servicestrukturen – bei Einbeziehung on Bund, Ländern, Kommunen, Verbänden, privater nd öffentlicher Wirtschaft, sämtlicher Ministerien, des undesrechnungshofes, der Landesrechnungshöfe usw. – in nationales Kompetenzzentrum zu schaffen, das PPPs ördert und dass „ÖPP-Arbeitsstäbe“, wie Sie sie nenen, auf allen staatlichen und kommunalen Ebenen die egbereiter einer neuen Kultur des Zusammenwirkens on Staat und Wirtschaft werden. Meine Damen und Herren, Bürokratie ist ein deut ches Problem und nicht die Lösung. Mit Ihrem Antrag chaffen Sie unnötige Bürokratie und keine Partnerchaften. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Da wird ein Popanz aufgebaut, das gibt es doch gar nicht!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510220200

Ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-

es für Wirtschaft und Arbeit auf Drucksache 15/2663 zu
em Antrag der Fraktionen der SPD und des
ündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel „Öffentlich-pri-
ate Partnerschaften“. Der Ausschuss empfiehlt, den An-
rag auf Drucksache 15/1400 anzunehmen. Wer stimmt
ür diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Ent-
altungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
en der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Op-
osition angenommen.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/2601 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a und 10 b auf:
a) Erste Beratung des von den Abgeordneten

Dr. Andreas Pinkwart, Dr. Günter Rexrodt, Otto
Fricke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Begrenzung, Befristung und degressiven Ge-

(Subventionsbegrenzungsgesetz)

– Drucksache 15/2061 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung
Bericht der Bundesregierung über die Entwick-
lung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuer-
vergünstigungen gemäß § 12 des Gesetzes zur
Förderung der Stabilität und des Wachstums der
Wirtschaft (StWG) vom 8. Juni 1967 für die
Jahre 2001 bis 2004 (19. Subventionsbericht)

– Drucksache 15/1635 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus

Nach interfraktioneller Vereinbarung ist für die Aus-
sprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen, wobei die
FDP sechs Minuten erhalten soll. – Widerspruch höre
ich nicht. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Parlamentarische Staatssekretär Karl Diller.

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1510220300


Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen
und Kollegen! Der vorliegende Subventionsbericht um-
fasst den Zeitraum der Jahre 2001 bis 2004 und belegt,
dass wir beim Subventionsabbau erneut ein gutes Stück
vorangekommen sind. Die Finanzhilfen des Bundes und
die Steuervergünstigungen sinken von 22,8 Milliarden
Euro im Jahre 2001 auf 22,3 Milliarden Euro. Das ist ein
Rückgang um 500 Millionen Euro oder 2,3 Prozent.
Wenn man jetzt die Ausnahmeregelungen in der ökolo-
gischen Steuerreform für die energieintensiven Betriebe
außen vor lässt, vermindern sich die Subventionen im
gleichen Zeitraum sogar um mehr als 10 Prozent, näm-
lich um 1,8 Milliarden Euro, auf nunmehr 16,7 Milliar-
den Euro.

Bei der Regierungsübernahme im Jahre 1998 hatten
übrigens die Subventionen des Bundes noch ein Gesamt-
volumen von 21,2 Milliarden Euro. Lässt man wiederum
die Ausnahmetatbestände bei der ökologischen Steuerre-
form für energieintensive Betriebe außen vor, haben wir
einen Abbau um mehr als 20 Prozent erreicht.

Eindeutige Erfolge gibt es bei den Finanzhilfen. Sie
sinken um mehr als ein Viertel, nämlich um 2,5 Milliar-
den Euro. Verglichen mit dem Zeitpunkt der Regierungs-
übernahme im Jahr 1998 haben wir die Finanzhilfen so-
gar um fast 40 Prozent reduziert. Mittlerweile ist ihr

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(C (D olumen – trotz des kräftigen Anstiegs in den 90er-Jahen infolge der Wiedervereinigung – geringer als 1990. Die Entwicklung der Steuervergünstigungen dage en zeigt, dass in diesem Bereich großer Handlungsbearf besteht. Die auf den Bund entfallenden Steuersubentionen sind im Berichtszeitraum nicht gesunken, ondern um 2 Milliarden Euro gestiegen, was die Erolge beim Abbau von Finanzhilfen überlagert. Mehr als wei Drittel dieses Anstiegs machen Steuermindereinahmen infolge der Ausnahmeregelungen bei der ökoloischen Steuerreform für energieintensive Betriebe aus. ugenommen haben aber auch die Steuermindereinnahen wegen der Eigenheimzulage. Den Kolleginnen und ollegen von der Opposition sei deshalb gesagt: Wenn ie schon einen verschärften Subventionsabbau fordern, ann müssten Sie hier bei der Eigenheimzulage endlich arbe bekennen. Der Bundeskanzler hat in der letzten Woche in seiner egierungserklärung erneut einen Vorschlag zur Abchaffung der Eigenheimzulage und zur Verwendung er dadurch frei werdenden Milliardenbeträge gemacht. er Bund soll sie in mehr Forschung und Entwicklung nvestieren, die Länder in bessere Schulen und die Geeinden in ein besseres Betreuungsangebot für Kinder m Alter bis zu drei Jahren. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist der moderne Jäger 90! Zehnmal verkauft und nicht einmal eingenommen!)


(Rüdiger Veit [SPD]: Richtig!)


Die Zielsetzungen der Bundesregierung für die zu-
ünftige Subventionspolitik sind: erstens mehr Transpa-
enz, zweitens ein höherer Rechtfertigungsdruck für
ubventionen und drittens bessere Steuerungsmöglich-
eiten. Wir haben dies in dem Kabinettsbeschluss zu
em Ihnen vorliegenden Subventionsbericht entspre-
hend fixiert. Ich nenne Ihnen die beiden wesentlichen
ckpunkte:
Erstens. Im Rahmen des Haushaltsmoratoriums wer-

en wir Subventionen grundsätzlich nur noch als Finanz-
ilfen gewähren, also auf der Ausgabenseite; denn stär-
er als Finanzhilfen haben Steuervergünstigungen, die
ich auf der Einnahmenseite des Haushalts etatisieren,
ie Eigenschaft, sich zu verfestigen, weil sie im Bundes-
aushalt nicht mehr als Subventionen wahrnehmbar
ind. Sie werden bekanntlich auf der Einnahmenseite
icht gesondert erfasst und ausgewiesen. Finanzhilfen
agegen sind auf der Ausgabenseite präzise nachzulesen
nd in jedem Jahr Gegenstand stundenlanger parlamen-
arischer Beratungen im Haushaltsausschuss, wie mir
er Kollege Fricke bestätigt.
Zweitens. Wenn überhaupt Finanzhilfen, dann sollen

ie künftig nur noch gesetzlich befristet und grund-
ätzlich degressiv ausgestaltet werden und eine Erfolgs-
ontrolle ermöglichen.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Karl Diller

Damit wirken wir der Gefahr einer strukturellen Verfes-
tigung entgegen. Eine verstärkte Prioritätensetzung wird
übrigens sowohl für die Regierung als auch für das Par-
lament unumgänglich.

Ich bedanke mich für den Beifall der Kolleginnen und
Kollegen von der FDP für diesen Ansatz.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Wir haben dies gerade beantragt!)


Zu Ihrem ebenfalls zur Debatte stehenden Gesetzentwurf
merke ich Folgendes an: Sie fordern mit diesem Gesetz-
entwurf eine Kehrtwendung bei der Subventionsgewäh-
rung. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der
FDP, offenbar plagt Sie das schlechte Gewissen. Denn
der Anstieg des gesamten Subventionsvolumens, so, wie
Sie es im Antrag beschreiben – nämlich: Bund, Länder,
Gemeinden, ERP-Sondervermögen und EU –,


(René Röspel [SPD]: 1989 bis 1998!)

erfolgte vor allem in der Zeit, in der Sie selber zusam-
men mit der CDU/CSU in der Regierungsverantwortung
waren.


(Widerspruch bei der FDP)

Wir dagegen haben seit 1998 längst die Kehrtwende

eingeleitet. Deswegen ist richtig: Wir müssen den Sub-
ventionsabbau energisch fortsetzen und dürfen uns nicht
mit dem Erreichten zufrieden geben. Denn schließlich
leistet der Abbau überkommener Finanzhilfen und Steu-
ervergünstigungen einen ganz entscheidenden Beitrag
zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte von
Bund, Ländern und Gemeinden. Ich begrüße deshalb
ganz ausdrücklich, dass die Kolleginnen und Kollegen
der FDP mit ihrem Gesetzentwurf die geschilderten Sub-
ventionsgrundsätze der Bundesregierung nicht nur unter-
stützen, sondern hier auch mit Beifall begleitet haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nicht folgen kann ich allerdings – jetzt kommt das
Aber, auf das Sie gewartet haben –


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Ah!)

Ihrem Vorschlag, eine entsprechende gesetzliche Regelung
zu treffen und diese auch noch in ein zustimmungs-
pflichtiges Gesetz aufzunehmen, nämlich in das Haus-
haltsgrundsätzegesetz. Warum? Die geforderte Ergänzung
des Haushaltsgrundsätzegesetzes ist nicht zielführend
und auch rechtssystematisch bedenklich. Denn es legt
allgemeine Grundsätze für das Haushaltsrecht des Bun-
des und aller Länder fest.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Richtig!)

Die Umsetzung der Grundsätze der Subventionspoli-

tik ist aber kein Haushaltsrechtsproblem, sondern in ers-
ter Linie eine finanzpolitische Zielsetzung, der wir uns
verpflichtet fühlen. Die Bundesregierung wird die vom
Kabinett beschlossenen Grundsätze umsetzen. Es macht
aus unserer Sicht keinen Sinn, meine Damen und Herren
von der Opposition, Ihrem Vorschlag zu folgen und ein
langwieriges Gesetzgebungsverfahren einzuleiten, um

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(C (D ann am Ende – dafür spricht leider die wenige Monate urückliegende Erfahrung aus dem Dezember – (Rüdiger Veit [SPD]: Obwohl: Der März ist jetzt vorbei! – Gegenruf des Abg. JochenKonrad Fromme [CDU/CSU]: Der kommt jedes Jahr wieder!)


u erleben, wie diese Grundsätze von der Opposition via
undesrat und dortiger Mehrheit nicht nur verwässert,
ondern am Schluss sogar ganz verworfen werden.
Deswegen bleiben wir bei unserer Linie, bedanken

ns aber am Schluss noch einmal ausdrücklich für Ihre
nsonsten bekundete Sympathie und Unterstützung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510220400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Georg

chirmbeck.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Georg Schirmbeck (CDU):
Rede ID: ID1510220500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

taatssekretär Diller, meine persönliche Sympathie ha-
en Sie auch. Aber im Übrigen: So ist das eben. Die
eute sagen, Bürokratie sei etwas Schlimmes, Bürokra-
ie müsse man eigentlich ganz abschaffen. Doch wenn
an dann an der einen oder anderen Stelle in einer Be-
örde nur wenige Planstellen einsparen will, dann geht
s gerade dort nicht. Es gibt auch den einen oder ande-
en, der sagt: Kannst du mich, meinen Sohn oder einen
ekannten nicht noch dort unterbringen, es ist doch für
inen guten Zweck.
Mit den Finanzhilfen, mit den Subventionen und

teuervergünstigungen ist es so eine Sache: Generell ist
s Teufelswerk, es sei denn, ich profitiere davon. Ich
inde es sehr sympathisch, dass die FDP dies zum Tages-
rdnungspunkt erhoben hat. Aber nachdem ich den An-
rag gelesen hatte, hatte ich eine Presseerklärung in der
and, in der ein Vertreter der FDP schreibt: Die Steuer-
ergünstigungen bei den Lebensversicherungen sollten
atürlich erhalten bleiben. – Ich finde auch das sehr
ympathisch, weil nämlich auch ich eine Lebensversi-
herung habe. Daher fände ich es ebenfalls gut, wenn die
teuerbefreiung erhalten bliebe. Es geht also immer
ach dem Motto: Wasch mir den Pelz, mach mich nicht
ass.
Wenn man dann noch berücksichtigt, dass wir in einer
eid- und Missgunstgesellschaft leben, dann weiß man,
ass es bei diesen Themen eine Menge Verhetzungspo-
enzial gibt. Jeder hat seine Themen, die er besonders
iebt. Deshalb vergeht kein Parteitag, auf dem nicht die
orderung nach einer Steuerreform erhoben wird. Ge-
ade hieß es in einem Zwischenruf, der März sei vorbei.
ber Steuerreformen sind – da sind wir uns wohl einig –
ach wie vor notwendig. Die SPD besetzt in dieser Dis-
ussion Themen wie Nachtarbeitszuschläge und Entfer-
ungspauschale. Das ist natürlich schon Teufelswerk,
enn man nur über den Abbau entsprechender Vergüns-






(A) )



(B) )


Georg Schirmbeck

tigungen spricht, geschweige denn eine solche Entschei-
dung trifft. Bei den Kohlesubventionen hingegen kommt
es auf eine Milliarde gar nicht an, weil es ja sein könnte,
dass irgendwann – das hat man gehört – Kommunalwah-
len in Nordrhein-Westfalen stattfinden.


(René Röspel [SPD]: Fragen Sie einmal Herrn Rüttgers, was der dazu sagt!)


Auch wenn es ums EEG geht, spielt ein solches Denken
überhaupt keine Rolle. Man hat ein bestimmtes Klientel,
welches bedient werden muss.

Man kann sich natürlich auch über andere Themen
unterhalten, zum Beispiel über den Agrardiesel, die Ei-
genheimzulage oder die Wohnungsbauprämie. Hier
kann, wenn es nach Ihnen geht, gar nicht tief genug ein-
geschnitten werden. Wir müssen uns ehrlicherweise zu-
gestehen, dass – wählerklientelscharf – jeder seine Lieb-
lingsthemen hat. Bei den anderen kann gar nicht tief
genug eingeschnitten werden. Einschnitte bei den eige-
nen Themen aber sind Teufelswerk.

Nun haben Sie – Sie haben es angesprochen – dieses
dicke Werk herausgegeben, den 19. Subventionsbericht.
Dort steht in der Tat – vom Kabinett so beschlossen –
folgender Satz, den ich zitiere:

Darüber hinaus sollen neue und bestehende Finanz-
hilfen nur noch gesetzlich befristet und grundsätz-
lich degressiv ausgestaltet werden.

(Otto Fricke [FDP]: Das haben sie von uns ab geschrieben!)

– Man könnte zumindest unterstellen – die Sympathien
zwischen Ihnen waren ja sehr ausgeprägt –, dass das
wörtlich vom FDP-Antrag abgeschrieben wurde


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Die Regierung ist noch lernfähig!)


und dass die FDP und die Regierung offensichtlich
das Gleiche wollen.

Ich habe in diesem großen Werk einmal ein wenig ge-
blättert und festgestellt, dass die darin enthaltenen Zah-
len dem Entwurf des Haushaltsplans und dem Entwurf
des Nachtragshaushaltsplans entstammen. Sie haben hier
besonders betont – das habe ich mir mitgeschrieben –,
dass Sie „erneut ein gutes Stück vorangekommen“ seien.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: In die falsche Richtung!)


Legen Sie doch bitte einmal auf der Grundlage des be-
schlossenen Haushaltsplans dar, wie weit Sie wirklich
vorangekommen sind! Sie können das Ergebnis ja viel-
leicht schriftlich nachreichen – sozusagen im vorausei-
lenden Gehorsam –; ansonsten können wir das auch im
Haushaltsausschuss beantragen.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Und dann noch einmal anhand des vollzogenen Haushaltsplans!)


– Ja, die wirklich interessanten Zahlen, auf die es an-
kommt, liefert erst die Jahresrechnung. Man kann sagen,
dass es ein unwahrscheinliches Fleißwerk und ein

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(C (D unschkatalog ist. Um es einmal so zu sagen: Ein Märhenbuch ist ja auch ein Fleißwerk. Ich hatte einmal die Aufgabe, dem Vaterland zu die en. Sie haben von einer Kehrtwendung gesprochen. enn ich Ihnen die Kehrtwendung befehlen würde, dann ären Sie wieder an Ihrem Ausgangspunkt. Schon das ort verrät, was wirklich konkret umgesetzt worden ist. Sie haben hier eben sehr akademisch dargelegt, dass ie FDP fordere, bestimmte Regelungen ins Haushaltsrundsätzegesetz aufzunehmen, und dann ausgeführt, as dafür und was dagegen spricht. Man kann das natürich so wie Sie sehen. Als junger Mann habe ich im Geeinderat und im Kreistag von den Altvorderen aber inmal gehört, dass die Grundsätze von Haushaltswahreit und Haushaltsklarheit berücksichtigt werden müsen. eshalb sage ich noch einmal: Wenn man sich anschaut, as Sie uns vorlegen, dann muss man wirklich von eiem Märchenbuch sprechen. Es handelt sich um eine reie Erfindung. Bei einigen der von Ihnen angesetzten ahlen weiß niemand mehr, wie diese zustande gekomen sind. Sie müssen nur irgendwie hineinpassen und erden einfach zusammengeschoben. Das gilt auch für andere Bereiche: Kassenkredite sind m kommunalen Bereich zum Beispiel nicht zulässig. ochen-Konrad Fromme, der hierin Experte ist, hat mir esagt, dass das so in den Kommunalgesetzen und in den änderverfassungen steht. Trotzdem ist das die Regel. as interessiert es also, ob wir hier noch ein Gesetz er assen und noch einen Grundsatz verabschieden? Es hält ich offensichtlich doch niemand daran. Deshalb sage ich Ihnen: Wir müssen uns bewegen. ir haben ein gemeinsames Interesse daran, unseren taat weiter voranzubringen. Der Weg von Koch/ teinbrück ist wahrscheinlich richtig und er wird wahrcheinlich gemeinsam umzusetzen sein; denn er hat inen Vorteil: Man betreibt keinen Kahlschlag und es ommt zu keinen Brüchen. Der Bürger erfährt, wie die ntscheidungen der Politik in Zukunft aussehen werden. arauf kann er reagieren. Wer also weiß, dass in diesem ahr 4 oder 6 Prozent und im nächsten Jahr wiederum in bestimmter Prozentsatz von seinen Vergünstigungen estrichen wird, der hat die Möglichkeit, darauf zu reaieren. Er kann sich also entsprechend verhalten; das ist air. Entscheidend für alles, was wir tun, ist natürlich, ass wir die Subventionsmentalität in unseren eigenen eihen – also bei uns, die wir in diesem Bereich haneln – und auch bei der Bevölkerung bekämpfen. Desalb müssen wir dies immer wieder zum Thema machen nd dafür werben. Das Unwort des Jahres lautet für mich „Zuschuss“, eil ich es am häufigsten höre. Wie oft werde ich angeufen und gefragt: Da wird doch dieses und jenes geacht, habt ihr beim Kreis nicht einen kleinen Zuschuss afür? – Dann muss man darauf hinweisen, dass dies war eine tolle Sache ist, für die es sich lohnt, sich Georg Schirmbeck zusammenzuraufen, um sie richtig anzupacken, dass aber dafür keine Mittel zur Verfügung stehen. – Eine solche Antwort findet kein Verständnis, und es heißt dann, es sei unsozial, hier nicht zu helfen. Das liegt daran, dass wir über Jahrzehnte daran gewöhnt sind, umzuverteilen: einsammeln, verwalten und auszahlen. Dabei haben wir aus dem Blick verloren, dass wir viel mehr einsammeln, als der Bevölkerung zugute kommt. Die Mittel für das Verwalten muss man nämlich auch sehen. Es gilt: Nicht derjenige, der dem Bürger am meisten verspricht und vielleicht auch gibt, macht gute Wirtschaftspolitik bzw. gute Politik, sondern derjenige, der die Leute in Ruhe lässt. Eines kann man feststellen: In unserem Staat leben eben nicht Produzenten, Ingenieure, Kaufleute und Facharbeiter am besten, sondern Beratungsfirmen, Steuerberater, Anwälte und Anlageberater. Bei den Findigen und Cleveren herrscht Konjunktur, nicht aber bei den Fleißigen, die das Rückgrat unserer Wirtschaft sind. Es ist auch festzustellen, dass sich nicht diejenigen Wirtschaftsbereiche, Firmen und Regionen am besten entwickeln, die die höchsten Steuervergünstigungen oder die höchsten Finanzhilfen erhalten, sondern die mit der größten Kreativität, dem größten Innovationsgeist und vor allen Dingen mit der größten Tatkraft. In Bezug auf soziale Gerechtigkeit sollten wir deutlich machen: Von der ganzen Umverteilung sind diejenigen am meisten betroffen, die das Rückgrat unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft sind: der Mittelstand und besonders die Facharbeiter. Sie haben in aller Regel hinsichtlich steuerlicher Vorteile keinen Gestaltungsspielraum. Das, was heute Praxis ist, ist höchstgradig unsozial. Hier muss sich etwas ändern; denn gerade diese Gruppen brauchen wir, wenn es in Deutschland weiter aufwärts gehen soll. Herzlichen Dank. Ich danke auch. – Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Anja Hajduk. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schirmbeck, ich möchte zuerst ein Wort an Sie richten. Sie haben einen gewissen Fatalismus bezüglich der Frage gezeigt, ob die in unserem Lande verbreitete Subventionsmentalität überhaupt geändert werden kann. Ich möchte Ihnen in diesem Punkt Mut machen, weil wir als Politiker eine Vorbildfunktion haben. Ich stelle jedoch fest: Sie haben hier für die CDU in einer sehr wichtigen haushaltsund finanzpolitischen Frage keine Stellung bezogen. Ich finde das wirklich schwach. Ich muss sagen: Der Grundtenor des FDP-Gesetzentwurfs und die Art, wie das ganze Thema angepackt wird, findet meine Unterstützung. Es besteht Grund, in vielem einig zu sein. Ich bedauere aber, dass Sie völlig offen gehalten haben, wie Sie sich in Zukunft zum Subventionsabbau stellen wollen. Ich hoffe, dass Sie Ihre Haltung ü H h – h r t k b i I K d T m i n – V S in w z n r d S e u ti G d d g w g w B g a n w r d t d w s (C (D berdenken. Ich bin sicher, dass dieses Thema in diesem erbst wieder einer eingehenden Beratung im Hausaltsausschuss bedarf. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Hat das Koch/Steinbrück-Papier nichts mit Subventionsabbau zu tun?)


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Völlig richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510220600
Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510220700

Ich werde auf das Koch/Steinbrück-Papier noch einge-
en. Das hat Herr Schirmbeck in der Tat beispielhaft vo-
angestellt.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Eben!)

Ich denke, der konsequente Abbau von Subven-

ionen gehört zu den wichtigsten Aufgaben einer zu-
unftsorientierten Finanzpolitik, so wie es in der Pro-
lembeschreibung des FDP-Gesetzentwurfs aufgeführt
st. Ich bin froh, dass Sie in Ihren Ausführungen und in
hrer Begründung auch auf die dringend notwendige
onsolidierung zu sprechen kommen. Ich erinnere mich,
ass wir während des letzten Jahres häufiger über den
eil des Subventionsabbaus diskutiert haben, der sich
it Steuervergünstigungen beschäftigt. Dabei ist mir fast
mmer das Argument begegnet: Die Regierung verfährt
ach dem Prinzip linke Tasche, rechte Tasche.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: So ist es!)


Dieses Argument ist nicht zielführend, Herr Fromme. –
ielleicht können wir uns darauf einigen, dass man beim
teuervergünstigungsabbau bestimmten Leuten – es ist
der Regel immer nur eine Gruppe – tatsächlich etwas
egnimmt. Dabei darf bei der Senkung von Steuersät-
en, für die eine Steuervergünstigung gestrichen wird,
icht sofort der Vorwurf von dem Prinzip linke Tasche,
echte Tasche kommen. Ich halte mich an Ihre Worte,
ass Sie beides wollen. Ich weiß, dass Sie mit Ihren
teuerreformkonzepten – da sind wir im Grundsatz
inig – eine Vereinfachung wollen, eine Tarifsenkung in
nterschiedlichem Ausmaß anstreben, es aber auch rich-
g finden, dass zukünftig der Haushalt der öffentlichen
ebietskörperschaften zu konsolidieren ist, auch mit
iesem Instrument.
Ich begrüße es und finde es angemessen und richtig,

ass Herr Diller darauf hingewiesen hat, dass die rot-
rüne Regierung in diesem Fall durch die Opposition zu
enig Unterstützung erfahren hat. Nun könnte man sa-
en: Da wir die Mehrheit haben, sollten wir das verant-
ortlich tragen. Sie wissen aber genau, dass wir in dem
ereich, in dem es um den Abbau von steuerlichen Ver-
ünstigungen geht, auf die Zustimmung des Bundesrates
ngewiesen sind.
In diesem Zusammenhang muss ich sagen, dass es

icht nur ärgerlich, sondern auch höchst unehrlich war,
ie dort nach einem allgemeinen Subventionsabbau ge-
ufen wurde. Ich finde es bezeichnend, dass es uns bei
en Finanzhilfen gelingt, einen wirklichen Subven-
ionsabbau von bis zu 26 Prozent nachweisen zu können,
en gesamten Abbau von Steuersubventionen aber des-
egen nicht hinbekommen, weil es immer wieder Brem-
en bei den Steuervergünstigungen gibt.






(A) )



(B) )


Anja Hajduk

Deswegen will ich auf die Anregung in Ihrem Gesetz-

entwurf eingehen – ich finde sie gut –, dass wir uns bei
den Subventionen ausschließlich auf die Finanzhilfen
konzentrieren sollten. Das ist eine gute Idee, wenn auch
der Umbau schwierig sein wird. Ich hoffe, dass die
Union an dieser Stelle nicht blockiert. Sie von der Union
könnten das, aber ich hoffe, Sie tun es nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich möchte auf das Argument eingehen, die Vor-
schläge von Koch und Steinbrück seien das einzig
Sinnvolle, das man machen könnte. Unter dem pragmati-
schen Gesichtspunkt, dass sich zwei Ministerpräsiden-
ten, einer von der SPD, einer von der CDU, geeinigt ha-
ben, habe ich im letzten Herbst gesagt: Bevor wir nichts
zustande bekommen, lasst uns das machen! – Sie haben
aber wahrscheinlich auch den Bericht des Sachverständi-
genrates gelesen. Danach sollte sich eine Subvention im
Prinzip argumentativ rechtfertigen. Sie sollte gezielt und
effizient sein. Dazu passt das Rasenmäherprinzip nicht.

Ich glaube, wir müssen konsequenter an bestimmte
Subventionen herangehen. Eine Kürzung in 4-Prozent-
Schritten genügt nicht. Ein Argument war, dass sich die
Leute auf die Kürzungen einstellen sollen. Wenn wir die
Eigenheimzulage komplett abschaffen, dann soll sie so
auslaufen, dass irgendwann keine neuen Anträge mehr
gestellt werden können. Das ist berechenbar, und es gibt
eine Zeitschiene, auf die sich jeder einstellen kann. Ge-
ben Sie Ihrem Herzen einen Stoß! Machen Sie an dieser
Stelle mit! Das ist letztlich nichts anderes als degressi-
ver Subventionsabbau. Wenigstens die FDP hat heute
Farbe bekannt. Ich hoffe, dass sie mit dieser Festlegung
ihre Verantwortung in den Bundesländern wahrnimmt.


(Otto Fricke [FDP]: Dann setzt ihr das Geld aber nicht für eine andere Subvention ein!)


– Wenn man das Geld für eine andere Subvention einset-
zen würde, dann wäre das sehr seltsam.

Das bringt mich zu meinem letzten Punkt, den ich an-
sprechen möchte. Wir werden diesen Gesetzentwurf in
verschiedenen Ausschüssen beraten, mit Sicherheit auch
ausführlich im Haushaltsausschuss. Eine interessante
Frage wird sein, wie wir Subventionen definieren. Sie
bieten pragmatisch die Definition an, die die Regierung
ihrem Bericht zugrunde legt. Ich glaube, dass es richtig
und sinnvoll ist, sich darüber zu verständigen, was eine
Subvention ist. Der etwas unsystematischen Liste von
Koch/Steinbrück, die auch ihre Ausnahmen hat – das
muss ehrlicherweise gesagt werden; da sind wegen Kli-
entelinteressen bestimmte Dinge herausgenommen wor-
den –, sollten wir uns widmen.

Ich freue mich auf die Beratungen, denn ich halte an-
gesichts der sehr schwierigen Situation der öffentlichen
Haushalte eine Offensive für notwendig. Ob wir dann
bei einer gesetzlichen Regelung landen, wie Sie von der
FDP sie vorschlagen, werden wir sehen. Dazu hat Herr
Diller einige bedenkenswerte kritische Anmerkungen
gemacht. Wir werden uns unser eigenes Urteil bilden.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510220800

Das Wort hat der Abgeordnete Andreas Pinkwart.

Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1510220900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Zunächst einmal bedanke ich mich für die FDP-
raktion bei Herrn Diller und Frau Hajduk für die vom
rundansatz her sehr freundlichen Worte, wenngleich
umindest Sie, Herr Diller, zurückhaltender waren und
iner gesetzlichen Regelung des konsequenten Subven-
ionsabbaus noch nicht so recht folgen wollten.
Sie verweisen auf die Absichtserklärung der Bundes-

egierung, Herr Diller, Subventionen künftig zeitlich be-
risten und degressiv ausgestalten zu wollen. Das ist
war sehr ehrenwert, aber tatsächlich verstoßen Sie in
hrer Verantwortung als Mitglied der Bundesregierung
egen diese Absichtserklärung. Denn in dem Subven-
ionsbericht, der uns in umfangreicher Form vorliegt
es gibt so viele Subventionen, dass wir mit den Berich-
en darüber ganze Bücherschränke füllen könnten –, gibt
s die Spalte „Befristung“, in der nahezu alle Finanzhil-
en, die darin erfasst sind, als unbefristet ausgewiesen
ind. Insofern gibt es eine Menge zu tun, Herr Diller.


(Beifall bei der FDP)

Deshalb reicht es mir nicht, dass der Bundeskanzler in

er vorigen Woche hier feststellte, jetzt müsse etwas ge-
an werden – und zwar nicht nur zur Haushaltskonsoli-
ierung, sondern um im Haushalt andere Prioritäten zu
etzen, was Sie schon längst hätten tun müssen, um den
tandort Deutschland nach vorne zu bringen –, und auf
ine einzige Subvention verwies. Nach der Absichtser-
lärung der Bundesregierung hätte er vielmehr feststel-
en müssen, dass die Bundesregierung ihre bisher nicht
rledigten Hausaufgaben noch erledigen muss – ich ver-
eise auf den Subventionsbericht – und dass bis 2010
ystematisch alle Steuervergünstigungen und Finanzhil-
en abgebaut werden müssen.


(Beifall bei der FDP)

as wäre eine klare Ansage des Bundeskanzlers gewe-
en. Eine solche Agenda 2010 wäre glaubwürdig gewe-
en.
Denn wenn wir so mutig wären, zu sagen: „Wir müs-

en den rund 60-Milliarden-Euro-Ballast an Altsubven-
ionen abbauen“ – Frau Hajduk hat darauf hingewiesen,
ass dies dem engeren Subventionsbegriff entspricht;
an kann ihn auch weiter fassen und kommt dann auf
50 Milliarden Euro –, dann hätte der Staat endlich die
öglichkeit, die Haushalte zu konsolidieren, Steuersen-
ungen vorzunehmen, das Steuersystem zu vereinfachen
nd neue Prioritäten in den öffentlichen Haushalten zu
etzen. Dazu haben wir aber vom Bundeskanzler und in
er heutigen Debatte von Ihnen, Herr Diller, wie auch
eider von den Koalitionsfraktionen nichts Substanziel-
es gehört.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Andreas Pinkwart

Insofern freuen wir uns darüber, dass wir uns gemein-

sam über eine gesetzliche Normierung austauschen kön-
nen, die Bund und Länder bindet. Das ist notwendig;
denn die Länder gewähren ihrerseits Finanzhilfen und
beteiligen sich an der gesetzlichen Verankerung von
Steuervergünstigungen. Insofern halten wir es für erfor-
derlich, dass wir parallel zu unseren Bemühungen hier
auch zu einer solchen gesetzlichen Regelung kommen.

Es nützt nichts, Herr Schirmbeck, uns gegenseitig
Versäumnisse aus der Vergangenheit vorzuhalten, auch
wenn wir das ausufernd tun könnten.


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider auch aus der jüngsten Vergangenheit!)


– Auch aus der jüngsten Vergangenheit, Frau Hajduk.
Das ist auch Ihre Vergangenheit; denn Sie haben bei der
jüngsten namentlichen Abstimmung über die Steinkoh-
lesubventionierung bis 2012 zugestimmt. Das müssen
Sie sich leider vorhalten lassen.


(Beifall bei der FDP)

Sie haben auch in Nordrhein-Westfalen der weiteren
Steinkohlesubventionierung zugestimmt.

Wir könnten die Liste noch verlängern. Aber das hilft
uns nicht weiter. Wir müssen vielmehr feststellen, ob wir
es wirklich ernst meinen. Dann müssen wir die Spielre-
geln, nach denen wir die Haushalte aufstellen, die Steu-
ergesetze gestalten und Finanzhilfen gewähren, neu be-
stimmen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510221000

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Spiller?

Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1510221100

Sehr gerne.

Jörg-Otto Spiller (SPD):
Rede ID: ID1510221200

Vielen Dank, Herr Kollege Pinkwart. – Können Sie

dem Haus vor diesem Hintergrund schildern, wie sich
die FDP bei dem Vorhaben, die Subvention Eigenheim-
zulage abzubauen, verhalten hat?


(Zuruf von der SPD: Und verhalten wird!)


Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1510221300

Das kann ich Ihnen sehr gerne schildern, Herr Kol-

lege Spiller. Aus den Koch/Steinbrück-Vorschlägen ist
für 2004 ein Einsparvolumen von insgesamt 2,4 Milliar-
den Euro herausgekommen, und zwar bezogen auf die
von Ihnen vorgelegte Gesamtsumme von 127,3 Milliar-
den Euro. Ein maßgeblicher Anteil dieser 2,4 Milliarden
Euro ist allein auf die Kürzung der Eigenheimzulage
um 30 Prozent in 2004 zurückzuführen. Das ist der
größte Beitrag gewesen,


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat das denn vorgeschlagen?)


der insgesamt mit dem Koch/Steinbrück-Papier und den
Anstrengungen im Vermittlungsausschuss erreicht wor-
den ist.

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(C (D Hätten wir in allen anderen Fällen der Koch/Steinrück-Liste – wir haben sie sehr genau geprüft – einen hnlich konsequenten Einstieg in den Subventionsabbau orgenommen wie bei der Eigenheimzulage, dann hätten ir in 2004 nicht nur 2,4 Milliarden Euro, sondern 5 Milliarden Euro weniger für Steuervergünstigungen nd Finanzhilfen aufwenden müssen. Dann hätten wir och mehr Spielraum für Steuersenkungen und Investiionen in unsere Zukunft gehabt, Herr Spiller. (Beifall bei der FDP – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war nicht ehrlich, Herr Pinkwart! Sie wissen doch, wie der Vorschlag der Bundesregierung war!)


Frau Hajduk, diese Zahlen können Sie eigentlich nicht
n Zweifel ziehen; denn sie sind das Ergebnis der Ver-
andlungen im Vermittlungsausschuss.
Herr Spiller, wir wollen – das beinhaltet der von uns

orgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Steuerreform –
teuervergünstigungen wie die Eigenheimzulage syste-
atisch abbauen, aber nach der Maßgabe – das möchte
ch betonen –, dass die Steuersätze in unserem Land wei-
er gesenkt werden und dass das Steuerrecht endlich ver-
infacht wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ber auch davor drücken Sie sich in Wahrheit. Der Bun-
esfinanzminister hat uns jetzt mitgeteilt, eine Zinsab-
eltungsteuer – sie wäre ein weiterer Beitrag zur Verein-
achung in unserem Land – sei nicht möglich, weil der
renzsteuersatz für Unternehmen nach seiner Reform
eiterhin 52 Prozent betragen werde. Aber dieser Steu-
rsatz ist international längst nicht mehr konkurrenzfä-
ig.
Sie müssen einen Beitrag dazu leisten, dass der Stand-

rt Deutschland attraktiver wird und dass mehr Wachs-
um, Beschäftigung und Wohlstand entstehen. Dann
önnen wir trotz niedriger Steuersätze mehr Steuerein-
ahmen für die öffentlichen Haushalte generieren und in
ukunft auf Finanzhilfen zur Unterstützung Not leiden-
er Branchen verzichten. Das ist die Politik, für die die
DP-Fraktion in diesem Hause steht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510221400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Carsten

chneider.


Carsten Schneider (SPD):
Rede ID: ID1510221500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ls der Entwurf eines Gesetzes der FDP zum Subven-
ionsabbau auf meinem Tisch lag, musste ich ein biss-
hen schmunzeln, Herr Pinkwart. Ich erinnere mich noch
ehr genau, wo wir Ende vergangenen Jahres standen,
ls wir den Haushalt 2004 beraten und verabschiedet ha-
en und mit dem Haushaltsbegleitgesetz in vielen Berei-
hen, auch und gerade beim Abbau von Subventionen,






(A) )



(B) )


Carsten Schneider

maßgebliche Veränderungen auf den Weg gebracht ha-
ben.

Wir haben dann – federführend war der Haushaltsaus-
schuss – eine Anhörung durchgeführt. Da ich damals
die ganze Zeit dabei gewesen bin, erinnere ich mich
noch sehr genau an die Fragen, die vonseiten der FDP
gestellt worden sind. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie sich
noch so genau daran erinnern. – Wie ich sehe, ist Ihr
Kollege Thiele nicht anwesend. Das wundert mich bei
diesem Thema nicht. – Auf jeden Fall war es der Kollege
Thiele, der in der damaligen Anhörung an jeden einzel-
nen Interessenverband – seien es die Vertreter des Deut-
schen Bauernverbandes, der Bausparkassen oder diejeni-
gen gewesen, die sich eine Verbesserung der
Familienförderung zum Ziel gesetzt haben – die Frage
gerichtet hat, inwieweit denn die Abschaffung der Ei-
genheimzulage – das Volumen dieser größten im Sub-
ventionsbericht ausgewiesenen Subvention betrug da-
mals noch 10 Milliarden Euro – negative Auswirkungen
haben werde. Dabei hatte seine Frage gleich die Antwort
impliziert, dass sich die Abschaffung dieser Subvention
negativ auswirken wird. Das ist für mich keine wirklich
konsequente Position. Daher kann ich Ihrem heutigen
Entwurf eines Subventionsbegrenzungsgesetzes nicht
zustimmen.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Stimmen Sie ihm doch zu! Das wäre der Einstieg in den Ausstieg aus den Subventionen!)


Zwar befürworte ich ihn grundsätzlich. Aber ich sehe bei
Ihnen keine Einheit von Wort und Tat. Sowohl Ihr Ver-
halten bei der Abstimmung über das Haushaltsbegleitge-
setz im Bundestag als auch das, was in den Ländern ge-
schieht, in denen Sie Regierungsverantwortung tragen,
sprechen eine andere Sprache. Das ist leider so.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich hätte mir gewünscht, dass die FDP, die eine lange
Tradition hat und die eine wichtige Kraft im deutschen
Parteiensystem ist,


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: War!)


an dieser Stelle konsequenter gewesen wäre. Ich möchte
zwar nicht zu weit in die Zukunft schauen. Wenn Sie
aber so weitermachen und weiter so inkonsequent sind,
dann wird es das für Sie gewesen sein. Das konnte man
schon bei der Hamburgwahl sehen.

Ich möchte noch einige allgemeine Punkte betreffend
den Subventionsabbau ansprechen. Ich glaube, dass wir
alle in gewisser Weise in einem Boot sitzen – darauf hat
der Kollege Schirmbeck bereits hingewiesen –, und zwar
sowohl im Hinblick auf die Verteilung als auch im Hin-
blick auf die Mindereinnahmen in den Haushalten von
Bund, Ländern und Kommunen. Es ist schwierig, sich
gegen eine Interessengruppe, die zur eigenen Wählerkli-
entel gehört – wir alle vertreten Interessengruppen; ich
nehme die SPD da nicht aus –, durchzusetzen. Daher war
es zum Beispiel eine große Leistung der SPD und des
Bündnisses 90/Die Grünen, sich dazu durchzuringen, die

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(C (D igenheimzulage im Haushaltsbegleitgesetz komplett zu treichen. (Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Warum streichen Sie dann nicht in 20-Prozent-Schritten alle Subventionen? Das wäre glaubwürdig!)


Ich komme noch darauf zu sprechen. Man sollte sich
unächst einmal die größte Subvention vornehmen; man
ollte sie nicht nur infrage stellen, sondern auch abschaf-
en.
Subventionen führen immer zu Fehlallokationen von
essourcen. Sie verzerren Marktergebnisse und behin-
ern einen schnelleren Strukturwandel. Die Abschaffung
iner Subvention oder ihre degressive Ausgestaltung
da haben wir sicherlich noch Nachholbedarf – führt
mmer zu einem Konflikt mit Interessengruppen und mit
er Gesellschaft.
Einer der Hauptgründe dafür, dass es uns weder in

en Ländern noch im Bund gelingt, konsequenter vorzu-
ehen, ist der Aufbau des föderalen Systems in der
undesrepublik.


(Beifall des Abg. Rolf Stöckel [SPD])

ch hoffe, dass es auf der Grundlage der Arbeit der Föde-
alismuskommission gelingt – entsprechende Ansätze
ind vorhanden –, für eine stärkere Entflechtung der Zu-
timmungsbefugnisse zu sorgen. Wenn es im Bundestag
ine Mehrheit für einen Gesetzentwurf, zum Beispiel
um Subventionsabbau, gibt, dann darf es nicht mehr so
ein, dass dem entgegenstehende Länderinteressen dazu
ühren, das sein In-Kraft-Treten über den Bundesrat ver-
indert werden kann. Man sollte dies anders handhaben,
gal welche Farbe die Mehrheit im Bundesrat oder im
undestag hat und egal welche Partei die Bundesregie-
ung stellt. Ich glaube, dass eine Entflechtung an dieser
telle sowohl im Hinblick auf die Transparenz des politi-
chen Systems als auch im Hinblick auf eine ordnungs-
emäße Haushaltsführung unabdingbar ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte noch auf das Koch/Steinbrück-Papier zu
prechen kommen. Es hat in dieser Woche eine ganz be-
ondere Rolle gespielt. Die beiden Ministerpräsidenten
aben in einem Brief an die Haushälter – ich weiß nicht,
b Sie alle ihn bekommen haben – kritisiert, dass wir
hre Vorschläge, zum Beispiel was den Bereich Straßen-
au betrifft, nicht umgesetzt haben.
Das Zustandekommen des Koch/Steinbrück-Papiers
wir haben es in die Beratungen des Haushalts 2004
ingebunden und wir haben es umgesetzt – war von ei-
er besonderen öffentlichen Aufmerksamkeit gekenn-
eichnet. Diesem Papier liegt das Rasenmäherprinzip
ugrunde. Ich glaube, es ist wirklich nicht erklärlich,
ass zum Beispiel in den Bereich Schiene Subventionen
ließen sollten, weil die Bahn Eigentümer des Bahnnet-
es ist, und in den Bereich Straße nicht. Man hat ge-
erkt, dass Landesbeamte in Landesministerien die
iste erstellt haben.






(A) )



(B) )


Carsten Schneider


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beamte in den unionsgeführten Ländern!)


– Ja, vor allen Dingen Beamte in den unionsgeführten
Ländern.

Uns hat der politische Mut gefehlt, gezielte Ein-
schnitte vorzusehen und nicht nach dem Rasenmäher-
prinzip vorzugehen. Ich will ganz klar sagen: Jede
Subvention hat positive wie negative Folgen. Zu
einigen Subventionen würde ich sagen: Sie erzielen eine
Wirkung, die wir politisch wollen. Daher bin ich – um
das ganz klar und deutlich zu sagen – für mutige politi-
sche Entscheidungen und nicht für ein Vorgehen nach
dem Rasenmäherprinzip.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich hoffe – das sage ich in Richtung CDU/CSU-Frak-
tion –, dass es uns in den Fraktionen gelingt – ich be-
ziehe mich dabei zumindest auf die SPD-Fraktion –, bei
der Aufstellung des Haushalts 2005, die schwierig genug
sein wird, das Maastricht-Kriterium einzuhalten,
Schwerpunkte auf den Gebieten Bildung und Forschung
zu setzen und Subventionen gezielt abzubauen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510221600

Herr Kollege Schneider, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Professor Pinkwart?


Carsten Schneider (SPD):
Rede ID: ID1510221700

Gern.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510221800

Herr Pinkwart, bitte schön.


Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1510221900

Herr Schneider, Sie haben soeben ausgeführt, dass Sie

gegen das Rasenmäherprinzip sind und offensichtlich
nur noch punktuell eingreifen wollen, da Sie davon aus-
gehen, dass gewisse Subventionen von dauerhaftem
Nutzen seien. Befinden Sie sich damit möglicherweise
in einem Widerspruch zu der hier von der Bundesregie-
rung vorgetragenen Haltung? Denn die Bundesregierung
hat in ihrem 19. Subventionsbericht zum Ausdruck ge-
bracht, dass sie Subventionen – zumindest künftig – nur
noch zeitlich befristet und degressiv ausgestalten will.


Carsten Schneider (SPD):
Rede ID: ID1510222000

Herr Professor Pinkwart, darauf antworte ich sehr

gerne. Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass ich
die Schnitthöhe des Rasenmähers unterschiedlich ein-
stellen würde. Bei manchen Subventionen würde ich
eine stärkere Abschmelzung vornehmen – wir sind der
Haushaltsgesetzgeber; wir haben diese Entscheidung zu
treffen, dafür sind wir gewählt, dafür haben wir die Ver-
antwortung – und bei manchen würde ich nicht so stark
ansetzen, etwa da, wo Umstrukturierungsprozesse statt-
finden. Sie haben vorhin das EEG genannt, das hier nicht
direkt vorkommt. Es ist politisch gewollt, regenerative
Energien stärker zu fördern. Wir müssen also sehen, ob
uns das gelingt. Ich halte es auch für ein Zeichen des

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(C (D olitischen Mutes, darüber zu entscheiden. Die Entscheiung, überall gleich vorzugehen, kann jeder Beamte trefen; dafür brauchen wir keine Abgeordneten des Deutchen Bundestages. (Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Also doch ein Widerspruch zur Bundesregierung!)


Ich würde gern noch einmal zum 19. Subventionsbe-
icht zurückkommen. Was Ihren Entwurf zur Änderung
es Haushaltsgrundsätzegesetzes angeht, so teile ich die
altung der Bundesregierung, nach der eine solche Re-
elung nicht in das Haushaltsgrundsätzegesetz übernom-
en werden sollte; denn dieses regelt die Grundsätze des
aushaltsrechts, aber nicht finanzpolitische Zielsetzun-
en. Finanzpolitische Zielsetzungen kann der jeweilige
aushaltsgesetzgeber in jedem Jahr festlegen.
Ich begrüße die Neuerung sehr, die die Bundesregie-

ung beschlossen hat und die sich auch in Ihrem Gesetz-
ntwurf inhaltlich wiederfindet. Grundsätzlich werden
ubventionen nur noch als Finanzhilfen gewährt und
amit klar sichtbar im Haushalt ausgewiesen. Das geht
icht mehr über Steuervergünstigungen, die nicht so
ransparent sind und auch nicht derselben Verteilung un-
erliegen wie Ausgaben, die im Rahmen der Haushalts-
eratungen jeweils beschlossen werden müssen. Ich
alte es für richtig, dass diese Finanzhilfen gesetzlich
efristet und grundsätzlich degressiv ausgestaltet wer-
en.
Man muss auch überlegen – das ist zumindest meine

ersönliche Einschätzung –, ob man an bestehende Hil-
en herangeht. Sie haben das vorhin aufgezeigt. Das
önnte ein Weg sein; darüber müssen wir befinden. Dazu
ann ich aber noch keine abschließende Meinung der
raktion sagen.
Die Frage ist auch, ob wir bestehende Steuervergüns-

igungen in Finanzhilfen überführen können. Ich würde
ies sehr begrüßen, weil es letztlich dazu führen würde,
ass wir in jedem Jahr bei den parlamentarischen Haus-
altsberatungen – das Budgetrecht ist nun einmal das
öchste Recht des Parlaments – tatsächlich überprüfen,
nwieweit die Hilfen sinnvoll sind.
Dazu noch eine Anmerkung. Ich glaube, dass auch

as Haushaltsrecht geändert werden muss. Wir müssen
teuerungsinstrumente bekommen, die es uns erlauben,
u erkennen: Wie sinnvoll ist die eine oder andere Sub-
ention? Welche Ziele erreichen wir? Wir können jetzt
igentlich nur noch Soll- und Istzahlen feststellen, aber
icht, ob die Hilfen tatsächlich sinnvoll sind.
Ich halte also eine Änderung des Haushaltsgrundsät-

egesetzes für notwendig. Wir haben dieses Gesetz 1997
da war ich noch nicht dabei – geändert und für die Re-
ierung eine hohe Flexibilität geschaffen. Diese Flexibi-
ität ist grundsätzlich zu begrüßen, aber das Parlament
at Steuerungsinstrumente aus der Hand gegeben. Ich
ür meinen Teil finde, dass wir diese wieder zurückbe-
ommen müssten, dass wir praktisch wie ein Aufsichts-
at Controllinginstrumente haben müssten.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Andreas Pinkwart [FDP])







(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510222100

Das Wort hat jetzt der Kollege Jochen-Konrad

Fromme von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Jochen-Konrad Fromme (CDU):
Rede ID: ID1510222200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Schneider, wenn Sie die Rolle des Bundes-
rats beklagen, dann sollten Sie einmal einen Blick zu-
rück werfen. Wenn Sie damals den Petersberger Be-
schlüssen zugestimmt hätten, hätten Sie den größten
Subventionsabbau in der Geschichte erreicht – da sehen
Sie, welchen Mut wir in dieser Frage hatten –;


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


das müssen Sie sich heute vorhalten lassen.

(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN]: Das ist schon eine Weile her!)

Der FDP-Gesetzentwurf ist auf den ersten Blick sym-

pathisch. Mit drei Paragraphen sozusagen das ganze Pro-
blem zu lösen klingt gut, aber der Antrag ist eben FDP:
faszinierend, doch problematisch.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

Er ist ein guter Denkanstoß, aber im Detail ist es doch
ein wenig schwieriger.

Was sind denn Subventionen? Ist die Kilometerpau-
schale eine Subvention oder nur Ausfluss des Nettoprin-
zips? So wie sie jetzt ist, ist sie als Gegenleistung für die
Ökosteuer überhöht und mit Sicherheit eine Subvention.
Aber im Kern steht nach meiner Auffassung das Netto-
prinzip dahinter.

Wie ist es denn mit den Zuweisungen für den Straßen-
bau oder für den Schienenbau?


(Otto Fricke [FDP]: Ja, ist das eine Investition? – Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Das Abgrenzungsproblem besteht!)


Nur deshalb, weil das jetzt über die Bahn abgewickelt
wird, steht es als Zuwendung im Haushalt. Aber es ist
doch eine Infrastrukturmaßnahme und bleibt eine öffent-
liche Aufgabe.

An die Adresse der SPD: Wie ist es mit der Steuer-
freiheit für Nacht- und Feiertagszuschläge? Da haben
Sie sich ja geziert. Das ist eine Subvention und nichts
anderes.

Herr Kollege Diller, wenn Sie sich hier mit einem
großen Zahlenwerk hinstellen und ausführen, wie erfolg-
reich Sie waren, dann muss ich doch sagen: Zählen Sie
einmal die Finanzhilfen, die Subventionen und die Steu-
erbefreiungen zusammen, dann sehen Sie, dass gerade
das, wovon Sie gesprochen haben, nicht erreicht worden
ist. Wenn ich einmal die Zahlen des Instituts für Wirt-
schaft zugrunde lege, hatten wir 1998 59 Milliarden
Euro, im Jahre 2003 waren es wieder 58,6 Milliarden
Euro. Wir haben das Ziel noch nicht erreicht. Der Sub-
ventionsbericht ist nicht umsonst 24 Seiten dicker ge-

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(C (D orden; es liegt nur daran, dass Sie die Subventionen icht abgebaut, sondern neue Subventionen geschaffen aben. Ich erinnere an die so genannte ökologische teuerreform, die weder öko noch logisch ist. Aber urch sie wurden riesige Subventionen geschaffen. Sie aben einen Fehler gemacht und das wussten Sie. Desegen haben Sie, um den Standort Deutschland nicht zu efährden, an bestimmten Stellen Ausnahmen eingeäumt und neue Subventionen geschaffen. Das zeigt och, wie fragwürdig das Ganze ist. Im folgenden Jahr ommt dann Herr Eichel und streicht diese Subventioen. Ihre Subventionspolitik bzw. Nichtabschaffungsolitik macht den Standort kaputt. Sie rühmen sich, besonders erfolgreich zu sein. Wenn h mir allerdings die Eichel-Liste im Haushalt ansehe, telle ich fest, dass davon relativ wenig übrig geblieben t. Die Eigenheimzulage zum Beispiel – Ihr Jäger 90 – aben Sie schon mindestens dreimal verbraten: zur aushaltssanierung, zur Stadtsanierung und jetzt für die ildung. Was wollen Sie denn eigentlich? Sie können as Geld doch nur einmal ausgeben. Dass Sie sich auserechnet die Eigenheimzulage herausgegriffen haben, ann ich verstehen. Das hat ideologische Gründe. Ihnen t es nicht recht, dass Menschen, die Besitz haben, aners denken. Vor diesem ideologischen Hintergrund haen Sie sie abgeschafft, nichts anderes war der Grund. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tiefste Mottenkiste! – Carsten Schneider [SPD]: Das ist ja Mittelalter!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das macht nichts, es bleibt trotzdem wahr. Wenn Sie
inen solchen Zwischenruf machen, beweist das, dass
ie sich getroffen fühlen. Das zeigt mir, dass ich Recht
abe.
Verbreiten Sie doch nicht die Legende, die Union sei

icht zum Subventionsabbau bereit. Ich habe es gesagt:
ir haben mit den Petersberger Beschlüssen den umfas-
endsten Vorschlag vorgelegt. Sie haben ihn blockiert.
ie hätten es natürlich gerne gehabt, dass wir im Zuge
es Haushaltsbegleitgesetzes viele Subventionen geop-
ert hätten, in den Orkus Ihrer chaotischen Haushaltspo-
tik geworfen hätten, um Ihnen aus der Patsche zu hel-
en. Aber das werden wir nicht tun. Wenn wir
ubventionen abbauen, dann nur in Verbindung mit
trukturellen Veränderungen. Wir wollen die Subven-
onen nicht einfach wie Tafelsilber verschleudern, um
ie laufenden Ausgaben zu decken, sondern wir wollen
trukturelle Veränderungen. Wir wollen das Geld für
ine Steuerreform einsetzen, damit mehr Kaufkraft im
innenmarkt und mehr Investitionskraft bei den Unter-
ehmen entsteht. Das ist unser Konzept.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

enn Sie da mitmachen, meine Damen und Herren,
ann werden wir uns an dieser Stelle sehr schnell han-
elseinig.
Wir haben mit der Koch/Steinbrück-Liste bewiesen,

ass wir selbst auf Ihren fragwürdigen Weg ein Stück






(A) )



(B) )


Jochen-Konrad Fromme

weit eingehen. Aber Sie marschieren in die falsche Rich-
tung, indem Sie – ich habe es gesagt – neue Subventio-
nen einführen. Bei der Windenergie spielt das über-
haupt keine Rolle. Auch wenn es formal nicht um eine
Subvention geht, das Geld wird den Bürgern weggenom-
men und umverteilt. Weg ist weg, egal wie das heißt.
Dieses Vorgehen mindert die Kaufkraft und ist wirt-
schaftspolitisch der falsche Weg. In demselben Augen-
blick, in dem über die Koch/Steinbrück-Liste verhandelt
worden ist, haben Sie die Kohlesubvention in Milliar-
denhöhe unkritisch verlängert. So kann man das nicht
machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Schlagworte müssen lauten – insofern ist der

FDP-Antrag richtig –: Begrenzung, Befristung, Degres-
sion. Dabei muss ein gezielter Zweck verfolgt werden;
es darf nicht etwas konserviert werden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510222300

Herr Kollege Fromme, erlauben Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Anja Hajduk?


Jochen-Konrad Fromme (CDU):
Rede ID: ID1510222400

Aber gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510222500

Bitte schön.


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510222600

Sehr geehrter Herr Kollege Fromme, Sie haben vom

Opfern der Subventionen gesprochen. Ich möchte Sie zu
den genannten Subventionen, bei denen Sie uns kritisiert
haben, fragen: Ist Ihnen wenigstens bewusst, dass bei der
relativ jungen Windenergieförderung, die ja nicht direkt
über den Haushalt stattfindet – das hatten Sie auch ge-
sagt –, schon in den letzten Jahren eine ganz starke
Degression stattgefunden hat, die in den nächsten zehn
Jahren fortgesetzt wird, nämlich von 50 Prozent und
noch einmal 40 Prozent, dass bei den von Ihnen erwähn-
ten hohen und politisch sicherlich nicht einfachen Koh-
lesubventionen ebenfalls eine Degression stattfindet und
dass die jetzige Planung, die bis 2012 reicht, ausdrück-
lich einem Sperrvermerk unterliegt, weil dieser Punkt
noch ausgestaltet werden soll? Ist Ihnen das aus der
Haushaltsausschusssitzung noch in Erinnerung?


Jochen-Konrad Fromme (CDU):
Rede ID: ID1510222700

Aber natürlich ist mir das in Erinnerung. Mir ist das

auch bewusst. Trotzdem haben Sie das Volumen der
Kohlesubvention beachtlich ausgeweitet. Das halte ich
für einen falschen Weg.


(Dr. Andreas Pinkwart [FDP]: Die hätte auslaufen müssen!)


Die Degression ist richtig. Das Subventionsvolumen bei
der Windenergie wird beachtlich steigen, obwohl eine
Degression vorgesehen ist. Das halte ich für einen fal-
schen Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Wir können nicht ständig über Subventionsabbau reen, aber faktisch – auch wenn eine Degression vorgeseen ist – das Gegenteil bewirken. Der Ansatz ist richtig, ber er ist nicht konsequent zu Ende gedacht. Ich sage es noch einmal: Für uns bedeutet Subven ionsabbau, dass wir substanzielle Veränderungen erzieen; er bedeutet aber nicht, Geld zu verschleudern, indem efizite im laufenden Haushalt ausgeglichen werden, ie Sie durch Ihre schlechte Wirtschaftspolitik veruracht haben. Da müssen Sie einen anderen Weg suchen. Auch ich weiß, dass es im Zuge des Subventionsab aus Opfer geben wird. Mit jeder Veränderung bei den ubventionen tritt man bestimmten Gruppen auf die üße. Es ist daher nicht einfach, Subventionen durchzuetzen. Wir sind dazu bereit, aber nicht um Ihren Preis, ondern um den Preis einer nachhaltigen Verbesserung er wirtschaftlichen Lage in Deutschland. Koch/Steinbrück zeigt, dass wir bereit sind, etwas zu un. Gleichzeitig wird klar, dass es gefährlich ist, mit Ihen einen Weg gemeinsam zu gehen. Es wurde nämlich m Vermittlungsausschuss ausdrücklich vereinbart, dass ie Liste von Koch/Steinbrück unter Beteiligung des aushaltsausschusses umgesetzt wird. Sie stellen sich ie Parlamentsbeteiligung aber so vor: Sie präsentieren ine Liste, die von der Bundesregierung vorgegeben ird. Die Beratung darüber betrachten Sie als Majestätseleidigung. Also erfolgt sofort die Abstimmung, weil ie keine Lust haben, mit uns darüber zu reden. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Sie haben sich ogar generell vorbehalten, die Koch/Steinbrück-Liste u verfälschen. Sie haben diese Liste gar nicht umgeetzt, sondern Sie haben Punkte, die ursprünglich nicht nthalten waren, aufgenommen und wiederum andere unkte ausgespart. Es wurde im Vermittlungsausschuss eispielsweise klar vereinbart, dass die Landwirtschaft usgenommen wird. Trotzdem gehen Sie ans Brannteinmonopol. Im Einzelplan 17 haben Sie Kürzungen er Mittel für die Integration von Zuwanderern, bei Zuchüssen für Vertriebenenverbände und für Zivildiensteistende vorgenommen, die bei Koch/Steinbrück gar icht vorgesehen waren. Sie wollten nicht einmal eine iskussion darüber zulassen. Das ist Ihr Weg. Sie benuten die Koch/Steinbrück-Liste als Ausrede und verneeln damit Ihre Politik. Ministerpräsident Steinbrück hat Ihnen dieses aufge chrieben. Wir haben die Maut unter zwei Gesichtspunken beschlossen: Ausländische LKWs sollen zur Steuerahlung herangezogen werden und der Verkehrshaushalt oll mithilfe dieser Einnahmen aufgestockt werden. Was ber haben Sie gemacht? Sie haben den Verkehrshausalt fortgeschrieben, haben die Mautmittel – unabhängig avon, ob sie fließen oder nicht – eingestellt und haben rst einmal 2 Milliarden Euro sozusagen abgezwackt, m Ihre Haushaltslöcher an anderer Stelle zu stopfen. ber in der Öffentlichkeit erklären Sie, dass wegen der ehlenden Mauteinnahmen und wegen der Kürzungen ufgrund der Koch/Steinbrück-Liste der Verkehrshausalt nicht aufgestockt werden kann. Jochen-Konrad Fromme Mit Genehmigung des Präsidenten lese ich Ihnen ei nen Satz aus dem Brief des Ministerpräsidenten Steinbrück, der kein Ministerpräsident der CDU ist, vor: Deshalb ist Ihre Begründung der Kürzung von Investitionen im Straßenbau unter Berufung auf unsere Vorschläge schlicht falsch. Das sagt Ihr eigener Ministerpräsident, der bei der Erstellung dieser Liste beteiligt war. So kann man mit uns nicht umgehen. Ich sage Ihnen: Wer Subventionsabbau wirklich will, (Carsten Schneider [SPD]: Kann das nicht mit der CDU machen!)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

der kann das nicht mit Ihnen machen;


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

denn Sie haben kein Konzept. Sie setzen die aus dem
Subventionsabbau frei werdenden Mittel nur dafür ein,
Haushaltslöcher zu stopfen. Damit schmeißen Sie Geld
aus dem Fenster heraus. Das ist Perlen vor die Säue wer-
fen. Wir brauchen strukturelle Veränderungen, die wir
mit Mitteln aus dem Subventionsabbau finanzieren wol-
len. Das geht aber nicht mit Ihnen und insbesondere
nicht mit Ihrem neuen Parteivorsitzenden, der bei jeder
Veränderung zurückrudert, anstatt den Blick nach vorn
zu richten und für tatsächliche strukturelle Veränderun-
gen zu sorgen. Das geht nur mit einem Regierungswech-
sel.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510222800

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

Drucksachen 15/2061 und 15/1635 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind
Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind
die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Ingrid
Arndt-Brauer, Norbert Barthle, Veronika
Bellmann und weiterer Abgeordneter
Mehr Demokratie wagen durch ein Wahlrecht
von Geburt an
– Drucksache 15/1544 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Interfraktionell ist vereinbart, für die Aussprache
zwei Fünfminutenrunden vorzunehmen. Gibt es dazu
Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist es so be-
schlossen.

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(C (D Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder dem Kollegen Rolf Stöckel das Wort. Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle en! Meine Damen und Herren! Aktuell sind etwa 3,8 Millionen Mitglieder des deutschen Staatsvolkes, ämlich alle Kinder und Jugendlichen, von der Geburt is zum 18. Geburtstag vom Wahlrecht ausgeschlossen. ir Abgeordneten aller Fraktionen, die den vorliegenen Antrag eingebracht haben, wollen das ändern und ordern die Bundesregierung auf, dazu einen Gesetzenturf einzubringen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)

Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1510222900

Das heißt konkret, das Wahlalter auf null zu senken
nd den nachrangigen Art. 38 Abs. 2 des Grundgesetzes
ie das Bundeswahlgesetz in den entsprechenden Vor-
chriften zu ändern.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Aber auch das passive Wahlrecht!)


is das Wahlrecht auch persönlich ausgeübt werden
ann, wird es durch die gesetzlichen Vertreterinnen oder
ertreter ausgeübt. Eine Absenkung der persönlichen
ahlrechtsausübung auf 16 oder sogar auf 14 Jahre ist
amit ausdrücklich nicht ausgeschlossen.
Wir haben nicht die Illusion, dass wir hierfür auf An-

ieb eine Zweidrittelmehrheit erreichen. Aber wir sind
ns mit vielen, die in Deutschland für Kinderrechte,
enerationengerechtigkeit und eine familienfreund-
iche Gesellschaft arbeiten, in unseren Zielen einig,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


icht zuletzt mit der Jugendministerin Renate Schmidt,
ie unsere Debatte heute leider nicht persönlich verfol-
en kann und mich gebeten hat, herzliche Grüße auszu-
ichten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Meine Damen und Herren, wir wollen ernsthaft und
nserer Meinung nach im Einklang mit Buchstaben und
eist unseres Grundgesetzes mehr Demokratie wagen.
ir fordern ein Wahlrecht von Geburt an


(Beifall der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])


ls überfälligen Fortschritt in der demokratischen Ent-
icklung, in der das Prinzip „one man – one vote“ bzw.
jeder Mensch – eine Stimme“ noch nicht verwirklicht
t und eine von drei Generationen keinen Einfluss aus-
ben kann. „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ –
nd nicht nur vom volljährigen Volke.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Rolf Stöckel

„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Jeder
Deutsche hat in jedem Land die gleichen staatsbürgerli-
chen Rechte und Pflichten. Das sind die Grundrechte mit
Dauergarantie in unserer Verfassung, in Art. 79
Abs. 3. Das ist der Kern unserer demokratischen Grund-
ordnung.

Die gesetzliche Festlegung eines Mindestwahlalters
ist dagegen der politisch-sozialen Entwicklung und
Aushandlung unterworfen wie etwa die Absenkung des
Wahlrechtsalters im Jahre 1970 auf 18 Jahre. Die Demo-
kratie entwickelt sich wie die Gesellschaft weiter und
beide können dabei auf längere Sicht nur gewinnen. Die
Geschichte des Wahlrechts seit der Antike, die Überwin-
dung des Dreiklassenwahlrechts, die Einführung des
Frauenwahlrechts in der Weimarer Verfassung belegen
das eindrucksvoll. Ein Vertretungswahlrecht kennen wir
bei der Briefwahl. Es ist zum Beispiel im Vereinigten
Königreich, dem Mutterland der Demokratie, lange
Praxis.

Weil wir reflektieren, wie die Weiterentwicklung des
gleichen Wahlrechts auf die langfristige Überwindung
von Diskriminierungen im Rechts- und Lebensalltag der
zuvor ausgeschlossenen Menschen wirken kann, und vor
dem Hintergrund der Bevölkerungsentwicklung und un-
serer Verantwortung für die Nachkommen, für zukünf-
tige Generationen sind wir überzeugt, dass die Interes-
sen von Kindern und Familien an politischem Gewicht
gewinnen müssen und dass dazu das Wahlrecht ab Ge-
burt einen wesentlichen Anschub leisten wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/ CSU und der FDP)


Stets sind die Initiatoren demokratischen Fortschritts
belächelt oder für verrückt gehalten worden, bis alle so
weit waren und dann sogar ein Streit um die Urheber-
rechte entbrannte.


(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Stets hat es interessengeleitete und kleinmütige Beden-
ken der Beharrenden gegeben, die die praktische Un-
durchführbarkeit, den Missbrauch, ja sogar den Unter-
gang der staatlichen Ordnung beschworen haben.

Gegen das Wahlrecht ab Geburt bleiben meines Er-
achtens im Grunde nur zwei wesentliche Einwände, die
erst in der Praxis widerlegt werden können:

Erstens. Kinder blieben Anhängsel der Eltern, die das
delegierte Wahlrecht missbrauchen könnten, bzw. es
gebe Probleme, zu entscheiden, welcher Elternteil es
ausüben solle. Dazu sage ich: Gesetzliche Vertreter fäl-
len unabhängig von der Familiensituation alle öffentlich-
rechtlichen Entscheidungen für ihre Kinder. Sie sind da-
bei in der Pflicht und der Verantwortung, den Willen ih-
rer Kinder zu berücksichtigen und zu ihrem Wohle zu
handeln.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


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(C (D isiken eines zusätzlichen Missbrauchs sind, wie auch n anderen Wählergruppen, wie die Chancen für alle Pareien gleich verteilt. Sie sind in einer stabilen Demokraie aushaltbar. Manche Jugendund Familienpolitiker und auch -ver ände behaupten – das ist der zweite Einwand –, es hanele sich nur um ein Alibirecht und behindere die direkte artizipation von Minderjährigen. Dazu sage ich: Die hancen von Kindern für Teilhabe und Demokratisieung in den Familien und in der Gesellschaft wären gröer, mitnichten kleiner als beim bisherigen Wahlrecht. Das Wahlrecht ab Geburt ist im Gegenteil die Einla ung zum demokratischen Dialog innerhalb der Famiien. Die Chancen von entwicklungsgemäßer Mitwirung und von Demokratie-Lernen wachsen. Das ahlrecht ab Geburt behindert nicht die direkte Mitwirung von Minderjährigen. Vielmehr ergänzt und bestärkt ich beides gegenseitig. Das Wahlrecht ab Geburt ist wie in paar Schuhe, mit dem Kinder in der Demokratie lauen lernen. Das Bild der Erwachsenen, insbesondere der Politik, on Kindern würde sich – da bin ich mir sicher – waneln. Das ist dringend geboten, wenn wir Zukunft geinnen wollen. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und ollegen, Sie haben mit diesem Antrag die Gelegenheit, n einer historischen Weichenstellung für Kinderrechte n unserer Demokratie teilzunehmen. Verhindern Sie ine Beerdigung erster Klasse in den Ausschüssen! Geen Sie sich einen Ruck! Seien Sie dabei! Vergessen Sie icht: Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ndern kann. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt die Kollegin Ingrid Fischbach. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber olf Stöckel, wir haben schon manche Schlacht für die inder in unserem Lande geschlagen. Ich muss deutlich agen: Heute stehen wir nicht auf einer Seite. Heute unerscheiden sich unsere Aussagen ganz deutlich, wenn es arum geht, die Belange der Kinder und ihre Teilhabe zu erücksichtigen. „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Keine Fra e – auch Kinder sind „das Volk“. Immerhin fast 20 Proent – ein Fünftel – der Bevölkerung sind Kinder. s ist schon sympathisch, dass dieser Antrag heute deattiert wird und der Fokus der Öffentlichkeit auf die Failien, auf die Kinder gelenkt wird. Das ist eine tolle Sahe, die ich voll und ganz unterstütze. Ingrid Fischbach (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


(Beifall bei allen Fraktionen)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510223000

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1510223100

(Zuruf von der CDU/CSU: Noch!)





(A) )


(B) )


Denn wer von uns will nicht Kinder und Familien stär-
ken? Ich glaube, wir alle haben das gleiche Ziel. Nur in
dem Weg dorthin unterscheiden wir uns.

Ich habe große Zweifel, ob mit dem Antrag, der heute
vorliegt, das Ziel, das die Antragsteller verfolgen, näm-
lich Kindern und Jugendlichen die Ausübung der Staats-
gewalt zu ermöglichen, wirklich erreicht wird. Denn die
Umsetzung dieser Idee hat nicht nur demokratietheoreti-
sche Mängel, sondern auch verfassungsrechtliche Män-
gel


(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt Verfassungsrechtler, die das anders sehen!)


und vor allen Dingen, lieber Rolf Stöckel, praktische
Mängel. Ich weiß nicht, liebe Frau Vizepräsidentin, ob
es richtig ist, einen Antrag auf den Weg zu bringen und
zu sagen: Die Praxis wird zeigen, was wir noch machen
müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Das wird den Kindern und ihrem Anspruch auf echte
Partizipation und Beteiligung nicht gerecht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, unsere Demokratie zeich-
net sich dadurch aus, dass wir Wählerstimmen nur zäh-
len, aber nicht wägen. Das bedeutet, dass es nicht unter-
schiedliche Arten von Stimmen geben kann. Es kann
nicht sein, dass Eltern privilegiert werden.


(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Das ist des Pudels Kern!)


Ich würde selber davon profitieren. Ich habe eine Toch-
ter und könnte selber über ein höheres Stimmengewicht
verfügen. Aber das kann es nicht sein. In unserer Demo-
kratie können wir nicht einige Stimmen mit besonderem
Gewicht belegen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Wenn ich etwas ketzerisch wäre, könnte ich sagen: Wir
kommen hier zu einem etwas moderneren Klassenwahl-
recht. Das hatten wir schon einmal und das sollte es
nicht wieder geben.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Wenn Sie ehrlich sind, dann müssen Sie zugeben
– das ist auch für mich der wichtigste Punkt –: Wenn Sie
von der treuhänderischen Wahrnehmung des Stimm-
rechtes durch die Eltern sprechen, geht es eigentlich

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(C (D icht darum, dass Kinder und Jugendliche das Wahlrecht ekommen. (Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Doch! Genau um die geht es!)


ann müsste logischerweise erst einmal ein Antrag
ommen, das Wahlalter herabzusetzen. Aber der kommt
icht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Klaus Haupt [FDP]: Das ist zu kurz gesprungen!)


ie sagen, die Eltern sollen treuhänderisch das Wahl-
echt für die Kinder wahrnehmen. Jetzt machen wir uns
och nichts vor: In welchen Familien ist es denn wirk-
ch nicht schon einmal vorgekommen, dass die Kinder
ine andere politische Meinung haben als die Eltern?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Klaus Haupt [FDP]: Das ist das Leben!)


Da sagt der Kollege Haupt: Das ist das Leben, die Pra-
is soll es richten; wir gehen zum Familiengericht und
er Richter entscheidet, welche Stimme gewertet wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD)


ieber Klaus Haupt, wir können ja wieder für Arbeits-
lätze sorgen, aber ich glaube, das ist der falsche Weg.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Was machen wir also in den Fällen, wo Dissens zwi-
chen den Eltern und den Kindern besteht? Was machen
ir in den Fällen, wo Dissens zwischen den Elternteilen
esteht? Auch das kommt vor: Der Mann ist für die
DU und die Frau ist für die SPD, die Grünen oder sonst
as. Viel wichtiger für mich ist: Wie wird sichergestellt,
eber Herr Stöckel, dass die Eltern ihr Stimmrecht im
inne und im Interesse der Kinder ausüben?


(Zuruf von der SPD: Das kann man nicht sicherstellen!)


as kann niemand kontrollieren; denn die Stimme wird
eheim abgegeben.


(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie das kontrollieren?)


etztendlich gehe ich an die Wahlurne und entscheide
ls Elternteil im Sinne und zum Nutzen meiner Tochter.
enau das werden andere Eltern auch tun.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf von der SPD: Sie trauen den Eltern zu wenig zu!)


Ich glaube auch, dass Ihr Begriff „Wahlrecht von Ge-
urt an“ in die Irre führt; denn so, wie es dargestellt wird
nd wie es faktisch aussieht, wird kein Kind und kein






(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach

Jugendlicher vor der Vollendung des 18. Lebensjahres
wählen können. Also ist das ein Etikett, das ein wenig
an eine Mogelpackung erinnert.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Meine Damen und Herren, ich will gar nicht näher auf
die Fälle eingehen, die aufgeklärt werden müssen. Was
ist in Scheidungsfällen? Nimmt der Ehepartner, der die
Familie verlässt, das Wahlrecht mit?


(Rainer Funke [FDP]: Natürlich!)

Was ist denn, wenn Minderjährige Eltern werden? Dann
haben wir zweimal Großeltern, die die elterliche Für-
sorge für die minderjährigen Eltern haben.


(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind aber wirklich Spezialfälle!)


Diese bekommen dann Viertelstimmen.

(Klaus Haupt [FDP]: Das klären wir alles mit der Fünften Durchführungsverordnung!)


Genau das ist der Punkt, lieber Herr Haupt: So sym-
pathisch Ihr Antrag ist, er wird dem Ziel nicht gerecht,
Kinder wirklich wahrzunehmen, ernst zu nehmen und
ihnen Beteiligung zu ermöglichen.


(Ina Lenke [FDP]: Wo ist die Alternative? – Harald Leibrecht [FDP]: Machen Sie doch selbst einmal einen Vorschlag!)


Ich glaube, wir werden, liebe Frau Lenke, den Kindern
besser gerecht, wenn wir für echte Partizipation sorgen,
wenn wir also dafür sorgen, dass Kinder beteiligt wer-
den. Wenn Sie es ernst meinen mit Ihrem Antrag, dann
müsste der nächste Antrag folgen, nämlich der Antrag
auf die Herabsetzung des Wahlalters. Das wäre die logi-
sche Konsequenz. Ich bin gespannt, wie viele von Ihnen
dann noch hier stehen und diesen Antrag unterschreiben
werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor allen Dingen für das passive Wahlrecht!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510223200

Zur Erläuterung für die Zuschauer will ich sagen, dass

ich die Zugehörigkeit zu den Fraktionen nicht bekannt
gebe, wenn ich die Redner aufrufe, weil es Zustimmung
aus allen Fraktionen und ebenso Ablehnung aus allen
Fraktionen gibt. Diese Debatte richtet sich also direkt an
die Abgeordneten, ohne parlamentarische oder fraktio-
nelle Bindung.

Das Wort hat jetzt der Kollege Klaus Haupt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu egeben, der überparteiliche Antrag für ein Wahlrecht on Geburt an ist unkonventionell. Er ist mutig quer geacht, er verlässt die eingetretenen Pfade der Verfasungsinterpretation und wirft Fragen von grundsätzlicher edeutung auf. Mir sind drei Punkte ganz besonders wichtig: erstens as Demokratieprinzip, zweitens die Generationengeechtigkeit, drittens die Rolle der Familie in unserer Geellschaft. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1510223300

Dem Demokratieprinzip kommt in unserem Grund-
esetz eine dominierende Rolle zu. Art. 20 bestimmt,
ass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht – nicht nur
om volljährigen Volk, sondern von jedem Deutschen ab
er Geburt. Die Staatsgewalt wird durch Wahlen und
bstimmungen ausgeübt.


(Barbara Wittig [SPD]: Unter anderem! Nicht nur!)


ieses Prinzip gehört zum Verfassungskern und ist vor
der Änderung prinzipiell geschützt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


n Art. 38 wird diese Ausübung der Volkssouveränität
edoch auf die Staatsbürger beschränkt, die das 18. Le-
ensjahr vollendet haben. Die rund 14 Millionen Min-
erjährigen werden davon ausgeschlossen. Das heißt,
ur etwa 80 Prozent des Volkes legitimieren so die
taatsgewalt, aber mit erheblicher Wirkung auch für die
icht beteiligten 20 Prozent.
Unbestreitbar sehen heute Verfassungsjuristen die
inder als Träger von Grundrechten von Geburt an. Un-
trittig ist, dass das Wahlrecht ein entscheidendes Grund-
echt, ein zentrales Bürgerrecht ist und dass Kinder Bür-
er sind.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Kollegin Fischbach, unser Rechtssystem sieht, soweit
echtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit auseinander fal-
n, übrigens schon seit 100 Jahren die Möglichkeit der
tellvertretung vor und weist diese im Falle von Min-
erjährigen den Eltern als geborene Stellvertreter ihrer
inder zu. Aus Art. 6 des Grundgesetzes, dem besonde-
en Elterngrundrecht, folgen generelle Wahrnehmungs-
echte der Eltern, auch und gerade im Bereich der Aus-
bung der Grundrechte ihrer Kinder. Beispielsweise
ertreten Eltern ihre Kinder bei der Ausübung der als
rundrecht ausgestalteten Religionsfreiheit bis zum Ein-
itt der Teilrechtsmündigkeit mit 14 Jahren. Warum soll
as nicht auch beim Grundrecht auf politische Mitwir-
ung, beim Wahlrecht, möglich sein?






(A) )



(B) )


Klaus Haupt


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb sollen Kinder nach unserer Ansicht Inhaber
des Wahlrechts werden, das treuhänderisch von ihren El-
tern ausgeübt wird, bis die Kinder das Wahlalter erreicht
haben. Selbstverständlich wird man darüber diskutieren
dürfen, ab wann junge Menschen ihr Wahlrecht selbst
ausüben. Der vielfach gegen unseren Antrag ins Feld ge-
führte Grundsatz der Höchstpersönlichkeit steht nicht
im Grundgesetz. Schon heute wird er in der Praxis viel-
fach durchbrochen. In anderen demokratischen Ländern
wie Frankreich oder Großbritannien gibt es ihn in dieser
Form überhaupt nicht. In jedem Fall aber ist er gegen-
über der ausdrücklichen Verfassungsbestimmung, dass
die Staatsgewalt vom Volke ausgeht, absolut nachrangig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, angesichts
der hoch aktuellen Probleme von Verschuldung, Renten-
kürzung und Bildungsmisere verschärft sich in Deutsch-
land die Debatte um das Thema Generationengerech-
tigkeit. Solange unsere Gesellschaft finanzielle und
soziale Lasten auf Pump finanziert, sie auf die junge Ge-
neration verschiebt und ihr die Zukunftschancen raubt,
so lange ist keine Generationengerechtigkeit möglich.
Der Grundfehler der heutigen Politik ist, dass sie nur auf
zwei Generationen fokussiert ist. Der Generationenver-
trag setzt jedoch ein solidarisches Miteinander von drei
Generationen voraus. Die Einführung eines Wahlrechts
ab Geburt würde bedeuten, der Zukunft eine Stimme zu
geben. Mit einem Dreigenerationenwahlrecht würde
der Generationenvertrag mit neuem Leben erfüllt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Familien mit Kin-
dern werden in Deutschland gravierend benachteiligt.
Kinder sind in unserer Gesellschaft inzwischen eines der
größten Armutsrisiken, vor allem für Alleinerziehende.


(Zuruf von der FDP: Gleichzeitig die größte Belastung!)


Obwohl die Familie durch Art. 6 des Grundgesetzes un-
ter besonderen staatlichen Schutz gestellt ist, haben sich
die Lebensverhältnisse der Familien kontinuierlich ver-
schlechtert. Warum? Ihr Einfluss auf politische Entschei-
dungen ist relativ gering.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Also doch ein Familienwahlrecht, Herr Haupt?)


Aufgrund der demographischen Entwicklung wird er
noch dramatisch zurückgehen.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Das ist wahr!)


Wir können die Zukunft der Familien und damit unserer
ganzen Gesellschaft aber nur sichern, wenn wir das poli-
tische Gewicht von Familien und Kindern ihrer gesell-

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(C (D chaftlichen Bedeutung entsprechend durch die Einfühung eines Wahlrechts ab Geburt erhöhen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Noch vor 200 Jahren galt ein allgemeines Männer-
ahlrecht als fixe Idee.


(Barbara Wittig [SPD]: Schreien Sie doch nicht so!)


or 100 Jahren erschien ein Frauenwahlrecht als ebenso
bsurd.


(Gudrun Kopp [FDP]: Genau so ist es!)

ll diese Änderungen wurden zunächst als abwegig,
uspekt und utopisch abgetan. Mit der Anerkennung des
ahlrechts von Geburt an würde unser Wahlrecht durch
en Grundsatz „Jeder Mensch – eine Stimme“ wirklich
u einem allgemeinen Wahlrecht vollendet. Politik
ürde zukunftsfähiger und nachhaltiger, übrigens zum
orteil der gesamten Gesellschaft.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


enn schon Martin Luther stellte fest: „Bei den Kindern
uss angefangen werden, damit es im Staate besser
ird.“
Danke.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510223400

Das Wort hat die Kollegin Irmingard Schewe-Gerigk.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt das Wort der Feministin! – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist das Gegenteil von Basisdemokratie!)



(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Kinder an die Macht!“ – das wünschte sich Herbert
rönemeyer. Und das suggerieren auch die Antragsteller
nd Antragstellerinnen mit ihrem Antrag auf Einführung
ines Wahlrechts von Geburt an. Aber werden Kinder
atsächlich mehr Macht erhalten, wenn ihre Eltern stell-
ertretend für sie wählen können?


(Zuruf von der SPD: Nein!)

ch sage: Nein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


enn nicht die Kinder erhalten mehr Macht, sondern
eren Eltern. Darum müsste es ehrlicherweise






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

Elternwahlrecht heißen oder – in vielen Fällen vielleicht
besser – Väterwahlrecht.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Jetzt verstehe ich das!)


Wir alle wissen doch: In vielen Fällen wären sie es,
die für ihre Kinder die „richtige“ Partei aussuchen wür-
den. Einer der Antragsteller, der Kollege Singhammer,
hätte wunderbare sieben Stimmen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Nicht mehr! Zwei sind schon über 18!)


Ich gehe einmal davon aus, dass die CSU sie bekäme.
Dass so ein „parlamentarisches Kindergeld“ einen Reiz
hat, ist zuzugeben. Unser Grundgesetz hat aber gerade
dies nicht gewollt und 75 Prozent unserer Bevölkerung
sind gegen eine solche Wahlrechtsänderung.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Genauso viele sind gegen die Grünen!)


Die Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichheit
der Wahl schließen es aus, Gruppen verschiedene Stim-
mengewichte beizumessen. Die Kollegin Fischbach hat
gesagt, das preußische Klassenwahlrecht mit unter-
schiedlicher Stimmengewichtung – je nach dem Stand,
ob Adel oder nicht – wurde 1918 abgeschafft. Also ver-
suchen wir doch jetzt nicht, ein solches für Eltern wieder
einzuführen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD, der CDU/CSU und der FDP – Klaus Haupt [FDP]: Polemik! Heiße Luft!)


Der Gleichheitsgrundsatz gehört zum Kern des Grund-
gesetzes und ist somit jeder Veränderung durch das Par-
lament entzogen.

Das Elternwahlrecht käme aber auch in Konflikt mit
dem Prinzip der Höchstpersönlichkeit. Ein höchstper-
sönliches Recht ist unveräußerlich, unübertragbar und
unverzichtbar, Herr Haupt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


Das Wahlrecht duldet keine Stellvertretung. Auch der
Grundsatz der geheimen Wahl wäre gefährdet, wenn sich
Eltern mit ihren Kindern darüber auseinander setzen,
welche Partei zu wählen wäre.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihre Ziele – mehr
Rechte für Kinder bei politischen Entscheidungen, eine
familienfreundlichere Politik durchzusetzen – teile ich
ausdrücklich.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Was tun Sie dafür?)


Verantwortungsvolle Politik, gleich welcher Couleur,
muss die Interessen von Familien und Kindern ernst neh-
men.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das tun Sie aber nicht! Alles Sonntagsreden!)


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(C (D enerationengerechtigkeit ist das zentrale Thema. Die inder sind unsere Zukunft, sie sind es auch, die künftig ie Folgen von Staatsverschuldung, Bildungsmisere und mweltproblemen schultern müssen. Darum ist hier die olitik insgesamt gefragt. Es wäre doch für dieses Haus eradezu ein Armutszeugnis, wenn wir als Politiker und olitikerinnen quasi eine Bankrotterklärung abgeben ürden und die Eltern als Garanten für eine gute Politik räuchten. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Es ist notwendig!)


ch kann Ihnen sagen: Seit 1998 sind die Ausgaben für
amilien von 40,2 auf 60 Milliarden Euro im Jahre 2003
rhöht worden. Das ist eine riesengroße Summe. Trotz-
em brauchen wir weitere Anstrengungen.
Die Einführung eines Elternwahlrechts ist aber nicht

ur verfassungsrechtlich bedenklich, sondern auch le-
ensfremd: Wer sich die konkrete Situation in Familien
inmal vorstellt, entdeckt noch weitere, nicht aufzulö-
ende Widersprüche.


(Rolf Stöckel [SPD]: Ihnen fehlt die Fantasie!)

ind die Kinder noch nicht in der Lage, einen eigenen
ahlwunsch zu bekunden, müssen sich die Eltern darü-
er einigen, durch welche Entscheidung sie dem Kind
um Recht verhelfen.


(Klaus Haupt [FDP]: Eltern schaffen das im Leben! Auch die Alleinerziehenden!)


erade bei älteren Kindern und Jugendlichen ist es doch
chon fast der Regelfall, dass die politische Meinung der
ltern von der der Kinder abweicht. Ich hätte mich je-
enfalls nicht durch meine Eltern vertreten lassen wol-
en.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der CDU/CSU)


Wie sollen die Eltern damit umgehen? Sie sind nicht
n Weisungen ihrer Kinder gebunden, wie zum Beispiel
ahlhelfer, die Menschen mit Behinderungen helfen.
b sich die politische Meinung der Kinder tatsächlich
m Stimmverhalten der Eltern widerspiegelt, ist mehr als
raglich. Der Vergleich, den Herr Haupt vorhin brachte,
ass Eltern ihre Kinder in zivilrechtlichen Angelegen-
eiten vertreten könnten, ist in keiner Weise stichhaltig.
ei einer politischen Wahl handelt es sich um eine politi-
che und ideelle Willensentscheidung und nicht um eine
rivatangelegenheit und ein Privatinteresse.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU – Klaus Haupt [FDP]: Religionsfreiheit ist ein Grundrecht!)


Geradezu lächerlich wird es, wenn Eltern untereinan-
er oder Eltern und Kind unterschiedliche Meinungen
aben. Dafür schlagen Sie den Gang vor das Familien-
ericht vor.


(Klaus Haupt [FDP]: Das steht nicht im Antrag!)







(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

Das soll dann entscheiden, welcher Elternteil nach Ein-
schätzung des Gerichts eher im Sinne und zum Wohle
des Kindes abstimmen würde. Für mich ist das eine ab-
surde Vorstellung und eine Arbeitsbeschaffungsmaß-
nahme, die die Gerichte kurz vor den Bundestagswahlen
lahm legen würde.

Eigentlich stellt sich die Frage: Was ist mit der Ände-
rung des Wahlrechts beabsichtigt? Eine Veränderung der
Parteienlandschaft? In Ihrer Begründung steht

Dabei ist … nicht von einer grundsätzlichen Ver-
schiebung innerhalb des parteipolitischen Spek-
trums auszugehen.

Geht es um mehr Macht und mehr Rechte für eine be-
stimmte Personengruppe? Davon hatten wir uns meiner
Meinung nach schon 1918 verabschiedet. Unsere Demo-
kratie zeichnet sich doch gerade dadurch aus, dass alle
Menschen unabhängig von ihrer Lebensweise die glei-
chen Rechte haben. Das sollte auch so bleiben.

Das berechtigte Ziel, die Interessen von Kindern und
Jugendlichen stärker zu berücksichtigen, lässt sich durch
andere Maßnahmen wie die Absenkung des Wahlalters
oder durch eine verbindliche Beteiligung von Kindern an
politischen Prozessen und Entscheidungen erreichen, die
ihre Belange betreffen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510223500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Petra Pau.

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1510223600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

gibt immer wieder Bestrebungen, ein Wahlalter unter
18 Jahren einzuführen. Sie kommen aus verschiedenen
Parteien. Die PDS spricht sich seit langem dafür aus.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Eine Absenkung des Wahlalters ist ebenso überfällig
wie mehr direkte Demokratie auf Bundesebene. Aller-
dings gibt es – wir bekamen dies eben schon illustriert –
selbst bei den Befürwortern unterschiedliche Auffassun-
gen über die Art und Weise, wie Kinder und Jugendliche
mitbestimmen sollen. Ein wiederkehrender Vorschlag
meint, Eltern sollten das Stimmrecht für ihre Kinder
wahrnehmen. Ich halte dies für falsch;


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


denn es wäre für die Kinder und Jugendlichen keine Mit-
bestimmung. Sie würden selbst dann fremdbestimmt,
wenn ihnen die Eltern sehr nahe stünden.


(Zustimmung bei der SPD)

Eine solche stellvertretende Wahl widerspräche übri-

gens auch dem Grundsatz der geheimen Wahl. Die Kin-
der und Jugendlichen müssten doch vorher sagen, wen

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(C (D ie wählen würden, und sie wären sich hinterher nicht inmal sicher, ob ihr Wunsch tatsächlich erfüllt wurde. enn schon das Szenario gerichtlicher Streitigkeiten ier an die Wand gemalt wurde, dann glaube ich, dass ir diese Streitigkeiten nicht nur vor der Wahl, sondern uch mit Blick auf das Wahlergebnis nach der Wahl häten, wenn Kinder nachrechneten und feststellten, dass ihr ille offensichtlich nicht umgesetzt wurde. (Hans-Joachim Hacker [SPD]: Bei den Wahlen haben Sie Erfahrung, Frau Pau!)


Spannender sind allerdings alle Debatten, die sich
irklich um das Wahlalter drehen. Die einen meinen,
ine Absenkung auf 16 Jahre wäre denkbar. Andere plä-
ieren für 14 Jahre. Die Kinderrechtsorganisation
KRÄTZÄ“ aus Berlin wirbt mit guten Gründen für kei-
erlei Altersbeschränkung. Die „Kinderrächtszänker“,
ie sie in Langfassung heißen, argumentieren demokra-
ietheoretisch. Sie plädieren aber auch aus Erfahrung,
enn sie sagen, nur jene, die wählen könnten, würden
uch von der Politik ernst genommen. Kinder gehören
eider viel zu selten dazu.
Die PDS ist gegen alle Formen, bei denen ohne Not

tellvertretend gewählt wird. Wir sind zugleich für eine
eutliche Senkung des Wahlalters.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Seid ihr eigentlich für die Demokratie?)


rundsätzlich sind wir für mehr Demokratie. Dies sage
ch auch mit Blick auf Vorschläge, künftig nur noch alle
ünf statt bislang alle vier Jahre zur Wahl zu rufen. Der
undestagspräsident bringt dies gelegentlich auch in die
ebatte. Darüber lässt sich reden, vorausgesetzt, mehr
ürgerinnen und Bürger – auch Kinder und Jugendliche,
ie immer auch betroffen sind – können zwischendurch
n Sachfragen mehr direkt bestimmen. Dafür steht auch
ie PDS im Bundestag.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Ach ja, da war noch eine!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510223700

Das Wort hat jetzt der Kollege Johannes Singhammer.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1510223800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! De-
okratie bedeutet im Kern Herrschaft der Mehrheit und
chutz der Minderheit. Kinder sind in Deutschland lei-
er zu einer Minderheit geworden, die Tag für Tag mehr
chrumpft. Im Jahre 1950 waren noch 27,7 Prozent der
enschen in Deutschland unter 18 Jahren, heute sind es
ur noch 18,3 Prozent oder 13 Millionen Kinder und Ju-
endliche. Noch nie war Deutschland ein so von Er-
achsenen geprägtes Land wie in diesen Tagen.


(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Allerdings!)


Die Entwicklung wird so weitergehen. Die Deutschen
erden immer weniger. Die demographische Entwick-
ung verschiebt sich dramatisch. Ein Herausgeber der






(A) )



(B) )


Johannes Singhammer

„FAZ“ hat vor wenigen Tagen ein Buch mit dem Titel
„Das Methusalem-Komplott“ veröffentlicht, in dem er
darauf hinweist, dass jetzt geborene Kinder eine Lebens-
erwartung von 100 Jahren hätten und sich das Verhältnis
von Jung und Alt weiter zuungunsten der Kinder und zu-
gunsten der Erwachsenen verschieben werde.

Wir wollen mit diesem Antrag den Kindern Gehör
verschaffen. Wir glauben nicht, dass damit eine Umkehr
in der demographischen Entwicklung verbunden ist.
Dazu sind viele andere grundlegende Weichenstellungen
nötig.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Das ist doch nichts anderes!)


Aber wir glauben schon, dass die Interessen der Kinder
durch ein allgemeines Wahlrecht besser zur Geltung ge-
bracht werden können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Mit einem Wahlrecht für alle wird sich die Politik nicht
mehr ausschließlich um die Stimmen der Majorität der
Älteren und Erwachsenen bemühen, sondern wird auch
die Anliegen der Kleinsten, Jüngsten und Jugendlichen
nicht mehr aus den Augen verlieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Ehrlich sein!)


Die Betrachtung des Umfelds aus 80 Zentimetern Au-
genhöhe muss nicht zu einer Verzwergung der Politik
führen, sondern kann auch eine neue humane Dimension
eröffnen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Nun wird eine ganze Reihe von Argumenten dagegen
vorgebracht, beispielsweise dass Eltern eigene Interes-
sen haben, die nicht mit denen der Kinder identisch sind.
Ich nehme das Argument ernst, meine aber, dass Eltern
ohnehin originäre Vertreter ihrer Kinder sind. Dies ist
in vielen anderen Lebensbereichen so. Warum dann
nicht bei der Wahl?


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Es geht um die Stärkung der Rechte der Kinder und Jugendlichen!)


Es werden immer wieder die Fragen gestellt: Was ist,
wenn Vater und Mutter unterschiedlicher Meinung sind?
Wer darf dann abstimmen? Was ist bei Geschiedenen?
Welche anderen organisatorischen Probleme tun sich in
diesem Bereich noch auf? Ich denke, es ist hinreichend
dargelegt worden – mittlerweile auch im Schrifttum –,
dass alle diese organisatorischen Fragen lösbar sind. Ich
möchte nur stellvertretend auf ein Interview hinweisen,
das der Verfassungsrichter Paul Kirchhof – er ist nicht ir-
gendjemand, sondern ein anerkannter Experte – zu die-
sem Thema gegeben hat: Alle diese Probleme sind orga-
nisatorisch lösbar.

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(C (D Es wird oft gesagt: Das hat es noch nicht gegeben, das at man bisher nirgendwo so gemacht. Das ist vor jeder usweitung des Wahlrechts so kundgetan worden. 1848 urde das Wahlrecht von den selbstständigen Hausväern auf alle Männer, die das 25. Lebensjahr vollendet atten, erweitert. 1919 in der Weimarer Republik wurde as Wahlrecht auf alle Männer und erstmals auch auf rauen im Alter von mindestens 20 Jahren ausgedehnt. 949 in der Bundesrepublik wurde das Wahlrecht ab 1 Jahren eingeführt. 1972 erfolgte die Absenkung des ahlalters auf 18 Jahre. Es gibt einen starken Trend, das Wahlrecht für alle inzuführen – bei den Kindern und Jugendlichen bis zum lter von 18 Jahren wahrgenommen durch die Eltern. ir sollten uns diesem Trend nicht entgegenstellen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510223900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Barbara Wittig.

Barbara Wittig (SPD):
Rede ID: ID1510224000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zu-

unft unserer Gesellschaft sichern, familien- und kinder-
reundliche Politik durchsetzen, Belange der jungen
eneration in Gesellschaft und Politik angemessen be-
ücksichtigen – das sind Ziele, die ich voll und ganz un-
erstütze. Die Frage ist nur: Führt ein Wahlrecht von Ge-
urt an dorthin?


(Klaus Haupt [FDP]: Ja!)

Nein.
Behauptet wird: Schließe man Minderjährige von der

eilnahme an Wahlen aus, bleibe es bei einer Schieflage
er Familien mit Kindern. Dazu muss ich sagen: Eine
chieflage gab es in der Tat. Nicht umsonst rügte das
undesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom
0. November 1998,

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Die alten Kämpfe! Bleiben Sie doch mal beim Thema!)

ass die Vorgängerregierung den Familienleistungsaus-
leich nicht angemessen weiterentwickelt hat. Unsere
eaktion darauf war: mehr Erziehungsgeld für Kinder,
rhöhung des Kinderfreibetrages, mehr BAföG, 4 Mil-
iarden Euro für die Einrichtung von Ganztagsschulen,
teuerentlastungsbetrag usw. Mit anderen Worten: Seit
ahren arbeiten wir an der Beseitigung der vom Bundes-
erfassungsgericht gerügten Mängel.


(Klaus Haupt [FDP]: Deswegen haben wir 1,1 Millionen Sozialhilfeempfänger bei den Kindern!)


Wir tun das, was gemäß Art. 38 des Grundgesetzes
orgesehen ist: Wir sind die Vertreter des ganzen Volkes
nd somit auch die der Kinder und Jugendlichen unter
8 Jahren.


(Klaus Haupt [FDP]: Das stimmt auch! – Zuruf von der SPD: Richtig!)







(A) )



(B) )


Barbara Wittig

Eine Teilnahme von Minderjährigen an den Wahlen war
für die Aktionen, die ich vorhin aufgezählt habe, einfach
nicht nötig. Das soll auch so bleiben.


(Klaus Haupt [FDP]: Weil wir diese Regierung haben! – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Irgendwie läuft das mit Ihrer Rede nicht!)


Herr Haupt, schon die Wahlgrundsätze in Art. 38 des
Grundgesetzes sprechen gegen ein Wahlrecht von Ge-
burt an. Erstens: die unmittelbare Wahl. Die Stimm-
abgabe ist verfassungsrechtlich nur höchstpersönlich
möglich. Selbst ein Briefwähler hat an Eides Statt zu
versichern, dass er sein Kreuz persönlich gemacht hat.
Das Gebot der höchstpersönlichen Stimmabgabe ist in
§ 14 Bundeswahlgesetz normiert.


(Klaus Haupt [FDP]: Das ist ein nachrangiges Gesetz!)


Dadurch werden die Grundsätze des Art. 38 Grundge-
setz konkretisiert. Wenn man sich Art. 38 Grundgesetz
anschaut, dann sieht man – ich zeige es Ihnen noch ein-
mal –, dass in Abs. 3 ausdrücklich steht, dass das Nähere
ein Bundesgesetz bestimmt. Was wollen Sie also bitte
streichen?

Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl ergibt
sich natürlich auch daraus, dass zwischen dem wahlbe-
rechtigten Kind oder Jugendlichen und dem Wahlbewer-
ber eine dritte Person geschaltet würde. Es wäre eben
nicht sichergestellt, dass der unverfälschte Wille des
Wahlberechtigten zum Durchbruch käme. Zudem würde
sich die Frage stellen, von welchem Willen die Eltern ei-
gentlich ausgehen sollen.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Nichts verstanden! – Klaus Haupt [FDP]: Sie haben das Problem nicht erkannt! Zweitens: die freie Wahl. Da sich die Eltern auch gegen den Willen der schon verständigen Kinder und Jugendlichen an der Wahl beteiligen oder auch nicht beteiligen könnten, kann von einer freien Wahl wohl kaum die Rede sein. Zudem ist auch nicht auszuschließen, dass im Rahmen der gewünschten Eltern-Kind-Gespräche eine Beeinflussung im Sinne der Wahlentscheidung der Eltern erfolgt. Drittens: die gleiche Wahl. Sofern Eltern stellvertretend für ihre Kinder zusätzliche Stimmen erhielten, verfügten sie gegenüber anderen Wahlberechtigten über ein stärkeres Stimmengewicht und somit über einen unterschiedlich großen Einfluss auf das Wahlergebnis. Das Bundesverfassungsgericht stellt dazu übrigens fest: (Markus Löning [FDP]: Haben Sie eigentlich auch politische Anmerkungen?)


Angesichts der in der demokratischen Grundord-
nung verankerten unbedingten Gleichheit aller
Staatsbürger bei der Teilhabe an der Staatswillens-
bildung darf es keine Wertungen geben, die es zu-
lassen würden, beim Zählwert der Stimmen zu dif-
ferenzieren.

Viertens: die geheime Wahl. Dieser Grundsatz wäre
auch verletzt, da sich Wahlberechtigter und Vertreter

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(C (D rundsätzlich austauschen müssten. Die Initiatoren woln ja gerade, dass die Eltern die Wahlentscheidung mit en schon verständigen Kindern und Jugendlichen beprechen müssen. (Markus Löning [FDP]: Sie wollen mit den ganzen Ausreden, die Sie hier laufend bringen, nichts für die Kinder tun! – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Alles Ausreden!)


Das, was Sie erzählen, ist doch Quatsch.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Ein Wahlrecht von
eburt an ist mit den allgemeinen Wahlgrundsätzen des
rundgesetzes nicht vereinbar.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Falsch! – Klaus Haupt [FDP]: Das sehen die Verfassungsrichter anders!)


s kann weder erwartet noch kontrolliert werden, ob die
ber eine oder mehrere Stimmen verfügenden Eltern
iese auch im Interesse ihrer Kinder einsetzen. Wir Ab-
eordnete sind die Vertreter des ganzen Volkes; das habe
ch vorhin schon ausgeführt.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wenn man sich damals so verhalten hätte wie Sie heute, dann wäre das Frauenwahlrecht nicht Wirklichkeit geworden!)


Wir wollen auf unserem Weg zur Vereinbarkeit von
amilie und Beruf, zur Verbesserung von Betreuungs-
öglichkeiten, zu mehr Selbstbestimmung, meine Her-
en von der FDP, gegen Fremdbestimmung durch ein
tellvertreterwahlrecht und zu mehr Beteiligung von
indern und Jugendlichen durch das Einüben eines de-
okratischen Verhaltens weitermarschieren. Um die
erwirklichung dieses verfassungsrechtlichen Auftrags
eht es. Sie können gerne mitmachen.
Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP] – Markus Löning [FDP]: Das sind doch alles Sonntagsreden! Da passiert doch nichts!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510224100

Das Wort hat die Kollegin Antje Vollmer.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510224200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

laube, ein positives Zwischenergebnis können wir an-
esichts der Heftigkeit mancher Debattenbeiträge erst
inmal festhalten: Diese Debatte hat der demokratischen
ultur in diesem Raum auf jeden Fall gut getan.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Ich kann auch nicht bedauern, dass das Wahlrecht in
ieser Debatte und in der Öffentlichkeit zu einer heiß






(A) )



(B) )


Dr. Antje Vollmer

umkämpften Kostbarkeit wird. Das nützt dem Wahl-
recht, der Demokratie und dem Parlament.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Tonlage der Kritiker wundert mich allerdings

manchmal. Ich bin ja für das Wahlrecht von Geburt an.
Ganz ehrlich: Vieles kommt mir genauso vor – ich habe
einmal die gesamten Akten studiert – wie der damalige
Kampf um das Frauenwahlrecht.


(Klaus Haupt [FDP]: Genau so ist es!)

Man fragte zum Beispiel: Sind sie denn schon einsichtig
genug? Wird das nicht die Mehrheitsverhältnisse än-
dern?


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Dabei ging es aber nicht um ein Vertreterwahlrecht!)


All dies sind altbekannte Argumente. Das Wahlrecht in
der Demokratie gilt aber nun einmal ohne Vorbedingun-
gen. Man kann dabei nicht ausrechnen, was zum Schluss
herauskommt; denn das Wahlrecht ist das Königsrecht
der Demokratie.

Im Moment streiten wir vor allen Dingen über den
Punkt: Wer ist eigentlich Bürger dieses Landes? Das
Wahlrecht ist schließlich das vornehmste Bürgerrecht.
Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass der
Bürgerbegriff in der Geschichte tatsächlich eine hochin-
teressante Entwicklung genommen hat. Im alten
Griechenland war er an das Eigentum und an einen be-
stimmten Rang gebunden. Danach gab es das Dreiklas-
senwahlrecht. Dann galt nur das Wahlrecht für Männer,
ab einem bestimmten Zeitpunkt schließlich auch für
Frauen. Später kam noch das Wahlrecht für Ausländer
hinzu. Diesen Gedanken spinnen wir weiter, indem wir
sagen: Bürger ist jeder existierende Mensch dieses Lan-
des. Damit ist das Wahlrecht das zentrale Menschenrecht
in einer Demokratie.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Ich möchte einen weiteren Gedanken ansprechen, von
dem ich vermute, dass er bei einigen der Kritiker eine
Rolle spielt. Kinder vom Wahlrecht auszunehmen geht
von der Idee eines besonderen Schonraums für Kinder
aus, in dem die Politik keine Rolle spielen soll. Es geht
um einen Raum der Privatheit, der von einer meist als
böse verstandenen politischen Welt ausgenommen sein
soll. Nicht nur in diesem Bereich müssen wir feststellen,
dass es in diesem Sinne diesen Schonraum, diesen Frei-
raum von Politik, Werbemöglichkeiten und anderen Ein-
flussnahmen überhaupt nicht mehr gibt. Kinder sind Ob-
jekte von Werbestrategien und Medien. Kinder merken
es, wenn ihre Eltern unter Kriegsängsten leiden. Das
sind Alltagsthemen von Kindern. Deswegen muss man
Abschied von der Idee nehmen, es gebe für Kinder einen
Schonraum, völlig unberührt von dem, was in der Welt
passiert.

Umgekehrt aber wissen alle – das hat sich in den De-
batten der letzten Wochen widergespiegelt –, dass die Si-
tuation von Familien mit Kindern in einer immer älter
werdenden Gesellschaft außerordentlich schwierig ge-

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(C (D orden ist. Ich frage mich die ganze Zeit, warum diese lter werdende Gesellschaft als Geste und Vertrauen chaffendes Angebot die jüngere Generation, die fast 0 Prozent ausmacht, nicht einfach dadurch einbezieht, ass sie ihr das Recht gibt, über die Zukunft, die vor alem ihre Zukunft ist, mit zu entscheiden. Das wäre eine ertrauen schaffende Maßnahme. Alle wissen, dass die praktische Umsetzung solcher aßnahmen sehr schwierig ist. Deswegen ist es die Abicht der Antragsteller, die Politik durch so eine Entcheidung zu binden. Viele Befürworter dieser Initiative ollen Politiker dadurch mehr binden, dass sie diese napp 20 Prozent der Gesellschaft in ihren Entscheidunen berücksichtigen müssen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Mich wundert bei manchen Kritikern deren Heftigkeit
nd Häme. Ich kann nicht umhin, in dieser Häme und
eftigkeit manchmal auch die Gegenwartsfesselung der
inglegesellschaft zu sehen. Wenn man die Parallelen
ur Debatte um das Wahlrecht für Frauen sieht, wundert
ich vor allen Dingen, warum sich gerade die herausra-
enden Vertreterinnen der Feministinnen so heftig gegen
ieses Wahlrecht von Geburt an sperren. Ich persönlich,
ie ich von dieser Frauenbewegung sehr viel profitiert
abe, glaube, dass sie an dieser Stelle einen großen his-
rischen Fehler wiederholt. Er besteht darin, in das Zen-
um der Fraueninteressen nicht das Leben mit Kindern
u rücken, sondern nur das Leben der Frauen für sich.
as war schon in der Vergangenheit ein Fehler der Femi-
istinnen. Ich finde, sie sollten ihn in diesem Fall nicht
iederholen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

s gab einmal eine Zeit, in der alle Argumente gegen
ine Ausweitung des Wahlrechts gegen die Frauen ge-
endet wurden. Daran sollte man sich gelegentlich erin-
ern.
Eltern – so wird angeführt – entscheiden für ihre Kin-

er. Wenn die Eltern nicht für ihre Kinder entscheiden,
ann entscheiden eben diejenigen, die nicht mit Kindern
u tun haben; denn deren Votum wird Wirkung haben.
Wir wissen doch alle: Eltern entscheiden vieles, auch
artes und Schwieriges für Kinder. Sie entscheiden, auf
elche Schule ein Kind kommt, sie entscheiden, wel-
hen Wohnort das Kind hat, sie entscheiden, ob es einer
eligionsgemeinschaft angehört oder nicht und sie ent-
cheiden auch, ob sie sich trennen und die Kinder damit
ine große Belastung des persönlichen Lebens erleiden.
ll dieses entscheiden immer Eltern. Das kann man
icht ändern. Wieso sollen sie nicht auch in diesem Fall
ür eine kurze Zeit entscheiden?
Ich bin übrigens sehr dafür, das Wahlalter zu senken.
as wird ohnehin die Konsequenz sein; denn die Kinder
erden von den Eltern wissen wollen, wie diese das
ahlrecht verwalten. Sie werden dann sagen, dass sie es
elber früher ausüben wollen. Das ist aber Schule in De-
okratie in den Familien. Ehrlich gesagt weiß ich nicht,
as dagegen sprechen soll.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)







(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510224300

Das Wort hat jetzt der Kollege Daniel Bahr.


Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1510224400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon
erfreulich, dass wir heute über dieses wichtige Thema
eben nicht parteipolitisch diskutieren. Die Meinung zur
Frage eines Familienwahlrechts geht quer durch alle Par-
teien.

Es ist auch bemerkenswert, dass sich der erste Grup-
penantrag in dieser Legislaturperiode mit dem Altersauf-
bau unserer Gesellschaft beschäftigt, einem Thema, das
uns noch viel mehr beschäftigen und zu Konsequenzen
anleiten sollte.

Es ist ebenfalls bezeichnend, dass wir heute am
1. April über diesen Antrag diskutieren. Heute treten
nämlich Belastungen für die Rentnerinnen und Rentner
in Kraft. Erstmals werden die Renten in Deutschland de
facto gekürzt.

Der demographische Wandel unserer Gesellschaft
ist eine der größten Herausforderungen, der wir Politiker
uns stellen müssen. Immer mehr ältere Menschen wer-
den immer weniger jüngeren Menschen gegenüberste-
hen. Im Jahre 2030 werden die über 60-jährigen Men-
schen knapp 40 Prozent der deutschen Bevölkerung
ausmachen. Zum Vergleich: Heute ist es nur ein Viertel.
Natürlich – das will ich gar nicht bestreiten – wirkt sich
das auf die Wählerstimmen aus. Die junge Generation
hat deswegen die Sorge – die ist berechtigt –, dass ihre
Interessen unter die Räder der quantitativ stärkeren
Wählerklientel geraten könnten.

Angesichts der Situation der umlagefinanzierten So-
zialsysteme – Rente, Gesundheit und Pflege – drohen
Rentnerfunktionäre heute schon mit der Gründung einer
Rentnerpartei. Ich halte davon nichts. Wer glaubt, mit ei-
ner Rentnerpartei unsere strukturellen Probleme lösen zu
können, irrt gewaltig.

Der Antrag, den wir heute beraten, macht aber auch
eines deutlich: Wir dürfen die Interessen der jungen und
der älteren Generation nicht gegeneinander ausspielen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und der CDU/CSU)


Ich möchte keinen Generationenkrieg heraufbeschwö-
ren. Deshalb müssen wir die unbestreitbaren Lasten, die
auf uns zukommen, fair verteilen. Das Ziel des Antrages
ist es, eine nachhaltige Politik im Interesse der Kinder zu
unterstützen. Mit dem Antrag wird das Ziel aber nicht
erreicht, weil sich nicht das Wahlrecht ändern muss, son-
dern weil sich die Politik ändern muss, damit wir Nach-
haltigkeit hinbekommen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und der CDU/CSU)


Das Familienwahlrecht ist nicht geeignet, das Un-
gleichgewicht zwischen den Generationen zu verändern.
Dass ein neugeborenes Kind nicht zur Wahlurne gehen
kann, ist doch jedem klar. Bei einem Wahlrecht ab Ge-

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(C (D urt muss also jemand anderer, also ein Stellvertreter, as Wahlrecht wahrnehmen. Das wären die Eltern oder ie Erziehungsberechtigten. Deswegen, Frau Kollegin ollmer, ist die Debatte nicht mit dem Frauenwahlrecht u vergleichen. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


enn das Frauenwahlrecht wäre analog dem Modell des
orliegenden Antrags eigentlich ein Ehemännerwahl-
echt, wobei die Ehemänner das Wahlrecht stellvertre-
end für die Frauen wahrnehmen. Darum geht es hier
icht.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Stellvertreter, also die Eltern, vertreten einen Wil-
en, den das Kind zu diesem Zeitpunkt noch nicht äußern
ann. Worin besteht aber der Wille des Kindes? Wo-
ach werden die Eltern entscheiden? Sind es nicht die
ltern, die dann über den Willen der Kinder entschei-
en? Manche Eltern können sich noch nicht einmal auf
en Namen ihres Kindes einigen. Wie sollen sie sich
ann auf die Wahl einer Partei einigen?


(Klaus Haupt [FDP]: One man, one vote!)

Das ist nicht „one man, one vote“, weil mit dem Fami-
ienwahlrecht nicht die Interessen der Kinder vertreten
erden, sondern die Interessen der Eltern mehr Gewicht
rhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und der CDU/CSU)

Nein!)

Lieber Kollege Klaus Haupt, ein Vater, der im Stein-
ohlebergbau arbeitet, wird möglicherweise für sein
ind die Partei wählen, die die Subvention erhalten will.
ffentliche Gelder würden weiterhin für die Vergangen-
eit ausgegeben und für Zukunftsinvestitionen wie Bil-
ung fehlen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Ein weiteres Problem ist Folgendes: Was ist denn,
enn sich während des Reifeprozesses der Jugendlichen
erausstellt, dass sich ihre politische Meinung und die
hrer Eltern voneinander unterscheiden? Ich bin im Alter
on 16 Jahren Mitglied einer Partei geworden. Welche
artei hätten denn meine Eltern möglicherweise ge-
ählt, wenn ich mich ihnen gegenüber schon als 16-Jäh-
iger für eine Partei ausgesprochen hätte? Wie kann denn
ichergestellt werden, dass die Eltern die Partei wählen,
ie ihr Kind bevorzugt? Wie können wir verhindern,
ass sich die Eltern darauf berufen, dass sie besser wis-
en, was für ihr Kind gut ist, und dementsprechend wäh-
en? Der Grundsatz der Höchstpersönlichkeit der Wahl
ürde damit unterlaufen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will nicht verhehlen, dass sich der Vorschlag sym-
athisch anhört. Aber mich hat ein Argument für das






(A) )



(B) )


Daniel Bahr (Münster)


Familienwahlrecht sehr erstaunt. Es wird gesagt, wenn
die jüngere Generation ein erweitertes Stimmrecht hätte,
dann würde die Politik auch mehr auf die Interessen die-
ser Generation eingehen und sich nicht von den Älteren
dominieren lassen. Das aber ist die Kapitulation der Po-
litik. Damit würden wir zugeben, dass in der Politik die
Entscheidungen eindeutig nach Wählergruppen ausge-
richtet werden.


(Klaus Haupt [FDP]: Das ist Realität!)

– Das ist aber nicht unsere Aufgabe, lieber Klaus Haupt.
Unsere Aufgabe ist doch, das Wohl nicht nur unserer
Wählerinnen und Wähler, sondern des gesamten deut-
schen Volkes zu mehren. Deswegen ist Ihr Vorschlag
nicht geeignet.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Klaus Haupt [FDP]: Darum sieht die Politik auch so aus, wie sie aussieht!)


Meine Damen und Herren, wir müssen uns für eine
wirklich generationengerechte Politik engagieren, das
heißt, die strukturellen Probleme in Deutschland zu än-
dern. Der letzte Finanzierungsüberschuss im Bundes-
haushalt wurde 1970 erzielt. Seitdem sind die Schulden
immer weiter gestiegen. Dabei handelt es sich um Hypo-
theken auf die Zukunft, die wir der jungen und kommen-
den Generation hinterlassen. Deswegen brauchen wir
Handschellen, die die Politiker an die Aufgabe binden,
eine generationengerechte Politik zu gestalten. Das be-
deutet für mich zum Beispiel, dass wir einmal in jeder
Legislaturperiode eine Generationenbilanz auflegen,
die zeigt, welche Lasten der jungen Generation in Form
von Schulden, Pensionslasten und Rentenversprechen
auferlegt werden und welche Zukunftsinvestitionen in
Bildung und Infrastruktur getätigt werden. Mit einer sol-
chen Generationenbilanz wird sichtbar, ob die Politik ge-
nerationengerecht ist.

Warum verankern wir das Prinzip der Nachhaltigkeit
und Generationengerechtigkeit nicht endlich auch im
Gesetz? Das würde die Politik mehr binden als ein Fami-
lienwahlrecht, das nicht in erster Linie den jüngeren Ge-
nerationen, sondern den Familien zugute kommt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1510224500

Ich möchte mich zunächst einmal bei allen bedanken,

die sich an dieser Diskussion beteiligt haben. Es war
eine wirklich gute und interessante Diskussion, wie man
sie öfter wiederholen sollte.


(Beifall im ganzen Hause)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/1544 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit

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(C (D inverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweiung so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb – Drucksache 15/1487 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 15/2795 – Berichterstattung: Abgeordnete Dirk Manzewski Ingo Wellenreuther Jerzy Montag Rainer Funke Es liegen vier Änderungsanträge der Fraktion der DP vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist ür die Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – ch höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlosen. Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat der arlamentarische Staatssekretär Alfred Hartenbach das ort. A Herr Präsident! Verehrtes Präsidium! Liebe Kollegin en! Liebe Kollegen! Die vorliegende Reform unseres esetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ist in einer rbeitsgruppe beim Bundesministerium der Justiz im ialog mit Vertretern der Wirtschaft, der Verbrauchererbände, mit Wissenschaftlern und Richtern intensiv orbereitet worden. Wir sind uns in den Zielen weitgehend einig: Wir ollen die Stellung der Verbraucherinnen und Verbrauher stärken, das Werberecht liberalisieren und die Euroatauglichkeit unseres nationalen Rechts verbessern. Was bedeutet das im Einzelnen, Peter? Das neue UWG hebt Überregulierungen auf. Somerund Winterschlussverkäufe, Jubiläumsund äumungsverkäufe werden nicht länger über Verbote ingeengt. Wir schaffen damit Raum für kreative Veraufsideen. Auch künftig werden aber Sommerund interschlussverkäufe möglich sein. Der Einzelhandel ann solche Verkaufsaktionen zeitlich flexibel und dait auch regional unterschiedlich gestalten und ist auch icht wie bisher auf den Verkauf von Saisonartikeln bechränkt. Der Handel kann sich gemeinsam entscheiden, nd zwar innerhalb einer Stadt oder Gemeinde, einer inkaufsstraße oder Passage. Wir setzen auf Selbstregu Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach lierung statt auf staatliche Reglementierung. Das Kartellrecht steht dem nicht entgegen. Das hat uns das Bundeskartellamt ausdrücklich bestätigt. Wichtig ist mir auch: Das neue UWG wird den Verbraucherschutz stärken. Wirtschaftsund Verbraucherrechte sind keine Gegensätze. Im Gegenteil: Die Aufgabe eines modernen Wirtschaftsrechts ist, beidem gerecht zu werden, (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Erste Beratung 63. Sitzung)


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1510224600

(Peter Dreßen [SPD]: Das ist immer gut!)


(Heiterkeit bei der SPD)





(A) )


(B) )


nämlich die Wirtschaft von unsinnigen Fesseln zu be-
freien, aber die Verbraucher dabei nicht zum Freiwild
werden zu lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Verbraucherinnen und Verbraucher werden in unse-
rem Gesetzentwurf erstmals als Schutzsubjekte aus-
drücklich erwähnt. Diesen Programmsatz konkretisieren
wir in den Einzelbestimmungen. So wird die belästi-
gende Werbung ausdrücklich geregelt. Ich finde es
richtig, dass wir hier streng sind. Ich teile deshalb nicht
die Auffassung, dass wir künftig die Telefonwerbung,
die bekanntlich bereits nach geltendem Richterrecht ver-
boten ist, erlauben sollten.


(Rainer Funke [FDP]: Ein Urteil aus dem Jahre 1970!)


Das würde zu erheblichen Belästigungen der Verbrau-
cher durch Telefonanrufe gerade in den Abendstunden
führen. – Das haben Sie, Herr Funke, scheinbar noch
nicht erlebt, weil Sie eine Geheimnummer haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Rainer Funke [FDP]: Nein, ich habe keine Geheimnummer!)


Das sieht im Übrigen nicht nur die Bundesregierung so.
In einer Umfrage des Westdeutschen Rundfunks lehnten
96,5 Prozent der Befragten unverlangte Telefonwerbung
im privaten Bereich ab.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: War das eine Telefonumfrage? – Heiterkeit)


Ich möchte noch einmal festhalten: Da hier keine Ver-
schärfung des geltenden Rechts erfolgt, kann diese Re-
gelung schwerlich Arbeitsplätze vernichten. Die Argu-
mente der Werbewirtschaft, die mit großformatigen
Anzeigen wie dieser, die ich gerade hochhalte, gegen
den Gesetzentwurf Front macht, sind schlichtweg falsch.
Ich sage aus Erfahrung: Wer solche Anzeigen nötig hat,
ist immer im Unrecht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Was ist mit den Anzeigen der Bundesregierung?)


– Wir schalten nicht solche Anzeigen wie die Werbewirt-
schaft, sondern farblich gestaltete. Das ist etwas ganz an-
deres.

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(C (D Herr Staatssekretär, der Kollege von Klaeden möchte ffenbar – wahrscheinlich weil er auf die Entfernung die dresse nicht komplett lesen konnte – as im Einzelnen vorgelesen bekommen. Das ist mögich, wenn Sie ihm Gelegenheit geben, diese Bitte auch örmlich vorzutragen. Al Ich weiß zwar nicht, was er will, aber bitte. Her Können wir dait rechnen, dass die Bundesregierung jetzt beginnt, hren Etat für Öffentlichkeitsarbeit zu reduzieren, oder ar das eine verkappte Kritik an der Öffentlichkeitsareit der Bundesregierung, die ja mit ähnlich großen Aneigen Steuermittel zum Fenster hinauswirft? (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Rainer Funke [FDP]: Sie wird nur noch kleine Anzeigen aufgeben!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510224700

(Heiterkeit)

Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1510224800
Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1510224900
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1510225000

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1510225100

Verehrter Herr Kollege von Klaeden, da ich heute und

n den vorangegangenen Tagen häufiger hier anwesend
ar, weiß ich, dass Ihre Zwischenfragen nicht immer be-
onderen Tiefgang haben. Das gilt auch für diejenige,
ie Sie gerade gestellt haben. Wenn Sie zugehört hätten,
ann wüssten Sie, dass ich gesagt habe: wer solche An-
eigen nötig hat. Aber wir machen schönere Anzeigen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Vor allen Dingen bessere! – Zuruf des Abg. Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU])


Herr Präsident, darf ich noch auf den Zuruf von Herrn
ehb reagieren?

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510225200

Ja, Herr Staatssekretär. Wenn Sie aber schönere An-

eigen versprechen, dann müssen Sie die demnächst
uch mitbringen.
Al
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1510225300

Herr Präsident, da ich Ihren scharfen Geist zu schät-

en und zu achten weiß, sage ich einfach: bessere Anzei-
en als diejenige, die ich hoch gehalten habe. Einver-
tanden, Herr Gehb?
Wenn Sie die Adresse nicht mehr lesen wollen,
öchte ich meine Rede fortsetzen. Eine erhebliche Ver-
esserung des Verbraucherschutzes bringt auch die Neu-
egelung des Gewinnabschöpfungsanspruchs. Wer
orsätzlich viele Verbraucher um kleine Beträge schä-
igt, wird den Gewinn künftig nicht behalten können.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach

Unsere Regelung zum Gewinnabschöpfungsanspruch
geht dem Handel zu weit und den Verbraucherverbänden
nicht weit genug. Das ist ein sicheres Indiz dafür, dass
wir in der Mitte und damit genau richtig liegen.

Ein Blick auf die EU-Regelungen zeigt, dass unser
neues UWG vorbildlich sein wird. In der EU sollen
Wettbewerb und Verbraucherschutz in vollkommen un-
koordinierten Vorschriften geregelt werden. Wir dage-
gen tun gut daran, beides in unserem UWG zu regeln.
Wenn aber Handel und Verbraucher auf Dauer in diesem
gemeinsamen Haus wohnen sollen, dann müssen sich
beide, auch die Verbraucher, darin wohl fühlen. Dazu
brauchen sie eigene, wohnliche Zimmer.

In der EU galt unser altes UWG als antiquiert und in
manchen Bereichen wie eine Zwangsjacke. Bei diesem
Ruf war es für uns schwierig, im Rat Gehör zu finden.
Durch diese Reform können wir uns in Europa künftig
sehen lassen. Dies wird uns helfen, die notwendigen
Nachbesserungen bei den anstehenden Rechtsakten der
EU zu erreichen. Wir haben in der Kooperation mit allen
Beteiligten einen Grundkonsens gefunden, auch und ge-
rade bei den angenehmen Diskussionen der Bericht-
erstatter und in den Ausschüssen dieses Hohen Hauses.
Hierfür möchte ich mich bedanken, auch bei der Opposi-
tion. Herr Grosse-Brömer war da sehr hilfreich, Herr
Funke ebenfalls.


(Rainer Funke [FDP]: Jetzt habe ich etwas falsch gemacht!)


– Ich habe gesagt: Sie waren hilfreich. Das ist doch gut,
oder? Sie haben dazu beigetragen, dass wir nicht so ent-
schieden haben, wie Sie es wollten.

Noch größer wäre meine Freude, wenn die Opposi-
tion über ihren Schatten springen und angesichts der nur
noch sehr geringen Differenzen zustimmen könnte. Da
heute Abend keine Sonne scheint, gibt es keinen Schat-
ten; der Sprung würde also nicht so schwer fallen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510225400

Das Wort hat nun der Kollege Ingo Wellenreuther,

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ingo Wellenreuther (CDU):
Rede ID: ID1510225500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Der Anlass dieser Rede ist ein trauriger: Wir beerdi-
gen heute ein weiteres Projekt von Rot-Grün, nämlich
die Schaffung eines modernen Wettbewerbsrechts.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir beerdigen überhaupt nichts! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das einzig Traurige ist Ihre Rede!)


Es ist noch kein Jahr her, dass es aus dem Justizminis-
terium hieß, Herr Ströbele: Das neue deutsche Wettbe-
werbsrecht soll das liberalste in ganz Europa werden.

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(C (D ußerdem hieß es: Deutschland als Vorreiter in Sachen reier Wettbewerb. Damit sind Sie gescheitert. Die voriegende UWG-Novelle ist weder wirtschaftsfreundlich och praktikabel. Deswegen lehnen wir sie ab. Seit der ersten Lesung im letzten Herbst ist es Ihnen icht gelungen, in entscheidenden Punkten Verbesserunen vorzunehmen. Thema Telefonmarketing: Sie sind in Ihrem Gesetz ntwurf bis heute bei der so genannten Opt-in-Regelung eblieben. Danach darf nur angerufen werden, wer vorer sein ausdrückliches Einverständnis gegeben hat. Auf en ersten Blick erscheint dies vernünftig, weil es vertändlich zu sein scheint, dass keiner durch ungewollte elefonanrufe belästigt werden möchte. Aber bei geauerem Hinsehen ist das kein Argument, weil dadurch ine ganze Branche aus Deutschland vertrieben wird. Wir alle wissen, wie es derzeit um die wirtschaftliche age in Deutschland steht: Die Zahl der Arbeitslosen teigt weiter. Dank rot-grüner Wirtschaftspolitik gibt es ur noch wenige Bereiche, die heute Wachstum versprehen und Arbeitsplätze schaffen. Einer davon sind die so enannten Callcenter. Gerade in den neuen Bundeslänern haben sich besonders viele solcher Center angesieelt. In dieser Branche gibt es deutschlandweit knapp 00 000 Arbeitsplätze. Dort wurden über 20 000 Ausbilungsplätze geschaffen. Auf der einen Seite haben Sie heute Morgen hier im undestag den unsäglichen Gesetzentwurf zur Ausbilungsplatzabgabe vorgestellt und auf der anderen Seite efährden Sie durch die UWG-Novelle eine Vielzahl on Lehrstellen. Das verstehe wer will. Ich bin gespannt, err Hartenbach, wie Sie den Bürgerinnen und Bürgern iesen Widerspruch klar machen wollen. (Andrea Astrid Voßhoff [CDU/CSU]: Mit großen Anzeigen!)


Bereits heute sind viele Callcenter ins Ausland abge-
andert. Mit Ihrem Gesetz werden weitere 50 000 Ar-
eitsplätze vernichtet. Ich kann nur sagen: Deutsches
ettbewerbsrecht als Standortnachteil. Na, bravo!
Wie dramatisch die Lage wirklich ist, Herr
artenbach, beweist eine Anzeige in der „FAZ“ von ges-
ern, die die führenden 13 Callcenterbetreiber geschaltet
aben.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wissen Sie, was diese Callcenter machen?)


Herr Ströbele, zuhören, dann verstehen Sie es besser! –
ch zitiere nur kurz:

Dieses Gesetz vernichtet Ausbildungs- und Arbeits-
plätze, ist keine Basis für den Übergang ins Infor-
mationszeitalter und verlagert massiv Beschäfti-
gung ins liberalere Ausland.

ies, meine Damen und Herren von Rot-Grün, ist keine
timmungsmache, sondern ein verzweifelter Hilfeschrei
er deutschen Wirtschaft, der Sie wirklich zum Nach-
enken bringen sollte. Herr Hartenbach, ich glaube, Sie
üssen sich diese Anzeige noch einmal anschauen.






(A) )



(B) )


Ingo Wellenreuther

Haben Sie eigentlich einmal verfolgt, wie die meisten

unserer europäischen Nachbarn den Wettbewerb regeln?
In zwölf von 15 EU-Mitgliedstaaten ist das Telefon-
marketing grundsätzlich zulässig. England und Frank-
reich haben sich für die so genannte Opt-out-Regelung
entschieden. Das heißt, wer nicht mehr mit Telefonwer-
bung belästigt werden möchte, kann dies im Laufe des
Telefonats kundtun und darf dann nicht mehr telefonisch
beworben werden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen die anderen Callcenter nicht!)


Unsere Fraktion wäre für einen vernünftigen Kom-
promiss zu haben gewesen. Wir sind dafür eingetreten,
dass bei bestehenden Geschäftsverbindungen Anrufe
auch ohne vorherige ausdrückliche Erlaubnis gestattet
sein sollen. Im Gegensatz zur Bundesregierung setzen
wir auf den mündigen Bürger, der in seinen Entschei-
dungen frei ist.

Sie haben sich für die restriktivste Regelung entschie-
den, mit der Begründung, dass damit nur die ständige
Rechtsprechung in Gesetzesform gegossen wird. Herr
Manzewski, wenn Sie, wie angekündigt, ein liberales
Wettbewerbsrecht schaffen wollen, dann ist das Auf-
schreiben dieser deutschen Rechtsprechung allein ein-
fach zu wenig.


(Dirk Manzewski [SPD]: Was?)

Ihre weitere Behauptung, es gebe wegen des im inter-

nationalen Recht heute geltenden Marktortprinzips kei-
nen Standortnachteil für deutsche Unternehmen, ist
schlichtweg falsch. Ein englisches Unternehmen, das in
Deutschland werben möchte, muss sich zwar derzeit an
deutsches Recht halten – heute liegen Sie mit dieser Be-
urteilung also richtig –, aber die Frage ist: Was ist mor-
gen? Der Gesetzesvorschlag von Ihnen steht im Wider-
spruch zu dem Vorschlag für eine europäische
Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken. Diese
Richtlinie enthält eine so genannte Binnenmarktklau-
sel, nach der sich jedes Unternehmen nur an das Wettbe-
werbsrecht seines eigenen Landes halten muss. Wenn
diese Richtlinie planmäßig im nächsten Jahr verabschie-
det wird, dann können Unternehmen mit Sitz im Aus-
land in Deutschland unbeschränkt Telefonmarketing be-
treiben, während deutsche Unternehmen weiter an die
Opt-in-Regelung gebunden sind.


(Dirk Manzewski [SPD]: Das ist so nicht ganz richtig, aber das erkläre ich gleich!)


– Sie können es nachher erklären, Herr Manzewski.

(Dirk Manzewski [SPD]: Ja!)


Die vorgeschlagene Richtlinie verbietet unerwünschte
Telefonanrufe nur dann, wenn sie hartnäckig erfolgen.
Ein erstmaliger Anruf oder ein Anruf im Rahmen beste-
hender Geschäftsbeziehungen, den Sie verbieten wollen,
wäre nach dieser EU-Richtlinie also zulässig. Es ist nicht
zu verstehen, warum Sie diese eindeutigen europäischen
Vorgaben ignorieren.

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(C (D Es ist genauso wenig richtig, dass das Verbot von unrwünschten E-Mails, den so genannten Spams, auch um Verbot von Telefonmarketing führen muss. Sie haen sich dabei auf die Mitteilung der Europäischen ommission über Spams bezogen. Aber dieser Vergleich eht ins Leere. Er zeigt eigentlich ganz deutlich, dass Sie ich mit der Materie nicht intensiv auseinander gesetzt aben. Die Telefonwerbung ist in dem genannten Enturf der EU-Richtlinie ausdrücklich geregelt. Diese Reelung ist eine speziellere. Für einen Rückgriff auf die pam-Regelung besteht daher kein Raum. Welch seltsame Konsequenzen Ihr Entwurf haben ird, möchte ich abschließend an einem kleinen Beispiel erdeutlichen. Wenn ein Vertreter an der Haustür klinelt und der Verbraucher den Hörer der Sprechanlage abimmt, ist das zulässiges Marketing. Wenn ein Mitarbeier eines Callcenters anruft und der Verbraucher ans elefon geht, dann soll das unzulässig sein. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist auch mehr Arbeit, an der Haustür zu klingeln!)


ie hätten diese kuriose Rechtslage ändern können
Herr Ströbele, das hätte vorausgesetzt, dass man sie
berhaupt verstanden hat –, aber passiert ist nichts.
Zweites Thema: Gewinnabschöpfungsanspruch.
echtspolitisch begrüßen wir den Gedanken, dass je-
and das, was er durch wettbewerbswidriges Verhalten
rlangt hat, wieder herausgeben muss. Der Herr Montag
at gesagt, der Gewinnabschöpfungsanspruch sei ein
charfes Schwert zur Durchsetzung des Verbraucher-
chutzes. Falsch. Das Schwert ist stumpf, und zwar aus
ehreren Gründen:
Erstens. Warum sollten die Verbände von ihrem Kla-

erecht überhaupt Gebrauch machen? Wenn sie verlie-
en, tragen sie alle Kosten. Wenn sie gewinnen, müssen
ie den Gewinn an die Staatskasse abführen.
Zweitens. Der ursächliche Zusammenhang zwi-

chen wettbewerbswidrigem Verhalten und erzieltem
ewinn kann nicht festgestellt werden. Auch die In-
tanzrichter müssen eine etwaige Schätzung auf Fakten
tützen. Sie können nicht einfach ins Blaue hinein han-
eln, auch nicht über § 287 ZPO. Meine armen Kollegen
ei den Instanzgerichten tun mir jetzt schon Leid. Die
inzige Folge Ihrer unpraktikablen Regelung ist Rechts-
nsicherheit.
Zu guter Letzt lehnen wir Ihren Gesetzentwurf auch
egen der fehlenden Marktzutrittsregelungen ab. An-
ers als noch im Referentenentwurf vorgesehen, enthält
ie Novelle eine solche Regelung nicht mehr. Mittelstän-
ische Unternehmen hätten dadurch vor einer rechtswid-
igen Betätigung der Kommunen – sie erschließen sich
ettbewerbswidrig neue Einnahmequellen – geschützt
erden können. Leidtragender ist dabei wieder einmal
er Mittelstand; denn die Tätigkeit der Kommunen führt
u einer massiven Wettbewerbsverzerrung.
Meine Damen und Herren von Rot-Grün, mit dieser
ovelle haben Sie die Chance vergeben, ein liberales
nd praktikables Wettbewerbsrecht zu schaffen. Trotz






(A) )



(B) )


Ingo Wellenreuther

einiger zugegebenermaßen guter Ansätze in Ihrem Ge-
setz bleibt es dabei, dass gut gemeint eben nicht gut ge-
macht ist.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rainer Funke [FDP] – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Dafür brauchen Sie uns nicht zu danken!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510225600

Ich erteile der Kollegin Ulrike Höfken, Bündnis 90/

Die Grünen, das Wort.


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510225700

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Zunächst einmal möchte auch ich mich be-
danken, und zwar bei meinen Kollegen von SPD und
Grünen für die gute Zusammenarbeit in puncto Quer-
schnittsaufgabe Verbraucherschutz. Das Gesetz, das wir
heute verabschieden, bringt uns beim Verbraucherschutz
ein großes Stück voran.


(Zuruf von der CDU/CSU: Na?)

Unternehmer erhalten ein modernes Lauterkeitsrecht,
das schwarze Schafe – zu denken ist zum Beispiel an die
eben erwähnten unerwünschten Telefonanrufe und lästi-
gen Spam-Mails – eindeutig in die Ecke stellt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Hier ist klar und unmissverständlich geregelt, dass kein
Werbekontakt ohne die vorherige Einwilligung des Ver-
brauchers erfolgen darf. Alles andere ist und bleibt
rechtswidrig.

Im Gegensatz zur Opposition wollen wir dem Bürger
nicht zumuten, Zeit, Geld und Nerven aufwenden zu
müssen, um seine Privatsphäre zu schützen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es gibt die einfache Regel: Wenn ich nicht ausdrücklich
auffordere oder zustimme, Werbung zu erhalten, dann
sind mein Telefon, mein PC und mein Briefkasten tabu.

Wir haben dieses Thema im Übrigen auch in einer
Anhörung im Rechtsausschuss intensiv beleuchten las-
sen. Die Experten haben den Gesetzentwurf in diesem
Punkt ebenfalls mehrheitlich begrüßt und uns eine re-
daktionelle Klarstellung für Ausnahmen empfohlen, da-
mit zum Beispiel Kundenkontakte im laufenden Ver-
tragsverhältnis unmissverständlich im Rahmen des
UWG liegen. Dem sind wir gefolgt.

Mich wundert, dass die CDU/CSU in diesem Bereich
so unverblümt dem Missbrauch und, wie ich finde, einer
enormen Wirtschafts- und Verbraucherschädigung Rü-
ckendeckung gibt. Ich bin gespannt, was Frau Heinen
gleich dazu sagen wird. Arbeitsplätze, die auf einem sol-
chen Missbrauch beruhen, sind auf Sand gebaut. Außer-
dem muss man betonen, dass diese Belästigungen und

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(C (D er Missbrauch des gesamten Systems wirklich wirtchaftsschädigenden Charakter haben. (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sie müssen differenzieren!)


lso noch einmal: Telefonmarketing ist nur mit der Zu-
timmung des Kunden erlaubt.
Auch der Gewinnabschöpfungsanspruch, besser ge-

agt, der Anspruch auf die Abschöpfung von unrechtmä-
ig erzielten Gewinnen, ist noch einmal auf seine Prakti-
abilität hin überprüft worden. Der neu geregelte
nspruch kann von den Verbraucherverbänden in Zu-
unft geltend gemacht werden, wenn jemand vorsätzlich
egen das UWG verstößt und dadurch Gewinne anhäuft.
ei Werbefaxen – ein typisches Beispiel übrigens –, die
ittlerweile zu Dutzenden täglich dazu auffordern, über
ine kostenpflichtige Nummer die Zusendung wieder ab-
ubestellen, ist der Schaden des Einzelnen möglicher-
eise gering; der Gesamtgewinn des Werbenden aber
ummiert sich bei hunderttausendfach verschickten Fa-
en beachtlich. Neben dem Recht auf Unterlassungs-
lage haben Verbraucherorganisationen nun also eine
eitere Möglichkeit, gegen diese Rechtsverstöße vorzu-
ehen.
Wir haben festgestellt, dass das Verfahren noch etwas

ereinfacht werden kann, allerdings nicht in der Art und
eise, wie es uns die FDP in ihren Änderungsanträgen
mpfiehlt.


(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sie hauen immer alles in einen Topf!)


ie Abschöpfung von unrechtmäßig erzielten Gewinnen
at – das muss man noch einmal sagen – keinen Straf-
harakter. Der Gewinn, der dem Unternehmen wegen
echtswidrigen Verhaltens nicht zusteht, wird wieder
eggenommen. Das ist noch keine Strafe; die würde erst
anach kommen. Mit der Abschöpfung von unrechtmä-
ig erzielten Gewinnen wird lediglich der Anreiz ge-
ommen, vorsätzlich gegen das UWG zu verstoßen. Da-
it hat diese Regelung eine präventive Wirkung und das
st im Grunde auch beabsichtigt.
Dieses Verfahren kann in bewährter Weise durch Ver-

raucherverbände und die anderen berechtigten Einrich-
ungen eingeleitet werden. Dass die FDP hier auf einmal
en staatlichen Eingriff fordert, verwundert doch sehr.
Die unrechtmäßig erzielten Gewinne sollen direkt an

en Bundeshaushalt abgeführt werden. Auch das ist eine
ereinfachung. Zudem wird das Merkmal „auf Kosten
iner Vielzahl von Abnehmern“ durch das Tatbestands-
erkmal „zulasten einer Vielzahl von Abnehmern“ er-
etzt. Dadurch soll klargestellt werden, dass der An-
pruch auf Abschöpfung von unrechtmäßig erzielten
ewinnen nicht die Ermittlung von einzelfallbezogenen
achteilen voraussetzt. Vielmehr ist es ausreichend, dass
urch die Zuwiderhandlung eine Schlechterstellung bei
iner Vielzahl von Abnehmern eingetreten ist.
Die letzte wichtige Änderung, die wir mit den Kolle-

en dankenswerterweise erzielen konnten: Menschen-
erachtende Werbung ist auch weiterhin eine Unlauter-
eitshandlung und daher ausdrücklich verboten. Der






(A) )



(B) )


Ulrike Höfken

hohe Rang der menschlichen Würde, die durch Art. 1
des Grundgesetzes geschützt ist, erfordert ihre Achtung
und Wahrung auch im Wettbewerb. Wettbewerbshand-
lungen sind dann menschenverachtend, wenn sie dem
Betroffenen durch Erniedrigung, Brandmarkung, Verfol-
gung, Ächtung oder durch andere Verhaltensweisen sei-
nen Achtungsanspruch als Mensch absprechen. Wir ha-
ben mit den Regelungen im Rahmen dieser Novelle
klargestellt, dass wir diese Art von Werbung nicht dul-
den.

Mit diesen Änderungen – sie betreffen auch andere
Bereiche, nicht nur den Verbraucherschutz – wird das
vorliegende Gesetz eine runde Sache, die auch für
Europa vorbildlich ist. Unlautere Geschäftspraktiken
treffen Konsumenten und Mitbewerber gleichermaßen.
Hier muss es – auch Sie haben es angesprochen – euro-
paweite Regelungen geben. Dafür werden wir uns ein-
setzen. Denn Wettbewerb macht vor den Grenzen nicht
halt.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510225800

Das Wort hat nun der Kollege Rainer Funke, FDP-

Fraktion.

Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1510225900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Libe-

ralisierung des Lauterkeitsrechts ist eine alte Forderung
der FDP, aber auch der Wirtschaft und des Handels. Wir
freuen uns daher, dass das Gesetz gegen den unlauteren
Wettbewerb novelliert wird, nachdem wir schon zu der
Zeit der alten Regierung im Jahr 1996 entsprechende
Anstöße gegeben haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Aber gemacht haben Sie es nicht!)


Herr Kollege Hartenbach, Sie haben völlig Recht:
Unser altes UWG-Recht ist antiquiert und muss deswe-
gen novelliert werden.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr richtig!)


Ihr Gesetz jedoch hat Licht und Schatten.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So ist das im Leben!)

Ich will zunächst auf das Licht eingehen. Die bisheri-

gen starren Regelungen im Hinblick auf Schlussver-
käufe, Jubiläums- und Räumungsverkäufe fallen weg.
Zukünftig soll es jedem Händler erlaubt sein, wann im-
mer er will, eine Sonderaktion durchzuführen.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU])


Die FDP begrüßt diese neue Regelung ausdrücklich. Sie
entspricht den Vorstellungen einer liberalen Marktord-
nung. Hiervon werden insbesondere die Verbraucherin-

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(C (D en und Verbraucher profitieren. Wichtig war uns, dass ie Händler auch weiterhin die Möglichkeit haben, sich ur Durchführung von Sonderveranstaltungen zusamenzuschließen. Ich komme nun zum Schatten. Zu den Verlierern des euen Wettbewerbsrechts gehören die Anbieter von elefonwerbung. Was in Europa fast überall erlaubt ist, leibt in Deutschland verboten. Es sei denn, es liegt ein inverständnis vor. Der deutsche Sonderweg bei der Teefonwerbung schwächt Wachstumspotenziale und geährdet Arbeitsplätze, uch und gerade in den neuen Bundesländern, wo sich esonders viele Callcenter angesiedelt haben. Dabei andelt es sich um Arbeitsplätze, die sich im Übrigen ervorragend für eine Teilzeitbeschäftigung eignen und eshalb unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit von amilie und Beruf insbesondere für Beschäftigte mit indern interessant sind. Der deutsche Sonderweg bei der Telefonwerbung ist in weiteres Beispiel für die mittelstandsfeindliche und rbeitsplatzvernichtende Politik von Rot-Grün. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


r ist ein Beitrag – das gebe ich zu – zum Aufbau Ost,
ämlich zum Aufbau in Warschau und Prag. Vielleicht
orgt er auch für einen Aufschwung in Luxemburg und
rland. Unternehmen werden sich nämlich dort ansie-
eln, wo Telefonwerbung erlaubt ist. Nach dem Her-
unftslandprinzip können sie dann von dort aus unge-
tört mit dem deutschen Verbraucher in Kontakt treten.
Lieber Herr Hartenbach, wenn Sie ins Hamburger Te-

efonbuch schauen, werden Sie darin den Namen Rainer
unke finden. Jeder kann mich anrufen: jeder Bürger
nd natürlich jeder Staatssekretär. Als mündiger Ver-
raucher bin ich Manns genug, einen Anruf abzuweisen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie haben kein ruhiges Wochenende mehr!)


Mein Name steht doch schon jetzt im Telefonbuch.
ich kann jeder erreichen.
Unterstützen Sie also unser Bemühen, diese Telefon-
erbung wenigstens in eingeschränktem Umfang zu er-
alten! Entsprechende Änderungsanträge liegen Ihnen
or.
Unterstützen Sie uns ferner in unserem Bemühen, den
ewinnabschöpfungsanspruch aus dem UWG zu
treichen! Der Gewinnabschöpfungsanspruch führt zu
inem nicht akzeptablen Eingriff in den Markt. Unter
em Vorwand des Verbraucherschutzes räumt Rot-Grün
en Verbraucherschutzverbänden Rechte ein, die dem
eutschen Recht bisher aus gutem Grund fremd waren
nd uns eher aus der amerikanischen Rechtsordnung mit
hren exzessiven Schadensersatzprozessen bekannt sind.
arktteilnehmer werden unzumutbaren Prozessrisiken
usgesetzt, ohne dass der Verbraucher irgendeinen Vor-
eil hätte. Der Gewinnabschöpfungsanspruch liegt allein






(A) )



(B) )


Rainer Funke

im Verbandsinteresse und im Haushaltsinteresse des
Bundes.


(Beifall bei der FDP)

Derartige Interessen haben im UWG nichts zu suchen.
Der Gewinnabschöpfungsanspruch begegnet deshalb
schwer wiegenden rechtssystematischen Bedenken.

Lassen Sie mich zum Schluss zum unfairen Wettbe-
werb von Kommunen kommen. Unter dem Deckman-
tel der Daseinsvorsorge stoßen Kommunen in immer
neue Geschäftsfelder vor: in das Friedhofswesen, den
Straßenbau und in viele andere Bereiche. Leidtragende
dieser Entwicklung sind insbesondere kleine und mitt-
lere Betriebe im Mittelstand und im Handwerk,


(Ernst Burgbacher [FDP]: Richtig!)

die weder über eine garantierte Finanzausstattung noch
über günstige Finanzierungsmöglichkeiten verfügen


(Beifall bei der FDP)

und zudem einem permanenten Insolvenzrisiko unterlie-
gen. Nach geltendem Recht haben die Unternehmen
praktisch keine Möglichkeit, sich gegen diesen unfairen
Wettbewerb zu wehren.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510226000

Herr Kollege Funke, Sie denken an Ihre Redezeit?


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1510226100

Ja, nur noch wenige Sätze, wenn ich darf.
Das UWG wäre ein geeigneter Ort gewesen, diesen

hemmungslosen erwerbswirtschaftlichen Betätigungen
der Kommunen eine enge Grenze zu setzen. Im Übrigen:
Die Regierung war damit einverstanden. Sie wollte diese
Betätigungen nur nicht hier geregelt haben. Aber das ist
eine faule Ausrede; denn gerade diese gehören in das
Wettbewerbsrecht.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Kurt J. Rossmanith [CDU/ CSU]: Das ist die Stärke der derzeitigen Bundesregierung: faule Ausreden!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510226200

Die letzte unvermeidliche Beschimpfung der Bundes-

regierung war entschieden außerhalb der Redezeit.

(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Hat aber gut getan!)

Dafür hat nun das Wort der Kollege Dirk Manzewski

für die SPD-Fraktion.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Der kann das jetzt zurückweisen! – Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Der SPD-Kollege bekommt eine Minute für die Beschimpfung der Bundesregierung!)


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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir debat ieren heute abschließend über die Reform des Gesetzes egen den unlauteren Wettbewerb. Streitig sind, auch enn das hier anders dargestellt worden ist – ich denke abei an die Rede des Kollegen Funke oder an die Rede es Kollegen Wellenreuther –, allenfalls vier Punkte. eswegen braucht man, wenn man Ihre Kritik überimmt, auch wenn sie mit der Sache nichts zu tun hat, icht wie üblich den Untergang des Abendlandes an die and zu malen. Zum einen geht es um die Frage – das ist hier ange prochen worden –, wie wir zukünftig in Deutschland it Telefonmarketing umgehen. Die Bundesregierung at sich insoweit für die so genannte Opt-in-Regelung ntschieden. Das heißt, Telefonwerbung darf nur nach orherigem Einverständnis mit dem Empfänger erfolen. Ich halte das anders als Sie, liebe Kolleginnen und ollegen von der Opposition, für richtig – und dies nicht ur deshalb, weil die Bundesregierung damit der heute eltenden Rechtsprechung folgt. Schon heute ist anderes erboten. Für die Rechtsprechung stellen nämlich unaufeforderte private Telefonanrufe zur Werbung oder zur eschäftsanbahnung einen groben Missbrauch durch unontrollierbares Eindringen in die häusliche Sphäre dar nd sind deshalb verboten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1510226300

Die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land
einige sitzen ja heute im Zuschauerbereich – können
roh sein, dass das so ist. Wenn man Ihnen folgen würde,
äre die Konsequenz, dass man zu jeder Tages- und
achtzeit Anrufe bekommen würde, um mit mehr oder
eniger frohen und unsinnigen Werbebotschaften und
ngeboten beglückt zu werden. Die Bürgerinnen und
ürger wären dem hilflos ausgeliefert;


(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Mein Gott!)

enn sie wissen ja nicht, wer sie anruft, und sind quasi
ezwungen, zunächst das Telefonat anzunehmen, gleich
o sie sich gerade befinden und womit sie sich gerade
eschäftigen.
Wenn erst einmal ein Unternehmen damit angefangen

at, dann wird sich dies ausweiten. Denn andere Unter-
ehmen werden spätestens dann nachziehen müssen,
enn sie Verluste beim eigenen Marktanteil hinnehmen
üssen. Darauf, dass man sich in diesem Zusammen-
ang insbesondere die schwächeren Marktteilnehmer he-
aussuchen wird und bei dieser Art von Werbung die
rößeren Unternehmen den kleineren Unternehmen ge-
enüber klar im Vorteil sind, will ich nicht weiter einge-
en.
Im Übrigen – das ist hier nicht richtig deutlich gewor-

en – sind Anrufe nicht völlig ausgeschlossen. Das muss
ur vorher ausdrücklich vereinbart werden. In einem
ertrag kann geregelt sein, dass Anrufe erlaubt sind.
Auch Anrufe im mutmaßlichen Interesse sind mög-

ich. Wenn zum Beispiel eine Gesetzesänderung durch
en Bundestag Einfluss auf einen Lebensversicherungs-






(A) )



(B) )


Dirk Manzewski

vertrag hat, kann der Lebensversicherer selbstverständ-
lich bei seinem Kunden anrufen und ihn darauf hinwei-
sen, dass eine Anpassung des Vertrages möglich ist. Das
geht.


(Rainer Funke [FDP]: Aber nicht die Konkurrenz!)


– Natürlich nicht die Konkurrenz. Das wollen wir auch
nicht.


(Rainer Funke [FDP]: Wettbewerbsschädlich!)

Wir wollen nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger zu
jeder Tages- und Nachtzeit mit solchen Werbeanrufen
belästigt werden. Wie Sie das anders sehen können, kann
ich nicht begreifen.


(Lebhafter Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Entmündigen Sie doch nicht ständig die Bürger!)


Meine Damen und Herren, dass das alternativlos ist,
zeigt im Grunde genommen schon Ihr eigener Vor-
schlag. Sie präferieren die so genannte Opt-out-Lösung.
Das heißt, die Unternehmen dürfen nach Belieben anru-
fen. Derjenige, der dies nicht möchte, muss sich in eine
so genannte Robinsonliste eintragen lassen. Wer sich
darin eintragen lässt, wird angeblich nicht angerufen.


(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Man kann auch einfach auflegen!)


Aber wer führt diese Robinsonliste? Wer bringt sie im-
mer wieder auf den neuesten Stand? Dabei meine ich
nicht nur Neuanmeldungen, sondern auch Adressen- und
Namensänderungen. Das sind alles ungeklärte Fragen.


(Unruhe bei der CDU/CSU)

– Man merkt, wie nervös Sie werden, weil Sie dagegen
nicht vernünftig argumentieren können.

Entscheidend ist aber Folgendes: Was passiert, wenn
ein Unternehmen sich einfach nicht an diese Robinson-
liste hält, wenn es gleichwohl die hierin festgehaltenen
Personen anruft? Hier wird relativ schnell deutlich, dass
die Robinsonliste überhaupt keine Verbindlichkeit hat.
Dementsprechend hätte ein solches Vorgehen keine
Konsequenzen für die Unternehmen. Weil dies so ist,
stellt sie keine annehmbare Alternative zum Gesetzent-
wurf dar.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wie wenig Erfolg dieser Vorschlag verspricht, ergibt
sich im Übrigen aus Folgendem: Die Werbewirtschaft
hat uns schriftlich mitgeteilt, dass es bei einem gesetzli-
chen Telefonmarketingverbot zu einem Abbau von Ar-
beitsplätzen kommen werde. Aber dies kann nur der Fall
sein, wenn schon heute Menschen in einem Bereich ar-
beiten, der verboten ist. Denn solche Anrufe sind bereits
verboten,


(Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Wo steht das?)


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(C (D enn auch bislang nur durch die Rechtsprechung. Wer ich heute schon nicht an die Rechtsprechung hält und erart unerlaubt wirbt, der wird sich erst recht nicht an ine unverbindliche Robinsonliste halten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510226400

Herr Kollege Manzewski, jetzt möchten gleich meh-

ere Kollegen Zusatzfragen stellen.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das muss zu später Stunde nur bedingt sein!)


unächst der Kollege Gehb.


Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1510226500

Ja.


Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1510226600

Herr Manzewski, habe ich richtig in Erinnerung, dass

ie bei Forderungen der Opposition, Tatbestände – etwa
raffiti – unter Strafe zu stellen, häufig gesagt haben,
as habe gar keinen Sinn, weil man der Täter sowieso
icht habhaft werden könne?


(Lachen bei der SPD)

ie erklärt sich Ihre spontane Sucht nach Bestrafung im
ergleich zu Ihrer Haltung, wenn man nachts die Häuser
ollgespritzt bekommt?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das hat nun wirklich nichts miteinander zu tun!)



Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1510226700

Was? – Ich habe offen gestanden nicht verstanden,
ollege Gehb, was das mit meinem Vortrag zu tun hat.


Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1510226800

Er hat es nicht verstanden, Herr Präsident; dann wie-

erhole ich die Frage.

(Zurufe von der SPD: Nein!)



Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1510226900

Gerne.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beim Telefon kann man feststellen, wer anruft!)



Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1510227000

Habe ich richtig verstanden, dass Sie in der Vergan-

enheit häufig Forderungen der Opposition nach Bestra-
ung bestimmter Tatbestände mit dem Einwand begegnet
ind, die Strafbewehrung – materielles Recht – bringe
ichts, weil man der Täter im Verfolgungswege kaum
abhaft werden könne, so etwa beim Graffiti?


Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1510227100

Ja.






(A) )



(B) )



Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1510227200

Worin sehen Sie den Unterschied zwischen der Ver-

folgung etwa von Graffititätern und der Verfolgung von
Leuten, die einen nachts oder wann auch immer anru-
fen?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist auch durch Wiederholung nicht besser geworden!)


Können Sie mir das erklären?

Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1510227300

Das habe ich immer noch nicht verstanden. Was hat

das eine mit dem anderen zu tun?

(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Ich danke für die Beantwortung! Auch nach zweimaligem Fragen hat Herr Manzewski die Frage nicht verstanden!)

– Die Frage war so dämlich, Kollege Gehb, dass man sie
nicht verstehen konnte.

Nächste Frage.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510227400

Nun möchte der Kollege Rossmanith eine Frage stel-

len.

Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1510227500

Ja, selbstverständlich.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510227600

Bitte schön.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Aber, Herr Präsident, so schwer war die Frage doch gar nicht!)


– Es hilft nicht weiter, wenn der Präsident die Frage ver-
standen hat, Herr Schauerte. Das muss schon zwischen
dem Fragesteller und dem Redner abgewickelt werden.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das habe ich auch unterstellt, Herr Präsident!)


Bitte schön, Herr Rossmanith.

Kurt J. Rossmanith (CSU):
Rede ID: ID1510227700

Herr Kollege Manzewski, halten Sie die Bürgerinnen

und Bürger unseres Landes für so unfähig,

(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nein! Setzen!)

dass sie nicht in der Lage sind, den Telefonhörer schlicht
und einfach wieder aufzulegen?


(Lachen bei der SPD – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist ja unglaublich! Auch Sie haben überhaupt nichts verstanden! – Weitere Zurufe von der SPD)



Dirk Manzewski (SPD):
Rede ID: ID1510227800

Darf ich diese Frage beantworten, liebe Kolleginnen

und Kollegen? – Das ist genau das Problem, das ich an-

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(C (D esprochen hatte. Darum geht es meiner Auffassung ach nicht. Natürlich können die Bürger entsprechend eagieren. Aber in jeder Situation – wo immer sie sich erade befinden, zu jeder Tagesund Nachtzeit – sind sie rst einmal gezwungen, sich zum Telefon zu begeben nd das Telefonat anzunehmen. Sie müssen sich das einfach einmal vorstellen. Das assiert nicht nur einmal am Tag, sondern mehrfach. Geau diese Situation hat der Bundesgerichtshof als nicht inzunehmendes Eindringen in die Privatsphäre bezeichet. Diese Einschätzung teile ich; das sehe ich genauso ie der Bundesgerichtshof. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ch folge mit meiner Auffassung der ständigen Recht-
prechung dazu.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Lauschangriff!)


Mich wundert im Übrigen schon sehr, liebe Kollegin-
en und Kollegen, wie sehr sich die Opposition anderer-
eits für das Spam-Verbot einsetzt, also gegen die Wer-
ung mittels elektronischer Post. Das wundert mich sehr,
eil die elektronische Post bei weitem nicht so weit in
ie Privatsphäre eingreift wie eben Telefonate. Auf eine
MS-Mitteilung oder eine E-Mail brauche ich nicht im-
er gleich zu reagieren; ich kann sie mir gegebenenfalls
och später anschauen oder brauche sie mir, wenn ich
ähere Erkenntnisse über den Adressaten habe, auch gar
icht anzuschauen. Wenn allerdings das Telefon klingelt
damit gehe ich noch einmal auf Ihre Frage ein, Herr
ollege Rossmanith –, sieht das völlig anders aus: Ich
in gezwungen, den Anruf erst anzunehmen, um festzu-
tellen, wer am anderen Ende ist. Da sehe ich schon ei-
en erheblichen Unterschied.
Wie sehr die Wirtschaft darunter leidet, ergibt sich

icht zuletzt aus der aktuellen Mitteilung der Kommis-
ion an das Europäische Parlament über unerbetene Wer-
enachrichten. Das ganz große Problem ist, dass sich in
er Regel nicht die seriösen Unternehmen dieses Me-
iums bedienen, sondern eher die unseriösen Unterneh-
en. Gerade bei Spam ist es mittlerweile sogar so, dass
ie seriösen Unternehmen Angst davor haben. Sie sagen:
as Medium gerät in ein derart schlechtes Licht, dass
ir mit unserem seriösen Verhalten dort gar keine
arktchancen mehr haben.
Wenn Sie auf die Situation im europäischen Aus-

and aufmerksam machen, wo dies tatsächlich laxer ge-
andhabt wird, dann kann ich Ihnen nur eines sagen:
an muss nicht jeden Unsinn, der in anderen Ländern
emacht wird, mitmachen, Herr Kollege Wellenreuther.
enn Sie auch noch sagen, die entsprechende Richtlinie
um UWG handhabe das anders, dann muss ich Ihnen
ntgegnen: Die Richtlinie, die Sie angesprochen haben,
eht von einer Vollharmonisierung aus. Einer Vollhar-
onisierung steht jedoch immer noch Rom II entgegen.
enn wir nicht zu einer Vollharmonisierung kommen,
ird bei uns auch nicht das Herkunftsprinzip gelten.






(A) )



(B) )


Dirk Manzewski

Wie vorsichtig – das ist ganz interessant, weil Herr

Kollege Schauerte gleich noch redet – man mit Liberali-
sierungen im Wettbewerbsrecht umgehen muss, zeigt im
Übrigen der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte,
nämlich die Abschaffung von Sommer- und Winter-
schlussverkauf. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie
sehr hat uns die Wirtschaft noch in der letzten Legisla-
turperiode immer wieder dazu gedrängt, so schnell wie
möglich Rabattgesetz und Zugabeverordnung abzu-
schaffen! Mittlerweile hat sich das Bild ein wenig geän-
dert; denn insbesondere beim Einzelhandel hat man fest-
stellen müssen, dass der Bürger trotz vermeintlicher
Billigangebote nur das ausgeben kann, was er im Porte-
monnaie hat, dass die Großen mehr davon profitieren als
die Kleinen und dass Geiz nicht immer geil sein muss.
Die Bürger werden zurzeit derart mit Rabattaktionen
überfrachtet, dass sich die hiervon versprochenen
Effekte für die Wirtschaft nicht ergeben haben. Ganz im
Gegenteil, liebe Kolleginnen und Kollegen: Meiner Auf-
fassung nach sind die Verbraucher eher verunsichert.

Ich hatte seinerzeit erhebliche Probleme damit, ge-
nauso wie der Kollege Schauerte am Anfang, ich bin
aber als Jurist für eine stringente Regelung. Nach Aufhe-
bung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung machen
Sommer- und Winterschlussverkauf einfach gar keinen
Sinn mehr, schon allein deshalb nicht, weil anders als
früher kurz zuvor zum Beispiel mit einem Vorsommer-
schlussverkauf oder einer wie auch immer gearteten ähn-
lichen Rabattaktion geworben werden darf. Dies hat
nicht zuletzt der letzte Winterschlussverkauf mit seinen
schlechten Ergebnissen gezeigt. Sommer- und Winter-
schlussverkauf – das hat die Anhörung ergeben – wür-
den einzig noch eine kostenlose Werbung für den Einzel-
handel darstellen. Das kann nicht Sinn und Zweck des
UWG sein.

Streitig ist des Weiteren noch die Frage nach dem so
genannten Gewinnabschöpfungsanspruch. Bei unlau-
teren Wettbewerbshandlungen gibt es bislang nur die
Möglichkeiten einer Unterlassungsklage oder einer
Klage auf Schadenersatz. Insbesondere in den Fällen, in
denen eine Vielzahl von Abnehmern nur zu jeweils klei-
nen Beträgen geschädigt worden ist, kam es oft zu dem
unbefriedigenden Ergebnis, dass der unlauter Handelnde
den hieraus gezogenen Gewinn behalten durfte. Dies
kann eigentlich niemand ernsthaft wollen, zumal sich
der Anspruch nur gegen vorsätzlich Handelnde richten
soll.

Soweit die Opposition die Gewinnermittlung für
problematisch erachtet, teile ich diese Bedenken, die ich
anfangs auch etwas hatte, nicht mehr. Ich bin insbeson-
dere nach der Befragung des Vertreters des Bundesge-
richtshofs in der Sachverständigenanhörung zu dem Er-
gebnis gekommen, dass dies meinen Kolleginnen und
Kollegen aus der Rechtsprechung keine Probleme berei-
ten wird. Eine Gewinnermittlung ist insbesondere dem
BGB ja nun auch nicht völlig unbekannt; ich erinnere an
§ 721 und § 252 BGB. Einen Strafrechtscharakter ver-
mag ich auch nicht zu erkennen, da hier kein Strafaus-
spruch erfolgt, sondern lediglich die Herausgabe des wi-
derrechtlich Gewonnenen verlangt wird.

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(C (D Wenn kritisiert wird, dass sich der Bund dabei etwas uschustere, muss man ganz klar sagen: Da sind wir auf ie Ergebnisse der Anhörung eingegangen; das war am nfang im Gesetz ganz anders geregelt. Von den Sacherständigen ist der Vorschlag gekommen, dass diese elder – anders, als es geplant war – nicht den Verbänen, sondern dem Bund zufließen sollen. Sie werden mir echt geben, dass das die breite Meinung in dem Sacherständigenkollegium war. Ich halte den Gewinnabchöpfungsanspruch für praktikabel und richtig. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zuletzt ist von den Vertretern der Opposition gerügt
orden, dass im UWG keine Aussage zum wirtschaftli-
hen Handeln der öffentlichen Hand gemacht wird.
ch meine, dass das UWG allgemeinverbindlich zu sein
at und eine Lex, die die öffentliche Hand betrifft, des-
alb nichts im UWG zu suchen hat.
Meine Damen und Herren, ich meine, dass der Bun-

esregierung mit diesem Gesetzentwurf ein guter Ent-
urf gelungen ist.


(Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Das ist der Witz des Tages!)


hre Kritik ist marginal und beschränkt sich auf wenige
unkte. Wie Sie meiner Rede entnommen haben, sind
hre Argumente auch nicht besonders stichhaltig.


(Zuruf von der CDU/CSU: Im Gegenteil!)

eshalb fordere ich Sie auf,


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ultimativ!)


em Gesetzentwurf der Bundesregierung zuzustimmen.

(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das erstaunt uns ja!)

ir jedenfalls werden das tun.
Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510227900

Das Wort hat nun die Kollegin Ursula Heinen, CDU/
SU-Fraktion.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Obwohl sie eigentlich nicht mehr reden müsste!)



Ursula Heinen (CDU):
Rede ID: ID1510228000

Das tue ich aber mit ganz besonderem Vergnügen,
eil so viele Fragen offen geblieben sind.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die
undesregierung wollte bei der Reform des Gesetzes ge-
en den unlauteren Wettbewerb auch EU-Recht beein-
lussen und hierfür ein Vorbild schaffen.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun wir auch!)







(A) )



(B) )


Ursula Heinen

Das ist ein Ziel, das wir durchaus unterstützen. Wir ha-
ben immer wieder gesagt, dass das eine gute Idee ist, da-
mit wir in Deutschland einmal Vorreiter für die Rechtset-
zung auf europäischer Ebene sind.

Wir brauchen – darüber sind wir uns sicherlich alle
einig – eine grenzübergreifende Harmonisierung des
Lauterkeitsrechts. Aber die Antwort auf eine Frage sind
Sie völlig schuldig geblieben, obwohl verschiedene Kol-
legen, zum Beispiel Herr Funke oder Herr
Wellenreuther, diese Frage aufgeworfen haben: Wie ver-
einbaren Sie zum Beispiel beim Telefonmarketing un-
sere UWG-Regelung mit der Binnenmarktklausel und
der Rechtsetzung im jeweiligen Herkunftsland?

Sprich: Nach der Binnenmarktklausel soll bei Wettbe-
werbsverstößen – so ist es geplant – das Herkunftsland-
prinzip gelten. Das heißt, dass ein Unternehmen aus dem
Ausland bei uns in Deutschland anrufen darf.


(Erich G. Fritz [CDU/CSU]: So ist es!)

In Deutschland gilt der Bezug auf den Marktort, also das
Recht des Angerufenen. Wie wollen Sie diese Regelun-
gen miteinander verbinden? Wie wollen Sie, wenn die
Binnenmarktklausel gilt, verhindern, dass die Unterneh-
men tatsächlich, wie es manche Kollegen gesagt haben,
vom Ausland aus bei uns in Deutschland anrufen, weil
sie das nach dem EU-Recht dürfen? Die Antwort auf
diese Frage sind Sie schuldig geblieben.


(Dirk Manzewski [SPD]: Ich habe sie beantwortet, Frau Kollegin! – Zuruf von der CDU/ CSU: Hört! Hört!)


Daher kann ich Ihnen vorhersagen, dass die von Ihnen
vorgesehene UWG-Bestimmung eine Haltbarkeit von
gerade einmal einem halben Jahr haben wird. Das war
Punkt eins.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Punkt zwei. Jetzt komme ich auf den Inhalt Ihres Ent-

wurfs zu sprechen. Beim Thema Telefonmarketing zeigt
sich Ihre gesamte Denkweise, was Sie vom Verbraucher
halten und wie er Ihrer Meinung nach geschützt werden
muss. In der Tat scheint es eine gute Idee zu sein, zu sa-
gen, dass die Verbraucher nicht angerufen werden dür-
fen, das Telefonmarketing also – bis auf laufende
Geschäftsbeziehungen – ganz zu verbieten. Allerdings
muss man dann festlegen, wann es sich um eine lau-
fende Geschäftsbeziehung handelt. Handelt es sich also
um keine laufende Geschäftsbeziehung, wenn man sie
erst vor ein paar Wochen eingegangen ist, sodass man
nicht angerufen werden darf? Oder gilt das erst bei län-
geren Zeiträumen? Das ist mir nicht ganz klar.

Wir haben vorgeschlagen, eine modifizierte Opt-in-
Regelung einzuführen. Es wäre in der Tat überhaupt
kein Problem gewesen, sie in Art. 7 aufzunehmen


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir können ja mal eine Volksbefragung machen!)


und festzulegen: Wenn ein Unternehmen die elektroni-
sche Adresse und die Telefonnummer eines Kunden be-
kommen hat, darf es ihn auch anrufen. Ich verstehe

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(C (D icht, warum man diesen Zusatz nicht eingefügt hat. Das äre eine Opt-in-Regelung gewesen, die eine Ausnahme rmöglicht. Das wäre gegenüber der Wirtschaft und den erbrauchern fair gewesen. Welche Regelung besteht jetzt? Nach Ihrem Vor chlag darf beispielsweise die Firma Mercedes-Benz einen BMW-Kunden mehr anrufen, (Dirk Manzewski [SPD]: Das darf sie schon jetzt nicht! – Gegenruf des Abg. Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Jetzt hört mal zu!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


eil es sich hierbei nicht um eine laufende Geschäftsbe-
iehung handelt. Aber wie sieht es beim Thema Wahl-
erbung aus, die natürlich gesondert geregelt wird? Sie,
olleginnen und Kollegen von der Koalition, dürfen
eine mutmaßlichen Wähler belästigen.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Die haben ja keine eigenen mehr! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Genau! Deshalb können sie ja nur noch bei Wettbewerbern anrufen!)


ch finde, Sie müssten auch dem einen Riegel vorschie-
en. Wieso darf die SPD meine Leute anrufen, aber Mer-
edes-Benz die BMW-Kunden nicht anrufen? Ich muss
agen: Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat mit Politik zu tun!)


enn Sie glauben, dass Ihre Anrufe die Leute nicht ner-
en, dann ist Ihnen nicht zu helfen.
Tatsächlich gehen Ihre Vorstellungen an der Lebens-
irklichkeit vorbei.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie unterstützen den Telefonterror! – Gegenruf von der CDU/CSU: Sie machen Regierungsterror!)


ch kann Sie nur herzlich auffordern, sich noch einmal
nzuschauen, was Sie da angerichtet haben, und zu ver-
uchen, unseren Vorschlägen, die auch von der Wirt-
chaft unterstützt werden, entgegenzukommen. Wir
ümmern uns um die Verbraucher, wir kümmern uns
ber auch um die Wirtschaft, weil es um den Ausgleich
er Interessen beider geht.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Schein-Verbraucherschutz!)


Ich will noch etwas zu den E-Mails sagen: Ich
laube, Sie haben nicht ganz begriffen, warum Firmen
nrufen. Sie rufen doch nicht an, um die Leute zu beläs-
igen;


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)


ie wollen Kunden werben. Es gibt einen Unterschied
wischen automatisierten E-Mails bzw. Faxen und per-
önlichen Anrufen über Callcenter;






(A) )



(B) )


Ursula Heinen


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist noch viel schlimmer!)

das sollten Sie bei Ihren Überlegungen beachten.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Belästigung ist schädlich!)


Ich wette mit Ihnen heute hier, dass wir, wenn die
Binnenmarktklausel, das EU-Recht kommt, wir wieder
hier sitzen müssen, um das UWG zu überarbeiten – wie
alles, was Sie hier in diesem Hause durchpeitschen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie unterstützen den Psychoterror!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510228100

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

Kollege Hartmut Schauerte für die CDU/CSU-Fraktion.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1510228200

Herr Präsident! Meine liebe Kolleginnen und Kolle-

gen! Ich will drei Punkte noch einmal kurz ansprechen;
denn eigentlich beschäftigen wir uns mit einer Materie,
bei der man sich nicht streiten muss, wenn guter Wille
auf allen Seiten da ist.

Das eine ist das Thema Gewinnabschöpfungs-
anspruch. Sie haben ja nachgebessert – Sie haben selber
erkannt, dass Ihre ersten Entwürfe viel zu weit gingen
und bestimmten Klagen und Fehlentwicklungen Tür und
Tor geöffnet hätten –, eine Beschränkung auf Vorsatz
vorgenommen und verfügt, dass der abgeschöpfte Ge-
winn an eine staatliche Stelle abzuführen sei. Die Rege-
lung ist aber sehr kompliziert. Immer noch besteht ein
hohes Interesse, zu klagen.

Wir haben eine einfachere Regelung vorgeschlagen:
Die Gewinnabschöpfung soll das Kartellamt vornehmen;
der Fall soll beim Kartellamt landen. Das ist ein absolut
handhabbarer Weg: Keiner muss Angst haben, dass seine
Geschäftsgeheimnisse, seine kalkulatorischen Grundla-
gen vor einer staunenden Öffentlichkeit ausgebreitet
werden. Das Kartellamt kennt die Fälle und die Pro-
bleme ohnehin; das wäre einfach zu handhaben gewesen
und vernünftig. Sie haben sich dem nicht beugen kön-
nen, weil Sie Ihren Verbraucherverbänden etwas Ge-
schmäckle machen wollten, ein eigenes geschäftliches
Interesse, permanent solche Klagen anzustrengen.

Wir sagen: Vorsicht! Wir wollen keine amerikani-
schen Verhältnisse im Wettbewerbsrecht. Sie alle wis-
sen, wie das die Wirtschaft lähmen kann, zu welchen
abstrusen Entwicklungen das führen kann, wie fehlge-
steuert reine Geldinteressen sind, wie Abmahnvereine
ihr Unwesen entwickeln, sodass man nicht mehr zum
normalen Wirtschaften kommt. Deshalb ist unsere Emp-
fehlung: Ändern Sie Ihre Position an der Stelle noch ein-
mal und öffnen Sie sich unseren Vorschlägen! Ansonsten
werden wir es ändern, wenn wir regieren. Wir halten Ih-
ren Weg für falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Der zweite Punkt ist das Sonderveranstaltungsrecht. ir haben das Rabattgesetz Gott sei Dank gemeinsam bgeschafft. Der Wunsch nach der Durchführung von ommerbzw. Winterschlussverkäufen ist jetzt probleatisch. Deswegen haben wir uns dem nicht geöffnet, uch wenn die Verbände das gefordert haben. Klar sein uss aber – das hätte man etwas klarer machen können, enn man es in die Begründung aufgenommen hätte –, ass die Verbände gemeinsam einen Sommeroder einen interschlussverkauf oder allgemein einen Schlussverauf für eine Region und für eine bestimmte Zeit verabeden können. Was natürlich nicht sein darf, sind Preisereinbarungen. Es gibt ein berechtigtes Interesse des andels, solche Vereinbarungen treffen zu können. Aber iesbezüglich ist Ihr Gesetzentwurf unserer Meinung ach nicht klar genug formuliert. Nach dem, was ich öre, will sich das Bundeskartellamt vernünftig verhalen, von den Länderkartellbehörden droht aber das eine der andere. (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie wissen es doch! Dann sagen Sie es denen!)


enn es in der Begründung etwas klarer formuliert wor-
en wäre, hätten wir dieses Problem lösen können.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will einen dritten Punkt benennen, der heute noch

ar nicht angesprochen worden ist, den wir allerdings
nter Mittelstandsgesichtspunkten für sehr wichtig hal-
en. Wir hatten mit einer Reihe von Verbänden darum
ebeten, die wirtschaftliche Betätigung von Kommu-
en im UWG-Recht mit zu erfassen. In der jetzigen Fas-
ung sieht § 3 Nr. 11 vor, das Marktverhalten im Inte-
esse der Marktteilnehmer zu regeln. Wir wollten, dass
oder den Marktzutritt“ hinzugefügt wird.
Was verbirgt sich hinter dieser schlichten Formulie-

ung? Sie wissen, dass wir unendlich viele Abgren-
ungsprobleme haben und in wachsendem Maße bekom-
en werden, was öffentliche Hände wirtschaftlich tun
ollen und was die Privatwirtschaft tun soll. In vielen
ändergesetzen wurde beschlossen, was die öffentlichen
ände in Form von wirtschaftlicher Betätigung nicht tun
ollen. Wir wollen mit diesem kleinen Zusatz an unser
estreben erinnern, dass sich alle an diese Landesge-
etze halten. Wir müssen es an irgendeiner Stelle ahnden
nd unter Strafe stellen, wenn dies nicht geschieht.
Eigentlich ist an die SPD die Frage zu stellen: Warum
ollt ihr nicht, dass ein Gesetz, das ihr selber auf Bun-
es- oder auf Landesebene beschlossen habt, anschlie-
end auch ernsthaft beachtet und eingehalten wird? Nur
m diese Frage ging es. Ihrer Klärung haben Sie sich
erweigert; das ist schade. Wir werden deswegen eine
eihe weiterer Prozesse führen müssen. Sie alle kennen
ie Abgrenzungsprobleme, die vermeidbar gewesen wä-
en. Wenn man einen eindeutigen Hinweis darauf ins
esetz geschrieben hätte, hätte jeder, auch jeder Käm-
erer, gewusst, worauf er zu achten hat; denn die Markt-
utrittsregelungen sind genauso ernsthafte Wettbewerbs-
nd Lauterkeitsregeln wie die Marktverhaltensregelun-
en. Eigentlich gehört das sinnvollerweise zusammen.
ier lagen die Unterschiede.






(A) )



(B) )


Hartmut Schauerte

80 oder 90 Prozent dessen, was jetzt vorliegt, ist ver-

nünftig; das haben wir gemeinsam entwickelt. Da es
beim Rest an Vernunft bei Ihnen gefehlt hat – das ist, ge-
messen an Ihren sonstigen Gesetzgebungsvorhaben, eine
ausgesprochen kleine Defizitquote –, können wir nicht
zustimmen. Dafür werden Sie sicherlich Verständnis ha-
ben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Überhaupt kein Verständnis!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510228300

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der

Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes
gegen den unlauteren Wettbewerb auf der Druck-
sache 15/1487. Der Rechtsausschuss empfiehlt auf
Drucksache 15/2795, den Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung anzunehmen. Dazu liegen vier Ände-
rungsanträge der FDP-Fraktion vor, über die wir zuerst
abstimmen.

Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-
sache 15/2852? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-
sache 15/2853? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Auch dieser Änderungsantrag ist abgelehnt.

Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-
sache 15/2854? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Der Änderungsantrag ist abgelehnt.

Ich ahne, was mit dem vierten Änderungsantrag auf
Drucksache 15/2855 passiert. Wer stimmt dafür? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Es reicht nicht;
der Änderungsantrag ist abgelehnt.

Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung zustimmen, um das Handzei-
chen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Da-
mit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenom-
men.

Wir kommen zur
dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen, sich zu erheben. – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzent-
wurf ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stim-
men der Opposition angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Cajus
Caesar, Peter H. Carstensen (Nordstrand),
Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Urwaldschutz durch nachhaltige Holz- und
Forstwirtschaft stärken
– Drucksache 15/2747 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache zu diesem Tagesordnungspunkt eine halbe tunde vorgesehen. – Dazu höre ich keinen Widerpruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst dem ollegen Cajus Caesar das Wort. Wenn ich „Julius“ gesagt hätte, könnte er meinen, er ätte noch zusätzliche Redezeit. Davon kann keine Rede ein. Bitte schön, Herr Kollege. Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! ie Union sieht im Erhalt unserer Urwälder eine der entralen Herausforderungen unserer Gesellschaft. ichtig ist dies, um die Ernährung der vor Ort lebenden enschen zu sichern, für den Klimaschutz, für die Ar envielfalt und die komplexen Ökosysteme, aber natürich auch um den wertvollen Rohstoff Holz nachhaltig ur Verfügung zu haben. Illegalität, Kriminalität und auch Profitgier Einzelner ürfen nicht zulasten der Natur und unserer Gesamtgeellschaft gehen. CDU und CSU wollen deshalb mit dem ier eingebrachten Antrag deutlich machen, wie wichtig ieses Vorhaben auch für unsere Kinder, für unsere Enel, ja für die zukünftigen Generationen ist. Unser Anrag findet aufgrund seiner Wichtigkeit daher sicherlich ie Unterstützung aller Fraktionen. 15 Millionen Hektar Urwald gehen jährlich verloren. as entspricht der Fläche von Bayern, Baden-Württemerg und Niedersachsen. Das ist eine riesige Fläche, die ährlich verloren geht. Hier in Deutschland reden wir ber Versiegelung, dort reden wir über Verwüstung, Verteppung und damit auch über eine Vernachlässigung uneres Klimas. Nur 20 Prozent der Urwälder sind noch unberührt. eshalb gibt es aus unserer Sicht dringenden Handungsbedarf. Wir setzen darauf, dass die Bundesregieung vor dem Hintergrund unserer sechs Punkte in dieem Bereich tätig wird; denn das ist wichtig. Wir bitten ie Bundesregierung deshalb, den illegalen Holzeinchlag schnellstmöglich zu stoppen. Durch Raubbau, urch illegalen Einschlag werden riesige Flächen entaldet. Diese Flächen werden innerhalb kürzester Zeit drei bis fünf Jahre – vorübergehend landwirtschaftlich enutzt. Dann versteppen sie oder sie werden zur Wüste. Cajus Caesar (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schauen wir, wo das Holz geblieben ist!)


(Zurufe von der CDU/CSU: Cajus Julius!)

Cajus Julius Caesar (CDU):
Rede ID: ID1510228400

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


Schauen wir uns einmal die Verhältnismäßigkeit der
Mittel an, die wir zum Klimaschutz und zur CO2-Re-duzierung einsetzen. In diesen Tagen streitet die Bun-
desregierung über den Emissionshandel.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie leider nicht, weil es Sie nicht interessiert!)


Wir reden über die zukünftigen Regelungen im EEG.
Wir diskutieren auch darüber, ob wir 2, 2,5 oder 3 Milli-
arden Euro im Zuge von Stromeinspeisung für die erneu-
erbaren Energien ausgeben. Hinzu kommen rund
500 Millionen Euro als Steuersubventionen für Investiti-
onen und rund 500 Millionen Euro allein in Nord-
deutschland für die Kosten der Netzerweiterung. Die
Tatsache, dass gleichzeitig täglich 40 000 Hektar Wald
auf Dauer verloren gehen und versteppen, hat weitaus
größere Auswirkungen auf das Klima. Da richten wir
mit zweieinhalb Milliarden Euro im Jahr für den Klima-
schutz nur wenig aus. Das kann nicht sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wie sieht es mit den entsprechenden Mitteln im Bun-

deshaushalt aus? 1998, zu Unionszeiten, hatten wir noch
etwa 130 bis 150 Millionen Euro pro Jahr für diesen Be-
reich im Haushalt. Die Mittel sind kontinuierlich zurück-
gegangen auf jetzt rund 100 Millionen Euro im Jahr. Da-
durch werden wichtige Projekte vernachlässigt. Das
trägt nicht dazu bei, voranzukommen, stattdessen schrei-
tet die negative Entwicklung weiter fort. Deshalb bitten
wir als Union Sie, hinsichtlich dieses Antrages tätig zu
werden, sowohl haushaltsrelevant als auch gesetzgebe-
risch.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der soll einmal in unsere Büros schauen!)


Dies ist auch eine Frage der Wirtschaft. Sie haben ei-
nen Zwischenruf gemacht. Sie sollten natürlich auch an
die Kooperation zwischen den Menschen vor Ort, an die
wirtschaftliche Entwicklung und an den Klimaschutz
denken. Wenn Holz in Deutschland illegal eingeführt
wird, dann schadet das auch unserer Holzwirtschaft,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gehen wir einmal in unsere Büros hier!)


weil das Holz zu Dumpingpreisen verkauft wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510228500

Herr Kollege Caesar, darf der Kollege Schauerte eine

Zwischenfrage stellen?


Cajus Julius Caesar (CDU):
Rede ID: ID1510228600

Aber selbstverständlich, Herr Präsident.

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(C (D Herr Kollege Caesar, ich bedanke mich für die Mög ichkeit, eine Zwischenfrage zu stellen. Wir alle sind der einung, dass für die Rettung des Urwalds unterschied iche Wege möglich sind, aber viel getan werden muss. as halten Sie von Aktionen wie die meiner benachbar en Brauerei Krombacher, die sagt: Wenn man einen asten Bier von ihr kauft, kauft und sichert sie dafür auerhaft 1 Quadratmeter Urwald? Ich bedanke mich beim Kollegen Schauerte für diese rage. Natürlich ist es sinnvoll, wenn sich jeder Einzelne aus em Bereich der Naturschutzverbände und der Wirtchaft sowie natürlich auch jeder von uns für die Erhalung des Urwaldes und damit natürlich auch für die dort ebenden Menschen, für die Natur und für die wirtschaftiche Entwicklung der Menschen dort und hier engagiert. eshalb können wir solche Aktionen auch nur unterstüten. Ich darf sagen: Das ist sehr positiv. Weiter so – auch m Kreis Olpe! (Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Fragen Sie mal, wie viel Quadratmeter Urwald er schon gerettet hat!)

Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1510228700
Cajus Julius Caesar (CDU):
Rede ID: ID1510228800

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wenn wir
on der Verhältnismäßigkeit reden, dann ist es schon
ichtig, dass wir dabei natürlich auch daran denken,
ass es nicht sein kann, dass wir den 1,3 Millionen
aldbesitzern hier durch eine geplante Novellierung
es Bundeswaldgesetzes vorschreiben wollen, welche
flanze auf welchem Quadratmeter in welcher Höhe ge-
etzt wird, gleichzeitig aber das Große aus den Augen
erlieren. Ich denke, es ist wichtig, zu wissen, dass
0 Prozent aller Pflanzenarten der Welt in den tropischen
rwäldern vorkommen. Deshalb gilt es, hier den Schutz
nzusetzen. Auf einem Hektar Regenwald am Amazonas
eben etwa 400 verschiedene Baumarten und damit mehr
ls in ganz Europa. Auch das zeigt, wie wertvoll diese
ebiete für unsere Natur sind.
Diejenigen, die durch die Natur schreiten, wissen,

ass es hier etwa einige Monate dauert, bis aus den Blät-
ern Humus wird. Schauen wir uns einmal die Besonder-
eiten des Urwaldes an. Was glauben Sie, wie lange es
m Tropenwald dauert? – Dort sind es vier Tage. Daran
rkennen wir, welche Kräfte das Klima dort freisetzt und
elche Möglichkeiten dort vorhanden sind. 50 000 ver-
chiedene Tierarten leben im Regenwald auf einem Qua-
ratkilometer. Deshalb sagen wir als Union: Es lohnt
ich, hier tätig zu werden und den Urwald für unsere
elt, für unsere Generation und auch für unsere Kinder
u erhalten, zu schützen und dort, wo er zerstört wurde,
ieder zu entwickeln.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wesentlich ist auch – darüber haben wir auch hier im

lenum schon mehrfach diskutiert –, wie es mit unserem
asservorkommen und unserer Wasserreinheit aus-

ieht. Schauen wir uns einmal die Tropenwälder an.
iese versorgen 1 Milliarde Menschen mit Süßwasser.






(A) )



(B) )


Cajus Caesar

Sie sind zudem ein gigantischer Filter für Luft und Was-
ser. Auch dies dürfen wir nicht außer Acht lassen. Diese
Urwälder sind in Hundert Millionen Jahren entstanden
und werden in wenigen Jahren zerstört.

Es ist wichtig, den Lebensraum der Menschen vor
Ort, die direkt im Wald leben, zu sichern. Nur ein Wald,
der seinen An- und Bewohnern die Chance des wirt-
schaftlichen Überlebens bietet, kann auf Dauer selbst
überleben. Deshalb müssen wir uns anschauen, wie die
Menschen vor Ort ihren Wald beobachten und wie sie ja-
gen, fischen und sich von Wildpflanzen ernähren. Dabei
nehmen sie von der Natur nicht mehr in Anspruch, als
erforderlich ist, um auf Dauer – also nachhaltig – dort le-
ben zu können.

Wenn die Wälder dort illegal genutzt und abgeholzt
werden, dann bedeutet das, dass diesen Menschen ihre
Lebensgrundlage genommen wird und sie in die Städte
abwandern müssen. In den Armutsvierteln der Städte le-
ben sie dann in Armut, unterernährt und in Arbeitslosig-
keit. Auch das muss man hier berücksichtigen. Das be-
trifft nicht einen oder zehn, sondern zig Millionen
Menschen.

Es ist wichtig, zu beobachten, was dort geschieht.
Durch die illegale Nutzung eines wertvollen Mahago-
nistammes, der dort für etwa 30 Euro erworben wird, ist
es möglich, auf dem Exportmarkt 3 000 Euro zu erzie-
len. Wenn man den Stamm in Blockwaren massiv und
Furnierholz zerlegt, dann kann er beim Verkauf an den
Endverbraucher einen Wert von rund 100 000 Euro er-
zielen. Daran erkennen Sie die Gewinnspannen. Das
kann nicht sein. Das schadet allen – auch unserem Holz-
markt. Deshalb müssen wir hier tätig werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Noch gibt es 13,5 Millionen Quadratkilometer Ur-

wald. Das sind aber nur noch etwa 20 Prozent der ur-
sprünglichen unberührten Fläche. Deshalb müssen wir
handeln: an der Westküste Kanadas mit tausendjährigen
Zedern, Fichten, Tannen und dem Vorkommen des Wol-
fes genauso wie in den Bergwäldern Chiles, aber auch
im westlichen Russland, in den Schneewäldern Sibi-
riens, in den Regenwäldern Südostasiens oder in den Re-
genwäldern des Amazonas mit über 60 000 Pflanzen,
1 000 Vogel- und mehr als 300 Säugetierarten.

Was sollte die Bundesregierung tun? Wir haben das in
unserem Antrag in sechs Punkten formuliert. Es ist aber
zusätzlich wichtig, dass durch Waldinventuren die
wertvollen Gebiete – ich meine wertvoll für die Natur,
den Artenschutz und die wirtschaftliche Entwicklung –
dokumentiert werden und dass insbesondere durch inter-
nationale Vereinbarungen sichergestellt wird, diese
Gebiete zu erhalten. Unser Antrag zielt darauf, das Mit-
einander von Schutz, Erhalten und nachhaltiger Ent-
wicklung zu gewährleisten. Nachhaltige Entwicklung ist
nichts anderes, als nicht mehr Holz zu nutzen, als im
gleichen Zeitraum auf einer bestimmten Fläche nach-
wächst.

Wir müssen die Rahmenbedingungen für die vor Ort
lebenden Menschen entsprechend gestalten. Das hat et-
was mit dem Wald, mit legaler Holznutzung, aber auch

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(C (D it der dortigen Landwirtschaft zu tun. Man muss wisen, dass viele Flächen nur wenige Jahre landwirtschaftich genutzt werden können, weil dann die Nährstoffe erbraucht sind. Damit gehen diese Flächen für die Erährung der Bevölkerung endgültig verloren. Deshalb uss man auch im Rahmen der Landwirtschaft tätig erden, wodurch die Lebensgrundlagen der Menschen ewährleistet werden können, sodass sie nicht auf Einahmen aus dem Wald angewiesen sind. Wir müssen im Bereich der Entwicklungshilfe bei er Ausbildung aktiv werden. An unseren Fachhochchulen und Universitäten müssen wir junge Menschen usbilden, die anschließend vor Ort tätig sein werden. ir müssen aber auch internationale Instrumente und ereinbarungen nutzen, um hier voranzukommen, indem ir nur zertifiziertes Holz aus nachhaltiger Wirtschaft in nseren Wirtschaftskreislauf einführen. Wir müssen benso dafür sorgen, dass Bereiche, die illegal abgeholzt urden und noch nicht versteppt und verwüstet sind, urch Wiederaufforstungsmaßnahmen und auch durch lantagen – das sage ich ganz deutlich; denn eine Planage ist mir immer noch lieber als eine Wüste – wieder in en Kreislauf eingebunden werden. Ich sage es noch einmal: Schluss mit illegalem Holz inschlag! Es ist besonders wichtig, dass nicht jährlich ine bewaldete Fläche von der Größe der Waldfläche der undesrepublik Deutschland verloren geht. Das können nd dürfen wir uns nicht leisten, sonst steht im ahre 2050 – so sagen es die Experten – am Amazonas ein Baum mehr. Wir werden unserer Verantwortung nur dann gerecht, enn wir jetzt tatsächlich aktiv werden. Deshalb darf ich ie alle bitten: Unterstützen Sie die sechs Forderungen n unserem Antrag! Dann sind wir im Bereich der Arutsbekämpfung, des Klimaschutzes, der Artenvielfalt nd der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung auf em richtigen Weg. Ich bedanke mich. Ich erteile das Wort der Kollegin Gabriele Hillerhm, SPD-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol ege Caesar, nicht Sie, sondern Greenpeace hat vor kurem den Entwurf eines Urwaldschutzgesetzes in die Disussion gebracht. Ich habe dieses wichtige Thema in der etzten Plenardebatte zum Wald aufgegriffen und eine emeinsame politische Initiative aller Fraktionen dieses auses angeboten. Dieses Angebot steht nach wie vor. Ich war allerdings schon überrascht, dass Sie, liebe olleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion, ieses Angebot nicht aufgegriffen haben Gabriele Hiller-Ohm (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Ist das eine Frage der Eitelkeit? Es geht um den Wald, nicht um Eitelkeiten!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
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(Beifall bei der SPD)

Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1510229000

(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


und nun Ihren Antrag im Alleingang präsentieren. Was
sagt uns das? Sie haben mit diesem Verhalten wieder
einmal Ihre Schwäche unter Beweis gestellt.


(Beifall bei der SPD)

Sie machen dicke Backen, sorgen aber nicht für die not-
wendigen parlamentarischen Mehrheiten, um Ihre Anlie-
gen durchzubringen. Für die Sache wäre ein breiter poli-
tischer Konsens wichtig. Vielleicht, Herr Kollege
Caesar, bekommen wir das im Ausschuss hin.

Man sieht es dem Holz nicht an, ob es legal oder ille-
gal geschlagen wurde. Wir finden es deshalb richtig,
dass dem Importeur eine Pflicht zur Nachvollziehbar-
keit der Produkt- und Handelskette auferlegt wird.
Das ist eine Forderung in Ihrem Antrag. Wie können wir
das erreichen? Ein wirksamer Weg ist eine umfassende,
international anerkannte Zertifizierung, die auch die so-
zialen Belange der Länder und deren Bevölkerung ein-
schließt. FSC ist zurzeit das einzige Siegel, das diese
Kriterien im internationalen Maßstab erfüllt. Wenn es Ih-
nen mit Ihrer Forderung ernst ist, dann müssen Sie Ihren
ideologisch befrachteten Widerstand gegen dieses Siegel
endlich aufgeben.

Ihr vorliegender Antrag beschränkt sich fast aus-
schließlich auf nationale Sanktionen. Das ist uns zu we-
nig. Mit nationalen Alleingängen retten wir die Urwäl-
der nicht. Wir brauchen weltweit völkerrechtlich
verbindliche Regelungen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Bundesregierung ist auf internationaler Ebene trei-
bende Kraft.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Helmut Kohl war da ganz weit vorne!)


Dazu zwei Beispiele. Das erste Beispiel ist die
7. Vertragsstaatenkonferenz zur Konvention über die
biologische Vielfalt. Bis 2010 soll ein internationales
Netzwerk von geschützten Gebieten zu Land und bis
2012 ein solches für die Weltmeere geschaffen werden.
Das zweite Beispiel ist der europäische Aktionsplan zum
Schutz der internationalen Wälder, kurz: FLEGT. Mit
den betroffenen Ländern werden Partnerschaften ge-
schlossen und gemeinsam wirksame Systeme zur Rück-
verfolgbarkeit des Holzes entwickelt. Dies geschieht
übrigens zurzeit mit Russland.

Um international glaubwürdig zu bleiben, müssen wir
alle uns zur Verfügung stehenden nationalen Maßnah-
men ausschöpfen. Das ist überhaupt keine Frage. Ein
wirksames Instrument könnte vielleicht das Geld-
wäschegesetz sein. Aber ist es richtig und sinnvoll, eine
rein nationale Insellösung anzustreben? Wir haben ein
starkes Europa und müssen den Raubbau an den letzten
Urwäldern gemeinsam bekämpfen. Das ist eine viel wir-
kungsvollere Strategie.

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(C (D Die Europäische Kommission arbeitet zurzeit an inem Verordnungsvorschlag zum Nachweis der legalen erkunft von Holz in der EU. Ergebnisse werden bis itte dieses Jahres erwartet. Ich bin schon über das Veralten der CDU/CSU in diesem Punkt überrascht. Sonst ind Sie doch auch immer gegen nationale Alleingänge. ch habe noch sehr wohl die Diskussion über die chweinehaltungsverordnung und die Käfighaltung von egehennen im Ohr. Da hieß es: Bloß kein deutscher onderweg. – Und jetzt? Volle Rolle rückwärts. Das ist chon ein bisschen erstaunlich. Was können wir noch tun, um Importe von illegal ge chlagenem Holz einzudämmen? Wir stärken den Abatz von heimischem Holz, zum Beispiel mit der Charta ür Holz. Die Chancen stehen gut; denn wir haben deutich mehr Holzressourcen, als wir verbrauchen. Im Geensatz zu den Urwäldern, die immer mehr schwinden, achsen unsere Holzund Waldbestände. Dies ist ein rfolg rot-grüner Umweltund Wirtschaftspolitik. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Das glaubt Ihnen keiner!)


Mit der Novellierung des Bundeswaldgesetzes und
er Festschreibung naturnaher Waldwirtschaft werden
ir diesen Erfolgskurs fortsetzen. Wir machen das auch
it dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Sie, Herr Kol-
ege Caesar, haben es angesprochen. Dieses Gesetz
chließt unsere Wälder als Energieträger ein und sieht
ine angemessene Förderung von Waldholz als Bio-
asse zur Stromgewinnung vor. Ihnen ist diese Aufwer-
ung in Ihrer Regierungszeit nicht gelungen, obwohl Ih-
en der Wald offensichtlich so am Herzen liegt.
Das Gesetz wird morgen hier im Bundestag beschlos-

en werden.
Sie werden es nicht ablehnen können, meine Damen

nd Herren von der CDU/CSU-Fraktion,

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können zustimmen!)

enn es Ihnen wirklich ernst mit den Wäldern ist.
Morgen werden Sie in diesem Hause Ihre politische
laubwürdigkeit unter Beweis stellen müssen. Ich bin
ir ziemlich sicher, dass Sie sie, wie schon so oft, wie-
er einmal verspielen werden. Ihre großen Worte sind
ichts als heiße Luft,


(Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg [CDU/CSU]: Das haben wir von Ihnen gelernt!)


ie möglicherweise zur Klimaerwärmung, aber nicht
um Schutz unserer Wälder beitragen werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510229100

Das Wort hat nun die Kollegin Christel Happach-
asan, FDP-Fraktion.






(A) )



(B) )



Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1510229200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, die

Sie hier noch ausharren! Frau Hiller-Ohm, es ist schon
einzigartig, die Schweinehaltungsverordnung mit dem
Urwald in Indonesien in Verbindung zu bringen. Ich
habe nicht den Eindruck, dass Ihnen der Urwaldschutz
wirklich am Herzen liegt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Jeder von uns hat eine Vorstellung davon, was Urwäl-

der sind. Sie sind Sinnbild für eine ursprüngliche Natur.
Weil wir in Deutschland fast keine ursprüngliche, vom
Menschen nicht beeinflusste Natur mehr haben, üben
Urwälder eine besondere Faszination auf uns aus.

Wir beobachten seit Jahrzehnten die Zerstörung der
Urwälder der Erde. Der brutale illegale Raubbau ist eine
wesentliche Ursache dafür. Ich finde, Sie haben das ein-
drucksvoll beschrieben, Herr Caesar. Die Armut der Be-
völkerung in verschiedenen Ländern der Erde trägt aber
ebenfalls zur Zerstörung der Urwälder bei.

Wir brauchen die Urwälder für die Menschen vor Ort,
für den Schutz von Klima, Wasser und Artenvielfalt,
aber auch als Quelle für den nachwachsenden Rohstoff
Holz. Für die Bekämpfung beider Ursachen für die Zer-
störung von Urwäldern müssen wir eine jeweils eigene
Strategie finden. Holz aus illegalem Raubbau darf bei
uns keinen Markt finden und nicht zu Dumpingpreisen
angeboten werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Um den Import von Holz aus illegalem Einschlag zu
unterbinden, enthält der Antrag praktische und gute Vor-
schläge, die auf die Umsetzung der bestehenden Gesetze
setzen. In Ergänzung dazu muss die Nutzung heimischen
Holzes aus nachhaltiger Waldwirtschaft in Deutschland
gestärkt werden. Aber auch das reicht noch nicht aus.

In Deutschland hat sich aufgrund der hohen Bedeu-
tung, die die Wälder seit Jahrhunderten für die Siche-
rung der Existenz der Menschen und die Entwicklung
von Wohlstand hatten, ein ausgeprägtes Bewusstsein für
die Bedeutung von Wald und den Schutz der Wälder ent-
wickelt. Der multifunktionale Wald ist unser Leitbild.

Wir sollten versuchen, den armen Ländern der Erde
zu helfen, ihre Wälder in entsprechender Weise für die
Bekämpfung der Armut zu nutzen und gleichzeitig ein
Bewusstsein für die Bedeutung des Schutzes ihrer Wäl-
der zu entwickeln. Statt internationaler Verordnungen,
die zu mehr Bürokratie führen, ist Hilfe zur Selbsthilfe
angesagt, Frau Hiller-Ohm.


(Beifall bei der FDP)

Einen Beitrag dazu könnte die von der Weltbank ent-

wickelte neue Strategie zum Schutz der Wälder leisten.
Die Weltbank will das Potenzial der Wälder zur Vermin-
derung der Armut einsetzen, Wälder in eine nachhaltige
Entwicklung integrieren und lokal und global bedeut-
same Wälder schützen. Das ist, wie ich meine, ein richti-
ger Ansatz.

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(C (D Wir alle haben eine durchaus konkrete Vorstellung avon, was Urwälder sind. Dennoch gibt es keine interational abgestimmte Definition des Begriffs Urwald. as geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage hervor. Dies ist bedauerlich; denn ine solche international abgestimmte Definition ist urchaus erforderlich. Sie verhindert, dass der Begriff rwald für ganz andere Ziele als den Schutz der Urwäler missbraucht wird. Ein Beispiel dafür ist die Initiative von Greenpeace, it der versucht wurde, die finnische Forstwirtschaft in isskredit zu bringen, und zwar nicht aus Sorge um die ortigen Wälder, sondern um ein in Deutschland überaus rfolgreiches Zertifikat für Holz zu diskreditieren. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ieses Verhalten von Greenpeace wird unserer Sorge um
en Erhalt der Urwälder und der dringenden Notwendig-
eit, ihren Schutz voranzubringen, nicht gerecht.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510229300

Frau Kollegin, denken Sie bitte an die Zeit.

Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1510229400

Ich komme zu meinem letzten Satz. – Wir brauchen

en Erhalt der Wälder für das Leben der Menschen vor
rt, den Artenschutz, die Sicherung der Wasserressour-
en und den Klimaschutz.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510229500

Das Wort hat nun die Kollegin Cornelia Behm, Bünd-

is 90/Die Grünen.

Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1510229600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
reenpeace – davon war gerade die Rede – hat Anfang
ieses Jahres unter anderem den Entwurf eines Gesetzes
ur Bekämpfung des Handels mit illegal geschlagenem
olz zum Schutz von Urwäldern und anderen Primär-
äldern – ein so genanntes Urwaldschutzgesetz – vorge-
egt.
Das haben wir, die Bundestagsfraktion des Bündnis-

es 90/Die Grünen, begrüßt; denn laut FAO gehen jähr-
ich 15 Millionen Hektar Urwald verloren. Hielte diese
endenz an, wären die Urwälder in wenigen Jahrzehnten
erschwunden. Es besteht also tatsächlich akuter Hand-
ungsbedarf. Allerdings ist das Problem nicht neu. In ih-
em ersten Gesamtwaldbericht vom Juli 2001 hat die
undesregierung sowohl eine Situationsanalyse vorge-
ommen als auch Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt.
s gibt bereits zahlreiche Initiativen gegen die Urwald-
erstörung. Nichtsdestotrotz konnte ihr bisher kaum Ein-
alt geboten werden. Eine Urwaldkonvention kam bis-
ang nicht zustande.
Welches sind die Triebfedern für Waldzerstörung

nd Raubbau? Übergreifend sind hier Strukturschwä-






(A) )



(B) )


Cornelia Behm

che und die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen
– anders ausgedrückt: Unterentwicklung – zu nennen. So
gehen mangelhafte oder fehlende Umwelt- und Sozial-
standards eine unheilige Allianz mit Brandrodung, forst-
licher Übernutzung, Anlagen von Plantagenwäldern und
dem Handel mit Holz aus illegalem Einschlag ein. Etwa
zwei Drittel der Urwälder befinden sich in wirtschaftlich
schwachen Ländern, also in Ländern, in denen Korrup-
tion an der Tagesordnung ist und deshalb dem Kriminali-
tätsdruck auf die Nutzung der Wälder wenig Widerstand
entgegengesetzt wird. Angesichts dessen verwundert es
nicht, dass circa 10 Prozent des weltweit gehandelten
Holzes aus illegalem Einschlag stammen.

Um das Übel an der Wurzel zu packen, müssen die
ursächlichen Verhältnisse verändert werden. Deutsch-
land leistet hier durchaus seinen Teil, zum Beispiel
durch gezielte Entwicklungshilfe und internationale Ab-
kommen. Für grundsätzliche Veränderungen müssen
aber viele Akteure ins Boot geholt werden. Trotzdem
dürfen wir als bedeutendes Holzabsatzland nicht mit
Verweis auf internationale Abkommen und die Verant-
wortung der Erzeugerländer unseren Beitrag zum Ur-
waldschutz verweigern. Da der illegale Holzeinschlag
zu den Hauptursachen der Waldzerstörung gehört, bedarf
es tatsächlich wirksamer Instrumente sowohl gegen ille-
galen Holzeinschlag als auch gegen den Handel mit Holz
aus illegalem Holzeinschlag. Mit den von Greenpeace
vorgeschlagenen Sanktionen gegen den wissentlichen
Handel mit Holz aus illegalem Holzeinschlag könnten
die schwarzen Schafe unter den Unternehmen des Holz-
handels und der Holzverarbeitung zurückgedrängt wer-
den. Insofern kann ein Urwaldschutzgesetz mit entspre-
chenden Sanktionen durchaus zielführend sein.

Mein Fazit lautet: Wir müssen das eine tun und dürfen
das andere nicht lassen. Das bedeutet auch, die Maßnah-
men umzusetzen, die die Bundesregierung im Gesamt-
waldbericht vorschlägt. Dazu gehören die Verstärkung
der Forschung, die Unterstützung der Kennzeichnung
von Tropenholz aus nachhaltiger Nutzung und die For-
cierung waldrelevanter Vorhaben bei der Entwicklungs-
zusammenarbeit Deutschlands, der EU und der Verein-
ten Nationen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Op-
position, an dieser Stelle komme ich wieder auf ein viel
strapaziertes Thema zu sprechen. Um Sanktionen zu ent-
gehen, werden Handel, Industrie und Verbraucher künf-
tig verstärkt zertifiziertes Holz nachfragen; denn ein an-
spruchsvolles forstwirtschaftliches Zertifikat ist die
beste Gewähr für eine legale Holzwirtschaft. Wirksame
Maßnahmen gegen den Handel mit Holz aus illegalem
Einschlag haben also einen doppelten Effekt: Sie tragen
zum Schutz von Urwäldern bei und verbessern die Ver-
marktungsbedingungen für nachhaltig erzeugtes und ein-
heimisches Holz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Aus diesem Grund prüft die Bundesregierung, welche
der von Greenpeace vorgeschlagenen Maßnahmen sinn-
voll und umsetzbar sind. Dabei ist klar: Die Regelungen
müssen so unbürokratisch wie möglich sein.

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(C (D So sinnvoll der Ansatz ist, gesetzwidriges Handeln urch Sanktionen zurückzudrängen, so muss ich noch inmal darauf hinweisen: Dieser Ansatz ist nur ein Teil er Lösung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


ie Ursachen für den Raubbau an Urwäldern kann eine
anktionierung des Handels mit Holz aus illegalem Ein-
chlag nicht beseitigen. Dennoch freue ich mich, dass
ie CDU/CSU-Fraktion den vorliegenden Antrag zur
anktionierung des Handels mit Holz aus illegalem Ein-
chlag eingebracht hat. Er offenbart, dass wir in diesem
unkt einig sind.
Unser Wunsch wäre es, dass wir im Laufe der parla-
entarischen Beratungen zu einem fraktionsübergrei-
enden Konsens kommen, um einen gemeinsamen Be-
chluss zum Urwaldschutz zu fassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510229700

Das Wort hat nun der Kollege Reinhold Hemker,

PD-Fraktion.

Dr. Reinhold Hemker (SPD):
Rede ID: ID1510229800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
ollege Caesar, herzlichen Dank, dass Sie, offensicht-
ich ein Freund nicht nur des Waldes in Deutschland, in
stwestfalen, sondern auf der ganzen Erde, sich wieder
o eingebracht haben. Ich habe nachgeschaut: Seit Sie
m Deutschen Bundestag sind, haben Sie eine Reihe von
ktivitäten entfaltet, die Ihnen eigentlich zu dem Ehren-
amen „amicus silvae“, Freund des Waldes, verhelfen
üssten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


ch freue mich schon auf das, was Sie zu unserer Diskus-
ion im Ausschuss beitragen.
Sie haben auch aufgezeigt, dass der Ansatz im Forde-

ungskatalog des Unionsantrages eigentlich zu kurz
reift. Sie haben Dinge vorgetragen, die den ordnungs-
echtlichen Rahmen dieses Forderungskataloges weit
bersteigen. Das ist gut so. Insbesondere Cornelia
ehm, meine liebe Kollegin von den Grünen, hat eben
arauf hingewiesen, dass wir in den Diskussionen im
usschuss ein Stück weiterkommen müssen. Die Grund-
age für das, worüber wir heute Abend sprechen, ist der
esamtwaldbericht 2001.
Wenn ich richtig gezählt habe, hat es danach insge-

amt sieben Initiativen aus diesem Parlament gegeben
Kleine Anfragen, zum Beispiel von der Union; eine
roße Anfrage der Union; zuletzt hat die FDP dankens-
erterweise eine Kleine Anfrage gestellt –, die immer
arauf abzielten, zu fragen, wie sich die Bundesregie-
ung an weltweiten Initiativen beteiligt, Stichworte: Ent-
icklungsoptionen, globale Umweltfazilität und vieles
ehr. Es ging auch um die Option – ich sehe gerade






(A) )



(B) )


Reinhold Hemker

meinen alten Kollegen aus dem Landtag Nord-
rhein-Westfalen –, soziale und ökologische Standards für
den Bereich der WTO-Verhandlungen zu berücksichti-
gen. Mit all dem sind Forderungen verbunden, die wir
seit der Rio-Konferenz 1992 bis zur Rio-Nachfolgekon-
ferenz erhoben haben.

Wenn man das, liebe Kolleginnen und Kollegen und
insbesondere lieber Kollege Caesar, ernst nimmt, dann
heißt das, dass wir im Ausschuss noch einmal deutlich
machen müssen: Wichtig ist, jetzt nicht nur ein bisschen
zu zählen. Die Bundesregierung hat 2001 auf eine
Anfrage geantwortet: Im Haushalt 2002 stehen
125 Millionen Euro zur Verfügung. Heute beteiligt sich
die Bundesregierung an den entsprechenden Program-
men, etwa an denen von UNDP und von UNEP. Es gibt
übrigens Dankesschreiben des Kollegen Töpfer, mit de-
nen er zum Ausdruck bringt, dass wir in der globalen
Strukturpolitik mittlerweile ein Stück weitergekommen
sind und Naturschutz sowie biologische Vielfalt ernster
nehmen als noch vor einigen Jahren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen schon heute – das werden wir im Aus-
schuss noch diskutieren –: Es wird nicht möglich sein
– darüber müssen wir uns im Klaren sein; Sie können
mit dem Kollegen Schauerte einmal über die Frage des
Ordnungsrechts sprechen; wir haben das auch damals in
der Kommission getan –, überall solche Kontrollmecha-
nismen überhaupt in Gang zu setzen, selbst dann nicht,
wenn sich alle WTO-Mitgliedstaaten darauf einigen,
dass solche Kontrollen und auch solche Sanktionen
durchgesetzt werden müssen. Das ist der Punkt. Ich bin
zwar dafür; aber ich bin mittlerweile schon allzu lange
im Parlament und weiß, wie die Realität weltweit ist.

Es ist wichtig, dass wir uns in den Ausschüssen
– Ausschuss für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und
Ernährung, Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Re-
aktorsicherheit und insbesondere im Ausschuss für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – darauf
einigen, welche Förderfähigkeit möglich ist und welche
Programme sowohl multilateral als auch bilateral einge-
setzt werden müssen. Wenn das geschieht, dann ist es
auch in diesem Rahmen möglich, darüber zu reden, wie
etwa solche Kontrollbehörden wie die, in der Sie, Herr
Caesar, in Ostwestfalen einmal gearbeitet haben, auch in
Entwicklungsländern eingerichtet werden können. In
den meisten Ländern, aus denen über Raubbau und an-
dere Formen der Illegalität Holz zu uns exportiert wird,
kann eine entsprechende Kontrolle gar nicht durchge-
führt werden.

Hinzu kommt Folgendes – das zu sagen ist ganz
wichtig –: Es sind ja nicht die armen Waldbauern oder
Holzfäller, die für kurze Zeit beschäftigt werden, die den
Preis von 30 Euro, der hier erwähnt worden ist, ermögli-
chen, sondern es sind diejenigen, die dafür sorgen, dass
zu Dumpingpreisen eingekaufte Hölzer dann hier ver-
marktet werden. Dieser Zusammenhang muss auch im
Ausschuss deutlich gemacht werden.

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(C (D Ich finde es gut, dass Sie heute einen Einstieg gefunen haben. Liebe Kollegin von der FDP, ich unterstütze ie Bewertung der Bundesregierung in der Antwort auf ie Kleine Anfrage, die Sie Anfang dieses Monats getellt haben. Ich fand es übrigens gut, Herr Staatssekreär, dass die Bundesregierung in so kurzer Zeit geantortet hat; das trägt die Unterschrift des beamteten taatssekretärs. Ein ausführliches Lob der Bundesregierung ist jetzt llerdings nicht mehr möglich, weil die Redezeit das icht mehr hergibt. Ich sage nur noch einen letzten Satz. – Bisher – so die ewertung – konnte in der Staatengemeinschaft jedoch ein Konsens über ein Rechtsinstrument für Wälder erielt werden; daneben muss, vor allem in den Ländern er Tropen, weiter an der Beseitigung der Ursachen von aldvernichtung angesetzt werden. Ich nenne zum Beipiel: ländliche Armut, politische Instabilität, volkswirtchaftliche Unterentwicklung und mangelnde Beteiliung der lokalen Bevölkerung. Darüber werden wir im usschuss diskutieren. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510229900
Dr. Reinhold Hemker (SPD):
Rede ID: ID1510230000


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510230100

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/2747 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu stelle ich
invernehmen fest. Dann ist die Überweisung so be-
chlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD,
der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN und der FDP
Rating-Agenturen: Integrität, Unabhängig-
keit und Transparenz durch einen Verhaltens-
kodex verbessern
– Drucksache 15/2815 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung war hier-
ür eine halbe Stunde vorgesehen. Das wäre sicherlich
uch so beschlossen worden, hat sich aber dadurch erle-
igt, dass die Kollegen Reinhard Schultz, Stefan Müller,
ubert Ulrich und Carl-Ludwig Thiele ihre Reden zu
rotokoll geben.1)
Damit kommen wir gleich zur Abstimmung über den
ntrag aller Fraktionen auf der Drucksache 15/2815.
er stimmt für diesen Antrag? – Stimmt jemand dage-
en oder möchte sich jemand der Stimme enthalten? –

Anlage 3






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Das ist nicht der Fall. Dann ist der Antrag einstimmig
angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Ernst
Burgbacher, Gisela Piltz, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Passagierdatensammlungen und Datenschutz-
rechte – EU-Abkommen mit den Vereinigten
Staaten von Amerika
– Drucksache 15/2761 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Tourismus

Auch hierzu gibt es eine interfraktionelle Vereinba-
rung über eine halbstündige Debatte. – Auch dazu stelle
ich Einvernehmen fest.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Kollege Ernst Burgbacher für die FDP-Fraktion.


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1510230200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Gestern hat sich das Europäische Parlament gegen das
von der EU-Kommission mit den USA ausgehandelte
Übereinkommen zur Übermittlung von privaten Flug-
gastdaten ausgesprochen. Die liberalen Kollegen im
Europaparlament haben eine Klage vor dem Europäi-
schen Gerichtshof für den Fall angekündigt, dass die
EU-Kommission die Zahl der an die USA übermittelten
Daten nicht einschränkt.

Worum geht es? Seit März 2003 verlangen die USA
von europäischen Luftfahrtgesellschaften, die in die
USA fliegen oder dort einen Zwischenstopp einlegen, ei-
nen Online-Zugriff auf den so genannten Passenger
Name Record.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unerhört!)


Dieser Record speichert eine Fülle von Informationen:
Name, Reiseverlauf, Art der Bezahlung, Kreditkarten-
nummer, ausgewählter Platz bis hin zu Essenswünschen.
Insgesamt handelt es sich um 34 Datenelemente, auf die
dem US Bureau of Customs and Border Protection Zu-
griff gewährt werden muss. Fluggesellschaften, die dies
ablehnen, müssen mit hohen Geldstrafen oder dem Ent-
zug der Landerechte rechnen.

Gemeinsame Anstrengungen für die Sicherheit sind
vor dem Hintergrund der furchtbaren terroristischen An-
griffe selbstverständlich. Auch wir wissen natürlich,
dass zu diesen gemeinsamen Anstrengungen zur Erhö-
hung der Sicherheit die Übermittlung von Daten gehört
– darum geht es in dieser Debatte überhaupt nicht; das
ist, denke ich, völlig unstrittig –, um potenzielle Täter
frühzeitig finden zu können. Allerdings sind wir als
FDP-Bundestagsfraktion der Überzeugung, dass staatli-
che Zugriffe auf persönliche, schutzbedürftige Daten nur

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(C (D nter Beachtung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit u rechtfertigen sind. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


abei kommt dem Datenschutz ganz besondere Bedeu-
ng zu.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Immer!)


Die Haltung der Bundesregierung in diesem Punkt
erwundert mich sehr. Einerseits erklärt sie in einer Ant-
ort auf eine Kleine Anfrage der FDP wörtlich:

Im Hinblick auf den Datenschutz schließt sich die
Bundesregierung der Bewertung durch die Europäi-
sche Kommission an. Die Europäische Kommis-
sion hatte im Juni 2002 zum Online-Zugriff auf
PNR-Daten festgestellt, dass die entsprechende
Verpflichtung der Fluggesellschaften mit den in-
folge der EG-Datenschutzrichtlinie 96/46/EG erlas-
senen Datenschutzgesetzen der EU-Mitgliedstaa-
ten im Widerspruch stehen kann.


(Beifall bei der FDP)

ndererseits erklärt jetzt offenbar Bundesinnenminister
chily, es sei alles mit dem Datenschutz vereinbar. Er
eht in die USA und nach Brüssel und sagt, die Bundes-
epublik werde selbstständig mitmachen. Liebe Kolle-
innen und Kollegen, hier ist ein Bruch, den wir so nicht
ittragen.


(Beifall bei der FDP – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch ein Minister kann irren!)


Die Brüsseler Art.-29-Datenschutzgruppe hat große
edenken angemeldet. Wir haben das im Innenaus-
chuss vom Bundesdatenschutzbeauftragten Schaar noch
inmal bestätigt bekommen. Herr Schaar hat im Innen-
usschuss dezidiert darauf hingewiesen, welche Beden-
en er hat und dass er nicht bereit ist, dieses Vorgehen zu
nterstützen. Auch das musste uns nachdenklich ma-
hen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir teilen die Vorbehalte der Art.-29-Gruppe. Des-
alb haben wir diesen Antrag eingebracht. Als einzige
raktion haben wir einen Antrag eingebracht. Wir leh-
en eine Zustimmung zu einem einfachen internationa-
en Abkommen, einem so genannten Light International
greement, wie die EU-Kommission es will, strikt ab.
ir setzen uns stattdessen für den Abschluss eines inter-
ationalen Übereinkommens der EU mit den USA ein.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Völkerrechtlich verbindlich!)


in solches Übereinkommen muss dann übrigens auf
egenseitigkeit beruhen.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Ernst Burgbacher

Es kann nicht sein, dass die USA Daten von uns wollen,
wir aber keine Daten von den USA bekommen.

Ich nenne einige Eckpunkte:
Es geht um die Zweckbindung der Datenübermitt-

lung. Natürlich dürfen Daten nur zur Bekämpfung terro-
ristischer Straftaten übermittelt werden.

Es geht um den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Die Liste der zu übermittelnden Daten darf nicht über
das Notwendige hinausgehen.

Ein Punkt ist von besonderer Bedeutung. Die USA
fordern das so genannte Pull-Verfahren, das heißt, die
USA wollen online auf unsere Datensätze zugreifen. Wir
sagen, das kann nicht sein. Das Pull-Verfahren muss
durch das Push-Verfahren ersetzt werden, das heißt, es
muss in unserer Entscheidung liegen, welche Daten
übermittelt werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Lassen Sie mich auf einen weiteren Punkt hinweisen.

Es ist völlig ungeklärt, wer eigentlich bei fehlerhaften
Eingaben haftbar gemacht werden soll. Was passiert
denn, wenn im Reisebüro eine fehlerhafte Eingabe er-
folgt? Wer soll dafür haftbar gemacht werden? Wir wol-
len klarstellen, dass bei Fahrlässigkeit kein Haftbarkeits-
grund vorliegt. Auch ohne diese Regelung können wir
nicht zustimmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum
Schluss. Ich halte diesen Antrag für unabdingbar, weil
wir nicht mittragen können, dass der deutsche Innenmi-
nister unter Missachtung jeglicher Persönlichkeitsrechte
und jeglichen Datenschutzes nach Brüssel und Washing-
ton geht und die Zustimmung Deutschlands signalisiert.
Wir werden dem nur zustimmen, wenn die Datenschutz-
rechte wirklich gewahrt bleiben. Wir wollen ein sauberes
Abkommen; einem solchen werden wir selbstverständ-
lich nicht im Wege stehen.

Ich freue mich auf die Diskussion, aber vor allem auf
die Zustimmung zu unserem Antrag, die mir eigentlich
von verschiedenen Seiten signalisiert worden ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510230300

Nächster Redner ist der Kollege Frank Hofmann,

SPD-Fraktion.

(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt bin ich mal gespannt! – Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Ich nicht!)



Frank Hofmann (SPD):
Rede ID: ID1510230400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Herr Burgbacher, Sie freuen
sich in meinem Fall ein bisschen zu früh auf die Zustim-
mung zu Ihrem Antrag. – Seit einiger Zeit beschäftigen
sich die Fluggesellschaften, die EU-Kommission, das
Parlament, die Datenschutzbeauftragten und die Öffent-
lichkeit mit dem Problem der Weitergabe von personen-

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(C (D ezogenen Daten durch Fluggesellschaften bei Transatantikflügen. Wenn man Ihren Antrag liest, dann muss man sich chon fragen, warum die FDP den Teufel an die Wand alt. Sie befürchtet nämlich, dass Millionen von Flugästen „in die Gefahr allgemeiner Überwachung und ontrolle durch ein Drittland“ geraten. Sie wollen aus em europäischen Abseits heraus und an den Tisch der uropaparlamentarier. (Ernst Burgbacher [FDP]: Überhaupt nicht! – Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Die Zeit läuft einfach ab!)


azu ist Ihnen jedes Mittel recht. Deswegen bringen Sie
inen solchen Antrag ein. Dieses Spiel mache ich nicht
it. Ich will mich nicht von Science-Fiction-Autoren der
DP, sondern von der Realität leiten lassen.
Nach dem 11. September 2001, dem Terroranschlag

uf das World-Trade-Center, tun die USA alles zum
chutz ihres Landes und ihrer Bevölkerung. Nicht alles
tößt in Europa und in Deutschland auf Zustimmung. Es
st aber nur zu gut verständlich, dass die Amerikaner die
efahr, die von Flugzeugen oder durch Flugzeuge aus-
ehen kann, als besonders gravierend einschätzen und
ine entsprechende Verschärfung der Kontrollen ihrer
renzen und der Einreisewilligen ergriffen haben.
Gleich im November 2001 haben die Vereinigten

taaten die Vorschrift erlassen, dass Fluggesellschaften,
ie Flüge nach, von oder durch die USA durchführen,
en amerikanischen Zoll- und Grenzbehörden Zugang
u Fluggastdatensätzen zu gewähren haben. Diese legiti-
en Sicherheitsinteressen dienen der Verbesserung der
lugsicherheit und des Grenzschutzes und sollen Terro-
ismusverdächtige identifizieren, bevor sie in die USA
inreisen können. Im Gegensatz zu Deutschland ist der
chutz der Privatsphäre in den USA kein Grundrecht,
ondern lediglich als Verfassungszusatz erwähnt.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Aber bei uns!)

er Datenschutz in den USA steht in einem völlig ande-
en Rechtsgefüge.
Die FDP erwartet – das kann man dem Antrag ent-

ehmen –, dass die USA voll und ganz die deutschen
nd europäischen Rechtsvorschriften über den Schutz
ersonenbezogener Daten übernehmen. Kann man das
ealistischerweise von einem anderen autonomen Staat
rwarten?
Auf der Grundlage dieser völlig anderen Konzeption

on Datenschutz hatte die US-Regierung Anforderungen
n die Daten gestellt, die dem europäischen Standard,
ie er in der europäischen Datenschutzrichtlinie zum
usdruck kommt, nicht standhalten. Weder kann man
rwarten, dass die US-Regierung den europäischen Stan-
ard zu ihrem eigenen macht, noch kann man erwarten,
ass sich die europäischen Staaten mit dem US-Standard
ufrieden geben.
Die EU-Kommission und die USA haben sich be-
üht, bei der Lösung des Problems im Zusammenhang
it der Übermittlung von PNR-Daten die Rechtsvor-






(A) )



(B) )


Frank Hofmann (Volkach)


schriften beider Seiten zu respektieren. Hierbei ist es aus
meiner Sicht der Kommission gelungen, von den USA
Zusagen zu erhalten, die den europäischen Daten-
schutzvorstellungen nahe kommen. Die Grundzüge un-
seres Datenschutzrechts spiegeln sich in dieser Ver-
pflichtungserklärung wider. Sie wird zwar nicht eins zu
eins umgesetzt, aber zu erheblich mehr als 50 Prozent er-
füllt.

So wurde der Umfang der Datensätze begrenzt. Die
Speicherdauer wurde drastisch verkürzt. Die Zweckbin-
dung der Passagierdaten, die auch Sie angesprochen ha-
ben, wurde erreicht für die Übermittlung, Verwendung
und Weiterübermittlung. Die Zoll- und Grenzbehörden
werden die Reisenden über den Zweck der Datenüber-
mittlung und Datenverarbeitung informieren.

Mittlerweile haben alle – ich betone: alle – EU-Mit-
gliedstaaten dem Vorschlag der Kommission zuge-
stimmt. Währenddessen wird in dem FDP-Antrag davon
ausgegangen, dass verschiedene europäische Staaten
– Sie nennen aber nur Frankreich; andere Staaten werden
nicht aufgeführt – erklärt hätten, sie könnten dem Ab-
kommen nicht zustimmen. Es haben aber alle zuge-
stimmt.

Das Engagement des Europäischen Parlaments hat si-
cherlich dazu beigetragen, die Position der Europäischen
Kommission zu stärken und die Rechte der europäischen
Bürgerinnen und Bürger auch in den USA zu berück-
sichtigen. Die USA und Europa bewegen sich aufeinan-
der zu: bei der internationalen Terrorismusbekämpfung
und beim Datenschutz. Ich finde, das ist ein gutes Zei-
chen.

Danke.

(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510230500

Ich bedanke mich für die seltene Unterschreitung der

angemeldeten Redezeit und erteile mit diesem leuchten-
den Vorbild vor Augen nun der Kollegin Beatrix Philipp
von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Beatrix Philipp (CDU):
Rede ID: ID1510230600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß

nicht genau, ob ich dem Vorbild des Herrn Hofmann ge-
recht werde. Ich gebe zu: In vielen Passagen hat er
Recht.

Herr Burgbacher, als ich Ihren Antrag gelesen habe,
habe ich ein Déjà-vu-Erlebnis gehabt. Wenn man die
Seite 16 in der Stellungnahme 2/2004 der Art.-29-Daten-
schutzgruppe genau nachliest, findet man, um es vor-
sichtig auszudrücken, tatsächlich mehr als nur Anregun-
gen für Ihren Antrag. Nur, Herr Burgbacher, diese sind
zum Teil überholt. Darauf hat Herr Hofmann bereits hin-
gewiesen.

Nun will ich nicht behaupten, dass der vorliegende
Antrag deswegen ein typischer FDP-Antrag ist. Aber er
ist eben, um es vorsichtig auszudrücken, etwas unver-
ständlich. Ich führe das darauf zurück, dass das Ver-

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(C (D tändnis der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Daenschützer der 29er-Gruppe nicht immer besonders roß ist. Es ist dort ja, glaube ich, in federführender unktion der neue Datenschutzbeauftragte, der Herr chaar, tätig, den Sie, die FDP und die Koalitionsfraktioen, gewählt haben. Wir konnten uns nicht darauf vertändigen. Wenn man die Berichte nachliest und an seien gestrigen Auftritt im Innenausschuss denkt, at das unsere Meinung eher bestätigt, als uns verunsihert. Herr Hofmann hat sehr ausführlich darauf hingewie en, worum es eigentlich geht; deswegen kann ich mich urz fassen. Es handelt sich dabei – und es ist bedauerich, dass durch Ihren Antrag eher Verunsicherung in die evölkerung getragen wird, als dass zur Beruhigung beietragen wird – um die üblichen, völlig normalen Angaen, die für die Buchung eines Tickets erforderlich sind. ch habe mir einmal die Mühe gemacht, mir diese geauer anzuschauen; ich nehme an, auch andere haben as getan. Hier stehen also das Datum der Reservierung, ie geplanten Abflugdaten, der Name des Flugpassaiers, die Anschrift usw. Ich habe damit keine Probleme. iese Daten muss ich auch jetzt angeben, wenn ich flieen will. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist die Kreditkartennummer auch dabei?)


(Ernst Burgbacher [FDP]: Der gut war!)


Das ist allgemein so. Ich glaube, das gilt auch für uns,
uch im Bundestag. Wenn Sie fliegen wollen, müssen
ie wohl sagen, wer Sie sind. Nicht mehr und nicht we-
iger als die ganz normalen Daten müssen angegeben
erden.
Übrigens ist mir das Redepult hier viel zu hoch. Ich
eiß nicht, wie man es hinunterfahren kann. Das ist die
echnik. – Jetzt funktioniert es.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510230700

Es gab bis vorhin einen Knopf, mit dem man das sel-

er machen konnte. Wenn der Vorredner diesen nicht be-
eitigt hat, müsste das nach wie vor möglich sein.

Beatrix Philipp (CDU):
Rede ID: ID1510230800

Ich will jetzt aber nicht suchen.
Ich will jetzt nicht weiter albern sein; denn es geht ja

m ein ernstes Thema. Die Übermittlung von Flug-
astdaten an die USA ist ein Thema, das die Bürger, die
uftfahrtgesellschaften und auch die Tourismuswirt-
chaft sehr beschäftigt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! Zu Recht!)


abei geht es im Wesentlichen um eine unzureichende
nformation der Fluggäste; das ist richtig. Ebenso gab es
echtsunsicherheit; auch das ist richtig.
Wir haben daher eine sehr ausführliche Anfrage ge-

tellt. Ich muss ganz ehrlich sagen: Mit großem Erstau-
en haben wir zur Kenntnis genommen, dass die






(A) )



(B) )


Beatrix Philipp

Bundesregierung bzw. das Innenministerium ausgespro-
chen exakt und ausgesprochen ausführlich gearbeitet
hat.


(Hans-Peter Kemper [SPD]: Das ist immer so!)


– Nein, das ist eben nicht immer so! Wenn alle Anfragen
in dieser Qualität beantwortet würden, dann würde das
unsere parlamentarische Arbeit sehr erleichtern. Davon
kann normalerweise keine Rede sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Unter der Leitung von Herrn Bolkestein sind, wie
man in der Antwort nachlesen kann – das empfehle ich
jedem –, sehr intensive und, wie ich glaube, schwierige
Verhandlungen geführt worden. Basis war, wie eben
schon erwähnt wurde, die Entschließung des Europäi-
schen Parlaments vom 9. Oktober 2003. Es ist, wie ich
finde, ein vernünftiger Kompromiss gefunden worden.
Das hat auch die Bundesregierung so gesehen und hat
deswegen, wie ich nach eigenem Bekunden feststellen
konnte, am 27. Februar zugestimmt.

Dieser ausgehandelte Kompromiss basiert auf einer
Verpflichtungserklärung des Heimatschutzministeriums
der USA und dessen Zoll- und Grenzschutzbehörde, die
für die Datenerhebung auf amerikanischer Seite ver-
antwortlich ist. Die wesentlichen Punkte dieser Ver-
pflichtung sind – ich mache es kurz – erstens die aus-
drückliche Zweckbindung der Datenübermittlung und
-verwendung für die Bekämpfung des Terrorismus, von
Zusammenhangsstraftaten und schwerer länderübergrei-
fender Straftaten. Dagegen kann man eigentlich nichts
haben.

Zweitens. Die Speicherfristen wurden auf drei Jahre
und sechs Monate verkürzt. Das ist erheblich weniger,
als die USA ursprünglich beabsichtigten.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Aber immer noch lange!)


Drittens. Eine umfassende Information der Reisen-
den durch die US-Behörden ist vorgesehen. Auch das
war nicht selbstverständlich, entspricht aber unseren An-
forderungen an einen modernen Datenschutz.

Viertens. Die US-Behörden haben Auskunfts- und
Berichtigungsansprüche der Passagiere ausdrücklich
anerkannt. Auch dies ist keine Selbstverständlichkeit.

Fünftens. Die sofortige Löschung so genannter sen-
sibler Daten ist zugesagt worden. Das ist eine Vorsichts-
maßnahme, weil man der Möglichkeit vorbeugen will,
dass durch freiwillige Angaben – –


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie glauben doch sonst nicht alles, was man Ihnen zusagt!)


– Wenn es von Ihnen kommt, schon gar nicht. Aber mit
den USA habe ich bisher keine schlechten Erfahrungen
machen müssen. Deswegen bin ich da optimistisch. Ich
habe vielleicht auch ein anderes Amerikabild als Sie.
Das kann sein.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)


Sechstens. Auch die Beschwerdemöglichkeit halte
h für wichtig. Für die Verhältnisse Amerikas, wo man,
ie auch Herr Hofmann gesagt hat, mit Daten völlig an-
ers umgeht als bei uns, ist die vorgesehene Möglichkeit,
ass sich die Passagiere durch ihren nationalen Daten-
chützer oder direkt bei den Zoll- und Grenzschutzbehör-
en beschweren, nicht selbstverständlich.
Siebtens. Die jährliche gemeinsame Überprüfung

er Umsetzung dieser Verpflichtung in den USA durch
in EU-Team ist ebenfalls verankert.
Meine Damen und Herren, gegen diesen Kompromiss

ann man eigentlich nichts haben. Hinzu kommt, dass
ie Amerikaner nach den Ereignissen des 11. September
in erhöhtes Sicherheitsbedürfnis haben. Sie haben viel
ehr, als im normalen Umgang miteinander üblich, da-
ür gesorgt, dass sie wissen, wer ihr Land betritt. Dafür
abe ich volles Verständnis. Ich würde mir an mancher
telle wünschen, dass auch wir in Deutschland Wege
nd Möglichkeiten fänden, unsere Außengrenzen siche-
er zu machen und Einreisen effektiver zu kontrollieren.
ber das ist wirklich ein anderes Thema.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510230900

Frau Kollegin Philipp, ich will Sie weder stören

och erschrecken. Aber die Kollegin Leutheusser-
chnarrenberger würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage
tellen.


(Ute Kumpf [SPD]: Frau Kollegin, so spät noch so neugierig? Muss das sein?)



Beatrix Philipp (CDU):
Rede ID: ID1510231000

Bitte.


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1510231100

Es wird nicht auf Ihre Redezeit angerechnet.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist ja das Schlimme!)



Beatrix Philipp (CDU):
Rede ID: ID1510231200

Ich bin ganz ruhig.


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1510231300

Ich habe auch nur eine ganz kurze Frage. Frau

hilipp, wie bewerten Sie die Entscheidung des Europäi-
chen Parlaments von gestern? Ich meine nicht den Be-
chluss vom letzten Jahr. Gestern hat das Europäische
arlament mit Mehrheit beschlossen, dass die Vorausset-
ungen für die Angemessenheitsfeststellung, die der
rste Schritt in diesem Verfahren ist, nicht gegeben
eien. Ich denke, das ist eine Aufforderung an uns, dass
ir uns nicht nur damit befassen, sondern auch neu über-
egen, inwiefern den Bedenken, die dort mehrheitlich
um Ausdruck gekommen sind, entsprochen werden
ann.






(A) )



(B) )


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Beatrix Philipp (CDU):
Rede ID: ID1510231400

Frau Leutheusser-Schnarrenberger, auch bei uns gibt

es Leute, die Bedenken haben. Das bestreite ich über-
haupt nicht. Das ist übrigens in diesem Hause etwas
ganz Normales. Aber ich teile diese Bedenken nicht.

Wir reden heute zum ersten Mal darüber. Wir werden
uns mit diesen Bedenken auseinander setzen. Das ist ein
ganz normaler Vorgang, den ich schon lange gelernt
habe. Ich werde das auch hier anwenden.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Das haben Sie aber bisher nicht gemacht! – Sabine LeutheusserSchnarrenberger [FDP]: Die Mehrheit des Parlaments interessiert nicht! Das ist interessant!)


Wir müssen noch einmal darauf hinweisen, dass die
Amerikaner sich in einem ungewöhnlich hohen Maße
bewegt haben. Bisher haben die Amerikaner die Daten
einfach gezogen – nach der so genannten Pull-Methode.
Demnächst wird es an uns liegen, die Daten zu übermit-
teln. Das war ein für amerikanische Verhältnisse ausge-
sprochen großer Schritt. Wir werden diese Daten filtern
und selektieren und dann erst versenden.

Herr Burgbacher, auch der Fall, dass in den Reisebü-
ros einmal ein Fehler passiert – das haben Sie angespro-
chen –, ist geregelt. Die Luftfahrtgesellschaften tragen
dafür die Verantwortung. Auch das ist expressis verbis
zum Ausdruck gebracht worden.

Im Gegensatz zu Ihnen – wenn ich es richtig sehe –
bin ich sehr optimistisch, dass es eine schnelle Umset-
zung geben wird. Ich denke, dass die Fluggesellschaften
ein eigenes Interesse daran haben, dass diese neuen Ver-
einbarungen so schnell wie möglich umgesetzt werden.

Nun noch ein paar Bemerkungen zu Ihrem Antrag.
Ich habe schon darauf hingewiesen, dass Sie sich an die
Maximalforderungen der Art.-29-Datenschutzgruppe
– um es vorsichtig auszudrücken – mindestens angelehnt
haben. Sie sollten vielleicht noch einmal darüber nach-
denken, wie realistisch die Forderung ist, dass die Bun-
desregierung eine bereits erteilte Zustimmung von inter-
nationaler Bedeutung zurückziehen soll. Ich wünschte
mir, dass viele andere Beschlüsse der Bundesregierung
zurückgenommen würden; das will ich überhaupt nicht
verhehlen. Aber eine Zurückziehung dieser Zustimmung
von internationaler Bedeutung zu fordern ist einfach
weltfremd.

Auch die Forderung nach einer vollständigen Ausset-
zung der Übermittlung von Fluggastdaten bis zum Ab-
schluss eines internationalen Übereinkommens ist eben-
falls etwas weltfremd. Dann sagen die Amerikaner:
Ohne diese Daten kommt ihr hier nicht rein.

Die „Süddeutsche Zeitung“ – sie ist nicht gerade un-
sere Hauspostille –


(Ute Kumpf [SPD]: Das ist eine sehr gute Zeitung!)


schreibt:

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(C (D Die wichtigste Rolle spielen in diesem grenzüberschreitenden Konflikt ohnehin die Passagiere selbst. Sie müssen letztlich entscheiden, ob ihnen der Flug in die USA wichtiger ist als die Preisgabe von Daten – in der Regel sind das im Fluggeschäft nicht mehr als ein Dutzend. as ist von heute, also ganz aktuell. Übrigens ist der Arkel ausgesprochen lesenswert. Meine Damen und Herren, ich habe auf das akute merikanische Sicherheitsbedürfnis bereits hingewiesen. ch denke, es ist richtig, wenn wir die Initiative der ommission begrüßen, einen weltweiten Standard für ie Fluggastdatenübermittlung zu schaffen. Diese Initiave liegt im Augenblick bei der ICAO. Einheitliche Daenschutzstandards sind sicherlich ein Schritt in die richge Richtung. Nun warten aber die Terrorgefahren – auch das ist je em bekannt – nicht bis zum Abschluss weltweiter Verandlungen, sodass der Vorschlag der Kommission, Frau eutheusser-Schnarrenberger, auch vor dem Hintergrund er zeitnahen Schaffung klarer Datenübertragungsregeln esehen werden muss. Wir dürfen das nicht auf die lange ank schieben. Wenn die FDP, so wörtlich, „seriöse Gaantien“ seitens der Vereinigten Staaten verlangt, dann abe ich Probleme mit dem Bild, das die FDP von Ameika – vielleicht auch nur von der Datenschutzgruppe ach Art. 29 – hat. Für die Union ist jedenfalls die Verflichtungserkärung des US-Heimatschutzministeriums, ie eine jährliche Überprüfung, und zwar vor Ort durch in EU-Team – auch das ist sehr ungewöhnlich –, beinaltet, absolut seriös und auch akzeptabel. Ich weise auch noch einmal ausdrücklich darauf hin, ass der Datenschutz kein Selbstzweck ist, der isoliert etrachtet werden kann. Es geht, wie es eben schon geagt wurde, um eine Verhältnismäßigkeitsabwägung. s ist einfach zu respektieren, dass in den USA eine völg andere Gewichtung bei der Abwägung zwischen Siherheit und Datenschutz getroffen wird. Wir meinen, er Kompromiss trägt dem Rechnung. Schließlich: Wir haben nicht in die Politik – auch icht in den Datenschutz – der USA einzugreifen oder ie zu bewerten. Es war eigentlich schon immer so, dass ich die Besucher eines Landes den Gesetzen des Gastndes unterzuordnen hatten. Ich wünschte mir, dass zumindest in diesem Punkt Ei igkeit in diesem Haus bestünde; ich bin mir allerdings icht ganz sicher, ob wir diese Einigkeit herstellen könen. Es geht um die Passagierdaten derjenigen, die in die ereinigten Staaten reisen wollen. Insofern haben sie uch die entsprechenden Einreisebestimmungen zu akeptieren. Wenn die Amerikaner in ihrem Land ein „Suerdatenerfassungssystem“ wie CAPPS II installieren ollen, dann ist das eine hoheitliche Maßnahme, die ich unserer Bewertung und Beurteilung entzieht. Das ilt natürlich auch dann, wenn ein derartiges System icht unseren Auffassungen entsprechen würde. Insofern ann sich unsere heutige Debatte nur auf den Umfang er auf europäischer Seite rechtmäßig zu erhebenden Beatrix Philipp und zu übermittelnden Daten beziehen, nicht aber auf inneramerikanische Angelegenheiten. Ich habe das Gefühl, dass der Antrag der FDP das leider verkennt. Der Überweisung dieses Antrags an den Innenausschuss stimmen wir selbstverständlich zu. Vielen Dank. Das Wort hat nun die Kollegin Stokar von Neuforn für Bündnis 90/Die Grünen. (Beifall des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN])





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510231500


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist hier
schon mehrfach gesagt worden: Das Europäische Parla-
ment hat sich gestern gegen die von der EU-Kommission
ausgehandelte Weitergabe von Fluggastdaten an die
USA ausgesprochen. Ich glaube, das Europäische Parla-
ment hat es sich mit dieser mehrheitlich gefassten Ent-
scheidung nicht einfach gemacht.


(Beifall des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das Europäische Parlament fordert die EU-Kommis-
sion auf – ich finde, das ist eine berechtigte Forderung –,
erneut in Verhandlungen einzutreten. Ich begrüße diese
Haltung des Europäischen Parlaments ausdrücklich.
Ich habe den Anspruch an eine rot-grüne Bundesregie-
rung, dass sie diesen Beschluss des Europäischen Parla-
ments als politische Verpflichtung aufnimmt, auch wenn
er politisch nicht bindend ist. Die Termine sind auch ge-
setzt; über dieses Abkommen wird in der EU-Kommis-
sion und im EU-Rat erneut geredet werden müssen. Des-
wegen ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt dafür, dass
sich auch der Deutsche Bundestag – wenn auch in klei-
ner Besetzung – mit diesem Thema befasst.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


In ihrer Bewertung sind die europäischen Abgeordne-
ten – genau das ist ihre Aufgabe – zu dem Ergebnis ge-
kommen, dass das ausgehandelte Abkommen gegen das
europäische Gemeinschaftsrecht verstößt und mit den
EU-Datenschutzbestimmungen nicht vereinbar ist. Hier
hat das Parlament seine Kontrollfunktion wahrgenom-
men. Die Rechte der EU-Bürgerinnen und -Bürger sind
durch dieses Abkommen nicht hinreichend geschützt.
EU-Bürger werden wesentlich schlechter gestellt als US-
Bürger. Zum Beispiel haben sie – das erkennt man erst
anhand der Details der Verpflichtungserklärung – keinen
Rechtsanspruch darauf, dass falsche Daten korrigiert
werden, und kein Auskunftsrecht. Der wichtigste Punkt
ist: Sie haben keine Kontrolle mehr darüber, in welcher
Form ihre Daten weiterverarbeitet und an andere Länder
weitergegeben werden.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Die Anzahl der übermittelten Daten steht in keinem
erhältnis zum Sicherheitsgewinn. In diesem Punkt sind
ir nicht auseinander. Wir sind doch alle darin einig,
ass die USA ein Interesse daran und auch ein Recht
arauf haben, Passagierdaten zu erfahren. Aber wenn Sie
ich die Liste, über die verhandelt wurde, anschauen,
tellen Sie fest: Die USA forderten, alle 38 Datenele-
ente zu erfahren. Dann hat man sich auf 34 Datenele-
ente geeinigt. Um die entsprechenden Sicherheitsinte-
essen zu gewährleisten, ist – unter Beachtung des
rundsatzes der Verhältnismäßigkeit – die Übermittlung
on 19 Datenelementen erforderlich. Die Weitergabe ge-
au dieser 19 Datenelemente hat die EU-Datenschutz-
ruppe nach Art. 29 in den Verhandlungen akzeptiert.
ier einen Widerspruch zwischen den Sicherheitsinte-
essen der USA und ihrer Behinderung durch den Daten-
chutz herzustellen, das ist der völlig falsche Ansatz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Die US-Behörden haben sich in diesen Verhandlun-
en geweigert. Sie haben keinerlei Belege oder Hin-
eise vorgelegt, aus denen sich ableiten ließe, inwieweit
ie Verarbeitung weiter gehender Datenelemente – über
ie genannten 19 Datenelemente hinaus – tatsächlich für
ie Terrorismusbekämpfung erforderlich ist. Auch wir
aben in all unseren Papieren den Grundsatz definiert,
ass wir die Maßnahmen, die für die Gewährleistung der
icherheit erforderlich sind, durchführen. Aber wenn
arüber hinaus Datenmengen gesammelt werden, ohne
ass politisch belegt oder begründet wird, worin der da-
aus resultierende Sicherheitsgewinn besteht, und ohne
ass Sicherheit bezüglich der Weitergabe dieser Daten
esteht, ist das ein Ansatz, den wir als grüne Fraktion
icht mittragen können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kritisiere, dass nicht hart genug mit den Vereinig-

en Staaten verhandelt worden ist. Ich denke, dass
uropa gut daran tut, auch bei der Entwicklung einer
uropäischen Sicherheitsstrategie – nach Madrid füh-
en wir diese Diskussion ja verstärkt – auf Souveränität
nd Eigenständigkeit zu achten. Wir als grüne Fraktion
ollen ein sicheres Europa und ein Europa der Bürger-
echte. In diesem Sinn kann ich die Bundesregierung nur
rmutigen, sich für die Aufnahme neuer Verhandlungen
it den USA einzusetzen.
Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und bei der FDP )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510231600

Zum Schluss hat die Parlamentarische Staatssekretä-

in Ute Vogt für die Bundesregierung das Wort.






(A) )



(B) )


Ut
Ute Vogt (SPD):
Rede ID: ID1510231700

Danke schön, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen,

liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Burgbacher,
der Antrag der FDP-Fraktion beginnt recht hoffnungs-
voll. In seiner Einleitung heißt es, dass wir den interna-
tionalen Terrorismus nur gemeinsam in der internationa-
len Staatengemeinschaft bekämpfen können und dass ein
gemeinsames Handeln die zwingende Voraussetzung da-
für ist. Das findet sicherlich die Zustimmung des ganzen
Hauses.

Auch sind wir uns darin einig, dass die Bekämpfung
des Terrorismus den Schutz unserer Bürgerinnen und Bür-
ger voraussetzt, und zwar insbesondere durch eine vor-
beugende Bekämpfung des Terrorismus; denn wir werden
nicht in der Lage sein, alle weichen Ziele umfassend zu
schützen. Sonst würden wir in der Tat Bürgerrechte wie
die Bewegungsfreiheit einschränken müssen. Insofern
geht es darum, vorbeugend eingreifen zu können, von
vornherein zu verhindern, dass mögliche Attentäter An-
schläge planen und insbesondere begehen können. Dazu
ist der Austausch von Daten unserer Ansicht nach ein be-
deutender Aspekt, nicht nur ein kleiner Teilaspekt. Dabei
ist es für uns selbstverständlich, dass es notwendig ist, die
Bürgerrechte zu schützen. Der Datenschutz, der zu den
Bürgerrechten gehört, darf nicht außer Acht bleiben.
Wenn wir Bürgerrechte aufkündigen würden, hätten wir
dem Terrorismus bereits zu viel Raum gegeben.

Aus diesem Grund hat die Bundesregierung die Be-
mühungen der Europäischen Kommission, zu verhan-
deln, unterstützt. Wir haben uns bemüht, das Auskunfts-
verlangen in unserem Sinne zu gestalten und den
datenschutzrechtlichen Anforderungen anders nachzu-
kommen, als es nach dem ersten Entwurf der USA der
Fall gewesen ist. Es ging darum, bei der Gestaltung mit-
zumachen. Übrigens ist es entgegen der Vermutung Ihres
Antrags so, dass die ganze Bundesregierung, insbeson-
dere auch das Justizministerium, unsere Zustimmung in
diesem Punkt unterstützt hat.

Unser Datenschutzrecht verlangt für internationale Da-
tenübermittlungen ein angemessenes Datenschutzni-
veau, es verlangt keine Gleichwertigkeit. Es wäre eine
falsche Vorstellung, wenn wir glaubten, wir könnten mit
den USA die Gleichwertigkeit in Bezug auf den Daten-
schutz erreichen; dafür haben wir eine zu unterschiedliche
Kultur im Umgang mit Daten – schon in den europäischen
Ländern, erst recht aber im Vergleich mit den USA. Wir
haben die Aufgabe, unter Berücksichtigung aller Um-
stände ein inhaltlich und rechtlich angemessenes Daten-
schutzniveau zu gewährleisten. Das haben wir erreicht.

Die Kollegin Philipp hat dankenswerterweise schon
einige der konkreten Verhandlungserfolge aufgezählt.
Es ist eben nicht so – Sie haben ausdrücklich darauf hin-
gewiesen –, dass die USA weiterhin auf dem Online-Ab-
rufverfahren beharren. Vielmehr hat man zugesichert,
dass sie so schnell wie möglich auf eine aktive Übermitt-
lung umstellen wollen.

Wenn man beklagt, dass die Speicherfrist von 3,5 Jah-
ren zu lang sei, muss man sehen, dass vorher 50 Jahre
vorgesehen waren. Bei Verhandlungen geht es darum,
dass man etwas erreicht. Wir sind der Meinung: Wir ha-

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1)

(C (D en mit dieser Lösung etwas erreicht, was unserem geeinsamen Interesse entgegenkommt, die internationale usammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus u fördern. (Beifall des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU] sowie des Abg. Cajus Caesar [CDU/CSU])


as bedeutet, dass wir zusammenwirken müssen, auch
ei ganz unterschiedlichen Voraussetzungen: bei unter-
chiedlichen nationalen Gesetzgebungen und einer ande-
en Kultur im Umgang mit Daten.
Ich glaube, dass Sie mit Ihrem Antrag nicht den Kern

er tatsächlich getroffenen Vereinbarungen treffen und
n manchen Stellen nicht den aktuellen Stand der Ver-
inbarungen wiedergegeben haben.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Sagen Sie einmal etwas zum Europäischen Parlament!)


ch empfehle Ihnen, die tatsächlichen Details einmal
achzulesen. Unsere Antwort auf die Anfrage zu dem
hema zeigt, dass wir zu dieser Vereinbarung guten Ge-
issens stehen können, weil wir nichts zu verbergen ha-
en, weil wir große Verhandlungserfolge erreicht haben
nd weil wir eine angemessene Lösung durchsetzen
onnten, im Übrigen – das ist mindestens genauso be-
erkenswert wie die Tatsache, dass wir mit den USA in
iesem wichtigen Punkt einen großen Schritt vorange-
ommen sind – im Zusammenwirken mit allen anderen
U-Staaten.
Das alles war zum Nutzen der Bürgerinnen und Bür-

er: Deren Schutz ist gewahrt und ihre Bürgerrechte sind
esser geschützt als nach dem vorherigen Verfahren.


(Beifall bei der SPD – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sehen die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament ganz anders!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1510231800

Die Kollegin Pau hat eine vorbereitete Rede zu Pro-

okoll gegeben1). Damit schließe ich die Aussprache.
Stimmen Sie der interfraktionell vorgeschlagenen
berweisung der Vorlage auf Drucksache 15/2761 an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu? –
as ist überraschenderweise einvernehmlich der Fall.
ann ist die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Gero
Storjohann, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard
Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Kleinlaster sicherer machen
– Drucksache 15/2577 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

Anlage 4






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Das ist ein Thema, das sich für diese Nachtzeit

vorzüglich geeignet hätte und zu dem auch eine halb-
stündige Aussprache vorgesehen war. Nun haben sich
die Kollegen Uwe Beckmeyer, Gero Storjohann, Ursula
Sowa, Horst Friedrich und auch die Parlamentarische
Staatssekretärin Iris Gleicke entschlossen, ihre Reden zu
Protokoll zu geben,1)


(Ute Kumpf [SPD]: Wie schade! – Weitere Zurufe von der SPD)


sodass ich, wie die Zwischenrufe zu Recht deutlich ma-
chen, mit Bedauern feststellen muss, dass damit die Aus-
sprache entfällt.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/2577 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu besteht of-
fenkundig ebenfalls Einvernehmen. Dann ist die Über-
weisung so beschlossen.

Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 2. April 2004, 9 Uhr,
ein.

Die Sitzung ist geschlossen.