Protokoll:
15097

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 97

  • date_rangeDatum: 11. März 2004

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 21:46 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/97 Bonde, Winfried Nachtwei, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Durch Transformation die Bundes- wehr zukunftsfähig gestalten (Drucksache 15/2656) . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Fraktion der CDU/CSU: Für eine moderne Bundeswehr als Pfeiler einer verlässlichen Sicher- heits- und Verteidigungspolitik Deutschlands (Drucksache 15/2388) . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Günther Friedrich Nolting, Jürgen Koppelin, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Zukunftsfähigkeit der DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . . . Gerd Höfer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . Ulrike Merten SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Kossendey CDU/CSU . . . . . . . . Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: a) Unterrichtung durch die Bundesregie- 8600 B 8600 C 8620 A 8621 C 8623 A 8624 D 8625 D 8626 D 8628 B Deutscher B Stenografisch 97. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 4 b, 12 a und b, 15 und 21 b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beileid zu Anschlägen in Spanien . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Abgabe einer Erklärung der Bundesre- gierung: Die neue Bundeswehr – auf richtigem Weg . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Rainer Arnold, Reinhold Robbe, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Alexander D B D R D W D C C R T A 8599 A 8600 A 8610 C 8600 B Bundeswehr herstellen – Wehr- pflicht aussetzen (Drucksache 15/2662) . . . . . . . . . . . . . 8600 C undestag er Bericht ung en 11. März 2004 t : r. Peter Struck, Bundesminister MVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . ainer Arnold SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helga Daub FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . infried Nachtwei BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristian Schmidt (Fürth) DU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einhold Robbe SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Kossendey CDU/CSU . . . . . . . . . . . lexander Bonde BÜNDNIS 90/ 8600 D 8604 D 8607 B 8608 D 8610 D 8613 B 8614 C 8617 A 8618 C rung: Bericht des Bundeskartellam- tes über seine Tätigkeit in den Jah- ren 2001/2002 sowie über die Lage II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 und Entwicklung auf seinem Aufga- bengebiet und Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 15/1226) . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Gudrun Kopp, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Für einen wirksamen Wettbewerbsschutz in Deutschland und Europa (Drucksache 15/760) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: a) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Reichsvermögen- Gesetzes (Drucksache 15/2135) . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 13. Mai 2002 zwischen der Bundes- republik Deutschland und Kanada über die Rechtshilfe in Strafsachen (Drucksache 15/2598) . . . . . . . . . . . . . Z T 8629 C 8629 C 8629 D 8631 B 8632 B 8634 C 8634 D 8635 B 8636 C 8637 A 8637 C 8638 A 8639 C 8640 A 8640 D 8641 B 8643 B 8645 A 8645 A c) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzvertrag vom 13. Mai 2002 zu dem Vertrag vom 11. Juli 1977 zwischen der Bundesre- publik Deutschland und Kanada über die Auslieferung (Drucksache 15/2599) . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Karin Rehbock- Zureich, Sören Bartol, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Ingol- stadt), Volker Beck (Köln), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Die Bahnreform konsequent weiterführen (Drucksache 15/2658) . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Durchfüh- rung einer Repräsentativstatistik über die Bevölkerung und den Ar- beitsmarkt sowie die Wohnsituation der Haushalte (Mikrozensusgesetz 2005 – MZG 2005) (Drucksachen 15/2543, 15/2673) . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit – zu der Verordnung der Bundesregie- rung: Einundsechzigste Verord- nung zur Änderung der Außen- wirtschaftsverordnung (AWV) – zu der Verordnung der Bundesre- gierung: Einhundertzweite Ver- ordnung zur Änderung der Aus- fuhrliste – Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung – – zu der Verordnung der Bundes- regierung: Einhundertachtund- vierzigste Verordnung zur Ände- rung der Einfuhrliste – Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz – (Drucksachen 15/2355, 15/2442 Nr. 2.2, 15/2356, 15/2442 Nr. 2.3, 15/2354, 15/2442 Nr. 2.1, 15/2534) . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verord- nung der Bundesregierung: Verord- 8645 A 8645 B 8645 C 8645 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 III nung zur Umsetzung EG-rechtlicher Vorschriften, zur Novellierung der Zweiundzwanzigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Im- missionsschutzgesetzes (Verord- nung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft – 22. BImSchV) und zur Aufhebung der Dreiundzwanzigsten Verord- nung zur Durchführung des Bun- des-Immissionsschutzgesetzes (Ver- ordnung über die Festlegung von Konzentrationswerten – 23. BImSchV) (Drucksachen 15/2407, 15/2442 Nr. 2.4, 15/2682) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beschlussempfehlung des Ausschus- ses nach Art. 77 des Grundgesetzes zu dem Vierten Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetz- buch (Drucksachen 15/1672, 15/2176, 15/2555, 15/2607) . . . . . . . . . . . . . . . . e)–h)Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 99, 100, 101 und 102 zu Petitionen (Drucksachen 15/2582, 15/2583, 15/2584, 15/2585) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: a) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- nes ... Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes (Drucksachen 15/1471, 15/2676) . . . . b) Antrag der Fraktionen der SPD, des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der FDP: Die parlamentarische Dimension des euromediterranen Barcelona-Prozesses mit der Euro- med PV stärken (Drucksache 15/2660) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der ge- setzlichen Rentenversicherung (RV- Nachhaltigkeitsgesetz) (Drucksachen 15/2149, 15/2678) . . . . G H P H B D D E H U B D U B G C P K N E Z K L C D D R 8646 B 8646 C 8646 C 8647 A 8647 B 8647 C – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungs- grundlagen der gesetzlichen Renten- versicherung (RV-Nachhaltigkeits- gesetz) (Drucksachen 15/2562, 15/2591, 15/2678) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . udrun Schaich-Walch SPD . . . . . . . . . . . . . orst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . eter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . irgitt Bender BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . . . . rika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ildegard Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Klaus Kirschner SPD . . . . . . . . . . . . . . . lla Schmidt, Bundesministerin MGS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aniel Bahr (Münster) FDP . . . . . . . . . . . . . lla Schmidt, Bundesministerin MGS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erald Weiß (Groß-Gerau) DU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . arsten Schönfeld SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . amentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . rgebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Frak- tion der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Pläne der CDU/CSU zu Einschränkungen im Arbeits- und Ta- rifrecht laus Uwe Benneter SPD . . . . . . . . . . . . . . . aurenz Meyer (Hamm) DU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8647 C 8647 D 8649 D 8652 D 8653 A 8653 D 8655 D 8657 D 8659 A 8660 C 8661 D 8664 A 8664 B 8665 A 8666 A 8667 A 8667 D 8670 C 8668 C 8672 B 8674 A 8675 B IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Christine Scheel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Doris Barnett SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . Ludwig Stiegler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: a) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konven- tionelle Rüstungsgüter im Jahre 2002 (Rüstungsexportbericht 2002) (Drucksache 15/2257) . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Bericht der Bundesregierung zu den Möglichkeiten der Erhöhung der Transparenz des Rüstungs- exportberichts (Drucksache 15/2256) . . . . . . . . . . . . . Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Leibrecht FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Christian Müller (Zittau) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: a) Erste Beratung des von den Abgeord- neten Reinhard Schultz (Everswin- kel), Marion Caspers-Merk, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie den Abgeordneten Birgitt Bender, Ulrike Höfken, weiteren Ab- in Z S U B D K M B A M B G G T K R 8676 C 8678 A 8679 B 8680 B 8681 A 8683 A 8684 C 8685 D 8686 D 8688 A 8689 B 8690 C 8690 C 8690 D 8692 A 8693 B 8694 C 8695 B 8696 B 8697 B geordneten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes jun- ger Menschen vor Gefahren des Al- kohol- und Tabakkonsums (Drucksache 15/2587) . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Klaus Haupt, Detlef Parr, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Besse- rer Schutz von Kindern und Ju- gendlichen vor Missbrauch von Alcopops und anderen alkoholi- schen Ready-to-drink-Getränken (Drucksache 15/2619) . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Ursula Heinen, Gerlinde Kaupa, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Verbesserung der Maßnahmen zum Schutze der Kinder und Ju- gendlichen vor Alkoholsucht (Drucksache 15/2646) . . . . . . . . . . . . . imone Violka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Parr FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rsula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . irgitt Bender BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Haupt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin MGS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas Scheuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . arion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin MGS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erlinde Kaupa CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . eorg Fahrenschon CDU/CSU . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Helmut Heiderich, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Biotechnologie als Schlüsseltechnologie stärken (Drucksache 15/2160) . . . . . . . . . . . . . . . . atherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . ené Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8698 D 8698 D 8699 A 8699 A 8701 A 8702 A 8703 B 8704 B 8705 B 8707 C 8707 D 8708 D 8710 A 8711 A 8711 B 8712 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 V Ulrike Flach FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helmut Lamp CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer CDU/CSU . . . . . . . Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richt- linie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (Drucksache 15/1709) . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für ein modernes Biopatentrecht (Drucksache 15/2657) . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Günter Krings CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Zusätzliche Kranken- und Pflegeversicherungsbei- träge bei Versorgungsbezügen durch das GKV-Modernisierungsgesetz rück- gängig machen (Drucksache 15/2472) . . . . . . . . . . . . . . . . C P M P D M T W S H M B D M A T 8715 A 8715 C 8716 A 8717 A 8718 C 8719 B 8720 C 8721 D 8722 D 8723 D 8724 A 8724 A 8725 A 8726 B 8727 C 8728 B 8729 B 8729 C 8730 D 8731 C arl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . eter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . ichael Hennrich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . etra Selg BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atthäus Strebl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 11: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Durchfüh- rung von Verordnungen der Euro- päischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Gentechnik und zur Änderung der Neuartige Lebensmit- tel- und Lebensmittelzutaten-Ver- ordnung (Drucksachen 15/2520, 15/2597, 15/2669). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung von Verordnun- gen der Europäischen Gemein- schaft auf dem Gebiet der Gentech- nik und zur Änderung der Neuartige Lebensmittel- und Le- bensmittelzutaten-Verordnung (Drucksachen 15/2397, 15/2669) . . . . altraud Wolff (Wolmirstedt) PD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . elmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . atthias Berninger, Parl. Staatssekretär MVEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan FDP . . . . . . . . . atthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . lbert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Arbeitsmarkt- zugang im Rahmen der EU-Erweite- rung (Drucksachen 15/2378, 15/2541, 15/2672) 8731 C 8733 A 8734 B 8735 B 8736 C 8737 D 8739 A 8739 A 8739 B 8740 A 8741 B 8743 C 8743 D 8745 A 8746 D VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 Tagesordnungspunkt 14: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des Rah- menbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Euro- päischen Union (Europäisches Haftbe- fehlsgesetz – EuHbG) (Drucksachen 15/1718, 15/2677) . . . . . . . Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Martin Hohmann (fraktionslos) zur namentlichen Schlußabstimmung über das Haushaltsgesetz 2004 (80. Sitzung, Tagesordnungspunkt II) . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungs- grundlagen der gesetzlichen Rentenver- sicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) (Ta- gesordnungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Klaus Barthel (Starnberg), Horst Kubatschka, Götz-Peter Lohmann, Dr. Christine Lucyga, Florian Pronold, René Röspel, Anton Schaaf, Horst Schmidbauer (Nürnberg), Fritz Schösser, Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Rüdiger Veit, Waltraud Wolff (Wolmirstedt) und Wolfgang Spanier (alle SPD) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungs- grundlagen der gesetzlichen Rentenver- sicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) (Ta- gesordnungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A E S S m U d Ü s s o A Z U – – ( P A Z d b w A A C W C W D D G B A Z d d 8747 A 8747 B 8749 C 8751 A 8751 A 8751 B 8751 C nlage 5 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten abine Leutheusser-Schnarrenberger und ibylle Laurischk (beide FDP) zur Abstim- ung über den Entwurf eines Gesetzes zur msetzung des Rahmenbeschlusses über en Europäischen Haftbefehl und die bergabeverfahren zwischen den Mitglied- taaten der Europäischen Union (Europäi- ches Haftbefehlsgesetz – EuHbG) (Tages- rdnungspunkt 14) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung der nterrichtungen: Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüs- tungsgüter im Jahre 2002 (Rüstungs- exportbericht 2002) Bericht der Bundesregierung zu den Möglichkeiten der Erhöhung der Transparenz des Rüstungsexportbe- richts Tagesordnungspunkt 6 a und b) etra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes über den Ar- eitsmarktzugang im Rahmen der EU-Er- eiterung (Tagesordnungspunkt 13) ngelika Krüger-Leißner SPD . . . . . . . . . . . lexander Dobrindt DU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Meckelburg DU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Niebel FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erd Andres, Parl. Staatssekretär MWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung es Rahmenbeschlusses über den Europäi- 8752 C 8753 A 8753 C 8754 B 8755 B 8756 B 8756 D 8757 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 VII schen Haftbefehl und die Übergabeverfah- ren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Europäisches Haft- befehlsgesetz – EuHbg) (Tagesordnungs- punkt 14) Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8758 C 8759 C 8760 C 8761 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 8599 (A) ) (B) ) 97. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 8751 (A) ) (B) ) ten Gruppen dieses Thema wieder als gemeinsame So wird sichtbar, dass es nach den derzeitigen Planungen reich erreicht werden, wenn die gesellschaftlich relevan- Z ukunft mit dem der Vergangenheit vergleichbar bleibt. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Martin Hohmann (fraktions- los) zur namentlichen Schlussabstimmung über das Haushaltsgesetz 2004 (80. Sitzung, Tages- ordnungspunkt II) In der Abstimmungsliste ist mein Name nicht aufge- führt. Mein Votum lautet Nein. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finan- zierungsgrundlagen der gesetzlichen Renten- versicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) (Ta- gesordnungspunkt 5) Das zur Abstimmung stehende Rentenversicherungs- Nachhaltigkeitsgesetz gibt den jetzigen Rentenbeziehern Planungssicherheit angesichts der demographischen Ent- wicklung unserer Gesellschaft. Eine überschaubare Pla- nungssicherheit für die jetzt und künftig arbeitenden Generationen gibt es aber ebenso wenig wie die diversen Vorschläge der Union. Deshalb bleibt eine umfassende Reform der Alterssicherung auch weiter auf der Tages- ordnung. Eine solche Reform kann aber nur dann erfolg- A d s g n r A w f s g ü A z r v Ü s w g h R te d m R A s w n d g d d s Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 11.03.2004 Friedrich (Mettmann), Lilo SPD 11.03.2004 Dr. Gehb, Jürgen CDU/CSU 11.03.2004 Hartnagel, Anke SPD 11.03.2004 Lehder, Christine SPD 11.03.2004 Scharping, Rudolf SPD 11.03.2004 Dr. Stadler, Max FDP 11.03.2004 Teuchner, Jella SPD 11.03.2004 Dr. Thomae, Dieter FDP 11.03.2004 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht ufgabe angehen und es nicht in Wahlkampfauseinan- ersetzungen zerreiben lassen. Unter diesen Prämissen timme ich dem vorliegenden Gesetzentwurf trotz eini- er Bedenken zu, weil es bereits für das Jahr 2008 eine euerliche Befassung vorsieht. Bis dahin besteht die ealistische Möglichkeit, eine wirkliche Reform der lterssicherung im gesellschaftlichen Konsens zu ent- ickeln. Nach der heutigen Entscheidung eröffnet sich ür alle, die wie ich die Notwendigkeit eines gesell- chaftlich notwendigen konsensualen Vorgehens für eine rundsätzliche Reform erkennen, die Chance, mit partei- bergreifenden Gesprächen zu beginnen. nlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Klaus Barthel (Starnberg), Horst Kubatschka, Götz-Peter Lohmann, Dr. Christine Lucyga, Florian Pronold, René Röspel, Anton Schaaf, Horst Schmidbauer (Nürnberg), Fritz Schösser, Dr. Sigrid Skarpelis- Sperk, Rüdiger Veit, Waltraud Wolff (Wol- mirstedt) und Wolfgang Spanier (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungs- grundlagen der gesetzlichen Rentenversiche- rung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) (Tagesord- nungspunkt 5) Das „Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finan- ierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversiche- ung“ greift tief in das System der gesetzlichen Alters- orsorge ein. Wir stimmen ihm nur unter folgenden berlegungen zu: Für uns ist und bleibt die lebensstandardsichernde ge- etzliche Rente ein zentrales Ziel unserer Politik. Gegen- ärtig deckt die gesetzliche Rente etwa 85 Prozent der esamten Altersbezüge eines westdeutschen Rentner- aushalts ab. In den neuen Ländern ist die gesetzliche ente nahezu die einzige Einkommensquelle für das Al- r. Die derzeitige Entwicklung in der Wirtschaft und auf em Arbeitsmarkt, die niedrigen Lohn- und Einkom- enszuwächse und die aktuellen Gesetzesvorlagen zur entenreform und Rentenbesteuerung bewirken eine bsenkung des Niveaus der gesetzlichen Rente. Damit ollen Beitragssatzsteigerungen in Grenzen gehalten erden. Wir begrüßen, dass der Gesetzentwurf demgegenüber unmehr eine Niveausicherung vorsieht. Somit bleibt ie Beitragshöhe nicht der alleinige Maßstab der künfti- en Entwicklung der Renten. Wir begrüßen auch, dass ie Koalition die Transparenz im Berechnungssystem urch das Konzept „Rentenniveau vor Steuern“ sicher- tellen will. Dieses gestattet, dass das Rentenniveau der 8752 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 (A) ) (B) ) schrittweise von jetzt 53,3 Prozent über 46 Prozent zum Jahr 2020 auf 43 Prozent zum Jahr 2030 sinken würde, also auf den Rentenwert bezogen um 20 Prozent! Transparenz und Revisionsklausel sind umso wichti- ger, weil alle derzeit zugrunde liegenden Berechnungen auf Prognosewerten beruhen, die durch die reale Ent- wicklung schnell überholt sein können. Durch die Kombination der Auswirkungen mehrerer Leistungskürzungen im Bereich der sozialen Gesetzge- bung werden in den nächsten Jahren auf ältere Menschen nominale und reale Einkommensverluste zukommen. Zusätzliche betriebliche und/oder private Altersvorsor- gemodelle sollen künftig die angemessene Beteiligung der Arbeitnehmerinnen an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ermöglichen. Solche weiteren Standbeine können zwar als Ergänzung sinnvoll sein, als Absiche- rung von Lebensrisiken haben sie trotz der von der Koa- lition geschaffenen kräftigen staatlichen Förderung nur begrenzte Wirkung, weil sie für Bezieherinnen niedriger Einkommen und Arbeitslose kaum finanzierbar sind, sie die erheblichen, teilweise heute schon erkennbaren Ka- pitalmarktrisiken mit auf die Einzelnen und Schwäche- ren verlagern und nicht allgemeinverbindlich und unter Beteiligung aller Unternehmen vorgesehen sind. Deshalb fordern wir auch in Zukunft folgende Ziele zu beachten: Erstens. Die Sicherung eines Mindestrentenniveaus als zuverlässige Teilhabe der jeweiligen Rentnergenera- tion an der allgemeinen Einkommensentwicklung. Wir wollen den Menschen Vertrauen durch Sicherheit im ge- setzlichen Rentensystem geben. Dazu gehört, dass auch bei immer unstetigeren Erwerbsbiografien Menschen, die viele Jahrzehnte hart gearbeitet haben, ein Altersein- kommen haben, das über dem Sozialhilfe- oder Grund- versorgungsniveau liegt. Deshalb braucht die gesetzliche Rentenversicherung auch und erst recht in Zukunft ein überprüfbares, dauerhaft garantiertes und rechtsverbind- liches Mindestniveau, das deutlich über den jetzigen Pla- nungen liegt. Die heutige junge Generation muss wissen, dass es für die heutige Beitragsleistung auch eine adä- quate Gegenleistung im Rentenfall gibt. Zweitens. Der Bund muss weiterhin voll zu seiner Verantwortung für die Rente stehen. Die gesetzliche Rentenversicherung trägt viele gesellschaftliche und po- litische Lasten im Interesse der Allgemeinheit. Diese und die Gewährleistungspflicht für die Rentensicherheit müssen weiterhin in dem erforderlichen Umfang durch den Bundeszuschuss getragen werden. Der Bundeszu- schuss darf nicht zum Spielball kurzfristiger, konjunk- turabhängiger Haushaltspolitik werden. Drittens. Die Erwerbstätigenversicherung muss auf der Tagesordnung bleiben! Derzeit werden die Weichen für eine nachhaltige Sicherung unseres Altersversor- gungssystems gestellt. Dabei darf die Frage einer Ver- breiterung der personellen und finanziellen Basis der Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ausgeklammert bleiben. Deshalb sind schon jetzt Schritte zur Einführung einer Erwerbstätigenversiche- rung einzuleiten. b d j h n f S „ e s l m s s i c z t d f v s m A z p E f i A V d f s g B D S s s (C (D Alterssicherung ist ein gesamtgesellschaftliches Pro- lem und darf nicht zum Generationenkonflikt umge- eutet werden. Dies ist schon darin erkennbar, dass die üngere, aktuell erwerbstätige Bevölkerung mit relativ ohen Beiträgen selbst vom künftig niedrigeren Renten- iveau betroffen sein wird. Beiträge zur Rentenversicherung sind Pflichtbeiträge, ür die entsprechende Leistungen zu garantieren sind. taat und Politik dürfen nicht unter dem Stichwort mehr Eigenverantwortung“ Lasten und Risiken auf die inzelnen Menschen verlagern, von denen sie behaupten, ie seien selbst unter größter Anstrengung gemeinschaft- ich nicht mehr tragbar. Im Gegenteil: Der Sozialstaat uss auch weiterhin die materielle Garantie für die Ab- icherung gerade einer wachsenden Zahl älterer Men- chen erbringen, da sonst seine politische Legitimation n höchster Gefahr ist. Trotz weitergehender Forderungen für eine Alterssi- herung stimmen wir dem Gesetz vor dem Hintergrund u, dass derzeit für sinnvolle Alternativen die parlamen- arischen Mehrheiten fehlen und Opposition und Bun- esratsmehrheit den Sozialstaat vom Grundsatz her in- rage stellen und teilweise sogar massiv bekämpfen. Wir sind entschlossen, der Politik von Arbeitgeber- erbänden, der CDU/CSU und der FDP, die den Sozial- taat letztlich zur Armenfürsorge degenerieren wollen, assiv entgegenzutreten. nlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sabine Leutheusser- Schnarrenberger und Sibylle Laurischk (beide FDP) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlus- ses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaa- ten der Europäischen Union (Europäisches Haftbefehlsgesetz – EuHbG) (Tagesordnungs- punkt 14) Wir lehnen den Gesetzentwurf der Bundesregierung ur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Euro- äischen Haftbefehl ab. Dieser Rahmenbeschluss des uropäischen Rates und der Europäischen Kommission ührt zu einer Anerkennung justizieller Entscheidungen nnerhalb der Mitgliedstaaten der EU mit dem Ziel der uslieferung eigener Staatsangehöriger, ohne dass es die ereinbarung von Mindeststandards in Strafverfahren in er EU gibt. In 32 unbestimmt formulierten Delikts- eldern wird zur Auslieferung auf das Prinzip der beider- eitigen Strafbarkeit verzichtet mit der Folge, dass auf- rund eines formulierten Auslieferungsersuchens ein ürger überstellt wird, auch wenn sein Verhalten in eutschland nicht strafbar ist oder die Höhe angedrohter trafen sehr unterschiedlich ist. Vor der gegenseitigen Anerkennung justizieller Ent- cheidungen bedarf es auch in der EU der Schaffung von trafverfahrensrechtlichen Mindeststandards zum Schutz Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 8753 (A) ) (B) ) der Bürger. Mit dem Europäischen Haftbefehl wird der zweite Schritt vor dem ersten getan. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Unterrichtungen: – Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungs- güter im Jahre 2002 (Rüstungsexportbericht 2002) – Bericht der Bundesregierung zu den Mög- lichkeiten der Erhöhung der Transparenz des Rüstungsexportberichts (Tagesordnungspunkt 6 a und b) Petra Pau (fraktionslos): Erstens. Wir diskutieren den Bericht über deutsche Rüstungsexporte nicht, weil wir Statistik-Fans sind oder ein Berichts-Faible haben. Wir diskutieren ihn, weil wir das weltweite Geschäft mit Waffen und Kriegsgerät nicht wollen. Jedenfalls ist das die Position der PDS im Bundestag. Für uns hat der Spruch – „Frieden schaffen mit immer weniger Waf- fen“ – noch immer einen aktuellen Sinn. Zweitens. Laut Bericht wurden im Jahre 2002 weni- ger Kriegswaffen und Rüstungsgüter exportiert als im Vorjahr. Zumindest wurden weniger Ausfuhren geneh- migt. Aber Geschäfte im Wert von offiziell 3,26 Milliar- den Euro sind natürlich kein Pappenstil und die Folgen entziehen sich einer Bemessung. Drittens. Nun hatte sich die Bundesregierung eigene Maßstäbe gesetzt. An ihnen muss sich Rot-Grün natür- lich besonders messen lassen. Ein Kriterium schließt den Rüstungsexport in Krisenregionen aus. Dem stehen aber Exporte nach Israel gegenüber und zwar laut Bericht im Gesamtwert von 160 Millionen Euro. Alle Welt weiß, dass der Nahe Osten ein akuter Brandherd ist. Dennoch erteilte die Bundesregierung 157 Exportgenehmigungen. Ich teile daher die Kritik der Kampagnen gegen Rüs- tungsexporte, von Amnesty International und dem Akti- onsnetz gegen Kleinwaffen, die das – Zitat – „men- schenrechtlich unerträglich“ finden. Viertens. Das betrifft auch die Ausfuhr von Waffen und Munition in andere Problemländer, wie Ägypten, Malaysia, Mexiko, Nepal oder Saudi-Arabien. In diesem Zusammenhang vermisse ich übrigens auch eine Auflis- tung der Unternehmen, die an derartigen Geschäften ver- dienen. Fünftens. Schließlich gibt es eine weitere Grauzone, die der Bericht nicht erhellt. Ich meine Exportgüter, die zivil, aber ebenso schnell militärisch eingesetzt werden können. Da wir heute über den Bericht für das Jahr 2002 re- den, kann der geplante Export der Atomanlage von Ha- nau nach China noch nicht enthalten sein. Aber er gehört in diese Kategorie. Deshalb ist es gut, wenn sich immer mehr Rüstungs- und Atomgegner der Initiative „Hanau selber kaufen“ anschließen. Ich habe es auch getan. A r C J S S U E s w B l s a v u m t V b s f d M W w e d s lo b a z l g t D R F g g d e m (C (D nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Arbeitsmarktzugang im Rahmen der EU- Erweiterung (Tagesordnungspunkt 13) Angelika Krüger-Leißner (SPD): „Die Osterweite- ung der Europäischen Union stellt eine der größten hancen für die Menschen unseres Kontinents in diesem ahrhundert dar. Politisch wird damit die historische paltung Europas überwunden, und es kann dauerhaft tabilität und Frieden gesichert werden.“ – So leitet die nion ihre Große Anfrage zu den Auswirkungen der U-Osterweiterung ein. Ich kann diesen Worten nur zu- timmen. Auch der darüber hinausgehenden Analyse, dass sich irtschaftlich neue Möglichkeiten für Wachstum und eschäftigung bieten und dass die Erweiterung vor al- em in menschlicher und kultureller Hinsicht zum Zu- ammenwachsen Europas beitragen wird, kann ich mich nschließen. Daher ist es auch folgerichtig, dass die Union dem orliegenden Entwurf der Bundesregierung zustimmt nd die Übergangsregelungen beim Arbeitsmarktzugang itträgt. Ich begrüße diese Einigkeit in diesem so wich- igen Thema ausdrücklich. Dennoch möchte ich darauf hinweisen, dass ich Ihr erhalten, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, eim Umgang mit Europa an einigen Stellen wider- prüchlich finde. In ihrem Beschluss „Weichen stellen ür Deutschland“ schüren Sie Ängste und warnen vor en Risiken der Erweiterung, ohne auf die Chancen und öglichkeiten weiter einzugehen. Ihre Antworten auf die neuen Märkte und die neuen ettbewerber liegen im Niedriglohnbereich und in dem eit gehenden Abbau von Arbeitnehmerrechten. Das ist in fahrlässiger Umgang mit der Erweiterung der EU, er zudem nicht den tatsächlichen Gegebenheiten ent- pricht. Die Bedenken in der Bevölkerung, die zweifel- s bestehen, zu benutzen, um Ihre Politik des Sozialab- aus zu begründen – das ist ein wirklich nicht kzeptabler Umgang mit der europäischen Idee. Der heute vorliegende Gesetzentwurf ist die Umset- ung einer EU-Regelung im Beitrittsvertrag; einer Rege- ung im Übrigen, für die sich besonders die Bundesre- ierung immer stark gemacht hat. Die Auslegung der Beitrittsvereinbarung ist sehr res- riktiv. Andere EU-Staaten lassen mehr Freizügigkeit zu. ie Behauptung, wir würden die Möglichkeiten der EU- ichtlinie nicht ausschöpfen und von Beginn an zu viel reizügigkeit zulassen, ist schlicht falsch. Ich möchte in diesem Zusammenhang anmerken: Es eht hier um die Übergangsfrist für Arbeitnehmerfreizü- igkeit bei der EU-Osterweiterung, nicht um das Zuwan- erungsgesetz. Denn die Forderung des Bundesrates, ine Sonderregelung für Haushaltshilfen in Haushalten it Pflegebedürftigen einzuführen, kann nicht nur auf 8754 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 (A) ) (B) ) die Mitglieder der Beitrittsstaaten beschränkt werden. Das ist eindeutig etwas, das in eine Gesamtregelung ge- hört. Wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass die Erweite- rung über kurz oder lang zu größeren Migrationsbewe- gungen in Europa führen wird. Genau beziffern lässt sich das noch nicht. Die entsprechenden Schätzungen und Gutachten liegen weit auseinander. Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei früheren Beitritten wie denen von Griechenland, Spanien und Portugal nicht haben verun- sichern lassen. Die Übergangsregelungen stellen in diesem Zusam- menhang einen guten Weg dar, auf dieses Problem nach und nach zu reagieren. Dienstleistungsfreiheit und Frei- zügigkeit der seit mehr als einem Jahr Ansässigen kom- men hier zunächst. Auch die Wirtschaftsforschungsinsti- tute sprechen sich für eine solche, langsame Öffnung aus. Wenn Wirtschaft, Gesellschaft und Politik hier in den nächsten Jahren die richtigen Weichen stellen, dann wird auch dieser Aspekt der Osterweiterung ein Erfolg. Wir müssen aufpassen, dass die Ängste und Sorgen in der Bevölkerung die Chancen der europäischen Vereini- gung nicht überwiegen. Zwar ist der Mehrheit der Deut- schen sicher, dass die EU zur Sicherung des Friedens und Wohlstandes unabdingbar ist, aber dennoch mehren sich kritische und ängstliche Töne. Dies gilt umso mehr, als die jetzige friedliche Situation in Europa für viele schon nach einem guten Jahrzehnt der Annäherung zur Selbstverständlichkeit wird. Es ist gerade die Bevölkerung in den Staaten, die jetzt neu hinzukommen, die diese Situation zu allererst be- wirkt haben. Ohne die Solidarnosc in Polen beispiels- weise wäre auch die friedliche Revolution in der DDR nicht möglich gewesen. Hinzu kommt, dass Europa durch die Vereinigung als internationaler Akteur noch mehr Gewicht bekommen wird. Die 25 Staaten, die ab Mai die EU bilden, haben 450 Millionen Einwohner und umfassen ein Viertel des globalen Bruttosozialproduk- tes. Deutschland verzeichnet heute schon einen großen Exportüberschuss gegenüber den Beitrittsländern. Allein mit den baltischen Staaten sind das schon 1,5 Milliarden Euro. Das schafft Arbeitsplätze in Deutschland. Die EU-Strukturpolitik, die auch in den Beitrittslän- dern greifen wird, wird auch positive Folgen für die heu- tigen Randgebiete der EU haben. Gerade diese Regio- nen, die jetzt die meiste Furcht vor der Osterweiterung äußern, werden nun nicht mehr am Rande des Wirt- schaftsraumes liegen, sondern mittendrin. Wir müssen die Sorgen ernst nehmen, die besonders kleine und mittlere Unternehmen betreffen. Daher ist der Übergang, den wir mit vorliegender Regelung treffen, so wichtig. Aber die Chancen sind ungleich größer; so groß, dass die EU-Osterweiterung ohne Alternative ist. Alexander Dobrindt (CDU/CSU): Sicherlich ist es unstrittig, dass die EU-Osterweiterung ein entscheiden- der Beitrag zur weiteren Friedenssicherung in Europa i d f W Z p e m r a w d g h l g s w r f n s g r h s h g W t P a P g g h l l m W o A v B d Ü w w d (C (D st. Dass die Verwirklichung der Europäischen Union in en vergangenen Jahrzehnten eine ausgesprochene Er- olgsgeschichte hat, bezweifelt heute niemand mehr. ohlstand und wirtschaftliche Entwicklung waren lange eit auch in Deutschland eng verbunden mit dem euro- äischen Einigungsprozess. Unsere Aufgabe muss es sein, auch die weitere Fort- ntwicklung der Europäischen Union an dieses Erfolgs- odell anzuknüpfen. Dabei spielt die EU-Osterweite- ung eine herausragende Rolle, die genau deswegen mit ußerordentlicher Sorgfalt beobachtet und entwickelt erden muss. Speziell diese Sorgfalt kann im vorliegen- en Entwurf eines Gesetzes über den Arbeitsmarktzu- ang nicht nachgewiesen werden. Im Gegenteil: Auch ier wurde „schlampig“ gearbeitet; Probleme offensicht- ich nicht ausreichend erkannt bzw. nicht eindeutig gere- elt. Frau Kollegin Krüger-Leißner hat in der ersten Le- ung des Gesetzes davon gesprochen, dass Deutschland irtschaftspolitisch von der EU-Osterweiterung profitie- en wird. Ich hoffe das sehr. Ich sehe aber auch die Ge- ahren und nehme diese im Interesse unserer Bürgerin- en und Bürger außerordentlich ernst. Die Kollegin hat elbst gesagt, dass im Bereich der Arbeitsmarktpolitik roße Herausforderungen bestehen. Ich darf hier zitie- en: Schon allein wegen seiner geographischen Lage kann davon ausgegangen werden, dass Deutschland Hauptzielland der Einwohner der Beitrittsstaaten sein wird. Nicht nur wegen der geografischen Lage sondern auptsächlich auch wegen unseres sozialen Sicherungs- ystems wird Deutschland Hauptzielland werden. Das ohe Leistungsniveau unseres Sozialsystems im Ver- leich zu den Beitrittsländern kann Deutschland zum ohlfahrtsmagnet für Zuwanderer machen. Zum Vergleich: Arbeitslosengeld in Deutschland be- rägt bei Vollzeitarbeit zum Mindestlohn 871 Euro, in olen 92 Euro. Gleichzeitig erhält man einen Anspruch uf Kindergeld, egal ob die Kinder in Deutschland oder olen wohnen. Selbst Erziehungsgeld kann man beantra- en. Deswegen ist es zwingend notwendig, die Über- angsregelung der Freizügigkeit, die die EU vorgegeben at, zu nutzen, und zwar umfassend. Leider ist dies in dem vorliegenden Gesetz nicht in al- en Punkten gelungen. Es gibt keine hinreichende Rege- ung, was Werksvertragsarbeitnehmer, Gastarbeitneh- er, Grenzarbeitnehmer, Aupairs usw. betrifft. Des eiteren wird in § 12 a der Arbeitsgenehmigungsver- rdnung fälschlicherweise von einer „Zulassung zum rbeitsmarkt“ gesprochen und nicht von einer „Sozial- ersicherungspflichtigen Beschäftigung“. Hier hat das MWA auf Nachfrage von mir im Ausschuss erzählt, as dies das Gleiche sei. Die juristische Prüfung hat das Gegenteil ergeben; im brigen mit erheblichen Auswirkungen. Ich frage mich, arum hier keine Klarstellung gemacht wird. Entweder ollen Sie etwas anderes bezwecken oder es ist wieder ie übliche dilettantische Vorbereitung, gepaart mit Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 8755 (A) ) (B) ) handwerklichen Fehlern, wie das bei dieser Regierung so üblich ist. Also, warum sind die genannten Regelun- gen nicht hinreichend? Werkvertragsarbeitnehmer sowie Gastarbeitnehmer, Grenzarbeitnehmer, Aupairs oder Pflegekräfte usw. ha- ben einen zeitlich beschränkten Zugang zum Arbeits- markt, der nach Beendigung die Betroffenen dazu veran- lasst, Deutschland wieder zu verlassen. Das war auch bisher die Auffassung der Mehrzahl der im Bundestag vertretenen Fraktionen. Mit dem vorgelegten Gesetz über den Arbeitsmarkt- zugang machen Sie aus dem zeitlich beschränkten Ar- beitsmarktzugang einen generellen unbefristeten Zugang einschließlich des Rechts auf Familiennachzug in seiner weitesten Fassung. Ich glaube nicht, dass es ernsthaft Ihr Wille ist, wenn wir über Beschränkungen der Arbeitneh- merfreizügigkeit reden, mit diesem Gesetz dafür zu sor- gen, Beschränkungen, die wir mit gutem Grund in beste- hende Arbeitsbereiche eingezogen haben, vollkommen auszuhebeln und somit für mehrere zigtausende Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer aus den Beitrittsländern den Zugang zu unserem Sozialsystem weitestgehend zu eröffnen. Das sind ganz entscheidende Fehler, die hier gemacht werden. Ich fordere die Bundesregierung auf, zu diesen Problemen Stellung zu nehmen. Korrigieren Sie Ihre un- zureichende Gesetzesvorlage oder fügen Sie zumindest Regelungen ein, wie dies andere EU-Länder tun, zum Beispiel England, die klar definieren, dass die Zuwande- rer während der Übergangsfristen keine Sozialleistungen beanspruchen dürfen. Machen Sie Ihre Hausaufgaben ordentlich! Ich fordere die Bundesregierung auf, die hier genann- ten Bedenken und Probleme nochmals zu prüfen bzw. die Entwicklungen zu beobachten, um an dieser Stelle Korrekturen vorzunehmen. Der Grundgedanke, der ein gemeinsamer ist, soll hier im Vordergrund stehen. Daher sollten Sie Ihre Fehler im Interesse einer funktionieren- den EU-Osterweiterung verbessern. Wolfgang Meckelburg (CDU/CSU): Das Erfolgs- modell EU mit seinen Werten Demokratie, Rechtsstaat- lichkeit, Schutz der Menschenrechte und Minderheiten wird mit der anstehenden Erweiterungsrunde zum 1. Mai 2004 um zehn neue Staaten auf die mittel- und osteuro- päischen Länder ausgedehnt. Damit werden Frieden und Freiheit, Sicherheit und politische Stabilität dauerhaft garantiert. Die Festigung des Friedens und der gegenseitigen Sicherheit dient auch der Entfaltung von Handel und In- vestitionen – die EU wächst nun um 75 Millionen Men- schen zu einem Wirtschaftsraum von 450 Millionen Menschen an. Mit der Erweiterung entsteht der größte Binnenmarkt der westlichen Welt. Der Binnenmarkt bietet vor allem exportorientierten Ländern wie Deutschland Vorteile, weil die Handelskosten sinken. Insgesamt profitieren aber alle EU-Bürger davon. Durch den Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt verringern sich die Verbrau- c A d h f M m D d B u w g P b H m t M B g w t e s m s b n k d s f s G w n d R w d k d d m Z g e h s w r D e v t (C (D herpreise tendenziell. Schon jetzt wächst der deutsche ußenhandel mit den mittel- und osteuropäischen Län- ern überproportional und hat einen Anteil von annä- ernd 12 Prozent erreicht. Von vielen wird mit dem Beitritt aber auch die Be- ürchtung verbunden, dass viele Arbeitnehmer auf die ärkte der EU, besonders auf den deutschen Arbeits- arkt drängen. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in eutschland wird das als zusätzliche Belastung empfun- en. Erfahrungen aus früheren EU-Beitrittsrunden, zum eispiel bei der Einbindung Griechenlands, Spaniens nd Portugals zeigen, dass die Furcht vor einer Zuzugs- elle aus den Beitrittsländern unbegründet ist. Im Ge- enteil: Damals kehrten viele Griechen, Spanier und ortugiesen, die sich ihren Lebensunterhalt als Fremdar- eiter – von uns angeworben – verdient hatten, in ihre eimatländer zurück, sobald diese in der EU waren und it einem wirtschaftlichen Aufschwung rechnen konn- en. EU-Experten gehen davon aus, dass sich auch dieses al eine ähnliche Entwicklung vollziehen wird. EU- eitritte haben bisher immer für Wirtschaftswachstum esorgt und neue Arbeitsplätze geschaffen, und zwar so- ohl in den alten Mitgliedsländern als auch bei den Bei- rittskandidaten. Und je höher die Wirtschaftskraft des igenen Landes ist, desto unattraktiver ist es, sich Be- chäftigung in anderen EU-Ländern zu suchen. Tatsächlich sind nur wenige Menschen bereit, ihr Hei- atland, ihre Familie und Freunde zu verlassen, wenn ie nicht durch politische Konflikte oder schlechte Le- ensumstände dazu gezwungen sind. Gegenwärtig woh- en und arbeiten nur 2 Prozent der europäischen Bevöl- erung in einem anderen als ihrem Heimatland. Aber den Befürchtungen wird Rechnung getragen: er EU-Vertrag zur jetzt anstehenden Osterweiterung ieht flexible Übergangsfristen von bis zu sieben Jahren ür die Freizügigkeit der Arbeitnehmer vor. Dieser Ge- etzentwurf macht von den Übergangsbestimmungen ebrauch und regelt den Arbeitnehmerzugang zunächst ie vom EU-Recht vorgesehen für zwei Jahre nach den ationalen Gesetzen. Die CDU/CSU-Fraktion stimmt iesem Gesetzentwurf zu. Über die Verlängerung der egelungen um weitere drei bzw. nochmals zwei Jahre ird zum jeweiligen Zeitpunkt zu entscheiden sein. Konkret bedeutet das für die nächsten zwei Jahre, ass die bisherigen Zulassungsregelungen ihre Gültig- eit behalten. Weiterhin gilt also grundsätzlich auch für ie Arbeitnehmer aus Tschechien, Polen, Rumänien und en übrigen Beitrittsstaaten, dass sie eine Arbeitsgeneh- igung vor der Arbeitsaufnahme brauchen. Malta und ypern sind dabei generell von diesen Regelungen aus- enommen. Die Arbeitnehmer aus den Beitrittsstaaten rhalten allerdings eine Gemeinschaftspräferenz. Das eißt, wenn ein freier Arbeitsplatz nicht mit einem Deut- chen besetzt werden kann, erhalten sie Vorrang vor Be- erbern aus Drittstaaten. Für Staatsangehörige, die be- eits seit zwölf Monaten bei einem Arbeitgeber in eutschland beschäftigt sind, sieht der Vertrag ein un- ingeschränktes Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt or. Zeiten, die ein Arbeitnehmer bereits aus Werksver- ragsvereinbarungen in Deutschland verbracht hat, 8756 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 (A) ) (B) ) werden dabei nicht als anspruchsbegründende Zeiten be- rücksichtigt. Das heißt, mit der Entsendung erfolgt keine Zulassung zum deutschen Arbeitsmarkt. Dies wird be- sonders von der deutschen Bausindustrie begrüßt. Für Familienangehörige der Arbeitnehmer, die zum Zeit- punkt des Beitritts bei ihm wohnen oder sich mindestens 18 Monate in Deutschland aufhalten, wird eine Arbeits- berechtigung erteilt. Schaut man sich nun einmal die Zahlen an von denen, die nun schon vor dem Beitritt in Deutschland sind – ins- gesamt 600 000. Davon sind 140 000 sozialversiche- rungspflichtig beschäftigt. Die leben und arbeiten bereits heute hier. Für sie gilt ja, dass sie hier bereits Arbeit ge- funden haben und mit ihren Familien hier leben. Auch die Zahl der Grenzgänger wird vielfach dramatisiert. Es handelt sich um 6 500 Grenzpendler und grenznah woh- nende Arbeitnehmer aus Tschechien und 800 aus Polen. Aus dieser Betrachtung der Realität, wie sie sich ei- nem jetzt bereits darbietet, ist wirklich keine dramati- sche Entwicklung zu erwarten. Dennoch muss die Poli- tik die Auswirkung der EU-Osterweiterung in den kommenden Jahren weiter beobachten und kritisch be- gleiten. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat in einer Großen Anfrage die Auswirkungen der EU-Osterweite- rung thematisiert. Es wäre schön gewesen, wenn diese Anfrage vor der heutigen Debatte bereits beantwortet worden wäre. Denn es ist wichtig die Sorgen der Bevöl- kerung, die sich aus der Osterweiterung zwangsläufig er- geben werden, ernst zu nehmen und darauf glaubhafte Antworten zu finden. Die Auswirkungen der Erweite- rung reichen weit über die Veränderung auf dem Arbeits- markt hinaus, es geht auch um die Auswirkungen auf die Sozialsysteme und Fragen des Wettbewerbs und insbe- sondere der Regionalpolitik. Die Antwort der Bundesregierung kann die Basis für eine umfassende Debatte über die Auswirkungen der EU-Osterweiterung sein. Jedenfalls eins ist klar: Wir müssen die Herausforderungen, die sich aus dem größe- ren und offeneren Europa ergeben annehmen, und den Reformprozess in Deutschland weiter vorantreiben. Werner Schulz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zum 1. Mai 2004 werden zehn weitere Mitgliedstaaten der Europäischen Union beitreten. Mit dem Beitrittsvertrag wurde festgelegt, dass das Recht von Arbeitnehmern auf Freizügigkeit innerhalb der Union für die Beitrittstaaten mit Ausnahme von Zypern und Malta für einen Über- gangszeitraum eingeschränkt werden kann. Der vorlie- gende Gesetzentwurf regelt die Umsetzung in nationales Recht. In dem Gesetz wird die Arbeitnehmerfreizügig- keit zunächst für zwei Jahre bis 2006 ausgesetzt. In die- ser Zeit können Bürger der Beitrittsländer nicht als Ar- beitnehmer in Deutschland tätig werden. Sie haben aber sehr wohl ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, sie können sich auch als Selbstständige niederlassen. Eine Verlänge- rung der Regelung ist bis maximal 2011 möglich. Inwie- weit von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, wird in Abhängigkeit von der Entwicklung des Arbeits- marktes entschieden werden. u W V m A n b S d ü m z c F r n e f m v U s t G g g g s A a a A b g B n G c d B b S s b R g u b a g W (C (D Das Gesetz, welches wir heute verabschieden werden, nterscheidet sich nur unwesentlich vom Entwurf. Im esentlichen geht es um redaktionelle und sprachliche eränderungen, die unproblematisch sind. Die einzige aterielle Änderung ermöglicht die Teilnahme junger rbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerinnen an Transfermaß- ahmen nach Abschluss ihrer Berufsausbildung. Dies egrüßen wir ausdrücklich. Die Erweiterung der Europäischen Union ist auch ein ignal an die mittel- und osteuropäischen Länder, dass ie künstliche Grenze des Kalten Krieges endgültig berwunden ist. Die Erweiterung stabilisiert die enor- en wirtschaftlichen und politischen Anpassungspro- esse der Beitrittstaaten, die sie teilweise unter erhebli- hen Belastungen ihrer Bürger durchgeführt haben. reiheit und Freizügigkeit waren dafür Triebfedern. Ge- ade deshalb dürfen wir die Hoffnungen der Menschen icht enttäuschen. Die Gemeinschaft wird erst dann zu iner Gemeinschaft aller, wenn die Rechte und Pflichten ür alle gleich sind. Der freie Personenverkehr ist eine der durch das Ge- einschaftsrecht garantierten Grundfreiheiten. Es ist ielleicht das wichtigste Recht des Einzelnen in der nion. Dieses Recht besitzen nicht nur Arbeitnehmer, ondern auch andere Personengruppen wie etwa Studen- en oder Rentner, im Grunde genommen alle EU-Bürger. erade weil es um eines der wesentlichsten Grundrechte eht, ist jegliche Einschränkung oder Beschränkung mit roßer Sensibilität vorzunehmen. Dies gilt auch für die enannten Übergangsbestimmungen. Dirk Niebel (FDP): Die FDP-Bundestagsfraktion timmt dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu. Die rbeitnehmerfreizügigkeit wird für die Beitrittsländer ußer Zypern und Malta aufgeschoben. In zwei Jahren, lso 2006, wird dann erneut darüber entschieden, ob die rbeitsgenehmigungspflicht verlängert wird. Positiv zu ewerten ist die Dienstleistungsfreiheit der Selbstständi- en, die ab Mai nicht mehr eingeschränkt wird. Die Gewährung der Freizügigkeit hat im Rahmen der eitrittsverhandlungen einen hohen Stellenwert einge- ommen. Auch die Liberalen nehmen die Ängste in den renzregionen ernst. Gerade in arbeitsintensiven Bran- hen und in der Bauwirtschaft wird befürchtet, dass urch die Konkurrenz aus den billigeren Ländern viele eschäftigungsverhältnisse vernichtet werden. Aber gerade in der Bauwirtschaft werden legale Ar- eitsplätze eher durch die schon seit Jahren zunehmende chwarzarbeit gefährdet. Wer illegal arbeiten will, wird chon jetzt nach Deutschland einreisen und nicht noch is Mai warten. Um diese Entwicklung zu stoppen, muss ot-Grün endlich die wirtschaftlichen Rahmenbedin- ungen verbessern, die Steuern und Abgaben senken nd Bürokratie abbauen. Dies würde die Anreize für Ar- eitnehmer und Arbeitgeber reduzieren, Schwarzarbeit ufzunehmen oder anzubieten. Eine noch weitergehende Einschränkung der Freizü- igkeit würde dem Charakter der EU widersprechen. ir brauchen statt starrer und langer Übergangsregelun- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 8757 (A) ) (B) ) gen mehr Flexibilität. Berufe, Branchen und Regionen sollten – ihrem Bedarf entsprechend, auch bei der Frei- zügigkeit unterschiedlich handeln können. Nach einer EU-Studie zu Wanderungsbewegungen im erweiterten Europa, die Ende Februar veröffentlicht wurde, wird allenfalls eine Einwanderung von 1 Prozent der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter erwartet. Es wird damit gerechnet, dass nicht mehr als 220 000 Ost- europäer in das bisherige Gebiet der EU wandern wer- den. Das zeigt, dass die Mobilität der Arbeitnehmer in den Beitrittsländern niedriger einzuschätzen ist als er- wartet. Diejenigen, die kommen werden, sind zum größ- ten Teil junge, qualifizierte Kräfte, und das kommt den Anforderungen des Arbeitsmarktes in Deutschland ent- gegen. Denn die Bevölkerung Deutschlands wird sich ohne Zuwanderung verringern und sie wird deutlich al- tern. Trotz der hohen Arbeitslosigkeit gibt es einen Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften. Die Bundesregierung hat die so genannte Greencard für Pflegekräfte nicht ver- längert mit der Begründung, dass das im Zuwanderungs- gesetz geregelt wird. Aber mit dem Zuwanderungsgesetz kommt sie leider auch nicht voran. Die Zuwanderung aus den Beitrittsländern verspricht auch für diesen Be- reich eher Hilfe als Risiko. Die Bundesregierung muss diese Übergangsfristen jetzt aber auch nutzen, um den Arbeitsmarkt in Deutsch- land zu flexibilisieren. Neben Senkung der Steuern und Abgaben müssen schnellstmöglich das Arbeits- und Ta- rifrecht gelockert werden. Die Union hat diese Diskus- sion jetzt wieder aufgegriffen, sie bleibt aber mit ihrem Beschluss weit hinter dem Notwendigen zurück. Bei bei- den noch großen Volksparteien setzen sich immer wieder die durch, die die Besitzstandswahrer in den Gewerk- schaftszentralen und bei den Arbeitgeberverbänden schützen. Wir fordern Öffnungsklauseln für betriebliche Bündnisse für Arbeit und einen flexibleren Kündigungs- schutz. Die Höhe der Ausbildungsvergütungen und die Senioritätsprinzipien sind zu überprüfen, damit trotz der vorsichtigen Öffnung des Arbeitsmarktes nach Osten Junge eine Chance auf einen Ausbildungsplatz und äl- tere Arbeitnehmer wieder eine Chance auf einen Ar- beitsplatz bekommen. Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister für Wirtschaft und Arbeit: Am l. Mai, dem Tag der Arbeit, treten zehn neue Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei. Dies sind Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowenien, die Slowakische Republik, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern. Weniger als 15 Jahre nach der Wiedervereini- gung gehen wir damit einen weiteren historischen Schritt zur Überwindung der europäischen Teilung. Die EU-Erweiterung bietet den neuen und alten Mit- gliedstaaten der Europäischen Union weit reichende Chancen zu einem politischen, kulturellen und wirt- schaftlichen Zusammenwachsen Europas. Die Men- schen in Deutschland werden vom Beitritt der neuen Mitgliedstaaten profitieren, wenn die Unternehmen die M h e k v s S g S w v s e b B t g i e z t A c s n d z s w d d m b h S – s z d s r b g l r p M F h b v g (C (D arktpotenziale in den Beitrittsstaaten kreativ und be- erzt nutzen. Gewiss gibt es zuweilen auch Unsicherheiten. So gibt s Sorgen vor einer großen Zuwanderung von Arbeits- räften. Diese sind unbegründet. Bereits in den Beitritt- erträgen wurde zwischen den neuen und alten Mitglied- taaten eine einvernehmliche Grundlage für die teuerung der Arbeitskräftewanderung gelegt. Die Sor- en sind keineswegs neu. Sie stellten sich bereits bei der üderweiterung der Europäischen Union. Seinerzeit urde die Arbeitnehmerfreizügigkeit für einen Zeitraum on sieben Jahren eingeschränkt. Aber es stellte sich chon bald heraus, dass eine solche Beschränkung nicht rforderlich war. Sie wurde deshalb vorzeitig aufgeho- en. Nicht zuletzt aufgrund dieser Erfahrung wurde im eitrittsvertrag zur EU-Osterweiterung auf deutsche Ini- iative hin ein flexibles Übergangsmodell – „2+3+2“ – eschaffen. Danach kann die Arbeitnehmerfreizügigkeit nsgesamt und die freie Dienstleistungserbringung in inzelnen Sektoren, insbesondere im Baubereich, für bis u sieben Jahren beschränkt werden. Zumindest in den ersten zwei Jahren nach dem Bei- ritt wird Deutschland aufgrund der gegenwärtigen rbeitsmarktlage von dieser Möglichkeit Gebrauch ma- hen. Danach wird dann erstmals geprüft, ob die wirt- chaftliche Entwicklung in Deutschland und in den euen Mitgliedstaaten eine Lockerung zulässt oder ob ie Arbeitnehmerfreizügigkeit für weitere drei und dann wei Jahre ausgesetzt bleiben muss. So lange werden die Arbeitnehmer aus den Beitritts- taaten wie Drittstaatsangehörige behandelt. Für sie gilt eiter das jetzige Arbeitserlaubnisrecht oder auch bald as neue Zuwanderungsgesetz. Staatsangehörige aus den Beitrittsstaaten benötigen amit in der Übergangszeit weiterhin eine Arbeitsgeneh- igung. Sie kann nur erteilt werden, wenn für den Ar- eitsplatz keine inländischen Bewerber oder Staatsange- örige aus den Alt-EU-Staaten zur Verfügung stehen. elbstverständlich bleiben die bilateralen Abkommen etwa über Gast- und Werkvertragsarbeitnehmer – be- tehen. Im Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit wischen alten und neuen Mitgliedstaaten sehen schon ie Beitrittsverträge für Staatsangehörige der Beitritts- taaten eine Privilegierung gegenüber Drittstaatsangehö- igen vor. So ist Arbeitnehmern aus den Beitrittsstaaten ei der Neuzulassung zur Arbeitsaufnahme dank der so enannten Gemeinschaftspräferenz Vorrang vor der Zu- assung von Arbeitskräften aus Drittstaaten zu gewäh- en. Arbeitnehmer aus den Beitrittsstaaten, die zum Zeit- unkt des Beitritts oder danach seit mindestens zwölf onaten beschäftigt sind, erhalten außerdem wie ihre amilienangehörigen nach bestimmten Mindestaufent- altszeiten einen uneingeschränkten Zugang zum Ar- eitsmarkt des jeweiligen Altmitgliedstaates. Diese Vorgaben aus dem Beitrittsvertrag werden im orliegenden Gesetzentwurf über den Arbeitsmarktzu- ang im Rahmen der EU-Erweiterung in unser Recht 8758 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 (A) ) (B) ) übernommen. Es ist deshalb sehr wichtig, dass dieses Gesetz pünktlich zum Zeitpunkt der Erweiterung in Kraft treten kann. Hierzu sind wir verpflichtet. Ich freue mich darüber, dass sich in den Ausschussberatungen eine breite Unterstützung dieses Hauses angekündigt hat. Wir haben in diesem Gesetz sorgfaltig darauf geach- tet, dass wir angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland die Tür im Augenblick nicht weiter öffnen, als in den Verträgen vorgesehen ist. Schließlich haben wir dazu die Übergangsregelung erkämpft. Aber wir dür- fen auch nicht hinter den durch die Verträge vorgesehe- nen Erleichterungen zurückbleiben. Grenzgänger oder Gastarbeitnehmer aus den Regelungen auszuschließen wäre nicht nur kleinkrämerisch, es wäre EU-rechtswid- rig, würde uns Klagen vor dem EuGH einbringen und nicht zuletzt bei unseren neuen Partnerländern großes Unverständnis auslösen. Dort hätte man sich ohnehin eine großzügigere Regelung gewünscht. Die Übergangs- fristen für die Arbeitnehmerfreizügigkeit werden noch vorübergehend den deutschen Arbeitsmarkt schützen, bis er wieder stärker aufnahmefähig ist. In dieser Zeit werden die Volkswirtschaften der neuen Mitgliedstaaten von den Vorteilen des freien Geld-, Waren- und Dienst- leistungsverkehrs profitieren. Das vom erweiterten Markt ausgelöste Wirtschaftswachstum wird in den neuen Mitgliedstaaten das Lohngefälle verringern und den Lebensstandard verbessern, sodass es nicht mehr so attraktiv ist, zur Arbeitsaufnahme nach Deutschland zu gehen. Die Chancen des Beitritts müssen auch von deutschen Unternehmen und ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmern genutzt werden, um die Konkurrenzfähigkeit in der erweiterten Union zu sichern und zu verbessern. Wenn dies gelingt, wird die Erweiterung für alle eine „Erfolgsstory“. Deutschland ist und wird auch nach dem Beitritt kein Niedriglohnstandort. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sind daher weiterhin Innovationen, insbeson- dere in der Wirtschaft, notwendig. Die Bundesregierung wird diesen Prozess mit ihrer Innovationsinitiative be- gleiten. Aber auch auf dem Feld der Arbeitsmigration muss Deutschland in einer zunehmend globalisierten Welt in- novative und moderne Lösungen suchen. Der weltweite Wettbewerb um die besten Köpfe findet auch innerhalb der erweiterten Europäischen Union statt. Um Menschen für Deutschland zu gewinnen, ist ein modernes Zuwan- derungsgesetz erforderlich. Dies wäre auch der richtige Ort, um Forderungen aus den Bundesländern nach einer Regelung für die Haushaltshilfen zu erfüllen. Ich bin zu- versichtlich, dass wir im Vermittlungsverfahren einver- nehmlich zu einer bedarfsgerechten Steuerung der Ar- beitsmigration finden werden. Der Beitritt wird für die Menschen in den Beitritts- staaten und in Deutschland ein Erfolg, wenn alle Betei- ligten diese Herausforderung selbstbewusst und ent- schlossen annehmen. Mit dem heute zur Entscheidung stehenden Gesetzentwurf tragen wir mit mehr Rechts- klarheit dazu bei. A ß m H s a d w m w M d a k i J A d D s r t t G O p u – m l f A d e A p h i R a h t M s d B (C (D nlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabever- fahren zwischen den Mitgliedstaaten der Euro- päischen Union (Europäisches Haftbefehlsge- setz – EuHbG) (Tagesordnungspunkt 14) Jochen Stünker (SPD): wir beraten heute abschlie- end einen Regierungsentwurf zur Umsetzung des Rah- enbeschlusses zur Einführung eines Europäischen aftbefehls. Dieser Gesetzentwurf hat seit seiner Vor- tellung im letzten Jahr viel Kritik der Fachwelt und uch in der Praxis hervorgerufen. Dies verwundert nicht; enn mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beschreiten ir Neuland hinsichtlich des Auslieferungsrechtes. Erst- als in der Geschichte der internationalen Rechtshilfe ird es künftig möglich sein, auch Deutsche an andere itgliedstaaten der Europäischen Union auszuliefern. Bis zum Jahr 2000 war die Auslieferung Deutscher an as Ausland grundsätzlich verboten. Hier musste jedoch ufgrund der internationalen Entwicklung ein Umden- en einsetzen. Mit internationaler Entwicklung meine ch die Einrichtung der internationalen Gerichtshöfe für ugoslawien und Ruanda durch die Vereinten Nationen. ußerdem wurde am 17. Juli 1998 das Römische Statut es Internationalen Strafgerichtshofs verabschiedet. eutschland war am Zustandekommen dieses Statuts ehr interessiert und auch maßgeblich beteiligt. Wir wa- en auch einer der ersten Unterzeichnerstaaten. Das Sta- ut begründete nunmehr eine Pflicht für die Vertragsstaa- en, gegebenenfalls auch eigene Staatsangehörige an den erichtshof zu überstellen. Darüber hinaus wurde durch den Europäischen Rat im ktober 1999 in Tampere das Ziel formuliert, die Euro- äische Union als einen Raum der Freiheit, der Sicherheit nd des Rechts zu gestalten. Um dieses Ziel zu erreichen ein Ausbau der europäischen Rechtsgemeinschaft – ussten und müssen einige bislang geltenden Regeln fal- en oder angepasst werden. All das eben Dargestellte ührte zu einer sehr wichtigen Grundgesetzänderung. Mit dieser Änderung – nämlich eine Änderung des rt. 16 Abs. 2 – führten wir eine Regelung ein, wonach as grundsätzliche Auslieferungsverbot Deutscher durch in Bundesgesetz eingeschränkt werden kann, wenn es uslieferungsverfahren an einen Mitgliedstaat der Euro- äischen Union oder an einen Internationalen Gerichts- of betrifft. Ein erstes solches Bundesgesetz haben wir m Jahr 2002 erstmals mit dem Umsetzungsgesetz zum ömischen Statut des Internationalen Gerichtshofs ver- bschiedet, wonach auch Deutsche an diesen Gerichts- of ausgeliefert werden können. Ein entsprechendes ers- es von Art. 16 Abs. 2 vorgesehenes Gesetz, auch an itgliedstaaten der Europäischen Union auszuliefern, chaffen wir durch Verabschiedung des heute vorliegen- en Entwurfs. Wir müssen diesen Rahmenbeschluss jetzt umsetzen. ereits am 1. Januar dieses Jahres ist die Umsetzungs- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 8759 (A) ) (B) ) frist abgelaufen. Andere Staaten haben diesen Rahmen- beschluss bereits umgesetzt und werden den Ausliefe- rungsverkehr nach diesen Vorschriften vollziehen. Das heißt, dass sie den bislang bekannten klassischen Auslie- ferungsverkehr nicht mehr fortsetzen werden. Solange wir nicht umsetzen, wird an uns nicht mehr ausgeliefert und wir können auch keine Auslieferung aufgrund dieses Rahmenbeschlusses beantragen. Die neuen Regelungen werden eingefügt in das Ge- setz über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG). Der Rahmenbeschluss selbst enthält neue Rege- lungen über das Auslieferungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten. Er baut auf den bestehenden Verfahren auf und modifiziert diese in wichtigen Bereichen, die im Verhältnis der Mitgliedstaaten zueinander an Bedeutung verloren haben und einer effektiven justiziellen Zusam- menarbeit abträglich sind. Er führt damit erstmalig auch das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung ausländi- scher Entscheidungen in die Zusammenarbeit der Mit- gliedstaaten ein. Die Änderungen in diesem Teil des IRG bewirken, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr ledig- lich zur Rechtshilfe gegenüber einem Staat berechtigt ist, sondern vielmehr dass sie gegenüber den Staaten der EU hierzu verpflichtet ist, sofern kein Versagungsgrund eingreift. Wie ich schon erwähnte, ist die bestimmt bedeu- tendste Neuerung, dass Deutsche erstmalig an andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgeliefert werden können. Die Auslieferung kann nach Art. 5 Nr. 3 des Rahmenbeschlusses und damit § 80 Abs. 1 des vor- liegenden Gesetzentwurfes jedoch an die Bedingung ge- knüpft werden, den Verfolgten nach rechtskräftiger Ver- urteilung zur Strafvollstreckung an den Heimatstaat zurückzuüberstellen. Die Strafvollstreckung in dem er- suchenden Staat ist nur dann möglich, wenn der Ver- folgte diesem zustimmt. Dies dient der Resozialisierung des Verfolgten. Hat der Verfolgte beispielsweise seinen Lebensmittelpunkt in einem anderen Mitgliedstaat, in dem er auch nach Verbüßung der Haft leben wird, so soll ihm die Möglichkeit eröffnet werden, sich im Strafvoll- zug dieses Staates auf ein Leben in Freiheit vorzuberei- ten. Bislang war Voraussetzung für eine Auslieferung, dass die dem Betroffenen zur Last gelegte Straftat auch in Deutschland eine rechtswidrige Tat war und eine Strafe im Höchstmaß von mindestens einem Jahr drohte. Diese Regel des § 2 IRG wird zwar beibehalten. In dem Rahmenbeschluss wurde jedoch eine Reihe von Strafta- ten einer Positivliste zusammengefasst, für die die bei- derseitige Strafbarkeit nicht mehr zu prüfen ist. Auf diese Positivliste wird auch in dem Gesetzentwurf ver- wiesen. Der Verzicht der Prüfung auf die beiderseitige Strafbarkeit bei Straftaten, die innerhalb der Mitglied- staaten weitgehend harmonisiert sind, wird die Ausliefe- rungsverfahren wesentlich beschleunigen. Diesem Ziel dienen auch strenge Fristen über die Behandlung von Auslieferungsersuchen. Befürchtungen, dass durch die Umsetzung des Rahmenbeschlusses ein faires gerichtli- ches Verfahren nicht mehr garantiert werden kann, las- s d r O V s s d n l s n v d G u s m A g s a R s d R v d D s b r A s b E p Z s v z k B N s g g m d S ü g (C (D en sich nicht bestätigen. Durch die Ablehnungsgründe er §§ 83 und 83 b IRG – wenn also gewisse Ausliefe- ungshindernisse bestehen, sowie der Möglichkeit der berlandesgerichte, Auslieferungsbegehren mit dem erweis auf vorrangige Rechtsgrundsätze der Europäi- chen Union abzulehnen, wird ein ausreichender Rechts- chutz des Betroffenen gewahrt. Im Rahmen der Rechtsausschussberatungen ist es ann noch zu einigen Änderungen gekommen. Wir ei- igten uns insbesondere darauf, dass auch in Deutsch- and aufgewachsene und hier lebende Ausländer Deut- chen gleichgestellt werden. Dies bedeutet, dass auch sie ur zur Strafverfolgung ausgeliefert werden, zur Straf- ollstreckung jedoch nach Deutschland überstellt wer- en können. Wir haben im Rahmen der Ausschussberatungen ein espräch mit Sachverständigen geführt. Diese haben ns bestätigt, dass wir eine sehr gute Umsetzung beab- ichtigen. Wir halten uns eng an die Vorgaben des Rah- enbeschlusses und gehen über diese nicht hinaus. uch die Einbindung in das IRG wurde weitgehend be- rüßt. Sie sehen also, dass wir die uns gemachten Vorgaben innvoll und maßvoll umsetzen und so ein gutes Gesetz uf den Weg bringen, dass die Europäisierung des echts ausbaut. Ich bitte um Ihre Unterstützung für die- en Entwurf. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit em Europäischen Haftbefehlsgesetz setzen wir den ahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl om 13. Juni 2002 in deutsches Recht um. Es ist richtig, ass wir damit seit dem 1. Januar 2004 in Verzug sind. ie Gründe dafür liegen aber beim Rahmenbeschluss elbst. Im Kern zwingt uns dieser Beschluss – und ich edaure dies ganz ausdrücklich –, einige wichtige echtsstaatliche Schutznormen des bewährten deutschen uslieferungsrechts abzusenken. Beidseitige Strafbarkeit ist bisher eine Grundvoraus- etzung des Auslieferungsrechts. Sie soll bestehen blei- en, aber bei Auslieferungsersuchen nach dem Recht des uropäischen Haftbefehls in aller Regel nicht mehr ge- rüft werden. Der Rahmenbeschluss benennt zu diesem weck einen Katalog von 32 Deliktgruppen. Einige die- er Deliktgruppen sind sicherlich unproblematisch, weil ertraut, andere werden in der Praxis jedoch nur schwer u handhaben sein. „Rassismus und Fremdenfeindlich- eit“, „Cyberkriminalität“, aber auch „Sabotage“ sind egriffe, die sich mit dem Grundsatz der Klarheit von ormen, die tief in Grundrechte eingreifen, nur sehr chwer vereinbaren lassen. Nach einer Grundgesetzänderung aus der letzten Le- islaturperiode ist die Auslieferung deutscher Staatsan- ehöriger an das Ausland zu Strafverfolgungszwecken öglich, dies jedoch nur, wenn gewährleistet ist, dass er Betroffene nach einer Verurteilung im Ausland zur trafvollstreckung wieder nach Deutschland zurück- berstellt wird. Wenn nun aber in einem anderen Mit- liedstaat eine Verurteilung wegen einer Tat erfolgt, die 8760 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 (A) ) (B) ) in Deutschland gar nicht strafbar ist, was bei den durch- aus verschiedenen Rechtsordnungen in der Europäischen Union durchaus denkbar ist, dann darf eine solche Strafe in Deutschland gar nicht vollstreckt werden. Die Praxis wird Wege finden müssen, um dieses Dilemma zu über- winden und dabei die sachlich sehr wohl gebotene Bes- serstellung deutscher Staatsangehöriger nicht aufs Spiel zu setzen. Trotz dieser hier angesprochenen Probleme unterstüt- zen wir dieses Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbe- schlusses, und zwar nicht nur, weil wir wegen der Frist zur Umsetzung gezwungen sind. Das Gesetz macht wei- testgehend von dem Spielraum Gebrauch, den der Rah- menbeschluss den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung belässt. Es ist gelungen, den Europäischen Haftbefehl in das bestehende System des Gesetzes über die internatio- nale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) einzugliedern. Das Verfahren lehnt sich weitgehend an das bisher geltende Recht an. Wichtig ist uns, dass in allen Fällen, in denen die Aus- legung des Rahmenbeschlusses und des nationalen Um- setzungsgesetzes schwierig wird, ein Fall notwendiger Verteidigung vorliegt und dem Betroffenen ein Pflicht- verteidiger zu bestellen ist. Dieser soll, wenn möglich, über Kenntnisse des Rechts des ersuchenden Staates ver- fügen. In Deutschland lebende Inländer ohne deutschen Pass werden deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt. Dies ist eine praktische Konsequenz der Tatsache, dass Deutschland seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland ist und wir besondere Schutzverpflichtungen gegenüber den Menschen haben, die bei uns geboren und aufgewachsen sind oder seit vielen Jahren legal bei uns leben. Damit werden auch diese nur ausgeliefert, wenn ihre Rücküber- stellung zur Strafvollstreckung im Inland gewährleistet wird. Nicht zuletzt wegen dieser wichtigen Aspekte ist das vorliegende Umsetzungsgesetz – trotz der grundsätzli- chen Kritik an den Vorgaben des Rahmenbeschlusses – ein gelungenes Gesetz. Es freut mich, dass die Kollegin- nen und Kollegen von der Opposition das auch so sehen und im Rechtsausschuss mit uns gemeinsam für das Ge- setz gestimmt haben. Ich hoffe auch heute auf eine ein- vernehmliche Beschlussfassung des ganzen Hohen Hau- ses. Der Europäische Haftbefehl ist ein weiterer Baustein des europäischen Raums der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts, der immer stärker Konturen gewonnen hat. Gegenwärtig ist dieser Raum jedoch noch ein Rohbau, bei dem bisher vor allem die Ingenieure der Sicherheit zu Werke gegangen sind. Die Bauabschnitte im Bereich des Rechts und der gleichen Freiheiten der Unionsbürge- rinnen und -bürger sowie aller Menschen, die in der Union leben, sind dagegen noch kaum über die Pla- nungsphase hinausgekommen. Gemeinsame Standards eines rechtsstaatlichen Strafprozesses sind vorerst nicht in Sicht, von einem vereinheitlichten materiellen Straf- recht ganz zu schweigen. Wahrend Geheimdienste und Polizeibehörden bereits eng und effektiv zusammenar- beiten – das zeigen das Europäische Amt für Betrugsbe- k n F s s t p w V r k e W r H a r e Z a w d 3 D F w n K s s s d S s g s r z v N u t s h c k s z d r n B (C (D ämpfung OLAF und Europol –, sucht man vergebens ach einer Entsprechung auf der rechtlichen Seite in orm eines Europäischen Staatsanwalts, eines Europäi- chen Ermittlungsrichters, einer unabhängigen europäi- chen Justiz und einer effektiven und grenzüberschrei- end agierenden Verteidigung. Hier müssen unsere olitischen Bemühungen ansetzen. Ein erster Schritt ird hoffentlich in naher Zukunft mit der Europäischen erfassung gemacht, die wenigstens prozessuale Grund- echte bringen wird, die den Menschen direkt zugute ommen. Jörg van Essen (FDP): Die FDP wird dem Gesetz- ntwurf zum Europäischen Haftbefehl heute zustimmen. ir tun dies nicht mit Begeisterung, sondern unter Be- ücksichtigung großer Bedenken. Mit dem Europäischen aftbefehl wird ein Rechtsinstrument beschlossen, das uf dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung straf- echtlicher Entscheidungen gründet. Mit der Einführung des Europäischen Haftbefehls soll s in Zukunft leichter möglich sein, Straftäter zum weck der Strafverfolgung an einen anderen EU-Staat uszuliefern. Die Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit ird künftig wegfallen, wenn es sich um eine Tat han- elt, die unter einer der im Rahmenbeschluss genannten 2 Deliktgruppen fällt. An der Unbestimmtheit dieser eliktgruppen ist zu Recht Kritik geübt worden. Die DP schließt sich dieser ausdrücklich an. Die Befürchtung, dass künftig solche Staatsbürger egen Taten ausgeliefert werden, die in Deutschland icht strafbar sind, müssen ernst genommen werden. Die ritik richtet sich in erster Linie an den EU-Rahmenbe- chluss. Hier wird eine Harmonisierung des europäi- chen Strafrechts bzw. Strafverfahrensrechts vorausge- etzt, die bislang nicht erfolgt ist. Mit der Einführung es Europäischen Haftbefehls wird daher der zweite chritt vor dem ersten gemacht. Die FDP richtet in die- em Zusammenhang schwere Vorwürfe an die Bundesre- ierung. Die Bundesregierung hat dem Rahmenbe- chluss über den Europäischen Haftbefehl zugestimmt. Es ist ein grobes Versäumnis, dass die Bundesregie- ung ihren Einfluss auf europäischer Ebene nicht recht- eitig geltend gemacht hat. Die Bundesregierung hat es ersäumt, die deutschen Interessen frühzeitig und mit achdruck zur Sprache zu bringen. Kritikwürdig ist aus unserer Sicht ebenfalls die völlig nzureichende Einbeziehung des Deutschen Bundes- ages in die Beratungen der EU über den Rahmenbe- chluss zum Europäischen Haftbefehl. Ich hoffe, dass ieraus die nötigen Lehren gezogen werden, damit sol- he misslichen Vorgänge zukünftig vermieden werden önnen. Der Bundestag ist jetzt mit dem Rahmenbe- chluss konfrontiert und hat die Pflicht, diesen umzuset- en. Die Umsetzung ist mit dem Gesetzentwurf der Bun- esregierung gut gelungen. Insbesondere die Formulie- ungshilfen des Bundesjustizministeriums haben zu ei- er weiteren Verbesserung geführt. Die grundsätzlichen edenken bezüglich der Rechtsfolgen, die die Einfüh- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 8761 (A) ) (B) ) rung des Europäischen Haftbefehls für das deutsche Strafverfahrensrecht hat, konnten weitgehend in den par- lamentarischen Beratungen, insbesondere in dem erwei- terten Berichterstattergespräch mit den Sachverständi- gen im Rechtsausschuss, ausgeräumt werden. Es ist deutlich gemacht worden, dass bereits heute im deut- schen Straf- und Verfahrensrecht ein breites Instrumen- tarium zur Verfügung steht, um rechtsstaatlich bedenkli- chen Auslieferungsersuchen entgegenzuwirken und zu weitgehende Belastungen abzumildern. Der vorliegende Gesetzentwurf enthält darüber hi- naus an vielen Stellen zahlreiche Bewilligungshinder- nisse. Bevor eine Auslieferung bewilligt wird, entschei- det ein deutsches Gericht über ihre Zulässigkeit. Die Zu- lässigkeit hängt unter anderem davon ab, ob die Maßnahme mit den in Art. 6 des Vertrages über die Eu- ropäische Union enthaltenen Grundsätzen vereinbar ist. Zu diesen Grundsätzen gehören unter anderem die Ach- tung der Menschenrechte und der Grundrechte. Die un- abdingbaren Grundrechtsstandards müssen daher zwin- gend beachtet werden. Der Wegfall der Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit führt daher keineswegs zwin- gend dazu, dass in den Fällen fehlender beiderseitiger Strafbarkeit oder sonstiger Bedenken und des Vorliegens einer Katalogtat immer ausgeliefert werden müsse. Nach intensiver Diskussion hat sich die FDP-Bundes- tagsfraktion unter Berücksichtigung dieser Gesichts- punkte schließlich dazu entschlossen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Bis zu einem gemeinsamen europäischen Straf- und Strafprozessrecht ist es noch ein weiter Weg. Die Einführung des Europäischen Haftbefehls sollte da- her für uns alle ein Anlass sein, uns im Hinblick auf dieses Ziel in besonderer Weise zu engagieren und den Druck auf die Bundesregierung zu verstärken, dieses wichtige Thema in den europäischen Gremien weiter voranzubrin- gen. Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Es ist gut und wichtig, dass Europa zusammenwächst und die Grenzkontrollen weit- gehend der Vergangenheit angehören. Grenzen sind da- mit aber auch für Straftäter kein Hindernis mehr. Wir müssen deshalb die Zusammenarbeit auch und gerade im strafrechtlichen Bereich verbessern. Für eine wirksame europäische Verbrechensbekämp- fung brauchen wir die rasche Überstellung von Straf- tätern zur Strafverfolgung oder Strafvollstreckung an einen anderen Mitgliedstaat. Hierbei haben sich die bis- herigen Verfahren zur Auslieferung oftmals als zu schwerfällig erwiesen. Der Europäische Haftbefehl ver- einfacht das bestehende Verfahren erheblich. Er über- nimmt bewährte Mechanismen, etwa aus den beiden EU-Auslieferungsübereinkommen. Gleichzeitig vermei- det er ihre Schwachstellen, die zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen geführt haben. Das dafür geschaffene Prinzip der gegenseitigen Anerkennung ist ein neuer und erfolgreicher Weg. Dabei ist es uns bei den Verhandlungen in Brüssel ge- lungen, eine ausgewogene Balance zwischen den Erfor- dernissen einer modernen Verbrechensbekämpfung ei- n a d w g D h u d n e d f 9 g B h k d d g A g b E I r d h s t m i E s i D s g d a M G s d s u d n g (C (D erseits und einem hohen rechtsstaatlichen Standard ndererseits zu finden. Die Grund- und Menschenrechte er Betroffenen sind beim Europäischen Haftbefehl ge- ahrt. Diese ausgewogene Balance haben wir im vorlie- enden Europäischen Haftbefehlsgesetz aufgegriffen. ie vom Rechtsausschuss befragten Sachverständigen aben ausdrücklich und übereinstimmend begrüßt, dass nser Gesetzentwurf den Rahmenbeschluss behutsam in as bewährte System des Gesetzes über die Internatio- ale Rechtshilfe in Strafsachen einfügt. In diesem Rahmen finden sich wichtige Neuerungen: Wir bekommen durch den Europäischen Haftbefehl in neues Fristenregime. Zukünftig soll eine Entschei- ung über die Vollstreckung eines Europäischen Haftbe- ehls binnen einer Frist von 60 Tagen ergehen, die auf 0 Tage verlängert werden kann. Ein großer Fortschritt egenüber der jetzigen Praxis, bei der nicht selten ein etroffener ein Jahr oder länger in Auslieferungshaft ge- alten wird, bevor die Entscheidung über die Zulässig- eit der Auslieferung fällt. Dies verträgt sich weder mit er Unschuldsvermutung für den Betroffenen noch mit em Interesse an zügigen Ermittlungen. Zur Beschleunigung der Verfahren wird auch beitra- en, dass der bislang übliche Austausch umfangreicher uslieferungsunterlagen entfällt. In Zukunft genügt re- elmäßig das auf dem jeweiligen nationalen Haftbefehl eruhende und europaweit einheitliche Formular des uropäischen Haftbefehls. Es wird über das Schengener nformationssystem elektronisch zugänglich sein. Bei aller Beschleunigung halten wir an bewährten echtsstaatlichen Grundsätzen fest. Es bleibt dabei: Die Auslieferung setzt grundsätzlich ie beiderseitige Strafbarkeit voraus. Was wir aber auch ier deutlich vereinfachen, ist das Verfahren. Für be- timmte, auf einer Positivliste zusammengefasste Straf- aten ist die gegenseitige Strafbarkeit zukünftig nicht ehr in jedem Einzelfall zu prüfen. Es handelt sich um nsgesamt 32 Deliktsgruppen. Sie sind entweder bereits U-weit harmonisiert oder es handelt sich um solche chweren Straftaten, die aufgrund ihres Unrechtsgehaltes n allen Staaten in vergleichbarer Weise strafbar sind. amit stellen wir die gegenseitige Strafbarkeit zuverläs- ig sicher. Ich möchte auch betonen, dass in einem Europa des emeinsamen Freizügigkeits- und Rechtsraums von je- em verlangt werden kann, sich seiner Verantwortung m Tatort zu stellen. Dies gilt umso mehr, als in allen itgliedstaaten gleichermaßen die rechtstaatlichen rundsätze des Art. 6 des EU-Vertrages gelten – wir prechen hier vom „europäischen ordre public“. Natürlich achten wir darauf, dass dabei der Grundsatz es rechtlichen Gehörs gewährleistet ist: Die Voll- treckung eines Europäischen Haftbefehls kommt nach nserem Entwurf bei bestimmten Erscheinungsformen es Abwesenheitsurteils nicht infrage. Ein weiterer ganz entscheidender Mehrwert des euen Rechts wird die Möglichkeit der Auslieferung ei- ener Staatsangehöriger sein. Dabei stellen wir sicher, 8762 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 (A) (C) (B) (D) dass die Betroffenen nach ihrer Verurteilung im Ausland ihre Strafe in Deutschland verbüßen können. Dies gilt, weil es gerecht und sachgerecht ist, auch für hier wohn- hafte und legal verwurzelte Ausländer. Der für alle Straffälligen gleichermaßen geltende Ge- danke der Resozialisierung gebietet es, den Strafvollzug möglichst in räumlicher Nähe des Lebensmittelpunktes durchzuführen. Mit dem Europäischen Haftbefehl wurde erstmals ein Rechtsinstrument beschlossen, dessen inhaltliche Para- meter auch für zukünftige Rechtsinstrumente der gegen- seitigen Anerkennung von Bedeutung sein werden. Die gegenseitige Anerkennung muss aber als notwendige Voraussetzung von einer verstärkten Harmonisierung des Straf- und Strafverfahrensrechts begleitet werden, für die sich die Bundesregierung auch zukünftig einset- zen wird. sellschaft mbH, Amsterdamer Str. 19 2 - 91, 1 , 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 340, Telefax (02 21) 97 66 344 7980 97. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1509700000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Die Fraktion der CDU/CSU hat nunmehr gemäß § 20

Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung fristgemäß
beantragt, die heutige Tagesordnung um den Antrag zu
erweitern, die von den Fraktionen der SPD und des
Bündnisses 90/Die Grünen sowie von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwürfe eines Treibhausgas-
Emissionshandelsgesetzes gemäß § 96 der Geschäfts-
ordnung an den Haushaltsausschuss zu überweisen. Der
Überweisungsantrag ist gestern unerledigt geblieben.
Die Abstimmung findet im Anschluss an die Tages-
ordnungspunkte statt, die ohne Aussprache beraten wer-
den.

Die von den Fraktionen der SPD und des Bündnis-
ses 90/Die Grünen beantragte Aktuelle Stunde zum
Thema „Pläne der CDU/CSU zu Einschränkungen im
Arbeits- und Tarifrecht“, die wegen der Aufhebung der
gestrigen Sitzung nicht mehr aufgerufen wurde, findet
im Anschluss an Tagesordnungspunkt 5 gegen 14 Uhr
statt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die in einer Zusatzpunktliste aufge-
führten Punkte zu erweitern:

Redet
ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der SPD und
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Pläne der CDU/CSU zu Einschränkungen im Arbeits- und
Tarifrecht

ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer Brüderle,
Gudrun Kopp, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP: Für einen wirksamen Wettbe-
werbsschutz in Deutschland und Europa
– Drucksache 15/760 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 3 Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren

(Ergänzung zu TOP 22)

Beratung des Antrags der Abgeordneten Ka
Zureich, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, weitere
ter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeor

(C (D ung en 11. März 2004 0 Uhr Schmidt Eichstädt-Bohlig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Die Bahnreform konsequent weiterführen – Drucksache 15/2658 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss ZP 4 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache a)


(Ergänzung zu TOP 23)


ten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Deut-
schen Richtergesetzes
– Drucksache 15/1471 –

(Erste Beratung 66. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses

(6. Ausschuss)

– Drucksache 15/2676 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Erika Simm
Joachim Stünker
Ingo Wellenreuther
Jerzy Montag
Rainer Funke

ext
b) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD, des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP: Die parlamenta-
rische Dimension des euromediterranen Barcelona-Pro-
zesses mit der Euromed PV stärken
– Drucksache 15/2660 –

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ursula Heinen,
Gerlinde Kaupa, Maria Eichhorn, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU: Verbesserung der Maßnahmen
zum Schutze der Kinder und Jugendlichen vor Alkohol-
sucht
– Drucksache 15/2646 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss

chuss
für Wirtschaft und Arbeit
für Verbraucherschutz, Ernährung und
haft
für Gesundheit und Soziale Sicherung
rin Rehbock-
r Abgeordne-
dneten Albert

Finanzauss
Ausschuss
Ausschuss
Landwirtsc
Ausschuss






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika Griefahn,

Eckhardt Barthel (Berlin), Siegmund Ehrmann, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeord-
neten Dr. Antje Vollmer, Claudia Roth (Augsburg), Ursula
Sowa, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN: Auswärtige Kulturpolitik stär-
ken
– Drucksache 15/2659 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss

ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Günter Nooke,
Dr. Friedbert Pflüger, Bernd Neumann (Bremen), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Auswärtige
Kultur- und Bildungspolitik stärken
– Drucksache 15/2647 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Von der Frist für den Beginn der Beratung soll – so-
weit erforderlich – abgewichen werden.

Des Weiteren sollen der Tagesordnungspunkt 4 b
– Keine neue Regulierungsbehörde –, der Tagesordnungs-
punkt 12 a und b – Öffentlich-private Partnerschaften –,
der Tagesordnungspunkt 15 – Justizmodernisierungsge-
setz – sowie der Tagesordnungspunkt 21 b – Einsetzung
eines Untersuchungsausschusses – abgesetzt werden.

Die Beratung des Telekommunikationsgesetzes – Ta-
gesordnungspunkt 17 – soll vorgezogen und am Freitag
um 9 Uhr aufgerufen werden.

Sind Sie mit den Vereinbarungen einverstanden? –
Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 a bis d auf:
a) Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung

Die neue Bundeswehr – auf richtigem Weg
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer

Arnold, Reinhold Robbe, Ulrike Merten, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Alexander Bonde, Winfried
Nachtwei, Volker Beck (Köln), weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN
Durch Transformation die Bundeswehr zu-
kunftsfähig gestalten
– Drucksache 15/2656 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss

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Für eine moderne Bundeswehr als Pfeiler ei-
ner verlässlichen Sicherheits- und Verteidi-
gungspolitik Deutschlands
– Drucksache 15/2388 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Günther
Friedrich Nolting, Jürgen Koppelin, Helga Daub,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Zukunftsfähigkeit der Bundeswehr herstel-
len – Wehrpflicht aussetzen
– Drucksache 15/2662 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache im Anschluss an die Regierungserklä-
ung zwei Stunden vorgesehen. – Ich höre keinen Wider-
pruch. Dann ist so beschlossen.
Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat

er Bundesminister der Verteidigung, Peter Struck.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Peter Struck (SPD):
Rede ID: ID1509700100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bun-

eswehr hat in ihrer bald 50-jährigen Geschichte wesent-
ich zur längsten Friedensperiode in der jüngeren Ge-
chichte unseres Landes beigetragen. Heute ist sie als
nstitution bei den Bürgerinnen und Bürgern anerkannter
enn je. Sie genießt bei den Menschen hohes Ansehen.
as gilt nicht nur in Deutschland.


(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


Durch die Auslandseinsätze ist das Ansehen der
undeswehr in der Völkergemeinschaft gestiegen, so-
ohl bei unseren Partnern als auch bei den Menschen in
osnien, im Kosovo und in Afghanistan. Unsere Sol-
atinnen und Soldaten überzeugen dort durch hohes
ngagement beim Wiederaufbau und beim Erhalt des
riedens. Die Bundeswehr ist zu einem wichtigen Bot-
chafter Deutschlands geworden.


(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Peter Struck

Sie ist Botschafter eines Deutschlands, das seine Verant-
wortung in der Völkergemeinschaft annimmt und we-
sentliche Aufgaben bei der internationalen Friedens-
sicherung wahrnimmt. Um dies auch weiterhin leisten
zu können, muss sie weiterentwickelt werden.

Die Bundeswehr des 21. Jahrhunderts nimmt Gestalt
an. Die neuen Aufgaben sind identifiziert. Die konzep-
tionellen Grundlagen sind geschaffen, die wesentlichen
Entscheidungen getroffen. Der neue Kurs ist eingeschla-
gen. Wir sind mit diesem neuen Kurs auf dem richtigen
Weg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Transformation der Bundeswehr, unter der ich
den umfassenden und fortlaufenden Prozess der Aus-
richtung von Streitkräften und Verwaltung auf die sich
auch weiterhin verändernden Herausforderungen ver-
stehe, ist aus drei Gründen unerlässlich:

Erstens. Die Sicherheitslage hat sich entscheidend
verändert. Deutschland wird absehbar nicht mehr durch
konventionelle Streitkräfte bedroht. Unsere Sicherheit
wird nicht nur, aber auch am Hindukusch verteidigt,
wenn sich dort Bedrohungen für unser Land wie im Fall
international organisierter Terroristen formieren. Im
Übrigen wird unsere Sicherheit – um auf den Kollegen
Schmidt einzugehen – natürlich auch in Hindelang ver-
teidigt. Ich kann allerdings gegenwärtig dort beim besten
Willen keine aktuelle Bedrohung erkennen.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen Gefahren dort begegnen, wo sie entstehen;
denn sie können unsere Sicherheit natürlich auch aus
großen Entfernungen beeinträchtigen, wenn wir nicht
handeln.

Zweitens. NATO und Europäische Union befinden
sich in weitreichenden Prozessen der Anpassung an
diese veränderte Situation. Das bringt neue Verpflichtun-
gen für Deutschland auch im militärischen Bereich mit
sich. Die Transformation der NATO verlangt eine Trans-
formation der Bundeswehr. Beide müssen in Planung
und Vorhaben miteinander übereinstimmen. Wir sind da-
bei ebenfalls auf einem guten Weg.

Drittens. Die Einsatzrealität der Bundeswehr hat sich
längst der neuen Sicherheitslage angepasst. Die Anfor-
derungen an die Streitkräfte steigen weiter. Das Einsatz-
spektrum umfasst mittlerweile alle denkbaren Einsatz-
formen, von der Patrouille am Horn von Afrika durch
die Marine über zivil-militärische Projekte bis zur Beob-
achtung in Georgien. Immer häufiger übernimmt dabei
die Bundeswehr auch Führungsaufgaben. Sie wird ab-
sehbar einer der größten Truppensteller für internatio-
nale Friedenseinsätze bleiben.

Vor dem Hintergrund der veränderten sicherheitspoli-
tischen Lage musste gehandelt werden. Wir haben ge-
handelt. Wir haben zunächst die konzeptionellen
Grundlagen geschaffen. In den im Mai 2003 erlassenen
Verteidigungspolitischen Richtlinien wurden das Aufga-
benspektrum der Bundeswehr neu gewichtet und das er-

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(C (D orderliche Fähigkeitsprofil für unsere Streitkräfte entickelt. Daraufhin habe ich im Oktober 2003 einen euen Kurs für die Reform der Bundeswehr eingeleitet. as neue Aufgabenspektrum der Bundeswehr verlangt ach Einsatzbereitschaft und Fähigkeiten differenzierte treitkräfte, die schnell, wirksam und gemeinsam mit treitkräften anderer Nationen eingesetzt werden könen. Sämtliche relevanten Parameter – operative Vorga en, Strukturen, Organisation, Kräfte, Ausrüstung und tandorte – wurden deshalb mit einem klaren Ziel überrüft: Die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr für die ahrscheinlichsten Einsätze, nämlich Konfliktverhüung und Krisenbewältigung einschließlich des ampfs gegen den internationalen Terrorismus, ist konequent und nachhaltig zu erhöhen. Das wird unsere treitkräfte künftig noch besser in die Lage versetzen, nseren Beitrag zur Unterstützung von Bündnispartnern, ur Sicherung des Friedens und zur Wahrung der außenolitischen Handlungsfähigkeit Deutschlands zu leisten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das wird auch die Fähigkeit der Bundeswehr stärken,
um unmittelbaren Schutz Deutschlands sowie seiner
ürgerinnen und Bürger beizutragen. Der Schutz
eutschlands bleibt eine Kernaufgabe der Bundeswehr.
r hat sogar eine neue, umfassendere Bedeutung gewon-
en; denn neben der unwahrscheinlicher gewordenen
andesverteidigung im herkömmlichen Sinne ist der
chutz unserer Bevölkerung und lebenswichtiger Infra-
truktur vor terroristischen und asymmetrischen Bedro-
ungen zu gewährleisten. Im Januar dieses Jahres habe
ch die wichtigsten Entscheidungen und Wegmarken des
euen Kurses öffentlich vorgestellt. Sie sind weitrei-
hend und zukunftsweisend. Die Weichen für die Bun-
eswehr dieses Jahrhunderts sind gestellt.
Erstens zu den Umfängen: Die Umfänge werden neu

estgelegt. Die neuen Umfangszahlen stehen in einem
ngemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und den in-
rnationalen Verpflichtungen unseres Landes. Der Um-
ang liegt bei 250 000 aktiven Soldatinnen und Soldaten
militärischen Bereich und bei 75 000 Stellen für die

ivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir werden die
eduzierung des Zivilpersonals sozialverträglich gestal-
n. Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen ge-
en.
Zweitens zu den neuen Kräftekategorien: Bis zum

ahr 2010 wird die neue Bundeswehr nach völlig neuen
räftekategorien gegliedert. Es wird Eingreifkräfte,
tabilisierungskräfte und Unterstützungskräfte geben.
iese unterscheiden sich in Struktur, Ausrüstung und
usbildung und sind dadurch optimiert für das verän-
erte und differenzierte Einsatzspektrum.
Die Eingreifkräfte sind vorgesehen für multinatio-

ale, streitkräftegemeinsame und vernetzte Operationen
oher Intensität und kürzerer Dauer, vor allem im Rah-
en der Friedenserzwingung. Ihr Einsatz wird im Rah-
en der schnellen NATO-Eingreiftruppe oder der EU-
ingreiftruppe erfolgen. Außerdem können Operationen






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Peter Struck

zur Rettung und Evakuierung in Kriegs- und Krisenge-
bieten durchgeführt werden. Ihr Umfang beträgt insge-
samt 35 000 Soldaten.

Die Stabilisierungskräfte sind vorgesehen für streit-
kräftegemeinsame militärische Operationen niedriger
und mittlerer Intensität und längerer Dauer im breiten
Spektrum friedensstabilisierender Maßnahmen. Da-
runter fallen das Trennen von Konfliktparteien, die
Überwachung von Waffenstillstandsvereinbarungen, das
Ausschalten friedensstörender Kräfte oder auch das
Durchsetzen von Embargomaßnahmen. Ihr Umfang be-
trägt insgesamt 70 000 Soldaten. Dies ermöglicht den
zeitlich abgestuften Einsatz von bis zu 14 000 Soldaten,
aufgeteilt auf bis zu fünf verschiedene Einsatzgebiete.

Die Unterstützungskräfte sind vorgesehen für die
umfassende, streitkräftegemeinsame und durchhaltefä-
hige Unterstützung der Eingreif- und Stabilisierungs-
kräfte sowie für den Grundbetrieb der Bundeswehr, ein-
schließlich der Führungs- und Ausbildungsorganisation.
Ihr Umfang beträgt 147 500 Dienstposten.

Mit der Einnahme dieser neuen Strukturen wird
Deutschland in der Lage sein, seine internationalen Ver-
pflichtungen gegenüber den Vereinten Nationen, der
NATO und der Europäischen Union nachdrücklich zu er-
füllen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Beim Schutz Deutschlands wird es keine Abstriche
geben. Hilfeleistungen im Inland werden überwiegend
durch Kräfte erbracht werden, die nicht in Einsätzen ge-
bunden und im Inland verfügbar sind. Auch die neue
Bundeswehr wird in Katastrophenfällen wie bisher die
Hilfe bereitstellen, die unsere Mitbürgerinnen und Mit-
bürger von uns erwarten. Nur wird sie nicht, wie manche
das wollen, die Hilfstruppe der Polizei. Ich lehne das ab,
dazu ist die Bundeswehr nicht da.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Alle Kräfte werden – wie im Fall einer Verschlechterung
der politischen Lage – natürlich auch in der Lage sein,
das Land zu verteidigen.

Drittens: die neue Einsatzsystematik. Die Ausrich-
tung der Bundeswehr auf die wahrscheinlicheren Ein-
sätze geht einher mit einer neuen Einsatzsystematik. Sie
löst sich vom bisherigen Kontingentdenken und erfor-
dert stattdessen das Bereitstellen von spezifischen Fähig-
keiten für bestimmte, wechselnde Zeiträume. Dies
schließt die grundsätzliche Verkürzung der Einsatz-
dauer auf künftig vier Monate ein. Wir werden keine
Stehzeit von sechs Monaten mehr haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Jörg van Essen [FDP]: Eine alte FDP-Forderung!)


Abhängig von den Einsatzerfordernissen, der Verfüg-
barkeit von Kräften und der persönlichen Situation kön-
nen in Einzelfällen jedoch auch längere oder auch kür-

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(C (D ere Stehzeiten festgelegt werden. Meine Erfahrung bei en Besuchen im Einsatz ist, dass gerade so genannte IMIC-Kräfte durchaus sinnvoll auch länger als sechs onate eingesetzt werden können. Viertens zur Neugestaltung des Grundwehrdienstes: ie allgemeine Wehrpflicht ist fester Bestandteil der euen Bundeswehr. Der Grundwehrdienst wird allerings an das veränderte Aufgabenspektrum angepasst. Fünftens zur Neuorientierung der Materialund usrüstungsplanung: Das für die neue Bundeswehr in en Verteidigungspolitischen Richtlinien festgelegte Fäigkeitsprofil macht eine Neuorientierung auch bei den üstungsbeschaffungsvorhaben notwendig. Der entcheidende Maßstab ist die Fähigkeit der Bundeswehr ls Ganzer, nicht der einzelnen Teilstreitkräfte. Das alte ästchendenken muss aufhören und wird aufhören. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir investieren ab sofort in die prioritären Fähigkei-
en, das heißt in Führungs-, Informations- und Kommu-
ikationssysteme, in die Fähigkeit zur weltweiten Auf-
lärung, in die Fähigkeit zum strategischen Lufttransport
nd zu Mobilität im Einsatz, in die Fähigkeit zum ge-
chützten Transport, in die persönliche Ausstattung und
ewaffnung, in eine Vielzahl von Projekten zur Erhö-
ung der Wirksamkeit im Einsatz.


(Zuruf von der CDU/CSU: Was denn?)

ir beschaffen das, was die neue Bundeswehr braucht,
nd wir streichen Vorhaben, die dem neuen Anforde-
ungsprofil und dem streitkräftegemeinsamen Ansatz
icht mehr entsprechen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sechstens zum neuen Stationierungskonzept: Auf
er Grundlage der neuen Umfänge und Strukturen wird
is Ende des Jahres ein neues Stationierungskonzept
orliegen. Durch das Ressortkonzept Stationierung 2001
st bereits entschieden worden, die Zahl der Standorte
on circa 600 auf rund 500 zu reduzieren. Der neue Kurs
ird zur Schließung von weiteren etwa 100 Standorten
ühren. Dies bedeutet weitere schmerzliche Einschnitte.
ir ist bewusst, dass viele Bürgerinnen und Bürger in
en Stationierungsorten trotz erheblicher Belastungen
mmer zu ihren Soldaten gestanden haben, aber wir ha-
en keine Alternative. Die entscheidenden Kriterien für
ie Stationierung sind militärische und funktionelle Not-
endigkeiten sowie die betriebswirtschaftliche Verant-
ortbarkeit.
Meine Damen und Herren, mit diesen Kernelementen

er neuen Bundeswehr erreichen wir folgende wesentli-
he Ziele:
Erstens. Wir entwickeln die Fähigkeiten der Bun-

eswehr so, dass sie der neuen Qualität der sicherheits-
olitischen Herausforderungen entsprechen: in der inter-
ationalen Gefahrenabwehr und der Krisenbewältigung
enauso wie beim umfassenden Schutz Deutschlands
nd seiner Bürgerinnen und Bürger.






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Peter Struck

Zweitens. Wir optimieren die Fähigkeiten der

Bundeswehr als Ganzer und setzen konsequent einen
streitkräftegemeinsamen Ansatz um. Nur so ist
gewährleistet, dass die Bundeswehr integraler Teil des
sicherheitspolitischen Transformationsprozesses der
NATO und der Europäischen Union bleibt. Dabei blei-
ben die Streitkräfte ein Instrument der Politik und unter-
liegen natürlich der kontinuierlichen Anpassung.

Drittens. Wir stellen die Bundeswehrplanung auf eine
realistische und tragfähige finanzielle Grundlage. Die
mittelfristige Finanzplanung gibt der Bundeswehr Pla-
nungssicherheit. Wir beschaffen, was die Sicherheitslage
und die Aufgaben der Bundeswehr verlangen. Die Inves-
titionsquote wird auf mittlere Sicht weiter erhöht wer-
den. Dazu trägt auch die für das Jahr 2007 vorgesehene
substanzielle Erhöhung des Verteidigungshaushaltes
um rund 1 Milliarde Euro bei. Darüber hinaus bleiben
alle im Zuge der Bundeswehrreform durch mehr Effi-
zienz und Wirtschaftlichkeit erzielten Einsparungen dem
Verteidigungshaushalt erhalten.

Bei unseren Bemühungen um mehr Effizienz und
Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr sind wir sehr
weit vorangekommen. Die Gesellschaft für Entwick-
lung, Beschaffung und Betrieb, abgekürzt GEBB, hat
bereits erhebliche Einsparpotenziale erschlossen, die
auch in Zukunft zur Effizienzsteigerung in den Streit-
kräften beitragen werden. Ich möchte bei dieser Gele-
genheit betonen, dass in der Zusammenarbeit zwischen
Bundeswehr und Wirtschaft wie zum Beispiel bei dem
IT-Projekt Herkules die private Seite beweisen muss,
dass sie solch anspruchsvolle Vorhaben auch durchfüh-
ren kann.


(Zuruf von der CDU/CSU: Stolpe lässt grüßen!)


Meine Damen und Herren, gegenüber diesen von mir
skizzierten, unabdingbar notwendigen Entscheidungen
zur Schaffung einer leistungsfähigen Bundeswehr neh-
men sich die Vorstellungen der Opposition rückwärts
gewandt und unrealistisch aus.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der FDP)


Es geht gegenwärtig um grundsätzliche sicherheitspoliti-
sche Weichenstellungen, über die ausführlich im Parla-
ment debattiert werden muss. Ich bin froh, dass wir
heute damit beginnen.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Das hätten Sie auch eher haben können!)


Der Kollege Schmidt hat in diesem Zusammenhang der
Regierung öffentlich unterstellt, die Sicherheitsvorsorge
in Deutschland abzuschaffen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Da hat er Recht!)

Dieser Vorwurf ist in jeder Hinsicht haltlos. Sie sollten
ihn zurücknehmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D mgekehrt lässt sich aber mit Fug und Recht behaupten, ass das, was die Union zu dieser Debatte beiträgt, weig geeignet ist, die Sicherheit des Landes zu erhöhen. (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/ CSU])


er den Eindruck erweckt, er könne Verteidigungspoli-
ik gänzlich ohne Blick auf die verfügbaren Ressourcen
estalten, gibt sich als politischer Traumtänzer zu erken-
en.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


er noch immer glaubt, auf eine konsequente Neuaus-
ichtung der Bundeswehr verzichten zu können, und
leichzeitig mit unrealistischen finanziellen Annahmen
erteidigungspolitik betreibt, wird es niemals schaffen,
ufgaben und Mittel zu harmonisieren und die Bundes-
ehr auf die Erfordernisse des 21. Jahrhunderts einzu-
tellen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Genau das ist aber unsere gemeinsame Aufgabe.
ierzu brauchen wir auch ein gemeinsames Verständ-
is von Sicherheit und Verteidigung in Deutschland.
s geht nicht darum, eine Interventionsarmee aufzu-
auen und sich, wie manche fälschlicherweise befürch-
en, ohne Not in die Angelegenheiten anderer Staaten
inzumischen, sondern darum, gemeinsam mit unseren
erbündeten und Partnern für die gemeinsame Sicher-
eit dort eintreten zu können, wo es notwendig ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ies erwarten zu Recht unsere Verbündeten, auf deren
olidarität wir angewiesen sind. Es entspricht einem
eitgemäßen Verständnis von Sicherheitsvorsorge, das
olgerichtig natürlich auch in unserem ureigensten deut-
chen Interesse liegt.
Es ist gleichermaßen unredlich und irreführend, den

indruck zu erwecken, der Schutz deutschen Territo-
iums würde in irgendeiner Weise vernachlässigt. Das
egenteil ist der Fall. In den Verteidigungspolitischen
ichtlinien habe ich die erweiterte Schutzaufgabe für
eutschland und seine Bürgerinnen und Bürger heraus-
estellt. Sie reicht von der Landverteidigung im her-
ömmlichen Sinn über die Abwehr terroristischer und
euartiger Bedrohungen bis hin zur Überwachung des
eutschen Luft- und Seeraums.
Die Bundeswehr ist und bleibt natürlich in die

esamtstaatliche Vorsorgepflicht eingebettet. Unserer
undeswehr fällt hier im Rahmen der bestehenden Ge-
etze aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten eine wich-
ige Rolle zu. Dabei kommen gerade Grundwehrdienst-
eistende und Reservisten zum Einsatz. Gemeinsam mit
em Innenministerium haben wir mit dem Luftsicher-
eitsgesetz eine gesetzliche Grundlage für die Aus-
bung des Air Policing auf den Weg gebracht. Am
. Oktober 2003 haben wir in Kalkar das „Nationale






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Peter Struck

Lage- und Führungszentrum – Sicherheit im Luftraum“
in Betrieb genommen. Das sind wichtige Schritte, die
zeigen, dass wir die neuartigen Gefährdungen von
Deutschland ernst nehmen und handeln.

Wer behauptet, die laufende Reform schaffe eine
Zweiklassenarmee, irrt. Wir schaffen eine Bundeswehr,
die der streitkräftegemeinsamen Planung, Ausbildung
und Einsatzfähigkeit folgt. Dabei ist Differenzierung in
Ausrüstung und Ausbildung, die unterschiedlichen Ein-
sätzen entspricht, unerlässlich. Wer mit Blick auf die
Ausrüstung eine Anschubfinanzierung fordert, sollte
auch sagen, wie und in welchem Umfang er sie bereit-
stellen will. Hierzu enthält der Unionsantrag überhaupt
nichts.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Unterschiedliche Anforderungen verlangen Reak-
tionsmöglichkeiten durch unterschiedliche Kräfte. Des-
halb haben wir die drei genannten neuen Kräftekatego-
rien eingeführt. Nur unter dieser Voraussetzung bleibt
die Bundeswehr fähig, sowohl die wichtigen Aufgaben
im Inland als auch die Aufgaben im Ausland verantwor-
tungsvoll wahrzunehmen. Die Vorstellung der Oppo-
sition von rotierenden Einsätzen der gleichen Kräfte im
Inland wie im Ausland führt zu Überforderung und
Missachtung des differenzierten Aufgabenspektrums.
Nicht jeder Verband muss alles können.

Ein solcher Ansatz ist im Übrigen nicht mit den künf-
tigen Aufgaben der Wehrpflichtigen, wie sie auch die
Union vorsieht, vereinbar. Die Grundwehrdienstleis-
tenden sollen künftig noch besser auf Aufgaben sowohl
im Inland, zum Beispiel den Schutz Deutschlands, Hilfe-
leistung in Katastrophenfällen, als auch auf Einsatz-
unterstützung im Ausland vorbereitet werden. Ihre Ein-
planung wird entsprechend ihren Vorkenntnissen und
beruflichen Qualifikationen optimiert. Das ist im Inte-
resse der Streitkräfte und erhöht natürlich auch die At-
traktivität des Wehrdienstes.

Dies trägt auch einem Grundsatz Rechnung, auf den
ich großen Wert lege: Die Bundeswehr will ihren Nach-
wuchs gewinnen, nicht kaufen, meine Damen und Her-
ren. Damit ist sie in ihrer Geschichte gut gefahren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ebenso wird sie weiterhin nicht als Dienstleistungsbe-
trieb für riskante Auslandsaufgaben verstanden werden.
Eine Entfremdung zwischen Gesellschaft und Streitkräf-
ten darf es und wird es nicht geben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch das neue Stationierungskonzept wird die feste
Integration der Bundeswehr in die Gesellschaft nicht be-
einträchtigen. Die Opposition fordert in ihrem Antrag
pauschal viele Standorte. Diese Forderung ist schlicht
unseriös, unredlich und sicherheitspolitisch überhaupt
nicht begründbar.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


s macht keinen Sinn, an Vorgaben für die Anzahl und
erteilung der Bundeswehrstandorte festzuhalten, die
vergangenen Jahrzehnten sicherlich berechtigt waren,
eute aber militärisch nicht mehr notwendig und ökono-
isch nicht mehr zu rechtfertigen sind. Weder die gesell-
chaftliche Einbindung der Bundeswehr noch das Si-
herheitsempfinden der Bürger hängt primär davon ab,
b wir 500 oder 600 Bundeswehrstandorte in Deutsch-
nd haben.
Die Motivation der Soldatinnen und Soldaten, den
eg der neuen Bundeswehr mitzugehen, ist hoch. Dies
eigt sich auch im Bericht des Wehrbeauftragten, nach
em sich die Anzahl der Eingaben gegenüber dem letz-
n Jahr sogar verringert hat. Auch wenn die Anzahl der
ingaben gerade einmal nur gut 2 Prozent der Gesamt-
ahl der Soldatinnen und Soldaten ausmacht, nehme ich
de einzelne Eingabe sehr ernst, da ich um die ohnehin
ohen Belastungen der Soldatinnen und Soldaten – zum
eispiel durch häufige Versetzungen – weiß.
In den nächsten Wochen und Monaten werden die ge-

offenen Entscheidungen planmäßig umgesetzt. Der Ge-
eralinspekteur der Bundeswehr wird eine neue Konzep-
on der Bundeswehr als Dokument für die Ausplanung
er Strukturen vorlegen. Das Stationierungskonzept wird
is Ende 2004 vorliegen. Das neue Weißbuch wird 2005
olgen. Die Grundlagen für die Transformation der Bun-
eswehr, die weit über das Jahr 2010 hinausreicht, sind
amit gelegt. Damit ist gewährleistet, dass Deutschland
uch in Zukunft gemeinsam mit seinen Verbündeten und
artnern seiner gewachsenen außenpolitischen Verant-
ortung gerecht werden kann, dass Deutschland seine
nteressen und seinen Einfluss international – in einer
tarken NATO, in einer sicherheitspolitisch handlungsfä-
igen Europäischen Union und in den Vereinten Natio-
en, die als globaler Ordnungsfaktor unverzichtbar blei-
en – geltend machen kann und dass Deutschland in der
age ist, Friedenspolitik mit der Bundeswehr zu gestal-
en.
Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, die
ardinal Meisner kürzlich beim internationalen Solda-
ngottesdienst in Köln, an dem ich teilgenommen habe,
eäußert hat: Diese Bundeswehr ist die größte Friedens-
ewegung Deutschlands.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1509700200

Ich erteile dem Kollegen Wolfgang Schäuble, CDU/
SU-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Wolfgang Schäuble (CDU):
Rede ID: ID1509700300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bun-

eswehr und ihre Soldatinnen und Soldaten haben in ei-
em halben Jahrhundert gemeinsam mit den Streitkräf-
en unserer Verbündeten einen unverzichtbaren Beitrag
ür Frieden und Sicherheit für uns alle geleistet. Wir






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Schäuble

schulden ihnen dafür Dank. Der Satz von Kardinal
Meisner, den Sie eben zitiert haben, Herr Verteidigungs-
minister, findet meine volle und uneingeschränkte Zu-
stimmung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Soldaten der Bundeswehr leisten auch heute in
vielen schwierigen Einsätzen einen unschätzbar wertvol-
len Dienst für unser aller Sicherheit. Umso mehr hätte
ich mir gewünscht, dass der Bundeskanzler während der
Regierungserklärung anwesend ist und an dieser Debatte
teilnimmt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wo ist er denn?)


Es ist meines Wissens in den 50 Jahren der Geschichte
der Bundeswehr neu, dass ein Bundeskanzler es nicht für
nötig hält, an einer solch grundsätzlichen Debatte über
die Sicherheit der Bundesrepublik und über die Bundes-
wehr teilzunehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Das bringt uns unmittelbar zum Kern der Probleme.
Wir lesen dieser Tage im Bericht des Wehrbeauftragten
und konnten zu Beginn dieser Woche Meldungen über
die Auseinandersetzung um weitere Kürzungen im
Verteidigungshaushalt lesen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ja!)

Der Bundesverteidigungsminister selbst hat gesagt, dass
die Bundeswehr weitere Kürzungen nicht mehr verkraf-
ten könne. Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat
gesagt, wenn weiter gekürzt werde, sei das ganze Re-
formkonzept Makulatur. Es geht um die Gesamtverant-
wortung der Bundesregierung, die nicht hinter dem
Verteidigungsminister und nicht hinter der Bundeswehr
steht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das Problem ist, dass Anspruch und Wirklichkeit dra-
matisch auseinander klaffen.

Es ist, wie gesagt, eine Frage der Gesamtverantwor-
tung der Bundesregierung. Wir brauchen dringend ein
Weißbuch, das in der Gesamtverantwortung der Bundes-
regierung herausgegeben wird, damit wir einmal erfah-
ren, wo es hingeht, und damit wir nicht ständig mit
besänftigenden, täuschenden und ablenkenden Erklärun-
gen vertröstet werden. Jedes Mal wird angekündigt – das
war schon bei Herrn Scharping so; bei Herrn Struck ist
es genauso –, dass um die notwendigen Mittel gekämpft
werde. Hinterher wird die Bereitstellung dieser Mittel
wieder nicht erreicht. Ein um das andere Mal sind die
Bundeswehr bzw. die Soldatinnen und Soldaten die
Leidtragenden und die Verunsicherung in der Truppe
– der Wehrbeauftragte hat es dargelegt – wächst.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Ein weiterer Punkt, Herr Bundesverteidigungsminiser, wir sind da überhaupt nicht unterschiedlicher Meiung: Es ist doch hocherfreulich, dass sich mit dem nde des Kalten Krieges die Bedrohungslage für unser and verändert hat. (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Sie haben sich verspätet!)


ir mussten deswegen die Bundeswehr auf neue He-
ausforderungen vorbereiten. Viele Kapazitäten, die in
er Vergangenheit notwendig waren, brauchen wir heute
icht mehr in dieser Größenordnung, in dieser Dimen-
ion. Das alles ist richtig. Die Grundlinie dieser Reform
st in wesentlichen Teilen nicht streitig und wird von uns
nterstützt.
Aber eines kann doch nicht richtig sein, nämlich dass

ie Bundeswehr die Sicherheit unseres Landes – Sie ha-
en eben zu Recht gesagt, dass der Schutz Deutsch-
ands Kernaufgabe der Bundeswehr bleibt – überall auf
er Welt schützt, nur nicht in unserem Lande selbst.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ll das, was Sie zur Konzeption der Reform der Bundes-
ehr vorgetragen haben, läuft darauf hinaus, den Ein-
atzverbänden – die Armee ist überall in der Welt im
insatz; das ist notwendig, richtig und unstreitig – die
otwendigen Mittel zu geben und sie zu unterstützen.
ber die Antwort auf die Frage, gegen welche Bedro-
ungen in unserem Lande Vorsorge geleistet werden
uss, wird verweigert. Das ist der eigentliche Schwach-
unkt dieser Reformkonzeption.


(Beifall bei der CDU/CSU – Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Ihr Schwachpunkt! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist ganz verräterisch: Wenn der Bundesverteidi-
ungsminister oder auch der Außenminister von den
insätzen der Bundeswehr in Afghanistan oder auf dem
alkan spricht, dann wird immer mit großen, überzeu-
enden Worten – das ist an sich ganz richtig – von der
ervorragenden zivil-militärischen Zusammenarbeit
ur Gewährleistung und zum Aufbau von Sicherheit in
iesen Regionen gesprochen. Wenn es um die zivil-mili-
ärische Zusammenarbeit im Rahmen der Gewährleis-
ung der Sicherheit der Menschen in unserem Lande
eht, dann heißt es: Die Bundeswehr darf nicht zur
ilfstruppe der Polizei verkommen. Diese Sprache ist
erräterisch. Sie verweigern die notwendige Vorsorge
ür die Sicherheit.


(Beifall bei der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Verfassung!)


Richtig, die Verfassung.
Um einen nächsten Punkt anzusprechen: Der Bundes-

erteidigungsminister hat eben ausgeführt, dass die Bun-
eswehr auch die zur Abwehr von terroristischen oder






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Schäuble

anderen Bedrohungen aus der Luft – das betrifft die
Sicherheit des Luftverkehrs – notwendigen Leistungen
erbringen müsse und dass man dazu eine Gesetzgebung
auf den Weg bringe.

Ich komme in diesem Zusammenhang auf den Zuruf
im Hinblick auf eine Grundgesetzänderung zurück. Ich
habe viele Zitate dabei, in denen der Bundesverteidi-
gungsminister dem Bundeskanzler widersprochen und
gesagt hat: Wir kommen um eine Grundgesetzänderung
nicht herum. – Das ist auch richtig. Jeder, der ein biss-
chen Ahnung von der Verfassung hat, weiß: Ohne eine
Grundgesetzänderung ist eine solche Gesetzgebung
nicht zu schaffen. Aber Rot-Grün verweigert die not-
wendige Klärung der verfassungsrechtlichen Grundla-
gen für einen rechtlich zweifelsfreien Einsatz der Bun-
deswehr zugunsten der Sicherheit unseres Landes und
seiner Bürger. Das ist der Schwachpunkt rot-grüner Poli-
tik. Anspruch und Wirklichkeit klaffen unverantwortlich
auseinander.


(Beifall bei der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Verfassungstreue ist nie eine Schwäche!)


– Den Zuruf des Kollegen Erler will ich gerne behan-
deln; denn er bringt uns vielleicht ein Stück weiter. Es
klingt so schön: „Verfassungstreue ist nie eine Schwä-
che“. Das ist richtig.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Man kann die Verfassung aber auch verändern!)


Aber, Herr Kollege Erler, wenn Sie selber der Auffas-
sung sind – das ist ja unstreitig –, dass uns die Bundes-
wehr notfalls vor terroristischen Bedrohungen aus der
Luft schützen muss, und wenn alle Verfassungsrechtler
und sogar der Verteidigungsminister sagen, man brauche
dazu eine Änderung des Grundgesetzes, dann ist es doch
kein Ausdruck von Verfassungstreue, wenn Sie sagen:
Das regeln wir in einem Gesetz ohne die notwendige
verfassungsrechtliche Klarstellung. Das können Sie
doch nicht als Verfassungstreue bezeichnen.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Im Gegenteil!)

So treiben Sie doch Schindluder mit der Verfassung. Das
ist doch das Problem.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Sie sollten sich schämen, Herr Schäuble! – Franz Müntefering [SPD]: Das war doch richtig mit der Entscheidung, Herr Schäuble! – Gegenruf des Abg. Michael Glos [CDU/CSU]: Sie geben sich noch primitiver, als Sie sind! Schämen Sie sich, Herr Müntefering!)


– Lieber Herr Müntefering, ich habe mich gewundert,
dass es fast zehn Minuten gedauert hat, bis Sie sich zu
der Häme, die ich Ihnen zugetraut habe, bekennen. Das
ist schön.


(Franz Müntefering [SPD]: Ich habe auf Sie gewartet! Sie müssen doch eine Vorlage dafür geben!)


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(C (D Ich sage Ihnen aber mit großer Freude: Diese Bundesegierung und die sie noch schwach tragende Koalition eisten eine derartig verantwortungslose Politik für unser and, dass mir das Mitwirken an dem Kampf für eine essere Politik in Deutschland große Freude macht – in er Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft. ie können sich darauf verlassen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich möchte gerne noch einen weiteren Punkt anspre-
hen, Herr Bundesverteidigungsminister, der mir in Ihrer
onzeption völlig fehlt. Wenn wir bei der Bundeswehr
uantitative Veränderungen – auch in der Ausstattung –
ornehmen, die wir brauchen und die richtig sind – das
st im Prinzip unstreitig –, dann wird die Zusammen-
rbeit in Europa auch in der Rüstungsindustrie, in der
üstungsagentur, umso wichtiger. Wir werden eine hin-
eichend leistungsfähige wehrtechnische Industrie in
eutschland und in Europa nur bewahren können,
enn wir die rüstungstechnische Zusammenarbeit in Eu-
opa qualitativ verbessern und intensivieren. Dazu aber
üssen wir die sicherheitspolitische Zusammenarbeit
n Europa entscheidend verstärken. Dazu fehlen in Ih-
em Reformkonzept alle Ansätze. Wenn wir die Wett-
ewerbsfähigkeit der wehrtechnischen Industrie in
eutschland und in Europa verloren gehen lassen, dann
erden uns auch entscheidende Voraussetzungen für die
ewahrung von Sicherheit in der Zukunft verloren ge-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das bringt mich zu dem Punkt, dass wir uns – was
öllig unstreitig ist – in einem noch viel stärkeren Maße
ls in der Vergangenheit auf die Stärkung integrierter
erbände konzentrieren müssen. Dazu aber müssen wir
ie notwendigen Voraussetzungen schaffen. Wir brau-
hen übrigens auch Klarheit. Ich hätte wirklich erwartet,
ass in dieser Debatte endlich einmal gesagt wird, was
ie Bundesregierung eigentlich mit den sieben oder neun
ritisch-französisch-deutschen Kampfgruppen für
chnelle Einsätze – insbesondere in Afrika – mit einer
tärke von jeweils 1 500 Mann vorhat. Schaffen Sie ein
enig Klarheit! Frau Staatsministerin Müller hat vor
urzem gesagt, im Sudan sollten Soldaten eingesetzt
erden. Sie ist zurückgepfiffen worden. Jetzt hat der
erteidigungsminister gesagt, die Bundeswehr müsse
uch in Afrika mehr Einsätze leisten. Auch das ist wie-
er halb dementiert worden. Dann hat Frau Müller dieser
age gesagt, man solle die Entwicklungspolitik ganz auf
frika konzentrieren. Das passt zu dem Geraune von
en britisch-französisch-deutschen Kampfgruppen, die
or allen Dingen in Afrika eingesetzt werden sollen. Ich
age gar nicht Nein dazu. Ich würde aber, verdammt
och mal, gern von der Bundesregierung wissen, was sie
igentlich vorhat und was sie vorbereitet. So kann man
och nicht die Öffentlichkeit hinters Licht führen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Herr Bundesverteidigungsminister, als Sie im vergan-

enen Jahr bei dem Planspiel der Verteidigungsminister






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Schäuble

in Colorado waren und sich konkret mit der Frage, wie
die NATO Response Force tatsächlich eingesetzt wer-
den kann, beschäftigt haben, haben Sie blitzschnell er-
kannt: Mit den Bedingungen unserer heutigen parlamen-
tarischen Praxis der Parlamentsbeteiligung an diesen
Entscheidungen ist das Problem nicht zu lösen. Deswe-
gen haben Sie eine parlamentarische Sonderbehandlung
für integrierte Verbände gefordert. Daraufhin sind Sie
zurückgepfiffen worden und heute wird das Thema nicht
mehr vorgebracht.

Wir sind zu vernünftigen, die Rechte des Parlaments
und die Verantwortung der Bundesregierung wahrenden
Lösungen bereit. Wir wollen integrierte Verbände, weil
darin eine bessere Zukunft für die Sicherheit des Landes
und für die Leistungsfähigkeit der Bundeswehr liegt. Sie
können bei diesem Thema nicht ausweichen. Sie können
sich nicht in Colorado Springs zu der Notwendigkeit be-
kennen, sich dann aber, wenn Sie zurück in Berlin sind,
angesichts der Realität von Rot-Grün Ihrer Verantwor-
tung verweigern. Anspruch und Wirklichkeit klaffen zu
weit auseinander. Das ist für die Sicherheit unseres Lan-
des auf die Dauer gefährlich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Natürlich leben wir in Zeiten begrenzter finanzieller
Handlungsspielräume für Bund, Länder, Gemeinden und
auch für die Europäische Union. Das ist völlig unstreitig.
Das wird auch in den nächsten Jahren nicht besser, son-
dern eher noch schwieriger. Das kann im Ergebnis aber
doch nicht bedeuten, dass wir Sicherheitspolitik nach
Kassenlage betreiben. Vielmehr muss man sich die
Frage stellen: Was ist – auch angesichts begrenzter
finanzpolitischer Handlungsmöglichkeiten – wirklich
notwendig? Wo liegen die Prioritäten für die Sicherheit
unseres Landes?

Das Notwendige müssen wir bereitstellen. Wir müs-
sen zu Prioritätensetzungen fähig bleiben. Sonst werden
wir insgesamt – als Regierung wie als Parlament – der
Verantwortung für die Sicherheit unseres Landes nicht
gerecht. Die Art, wie Sie zwar in Regierungserklärungen
über die Probleme der Bundeswehr reden, aber in den
Haushaltsverhandlungen zwei Tage später das Gegenteil
von dem beschließen, was Sie angekündigt hatten, wird
Ihrer und unser aller Verantwortung für die Sicherheit
unseres Landes nicht gerecht.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1509700400

Ich erteile dem Kollegen Rainer Arnold, SPD-Frak-

tion, das Wort.


Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1509700500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Im 21. Jahrhundert steht die internationale Staatenge-
meinschaft in der Tat vor völlig neuen sicherheitspoliti-
schen Herausforderungen. Sie befindet sich zurzeit
insgesamt in einem Prozess der Anpassung an die ak-
tuelle Bedrohungslage. Das gilt im globalen, transatlan-

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(C (D ischen und europäischen, aber natürlich auch im natioalen Rahmen. Die Bundeswehr muss und wird sich ndern, weil die Gefahren vielfältiger und unberechenarer geworden sind. Mehr Akteure bedrohen unsere Sicherheit. Neben die taatlichen Akteure sind transnationale Kräfte getreten. nfolge des rasanten Fortschritts der Kommunikaionstechnik sind sie in der Lage, auf der ganzen Welt erstörerische Rollen zu spielen. Zu Recht spricht man on einer Privatisierung der Gewalt. Auch die Erscheinungsformen haben sich nachhaltig erändert. Klassische zwischenstaatliche Kriege sind unahrscheinlicher geworden. Innerstaatliche Konflikte nd Bürgerkriege haben an Häufigkeit zugenommen; ies bezeichnen wir als asymmetrische Kriegsführung. n diesem Kontext muss Sicherheitspolitik mehr leisten ls Abschreckung und Verteidigung. Deshalb ist Sichereit in unserem erweiterten Verständnis zu gewährleisen. Sicherheit hat zumeist auch eine ökologische, eine konomische, eine soziale, eine kulturelle Dimension. on all dem lesen wir übrigens in dem Antrag, den die DU vorgelegt hat, keine einzige Zeile. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Streitkräfte spielen also eine wesentliche Rolle, aber
as gilt nicht ausschließlich für diese. Wir haben in den
etzten Jahren eines gelernt: Streitkräfte müssen die Vo-
aussetzungen schaffen, damit stabilisierende Kräfte
hre Arbeit tun können. Dies sehen wir im Kosovo; dies
ehen wir in Afghanistan. Ohne Bundeswehr könnte dort
ein ziviler Aufbau betrieben werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dazu gehört auch, dass die alte Landesverteidigung
n der Tat der Vergangenheit angehört. Durch die NATO-
rweiterung und die vertiefte EU-Integration ist nun
irklich kein Szenario mehr vorstellbar, das unsere
renzen bedrohte. Trotzdem haben unsere internationa-
en Verpflichtungen zugenommen. Der Minister weist zu
echt darauf hin: Die Bundeswehr muss daran ausge-
ichtet werden, welches in Zukunft die wahrscheinlichs-
en Einsätze sein werden. Die Verteidigungspolitischen
ichtlinien vom Mai des vergangenen Jahres führen
iese tief greifenden Veränderungen im Umfeld von
ATO und EU zu einem ganzheitlichen verteidigungs-
olitischen Ansatz zusammen.
Herr Schäuble fragt: Was bereitet die Bundeswehr

or? Man könnte auch fragen: Wann setzen wir Soldaten
in? Auch Soldaten fragen uns dies gelegentlich. Ich
enke, diese Fragen sind beantwortet: Es gibt eine euro-
äische Sicherheitsstrategie, die Maßstab auch für un-
er nationales politisches Handeln ist.
Wir setzen Soldaten ein, wenn es darum geht, Völker-
ord zu verhindern. Wir setzen Soldaten ein, wenn es
arum geht, Stabilität in Europa und an den Rändern
uropas zu wahren. Und – ich bekenne mich ausdrück-
ich dazu – wir setzen Soldaten auch ein, wenn es darum






(A) )



(B) )


Rainer Arnold

geht, deutsches Gewicht in den europäischen Integra-
tionsprozess einzubringen. Ohne das Engagement der
deutschen Bundeswehr hätte die wichtige Arbeit der
Deutschen von der Lösung des Kosovokonflikts über die
Verhandlungen über Afghanistan auf dem Petersberg bis
hin zu der jetzigen Initiative für den Mittelmeerraum
überhaupt nicht stattfinden können. Die Gründe für den
Einsatz von Soldaten sind also klar.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dieses Engagement bleibt multinational eingebettet.
Bei genauem Hinsehen wird man erkennen, dass alle an-
deren NATO-Partner im Augenblick ähnliche struktu-
relle Änderungen durchmachen. Wir waren gestern in
Brüssel und haben gehört, dass man dort sehr aufmerk-
sam auf dieses deutsche Modell schaut, das in vielen Be-
reichen sogar Vorbildcharakter für andere Staaten hat.
Die Erweiterung der EU und der NATO stellt eine
Chance dar, diesen Harmonisierungsprozess mit Blick
auf eine gleichmäßigere Aufgabenverteilung zwischen
den Streitkräften der einzelnen Nationen auf mehrere
Schultern voranzubringen.

Wir wissen aber auch, dass wir Fähigkeitslücken ha-
ben, die geschlossen werden müssen. Auch in Europa
müssen Redundanzen minimiert werden. Wir wollen
multinationale Ansätze bei der Aufgaben- und Rollen-
verteilung, aber auch das Pooling von Fähigkeiten – ge-
meinsame Aufklärungs- und Transportfähigkeiten – wei-
ter voranbringen.

Was wollen wir also mit diesem Transformations-
prozess neu gestalten? Es ist klar geworden, dass wir
nicht mehr das Gesamtspektrum aller Waffen und Geräte
verfügbar halten müssen. Was wir im Verbund einsetzen
können, müssen wir auch gemeinsam organisieren. Wir
müssen den den Teilstreitkräften gemeinsamen Ansatz
sowohl national als auch multinational deutlich stärken.

Die Einsätze der Bundeswehr haben aufgrund der ho-
hen Professionalität unserer Soldaten eine große interna-
tionale Anerkennung gefunden; dies wurde immer wie-
der bestätigt. Wir haben in den letzten Jahren die Reform
gerade in den Bereichen, in denen die Soldaten Schutz
und Kommunikation brauchen, engagiert vorangetrie-
ben. Es stimmt eben nicht, dass wir Soldaten in Einsätze
schickten und dort allein ließen. Die Soldaten im Einsatz
haben von uns alles erhalten, was uns die militärische
Führung vorgeschlagen hat. Dies ist ganz wichtig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit dem neuen Ansatz, 35 000 Eingreifkräfte für
Frieden schaffende Maßnahmen aufzustellen, leisten
wir – auch im internationalen Zusammenhag – einen an-
gemessenen Beitrag. Es ist natürlich neu, dass gerade
das Heer nicht mehr nach dem Motto lebt, jeder müsse
alles haben und alles können. Nein, diese 35 000 werden
mit modernsten Geräten ausgestattet sein und in der
Lage sein müssen, die vernetzte Operationsführung in
den nächsten Jahren zu praktizieren. Die 75 000 Stabili-
sierungskräfte sind uns besonders wichtig, weil sie
auch ein Stück weit profilbildend für die Bundeswehr

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(C (D ind. Was die deutschen Soldaten in den Einsatzgebieten eisten, ist vorbildlich und findet Anerkennung. Wir haen unseren Dank und unseren Respekt vor diesen rauen und Männern auch hier im Plenum deutlich zum usdruck zu bringen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nun reden Sie bei diesem Wandel natürlich auch vom
eld. Zunächst einmal sage ich Ihnen: Gelegentlich
acht Knappheit klug.


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

anches von dem, was der Minister mit Blick auf die
teigerung der Wirtschaftlichkeit mit der GEBB und mit
ielen neuen Projekten aufs Gleis gesetzt hat, wäre nie
elungen, wenn wir nicht auch dem ökonomischen
ruck ausgesetzt gewesen wären.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Das ist eine Logik!)


Ich lasse aber an einem überhaupt keinen Zweifel:
ie Einhaltung der jetzigen mittelfristigen Finanz-
lanung ist aus Sicht der Bundeswehr zwingend not-
endig. Nur so wird dieser Transformationsprozess bis
um Jahr 2010 erfolgreich abgeschlossen werden kön-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wenn man der Union heute genau zugehört hat, dann
at man den Eindruck gewinnen müssen, es gehe ihr nur
m das Geld sowie darum, ob die Bundeswehr künftig
uch im Inneren eingesetzt wird. Herr Kollege Schäuble,
as ist bei dem Transformationsprozess der Bundeswehr
icht das Wichtigste.

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1509700600

Kollege Arnold, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Daub?

Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1509700700

Ja, klar.

Helga Daub (FDP):
Rede ID: ID1509700800

Herr Kollege Arnold, Sie waren gestern auch mit in
rüssel. Sie haben darauf Bezug genommen, dass das
eer nicht mehr alle Aufgaben selbst erledigen muss,
ondern im Verbund tätig werden soll. Haben Sie in
rüssel nicht auch gehört, dass dort im Hinblick auf die
usstattung des Einzelplans 14 größte Sorgen bereitet,
ass die Bundesrepublik Deutschland im Verbund mit
er NATO möglicherweise Fähigkeiten verlieren wird?

Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1509700900

Ja, Frau Daub. Allerdings habe ich auch gehört, wer

as gesagt hat: der Botschafter der Vereinigten Staaten
ei der NATO. Ich sage hier sehr offen, dass ich manch-
al folgenden Eindruck habe: Wenn unsere amerikani-
chen Freunde mehr Geld für die Streitkräfte einfordern,






(A) )



(B) )


Rainer Arnold

dann vergessen sie, einen zweiten Halbsatz deutlich zu
sagen. Sie tun dies nämlich – das denken Sie sich
dann –, damit die amerikanische Rüstungsindustrie
noch mehr Bestellungen erhält.


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Quatsch! Das ist doch Blödsinn!)


Wir haben auch mit unseren französischen Freunden
gesprochen; denn, Frau Daub, in diesem Zusammenhang
lohnt sich ein Blick auf den französischen Haushalt.
Wenn man vom französischen Verteidigungsetat die
Kosten im Nuklearbereich und für die Gendarmerie ab-
zieht, dann kommt als Ergebnis exakt die Summe he-
raus, die wir für die Bundeswehr zur Verfügung stellen.


(Ulrike Merten [SPD]: Richtig! Genau! Das muss man auch mal sagen!)


In dieser Hinsicht stehen wir also gar nicht so schlecht
da.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das, was hier immer wieder erzählt wird, ist wirklich ein
Märchen. Sich an Frankreich und Großbritannien zu
orientieren, das halte ich schon für sinnvoll – nicht mehr,
aber auch nicht weniger.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Atomprogramm! Vorsicht!)


Lassen Sie uns aber über den Bereich Inneres spre-
chen. Herr Schäuble, ich finde, Sie haben etwas ganz
Schlimmes getan.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Oh, oh!)

– Ja.


(Siegfried Scheffler [SPD]: Wieder einmal!)

Sie haben die Aufgaben, die unsere Soldaten im Ausland
hervorragend erfüllen, gegen Ihre Position ausgespielt,
indem Sie gesagt haben, dass sie auch im Inneren mehr
eingesetzt werden sollen.


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Das ist doch Schwachsinn, was Sie erzählen!)


Dies wird der gesamten politischen Bewertung nicht ge-
recht.


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Ach!)


Denn es muss doch einmal klar gemacht werden: Die
Aufgabenstellungen, die die deutschen Soldaten im Aus-
land bewerkstelligen, haben unmittelbar etwas mit der
Wahrung der inneren Sicherheit in Deutschland zu tun.
Sie dürfen beides nie und nimmer gegenüberstellen.


(Beifall bei der SPD)

Aber im Inneren bestehen klare Regeln. Auch ist es

doch nicht so, dass die Bundeswehr nichts darf. Sie darf
zum Beispiel Amtshilfe leisten und im Katastrophenfall
helfen. Allerdings darf sie sich im Zuge der Amtshilfe
selbst keine neuen Aufgaben anmaßen. Mir scheint aber,
dass Sie exakt dies wollen. Wir sind bereit, mit Ihnen

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(C (D ber die Bereiche, in denen die Polizei die dort anfallenen Aufgaben strukturell bedingt nicht erfüllen kann ich meine zum Beispiel National Air Policing oder die ekämpfung von Terrorismus auf hoher See –, zu sprehen. Wenn wir hier ohne Verfassungsänderung zu einer egelung kommen würden, hielte ich das für besser. ber wir wollen nicht, dass Soldaten auf den Straßen der an Bahnhöfen zum Schutz ziviler Einrichtungen olizisten ersetzen. Genau dies steckt aber hinter der Iniiative, die die vier Länder in den Bundesrat einbringen erden. Das werden wir auf gar keinen Fall mitmachen. Es ist schon merkwürdig, dass der baden-württember ische Innenminister Schäuble die Präsenz der Polizei in er Fläche reduziert und gleichzeitig sagt, dass er die nterstützung der Bundeswehr braucht. (Gernot Erler [SPD]: Es ist wirklich bemerkenswert, was die vorhaben!)


as kann man natürlich nicht machen. Auch in anderen
nionsregierten Ländern spart man bei der Polizei und
treicht ihre Mittel, ruft gleichzeitig aber nach Unterstüt-
ung durch den Bund. Das ist der eine Punkt.
Ein anderer Punkt wiegt aber noch schwerer – da-

über müssen Sie noch einmal nachdenken –: Wollen Sie
irklich, dass 19-jährige junge Männer nach einer Aus-
ildung, die nur wenige Wochen gedauert hat, auf der
traße stehen, Infrastruktureinrichtungen schützen und
nnerhalb von Sekunden entscheiden müssen, ob sie ei-
er Bedrohung ausgesetzt sind und ihre Waffe einsetzen
üssen? Um das tun zu können, lernen Polizisten einige
ahre. Soldaten lernen es bei der Ausübung von Wach-
nd Schutzaufgaben, allerdings innerhalb ihrer Liegen-
chaften, auf denen klare Spielregeln gelten. Wer dort
indringt, weiß, was passiert. Aber auf einem Bahnhof
ann ein 19-jähriger junger Mensch diese Entscheidung
ach einer so kurzen Ausbildung nicht treffen.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Was ist denn mit denen vor der amerikanischen Botschaft da vorne?)


as Sie hier vorschlagen, ist zudem aus sicherheitspoli-
ischen Gründen völlig unverantwortlich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: An allen Kasernen stehen Soldaten!)


Ich bin sicher, dass der Innenminister alles, was getan
erden muss, eingeleitet hat: eine bessere Vernetzung
on Polizei, Bundesgrenzschutz und Bundeskrimi-
alamt, um bessere Dienste leisten zu können. Hier be-
tand Nachholbedarf. Das alles ist aber auf einem guten
eg. Dadurch wird letztendlich die Sicherheit gestärkt.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Ach, deswegen sollte das BKA umziehen! Das verstehe ich! Das ist Ihre Form der Vernetzung!)


Vielleicht haben Sie bei Ihrem Vorschlag aber auch
inen anderen Hintergedanken. Vielleicht wollen Sie die
llgemeine Wehrpflicht über den Heimatschutz begrün-
en.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wäre das falsch?)







(A) )



(B) )


Rainer Arnold

Dafür taugt er aber nicht. Die Wehrpflicht ist für die
Bundeswehr und vielleicht sogar für unsere gesamte Ge-
sellschaft der bessere Weg. Sie aber über den Heimat-
schutz zu begründen wäre, wie Sie zu Recht zurufen,
falsch.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wieso?)

Das wäre aus zwei Gründen falsch. Die Verfassung

definiert genau, wozu wir eine Armee aufstellen und
Wehrpflichtige einziehen dürfen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ja, zur Verteidigung!)


Bräuchten wir die Bundeswehr im Inneren, könnte die
Verfassung uns sogar die Türe dafür öffnen, dass der In-
nenminister für den Bundesgrenzschutz Wehrpflichtige
einzieht; das wäre sogar möglich. Falls es notwendig
wäre, wäre es sicherlich auch die bessere Entscheidung.

Ich fürchte eines: Über diese Legitimation die Wehr-
pflicht zu retten verkehrt sich zum Schluss ins Gegenteil.
Die Akzeptanz der Wehrpflicht würde sinken, wenn
Wehrpflichtige in Zukunft auf Bahnhöfen stehen und
Polizisten ersetzen müssten. Sie zerstören also mit Ihrem
Vorschlag die Akzeptanz der Wehrpflicht in unserer Ge-
sellschaft und bei den jungen Menschen. Das halte ich
wirklich für extrem schädlich und falsch.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Trotz aller Kritik, die Sie heute mit Ihrem Papier ge-
übt haben, gibt es auch eine Chance. Sie sind – wie so
häufig in den letzten Wochen, wenn Sie über politische
Konzepte diskutiert und solche vorgelegt haben – hinrei-
chend ungenau geblieben. Sie sagen nicht, woher das zu-
sätzliche Geld kommen soll. Es ist schon witzig, wenn
eine Partei weitere Steuersenkungen im Umfang von
Milliarden verspricht, aber zugleich für die Bundeswehr
neue Mittel in beliebiger Höhe fordert.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Schmidt hat wenigstens eine Zahl genannt: 2 Mil-
liarden Euro. Aber auch er sagt nicht, wo sie herkommen
sollen! Sie sind auch hinreichend ungenau, wenn es da-
rum geht, den Gesamtumfang der Streitkräfte zu definie-
ren.

Ich sehe das alles jetzt einmal positiv: Ihre Unge-
nauigkeit bietet auch eine Chance für die Debatten, die
wir in den nächsten Wochen in den Ausschüssen führen
müssen, dass Regierung und Opposition die Reform ge-
meinsam, im Dialog, mit klarem Blick und konstruktiv
begleiten. Dabei geht es nicht nur um dieses Politikfeld.
Ich denke, es wäre ein entscheidendes politisches Signal
gegenüber den Soldaten und den Zivilbeschäftigten,
wenn sie sehen würden, dass wir ihnen in den letzten
Jahren nicht nur viel Arbeit und lange Trennungen von
den Familien zugemutet haben, sondern dass sich dieses
Parlament auf einen Weg einigt, wie die Streitkräfte zum
Schluss fähiger, besser ausgestattet und beweglicher
werden.

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(C (D Das Ziel dieser Reform – davon bin ich überzeugt – ird im Jahr 2010 erreicht werden. Die Bundesregierung at mit diesem Transformationsprozess ein in sich chlüssiges Konzept vorgelegt und sie hat klare Meilenteine bestimmt; der heutige Tag war nur einer der Inforationsschritte. Der Minister hat in der Vergangenheit ie weiteren Feinplanungen vorgelegt und wird dies auch n der Zukunft tun. Am Ende dieses Transformationsrozesses wird die Bundeswehr moderner, leistungsfäiger und aufgabenorientierter sein. Wenn Regierung und pposition darüber miteinander in ein gutes Gespräch ämen, würde sich das aus meiner Sicht lohnen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1509701000

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich dem

ächsten Redner das Wort erteile, möchte ich Ihnen Fol-
endes mitteilen: Gerade erreichen uns Nachrichten aus
nserem europäischen Nachbarland Spanien, dass sich
ort auf Bahnhöfen der Hauptstadt Madrid und in Vor-
rtzügen eine ganze Serie von Explosionen mit einer bis-
er unbekannten Anzahl von Toten ereignet hat. Bei je-
er neuen Meldung wird eine größere Anzahl von Toten
rmittelt. Dies ist wahrscheinlich eine Serie von An-
chlägen, wenige Tage vor den dortigen Parlamentswah-
en.
Ich glaube, in Ihrer aller Namen zu sprechen, wenn

ch unser Entsetzen und unsere Abscheu über diese Ta-
en und unsere wirkliche Betroffenheit und unser Mitge-
ühl mit dem spanischen Volk und dem spanischen Par-
ament ausdrücke.
Nun erteile ich dem Kollegen Wolfgang Gerhardt,

DP-Fraktion, das Wort.


Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP):
Rede ID: ID1509701100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die

chreckliche Nachricht, die Sie uns übermittelt haben,
ollte uns allen klar machen, dass wir auch heute keine
er normalen Debatten über Sicherheits- und Verteidi-
ungspolitik führen wie etwa im Umfeld von Haushalts-
eratungen. Die Debatte muss schon auf den Kern der
roßen Veränderungen in der Verfassung und der Ziel-
ichtung der Arbeit der Bundeswehr abzielen, die be-
prochen werden muss.
Ich bedaure etwas, dass sie so spät hier im Parlament

esprochen wird, denn die Wahrnehmungen und die Ver-
nderungen begleiten uns seit Jahren. Die Entscheidun-
en, die der Bundesverteidigungsminister getroffen hat
deren einen Teil wir begrüßen, deren anderen wir aber
it kritischen Anmerkungen versehen wollen –, hätten
s verdient gehabt, dass sie hier früher besprochen wor-
en wären.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zunächst will ich aber die Gemeinsamkeiten festhal-
en; auch sie gehören in die Debatte um die Bundeswehr.






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Gerhardt

Man nimmt ungern – jedenfalls trifft das auf mich per-
sönlich zu – die Wendung „Man ist stolz auf etwas“ in
den Mund. Aber ich möchte angesichts der langen Tra-
dition der Bundeswehr hinsichtlich der Wahrnehmung
ihrer Aufgaben sagen: Meine Bundestagsfraktion und
ich selbst sind auf die Soldatinnen und Soldaten der
Bundeswehr stolz.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Sie haben ihre Arbeit hervorragend gemacht. Sie haben
uns durch ihre schlichte Existenz und durch die Art, wie
sie die sicherheitspolitische Visitenkarte der Bundesre-
publik Deutschland nach innen wie nach außen gezeigt
haben, geschützt. Sie haben uns Sicherheit gewährt.

Eine weitere Bemerkung der Zustimmung zu Beginn,
Herr Bundesverteidigungsminister: Die Bundestagsfrak-
tion der FDP stimmt einem großen Teil der Verteidi-
gungspolitischen Richtlinien hinsichtlich dieser neuen
Verantwortung im internationalen Bereich zu. Es ist
wahr: Es gibt nach dem Zusammenbruch der alten bipo-
laren Welt neue internationale Unübersichtlichkeiten.
Sie schreiben, die sicherheitspolitische Lage erfordere
eine auf Vorbeugung und Eindämmung von Krisen und
Konflikten zielende Sicherheits- und Verteidigungspoli-
tik, die das gesamte Spektrum sicherheitspolitisch rele-
vanter Instrumente und Handlungsoptionen umfasse und
– das ist ein ganz wichtiger Punkt – auf gemeinsames
Handeln mit Verbündeten aufbaue. Diese Aussage ist
unzweifelhaft richtig. Sie wird von allen Kolleginnen
und Kollegen der Bundestagsfraktion der FDP geteilt.


(Beifall bei der FDP)

Das möchte ich zu Beginn meiner Rede sagen. Darüber
führen wir keine kontroverse Debatte.

Wir alle sind uns klar darüber, dass kein Land seiner
geopolitischen Verantwortung, die vielleicht auch aus
seiner geographischen Lage resultiert, entgehen kann.
Ein Wegducken hilft angesichts der Bedrohungen nicht
weiter. Wir alle wollen natürlich auch weiterhin über den
Einsatz der Bundeswehr mit einer Kultur der Zurückhal-
tung entscheiden – das ist richtig –, aber wir alle haben
mittlerweile gelernt, dass ein reines Zivilmachtkonzept
zur Lösung der Probleme der Welt nicht ausreicht. Im-
mer ist die Kombination notwendig, auch in der Glaub-
würdigkeit der Notwendigkeit des militärischen Einsat-
zes als des letzten Mittels, wenn man Menschen davon
abhalten muss, andere Menschen zu bedrohen, sie umzu-
bringen und Genozide und Menschenrechtsverletzungen
zu begehen. Ich sage das deshalb, weil in Deutschland
eine lange innenpolitische Diskussion darüber stattge-
funden hat. Heute sagen viele – allerdings eher mit
Ängstlichkeit –, dass die Glaubwürdigkeit militärischer
Abschreckung eben auch dem Schutz von Menschen-
rechten dienen kann.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Manche Zivilmachtkonzepte versagen. Das haben wir
auf dem Balkan gesehen. Es ist deshalb richtig, dass es
in den neuen Richtlinien nicht mehr nur um die Wahrung

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(C (D er Integrität der Staatsgebiete unserer NATO-Verbüneten geht – Sie, Herr Bundesverteidigungsminister, haen in der Regierungserklärung gesagt, es sei nicht mehr ie alte Landesverteidigung, sie werde in den Richtlinien in Stück zurückgestuft, auch rhetorisch –, sondern auch m die internationale Konfliktlösung. In diesem Zusammenhang möchte ich allerdings auch twas zu dem Punkt Reden und Handeln sagen: Wenn es, ie Sie sagen, internationale Konfliktlösungen nur im emeinsamen Handeln mit Verbündeten gibt, dann sollte an aus dem politischen Feld der Bundesrepublik eutschland auch jeden Satz vermeiden, der wie leise Sienenklänge antiamerikanischer Ausrichtung im Umfeld igener europäischer Anstrengungen klingt. Zur politichen Führung der Bundesrepublik Deutschland gehört uch, unseren Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln, ass alles andere außer dem transatlantischen Bündnis urer Leichtsinn wäre. Es gibt dazu keine Alternative, uch nicht in den sicherheitspolitischen Anstrengungen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


an muss europäische Sicherheitspolitik definieren;
an muss sie transatlantisch einbetten und zur politi-
chen Führung bereit sein. Wir brauchen ein Stück weit
in neues Fundament im transatlantischen Bereich. Es
ibt keinen ausreichenden Konsultationsrahmen und
eine ausreichenden Konsultationsanstrengungen von
eiden Seiten, einen gemeinsamen Sicherheitseinsatz zu
efinieren, zu gemeinsamen Lösungen zu kommen und
arüber zu sprechen, bevor Entscheidungen fallen.
Sicherheitspolitik ist – auch das will ich in dieser De-

atte sagen – beileibe nicht nur ein militärischer Ansatz.
enn man sich heute von Experten eine prozentuale
inschätzung dazu geben lässt, dann sagen die meisten,
ilitärische Intervention mache vielleicht nur 20 Prozent
er eigentlichen Lösung aus. Die Konfliktverhütung und
ie Nachsorge sind der weitaus überwiegende Anteil.
rotzdem sind die 20 Prozent entscheidend, um über-
aupt eine Chance zu haben, dass Genozide verhindert
erden, dass Menschen nicht übereinander herfallen und
ass es überhaupt zu einer Nation-Bildung kommen
ann. Ich erwähne das, weil wir in den Verteidigungs-
olitischen Richtlinien ähnliche Hinweise haben. Wir
üssen uns aber klar werden, dass ein konzentrierter mi-
tärischer Einsatz zwar wichtig ist, er allein aber nicht
ur Lösung der Probleme führt. Daneben muss die Fä-
igkeit zur Vor- und Nachsorge in den entsprechenden
onfliktbereichen, die es auf dieser Welt gibt, entwickelt
erden.
Herr Bundesverteidigungsminister, nach vielen Ge-
einsamkeiten will ich nun mit zwei Punkten allerdings
uch darauf hinweisen, dass begründete Zweifel beste-
en, ob die Verteidigungspolitischen Richtlinien und die
iele, mit denen die FDP übereinstimmt – dazu gehört
ie Notwendigkeit des internationalen Engagements –,
it dem vorliegenden Handwerkszeug in Form des Bud-
ets auch wirklich glaubwürdig untermauert werden.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Wohl wahr!)







(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Gerhardt

Diese Zweifel sind erlaubt.


(Beifall bei der FDP)

Ich sage sogar: Sie selbst und die militärische Führung
der Bundeswehr wissen das. Alles, was einem ans Ohr
dringt – all diese Dinge stimmen –, macht die begrün-
dete Kritik, die ich jetzt hier übe, sehr glaubwürdig.

Wenn Sie weiterhin bei den globalen Minderausga-
ben bleiben und keine wirklichen Anstrengungen unter-
nehmen, ein realistisches Budget vorzulegen, dann kön-
nen Sie den Veränderungsprozess der Bundeswehr nicht
glaubwürdig gestalten. Sie sagen sehr emotional – ich
komme gleich noch dazu –, Sie wollten keine Soldaten
kaufen. Damit ist die Frage der Wehrpflicht gesell-
schaftspolitisch nicht ausreichend beantwortet. Sie wol-
len eine neue Struktur. Wenn Sie die Soldatinnen und
Soldaten vor gewaltige internationale Aufgaben stellen,
dann haben diese auch ein Anrecht darauf, dass die je-
weilige Bundesregierung das haushaltsmäßig glaubwür-
dig untermauert. Ansonsten ist das nicht sehr überzeu-
gend. Das tun Sie nicht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wer den Mängelbericht des Wehrbeauftragten

liest, der muss einer Bemerkung von Herrn Feldmeyer in
der „FAZ“ von gestern sehr zustimmen. Er sagte, der
Mängelbericht bewege sich in der Nähe eines Zustands-
berichts der Bundeswehr.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: So ist es!)

Bei der gewaltigen Aufgabe, die Sie sich aufladen und
die sich das Parlament eigentlich mit auflädt, wollen wir
das nicht Wirklichkeit werden lassen.

Herr Bundesverteidigungsminister, in den Verteidi-
gungspolitischen Richtlinien machen Sie die Wehr-
pflicht durch eine Art – wenn ich den Ausdruck gebrau-
chen darf – Überwinterungsstrategie zukunftsfähig. Sie
sagen, die alte Landesverteidigung gebe es nicht mehr.
Sie wollen aber an der Wehrpflicht festhalten, weil es
Katastrophenschutzfälle und die Notwendigkeit gibt, in-
frastrukturell einzugreifen. Sie können vieles heranzie-
hen, nach meiner Überzeugung reicht eine allein gesell-
schaftspolitische Verantwortung als Begründung für die
Wehrpflicht am Ende aber nicht mehr aus.


(Beifall bei der FDP)

Die Begründung ist gut, aber nicht ausreichend. Ich

gehe auch nicht polemisch gegen überzeugende gesell-
schaftspolitische Befürworter der Wehrpflicht an, weil
ich selbst gerne zu ihnen gehören würde, wenn Wehrge-
rechtigkeit die Konsequenz wäre und wenn die junge
Generation auch wirklich eingezogen werden würde.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Es gibt nicht die Auseinandersetzung darüber, was uns
lieber wäre. Es gibt schlicht und einfach die Auseinan-
dersetzung darüber, was noch geht.

Ich stehe heute hier und sage auch an die Reihen der
rot-grünen Koalition, die mich im letzten Jahr lautstark
angegangen ist, als ich das gesagt habe: Ich vermute, Sie
selbst wissen, dass die Wehrpflicht bei den vorliegenden

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(C (D aten infrage zu stellen ist. Die Daten belegen nämlich indeutig, dass mehr als die Hälfte der Wehrpflichtigen ar nicht mehr einberufen wird, dass die Haushaltssteln nicht ausreichen, um die Wehrdiensttauglichen einuziehen, und dass für diejenigen, die den Zivildienst erne leisten würden, nicht genügend Stellen zur Verfüung stehen. Damit lastet auf der jungen Generation eine ngerechtigkeit, die durch solche Überwinterungsstrateien nicht ausgeglichen werden kann. Es gehört eben auch zu den ethischen Prinzipien eines echtsstaates, dass er an der Wehrpflicht nicht mehr esthält, wenn der mit ihr verbundene Eingriff in die Leensplanung einer Minderheit weder zur Gewährleistung er Sicherheit des Landes noch zur Aufgabenerfüllung er Bundeswehr notwendig ist. Ich trage hier die chlichte Wahrheit vor. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP)


un kann jemand gesellschaftspolitisch dagegen sein
nd sagen, er habe eine andere Überzeugung, er wolle
eine Soldaten kaufen. Das ist richtig und das respek-
ere ich. Die Wirklichkeit entzieht dieser Argumentation
ber den Boden.
Eines will ich politisch hinzufügen: Wir haben der
undeswehr zu danken. Sie ist eine Armee in einer De-
okratie. Wir wissen, dass wir die Streitkräfte nicht
hne Blick auf die Geschichte eines Landes bewerten
önnen, aber auch ohne die Wehrpflicht wäre die Parla-
entsarmee gesichert.


(Beifall bei der FDP)

Das Parlament ist Manns genug, um die Führung der
undeswehr auch in einer anderen Strukturform ins
uge zu fassen. Auch ohne Wehrpflichtarmee würde die
ilitärische Führung der Bundeswehr den Primat der
olitik respektieren. Auch ohne Wehrpflichtarmee wür-
en wir an den Prinzipien der Inneren Führung festhal-
n.


(Zuruf von der SPD: Ja!)

uch ohne Wehrpflichtarmee kann man das, was wir
mer als Führungsrekrutierungsreserve diskutieren
bei den Wehrpflichtigen, die diese Fähigkeit zur Er-
euerung der militärischen Führung besitzen, liegt sie
twa zwischen 7 und 9 Prozent –, anders organisieren.
uch die Weizsäcker-Kommission hat uns das vorge-
chlagen. Wir können das, wenn wir es wollen.


(Beifall bei der FDP)

Die Wehrpflichtarmee hat ihre Verdienste gehabt,


(Ulrike Merten [SPD]: Immer noch!)

ber sie kann sie so nicht mehr in die Zukunft tragen. Sie
at einen großartigen Beitrag geleistet, aber die Wehr-
flicht in ihrer jetzigen Struktur ist am Ende angekom-
en. In diesem Zusammenhang möchte ich ungern das
ort Vergeudung verwenden. Aber es ist eine gewaltige

nanspruchnahme von Ressourcen. Ich habe mich über






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Gerhardt

alle, auch internationalen, Aufgaben, die Sie beschrieben
haben, Herr Struck, unterrichten lassen: In der Bundes-
wehr müssen immerhin 20 000 Ausbilder für die Wehr-
pflichtigen eingesetzt werden. Diesen Verbrauch von
Ressourcen muss man einmal berücksichtigen.

Ich sage Ihnen: In der internationalen Aufgabenstel-
lung stimmen wir Ihnen zu. In der Bewertung der Ge-
schichte der Bundeswehr gibt es keine Differenzen. Aber
Sie geben mit der Überwinterungsstrategie für die Wehr-
pflicht der Bundeswehr am Ende keine Zukunft. Sie ver-
geuden Ressourcen und drücken sich vor überfälligen
Entscheidungen. Je später entschieden wird, desto grö-
ßer wird die Eigendynamik von Fehlentwicklungen. Je
später entschieden wird, umso dringender werden Ent-
scheidungen und ihre Umsetzung. Das ist fast das Struk-
turprinzip rot-grüner Entscheidungen: immer warten und
zu spät handeln, immer alles bis zur Neige auskosten,
bevor Entscheidungen getroffen werden. Jetzt sollten Sie
die neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien in der
Wehrstruktur konsequent durchsetzen, um der Bundes-
wehr eine gesicherte, klar orientierte Zukunft zu geben.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1509701200

Ich erteile dem Kollegen Winfried Nachtwei, Fraktion

des Bündnisses 90/Die Grünen, das Wort.

(Ina Lenke [FDP]: Sie wollen die Wehrpflicht abschaffen!)


Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509701300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Über Auslandseinsätze der Bundeswehr beschließt der
Bundestag inzwischen in der Regel mit einer Mehrheit
von 90 Prozent und mehr. Bezüglich der laufenden Bun-
deswehrreform herrscht weitgehend Stille im Land. Gibt
es folglich einen sicherheitspolitischen Konsens in der
Bundesrepublik? Ich glaube, das wäre eine Täuschung.
Auch wenn Stabilisierungseinsätze wie im Kosovo und
in Kabul eine hohe Akzeptanz finden, so würden sich an
einem eventuellen Einsatzgebiet Afrika oder gar an ei-
nem Kampfeinsatz die Geister wieder deutlich scheiden.

Dass wichtige Verbündete einen illegalen, auf Lügen
gestützten und Terrorismus fördernden Krieg geführt ha-
ben, hat – so meine Erfahrung – einen massiven Vertrau-
ensverlust zur Folge gehabt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Unter einer unionsgeführten Regierung – da kann man
wohl sicher sein – wären jetzt Bundeswehrsoldaten auch
im Irak eingesetzt. Es gibt also Gründe genug für diese
breite und wirklich überfällige Debatte zur Zukunft der
Bundeswehr.

Als das Bundesverfassungsgericht vor zehn Jahren
Out-of-Area-Einsätze für verfassungsgemäß erklärte,
war die Befürchtung bei vielen in der Gesellschaft und
auch bei uns, die deutsche Außenpolitik würde sich mili-

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(C (D arisieren. Diese Befürchtung hat sich – Gott sei Dank – icht bestätigt. Die bisherigen Auslandseinsätze waren riedensfördernd, kriseneindämmend und gewaltverhinernd. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Mit der Transformation der Bundeswehr zieht die
undesregierung insgesamt richtige Konsequenzen aus
er veränderten Sicherheitslage und den veränderten An-
orderungen. Sie ist zusammen mit den anderen Ressorts
er Bundesregierung tatsächlich in umfassende, gemein-
ame und vorbeugende Sicherheitsmaßnahmen eingebet-
et. Richtig ist, dass auf mittlere Frist die Landesverteidi-
ung nicht mehr akut ist und dass die Hauptaufgabe nun
n Krisenbewältigung und Krisenverhütung im Sinne
on Gewaltvorbeugung besteht. Richtig ist ebenfalls die
ifferenzierung nach Stabilisierungs-, Eingreif- und Un-
erstützungskräften. Dieses ist die Konsequenz aus den
rfahrungen der bisherigen Einsätze und den internatio-
alen Verpflichtungen. Die Transformation der Bundes-
ehr, so wie sie jetzt angegangen wird, ist realistisch
nd politisch mutig.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diskussionen und Kritiken der letzten Monate ma-
hen aber einige Klarstellungen notwendig und werfen
rhebliche Fragen auf. Hauptaufgabe ist die Krisenbe-
ältigung und -verhütung. Diese wird auch unter einem
rweiterten Verteidigungsbegriff zusammengefasst.
ch meine, dass ein solcher entgrenzter Verteidigungsbe-
riff sehr problematisch und auch verunsichernd ist.
akt ist und bleibt das, was wir auch im Koalitionsver-
rag festgestellt haben: Einsätze bewaffneter deutscher
treitkräfte finden ausschließlich auf der Grundlage der
erfassung und des Völkerrechts statt. Das heißt, laut
rundgesetz und Urteil des Bundesverfassungsgerichts
ind Einsätze außerhalb der Landesverteidigung nur im
ahmen von Systemen kollektiver Sicherheit zum Zwe-
ke der Friedenssicherung denkbar. Anders ausgedrückt:
undeswehreinsätze nur für die Ziele der Vereinten Na-
ionen und nach den Regeln der Vereinten Nationen,
onst nichts.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Eine Anmerkung zu den Stabilisierungskräften:
elbsttragende Stabilität kann nur von der ganzen Band-
reite von militärischen, zivilen, polizeilichen und poli-
ischen Instrumenten und Mitteln erreicht werden. Die
ilitärische Seite hat nun ihren Kräftebedarf, ihr Leis-
ungsvermögen genauer definiert. Eine solche genauere
räftedefinition auf der zivilen und polizeilichen Seite
teht noch aus. Diese zu erarbeiten wird die Aufgabe der
ächsten Monate sein. Dies ist entscheidend für eine ko-
ärente Sicherheitspolitik, zu der wir uns verpflichtet
aben.
Eine Anmerkung zu den Eingreifkräften: Sie sind

as schärfste Mittel der Politik für die Startphase von
riedensmissionen, aber auch zur Friedenserzwingung.
as heißt im Klartext: zu Einsätzen kriegerischer






(A) )



(B) )


Winfried Nachtwei

Gewalt. Solche sind im Rahmen des UN-Systems und
der Bündnisverteidigung nicht auszuschließen. Sie sind
aber ein Mittel – dessen muss man sich bewusst sein –,
das besonders kostspielig und besonders riskant ist und
Menschenleben fordern wird. Zu warnen ist deshalb vor
Illusionen im Zusammenhang mit Schnellsteinsätzen.
Gedrängt werden muss auf die beschleunigte Stärkung
gewaltvorbeugender Fähigkeiten. Diese sind nämlich die
nächste Ratio, damit der Einsatz der Ultima Ratio wenn
möglich verhindert werden kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Da stimmen wir zu! Das ist richtig!)


Mit der Transformation der Bundeswehr wird die
Bundesrepublik über ein wachsendes Angebot von inter-
ventionsfähigen Kräften verfügen. Damit steigt auch die
Nachfrage. Umso wichtiger ist deshalb die Verständi-
gung über klare Rahmenkriterien für Auslandsein-
sätze. Selbstverständlich ist Militär kein Konfliktlöser.
Militärische Einsätze können die Konfliktlösung beglei-
ten, ihre Voraussetzung schaffen. Die Kriterien reichen
von der Frage der Dringlichkeit eines solchen Einsatzes
für kollektive und deutsche Sicherheit über die völker-
rechtliche Legalität bis zur Frage der Verantwortbarkeit
von solchen Einsätzen im Hinblick auf die politische
Konzeption, im Hinblick auf eigene Kapazitäten und die
Risiken.

Die innere Führung mit dem Verständnis von Solda-
ten als Staatsbürgern in Uniform und der Bundeswehr
als Parlamentsarmee ist eine große Errungenschaft der
deutschen Demokratie. Sie hat sich in den letzten Jahr-
zehnten ausgesprochen bewährt. Sie ist auch internatio-
nal hoch angesehen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen uns aber zugleich darüber im Klaren sein,
dass in einer Einsatzarmee beides unter Druck steht. Un-
sere Aufgabe ist es, die innere Führung und die Parla-
mentsbeteiligung weiterzuentwickeln, um ihre Funktion
– nämlich die Einbindung der Streitkräfte in den Rechts-
staat und in die Gesellschaft – zu bewahren und zu ge-
währleisten.

In diesem Zusammenhang spielte die Wehrpflicht in
früheren Jahren eine große Rolle. Inzwischen spielt sie
– das muss nüchtern festgestellt werden – eine immer
geringere Rolle. Bevor das Bundesverfassungsgericht
die Restwehrpflicht kassiert, weil die Gleichheit der Be-
lastung aus dieser Pflicht de facto nicht mehr gegeben
ist, sollte die Politik, so meinen wir, klare Verhältnisse
schaffen.


(Ina Lenke [FDP]: Wer denn? Die Grünen?)

Ich komme nun zu den Finanzen. Die Bundesrepublik

hat eine gewachsene internationale Verantwortung. Die
Wahrnehmung dieser Verantwortung findet bei den Ver-
einten Nationen, in Krisenregionen und anderswo hohe
Anerkennung. Sie ist aber nur mit einer verlässlichen Fi-
nanzausstattung der Außen-, Sicherheits- und Entwick-

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(C (D ungspolitik insgesamt zu leisten. Die Transformation er Bundeswehr ist die radikalste Reform der Bundesehr seit ihrer Gründung. Es geht um nicht weniger als m das künftige Verhalten der Bundesrepublik Deutschand zu Krieg und Frieden. Das bedarf der breiten Deatte und Verständigung in Politik und Gesellschaft, zwichen Bundeswehrangehörigen und Friedensbewegten, it Kirchen, Wissenschaft und Friedensforschung. Ich offe, dass die heutige Debatte hierfür ein Auftakt ist. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1509701400

Nun hat der Kollege Christian Schmidt, Fraktion der
DU/CSU, das Wort.


Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1509701500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schöne
rüße aus Bad Hindelang. Ich war erst vor kurzem dort.
s ist in der Tat ein wunderbarer Ort, Herr Minister. Ich
ade jeden ein, dorthin zur Kur zu fahren.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Struck guckt, als hätte er es nötig!)


Ich habe auch gesehen, dass die Menschen dort sehr
ufrieden und glücklich sind. Das ist kein Wunder; denn
ie leben in einem Freistaat, in dem alle innenpolitischen
ufgaben wunderbar geregelt sind.


(Beifall des Abg. Michael Glos [CDU/CSU] – Zurufe von der SPD: Oh! – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wie viel Prozent hat die SPD da?)


Ich habe ein Gespräch mit dem Bürgermeister ge-
ührt, der mir sagte, dass die Kommune ihre Feuerwehr
icht abgeschafft habe, obwohl es in den vergangenen
wei Jahren nicht gebrannt habe. Seine Darlegung war
nteressant: Sie rüsten die Feuerwehr sogar so gut aus,
ass sie für den Fall des Falles in der Lage ist, zu helfen
nd zu sichern.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist vernünftig! – Michael Glos [CDU/CSU]: So sind die Leute in Bayern!)


m nichts anderes geht es in der Frage der Sicherheit.
Wir befinden uns in einer Situation, in der wir nicht
ehr dieselbe Gewissheit einer Bedrohung haben, die
er Verteidigungsminister Manfred Wörner vor Augen
atte – er hat hervorragend darauf reagiert – und die seine
orgänger und alle, die bis 1990 verteidigungspolitische
erantwortung getragen haben, von einem gemeinsamen
rundverständnis ausgehend in den parlamentarischen
ebatten erörtert haben. Die Grünen nehme ich davon
us; denn sie haben sehr schnell eine andere Linie ver-
olgt.


(Reinhold Robbe [SPD]: Reine Nostalgie, Herr Kollege!)







(A) )



(B) )


Christian Schmidt (Fürth)


– Was die Nachfolger angeht, erinnere ich mich noch
sehr gut, dass Volker Rühe als jemand diffamiert worden
ist, der die Außenpolitik militarisieren will. Heute hören
wir, dass das alles nicht eingetreten ist, und man klatscht
sich selber auf die Schulter. Heute ist als Ratio zu be-
rücksichtigen, dass die Notwendigkeit und die Struktur
der Bundeswehr auch im Einsatz außerhalb unseres Lan-
des begründet liegen. Wenn es die Situation in der ersten
Hälfte der 90er-Jahre nicht gegeben hätte, dann wären
wir in dieser Frage nicht da, wo wir heute sind.

Der Kollege Wiefelspütz spricht in diesen Tagen von
einer Militarisierung der Innenpolitik. Volker Rühe ist
offensichtlich inzwischen bei den Grünen rehabilitiert.
Jetzt sagen die Sozis, die Innenpolitik würde militari-
siert. Entschuldigen Sie, wenn ich das so drastisch dar-
lege. Was die so genannten asymmetrischen Bedro-
hungen angeht, bedeutet die Erkenntnis, dass das Thema
der Kriege zwischen europäischen Staaten nicht mehr so
aktuell ist wie bedauerlicherweise vor 15 Jahren, als es
den Ostblock noch gegeben hat, nicht, dass es keine Ge-
fahr mehr gibt und es lediglich um eine Aufgabe der Bad
Hindelanger Feuerwehr oder der Polizei geht.

Jeder möge einen Moment innehalten und darüber
nachdenken, was los wäre, wenn in unserem Land etwas
geschehen würde, was von der Polizei allein nicht be-
wältigt werden könnte, und zwar deswegen nicht, weil
sie weder die sächlichen Mittel noch die entsprechende
Ausbildung hat. Wenn tatsächlich eine Sicherheitslücke
entstanden ist, dann wird derjenige, der vor dieses Hohe
Haus treten muss, um die Situation zu rechtfertigen, ei-
nen schweren Gang gehen. Wenn Vorsorge Sicherheits-
politik ist und wenn Sicherheitspolitik bedeutet, das Un-
denkbare zu denken und sich dagegen zu sichern, dann
erfordert das konsequenterweise den Schluss, den
Wolfgang Schäuble gezogen hat, nämlich nicht nur für
Sicherheit am Hindukusch zu sorgen, sondern auch im
eigenen Lande – das sage ich ganz bewusst – gerüstet
und zur Dislozierung in der Lage zu sein. Das sind die
zwei Elemente, auf denen unsere Sicherheitspolitik nun-
mehr beruht. Übrigens, Herr Verteidigungsminister, ich
habe nicht gehört, dass Sie hinsichtlich der 100 Stand-
orte, die Sie auflösen wollen, eine Präzisierung vorge-
nommen haben. Das wollen wir lieber abwarten. Wir
müssen auf jeden Fall eine Präsenz der Bundeswehr in
der Fläche haben, wenn wir die Bundeswehr als eine Or-
ganisation verstehen, die auch zu Hause in der Lage sein
muss, schnell zu reagieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Zur Frage der Finanzen: Wie wir alle bedauere ich es

sehr, dass der Bundeskanzler der heutigen Debatte offen-
sichtlich nur eine Stippvisite abgestattet hat. Auch Herr
Eichel ist schon weg. Vielleicht reden die beiden ja mit-
einander. Mein lieber Kollege Arnold, es ist zwar wun-
derbar, dass ihr unseren Antrag gelesen habt, wenn auch
– leider – offensichtlich nicht ganz. Darauf werde ich
später noch im Einzelnen eingehen. Aber lest doch we-
nigstens das, was euer Bundeskanzler Gerhard Schröder
mitträgt und unterzeichnet hat, und fragt dann nach den
Zahlen! Am 12. Dezember 2003 – Sie können in Wo-
chen und müssen nicht in Monaten rechnen – hat der

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(C (D undeskanzler die europäische Sicherheitsstrategie Ein sicheres Europa in einer besseren Welt“ mit verabchiedet. Sie enthält sicherlich sehr viel Richtiges, kann ber allenfalls nur ein Ansatz sein, um uns mit der transtlantischen Strategie der amerikanischen Seite sozusaen zu vereinen. Unter der Überschrift „Mehr Handungsfähigkeit“ ist Folgendes zu lesen – das Zitat stammt us dem Papier, das Bundeskanzler Schröder mit seiner nterschrift gebilligt hat; vielleicht hat er es sogar selber ormuliert –: Damit wir unsere Streitkräfte zu flexibleren, mobilen Einsatzkräften umgestalten und sie in die Lage versetzen können, sich den neuen Bedrohungen zu stellen, müssen die Mittel für die Verteidigung aufgestockt und effektiver genutzt werden. Wen meint Gerhard Schröder damit: die Franzosen, ie Engländer oder die Italiener? Macht der deutsche undeskanzler zwischenzeitlich Aussagen über die Vereidigungshaushalte anderer Länder oder hat er den Vereidigungshaushalt der Bundesrepublik Deutschland geeint? Es ist ja signifikant, dass er das Thema der eutigen Debatte so dilatorisch bearbeitet. Lieber Peter truck, bei allem, was Sie zu den Sachfragen ausgeführt aben, hätte ich erwartet, dass Sie sagen: Ich habe die erteidigungspolitischen Richtlinien vorgelegt; das ist in Ressortkonzept. Deshalb darf der Bundeskanzler mit ir nicht so umgehen. Das kann er mit seinen Militärs nd Beamten machen! – Was sagt denn die Bundesregieung? Hat sie denn überhaupt eine verbindliche Posiion? Was meint sie zur Frage der Finanzierung? Struck cheitert doch schon an den Türen des Finanzministers. ein Projekt, die Bundeswehr umzubauen, wird bereits m Jahr 2005 Makulatur sein. Ich empfehle: Haltet dem Bundeskanzler das, was er n Brüssel mit verabschiedet hat, unter die Nase und hört itte auf, zu fragen, wo unsere Finanzierungsvorschläge ind! Herr Arnold, wollen Sie etwa den von Ihnen gewähl en Bundeskanzler deshalb diffamieren – das werden Sie och wohl nicht wollen –, weil er keine Deckungsvorchläge gemacht hat? Wenn er sich politisch dazu beennt – das möchte ich von ihm hier einmal hören –, ann ist das genau die Antwort, die notwendig ist: Man ann Sicherheit nicht so verstehen, als wenn es um die rage ginge, ob man eine Maut erheben kann oder nicht nd ob das System funktioniert oder nicht. Straßenbau ann man vielleicht verschieben; aber Sicherheit kann an nicht verschieben. as ist der entscheidende Unterschied. Es gibt schon ein paar Dinge, über die wir im Zusamenhang mit diesen Fragen intensiver reden müssen. om Parlamentsheer wird zwar immer wieder geprochen; ich habe aber manchmal den Eindruck, dass iele das nicht ernst nehmen. Im Parlament muss über Christian Schmidt grundsätzliche Veränderungen der Sicherheitsstrategie geredet werden. Es muss auch darüber geredet werden, wie die Umsetzung aussehen soll. Wir müssen über die Strategie also noch einmal intensiv reden. Die NATO braucht eine erweiterte, ergänzte Strategie. Sie muss sich gegen neue Bedrohungen schützen und gegen neue Bedrohungen vorgehen, und zwar mit einem Instrumentarium, das nicht nur die Militärs, sondern auch die Diplomaten, die Wirtschaft und die Entwicklungspolitik einbezieht. Von einem Gesamtsicherheitskonzept – in den Verteidigungspolitischen Richtlinien steht: Gesamtverteidigungskonzept – spüre ich nichts. Diese Bundesregierung ist doch nicht einmal in der Lage, bevor sie die Bundeswehr ummodelt, in einem Weißbuch zu erklären, wofür sie diese Veränderungen vornimmt. Das liegt – das muss ich ausnahmsweise einmal sagen – nicht am Verteidigungsminister, sondern daran, dass sich in diesem Laden offensichtlich keiner mehr mit dem anderen verständigen kann. (Beifall bei der CDU/CSU – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das liegt aber auch am Minister!)


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Was?!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Das ist das große Defizit. Das ist die Bringschuld dieser
Regierung mit diesem Bundeskanzler. Ansonsten wird
sie den Notwendigkeiten nicht gerecht. Deswegen wie-
derhole ich: Wer das nicht leistet, legt die Axt an die Si-
cherheit der Bürger unseres Landes.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Eine Bemerkung zur Frage, wie die Umgestaltung

konkret aussehen soll: Ob man die genannte Zahl von
250 000 Soldaten als ausreichend betrachtet, hängt na-
türlich von den Aufgaben ab. Ich bin durchaus der Mei-
nung, dass man im Rahmen eines sinnvollen Heimat-
schutzkonzeptes – darauf wird noch eingegangen; wir
legen es vor – mehr Soldaten braucht.

Wenn heute, bei der jetzigen Finanzkonzeption, die
Zahl von 250 000 Soldaten auf dem Tisch liegt, dann ist
mir schon jetzt klar – ich gebe das ausdrücklich zu Pro-
tokoll –, dass diese Bundesregierung dafür sorgen wird,
dass die Zahl der Soldaten am Ende – wenn die Regie-
rung am Ende ist – bei 210 000 bis 220 000 liegen wird.
Ich gehe davon aus, dass sie ihre internationalen Ver-
pflichtungen deswegen nicht mehr einhalten kann.

Das Schlimme dabei ist, dass das nicht von allen be-
trauert wird, sondern dass sich einige die Hände reiben,
weil die Ideologie bei dieser Frage noch immer ein Stück
weit eine Rolle spielt. Manche in der Koalition sehen
eine Zahl von 200 000 Soldaten als notwendiges Übel
an. Sie hätten am liebsten gar keine Bundeswehr, weil
sie sich mit der Frage der Sicherheit und den bestehen-
den Herausforderungen nicht anfreunden können.

Der Kollege Gerhardt hat über die Wehrpflicht ge-
sprochen. 250 000 – – Herr Bundestagspräsident, ich
möchte Sie bitten, die dümmlichen Bemerkungen von
der Regierungsbank zu unterbinden.

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(C (D enn der Außenminister reden will, dann soll er hier ans ult kommen. enn er dumm dazwischenquatschen will, dann soll er s hier sein lassen und woandershin gehen. (Dr. Uwe Küster [SPD]: Das ist ein völlig unparlamentarischer Sprachgebrauch!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ei dieser Debatte erwarte ich Ernsthaftigkeit, auch vom
ußenminister!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ir sind in dieses Haus gewählt worden, um über die Si-
herheit unseres Landes zu reden. Wir haben deshalb die
flicht, uns ernsthafte Gedanken zu machen.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Der Herr Verteidigungsminister ist doch schon geflohen! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU – Gernot Erler [SPD]: Das macht der Außenminister doch gerade! Er sitzt dort und macht sich Gedanken!)


err Erler, Sie sagen, dass keine Stabssoldaten der Bun-
eswehr in NATO-Stäbe irgendwohin entsandt werden
ollen. Damit legen Sie natürlich die Axt an die Verläss-
ichkeit unserer Politik.


(Gernot Erler [SPD]: Ich besitze gar keine Axt!)


Zur Reduzierung der Stärke auf 250 000 und zur
ehrpflicht möchte ich noch eines sagen: Wer nur
50 000 Soldaten halten will, weil er mehr nicht finan-
ieren kann, nicht deswegen, weil er mehr nicht für si-
herheitspolitisch notwendig hält, der wird die Wehr-
flicht aushöhlen. Ich stimme in der Analyse dem, was
ollege Gerhardt sagt, zu. Ich bin ein Vertreter der
ehrpflicht, weil ich glaube, dass es für die Wehrpflicht
egründungen gibt. Wer es ernst meint mit der Wehr-
flicht, der muss für Wehrgerechtigkeit sorgen und eine
egitimation für diesen Eingriff in die Freiheit des Ein-
elnen haben, die auch trägt. Herr Erler, Sie sagen, die
erfassung sei so wichtig. Ich kann Ihnen darauf nur ent-
egnen: Mit der Bundeswehr, die Sie konzipieren, kön-
en Sie Wehrpflichtige kaum mehr einsetzen. Sie spre-
hen zwar von Einsätzen am Hindukusch, aber am
indukusch ist ja wohl kein Verteidigungsfall gegeben.
ie bewegen sich also in einer Grauzone. Deswegen
ollten Sie bereit sein, sich mit uns zusammenzusetzen
nd die Dinge neu zu ordnen, und zwar anders, als Sie es
orhaben. Vielleicht hilft dabei auch der Außenminister
it, indem er sagt, welchen Beitrag er zum Weißbuch
eisten will. Ich habe davon noch nichts gehört.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1509701600

Ich erteile das Wort Kollegen Reinhold Robbe, SPD-

raktion.






(A) )



(B) )



Reinhold Robbe (SPD):
Rede ID: ID1509701700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Deutschland liegt heute in der Mitte des europäi-
schen und nordatlantischen Stabilitätsraumes. Eine exis-
tenzielle konventionelle militärische Bedrohung ist zu-
mindest auf absehbare Zeit nicht erkennbar. An dieser
Tatsache ändert sich im Grundsatz auch nichts aufgrund
der Auffassung, die Herr Dr. Schäuble hier heute vertre-
ten hat. Gefahren für den Weltfrieden stellen heute der
internationale Terrorismus, die Verbreitung von Massen-
vernichtungswaffen, organisiertes Verbrechen und nicht
zuletzt regionale Konflikte dar. Bedrohungen und Risi-
ken sind nach dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr
geographisch eingrenzbar. Die furchtbaren Anschläge
wie die von heute Morgen in Madrid führen uns in
schrecklicher Art und Weise vor Augen, dass die Terror-
bekämpfung im Mittelpunkt jeglicher Politik stehen
muss. Mit Blick darauf muss sich Deutschland militä-
risch grundsätzlich überall dort engagieren, wo Kon-
flikte entstehen, aus denen Risiken erwachsen könnten,
also auch weit über die Grenzen von Europa hinaus, in
letzter Konsequenz weltweit.

Die Vielzahl von Krisen- und Konfliktherden macht
offensichtlich, dass eine Nation allein nicht über die er-
forderlichen Mittel und Fähigkeiten zur Konfliktlösung
und Friedenssicherung verfügt. Deshalb war und ist we-
sentlicher Eckpunkt der Sicherheitspolitik Deutschlands
die aktive Mitgestaltung von Entwicklungen im Rahmen
der Vereinten Nationen, der NATO und der Europäi-
schen Union. Dies wurde den Mitgliedern des Verteidi-
gungsausschusses gestern in Brüssel bei einem Besuch
der NATO vom dortigen Generalsekretär ausdrücklich
bestätigt. Die Weiterentwicklung der militärischen Ka-
pazitäten von NATO und Europäischer Union, die unse-
rer Sicherheit dienen, verlangt von Deutschland notwen-
digerweise, die Bundeswehr anzupassen und daraus
Konsequenzen für die Differenzierung der Streitkräfte
sowie für die Qualität und Quantität von Material und
Ausrüstung abzuleiten.

Meine Damen und Herren, die Bundeswehr ist heute
eine Armee im Einsatz. Sie engagiert sich weit über die
Grenzen Europas hinaus und wird dieses Engagement
auf absehbare Zeit auch fortsetzen. Tatsache ist, dass
sich das Einsatzspektrum der Bundeswehr gewandelt
hat. Das gilt auch für den Charakter der Auslandsein-
sätze. Angefangen bei den Einsätzen in Kambodscha
und Somalia, über die auf dem Balkan bis hin zum mili-
tärischen Engagement im Rahmen der Operation Endu-
ring Freedom am Horn von Afrika und im Rahmen der
ISAF in Afghanistan hatten und haben die Auslandsein-
sätze der Bundeswehr ausschließlich den Auftrag der
Friedensschaffung, der Friedenserhaltung und der Kon-
fliktprävention.

Für Afghanistan bedeutet das: Die Unterscheidung
zwischen Terrorismusbekämpfung einerseits und Stabili-
sierungs- und Wiederaufbauarbeit andererseits entspricht
der unterschiedlichen Schwerpunktsetzung der Mandate
ebenso wie der Wahrnehmung der Interessen der afgha-
nischen Bevölkerung. Mit dem Engagement der Bundes-
wehr werden unerlässliche Grundlagen für politische
und wirtschaftliche Fortschritte geschaffen. Gerade der

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(C (D insatz in Kabul und in Kunduz sind dafür maßgebende eispiele, die für jedermann erkennbar sind und zum poitischen und infrastrukturellen Wiederaufbau Afghanisans beitragen. Hier wird deutlich, dass Sicherheitspoliik heute mehr umfasst als reine Verteidigung. Sie onzentriert sich zunehmend auch auf den Wiederaufbau iviler Strukturen in einer Konfliktregion. – Wir konnten ns als Verteidigungsausschuss vor wenigen Wochen in unduz davon überzeugen. Wir haben gesehen, welche ervorragende Arbeit dort geleistet wird. Insofern wird uch die enge Abstimmung mit den Streitkräften anderer ationen, mit der NATO und vor allem mit der UNO zuehmend wichtiger. Am negativen Beispiel des Irakkrieges wird klar, dass as Ziel einer dauerhaften Befriedung und Stabilisierung urch politische und militärische Alleingänge, wenn berhaupt, dann nur sehr schwer zu erreichen ist. Jeden ag werden uns die Opfer dieses Konfliktes präsentiert. ies sollte allen Verantwortlichen auf allen Seiten Vernlassung sein, bei künftigen Einsätzen aus gemachten ehlern die richtigen Lehren zu ziehen. Meine Damen und Herren, die Soldaten müssen bestöglich ausgestattet in den Einsatz gehen. Der Schutz nser Soldatinnen und Soldaten im Einsatz hat oberste riorität und das muss auch so bleiben. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


as die Soldaten im Einsatz benötigen und an Bedarf
eitermelden, müssen sie ohne Wenn und Aber bekom-
en. Insofern ist in besonderer Weise der jeweilige mili-
ärische Vorgesetzte vor Ort gefragt, weil er den Bedarf
uf der Grundlage seiner Erfahrungen am besten ein-
chätzen kann. Mitentscheidend für die Motivation unse-
er Soldaten und die Situation der inneren Lage im Ein-
atzland sind die gleichbleibend hohe Qualität der
anitätsdienstlichen Versorgung im Einsatz und das Wis-
en der Soldaten um verfügbare ambulante und statio-
äre Versorgungseinrichtungen mit entsprechenden Eva-
uierungsmöglichkeiten.
Vor dem Hintergrund der Wandlung der Bundeswehr

u einer Einsatzarmee berufen sich die Gegner der
ehrpflicht gern darauf, dass insoweit eine höhere Pro-
essionalisierung notwendig sei. Das unterstellt, dass es
iner Wehrpflichtarmee an Professionalität mangelt. Das
egenteil ist richtig. Die jungen Menschen, die zu den
treitkräften kommen, bringen ihre Professionalität, ihre
erufe mit. Davon profitiert die Armee. Zudem fordert
er ständige Wechsel den Streitkräften ein hohes Maß an
lexibilität ab, eine Fähigkeit, die in der Wirtschaft im-
er wieder als Beleg für Professionalität angeführt wird.
Mit ihrem Mix aus Wehrpflichtigen, Zeit- und Berufs-

oldaten braucht die Bundeswehr den Vergleich mit an-
eren Armeen nicht zu scheuen. Im Gegenteil, gerade in
en Auslandseinsätzen wird die Professionalität unserer
oldaten von ihren ausländischen Kameraden immer
ieder bestätigt und sehr geschätzt. Der Anteil der
rundwehrdienstleistenden, die sich als Freiwillige zu
iner längeren Wehrdienstzeit verpflichten, macht im-
erhin 15 Prozent des Personals in den Einsätzen aus;






(A) )



(B) )


Reinhold Robbe

bei den Mannschaften liegt der Anteil sogar bei gut
30 Prozent.

Meine Damen und Herren, der Grundwehrdienst ist
ein entscheidender Faktor zur Regeneration der Streit-
kräfte. Sie gewinnen ihren Nachwuchs an Zeitsoldaten
zu einem Großteil aus der Gruppe der Grundwehrdienst-
leistenden. Wer die Probleme bei der Nachwuchsgewin-
nung in den Berufsarmeen anderer Nationen kennt, darf
dies nicht als nebensächlich abtun. Dieser Faktor ist
nicht nur für die Funktionsfähigkeit der Armee von gro-
ßem Wert, sondern er sichert ihr darüber hinaus ein brei-
tes Spektrum an fachlichen und menschlichen Qualifika-
tionen aus der gesamten Gesellschaft. Übrigens sind die
in anderen Nationen mit einer Freiwilligenarmee erhoff-
ten Kostenentlastungen, wie immer wieder behauptet
wird, nicht eingetreten.

Unabhängig von dem klaren Ja zur Wehrpflicht ist es
selbstverständlich, dass über die Ausgestaltung des
Grundwehrdienstes in einer sich wandelnden Armee
immer wieder neu nachgedacht werden muss. Der Bun-
desminister der Verteidigung hat deshalb bekanntlich
den Auftrag erteilt, die Ausgestaltung zu überprüfen. Be-
reits im Sommer sollen entsprechende Maßnahmen hier-
für greifen.

Die Mär von einer kleineren, aber dafür schlagkräfti-
geren Armee mit weniger oder keinen Grundwehrdienst-
leistenden kann nur verbreiten, wer die Anforderungen
und Belastungen einer Armee im Einsatz nicht kennt.
Die Auslandseinsätze verlangen der Bundeswehr nicht
nur logistisch, sondern auch personell Enormes ab. Die
ständigen Kontingentwechsel binden das Dreifache des
vor Ort eingesetzten Personals. Der Friedensbetrieb in
Deutschland stützt sich deshalb zu einem erheblichen
Teil auf die Arbeit grundwehrdienstleistender Soldaten.

Hinter vielen Argumenten gegen die Wehrpflicht
schimmert der Gedanke durch, dass es nicht mehr zeit-
gemäß sei, junge Menschen für den Staat in die Pflicht
zu nehmen. Ich persönlich halte das Gegenteil für rich-
tig: Die allgemeine Wehrpflicht ist Ausdruck der ge-
meinsamen Verantwortung aller Bürger für unser Ge-
meinwesen. Diese Verantwortung gilt es gerade in einer
Zeit zu fördern, in der der Hang zum Individualismus zu
einer großen Beeinträchtigung für unser gesamtes Ge-
meinwesen werden könnte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Unsere Soldatinnen und Soldaten haben hinsichtlich

der Teilnahme der Bundeswehr an Auslandseinsätzen ei-
nen Anspruch auf Rechtssicherheit. An dem von der
Verfassung vorgeschriebenen und durch das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts von 1994 bestätigten so ge-
nannten Parlamentsvorbehalt darf auf gar keinen Fall
gerüttelt werden. Der Parlamentsvorbehalt und die Pra-
xis der Parlamentsbeteiligung haben sich im Hinblick
auf die Konsensbildung im Deutschen Bundestag und in
der Öffentlichkeit bewährt. Der Parlamentsvorbehalt ist
und bleibt die Grundlage von Auslandseinsätzen. Die
Soldaten können davon ausgehen, dass sie im Auftrag
der Mehrheit des Parlaments eingesetzt werden.

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(C (D Die zügige Verabschiedung eines Parlamentsbeteiliungsgesetzes ist notwendig und wichtig, um die interationale Handlungsfähigkeit Deutschlands sicherzustelen, ohne die Rechte des Parlamentes in irgendeiner eise einzuschränken. Ziel des Gesetzes muss es sein, ie Parlamentsbeteiligung klar und wirksam zu gestalen, die Praxis der bewährten parlamentarischen Inforations-, Beschlussund Kontrollverfahren für die Ausandseinsätze der Bundeswehr fortzuführen und – nicht uletzt – Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu fördern. as erwarten die Soldatinnen und Soldaten, insbesonere die im Einsatz, mit Recht von uns. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1509701800

Ich erteile das Wort Kollegen Thomas Kossendey,
DU/CSU-Fraktion.


Thomas Kossendey (CDU):
Rede ID: ID1509701900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der
undeskanzler ist zwar nicht mehr anwesend. Trotzdem
öchte ich mit einem Zitat von ihm beginnen. Er hat in
einer Neujahrsansprache gesagt: Wir brauchen ein star-
es Deutschland. – Das kann man unterschreiben. Aber
in starkes Deutschland zeigt sich nicht nur in der Wirt-
chaftskraft und in vielen anderen Dingen, sondern auch
n unserem Einfluss auf internationaler Ebene und in
em Ansehen, das wir in der Welt genießen. Unser Ein-
luss ist stark abhängig von der Verlässlichkeit, mit der
ir unsere Zusagen erfüllen, die wir in internationalen
ündnissen gegeben haben. Hier gibt es nach wie vor
efizite.
Der Austausch der Minister hat nicht viel bewirkt, ob-
ohl es zugegebenermaßen weniger Ungeschicklichkei-
en gibt. Nach wie vor gehen die Soldaten und die zivi-
en Mitarbeiter unserer Bundeswehr durch ein
echselbad der Gefühle, geprägt von Hoffnungen und

llusionen. Nach wie vor kann Ihnen, Herr Minister, je-
er Gefreite, der schon einmal etwas von Adam Riese
ehört hat, nachweisen, dass Mittel und Aufgaben der
undeswehr nicht in Deckung zu bringen sind. Das ist
rgerlich. Auf die Umsetzung des Mottos „Knappheit
ann auch klug machen“, das der Kollege Arnold hier
erkündet hat, warten wir bei dieser Regierung schon
eit fünf Jahren, allerdings bisher ohne Erfolg.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das ist umso ärgerlicher, als wir viele Projekte, die
ie im Zuge der Bundeswehrreform in Angriff genom-
en haben, Herr Minister, unterstützen wollen. Viel-
eicht haben Sie sogar geglaubt, Sie seien mit Ihrem Re-
ormprozess auf dem Boden der Realität gelandet. Ich
laube das nicht. Angesichts der Maßnahmen, die Sie
etzt planen, muss ich sagen, dass Sie sich sozusagen im
reibsand befinden. Es gibt nämlich keine materielle
rundlage. Das Verhängnisvolle ist, dass es keine






(A) )



(B) )


Thomas Kossendey

Sicherheit und keine Verlässlichkeit gibt, weder nach in-
nen noch nach außen.

Wir haben heute viel von „der Bundeswehr“ geredet.
Ich möchte uns allen in das Gedächtnis rufen: Das ist
kein seelenloses Gebilde; das sind Soldatinnen und Sol-
daten sowie zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der
Erfolg ihrer Arbeit hängt im Wesentlichen von der Moti-
vation ab.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich etwas zu den Soldaten sagen. Als

Sie, Herr Minister, Ihr Konzept in der Öffentlichkeit vor-
gestellt haben, haben Sie die Reduzierung auf
250 000 Soldaten mit dem Ausspruch begründet: Klasse
statt Masse! Das klingt vielleicht ganz lustig. Aber wie
mögen sich diejenigen fühlen, die Sie auf diese Art und
Weise apostrophiert haben? Wie viel Verachtung über
die Arbeit der Menschen steckt darin, wenn man sagt:
„Wir brauchen Klasse statt Masse und daher
35 000 Soldaten weniger“? Ich glaube, damit haben Sie
die Soldaten, die ihr Leben für unser Land in internatio-
nalen Einsätzen aufs Spiel setzen, nicht richtig gewür-
digt. Sie haben sie verletzt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch der Bericht des Wehrbeauftragten zeigt sehr

deutlich, dass die Soldaten an der Belastungsgrenze an-
gekommen sind. Sie haben den Wehrbeauftragten ange-
sprochen. Ich möchte Ihnen in das Gedächtnis zurückru-
fen, dass der Wehrbeauftragte in seinem Bericht
schreibt, dass die Zahl der Eingaben kaum zurückgegan-
gen ist und dass die derzeitige Zahl proportional die
zweithöchste Zahl seit Schaffung des Amtes ist. Man
sollte das nicht beiseite wischen. Das ist ein Alarmsignal
aus der Truppe, das man nicht ignorieren darf.

Wer sieht, mit welchem Engagement unsere Soldaten
arbeiten – Reinhold Robbe hat gerade sehr ausführlich
über Kunduz berichtet –, muss sich umso mehr ärgern,
wenn er hört, wie verächtlich manchmal darüber geredet
wird. Es kommt in der Tat zu einer Belastung der Solda-
ten. Bei der Marine sind die Seefahrer mittlerweile mehr
als 200 Tage pro Jahr auswärts und nicht am Heimat-
standort. Der Wehrbeauftragte hat uns von einem Pan-
zerbataillon berichtet, bei dem von mehr als
500 Soldaten 100 im Ausland waren. Mehr als 90 sind
zur Überwachung von Kasernen in Süddeutschland ab-
geordnet gewesen. Das sind genau die knapp 19-jährigen
Soldaten, von denen gerade gesprochen wurde. Ihnen
haben wir die Bewachung von amerikanischen Kasernen
zugemutet.


(Rainer Arnold [SPD]: Innerhalb!)

Das war unsere Beteiligung am Irakkrieg. Auch das
muss man deutlich sagen. Dadurch sind zwei Rekruten-
jahrgänge nicht mehr am Kampfpanzer Leo 2 ausgebil-
det worden.

Genauso gibt es überraschende Erkenntnisse aus
Fernmeldebataillonen, wo das notwendige Gerät einfach
nicht vorhanden ist. Die Soldaten mussten tagelang Hun-
derte von Kilometern transportiert werden, um sie zu
dem Gerät zu bringen, an dem sie ausgebildet werden

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(C (D ollten. Ich glaube, Herr Minister, da müssen Sie nachteuern, wenn Sie mit der Bundeswehr auch in Zukunft rfolg haben wollen. Flotte Sprüche helfen da nicht weier. Ich will noch ein Beispiel nennen, das gut zur Eliteiskussion der Bundesregierung passt. Unsere Bundesehruniversität in München wird 900 000 Euro wenier Personalund 500 000 Euro weniger Sachmittel zur erfügung haben. Das heißt, Lehrveranstaltungen weren gestrichen und das Studium wird länger dauern. Das ird auch einen Rückgang der Drittmittel nach sich zieen. Man werfe letztendlich begabte Leute auf die traße, sagt der Präsident der Universität. – Das zum hema Elite, das die Bundesregierung zu einem Schwerunkt ihrer Politik machen wollte. Allzu häufig wird vergessen, dass wir in der Bundesehr neben den Soldatinnen und Soldaten Zivilpersonal aben. Vor einigen Wochen wurde einfach kurz verkünet, man wolle in der Planung das Zivilpersonal von 5 000 auf 75 000 kürzen, ohne dass dem irgendein onzept zugrunde liegt. Sie haben sich nie Gedanken arüber gemacht, wie viele Zivilbedienstete wir wirklich rauchen. Sie haben gesagt, man wolle optimieren und rivatisieren. Aber es gibt keine belastbaren Untersuhungen darüber, wie diese 75 000 Mitarbeiterinnen und itarbeiter qualitativ eingesetzt werden. Es geht ja nicht ur um die Reduzierung um 10 000. Ich darf Sie daran rinnern, dass in die Zahl 85 000 nicht das Personal einerechnet war, das wir an die Industrie abgegeben haen, während es in die Zahl 75 000 mit eingerechnet erden soll. Sie rechnen sich so schön aus, dass man diesen Abbau öglicherweise mit Prämien beschleunigen kann. Ich ehe nicht, woher dieses Geld kommen soll. Ich glaube ielmehr, dass Sie daran noch sehr stark zu knapsen haen werden. Denn der Vertrag, der mit Verdi geschlossen orden ist und in dem betriebsbedingte Kündigungen usgeschlossen worden sind, wird auch für diese Mitareiterinnen und Mitarbeiter gelten. Lassen Sie mich auf den Antrag der Sozialdemokran zurückkommen, über den Sie heute mit uns im Bunestag diskutieren wollen. Da gibt es noch eine Menge n Irritationen. In diesem Antrag steht: So müssen sich Auftrag, Aufgaben und Fähigkeiten der Streitkräfte konsequent an der ... Sicherheitslage und den ... Verpflichtungen Deutschlands ... orientieren. er Minister hat am 13. Januar 2004 bei der Vorstellung eines neuen Reformkurses gesagt: Ich habe angewieen, die Planungen der Bundeswehr langfristig mit den inanziellen Möglichkeiten in Übereinstimmung zu brinen. – Das scheint mir sachlich ein Unterschied zu sein, uf den wir einmal hinweisen dürfen. In dem Antrag der SPD wird auch darauf hingewie en, dass über den Einsatz der Bundeswehr im Innern esprochen werden soll. Da steht: Thomas Kossendey Dies ist Aufgabe der zuständigen Organe der Inneren Sicherheit. Die Bundeswehr wird hierzu im Rahmen der Gesetze Fähigkeiten zur Verfügung stellen. Das klingt in den Verteidigungspolitischen Richtlinien anders; unter den Ziffern 75 und 80 dieser Richtlinien wird sehr deutlich gesagt, was die Bundeswehr tun soll. Herr Minister, die Spatzen pfeifen es ja von den Dächern: Auch Sie sind unzufrieden mit dem Luftsicherheitsgesetz. Auch für Sie wäre es wichtig, ein Gesetz zu haben, in dessen Rahmen sehr viel mehr passiert. Lassen Sie mich eines zum Abschluss sagen: Ihre Reform wird scheitern, weil das Geld, das Sie dafür dringend brauchen, nicht vorhanden ist. Ich befürchte, die Bittbriefe, die Sie heute als Verteidigungsminister Struck an den Finanzminister schreiben, wird eines Tages der Finanzminister Struck ablehnend bescheiden und Ihr Nachfolger wird sich im gleichen Dilemma befinden wie Ihr Vorgänger und wie Sie selbst heute. Herzlichen Dank. Ich erteile das Wort Kollegen Alexander Bonde, Frak tion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Nachtwei hat bereits aus grüner Sicht die sicherheitspolitische Linie und unseren Standpunkt zur Bundeswehrreform kommentiert. Ich will noch einmal betonen, dass die Einsatzrealität der Bundeswehr treffend als „multilateraler Einsatz zur Unterstützung der Vereinten Nationen“ benannt wird und dass wir immer eingebettet in diplomatische und zivile Vorgehensweisen agieren. Von dieser Prämisse geht sowohl der rot-grüne Antrag wie auch die Reform von Bundesminister Struck aus. Ich möchte dem Verteidigungsminister an dieser Stelle ausdrücklich Anerkennung und Dank aussprechen für diese Reform, die wir heute diskutieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Ja!)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1509702000
Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509702100

Die Bundeswehrreform wird der Einsatzrealität auch
unter Struktur- und Haushaltsgesichtspunkten gerecht.
Die Transformation der Bundeswehr ist auf den Weg ge-
bracht. Es ist richtig, die Ausrichtung der Fähigkeiten
der Bundeswehr an den Wahrscheinlichkeiten der Auf-
gaben zu orientieren. Mit der Kategorisierung in Ein-
greifkräfte, Stabilisierungskräfte und Unterstützungs-
kräfte wird es einfacher, die Truppe gezielt
einsatzgerecht auszurüsten. Es ist möglich, durch ge-
zielte Ausbildung die Professionalität noch weiter zu er-
höhen.

Natürlich erfordert die Transformation der Bundes-
wehr zu einer modernen Armee, die zukünftigen Ein-
satzerfordernissen genügt, die clevere Verwendung der
knappen Ressourcen. Der Minister hat mit seinem Haus-

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(C (D alt sehr solidarisch zur Konsolidierung des Gesamtaushaltes beigetragen, auch wenn es sehr schmerzhaft ar. Ich will aber kein Geheimnis daraus machen, dass olidarität auch andersherum gefragt sein wird und dass abinett und Parlament jetzt die Verantwortung haben, er Bundeswehr die zum Umbau erforderlichen Mittel ur Verfügung zu stellen. Die Mittel für die Transformation sind gerade im In estitionsbereich aufgrund der hohen vertraglichen Binungen sehr eingeschränkt. Umso wichtiger ist es – geade unter dem Aspekt multinationaler Einsätze mit erbündeten –, eine Priorisierung unserer Fähigkeiten orzunehmen. Ich finde, wir haben zu wenig darüber geedet, wie sinnvoll gewählt die fünf Fähigkeitskategoien sind: Führungsfähigkeit, Aufklärung, Mobilität, Unerstützung und Durchhaltefähigkeit sowie die irksamkeit im Einsatz. Ich finde, diese fünf Fähigeitskategorien sind mit Bedacht und zu Recht gewählt. m nächsten Schritt müssen wir diese Fähigkeiten auch n der Beschaffung mit Kriterien unterlegen. Der rotrüne Antrag, der Ihnen vorliegt, benennt die Kriterien ukunftsfähigkeit, Bündnisfähigkeit und Netzwerkfäigkeit. An der Stelle will ich ausdrücklich die realistichen Anpassungen der großen Liste der Beschaffungsünsche an die finanzielle Realität und an die inanzlinie begrüßen, die der Minister bereits gegen roße Widerstände vorgenommen hat. (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Die Kategorie Führungsfähigkeit findet aufgrund ih-
er Abstraktheit in diesem Haus manchmal nicht die Be-
chtung, die sie eigentlich verdient, charakterisiert sie
och stark die Bundeswehr der Zukunft.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Das ist richtig! Die Führungsfähigkeit ist hier zweifelhaft!)


nter der Kategorie Führungsfähigkeit, Herr Schmidt,
erbirgt sich die moderne Bundeswehr des Informations-
eitalters. Führungs-, Kommunikations- und Informa-
ionssysteme werden die Bundeswehr enorm voranbrin-
en. Dabei geht es nicht nur um die Ausstattung mit IT,
ahinter verbirgt sich auch der teilweise mit dem Wort
der Unwort „Network Centric Warfare“ umschriebene
mstand der vernetzten Einsatzführung und -wirkung.
Die Konsequenzen dieser Entwicklung sind heute

eilweise nur zu erahnen. Die Wirkung beschränkt sich
icht darauf, dass der Bundeswehr Computer zur Verfü-
ung gestellt werden. Diese Entwicklung bedeutet einen
rundsätzlichen Wechsel in der Streitkräftekultur. Es ist
ine Frage, die Bundeswehr zeitnah mit Informationen
u versorgen. Die entscheidende Frage ist aber: Wie
erden die Informationen gefiltert und ausgewertet?
as wird mit ihnen gemacht? – Meiner Ansicht nach
ird dieser Kulturwechsel die eigentliche Herausforde-
ung für die Bundeswehr der Zukunft sein.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Alexander Bonde

Ein großer Schritt für die Bundeswehr des Informa-

tionszeitalters werden deshalb die Wirkungen des
Projekts „Herkules“ sein. Ich hoffe, dass die laufenden
Verhandlungen zum Erfolg führen werden. Die flächen-
deckende Vernetzung der Bundeswehrstandorte und die
Vereinheitlichung der genutzten Software werden die Ef-
fizienz der Streitkräfte immens steigern. Ich gebe zu: In
der öffentlichen Betrachtung ist das kein besonders
spektakulärer Punkt. Aber hinsichtlich der Wirkung im
Transformationsprozess ist er ganz entscheidend.

Ein anderer, sehr viel präsenterer Teil der Transfor-
mation ist die Absenkung der Personalstärke. Sie
wurde bereits angesprochen. Ich sage Ihnen: Sie ist ein
wichtiger Schritt zu einer kleineren und professionelle-
ren Armee und eröffnet uns mittelfristig wieder finan-
zielle Spielräume. Denn die Senkung der Betriebskosten
zugunsten der Investitionsmittel ist dringend notwendi-
ger Bestandteil des Reformprozesses, den wir eingeleitet
haben und weiterverfolgen müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dazu gehört – ebenfalls nicht populär, aber notwen-
dig – die Frage der Anzahl der Standorte. Dazu gehört,
uns die Perspektive von Public Private Partnership auch
im Bereich der Bundeswehr zu erhalten und solche
Zusammenarbeitsmöglichkeiten nicht angesichts von
Schwierigkeiten zum Beispiel bei der Maut in Bausch
und Bogen abzulehnen. Sie erhöhen die Effizienz der
Bundeswehr und sind ein wichtiger Bestandteil des
Transformationsprozesses.

Ich will zum Schluss auf Sie, Herr Gerhardt, und den
FDP-Antrag eingehen. Sie wissen: Als Grüner hätte ich
gerne Ihrem Anliegen, die Wehrpflicht auszusetzen, zu-
gestimmt. Sie haben es mir aber mit Ihrem Antrag sehr
leicht gemacht, ihm im weiteren Verfahren nicht zuzu-
stimmen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ich habe bei Ihnen auch nicht ernsthaft mit Zustimmung gerechnet!)


– Dann haben Sie die Punkte, die ich jetzt aufführen
werde, wahrscheinlich bewusst eingefügt.

Ihr Antrag hat mindestens zwei Pferdefüße, die ich
benennen will. Mir als Haushaltspolitiker erklärt er
nicht, woher die Mittel für die abrupte Etaterhöhung im
Jahr 2005 stammen sollen. Als Realist muss ich Sie fra-
gen, wie eine Bundeswehrstruktur aussehen soll, die
über zehn Jahre nicht verändert werden muss. Wer so et-
was fordert, hat die Diskussion über Transformation, die
wir jetzt führen, nicht verstanden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Legen Sie doch mal einen eigenen Antrag auf Aussetzung vor! Wir stimmen gerne zu!)


– Dazu kommen wir noch; Sie werden es sehen. Ich
finde, der rot-grüne Antrag benennt schon sehr klar die
Prüfung, die wir durchführen werden.

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(C (D Die Welt verändert sich. Die Bundeswehr wird es sich enauso wenig wie die ganze Gesellschaft leisten könen, diesen Umstand zu übersehen. Die Reform von Miister Struck trägt dem verantwortungsvoll Rechnung. icht alles, was die Opposition formuliert hat, trägt dem echnung. Deshalb werden wir, glaube ich, noch viele pannende Debatten führen. Ich glaube aber, dass es eine verantwortliche Gestaltung der zukünftigen Politik äre, die Feuerwehr von Hindelang als Maßstab zu nehen. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509702200

Das Wort hat jetzt der Kollege Eckart von Klaeden

on der CDU/CSU-Fraktion.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1509702300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kolle-

en! Schon Goethe wusste: „Nach Golde drängt, am
olde hängt doch alles.“ Letztendlich hängt die Glaub-
ürdigkeit dessen, was hier gesagt wird, davon ab, wie
iel Geld tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Ich
eiß, dass eine deutliche Erhöhung des Verteidi-
ungshaushaltes in der nächsten Zeit unrealistisch ist.
ber ich finde, man sollte in dieser Debatte wenigstens
inmal den europäischen Durchschnitt der Verteidi-
ungsausgaben nennen – nicht das, was die Amerika-
er ausgeben; nicht das, was die ausgeben, die in
uropa Spitze sind. Wenn wir aber diesen Durchschnitt
um Maßstab nehmen wollten, bedeutete das für
eutschland nahezu eine Verdoppelung des Verteidi-
ungshaushaltes und eine Truppenstärke von ungefähr
75 000 Mann.
Ich weiß, dass das unrealistisch ist; aber das ist der
urchschnitt. Wenn wir vom Außenminister so beglü-
kende Ankündigungen wie die von der „Rekonstruktion
es Westens“ hören oder auf der Sicherheitskonferenz
rfahren, dass er einen neuen Plan für den Mittelmeer-
aum und den Nahen Osten vorlegt, dann muss diese Re-
ierung doch wenigstens versuchen, Anspruch und
irklichkeit mehr zur Deckung zu bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber selbst dann, wenn man mit den vorhandenen
itteln auszukommen versucht, muss man mit ihnen
ernünftig umgehen. Ich bin dem Kollegen Bonde dafür
ankbar, dass er das Stichwort „Network Centric War-
are“ angesprochen hat. Das Projekt „Herkules“ ist
ber alles andere als die angemessene Reaktion auf diese
ine neue Transformationsherausforderung. Letztlich
tellt es nur die Ausrüstung der alten Bundeswehrstruk-
ur mit moderner Informations- und Kommunika-
ionstechnik dar. Wir bräuchten aber ein I-und-K-Kon-
ept für die Bundeswehr, das auf die Anforderungen der
ernetzten Operationsfähigkeit eine Antwort gibt und
icht bloß alte Strukturen aufmöbelt. Die noch unabhän-
ige „Frankfurter Rundschau“






(A) )



(B) )


Eckart von Klaeden


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr schöner Ausdruck! – Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Gibt es die noch?)


berichtete am 26. Februar, dass die Berichterstatter bei-
der großer Fraktionen im Haushaltsausschuss, der Kol-
lege Austermann und die Kollegin Dr. Leonhard,
schwere Kritik an dem „Herkules“-Projekt und seiner
Finanzierung üben und die Aufgliederung dieses Pro-
jekts fordern. Frau Leonhard führte aus, die Bundeswehr
dürfe den Auftrag nur dann privat vergeben, wenn die
Industrie nachweise, dass sie im Vergleich zu den bishe-
rigen Ausgaben der Bundeswehr für Computer und Ähn-
liches billiger sei. Herr Minister, ich fordere Sie auf, die-
sen überfraktionellen Konsens im Haushaltsausschuss zu
nutzen, um dieses Projekt zu stoppen und es sowohl auf
die haushaltsrechtlichen als auch auf die neuen sicher-
heitspolitischen Herausforderungen hin neu zu konfigu-
rieren, damit daraus nicht die „Megadosenmaut“ wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wir müssen uns auch die

Frage stellen, ob wir, wenn wir über vernetzte Operati-
onsfähigkeit im internationalen Rahmen sprechen, mit
unseren politischen Entscheidungsstrukturen über-
haupt vernetzungsfähig sind. Im Gegensatz zum Kolle-
gen Robbe bin ich nicht der Ansicht, das die derzeitige
Praxis zur Genehmigung von Bundeswehreinsätzen die-
sen Ansprüchen genügt. Es ist doch eine geradezu ab-
surde Praxis, die sich bei uns in der Folge der Bundes-
verfassungsgerichtsentscheidung vom 12. Juli 1994
eingespielt hat: Wir bekommen seitenlange Anträge, in
denen alle Details festgelegt sind, dürfen als Parlament
aber noch nicht einmal ein Komma ändern. Das Verfas-
sungsgericht hat gesagt – ich zitiere aus der Entschei-
dung –:

Der der Regierung von der Verfassung für außen-
politisches Handeln gewährte Eigenbereich exeku-
tiver Handlungsbefugnis und Verantwortlichkeit
wird durch den Parlamentsvorbehalt nicht berührt.
Das gilt insbesondere hinsichtlich der Entscheidung
über die Modalitäten, den Umfang und die Dauer
der Einsätze, die notwendige Koordination in und
mit Organen internationaler Organisationen.

Nahezu das Gegenteil tun wir doch in unserer Parla-
mentspraxis. Das, was mir in Berichterstattergesprächen
jetzt von der Koalition über Vorschläge eines Parla-
mentsbeteiligungsgesetzes bekannt geworden ist, ist
doch nichts anderes als der Versuch, die bisherige Ge-
waltenverwischung in Gesetzesform umzugießen. Damit
kommen wir nicht weiter.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Vernetzte Operationsführung, vernetztes Zusammen-

wirken – warum gilt dies in nahezu der ganzen Welt, am
Hindukusch, im Mittelmeer und am Horn von Afrika,
aber nicht in unserem eigenen Land? Es ist doch ein ge-
radezu absurder Zustand, dass bei einem Angriff mit
chemischen Kampfstoffen auf eine Kaserne der ABC-
Schutztruppe nach wie vor die örtliche Feuerwehr zu-
ständig ist.

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(C (D Der vielleicht am teuersten bezahlte Fehler in der Siherheitspolitik besteht darin, dass man sich immer auf ie letzte, nicht aber auf kommende Gefahren vorbereiet. Die letzte Gefahr, die wir kennen gelernt haben, ist er Angriff mit zivilen Flugzeugen auf die Twin Towers m 11. September 2001 gewesen. Daraus hat die Koaliion in ihrer unendlichen Weisheit die Konsequenz eines uftsicherheitsgesetzes gezogen. Wir müssen aber doch ie Fähigkeit gewinnen, uns auf kommende Gefahren orzubereiten und uns die Szenarien vorzustellen, die in nderen Ländern leider schon bittere Realität geworden ind, etwa wenn wir heute nach Spanien schauen. Wie ist s denn mit den Angriffen auf sensible Verkehrsträger es öffentlichen Nahund Fernverkehrs, wie wir es zum eispiel in Tokio oder Moskau erlebt haben? Sind unere Sicherheitsstrukturen tatsächlich darauf vorbereitet? aben wir wirklich ein vernetztes Gesamtsicherheitsonzept für die Bundesrepublik Deutschland? Weiß in nserem Land jeder Landrat bzw. jede Landrätin, was im alle eines bioterroristischen Angriffs zu tun ist? Wissen ie, nach welchen Listen und in welchen Turnhallen welhe Impfstoffe auszugeben sind? All das wird in anderen ändern lange geübt. In Deutschland stehen wir hierbei och nicht einmal am Anfang. Wenn wir das Chaos, das wir beim NPD-Verbotsver ahren erlebt haben, auf die Gefahren, die wir aus der iteratur, aber leider auch aus anderen Ländern kennen, nd auf die Herausforderungen, die sich aus der Vernetung von innerer und äußerer Sicherheit bzw. der nicht ehr vorhandenen Trennschärfe beider Bereiche ergeen, übertragen würden, dann müssten wir einsehen: Es ürden in einem solchen Fall in unserem Land Menchen sterben, die nicht sterben müssten. Dies zu ändern, as ist die eigentliche Herausforderung, vor der wir steen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP])


Das hat man früher als Landesverteidigung bezeich-
et und das verstehen wir heute unter Heimatschutz.


(Rainer Arnold [SPD]: Sie haben den Zivilschutz reduziert!)


enn sich die Bundeswehr aus diesem Bereich zurück-
ieht, dann müssen Sie bereit und in der Lage sein, dafür
ndere Strukturen und die nötigen finanziellen Mittel zur
erfügung zu stellen. Von mir aus könnten Sie zum Bei-
piel das THW und den Bundesgrenzschutz zu einer Na-
onalgarde zusammenfassen oder Ähnliches tun. Ange-
ichts der sehr engen öffentlichen Haushalte und da wir
lle ja der Ansicht sind, dass zwischen innerer und äuße-
er Sicherheit keine klare Trennschärfe mehr besteht,
alte ich es für geradezu absurd, für den Bereich der in-
eren Sicherheit parallele Strukturen aufzubauen, nur
eil man an dem alten Dogma festhalten will, dass sich
ie Bundeswehr unter Berücksichtigung unserer Verfas-
ungsordnung nicht auf die neuen Herausforderungen im
nnern einstellen darf.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Diese Verantwortung kennt jeder von uns. Deshalb

rauchen wir nicht nur die Transformation der Bundes-






(A) )



(B) )


Eckart von Klaeden

wehr, sondern auch die Transformation unserer gesam-
ten Sicherheitsarchitektur. Hier ist kein kleinliches
Ressortdenken gefragt, sondern eine tatsächliche Vernet-
zung, durch die die Handlungsspielräume der Politik und
des Staates wieder erweitert werden; nicht, um – wie von
den Grünen behauptet wird – gegen die eigenen Leute
vorzugehen, sondern um im Hinblick auf die neuen Ge-
fahren die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze un-
serer Bürgerinnen und Bürger zu treffen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509702400

Das Wort hat der Kollege Gerd Höfer von der SPD-

Fraktion.

Gerd Höfer (SPD):
Rede ID: ID1509702500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wenn die Inhalte der bisherigen Debatte grob
zusammengefasst werden sollten, wären zwei Schwer-
punkte, die vonseiten der Opposition gesetzt wurden, zu
nennen: Der eine Schwerpunkt war, wie zu erwarten
war, das Geld; der andere Schwerpunkt war die Frage
des Einsatzes der Bundeswehr im Innern. Auf die Frage
des Einsatzes der Bundeswehr im Innern werde ich
gleich noch eingehen. Denn in diesem Zusammenhang
hat keiner derjenigen, die hier zu diesem Thema geredet
haben, die Frage gestellt, wie diejenigen, die für die in-
nere Sicherheit zuständig sind, selbst gerüstet sind.

Mir hat gefehlt, dass die Bundeswehr einmal so be-
trachtet wird, wie sie tatsächlich ist. Das führt mich zu
einer vernetzten Antwort auf den Beitrag des Kollegen
Schäuble. Denn dass die Bundesrepublik Deutschland in
internationalen Strukturen verwurzelt ist und dass das
auch durch die Bundeswehr dokumentiert wird, ist ein
wahrer Satz. Aber es ist ebenfalls wahr – Kollege
Schäuble, Sie haben ja für den internationalen Bereich
integrierte Strukturen verlangt –, dass die Bundeswehr
mit der deutsch-französischen Brigade, dem Eurocorps,
dem deutsch-niederländischen Korps, dem dänisch-pol-
nisch-deutschen Korps und der deutsch-amerikanischen
Division schon international vernetzt ist. Das gibt es
schon. Das brauchen Sie also nicht zu verlangen.

Ich weiß nicht, wie Sie diese Integration sehen. Es
werden diese Einsätze immer im Rahmen eines modula-
ren Aufbaus erfolgen. Wenn sich Länder bereit erklä-
ren, unter Führung zum Beispiel der VN oder der NATO
an Einsätzen teilzunehmen, wird eine modulare Zusam-
mensetzung vorgenommen. Oder verstehen Sie unter In-
tegration, dass Engländer, Deutsche, Franzosen und
Amerikaner bis hinunter zum kleinen Gefreiten oder
Hauptgefreiten – das Wort „klein“ beziehe ich nur auf
den Dienstgrad, nicht auf die Fähigkeiten des Mannes –
einen Zug bilden sollen?

Über diese Aspekte, Herr Dr. Schäuble, ist diskutiert
worden. Sie sind im Rahmen der deutsch-französischen
Brigade ausprobiert worden. Man ist zu Recht zum Prin-
zip der Modularität zurückgekehrt, weil die Aufstellung
der alten und der neuen Bundeswehr in ein Gesamtkon-
zept der NATO eingebettet werden muss und dort hinein
passen soll. Daher kann man nicht, wie Sie, Herr

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(C (D r. Gerhardt, es in Ihrem Antrag tun, die Anzahl der Solaten beliebig festlegen. Denn die ist durch internatioale Abkommen festgelegt. Ich füge hinzu: Diese Moduarität macht schon deshalb Sinn, weil auch Staaten in er NATO mitbestimmen, die überhaupt nicht über ruppen verfügen. So muss immer erst gefragt werden, er bei einem Einsatz welches Kontingent bildet, um eien aus Teilen sinnvoll zusammengesetzten Verband in en Einsatz schicken zu können. Der Ansatz, den Verteidigungsminister Peter Struck it der neuen Gliederung gewählt hat, nimmt die Veretzung, die Sie, Herr von Klaeden, gefordert haben, eilweise vorweg. Zum ersten Mal haben wir einen die eilstreitkräfte übergreifenden Ansatz: Die Versorgung er Einsatzkräfte, der Stabilisierungskräfte, aber auch er Streitkräftebasis wird erstmals von den Teilstreiträften weg verlagert und integriert vorgenommen. Dait wird eine erste vernetzte Struktur geschaffen. Wenn iese übergreifende, an Einsätzen orientierte Gliederung er Bundeswehr vorliegt, ist, glaube ich, die Frage der inanziellen Mittel und ihrer Verwendung sinnvoller zu eantworten, als wenn noch keine Struktur vorhanden st. Natürlich wird das Heer die Hauptlast tragen müssen. amit kommen wir zu dem – wie man neudeutsch sagt – ink zu den Finanzen. Sie von der Opposition haben uns in Chaos in Bezug auf die Finanzierung der Bundesehr hinterlassen, etwa beim Eurofighter, wo wir stänig nachbessern müssen. Diese Nachbesserungen weren möglicherweise einen Verdrängungseffekt im inblick auf diejenigen Beschaffungen, zum Beispiel ie geschützten Transportfahrzeuge, auslösen, die wir um Schutz der Soldaten brauchen. Ich muss feststellen: ie haben die Finanzen der Bundeswehr so nachhaltig urcheinander gebracht, dass es schwer ist, sie wieder in inen Rahmen einzuordnen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie können das auf der Zeitachse betrachten. Abgesehen
avon ist es schon erstaunlich, dass an ein Schutzkon-
ept für Soldaten erst gedacht worden ist, nachdem die
efahr des großen Krieges vorbei war. Ich frage mich,
ie die Soldaten eigentlich hätten geschützt werden sol-
en, wenn sie in einen Einsatz gemusst hätten.
Der Kollege Schmidt hat gesagt, man soll das Un-

laubliche denken, um gerüstet zu sein. Da frage ich
ich: Wogegen soll man gerüstet sein: gegen das Den-
en des Unglaublichen oder gegen das, was Sie da ge-
acht haben? – Das war mir nicht ganz klar, aber das nur
ebenbei. Wenn man dieses dann denkt, muss man hin-
ichtlich der Bedrohungen der Bundesrepublik Deutsch-
and, die am Horizont erscheinen oder erscheinen mö-
en, differenzieren: Ein Teil der Verteidigung der
undesrepublik Deutschland gegen terroristische An-
riffe, welcher Art auch immer, wird mit Sicherheit an
er Außengrenze der EU und der NATO geleistet wer-
en müssen. In diesen Szenarien werden von irgend-
elchen Leuten Raketen mit biologischer Bewaffnung
it dem Ziel gestartet, etwa eine Großstadt in Geiselhaft
u nehmen. Dieser Bedrohung wäre logischerweise






(A) )



(B) )


Gerd Höfer

entweder am Abschussort der Rakete oder an den Bünd-
nisgrenzen zu begegnen, aber nicht erst dann, wenn sie
die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland erreicht.
Das muss wesentlich früher geschehen.

Sie diskutieren immer ein Szenario, bei dem die Be-
drohung aus dem Innern Deutschlands kommt. In all die-
sen Szenarien sind die Fähigkeiten der jetzigen Sicher-
heitsbehörden gefordert; sie müssen mit Blick auf diese
Bedrohung ausgebaut werden. Die Bundeswehr hat in
Szenarien, bei denen die Bedrohung aus dem Innern
kommt, keinen Platz: Dafür sieht die Verfassung andere
Institutionen vor.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Diese auszugestalten wäre wesentlich besser, als immer
nur die Bundeswehr ins Spiel zu bringen. Natürlich ist
die Versuchung sehr groß, weil die Bundeswehr in der
Regel zur Verfügung steht. Denn nicht die gesamte Bun-
deswehr befindet sich ja in einem Auslandseinsatz, son-
dern ein großer Teil verbleibt in Deutschland. Sollte das,
was in diesen Szenarien unterstellt wird, eintreten, so
können wir auf Art. 35 GG verweisen: Danach ist die
Bundeswehr zur Hilfeleistung sogar verpflichtet. Die
Einschätzung darüber, wie wahrscheinlich diese Szena-
rien sind, obliegt allerdings den zuständigen Ländermi-
nistern. Ich frage mich: Sind sie darauf vorbereitet, dem
inhaltlich zu begegnen, oder verlangen sie nur nach der
Quantität, nach einer bestimmten Anzahl Soldaten? Mir
sind Übungen vor allem auf Landkreisebene bekannt,
bei denen bestimmte Szenarien durchgespielt werden. Es
ist doch eine Tatsache: Der Bereich des Zivilschutzes ist
zu Ihrer Zeit abgebaut worden und muss jetzt erst wieder
aufgebaut werden.


(Beifall bei der SPD)

Es gibt ABC-Abwehrzüge beim Roten Kreuz. Aber ich
vermute, viele wissen das einfach nicht. Auch das THW
hat in diesem Aufgabenbereich bestimmte Fähigkeiten,
von denen wir uns demnächst wieder überzeugen kön-
nen.

Ich komme nun zum Thema der Wehrpflicht. Wer
immer nur grob die Zahlen der Wehrdienstleistenden
und der Zivildienstleistenden im Blick hat, verkennt,
dass bereits eine Vernetzung stattgefunden hat, die sich
bei der Gewährleistung der inneren Sicherheit in der
Bundesrepublik Deutschland hervorragend bewährt. Ich
spreche von den im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen
beim Wehrdienst, die etwa 20 Prozent ausmachen. Dazu
gehören solche jungen Leute, die sich beim THW, bei
der Feuerwehr oder in anderen sicherheitsrelevanten Be-
rufen – dazu zählen der BGS und auch der Zoll – für sie-
ben Jahre verpflichten. Wenn diese Stellen zusammenar-
beiten, dann können die Bedrohungen, die im Innern
denkbar sind, wirkungsvoll bekämpft werden.


(Beifall bei der SPD)

Ihre Betrachtungsweise hinsichtlich der inneren Si-

cherheit ist sehr einseitig, meine Damen und Herren von
der CDU/CSU. Hier muss ich ausnahmsweise einmal die
FDP loben, weil sie ehrlicher mit diesem Thema umgeht
als die CDU/CSU. Was in Ihrem Antrag unter Ziffer 5

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(C (D teht, ist wolkig und wird nicht weiter ausgeführt. Die DP spricht wenigstens davon, dass sie eine Nationalarde haben will. as ist ein Ansatz, in dem zumindest der Umfang und ie Umrisse besser beschrieben werden und in dem die nhalte besser zugeordnet werden können als im Antrag er CDU/CSU. (Günther Friedrich Nolting [FDP]: Aber keine polizeilichen Aufgaben!)


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Was?)


Herzlichen Dank. Wir sind uns also einig. Es wird,
enn die Nationalgarde irgendwann eingerichtet wird,
ber auch keine Privatarmee.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Nein!)

Gut. Dann sind wir uns auch in dieser Frage einig.
Die Fragen, die hier andiskutiert worden sind, sind im
ahmen der Transformation der Bundeswehr praktisch
eantwortet. Hinsichtlich der Verlässlichkeit bei den Fi-
anzen werden wir Sie durch die Praxis überzeugen kön-
en. Denn zum einen sollen die Soldatinnen und Solda-
n hinsichtlich ihrer sozialen Absicherung Fortschritte
rfahren – der Abbau des Beförderungsstaus muss zum
eispiel gewährleistet werden –, zum anderen müssen
uch die Investitionen finanziert werden können, die
otwendig sind, um die Soldaten bei ihren gefährlichen
insätzen im Ausland zu schützen.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509702600

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch.

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1509702700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr ge-

hrte Gäste! Ich bin Abgeordnete der PDS.

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Immer noch!)

Im Grundgesetz heißt es in Art. 87 a:
Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.

on diesem Grundsatz haben sich die Bundesregierung
nd Sie, Herr Minister Struck, verabschiedet. Schon jetzt
ind Tausende deutscher Soldaten im Auftrag von SPD
nd Grünen weltweit im Einsatz.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Rahmen kollektiver Sicherheitssysteme! Das steht auch im Grundgesetz!)


Ihre Reform hat das Ziel, die Bundeswehr in eine
eltweit einsetzbare Interventionsarmee umzubauen.
ie Bürgerinnen und Bürger fragen sich, warum deut-
che Soldaten auf Kosten der Steuerzahler bis nach Af-
hanistan oder Dschibuti reisen müssen, um unser Land
u verteidigen.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])







(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch

Am Rande bemerkt: Im Schwarzbuch „Die öffentliche
Verschwendung 2003“ des Bundes der Steuerzahler fin-
det sich kein Hinweis auf Steuerverschwendungen durch
Auslandseinsätze der Bundeswehr. Das sollte unbedingt
ergänzt werden.

Doch ich will hier nicht weiter über die Verschwen-
dung von Steuergeldern reden, es geht schließlich um die
zukünftige Außen- und Sicherheitspolitik unseres Lan-
des. Es besteht die reale Gefahr, dass die Bundeswehr
unter der Verantwortung von Rot-Grün zum wichtigsten
Instrument deutscher Außenpolitik wird. Das wäre ein
dramatischer Rückschritt in der deutschen Geschichte.

Die Auslandseinsätze der Bundeswehr werden allein
in diesem Jahr 1,2 Milliarden Euro verschlingen. Gleich-
zeitig will die Bundesregierung das Budget der Goethe-
Institute, die in der ganzen Welt eine gute Arbeit leisten,
um 100 Millionen Euro kürzen. Was ist das für ein Si-
gnal?


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Koch und Steinbrück sind nicht in der Bundesregierung!)


Wenn ich mir Ihre Außen- und Sicherheitspolitik an-
schaue, dann kann ich nicht einmal Großmachtgelüste
bei Ihnen unterstellen.


(Hans Raidel [CDU/CSU]: Was denn sonst?)

Nein, Herr Struck, die Sache ist viel banaler. Sie sind
Getriebene und lassen sich wider besseres Wissen zum
verlängerten Arm der Interessen der Führungsmacht der
NATO machen. Ihre Rüstungsplanung ist nicht auf Kri-
senvermeidung ausgerichtet. In Ihrer Planung stehen Eu-
rofighter, Marschflugkörper, Korvetten und Fregatten
zur Hochseekriegsführung. Damit stellen Sie die Wei-
chen für die Beteiligung an künftigen Globalisierungs-
kriegen um Rohstoffe und Energie. Herr Struck, wie
wollen Sie sich denn dem Bündnisdruck entziehen,
nachdem Sie militärische Beiträge durch die 21 000 Sol-
daten starke Eingreiftruppe zugesagt haben?

Meine Damen und Herren, sehr geehrte Gäste, die
Menschen in diesem Land haben aufgeatmet, als diese
Regierung Nein zum Irakkrieg gesagt hat. Wir als PDS
haben dieses Nein unterstützt.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Umso verwunderlicher ist es, dass der Bundeskanzler
beim Treffen mit US-Präsident Bush jetzt die Meinung
vertreten hat, dass wir nicht mehr über die Vergangen-
heit, sondern über die Zukunft reden sollten. Wenn man
dem US-Präsidenten einen Angriffskrieg einfach so
durchgehen lässt, dann wird die Zukunft nicht viel an-
ders als die Vergangenheit aussehen. Wie die Mehrheit
der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land wollen
wir, die PDS, dass Konflikte durch diplomatische und
wirtschaftliche Prävention und nicht durch schnelle
Eingreiftruppen gelöst werden.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen wir genauso und wir tun es auch!)


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(C (D Herr Verteidigungsminister, sorgen Sie dafür, dass in hrem Ministerium weniger über die Legitimierung von räventivkriegen und vielmehr über einen möglichst chnellen Rückzug der Bundeswehr aus den Krisengeieten nachgedacht wird! (Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Günther Friedrich Nolting [FDP]: Das ist eine alte Rede von Angelika Beer!)


berlassen Sie es Herrn Schäuble und der Konrad-
denauer-Stiftung, die Weiterentwicklung des Völker-
echts durch die Legalisierung von Rechtsbrüchen zu
ördern! Ergreifen Sie endlich die Initiative zu einer Re-
orm der UNO und zur Stärkung der OSZE! Sorgen Sie
ür die Revitalisierung der Rüstungskontrolle; denn dies
st das Mittel der Wahl gegen die Weiterverbreitung von
assenvernichtungswaffen! Der Weg, den Sie mit dieser
undeswehrreform einschlagen, ist ein Irrweg. Er wird
ie Welt nicht sicherer machen. Ganz im Gegenteil: Er
ird Deutschland in weitere Konflikte verstricken.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kennen Sie die Aufgabenanforderungen der Vereinten Nationen?)


Herr Struck, weil ich es vorhin schon erwähnt hatte,
öchte ich Ihnen zum Abschluss einen ganz praktischen
orschlag machen: Geben Sie aus Ihrem Rüstungshaus-
alt, der für das Jahr 2004 sage und schreibe
4 Milliarden Euro beträgt, die 100 Millionen Euro ein-
ach an die Goethe-Institute ab. Das ist die Summe, die
iese Institute im Jahre 2004 einsparen sollen, eigentlich
ber nicht können. Wir werden morgen ja noch darüber
prechen. Für die Bundeswehr wäre das ein kleiner Bei-
rag, für das Ansehen unseres Landes in der Welt wäre
as ein unschätzbar großer Beitrag.
Vielen Dank.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509702800

Frau Kollegin Dr. Lötzsch, ich darf Sie in einem

unkt korrigieren: Sie sind nicht Abgeordnete der PDS,
ondern Sie sind Abgeordnete aus Berlin-Lichtenberg –
ohenschönhausen und gehören der PDS an.


(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das Wort hat jetzt die Kollegin Ulrike Merten von der
PD-Fraktion.


Ulrike Merten (SPD):
Rede ID: ID1509702900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin mit
em Kollegen Gerhardt einer Meinung, dass es gut ist,
ass wir heute eine Debatte über die Verteidigungs- und
icherheitspolitik nicht im Kontext von Haushaltsbera-
ungen oder im Vorfeld von Auslandseinsätzen führen.
ntgegen seiner Meinung bin ich allerdings der Ansicht,
ass diese Debatte durchaus noch zum richtigen Zeit-
unkt und frühzeitig genug stattfindet.






(A) )



(B) )


Ulrike Merten

Weil wir inzwischen ja sehr vieles gehört haben, will

ich noch einmal darauf zurückkommen, was der Minis-
ter in seiner Regierungserklärung deutlich gemacht hat:


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Aber nicht noch einmal alles wiederholen!)


Ein schlüssiges und mittelfristig angelegtes sicherheits-
politisches Konzept stellt die Basis unserer Entscheidun-
gen in den kommenden Monaten dar. Es ist eben nicht
so, dass sich die sicherheitspolitische Vorsorge dieser
Bundesregierung nur an der aktuellen Haushaltslage und
nicht an der Bedrohungslage ausrichtet, wie die CDU/
CSU in ihrem heute vorgelegten Antrag unterstellt. Der
Herr Kollege Schäuble hat in diesem Zusammenhang
Prioritätensetzung gefordert. Ich frage Sie, Herr Kollege
Schäuble: Was tun wir denn im Bereich der Ausrüs-
tungsplanung? Wenn Sie sich das Ausrüstungskonzept
und die Verteidigungspolitischen Richtlinien einmal an-
sehen, dann werden Sie feststellen, dass wir genau diese
Prioritätensetzung vornehmen.


(Beifall bei der SPD)

Die eingeleitete Transformation ist aus einer wirk-

lich realistischen und rationalen Analyse des sicherheits-
politischen Rahmens abgeleitet, in dem wir uns bewe-
gen. Das heißt, die Bundeswehr wird konsequent zur
Bündnisarmee im Einsatz umgebaut. Das spiegelt sich in
den Bereichen Personal, Ausbildung und Material wider.
Betrieb und Investitionen sind hier einbezogen. Mit dem
angestrebten Streitkräfteumfang wird es gelingen, unse-
ren internationalen Verpflichtungen nachzukommen.
Gleichzeitig werden wir damit der Rolle und Bedeutung
unseres Landes gerecht.

Herr Kollege Schmidt, Sie haben in Ihrer Rede dem
Kollegen Erler vorgehalten, wir würden im Rahmen von
NATO-Einsätzen keine Soldaten entsenden und deswe-
gen könne von Verlässlichkeit im Bereich unserer inter-
nationalen Verpflichtungen keine Rede mehr sein. Dabei
haben Sie – ich nehme an, wissentlich und bewusst –
übersehen, dass wir uns NATO-Einsätzen nicht prinzi-
piell verweigern, sondern dass es hier um einen ganz
konkreten Fall geht, nämlich den Irak. Das müssen wir
an dieser Stelle deutlich unterscheiden und können daher
dem Kollegen Erler nur zustimmen.


(Beifall bei der SPD)

Wenn wir über unsere Einbindung in internationale

Verpflichtungen reden, dann muss ich angesichts Ihrer
Ausführungen zu einer angeblichen Marginalisierung in-
nerhalb der NATO ganz deutlich sagen: Wir planen doch
nicht isoliert. Es versteht sich von selbst, dass der Trans-
formationsprozess der Bundeswehr mit dem der NATO
und dem ESVP-Prozess in der EU abgestimmt ist. Der
jetzt gewählte Ansatz, Streitkräftekategorien zu bilden,
die sich in Einsatz-, Stabilisierungs- und Unterstützungs-
kräfte gliedern, hat bei unseren Bündnispartnern nicht
nur für Zustimmung gesorgt, sondern auch zu ähnlichen
Überlegungen für den Umbau ihrer Streitkräfte geführt.

Ich will an dieser Stelle überhaupt nicht verschwei-
gen, dass es in dem anstehenden Umwandlungsprozess
– ich glaube, darin sind wir uns einig – wahrlich schwie-

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(C (D ige Punkte gibt. Es geht nicht nur um die Finanzierung. enn man an der Schraube der Personalstärke dreht, ann muss man auch über Standorte reden. Man kann icht auf der einen Seite ankündigen, das Personal zu reuzieren, und auf der anderen Seite den Leuten weismahen wollen, es könne bei den Standorten alles so bleien, wie es ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es kann keine Rede davon sein, dass wir uns aus der
läche zurückziehen. Herr Schmidt, Sie haben heute
orgen erklärt, der Herr Minister habe überhaupt nichts
u den Entscheidungen über die Standorte gesagt und
eswegen könne man sich dazu nicht sachlich äußern.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Er hat mir vorgeworfen, ich würde nichts dazu sagen!)


azu sage ich Ihnen: Ihnen geht es um etwas anderes. Es
st völlig klar, dass das Standortkonzept erst am Ende
ieses Jahres vorliegen wird. Dann werden wir uns da-
über zu unterhalten haben, ob die Entscheidungen sach-
erecht sind, und ich bin ganz sicher, dass sie dies sein
erden. Aber es geht Ihnen doch nicht um eine sachge-
echte Beurteilung, sondern Sie wollen zum jetzigen
eitpunkt möglichst viel Unsicherheit in die Bundes-
ehr und die Familien sowie in die betroffenen Städte
nd Gemeinden hineintragen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist eine Unverschämtheit!)


Ich bin fest davon überzeugt, dass wir bei der Debatte
ber Standorte zwei Kriterien zugrunde legen müssen,
ämlich auf der einen Seite militärische und auf der an-
eren Seite wirtschaftliche Gesichtspunkte. Wenn wir
irklich wollen, dass die Bundeswehr zukunftsfähig
ein soll – darüber kann es keinen Zweifel geben –, dann
rauchen wir diese Kriterien, um zusätzliche Spielräume
u gewinnen. Das wird sicherlich an der einen oder an-
eren Stelle schmerzhaft sein. Aber ich sage auch: Wenn
ieser Prozess gelingen soll, dann muss der Wandel ge-
einsam mit den Menschen in der Bundeswehr und ih-
en Familien gestaltet werden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509703000

Frau Kollegin Merten, erlauben Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Kossendey?


Ulrike Merten (SPD):
Rede ID: ID1509703100

Ja, gerne.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509703200

Bitte schön.

Thomas Kossendey (CDU):
Rede ID: ID1509703300

Liebe Frau Kollegin Merten, Sie sprachen gerade

ber die Standorte und sagten, dass wir den Winter ab-
arten sollten, bis bekannt gegeben wird, wie es wirk-






(A) )



(B) )


Thomas Kossendey

lich ausgeht. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund
den Umstand, dass der Minister im Celler Nordkreis die
Leute schon mit dem Hinweis beruhigt hat, es sei unsin-
nig, in Faßberg alles dicht zu machen, und auch in Un-
terlüß brauche man sich keine Sorgen zu machen?


(Hubertus Heil [SPD]: Freuen Sie sich doch!)


Ulrike Merten (SPD):
Rede ID: ID1509703400

– Das wollte ich auch gerade sagen. – Die Standortge-

meinden, die diese Aussage haben, können sich doch
darüber freuen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir reden doch hier über ein Gesamtkonzept und nicht
über einzelne Punkte.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd andre an!)


Ich bin ganz sicher, Herr Kollege: Wenn Sie unterwegs
sind und Sie die hinreichenden Erkenntnisse haben, dass
ein Standort, den Sie besuchen, wahrscheinlich erhalten
bleiben wird, dann werden auch Sie eine Aussage in
diese Richtung treffen. Am Ende werden Sie aber hinzu-
fügen, dass das in Gänze am Ende des Jahres entschie-
den wird und ein Schuss Unsicherheit bleibt. Insofern ist
das aus meiner Sicht ein völlig normaler und nachvoll-
ziehbarer Vorgang.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509703500

Erlauben Sie eine Nachfrage des Kollegen

Kossendey?

Ulrike Merten (SPD):
Rede ID: ID1509703600

Nein, ich würde meine Ausführungen jetzt gerne fort-

setzen.
Ich habe gerade über den Wandlungsprozess in der

Bundeswehr gesprochen und gesagt, dass wir die Men-
schen in der Bundeswehr und auch die Familien für die-
sen Prozess einnehmen und sie dabei mitnehmen müs-
sen. Dies wird nur glücken, wenn das Vertrauen, das in
uns gesetzt wird, nicht enttäuscht wird. Dazu gehören
auch verlässliche Finanzierungsgrundlagen. Deswe-
gen bin ich ganz sicher, dass wir es im Jahre 2007 wieder
mit einem deutlich erhöhten Ansatz des Einzelplans 14
zu tun haben, was auch dringend notwendig ist, wenn
dieser Transformationsprozess gelingen soll. Darüber
sind wir uns, glaube ich, einig.

Aber wenn heute in dieser Debatte versucht wird, ei-
nen Keil zwischen die Verteidigungspolitiker der Koali-
tionsfraktionen und den Bundesverteidigungsminister
auf der einen Seite und den Bundesfinanzminister auf
der anderen Seite zu treiben, dann sage ich Ihnen: Das
wird Ihnen nicht gelingen.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Der Kollege Arnold hat sich doch gestern so geäußert!)


– Herr Kollege Nolting, darauf zu bestehen und deutlich
zu machen, dass auch die Mitglieder des Verteidigungs-

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(C (D usschusses, die den Koalitionsfraktionen angehören, ehr wohl darauf drängen werden, dass wir es mit verässlichen Grundlagen zu tun haben, ist etwas ganz andees als das, worüber Sie reden. Das muss man an dieser telle deutlich machen. Es wird Ihnen nicht gelingen, eien Keil zwischen uns zu treiben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Das heißt, ihr werdet im Ergebnis alles abnicken!)


Es geht nicht um ein Abnicken.
Ich sage aber auch: Wir haben in der Vergangenheit,

ls Sie die Verantwortung hatten, über Jahre erlebt, dass
wischen dem Soll und dem Ist eine riesige Lücke
laffte. Das sollten wir nicht fortsetzen. Die Planungen,
ie den derzeitigen finanzpolitischen Rahmen realistisch
bbilden, führen dazu, dass wir die Dinge tun können,
ie die Bundeswehr wirklich zukunftsfähig machen. Es
acht doch keinen Sinn, uns, den Menschen im Lande
nd den Menschen in der Bundeswehr etwas vorzugau-
eln und damit die Schere zwischen Planung und Be-
chaffung immer weiter auseinander gehen zu lassen,
ie es bei Ihnen der Fall gewesen ist.
Der Bundesverteidigungsminister hat heute Morgen

n seinen Ausführungen noch einmal ein klares Bekennt-
is zur Wehrpflicht abgelegt. Darin unterstützen wir ihn
usdrücklich.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Na!)

ie Beibehaltung der Wehrpflicht ist aus vielen Gründen
ichtig. Dazu zählen ganz ausdrücklich auch sicherheits-
olitische Begründungen.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Was sagt Bonde dazu?)


Dass unser Koalitionspartner dazu eine andere Mei-
ung hat, ist kein Geheimnis. Das müssen wir nicht extra
agen. – Aber dass in dieser Frage eine Klärung herbei-
uführen sein wird, ist auch klar. Ich finde, es muss in
ieser Debatte, die wir gemeinsam führen, deutlich wer-
en, dass es sich dabei um eine der wesentlichen gesell-
chaftspolitischen Fragen handelt und nicht in erster
inie um eine parteipolitische. Deswegen werden wir
ns dieser Diskussion stellen und uns noch vor Ende der
ahlperiode intensiv damit befassen.
Wenn der Herr Kollege Gerhardt – er ist nicht mehr

ier – wie vorhin ausführt, die Beibehaltung der Wehr-
flicht bedeute auch eine unendliche Vergeudung im Be-
eich der Ausbildung, dann frage ich mich, was er damit
eint. Wenn ich es richtig sehe, wird Ausbildung nicht
ur im Bereich der Wehrpflicht geleistet, sondern auch
eitsoldaten haben eine Ausbildung zu durchlaufen.
enn wir uns vor Augen führen – darum geht es doch –,
ass wir auch bei Auslandseinsätzen zurzeit und in naher
ukunft auf Wehrpflichtige angewiesen sind, um diese
insätze qualitativ und quantitativ bestehen zu können,
ann ist diese Äußerung aus meiner Sicht völlig unver-
tändlich.






(A) )



(B) )


Ulrike Merten

Ich will im Zusammenhang mit der Wehrpflicht an

dieser Stelle nicht noch einmal sattsam bekannte Stereo-
typen bemühen. Auch eine Armee ohne Wehrpflichtige
wäre kein Fremdkörper in der Gesellschaft, der abgekap-
selt wie ein Krebsgeschwür fern von der Gesellschaft
handelt und denkt. Dies anzunehmen hieße die 50-jäh-
rige Geschichte und Entwicklung der Bundeswehr nicht
zur Kenntnis zu nehmen. Es hieße im Übrigen auch, das
Prinzip der inneren Führung, das sich auf die gesamten
Streitkräfte bezieht und nicht nur auf die Wehrpflichti-
gen, in seinem Erfolg infrage zu stellen.

Gerade auch vor dem Hintergrund internationaler
Einsätze und der Rolle der Bundeswehr in diesen Einsät-
zen wäre das geradezu absurd. Wenn wir über Fähigkei-
ten sprechen, dann gehört das für mich zwingend dazu.
Hier dürfen wir selbstbewusst sein. Wir bringen – übri-
gens jenseits technologischer Fähigkeiten und einsatz-
orientierter Ausrüstung – für das wahrscheinliche Auf-
gabenspektrum, in der Stabilisierungsphase Nation-
Building zu betreiben, etwas mit, um das uns viele unse-
rer Partnernationen beneiden. Insofern bin ich sehr froh,
dass wir auch diesem Aspekt in unserem Antrag eine be-
sondere Qualität verleihen und ihn mit Nachdruck gefor-
dert haben. Das Prinzip der inneren Führung hat nicht
nur für die Zeit des Ost-West-Konflikts getaugt, sondern
ist, glaube ich, etwas, mit dem die Bundeswehr gerade in
diesen Zeiten in beispielhafter Weise ihren Einsätzen
nachkommen kann.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, bei allen Unterschieden, die heute durch-
aus deutlich geworden sind – wir wollen uns gegenseitig
nicht nur mitteilen, worin wir uns einig sind, auch der
Konflikt und die Auseinandersetzung gehören zu einer
Debatte –, ist eine gute Grundlage für eine nachhaltige
Diskussion in den Fachausschüssen gegeben. Denn – das
lässt sich aus beiden Anträgen der Opposition herausle-
sen – es gibt, gerade auch was die Analyse angeht, ein
hohes Maß an Übereinstimmung. Insofern bin ich guter
Dinge, dass wir uns bei der Beratung der Anträge in den
Fachausschüssen wieder auf die gemeinsamen Ziele
konzentrieren können. Ich bin sicher, dass wir diese
Ziele, nämlich mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und
Bürger unseres Landes, ein Leben in Wohlstand und die
Schaffung einer Welt, in der alle in Frieden und in Frei-
heit miteinander leben können, gemeinsam anstreben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509703700

Das Wort hat jetzt der Kollege Ernst-Reinhard Beck

von der CDU/CSU-Fraktion.


Ernst-Reinhard Beck (CDU):
Rede ID: ID1509703800

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

nen und Kollegen! Ich bin davon überzeugt, dass wenige
politische Weichenstellungen so weit reichende Auswir-
kungen für Deutschland, seine Sicherheit und für unsere

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(C (D esellschaft haben wie der gegenwärtige Umbau der undeswehr. Dass dieser Umbau notwendig ist, wird ohl von keiner Seite dieses Hauses bestritten. Ich darf, liebe Frau Kollegin Wohlleben, noch einmal n die Gemeinsamkeiten anknüpfen. Richtig am neuen onzept ist sicherlich, die Bundeswehr an die neuen siherheitspolitischen Rahmenbedingungen anzupassen nd sie zu schnellen Einsätzen im Ausland zu befähigen. chlüssig ist prinzipiell auch das einsatzorientierte Disositiv aus Eingreif-, Stabilisierungsund Unterstütungskräften. Aber die nahezu ausschließliche Konzenration auf die Interventionsfähigkeit vernachlässigt den igentlichen Kernauftrag, nämlich die Verteidigung des igenen Landes, den Schutz Deutschlands und seiner ürger. Das muss man ganz deutlich sagen und ständig iederholen. err Minister, Sie haben zwar in Ihren Verteidigungspoitischen Richtlinien auch diese Aufgabe formuliert. Sie aben in Ihrer heutigen Rede dankenswerterweise – ich laube, dass Sie eine Akzentverschiebung vorgenommen aben – auf die Landesverteidigung als wesentliche Aufabe hingewiesen und sie in den Mittelpunkt gestellt. ber was fehlt? In den jetzt vorgesehenen Strukturplaungen findet keine entsprechende Abbildung statt. Ich möchte auf eine, wie ich meine, fatale Wirkung ieser Argumentation hinweisen. Die einseitige Konzenration auf Auslandseinsätze unterhöhlt im Grunde imlizit die Wehrpflicht von innen; denn für dieses Aufgaenspektrum sind unbestritten Zeitund Berufssoldaten otwendig. Wehrpflichtige eignen sich dafür nicht und ürfen nach geltender Rechtslage überhaupt nicht in uslandseinsätze geschickt werden. Wozu brauchen wir ie dann eigentlich noch? Sind Wehrpflichtige dann icht unnötiger Ballast? In der gegenwärtigen Diskusion wird häufig behauptet, die Wehrpflicht sei sichereitspolitisch nicht mehr zu begründen. Ich meine, das egenteil ist richtig, und behaupte, die allgemeine ehrpflicht kann und muss sicherheitspolitisch begrünet werden. Sie ist aus den Anforderungen auch an die eue Landesund Bündnisverteidigung unschwer und wingend abzuleiten. Personalintensive Aufgaben wie er Schutz wichtiger Objekte und logistischer Einrichungen oder Hilfe bei großen Katastrophen sind nur dann u erfüllen, wenn bereits im Frieden eine ausreichende ruppenstärke sowie eine entsprechende Aufwuchsund obilmachungsstärke zur Verfügung stehen. Wir brauchen Strukturen sozusagen als Netz und dop elten Boden, um im Ernstfall auch in Deutschland reaieren zu können. Admiral Wellershoff hat einmal daauf hingewiesen: Wer zu Hause verwundbar ist, dessen andlungsmöglichkeiten sind draußen beschränkt. – Mit erufsund Zeitsoldaten, die sich zufälligerweise in den enigen verbliebenen Kasernen aufhalten – liebe Frau ollegin Merten, die Bundeswehr zieht sich sehr wohl us der Fläche zurück, wenn jeder dritte Standort aufgest wird; dies müssen wir uns vor Augen halten –, die icht entsprechend ausgebildet sind und die sich gerade Ernst-Reinhard Beck auf ihren Auslandseinsatz vorbereiten, kann man keine Einsätze im Innern bestreiten. Dies geht auch nicht mit unzureichend ausgebildeten Wehrpflichtigen. Notwendig sind eigens dafür ausgerüstete und ausgebildete Kräfte. Der Wehrpflicht droht zudem erhebliche Gefahr durch die jetzige Einberufungspraxis, durch die die Wehrgerechtigkeit, wie ich meine, ad absurdum geführt wird. Vielleicht hoffen manche darauf, dass die Gerichte die Wehrpflicht auf juristischem Wege entsorgen, wenn die Wehrungerechtigkeit in einem solchen Maße zunimmt, dass nur noch 10 bis 15 Prozent eines Jahrgangs eingezogen werden. Der Schutz Deutschlands und seiner Bürgerinnen und Bürger einschließlich der Befähigung zur Rekonstitution sowie die Unterstützung bei Naturkatastrophen und Unglücksfällen begründen – neben anderen Argumenten – auch künftig die allgemeine Wehrpflicht. Motivierte und qualifizierte Reservisten und Reservistinnen tragen bereits heute mit ihrem freiwilligen Engagement in hohem Maße zur erfolgreichen Auftragserfüllung der Bundeswehr bei. Die neue Reservistenkonzeption wird schrittweise im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Bundeswehr verwirklicht werden müssen. Dabei warne ich davor, wie geplant, alle 250 nicht aktiven Verbände und Truppenteile, Ersatzbataillone, Heimatschutzbataillone und Reservelazarettgruppen, um kurzfristiger Einsparungen willen aufzulösen. Herr Minister, Sie lösen damit Strukturen auf, die später vielleicht dringend benötigt werden. Einmal aufgelöst, sind sie unwiederbringlich verloren. Zudem gerieten Zigtausende engagierter Reservisten ins militärische Abseits. Auf ihr Engagement, auf das die staatliche Gemeinschaft und die Bundeswehr bislang zählen konnten, würde dann dankend verzichtet, ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo vermehrte Auslandseinsätze und die terroristische Bedrohung Deutschland vor eine neue Herausforderung stellen. Wäre anstelle eines Kahlschlags nicht auch hierbei eine schrittweise Anpassung an die veränderten Aufgaben notwendig? Wäre vor allem im Hinblick auf ein gemeinsam abgestimmtes Kräftedispositiv im Bereich der inneren Sicherheit und des Katastrophenschutzes nicht auch dies sinnvoll? Gestatten Sie mir zum Schluss eine Bemerkung als Präsident eines Verbandes, der von diesem Hohen Haus einen hoheitlichen Auftrag erteilt bekommen hat. Der Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr ist bereit, im Rahmen dieses Konzeptes verstärkt Verantwortung zu übernehmen. Er besitzt das Potenzial und die Kompetenz, noch intensiver als bisher zur Aufgabenerfüllung der Streitkräfte und zum Wohle der Sicherheit unseres Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger beizutragen. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. a d s F p Z A d P n r B 2 d f r b n u z V g K (C (D Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen uf den Drucksachen 15/2656, 15/2388 und 15/2662 an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgechlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 a sowie Zusatz unkt 2 auf: 4 a)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509703900

gierung
Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tä-
tigkeit in den Jahren 2001/2002 sowie über die
Lage und Entwicklung auf seinem Aufgaben-
gebiet und Stellungnahme der Bundesregie-
rung
– Drucksache 15/1226 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien

P 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer
Brüderle, Gudrun Kopp, Daniel Bahr (Münster),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Für einen wirksamen Wettbewerbsschutz in
Deutschland und Europa
– Drucksache 15/760 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Sind Sie
amit einverstanden? – Das ist der Fall.
Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat der

arlamentarische Staatssekretär Gerd Andres das Wort.
Ge
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1509704000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Wir diskutieren heute über den Bericht, den das
undeskartellamt über seine Tätigkeit in den Jahren
001 und 2002 vorgelegt hat. Ich halte diesen Bericht in
er Hand; er hat 371 Seiten. Das Bundeskartellamt stellt
est, dass die wettbewerbliche Ordnung in der Bundes-
epublik insgesamt funktioniert. Wettbewerb und Wett-
ewerbskontrolle in Deutschland brauchen einen inter-
ationalen Vergleich nicht zu scheuen.


(Beifall des Abg. Hubertus Heil [SPD])

Dies soll und kann aber nicht dazu führen, dass wir

ns zufrieden zurücklehnen. Die 7. Novelle des Geset-
es gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist bereits in
orbereitung. Der Regierungsentwurf wird in Kürze vor-
elegt.
Das Kartellgesetz und damit auch die Tätigkeit der
artellbehörde werden sich dadurch in weiten Teilen






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres

massiv ändern. Mit dieser Novelle wollen wir erreichen,
dass Deutschland den Herausforderungen der Globali-
sierung im Bereich der Wettbewerbspolitik auch künftig
gewachsen ist. Vorrangiges Ziel ist deshalb die Anpas-
sung des deutschen Wettbewerbsrechts an das europäi-
sche Wettbewerbsrecht. Dies ist notwendig, damit die
Unternehmen im europäischen Binnenmarkt nicht länger
mit unterschiedlichen Wettbewerbsstandards konfron-
tiert sind. Diese Novelle leistet damit zugleich einen
Beitrag zur Entbürokratisierung, der nicht gering einge-
schätzt werden darf. Weiterhin weise ich auf die stärkere
Berücksichtigung der Verbraucherinteressen hin. Auch
dies steht einem modernen Wettbewerbsgesetz gut an.

Die bewährten allgemeinen Regeln des Kartellgeset-
zes reichen nicht in allen Fällen aus. Vor allem in den so
genannten Netzindustrien muss Wettbewerb durch den
Staat aktiv gefördert und gesichert werden. Deshalb wird
die spezielle Regulierung für Telekommunikation und
Post grundlegend neu gestaltet. Wir werden darüber
morgen in diesem Hause diskutieren. Für die Strom-
und Gasmärkte ist eine wirksame Regulierung in Vor-
bereitung. Das neue Energiewirtschaftsgesetz soll noch
in diesem Jahr in Kraft treten.

Insgesamt ist nicht zu bestreiten: Noch niemals hat es
in so kurzer Zeit eine so tief greifende Fortentwicklung
der Wettbewerbsordnung gegeben, wie sie jetzt bevor-
steht. Wir wollen die wettbewerbsrechtlichen Rahmen-
bedingungen der Printmedien nachhaltig verbessern,
denn der Pressebereich in Deutschland steckt in einer
tiefen Krise. Die zunehmende Bedeutung des Internets
ist unumkehrbar. Im Werbegeschäft, aber auch als Infor-
mationsträger sind die Tageszeitungen starker Konkur-
renz durch privates und öffentliches Fernsehen, Rund-
funk und Internet ausgesetzt. Hinzu kommt auch hier ein
demographischer Faktor: Die Gemeinde treuer Zeitungs-
leser wird zunehmend älter. Immer mehr junge Leute
halten Tageszeitungen für verzichtbar.

Die Summe dieser Faktoren, die ich gerade aufgezählt
habe, zeigt Wirkungen in der Verlagslandschaft. Perso-
nalkürzungen und Abstriche an redaktionellen Inhalten
sind die Folgen. Die Monopolkommission hat auf diese
Problemlage hingewiesen. Der Entwicklung, die ich hier
beispielhaft dem wunderbaren Bericht des Kartellamtes
entnommen habe – man kann hier zur Veränderung der
Presselandschaft im Einzelnen sehr Interessantes nachle-
sen –, darf die Bundesregierung nicht tatenlos zusehen.
Unser Ziel ist es, Verlagen, deren wirtschaftlicher Be-
stand bedroht sein könnte, erweiterte Handlungsoptio-
nen einzuräumen.

Was schlagen wir vor? Wir wollen die Aufgreif-
schwelle der Fusionskontrolle auf 50 Millionen Euro er-
höhen und eine Bagatellklausel in Höhe von 2 Millio-
nen Euro einführen. Diese beiden Klauseln werden es
kleinen Verlegern erlauben, bei der Suche nach Nachfol-
gern den Marktwert ihrer Zeitung zu realisieren. Ande-
rerseits bleibt der Schutz für kleine Verlage, der mit der
pressespezifischen Aufgreifschwelle verbunden ist, er-
halten. Unser Vorschlag hat moderate Auswirkungen:
Die Erhöhung der Aufgreifschwelle gestattet es, dass
sich circa 50 von insgesamt rund 330 regionalen Abo-

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(C (D eitungen kontrollfrei zusammenschließen können, wenn ie wirtschaftliche Lage dies erfordert und die Verleger as wollen. Großverlage haben von dieser Regel nichts. hre Umsätze überschreiten die Grenze ohnehin. ie Einführung der Bagatellklausel von 2 Millionen uro bedeutet, dass im Extremfall circa 30 kleine Zeiungsverlage mit einer Auflage von bis zu 5 000 verauften Exemplaren aufgekauft werden können, in dieem Fall auch von Großverlagen. (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Um die geht es doch gar nicht!)


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Völlig falsch!)


o wichtig diese erweiterte Bewegungsfreiheit für klei-
ere Verlage ist, so wenig reicht dies jedoch zur Stär-
ung unserer Zeitungslandschaft insgesamt aus. – Ich
öre die Zwischenrufe sehr wohl und komme auch zu
nderen Tatbeständen.
Wir haben deshalb vorgeschlagen, den Verlegern eine
eitere Option zu eröffnen: Die Verlage sollen sich zu-
ammenschließen dürfen, wenn die erworbenen Zeitun-
en oder Zeitschriften langfristig als selbstständige pu-
lizistische Einheiten – Zeitungstitel und unabhängige
edaktionen – erhalten bleiben und dies durch ökono-
isch begründete, eigentumsrechtlich verankerte Struk-
uren abgesichert wird. Zu diesen Vorschlägen gibt es
in breites Meinungsspektrum, welches von deutlicher
nterstützung bis zu vehementer Ablehnung reicht.
uch im Oppositionslager zeigen sich höchst unter-
chiedliche Positionen; dabei denke ich beispielsweise
n die Abgeordneten Pofalla und Schauerte; Letzterer
ird gleich nach mir dazu sicherlich etwas sagen.
Wir sind offen für konstruktive Kritik. Nur, wer nicht

o weit gehen will, die genannten Probleme schlichtweg
u ignorieren, sollte wirkungsvolle Handlungsalternati-
en benennen und aufzeigen.


(Beifall bei der SPD)

ichtstun ist aus Sicht der Bundesregierung ausdrück-
ich keine Option. Lassen Sie mich ungeachtet dessen
uf zwei – manchmal hat man den Eindruck: bewusste –
issverständnisse kurz eingehen:
Falsch ist, dieser Vorschlag bevorzuge bestimmte,

nsbesondere große Unternehmen. Kein kleinerer Verle-
er muss sich auf das Modell einlassen. Wenn er das
icht macht, ist das kein Problem. Es ist eine Option für
en Fall, dass ein Verleger alleine keine Zukunft sieht.
er nicht auf den grundsätzlichen Willen der Verleger
ur Selbstständigkeit vertraut, müsste eigentlich unser
esamtes privatwirtschaftliches Modell der Presse in-
rage stellen.
Falsch ist auch die Behauptung, das Modell sei schon

eswegen verfassungswidrig, weil das Bundeskartellamt
ine laufende inhaltliche Kontrollmöglichkeit erhalten
olle. Das Bundeskartellamt hat lediglich zu prüfen, ob
ie zugesagten strukturellen Sicherungen für die Erhal-
ung der erworbenen Zeitung Bestand haben und einge-
alten werden. Eine solche Kontrolle kommt schon jetzt
n der Praxis des Amtes vor.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres

Außer der Anpassung der Fusionsregeln kommen

eventuell auch zusätzliche Kooperationsmöglichkeiten
in Betracht. Schon nach geltendem Kartellrecht ist hier
vieles möglich. Eine gesetzliche Absicherung der Koo-
perationsmöglichkeiten könnte jedoch durchaus hilfreich
sein. Dabei ist insbesondere an Anzeigenkooperationen
zu denken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Presse-
vielfalt ist ein so hohes Gut in der Demokratie, dass wir
jede Fantasie aufbringen und jede Anstrengung unter-
nehmen sollten, um sie uns zu erhalten. Lassen Sie uns
gemeinsam daran mitwirken, dass dieses Ziel erreicht
wird.

Für den Bericht des Bundeskartellamtes und die darin
dargestellten Initiativen und Aktivitäten will ich den Be-
schäftigten des Bundeskartellamtes ausdrücklich meinen
Dank aussprechen; das Gleiche gilt für die Stellung-
nahme der Bundesregierung.

Es würde sich eigentlich anbieten, umfangreicher und
länger über die Aktivitäten in diesem sehr inhaltsreichen
und erkenntnisreichen Bericht zu diskutieren und sie ent-
sprechend nachzuzeichnen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das machen wir im Ausschuss!)


Dazu besteht leider nicht die Möglichkeit. Aber ich
denke, andere Redner werden auf andere Aspekte dieses
Berichtes eingehen.

Ich darf mich herzlich für die Aufmerksamkeit bedan-
ken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509704100

Das Wort hat jetzt der Kollege Hartmut Schauerte von

der CDU/CSU-Fraktion.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1509704200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Herr Kollege Andres, es ist ja schön, wenn hier ge-
sagt wird, wie wichtig der Bericht ist. Aber es ist natür-
lich sehr bedauerlich, dass wir über diesen Bericht
betreffend die Jahre 2001 und 2002 erst heute, im März
2004, diskutieren,


(Hubertus Heil [SPD]: Die Bundesregierung hat im Sommer Stellung genommen! Das hätten wir also leicht früher machen können!)


der Minister nicht da ist und Sie nicht über das gespro-
chen haben, was in dem Bericht steht – vielleicht war
das zu peinlich oder zu viel –, sondern über das, was neu
ansteht. Das passt nicht zusammen; es ist sehr bedauer-
lich.


(Klaus Brandner [SPD]: Es gehört zusammen!)


Wir werden nicht mehr dulden, dass solche wichtigen
und interessanten Berichte über die Konzentration und
den Grad an Freiheit in unserer Volkswirtschaft so ver-

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(C (D pätet und so lieblos parlamentarisch beraten werden. as hat an Ihnen gelegen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Brandner [SPD]: Dabei hätten Sie doch die Gelegenheit dazu gehabt! Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages ermöglicht Ihnen das, Herr Schauerte!)


Das werden wir in Zukunft auch verstärkt tun.

(Klaus Brandner [SPD]: Das ist eine Mittei lung an Ihre eigene Fraktion!)

Nein, die Kritik geht schon an Sie. Die Bundesregie-
ung hat sich unendlich viel Zeit gelassen, bevor sie we-
igstens eine Stellungnahme dazu abgegeben hat.
Es geht um wichtige Dinge. Im Wettbewerbsrecht

teckt eine ganze Menge Wachstumspotenzial. Je inten-
iver wir den Wettbewerb gestalten, umso größer ist das
achstumspotenzial in einer Volkswirtschaft.


(Hubertus Heil [SPD]: Auch für das Handwerk?)


Ja, auch für das Handwerk, in festen Regeln; das sagt
ie soziale Marktwirtschaft, Herr Heil. – Tatsache ist,
ass wir in Bezug auf den Freiheitsgrad und auf die
ettbewerbsfreiheiten in den letzten Jahren abgefallen
ind. Nach internationalen Untersuchungen sind wir hin-
ichtlich des Freiheitsgrades der Volkswirtschaft auf
latz 18 gelandet, ein miserabler Platz. Aber das ist auch
in Zeichen dafür, wie Sie mit dem Wettbewerbsrecht
nd dem Bundeskartellamt umgehen. Das ist schon be-
auerlich.
Welches sind die Blöcke, über die wir hier sprechen?
er erste Block ist: Wie schaffen wir es, Staatsmono-
ole in den Markt zu überführen? In diesem Punkt sind
ir in den letzten Jahren im Prinzip auf der ganzen Linie
tehen geblieben. Ich könnte Ihnen Stellen aus diesem
ericht zitieren, die belegen, wo wir stehen geblieben
ind. Wir haben die Geltungsdauer des Postmonopols
erlängert und den Wettbewerb durch das Briefvertei-
ungsmonopol erschwert. Im Energiebereich haben wir
ie Situation, dass nicht einmal 5 Prozent der Leute um-
estiegen sind. Im Telekommunikationsbereich gibt es,
laube ich, noch immer 95 Prozent Festnetzanschlüsse
m alten Monopol. In der laufenden Debatte über das Te-
ekommunikationsgesetz ist im Zweifel gegen den Wett-
ewerb, gegen neue Marktzutritte, gegen Öffnung und
ür eine Verlängerung der Monopolsituation und den
chutz der Monopole gestritten worden.


(Hubertus Heil [SPD]: Unsinn! Schauen Sie doch einmal in den Entwurf! – Doris Barnett [SPD]: Das sind Ihre Unterstellungen!)


as ist Ihre Linie. Sie haben die Möglichkeit eines freien
arktzutritts noch verschlechtert, indem Sie diesen
ichtigen Wettbewerbsbereich mehr als stiefmütterlich
ich würde sage: auf schädliche Weise – behandeln.
enn Sie so weitermachen, dann wird es an dieser Stelle
ie Wachstumsimpulse für unsere Volkswirtschaft, die
ir dringend brauchen, um aus unserer wirtschaftlichen
isere herauszukommen, nicht geben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Hartmut Schauerte

Eine zweiter Block, der ganz wichtig ist, hat mit der

Frage zu tun, wie wir verhindern, dass die gebildete
Marktmacht den Mittelstand und die Wettbewerber so-
zusagen zerschlägt, und wie die Fusionskontrolle funk-
tioniert. Auch in diesem Bereich gibt es Entwicklungen,
die bedenkenswert sind.

Ich will in diesem Zusammenhang zwei Beispiele he-
rausgreifen. Im Bereich der leitungsgebundenen Ener-
giewirtschaft gab es im Berichtszeitraum 82 Beteili-
gungserwerbe, und zwar im Wesentlichen von RWE,
Eon und EnBW. Es ist immer so, dass die Großen die
Kleinen kaufen, meist mit Zustimmung der Kommunen.
Statt mehr Wettbewerb gibt es also weniger Wettbewerb.

Ich nenne ein zweites Beispiel. Im Bereich der Ent-
sorgungswirtschaft gab es 78 Konzentrationsvorhaben.
Die Marktteilnehmer waren RWE Umwelt, Trienekens
und Rethmann. Auch dieser Prozess läuft praktisch un-
gebremst, ohne dass eine intelligente Maßnahme ergrif-
fen würde, die für eine bessere Steuerung sorgt und mit
der die Vielfalt sichergestellt wird. Die Entwicklungen in
diesem Bereich stimmen uns ausgesprochen sorgenvoll.

Ein dritter Block, Herr Kollege Heil, hat mit der
Frage zu tun, wie wir in der Marktwirtschaft mit dem
Machtmissbrauch umgehen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ja!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509704300

Herr Kollege Schauerte, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Heil?


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1509704400

Gerne.

(Dirk Niebel [FDP]: Der erklärt jetzt, was mit Trienekens war! – Gegenruf des Abg. Hubertus Heil [SPD]: Ich komme aus Niedersachsen und nicht aus Köln, Herr Kollege! – Gegenruf des Abg. Dirk Niebel [FDP]: Macht nichts! Es geht ums Prinzip!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509704500

Bitte schön, Herr Kollege Heil.

Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1509704600

Herr Kollege Schauerte, Sie haben den Telekommu-

nikationsmarkt angesprochen. Wenn Sie den Bericht
gelesen hätten, dann würden Sie uns bescheinigen, dass
es in diesem Bereich massive Fortschritte gibt.

Meine Frage ist: Haben Sie zur Kenntnis genommen
– morgen haben wir das im Detail zu diskutieren –, dass
wir dem Regulierer mithilfe unserer Änderungsanträge
im Wirtschaftsausschuss ein scharfes Schwert in die
Hand geben wollen – ich nenne beispielsweise die Ände-
rungsanträge in Bezug auf die Vorleistungsprodukte –,
während Ihre Fraktion nicht einmal in der Lage war, ei-
nen einzigen konkreten Änderungsantrag zum Gesetz in
Sachen Telekommunikation im Wirtschaftsausschuss
einzubringen? Sie stehen damit im Gegensatz zur FDP,
die sich die Mühe gemacht hat, Änderungsanträge zu

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(C (D tellen. Aus den Reihen Ihrer Fraktion kam, wie gesagt, icht ein einziger. Ich frage weiter: Können Sie mir erklären, wie Sie zu er Aussage kommen, die Sie eben zum Telekommuniationsmarkt gemacht haben, nämlich dass wir mit dem esetz irgendwelche Monopole schützen würden? Könen Sie mir das bitte anhand eines konkreten Beispiels elegen? Herr Kollege Heil, reden Sie mit dem Bundeskartell mt und erkundigen Sie sich bei den zuständigen Fachbteilungen, was sie von Ihren so genannten Verschärungen halten! Nach intensiver Lobbyarbeit sind Sie der elekom weit entgegengekommen, was die Verteidigung on Restmonopolen angeht. Sie haben den Wettbewerb eschädigt. (Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht nur behaupten! Sie müssen schon Belege bringen!)

Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1509704700

ragen Sie die Wettbewerber, was sie von Ihren Aktivi-
äten halten!


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir fragen Sie!)


ie werden Ihnen mitteilen, dass Ihr Kurs eine vertane
hance ist, weil dadurch Marktzutritte erschwert wer-
en.
Ich habe schon eine Zahl genannt: 95 Prozent aller

estnetzanschlüsse befinden sich nach wie vor in der
and der Telekom. Da kann man doch nicht von einem
unktionierenden Wettbewerb sprechen. Wenn Sie sich
tzt zufrieden zurücklehnen wollen, dann kann ich nur
agen: Aus dem Wettbewerb in Deutschland kann nichts
erden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hubertus Heil [SPD]: Sie haben keine Ahnung!)


Es ist absolut unbefriedigend geregelt, wie wir mit
em Machtmissbrauch umgehen. Das Kartellamt gibt
ich zwar alle Mühe. Aber das reicht nicht, weil es hin-
ichtlich des Personalbedarfs allein gelassen wird.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie wollen die Staatswirtschaft! Das wussten wir schon längst!)


Das hat nichts mit Staatswirtschaft zu tun. Herr Kol-
ge Schmidt, Sie haben die Marktwirtschaft immer
och nicht verstanden.


(Lachen bei der SPD – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Und das von Ihnen!)


Soziale Marktwirtschaft heißt nicht, dass es ohne faire
egeln geht. Sie braucht dringend Regeln, die eingehal-
en werden müssen. Es kann nicht so sein, dass die Gro-
en die Regeln machen und die Kleinen sie einhalten
üssen. Wir müssen vielmehr Regeln aufstellen.


(Klaus Brandner [SPD]: Das haben wir bei der Gesundheitsreform gemerkt!)







(A) )



(B) )


Hartmut Schauerte

Sie stellen aber falsche Regeln auf. Der wesentliche Un-
terschied zwischen uns ist, dass Sie näher bei der Staats-
und Machtwirtschaft als bei der Marktwirtschaft sind.
Das ist Ihr Dilemma.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Auch in diesem Bereich gehen wir nicht ausreichend

vor. Wir lassen das Kartellamt allein. Ich darf das ein-
mal verdeutlichen: Bei der Regulierungsbehörde, die wir
jetzt einrichten, werden auf einen Schlag 120 neue Stel-
len eingerichtet.


(Hubertus Heil [SPD]: Wollen Sie jetzt Kontrolle, oder nicht?)


Dem Kartellamt wurden – Gott sei Dank – permanent
neue Aufgaben übertragen. Aber für eine ordentliche
Personalbewirtschaftung wurde nicht gesorgt. Das heißt,
es kann seinen Aufgaben gar nicht gerecht werden.

Eine Aufgabe will ich Ihnen einmal nennen: Dem
Kartellamt wurde 1999 die Aufgabe übertragen, sich um
die Einhaltung der Vergaberichtlinien zu kümmern.
Hochinteressante Fragestellung! Eine solche Prüfung
sollte dringend in der Bundesagentur für Arbeit und in
den Ministerien erfolgen.


(Beifall bei der FDP)

Das Kartellamt ist dazu personell nicht in der Lage. Des-
wegen sage ich bewusst: Sie lassen das Kartellamt per-
sonalpolitisch in dem denkbar magersten Zustand,


(Rainer Brüderle [FDP]: So ist es! Jawohl!)

weil Ihnen die Untersuchungen, die drohen würden,
peinlich sind.


(Hubertus Heil [SPD]: Der Bayerischen Staatsregierung wäre das peinlich!)


Sie wollen das nicht.

(Klaus Brandner [SPD]: Das glauben Sie ja selbst nicht!)

Sie schützen Ihre Interessen und Ihre Positionen. Das ist
ärgerlich. Wir werden im Rahmen der Haushaltsberatun-
gen darauf zurückkommen. Dem Kartellamt muss gehol-
fen werden, damit es wirksamer dafür sorgen kann, dass
die Regeln der sozialen Marktwirtschaft eingehalten
werden.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das von Ihnen, dem größten Verletzer der Marktwirschaft!)


Das betrifft auch die katastrophalen Fehlentwicklungen
im Vergabebereich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nun lassen Sie mich auf das Thema Pressefusion, das

Sie, Herr Staatssekretär, angesprochen haben, zu spre-
chen kommen; ich will es nicht sehr vertiefen. In die
Vorgänge um diese Pressefusion passt natürlich die heu-
tige Schlagzeile einer Zeitung hervorragend: SPD will
für 30 Millionen DM die „Frankfurter Rundschau“ kau-
fen.

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(C (D (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: D-Mark überhaupt nicht! Sie haben mal wieder überhaupt keine Ahnung! Da merkt man, wo Sie sind: in der D-Mark-Wirtschaft!)


as hat natürlich ein Geschmäckle. Man manipuliert wie
och nie am Pressefusionsrecht herum, um letztlich auch
igene Möglichkeiten in der Zukunft besser nutzen zu
önnen und sein eigenes Presseimperium auszubauen.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Missbrauch nennt man so etwas! – Hubertus Heil [SPD]: Demagoge!)


Erste Bemerkung. Wer der Belegschaft und den Le-
ern der „Frankfurter Rundschau“ gut will, sollte verhin-
ern, dass die SPD diese Zeitung aufkauft. Die SPD wird
uch diese Zeitung kaputtmachen; da bin ich mir ziem-
ch sicher.


(Beifall bei der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So weit zum Thema Marktwirtschaft! Man merkt, wohin Sie gehören!)


Zweite Bemerkung. Wenn wir im Zusammenhang mit
em Presserecht von Wettbewerb, offenen Märkten und
arktwirtschaft reden, dann geht es zum einen um Or-
anisatorisches, zum anderen aber auch um Inhaltliches.
s ist doch mittlerweile in Deutschland Konsens – je-
enfalls bei allen Vernünftigen; da denke ich etwas stär-
er an die Grünen


(Dirk Niebel [FDP]: Na ja!)

ls an Sie von der SPD –, dass es besser wäre, wenn Par-
ien keine eigenen Medien hätten und es nur Zeitungen
äbe, in denen nicht steht, dass sie von Parteien finan-
iert, begleitet und gemacht werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [SPD]: Sie nehmen lieber schwarze Koffer!)


Es ist doch interessant: Bei der Pressefusion sagen Sie
diese Debatte werden wir inhaltlich ganz neu führen –,
an müsse die bisherigen Grundsätze aufgeben, weil die
irtschaftliche Lage der Zeitungen und der Verlage so
chlecht sei, dass dies nicht mehr zu ertragen sei. Nun ist
ie finanzielle Lage der SPD ausgesprochen klamm. Ge-
au in dieser Situation tätigt sie eine Investition von
0 Millionen Euro in einen Markt, der angeblich so
chlecht ist, dass die bisherigen Wettbewerbsregeln drin-
end außer Kraft gesetzt werden müssen.


(Hubertus Heil [SPD]: Nein! Gar nicht!)

rklären Sie uns einmal, wie das zusammenpasst! Dies
t eine peinliche Veranstaltung.
Zum Thema Konzentration gehört auch der Grund-

atz: Besser weniger Politik in den Medien! Das haben
ir doch beim Rundfunk immer gesagt; da haben wir be-
usst getrennt. Diese Investition einschließlich der Dis-
ussion um die Pressefusion wird dazu führen, dass wir
on der Union das Thema „Pressekonzentration bei der
PD“ in Verbindung mit dem Fusionsverfahren und den






(A) )



(B) )


Hartmut Schauerte

Wettbewerbsveränderungen, die die siebte GWB-No-
velle bewirken soll, neu auf die Tagesordnung setzen.


(Hubertus Heil [SPD]: Unser Vermögen ist hart erarbeitet!)


Das Ding lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Jetzt muss
darüber gesprochen werden, wie Zeitungen wirtschaften
sollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich würde Ihnen empfehlen: Legen Sie Ihr knappes

Geld in demokratiefreundlichen Bereichen an,

(Hubertus Heil [SPD]: Da hat die SPD mehr Ahnung als Ihr Laden!)

bei denen Sie nicht in den Verdacht kommen, dass Sie
die öffentliche Meinung manipulieren wollten. Verdie-
nen Sie Ihr Geld woanders!


(Hubertus Heil [SPD]: Geschichtsloser Kerl!)

Es gibt doch bereits vonseiten der Redaktion der „Frank-
furter Rundschau“ Verlautbarungen, dass man die Be-
werbung der SPD um eine Beteiligung in Höhe von
75 Prozent begrüße. – Das ist eine interessante Zahl, die
auch im Zusammenhang mit der Pressefusion vor-
kommt, die wir jetzt beraten müssen. – Denn damit
werde der liberale und soziale Anspruch der Zeitung er-
halten. Was soll das denn? Wenn man sagt, es gebe keine
Beeinflussung, dann wird es ja wohl auch diesen Ein-
fluss nicht geben können. Lassen Sie also Ihre Finger
von der Zeitungslandschaft! Damit könnten Sie einen
wesentlichen Beitrag zu mehr Freiheit, mehr Wettbe-
werb und mehr Offenheit in unserer Gesellschaft leisten.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Blanke Ideologie, was Sie da verbreiten! – Hubertus Heil [SPD]: So etwas haben wir schon einmal in dieser Republik diskutiert!)


– Wir haben das, was Sie da gerade meinen, Herr Heil,
auch mit Recht angegriffen und haben gesagt, dass das
nicht in Ordnung ist.

Es ist leider zu einer Diskussion gekommen, die dem
Bericht nicht gerecht wird; denn wir reden nicht mehr
über das, was in dem Bericht steht, sondern über das,
was jetzt ansteht. In Zukunft sollte man solche wertvol-
len Berichte flott beraten. Sonst kann man sich die
Mühe, Berichte zu schreiben, sparen und sollte lieber
den Missbrauch bekämpfen. Leider ist die Diskussion
aber durch die Geschäftsordnung in diesem Haus so ge-
steuert worden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das war übrigens Ihr Antrag! Auch da sagen Sie wieder die Unwahrheit!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509704800

Das Wort hat die Kollegin Michaele Hustedt, Fraktion

des Bündnisses 90/Die Grünen.

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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ganz chnell vorweg zum FDP-Antrag: Das Kartellamt sollte ie Wettbewerbsbehörde für Energie sein. Wer untertützt überhaupt Ihren Antrag? Weder die EVUs noch ie Stadtwerke noch die Verbraucher noch irgendwer in er Gesellschaft fordert Ihre Position. Ich glaube, das artellamt ist geeignet und die Regulierungsbehörde ist enauso geeignet. Wir müssen sowieso eine völlig neue bteilung aufbauen. Entscheidend ist die Rahmengeetzgebung, an der wir schon arbeiten. Ihr Antrag ist alern bzw. – ich sage es einmal höflich – völlig überholt. iehen Sie ihn zurück und konzentrieren Sie sich auf die nhaltliche Diskussion. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509704900

Wir befinden uns in einer sehr spannenden Phase. Es
urde schon angesprochen: Ehemalige Monopolmärkte
erden in Wettbewerbsmärkte überführt. Diese Über-
ührung ist eine wichtige Funktion, die das Kartellamt in
einem Bericht auch anspricht.
Was die Telekommunikation betrifft, Herr

chauerte, möchte ich Sie bitten: Reden Sie doch nicht
mmer schlecht, was gut läuft. Im Telekommunikations-
ereich können wir auf eine Erfolgsgeschichte – das ist
hr Beitrag genauso wie unser Beitrag – zurückblicken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


s gibt neu geschaffene Arbeitsplätze, es gibt sinkende
reise und es gibt Innovation. Diese positive Entwick-
ung werden wir mit unserer Telekommunikations-
ovelle fortsetzen, über die wir morgen debattieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der zweite Bereich, in dem Monopolmärkte in Wett-

ewerbsmärkte überführt werden, ist der Energiesektor.
uch auf den Energiesektor hat das Kartellamt einen
chwerpunkt gelegt: 95 Anträge auf Fusion wurden im
auptprüfverfahren geprüft. Nur in acht Fällen wurde
er Antrag abgelehnt; einer dieser Fälle war die geplante
usion von Eon und Ruhrgas.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509705000

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Brüderle?

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509705100

Ja.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509705200

Bitte schön, Herr Brüderle.

Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1509705300

Frau Kollegin, damit Sie auf dem aktuellen Stand der

eutigen Debatte sind: Der Antrag, den Sie angespro-
hen haben, steht heute gar nicht auf der Tagesordnung.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Sie haben ihn schon zurückgezo Rainer Brüderle gen! – Gegenruf des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Nein, die haben ihn schon eher zurückgezogen!)





(A) )


(B) )


Vielleicht können Sie sich einmal vergewissern, über
was Sie reden, wenn Sie reden. Das wäre der Debatte
dienlich.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist ziemlich arrogant, Herr Kollege, aber das kennen wir ja schon!)



Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509705400

Wenn Sie Ihren Antrag von gestern auf heute zurück-

gezogen haben, dann freue ich mich. Auch die FDP ist
lernfähig, wunderbar.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So schnell wie Sie Anträge vorlegen und wieder zurückziehen, kann man gar nicht reagieren! Jeden Tag eine andere Position!)


Die Eon/Ruhrgas-Fusion hat dank Ministererlaubnis
doch noch stattgefunden. Das hat sich gelohnt: Eon hat
aktuell den größten Gewinn seiner Firmengeschichte zu
verzeichnen, das Betriebsergebnis ist noch einmal um
20 Prozent gestiegen. Ich gönne das den großen Konzer-
nen zwar, aber es ist bei RWE und den anderen großen
Energiekonzernen ähnlich, und das schon im dritten Jahr
in Folge. Das muss uns nachdenklich machen; denn das
hat auch etwas mit den Energiepreisen zu tun. Ich sage
an die Opposition gerichtet einmal ganz klar: Wenn wir
über Energiepreise sprechen, dann reden Sie nur und im-
mer wieder über das EEG.


(Zuruf von der CDU/CSU: Na klar!)

Auf dem Auge der nachlassenden Wettbewerbsintensität
in der Energiewirtschaft sind Sie aber blind.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Eon/Ruhrgas!)


Ich fordere Sie deutlich auf, sich einmal um dieses
Thema zu kümmern. Ich habe davon gesprochen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509705500

Frau Kollegin Hustedt, erlauben Sie noch eine Zwi-

schenfrage des Kollegen Niebel?


Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509705600

Es scheint ja wirklich etwas los zu sein. Legen Sie

los.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1509705700

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin

Hustedt, Sie haben eben die Ministererlaubnis für die
Fusion Eon/Ruhrgas angesprochen. Können Sie mir be-
stätigen, dass der Minister, der diese Erlaubnis erteilt
hat, nämlich der ehemalige Wirtschaftsminister Müller,

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(C (D un in der Geschäftsführung von RWE in einem Tocherunternehmen ist? (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist ein interessanter Aspekt! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich dachte immer, Sie wollen Wechsel zwischen Wirtschaft und Politik! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Außerdem ist es keine Tochtergesellschaft!)



Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509705800

Jeder weiß, dass Herr Müller bei der RAG ist. Aber

hr Kollege Rexrodt, damals Minister, hat, als ich das
hema im Wirtschaftsausschuss aufsetzen wollte – da-
on war die SPD nicht begeistert, logisch –, eingegriffen
nd verhindert, dass wir im Wirtschaftsausschuss da-
über diskutieren. Er hat gesagt: Das ist kein Thema des
arlamentes. – So stand damals die FDP zu dieser
usionsabsicht.
Tun Sie also nicht so, als wären Sie der Wettbewerbs-

reund!

(Rainer Brüderle [FDP]: Wo werden Sie untergebracht? – Abg. Gudrun Kopp [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


n diesem Punkt hatten FDP und CDU mehrheitlich – es
ab die eine oder andere Ausnahme – dieselbe Position
ie die SPD. Die Grünen waren die Einzigen, die sich
ffentlich kritisch gegenüber dieser Fusion geäußert ha-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Aus dem mangelnden Wettbewerb im Energiebereich
iehen wir die Konsequenz und schaffen eine Wettbe-
erbsbehörde. Der Referentenentwurf zum Energie-
irtschaftsgesetz liegt vor. Der Staat wird Schiedsrichter
n diesem Bereich, um eine Steigerung der Wettbe-
erbsintensität anzusteuern.
Die Wettbewerbsbehörde wird allerdings nur den Zu-

ang zu den Netzen regulieren. Das Kartellamt hat
eiterhin eine sehr wichtige Funktion im Bereich der
roduktion. Hier hoffen wir auf Wettbewerb. Das Kar-
ellamt soll diesen Wettbewerb überprüfen. Denn was
ützt uns der beste Zugang zu den Netzen, wenn wir
aum Wettbewerber haben? Deshalb ist das Kartellamt
ufgefordert, in diesem Bereich die Zahl der Fusionen
nd Übernahmen zu reduzieren und dafür zu sorgen,
ass wieder neue Wettbewerber auf den Markt kommen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Ja!)

azu passt aus meiner Sicht nicht die Überlegung, mit
er GWB-Novelle die Ministererlaubnis weiter zu er-
eichtern.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Völlig klar! Sie muss eher erschwert als erleichtert werden!)


Dritter Punkt: die Presse. Der zweite spektakuläre
all, auf den das Kartellamt eingegangen ist, ist die






(A) )



(B) )


Michaele Hustedt

Ablehnung der Fusion von „Tagesspiegel“ und „Berliner
Zeitung“. Es gibt eine Debatte, auch hier das Kartell-
recht zu ändern und Verlagsfusionen deutlich zu erleich-
tern. Ich denke, es muss sehr genau überlegt werden, ob
wir diesen Schritt gehen. Denn die Pressevielfalt ist ein
hohes Gut der Pressefreiheit. Vor allen Dingen wären
Konzentrationsprozesse nicht rückholbar.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Jawohl! Da haben Sie Recht!)


Nun wird gesagt, dass es eine strukturelle und wirt-
schaftliche Krise des Zeitungsmarktes gebe. Eine Ände-
rung sei erforderlich; anders seien die Zeitungen nicht
überlebensfähig. Aber kürzlich sagte Mathias Döpfner
von Springer: „Unsere Wirtschaftszahlen knüpfen an
historische Höchststände an.“ Das Zeitungshaus will nun
einen klaren Expansionskurs einschlagen. „Jetzt ist
Kaufzeit“, so Döpfner von Springer. „Wir würden gern
eine Regionalzeitungskette bilden“ – sobald das Gesetz
zur Pressefusion entschärft ist.

Ich sage ganz deutlich: Dafür werden wir nicht den
Steigbügel halten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das kann nicht das Ziel dieser Änderung sein. Ich weiß,
dass auch Herr Clement diese Art von Kettenbildung bei
Regionalzeitungen nicht will. Wir werden genau hin-
schauen müssen, ob die Möglichkeit dazu eröffnet wird,
und gegebenenfalls darauf hinwirken, dass das verhin-
dert wird.

Ich weiß, dass zum Beispiel die „FR“ in deutlichen
Schwierigkeiten ist. Es gibt durchaus Probleme. Ich
kenne auch das Vorbild „WAZ“, wo die Redaktionen der
fusionierten Blätter unabhängig blieben. Aber wir müs-
sen genau hinschauen, ob das, was vorliegt, realistisch,
umsetzbar und verfassungskonform ist, und die Presse-
vielfalt in Deutschland erhalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509705900

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.


Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509706000

Ich komme zum letzten Satz. – Das Thema „Fusion

und Konzentration“ ist hoch aktuell. Immer größer ist
nicht immer besser. Das sieht man an der Daimler-
Chrysler-Fusion. Vielmehr brauchen wir den Wettbe-
werb für eine lebendige Marktwirtschaft. Dafür brau-
chen wir auch ein starkes Kartellamt mit einem unbeque-
men Präsidenten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509706100

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort der

Kollegin Gudrun Kopp.

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(C (D Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin ustedt, Sie haben eben den Kollegen Rexrodt zur Peronalfrage im Zusammenhang mit Fusionen angesprohen. Ich weise zum einen darauf hin, dass zu der Zeit, ls Herr Rexrodt Minister war, dieses Thema überhaupt icht anstand. Zum Zweiten hat Herr Dr. Rexrodt in der ergangenen Legislaturperiode wie auch in dieser nicht em Wirtschaftsausschuss angehört. (Klaus Brandner [SPD]: Er war Stellvertreter! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war auch gut für den Wirtschaftsausschuss!)

Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1509706200

nsofern waren diese Bemerkungen völlig ohne Inhalt.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wer sich verteidigt, klagt sich an, Frau Kollegin!)

Nun komme ich auf den Vorwurf zurück, beim Thema

nergiepolitik habe die FDP nichts zu bieten, wenn es
m die Wahrung des Wettbewerbs geht. Ich verweise
arauf, liebe Kollegin Hustedt, dass wir nicht ohne
rund gesagt haben, dass das Bundeskartellamt die
ichtige Regulierungsbehörde sei, nicht aber die von der
egierung vorgesehene RegTP, also die Regulierungsbe-
örde für Telekommunikation und Post. Wir, die wir die
nterna kennen, wissen, dass mit dieser Entscheidung ein
normer Personalaufbau verbunden ist. Es ist davon die
ede, dass zusätzlich 300 Personen zur RegTP kommen
erden, um die Regulierung des Energiemarktes zu be-
ältigen.

(Klaus Brandner [SPD]: Die will Herr Schauerte allein bei der Kartellbehörde!)

ies deutet darauf hin, dass es eine bürokratische und
ostenträchtige Klein-klein-Regulierung geben wird.
enau dies haben wir nicht gewollt. Wir haben immer
arauf hingewiesen, dass das Bundeskartellamt eine grö-
ere Staatsferne aufweist, eine schlankere Regulierung
ornehmen könnte und so im Sinne von mehr Wettbe-
erb tätig würde.


(Hubertus Heil [SPD]: Pure Ideologie!)

Mein letzter Punkt betrifft das Thema Energiepreise.

ie haben gesagt, die FDP spreche in diesem Zusam-
enhang ausschließlich die Belastungen aus dem EEG
n. Das ist nicht der Fall. Wir haben bei jeder Gelegen-
eit darauf hingewiesen, dass die derzeitigen Strom-
reise für Privatkunden zu 41 Prozent durch Staatslasten
erursacht werden, nämlich durch zusätzliche Belastun-
en aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, aus dem Ge-
etz zur Kraft-Wärme-Koppelung und aus der Öko-
teuer.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gute Steuer, die Ökosteuer!)


ir haben uns also nicht auf nur einen Bereich be-
chränkt. Ich bitte Sie daher, in Zukunft bei der Wahrheit
nd bei den Fakten zu bleiben.
Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Jetzt kommt eine genauso lange Antwort!)







(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509706300

Frau Kollegin Hustedt zur Erwiderung.


Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509706400

Zunächst zu den Energiekosten. Sie wissen genau,

dass die EEG- und KWK-Umlagen der kleinste Bestand-
teil sind. Den Hauptanteil der von Ihnen so genannten
staatlichen Belastungen machen die Konzessionsabgabe,
die es schon ewig gibt, die Mehrwertsteuer und die Öko-
steuer aus. Dass Sie aber immer wieder die erneuerbaren
Energien ins Zentrum stellen, wenn Sie über Energie-
preise reden, zeigt ganz klar, dass Sie schlichtweg gegen
die Weiterentwicklung der erneuerbaren Energien sind.
Das haben Sie auch bei der Beratung des Erneuerbare-
Energien-Gesetzes gezeigt. Sie verstecken Ihre Haltung
nur hinter dem Energiekostenargument. Aber darauf fällt
kein Mensch herein.

Zweiter Punkt. Sie sind anscheinend die letzten Mohi-
kaner, die noch darauf setzen, dass es keiner Regulie-
rung bedarf.


(Gudrun Kopp [FDP]: Das ist nicht wahr! – Rainer Brüderle [FDP]: Stimmt doch gar nicht!)


In allen Ländern Europas ist klar, dass man sagt: Wenn
es ein Netz gibt, das ein natürliches Monopol darstellt,
dann ist es sinnvoll und richtig, dass der Staat als
Schiedsrichter Regeln aufstellt, die er dann auch kontrol-
liert und überwacht.


(Dirk Niebel [FDP]: Guten Morgen! – Weitere Zurufe von der FDP)


Wenn man aber nur fünf Leute für diese Kontrolle und
Überwachung einsetzen will, dann will man keine Regu-
lierung. Man braucht schon ein paar Leute mehr dafür.
Sagen Sie also Ja oder Nein, aber tun Sie nicht so, als
seien Sie für den Staat als starken Schiedsrichter, obwohl
Sie die entsprechende Behörde nicht ausstatten wollen.
Das empfinde ich als unglaubwürdig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Letzter Punkt ist das Thema Rexrodt und Eon/Ruhr-
gas-Fusion. Es tut mir Leid, aber Herr Rexrodt hat sich
damals in der Presse mehrmals öffentlich geäußert. Au-
ßerdem ist er in dieser Situation – Herr Brüderle war da-
bei; Herr Schauerte kann sich auch noch genau daran er-
innern – im Ausschuss aufmarschiert.


(Rainer Brüderle [FDP]: Er war nie im Ausschuss! Das ist falsch, was Sie sagen!)


– Aber hallo, er ist im Ausschuss aufmarschiert und hat
auch das Wort ergriffen. Er hat sich aktiv eingemischt
und dafür gesorgt, dass die FDP die Meinung vertrat,
dass nicht diskutiert werde. Das besondere Ge-
schmäckle, das es hier gegeben hat, als er sich öffentlich
und intern zu Wort gemeldet hat, besteht darin, dass er
Teilhaber an einer PR-Agentur ist, die BP berät und von
diesem Deal profitierte. BP hat von diesem Deal profi-
tiert.


(Dirk Niebel [FDP]: Ruhrkohle gehört doch zu Eon! Ist da nicht Frau Röstel?)


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(C (D Da wir schon über Geschmäckle reden, kann ich nur agen: Das damalige Eingreifen von Herrn Rexrodt war, as den liberalen Stellenwert der FDP betrifft, hochgraig unglaubwürdig. Ich danke Ihnen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geradezu skandalös!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509706500

Das Wort hat der Kollege Rainer Brüderle von der

DP-Fraktion.


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1509706600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der

tellungnahme der Regierung zum Tätigkeitsbericht
eißt es:

Um das Wachstumspotenzial der deutschen Volks-
wirtschaft nachhaltig zu erhöhen und wieder mehr
Beschäftigung und weniger Arbeitslosigkeit zu er-
reichen, sind auf vielen Politikfeldern … tief grei-
fende … Reformen notwendig.

as ist wohl wahr.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Ja!)


ie Frage ist nur: Warum handeln Sie nicht danach?

(Hubertus Heil [SPD]: Ach, Quatsch!)


arum machen Sie sich zum Erfüllungsgehilfen der
remser, der Ewiggestrigen, der Bewahrer und der An-
pruchsgesellschaft?
Heute sprechen wir über Wettbewerb. Dazu schreibt

ie Bundesregierung in ihrer Stellungnahme weiter:
… das Wettbewerbsrecht kann einen wichtigen Beitrag
ür mehr Wachstum und Beschäftigung leisten“. Auch zu
ieser Erkenntnis kann man der Bundesregierung herz-
ich gratulieren.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Weil es richtig ist!)


ie Frage ist nur: Warum handeln Sie nicht danach?

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU])

arum nehmen Sie, wenn Sie wettbewerbspolitische
ntscheidungen treffen und Ihre Gesetzentwürfe erarbei-
en, immer wieder Rücksicht auf Monopol- oder Kar-
ellinteressen einzelner Wirtschaftsbereiche?


(Hubertus Heil [SPD]: Das tun Sie doch!)

Warum haben Sie entgegen jedem Rat der Fachwelt

as Postmonopol über die Brüsseler Schiene verlängert?
arum sprechen Sie sich unter den Aspekten Wettbe-
erb und Management gegen die Europäische Richtlinie
u Unternehmensübernahmen, kurz: VW, aus? Warum
aben Sie die Fusion von Eon und Ruhrgas entgegen je-
em wettbewerbsrechlichen und wettbewerbspolitischen
at per Ministererlaubnis möglich gemacht? Warum






(A) )



(B) )


Rainer Brüderle

erleichtern Sie Kartelle und Fusionen im Pressewesen?
Warum nehmen Sie sogar in Kauf, dass das Kartellamt
zum Verhaltenskontrolleur denaturiert wird und dass die
unter demokratischen Gesichtspunkten so wichtige Mei-
nungsvielfalt in Deutschland Schaden nehmen kann, ja
sogar die verfassungsrechtliche Frage der Pressefreiheit
aufgeworfen wird?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509706700

Herr Brüderle, erlauben Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Hubertus Heil?

Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1509706800

Ja, gerne. Das ist immer eine Bereicherung.

Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1509706900

Herzlichen Dank für Ihre Freundlichkeit, sehr ge-

schätzter Kollege Brüderle. – Wenn ich Sie richtig ver-
standen habe, haben Sie eben die Übernahmerichtlinie
und das VW-Gesetz angesprochen. Können Sie mir sa-
gen, ob Sie die Auffassung des niedersächsischen Wirt-
schaftsministers Walter Hirche, FDP, teilen, dass das
VW-Gesetz ein vernünftiges Gesetz ist, das keinem
schadet, aber sehr vielen nützt?


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Einmal so und einmal so!)


Sind Sie, was das VW-Gesetz betrifft, anderer Meinung
als Herr Hirche? Ihre Antwort brauche ich als Nieder-
sachse, sozusagen zu Protokoll.


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1509707000

Ich habe über die Richtlinie zu Unternehmensüber-

nahmen gesprochen und in diesem Zusammenhang
auch VW genannt. In der Tat bin ich der Meinung, dass
hier ein Stück mehr Mobilität ermöglicht werden muss
und dass man keine Investitionen in einen Closedshop
tätigen sollte.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was bedeutet das denn konkret?)


– Herr Schmidt, wenn Sie mir zuhören, bekommen Sie
auch meine Antwort mit. Wenn Sie aber dazwischen-
schreien, können Sie nichts verstehen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was meinen Sie, wie es sich anhört, wenn ich schreie!)


Bevor Sie losbellen, sollten Sie sich ein Argument erst
einmal anhören. Das zeigt nur, dass Sie gar nicht zuhö-
ren, sondern nur etwas abspulen wollen. Sie haben an
der Sache gar kein Interesse.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da ist Herr Wulff in Niedersachsen aber anderer Meinung als Sie!)


Diese Geringschätzung einer parlamentarischen Ausein-
andersetzung deckt sich aber mit vielen Ihrer Verhaltens-
weisen.


(Zurufe von der SPD: Oh! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Beleidigte Leberwurst!)



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(C (D Wenn Sie eine Frage stellen, müssen Sie auch die Antort ertragen können oder Sie sollten ruhig sein. Ich wiederhole: Ich halte es für richtig, dass man die bernahmerichtlinie, wie es der Kommissar vorgesehen at, öffnet und die Möglichkeiten in diesem Bereich ereitert. Ich bin der Meinung, dass man auch beim VWesetz – hier unterscheide ich mich von meinem Freund alter Hirche – Öffnungsmöglichkeiten schaffen sollte. er heutige Stand dieses Gesetzes entspricht nicht meier Meinung. (Beifall bei der FDP – Hubertus Heil [SPD]: Herzlichen Dank! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr interessant!)


Zurück zu meinen Fragen an Sie, weshalb Sie all
iese Verstöße gegen Geist und Inhalt von Wettbewerbs-
echt und -politik begehen. – Herr Kollege Heil, es wäre
ut, wenn Sie mir Ihre geschätzte Aufmerksamkeit
chenken würden; aber auch Sie, Herr Heil, wollen nicht
uhören, sondern nur absondern. – Die Antwort auf all
iese Fragen ist immer die gleiche: Sie beugen sich den
artell- und Monopolinteressen der Großindustrie und
em Druck der Verbände, der Lobby und vor allem der
ewerkschaften.


(Beifall bei der FDP)

ie geben vor, die Interessen der arbeitslosen Verbrau-
her zu vertreten. In Wirklichkeit verraten Sie ihre Inte-
essen. Unsozialer und widersprüchlicher kann eine
olitik gar nicht sein.
Wir, die Fraktion der FDP, haben in unserem Antrag

efordert, dass verhindert werden muss, „dass die GWB-
ovelle zur industriepolitischen Spielwiese dieser Bun-
esregierung wird“. Nun ist es gelungen, die ehedem ge-
lante, schon unanständige und jede Rechtsstaatlichkeit
issachtende Einschränkung der gerichtlichen Über-
rüfung der Ministererlaubnis zu verhindern. Mir ist
nbegreiflich, wie Sie überhaupt zu einer solch funda-
entalen Demokratieprinzipien widersprechenden An-
aßung kommen konnten. Welch ein Verständnis haben
ie überhaupt? Wo wollen Sie hin? Wollen Sie – um mit
ayek zu sprechen – wieder zu einer Knechtschaft?
Ihr Bekenntnis zum Wettbewerb ist nur vorgegeben;

as zeigt das Beispiel Telekommunikationsgesetz. Sie
issen genau, dass eine Wettbewerbsbehörde ihrer Auf-
abe nur dann entsprechen kann, wenn sie ihre Entschei-
ungen unabhängig treffen kann.


(Beifall bei der FDP – Hubertus Heil [SPD]: Macht sie auch!)


ntsprechend der diesem fundamentalen ordnungspoliti-
chen Prinzip abgeleiteten Haltung haben es bisher alle
undesregierungen abgelehnt, Einzelweisungen an das
artellamt zu geben, unabhängig von der komplizierten
rage, ob dies rechtlich zulässig ist oder nicht. Sie bre-
hen mit dieser Tradition, indem Sie in das TKG explizit
in Einzelweisungsrecht einbauen. Das ist der Weg zu
iner anderen Wirtschaftsverfassung,


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU])







(A) )



(B) )


Rainer Brüderle

weg von marktpolitischer Ordnung, hin zu industriepoli-
tischer Lenkungswirtschaft. Das ist Ihr Ziel. Wohin das
führt, wissen wir: Der Kampf um Subventionen, Protek-
tion und Privilegien ersetzt die Bewährung von Leistung
am Markt.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ausgerechnet von Ihnen!)


Ihnen ist klar, dass die Regulierungsbehörde durch das
Einzelweisungsrecht des Ministers faktisch zu einer Ab-
teilung des Ministeriums wird, dass sie ihre Unabhän-
gigkeit verliert. Ist Ihnen klar, dass Sie damit die Ent-
scheidung der Behörde in hohem Maße politisieren? Die
Sache bekommt erst recht einen unappetitlichen Ge-
schmack, wenn man sich vergegenwärtigt, dass hier er-
hebliche Interessen des Bundes als Eigentümer berührt
sind; 43 Prozent der Telekom gehören immer noch dem
Bund.


(Hubertus Heil [SPD]: Reden Sie mal mit Herrn Kinkel!)


Jetzt wollen Sie auch noch die Kompetenz für die Re-
gulierung der Energiemärkte direkt auf die RegPT über-
tragen. Im Zweifel gilt dann auch hier ein Einzelwei-
sungsrecht des Ministers. Wieder ist die Frage: Wo
wollen Sie hin?

Meine Damen und Herren, Sozialdemokraten und
Grüne haben schon ein feindlich zu nennendes Verhält-
nis zum Wettbewerb.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Quatsch!)


Sie betrachten den Wettbewerb und das Wettbewerbs-
recht als Instrument der Beliebigkeit, das man dann he-
ranzieht, wenn es in die Interessen der jeweils zu be-
günstigenden Gruppen und Verbände hineinpasst, aber
genauso gut ad acta legt, wenn die politische Druck-
kulisse es als opportun erscheinen lässt. Das Wettbe-
werbsrecht ist aber mehr als irgendein beliebiges Gesetz:
Es ist ein zentraler Teil unserer Wirtschafts- und Gesell-
schaftsverfassung. Es darf nicht zum Spielball politi-
scher Interessen werden. Wettbewerb macht den Kern
einer marktwirtschaftlichen Ordnung aus. Die markt-
wirtschaftliche Ordnung wiederum ist die Ordnung der
Freiheit.

Sie statten das Kartellamt nicht personell angemessen
aus. Es ist vielleicht auch ein Zeichen, dass der Minister
lieber auf Reisen geht und heute nicht bei dieser Debatte
über die Magna Charta der Sozialen Marktwirtschaft im
Parlament ist, sondern sie an andere abtritt. Sie haben nie
ein einwandfreies Verhältnis zur Wettbewerbsordnung
gehabt! Ich empfehle Ihnen: Lassen Sie Karl Marx im
Museum in Trier!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist eine richtig gruftige Haltung! Wirtschaftspolitischer Grufti!)


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(C (D Das Wort hat der Kollege Hubertus Heil von der SPD raktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir disku ieren heute eigentlich über den Tätigkeitsbericht des undeskartellamtes, auch wenn das in den letzten Minuen nicht immer deutlich wurde. Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, en Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für diesen wirkich sehr guten und sehr umfassenden, detaillierten Beicht zu danken. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509707100
Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1509707200

Wenn man einmal hineinschaut, geht der Bericht von
er Elektrizitätswirtschaft über die Telekommunika-
ionsbranche bis zur deutschen Marzipanindustrie – die
nteressiert mich aus körperlichen Gründen. Aber im
rnst: Wenn man einen Strich unter den Bericht macht,
err Schauerte, und nicht nur immer der Regierung ei-
en zu verpricken versucht, wie das Ihre Aufgabe ist,
ann ist festzustellen,


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Ich wäre ja froh, wenn wir gut wären!)


ass Deutschland bescheinigt wird, dass es im Großen
nd Ganzen eine funktionierende Wettbewerbsordnung
nd auch eine funktionierende Wettbewerbsaufsicht hat,
ie internationale Vergleiche nicht zu scheuen braucht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

as heißt nicht, dass wir uns auf dem Erreichten aus-
uhen wollen, aber es gibt uns die Gelegenheit, in dieser
ebatte einmal über ein paar grundsätzliche Dinge zu re-
en.
Herr Brüderle – bestellen Sie Herrn Kinkel übrigens

inen schönen Gruß, wenn Sie mit ihm telefonieren; er
rbeitet jetzt bei der Telekom –,


(Heiterkeit bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Er war mal in der Regierung! Oberregulierer!)


ie haben eben gesagt, dass die Wettbewerbspolitik – –

(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)


Genug gebrüllt! Hören Sie mir bitte zu. Ich habe das
ben auch versucht.


(Rainer Brüderle [FDP]: Ich habe eben zugehört!)


Sie haben eben gesagt, dass die Wettbewerbspolitik
das unterstreichen auch wir Sozialdemokraten; darüber
ibt es gar keinen Streit – ein zentrales Element unserer
irtschafts- und Gesellschaftsordnung ist. Das weiß die
PD spätestens seit 1959. Ich möchte Sie aber ganz
erzlich darum bitten, dass Sie sich, wenn Sie über Wett-
ewerbspolitik reden, nicht immer nur die Bereiche he-
auspicken, die Ihnen passen, und andere Bereiche sanft
erschweigen. Ich möchte daran erinnern, dass Sie es
aren, die die Entwicklung hin zum Wettbewerb im






(A) )



(B) )


Hubertus Heil

Gesundheitswesen durch Ihr Veto gegen das Aufbrechen
des Monopols der Kassenärztlichen Vereinigung unter-
bunden haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich verbinde mit Ihrer Partei Karl-Hermann Flach und
viele andere große Liberale, die sich heute darüber auf-
regen müssten, welche alten Zöpfe bei der Handwerks-
ordnung, die schon 1969 abgeschnitten werden sollten,
Sie verteidigt haben. Ich frage mich, was das eigentlich
für eine FDP ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509707300

Herr Kollege Heil, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Brüderle?


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1509707400

Sehr gern.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Hier wird die Debattenzeit für die FDP aufgebläht! Das ist unerträglich!)



Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1509707500

Herr Kollege Heil, zu Ihrer Anmerkung zur Gesund-

heitspolitik: Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen,
dass Wettbewerb erfordert, dass auf beiden Seiten des
Marktes, bei Angebot und Nachfrage, auch tatsächlich
Wettbewerb herrschen muss? Wenn Sie bei der Kassen-
ärztlichen Vereinigung eine Öffnung vornehmen wollen,
dann müssen Sie aber auch das Monopol der gesetz-
lichen Krankenversicherung, die über 90 Prozent der
Nachfrage abdeckt, abschaffen und hier für Wettbewerb
sorgen. Sonst haben Sie keinen Wettbewerb.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Die sind im Wettbewerb!)



Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1509707600

Herr Kollege Brüderle, im Gegensatz zu den Kassen-

ärztlichen Vereinigungen stehen die gesetzlichen Kran-
kenversicherungen in Deutschland miteinander im Wett-
bewerb. Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will zu zwei Themen etwas sagen, die hier ange-
sprochen wurden. Erstens. Es wurde über den Telekom-
munikationsmarkt geredet, und zwar von Rednern, die
von diesem Thema offensichtlich nichts verstehen. Es ist
uns unterstellt worden, dass wir den Gesetzentwurf zum
Wohl der Monopolisten geändert hätten. Ich bitte Sie,
zur Kenntnis zu nehmen, was die Telekom und die Mit-
bewerber über die Änderungen sagen, die wir im Gesetz-
entwurf tatsächlich vorgenommen haben. Wir haben hin-
sichtlich der Regulierung bei den Vorleistungsprodukten
eine Regelung eingeführt, die dem Regulierer ein wirk-

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(C (D ich scharfes Schwert für die Marktöffnung an die Hand ibt. Alle, die sich auf diesem Markt ein wenig auskenen, wissen, dass dies ein ganz gewaltiger Schritt ist, um ei der erfolgreichen Liberalisierungsstrategie im Teleommunikationsmarkt voranzukommen. Ich bitte Sie, as zur Kenntnis zu nehmen und nicht einfach nur Ihre deologischen Feindbilder abzuspulen. Sie haben sich eier Debatte um ein Telekommunikationsgesetz verchlossen, weil es Ihnen lieber ist, uns über ein Feindbild n eine Ecke zu stellen, anstatt sich auf den Hosenboden u setzen und im Wirtschaftsausschuss konkrete Ändeungsanträge zu stellen. Das ist die Realität. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zum anderen möchte ich nun etwas zu dem sehr sen-
iblen Thema Pressefusionskontrolle sagen.


(Abg. Jörg Tauss [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)


Herr Kollege Tauss.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509707700

Wollen Sie dem Kollegen Tauss eine Zwischenfrage

ewähren?


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1509707800

Dem Kollegen Tauss gewähre ich gerne eine Zwi-

chenfrage, wenn es nicht zum Thema Datenschutz ist.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1509707900

Das haben wir doch anderweitig befriedigend geklärt,

ieber Kollege Heil.
Ich will beim Thema Presse auf Äußerungen unseres

erehrten Kollegen Schauerte über den Kauf einer Zei-
ung durch die SPD zurückkommen. Es ist vermutlich
ilder Neid, dass die SPD im Gegensatz zur CDU er-
olgreiche Unternehmensbeteiligungen hat.


(Lachen des Abg. Hartmut Schauerte [CDU/ CSU])


Das ist nachprüfbar. – Der guten Ordnung halber: Kön-
en Sie mir bestätigen, dass nicht die SPD, sondern ein
ußerst erfolgreiches Beteiligungsunternehmen, das der
PD gehört, gegenwärtig die Frage prüft, das in Rede
tehende Presseorgan zu erwerben? Ich bitte Sie diesbe-
üglich um Sachaufklärung. Möglicherweise wird das
em Kollegen Schauerte dann auch gleich klar.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1509708000

Herr Kollege Tauss, ich sage gerne etwas zu diesem

hema; denn jeder, der sich auch nur ein wenig für die
eschichte interessiert, muss sich über die Demagogie
diesen Begriff verwende ich hier bewusst –


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: So ist es doch! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist unfair!)


ei diesem Thema nicht nur ärgern, sondern wirklich
ufregen.






(A) )



(B) )


Hubertus Heil

Die deutsche Sozialdemokratie hat eine sehr stolze

Geschichte. Sie hat sich ihr ganzes Vermögen und ihre
gesamten Beteiligungen in ihrer Geschichte ehrlich erar-
beitet.


(Beifall bei der SPD)

Ich will darauf hinweisen, dass es in der Geschichte be-
reits zwei politische Kräfte von ganz rechts und ganz
links gab, die die SPD 1933 und nach dem Krieg enteig-
net haben. Heute verfügt die SPD wieder über Beteili-
gungen – beispielsweise an Zeitungen –, ohne jedoch
redaktionell Einfluss zu nehmen, was mich hin und wie-
der ärgert, wenn ich die „Hannoversche Allgemeine“
lese oder an einige Zeitungen in Ostdeutschland denke.

Wir haben diese Beteiligungen deshalb, weil Arbei-
terzeitungen gegründet wurden, weil Kommunisten und
vorher Nationalsozialisten uns enteignet haben und weil
wir nach der deutschen Einheit zu Recht wieder Anteile
zugesprochen bekommen haben.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Von welcher Regierung denn?)


Wir haben uns das selbst erarbeitet. Sie haben sich
schwarze Koffer zuschieben lassen. Das ist der Unter-
schied.


(Lebhafter Beifall und Bravo-Rufe bei der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509708100

Herr Kollege Heil, erlauben Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Schauerte?

Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1509708200

Sehr gern.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509708300

Bitte schön.

Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1509708400

Herr Kollege Heil, ich bin mehr als erstaunt darüber,

dass Sie mir, der ich einen sehr sachlichen Beitrag ge-
leistet habe,


(Beifall des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU] – Lachen bei der SPD)


der mit dem hier zu behandelnden Sachverhalt wirklich
sehr eng verbunden war – es geht um Pressebeteiligun-
gen und Meinungsvielfalt –, Demagogie unterstellen und
dass Sie mit einer solchen Retourkutsche reagieren. Sie
sind offensichtlich tief verletzt.

Können Sie bestätigen, dass wir heute ein modernes
Demokratieverständnis haben und dass wir darauf hinar-
beiten sollten, dass sich Parteien an der Produktion und
Veröffentlichung von Meinungen sowohl in den Print-
medien als auch in den Rundfunk- und Fernsehanstalten
so weit wie möglich nicht beteiligen sollten?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D önnen Sie auch bestätigen, dass es aufgrund dieses ittlerweile eigentlich unbestrittenen modernen Demoratieverständnisses mehr als eigenartig ist, dass die PD genau diesen Teil ihrer Beteiligungen jetzt auch och vergrößert? (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Es stimmt überhaupt nicht, dass das unbestritten ist! Das ist Ihre demagogische Meinung!)


äre es nicht modern, sich sukzessive daraus zurückzu-
iehen und in die Bereiche zu investieren, in denen man
icht in den Verdacht kommen kann, über Medien Mei-
ungen verändern, beeinflussen oder manipulieren zu
ollen?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1509708500

Herr Kollege Schauerte, zu Ihrer ersten Frage will ich

hnen sagen, dass die deutsche Sozialdemokratie in Sa-
hen Demokratieverständnis keine Belehrungen aus der
onservativen Ecke braucht.


(Beifall bei der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Offensichtlich doch!)


Nein.
Zweiter Punkt – das sage ich Ihnen in aller Ruhe –:
iese Debatte hat einen ganz konkreten Hintergrund. Sie
ersuchen in Hessen und Niedersachsen durch die Ände-
ung des Presserechts in diesem Bereich gerade, in das
igentum der SPD einzugreifen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Weil es nötig ist! Das ist gut für die Demokratie!)


ch sage Ihnen Folgendes: Erstens. Dieses Eigentum ist
n der Geschichte meiner Partei rechtmäßig erarbeitet
orden. Zweitens. Im Gegensatz zu dem, was Sie den
enschen diesbezüglich immer weismachen – oder bes-
er: schwarzmachen – wollen, nehmen wir in diesem Be-
eich keinen Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist doch gar nicht wahr! – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sie wissen doch, dass das nicht stimmt!)


ie versuchen ständig, das an die Wand zu malen. Die
ealität sieht anders aus. Schauen Sie sich einmal an,
elche Meinungskartelle aus der rechten Ecke es in
amburg beim letzten Wahlkampf gegeben hat!


(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Schauerte, ich mache Ihnen ein sachli-

hes Angebot. Über die 7. GWB-Novelle, die jetzt an-
teht, sollten auch die Berichterstatter in Ruhe und jen-
eits dieser aufgeregten Debatte miteinander reden.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Sie haben angefangen!)


ie haben Recht: Das GWB ist das Grundgesetz der
arktwirtschaft. Weil es der Sache dient, haben wir
iele Novellen im Bereich des GWB miteinander, also
ber die Parteigrenzen hinweg, erarbeitet.






(A) )



(B) )


Hubertus Heil

Ich bitte Sie deshalb ganz herzlich, mit uns sachlich

über die Situation am Zeitungsmarkt zu reden. Die Un-
terstellung, wir, die SPD, würden uns an diesem Bereich
zu schaffen machen, weil wir, wie Sie sagten, unser Me-
dienimperium ausbreiten wollen,


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ja, das ist so!)

ist schlicht und ergreifend eine Unverschämtheit, Herr
Schauerte. Das nenne ich Demagogie.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Beim Thema Pressefusionskontrolle – darauf hat die
Kollegin Hustedt hingewiesen – können und müssen wir
sehr sensibel miteinander darüber diskutieren, wie die
Lage ist. Wir alle wollen – ich finde, das sollte nieman-
dem in diesem Haus abgesprochen werden – Meinungs-
vielfalt und Wettbewerb auf dem Zeitungsmarkt in
Deutschland. Wir müssen allerdings zur Kenntnis neh-
men, dass sich auf dem deutschen Zeitungsmarkt eine
Reihe von Dingen verändert hat und wir nicht nur eine
konjunkturelle Krise haben. Nach einem Boom der Kon-
junktur im Zeitungsgeschäft im Jahre 2000 bestehen nun
strukturelle Probleme, über die man ernsthaft, sachlich
und in Ruhe miteinander reden muss.

Zu diesen strukturellen Problemen gehören erstens
ein verändertes Leseverhalten gerade bei jüngeren Lese-
rinnen und Lesern von Zeitungen, zweitens ein Rück-
gang der Werbe- und Anzeigenmärkte, weil die Zeitun-
gen in Deutschland einem härteren Wettbewerb mit
elektronischen Medien ausgesetzt sind, und drittens die
Konkurrenz, die die Tageszeitungen durch das Internet
erfahren. Wir müssen also darüber reden, in einer sol-
chen Situation lebensfähige Einheiten zu schaffen, die
am Markt bestehen können.

Wir als Fraktion werden uns die Vorschläge des Bun-
deswirtschaftsministers, wenn sie im Kabinett beschlos-
sen worden sind, sehr sorgfältig anschauen. Für uns gibt
es im Gegensatz zu Ihnen keine Vorfestlegung in diesem
Punkt. Wir werden das unideologisch prüfen,


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das tun wir auch!)


weil es uns um die Sache geht. Wir wollen hier keinen
Popanz aufbauen, Herr Schauerte. Wenn man das macht,
dann wird man feststellen, dass es tatsächlich Hand-
lungsbedarf gibt. Darüber, wie wir diese Handlungen
ausgestalten, lassen Sie uns sachlich miteinander reden.
Das Thema ist viel zu sensibel, als dass man es in einem
billigen polemischen Streit im Parlament ausfechten
sollte.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Beim Thema Pressefusionskontrolle werden wir mit
allen Beteiligten diskutieren: den Zeitungsverlegern, den
Gewerkschaften – Verdi hat sich hier sehr kritisch einge-
lassen –, dem Deutschen Journalisten-Verband, aber
auch den Verbraucherorganisationen. Nehmen Sie bitte
zur Kenntnis, was auf diesem Gebiet in Europa schon
stattgefunden hat: Ein aus Australien stammender Me-

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(C (D ientycoon ist auf dem britischen und amerikanischen arkt groß eingestiegen. Er könnte dies auch auf dem eutschen Markt tun, ohne dabei mit dem deutschen artellrecht in Konflikt zu geraten; denn das GWB umasst weder Australien, noch Amerika, noch Großbritanien. Weil das so ist, muss man darüber reden, wie die eutschen Verleger in Deutschland überlebensfähig sein önnen. Sind Sie denn im Ernst der Meinung, wir würden uns n der Pressefusionskontrolle zu schaffen machen, um euten, die Ihnen – wie der Springerkonzern – nahe steen, einen Gefallen zu tun? (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist doch die Grundlage der Regierungspolitik!)


önnen Sie uns im politischen Wettstreit nicht einfach
nterstellen, dass wir uns massiv Sorgen um den Zu-
tand des deutschen Zeitungsmarktes machen? So viel
rnsthaftigkeit muss in einer solchen Debatte sein. Wir
üssen uns doch in Ruhe darüber unterhalten können,
ie die Situation ist.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sie denken an Ihre Zeitungen, Herr Heil!)


ls Niedersachse weiß ich, dass nicht alles eigenstän-
ige Zeitungen sind. Wir haben es in diesem Bereich mit
ielen Mantelteilen zu tun. Wir müssen sehr sorgfältig
arüber reden, was an Möglichkeiten für Zusammen-
chlüsse unter der Bedingung geschaffen werden kann,
ass die Zeitungen auch zukünftig ihre redaktionelle Ei-
enständigkeit bewahren.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sie denken an Ihr Zeitungsimperium!)


Es geht in diesem Bereich auch um Beschäftigung.
eden Sie einmal mit Journalistinnen und Journalisten
arüber, was auf dem Zeitungsmarkt heute los ist. Reden
ie einmal mit Redaktionen, in denen es kaum noch fest
ngestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Dann nehmen Sie da mal den Wettbewerb heraus!)


eden Sie mal mit Journalisten in Berlin, die in einem
erdammt harten Wettbewerb miteinander stehen, was
azu führt, dass immer mehr ausscheiden. Sie können
war sagen, dass dies ein Lehrsatz der Marktwirtschaft
st: Die Stärksten setzen sich durch. Wenn Ihnen aber
irklich an Vielfalt gelegen ist, dann bitte ich Sie, über
as Thema Pressefusionskontrolle ein bisschen ernsthaf-
er zu diskutieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluss
agen: Der Bericht enthält eine Fülle von Hinweisen.
err Brüderle hat gefragt, was Sozialdemokraten tun,
m eine Antwort auf den Bericht zu geben, in dem mehr
ettbewerb gefordert wird. Ich verweise Sie nicht nur
uf die Agenda 2010, sondern auch auf das Telekommu-
ikationsgesetz, das wir morgen verabschieden werden
nd einen weiteren Schub für die Branche bringen wird.






(A) )



(B) )


Hubertus Heil

Wenn Sie es ablehnen, dann werden wir uns im Vermitt-
lungsausschuss wiedersehen. Ich bin sicher, dass wir für
die Telekommunikationsbranche noch vor dem Sommer
einen vernünftigen Kompromiss zustande bringen wer-
den, der für mehr und wirksamen Wettbewerb in
Deutschland sorgen wird.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Den hätten Sie schneller haben können!)


Wir werden zum Zweiten im Bereich der Energiewirt-
schaft durch die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes
dafür sorgen,


(Rainer Brüderle [FDP]: Machen Sie es doch gleich richtig!)


dass auch hier eine weitere Marktöffnung im Bereich
von Strom und Gas stattfinden kann. Wir brauchen dafür
eine staatliche Regulierung. Frau Kopp, mir ist es voll-
kommen egal gewesen, ob das Kartellamt oder die Re-
gulierungsbehörde dafür zuständig ist. Ich kann nur
Helmut Kohl zitieren. Wenn es etwas Vernünftiges ist,
gilt der Satz: Wichtig ist, was hinten rauskommt.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Nein!)

Ich sage Ihnen auch: Es ist nicht ehrenwert, auf der ei-

nen Seite zu sagen, es werde massiv Personal aufge-
stockt, auf der anderen Seite aber immer mehr Regulie-
rung im Interesse des Wettbewerbs – zu Recht – zu
fordern. Dafür braucht man Personal. Wir brauchen die
Regulierung für einen Übergang in diesen netzgebunde-
nen Industrien, um im Interesse der Unternehmen, im In-
teresse der Verbraucherinnen und Verbraucher und im
Interesse des Wirtschaftsstandortes Deutschland Wettbe-
werb zu ermöglichen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509708600

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1509708700

Die SPD-Bundestagsfraktion, die Koalition und auch

die Bundesregierung brauchen in Sachen Wettbewerb
von Klientelparteien keine Belehrung. Wir verstehen
mehr davon.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509708800

Das Wort hat jetzt der Kollege Ernst Hinsken von der

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Jetzt kommt der Kartellexperte aus Amberg!)



Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1509708900

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Diese Debatte ist von dem Pressefusionsgesetz und dem
Telekommunikationsgesetz sowie von den Energiepro-
blemen geprägt. Auf der Tagesordnung steht aber etwas
ganz anderes. Es geht um mehr. Es geht um den Bericht

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(C (D es Bundeskartellamtes. Dem möchte ich mich vorranig widmen. Wer im Internet die Aufgaben des Bundeskartellamts bruft, stellt fest, dass der Schutz des Wettbewerbs zu en zentralen ordnungspolitischen Aufgaben in einer arktwirtschaft gehört. Wettbewerb, so möchte ich ausrücklich unterstreichen, ist das Herzblut einer funktioierenden Marktwirtschaft. Wettbewerb reguliert sich icht von selbst. Es gilt zu verhindern, dass große Unterehmen ihre Marktmacht schrankenlos ausspielen. Deshalb möchte ich ein klares Bekenntnis zur Aufga enstellung des Kartellamtes, des Gralshüters des Wettewerbs, mit den 270 Beschäftigten ablegen. Das Buneskartellamt hat sich im Inund Ausland einen usgezeichneten Ruf erworben. Darauf kann es meiner einung nach zu Recht stolz sein. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, dunkle Wolken iehen auf. ußerst kritisch möchte ich deshalb aus aktuellem Anass die auf europäischer Ebene beschlossene teilweise erdrängung des nationalen Kartellrechts bewerten. ie ist nicht nur ein Verstoß gegen das Subsidiariätsprinzip, sondern auch nachhaltig abzulehnen. Wir ürfen uns hier von der europäischen Ebene nicht das eft aus der Hand nehmen lassen. Reine europäische orstellungen dürfen nicht einfach zu deutschem Recht rhoben werden. Nicht alles, was uns von der EU überestülpt wird, ist immer gut. Es muss deshalb für uns, en Bundestag, ein großes Anliegen sein, den spezifichen Mittelstandsschutz im deutschen Kartellrecht auch uf europäischer Ebene zu verankern. Denn die Leitliien zur horizontalen Wettbewerbsbeschränkung der U-Kommission legen hier einen Maßstab zugrunde, er sich zum Nachteil des deutschen Mittelstandes ausirkt. Das europäische Kartellrecht geht nur gegen die arktbeherrschung vor. Was wir aber brauchen, ist die m deutschen Recht geltende Beibehaltung des Schutzes or Missbrauch der relativen Marktbeherrschung, wie ie Bundesregierung dies – das möchte ich ausdrücklich nerkennen – zu Recht vorsieht. Da gibt es keinen Disens. Besonders wichtig ist vor dem Hintergrund der ortschreitenden Europäisierung des Kartellrechts aber, ass die mühsam, auch mithilfe des Bundeskartellamtes, rstrittene nationale Regelungsfreiheit im Bereich der issbrauchsaufsicht stärker genutzt wird. Hier ist die undesregierung gefordert. Das Bundeskartellamt steht jetzt vor der Aufgabe, die urch das europäische Recht sich verstärkenden Verachtungen und Konzentrationsentwicklungen über ine aktive und stringente Anwendung insbesondere des 20 GWB zu stemmen. In diesem Zusammenhang ordere ich die Bundesregierung dringend auf, bei der erzeit anstehenden Novellierung dafür zu sorgen, dass as Bundeskartellamt bei der Rechtsanwendung sozusaen über ein scharfes Schwert verfügt, um aus unserer Ernst Hinsken Sicht erfolgreich zu sein. Denn bereits im Bericht der Monopolkommission, über den wir im vergangenen Jahr diskutiert haben, ist der Bundesregierung ins Stammbuch geschrieben worden, dass die Großen immer größer werden und die Kleinen – also Mittelstand und Handwerk – nach und nach verschwinden. Konkursverwalter haben Hochkonjunktur. Das ist besorgniserregend und das möchte ich nachdrücklich ansprechen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rainer Brüderle [FDP])


(Beifall des Abg. Hubertus Heil [SPD])


(Zurufe von der SPD: Oh!)





(A) )


(B) )


Es ist nicht nachvollziehbar, dass kritische Stellung-
nahmen des Bundeskartellamtes zu Gesetzgebungs-
vorhaben der Bundesregierung vom Bundeswirtschafts-
ministerium meist nicht berücksichtigt werden, wie es
besonders bei der Novellierung des Energiewirtschafts-
gesetzes und der GWB-Novelle sichtbar wird. Der Kol-
lege Schauerte hat dies bereits ausgeführt. Herr
Brüderle, auch Ihnen möchte ich beipflichten. Sie haben
hierzu Richtungweisendes gesagt.


(Lachen bei der SPD)

Eines ist klar: Wir brauchen für den Standort

Deutschland auch Großunternehmen. Der Staat darf
diese aber nicht auf Kosten des Mittelstandes bevortei-
len. Das ist ein Gebot für uns alle, unabhängig davon,
auf welcher Seite des Bundestages wir sitzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rainer Brüderle [FDP] – Zuruf von der SPD: Da hat er Recht!)


Lassen Sie mich kurz, ebenso wie meine Vorredner,
auf das Pressefusionsrecht eingehen.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Lohnendes Thema!)


Nicht nur wegen des Erhalts der Meinungsfreiheit in ih-
rer derzeit sehr vielfältigen Form, sondern auch aus wirt-
schaftspolitischen Gründen lehne ich den Entwurf von
Bundesminister Clement ab. Herr Heil, hier liegen Wel-
ten zwischen uns. Ich kann die von Ihnen hier vertrete-
nen Meinungen, die sich mit denen von Bundeswirt-
schaftsminister Clement decken, nicht nachvollziehen.

Viele mittelständische Verlagshäuser werden von der
großen Konkurrenz geschluckt. Das schadet dem wirt-
schaftlichen Wettbewerb. Auch die werbetreibende
Wirtschaft ist auf die Vielfalt der kleinen und mittleren
Zeitungen angewiesen. Das, was Bundesminister
Clement, aber auch Sie, Herr Andres, beabsichtigen, hat
doch zur Folge, dass die Großen gestärkt werden,


(Hubertus Heil [SPD]: Nein!)

dass es zu einer inhaltlichen Verarmung im Blätterwald
kommt


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Das sagen ausgerechnet Sie!)


und dass es zudem weniger Wettbewerb gibt. Dies ist
meiner Meinung nach ein ordnungspolitischer Sünden-
fall, den wir – insbesondere die CSU – auf keinen Fall
mitmachen werden.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rainer Brüderle [FDP])


Besonders krass ist die Konzentration im Einzel-
andel. Hier brennt Feuer auf dem Dach. Im vergange-
en Jahr wurden im Einzelhandel 50 000 Mitarbeiter
ntlassen. So viele waren es noch nie in einem Jahr.
Meines Wissens sind in den vergangenen Jahren fast

0 Prozent der Verkaufsfläche für hochwertige Marken-
rtikel weggebrochen. Dieses Flächensterben des Fach-
andels muss gestoppt werden. Auch hierbei gilt es, die
ielfalt so weit wie möglich zu erhalten. Es sind doch ir-
eversible Schäden, wenn in den Innenstädten immer
ehr Großfilialisten den Ton angeben und das Erschei-
ungsbild bestimmen. Hier dürfen wir nicht weiter zu-
chauen. Auch der Verbraucher will das nicht. Er will le-
endige Innenstädte. Deutschland darf kein reines
iscountland werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Rainer Brüderle [FDP])


Es ist doch katastrophal, dass allein 2003 aus diesem
rund und aufgrund der katastrophalen rot-grünen
irtschaftspolitik der Einzelhandel über 35 000 Ge-
chäfte verloren hat. Das sind 35 000 Unternehmer-
chicksale.
Es gilt, den Schutz vor dem Missbrauch der Nach-

ragemacht zu verbessern; denn die Großen schlagen
ftmals bei ihren mittelständischen Zulieferern Sonder-
onditionen heraus, von denen kleine Unternehmen nur
äumen können. Es gilt deshalb, die Vielfalt und Selbst-
tändigkeit im Mittelstand zu erhalten. Der Mittelstand
raucht eine Renaissance, die ihm insbesondere über das
artellrecht zuteil werden muss.
Lassen Sie mich zum Abschluss feststellen: Wettbe-
erb ist nur fair, wenn er auch leistungsgerecht ist. Die
undesregierung sollte sich eines klar machen: Es geht
icht um Wettbewerb um jeden Preis, sondern um Wett-
ewerb in Vielfalt. Wir sind für Deregulierung, aber
icht um der Deregulierung willen. Das, was die Bun-
esregierung vorhat, führt nicht zu mehr Wettbewerb,
ondern zu weniger Wettbewerbern. Das ist nicht unsere
olitik und dementsprechend kämpfen und streiten wir.
m Ausschuss werden wir noch genügend Gelegenheiten
aben, uns diesbezüglich auseinander zu setzen.
Für Ihre Aufmerksamkeit darf ich mich herzlich be-

anken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509709000

Danke schön. – Ich schließe damit die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen

uf den Drucksachen 15/1226 und 15/760 an die in der
agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ind Sie einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die
berweisungen so beschlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 22 a bis 22 c sowie

Zusatzpunkt 3 auf:
22 a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten

Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Reichsvermögen-Gesetzes
– Drucksache 15/2135 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Rechtsausschuss

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver-
trag vom 13. Mai 2002 zwischen der Bundesre-
publik Deutschland und Kanada über die
Rechtshilfe in Strafsachen
– Drucksache 15/2598 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zu-
satzvertrag vom 13. Mai 2002 zu dem Vertrag
vom 11. Juli 1977 zwischen der Bundesrepu-
blik Deutschland und Kanada über die Auslie-
ferung
– Drucksache 15/2599 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Karin
Rehbock-Zureich, Sören Bartol, Uwe
Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD sowie der Abgeordneten Albert
Schmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln),
Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN
Die Bahnreform konsequent weiterführen
– Drucksache 15/2658 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
ten Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 23 a bis 23 h sowie
die Zusatzpunkte 4 a und 4 b auf. Es handelt sich um Be-
schlussvorlagen, zu denen keine Aussprache vorgese-
hen ist.

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(C (D Tagesordnungspunkt 23 a: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung einer Repräsentativstatistik über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt sowie die Wohnsituation der Haushalte – Drucksache 15/2543 – Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 15/2673 – Berichterstattung: Abgeordnete Barbara Wittig Kristina Köhler Silke Stokar von Neuforn Ernst Burgbacher Der Innenausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 15/2673, den Gesetzenturf auf der Drucksache 15/2543 anzunehmen. Ich bitte iejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, m das Handzeichen. – Stimmt jemand dagegen? – Gibt s Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweier Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angeommen worden. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, sich zu erheben, enn Sie zustimmen wollen. – Stimmt jemand dagegen? Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit uch in dritter Lesung einstimmig angenommen worden. Tagesordnungspunkt 23 b: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit – zu der Verordnung der Bundesregierung Einundsechzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung – zu der Verordnung der Bundesregierung Einhundertzweite Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste – Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung – – zu der Verordnung der Bundesregierung Einhundertachtundvierzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste – Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz – – Drucksachen 15/2355, 15/2442 Nr. 2.2, 15/2356, 15/2442 Nr. 2.3, 15/2354, 15/2442 Nr. 2.1, 15/2534 – Berichterstattung: Abgeordneter Erich G. Fritz Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be schlussempfehlung auf Drucksache 15/2534, die Aufhebung der Einundsechzigsten Verordnung der Bundesregierung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung auf Drucksache 15/2355 nicht zu verlangen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen worden. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung, die Aufhebung der Einhundertzweiten Verordnung der Bundesregierung zur Änderung der Ausfuhrliste auf Drucksache 15/2356 auch nicht zu verlangen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen worden. Der Ausschuss empfiehlt schließlich unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung, die Aufhebung der Einhundertachtundvierzigsten Verordnung der Bundesregierung zur Änderung der Einfuhrliste auf Drucksache 15/2354 ebenfalls nicht zu verlangen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen worden. Tagesordnungspunkt 23 c: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Verordnung der Bundesregierung Verordnung zur Umsetzung EG-rechtlicher Vorschriften, zur Novellierung der Zweiundzwanzigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft – 22. BImSchV)


(Mikrozensusgesetz 2005 – MZG 2005)


(Erste Beratung 94. Sitzung)


(9. Ausschuss)


(AWV)





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(B) )

der Dreiundzwanzigsten Verordnung zur
Durchführung des Bundes-Immissionsschutz-

(Verordnung über die Festlegung von Konzentrationswerten – 23. BimSchV)

– Drucksachen 15/2407, 15/2442 Nr. 2.4,
15/2682 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Astrid Klug
Marie-Luise Dött
Winfried Hermann
Birgit Homburger

Der Ausschuss empfiehlt, die Verordnung in der
Ausschussfassung anzunehmen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung des Ausschusses? – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und
FDP bei Enthaltung der CDU/CSU angenommen. Es
gab keine Gegenstimmen.

Tagesordnungspunkt 23 d:
Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)


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(C (D Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Drucksachen 15/1672, 15/2176, 15/2555, 15/2607 – Berichterstattung: Abgeordnete Gudrun Schaich-Walch Der Vermittlungsausschuss hat gemäß § 10 Abs. 3 atz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, dass im eutschen Bundestag über die Änderungen gemeinsam bzustimmen ist. Wer stimmt für die Beschlussmpfehlung des Vermittlungsausschusses auf Druckache 15/2607? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthalungen? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig ngenommen worden. Wir kommen nun zur Abstimmung über die Empfeh ungen des Petitionsausschusses. Tagesordnungspunkt 23 e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 99 zu Petitionen – Drucksache 15/2582 – Wer stimmt dafür? – Stimmt jemand dagegen? – Gibt s Enthaltungen? – Sammelübersicht 99 ist einstimmig ngenommen worden. Tagesordnungspunkt 23 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 100 zu Petitionen – Drucksache 15/2583 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Auch Sammelübersicht 100 ist einstimmig angeommen worden. Tagesordnungspunkt 23 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 101 zu Petitionen – Drucksache 15/2584 – Wer stimmt dafür? – Gibt es Gegenstimmen? – Entaltungen? – Sammelübersicht 101 ist einstimmig angeommen worden. Tagesordnungspunkt 23 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 102 zu Petitionen – Drucksache 15/2585 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es nthaltungen? – Sammelübersicht 102 ist mit den Stimen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der pposition angenommen worden. Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer Zusatzpunkt 4 a: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes – Drucksache 15/1471 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 15/2676 – Berichterstattung: Abgeordnete Erika Simm Joachim Stünker Ingo Wellenreuther Jerzy Montag Rainer Funke Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/2676, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen worden. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn Sie zustimmen wollen. – Stimmt jemand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit auch in dritter Lesung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen worden. Zusatzpunkt 4 b: Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP Die parlamentarische Dimension des euromediterranen Barcelona-Prozesses mit der Euromed PV stärken – Drucksache 15/2660 – Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/2661 vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen von CDU/CSU abgelehnt worden. Wer stimmt für den Antrag auf Drucksache 15/2660? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bei Enthaltung der CDU/CSU angenommen worden. Wir kommen nun, wie bereits heute Morgen angekündigt, zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf nachträgliche Überweisung der Entwürfe eines Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes an den Haushaltsausschuss gemäß § 96 der Geschäftsordnung. W h u C d l F F d h d l c s g A v V w e s (C (D er stimmt für diesen Antrag? – Gegenstimmen? – Entaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen von SPD nd Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von DU/CSU und FDP abgelehnt worden. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung – Drucksache 15/2149 – – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung – Drucksachen 15/2562, 15/2591 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung – Drucksache 15/2678 – Berichterstattung: Abgeordneter Andreas Storm Zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und es Bündnisses 90/Die Grünen, über den später namentich abgestimmt wird, liegen drei Änderungsanträge der raktion der FDP sowie je ein Entschließungsantrag der raktion der CDU/CSU und der FDP vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst ie Abgeordnete Gudrun Schaich-Walch. Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kol egen! Angesichts der Bedeutung, die die Rentenversiherung für die Menschen in unserem Land hat, wäre es icher gut, wenn wir den vorliegenden Gesetzentwurf emeinsam beschließen könnten. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)





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(Erste Beratung 66. Sitzung)


(Erste Beratung 83. Sitzung)


(Erste Beratung 94. Sitzung)


(13. Ausschuss)


(Beifall bei der SPD)

Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1509709100

ber Sie, meine Damen und Herren von der Union und
on der FDP, konnten sich nicht entscheiden. Der CDU-
izeparteichef Rüttgers hat, wie ich meine, schon Recht,
enn er seine eigene Partei sehr eindeutig auffordert,
ndlich ein eigenes, von CDU und CSU gemeinsam be-
chlossenes Rentenkonzept vorzulegen.






(A) )



(B) )


Gudrun Schaich-Walch


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Es liegt doch vor!)


Auch ich muss Sie heute fragen: Wo ist eigentlich Ihr
Gesetzentwurf? Wo sind Ihre Vorstellungen zur Bewälti-
gung des demographischen Wandels in diesem Land?

Wenn ich mir Ihren Entschließungsantrag anschaue,
komme ich allerdings zu der Feststellung, dass es neben
allen möglichen Dingen, auf die Sie dort eingehen,


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Nichts gewusst und nichts bekannt!)


einen wesentlichen Punkt gibt, nämlich, dass Sie beim
Nachhaltigkeitsfaktor offensichtlich unserer Meinung
sind. Wenn das so ist, Herr Storm, frage ich mich, wa-
rum Sie nicht zustimmen


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Weil das nicht kompatibel ist mit den anderen Vorhaben!)


und wie Sie auf die abstruse Idee kommen, wir müssten
die heutige Debatte vertagen. Ich habe nämlich nicht den
Eindruck, dass es Ihnen auch bei einer weiteren Woche
Zeit gelingen würde, ein gemeinsames Konzept vorzule-
gen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auf Ihre Bemerkung, für diese wichtige Debatte hät-
ten wir nicht genügend Zeit gehabt, entgegne ich Ihnen:
Sie wurde durch einen Kabinettsentwurf am 19. Oktober
initiiert, die erste Lesung fand am 12. Dezember statt,
parallel dazu gab es ein Anhörungsverfahren. Jetzt sind
wir etwas mehr als drei Monate weiter.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Warum legen Sie dann seit Dienstag so einen Unsinn vor?)


Diese Zeit haben Sie offensichtlich nicht genutzt.
Jetzt möchte ich gerne zu den eigentlichen Gegen-

ständen kommen, nämlich zur Entwicklung der gesetz-
lichen Rentenversicherung. Sie ist in diesem Land in-
zwischen zu einem Thema für alle Menschen geworden:
für die jungen und für die alten. Für die Jungen stehen
mehr die Beitragshöhen im Vordergrund, für die Älteren
ist die Anpassung der Rente wichtig. Allen gemeinsam
ist, dass sie eine sichere und eine leistungsfähige Rente
erwarten.

Kolleginnen und Kollegen, ich denke, wir sind uns
weitgehend darin einig, dass man, wenn man die umla-
gefinanzierte Rentenversicherung im Vergleich zu al-
len anderen Formen, die wir haben, bewertet, zu der
Feststellung kommt, dass sie all diesen Formen weit
überlegen ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Alle haben ihre Vorteile!)


Nur die umlagefinanzierte Rente garantiert, dass die Äl-
teren am Einkommensfortschritt der aktiv Beschäftigten
teilhaben. Sie bietet Schutz vor dem Inflationsrisiko.

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(C (D enn was sagt das schon aus, wenn eine Lebensversiherung jetzt für später eine Zahlung von 50 000 Euro arantiert? Was bedeutet das tatsächlich im Jahre 2040? a ist die Rentenversicherung überlegen. Sie garantiert einen Festbetrag, sondern ein Einkommen. Das ist, wie ch denke, der existenzielle Unterschied zwischen beien Formen. Die Umlagefinanzierung ist unabhängig von den Risi en des Kapitalmarktes. Kapitalbildung ist als ergänende Vorsorge sinnvoll. Das wollen auch wir. Man uss sich aber darüber im Klaren sein: Zur alleinigen inkommenssicherung ist sie denkbar ungeeignet. ie Erfahrungen, die die US-amerikanischen Rentnerinen und Rentner Mitte der 90er-Jahre gemacht haben nd die die britischen im Augenblick mit ihren Pensionsonds machen, führen sehr deutlich vor Augen, dass es icht gut ist, wenn Alterssicherung vom Aktienkurs abängig ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Unsere beitragsbezogene Rentenversicherung ent-
pricht dem grundlegenden Gerechtigkeitsverständnis
er Menschen. Die Höhe der Renten spiegelt den Wert
er eingezahlten Beiträge wider. Letztendlich müssen
ir auch würdigen, dass es uns gelungen ist, dass im
ahmen der Rentenversicherung Leistungen anerkannt
erden, die der Gesellschaft zugute gekommen sind, für
ie der Einzelne aber keine Beiträge hat entrichten müs-
en. Deutlich weise ich da noch einmal auf die Verbesse-
ung hin, die durch uns bei der Einbeziehung der Kin-
ererziehungszeiten erzielt worden ist. Hiermit erwirbt
an einen Anspruch, der einer Beitragszahlung von
700 Euro entspricht. Ein Durchschnittsverdiener hätte
afür drei Jahre lang Beiträge zahlen müssen.
Allerdings – das ist für mich ein sehr entscheidender
rund – müssen diese Leistungen steuerfinanziert sein.
ie sind familienpolitische Leistungen und familienpoli-
ische Leistungen sind gesamtgesellschaftliche Leistun-
en. Wir sind bei der Krankenversicherung gemeinsam
n diese Richtung gegangen. Die neuesten Vorschläge
er CSU, Kindererziehungszeiten durch höhere Beiträge
inderloser zu finanzieren, kann ich vor diesem Hinter-
rund nicht ganz verstehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sagen Sie einmal etwas zur Niveausicherung!)


as geht in die falsche Richtung. Richtiger wäre es, Sie
ürden es steuerfinanzieren und nicht mit diesem An-
atz die Gesellschaft spalten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Da bräuchten wir erst einen anderen Finanzminister!)


Es geht uns bei dieser Rentenreform darum, dass alle
iese Vorteile erhalten bleiben. Wir sehen aber auch,
ass wir sie, wenn wir sie erhalten wollen, den veränder-
n Rahmenbedingungen anpassen müssen.






(A) )



(B) )


Gudrun Schaich-Walch

Mit der Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors in

die Rentenanpassungsformel berücksichtigen wir die
demographischen Veränderungen im Altersaufbau.
Steigt die Zahl der Rentenempfängerinnen und -empfän-
ger, so fällt die Rentenanpassung schwächer aus, steigt
die Zahl der Beschäftigten, so wirkt sich dies positiv auf
die Rentenanpassung aus. Die Lasten der demographi-
schen Entwicklung werden so auf alle Generationen
verteilt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bereits mit der
Rentenreform 2001 haben wir beschlossen, dass die Bei-
tragssätze bis zum Jahr 2020 20 Prozent und bis zum
Jahr 2030 22 Prozent nicht übersteigen sollen. An die-
sem Beitragsziel halten wir fest.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann kann man keine Niveausicherung machen!)


Aber ebenso wie die Höhe der Beiträge muss die Ren-
tenpolitik die Höhe der Leistungen im Auge behalten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist die Quadratur des Kreises!)


– Das ist nicht die Quadratur des Kreises. Was wir Ihnen
vorgelegt haben, bezieht sich auf die aktuelle offizielle
Datenlage. Auf dieser Grundlage errechnen sich die von
uns angegebenen Zahlen.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Was denn jetzt: 43 oder 46?)


– 43 und 46 Prozent.

(Widerspruch bei der CDU/CSU)


– Ja, 2020 46 Prozent und 2030 43 Prozent.
Wenn wir – da haben wir es uns nicht leicht gemacht,

aber ich denke, das ehrt uns – 2020 die 46 Prozent ha-
ben, dann ist die Bundesregierung aufgefordert, zu
schauen, welche Möglichkeiten der Sicherung dieses Ni-
veaus es in der Zukunft gibt. Ich denke, es gibt einen
ganzen Strauß von Dingen, bei denen wir ansetzen kön-
nen: Wir müssen dafür sorgen, dass das Renteneintritts-
alter tatsächlich 65 Jahre beträgt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir müssen – da sind wir aktiv dran; das ist auch eine
Frage der Beitragshöhe – für mehr Beschäftigung sor-
gen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Frauenerwerbs-
quote steigt. Wenn wir all das erreicht haben, dann haben
wir eine gute Ausgangssituation. Die Aufgabe wird dann
sein, daran zu arbeiten, dass das Niveau gesichert bleibt.

Wenn Sie an diesem Punkt sagen, das sei schlecht ge-
rechnet –


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Das ist schlecht gerechnet!)


ich habe heute auch gelesen, was viele andere dazu sa-
gen –, dann kann ich Ihnen nur eines mit auf den Weg
geben. Wir haben in den Bericht aufgenommen, dass wir
dann durchaus schauen müssen: Wie ist die Erwerbs-
quote? Wie ist das Renteneintrittsalter? Wie ist die Be-
schäftigungssituation? Wenn wir die 46 Prozent sichern

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(C (D ollen, werden wir in diesem Zusammenhang auch daüber reden müssen, wie sich der Einstieg in das Renenalter allgemein entwickelt. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir, – Denken Sie bitte an die Zeit, Frau Kollegin? – wenn wir diese Punkte zusammennehmen, ein ver ünftiges Gesamtversorgungsniveau haben, dass wir die ente gut gesichert haben, angemessen auf die wirtchaftlichen und demographischen Veränderungen reaiert haben und unser Umlagesystem gesichert haben. ls die umlagefinanzierte dynamische Rente 1957 von hnen eingeführt wurde, – Frau Kollegin! – hat die SPD diese mitgetragen. (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Die nehmen den Kolleginnen und Kollegen die Zeit weg!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509709200
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1509709300
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509709400
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1509709500

ch denke, Sie sollten zur Absicherung dieses Systems
ie jetzt notwendigen Änderungen ebenfalls mittragen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509709600

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Horst Seehofer.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1509709700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Das Werk, das wir heute beraten, nennt sich
entenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz. Die Litera-
ur umschreibt „Nachhaltigkeit“ wie folgt: „den Bedürf-
issen der heutigen Generation zu entsprechen, ohne die
öglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden.“


(Zurufe von der SPD: Richtig! – Genau das ist es!)


Gemessen an diesen beiden Zielen erfüllt die Renten-
eform der rot-grünen Koalition


(Peter Dreßen [SPD]: Alle Bedingungen!)

ein einziges,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

eder die Sicherheit für die Rentnerinnen und Rentner
on heute noch die Verlässlichkeit für die Lebensplanun-
en der künftigen Generationen.


(Dr. Wolfgang Wodarg [SPD]: Dazu gehört auch mehr als ein Gesetz!)







(A) )



(B) )


Horst Seehofer

Weil diese Rentenreform, Frau Schaich-Walch, eine

reine Farce ist, gibt es keine Gemeinsamkeit in der Ren-
tenpolitik und deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf ab.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vieles erinnert mich heute an die Rentendebatte vor
drei Jahren.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das kann man wohl sagen!)


Damals gab es im Vorfeld die gleiche Debatte über das
Rentenniveau, die gleichen Annahmen, die zum Zeit-
punkt der Verabschiedung schon überholt waren, und die
gleichen koalitionsinternen Querelen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)

Wir wissen, dass diese „Jahrhundertreform“ nicht einmal
eineinhalb Jahre gehalten hat.

Der Bundeskanzler hat im letzten Jahr die Wahrheit
dazu gesagt, nämlich dass Rot-Grün in der Rentenpolitik
Fehler gemacht hat. Der erste Fehler war die Rück-
nahme des demographischen Faktors in der Rentenre-
form der Regierung unter Helmut Kohl. Auf dieser Fehl-
entscheidung gründen viele Probleme, die wir heute
haben.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: So ist es!)

Dieser Fehler hatte weit reichende Folgen. Es hat

nämlich nichts mit äußeren Einflüssen auf die Renten-
versicherung zu tun, dass es in diesem Jahr zu einer viel-
fachen Belastung der älteren Generation kommt und
dass wir in diesem Jahr zum ersten Mal in der Ge-
schichte der deutschen Rentenversicherung Rentenkür-
zungen erleben. Es handelt sich vielmehr um die Folgen
Ihrer falschen Rentenpolitik der letzten Jahre.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es gibt heute keine Sicherheit für die Rentnerinnen

und Rentner. Zum ersten Mal gibt es Rentenkürzungen
in Deutschland. Der Volksmund sagt zwar, dass man aus
Fehlern lernt und dass man aus Fehlern klug wird. Sie
aber wiederholen die Fehler der Rentenreform vor drei
Jahren. Damals wurde ein Rentenniveau von 67 Prozent
genannt, obwohl es sich in Wahrheit um ein Renten-
niveau von 64 Prozent handelte. Jetzt steht im Gesetz ein
Niveau von 43 Prozent, das einem Niveau von netto
mehr als 50 Prozent entsprechen soll. Das verstehe, wer
will. Niemand blickt mehr durch.

Ein ganz großer Witz ist Ihr Änderungsantrag. Ich bin
zwar schon lange im Bereich der Rentenpolitik tätig,
aber einen Witz von dieser Qualität habe ich noch nicht
erlebt. Auf der einen Seite wollen Sie langfristig stabile
Beiträge in Höhe von 22 Prozent und auf der anderen
Seite ein Mindestrentenniveau in Höhe von 46 Prozent
durch dieses Gesetz erreichen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das passt nicht zusammen!)


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(C (D enn Sie es mit diesem Mindestrentenniveau ernst meien, dann müssen Sie der jungen Generation sagen, dass ie in Zukunft annähernd 24 Prozent Beitrag zur gesetzchen Rentenversicherung zu zahlen hat. Ich möchte Ihnen sagen, warum ich diesen Antrag als itz bezeichne. Wenn die Koalition gar nichts machen ürde, dann gäbe es im Jahr 2030 einen Beitragssatz on gut 24 Prozent. Wenn der Antrag, den Sie heute einringen, befolgt würde, dann gäbe es im Jahr 2030 einen eitragssatz von annähernd 24 Prozent. arauf kann es nur eine Antwort geben: Nehmen Sie die entenreform vom Tisch! Denn Sie kommen ohne Rennreform fast zum gleichen Ergebnis wie mit Rentenreorm. Wenn Sie sowohl das Mindestrentenniveau als auch ie Beitragssätze in der genannten Höhe erreichen woln, dann bleibt als einzige Möglichkeit – Sie müssen eute erklären, ob Sie das wollen – die Verlängerung er Lebensarbeitszeit bis zum 70. Lebensjahr. (Peter Dreßen [SPD]: Oder mehr Erwerbspersonen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Zuruf des Abg. Peter Dreßen [SPD])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


nders macht diese Zielsetzung keinen Sinn.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Diese irreale Debatte über Beitragssatz und Min-
estrentenniveau ist die gleiche Debatte wie vor drei
ahren. Durch die gestiftete Verwirrung werden die Fra-
en in der Rentenpolitik nicht beantwortet, sondern
adurch werden nur neue Fragen aufgeworfen. Die Ver-
bschiedung der heutigen Rentenreform ist daher nichts
nderes als der Auftakt zu einer neuen Rentendebatte in
eutschland, weil Sie keine der anstehenden Fragen mit
hrer Rentenreform beantworten.
Wir sagen der Bevölkerung klipp und klar:

(Lachen bei der SPD – Zuruf von der SPD: Ja, was denn?)

ie gesetzliche Rente wird ab 2020, 2025 oder 2030
icht mehr die Funktion erfüllen können, die sie über
0 Jahre lang erfüllt hat.


(Zuruf von der SPD: Was heißt das klipp und klar?)


ie wird nicht mehr den Lebensstandard sichern kön-
en. Die Rente wird für viele nur eine Basisabsicherung
ein. Zur Ehrlichkeit im Umgang mit der jungen Genera-
on gehört die klare Aussage, dass die gesetzliche Rente
Zukunft die Lebensstandardsicherung nicht mehr ge-
ährleisten kann und nur noch eine Basissicherung ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist leider wahr!)







(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509709800

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Kirschner?


Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1509709900

Nein.
Wie wollen Sie denn auf der einen Seite erreichen,

dass die Bereitschaft zu privater Vorsorge in der jungen
Generation steigt, wenn Sie ihr auf der anderen Seite
nicht reinen Wein dahin gehend einschenken, welches
Rentenniveau Sie in der gesetzlichen Rentenversiche-
rung überhaupt gewährleisten können?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Der zentrale Fehler dieser Rentenreform ist wieder, dass
Sie nicht ehrlich und wahrhaftig mit der Öffentlichkeit
umgehen, wenn es um die langfristigen Rentenziele
geht.


(Klaus Kirschner [SPD]: Was kommt denn bei Ihnen bei 20 Prozent heraus?)


Aber Sie haben auch im Detail Ihre Fehler wiederholt.
Heute reden wir über den Beitragssatz und das Rentenni-
veau. In einigen Wochen sprechen wir über die Renten-
besteuerung. Gleichzeitig reden wir über die Entbüro-
kratisierung der privaten Vorsorge und über die Stärkung
der betrieblichen Altersvorsorge. Das ist wieder die typi-
sche Flickschusterei: In der einen Woche sprechen wir
außerhalb jedes Zusammenhangs über die eigentliche
Rente, dann über die Rentenbesteuerung, dann über die
Betriebsrente und dann über die private Vorsorge. Ob
das alles am Ende zusammenpasst, interessiert Sie über-
haupt nicht. Ihnen geht es heute nur darum, das Ganze
möglichst schnell mit der eigenen Mehrheit über die
Bühne zu bringen. Ihnen ist völlig egal, ob Sie wegen Ih-
rer machtpolitischen Befindlichkeiten das Vertrauen
der Bevölkerung in die Rentensicherheit zerstören –
und dies zerstören Sie.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Gudrun Schaich-Walch [SPD]: Zerstören tun Sie!)


Tun Sie nicht immer so, als ob wir bei der Rentenfor-
mel ganz nahe beieinander liegen würden! Wir wollen,
dass die Renten auch in Zukunft so steigen, wie sich die
Entgelte für Erwerbstätige in Deutschland entwickeln.
Das ist der Grundsatz.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei welchem Beitragssatz?)


Seit Mitte der 90er-Jahre sagen wir: Dieser Grundsatz
muss durch einen Demographiefaktor ergänzt werden,
der berücksichtigt, dass die Lebenserwartung der Men-
schen steigt und damit die Rentenlaufzeiten länger wer-
den. Übrigens ist die ältere Generation damit sehr ein-
verstanden.


(Gudrun Schaich-Walch [SPD]: Und die Jungen?)


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(C (D ie ältere Generation möchte ihren Solidarbeitrag leisen. Aber sie versteht nicht, dass sie durch eine falsche olitik zum Lastesel Ihrer Reformen geworden ist. Herr Kollege, es besteht ein weiterer Wunsch zu einer wischenfrage. Nein. Wollen Sie generell keine Zwischenfragen zulassen? Generell nicht. Ich möchte dies im Zusammenhang arstellen, damit die Menschen wissen, worum es in der entenpolitik geht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509710000
Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1509710100
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509710200
Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1509710300

In der Rentenformel, die von dem Grundsatz „Die
enten entwickeln sich so wie die Entgelte der Erwerbs-
ätigen“ ausgeht, muss bezüglich des Rentenanstiegs die
ängere Rentenlaufzeit berücksichtigt werden. Die Kos-
en, die daraus entstehen, müssen auch von der älteren
eneration mitgetragen werden. Das ist ein echter Bei-
rag zur Generationengerechtigkeit.
Sie machen einen riesigen Fehler. Sie belassen den so

enannten Riester-Faktor in der Rentenformel. Sie zie-
en die Beiträge zur privaten Vorsorge zulasten der
entner als Sonderopfer ab. Nun hätte ich noch Ver-
tändnis, wenn Sie diese in dem Umfang abziehen wür-
en, in dem in Deutschland private Vorsorge betrieben
ird. Denn in diesem Umfang sinken ja auch die Netto-
öhne. Aber Sie gehen jetzt fiktiv von 100 Prozent der
evölkerung aus, die private Vorsorge betreiben, obwohl
as nur bei 15 Prozent tatsächlich der Fall ist. Das heißt,
ie tun so, als würde die ganze Bevölkerung 4 Prozent
hres Einkommens in die private Vorsorge einzahlen. Ich
rophezeie Ihnen: Ihr Vorgehen wird vor dem Bundes-
erfassungsgericht scheitern. Es ist sozialpolitisch unge-
echt, dass man die Rentner zu einem Sonderopfer he-
anzieht mit der Begründung, alle Menschen in
eutschland würden private Vorsorge betreiben, obwohl
s bis zur Stunde nur 15 Prozent tun.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein weiterer Punkt ist die private Altersvorsorge.

ch bin der tiefen Überzeugung, dass die Grundidee, die
esetzliche Rente durch eine private Vorsorge oder eine
etriebliche Altersrente zu ergänzen, richtig ist. Nur
üssen wir dies so gestalten, dass die Menschen es ver-
tehen. Versicherungsberater fragen uns, wie dies und je-
es, was Sie verabschiedet haben, zu verstehen ist, weil
ie und die Menschen, die sie beraten, es nicht verstehen.
Um in Zukunft Altersarmut zu vermeiden, ist es

ringend erforderlich, die private Vorsorge in der Praxis






(A) )



(B) )


Horst Seehofer

endlich so zu gestalten, zu entbürokratisieren und zu de-
regulieren, dass sie auch funktioniert. Die Menschen
werden eine solche Vorsorge nur betreiben, wenn sie die
Inhalte und die Kriterien der privaten Vorsorge auch ver-
stehen. Was Sie dazu vorschlagen, verdient den Namen
„Entbürokratisierung“ nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ein nächster Punkt betrifft die familienpolitischen

Komponenten. Natürlich wird unsere Alterssicherung
wie die Sozialversicherung insgesamt primär durch So-
zialversicherungsbeiträge gewährleistet. Sie greifen den
Gedanken des Bundesverfassungsgerichtes aber nicht
auf, dass die Kindererziehung in Deutschland eine kon-
stitutive Bedeutung für die Zukunft der Alterssicherung
und der Pflegeversicherung hat. Deshalb verdient keine
Rentenreform diesen Namen, wenn in ihr die Tatsache
der Kindererziehung beim Beitrag und später bei der
Rentenhöhe nicht stärker berücksichtigt wird, als es
heute der Fall ist.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird stärker berücksichtigt als bei Ihnen! Das wissen Sie ganz genau!)


Sie werden gleich ans Pult gehen und werden sagen,
CDU und CSU seien sich nicht einig. Damit das hier ein-
mal ganz klar ist: Wir sind uns hinsichtlich der Instru-
mente, also darin, dass es beim Beitrag einen Kinderbo-
nus geben muss und dass wir Kindererziehungszeiten
etwas stärker berücksichtigen müssen – Stichwort Kin-
derrente –, innerhalb von CDU und CSU völlig einig.


(Beifall bei der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja neu! Vielleicht in der Forderung, aber nicht in der Finanzierung!)


Wir denken aber darüber nach, wie wir das solide Finan-
zierungskonzept zimmern müssen, damit diese Zusage
gegenüber der Bevölkerung nicht nur heute und morgen,
sondern auch übermorgen finanzierbar bleibt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist überhaupt nicht schlimm; denn Sie denken

nicht einmal darüber nach, wie die Kinderkomponente
und wie die Familienkomponente verstärkt werden sol-
len.


(Beifall bei der CDU/CSU – Gudrun SchaichWalch [SPD]: Wir haben sie verstärkt!)


Dort, wo Sie nachdenken, nämlich in der Pflegeversiche-
rung, mussten Sie den präsentierten Vorschlag wieder
zurückziehen, weil er nicht umsetzbar war. Wir brauchen
uns also überhaupt nicht zu verstecken. Das Thema ist
schwierig; das gebe ich zu. Wir werden aber in den
nächsten Wochen eine absolut einheitliche Finanzie-
rungskomponente von CDU und CSU vorlegen.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die hier vorliegende Rentenreform, die mit dem un-
zutreffenden Begriff „Nachhaltigkeitsgesetz“ bezeich-

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(C (D et wird, ist weder familienpolitisch gerecht noch geneationengerecht noch solidarisch. Sie ist wiederum urzatmig. Wir stehen mit der Verabschiedung dieser eform schon vor der nächsten Reform. Die nächste Reorm ist praktisch durch all Ihre Formelkompromisse der etzten Tage vorprogrammiert. Jetzt möchte ich Ihnen noch einen persönlichen Rat eben. (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hätten lieber die Fragen zulassen sollen, statt hier Ratschläge zu geben! – Zurufe von der SPD: Oh!)


ie haben sich sehr angestrengt zu überlegen, welches
indestrentenniveau man ins Gesetz schreiben kann.

ch habe mir heute im „Stern“ Ihre aktuellen Umfrage-
erte angesehen. Ihre Rentenpolitik – das werden Sie in
en nächsten Monaten erleben – wird zu einem weiteren
bstieg bei Ihren Umfragewerten führen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Sie legen nichts vor! Sie sagen nicht die Wahrheit!)


eshalb möchte ich Ihnen raten: Denken Sie nicht da-
über nach, wie Sie ein Mindestrentenniveau ins Gesetz
chreiben können, sondern darüber, wie Sie ein Mindest-
iveau bei Ihren Umfragewerten ins Gesetz schreiben.
as wäre hilfreicher für Sie.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP] – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie stehlen sich einfach aus der Verantwortung!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509710400

Zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Dreßen

as Wort.


Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1509710500

Herr Kollege Seehofer, Ihre Rede war erstens voller
idersprüche. Einerseits haben Sie hier erklärt, dass
an den künftigen Generationen sagen muss, dass die
ente nicht mehr so hoch ist;


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie machen beim Zuhören Fehler!)


ndererseits haben Sie hier erklärt, dass Sie natürlich den
ettolohnzuwachs beibehalten wollen. Was stimmt denn
un? Beides zusammen kann wohl nicht hinhauen.
Zweitens darf ich Sie daran erinnern, dass in Ihrer
ommission davon gesprochen wird, dass Sie das Ren-
enniveau auf 37 Prozent herunterdrücken wollen. Was
st nun richtig? Wir liegen immerhin bei 46 Prozent und
agen: Der Staat muss wieder handeln.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ihr wünscht 46 Prozent!)


Wenn Sie weiterhin behaupten, es gebe keine anderen
öglichkeiten, das Rentenniveau auf 46 Prozent zu hal-

en, dann darf ich Sie daran erinnern, dass wir zum Bei-






(A) )



(B) )


Peter Dreßen

spiel mit der Ökosteuer eine Möglichkeit geschaffen ha-
ben, das Rentenniveau hoch zu halten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)


Das haben Sie verurteilt. Daran darf ich erinnern. Ich
darf Sie auch daran erinnern, dass wir die Anerkennung
von Kindererziehungszeiten drastisch verbessert haben.
Auch das verschweigen Sie völlig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ihre Rede bestand wirklich nur aus Schaum und Nie-
dermachen. Ich habe überhaupt nicht gehört, wohin der
Weg inhaltlich geht. Im Gegenteil, Ihre Rede war voller
Widersprüche.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Hier war Beifall vorgesehen!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509710600

Möchten Sie darauf antworten? – Bitte.

Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1509710700

Frau Präsidentin, Unrichtigkeiten müssen sofort be-

richtigt werden, damit es richtig im Protokoll steht.

(Zurufe von der SPD)


Erstens. Herr Kollege Dreßen, ich habe ausdrücklich
gesagt, dass eine Anbindung der Rentenanpassung allein
an die Entgeltentwicklung nicht funktioniert. Wir waren
die Ersten in Deutschland, die den Demographiefaktor
eingeführt haben, damit auch die Lebenserwartung be-
rücksichtigt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP])


Zweitens. Herr Dreßen, Sie stiften Verwirrung.

(Lachen bei der SPD)


Vor drei Jahren sind Sie von einem Nettorentenniveau
von 67 oder 68 Prozent ausgegangen. In den letzten
Monaten haben Sie dann mit dem Bruttorentenniveau
gerechnet; es liegt nach Ihren Vorschlägen irgendwo bei
39 oder 40 Prozent. Jetzt geht es um ein steuerbereinig-
tes Nettorentenniveau. Da soll noch einer durchblicken!


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Tarnen und Täuschen ist das!)


Jetzt vergleichen Sie unser Bruttorentenniveau von
36 oder 37 Prozent mit Ihren 43 oder 46 Prozent. Das ist
ungefähr so, als würde man den Dreßen mit dem
Seehofer vergleichen. Das ist einfach falsch.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Das Bruttorentenniveau liegt bei uns von der Union
– ganz gleich, welche Konzeption – bei 36 oder 37 Pro-
zent und nach Ihrem Konzept bei 39 Prozent. Das ist
vergleichbar. Erwecken Sie nicht in der Öffentlichkeit
den Eindruck, zwischen dem von Ihnen und dem von
uns angepeilten Rentenniveau bestehe ein himmelweiter
Unterschied!

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU – Gudrun SchaichWalch [SPD]: Sie haben nichts vorgelegt, Sie haben nichts berechnet, Sie haben nichts bezahlt!)


Eine letzte Bemerkung zur Ökosteuer. Wenn Sie Ih-
en neuen Vorschlag von einem Rentenniveau von
6 Prozent ernst meinen, dann müssen Sie den Beitrag
uf annähernd 24 Prozent erhöhen. Dazu kommen die
rivate Vorsorge in Höhe von 4 Prozent und der Renten-
eitrag an der Tankstelle – die von Ihnen genannte Öko-
teuer – von 1,7 Prozent.


(Klaus Kirschner [SPD]: Sie haben die Mehrwertsteuer erhöht! – Weiterer Zuruf von der SPD: Was schlagen Sie denn vor?)


ie müssen einmal in aller Ruhe überlegen, ob die Men-
chen nach Ihren Vorstellungen wirklich einen Renten-
eitrag von 30 Prozent – davon sollen die Arbeitgeber
2 Prozent zahlen – zahlen sollen, um bis 70 zu arbeiten.
as ist nämlich die einzige Lösung, wenn Sie weder den
eitrag erhöhen noch das Mindestrentenniveau unterbie-
en wollen. Eine solche Politik, bei der die junge Genera-
ion in der Kombination von privater Vorsorge, gesetzli-
her Rente und Ökosteuer 30 Prozent für die Rente
ahlen muss – davon zahlt der Arbeitgeber 12 Prozent –,
einhaltet eine verheerende Botschaft an die junge Ge-
eration.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509710800

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Biggi Bender.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509710900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werter
err Kollege Seehofer, Ihre Rede war unterhaltsam. Das
ar aber das einzig Positive, was ich an ihr erkennen
ann. Ein Ausweis politischer Verantwortlichkeit in der
pposition war sie nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Was ist denn Sache? Das Einzige, was die Opposition

uf den Tisch legt,

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Vorsicht, Frau Bender!)

st ein Antrag, die Entscheidung zu verschieben.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein! Das stimmt nicht!)


arum? Weil Sie sich nicht einig sind.

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Lesen! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir haben Änderungsanträge gestellt!)


n der Koalition müssen sich zwei politische Familien ei-
igen – und sie schaffen das. Wir haben ein Gesetz auf
en Tisch gelegt, das wir heute verabschieden werden.
ie wissen innerhalb der Fraktionsgemeinschaft von
DU und CSU immer noch nicht, was Sie wollen.






(A) )



(B) )


Birgitt Bender

Neulich haben Sie, Herr Seehofer, ein Konzept auf

den Tisch gelegt, wonach die Rentenbeiträge auf Dauer
bei 20 Prozent festgeschrieben werden sollten. Darüber
kann man diskutieren. Aber Sie müssen sagen, welches
Rentenniveau dabei herauskommt.


(Beifall der Abg. Gudrun Schaich-Walch [SPD])


Es ist deutlich niedriger als das, das wir in unserem Ge-
setz vorsehen. So ehrlich sollten Sie dann schon sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Das hat er doch gesagt! Sie machen beim Zuhören Fehler!)


Das war der erste Akt.
Jetzt kommt der zweite Akt dieses Dramas in der Op-

position: der Entschließungsantrag der CDU/CSU, der
heute vorliegt. Manchmal lohnt es sich, so etwas zu le-
sen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Immer! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie hätten besser unseren gelesen, Frau Bender!)


Darin steht nicht nur, man solle die Verabschiedung des
Gesetzentwurfs verschieben. Nein, es folgt ein Weih-
nachtswunschzettel, wie die Rente aussehen soll. Darin
heißt es, die Renten im Allgemeinen sollten höher sein.
Sie lehnen nämlich die Abflachung des Rentenanstiegs,
wie wir sie vorsehen, ab. Weiter steht darin, im Besonde-
ren sollten die Renten von Müttern höher sein, die Fami-
lien im Gegenzug aber weniger Beitrag zahlen – das geht
nicht auf.


(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Das steht da nicht drin!)


Außerdem sollen die Anrechnungszeiten für Abitur und
Studium erhalten bleiben.

Meine Damen und Herren, das alles sind Leistungs-
verbesserungen, über die sich viele Menschen freuen
würden. Es wäre auch schön, wenn man sie verwirkli-
chen könnte. Nur haben Sie das Preisschild vergessen.
Genauer gesagt: Sie haben es nicht hingehängt, weil Sie
sich nicht einig sind und überhaupt kein Finanzierungs-
konzept haben: totale Fehlanzeige bei der Opposition!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nehmen wir als Beispiel einmal die Berücksichtigung
von Kindererziehungszeiten in der Rente, von der Sie,
Herr Seehofer, sagen, sie sei wichtig. Das sehen wir auch
so.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Warum machen Sie dann nichts? – Gegenrufe von der SPD)


Nur gibt es sie schon. Das wird aus Steuermitteln in
Höhe von 12 Milliarden Euro finanziert, und zwar aus
der Ökosteuer, die Sie am liebsten abschaffen wollen.
Mit diesen 12 Milliarden Euro Ökosteuermitteln ermög-
lichen wir es Müttern, drei Jahre lang auf Erwerbstätig-
keit zu verzichten und bis zum zehnten Lebensjahr des

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(C (D indes Teilzeitarbeit zu leisten und trotzdem zusammenerechnet eine Rentenanrechnung wie bei einem Durchchnittseinkommen zu erhalten. Nun kann man sagen, ies sei noch zu wenig. Aber dann müssen Sie auch saen, woher Sie das Geld nehmen wollen. Stattdessen saen Sie, es sollten noch weniger Beiträge bezahlt weren. So geht es halt nicht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Man liest dann ja auch manches über die Differenzen
n den Unionsparteien. Die 50 Euro Beitragsverzicht für
amilien sollen nach Ihrer eigenen Aussage, Herr
eehofer, 5 bis 6 Milliarden Euro kosten. Außerdem soll
s eine verbesserte Anrechnung von Erziehungszeiten
eben. Wenn ich einmal ganz knapp rechne, kämen Sie
ann auf einen Zusatzbedarf von 10 Milliarden Euro.
azu kann ich nur sagen: Wo leben Sie denn? Wollen
ie die Milliarden über höhere Beiträge finanzieren?


(Peter Dreßen [SPD]: Über eine neue Ökosteuer! – Heiterkeit bei der SPD)


us unserer Sicht verbietet sich dies. Wollen Sie sie über
öhere Steuern finanzieren? Aus unserer Sicht verbietet
ich dies ebenfalls. Aber Sie müssten wenigstens sagen,
ie Sie sie finanzieren wollen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ich bin ja mal gespannt, wann Sie zu Ihrem Antrag kommen!)


Wenn man es so macht wie Sie, Herr Seehofer, dann
treut man den Menschen Sand in die Augen. Man
äuscht die Leute.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Mit Ihrem Antrag, ja! – Andreas Storm [CDU/CSU]: Frau Bender, trauen Sie sich gar nicht mehr, zu Ihrer eigenen Reform zu reden?)


er politische Knigge sagt auch für die Opposition, dass
an so etwas nicht tun sollte. Es ist unverantwortlich,
err Kollege Storm, wenn man den Leuten keinen rei-
en Wein einschenkt, und zwar auch deswegen, weil
an die Leute dann gerade nicht zur privaten Vorsorge
rmutigt.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Deshalb muss euer Antrag weg, genau!)


ber wir wissen alle miteinander, dass genau diese pri-
ate Vorsorge in Zukunft einen Teil der Alterssicherung
usmachen muss.


(Beifall des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/ CSU] – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Mit ehrlichen Zahlen! So ist es!)


afür muss man rechtzeitig etwas tun; das müssen die
eute wissen.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Was ist dann mit den 46 Prozent?)







(A) )



(B) )


Birgitt Bender

Die Bevölkerungspyramide wird zu einer Zypresse,

um es in ein Bild zu fassen. Angesichts einer steigenden
Zahl alter Menschen müssen wir über die Beitragsbelas-
tung der Jüngeren reden. Es ist uns ein Anliegen – wir
haben es in diesem Gesetzentwurf verwirklicht –, dass
die übermäßige Belastung des Faktors Arbeit und der
jüngeren Generation vermieden wird und die Jüngeren
Spielraum bekommen, um privat vorzusorgen. Dieser
Spielraum wird übrigens noch durch die sukzessive
Steuerfreistellung der Rentenbeiträge vergrößert. Das
heißt, unser Konzept ist in sich schlüssig und führt zu
drei Säulen von Alterssicherung: der gesetzlichen
Rente, die in Zukunft weniger hoch als bisher ausfallen
wird,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das steht doch gar nicht im Gesetz! Das ist ein anderes Gesetz, über das Sie reden!)


der Ergänzung durch eine betriebliche Altersvorsorge
und der Ergänzung durch eine private Vorsorge.

Nun sagen Sie, Herr Seehofer, mit unserem Ände-
rungsantrag hätten wir alles verändert. Sie können doch
auch lesen. Die Architektur dessen, was wir hier einge-
bracht haben, hat sich nicht verändert.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Das macht es ja umso schlimmer!)


Es gibt eine Beitragsentwicklung von 20 auf 22 Prozent

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: 24!)


und wir sind dem Vorschlag der Rentenversicherer ge-
folgt, das sich daraus ergebende Rentenniveau als Siche-
rungsziel zu verankern. Wenn Sie dies für so entsetzlich
falsch halten, dann sollten Sie sich einmal mit den Ren-
tenversicherern unterhalten; vielleicht sind Sie fachlich
nicht gut beraten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Im Übrigen haben wir der Regierung den Auftrag ge-

geben, regelmäßig zu berichten, uns dabei insbesondere
den Zusammenhang von Rentenniveau und Lebens-
arbeitszeit bzw. gesetzlichem Renteneintrittsalter dar-
zustellen


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das kann man doch heute schon alles absehen, was sie uns berichten soll! Das ist doch keine Überraschung, was sie 2008 sagen wird! Das weiß man heute schon ganz genau!)


und uns zu sagen, ob sie empfiehlt, das Renteneintrittsal-
ter zu erhöhen. Meine Damen und Herren, jeder, der
rechnen kann, weiß, dass ein höheres Rentenniveau dann
zu erreichen ist, wenn man das gesetzliche Rentenein-
trittsalter erhöht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wollen Sie das oder wollen Sie das nicht? Sagen Sie uns doch heute, was Sie wollen!)


Hierüber muss man im Jahre 2008 und danach Entschei-
dungen treffen. Von der Opposition habe ich zu dieser
Frage noch gar nichts gehört.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Andreas Storm [CDU/ CSU]: Wollen Sie es jetzt erhöhen oder wollen Sie es nicht erhöhen? Schenken Sie doch reinen Wein ein, Frau Bender!)


nsofern sollten Sie sich einmal mit Ihrer Kritik zurück-
alten.
Schaut man sich im Übrigen die Schlachten an, die in

en letzten Tagen in der Presse ausgetragen wurden,
ann gewinnt man den Eindruck, der Mensch lebe vom
entenniveau. Tatsächlich aber lebt der Mensch vom
entenzahlbetrag. Wenn man das unter praktischen
esichtspunkten betrachtet,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Dann wird es noch weniger!)


uss man sagen: Wichtig ist, dass die Rentenversicherer
b jetzt regelmäßig gute Renteninformationen verschi-
ken. Dann wissen die Leute, was sie nicht etwa in abs-
rakten Zahlen ausgedrückt, sondern konkret zu erwarten
aben


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Diese Informationen waren jetzt über zwei Jahre lang falsch!)


nd wie sie vorsorgen müssen. Das wird ihr Vertrauen
tärken.
Der Opposition muss man vorwerfen: Wer Luft-

chlösser baut, könnte sich am Ende in einer Holz-
aracke wiederfinden. Das wollen wir nicht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie wollen in einem Dienstwagen sitzen!)


ir Grüne wollen für die Menschen auch im Alter so-
iale Sicherheit schaffen. Allerdings wollen wir sie
auch das ist klar – bezahlbar gestalten. Deswegen füh-
en wir jetzt eine Reform durch, durch die wir die Bei-
ragsbelastung und das Rentenniveau in das richtige Ver-
ältnis zueinander setzen. Meine Damen und Herren, ich
telle fest: Dazu hat die Opposition keine Alternative.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509711000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Heinrich Kolb.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1509711100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eute unternimmt die rot-grüne Koalition mit dem
achhaltigkeitsgesetz einen zweiten Versuch, eine Ant-
ort auf die demographische Herausforderung für die
entenpolitik zu geben. An Versuch Nummer eins kön-
en wir alle uns noch lebhaft erinnern. Er sollte, wie es
on der linken Seite dieses Hauses hieß, eine Jahrhun-
ertreform werden, hat aber gerade einmal drei Jahre ge-
alten.
Man sollte denken: Wer beim ersten Mal gefehlt hat,

er wird sich beim zweiten Mal etwas mehr Mühe






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

geben. Aber ich befürchte, auch der zweite Versuch wird
nicht gelingen. Zwar begrüßen wir, dass Sie mit dem
Nachhaltigkeitsfaktor, den Sie jetzt in die Rentenfor-
mel einführen wollen, den demographischen Faktor, der
in der 13. Legislaturperiode eingeführt wurde und den
Sie 1998, kurz nach Ihrer Regierungsübernahme, glaub-
ten abschaffen zu können, wieder aufgreifen. Auch die
Orientierung der Rentenanpassung an der Entwick-
lung der beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte ist
eine sinnvolle Maßnahme, die von uns mitgetragen wird.
Aber darüber hinaus – das ist unser Kritikpunkt – fehlt
Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün,
der Mut, unbequeme Wahrheiten zu sagen. Auf Dauer
kann man aber entschlossenes Handeln nicht durch Ge-
setzeslyrik ersetzen.


(Beifall bei der FDP)

Der Vorwurf der Gesetzeslyrik gilt beileibe nicht nur

mit Blick auf die von Rot-Grün stark geplünderte
Schwankungsreserve der Rentenkasse, die jetzt als
Nachhaltigkeitsrücklage in Höhe von 1,5 Monatsausga-
ben – das sind immerhin rund 23 Milliarden Euro – neu
erblühen soll. Zudem bleibt in Ihrem Gesetzentwurf of-
fen, wie dieses Geld zusammengetragen werden soll.

Der Vorwurf der Gesetzeslyrik betrifft Sie vor allem
in der Frage der Niveausicherung. Mit Staunen und
Kopfschütteln hat die Öffentlichkeit ja verfolgt, was sich
bei Ihnen in diesem Punkt in den letzten Tagen abge-
spielt hat. Da erkennt die zuständige Ministerin Ulla
Schmidt vollkommen richtig, dass die Ziele der Begren-
zung des Beitragssatzanstiegs auf 22 Prozent und der
Garantie eines Nettorentenniveaus vor Steuern in Höhe
von 46 Prozent im Jahr 2030 miteinander unvereinbar
sind.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Recht hat sie!)

Aber was passiert dann? Es melden sich die Grals-

hüter des Sozialstaates, die SPD-Linke und die Gewerk-
schaften, und erklären ultimativ ihren Widerstand gegen
eine weitere Absenkung. Die Regierungsmehrheit
scheint gefährdet. Man einigt sich auf eine wachsweiche
Absichtserklärung und versucht anschließend, der Öf-
fentlichkeit weiszumachen, dass der Handlungsbedarf
bei der gesetzlichen Rentenversicherung damit mindes-
tens bis zum Jahre 2008 vom Tisch sei. Liebe Kollegin-
nen und Kollegen von Rot-Grün, so lösen Sie die Pro-
bleme der Rentenversicherung mit Sicherheit nicht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Um es unmissverständlich auszudrücken: Wer die
Absenkung des Rentenniveaus unter 46 Prozent nicht
will, darf heute keinen Nachhaltigkeitsfaktor beschlie-
ßen. Denn nach geltendem Recht würde das Rentenni-
veau im Jahr 2030 46,6 Prozent betragen, allerdings bei
einem Beitragssatz von 23,8 Prozent. Der Nachhaltig-
keitsfaktor – schauen Sie mal in Ihren Gesetzentwurf:
Tabelle 1, Seite 35 – soll den Rentenanstieg ja gerade so
weit dämpfen, dass im Jahr 2030 ein Beitragssatz von
22 Prozent bei einem sich dann ergebenden Nettorenten-
niveau von 43,2 Prozent erreicht werden kann. Das ist
ein eindeutiger Zusammenhang. Darüber kann man nicht

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(C (D iskutieren. Die Erde ist eine Kugel und keine Scheibe. ie können sich zwar noch so viel Mühe geben, aber mit chönen Worten allein können Sie daran nichts ändern. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Frau Ministerin Schmidt, Sie wissen um diesen Zu-
ammenhang. Dass Sie einer derart unverfrorenen Er-
ressung aus den eigenen Reihen nachgeben, beweist,
ass Sie als Ministerin nicht mehr in der Lage sind, das
otwendige zu tun.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

rau Schmidt, Sie haben einen Amtseid geschworen. Die
etzt eingefügte Formulierung zur Niveausicherung ist
ine vorsätzliche Irreführung der Versicherten.


(Beifall der Abg. Hildegard Müller [CDU/ CSU])


enn sie heute mit der Mehrheit von Rot-Grün be-
chlossen wird, sollten Sie die Konsequenzen ziehen und
on Ihrem Amt zurücktreten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

So, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün,

ann man das Vertrauen der Menschen nicht gewinnen.
ie Menschen spüren durchaus die Notwendigkeit, dass
ich etwas verändern muss. Sie sind auch bereit dazu,
ber sie wollen wissen, wohin die Reise geht und was
uf sie zukommt. Wenn Sie regieren wollen, müssen Sie
uch den Mut und die Kraft haben, unbequeme Wahrhei-
en auszusprechen.
Es ist beileibe nicht so, Frau Kollegin Bender, dass

ie FDP nicht gesagt hätte, wohin wir wollen. Wir haben
rei Änderungsanträge und einen Entschließungsantrag
orgelegt, in denen Sie sehr detailliert die Vorstellungen
er FDP-Bundestagsfraktion finden. Ich will Ihnen ei-
ige Punkte nennen:
Erster Punkt. Es ist unabdingbar, den Menschen im

ande die ganze Wahrheit über die Probleme der Ren-
enversicherung zu sagen. Niemand kann eine Garantie
ür ein Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversi-
herung abgeben. Die Wahrheit ist: Die gesetzliche
ente hat den Charakter einer Lebensstandardsicherung,
en sie in der Vergangenheit hatte, verloren und ist in
ukunft nur noch eine Basissicherung, die zwingend ei-
er Ergänzung durch kapitalgedeckte private und be-
riebliche Vorsorge bedarf.


(Beifall bei der FDP)

Damit komme ich zum zweiten Punkt. Die steuer-

nd sozialversicherungsfreie Entgeltumwandelung
rlebt im Moment – im Gegensatz zur Riester-Rente –
inen regelrechten Boom: 57 Prozent aller sozialversi-
herungspflichtig Beschäftigten machen davon Ge-
rauch; das zeigt übrigens, dass die Mehrheit der Men-
chen sehr wohl verstanden hat, worum es geht. Um
iese Dynamik aufrechtzuerhalten, soll nach unseren
orstellungen die Sozialabgabenfreiheit für die Entgelt-
mwandlung über das Jahr 2008 hinaus aufrechterhalten






(A) )



(B)


Dr. Heinrich L. Kolb

bleiben; einen entsprechenden Änderungsantrag haben
wir vorgelegt.

Dritter Punkt. Das Finanzierungsproblem der gesetz-
lichen Rentenversicherung wird durch die geringe
Erwerbstätigenquote der 55- bis 64-Jährigen deutlich
verschärft. Das Altersteilzeitgesetz und auch der
§ 428 SGB III haben zu dieser Entwicklung ganz we-
sentlich beigetragen. Deswegen muss die Frühverren-
tung, eine Subvention, die vor allem von Großunterneh-
men zulasten der Beitragszahler genutzt wird, umgehend
– unter Wahrung des Vertrauensschutzes – beendet wer-
den; auch dazu gibt es einen Änderungsantrag.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Vierter Punkt. Das tatsächliche Renteneintrittsalter
muss auch dadurch angehoben werden, dass ältere Ar-
beitnehmer wieder die Chance bekommen, eine Be-
schäftigung im ersten Arbeitsmarkt zu finden. Gegen-
wärtig verhindern gut gemeinte, vermeintlich zugunsten
von älteren Arbeitnehmern eingeführte Regelungen ge-
nau dieses. Wir schlagen vor, auf das Lebensalter als
Kriterium für die Sozialauswahl bei betriebsbedingten
Kündigungen zu verzichten und wir fordern die Tarifpar-
teien auf, tarifvertragliche Senioritätsregelungen zu revi-
dieren.


(Beifall bei der FDP)

Fünfter Punkt. Durch frühe Einschulung, das Abitur

nach zwölf Jahren, die Aussetzung der Wehrpflicht so-
wie kürzere Ausbildungs- und Studienzeiten können die
Beitragszeiten auch ohne Anhebung der Regelalters-
grenze, Frau Bender, verlängert und die Einnahmeseite
der Rentenversicherung verbessert werden.

Sechster Punkt. Wenn die gesetzliche Rentenversi-
cherung in Zukunft den Charakter einer Basissicherung
annimmt, muss sie konsequent von versicherungsfrem-
den Leistungen befreit werden. Ein Beispiel hierfür ist
die Höherbewertung von Ausbildungszeiten. Wir wollen
die jetzige Form der Bewertung mittelfristig – unter
Wahrung des Vertrauensschutzes – beenden. Dabei kann
jetzt mit einem ersten Kürzungsschritt begonnen wer-
den; ein entsprechender Änderungsantrag liegt vor.


(Beifall bei der FDP)

Siebter Punkt. Ohne eine deutliche Verstärkung des

wirtschaftlichen Wachstums werden alle Maßnahmen
nicht ausreichen. Es müssen sämtliche Alarmglocken in
diesem Hause schrillen, wenn wir heute wieder lesen
müssen, dass das Wachstum im ersten Quartal 2004
wahrscheinlich nur 0,1 Prozent betrug. Deswegen dürfen
Reformen nicht verschleppt werden, sondern sie müssen
forciert werden. „Try harder“ genügt nicht, wir müssen
wirklich mehr probieren als das, was bisher beschlossen
ist.

Achter und letzter Punkt. Ein umlagefinanziertes
System braucht Nachwuchs. Eine Steigerung der Ge-
burtenrate könnte die Situation in der gesetzlichen Ren-
tenversicherung deutlich entspannen. Eine Bestrafung
kinderloser Bürger, wie sie die CDU/CSU vorgeschlagen
hat, lehnen wir ab.

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(C (D uch die Verlängerung der Erziehungszeiten von drei uf fünf Jahre wollen wir nicht, weil die heutige Finanierungsform eben nicht nachhaltig, nicht generationenerecht ist. (Hildegard Müller [CDU/CSU]: Das hat die CDU nicht vorgeschlagen!)


(Beifall bei der FDP)


Die FDP fordert stattdessen die Einführung einer ka-
italgedeckten Kinderrente durch Umwidmung der
eute schon für die Finanzierung der Anrechnung der
indererziehungszeiten aufgewendeten Mittel in Höhe
on 11 Milliarden Euro im Bundeshaushalt.


(Beifall bei der FDP)

Zusammenfassend: Rentenfragen sind Vertrauensfra-

en. Deswegen muss beizeiten umgesteuert werden. Wir
eigen hier auf, in welche Richtung es aus unserer Sicht
ehen soll. Wir sind auf der Basis dieser Vorschläge zur
usammenarbeit bereit und laden Sie herzlich dazu ein.
Danke schön.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509711200

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Erika Lotz.


(Beifall des Abg. Karsten Schönfeld [SPD])



Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1509711300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

en! Herr Seehofer, das was Sie uns hier geboten haben,
ar sehr doppelzüngig. Außer der Definition von Nach-
altigkeit war in Ihrer Rede nichts richtig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie mich darstellen, was die Umsetzung der

orderungen der CDU für die Rentenkassen bedeuten
ürde: Ein Beitragssatz von 20 Prozent, wie Sie ihn
ollen, würde bei den Leistungen zu Kürzungen in
öhe von 20 Milliarden Euro führen. Sagen Sie das
och auch!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

hre Forderung nach Verbesserungen für die Beitrags-
ahler mit Kindern würde zu zusätzlichen Ausgaben in
öhe von 12 Milliarden Euro führen. Dann wollen Sie,
ass man nach 45 Versicherungsjahren abschlagsfrei in
ente gehen kann. Das bedeutet 5 Milliarden Euro an
usätzlichen Ausgaben. Rentenpolitik à la CDU bedeutet
lso 20 Milliarden Euro an Kürzungen, 17 Milliarden
uro an zusätzlichen Ausgaben – Leistungen würden
onst nicht finanziert werden können – und ein Netto-
entenniveau von 41 Prozent. So viel zu Ihrer Politik.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Andreas Storm [CDU/CSU]: Frau Lotz, Sie können nicht rechnen!)


Herr Kolb, wir packen das Notwendige an. Prognosen
ind Annahmen. Wir haben den Ehrgeiz, zu einer verbes-
erten Annahme zu kommen.
)






(A) )



(B) )


Erika Lotz

Lassen Sie mich nun etwas zu der heutigen Debatte

sagen. Natürlich wollen wir, dass Rentnerinnen und
Rentner nach wie vor an der Wohlstandsentwicklung
teilhaben. Es muss aber auch die Finanzierung gesichert
werden. Dabei spielt die demographische Veränderung
eine Rolle. Es muss aber auch dafür gesorgt werden,
dass sich die Lohnnebenkosten nicht erhöhen; wir dürfen
sie nicht aus dem Auge verlieren. Deshalb führen wir
den Nachhaltigkeitsfaktor in die Rentenformel ein. Da-
bei wird das Verhältnis der Zahl der Beitragszahler zu
der Zahl der Rentner berücksichtigt. Wenn sich das Ver-
hältnis verschlechtert, wird dies bei der Rentenanpas-
sung in Form einer Minderung ausgedrückt.

Nun vertreten Sie nach wie vor Ihren Demographie-
faktor. Ich erinnere deshalb an die Anhörung zu dem Ge-
setzentwurf, den wir heute verabschieden werden. Es
wurde ganz eindeutig gesagt, dass der Nachhaltigkeits-
faktor dem Demographiefaktor überlegen ist. Nehmen
Sie das bitte einmal zur Kenntnis.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Andreas Storm [CDU/CSU]: Was ist mit dem Riester-Faktor?)


Lassen Sie mich nun etwas zum Thema Niveausiche-
rung sagen, das in den vergangenen Tagen eine große
Rolle gespielt hat und das Sie auch nun wieder hervorho-
len.


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Zu Recht! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wie ernst ist das denn von Ihnen?)


Wir von Rot-Grün haben 2001 zum ersten Mal ein Si-
cherungsziel ausdrücklich im Gesetz verankert. Ich wie-
derhole: Wir waren das. Ohne uns gäbe es keine Siche-
rungsklausel. Zu Ihrer Zeit hieß es immer nur: Die Rente
ist sicher. Über die Höhe jedoch haben Sie sich ausge-
schwiegen.

Wir beschäftigen uns mit noch einer Erblast aus kon-
servativer Regierungszeit, nämlich mit der Umsetzung
des Bundesverfassungsgerichtsurteils nach der schritt-
weisen Einführung der steuerlichen Freistellung der Bei-
träge für die Altersvorsorge und deren Besteuerung wäh-
rend der Auszahlungsphase. Das führt dazu, dass die
Berechnung des Rentenniveaus so wie heute nicht mehr
möglich ist. Wir wollen aber nach wie vor ein sozialpoli-
tisches Sicherungsziel festschreiben und umsetzen. Das
ist für die Menschen wichtig. Deshalb wollen wir nicht
nur die Festschreibung eines Beitragsziels


(Abg. Andreas Storm [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Ihr Kollege hat keine Zwischenfragen zugelassen; ich
verfahre auch so –, sondern daneben auch eine gleichbe-
rechtigte sozialpolitische Größe, nämlich das Siche-
rungsniveau. Das wollen wir aufnehmen. Ich denke, das
ist richtig und schafft Vertrauen bei den Menschen.

Wir haben die Riester-Rente geschaffen. Damit ha-
ben wir den Menschen deutlich gemacht, dass sie eine
zusätzliche Altersvorsorge aufbauen sollen. Es ist wich-
tig, dass das nach wie vor geschieht. Das bringen wir
auch zum Ausdruck. Aber was ist denn falsch daran, da-

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(C (D eben ein sozialpolitisches Sicherungsziel von 46 Proent festzuschreiben? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es kann nicht funktionieren!)


Wir haben den Ehrgeiz, dieses Ziel zu erreichen. Da-
ür gibt es vielfältige Möglichkeiten. Wenn die Zahl der
eschäftigten entgegen den Prognosen beispielsweise
m 1 Prozent steigt, dann bedeutet dies letztendlich, dass
uch das Rentenniveau um fast 1 Prozent steigt. Wenn
ich der Anteil der Erwerbstätigkeit der Frauen erhöht,
edeutet das eine Verbesserung. Wenn wir mehr ältere
enschen in Arbeit bringen können und sich auch die
nternehmen in dieser Hinsicht endlich bewegen, be-
eutet das eine Erhöhung des Rentenniveaus.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann muss man aber etwas dafür tun!)


s wäre besser, Sie würden uns dabei unterstützen, als
as Rentenniveau zu beklagen. Sie beklagen ja offen-
ichtlich, dass wir diese Höhe festschreiben wollen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie hören ja nicht auf uns! Mehr als gute Vorschläge machen, können wir nicht!)


Ich denke, Ihr Beitrag, nach dem beispielsweise über
0-Jährige keinen Kündigungsschutz mehr erhalten sol-
en, wenn sie eingestellt werden,


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch!)


ient dieser Regelung nicht.

(Beifall bei der SPD)


uch die Diskussion darüber, dass es keine Nachwirkun-
en bei den Tarifverträgen mehr geben soll, wenn Unter-
ehmer aus dem Arbeitgeberverband austreten, dient der
rhöhung des Rentenniveaus und der Verbesserung der
ituation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
icht.
Sie hatten viel Zeit, um Alternativen zu erarbeiten.
iese haben Sie aber offensichtlich nur bei den Medien
ugebracht, um zu kaschieren, dass Sie keine Alternati-
en haben. Sie hätten die Zeit besser dazu verwandt,
elche zu erarbeiten. Der vor uns liegende Entschlie-
ungsantrag beinhaltet im Grunde nichts. Der Redebei-
rag des Kollegen Seehofer hat bei mir den Eindruck er-
eckt, dass er daran offensichtlich nicht mitgearbeitet
at, sonst hätte er hier eine andere Rede halten müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Noch einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen der
pposition: Sie haben keine Alternativen. Von daher
äre es doch nur richtig, wenn Sie unseren Vorschlägen
nd unserem Gesetzentwurf hier zustimmen würden.
azu fordere ich Sie auf.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist falsch! Sie liegen vor!)







(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509711400

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Hildegard Müller.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Hildegard Müller (CDU):
Rede ID: ID1509711500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sollen
heute über den Gesetzentwurf zur Sicherung der nach-
haltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Ren-
tenversicherung abschließend beraten. Das würden wir
ja gerne tun. Das, was Sie uns heute als so genanntes
Nachhaltigkeitsgesetz im zweiten Durchgang vorlegen,
ist aber nun wirklich alles andere als nachhaltig.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie nur ein Konzept hätten!)


Nach den Änderungen von gestern und vorgestern ist
es sogar noch weniger nachhaltig, als dies bereits in der
ersten Lesung der Fall gewesen ist. Die Finanzierungs-
grundlagen sichert es nach den letzten Änderungen
schon gar nicht mehr.

Diese Feststellung muss man einfach treffen, wenn
man sich anschaut, zu welchem Ergebnis die Koalition
am Dienstag gekommen ist; denn Rot-Grün ist seit
Dienstag wieder ein Stück mehr vom Pfad der Renten-
wahrheit abgerückt. Sie beharren nun doch darauf,
gleichzeitig sowohl die Obergrenze für den Beitragssatz
als auch die Untergrenze für das Mindestniveau zu be-
stimmen. Das Ziel, das damit verfolgt wird, mag ja löb-
lich sein. Sie wollen den freien Fall der Rente stoppen.
Mit der Festschreibung allein stoppen sie ihn aber nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Lotz, Sie sagten gerade, Sie wollten die Verbes-

serung der Annahmen. Schöner kann man es nicht for-
mulieren. Sie wollen eine Verbesserung der Realität ins
Gesetz schreiben, von der Sie genau wissen, dass sie
nicht eintreffen wird. Sie wissen schon heute ganz ge-
nau, dass das Rentenniveau von 46 Prozent nicht zu
halten sein wird. Das hat die Ministerin und das haben
auch Sie in den ersten Gesprächen über diesen Gesetz-
entwurf immer wieder gesagt.


(Erika Lotz [SPD]: Sie wissen, was 2030 ist?)

Durch Ihr Verhalten vergeuden Sie wertvolle Jahre. Wer
etwas abwarten möchte, von dem er ganz genau weiß,
dass es sicher eintreten wird, der täuscht die Menschen.
Das tun Sie mit diesem Gesetz.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist eine vorsätzliche und nicht fahrlässige Irreführung!)


Sie versuchen hier, uns die berühmte Quadratur des
Kreises zu verkaufen. Mit Ihrer Rechnung werden Sie
Schiffbruch erleiden; denn mit diesem Pseudonachhal-
tigkeitsgesetz wird keine Klarheit geschaffen. Sie sorgen
mit dem faulen Formelkompromiss vom Dienstag nur
für weitere Unsicherheiten bei den heutigen Beitragszah-
lern und späteren Rentnern; denn diese müssen trotz der
angeblich ach so honorigen Intervention des SPD-Kolle-
gen Schmidbauer damit rechnen, dass das jetzt willkür-

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(C (D ich bestimmte Mindestrentenniveau willkürlich wieder ufgehoben wird, wenn es künftig eng wird. Planungsicherheit ist dem Gesetzentwurf jedenfalls nicht zu entehmen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Spätestens dann wird auch das Renteneintrittsalter
ieder zur Debatte stehen, an der sich Rot-Grün bis
008 vorbeimogeln möchte. Erst danach wollen Sie sich
amit wieder beschäftigen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagen Sie denn zum Renteneintrittsalter?)


ie können den Menschen nicht von heute auf morgen
itteilen, dass sich das Renteneintrittsalter ändert. Die
enschen brauchen in dieser Frage Planungssicherheit,
m sich eventuell Alternativen, wie wir sie vorschlagen,
chaffen zu können.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagen Sie denn?)


Frau Bender, Sie haben in den letzten Tagen immer
ieder gesagt, dass das Renteneintrittsalter heraufge-
etzt werden muss. Schreiben Sie es doch in Ihren Ge-
etzentwurf und werfen Sie uns nicht vor, was wir tun
zw. nicht tun.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie tun vor allen Dingen nichts!)


ie sind heute mit dem Aussprechen der angeblichen
ahrheit sehr deutlich gewesen. Dazu kann ich nur sa-
en: Ihr Gesetzentwurf weist diese Deutlichkeit nicht
uf.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Ihre Reden auch nicht!)


Die vorliegenden Formulierungen lassen wirklich al-
es offen. Herr Schmidbauer, Sie bekommen heute ein
lacebo, damit Sie Ihre Drohung zurücknehmen. Das
issen Sie auch und das nenne ich scheinheilig. Sie ma-
hen das nur, um die Kanzlerdämmerung, die bei Ihnen
errscht, noch etwas aufzuhellen. Der Kanzler und auch
ie, Frau Ministerin, haben sich in der Vergangenheit in
er Frage der Mindestsicherung mehrfach anders festge-
egt. Sie können sich in Ihren eigenen Reihen nicht
urchsetzen, weil Sie die Abweichler nicht mehr bändi-
en können.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Genau!)

eitdem feststeht, dass der Parteivorsitzende in Zukunft
in anderer sein wird, ist in dieser Fraktion scheinbar
ein Halten mehr. Sie will mit ihrem heutigen Abstim-
ungsverhalten ihren Kanzler und die Ministerin de-
ontieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Auf keinen Pfeiler Ihres wackligen Rentengebäudes
st Verlass. Bereits heute überschätzt ein Großteil der
ungen Leute das Niveau ihrer künftigen Ansprüche






(A) )



(B) )


Hildegard Müller

erheblich. Mit Ihrer Scheinsicherheit werden Sie dazu
beitragen, dass die private Vorsorge weniger in An-
spruch genommen wird, als es dringend notwendig wäre.
Die Zahlen zur Riester-Rente sind diese Woche bekannt
geworden. Herr Riester, ich erkenne ausdrücklich an,
was Sie damals versucht haben.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Er bemühte sich nach Kräften!)


Aber wenn 3,5 Millionen Menschen keinen Antrag auf
Förderung gestellt haben, dann kann man das nur als
Versagen auf ganzer Linie bezeichnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Lassen Sie mich aus aktuellem Anlass noch einen
weiteren wichtigen Punkt ansprechen: die Alterssiche-
rung von Frauen. Schließlich führen wir diese Debatte
in der Woche, in der der Internationale Frauentag began-
gen wurde, zu dem wir viel gehört haben. Aus meiner
Sicht muss es auch das Ziel einer nachhaltigen Renten-
politik sein, die eigenständige Alterssicherung von
Frauen zu fördern und Familien angemessen zu berück-
sichtigen. Daran verschwenden Sie in dem vorliegenden
Gesetzentwurf keinen einzigen Gedanken.

In diesem „Nachhaltigkeitsgesetz“ rechnen Bundesre-
gierung und Koalition an der Wirklichkeit von Frauen in
diesem Land vorbei. Es gibt dazu keinen einzigen Vor-
schlag. Wir alle wissen, dass Frauen mit Kindern in den
meisten Fällen keine durchgängigen Erwerbsbiografien
haben.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Daher haben wir auch die Reform gemacht!)


Das, was Rot-Grün ihnen früher an vermeintlichen
Wohltaten hat zukommen lassen, haben Sie den Frauen
an anderer Stelle längst wieder weggenommen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn?)


Tun Sie doch nicht so, als ob Sie in der Vergangenheit et-
was für Frauen erreicht hätten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Erika Lotz [SPD]: Was haben Sie ihnen denn alles weggenommen?)


Wir wissen auch, dass Frauen durchschnittlich weni-
ger als Männer verdienen und viel häufiger in Teilzeit ar-
beiten.


(Gudrun Schaich-Walch [SPD]: Das ist doch lächerlich!)


– Regen Sie sich doch nicht so auf, Frau Schaich-Walch.
Denken Sie an die Gesundheitsreform und Ihren Blut-
druck. –


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Beides hat das Statistische Bundesamt in der vergange-
nen Woche wieder bestätigt. Demnach verdienten weib-
liche Angestellte im vergangenen Jahr durchschnittlich
2 600 Euro brutto im Monat, also rund 30 Prozent weni-

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(C (D er als ihre männlichen Kollegen. Vollzeitbeschäftigte rbeiterinnen verdienen durchschnittlich 26 Prozent weiger als die Arbeiter. Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Kirschner? Aber gerne. Damit können wir den Reigen der Zwi chenfragen eröffnen. Vielen Dank, Frau Kollegin Müller. Können Sie mir agen, was Sie in Ihrem vorliegenden Antrag – – Ich glaube, Sie haben den FDP-Antrag in der Hand. Nein, noch kann ich lesen. Dieser Antrag ist von der DU/CSU und auch Ihr Name, Hildegard Müller – ich ehme an, dass Sie das sind –, steht darauf. Ich habe zwei Fragen. Wo haben Sie in Ihrem Antrag Sie haben das gerade an unserem Antrag kritisiert – die igenständige Sicherung der Frau berücksichtigt? Mit einer zweiten Frage möchte ich gerne von Ihnen wisen – ich nehme an, Sie sprechen im Namen Ihrer Frakion –: Welches Rentenniveau wollen Sie sichern, da Sie n Ihren Parteitagsbeschlüssen festgestellt haben, dass as Beitragssatzniveau dauerhaft nicht über 20 Beitragsatzpunkte steigen soll? Herr Kirschner, zum einen hat dies der Kollege eehofer eben sehr ausführlich erklärt. (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509711600
Hildegard Müller (CDU):
Rede ID: ID1509711700
Klaus Kirschner (SPD):
Rede ID: ID1509711800
Hildegard Müller (CDU):
Rede ID: ID1509711900
Klaus Kirschner (SPD):
Rede ID: ID1509712000
Hildegard Müller (CDU):
Rede ID: ID1509712100
rsparen wir es dem Publikum, alles zu wiederholen.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Im Examen durchgefallen!)


Gestatten Sie mir, dass ich die Zwischenfrage so beant-
orte, wie ich es für richtig halte. Danke schön für die
roßzügigkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zum anderen sind wir in unserem Antrag auf die Ver-

esserung der Anerkennung von Familienerziehungszei-
en sehr ausführlich eingegangen. Ich räume durchaus
in, dass es bei der Finanzierung in der einen oder ande-
en Frage einen unterschiedlichen Ansatz gibt. Es gibt
wei Wege, zu diesem Ziel zu kommen. Sie schlagen gar
einen Weg vor.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich habe eben den durchschnittlichen Verdienst von

rauen erwähnt. Dieser schlägt sich in der Altersrente
ieder. Während Männer im Westen etwa 1 157 Euro






(A) )



(B) )


Hildegard Müller

und in den neuen Bundesländern 1 165 Euro erhalten,
beträgt die Rente bei Frauen durchschnittlich nur
593 Euro bzw. 706 Euro.


(Erika Lotz [SPD]: Sagen Sie etwas zu Blüm!)

Bei solch niedrigen Frauenrenten ist es bei den Re-
formvorhaben nicht verständlich, immer wieder von so
genannten Eckrentnern mit einer abhängigen Beschäfti-
gung von 45 Jahren auszugehen. Zu diesem Aspekt habe
ich von Herrn Schmidbauer und den anderen Rebellen in
der SPD-Fraktion bisher noch nichts gehört. Die Kroko-
dilstränen vergießen bei Ihnen offenbar vorwiegend
Männer. Es kommt noch hinzu, dass es Frauen sind, die
mit der Erziehung von Kindern einen elementaren Bei-
trag zur Fortdauer der umlagefinanzierten Rentenversi-
cherung leisten.

Angesichts der demographischen Entwicklung in
Deutschland ist es ein Armutszeugnis, dass diese Fakten
bei Ihrer angeblich so nachhaltigen Reform völlig ausge-
blendet werden. Jetzt kommen Sie mir bitte nicht – das
haben Sie gestern im Ausschuss getan – wieder mit den
4 Milliarden Euro für die Ganztagsschulen. Dafür kann
sich keine Frau ein Stück Brot mehr kaufen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir wissen doch alle, dass es Frauen besonders schwer
fällt, zusätzliches Geld für die ergänzende private und
betriebliche Altersvorsorge zurückzulegen. Die von der
Bundesregierung erhoffte Inanspruchnahme der Riester-
Rente durch Frauen bleibt auch weiter erheblich hinter
dem notwendigen Maß zurück. Dies liegt einerseits an
der Ausgestaltung, andererseits aber auch am fehlenden
finanziellen Spielraum von Frauen. Statt aber hier be-
sonderen Reformbedarf zu sehen, nutzt die Bundesregie-
rung diese Situation der Frauen sogar noch aus, um ihre
nachlässige Politik zu rechtfertigen.

Ich darf Sozialministerin Schmidt zitieren. Im „Han-
delsblatt“ war zu lesen:

Wer, wie viele Frauen, wenig Rente hat, ist vom hö-
heren Kassenbeitrag auf Betriebsrenten gar nicht
oder kaum betroffen.

Wenn man das liest, könnte man glatt den Eindruck ge-
winnen, dass Frauen für ihre niedrigen Renten auch noch
dankbar sein sollen. Wir können den Rentnern dem-
nächst auch noch die ganze Betriebsrente wegnehmen.
Dann sind sie gar nicht mehr von Kürzungen betroffen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Frau Ministerin, Sie haben den Frauen überhaupt

keine Perspektive geboten. Sie sagen, Sie müssten dafür
sorgen, dass die Belastungen zwischen den Generationen
gerecht verteilt werden. Das tun Sie aber nicht, sondern
Sie gaukeln der jungen Generation vor, das Rentenni-
veau werde höher sein, als es der Fall sein wird, was Sie
aufgrund der Berechnungen wissen. Sie schließen
gleichzeitig eine Erhöhung des Renteneintrittsalters aus,
müssen aber wahrscheinlich von heute auf morgen sa-
gen, dass das Renteneintrittsalter doch erhöht werden
muss. Genau dies, Frau Ministerin, kritisieren wir an
dem vorliegenden Gesetz. Für Frauen und die junge Ge-

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(C (D eration wird mit Ihrem Gesetz nichts getan. Im Gegenil, sie werden eher bestraft. Die Senkung des Rentenniveaus trifft Frauen ange ichts des ohnehin geringeren Bruttoeinkommens noch tärker als Männer. Die geplante Streichung der Anrechung von Ausbildungszeiten – Sie haben uns eben vorehalten, dass es gute Vorschläge des VDR gibt; warum aben Sie die Vorschläge bezüglich der Ausbildungszein denn nicht übernommen, wie wir es vorgeschlagen aben? – sorgt für einen weiteren Rentenabschlag bei rauen. Das führt angesichts des niedrigen Niveaus azu, dass die Belastungen für Frauen noch größer sind. Statt sich mit den Kolleginnen von der Bundesregie ung am Montag zum Internationalen Frauentag nur den ameras zu präsentieren, hätten Sie, Frau Schmidt, beser im Bundeskabinett gezeigt, dass Sie etwas für Frauen rreichen und es bei Frauen nicht nur um „Gedöns“ geht, ie der Herr Bundeskanzler immer so gerne betont. Aus meiner Sicht muss die gesetzliche Rentenversi herung in jedem Fall familienund frauengerechter ausestaltet werden. Vor diesem Hintergrund – das haben ir schon mehrfach erwähnt – (Peter Dreßen [SPD]: Mir graut es vor Ihrer Familienpolitik! – Karsten Schönfeld [SPD]: Peinlich!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


aben wir beschlossen, dass sich die Kindererziehung
tärker als bisher bei der Rentenhöhe auswirken soll.
as soll auch für die Zeit vor 1992 gelten, Ihre Vor-
chläge beziehen sich nur auf die Zeit danach. Wir brau-
hen eine Familienkomponente in der gesetzlichen Ren-
nversicherung und den verstärkten Aufbau einer
igenständigen Alterssicherung für Frauen. Frau Lotz,
ie wissen, dass unsere Konzepte durchgerechnet sind.
ie können noch so oft nach dem Geld schreien.
Die Lebenswirklichkeit der Frauen in Deutschland,

ie im Wahlkampf 2002 immer so betont worden ist,
piegelt sich in Ihren Rentenplänen jedenfalls nicht wi-
er.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509712200

Das Wort hat jetzt die Frau Bundesministerin Ulla

chmidt.

(Beifall bei der SPD)


Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und
oziale Sicherung:
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

rau Müller, es gehört schon einiges dazu, wenn jemand,
er wie Sie die Gewerkschaften bekämpfen, die Arbeit-
ehmerrechte einschränken, den Niedriglohnsektor un-
egrenzt fördern und das Recht auf Teilzeitarbeit be-
chneiden will und der die Privatisierung der Renten-
nd der Krankenkassen immer dann fordert, wenn die






(A) )



(B) )


Bundesministerin Ulla Schmidt

private Versicherungswirtschaft dafür eintritt, hier für
die Frauen Partei ergreift. Das ist ein starkes Stück. Das
muss hier einmal erwähnt werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich erinnere an die Worte des Geschäftsführenden Di-
rektors des Internationalen Währungsfonds, Horst
Köhler, der jetzt Ihr Kandidat für die Wahl des Bundes-
präsidenten ist. Er meinte, Bundeskanzler Schröder habe
mit der Agenda 2010 den richtigen historischen Schritt
zurückgelegt.


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Aber nicht umgesetzt! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Zurück!)


Sie sollten sich diese Worte zu Herzen nehmen, meine
Damen und Herren von der Opposition;


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

diese Äußerung ist nicht steinalt. Er hat das vor einer
Woche und damit etwa ein Jahr, nachdem der Bundes-
kanzler in diesem Haus die Agenda 2010 vorgestellt hat,
gesagt. Zentrale Teile der Agenda 2010 sind die Gesund-
heits- und die Rentenreform. Über letztere entscheiden
wir heute.

Unser Land braucht das Nachhaltigkeitsgesetz. Denn
damit werden drei unserer zentralen Anliegen verwirk-
licht.

Erstens. Die gesetzliche Rentenversicherung bleibt
für die Beschäftigten bzw. die Beitragszahler bezahlbar.

Zweitens. Das Gesetz schafft Verlässlichkeit für die
heutigen wie die zukünftigen Rentnerinnen und Rentner.

Drittens. Das Gesetz begünstigt die wirtschaftliche
Dynamik und ist eine wichtige Voraussetzung, damit
mehr Investitionen in die Zukunft getätigt werden und
Wohlstand erzielt werden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der Gesetzentwurf beinhaltet notwendige Verände-

rungen. Es ist nicht immer einfach, diese nach außen zu
vertreten, weil notwendige Veränderungen auch immer
bedeuten, dass Liebgewordenes verändert oder auch auf-
gegeben werden muss.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wie ist das mit der Niveausicherung?)


Aber wir müssen den Sozialstaat durch seinen Umbau si-
chern. Wir müssen heute Veränderungen vornehmen, da-
mit wir ihn für morgen bewahren können. Das ist die
Aufgabe, vor der wir jetzt stehen und der wir uns stellen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509712300

Frau Bundesministerin, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Storm?

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(C (D Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und oziale Sicherung: Nein. Heute hat keiner Zwischenfragen gestattet. uch ich tue das nicht. Die Rentnerinnen und Rentner werden weiterhin am achsenden Wohlstand beteiligt sein. Das Maß, in dem hr Wohlstand wächst, wird dadurch bestimmt, wie der ohlstand der aktiven erwerbstätigen Bevölkerung zuimmt. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber was heißt das für die Niveausicherung?)


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


amit ist der Gesetzentwurf, den wir heute beraten, ers-
ens auch ein Bekenntnis unsererseits zur solidarischen
esetzlichen Rentenversicherung, die wir nicht zur reinen
akulatur verkommen lassen wollen wie die Kollegen
nd Kolleginnen von der CDU/CSU und der FDP. Wir
ollen vielmehr, dass die gesetzliche Rentenversiche-
ung auch in Zukunft die Hauptsäule der Alterssicherung
leibt, weil sie sich bewährt hat und weil umlagefinan-
ierte Rentensysteme gegenüber rein kapitalgedeckten
ystemen ihren Wert haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Was ist der Beitragssatz und was ist das Niveau?)


Zweitens. Kernelement dieser Reform ist der Nach-
altigkeitsfaktor. Er beeinflusst den Anstieg der Renten
nd stellt, anders als der demographische Faktor, auf das
eweils aktuelle Verhältnis zwischen Beitragszahlenden
nd Leistungsempfängern und -empfängerinnen ab.
Ich glaube, die uns allen bekannte Tatsache, dass im

ahr 2030 auf jeweils einen Rentner oder eine Rentnerin,
ie Leistungen empfangen, zwei aktiv Erwerbstätige
ommen, die die Leistungen erwirtschaften müssen,
eigt, dass ein solcher Faktor sehr wohl notwendig ist.
er Faktor wirkt sehr generationengerecht. Wenn das
eschäftigungsvolumen kleiner wird, dämpft er den
entenanstieg. Wenn es aber gelingt, die Zahl der Be-
chäftigten zu erhöhen, wirkt er sich positiv aus, weil
ann auch die Rentenzuwächse für die ältere Generation
öher sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen ist der Nachhaltigkeitsfaktor meiner Mei-

ung nach das beste Steuerungselement unter vielen
orschlägen, die in den vergangenen Jahren gemacht
orden sind. Er bewirkt zweierlei. Er trägt dazu bei,
ass die Rentnerinnen und Rentner am Wohlstand teilha-
en können. Aber in Zeiten der konjunkturellen Schwä-
he oder einer hohen Arbeitslosigkeit dämpft er den
entenanstieg und damit die Höhe der Beiträge.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wo geht das Rentenniveau hin?)


o wirkt er auf mehr Beschäftigung hin und verhindert
ie nicht.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Ulla Schmidt

Drittens. Mit dem Gesetz sorgen wir dafür, dass die

Beiträge bezahlbar bleiben. Wir machen das sehr be-
wusst; denn wir wollen, dass die jetzige junge Genera-
tion und auch die künftigen Generationen Spielräume
haben. Wir wissen, dass die gesetzliche Rentenversiche-
rung allein keine lebensstandardsichernde Funktion ha-
ben wird. Sie wird zwar die stärkste Säule sein. Aber wir
sagen der jungen Generation sehr klar und deutlich: Ihr
müsst neben der gesetzlichen Rentenversicherung eine
kapitalgestützte Säule – betrieblich oder privat bzw. be-
trieblich und privat – aufbauen, um ein hohes Leistungs-
niveau zu erhalten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wovon dürfen wir denn nun ausgehen: 43 oder 46 Prozent?)


– Dazu sage ich gleich etwas.
Wir haben, ausgehend von den heutigen Zahlen, klar

gemacht, wohin wir gehen wollen. Wir wollen, dass im
Jahr 2020 der Beitragssatz nicht über 20 Prozent – diese
Zielvorgabe dämpft den Beitragssatzanstieg bereits vor-
her – und das Rentenniveau bei 46 Prozent liegt. Wenn
nichts geschieht, werden im Jahr 2030 der Beitragssatz
bei 22 Prozent und das Rentenniveau bei 43 Prozent lie-
gen. Aber, Kollege Kolb – hier unterscheiden wir uns
vielleicht von vielen anderen in diesem Hohen Haus –,
wir wollen auch, dass die jüngere Generation selber ent-
scheiden und handeln kann. Wir haben Spielräume eröff-
net. Ein Gesetzgeber ist doch gut beraten, wenn er alle
vier Jahre einen Bericht vorlegt, in dem er deutlich
macht, wie sich das Niveau auf Basis der jeweils aktuel-
len Zahlen entwickeln wird.

Wenn die jüngere Generation ein höheres Min-
destrentenniveau haben will, dann hat sie eine ganze
Reihe von Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist, für
mehr Beschäftigung zu sorgen; denn 1 Prozent mehr Be-
schäftigung bedeutet auf der Grundlage der heutigen
Zahlen eine Anhebung des Rentenniveaus um fast
1 Prozent. Die zweite Möglichkeit ist, über die Herauf-
setzung des Renteneintrittsalters steuernd einzugreifen.


(Beifall bei der SPD)

Wir nehmen uns nicht das Recht heraus, heute end-

gültig zu entscheiden, wie die Generation nach uns leben
und wie viel sie zu ihrer Alterssicherung beitragen soll.
Das soll sie selber entscheiden. Dafür legen wir heute
den Grundstein.

Wir machen etwas, von dem Sie zwar immer geredet,
das Sie aber nie geschafft haben. Wir wollen das reale
Renteneintrittsalter an das gesetzliche Renteneintritts-
alter heranführen. Wir wollen des Weiteren Schluss da-
mit machen, dass Unternehmen in Deutschland ihre Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer zulasten der
Rentenversicherung entlassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen die Frühverrentung nach Arbeitslosigkeit
und Altersteilzeit stoppen. Wir wollen hier ein Zeichen
setzen; denn wir dürfen es nicht hinnehmen, dass in
Deutschland die Beschäftigungsquote bei den 60- bis
64-Jährigen nur noch bei 22 Prozent liegt. Nur noch je-

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(C (D er fünfte Erwerbsfähige dieser Altersgruppe hat also eien Arbeitsplatz. Es ist richtig, hier anzusetzen. Wir ollen noch in diesem Jahrzehnt dafür sorgen, dass die eschäftigungsquote bei dieser Altersgruppe in eutschland genauso hoch ist wie in der Schweiz oder in chweden, wo sie bei 50 bzw. 53 Prozent liegt. Jetzt sind ie Tarifvertragsparteien und die Unternehmen geforert, hier etwas zu tun und älteren Menschen eine hance zu geben; denn sie sind leistungsfähig und könen sehr viele Erfahrungen einbringen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dies sind Ziele, die wir auch mit dem Nachhaltig-
eitsgesetz erreichen wollen. Die besten Möglichkeiten
ind nun einmal gut bezahlte Jobs, mehr Investitionen
er Unternehmen – und zwar auch für Frauen, Frau
üller –, gute Rahmenbedingungen, hervorragende Bil-
ungs- und Ausbildungsmöglichkeiten – und diese auch
ür Frauen, Frau Müller – sowie eine hohe Wettbewerbs-
ähigkeit der Unternehmen.
Herr Kollege Seehofer – Sie haben hier einiges darge-

egt –, hätten Sie einmal das gesagt, was Sie letztens ge-
enüber der „Frankfurter Rundschau“ geäußert haben:
nsere Parteien sind noch nicht so weit, dass sie das
hema Rente überhaupt behandeln können. Seien Sie
hrlich: Sie wollen die Themen „Pflege“ und „Rente“ in
iesem Jahr nicht behandeln, weil Sie den Menschen
ann endlich die Wahrheit sagen müssten. Sie stellen
ich hierhin und behaupten: Bei Ihnen sind die Rentner
ie Lastesel. Ich möchte nur ganz kurz erwähnen, was
uf die Rentner und Rentnerinnen zukommt, wenn Ihre
orstellungen Wirklichkeit werden:
Erstens. 20 Milliarden Euro an Renten werden weni-

er ausgezahlt, weil Sie eine Begrenzung von 20 Prozent
orsehen.
Zweitens. Es gibt keine Förderung der privaten Vor-

orge. Sie haben nämlich noch nie ein brauchbares Kon-
ept zum Aufbau einer betrieblichen oder einer privaten
ltersvorsorge vorgelegt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Was? Das nehmen Sie zurück, Frau Ministerin!)


Drittens. Sie haben kritisiert, dass der Beitragssatz in
er Pflegeversicherung für Rentner und Rentnerinnen in
ukunft bei 1,7 Prozent liegt, also 0,85 Prozentpunkte
öher als bisher sein wird. Er wird damit genauso hoch
ein wie der für Erwerbstätige. Sagen Sie den Menschen,
ass Sie einen Anstieg des Beitragssatzes in der Pflege-
ersicherung bis 2010 auf 3,4 Prozent vorsehen, und
war ohne verbesserte Versicherungsleistungen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


anach soll es nur noch private Pflegeversicherungen
eben und jeder Einzelne soll 66 Euro pro Monat dafür
ahlen! Nehmen Sie Ihre Parteitagsbeschlüsse doch ein-
al ernst!






(A) )



(B) )


Bundesministerin Ulla Schmidt

Hinzu kommen soll ein Krankenkassenbeitrag von

200 Euro, ohne dass damit Zahnbehandlungen versichert
sind. Für die Versicherung der Zahnbehandlung fallen
pro Monat noch einmal 50 Euro an.

Man kann über vieles streiten. Hier tun Sie so, als wä-
ren Sie das soziale Gewissen der Nation, während Sie
auf Ihren Parteitagen gleichzeitig wie soziale Despera-
dos agieren. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir sagen: Da sich die ökonomischen und die demo-
graphischen Bedingungen gewandelt haben, brauchen
wir Veränderungen. Wir wollen aber nur so viel Verän-
derungen wie nötig und so viel soziale Sicherheit wie ir-
gend möglich. Das ist unser Konzept.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509712400

Zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Daniel

Bahr das Wort.

Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1509712500

Frau Präsidentin! Frau Ministerin Schmidt, Sie haben

in Ihrer Rede von Verlässlichkeit gerade gegenüber der
jungen Generation gesprochen. Sie haben in Ihrer gan-
zen Rede nicht einen einzigen Punkt formuliert, der für
die junge Generation Verlässlichkeit bedeutet. Sie ge-
hen von einem Rentenbeitrag von 22 Prozent aus. Sie
selbst sagen, dass damit ein Rentenniveau von nur
43 Prozent erreicht werden kann. Gleichzeitig sagen Sie,
dass Sie alle Maßnahmen ergreifen wollen, damit ein
Rentenniveau von 46 Prozent erreicht werden kann. Wo-
rauf kann sich die junge Generation denn jetzt verlassen?
Dieses Gesetz leistet doch keinerlei Beitrag zu Verläss-
lichkeit in der Planung. Sie versuchen, eine Politik gegen
die Gesetze der Mathematik zu machen. Mit einem Bei-
tragssatz von 22 Prozent wird ein Rentenniveau von
43 Prozent nicht erreichbar sein.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist die Wahrheit!)


Sagen Sie der jungen Generation endlich, welche Maß-
nahmen Sie ergreifen wollen, damit ein höheres Niveau
erreicht werden kann!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509712600

Frau Ministerin Schmidt, Sie haben das Wort zur Er-

widerung.
Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und

Soziale Sicherung:
Erstens. Herr Kollege Bahr, wir sagen den jungen

Menschen: Unser Ziel ist, die Beitragssätze stabil zu hal-

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(C (D en. Wir haben dafür gesorgt, dass der Beitragssatz in der esetzlichen Rentenversicherung von 19,5 Prozent in iesem Jahr beibehalten wird. Die Maßnahmen, die dazu ötig waren, haben uns nicht nur positive Reaktionen ingebracht. Zweitens. Wir sagen sehr klar: Die gesetzliche Ren enversicherung wird zwar die Hauptsäule der Altersverorgung sein, aber alleine zur Sicherung des Lebensstanards nicht ausreichen. Das haben wir übrigens schon in er letzten Legislaturperiode gesagt. Wir haben Schluss amit gemacht zu propagieren, wie Sie – Ihre Partei war amals an der Regierung beteiligt; daran will ich nur einal erinnern –, die CDU und die CSU es immer wieder etan haben, dass die Rente sicher sei und man ansonsen keine Vorsorge treffen müsse. Drittens. Auf Grundlage der heutigen Daten steigt der eitragssatz 2020 nicht über 20 Prozent, 2030 nicht über 2 Prozent. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann haben Sie 43,2 Prozent!)


as Sicherungsniveau – dieses stellt eine Warnlampe für
ie Regierung dar, Herr Kollege Kolb; wenn es unter-
chritten wird, muss sie handeln – wird 2020 bei 46 Pro-
ent und 2030 bei 43 Prozent vor Steuern liegen.
Dann kommt es darauf an, an den Stellschrauben zu

rehen.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Welche?)


Habe ich Ihnen vorhin genannt! – 1 Prozent mehr Be-
chäftigung bedeutet – das müsste doch Ihr liberales
irtschaftsherz höher schlagen lassen –,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das finde ich toll!)


ass das Rentenniveau ungefähr 1 Prozentpunkt höher
iegt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ihre Bilanz ist aber ernüchternd! Sie haben da versagt!)


as können Sie nachrechnen, Herr Kollege Kolb. Dane-
en werden wir ab 2008 alle vier Jahre dem Bundestag
inen Bericht vorlegen,


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Sie nicht!)

er sich mit diesen Fragen auseinander setzt und Maß-
ahmen vorschlägt. Dann wird der zukünftige Bundes-
ag darüber entscheiden, welche Maßnahmen noch un-
ernommen werden müssen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das werden wir machen müssen!)


Noch einmal zu dem Mindestsicherungsniveau: Da-
ei handelt es sich nicht um eine Mindestrente, sondern
s bedeutet, dass der Gesetzgeber, wenn in der langjähri-
en Vorausschau dieses Niveau unterschritten wird, han-
eln muss. Dann geht sozusagen eine Warnlampe an.
ber ein Niveau von 43 oder 46 Prozent – das ist egal –
eicht nicht aus, um den Lebensstandard zu sichern. Das
st das Entscheidende. Das müssen wir der jüngeren Ge-
eration sagen.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Ulla Schmidt


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Legen Sie sich nicht fest!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509712700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Gerald Weiß.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Frau Ministerin, schon der Name Ihres Geset-
zes, Rentennachhaltigkeitsgesetz, beinhaltet eine Lüge.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das Einzige, was wirklich nachhaltig ist, ist das Renten-
chaos, das Rot-Grün seit Jahr und Tag ungebrochen und
fortgesetzt produziert.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Rentenpolitik braucht Verlässlichkeit. Das Einzige,

worauf man sich bei Ihnen verlassen kann, ist die Unbe-
rechenbarkeit. Die Rentnerinnen und Rentner werden
durch Minusrunden geschädigt. Sie bekommen in diesen
Tagen ihre traurigen Bescheide. Darin wird die erste Mi-
nusrunde seit 1957 verkündet. Für diesen Vertrauens-
bruch ist einzig und allein Ihre Politik, Frau Ministerin,
verantwortlich. Sie werden den Rentenbericht 2008 tod-
sicher nicht als Ministerin diesem Hause vorlegen kön-
nen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Rentnerinnen und Rentner fühlen sich im Stich

gelassen. Rentenpolitik braucht Vertrauen. Das Einzige,
worauf man bei Ihnen vertrauen kann, ist, dass eine
Stück- und Flickwerkreform die nächste jagt: alle Jahre
eine Jahrhundertreform, eine schlechter als die andere.
Ein Gesamtkonzept ist nicht erkennbar, geschweige
denn ein zukunftsfähiges, schon gar nicht eines, das zu
einem sachgerechten, Erfolg versprechenden Ansteigen
der kapitalgedeckten privaten Vorsorge weiterführend
beiträgt, Frau Ministerin.

Rentenvertrauen basiert auf Rentenwahrheit. Was Sie,
Frau Schmidt, hier machen, stellt den nächsten Betrug
sowohl an der Rentnergeneration als auch an der jungen
Generation dar.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD)


Was sagen Sie dem jüngeren Menschen, der 2030 in
Rente geht: 46 Prozent oder 43 Prozent Rentenniveau?
Und was sagen Sie dem Arbeitnehmer, den Sie mit dem
Rentenversicherungsbeitrag nicht überfordern wollen,
wie Sie eben gesagt haben? Wenn Sie demjenigen, der
2030 in Rente geht, ein Renteniveau von 46 Prozent und
dem Arbeitnehmer einen Beitrag von maximal 22 Pro-
zent versprechen, sagen Sie vorsätzlich die Unwahrheit,
Frau Ministerin.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


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(C (D as ist nicht miteinander vereinbar. Die Rentenversicheungsträger haben Ihnen das doch ins Stammbuch gechrieben. Sie schicken den Gesetzentwurf, den wir jetzt bschließend behandeln, mit einer Notlüge befrachtet in ieses Parlament, um notdürftig eine Mehrheit zusamenzimmern zu können. Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Rentenvertrauen baut auf Klarheit und Sicherheit. Die
eue Rentenformel ist eine Fehlkonstruktion. Kaum ein
ormaler Mensch durchschaut ihre Wirkungen. Sie öff-
et willkürlichen Eingriffen Tür und Tor. Sie ist weit
avon entfernt, eine Vertrauensformel zu sein. Der
iester-Faktor gilt fort. Er ist missglückt; denn er setzt
5 Prozent der Inanspruchnahme der privaten Vorsorge
it ihrer Anrechnung auf die Rentensteigerung für
00 Prozent. Der eine Dämpfer wirkt fort und ein neuer,
er Nachhaltigkeitsfaktor – späte Frucht einer späten
anzlererkenntnis –, wird draufgesetzt.
Das führt zum nächsten Punkt. Rentenvertrauen baut

uf Gerechtigkeit. Wir, die Union, wollen Gerechtigkeit
wischen den Generationen und Gerechtigkeit innerhalb
er Generationen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

enn Sie jetzt einen Doppeldämpfer – missglückter
iester-Faktor plus Nachhaltigkeitsfaktor – einführen,
ührt das zu einer Doppelbelastung; es führt für die
echsfach gebeutelten Rentnerinnen und Rentner zu ei-
em weiteren Sonderopfer, das Sie ihnen ungerechter-
eise zumuten.
Ungerecht ist auch die Abschaffung der Anrech-

ungszeiten von Schule und Studium. Warum haben
ie hier nicht den Weg gewählt, den die Rentenversiche-
ungsträger Ihnen angedient haben? Das wäre ein sach-
ich besserer, gerechterer und bei gleicher Einsparwir-
ung schonenderer Weg.
Auch den Jüngeren wird dieses Gesetz nicht gerecht.
er Barwert dessen, was ein Beitragszahler im Laufe
eines Erwerbslebens in die Rentenversicherung zahlt,
eträgt 100 000 Euro. Heraus bekommt er – als Erzie-
ender mit Kind – 11 Prozent. Das heißt, das Missver-
ältnis zwischen dem, was Erziehende für das Renten-
ersicherungssystem leisten, und dem, was sie aus dem
ystem zurückbekommen, ist riesig. Wir brauchen mehr
erechtigkeit für Familien und Erziehende.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


iemand kann behaupten, dass ein Gesetz, das in diesem
ntscheidenden Punkt die Familiengerechtigkeit nicht
erbessert, ein Nachhaltigkeitsgesetz ist. Wir müssen die
rziehungsleistungen in der Rente stärker berücksichti-
en und deshalb müssen Erziehende im Vergleich zu den
ichterziehenden schon in der Erziehungsphase besser
estellt werden.
In Ihrem Gesetzentwurf gibt es keinen Ansatzpunkt

afür – das ist der Grundmangel des vorliegenden Ent-
urfs –, den Zweigenerationenvertrag zu einem – not-
endigen – Dreigenerationenvertrag auszubauen.






(A) )



(B) )


Gerald Weiß (Groß-Gerau)


Deshalb ist Ihr Gesetz gestrig und unmodern. Die CDU/
CSU wird einem gestrigen, unmodernen und nicht nach-
haltig wirkenden Gesetz ihre Zustimmung nicht geben.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509712800

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben noch

zwei kurze Redebeiträge. Es wäre gut, wenn etwas Ruhe
einkehren würde, damit wir sie noch hören können. –
Das Wort hat zunächst die Abgeordnete Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1509712900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich freue mich, dass Sie so zahlreich zu meiner Rede er-
schienen sind.

Selten wurde so viel über die Rente diskutiert wie in
den letzten Monaten. Selten wurde dabei so fromm gelo-
gen wie in den letzten Wochen. Selten wurde dabei so
forsch von Reformen gesprochen wie heute. Sie können
es drehen und wenden, wie Sie wollen: Sie kürzen und
streichen. Sie drücken sich vor wirklichen Reformen.
Mit diesem Gesetz treffen Sie vor allem die Armen und
Bedürftigen. Dazu sagt die PDS Nein.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Nun haben Sie in das Rentenversicherungs-Nachhal-
tigkeitsgesetz eine Niveausicherungsklausel einge-
baut. Allein für diese Wortungetüme müsste man die
Schöpfer geißeln. Wie dem auch sei: Eine Niveausiche-
rungsklausel im Rentenversicherungs-Nachhaltigkeits-
gesetz soll verhindern, dass die Renten ungebremst auf
Talfahrt gehen. Das ändert aber nichts an meiner grund-
sätzlichen Kritik am Gesetzeswerk. Es geht unter dem
Strich um Rentenklau, wie es auch die Volkssolidarität in
dieser Woche erklärt hat.

Natürlich kann das Rentensystem nicht mehr so funk-
tionieren, wie es einmal gedacht war. Wir sind inzwi-
schen im 21. Jahrhundert. Es liegt auf der Hand, dass die
Sozialsysteme auf neue Füße gestellt werden müssen.
Was Sie aber vorhaben, erinnert mich sehr an das sprich-
wörtliche Experiment eines Bauern. Dieser Bauer wollte
eine Kuh züchten, die ohne Futter auskommt. Stück für
Stück kürzte er die Rationen, bis die Kuh auf Nulldiät
war. Neugierig fragte ein Nachbar: „Klappt’s?“ – „Bes-
tens“, meinte stolz der Bauer, „bis auf eine Kleinigkeit:
Die Kuh spielt nicht mehr mit. Sie ist längst verstorben.“


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Genau so gehen Sie mit Ihrer Rentenreform vor. Sie
entziehen dem System zwei lebenswichtige Nährstoffe:
die Solidarität und die Sozialpflicht der Unternehmer.
Übrig bleibt Magerkost. Wer mehr braucht, muss zuzah-
len oder muss sehen, wo er bleibt.

Ich habe Ihnen schon vor Wochen hier vorgerechnet,
dass Sie – sowohl Sie von der Koalition als auch Sie von
der CDU/CSU, die FDP ohnehin, wenn es um die Rente
geht – im Übrigen falsch Zeugnis reden. Sie behaupten

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(C (D ämlich, die Alten müssten einen Beitrag für die Jungen eisten. Die Rentenabsenkungen, die hier verhandelt erden, treffen aber beide: die Alten wie die Jungen. Sie ehaupten ferner, die Rentenbeiträge müssen stabil unter 0 Prozent bleiben. Wer sich aber zusätzlich versichert, b bei Riester oder in anderer Form, zahlt doch schon eute 22 oder 24 Prozent. ie behaupten, alle müssten den Gürtel enger schnallen. ie meinen aber nicht alle, sondern vor allem die ohnein Bedürftigen. Nun durfte die Bundesgesundheitsministerin gestern m „Morgenmagazin“ Geschichten erzählen. Dabei ist ir aufgefallen: Wenn Käpt’n Blaubär in der ARD eschichten erzählt, dann gibt es Spaß. Wenn Rot-Grün ärchen erzählt, dann wird es bitterernst, und zwar für iele Millionen in diesem Land. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] sowie des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU])


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Plus Ökosteuer!)


as ist der Unterschied.
Nun haben wir es mit drei Großproblemen zu tun: der

nhaltenden Massenarbeitslosigkeit, der demographi-
chen Entwicklung und einer veränderten globalisierten
irtschaftswelt. Es ist völlig klar, dass diese drei Fakto-

en Auswirkungen auch auf das Rentensystem haben.
ur sind Ihre Antworten eindimensional und einseitig.
ie rechnen die demographische Entwicklung hoch
nd runter. Sie blenden aber die Massenarbeitslosigkeit
us, als sei sie Gott gegeben. Sie beklagen die Neben-
osten der Unternehmen. Sie denken aber nicht über
lternativen der Finanzierung von dieser Seite nach und
ie greifen sich die Schwächsten heraus, anstatt die Star-
en in die Versicherungssysteme einzubeziehen.
Eine Reform würde umgekehrt aussehen. Durch sie
ürden Besserverdienende in die allgemeine Renten-
asse einbezogen. Durch sie würde eine Grundsicherung
ür alle eingeführt werden sowie der Arbeitgeberanteil
om Lohn abgekoppelt und an die Wertschöpfung ange-
ockt werden. Man wäre außerdem darauf bedacht, dass
ie gerecht und solidarisch ist. Sie aber entlassen die Un-
ernehmen Stück für Stück aus ihrer Verantwortung und
undern sich dann, wenn Ihnen der Beifall für Ihre Re-
ormen versagt bleibt.
Sie werden heute die Renten kürzen und wohl mög-

ich wird der Bundeskanzler in seiner nächsten Rede wie
etztens bei der Praxisgebühr klagen. Vor Spitzenunter-
ehmern sagte er nämlich: Ich verstehe gar nicht, wie
an aus 10 Euro eine Schicksalsfrage machen kann. Ge-
au das, liebe, teure Genossen von der SPD, ist ein Teil
nseres Problems. Sie verstehen nicht mehr, was im
and los ist.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509713000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Karsten

chönfeld.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )



Karsten Schönfeld (SPD):
Rede ID: ID1509713100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Weiß, wer 16 Jahre getönt hat: „Die Ren-
ten sind sicher“, sollte uns nicht von diesem Pult aus der
Lüge bezichtigen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nicht nur aus dem, was Sie uns in den letzten Wochen
und Tagen vorgelegt haben – oder auch nicht vorgelegt
haben –, sondern auch aus dem, was Sie heute von die-
sem Pult aus gesagt haben, ist deutlich geworden: Sie
können es nicht besser. Sie haben keine Alternativen zu
den Vorschlägen, die wir vorlegen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie können ja auch mit uns regieren!)


Sie werfen uns vor, dass wir keine verlässlichen Zah-
len für die nächsten Jahre und Jahrzehnte liefern. Das
Gegenteil stimmt. Wir haben ein verlässliches Werk vor-
gelegt, sodass wir heutigen und kommenden Generatio-
nen sagen können, wie das Rentenniveau in 20 und in
30 Jahren aussieht.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Vorsichtig mit solchen Aussagen!)


Sie haben es sich leicht gemacht: Sie haben im Rahmen
der Herzog-Kommission gefordert – Sie haben das hier
wiederholt –, dass der Beitragssatz nicht über 20 Prozent
steigt. Ein löblicher Gedanke! Aber dann sagen Sie doch
auch, wie hoch in diesem Fall das Rentenniveau ist! Sa-
gen Sie, dass Sie ein Rentenniveau von weniger als
37 Prozent anstreben!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie dürfen den Menschen nicht auf der einen Seite posi-
tive Zahlen versprechen und auf der anderen Seite die
Hälfte der Wahrheit weglassen.


(Beifall der Abg. Erika Lotz [SPD])

Das betrifft zum einen die Beitragssätze und zum ande-
ren das Rentenniveau und auch die Lebensarbeitszeit.

Wir haben Lösungsvorschläge vorgelegt, damit die
heute arbeitende Generation keine Angst vor dem Alter
haben muss. Wir haben Vorschläge dafür vorgelegt, dass
die heute arbeitende Generation zukünftig selbst ent-
scheiden kann, wann sie ihren Renteneintritt vorsehen
will. Wir passen die gesetzliche Rentenversicherung an
veränderte Rahmenbedingungen an. Gleichzeitig haben
wir die Möglichkeiten für eine private Zusatzversorgung
verbessert. Wir haben die Riester-Rente eingeführt und
werden sie weiter stärken. Zudem verbessern wir die
Möglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir schaffen heute Klarheit über die Zukunft der gesetz-
lichen Rentenversicherung.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Eben nicht!)


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( s u s s F d g i S C s D t g s h e d d z G S d t u m 1)

2)

(C (D ir werden weitere Alternativen im Hinblick auf die Alersversorgung aufzeigen. Wir schaffen Verlässlichkeit nd nehmen damit gerade der jungen Generation Zuunftsängste. Ich kann Sie nur dazu einladen: Machen Sie auf die em Weg mit! Hören Sie endlich mit Ihrer Polemik auf nd verunsichern Sie die Menschen im Land nicht noch ehr, als Sie es ohnehin schon tun! Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509713200

Ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den

raktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
ingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der
achhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen
entenversicherung, Drucksache 15/2149. Es liegen
ehrere Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 der
eschäftsordnung vor, und zwar von dem Kollegen

(Ingolstadt Starnberg)

chuss für Gesundheit und Soziale Sicherung empfiehlt
nter Ziffer I seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
ache 15/2678, den Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
ung anzunehmen.
Hierzu liegen drei Änderungsanträge der Fraktion der

DP vor, über die wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für
en Änderungsantrag auf Drucksache 15/2687? – Ge-
enstimmen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag
st mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
timmen der Opposition, also gegen die Stimmen der
DU/CSU und der FDP, abgelehnt.
Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-

ache 15/2688? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
er Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koali-
ionsfraktionen und der fraktionslosen Abgeordneten ge-
en die Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt.
Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-

ache 15/2689? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Ent-
altungen? – Der Änderungsantrag ist ebenfalls bei dem
ben festgestellten Stimmenverhältnis abgelehnt wor-
en.
Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in

er Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
eichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der
esetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
timmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen
ie Stimmen von CDU/CSU und FDP sowie der frak-
ionslosen Abgeordneten angenommen.

Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung. Es ist namentliche Abstim-
ung verlangt. Ich bitte die Schriftführerinnen und

Anlage 3
Anlage 4






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Schriftführer, die vorgesehenen Plätze an den, wie ich
sehe, neuen Abstimmungsurnen einzunehmen. Sind die
Plätze besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne damit die
Abstimmung.

Ich höre, es fehlt ein Schriftführer der SPD an der
Urne oben rechts. Können wir bitte einen Moment stop-
pen? Die Leitung der Schriftführerinnen und Schriftfüh-
rer möge bitte schnell reagieren, damit die Urne oben
rechts besetzt wird. – Alles klar. Wir können weiter ab-
stimmen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509713300

Gibt es noch ein Mitglied des Hauses, das bisher trotz

erkennbar guten Willens keine Gelegenheit hatte, seine
Stimmkarte abzugeben? – Das ist nicht der Fall. Dann
schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführe-
rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen. Wie immer wird das Ergebnis der Abstimmung
nach Auszählung bekannt gegeben.1)

Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen jetzt
zu den Entschließungsanträgen. Um unnötige Zweifel an
den jeweiligen Mehrheitsverhältnissen bei Abstimmun-
gen auszuschließen, wäre es hilfreich, wenn diejenigen,
die bleiben wollen, sich setzen, und diejenigen, die nicht
bleiben können, den Saal verlassen würden.

Da sich einzelne Mitglieder der Opposition mutwillig
oder leichtsinnig in den Reihen der Koalition aufhalten,
sehe ich schon wieder Komplikationen beim Abstim-
mungsverhalten voraus. Da man die Zahl der Hammel-
sprünge vielleicht auf eine Handvoll pro Woche reduzie-
ren sollte, versuche ich jetzt einmal, ohne sie
auszukommen.


(Beifall des Abg. Hans-Peter Kemper [SPD])

Wir stimmen jetzt über den Entschließungsantrag der

Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/2690 ab.
Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Der
Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Wir stimmen über den Entschließungsantrag der
Fraktion der FDP auf Drucksache 15/2691 ab. Wer
stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt
dagegen? – Wer möchte sich der Stimme enthalten? –
Auch dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesund-
heit und Soziale Sicherung zu dem Gesetzentwurf der
Bundesregierung zur Sicherung der nachhaltigen Finan-
zierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversiche-
rung auf Drucksache 15/2678. Der Ausschuss empfiehlt
unter Ziffer II seiner Beschlussempfehlung, den Gesetz-
entwurf auf den Drucksachen 15/2562 und 15/2591 für
erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Diese
Beschlussempfehlung ist zweifellos angenommen.

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1) siehe Seite 8670 C

(C (D Ich rufe nun den Zusatzpunkt 1 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Pläne der CDU/CSU zu Einschränkungen im Arbeitsund Tarifrecht (Manfred Grund [CDU/CSU]: Das wolltet ihr doch gestern schon machen!)


Dazu eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort
unächst dem Kollegen Klaus Uwe Benneter für die
PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1509713400

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Was in

en vergangenen Tagen deutlich wurde, ist das System
erkel: im Ergebnis ein brutal-chaotisches Spiel um
acht und kleine Siege – Herr Schäuble weiß, wovon

ch spreche –,

(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Selbst das muss er ablesen!)

m Prozess undurchsichtig organisiert. Diese Unklarheit
on Frau Merkel wird offensichtlich zu ihrem Pro-
ramm.
Der Kompromiss in der Steuerpolitik ist naiv. Erst
ird der Faltlhauser gemacht, dann der Merz. Sie haben
ich entschieden, später ein bisschen, aber nicht zu radi-
al zu werden. Wie genau und wann denn, das bleibt of-
en. Nur eines ist klar: Das passt auf keinen Bierdeckel.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Als Generalsekretär müssen Sie sich aber einen neuen Redenschreiber suchen, Herr Benneter!)


as Märchen von der Steuerentlastung ist wie eine Sei-
enblase geplatzt. Auf einen Bierdeckel passt allerdings
hre Seriosität und daneben ist immer noch reichlich
latz.


(Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Können Sie auch fünf Minuten frei sprechen? – Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)


Auch das geht, Herr Kauder.
Ihre Vorschläge sind sozial ungerecht. Sie sind auch

icht zu finanzieren. Zwischen 10 und 43 Milliarden Euro
so haben die Experten errechnet – wollen Sie uns hier
usätzlich auferlegen. Mit Ihren Vorschlägen machen Sie
en Menschen Angst; damit schaffen Sie aber keinen
inzigen Arbeitsplatz. Im Gegenteil, was Sie beschlos-
en haben, hilft weder denen, die Arbeit haben, noch de-
en, die Arbeit suchen.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509713500

Herr Kollege, lassen Sie mich Ihre Rede für einen Au-

genblick unterbrechen. – Nach meiner überschlägigen
Betrachtung redeten gerade mindestens 15 Kollegen im
Bundestag, einer mit Mikrofon und die anderen ohne.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Der Redner stört! – Heiterkeit bei der CDU/CSU – HansJoachim Fuchtel [CDU/CSU]: Der liest doch vor!)


– Dies erschwert die Kommunikation, zumal das Emp-
finden einer Störung durch den Redner nach aller Le-
benserfahrung jeweils wechselseitig ist und deswegen
eine Fortsetzung dieser Art von Gemurmel in Aussicht
stellt. Ich bitte daher, mit einem gewissen Maß an
Freundlichkeit und Höflichkeit dem jeweiligen Redner
Gelegenheit zu geben, seine Rede hier vorzutragen. –
Bitte schön, Herr Kollege.


(Beifall bei der SPD)


Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1509713600

Ich bedanke mich. – Kein einziger Arbeitsloser über

50 Jahre wird mehr eingestellt, wenn Sie Ihr Hire-and-
Fire-System einführen. Schon gar nicht mehr werden
Lehrlinge eingestellt, nur weil das Nachtarbeitsverbot
für 15-Jährige aufgehoben wird. Wenn die Kranken-
schwester die Steuerersparnis Ihres Chefs bezahlen
muss, dann schafft dies nicht Arbeit, sondern Wut. Der
Standort Deutschland wird dadurch nicht besser.


(Beifall bei der SPD)

Ihr Parteifreund Arentz hat Recht: So bekommt man

keinen Aufschwung hin; dies führt das Land tiefer in die
Krise. Das ist soziale Gerechtigkeit auf christdemokra-
tisch. Hausmeister und Manager sind vor dem Herrgott
gleich; das stimmt. Aber Sie, Herr Meyer, gehen noch
weiter: Bei Ihnen sind Hausmeister und Manager vor al-
lem vor dem Fiskus gleich. Dieses Prinzip haben Sie am
vergangenen Sonntag in Ihrem Papier schwarz auf weiß
niedergelegt.


(Widerspruch bei der CDU/CSU – Michael Glos [CDU/CSU]: Mit diesem Generalsekretär geht die SPD vor die Hunde!)


Dieses Papier ist ein Dokument des Sozialabbaus, ein
Manifest einer unsolidarischen Gesellschaftsordnung,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


der Einstieg in den Ausstieg aus der sozialen Marktwirt-
schaft. Dies ist Ihr Programm. Sie schreiben von „be-
trieblichen Bündnissen“ und meinen: Weg mit den Ge-
werkschaften! Sie schreiben von „Gestaltungsfreiheit bei
Arbeitsverträgen“ und meinen: Weg mit dem Kündi-
gungsschutz! Sie schreiben von „Bürokratieabbau“ und
meinen: Weg mit dem Arbeitsschutz! Was wollen Sie
mit Ihrem Papier wirklich? Sie wollen weg von der Ta-
rifautonomie, weg von den Rechten der Arbeitnehmer
und weg vom Arbeitsschutz.

Ihre Vorstellungen sind von langer Hand geplant,
Herr Seehofer. Die CSU hat diese Forderungen schon
vor einem Jahr erhoben. Damals konnten die Anständi-

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(C (D en unter Ihnen sie noch verhindern. Aber jetzt haben ich bei Ihnen die Fundis durchgesetzt. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Oh, oh!)


Es sind wohl alle hier im Saal.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Geniale Nummer!)


hr Zurückrudern, Ihre eilig vorgenommenen Korrektu-
en können nicht über das Gesamtkonzept hinwegtäu-
chen. Sie suchen schon seit langem den Ausstieg aus
er solidarischen Gesellschaft.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ein Quatsch!)

ie legen die Axt an den Kündigungsschutz. Was wir mit
ugenmaß geregelt haben, nämlich eine erleichterte be-
ristete Beschäftigungsmöglichkeit für ältere Arbeitneh-
er, wenn diese mit einer Arbeit aus der Arbeitslosigkeit
erauskommen können, schütten Sie auf einmal mit dem
ade aus. Sie wollen – das ist Ihr Ziel – die Gewerk-
chaften entscheidend schwächen. Als Hebel dienen Ih-
en die betrieblichen Bündnisse. Wenigstens in diesem
unkt sind Sie ja ehrlich. Sie wollen den Flächentarif-
ertrag abschaffen. Sie sprechen von Bürokratieabbau,
einen damit aber, dass weniger Kontrollen von Ar-
eitsstätten und Arbeitszeiten durchgeführt werden sol-
en.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wir wollen Arbeitsplätze!)


Die schwarzen Schafe unter den Unternehmern wer-
en sich über Ihre Auffassung freuen. Für meine Partei
nd mich jedenfalls ist Solidarität eine der wesentlichen
rundlagen, auf denen diese Republik aufgebaut wurde.
aran werden wir festhalten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jetzt geht es los!)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509713700

Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1509713800

Wir wollen ein Miteinander von Arbeitgebern und
rbeitnehmern, Sie wollen ein Gegeneinander. Wir wol-
en das Sozialsystem erneuern, Sie wollen es abreißen.
etzt können die Menschen wählen:


(Zuruf von der CDU/CSU: Ach ja?)

wischen unserem Aufbau und Ihrem Abbruch. Denn
as, was Sie Sonntagnacht beschlossen haben, ist nicht
ehr und nicht weniger als der sozialpolitische Ab-
ruch. Unsere Antworten bestehen in diesen schwierigen
eiten in solidarischen Lösungen. Daran sollten Sie mit-
rbeiten.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Klaus Uwe Benneter Gerd Friedrich Bollmann Michael Hartmann Christine Lambrecht Christian Lange Willi Brase Bernhard Brinkmann Hans-Günter Bruckmann Edelgard Bulmahn Marco Bülow Ulla Burchardt Dr. Michael Bürsch Hans Martin Bury Hans Büttner Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Dr. Herta Däubler-Gmelin Karl Diller Martin Dörmann Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Monika Heubaum Gisela Hilbrecht Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Gerd Höfer Jelena Hoffmann Walter Hoffmann Iris Hoffmann W D E G G E D D T L C C H M U altraud Lehn r. Elke Leonhard ckhart Lewering ötz-Peter Lohmann abriele Lösekrug-Möller rika Lotz r. Christine Lucyga irk Manzewski obias Marhold othar Mark aren Marks hristoph Matschie ilde Mattheis arkus Meckel lrike Mehl Anton Schaaf Axel Schäfer Gudrun Schaich-Walch Bernd Scheelen Dr. Hermann Scheer Siegfried Scheffler Horst Schild Otto Schily Horst Schmidbauer Ulla Schmidt Silvia Schmidt Dagmar Schmidt Wilhelm Schmidt Heinz Schmitt Klaus Brandner Nina Hauer Christine Lehder Thomas Sauer Hartmut Schauerte [CDU die Antwort der SPD! – [CDU/CSU]: Wir wollen derhaben! Der Mann lehrt Dirk Niebel [FDP]: Das Scholz! – Gegenruf des A [SPD]: Habt ihr Bier getru hier reingeschmuggelt? D Salvator-Probe!)





(A) )


(B) )


(Hildesheim)


(Darmstadt)


(Nürnberg)


Vizepräsident Dr. Norbert
Nachdem ein gewisser Über

seitig entladen worden ist,

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 594;
davon

ja: 302
nein: 291
enthalten: 1

Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr (Neuruppin)

Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Sören Bartol
Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig

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/CSU]: Benneter ist
Karl-Josef Laumann
unseren Scholz wie-
uns das Fürchten! –
ist ja ein Doppel-
bg. Ludwig Stiegler
nken? Habt ihr Bier
as ist ja wie bei der

Lammert:
druck im Ventil wechsel-

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eter Dreßen
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arin Evers-Meyer
nnette Faße
lke Ferner
abriele Fograscher
ainer Fornahl
abriele Frechen
agmar Freitag
ilo Friedrich (Mettmann)

is Gleicke
ünter Gloser
we Göllner
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ngelika Graf (Rosenheim)

ieter Grasedieck
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erstin Griese
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arl-Hermann Haack

(Extertal)

ans-Joachim Hacker
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laus Hagemann
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(Hartmut Schauerte [CDU Antwort der SPD! Wer Benneter sagen!)


esteht, bevor ich den nächsten
entlich die Chance, das von de
chriftführern ermittelte Erge
bstimmung über den Gesetze
achhaltigen Finanzierungsgru
entenversicherung bekannt z
rucksachen 15/2149 und 15/
en 594. Mit Ja haben gestim
estimmt 291, Enthaltungen ei
ntwurf angenommen.

rank Hofmann (Volkach)

ike Hovermann
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ann-Peter Janssen
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lrich Kasparick
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lrich Kelber
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laus Kirschner
ans-Ulrich Klose
strid Klug
r. Heinz Köhler (Coburg)

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arin Kortmann
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nette Kramme
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icolette Kressl
olker Kröning
ngelika Krüger-Leißner
r. Hans-Ulrich Krüger
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r. Uwe Küster

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(C (D /CSU]: Das ist die A sagt, muss auch Redner aufrufe, nun hofn Schriftführerinnen und bnis der namentlichen ntwurf zur Sicherung der ndlagen der gesetzlichen u geben. Das sind die 2678. Abgegebene Stimmt 302, mit Nein haben ne. Damit ist der Gesetz etra-Evelyne Merkel lrike Merten ngelika Mertens rsula Mogg ichael Müller hristian Müller esine Multhaupt ranz Müntefering r. Rolf Mützenich olker Neumann ietmar Nietan r. Erika Ober olger Ortel einz Paula ohannes Pflug oachim Poß r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe arin Rehbock-Zureich erold Reichenbach r. Carola Reimann hristel RiemannHanewinckel alter Riester einhold Robbe ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth ichael Roth erhard Rübenkönig rtwin Runde arlene Rupprecht Vizepräsident Dr. Norbert Lammert Carsten Schneider Walter Schöler Olaf Scholz Karsten Schönfeld Fritz Schösser Wilfried Schreck Gerhard Schröder Brigitte Schulte Reinhard Schultz Swen Schulz Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Erika Simm Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie SonntagWolgast Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Rita Streb-Hesse Dr. Peter Struck Joachim Stünker Jörg Tauss Dr. Gerald Thalheim Wolfgang Thierse Franz Thönnes Hans-Jürgen Uhl Rüdiger Veit Simone Violka Jörg Vogelsänger Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Hans Georg Wagner Hedi Wegener Andreas Weigel Reinhard Weis Petra Weis Gunter Weißgerber Matthias Weisheit Gert Weisskirchen Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Andrea Wicklein Jürgen Wieczorek Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Brigitte Wimmer Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Waltraud Wolff Heidi Wright Uta Zapf Manfred Helmut Zöllmer Dr. Christoph Zöpel B G K M V C B M G A E D J F D H J K A W A P U T M F R U M D A J K W C F S C K C Ir R A W P U R S H J M H D D D J M N C U Il P D N D ÜNDNIS 90/DIE RÜNEN erstin Andreae arieluise Beck olker Beck ornelia Behm irgitt Bender atthias Berninger rietje Bettin lexander Bonde kin Deligöz r. Thea Dückert utta Dümpe-Krüger ranziska Eichstädt-Bohlig r. Uschi Eid ans-Josef Fell oseph Fischer atrin Göring-Eckardt nja Hajduk infried Hermann ntje Hermenau eter Hettlich lrike Höfken hilo Hoppe ichaele Hustedt ritz Kuhn enate Künast ndine Kurth arkus Kurth r. Reinhard Loske nna Lührmann erzy Montag erstin Müller infried Nachtwei hrista Nickels riedrich Ostendorff imone Probst laudia Roth rista Sager hristine Scheel mingard Schewe-Gerigk ezzo Schlauch lbert Schmidt erner Schulz etra Selg rsula Sowa ainder Steenblock ilke Stokar von Neuforn ans-Christian Ströbele ürgen Trittin arianne Tritz ubert Ulrich r. Antje Vogel-Sperl r. Antje Vollmer r. Ludger Volmer osef Philip Winkler argareta Wolf ein DU/CSU lrich Adam se Aigner eter Altmaier ietrich Austermann orbert Barthle r. Wolf Bauer G E V D O D C R P A D J W D K D H M G V H C M P G L H A A V T M M R A G I D A E I H D A D K H D E J D H D N R E G M R D T J ünter Baumann rnst-Reinhard Beck eronika Bellmann r. Christoph Bergner tto Bernhardt r. Rolf Bietmann lemens Binninger enate Blank eter Bleser ntje Blumenthal r. Maria Böhmer ochen Borchert olfgang Börnsen r. Wolfgang Bötsch laus Brähmig r. Ralf Brauksiepe elge Braun onika Brüning eorg Brunnhuber erena Butalikakis artmut Büttner ajus Caesar anfred Carstens eter H. Carstensen itta Connemann eo Dautzenberg ubert Deittert lbert Deß lexander Dobrindt era Dominke homas Dörflinger arie-Luise Dött aria Eichhorn ainer Eppelmann nke Eymer eorg Fahrenschon lse Falk r. Hans Georg Faust lbrecht Feibel nak Ferlemann ngrid Fischbach artwig Fischer irk Fischer xel E. Fischer (KarlsruheLand)





(A) )


(B) )


(Everswinkel)


(Wiesloch)


(Wolmirstedt)


(Reutlingen)


(Bönstrup)


(Schönebeck)


(Nordstrand)

r. Maria Flachsbarth
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r. Hans-Peter Friedrich

(Hof)

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olker Kauder
erlinde Kaupa
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ürgen Klimke
ulia Klöckner
ristina Köhler (Wiesbaden)

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ünter Krings
r. Martina Krogmann
r. Hermann Kues
erner Kuhn (Zingst)

r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

r. Norbert Lammert
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duard Lintner
r. Klaus W. Lippold

(Offenbach)







(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Michaela Noll
Claudia Nolte
Günter Nooke
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Eduard Oswald
Melanie Oßwald
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Daniela Raab
Thomas Rachel
Hans Raidel

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(Beifall bei Abgeordneten BÜNDNISSES 90/DIE G Michelbach [CDU/CSU]: A mehrheit!)

Wir setzen die Aktuelle Stun

ist der Kollege Laurenz Meyer,

(Beifall bei der CDU/ Laumann [CDU/CSU]: Je was ein General ist! – Dr [SPD]: Jetzt kommt Party Laurenz Meyer Meine Damen und Herren! Kollegen! Lieber Herr Präside habe ich wirklich den Eindruck das gilt auch für Sie –, dass S verlust leiden. (Beifall bei Abgeordnet hristian Schmidt ndreas Schmidt r. Andreas Schockenhoff r. Ole Schröder ernhard Schulte-Drüggelte we Schummer ilhelm Josef Sebastian orst Seehofer urt Segner atthias Sehling arion Seib einz Seiffert ernd Siebert homas Silberhorn ohannes Singhammer ens Spahn rika Steinbach hristian von Stetten ero Storjohann W W F D A E H J U O H R D H J D D der SPD und des RÜNEN – Hans ber keine Kanzler de fort. Nächster Redner CDU/CSU-Fraktion. CSU – Karl-Josef tzt zeig Ihnen mal, . Barbara Hendricks Meyer!)


DU/CSU):
Liebe Kolleginnen und
nt! In den letzten Tagen
– Herr Kollege Benneter,
ie unter Wahrnehmungs-

en der CDU/CSU)

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aniel Bahr (Münster)

ngelika Brunkhorst
rnst Burgbacher
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lrike Flach
tto Fricke
orst Friedrich (Bayreuth)

ainer Funke
r. Wolfgang Gerhardt
ans-Michael Goldmann
oachim Günther (Plauen)

r. Karlheinz Guttmacher
r. Christel Happach-Kasan

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eutschland befindet sich – d
lle – in einer Abwärtsspirale:
iedriges Wachstum, steigende
es Haushaltsdefizit.


(Zuruf der Abg. Dr. Barba Ich sehe, dass sich eine Kol riegt, weil sie jetzt die Wahrh uss. Zur dieser Abwärtsspirale k inzu, in dem die Situation bes (Dr. Barbara Hendricks [S irgendwelchen Frau Kollegin, lassen Sie doc en Benneter zuhören! Er kann chreien, gar nicht mehr zuhöre (Heiterkeit und Beifall be CDU/CSU – Dr. Heinric (D r. Hermann Otto Solms r. Rainer Stinner arl-Ludwig Thiele ürgen Türk r. Guido Westerwelle r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing raktionslose Abgeordnete artin Hohmann r. Gesine Lötzsch etra Pau nthalten PD ttmar Schreiner as sagen doch wirklich sinkende Beschäftigung, Soziallasten und ein ho ra Hendricks [SPD])

legin gar nicht mehr ein-
eit zur Kenntnis nehmen

ommt noch ein Bereich
onders schlimm ist.
PD]: Jeden Tag auf
Partys!)
h wenigstens Ihren Kolle-
mir ja, weil Sie ständig
n.
i Abgeordneten der
h L. Kolb [FDP]:
Henry Nitzsche Bernd Schmidbauer Wolfgang Zeitlmann Dr. Günter Rexrodt
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski

(Recklinghausen)


Stephan Mayer (Altötting)

Conny Mayer (Baiersbronn)

Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Friedrich Merz
Laurenz Meyer (Hamm)

Doris Meyer (Tapfheim)

Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Stefan Müller (Erlangen)

Bernward Müller (Gera)

Dr. Gerd Müller
Hildegard Müller
Bernd Neumann (Bremen)


Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Franz-Xaver Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht (Weiden)

Peter Rzepka
Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck

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(Cndreas Storm ax Straubinger atthäus Strebl homas Strobl ena Strothmann ichael Stübgen ntje Tillmann deltraut Töpfer r. Hans-Peter Uhl rnold Vaatz olkmar Uwe Vogel ndrea Astrid Voßhoff erhard Wächter arko Wanderwitz eter Weiß erald Weiß ngo Wellenreuther nnette Widmann-Mauz laus-Peter Willsch illy Wimmer atthias Wissmann erner Wittlich agmar Wöhrl lke Wülfing Christoph Hartmann Ulrich Heinrich Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Michael Kauch Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine LeutheusserSchnarrenberger Markus Löning Dirk Niebel Günther Friedrich Nolting Hans-Joachim Otto Eberhard Otto Detlef Parr Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Andreas Pinkwart Laurenz Meyer Jedes Mal, wenn sie sich aufregt, sollte sie 10 Euro zahlen!)


(Homburg)


(Frankfurt)





(A) )


(B) )


Sie sollten auch zur Kenntnis nehmen, dass nach der
Einführung des Euro und nach der Globalisierung jetzt
die EU-Osterweiterung ansteht, die eine besondere He-
rausforderung darstellt.

Meine Damen und Herren, inzwischen merken die
Leute das auch in ihren Portemonnaies. Spätestens jetzt
wird es für sie ernst. Das haben uns auch die letzten
Wahlen gezeigt. Wenn man innerhalb der EU einen Ver-
gleich der Wirtschaftsleistung pro Kopf anstellt, kommt
man zu dem Ergebnis, dass wir nur noch vor Griechen-
land, Spanien und Portugal liegen. Daher muss ich sa-
gen: Sie sollten sich schämen, das, was Sie tun, als ver-
nünftige Politik zu bezeichnen!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ganz im Ernst: Dem Wirtschaftsminister ist der Fass-

bieranstich in München wichtiger als diese Debatte.
Auch die 730 000 Arbeitsplätze, die seit Ihrem erneuten
Regierungsantritt 2002 weggefallen sind, sind Ihnen of-
fensichtlich völlig egal; denn hier tun Sie ebenfalls
nichts.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Das müssen Sie gerade sagen!)


Der einzige Arbeitsplatz, für den sich der Bundeskanzler
interessiert, ist sein eigener.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Noch! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja, auch der ist gefährdet!)


Das ist die Bilanz, die uns derzeit vorliegt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Man kann wirklich ärgerlich werden, dass Sie sich
überhaupt nicht bewegen wollen. Wir müssen nämlich
auf allen Feldern – bei den Steuern, den sozialen Siche-
rungssystemen und dem Arbeitsmarkt –, nicht nur auf ei-
nem, tätig werden. Das müssen wir, weil die Lage so
ernst ist, leider Gottes sogar gleichzeitig tun.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Lesen Sie den „Spiegel“ von dieser Woche! Nur einmal!)


Um konkret zum Arbeitsmarkt zu kommen: Sehen
Sie sich das Beispiel Dänemark an! Die Dänen haben bei
guter sozialer Sicherung – das können wir auf uns über-
tragen – im Bereich des Kündigungsschutzes wirklich
erhebliche Liberalisierungen eingeführt. Was ist dabei
herausgekommen? Anders als Sie es sagen, die Sie den
Menschen Angst machen wollen, weil Sie sich nicht
mehr zu helfen wissen, hat Dänemark inzwischen fast
Vollbeschäftigung erreicht. Die Menschen finden viel
eher einen neuen Arbeitsplatz. Die Arbeitslosenquote ist
von 9,6 Prozent im Jahre 1994, als die Maßnahmen ein-
geleitet wurden, auf heute 5 Prozent gesunken. Das soll-
ten Sie einmal zur Kenntnis nehmen!

Sie sprechen von den älteren Arbeitnehmern. Sie soll-
ten zumindest die Fakten zur Kenntnis nehmen: Es ist
nachweisbar, dass in Ländern, bei denen die Regulierung

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(C (D n Bezug auf ältere Arbeitnehmer gering ist, viele Ältere rbeit finden. (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Aber die sind tätig geworden, als Sie an der Regierung waren! Also haben Sie das verpennt!)


n Ländern, in denen diesbezüglich viel reguliert wird,
aben dagegen nur wenige Ältere Arbeit. – So ist der
usammenhang.


(Klaus Brandner [SPD]: Während Ihrer Regierungszeit war es genau umgekehrt! Die Beschäftigungsquote war während Ihrer Regierungszeit noch niedriger!)


n der Schweiz zum Beispiel haben 68 Prozent der
5- bis 64-Jährigen Arbeit. In den USA – sie werden viel
ritisiert – haben in dieser Altersgruppe 59 Prozent Ar-
eit. Bei uns sind es nur 38 Prozent. In Dänemark haben
agegen 58 Prozent dieser Altersgruppe inzwischen wie-
er einen Job.


(Joachim Poß [SPD]: Die Politik der Frühverrentung haben Sie gemacht!)


ie, Herr Benneter, wagen es, in diesem Zusammenhang
on Solidarität zu sprechen – das ist doch nur Solidarität
it denen, die Arbeit haben, aber nicht mit denen, die
rbeit suchen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

as, meine ich, sollte Sie wirklich beschämen!
Ihre Parteifreunde haben doch gute Ansatzpunkte.
err Clement hat sich dahin gehend geäußert, Herr
chartau ebenfalls, dass man gerade für die kleinen Un-
ernehmen etwas tun muss. Sie lassen sich aber von
ohlgemeinten Ratschlägen nicht mehr beeinflussen.
Dass wir jetzt von Arbeitgebervertretern und von Ar-

eitnehmervertretern kritisiert werden, zeigt nur, dass
ir eine Politik der Mitte machen und nichts sonst.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Abbruchpolitik!)


as ist für eine Volkspartei auch völlig richtig.
Wir brauchen betriebliche Bündnisse für Arbeit mit
ehr Flexibilität, auch unabhängig von Tarifverträgen.
ir brauchen zusätzliche Erleichterungen für die Ein-
tellung von Langzeitarbeitslosen. Wir brauchen Er-
eichterungen und weniger Bürokratie beim Kündi-
ungsschutz. Wir müssen kleine Unternehmen von der
ürokratie des Arbeitsrechts entlasten, damit sie sich um
as Schaffen von Arbeitsplätzen kümmern können an-
tatt um die Bürokraten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

as ist unsere Politik; die werden wir auch fortsetzen.
In dem Zusammenhang will ich noch einmal darauf

inweisen, dass der Tarifvertrag in der Metallindustrie
irklich keine Lösung darstellt: Weitere Arbeitsplätze
erden ins Ausland verlagert werden; da dürfen wir uns
berhaupt nichts vormachen.






(A) )



(B) )


Laurenz Meyer (Hamm)


Lieber Herr Kollege Benneter, ich sage Ihnen in aller

Deutlichkeit: Wir werden unseren Weg weitergehen: Wir
bereiten uns vor, sodass wir jederzeit bereit sind, die Re-
gierungsverantwortung zu übernehmen. Bei Ihnen spürt
man schließlich nur noch die Sehnsucht nach Opposi-
tion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509713900

Das Wort hat die Kollegin Thea Dückert, Bündnis 90/

Die Grünen.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509714000

Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle-

gen! Herr Meyer, ich denke, wir sollten hier über das Ni-
veau von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit in diesem
Land reden, aber vielleicht auch – das als Vorbemerkung
– über das Niveau der Reden hier.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Herr Benneter! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann fangen Sie einmal an!)


Sie bringen hier das Beispiel Dänemark und haben
auch eine Jahreszahl, 1997, genannt, wann Reformen
eingeleitet worden sind. Herr Meyer, das Problem, das
wir heute am Arbeitsmarkt haben, hat viel damit zu tun,
dass Ihre Regierung in den 90er-Jahren systematisch
verschlafen hat, die Reformen zu machen, die zum Bei-
spiel in Dänemark zum Erfolg geführt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/ CSU)


Zweiter Punkt. Sie reden hier über ältere Beschäf-
tigte. Ihre Regierung, Kohl und Blüm, hat Ende der
80er-Jahre begonnen, systematisch die Frühverrentung
einzuführen. Wir haben ein Problem, davon wieder weg-
zukommen. Diese Erblast haben wir von Ihnen über-
nommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie haben vor einer Stunde ein weiteres Beispiel ge-
liefert. Im Rentengesetz haben wir erste Schritte vorge-
sehen, mit denen wir aus dieser Art der Frühverrentung
herauskommen wollen. Sie haben dagegen gestimmt.
Herr Meyer und Herr Söder haben mit ihrem Konzept
gezeigt, wohin bei Ihnen die Reise geht. Sie haben die
Katze aus dem Sack gelassen. Sie wollen eine andere
Republik, gerade was die Arbeitsmarktpolitik angeht.
Das bestätigen Sie auch. Sie wollen am Arbeitsmarkt
schnurstracks zu amerikanischen Verhältnissen kom-
men, wollen in Richtung „working poor“, arme Arbei-
tende. Das ist Ihr Konzept.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Michael Glos [CDU/CSU]: Hören Sie auf mit Rassismus!)


Auch Ihre Vorstellungen in der Steuerpolitik sind
ganz einfach dargestellt: Die Kassen sind leer, aber Sie

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(C (D agen nicht, wie Sie Ihr Konzept finanzieren wollen. Es ommt nur dabei heraus, dass Sie die Besserverdienenen entlasten wollen. Zu den Themen Gesundheit und Rente sagen Sie gar ichts. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist nicht das Thema der Aktuellen Stunde!)

ir haben vorhin schon gehört, warum: Sie können sich

n den eigenen Reihen nicht einigen und haben kein
onzept.
Was am Sonntag, nachdem das Konzept von Söder

nd Meyer auf dem Tisch lag und nachdem darüber dis-
utiert worden ist, herausgekommen ist, ist ein Kompro-
iss. Ihn kann man als ein Dokument der drei Vs be-
eichnen – diese hat Frau Merkel durchgesetzt –:
ertagen, vermeiden, verschleiern. Es geht Ihnen ums
erschleiern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es geht Ihnen gerade bei der Arbeitsmarktpolitik da-
um, die arbeitsmarktpolitische Tarnkappe aufzusetzen,
n der Hoffnung, dass man nicht sieht, was Sie wirklich
ollen. Aber ich sage Ihnen: Das werden wir Ihnen nicht
urchgehen lassen. Die Realität der schwarzen Reform-
genda am Arbeitsmarkt bedeutet zweierlei: erstens ei-
en Angriff auf die Tarifautonomie – das haben Sie hier
ieder bewiesen – und zweitens den Weg in die Niedrig-
ohnbeschäftigung und in das Lohndumping.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wir sind für die Beseitigung der Arbeitslosigkeit!)


n jeder Debatte im Ausschuss zeigen Sie immer wieder:
ie wollen sich an tschechischen Löhnen orientieren und
icht an den Löhnen eines Hochlohnlandes, wie wir es
ind, für das wir Beschäftigungsmöglichkeiten finden
üssen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


as ist nicht nur unsozial, sondern auch ökonomisch
umm.
Ihr Arbeitnehmerflügel hat am Sonntagabend gesagt,

r sei zufrieden mit Ihrem Konzept, weil die Giftzähne
ezogen worden seien. Meine Damen und Herren vom
rbeitnehmerflügel, ich frage Sie: Wie lange wird das
eichen? Ich kann Ihnen nur raten: Lassen Sie sich nicht
inlullen! Herr Koch hat in seinem Kommentar zu dem,
as am Sonntagabend herausgekommen ist, deutlich ge-
acht, dass es sich um einen Kompromiss handelt, in
em zunächst das Notwendige von dem aufgezeigt wird,
as Sie wollen. Dann wollen Sie in taktischer Geduld
en richtigen Zeitpunkt für das Weitere abwarten. Es ist
ie Ankündigung dessen, was es wirklich bedeutet: Herr
eyer und Herr Söder haben die Strategie beschrieben,
ie Ihre Parteivorsitzenden im Hinterkopf haben, den
eg in eine andere Republik.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dr. Thea Dückert Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Den Weg aus der Arbeitslosigkeit!)





(A) )


(B) )


Dazu gehört – ich nenne nur drei Beispiele –: Sie wol-
len die Tarifautonomie angreifen. Zweitens wollen Sie
den Arbeitslosen das Arbeitslosengeld um 25 Prozent im
ersten Monat kürzen. Damit wollen Sie jungen Leuten,
die sich an den Erfordernissen des Arbeitsmarkts flexi-
bel ausrichten und sich ihm zur Verfügung stellen müs-
sen, in die Tasche greifen. Drittens wollen Sie die Ar-
beitspflicht für Langzeitarbeitslose in Deutschland
einführen. Das ist übrigens das Lieblingskonzept von
Herrn Koch. Das kommt immer wieder.

Sie haben Recht, wenn Sie sagen: Wir brauchen mehr
Flexibilität am Arbeitsmarkt. – Das ist wohl wahr.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Fangen Sie mal an!)


Wir brauchen aber auch verlässliche soziale Sicherheit,
weil sich die Beschäftigten und die Arbeitslosen in
Deutschland dem Arbeitsmarkt sonst gar nicht stellen
könnten.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509714100

Frau Dückert, denken Sie bitte an die Redezeit.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509714200

Ich komme zum Schluss. Das, was am Sonntagabend

herausgekommen ist, ist ein Kompromiss, ein taktischer
Zwischenstopp auf dem Weg zu einem ganz anderen
Ziel. Dies ist von Herrn Arentz mit folgenden Worten
beschrieben worden – nach Sonntagnacht gilt das, was
auch schon davor gegolten hat –: Der Entwurf miss-
brauche die schlechte Wirtschaftslage zu einem General-
angriff auf die Arbeitnehmerrechte. Die Umsetzung des
Papiers würde nicht zu mehr Beschäftigung, sondern zu
einem Dauerkonflikt zwischen den Tarifparteien füh-
ren. – Abschließend fügt er hinzu: So kriegt man keinen
Aufschwung hin, sondern führt das Land nur noch tiefer
in die Krise.

Das schreiben Ihre eigenen Leute Ihnen ins Stamm-
buch. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509714300

Ich erteile dem Kollegen Rainer Brüderle, FDP-Frak-

tion, das Wort.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Debatte nähert sich ihrem Höhepunkt! – Joachim Poß [SPD]: Muss das denn sein?)



Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1509714400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir disku-

tieren hier über wichtige Fragen unseres Landes. Minis-
ter Clement und Renate Schmidt sind aber beim Bock-
bieranstich in München. Ich finde das sehr stilvoll.


(Joachim Poß [SPD]: Sie sind nur neidisch! Sie würden da auch gerne sein! Geben Sie es zu!)


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(C (D ch verstehe auch das Geschrei; man muss Prioritäten etzen. Ich halte die Debatte hier im Parlament für wichiger als einen Bockbieranstich. (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist für die das letzte Mal!)


eder muss aber seine politischen Prioritäten so setzen,
ie er es für richtig hält.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das Geschrei der Regierungskoalition, das hier aufge-
ührt wird, verstehe ich nicht. Der Kurs der Union in der
rbeitsmarktpolitik ist nicht bis ins Letzte konsequent.
n manchen Stellen ist er sogar sehr kritikwürdig. Aber
ie Koalition hat nach fünf Jahren noch nicht einmal ei-
en Kurs. Sie sucht immer noch nach dem Kompass in
er Arbeitsmarktpolitik. Auf jedes Zick folgt bei Ihnen
as nächste Zack: Die geringfügige Beschäftigung
urde verteufelt und verboten; heute werden Jubelarien
ber die Zahl der Minijobs gesungen. Angeblich Schein-
elbstständige wurden fast wie Kriminelle behandelt;
etzt fördern Sie Ich-AGs. Der mittelstandsfreundliche
ündigungsschutz wurde erst abgeschafft und wird mit
er Agenda 2010 nun wieder eingeführt. Nun bläst Ihnen
er Wind aus den eigenen Reihen ins Gesicht und es
ommt zur sozialdemokratischen Rückwärtsrolle. Die
nsinnige Ausbildungsplatzabgabe, gesetzliche Min-
estlöhne und Steuererhöhungen werden zur Beruhigung
hrer Basis jetzt propagiert.
Offensichtlich hat sich die Union von diesem Kako-

honie-Virus ein Stück anstecken lassen. Am Anfang
tand ein sehr respektables Papier von Herrn Laurenz
eyer und Herrn Söder.


(Joachim Poß [SPD]: Dann kam die Chaosnacht!)


och Ihr Wachstumsprogramm ist auf unter Normalmaß
eschrumpft. Jetzt will die CDU/CSU die Wachstums-
remse ein wenig lockern: ein bisschen weniger Kündi-
ungsschutz und ein bisschen niedrigere Steuern. Die
lockaden müssen aber umfassend gelöst werden.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Michael Glos [CDU/CSU])


err Merz hat gestern im Interview gesagt, die CDU ma-
he ihre Arbeit nicht unter der Überschrift: enttäuschen
der erfreuen der FDP. – Sie haben nicht nur uns, Sie ha-
en die komplette Wirtschaft – vielleicht mit Ausnahme
er BDA – enttäuscht.
Das „Handelsblatt“ schrieb – ich zitiere –: „Arbeits-
arktkonzept der Union enttäuscht die Wirtschaft“. „Die
elt“ schrieb als Aufmacher: „Wirtschaft protestiert ge-
en Unionspläne“. Die „FAZ“ schrieb – ich zitiere –:
Union schwächt ihr Reformprogramm ab“. Ich zitiere
ie „Financial Times“: „Union verwässert Reform-
läne“.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist eindeutig!)







(A) )



(B) )


Rainer Brüderle

Ihr Konzept zeugt nicht von genügend großem Mut.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, die
Halben werden das Himmelreich nicht erreichen.


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])

Selbst Herr Merz musste zugeben, dass die Arbeits-
marktreformen nicht ausreichen. Noch im Januar wollte
er die Flächentarifverträge lockern und öffnen. Jetzt hört
man kein konkretes Wort mehr davon. Wir brauchen
endlich mehr betriebsnahe Entscheidungen vor Ort und
weniger Fremdbestimmung aus den Glaspalästen in Ber-
lin und Frankfurt. Die Peters und Bsirskes dieser Welt
müssen endlich entmachtet werden. Sie verhindern Be-
schäftigung. Ihr Schutzschild ist der Flächentarifvertrag.
Der muss aufgebrochen werden!


(Beifall bei der FDP)

Schon im Vermittlungsausschuss hätte die Opposition

die Möglichkeit gehabt, das Tarifkartell zu öffnen. Da-
mals fehlten die Kraft und der Mut dazu. Die Formulie-
rungen zu den betrieblichen Bündnissen für Arbeit sind
so schwammig, dass man fast alles aus ihnen herausle-
sen kann. Durch die Hintertür sollen über das Günstig-
keitsprinzip betriebliche Bündnisse ermöglicht werden.
Ihre Idee ist offensichtlich, dass alles, was die Unterneh-
mensleitung mit einer Zweidrittelmehrheit der Beleg-
schaft vereinbart, als günstig angesehen wird. Das soll
nicht nur für krisengeschüttelte Betriebe gelten. So ver-
stehe ich jedenfalls Ihre Veröffentlichung.

Ich frage: Warum gehen Sie nicht durch die Vorder-
tür? Treten Sie endlich offen für gesetzliche Öffnungs-
klauseln ein! Die Tarifvertragsparteien können das nicht.
Sie haben mit den Metalltarifverträgen wieder bewiesen,
dass Sie nicht den Mut haben, endlich das Notwendige
zu tun. Das Dumme dabei ist, dass die Arbeitslosen, die
draußen stehen und auch ein Stück Hoffnung haben wol-
len, dadurch keine Chance erhalten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir werden auch den Kollegen von der Unionsfraktion
hier in Kürze Gelegenheit geben, durch eine Initiative
ein klares Bekenntnis dazu abzulegen.

Es kann heute niemand erklären, warum maßge-
schneiderte Lohnabschlüsse nicht von der Unterneh-
mensleitung und den Arbeitnehmern im Betrieb verein-
bart werden sollen. Die brauchen keine Funktionäre
mehr, die sie nur blockieren und nicht wissen, wie in
Deutschland Arbeitsplätze entstehen. Die Fälle Viessmann,
VW und andere lassen herzlich grüßen.


(Beifall bei der FDP)

An die Allgemeinverbindlichkeit und die Nachwir-

kungspflicht haben Sie sich gar nicht herangetraut. Es ist
niemand zu vermitteln, warum sich Unternehmen, die
aus dem Arbeitgeberverband ausscheiden, weiterhin die
Gewerkschaften ins Haus holen müssen. Auch hier for-
dere ich von Ihnen ein bisschen mehr Mut.

Ihr Steuerkonzept nennt die „FAZ“ einen „billigen
Kompromiss“. Herr Merz wollte mit dem Chaos im
Steuerrecht aufräumen. Er hat sich bei der Erarbeitung

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(C (D eines Konzepts zunächst einmal in vielen Punkten bei ns bedient. Das ist okay. Jetzt kommt aber erst das Konept von Herrn Faltlhauser und 2008 das von Herrn erz. Was 2008 richtig ist, kann heute nicht falsch sein. an soll es gleich richtig machen. Aus dem einen Bierdeckel ist eine Bierdeckelsamm ung geworden. Wenn Herr Merz anwesend wäre, würde ch ihm sagen: Herr Merz, wenn Sie nach Ihrer Überzeuung abstimmen würden, müssten Sie unserem Gesetzntwurf zustimmen; denn darin ist alles klar und logisch usformuliert. Es hilft nicht, an diese Sache halbherzig eranzugehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, ha en Sie mehr Mut! Deutschland braucht mutige Reforen. Wir müssen endlich Blockaden umfassend aufbrehen, sonst werden diejenigen, die sowieso nicht erstanden haben, wie es weitergeht, die Oberhand bealten. Ich erteile nun das Wort dem Kollegen Klaus randner, SPD-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten amen und Herren! In dem Programm der Union bleibt ieles im Nebel: Mal trauen Sie sich etwas mehr, mal etas weniger. Aber alles reiht sich in die Eierei um die undespräsidentenkandidatenwahl ein. (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das hat euch wehgetan, was?)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509714500

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1509714600

Als Ergebnis bleibt mit Sicherheit festzuhalten: Sie
rientieren Ihre Interessenlage ausschließlich daran, die
echte der Arbeitnehmer zu beschneiden und die sozia-
en Verhältnisse in diesem Land radikal zu verändern.
hr Programm ist aus meiner Sicht an Einseitigkeit kaum
u überbieten.
Die Botschaft, die die CDU/CSU den Wählern in die-

em Land übermittelt, lautet: Die zu hohen Löhne der
rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind die Grund-
bel der deutschen Wirtschaft. – Das muss man sich ein-
al auf der Zunge zergehen lassen. Da es aber zum
eidwesen der Opposition noch immer Tarifverträge
ibt, sind sie die Zielscheibe der Auseinandersetzungen.
Hauptexperimentierfeld sind die neuen Länder. Öff-

ungsklauseln für alle Bundesgesetze müssen her. Was
oll das Ergebnis sein? – Noch niedrigere Löhne. Nicht
ie Angleichung ist das Ziel, sondern Lohndumping Ost
st das Programm der CDU/CSU.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ch will Ihnen klar sagen: Wir jedenfalls stellen uns die
eutsche Einheit so nicht vor. Ich vermute, Sie werden
ie entsprechenden Passagen bei den nächsten Landtags-






(A) )



(B) )


Klaus Brandner

wahlkämpfen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg
verstecken. Das werden wir aber – das kann ich Ihnen
schon heute versprechen – nicht zulassen.


(Beifall bei der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wer selbst nichts hat, muss das von den anderen zeigen!)


Sie haben sich das aber nicht einfach nur so aufge-
schrieben, sondern Sie denken ja tatsächlich so. Im Ori-
ginalton heißt das: „Der Niedriglohnbereich muss in
Deutschland revitalisiert werden.“ Sie tun so, als ob es
nicht schon massenweise Stundenlöhne von 5 bis 6 Euro
oder noch weniger gibt. Deutschland hatte in den letzten
Jahren die niedrigsten Lohnsteigerungen aller EU-Län-
der. Das ist Ihnen völlig aus dem Blick geraten. Die Pro-
duktivität stieg stärker als die Arbeitskosten.

Einigen Wirtschaftskommentatoren ist das Papier, das
Sie vorgelegt haben, immer noch nicht radikal genug.
Sie sehen es als halbherzig an; Herr Brüderle hat darauf
hingewiesen. Nicht nur die Gewerkschaften, sondern
auch Teile der CDU/CSU selber sprechen von einem Ge-
neralangriff auf die Arbeitnehmerrechte.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Sie haben nicht immer Recht!)


Der baden-württembergische CDA-Vorsitzende spricht
von einem „Amoklauf“ und fordert natürlich den Rück-
tritt des Generalsekretärs der CDU.


(Beifall bei der SPD)

Rüttgers sagt mit Blick auf die Kommunalwahlen in
NRW: Entschärft das Programm sofort, um Gottes wil-
len nicht zu sehr aus dem Fenster hängen! – Das ist die
Einigkeit, mit der Sie hier auftreten. Jedenfalls rechtfer-
tigt das Programm insgesamt nicht mehr die Bezeich-
nung „soziale Marktwirtschaft“. Sie sollten konsequent
sein und diesen Begriff aus Ihrem Programm streichen,
meine Damen und Herren von der CDU/CSU.


(Beifall bei der SPD)

Sie haben zwar in letzter Minute noch einige Positio-

nen abgeschwächt, aber diese Diskussion hielt nicht
lange an, wie wir gemerkt haben. Gestern legte der CSU-
Generalsekretär nach und auch Ministerpräsident Stoiber
legte nach. Dahinter steckt, wie wir jetzt erleben, nichts
anderes als ein scheinheiliges Nachgeben. Klar ist auch:
Mit Ihren Anträgen im Deutschen Bundestag belegen
Sie, was Sie tatsächlich vorhaben: nachhaltig die Arbeit-
nehmerrechte in diesem Land zu schwächen und sich auf
die Seite der Unternehmerverbände zu schlagen. So
kann man den Zusammenhalt in der Gesellschaft nicht
organisieren. Eine vernünftige Gesellschaft, in der Pro-
duktivität und Zusammenhalt im Vordergrund stehen,
braucht letztlich die Organisation eines sozialen Aus-
gleichs. Soziale Spaltung ist und bleibt aus unserer Sicht
Gift für die Wirtschaft. Deshalb treten wir für die soziale
Sicherung ein.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


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(C (D Wir wollen nicht zulassen, dass die Tarifautonomie eiter abgebaut wird. Der klarste Beweis für die grundegende Abkehr der Unionsparteien von der sozialen arktwirtschaft sind im Übrigen die pausenlosen Anriffe auf die Tarifautonomie. Gerade haben die Tarifertragsparteien nicht nur eine Bewährungsprobe betanden; vielmehr zeigt der Abschluss in der Metallund lektroindustrie auch, dass wir in Deutschland eine unktionierende Tarifautonomie haben. Das ist ein posiives Signal für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt. (Beifall bei der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das hat noch keiner so gesehen!)


s gab eine erhebliche zusätzliche Flexibilisierung.
berlesen Sie das oder wollen Sie nicht wahrhaben, dass
n NRW 300 Firmen die Arbeitszeit verlängern wollen,
nd zwar mit den Betriebsräten im Rahmen der Tarifver-
räge? Das ist im Übrigen kein Einzelfall. Das ist wohl
berlegt. Auch die Lohnerhöhungen sind, wie Sie wis-
en, maßvoll und schöpfen den Produktivitätsspielraum
nd die Preissteigerungsraten nicht einmal aus. Das In-
titut der deutschen Wirtschaft sagte jüngst, dass wir in
uropa das Land mit den wenigsten Streiktagen sind.
eutschland hat im Durchschnitt fünf Streiktage, Frank-
eich im Durchschnitt über 90 Tage.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das setzt Meyer alles aufs Spiel!)


as belegt, dass wir eine funktionierende Tarifautono-
ie haben, die wir uns von Ihnen nicht zerreden lassen
ollen.


(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen greifen die Tarifvertragsparteien auch

eue Aufgabenstellungen auf.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509714700

Herr Kollege, Sie müssen bitte an die Zeit denken.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1509714800

Die betriebliche Altersversorgung, Ausbildungsplätze

nd Ähnliches sind Themen in den Tarifverträgen.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Die kosten-

reibende Reform der Betriebsverfassung ist das letzte
tichwort, das ich aufgreifen möchte.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509714900

Nein, das können Sie nicht mehr aufgreifen. Sie kön-

en nur die Bedeutung dieses Themas hervorheben, um
s vielleicht einem nachfolgenden Kollegen zuzuwerfen.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1509715000

Herr Präsident, ich bedanke mich und sage: Der Be-

riebsrat ist eine Bank in diesem Land, Betriebsräte ste-
en unentgeltlich für die Steigerung der Produktivität
ur Verfügung. Dafür sollten wir den Betriebsräten in
iesem Land danken.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509715100

Vielleicht greift der Kollege Horst Seehofer, dem ich

jetzt für die CDU/CSU-Fraktion das Wort erteile, dieses
Stichwort auf.


(Ute Kumpf [SPD]: Der hat doch Audi vor der Tür im Wahlkreis! Der müsste eigentlich anders reden!)



Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1509715200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Frau Kollegin Dückert, es war schon sehr dreist,
Ihr Handeln mit dem Nichthandeln in den 90er-Jahren zu
begründen. Wenn Sie die Reformen des Arbeitsrechts,
des Rentenrechts, die Reformen in der Gesundheitspoli-
tik und bei der Lohnfortzahlung gelassen hätten, dann
stünde es heute in unserem Lande um ein Vielfaches bes-
ser.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir reden heute über die Arbeitnehmerrechte. Liebe

Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das wichtigste
Arbeitnehmerrecht ist seit eh und je die Teilhabe an einer
positiven wirtschaftlichen Entwicklung und an der sozia-
len Sicherheit. Schauen wir uns einmal an, was in den
letzten fünf, sechs Jahren in Deutschland geschehen ist:
höchste Arbeitslosigkeit, größte Verlagerung von Ar-
beitsplätzen ins Ausland,


(Widerspruch bei der SPD)

höchste Zahl von Sozialhilfeempfängern, Kinderarmut
als wachsendes Problem in einem reichen Lande, soziale
Sicherungssysteme mit den höchsten Beiträgen, den
schlechtesten Leistungen und den höchsten Schulden.
Die soziale Lage der Arbeitnehmer in Deutschland ist in
den letzten fünf Jahren durch diese Regierung spürbar
schlechter geworden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Jetzt komme ich zum Arbeitsrecht. Seitdem das Ar-
beitsrecht moderner Prägung besteht, geht es immer um
das richtige Verhältnis von Schutz und Chance. Da muss
ich Ihnen als Arbeitnehmervertreter sagen: Niemandem
von uns geht es darum, die Entlassung zu erleichtern,
sondern darum, die Neueinstellung zu erleichtern. Das
ist unsere Zielsetzung.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich greife nur zwei Beispiele heraus, die niemand mit

logischem Menschenverstand ablehnen kann.

(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Die ersten vier Jahre kein Kündigungsschutz!)

Nach dem geltenden Betriebsverfassungsrecht kann

im Falle eines Sozialplans bei einer drohenden Pleite ei-
nes Betriebs von den Tarifverträgen abgewichen werden.
Es ist aber absurd, dass das deutsche Recht nicht erlaubt,
von den Tarifverträgen abzuweichen, um eine Pleite zu
verhindern. Deshalb ist es höchste Zeit, dass wir das Ta-
rifkartell in der Weise durchbrechen, dass zum Schutz

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(C (D on Betrieben und Arbeitsplätzen von Tarifverträgen abewichen werden kann. esen Sie das Betriebsverfassungsgesetz! Sie kennen as Recht nicht einmal. Deshalb kommen Sie auch zu alschen Schlussfolgerungen. Zum Kündigungsschutz. Sie haben doch selbst mit nserer Unterstützung am 1. Januar Regelungen in Kraft esetzt, die die Abschaffung der Bremsklötze bei Wieereinstellungen zum Gegenstand haben. Denn auch Sie atten ein Interesse daran, dass insbesondere Menschen ber 50 Jahre wieder in Arbeit kommen und nicht durch ie Bremsklötze des Arbeitsrechts an der Einstellung geindert werden. (Ludwig Stiegler [SPD]: Aber wir haben sie nicht rechtlos gestellt!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


enn Sie die in der vorhergehenden Debatte von Ihnen
ertretenen Ziele – späterer Renteneintritt und Schluss
it der Frühverrentung – jemals durchsetzen wollen,
ann müssen Sie auch im Arbeitsrecht die Chancen für
ie Wiederbeschäftigung von entlassenen älteren Arbeit-
ehmern verbessern.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben im Kern den Kündigungsschutz ab einem
lter von 52 Jahren aufgehoben, um die Einstellung von
lteren Arbeitnehmern zu erleichtern. Wir haben dem
ugestimmt. Dadurch können ab diesem Alter befristete
rbeitsverträge ohne Bedingungen abgeschlossen wer-
en.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Aber in der Befristung hat er seinen Schutz!)


ie können aber nicht das, was Sie vertreten, sozial nen-
en, während Sie das, was die Union fordert, um die
instellung zu erleichtern, nämlich befristete Arbeitsver-
räge für die Dauer von vier Jahren bei Neueinstellun-
en, als unsozial bezeichnen. Das ist Heuchelei.


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Sie haben ja überhaupt keinen Kündigungsschutz!)


Was die Güterabwägung zwischen Schutz und
hance angeht, sind wir für den Schutz auf der Grund-
age des Arbeitsrechts, aber wir wollen kein Arbeits-
echt, das den Arbeitslosen jede Chance auf Wiederein-
tellung nimmt. Das vertrete ich als Sozialpolitiker und
ls Arbeitsmarktpolitiker.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie das Arbeitslosengeld reduzieren? Was hat das denn damit zu tun?)


Wohin hat denn Ihre Politik in Wahrheit geführt? Im
ern ist festzustellen, dass die Dichte der arbeitsrechtli-
hen Paragraphen so hoch ist wie nie zuvor. Wir unter-
cheiden uns von anderen europäischen Ländern da-
urch, dass diese eine hohe Dichte an zusätzlichen
rbeitsplätzen aufweisen. Wir haben eine hohe Dichte
n Paragraphen; die anderen haben eine hohe Dichte an
rbeitsplätzen.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Horst Seehofer

Sie können das Gesundheitswesen, das Rentensys-

tem, die Sozialhilfe und die Arbeitslosenversicherung
reformieren, so viel Sie wollen, Sie werden damit nie-
mals ausgleichen können, was auf der anderen Seite
durch eine lahmende Wirtschaft und höhere Arbeitslo-
sigkeit wegbricht. Deswegen müssen wir die Brems-
klötze wegnehmen und die Hürden für die Wiederein-
stellung durch eine Änderung des Arbeitsrechts
beseitigen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


Es ist mir nicht bange um die Zustimmung der Bevöl-
kerung. Schauen Sie sich nur das letzte Wahlergebnis in
Hamburg an! Dann sehen Sie genau, wer Ihnen den Rü-
cken gekehrt hat – vielleicht werden das nach Ihrer heu-
tigen Rede noch mehr tun, Herr Benneter – und wer sich
uns zugewandt hat. Es waren die Arbeitnehmervertreter
und die Arbeitslosen, bei denen wir die höchsten Zu-
wächse haben, weil sie uns vertrauen, dass wir sie wie-
der aus der Arbeitslosigkeit herausführen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Die Zuwächse haben Sie von Schill, nicht von den Arbeitslosen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509715300

Das Wort hat nun Christine Scheel vom Bündnis 90/

Die Grünen.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509715400

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Herr

Seehofer, immer wieder stoßen wir an den Punkt, an
dem wir feststellen, dass die Union nicht in der Lage ist,
einerseits das zu reflektieren, was sie selbst verursacht
hat, und andererseits das, was wir in den letzten Jahren
an Positivem auf den Weg gebracht haben, was aber von
ihr abgelehnt wurde. Die Sozialversicherungsbeiträge
liegen heute 1 Prozent niedriger als 1998, und zwar trotz
der bekanntlich schwierigen wirtschaftspolitischen Situ-
ationen in den vergangenen Jahren. Wir wissen alle, dass
wir daran arbeiten müssen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Es ist ein Erfolg, die Sicherungssysteme zu erhalten
und gleichzeitig niedrigere Beiträge für die Arbeitneh-
mer und Arbeitnehmerinnen zu haben als am Ende Ihrer
Regierungszeit.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Zum Zweiten: Wir haben in der Steuerpolitik – das
wissen auch Sie; das ist die Gesetzeslage – den Steuerta-
rif um 11 Prozentpunkte gesenkt. Das war ein Kraftakt,
den wir gemeinsam mit den Ländern, egal wer dort re-
giert, unternommen haben. Er hat sich aber gelohnt;
denn heute haben wir einen Steuertarif, der sich interna-
tional sehen lassen kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Zum Dritten: Wir haben – Frau Dückert hat das beeits angesprochen – die damalige Vorruhestandsregeung, die sowohl von den Arbeitgebern als auch von den ewerkschaften mit großer Leidenschaft genutzt wurde, ußer Kraft gesetzt und haben stattdessen mit Augenmaß ür vernünftige gesetzliche Regelungen gesorgt, die für rbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen über 50 Jahre urchaus attraktiv sind. Herr Seehofer hat gerade zugeeben, dass die Regelungen, die wir für Arbeitnehmerinen und Arbeitnehmer über 50 Jahre geschaffen haben, öllig okay sind. Ihre Behauptung, man ließe Ältere erst ar nicht auf den Arbeitsmarkt, ist daher völlig falsch. as muss auch einmal gesagt werden. Es hilft nichts, enn Sie daraus immer ein Drama machen; denn zu dieem haben Sie selbst beigetragen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn man schaut, wer eigentlich Mut zu Reformen
at, dann muss man feststellen, dass Sie sich weder bei
er Rente – soll sie nun steuerfinanziert werden oder
icht? – noch in der Gesundheitspolitik – in der Union
st völlig offen, ob es eine Kopfpauschale geben soll
der nicht – und auch nicht in der Steuerpolitik – wenn
s konkret wird, wissen Sie nicht genau, wie das ausge-
taltet werden soll; das, was Sie hier bislang geboten ha-
en, ist nicht besonders viel – einig sind. In den drei Be-
eichen Rente, Gesundheit und Steuern Fehlanzeige im
inblick auf ein abgestimmtes Konzept!
Zur FDP: Herr Brüderle, Sie sind wirklich Klasse,
enn es um großspurige Aufforderungen geht. Das kön-
en Sie. Das muss man Ihnen lassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


enn es aber darum geht, den Mut zu Reformen zu be-
eisen, also für oder gegen etwas zu stimmen, um deut-
ich zu machen, was genau man unterstützt, dann wird
ie FDP vom trompetenden Elefanten zur lautlosen
meise.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ie reißen – Stichwort „Handwerksordnung“ – das Maul
roß auf und trompeten herum. Wenn es aber konkret
ird, dann sind Sie nicht mehr dabei und wollen von Re-
ormen nichts mehr wissen. Sie fordern immer nur das
in, was Sie Ihrer Meinung nach in der Opposition nach
ußen vertreten können. Sobald es aber heißt: „Butter
ei die Fische“, sind Sie nicht mehr dabei.
Ich finde, dass Lothar Späth Recht hat, wenn er in der

estrigen Ausgabe des „Handelsblattes“ im Hinblick auf
ie Union kommentiert:

Sie beschließen ein unausgereiftes Konzept, das die
unpopulären Komponenten erst einmal in die ferne
Zukunft verschiebt oder gar nicht erst beinhaltet.

enau das ist der entscheidende Punkt. Dem ist eigent-
ich nichts mehr hinzuzufügen. Nur so viel: Das
onsensprogramm der Union begräbt interne Konflikte.
s ist nichts weiter als heiße Luft und strotzt vor






(A) )



(B) )


Christine Scheel

Widersprüchen. Ich möchte Ihnen in diesem Zusammen-
hang zwei Beispiele nennen. Zuerst stellt die Union fest,
dass das deutsche Steuerrecht nicht reformierbar sei.
Dann kommt ein zaghafter Vorschlag für ein klein wenig
Subventionsabbau, und zwar – selbstredend – ohne Zu-
mutungen für die eigene Klientel. Das war klar; denn das
machen Sie immer so. Das bedeutet in der Konsequenz,
dass Sie sich in den eigenen Widersprüchen verheddern.
Des Weiteren verkündet die Union, dass sich Anstren-
gungen auf dem Arbeitsmarkt wieder lohnen müssten.
Angesichts dessen wäre es doch logisch, dass die Union
jede sich bietende Gelegenheit nutzt, um Abgaben und
Steuerbelastung gerade für die Arbeitnehmer und Ar-
beitnehmerinnen zu senken. Aber jedes Mal, wenn es
Vorschläge gab, Subventionsabbau zu betreiben und
Spielräume zu schaffen, haben Sie abgelehnt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie sind diejenigen, die mit Ihrer Mehrheit im Bundesrat
den Fortgang verhindern bzw. dafür sorgen, dass die
Dinge auf die lange Bank geschoben werden, die für
Verunsicherung in der Bevölkerung sorgen, die Augen-
wischerei betreiben und den Menschen irgendetwas vor-
gaukeln, hinter dem überhaupt nichts steckt. Deswegen
sind Sie – das muss ich sagen – absolut nicht regierungs-
fähig, und zwar wahrscheinlich für viele Jahrzehnte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509715500

Ich erteile der Kollegin Petra Pau das Wort.

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1509715600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Union will die Verbindlichkeit von Tarifverträgen aufhe-
ben und den Kündigungsschutz in den ersten vier Be-
schäftigungsjahren sowie für ältere Arbeitnehmer ab-
schaffen. Sie will ein generelles Recht auf unbezahlte
Mehrarbeit und für Langzeitarbeitslose Löhne unter Ta-
rif einführen. Das waren die Meldungen vom Wochen-
ende. Die Union nennt das „Weichen stellen für
Deutschland“. Die PDS im Bundestag nennt das: zurück
zum Manchester-Kapitalismus.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Engels und Marx!)


Denn nach Ihren Plänen würden die Arbeitnehmer zum
Freiwild und der Sozialstaat endgültig zum Trauerfall.

Nun höre ich wohl, nichts werde so heiß gegessen,
wie es gekocht wird. Aber das ändert nichts am Kurs,
den die CDU und die CSU einschlagen wollen. Das gilt
übrigens nicht erst seit heute; ich weiß gar nicht, warum
Sie am Wochenende so lange gerungen haben. Ich emp-
fehle Ihnen sehr den so genannten Zukunftsbericht der
Freistaaten Bayern und Sachsen aus dem Jahre 1997.
Bereits dort wurde all das festgehalten und vorgeschrie-
ben, was Sie jetzt feilbieten: eine massive Entlastung der
Unternehmer, eine drastische Belastung der Arbeitneh-

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(C (D er, der Abschied vom Solidarprinzip und die Privatiierung aller sozialen Risiken. Obendrein soll in den euen Bundesländern getestet werden – auch das steht in iesem Zukunftsbericht und jetzt in Ihrem „Weichenpaier“ –, was später auch den Alten blüht: Sozialabbau für roße Teile der Bevölkerung. Ich weiß: Der FDP geht das alles viel zu langsam. Je enfalls hat mich nicht überrascht, was der Kollege rüderle heute hier vorgetragen hat. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


ewundert habe ich mich lediglich über den Aufschrei
ei der SPD; denn fast alles, was im genannten Zu-
unftsbericht der CDU/CSU steht, ist schon heute Be-
tandteil ihrer unsozialen Agenda 2010.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


eispiele nenne ich Ihnen gern: die Kürzung der Ar-
eitslosenhilfe; den angedrohten Zwang zur Arbeit, egal
u welchen Bedingungen.
Das alles schafft aber keine Arbeit; es entwertet Ar-

eit. Das hindert die CDU/CSU allerdings nicht daran,
opulistisch auf Dummenfang zu gehen, etwa mit der
arole: „Sozial ist, was Arbeit schafft.“ Das klingt zwar
ohlfeil, es stimmt nur nicht: Dadurch wird keine Arbeit
eschaffen, sondern man lässt sie nur zu Dumpinglöh-
en verrichten. Das schafft wiederum Armut. Früher
annte man das Ausbeutung. Heute heißt das Reform
der „Weichen stellen für Deutschland“. Für ein Drittel
er Bevölkerung – auch das steht übrigens schwarz auf
eiß im genannten Zukunftsbericht – heißt das ange-
trebte Ziel allerdings Abstellgleis.
Sie wissen wahrscheinlich, dass am 3. April in Köln,

n Stuttgart und vor allem hier in Berlin Zigtausende
enschen gegen die Zerstörung des Sozialstaates de-
onstrieren werden.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


ch finde, zu Recht. Angesichts Ihrer Pläne und dessen,
as unter der Überschrift „Agenda 2010“ firmiert, kann
ch nur dazu auffordern: Geht auf die Straße!


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Pass auf, dass du dabei nicht unter die Räder kommst!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509715700

Ich erteile nun dem Parlamentarischen Staatssekretär
erd Andres das Wort.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Die Allzweckwaffe! Der muss jetzt Benneter ausgleichen!)







(A) )



(B) )


Ge
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1509715800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Manches, was in dieser Debatte gesagt wird,
stimmt ja. Auch manches, was Herr Meyer und Herr
Seehofer gesagt haben, stimmt. Herr Meyer, Sie haben
beispielsweise danach gefragt, wie wir zu einer Beschäf-
tigungsquote bei den über 55-Jährigen von 38 Prozent
gekommen sind. Ich empfehle Ihnen dringend, sich zu-
nächst einmal an die eigene Nase zu fassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Ja, beide Seiten müssen sich an die eigene Nase fassen!)


Sie haben hier Dänemark genannt und darauf verwie-
sen, dass man dort 1994 mit Reformen begonnen hat.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Wer hat denn 1994 regiert?)


Ich empfehle Ihnen wiederum, sich an die eigene Nase
zu fassen und sich damit auseinander zu setzen, dass wir
alle miteinander Deutschland jetzt in Bewegung bringen
müssen, weil wir zehn bis 15 Jahre der Entwicklung ver-
pennt haben. Wie groß Ihr Anteil daran ist, das dürfen
Sie vor dem Deutschen Bundestag, also öffentlich, gern
einmal sagen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Ihr wart doch unter der Bettdecke!)


Herr Seehofer und Herr Meyer, ich empfehle, bei der
Wahrheit zu bleiben. In Ihrem Papier steht:

Die Arbeitslosigkeit ist auf über 4,6 Mio. angestie-
gen, mehr als vor dem Regierungswechsel 1998 zu
Rot-Grün.

Das ist schlicht die Unwahrheit. Das ist gelogen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich darf Sie daran erinnern, dass der historisch höchste
Stand der Arbeitslosigkeit in diesem Lande im Januar/
Februar 1998 mit 4,82 Millionen registrierten Arbeitslo-
sen erreicht wurde,


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Da hatten wir auch eine andere Statistik!)


und das bei 2 Prozent Wirtschaftswachstum.

(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)


Deswegen fordere ich Sie auf, auch in Ihren Papieren zur
Wahrheit zurückzukehren und sie auch zu sagen.

Sie reden davon, Weichen stellen zu wollen. Ich will
zunächst einmal sagen: Dafür haben Sie vom Wähler
kein Mandat.


(Lachen bei der CDU/CSU)

– Ja, Sie haben hier nicht die Mehrheit und Sie stellen
hier auch keine Weichen. Über diese Aussagen können
Sie gerne lachen. Weichen stellen andere, Weichen stellt
die Regierungsmehrheit.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


nstatt Weichen zu stellen, sollten Sie sich lieber daran
eteiligen, die Konjunkturlokomotive in Fahrt zu brin-
en. Die Konjunktur braucht Rückenwind, nicht sub-
tanzlose Diskussionen, die die Menschen nur weiter
erunsichern.
Auch für Sie, meine sehr verehrten Damen und Her-

en, gilt: erst das Land, dann die Parteien. Ich erinnere
ich noch gut, dass Sie uns im Vermittlungsausschuss
urz vor Weihnachten ein stärkeres Entgegenkommen
eim Subventionsabbau mit der Begründung verweigert
aben, Sie wollten das Pulver für die große Steuerreform
ocken halten. Von der fabulierten Sie damals schon. In-
wischen sind diese Träume wie Seifenblasen zerplatzt
nd alle steuerpolitischen Höhenflüge auf dem harten
oden der finanzpolitischen Realität gelandet. Im Nach-
inein stellt sich heraus, dass es nur einen Grund gab,
arum Sie uns ein Entgegenkommen im Vermittlungs-
usschuss verweigert haben: weil bei Ihnen die Partei
or dem Land kommt. Bei Ihnen heißt es nämlich: erst
ie Partei, dann das Land; gut ist, was einen Erfolg der
egierung verhindert. Das nenne ich verantwortungslos.
ie erweisen damit unserem Vaterland einen Bären-
ienst.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


urch mehr Subventionsabbau hätten Sie schon bei der
teuerreform mehr bewegen können; stattdessen kom-
en solche Forderungen jetzt kleckerweise von Ihnen.
Wo ist denn eigentlich dieser Bierdeckel-Merz abge-

lieben? Er müsste doch eigentlich bei dieser Diskussion
nwesend sein. Meine Heimatzeitung, die „Hannover-
che Allgemeine“, hat mit einem großen Aufmacher ge-
ordert, dass man jetzt einen riesigen Bierdeckel produ-
ieren müsse, damit all die Regelungen, die Sie fordern,
uch auf einem Bierdeckel Platz haben.
Jetzt komme ich zum nächsten Punkt. Dabei richte ich
ich an Herrn Seehofer und an Herrn Meyer. Wissen
ie, wieso man hier von Heuchelei sprechen kann?


(Zurufe von der CDU/CSU)

eil unsere Diskussionen in der letzten Zeit immer mehr
n das Gleichnis vom Hasen und vom Igel erinnern.
enn die einen 48 Prozent sagen, sagen die anderen 46
rozent. Sagt man 46 Prozent, wird 44 Prozent gesagt.
assen Sie uns wie im Dezember gemeinsam darum be-
ühen, Regelungen, die Bremsklötze darstellen könn-
n, zu beseitigen, zum Beispiel die Beschränkung der
efristung für Ältere ab 52 Jahre und viele Regelungen
um Vorruhestand. So wollten wir, damit Vorruhestands-
egelungen nicht attraktiv sind, die maximale Bezugs-
auer von Arbeitslosengeld absenken und haben das
uch durchgesetzt. Ich erinnere mich noch, was Vertreter
hrer Partei und Sie, Herr Meyer dazu gesagt haben.


(Zuruf des Abg. Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU])







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres

Herzlichen Glückwunsch! Da haben Sie eine richtig
heuchlerische Debatte geführt, als Sie in allgemeinen
Spiegelsätzen so etwas gefordert haben; denn in der Pra-
xis und in der Realität bei Abstimmungen im Deutschen
Bundestag haben Sie dann genau das Gegenteil getan.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Gleich wird hier der Kollege Karl-Josef Laumann
auftreten und erklären, was man alles machen müsse, um
die Beschäftigungswirkungen zu erhöhen. Dazu sage
ich: All das, was Sie da fordern, ist heftig umstritten. In
Ihrem Papier steht viel dummes Zeug.


(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Der erklärt es Ihnen!)


Kein Mensch hat bis jetzt den Beleg dafür gebracht, dass
eine Senkung der Löhne, eine Abschaffung des Kündi-
gungsschutzes und ein Aufweichen des Tarifvertrags-
rechtes


(Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Sie sollten sich langsam entscheiden, wohin Sie wollen!)


auch nur eine Beschäftigungsmöglichkeit mehr schaffen.
Keiner kann das sagen; jedoch machen Sie damit die
Menschen schutzlos.


(Beifall bei der SPD)

Sie rennen damit Positionen hinterher, die nach unserem
Verständnis nicht richtig sind.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Warum machen Sie es dann teilweise?)


Ich sage Ihnen noch etwas: Sie haben eine Klassifi-
zierung des Tarifabschlusses in der Metall- und Elektro-
industrie vorgenommen. Wir halten diesen Tarifab-
schluss für vernünftig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir unterstreichen ganz ausdrücklich, dass die Tarifver-
tragsparteien freiwillig ganz weit gehende Flexibilisie-
rungsregelungen vereinbart haben,


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das sieht der Mittelstand anders!)


die jetzt angewandt werden und die sehr viel auf dem
Beschäftigungsmarkt bewirken werden. Ganz ausdrück-
lich sage ich für die Bundesregierung: Selbstverständlich
haben die Tarifvertragsparteien eine hohe Verantwor-
tung. Wer über die Beschäftigungsbedingungen befindet,
befindet weitgehend auch über Beschäftigung.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das Ergebnis haben wir!)


Aber ich sage Ihnen auch, dass wir davon überzeugt
sind, dass die Tarifvertragsparteien in diesem Lande bis-
her ihrer Verantwortung gerecht geworden sind


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D nd dass sich die Tarifautonomie bewährt hat. Was Sie in ichts sagende Spiegelstriche schreiben, hilft bei vielen roblemen überhaupt nicht. Das wird Ihnen der Herr, der chräg hinter Ihnen, Herr Meyer, sitzt, ausführlich darleen können. Wir haben ja eine Diskussion darüber geführt und uch Entscheidungen getroffen, ob wir sozusagen ein bfindungsrecht in unser Kündigungsschutzgesetz aufehmen und damit den Kündigungsschutz abbedingen der nicht. Ich sage Ihnen ausdrücklich: Diese Bundesegierung wollte den Kündigungsschutz nicht durch ein lächendeckendes Abfindungsrecht ersetzen. Herr öhner und andere standen reihenweise bei uns auf der atte, um aufzupassen, dass um Gottes willen kein flähendeckendes Abfindungsrecht geschaffen wird, weil as für die Wirtschaft viel teurer werden kann als das, as wir gegenwärtig an Regelungen haben. Ich sage meinem Kollegen Karl-Josef Laumann – das ann er alles aufnehmen und gleich verwenden –: Die alen Hüte, die Sie vorgesehen haben, können Sie alle eglassen. Wir werden das Teilzeitund Befristungsgeetz nicht aufheben. Es ist übrigens eine Erfolgsstory. ie Teilzeitbeschäftigung in Deutschland hat seit 2000 assiv zugenommen. Das, was wir im Teilzeitund Beristungsgesetz gemacht haben, ist richtig. Es auf Menchen, die Familienpflichten haben, zu beschränken, ürde dazu führen, dass diese Gruppe im Arbeitsmarkt esonders diskriminiert und benachteiligt wird, und sich ur bei den Frauen auswirken. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir werden auch am Betriebsverfassungsgesetz keine
nderungen vornehmen – damit Sie das wissen. Solange
ir die Mehrheit haben, geschieht das nicht. Das Be-
riebsverfassungsgesetz hat für die Arbeitgeber viele Er-
eichterungen gebracht: Kostenveränderungen durch an-
ere Wahlverfahren und andere Dinge mehr. Deswegen
agen wir: Es war erfolgreich.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Richtig! 22 Prozent für die SPD!)


Da schreit einer dazwischen; ich empfehle ihm, einmal
n die Ladenschlussregelung zu denken, denn da turnen
ie immer anders herum, Herr Kollege. Also schön auf-
assen!
Dass Sie als Union das alles aufschreiben, finde ich

anz prima. Was Sie, Herr Meyer, gemacht haben, ist ein
erantwortungsloser Gemischtwarenladen.


(Beifall des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])

enn Sie glauben, Sie könnten Deutschland mit diesen
ositionen und diesen Konzepten aus einer sicherlich
chweren Krise führen,


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wer hat uns denn da hineingebracht?)


ie deutlich macht, dass wir uns anstrengen müssen, die
ettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu steigern, vor al-

em angesichts der Erweiterung der EU, irren Sie. Dass
n diesem Lande nicht alles bleiben kann, wie es ist,






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres

weiß jedermann. Aber die Veränderungen müssen sozial
vernünftig erfolgen.


(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Dann tun Sie was!)


– Wir haben eine Menge gemacht; hören Sie auf, Herr
Seehofer! Warten Sie doch erst mal ab, bis das, was wir
am 19. Dezember gemeinsam beschlossen haben, wir-
ken kann, statt mit irgendwelchen neuen Spiegelstrichen
oder unausgegorenen Vorschlägen zu kommen!

Diese Regierung wird darauf achten, dass die Be-
schäftigten in diesem Lande nicht rechtlos werden. Ein
System des Heuerns und Feuerns wird es mit uns nicht
geben. Wir werden uns anstrengen, alles zu tun, um die
Beschäftigung zu verstärken.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Bisher haben Sie da stark versagt!)


Alle Reformen, die wir dazu auf den Weg gebracht ha-
ben, sind sinnvoll und werden ihre Wirkung entfalten.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509715900

Das Wort hat nun der Kollege Peter Weiß, CDU/CSU-

Fraktion.

Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1509716000

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Man fragt sich zunehmend: Warum eigentlich haben
SPD und Grüne diese Aktuelle Stunde beantragt?


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Eigentor!)

Es gibt nur eine einzige Erklärung dafür: Nachdem
Ihnen nach den Umfragen die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer in Scharen davonlaufen, nachdem bei der
Wahl in Hamburg fast die Hälfte aller Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmer die CDU gewählt haben, geht
bei Ihnen das Fracksausen um.


(Hans-Werner Bertl [SPD]: Warum haben Sie das nicht vor Hamburg erzählt?)


Das ist der Grund, warum Sie diese Debatte beantragt
haben.

Nun versuchen Sie etwas, was Ihnen auch nicht hel-
fen wird. Sie reden hier nicht über das, was CDU und
CSU am vergangenen Sonntag als gemeinsames Pro-
gramm beschlossen haben, sondern Sie reden über Ihre
Übertreibungen, in der Hoffnung, Sie könnten damit
noch irgendwelche Menschen in Deutschland überzeu-
gen. Das ist der Punkt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das glauben Sie ja selber nicht!)


– Herr künftiger Generalsekretär, das wird Ihnen auch
mit Ihrer Rede von vorgestern, die Sie eben gehalten ha-
ben, nicht gelingen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer in unserem Land


(Dr. Rainer Wend [SPD]: In diesem unserem Land!)


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(C (D nd auch die Mitglieder der Gewerkschaften wissen eies: Sie, Rot und Grün, haben die Menschen in diesem and anlässlich der letzten Bundestagswahl in einer Art nd Weise belogen, wie das noch nie der Fall war. (Beifall bei der CDU/CSU – Willi Brase [SPD]: Was ist denn mit den blühenden Landschaften?)


Der große Unterschied zwischen Rot und Grün auf
er einen Seite sowie CDU und CSU auf der anderen
eite ist der:


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Nase ist länger als die von Pinocchio!)


hnen glaubt – erst recht nach den heutigen überzogenen
eden – niemand mehr. Wir von CDU und CSU sagen
en Wählerinnen und Wählern vor der Wahl, was wir
achen werden. Wir werden auch nach der Wahl dazu
tehen. Das ist der Punkt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Oh! – Ludwig Stiegler [SPD]: Vor allem Stoiber in Bayern!)


Einige Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen von
ot und Grün machen sich Sorgen darüber – das ist ja
ehr schön –, wie es um den Einfluss der Arbeitnehme-
innen- und Arbeitnehmervertreter in der CDU/CSU be-
tellt ist.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Da ist keiner! Das wissen wir!)


ie haben heute ein Musterbeispiel dafür geliefert, wie
er Einfluss der Arbeitnehmer bei Ihnen aussieht. Rot-
rün hat vorhin in der Abstimmung über das so ge-
annte Rentengesetz nur eine Mehrheit erreicht, weil Sie
ich öffentlich in die Tasche gelogen haben. Nur dadurch
ekommen Sie noch Mehrheiten zustande. Bei CDU und
SU können Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerver-
reter durch Argumente, also ohne Betrug und Drohun-
en, dafür sorgen, dass Beschlüsse zustande kommen, in
enen die notwendigen Reformen enthalten sind, durch
ie aber auch die notwendige soziale Absicherung ge-
ährleistet ist. Das ist der Unterschied zwischen den
oalitionsfraktionen und der CDU/CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir werden Sie daran erinnern!)


Erstens. Sie haben vor der Bundestagswahl katego-
isch erklärt, dass es mit Rot und Grün in Sachen Kündi-
ungsschutz und Tarifvertragsrecht überhaupt keine Än-
erung gebe. Fakt ist: Das Gegenteil ist eingetreten.


(Zuruf von der SPD: Beim Tarifvertrag?)

ie beklagen sich über die Regelungen, die wir für
ber 50-Jährige vorschlagen. Kollege Seehofer hat
chon vorgetragen, dass der Kündigungsschutz für über
0-Jährige durch Ihren Gesetzentwurf faktisch abge-
chafft wird. Demgegenüber ist die von uns vorgeschla-
ene Optionsregelung geradezu eine Besserstellung für
ie über 50-Jährigen. Das ist der Punkt.






(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)



(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Das ist ja ein Zaubermeister!)


– Das ist so, Herr Brandner.
Zweitens. Sie selbst haben doch eine Kakophonie von

Vorschlägen zum Kündigungsschutz in den letzten Jah-
ren hier vorgetragen.


(Klaus Brandner [SPD]: Eijeijei!)

Es war Ihr Vorschlag, den Schwellenwert bei fünf zu be-
lassen, aber die befristet eingestellten Arbeitnehmer
nicht anzurechnen. Der nächste Vorschlag beinhaltete
ein rollierendes System. Bei der Einstellung eines sechs-
ten Arbeitnehmers hätte nur ein Arbeitnehmer Kündi-
gungsschutz. Dann gab es den Vorschlag von Schartau,
dass es die ersten drei Jahre überhaupt keinen Kündi-
gungsschutz gibt. Das würde eine jahrelange Probezeit
bedeuten. Dann folgte Ihr Beschluss, dass in Kleinbetrie-
ben fünf Arbeitnehmer zusätzlich befristet eingestellt
werden können.

Angesichts unserer Vorschläge dürfen Sie in Sachen
Kündigungsschutz wahrhaftig nicht mehr als die Schutz-
patronin der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in
Deutschland auftreten.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Das zeigt, dass Sie keine Ahnung haben!)


Die Kakophonie, die Sie in den letzten Jahren veranstal-
tet haben, zeigt eines: Auf das, was Sie sagen, ist kein
Verlass. Bei uns wissen die Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer, was wir nach der Wahl machen werden. Sie
wissen auch, dass wir die verlässliche Alternative zu Ih-
nen sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Sie sind verraten und verkauft!)


Ich komme nun zum Thema Tarifvertragsrecht. Vor
der Wahl haben Sie erklärt, dass im Tarifrecht nichts ver-
ändert werden dürfe und dass Bündnisse für Arbeit nicht
zulässig seien. Dann folgte die Agenda-Rede des Bun-
deskanzlers im März vergangenen Jahres, in der er for-
derte, dass tarifliche Bündnisse möglich sein sollen.
Weiter hieß es, wenn die Tarifparteien nicht handeln
würden, müsse der Gesetzgeber handeln. Jetzt machen
CDU und CSU einen praktikablen Vorschlag, um das
umzusetzen, wozu Sie gesetzgeberisch bis zur Stunde
nicht in der Lage waren. Das ist doch der Punkt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509716100

Herr Kollege, auch Sie denken bitte an die Redezeit.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Nicht einmal seine Zeit kann er einhalten!)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1509716200

Die Diskussion über die Wirkung unserer Vorschläge

zur Reform auf dem Arbeitsmarkt hin oder her: Die
größte soziale Ungerechtigkeit unserer Zeit


(Zuruf von der SPD: Ist die Union!)


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(C (D st die von Ihnen zu verantwortende fortdauernde Masenarbeitslosigkeit. Sozial ist zuallererst das, was für ehr Beschäftigung sorgt. Das Programm von CDU und SU ist ein Programm für mehr Beschäftigung und weiger Arbeitslosigkeit. Deshalb ist dieses Programm soialer als all das, was von Rot-Grün bisher zustande geracht worden ist. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Absurdes Theater!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509716300

Das Wort hat der Kollege Joachim Poß, SPD-Frak-

ion.

Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1509716400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich

laube, wir befinden uns in diesem Frühjahr in einer
ichtigen Klärungsphase.


(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Nach Ihnen kommt Frau Wöhrl!)


err Kollege Seehofer, Sie spielen dabei ebenso wie
err Laumann und andere eine ganz wichtige Rolle. Ihre
ommentare zu den Entwürfen, die offiziell von Söder
nd Meyer stammen, mit Frau Merkel und Herrn Stoiber
ber natürlich abgestimmt sind, haben deutlich gemacht,
ass Sie wissen, dass Sie sich an einer Scheidelinie be-
egen. Entscheiden Sie sich wie Merkel und Stoiber
ür das Rezept Sozial- und Steuerdumping, um die inter-
ationale Konkurrenzfähigkeit zu bewahren? Wollen Sie
amit auf die Osterweiterung der EU reagieren oder
icht?


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Ich hatte kurz die Hoffnung, es hätte etwas werden können! – Gegenruf des Abg. Klaus Brandner [SPD]: Sie müssen sich das schon vorhalten lassen!)


Herr Seehofer, Sie wissen ebenso wie Herr Laumann
nd andere im Grunde genau, dass es an dieser Stelle für
en Sozialstaat Deutschland, den wir erneuern müssen,
efährlich zu werden droht.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Da sind Sie wirklich eine große Gefahr!)


ie haben den Rubikon überschritten. Ich glaube, Sie ha-
en sich innerlich vom Sozialstaat verabschiedet. Die
räfte, die in der Union immer für den Sozialstaat ge-
tanden haben, weil sie über eine Wertebindung verfü-
en, haben sich von den anderen sozusagen wegräumen
assen. Das ist nach den langen Debatten an dem chaoti-
chen Wochenende noch nicht so deutlich gesagt wor-
en; aber das ist der Hintergrund dieser Debatte.


(Beifall bei der SPD)

Eigentlich geht es darum, wie die Zukunft dieses Lan-

es aussehen wird. Wie sieht die Gesellschaft im nächs-
en Jahr und im Jahr 2010 aus? Wollen wir auch weiter-
in eine Gesellschaft, in der die soziale Bindung und






(A) )



(B) )


Joachim Poß

soziale Gerechtigkeit wichtige Maßstäbe sind? Wollen
wir die im Grundgesetz vorgesehene Sozialpflichtigkeit
des Eigentums beibehalten oder verabschieden wir uns
von diesen Bindungen des Grundgesetzes? Wollen wir
die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfä-
higkeit aushöhlen, wie es das CDU-Konzept vorsieht?
Das sind die Grundfragen, über die in diesem Jahr poli-
tisch zu entscheiden ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich muss – auch unter dem Eindruck der Umfrage-
ergebnisse, Kollege Meckelburg – einräumen, dass es
uns nicht gelungen ist, die politischen Alternativen deut-
lich zu machen. Herr Andres hat das bereits in wün-
schenswerter Klarheit herausgestellt. Es wird die Auf-
gabe der SPD und der Grünen sein, kantenscharf
darzustellen, worin der Unterschied zwischen Erneue-
rung des Sozialstaates und Abräumen von Arbeitneh-
merrechten besteht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Reformfreudig waren Sie doch nur, wenn es um das

Abräumen von Arbeitnehmerrechten ging.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wo war denn Ihre Reformfreude bei den Reformen im
Gesundheitswesen? Wo war Ihre Reformfreude beim
Subventionsabbau? Wenn es um die Landwirtschaft oder
eine andere Ihrer Klientelen ging, war bei Ihnen Schluss
mit der Reformfreude. Das ist Ihre Praxis.


(Beifall bei der SPD)

Diesen Weg gehen wir nicht mit. Wir sehen in den

Umfragen verdammt schlecht aus, auch weil wir der
Auseinandersetzung mit der organisierten Arbeitneh-
merschaft nicht aus dem Wege gehen. Wir sind fest da-
von überzeugt, dass wir auf dem richtigen Wege sind,
um Deutschland zukunftsfähig zu machen. Wir sind
überzeugt, dass wir für unsere Kinder und unsere Enkel
das Richtige tun. Wenn wir diese Überzeugung nicht hät-
ten, hätten wir uns dieser Auseinandersetzung nicht so
gestellt.

Sie stellen sich der Auseinandersetzung immer nur
einseitig. Wo es um Ihre angestammte Klientel geht, wo
es für Sie unbequem wird, weichen Sie der Auseinander-
setzung aus. Deswegen legen Sie auch Steuerkonzepte
vor, von denen der Manager, aber nicht der Pförtner, der
Chefarzt, aber nicht die Krankenschwester profitiert.
Das ist Ihr Weg.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Das ist Stuss, was Sie da erzählen!)


Ich gebe zu, wir waren bis jetzt nicht sehr erfolgreich
bei der Darstellung unserer Vorhaben. Das wird sich ab
heute ändern.

Das Bild vom Bierdeckel ist wirklich sehr schön – er
wird von Tag zu Tag größer. Warum? – Weil Sie auf
Klientelinteressen Rücksicht nehmen. In Ihrem Steuer-

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(C (D onzept herrscht keine Klarheit über die Zukunft der Unernehmensteuer und der Gewerbesteuer. Kommt die ewerbesteuerbelastung auf die Arbeitnehmerinnen und rbeitnehmer zusätzlich – Stichwort „Steuersätze“ – zu? Sie täuschen die Bevölkerung bewusst und nutzen das ls Mittel der Politik. Frau Merkel und Herr Merz haben en eigenen Parteitag getäuscht. Der hat gejubelt. Inzwichen ist aber allen klar geworden, was eigentlich stattefunden hat. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


it dem Mittel der Täuschung kann man eine ganze Zeit
ng Erfolg haben.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Da sind Sie ja Fachmann!)


uf Dauer lässt sich ein Volk aber nicht veräppeln. Wir
erden Ihnen noch kräftig in die Suppe spucken. Verlas-
en Sie sich darauf! Wenn Sie meinen, uns mit diesen
itteln der Politik in die Knie zu zwingen, dann täu-
chen Sie sich gewaltig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte [CDU/ CSU]: Ein Fachmann für Täuschung!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509716500

Ich bedanke mich beim Kollegen Poß ausdrücklich

afür, dass er als Erster in dieser Debatte die fünf Minu-
en Redezeit tatsächlich eingehalten hat.
Nun hat das Wort die Kollegin Dagmar Wöhrl, CDU/
SU-Fraktion.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Jetzt wird es wieder finster! Jetzt geht die Welt wieder unter!)



Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1509716600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

ch weiß nicht, Herr Kollege Boss

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Poß! Der ist kein Boss!)

das sind die Franken –, warum Sie als heutiges Thema
icht die Steuerreform beantragt haben. Ich würde sa-
en, das, was Sie hier aufgeführt haben, war eine ganz
lare Themaverfehlung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Jetzt erzähle ich Ihnen aber etwas anderes – hören Sie
enau zu –:
Erstens. Ich fordere Mut zur Veränderung. Wir wer-

en Leistungen des Staates kürzen. Dabei geht es nicht
arum, dem Sozialstaat den Todestoß zu geben, sondern
usschließlich darum, die Substanz des Sozialstaates zu
rhalten.
Zweitens. Wir müssen deshalb auch den Kündigungs-

chutz besser handhabbar machen. Insbesondere für
leinere Betriebe muss die psychologische Schwelle bei
eueinstellungen überwunden werden.






(A) )



(B) )


Dagmar Wöhrl

Drittens. Ich erwarte, dass sich die Tarifparteien in

weit größerem Umfang auf betriebliche Bündnisse eini-
gen,


(Ute Kumpf [SPD]: Machen sie doch!)

als es in vielen Branchen bis jetzt der Fall ist. Geschieht
dies nicht, wird der Gesetzgeber zu handeln haben.

Was ist denn los? Ich erwarte Applaus. Das sind näm-
lich Zitate aus der Regierungserklärung Ihres Kanzlers
vom letzten Jahr.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Deswegen muss der jetzt gehen!)


Da hat im Protokoll gestanden: Beifall bei SPD und Grü-
nen. Deswegen warte ich jetzt auch auf diesen Beifall.

Es gehört schon eine gewisse Kaltschnäuzigkeit dazu
– ich sage das ganz offen und ehrlich –, diese Aktuelle
Stunde zu beantragen.


(Lachen bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Menschen ha-

ben Angst.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Die brauchen bloß Ihr Programm zu lesen, dann bekommen die schon Angst!)


Sie haben Angst um ihren Arbeitsplatz. Viel mehr
Angst haben die Menschen, die keinen Arbeitsplatz ha-
ben, dass sie auch keinen Arbeitsplatz bekommen. Sie
haben Angst vor Altersarmut – Ihr Rentenkonzept, das
Sie eben vorgestellt haben, lässt grüßen. Sie haben Angst
vor der Zukunft.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie schüren doch die Ängste bei jeder Rede noch!)


Wenn man diese Angst hier nicht ernst nimmt, son-
dern, so wie Sie das tun, polemisiert und diese Angst in-
strumentalisiert, dann ist das zynisch. Sie wissen ganz
genau, was die Wahrheit ist. Die Wahrheit ist: Es wird
keinem Beschäftigten, keinem arbeitenden Menschen ir-
gendein Recht genommen – im Gegenteil. Sie wissen
ganz genau, es geht einzig und allein um die Frage: Wie
schaffe ich es, einem Arbeitsuchenden eine bessere
Chance zu geben, damit er wieder einen Arbeitsplatz be-
kommt?


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist nämlich das wichtigste Arbeitnehmerrecht: die
Chance auf einen Arbeitsplatz und die Chance, diesen
Arbeitsplatz auch zu behalten. Das ist es doch, was Sie
mit Ihren Gesetzen und mit Ihren Rahmenbedingungen,
die Sie auf den Weg bringen, mit Füßen treten. Sie müs-
sen es wirklich einmal begreifen: Überregulierung ver-
nichtet Jobs.

Was haben Sie nicht alles versprochen! Sie haben die
Reduzierung der Zahl der Arbeitslosen auf 2 Millionen
bis zum Sommer 2005 versprochen. Wir sind bei
4,6 Millionen Arbeitslosen. Was ist mit den Arbeitneh-
merrechten dieser Menschen? Was ist mit den laut Sta-
tistik 40 000 Unternehmenspleiten? Wir wissen genau,

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(C (D ass viel mehr Unternehmen insolvent sind als in der tatistik aufgeführt. Auch davon sind viele Familien etroffen; dadurch hat es viele Arbeitslose gegeben. as ist mit deren Arbeitnehmerrechten? Das haben Sie it zu verantworten. Wir haben seit dem Sommer 2002 30 000 Beschäftigte weniger. (Klaus Brandner [SPD]: Denen wollen Sie noch das Arbeitslosengeld kürzen!)


as ist mit deren Arbeitnehmerrechten? Es wäre schön,
enn Sie hier einmal ein paar Worte dazu verlieren wür-
en.
Ich weiß auch nicht, warum Sie sich, liebe Kollegin-

en und Kollegen von Rot-Grün, so vehement gegen ge-
etzlich verankerte betriebliche Bündnisse wehren. Der
tzte Tarifabschluss in der Metallindustrie hat es doch
ieder einmal gezeigt. Ja, es gab eine kleine Flexibilisie-
ung, aber wieder nur mit Zustimmung der Tarifvertrags-
arteien und auch nur für die Hälfte der Beschäftigten.
ie wissen ganz genau, dass die Tarifparteien endlich ih-
er Verantwortung gerecht werden müssen. Die Unter-
ehmer rufen immer laut nach der Politik – ich spreche
anz bewusst die Unternehmer an, auch wenn Sie sich
arüber wahrscheinlich wundern werden –, geben selbst
ber vor lauter Harmoniesucht im Tarifvertrag klein bei.
m nächsten Tag gehen die Unternehmer still und leise
it ihren Betrieben außer Landes und schaffen dort die
rbeitsplätze. Früher haben wir Autos exportiert. Inzwi-
chen sind es Jobs, die durch Ihre Politik zum Export-
chlager geworden sind.


(Widerspruch bei der SPD)

Das ist eine Tarifautonomie, die den Problemen aus-
eicht, statt sie zu lösen. Hier ist der Gesetzgeber gefor-
ert, Lösungen zu finden.
Sie haben die Verantwortung, den Menschen zu sa-

en, wie es um uns steht. Sie haben den Menschen zu sa-
en, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, da-
it es nach vorne geht, damit mehr Beschäftigung
eschaffen wird, damit Arbeitsplätze geschaffen werden.
Was Sie hier anbieten, ist nur populistische Kritik.
as ist zu wenig für jemanden, der Regierungsverant-
ortung hat, und viel zu wenig für jemanden, der unser
and nach vorne bringen will.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn ich euch so reden höre, bekomme ich Angst!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509716700

Ich erteile das Wort der Kollegin Doris Barnett, SPD-

raktion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Doris Barnett (SPD):
Rede ID: ID1509716800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

rau Wöhrl, weil man Angst bekommen kann, wenn






(A) )



(B) )


Doris Barnett

man Ihr Papier liest, haben wir die Aktuelle Stunde be-
antragt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Denn die CDU/CSU scheint nach ihrem allerletzten
Wahlsieg und den letzten Umfrageergebnissen dem
Wahn verfallen, sie könne jetzt alles machen, was sie
will; das Wahlvolk werde schon zufrieden sein. Davon
ist zumindest Herr Weiß überzeugt.

Anders kann ich mir nicht erklären, dass die CDU/
CSU in ihrem „Wachstumsprogramm“ einen Teil sogar
„soziale Arbeitsmarktverfassung“ nennt. Das ist ange-
sichts der Inhalte wirklich perfid und zynisch zugleich.


(Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Was?)

Der CDU/CSU geht es jetzt darum – das wissen wir

schon aus den Verhandlungen zu den Hartz-Gesetzen –,
das soziale Netz so tief zu hängen, dass jeder – auch der,
der es nötig hätte – auf den Boden aufschlägt. Oder um
ein anderes Bild zu benutzen: Sie geben dem Bungee-
Springer gerne 2 Meter Seil extra, auf dass er richtig hart
aufschlägt.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Jetzt konkretisieren Sie, was Koch und Milbradt
schon an anderer Stelle vorgeschlagen haben: Arbeits-
lose sollen für 1 Euro die Stunde – gemeinnützig oder
sonst wo – verpflichtend beschäftigt werden – sonst gibt
es kein Geld –; der Staat – wen meinen Sie damit: die
Kommunen, den Bund oder die Bundesagentur? – zahlt
dann den Rest.

Das ist es doch, wenn Sie den Niedriglohnbereich „re-
vitalisieren“ wollen. Wollen Sie die halbe Republik in
Minijobs, in geringfügige Beschäftigung packen? Wie
Sie dann die sozialen Sicherungssysteme finanzieren,
das sagen Sie in Ihren Papieren nicht. Auch Herr
Seehofer hat dazu heute herzlich wenig gesagt. Das
brauchen Sie auch nicht; denn die Systeme, wie sie heute
sind, nämlich solidarisch – das heißt, der Starke steht für
den Schwachen ein, die Jungen für die Alten –, wollen
Sie sowieso abschaffen. Die Kopfpauschale lässt grüßen.

Assistiert wird Ihnen dabei in wunderbarer Weise von
der FDP, die die Geringfügigkeitsgrenze von jetzt
325 Euro auf 630 Euro anheben will. So „revitalisieren“
Sie Jobs, für die keine Sozialabgaben bezahlt werden,
deren Inhaber nie Ansprüche auf eine Rente haben. Die
brauchen dann natürlich auch keine Ausbildung; deshalb
wollen Sie „weitere Ausbildungsgänge für theorieentlas-
tete Berufe“. Beim ersten Lesen habe ich gedacht, es
heiße „theorieentleerte“. Das wollen Sie wohl auch:
Ausbildung ohne Schule, Learning by Doing, Learning
on the Job – das Modell USA lässt grüßen. Wollen Sie
wirklich – jetzt nach PISA – die Berufsschulen ausdün-
nen, vielleicht um damit in den Landeshaushalten Geld
zu sparen?

Das alles geschieht auf dem Rücken der jungen Men-
schen – auf der Besuchertribüne sitzen welche –, die

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(C (D och eigentlich gut verdienen müssen; denn später – in 0, 30 Jahren – wird das Verhältnis 2 : 1 – zwei Arbeitehmer auf einen Rentner – sein. Sollen sie das alles fianzieren? Und das ohne Ausbildung, im Niedriglohnereich? Da fasst man sich doch bloß noch an den Kopf. as passt alles nicht zusammen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was für ein Menschenbild haben Sie? Nur Eigenver-
ntwortung? Keine Assistenz durch die Gesellschaft –
prich: den Staat? In Ihrem Menschenbild sind offen-
ichtlich alle kerngesunde Albert Einsteins.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Nein!)

u diesem Ergebnis muss man doch kommen, wenn Sie
chreiben, dass Ansprüche an den Staat deutlich zurück-
enommen werden.
Deshalb wollen Sie wohl auch die Bundesagentur für
rbeit auf ihre „Kernaufgaben“ zurückführen. Sie soll
ich nicht mehr um die Arbeitslosen kümmern, sondern
hnen nur das Geld auszahlen. Denn der freie Mensch
teht im Mittelpunkt. Ihm kann man alles zutrauen; er
uss dann alles selbst machen. Haben Sie überhaupt
inmal mit Behindertenverbänden gesprochen, wie sie
in solches Modell sehen?
Schauen wir uns einmal an, was Sie mit Menschen ma-

hen, die eigenverantwortlich handeln – nicht nur für
ich, sondern auch für die Gesellschaft. Die bisher steu-
rfreien Übungsleiterpauschalen wollten Sie zunächst
bschaffen. Jetzt wollen Sie sie beibehalten, um sie dann
n einem neu geordneten Gemeinnützigkeitsrecht endgül-
ig zu regeln. Ob hopp oder top, ob sie sie ganz abschaf-
en oder doch beibehalten, verrraten Sie aber noch nicht.
Im Gegensatz dazu haben Sie sich aber schon entschie-

en, dass es wieder einen unbeschränkten Verlustvortrag
ür Unternehmen geben soll. Offensichtlich soll die Ver-
teuerung wenigstens von 40 Prozent des Gewinns weg,
ie wir gerade im Dezember beschlossen haben.
Langzeitarbeitslose sollen im ersten Jahr unter Tarif

eschäftigt werden. Denken Sie dabei an 10 Prozent we-
iger oder an 90 Prozent weniger? Sollen die Tarifpar-
eien dabei mitreden? Nach Ihrem Konzept wohl eher
icht, weil der Betriebsrat bzw. die Belegschaft dies oh-
ehin günstiger regeln kann.
Leiharbeitnehmer sollen ein Jahr lang zwar die glei-

he Arbeit verrichten, nicht aber zum gleichen Lohn.
en bekämen sie erst nach einem Jahr; aber das ist so-
ieso lächerlich, weil kaum ein Leiharbeitnehmer über-
aupt ein Jahr bei einem Arbeitgeber beschäftigt ist. Es
ind eher Wochen oder, wenn er Glück hat, Monate.
So sieht Ihre Arbeitnehmerpolitik aus: Ältere ohne
ündigungsschutz, besser gar kein Kündigungsschutz –
as ist Ihre Devise. Mit Ihrem Wachstumsprogramm
om Sonntag und dem, was jetzt an jedem Tag weiter
erauskommt, wächst in der Tat etwas: nicht die Wirt-
chaft, nicht der Arbeitsmarkt, sondern die Entsolidari-
ierung, die Ungerechtigkeit, die Armut und die soziale
älte made by CDU/CSU.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509716900

Ich erteile Karl-Josef Laumann, CDU/CSU-Fraktion,

das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1509717000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Diese Aktuelle Stunde, die sich jetzt ihrem
Ende zuneigt und die Sie beantragt haben,


(Klaus Brandner [SPD]: Einer muss sie ja beantragen! Sonst käme die Wahrheit nie auf den Tisch!)


um mit uns über den Abbau von Arbeitnehmerrechten
durch CDU und CSU zu diskutieren, hat erstens deutlich
gemacht, Herr Kollege Stiegler, dass ich mir Pharisäer
immer so vorgestellt habe, wie Sie sich heute verhalten
haben.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Das kommt nur, wenn man die Bibel nicht richtig gelesen hat!)


Der zweite Punkt ist, Herr Stiegler, dass Sie noch ein-
mal gut überlegen sollten, ob Sie mit Herrn Benneter
wirklich einen Generalsekretär haben, der es bringt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Nur kein Neid!)


Aber fangen wir doch jetzt einfach einmal an: Poli-
tisch wollen Sie mit dieser Aktuellen Stunde eines errei-
chen:


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Deutlich machen, was Sie am Sonntag geschrieben haben!)


Sie wollten für Ihre Klientel und insbesondere für die
Gewerkschaften wieder ein Stück weit den alten Front-
graben aufwerfen: hier die, die für Arbeitnehmerrechte
stehen, und dort die, die es nicht tun. Das ist Ihnen bis
jetzt noch nicht gelungen. Ich will auch sagen, warum es
Ihnen nicht gelungen ist. Wir alle wissen, dass wir
selbstverständlich auch beim Arbeitsrecht Veränderun-
gen gegenüber dem heutigen Stand brauchen, wenn wir
zu mehr Beschäftigung kommen wollen.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das stimmt doch nicht! Was zu tun war, haben wir doch getan!)


Jetzt stellen wir erst einmal eine Gemeinsamkeit in
dieser Debatte fest. Weder Sie noch wir noch die FDP
noch die Grünen schlagen vor, irgendeinem Menschen in
Deutschland, der in Beschäftigung ist, seinen Kündi-
gungsschutz wegzunehmen.


(Peter Dreßen [SPD]: Na, na!)

Vielmehr denken wir über folgende Frage nach: Wie
können wir Barrieren bei der Einstellung abbauen? In
diesem Zusammenhang verdeutliche ich die Unter-
schiede zwischen Ihnen und uns hinsichtlich des Kündi-
gungsschutzes.

Erster Punkt: Sie haben im Herbst 1998 nach der da-
mals von Ihnen gewonnenen Bundestagswahl einen von
uns eingeführten Schwellenwert von zehn Mitarbeitern
auf fünf Mitarbeiter reduziert. Sie haben die damals von

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(C (D ns eingeführte Klarheit der Sozialauswahl, das auf weentliche Kriterien zu beschränken, im Herbst 1998 zuückgenommen. Beides haben Sie kurz vor Weihnachten ieder eingeführt. (Klaus Brandner [SPD]: Präzisiert! – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das haben wir doch längst korrigiert! Jetzt gehen Sie einen Schritt weiter!)


amit haben Sie zugegeben, dass Sie damals einen Feh-
er gemacht haben. Sonst hätten Sie es heute nicht wie-
er eingeführt. Das müssen wir erst einmal feststellen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der zweite Punkt: Im Gegensatz zu Ihnen sind wir der
einung – daran halten wir auch fest –, dass man den
chwellenwert auch bei Kleinbetrieben auf 20 Mitarbei-
er festlegen kann, weil durch die enge Bindung zwi-
chen Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Regelfall ein
utomatischer Kündigungsschutz wirkt, genau wie das
ei unter fünf Mitarbeitern schon seit eh und je der Fall
st. Glauben Sie es: Da liegen wir wahrscheinlich mit un-
erer Einschätzung ganz richtig.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was gilt denn jetzt, das, was Sie am Sonntag beschlossen haben, oder das, was Sie am Dienstag beschlossen haben?)


Dritter Punkt: Sie haben ein Gesetz gemacht, nach
em man Kettenverträge ab dem 50. bis zum 65. Lebens-
hr ohne sachlichen Grund verlängern kann. In diesen
4 Jahren brauchen Sie dafür siebenmal einen Ketten-
ertrag. Hierzu hat unser Präsidium am Wochenende ge-
agt: Wir sind der Meinung, dass das Kündigungsschutz-
esetz, das ja über das BGB hinaus ein besonderes
ündigungsschutzrecht ist, nicht mehr für Arbeitnehmer
ber 50 Jahre gelten soll. Das hat zumindest den ganz
roßen Vorteil, dass man nicht siebenmal eine Kette bil-
en muss, sondern die Dinge ganz normal wirken lassen
ann. Nach einer Einstellung wird sich dann alles Wei-
re entwickeln.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Von alleine? – Klaus Brandner [SPD]: Das ist aber eine lyrische Position!)


ch glaube daher nicht, dass der Aufwand, den Sie hier
etreiben, begründet ist.


(Klaus Brandner [SPD]: Faktisch heißt das: kein Kündigungsschutz!)


Zum Abfindungsrecht sagen Sie, am Ende eines
rbeitsverhältnisses kann dafür votiert werden. Das ist
ie Rechtslage. Wir sagen, es soll bei Einstellung die
ption auf ein Abfindungsrecht geben. Hier muss man
hre und unsere Position genau auseinander halten; denn
ei beiden Positionen wird darauf hingewiesen, dass wir
eränderungen im Arbeitsrecht brauchen, um mehr Ein-
tellungen zu erreichen. Die Veränderungen, die wir
ollen, sind nachvollziehbarer, klarer und unbürokrati-
cher als Ihre. Deswegen sind sie besser.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann

Zum Schluss weise ich, damit kein Popanz aufgebaut

wird – denn hier bestehen erhebliche Unterschiede zwi-
schen unseren Positionen –, auf die betrieblichen Bünd-
nisse für Arbeit hin. Wir haben uns entschieden.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Weg mit dem Tarifrecht!)


Wir sind der Meinung, dass es aus Gründen der Beschäf-
tigungssicherung und des Beschäftigungsaufbaus im
eigenen Betrieb die Möglichkeit zum Abweichen vom
Tarifvertrag geben soll, wenn hohe Quoren erfüllt wer-
den und wenn Geschäftsleitung und Belegschaft bzw.
Betriebsrat das wollen.


(Klaus Brandner [SPD]: Das ist der Bruch der Tarifautonomie!)


Diese Position hat auch Ihr Bundeskanzler vertreten.

(Klaus Brandner [SPD]: Nein, der Bundeskanzler hat die Tarifpartner aufgefordert, das im Rahmen der Tarifverträge zu regeln!)


Sie vertreten sie nicht, weil der DGB dagegen ist. Trotz-
dem ist sie richtig. Ich sage Ihnen: Das wird in einem der
ersten Gesetze stehen, die wir verabschieden werden.
Dadurch werden wir Beschäftigung sichern.

Die Vertreter großer Arbeitgeber, die montags Tarif-
verträgen zustimmen und dienstags beschließen, die An-
zahl ihrer Fertigungsbetriebe zu reduzieren und die be-
treffenden Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern,
helfen unserem Arbeitsmarkt nicht.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Sie beschließen doch sonntags auch etwas anderes als samstags!)


Ein solches Verhalten können wir nur durch betriebliche
Bündnisse für Arbeit umgehen.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Klaus Brandner [SPD]: Das ist aber ein schlanker Fuß, den du dir da gemacht hast, lieber Karl-Josef!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509717100

Zum Schluss der Aktuellen Stunde erteile ich dem

Kollegen Ludwig Stiegler, SPD-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Ludwig Stiegler (SPD):
Rede ID: ID1509717200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kol-

lege Karl-Josef Laumann tut mir Leid; denn er wird im-
mer vorgeschickt, um abzulenken. Jetzt bemüht er sogar
die Bibel. Aber die Stelle über die Pharisäer haben Sie,
Herr Kollege, nicht komplett gelesen. Denn die Phari-
säer haben gesagt: Oh Herr, ich danke dir, dass ich nicht
so bin wie die anderen. Dazu kann ich nur sagen: Rot-
Grün dankt wirklich der eigenen Politik, dass sie nicht so
ist wie Ihre schreckliche.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – A R d t e s I E n u G g l g A g w D K U A n a n S w w b w r S g s – t (C (D Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Also doch ein Pharisäer! Ein kompletter Pharisäer! Er hat es bestätigt!)


Er wird immer als soziale Tarnkappe vorgeschickt.
ber nach der Wahl wird der arme Kerl wieder in die
equisitenkammer eingesperrt. Dann jault er wieder. Vor
en nächsten Wahlen wird er dann wieder ins Schaufens-
er gestellt. Ein armer Kerl!


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wer?)

Ich mache mir auch um Horst Seehofer Sorgen; denn

r hat enorme Gedächtnisprobleme. Ich weiß nicht, ob
ie schon pathologisch sind.


(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ch kann ihm schließlich nicht unterstellen, dass er lügt.
r muss wohl vergessen haben, dass Deutschland in sei-
er Zeit als Bundesminister die höchste Arbeitslosigkeit
nd dauerhaft sinkende Löhne hatte. Was ist mit seinem
edächtnis los?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rainer Wend [SPD]: Und die höchsten Lohnnebenkosten!)


Es ist wie bei der Gesundheitsreform. Nach der lan-
en Verhandlungsnacht hat er gesagt, das sei die glück-
ichste Nacht seines Lebens gewesen. Da habe ich mir
edacht: Du armer Kerl, dann hast du noch nichts erlebt!


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ber heute ist er, wenn es um die Gesundheitsreform
eht, auf der Flucht wie einer, der keine Alimente zahlen
ill.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


a kann man sich wirklich nur wundern. Das ist seit
atzer das Schicksal der Sozialausschüssler in der
nion.
Aber denen, die uns gelegentlich Briefe zum Thema
rbeit und soziale Gerechtigkeit schreiben, möchte ich
icht nur sagen, was jetzt feingespült wurde, sondern
uch das, was Herr Meyer – entweder vor oder nach sei-
er Party – und Herr Söder mit Billigung von Herrn
toiber und Frau Merkel wirklich wollten. Hier wurde ja
ieder in den großen Schminkkasten gegriffen und alles
urde zugekleistert. Hier denke ich immer an Lichten-
erg, der gesagt hat: Du kannst den Hintern schminken,
ie du willst, es wird nie ein ordentliches Gesicht da-
aus.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


o ist es auch mit dem endgültigen Papier, das Sie vor-
elegt haben. Aber die erstaunte Öffentlichkeit muss
chon wissen, was Sie wollten, obwohl Sie es am Ende
aus welchen Gründen auch immer – nicht sagen konn-
en.






(A) )



(B) )


Ludwig Stiegler

Offenbar hat irgendein lieber Mensch aus der CDU/

CSU den Entwurf weitergegeben, den Sie hier ja nicht
vorgelesen haben und bei dem Karl-Josef Laumann viele
Passagen übergangen hat, weil sie ihm peinlich waren.
Ich nehme nur die erste Seite: „Betriebliche Bündnisse
für Arbeit werden gesetzlich geregelt und sind ohne Zu-
stimmung der Tarifparteien möglich.“ Liebe Damen und
Herren, Sie stehen nicht mehr auf dem Boden des
Grundgesetzes, wenn Sie so etwas fordern: „ohne Zu-
stimmung der Tarifparteien“. Wer so etwas macht, bricht
den Art. 9 des Grundgesetzes und verlässt unsere soziale
Ordnung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie gehen aber noch wesentlich weiter: Sie wollen die
Vereinbarung von Mehrarbeit ohne Lohnausgleich. Sie
wollen auf betrieblicher Ebene das ganze Tarifwerk au-
ßer Kraft setzen und mit Ihrer Vorstellung von Günstig-
keit die Betriebsverfassungsarchitektur durcheinander
bringen. Sie wollen die Flucht aus den Tarifverträgen
voranbringen, indem Sie die Fortgeltung der Tarifbin-
dung nicht mehr haben wollen. Sie wollen also sagen:
Man schließt Verträge, haut aber nachher ab. Sie wollen
die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen ab-
schaffen. Sie wollen die Betriebsverfassung in den Zu-
stand vor 1972 zurückwerfen und Sie wollen Ihrem
wahrhaftigen Papier nach neu eingestellten Menschen
überhaupt keinen Kündigungsschutz mehr geben.


(Zuruf von der CDU/CSU: Was?)

Sie wollen heuern und feuern und die Arbeitnehmer
rechtlos machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wir wollen mehr Menschen in Arbeit bringen!)


Das steht alles in Ihrem Papier.
Sie wollen das Arbeitslosengeld I, auf das durch Bei-

tragszahlungen Anspruch erworben wurde, um 25 Pro-
zent bis auf das Sozialhilfeniveau kürzen. Meine Damen
und Herren, das ist nicht nur ein Eingriff in das Eigen-
tum der Arbeitnehmer, was Sie hier mit den Menschen
vorhaben, das ist ein drastischer Raub.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie wollen jede aktive Arbeitsmarktpolitik durch die
Kürzung des Bundeszuschusses an die Bundesagentur
für Arbeit vermeiden. Sie wollen die Langzeitarbeits-
losen unter Tarif beschäftigen. Leider reicht die Zeit
nicht, um Ihnen Ihr ganzes Sündenregister vorzulesen.

Ich sage Ihnen: Die Menschen müssen wieder unter-
scheiden lernen. Wir machen eine moderate Reform
eines demokratischen und sozialen Rechtsstaates für
eine solidarische Leistungsgesellschaft. Sie wollen zu-
rück in eine harte, kalte, marktliberale Gesellschaft. Das
wird Ihnen nicht gelingen.


(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Sie haben so gut begonnen!)


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(C (D m Ende werden die Menschen Ihnen die Schminke abischen; dann schauen Sie verdammt alt aus. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Die Leute sind klüger als die SPD!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509717300

Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6 a und 6 b auf:
a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-

regierung
Bericht der Bundesregierung über ihre Ex-
portpolitik für konventionelle Rüstungsgüter
im Jahre 2002 (Rüstungsexportbericht 2002)

– Drucksache 15/2257 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung
Bericht der Bundesregierung zu den Möglich-
keiten der Erhöhung der Transparenz des
Rüstungsexportberichts
– Drucksache 15/2256 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
en.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parla-
entarische Staatssekretär Gerd Andres.
G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1509717400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem
üstungsexportbericht 2002 legt die Bundesregierung
em Deutschen Bundestag nunmehr zum vierten Mal
echenschaft über ihre Rüstungsexportpolitik ab.
Zusammen mit diesem Jahresbericht für 2002 möchte

ch Ihnen den Transparenzbericht der Bundesregierung
orstellen.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Bei der Bundesregierung ist nichts transparent!)


n diesem wird aufgezeigt, wie die Transparenz des Rüs-
ungsexportberichts noch weiter gesteigert werden kann.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Da müsst ihr üben!)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres

Die meisten der dort genannten Verbesserungsmöglich-
keiten konnten bereits für den Rüstungsexportbericht
2002 berücksichtigt werden. Ich möchte an dieser Stelle
nur die Vertiefung der Berichterstattung über die Geneh-
migung von Kleinwaffenausfuhren in Drittländer, die
Ergänzung der Darstellung durch grafische Übersichten
und die Aufnahme von Vorjahresvergleichen, wann im-
mer möglich, erwähnen. Aber auch in künftigen Berich-
ten werden wir weitere Anregungen auf ihre Verwertbar-
keit für unseren Bericht überprüfen. Eine Quelle solcher
Anregungen werden auch die Berichte anderer Länder
bleiben.

Wir unterstützen im Übrigen Bestrebungen, die auf
eine internationale Harmonisierung des Berichtswesens
abzielen. Auf europäischer Ebene sehen wir uns auf gu-
tem Wege. Greifbare Ergebnisse sind gleichwohl nur in
kleinen Schritten zu erreichen.

Ihre Grenze finden Bemühungen um die Aufnahme
weiterer Informationen in den rechtlichen Bestimmun-
gen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen und in der
Verfügbarkeit statistischer Daten. Bei Überlegungen
über die Aufnahme weiterer Berichtsthemen ist immer
abzuwägen, ob dies in einem angemessenen Verhältnis
zum damit verbundenen bürokratischen Aufwand in Un-
ternehmen und Verwaltungen steht. Insgesamt hat sich
das gegenwärtige Berichtsformat bewährt. Es ist auf
breite Zustimmung gestoßen und kann auch im interna-
tionalen Vergleich als vorbildlich gelten.

Den Kern des Berichts bildet die Darstellung der
rechtlichen und politischen Entscheidungsgrundlagen
für die Rüstungsexportpolitik. Diese Darstellung wird
vervollständigt durch erstmals auch grafisch aufbereite-
tes umfangreiches Zahlenmaterial. Immer wieder wird
die Bedeutung der Vergleichbarkeit mit den Vorjahresbe-
richten betont. Dem tragen die vermehrte Aufnahme von
Vorjahreszahlen und die konsequente Beibehaltung des
Formats Rechnung. Das Bild wird ergänzt durch eine
Strafverfolgungsstatistik und durch Informationen zu re-
gierungsamtlichen Hilfen und Kooperationsprogrammen
im Rüstungsgüterbereich.

Der Rüstungsexportbericht 2001 enthielt erstmals ein
besonderes Kapitel zur Genehmigung der Ausfuhr von
Kleinwaffen. Dieses wurde im Bericht 2002 mit Blick
auf die Drittländer erheblich ausdifferenziert. Mit dieser
Schwerpunktsetzung trägt die Bundesregierung der be-
sonderen Bedeutung der Kleinwaffenproblematik Rech-
nung. Diese Waffenkategorie spielt bei zahlreichen Kon-
flikten weltweit, insbesondere aber in Afrika eine
verhängnisvolle Rolle. Kleinwaffen sind einfach und bil-
lig zu beschaffen und leicht zu bedienen. So tragen sie in
erheblichem Maße zu der hohen Zahl von Opfern be-
waffneter Konflikte bei.

Deutschland setzt sich zusammen mit den europäi-
schen Partnern für eine strikte Exportkontrollpolitik für
diese Waffenkategorie ein. Einer unkontrollierten Ver-
breitung von Kleinwaffen muss vorgebeugt bzw. Einhalt
geboten werden. So beteiligen wir uns maßgeblich an
verschiedenen internationalen Initiativen zur verstärkten
Kontrolle der Verbreitung von Kleinwaffen, nicht zuletzt
im Rahmen des UN-Kleinwaffenprozesses. Diese Bemü-

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(C (D ungen werden fortgesetzt und durch Aktivitäten in aneren Foren ergänzt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich nun zum statistischen Teil des Be-
ichtes kommen. Ein erster Befund: Der Anteil der Rüs-
ungsexporte an den deutschen Gesamtausfuhren ist sehr
ering. Bei den Kriegswaffen, also bei den Rüstungsgü-
ern, die grob gesprochen militärische Waffen darstellen,
iegen statistische Daten über die tatsächlich erfolgten
usfuhren vor. Sie machten auch 2002 nur einen Anteil
on 0,06 Prozent der deutschen Gesamtausfuhren aus.
er Gesamtwert aller ausgeführten Kriegswaffen betrug
18,4 Millionen Euro. Das ist gegenüber dem bereits
ehr niedrigen Vorjahreswert erneut ein Rückgang, und
war um 13 Prozent.
Die Werte zu den erteilten Genehmigungen für Aus-

uhren – gerade hierin spiegelt sich die Politik der Bun-
esregierung wider – liegen für alle Rüstungsgüter vor,
lso sowohl für Kriegswaffen als auch für sonstige Rüs-
ungsgüter. So wurden 2002 Einzelausfuhrgenehmigun-
en im Wert von 3,3 Milliarden Euro erteilt. Das sind
,4 Milliarden Euro weniger als im Vorjahr. Hiervon ent-
allen 77 Prozent auf Genehmigungen für EU-, NATO-
nd NATO-gleichgestellte Länder. Die restlichen 23 Pro-
ent entfallen auf alle anderen Länder, die so genannten
rittländer. Die Genehmigungswerte für die Ausfuhr in
U-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder blieben
abei praktisch unverändert. Der Rückgang ist dem star-
en Sinken der Genehmigungswerte für die Drittländer
eschuldet.
Für die Kategorie der Kleinwaffen wurden im Jahr

002 Einzelgenehmigungen in einem Gesamtwert von
1,6 Millionen Euro erteilt. Davon entfielen nur
Prozent auf Drittländer. Gegenüber dem Vorjahr ist
ies ein deutlicher Rückgang. Weniger als 1 Prozent
urde für Entwicklungsländer genehmigt. Insgesamt
urden für 17 Drittländer – davon waren allerdings fünf
ünftige EU-Staaten – Ausfuhren von Kleinwaffen ge-
ehmigt.
Die Gesamtwerte für die Entwicklungsländer waren

ehr niedrig. Auf sie entfielen 5,6 Prozent des Genehmi-
ungswertes und etwa 1 Prozent der Ausfuhren von
riegswaffen. Mehr als Dreiviertel des Gesamtwertes
er erteilten Ausfuhrgenehmigungen entfielen auf EU-,
ATO- und NATO-gleichgestellte Länder. 98 Prozent
er ausgeführten Kriegswaffen gingen dorthin.
Diese Zahlen sind Hinweis auf zweierlei: Erstens.
egenüber Drittstaaten wurde wiederum Zurückhaltung
eübt. Dies gilt, wie gesagt, insbesondere für die Ent-
icklungsländer. Zweitens. Mit unseren Partnern in der
uropäischen Union und der NATO bestehen enge Ver-
indungen in Form vielfältiger Kooperationen. Letzteres
ird auch durch den hohen Wert für Sammelausfuhrge-
ehmigungen, welche für solche Kooperationen erteilt
erden, belegt.
Durch den Rüstungsexportbericht 2002 wird nach
einer Überzeugung gezeigt: Die Bundesregierung hat
uch im Jahre 2002 eine restriktive Exportkontrollpolitik






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres

betrieben und damit die Vorgaben der von ihr geschaffe-
nen politischen Grundsätze erfüllt. Selbstverständlich
waren dabei auch unsere Verpflichtungen aus den
Kooperationen mit anderen Ländern zu erfüllen. Solche
Kooperationen sind politisch gewollt. In bestimmten
Fällen kann aber auch die Belieferung zuverlässiger
Drittländer vertretbar oder sogar geboten sein. Sie er-
folgt jeweils nur nach eingehender Prüfung des Einzel-
falls, mit der gebotenen Zurückhaltung und nur in Über-
einstimmung mit den politischen Grundsätzen.

Auch in Zukunft wird die Bundesregierung ihre mit
Zurückhaltung und Augenmaß betriebene Rüstungsex-
portpolitik fortsetzen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509717500

Der Kollege Andres legt Wert darauf, dass die

45 Sekunden als Gutschrift für künftige Überziehungen
berücksichtigt werden. Ich stelle das prinzipiell in Aus-
sicht.

Nun erteile ich dem Kollegen Erich Fritz, CDU/CSU-
Fraktion, das Wort.


Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1509717600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! „Die rot-grüne Bundesregierung gibt sich
weiter freizügig beim Waffenverkauf in Spannungsge-
biete“ – heißt es in einem „Stern“-Artikel vom 8. Januar
dieses Jahres. Der Rüstungsexperte von Amnesty Inter-
national, John, wird in der „Frankfurter Rundschau“
zitiert: Auch Deutschland spiele trotz rot-grüner Rheto-
rik eine unrühmliche Rolle; denn die Bundesregierung
genehmige immer wieder Waffenexporte in Länder, in
denen gravierende Menschenrechtsverletzungen an der
Tagesordnung seien, wie etwa in die Türkei oder nach
Nepal.

Hat Rot-Grün auch hier ein Vermittlungsproblem
oder sind die Zahlen, die Herr Andres gerade genannt
hat, tatsächlich so zu interpretieren? Tatsache ist: 2002
wurden Ausfuhrgenehmigungen für Kriegswaffen und
Rüstungsgüter im Wert von 3,26 Milliarden Euro erteilt.
Davor waren es 3,7 Milliarden Euro. Das ist also ein
leichter Rückgang. Herr Andres hat deshalb auch die
Prozentzahlen genannt. Bezogen auf den Zuwachs der
Exporte in die Entwicklungsländer hat er keinen Pro-
zentsatz, sondern nur die absoluten Zahlen genannt.
Vielleicht hängt das damit zusammen, dass das Bild et-
was anders ausgesehen hätte, wenn er auch hier die
Prozentzahlen genannt hätte.

Die deutschen Exporte von Kriegswaffen und sonsti-
gen Rüstungsgütern bewegen sich weiterhin auf einem
hohen Niveau. Wenn man die lange Entwicklung seit
den 90er-Jahren betrachtet, dann kann man das eigent-
lich als business as usual bezeichnen. Wenn man sich die
Abweichungen bei den Genehmigungszahlen anschaut
und weiß, welche Aufträge gerade abgelaufen sind – ich

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(C (D enke nur an die Schiffe für Südkorea –, dann weiß man uch, wie diese Zahlen und Schwankungen zustande ommen. Das zeigt nur, dass dieses Maß an Verantworung auch früher schon vorhanden war und dass es bei ieser Geschichte keinen großen Bruch gibt. Unter den weltweit größten Waffenexportländern lie en wir allerdings wieder an fünfter Stelle hinter Russand, den USA, Frankreich und China, obwohl das Ziel ieser Bundesregierung ein ganz anderes war, als sie anrat. (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An wen liefern die verschiedenen Länder denn? Das muss man dazusagen!)


Das ist mir klar.
Herr Kollege, da ich gerade Frankreich angesprochen

abe: Dies hätten wir bereits mit beeinflussen können,
enn wir den Weg zu einer gemeinsamen europäischen
üstungspolitik und zu einer gemeinsamen europäischen
üstungswirtschaft schneller und entschiedener gegan-
en wären und wenn wir die Basis für eine solche Politik
n Deutschland nicht selbst zugrunde gerichtet hätten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Trend bei den einzelnen Ausfuhrgenehmigungen

st akzeptabel. Der größte Teil der Ausfuhren,
7 Prozent, geht in die EU, NATO und NATO-gleichge-
tellte Länder. Exporte in Drittstaaten – das ist gerade er-
äutert worden – sind in Ordnung; daran haben wir nichts
uszusetzen. Die Ausfuhren in Entwicklungsländer ma-
hen allerdings noch immer ein Viertel des Gesamtge-
chäfts aus. Das passt zu dem Bild, das Rot-Grün immer
ermitteln wollte, natürlich überhaupt nicht, wenngleich
uzugestehen ist, dass die absoluten Zahlen relativ be-
cheiden sind.
Auch der Export in Spannungsgebiete – ich nenne

ier Israel, Indien oder auch Nepal – ist offensichtlich in
er Würdigung so behandelt worden, dass man einfach
ugestimmt hat. Ich erinnere mich an Debatten früherer
ahre, als die Lage ganz anders war und dies als deut-
ches Verbrechen gebrandmarkt wurde. Kriterien wie
enschenrechtsstatus, innergesellschaftliche Lage und

egionale Sicherheit, die Grundlage der Entscheidung
ind, werden offensichtlich, aber nicht ausschließlich be-
ücksichtigt. Das war immer unser Einwand gegen diese
ichtlinien. Es gibt nicht ein, zwei oder drei exklusive
riterien dafür, ob man etwas exportieren darf oder
icht. Es bleibt in jedem Einzelfall ein schwieriger Ab-
ägungsprozess, der nicht nur unsere wirtschaftlichen
nteressen umfasst.
Die Lage der Menschenrechte und die Frage der Si-

herheitspolitik in einem bestimmten Raum, aber auch
as Sicherheitsinteresse des Empfängerlandes müssen
atürlich berücksichtigt werden. Darüber hinaus gibt es
ine Reihe von außenpolitischen und anderen Kriterien,
ie man beachten muss. Deshalb muss jede Genehmi-
ung von Fall zu Fall entschieden werden. Die Richtlinie
ann dann im Prinzip aussehen, wie sie will.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Erich G. Fritz

Wie unberechenbar rot-grüne Exportpolitik ist, macht

auch der Besuch Bundeskanzler Schröders in der Volks-
republik China deutlich, wo er ankündigte, sich für die
Aufhebung des EU-Waffenembargos einzusetzen. In der
gleichen Zeit, in der der Bundesaußenminister händerin-
gend versuchte, den Boden dafür zu bereiten, dass der
Konflikt in der Straße von Taiwan auf jeden Fall nur mit
friedlichen Mitteln beigelegt wird, macht der Kanzler
eine solche Aussage. Das haben wir für unverantwort-
lich gehalten. Das führt im Übrigen auch viele Ihrer ei-
genen Diskussionen ad absurdum.

Die Vorgänge um die Hanauer Plutoniumfabrik – ich
sehe, ich habe nur noch wenige Minuten Redezeit – und
die Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes, das ge-
rade beraten wird, zeigen, dass vieles in Ihrer Politik
nicht zusammenpasst. Ich bitte Sie sehr herzlich, bei den
jetzt geschobenen Beratungen zur Außenwirtschaftsno-
velle – dabei geht es um die Übernahme von Rüstungs-
betrieben – noch einmal genau zu überlegen, ob das In-
strument, das Sie jetzt gewählt haben, angemessen ist.
Ich glaube, dass Sie über die Eingriffstiefe erneut nach-
denken müssen. Um zu dem gewünschten Ziel zu kom-
men, gibt es sehr viel schlankere Möglichkeiten, die
nicht dazu führen, dass Deutschland als Kooperations-
land für Rüstungsunternehmen noch uninteressanter
wird und wir dadurch noch weniger Möglichkeiten ha-
ben, auf die zukünftige europäische Rüstungspolitik und
die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Einfluss
zu nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509717700

Ich erteile das Wort dem Kollegen Winfried

Nachtwei, Bündnis 90/Die Grünen.

Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509717800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Un-

sere Fraktion begrüßt, dass wir diese Debatte zum Rüs-
tungsexportbericht nicht wie in den Vorjahren zu später
Stunde und vor fast leerem Haus führen müssen. Das
Thema ist unseres Erachtens zu wichtig, um es nur am
Rande zu beraten.

Dabei sind die Voraussetzungen für eine sachliche
Debatte nicht gerade einfach: erstens weil der Export
von Rüstungsgütern nach wie vor erhöhter Geheimhal-
tung unterliegt, zweitens weil die parlamentarische Mit-
wirkung weitgehend auf die Kenntnisnahme bereits er-
folgter Entscheidungen begrenzt ist, drittens weil der
Bereich sensibel und hochkomplex ist. Kaum jemand
durchschaut noch die diversen internationalen Rüstungs-
kontrollabkommen oder Gesetze. Angesichts dieser
Komplexität ist die Neigung zu unzulässigen Vereinfa-
chungen verbreitet.

Deshalb begrüßen wir die Vorlage des Rüstungs-
exportberichts. Gemeinsam mit dem Jahresabrüstungs-
bericht und dem Jahresbericht des Europäischen Rates
zum EU-Verhaltenskodex bildet er eine wichtige Orien-
tierungs- und Informationsgrundlage. Mein Dank gilt
deshalb zunächst den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

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(C (D es Ministeriums, die den vorliegenden Exportbericht rstellt und erneut verbessert haben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Lassen Sie mich von bündnisgrüner Seite festhalten:
eutschland ist auf Rüstungszusammenarbeit und des-
alb auch auf einen Handel mit Rüstungsgütern ange-
iesen. Allerdings muss klar sein, dass diese Rüstungs-
xporte in erster Linie in Partnerstaaten der NATO und
er EU stattfinden. Dies ist sicherheitspolitisch geboten.
er Export von Kriegswaffen, sonstigen Rüstungsgütern
nd Dual-use-Gütern in die übrigen Staaten muss aus si-
herheitspolitischen Gründen streng begrenzt und kon-
rolliert werden.
Vor diesem Hintergrund sind die im Rüstungsexport-

ericht für das Jahr 2002 dargestellten Entwicklungen in
ichtigen Bereichen als äußerst positiv zu bewerten.
ie tatsächliche Ausfuhr von Kriegswaffen ist um
3 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen und
amit auf einem historischen Tiefststand. Auch das
olumen der erteilten Ausfuhrgenehmigungen ging ge-
enüber 2001 zurück, und zwar um 12 Prozent. Dritt-
taaten, das heißt Staaten außerhalb der EU und der
ATO und diesen gleichgestellte Staaten, spielen als
mpfänger deutscher Rüstungsgüter eine noch geringere
olle als in den vorausgegangenen Jahren. Dies gilt vor
llem für Exporte in Entwicklungsländer.
Kollege Fritz, Sie haben gerade die internationale Po-

ition der Bundesrepublik im Vergleich zu anderen Rüs-
ungsexportländern angesprochen. Sie wissen selbst,
ass statistische Vergleiche sehr schwierig sind. Sie
aben aus dem Rüstungsexportbericht das Institut ge-
ommen, in dessen Statistik die Position der Bundes-
epublik am höchsten ist, nämlich SIPRI, Stockholm.
ei SIPRI rangiert die Bundesrepublik an der fünften
telle.


(Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Die habt ihr, seit es SIPRI gibt, auch immer benutzt!)


ei anderen Instituten aus den USA oder Großbritannien
iegt Deutschland nicht auf einem der ersten elf Plätze.
an muss dabei die Relation bedenken. Das Bild, das
ft verbreitet wird, nämlich die Bundesrepublik gehöre
u den Spitzenrüstungsexporteuren auf der Welt, zu den
ändlern des Todes weltweit, stimmt so nicht.
Dennoch gab es auch im Berichtszeitraum Exporte

der Genehmigungen, die wir nicht nachvollziehen oder
illigen können. Hierzu zählen Lieferungen in Span-
ungsregionen wie zum Beispiel Indien und den Nahen
sten. Rüstungslieferungen nach Saudi-Arabien oder
ie Vereinigten Emirate sind unserer Auffassung nach
it den Rüstungsexportrichtlinien nur sehr schwer ver-
inbar. Ich appelliere deshalb an die Bundesregierung,
rößere Zurückhaltung zu üben.


(Beifall des Abg. Harald Leibrecht [FDP] – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Da müssen Sie mit Fischer sprechen!)


Offensichtlich ist es auch so, dass der Bundesregie-
ung in einigen Fällen die Hände rechtlich gebunden






(A) )



(B) )


Winfried Nachtwei

sind. Nach dem Außenwirtschaftsgesetz muss der
Export von sonstigen Rüstungsgütern, die keine Kriegs-
waffen im engeren Sinne sind, genehmigt werden. Die
Möglichkeiten, diesen Genehmigungsanspruch rechts-
verbindlich zu untersagen, sind begrenzt. Hier ist die Re-
gierung in der Beweispflicht.

Wir sind der Auffassung, dass es keinen automati-
schen Genehmigungsanspruch im Zusammenhang mit
dem Export von Rüstungsgütern geben darf. Andere
Bündnispartner sind hier wesentlich restriktiver. Auch
die Bundesregierung muss jederzeit rechtlich in der Lage
sein, eine Ausfuhrgenehmigung für Rüstungsgüter zu
versagen. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass die Aus-
fuhr von Anlagen zur Herstellung von Kleinwaffen oder
Munition oder Anlagen, die als Dual-use-Güter auch zur
Herstellung von Atomwaffen beitragen können, grund-
sätzlich genehmigt werden muss. Die Hanauer MOX-
Anlage ist nach Expertenmeinung zweifelsfrei auch dazu
geeignet, im Rahmen des chinesischen Atomwaffenpro-
gramms verwendet werden zu können. Dies muss ver-
bindlich und überprüfbar ausgeschlossen werden kön-
nen. Unsere Fraktion hat große Zweifel, ob dies mit dem
derzeitigen IAEO-Inspektionsregime gewährleistet wer-
den kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich zum Schluss auf die immer wichtiger

werdende europäische Dimension eingehen. Ich glaube,
es besteht Konsens darüber, dass in Europa eine ver-
stärkte Rüstungszusammenarbeit notwendig ist, die auch
eine einheitliche Rüstungsexportpraxis umfassen muss.
Wenn von der Opposition der Vorwurf erhoben wird, die
deutschen Rüstungsexportregelungen seien im Vergleich
zu anderen Staaten zu restriktiv, dann ist das nur die
halbe Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass es in allen Staaten
aufgrund von besonderen industriepolitischen oder ge-
schichtlichen Sonderfaktoren eine unterschiedliche Ex-
portkultur gibt. Im Rahmen der EU ist es in den vergan-
genen Jahren zu beachtlichen Fortschritten in Richtung
einer gemeinsamen Rüstungsexportpraxis gekommen.
Die Bundesregierung hat hierfür wichtige Impulse gelie-
fert.

Unser Ziel sollte es sein, in der EU eine gemeinsame,
verbindliche, transparente und möglichst restriktive Rüs-
tungsexportpolitik zu entwickeln. Dies muss auch vor
dem Hintergrund der bevorstehenden Erweiterung der
EU und der Weiterverbreitung von Massenvernichtungs-
waffen, Überschusswaffen und Kleinwaffen beachtet
werden. Hier bleibt noch viel zu tun und das Parlament
tut gut daran, diesen Prozess aufmerksam und aktiv zu
begleiten.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509717900

Herr Kollege Nachtwei, wenn Sie das Redesignal des

Präsidenten berücksichtigt hätten, dann hätte vielleicht
durch die Zulassung einer Zwischenfrage Ihre ohnehin
überschrittene Redezeit verlängert werden können.

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(C (D (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke für den Hinweis!)


So aber erteile ich nun dem Kollegen Harald
eibrecht für die FDP-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Harald Leibrecht (FDP):
Rede ID: ID1509718000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Der Rüstungsexportbericht 2002 der Bundesre-
ierung liest sich fast wie eine Erfolgsbilanz. Lassen wir
unächst die Zahlen in Euro beiseite und betrachten wir
ie Zahl der effektiven Genehmigungen, so kommen wir
mmerhin auf 11 300 Einzelgenehmigungen. Das scheint
ir rekordverdächtig. Das ist in der Tat eine überra-
chende Erfolgsbilanz für zwei Regierungsparteien, die
och bis Ende der 90er-Jahre von den Oppositionsbän-
en aus den Export von Rüstungsgütern als Teufelszeug
erdammt haben.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Aber es geht noch weiter: Bundeskanzler Schröder
etzt alles daran, diese Rüstungsexportbilanz in den
ommenden Jahren noch zu übertreffen. Sie, Herr Kol-
ege Fritz, haben darauf hingewiesen, dass jetzt auch
och das EU-Waffenembargo gegenüber China aufgeho-
en werden soll.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das betrifft aber nicht die deutsche Rüstungsexportpolitik!)


Die FDP ist, wie Sie wissen, grundsätzlich eine ex-
ortfreundliche Partei. Aber es gibt auch Grenzen. Wir
aben in der Vergangenheit immer darauf geachtet, dass
ie Erteilung von Exportgenehmigungen im Rüstungs-
ereich an die Einhaltung der Menschenrechte geknüpft
nd dass nicht in Krisen- und Spannungsgebiete expor-
iert wurde.


(Beifall bei der FDP)

Beides ist im Falle Chinas nicht gegeben. Die Men-

chenrechtslage in der Volksrepublik China sieht nach
ie vor verheerend aus. Darüber hinaus wissen wir alle,
ass sich die militärischen Spannungen an der Straße
on Taiwan jederzeit verschärfen können. Wollen Sie
irklich verantworten, dass in Deutschland produzierte
affen auf das demokratische Taiwan gerichtet werden?
ie FDP lehnt deshalb die Aufhebung des EU-Waffen-
mbargos gegenüber der Volksrepublik China ab.


(Beifall des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Der Verkauf der Hanauer Atomfabrik an China, den
er Kanzler gerne sähe, darf nur dann möglich sein,
enn garantiert ist, dass die Chinesen diese Anlage nicht
um weiteren Ausbau ihres Atomwaffenarsenals benut-
en. Sie haben darauf hingewiesen, Herr Nachtwei.
Der Verkauf macht übrigens auch deutlich, dass die

ot-grüne Koalition des Atomausstiegs jetzt erst richtig
n das Atomgeschäft einsteigt. Ich bin erstaunt darüber,






(A) )



(B) )


Harald Leibrecht

dass die Grünen – allen voran Bundesaußenminister
Fischer – diese beiden Chinainitiativen des Bundeskanz-
lers fast kritiklos schlucken.

Der Rüstungexport ist – das wissen wir – ein zwei-
schneidiges Schwert. Das war schon immer so und
das wird auch in Zukunft, im Zeitalter des internatio-
nalen Terrorismus und der Proliferation von Massen-
vernichtungswaffen, so sein. Einerseits geht es um die
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie sowie
um Exportchancen und Arbeitsplätze, andererseits um
sicherheits- und friedenspolitische Interessen. Deswegen
sind klare, nachvollziehbare Kriterien beim Rüstungs-
export umso wichtiger. Gerade angesichts der jüngsten
Affären um Atomschmuggel und des ungeklärten Ver-
bleibs von Dual-Use-Gütern findet das Thema Rüstungs-
exportkontrollen auch in der deutschen Öffentlichkeit
ein breites Echo. Die Menschen machen sich zu Recht
Sorgen darüber, was mit deutschen Rüstungsgütern im
Ausland geschieht. Sie haben Angst, dass solche Exporte
im Hinblick auf unsere eigene Sicherheit zum Bumerang
werden. Ein Ansatz, um hier in Zukunft mehr Transpa-
renz und Sicherheit zu bekommen, liegt sicherlich in ei-
ner europäischen Rüstungsagentur. Diese sollte nicht nur
Ressourcen bündeln und die internationale Wettbe-
werbsfähigkeit der EU stärken, sondern auch für effek-
tive Rüstungsexportkontrollen sorgen.

Die Bundesregierung muss endlich eine kohärente
Rüstungsexportpolitik betreiben, die ihrem eigenen An-
spruch auch gerecht wird.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509718100

Das Wort hat der Kollege Helmut Rauber, CDU/CSU-

Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Doris Barnett [SPD]: Das Saarland ist aber kein großes Rüstungsexportland!)



Helmut Rauber (CDU):
Rede ID: ID1509718200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Über Rüstungsexporte kann unter den verschie-
densten Aspekten, die von der Außen- und Sicherheits-
politik bis hin zur Wirtschafts- und Industriepolitik rei-
chen, diskutiert werden. In den wenigen Minuten, die
mir zur Verfügung stehen, kann ich nur auf den einen
oder anderen Aspekt eingehen.

Rüstungsexporte sind per se weder gut noch schlecht.
Waffen in den falschen Händen können Menschen unter-
drücken und töten, die Menschenrechte verletzen und
Wohlstand zerstören. Mit den gleichen Rüstungsgütern
lassen sich aber auch Freiheit, Demokratie und Men-
schenrechte schützen sowie materielle Werte bewahren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deutsche Rüstungsexporte haben ungeachtet der ver-
schiedensten und sehr unterschiedlichen Berechnungs-
methoden einen äußerst geringen Anteil an unseren

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(C (D esamtexporten. Je nach Methode und Zweck der Unersuchung gibt es außerdem erheblich divergierende ahlenangaben. Im Jahr 2002, über das wir heute diskuieren, exportierte Deutschland Waren im Wert von 48 Milliarden Euro. Wenn wir den Wert aller Einzelnd Sammelgenehmigungen, die selbst ja noch keine tatächlichen Exporte darstellen, addieren, kommen wir auf eniger als 6 Milliarden Euro. Das heißt, auch bei einer ehr großzügigen Rechnung machen unsere Rüstungsxporte weniger als 1 Prozent der Gesamtausfuhren aus. 8 Prozent unserer Waffenausfuhren – das ist schon geagt worden – gehen in EU-, NATOund in der NATO leichgestellte Länder. Schauen wir uns die Rüstungsexportzahlen der USA der Frankreichs an, dann stellen wir fest, dass diese eutlich mehr als wir ausführen. Dies hat Gründe, die ns nicht gleichgültig sein dürfen. Die Zahl der Arbeitslätze in den deutschen wehrtechnischen Betrieben ist on 280 000 im Jahre 1990 auf 90 000 im Jahre 2001 zuückgegangen. Dies hing in erster Linie mit den positien außenund sicherheitspolitischen Veränderungen usammen, die uns eine Friedensdividende – allerdings it den genannten Begleiterscheinungen – brachten. Wer mit Vertretern der Wehrtechnik redet, hört eine ielzahl von Klagen, unter anderem dergestalt, dass wir ie bestehenden nationalen und internationalen Gesetze u streng, andere hingegen zu lasch auslegen. Auch was ie politische Unterstützung anbelangt, gibt es in der EU ffensichtlich erhebliche Unterschiede. Uns geht es nicht allein um eine nationale, sondern uch um eine europäische Betrachtungsweise. In Fachreisen wird eine „Zwei-vier-acht-sechzehn-Formel“ iskutiert: Die USA geben doppelt so viel für die Ausüstung ihrer Armee, viermal so viel für Forschung und ntwicklung und achtmal so viel für Zukunftstechnoloien wie alle EU-Staaten zusammen aus; „sechzehn“ beeutet, dass die USA der EU sechzehnmal mehr Verteiigungsgüter verkaufen, als wir Europäer jenseits des tlantiks absetzen. Aus den für die EU vernichtenden Zahlen lässt sich ine Fülle von Schlussfolgerungen ziehen: Erstens. Wenn in einem Bündnis wie der NATO die inen viel und die anderen wenig für die Zukunftsfähigeit unserer gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik usgeben, dann ist es geradezu absurd, zu glauben, dass ie Europäer die Probleme der Welt ohne oder gar gegen ie USA lösen können. Zu dem unsäglichen „Pralinenipfel“ will ich keinen weiteren Kommentar abgeben. Zweitens. Partnerschaft und Kooperation setzen die ähigkeit des Gebens und Nehmens voraus. Über die oft enannten und bekannten Defizite im Bereich der Rüsung darf es nicht nur Absichtserklärungen auf Gipfelonferenzen geben; vielmehr müssen diese Erklärungen ndlich, und zwar gemeinschaftlich, auch in die Praxis mgesetzt werden. Drittens. Wir brauchen die Gemeinsame Außenund icherheitspolitik und, daraus abgeleitet, einen gemeinamen europäischen Rüstungsmarkt sowie eine – wie uch immer gelagerte – europäische Rüstungsindustrie. Helmut Rauber Die im November letzten Jahres vom Rat der Vertei digungsminister beschlossene europäische Rüstungsagentur wird, so Solana gestern in Brüssel gegenüber unserem Ausschuss, Anfang nächsten Jahres ihre Arbeit aufnehmen. Diese Agentur wird weder über Beschaffungsvorhaben entscheiden noch aktiv eine Politik des Exports von Rüstungsgütern betreiben. Wir erwarten allerdings, dass diese Agentur Rahmen setzt, über die technologische Kernfähigkeiten erhalten und Überkapazitäten abgebaut werden können. Autarkie ist künftig noch weniger sinnvoll als in der Vergangenheit. Spezialisierungsund Rüstungskooperationen im Bündnis werden zur Notwendigkeit, wenn Großprojekte machbar, finanzierbar und wirtschaftlich tragfähig bleiben sollen. Wenn Europa einen Teil der an die USA verlorenen Marktanteile zurückerobern will, dann muss es den synergetischen Effekt seiner individuellen nationalen Fähigkeiten nutzen, um über höhere Stückzahlen eine günstigere Preisgestaltung anzustreben. Wichtig ist auch, dass die Exportpolitik endlich harmonisiert wird. Nationale Hoheitsrechte werden nur dann abgegeben, wenn alle beteiligten Staaten einander vertrauen und sich aufeinander verlassen können. Wir, die CDU/CSU, fordern Sie auf, eine Politik der Vertrauensbildung und der Verlässlichkeit zu betreiben – auch zum Wohle unserer wehrtechnischen Industrie. Nächster Redner ist der Kollege Christian Müller, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol legen! Der vorliegende Bericht ist weder ein Ausweis für Rekordverdächtigkeit noch ist er ein Beleg für freizügige Exporte in Spannungsgebiete. Ich glaube nicht, dass wir, die Regierungskoalition, in dieser Angelegenheit ein Vermittlungsproblem haben. Ganz im Gegenteil: Der vorgelegte Bericht, dessen Qualität hier schon gewürdigt wurde, schafft ein größeres Maß an Transparenz. Von Vermittlungsproblemen kann nicht die Rede sein. Das kann man in diesem Zusammenhang dankbar zur Kenntnis nehmen, Herr Staatssekretär. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509718300
Christian Müller (SPD):
Rede ID: ID1509718400

Wir wissen, dass die Ausfuhr von Rüstungsgütern
nach den gesetzlichen Ausfuhrbestimmungen – Kriegs-
waffenkontrollgesetz, Außenwirtschaftsgesetz – einem
umfassenden Genehmigungsvorbehalt unterliegt. Lieber
Kollege Fritz, es ist richtig: Wir werden hier demnächst
noch über das Thema „Änderung des Außenwirtschafts-
gesetzes“ zu reden haben. Auf der einen Seite ist das
Thema Eingriffstiefe beim Verkauf von Anteilen an Rüs-
tungsunternehmen eine sehr sensible Angelegenheit; na-
türlich hat dies auch immer etwas mit den Kapitalmärk-
ten zu tun. Auf der anderen Seite muss berücksichtigt
werden, ob ein solcher Eingriff, zum Beispiel im Rah-

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(C (D en der europäischen oder transatlantischen Partnerchaft, auf gleicher Augenhöhe stattfindet. Insofern weren wir wohl in vielen Punkten zusammenkommen. Hinsichtlich der Lieferung von Rüstungsgütern in rittländer – das schien heute bereits in verschiedenen eiträgen auf –, die nicht Mitglied der NATO und EU zw. nicht mit diesen Ländern gleichgestellt sind, wird ine restriktive Genehmigungspolitik verfolgt. Das ales gehorcht – da bin ich durchaus anderer Meinung als inige Redner vor mir – Kriterien, die in den von der undesregierung formulierten politischen Grundsätzen iederzufinden bzw. im EU-Verhaltenskodex vom . Juni 1998 verankert sind. Es wird damit das von uns llen als vernünftig erkannte Ziel verfolgt, Frieden zu sihern, Konflikten möglichst im Ansatz vorzubeugen und u verhindern, dass aus Deutschland stammende Waffen eispielsweise dazu verwendet werden, Menschenechtsverletzungen zu begehen. Die politischen Grundätze können ja im Übrigen im Bericht noch einmal achgelesen werden. Da aber der Begriff der Restriktivität in gewisser eise immer wieder diskutiert und auch politisch interretiert wird, will ich darauf näher eingehen. Das Zahenwerk ist ja immer die eine Seite der Geschichte. Beipielsweise sind die Zahlen für das Jahr 2002 niedrig nd lassen in der Rückschau rückläufige Tendenzen erennen. Ich meine aber, dies taugt nicht als Beleg für ine restriktive Rüstungspolitik. Demgegenüber müssten ann ja steigende Zahlen, die es vielleicht im nächsten ahr wieder geben könnte, als Beleg für eine expansive olitik angesehen werden. Das könnte man der Bundesegierung dann ja zum Vorwurf machen. Ich glaube, so arf man nicht an diese Frage herangehen. Klar ist: Es esteht kein Zusammenhang zwischen einer niedrigen ahl von Genehmigungen und einer restriktiven Politik. estriktive Rüstungsexportpolitik zielt nicht auf immer eiter sinkende Werte; diese müssten ja ansonsten irendwann einmal bei null ankommen. Darüber haben ir hier also nicht zu reden. Sie hat vielmehr zum Ziel, m konkreten Einzelfall keine Exporte zuzulassen, die m Widerspruch zu den Kriterien der politischen Grundätze stehen. Restriktivität lässt sich eher aus der Tatsahe ableiten, dass Rüstungsgüterexporte, gemessen am eutschen Gesamtexport, traditionell seit vielen Jahren eine sehr bedeutende Rolle spielen. Die Zahlen will ich ier nicht noch einmal erwähnen; auf sie wurde schon usreichend eingegangen. Schwankungen bei Exporten in EUund NATO-Län er, die ebenfalls nach den politischen Grundsätzen reelmäßig genehmigt werden, sind kein Indiz für eine wie uch immer geartete Änderung der Regierungspolitik. ie eigentlichen Zusammenhänge sind ja bekannt. Es urde hier schon erwähnt, dass das insbesondere etwas it Rüstungszusammenarbeit zu tun hat. Es kommt vielehr darauf an, dass jeder einzelne Export für sich mit en gesetzlichen Vorgaben vereinbar ist. Das ist der poliische Ansatz der Bundesregierung, den ich hier ausrücklich noch einmal unterstützen möchte. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])







(A) )



(B) )


Christian Müller (Zittau)


Nur ein solches Verständnis des Grundsatzes der Res-

triktivität ermöglicht es der deutschen wehrtechnischen
Industrie, die für die Versorgung der Bundeswehr nöti-
gen Kernkapazitäten aufrechtzuerhalten. Dabei möchte
ich mich gern der Bemerkung anschließen, dass das we-
der gut noch schlecht ist, wenn es um Rüstungsexporte
geht. Wer aber wie wir eine Bundeswehr unterhält und
ausrüstet, braucht dafür die entsprechende Industrie.
Diese wiederum – in sich hochtechnologisch und effi-
zient – kann nicht allein von den Rüstungsaufträgen der
Bundeswehr leben und ist folglich auch auf Exporte an-
gewiesen. Auch das möchte ich an dieser Stelle einmal
unterstreichen.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Da haben Sie Recht!)


Der vorliegende Bericht weist aus, dass die Grund-
sätze eingehalten werden. So gehen 77 Prozent der
Exporte in EU-, NATO- und der NATO gleichgestellte
Länder. Bei Kriegswaffen liegt dieser Anteil bei über
90 Prozent. Exporte in klassische Entwicklungsländer
– der Export von Kleinwaffen ist eine besonders proble-
matische Angelegenheit, die hier schon ausreichend ge-
würdigt wurde – spielen gemäß den Zahlen, die wir ken-
nen, in diesem Zusammenhang keine übergroße Rolle.

Weitere Einzelheiten, meine sehr geehrten Damen
und Herren, könnten hervorgehoben werden. Ich glaube
aber, dazu ist in den vorangegangenen Beiträgen, insbe-
sondere in dem von Herrn Staatssekretär Andres, genü-
gend gesagt worden.

Ich will nur noch zusammenfassend sagen – ich
spare ein wenig Zeit für die weitere Debatte, Frau Prä-
sidentin –,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr verdienstvoll!)


dass die Bundesregierung mit dem vorliegenden Rüs-
tungsexportbericht ein vernünftiges und angemessenes
Werk vorgelegt hat, das dem Grundsatz der Transparenz
entspricht und mit dem wir, auch in den Jahren seiner
Fortschreibung, eine Grundlage haben, mit der wir uns
sehen lassen können.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509718500

Vielen Dank, Herr Kollege, für Ihre Kollegialität. –

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
Dr. Michael Fuchs, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Der könnte das gleich zu Protokoll geben!)



Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1509718600

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Müller,
wenn ich von Ihrer Zeit etwas abhaben kann, dann kön-
nen wir das kompensieren.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das war mit Kollegialität nicht gemeint!)


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(C (D Aber lassen Sie mich zuerst kurz etwas zum Kollegen achtwei sagen, wenn er denn einen Moment Zeit für ich hat. Sie sprachen die fehlende parlamentarische itwirkung bei diesem Bericht an und haben sich ein enig darüber beklagt. Vielleicht haben Sie nun auch etas mehr Verständnis dafür, dass wir uns gestern im Zuammenhang mit dem Treibhausgas-Emissionshandelsesetz über Ihr Verhalten beschwert und die fehlende arlamentarische Mitwirkung auf diesem Sektor beklagt aben. Da sollten wir, bitte, etwas fairer miteinander umehen. Meine Damen und Herren, die Zahl der Rüstungs xporte ist zurückgegangen, so das Ergebnis des heute orliegenden Berichtes. Im Gegensatz zum Rüstungsxportbericht 2001 hat der jetzige Bericht für 2002 aber o gut wie keine Presse mehr bekommen. Anscheinend st das Thema nicht mehr so interessant wie früher. Die enigen Meldungen dazu sind sangund klanglos unteregangen. Das wundert mich auch nicht, weil im Prinzip icht mehr allzu viel zu vermelden ist. All Ich weiß nichts und ich will auch nichts wissen. enn ich habe fast den Eindruck, dass Sie diesen Rüsungsexportbericht nicht gelesen haben. Wenn man die Unklarheiten analysiert, fällt Folgen es auf: Auf Seite 3, in der knappen Zusammenfassung es Berichtes, steht, dass es keine Exporte in klassische ntwicklungsländer gab. Wenn man ein bisschen weierliest – man sollte den Bericht schon komplett lesen –, tellt man fest, dass Sie dem auf Seite 8 widersprechen. enn dort heißt es: Für endgültige Ausfuhren von Rüstungsgütern in Entwicklungsländer wurden im Jahr 2002 insgesamt ... Einzelgenehmigungen im Wert von 184,6 Mio. Euro ... erteilt; die Werte für 2001 waren: 54 Mio. Euro ... Da ich nicht beim PISA-Test durchgefallen bin, kann ch Ihnen sagen, dass wir 2002 mehr als dreimal so viele inzelgenehmigungen für Ausfuhren in kritische Läner, in Entwicklungsländer, erteilt haben. Das sollten Sie ach dem Grundsatz der Wahrheit und Klarheit auch saen. ie klassischen Entwicklungsländer spielen zwar vom olumen her eine geringe Rolle; da haben Sie Recht. ber die Transparenz, die Sie fordern, ist in Ihrem Beicht nicht zu erkennen. Ein weiterer Punkt in dieser Debatte ist für mich der tellenwert, den die Rüstungsexportpolitik für die Bunesregierung hat. Sie ist mittlerweile sehr restriktiv. Das ann man in vielerlei Hinsicht befürworten, aber in ancher Hinsicht auch infrage stellen. In Ihrer letzten Dr. Michael Fuchs Koalitionsvereinbarung haben Sie für die Rüstungsexportpolitik gerade einmal neun Zeilen am Ende des Abschnittes „Außenund Sicherheitspolitik“ übrig gehabt. Das trifft die Rüstungsindustrie in Deutschland, die mit Sicherheit schon von Überlebensängsten geplagt ist. Ich fordere Sie auf, Ihre Restriktionsbemühungen nicht zu übertreiben. Es gibt eine wirtschaftspolitische Schmerzgrenze, die nicht überschritten werden darf. Natürlich sind sich die europäische Wertegemeinschaft und die der NATO im Grunde einig, dass – das unterstreichen wir voll – der Export von Rüstungsgütern und deren Technologie in Drittstaaten beschränkt werden muss und genau kontrolliert werden sollte. Doch in vielerlei Hinsicht wird übertrieben, vor allen Dingen wenn es darum geht, zu viel Staat in zu wenig Markt zu quetschen. Dabei reden schon Ihre eigenen Genossen von einer Lockerung der restriktiven Exportpolitik. So forderten Ihre Kollegen Arnold und Gloser, also nicht nur der BDI, am 11. September 2003 im „Handelsblatt“ eine Lockerung der Haltung bezüglich der Rüstungsexporte. Sie sollten sich einmal mit ihnen unterhalten. Wir müssen uns über eines im Klaren sein: Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann wird die Gefahr immer größer, dass die Rüstungsfirmen verkauft werden müssen – dies liegt nicht nur an der fehlenden Nachfrage in Deutschland –, weil nur noch im Ausland produziert wird. Darüber sollten wir in Zukunft ein wenig mehr debattieren. Die Genehmigung von Rüstungsexporten ist in manchen Bereichen realitätsfern. Ich nenne Ihnen ein Beispiel aus meinem Wahlkreis. Es ging um den Export von Aluminiumplatten. Es hat sehr lange gedauert, bis dieser möglich war. Mithilfe des Staatssekretärs Tacke und des Wirtschaftsministers – ich habe mit beiden gesprochen und möchte sie an dieser Stelle loben – wurde Einfluss auf das BAFA genommen. Es handelte sich immerhin um einen Auftrag mit einem Volumen in Höhe von 100 Millionen Euro. Die rechteckig zugeschnittenen Aluminiumplatten mit einer bestimmten Konsistenz werden von Firmen wie Airbus für den Flugzeugbau benötigt. Darunter können natürlich auch Flugzeughersteller sein, die Rüstungsgüter produzieren. Ein anderer Punkt ist für mich Ihre etwas eigenartige Moral, was die Türkei angeht, Herr Kollege Nachtwei. Auf der einen Seite erklärt uns Ihr Bundesaußenminister Fischer, wie weit die Türkei sei und dass es mittlerweile denkbar sei, dass sie Mitglied der EU werden dürfe; es handele sich immerhin um ein NATO-Land. Auf der anderen Seite streiten wir uns seit vielen Jahren über Panzerexporte in die Türkei. Was ist denn nun eigentlich richtig? Ist die Türkei ein Rechtsstaat und kann sie EUMitglied werden? Können wir Rüstungsgüter dorthin exportieren? Diese sehr scheinheilige Art der Diskussion gefällt mir nicht. Auch in der Rüstungsindustrie geht es um Arbeitsplätze. Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass die deutsche Rüstungsindustrie nicht mehr nur für den deutschen Markt produziert; denn Sie haben den investiven Anteil der Mittel für die Bundeswehr in den letzten Jah r e d g N g i T s d g S s Z 1)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1509718700

(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )

(C


(D en konsequent nach unten gefahren. Wenn wir also noch ine Rüstungsindustrie in Deutschland haben wollen, ann muss diese ihre Güter exportieren. Wir sollten das emeinsam mit unseren Partnern in Europa und in der ATO vernünftig regeln. Ich denke, es sollte in unserem emeinsamen Interesse liegen, dass diese Hightechndustrie in Deutschland erhalten bleibt. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509718800

Die Kollegin Petra Pau hat Ihre Rede zu diesem

agesordnungspunkt zu Protokoll gegeben.1) Deshalb
chließe ich die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

en Drucksachen 15/2257 und 15/2256 an die in der Ta-
esordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
ind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 7 a und 7 b sowie

usatzpunkt 5 auf:
7 a) Erste Beratung des von den Abgeordneten

Reinhard Schultz (Everswinkel), Marion
Caspers-Merk, Klaus Kirschner, weiteren Abge-
ordneten und der Fraktion der SPD sowie den
Abgeordneten Birgitt Bender, Ulrike Höfken,
Michaele Hustedt, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Verbesserung des Schutzes junger Menschen
vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums
– Drucksache 15/2587 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus
Haupt, Detlef Parr, Daniel Bahr (Münster), weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Besserer Schutz von Kindern und Jugend-
lichen vor Missbrauch von Alcopops und an-
deren alkoholischen Ready-to-drink-Geträn-
ken
– Drucksache 15/2619 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

Anlage 6






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ursula

Heinen, Gerlinde Kaupa, Maria Eichhorn, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Verbesserung der Maßnahmen zum Schutze
der Kinder und Jugendlichen vor Alkohol-
sucht
– Drucksache 15/2646 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Simone Violka, SPD-Fraktion.


Simone Violka (SPD):
Rede ID: ID1509718900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In Deutschland gibt es rund 250 000 alkoholabhängige
bzw. stark alkoholgefährdete Kinder und Jugendliche.
Ich denke, schon diese Zahl zeigt, dass etwas gegen das
Problem Alkohol bei Kindern und Jugendlichen unter-
nommen werden muss.

Im Rahmen einer repräsentativen Umfrage in Schwe-
rin gab knapp ein Fünftel der Kinder an, bereits vor dem
elften Lebensjahr Alkohol getrunken zu haben. Mit
13 Jahren hatten zwei von drei Schülern den Einstieg in
den Alkoholkonsum hinter sich gebracht. Etwa ein Drit-
tel hat bereits mit 13 Jahren Erfahrungen mit Schnaps
oder Whiskey gemacht.

Ein besonders unkritisches Verhalten legten die Be-
fragten beim Umgang mit den Ready-to-drink-Produk-
ten, besser bekannt als Alcopops, an den Tag. 75 Prozent
der 15- bis 16-Jährigen gaben an, in den Tagen vor der
Befragung täglich bis zu fünfmal ein solches Getränk zu
sich genommen zu haben. In manchen Schulen oder auf
Klassenfahrten haben diese Mixgetränke Brause und
Cola bereits abgelöst.

Dieser Trend muss gestoppt werden. Wenn das nicht
über die Vernunft geht, dann über den Geldbeutel. Dabei
handelt es sich mit Sicherheit um keine Strafsteuer, wie
es von Vertretern der Industrie und einzelnen Vertretern
der Opposition behauptet wird, sondern eher um eine
Schutzsteuer; denn es kann nicht angehen, dass sich die
Spirituosenindustrie auf Kosten der Gesundheit von Kin-
dern und Jugendlichen saniert.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Fängt ein 20-Jähriger mit dem Trinken an, dauert es,
so der Direktor der Salus-Suchtklinik im hessischen
Friedrichsdorf, Ralf Schneider, im Schnitt noch fünf
Jahre, bis er an der Flasche hängt. Bei 15-Jährigen genü-
gen manchmal fünf bis sechs Monate, um aus ihnen re-
gelrechte Alkoholiker zu machen.

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(C (D Die Spirituosenindustrie klagte jahrelang über sinende Absatzzahlen. Mit den so genannten Alcopops onnte sie einen völlig neuen Markt erschließen. Das eigt sich auch darin, dass der Absatz dieser Produkte in en letzten Jahren um über 340 Prozent gestiegen ist. abei gab es kaum eine Verdrängung anderer Produkte, a die Konsumenten überwiegend Neueinsteiger sind. ach neuesten Angaben der Bundeszentrale für geundheitliche Aufklärung trinken 48 Prozent der 14bis 7-Jährigen regelmäßig Alcopops. Die Umsätze werden ei einer Gruppe von Konsumenten erzielt, die als solhe eigentlich überhaupt nicht zur Verfügung stehen ürften, da sie noch nicht 18 sind und diese Produkte erst b 18 Jahren erworben werden dürfen. (Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Das steht aber schon jetzt im Gesetz!)


Das steht schon jetzt im Gesetz. Das ist richtig. Wir ha-
en ein Jugendschutzgesetz.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Dann bringen Sie es doch zur Anwendung! – Gegenruf des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo leben Sie denn?)


Wir sind uns doch im Grunde einig. Ich weiß, dass Sie
as ebenfalls als Problem erkennen. Ich glaube aber
icht, dass es etwas bringt, wenn man auf schon beste-
ende Gesetze hinweist und Kontrollmaßnahmen for-
ert. Wollen Sie hinter jede Verkäuferin, jeden Bar-
eeper und jeden Tankstellenbesitzer zur Kontrolle einen
olizisten stellen?


(Detlef Parr [FDP]: Dann brauchen wir ja gar kein Gesetz mehr zu machen!)


Es handelt sich um ein gesellschaftliches Problem,
em wir alle uns stellen müssen. Ich finde es sehr billig,
u sagen, es müsse nur besser kontrolliert werden.


(Zuruf von der CDU/CSU: Strafsteuer!)

Von Strafsteuern – das muss ich Ihnen ganz ehrlich
agen – kann keine Rede sein.
Ihnen geht es scheinbar darum, die Campari-Trinker
das steht in Ihren Berichten – zu schützen. Dazu muss
ch Ihnen ganz ehrlich sagen, dass Campari meiner An-
icht nach nicht zu den Grundnahrungsmitteln gehört
nd deshalb nicht sonderlich schützenswert ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ist klar, dass eine solche Steuer nur ein Mittel zur
ösung des Problems sein kann. Es handelt sich um eine
ichtige Aufgabe der Gesellschaft. Dieser Missbrauch
uss von allen, den Eltern, den Lehrern sowie den Ver-
äufern, ernst genommen werden.
Ich glaube nicht, dass wir mit höheren Steuereinnah-
en rechnen können oder das auch nur wollen.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Oh, Sie Arme! – Detlef Parr [FDP]: Sie können Aufklärungskampagnen machen!)







(A) )



(B) )


Simone Violka

Das Beispiel Frankreich hat gezeigt, dass es wirksam

sein kann, solch eine Steuer einzuführen. Ich bin dank-
bar für jeden Euro, der über diese Steuer nicht einge-
nommen wird, weil das zeigt, dass wir dieses Problem
lösen. Ich bin dankbar, wenn wir dadurch viel Geld ein-
sparen können, wenn wir für medizinische Leistungen
nicht jede Menge Geld bezahlen müssen, weil 15-Jäh-
rige nach einer Alkoholvergiftung in der Klinik entgiftet
werden müssen. Dieses Geld kann eingespart werden.
Außerdem schützen wir die Gesundheit der Jugendli-
chen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Andreas Scheuer [CDU/ CSU]: Deswegen ist ja auch das Familienund Jugendministerium nicht vertreten!)


Sie setzen auf Aufklärung und behaupten, das sei das
große Wundermittel, mit dem man das Problem lösen
könne. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den
Tabakkonsum. Ich glaube nicht, dass es in diesem Staat
noch einen Menschen gibt, der bezweifelt, dass Tabak-
konsum gesundheitsschädlich ist. Dann dürften wir aber,
wenn ich Ihrer Logik folge, keine Raucher mehr haben.
Wenn Aufklärung allein das Problem lösen würde, müss-
ten wir beim Tabakkonsum eigentlich durchschlagende
Erfolge verzeichnen können. Wie lässt sich das mit der
Erkenntnis in Einklang bringen, dass Jugendliche in den
letzten Jahren vermehrt geraucht haben? Es gibt doch
jede Menge Aufklärungsprogramme an Schulen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das widerspricht doch jetzt Ihrer Argumentation!)


Das widerspricht sich doch. Sie sagen, dass wir mit mehr
Aufklärung das Problem in den Griff bekommen, aber
obwohl es viele Schulkampagnen gibt, rauchen die Ju-
gendlichen in letzter Zeit vermehrt.


(Ursula Heinen [CDU/CSU]: Die Steuer hat auch nicht geholfen!)


Das zeigt, dass Aufklärung nicht die einzige Lösung sein
kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Bei der Vorbereitung habe ich mich in verschiedenen
Internetforen umgeschaut, in denen sich ganz normale
Bürger über ihre Probleme austauschen. Es ist unglaub-
lich interessant, was man dort findet, wenn man sich das
einmal durchliest. Dort schreibt ein junger Mann, Vater
von drei Kindern:

Ich habe mit 16 Jahren angefangen, Alkohol zu
trinken. Heute bin ich 34, habe einen Entzug hinter
mir und bin seit einem halben Jahr trockener Alko-
holiker; Führerschein schon lange ade. Meinen Job
und meine Frau habe ich zum Glück noch, aber
90 Prozent meiner Leidenskollegen haben auch das
nicht mehr. Jede Art von Alkohol ist für Jugendli-
che ein Problem, aber Alkohol vom Geschmack her
so zu verändern,

– da liegt das Hauptproblem bei den Alcopops –

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(C (D dass man den Alkohol herrlich süß Jugendlichen zugänglich macht, ist unverantwortlich, auch der ganzen Gesellschaft gegenüber in Anbetracht der schwer wiegenden Folgen durch den Alkohol. (Ursula Heinen [CDU/CSU]: Und was hilft da die Steuer?)

Steuererhöhung für speziell diese Getränke muss
sofort her!

echt hat der Mann, muss man sagen!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und dann findet man Zitate – so viel zum Thema
ufklärung und Vernunft – wie:

Hehe, mir scheißegal, ich kaufe es mir trotzdem
und werde es meinen jüngeren Freunden weiterhin
besorgen, sofern sie es nicht bekommen sollten.

o viel zu dem Thema: „Wenn Alcopops nur noch an Ju-
endliche über 18 verkauft werden, dann haben wir das
roblem gelöst“. Nein, leider nicht; denn es wird immer
enschen geben, die das ausnutzen, die über 18 Jahre alt
ind und die keine Skrupel haben, ihren 13-, 14- oder
5-jährigen Geschwistern oder Freunden solche Ge-
ränke mitzubringen.


(Detlef Parr [FDP]: Sie hätten unseren Antrag mal lesen sollen, dann hätten Sie andere Wege kennen gelernt!)


Tun Sie doch nicht so, als würde es Aufklärung und
rävention nicht schon geben. Schauen Sie sich doch
inmal in Deutschland um, wie viele Gesellschaften,
chulen und Organisationen sich schon seit Jahren um
ufklärung bemühen und sie auch durchführen. Bei der
lakataktion „Ja zum Leben, Nein zum Alkohol“ in
tuttgart warnen Siebtklässler an ihrer Schule Freunde
or den Gefahren des Alkohols. Es gibt in Köln die Ak-
ion „Keine Kurzen für Kurze“. Das Michael-Ende-
ymnasium in St. Tönis veranstaltet Beratungsabende
it Eltern. Dann gibt es noch die Aktion „Alkoholprä-
ention für Jugendliche“, eine gemeinsame Aktion des
esundheitsamts und von Gastro Solothurn. Der Lan-
esjugendring – darin sind 500 000 Kinder und Jugend-
iche organisiert – fordert in Schleswig-Holstein eine hö-
ere Steuer auf Alcopops, weil die Kinder und
ugendlichen selbst erkannt haben, dass die Aufklärung
n ihren Veranstaltungen allein nicht reicht.
Die Aufklärung interessiert keinen. Das Zeug ist süß,

as Zeug schmeckt, es ist trendy und es ist bezahlbar.

(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Thema verfehlung!)

Ich denke, wir brauchen Maßnahmen, mit denen
an dafür sorgt, dass sich die Jugendlichen überle-
en, ob sie sich das Zeug aus Langeweile hinter die
inde kippen.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Was wollen Sie jetzt? Steuer oder Verbot?)







(A) )



(B) )


Simone Violka

– Wir wollen mit einer Steuer erreichen, dass der Kon-
sum aufhört.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


So einfach ist das. Frankreich hat gezeigt, dass das funk-
tioniert. Die Schweiz hat es nachgemacht. Deutschland
wird sich anschließen. Die Erfolge von Frankreich kön-
nen Sie nicht kleinreden. Natürlich wird es auch weiter-
hin Aufklärung geben. Aber das allein kann es nicht
sein.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509719000

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Parr?

Simone Violka (SPD):
Rede ID: ID1509719100

Gern.

(Zuruf von der SPD: Es geht jetzt nicht um den Wein von Herrn Brüderle!)


Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1509719200

Frau Kollegin, wie würden Sie folgenden Kommentar

aus der „Welt“ bewerten:
Vielleicht werden die Verbraucher, junge wie alte,
die Getränke meiden. Dass sie sich aber wegen
83 Cent vom Alkoholkonsum abbringen lassen
würden – das ist eine naive Vorstellung.

Auch Jugendliche kennen die Alternativen zum Fer-
tig-Longdrink – Sie sind noch jung, ich bin ein bisschen
älter; den Fertig-Longdrink kannte ich aber in meiner Ju-
gend auch –, jeder weiß, wie man Cola und Wodka
selbst mischt.

Es gäbe eine vornehmere, weil echte Staatsaufgabe
zum Schutz der Jugend: die Durchsetzung existierender
Gesetze, so wie wir das heute in unserem Antrag for-
dern.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Was sagen Sie zu einem solchen Kommentar?


Simone Violka (SPD):
Rede ID: ID1509719300

Das kann ich Ihnen sagen: Ich bezweifle, dass ein

12- oder 13-Jähriger mit einer Flasche Wodka und einer
Flasche Cola durch die Kasse kommt, aber er kommt na-
türlich mit drei bis vier Flaschen Alcopops durch die
Kasse. Das ist erwiesen, lesen Sie einmal die Zeitschrift
„Stiftung Warentest“. So einfach ist das.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Pronold [SPD]: Das ist die Realität!)


Das Nächste ist: Alcopops werden deshalb getrunken,
weil man den Alkohol nicht schmeckt. Viele Jugendliche
denken, da ist nichts drin. Das ist ja das Problem: Alco-
pops sind trendy, man schmeckt den Alkohol nicht. Die
11- und 12-Jährigen – das ist das Problem an der Sache –
werden nicht deshalb an diese Getränke herangeführt,
weil es ihnen darum geht, unbedingt Alkohol zu trinken,

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(C (D ondern weil diese Getränke in sind, weil sie schmecken nd weil man den Alkohol gerade nicht schmeckt. Wenn ie sich Wodka mit Cola mixen, dann schmecken sie den lkohol. Das ist für diese jungen Leute unattraktiv; daan ist ihnen nicht gelegen. Darauf zielt die Industrie ab: urch eine Verschleierung des Alkohols ein neues Leensgefühl zu suggerieren. Die meisten der wirklich immer jünger werdenden insteiger würden sonst keinen Alkohol trinken. Geben ie einmal einem 11-Jährigen ein Bier oder einen Wodka u trinken! Ich glaube nicht, dass er Interesse daran hätte der Gefallen daran fände. Aber er hätte natürlich kein roblem damit, etwas zu trinken, was wie eine Tüte aufeweichte Gummibärchen schmeckt. So einfach ist das! Je älter die Konsumenten werden, desto weniger lcopops trinken sie; denn sie sind ihnen zu süß. Aber 1-, 12oder 13-Jährige finden daran Gefallen. Das ist as Hauptproblem. Wer über 18 ist, hat die Alternative, en Wodka und die Cola zu kaufen und sie zu mixen. amit habe ich kein Problem. Das ist jedem selbst überassen, aber nicht demjenigen, für dessen Schutz der taat eintreten muss. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das Problem ist zu ernst, um auf eine Lösung durch
reiwillige Maßnahmen, Verantwortung und Einsicht zu
etzen. Ich kenne viele junge Mädchen unter 18, die hun-
ern, um schlank zu bleiben,


(Detlef Parr [FDP]: Steuern runter bei den Lebensmitteln!)


ber kein Problem damit haben, zwei, drei Flaschen sol-
her Alcopops zu trinken und damit 750 Kalorien zu
ich zu nehmen. Darüber denkt keiner nach. Das ist das
roblem. Deshalb kommt man mit Vernunft allein nicht
eiter. Es muss natürlich begleitende Maßnahmen ge-
en; da sind wir konform. Aber begleitende Maßnahmen
nd Appelle an die Vernunft allein werden nichts brin-
en. Das zeigt uns die Tabakindustrie: Selbst wenn man
ie Einsicht hat, dass Rauchen nicht gerade gesundheits-
ördernd ist, wird geraucht.
Wie viel Geld gibt man täglich aus, um seiner Ge-

undheit zu schaden – für Alkohol, Tabak, Schokolade,
ette Speisen?


(Zurufe von der CDU/CSU: Die Steuern erhöhen!)


amit hat man keine Probleme. Aber wehe, man wird
erangezogen, die Konsequenzen seiner eigenen Le-
ensweise, die mit Sicherheit bei vielen nicht besonders
chön sind, zu tragen!


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die Bürger sind alle doof!)


ann ist das Geschrei groß.
Ich denke, wir tragen die Verantwortung, dafür zu

orgen, dass die 11-Jährigen von heute nicht die Klinik-
nsassen von morgen werden.






(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509719400

Frau Kollegin, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Simone Violka (SPD):
Rede ID: ID1509719500

Das können wir uns nicht leisten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509719600

Das Wort hat die Kollegin Ursula Heinen, CDU/CSU-

Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Ursula Heinen (CDU):
Rede ID: ID1509719700

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Einführung einer solchen Steuer, wie sie Rot-Grün
jetzt vorschlägt, bedeutet im Grunde die Kapitulation
vor der Anwendung bereits bestehender Gesetze.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Quatsch!)


Es ist wirklich die Frage, ob wir als Gesetzgeber das mit
uns machen lassen sollten. Sie sagen: Wir können die
Gesetze nicht durchsetzen; wir können sie nicht
anwenden –


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie haben wieder nicht zugehört!)


die Lösung ist also die Einführung einer neuen Steuer.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Jeder hat das Recht, nicht zuzuhören!)

Wenn Sie sich tatsächlich einmal mit diesen Alcopops

befasst oder sich nur einmal angeschaut hätten, was die
Stiftung Warentest vor einigen Wochen veröffentlicht
hat, hätten Sie festgestellt, dass die Preisspanne der Al-
copops von circa 75 Cent bis fast 4 Euro reicht. Wenn
Sie eine Steuer von 83 oder 84 Cent pro Flasche erhe-
ben, wird es – wenn überhaupt – lediglich zu einer Ver-
schiebung der Nachfrage ins Niedrigpreissegment kom-
men, aber es wird keine Veränderung im Konsum geben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Bei den Kids sind die Drinks in – das ist das Problem.
Sie zahlen dafür 4 Euro.


(Florian Pronold [SPD]: Wollen Sie mehr Steuern?)


Sie zahlen in Zukunft auch 4,80 Euro.

(Florian Pronold [SPD]: Sie kennen die Lebens realität der jungen Menschen nicht!)

Meine Damen und Herren, es geht um etwas ganz an-

deres. Es geht um die Anwendung der Gesetze, die wir
haben: um die strikte Anwendung des Jugendschutzge-
setzes. Wie kommen Jugendliche unter 18 Jahren über-
haupt an Spirituosenmixgetränke? Weshalb haben sie die
Drinks in der Hand? Weshalb sehen wir bei Großveran-
staltungen immer mehr Kinder und Jugendliche mit die-

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(C (D en Flaschen? Damit müssen wir uns befassen. Eine teuererhöhung wird uns da überhaupt nicht weiterfühen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Ein Problem ist sicherlich die Abgabe im Handel
nd an den Kiosken. Wir erleben immer wieder, dass
teilweise überlastete – Verkäuferinnen schöne bunte
lcopopflaschen – ich sehe da vorne eine liegen –
urchwinken, weil sie denken, es handele sich lediglich
m ein Erfrischungsgetränk. Die Alkoholangabe ist ganz
lein gedruckt. Es wird gar nicht groß darauf geguckt,
as enthalten ist und ob derjenige, der die Falsche kauft,
atsächlich älter als 18 Jahre ist.
Deshalb ist unsere erste Forderung, dafür zu sorgen,

ass in Zukunft große Warnhinweise auf den Flaschen
ngebracht werden. Diesen Vorschlag unterbreiten auch
ie Regierungsfraktionen in ihrem Gesetzentwurf. Da-
urch könnte eine Verkäuferin direkt sehen, ob es sich
m ein solches Spirituosenmixgetränk handelt oder
icht. Ich halte das für einen ersten Schritt.
Ob wir dann so weit gehen, wie die FDP in ihrem An-

rag vorgeschlagen hat, die Registrierkassen entspre-
hend anders zu programmieren, damit der Kassiererin
lektronische Warnhinweise gegeben werden, müsste
an technisch erproben. Sicherlich wäre dies ein Schritt,
m den Verkäuferinnen das Erkennen solcher Flaschen
infacher zu machen.


(Florian Pronold [SPD]: Bürokratieaufbau!)

Das ist die innovative FDP.
Ein weiterer Punkt, den Sie völlig unberücksichtigt

assen, ist eine mögliche Änderung des Lebensmittel-
ennzeichnungsrechts, dass auf diesen Flaschen genau
ngegeben werden müsste, wenn sie Koffein, Kohlen-
äure oder andere Stoffe enthalten, die dafür sorgen, dass
ie Alkoholwirkung wesentlich stärker ist; meine Kolle-
in Frau Kaupa wird das sicherlich gleich noch erläu-
ern. All diejenigen unter uns, die einmal solche Alco-
ops probiert haben, werden festgestellt haben, dass ein
olches Getränk gar nicht nach Alkohol, sondern total
üß schmeckt, aber trotzdem zwei Schnäpse enthält
Kaupa hat mehrere Flaschen im Büro, deren Inhalt
anz süßlich schmeckt –, sodass auch darin eine Gefahr
u sehen ist.
Aber jetzt noch einmal zur Anwendung des Jugend-

chutzgesetzes. Im Kölner Karneval haben wir auf dem
ölner Neumarkt eine Aktion mit Jugendlichen durch-
eführt, bei der es darum ging, ohne Alkohol zu feiern.
ei dieser Veranstaltung gab es tatsächlich einen
ioskbesitzer, der Alcopops an die Jugendlichen ver-
auft hat. Das hat sich das Ordnungsamt angeschaut und
ann diesen Kiosk für vier Tage dichtgemacht. Wenn die
rdnungsämter tatsächlich bereit sind, durchzugreifen
nd Aktionen zu starten, dann haben wir echte Chancen,
ieses Problem in den Griff zu bekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Florian Pronold [SPD]: Polizeistaat!)







(A) )



(B) )


Ursula Heinen

Wenn Sie der Auffassung sind, das Jugendschutz-

gesetz trage nicht,

(Florian Pronold [SPD]: In welcher Welt leben Sie?)

dann müssen Sie es heute hier sagen und gleichzeitig,
statt eine Steuer einzuführen, erklären: Wir schaffen das
Jugendschutzgesetz ab, weil wir sowieso nicht an seiner
Anwendung interessiert sind.


(Florian Pronold [SPD]: Dann müssten wir auch das Strafgesetzbuch abschaffen, weil es noch Morde gibt! Was ist das für eine Logik?)


Ich kann Ihnen noch ein anderes Beispiel aus Baden-
Württemberg nennen. Dort gab es über ein halbes Jahr
lang Aktionen, die verhindern sollten, dass Jugendliche
unter 18 Jahren Alkohol – vor allen Dingen Spirituo-
sen – zu sich nehmen. Das Ganze hat recht gut funktio-
niert; in den Supermärkten wurde darauf geachtet. Trotz-
dem gab es einen Veranstalter, der im Ostalbkreis eine
Disco gemacht und dort auch Kindern und Jugendlichen
Alkohol gegeben hat. Das Ordnungsamt hat auch dort
gehandelt und die Disco zugemacht. Das hatte wirklich
eine abschreckende Wirkung.

Es geht auch darum, dass wir den Eltern der Kinder
das Thema ins Bewusstsein rufen und die Eltern wissen,
was ihre Kinder da zu sich nehmen. Vielleicht können
Sie die Flasche einmal hochhalten, Frau Kollegin. Diese
roten Getränke sehen aus wie schöne rote Limonade.
Viele wissen nicht, dass sich darin zwei Schnäpse ver-
bergen.

Ich kann Ihnen zum Abschluss nur sagen: Lassen Sie
uns das Jugendschutzgesetz tatsächlich anwenden. Las-
sen Sie uns auch in unseren Heimatgemeinden, in unse-
ren Kreisen und Städten darauf hinwirken, dass die
Ordnungsämter Aktionen zur Anwendung des Jugend-
schutzgesetzes durchführen. Ich prophezeie Ihnen: Das
bringt tausendmal mehr als eine Steuer, die nur dazu
führt, dass die Kassen gefüllt sind, während die Kids
weiter trinken.

Recht herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Eine sehr merkwürdige Argumentation!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509719800

Nächste Rednerin ist die Kollegin Birgitt Bender,

Bündnis 90/Die Grünen.

Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509719900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach

dem Jugendschutzgesetz ist der Genuss von Alcopops
für Jugendliche unter 18 Jahren verboten; das wissen wir
alle. Trotzdem hat die Bundeszentrale für gesundheitli-
che Aufklärung in einer Repräsentativerhebung festge-
stellt, dass im letzten Jahr die Alcopops die bei 14- bis
17-Jährigen beliebtesten alkoholischen Getränke waren
und dass 52 Prozent der 16- bis 17-Jährigen in der letz-
ten Woche Alcopops gekauft hatten. Vor diesem Hinter-
grund, Frau Kollegin Heinen, besteht Handlungsbedarf

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(C (D uf diesem Gebiet, auch wenn es das Jugendschutzgeetz gibt, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


nd zwar im Hinblick darauf, der Anwendung des
ugendschutzgesetzes Nachdruck zu verleihen.
enn wir alle wissen, dass Alcopops mitnichten harmlos
ind. Ein Fläschchen enthält zwei Gläser Schnaps. We-
en der Süße schmeckt man ihn aber nicht. Von den vie-
en Zusatzstoffen, die der Gesundheit auch nicht gut tun,
ill ich ganz schweigen.
Es besteht tatsächlich die Gefahr, dass solche alkohol-

altigen Süßgetränke für Jugendliche zur Einstiegs-
roge werden. Deswegen wollen wir dem bestehenden
bgabeverbot nachhelfen. Bisher kann man auf den Fla-
chen zwar deutlich ihren Preis erkennen, nicht aber den
inweis, dass sie nicht an unter 18-Jährige abgegeben
erden dürfen. Frau Kollegin Heinen, wenn irgendwo
in Fest stattfindet und es einen einzelnen Veranstalter
ibt, dann ist es relativ leicht, ihn auch zu packen. Aber
n der Regel ist es so, dass Jugendliche in einen Super-
arkt marschieren, dass dort aber Kassiererinnen an der
asse sitzen, die ohnehin völlig überlastet sind und von
enen man auch nicht erwarten kann, dass sie die einzel-
en Regelungen im Kopf haben.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Wo haben Sie das denn erlebt?)


eswegen sind wir uns einig, dass auf diesen Flaschen
in deutlicher Warnhinweis notwendig ist. Das wäre ein
ignal an das Verkaufspersonal und würde auch Eltern
nd andere Erwachsene, die mit Jugendlichen Umgang
aben, sensibilisieren.
Unserer Ansicht nach brauchen wir – darüber streiten
ir hier – aber auch ein Preissignal. Eine hochwertige
lasche kostet 2 Euro. Es gibt Alcopops aber auch schon
ür nur 1 Euro. Wir erheben jetzt eine Sondersteuer in
öhe von 83 Cent. Bei den Billig-Alcopops führt sie fast
chon zu einer Verdoppelung des Preises. Ansonsten
ird er immerhin eineinhalbmal so hoch. Wie wir wis-
en, sind Jugendliche preissensibel und reagieren auf
olche Preiserhöhungen.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Sie haben keine Ahnung von der jungen Generation!)


Es ist ja auch nicht so, dass das eine spezielle Idee ist,
ie wir nur in Deutschland haben. In unseren europäi-
chen Nachbarländern wurden bereits entsprechende
rfahrungen gesammelt. Die Verteuerung, die wir anvi-
ieren, entspricht ziemlich genau der Höhe der Sonder-
teuer, die auch in Frankreich erhoben wurde. Dort hat
ich gezeigt, dass dieser Markt für die Jugendlichen zu-
ammengebrochen ist. Genau das ist auch unser Ziel.
enn es kann ja wohl nicht angehen, dass sich die Alko-
olindustrie ausgerechnet zulasten von Kindern und Ju-
endlichen einen neuen Absatzmarkt erschließt. Das
ann auch die Union nicht wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )


Birgitt Bender

Im Übrigen – davon war bisher kaum die Rede – geht

es in unserem Gesetzentwurf auch noch um ein anderes
Thema; denn Alkohol ist nicht die einzige Gefahr für
Kinder und Jugendliche. Zigaretten und Nikotin-
konsum sind ebenso eine Gefahr für sie. Das betrifft, ge-
nau wie auch das Thema Alcopops, zunehmend Mäd-
chen und junge Frauen. Das ist eine sehr bedenkliche
Entwicklung. Inzwischen liegt das Einstiegsalter für den
Konsum der ersten Zigarette zwischen 13 und 14 Jahren,
und das, obwohl das Jugendschutzgesetz auch hier ein
Abgabeverbot an Jugendliche unter 16 Jahren enthält.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Etwa weil auf Zigaretten keine Steuern erhoben werden? So viel zur Preisempfindlichkeit!)


– Deswegen, Herr Kollege, wollen wir die kostenlose
Abgabe von Zigaretten verbieten; denn das ist eine der
Marketingstrategien der Tabakindustrie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn Sie Zeit haben, gehen Sie einmal ins Kino. Dann
werden Sie das sehen.

Außerdem legen wir für die Packungen eine
Mindestgröße fest. Auch dadurch wollen wir ein Preis-
signal geben. Denn wir wollen nicht, dass Jugendliche
durch die Möglichkeit, eine kleine Packung mit niedri-
gem Abgabepreis zu kaufen, zum Zigarettenkonsum ver-
führt werden, sondern dass sie – ganz im Gegenteil – da-
von abgehalten werden.

Wenn die Opposition umfassende Präventionsstrate-
gien anspricht, dann hat sie Recht. Das wollen wir auch.
Dafür sind allerdings, wie übrigens auch für die Umset-
zung des Jugendschutzgesetzes, in erster Linie die Län-
der und Kommunen zuständig. Aber das sollte man nicht
als Alternative, sondern als zusätzliche Möglichkeit be-
trachten. Ich habe die Befürchtung, dass Union und FDP
hier einem alten Problem erliegen: dass sie, wenn es um
ein wirtschaftliches Interesse geht, plötzlich wieder zu-
gunsten eines bestimmten Wirtschaftszweiges Schutz-
zäune errichten wollen.


(Zuruf von der SPD: Ja, genau! – Ursula Heinen [CDU/CSU]: Unerhört! Frechheit!)


Im Interesse unserer Kinder und Jugendlichen sage ich
Ihnen: Dieses Thema ist dafür wirklich das falsche
Spielfeld.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Dann verbieten Sie es doch!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509720000

Das Wort hat der Kollege Klaus Haupt, FDP-Frak-

tion.


Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1509720100

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

In Deutschland trinken jedes Jahr rund 750 000 Men-
schen zum ersten Mal Alkohol. Etwa 10 Prozent davon
werden zu Alkoholikern. 40 Prozent aller Jungen und

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(C (D 5 Prozent aller Mädchen im Alter von 14 Jahren trinken egelmäßig Alkohol. 250 000 Kinder und Jugendliche in eutschland sind alkoholabhängig oder stark gefährdet. er Konsum der so genannten Alcopops ist bei Jugendlihen dramatisch gestiegen, und das, obwohl das Jugendchutzgesetz die Abgabe alkoholhaltiger Getränke an nter 16-Jährige generell und solcher auf Branntweinbais an unter 18-Jährige verbietet. Es ist schon gesagt: Mit ihrem süßen Geschmack, der en des Alkohols überdeckt, entwickeln sich diese Geränke zu einer echten und frühen Einstiegsdroge in den lkoholismus. Ich bin froh, dass wir uns angesichts dieer dramatischen Situation einig sind, dass Handlungsedarf besteht. Dass von der Bundesregierung die Federührung für die Lösung des Problems in die Hände der inanzpolitik gelegt wurde, (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Da sind die süchtig nach!)


ntspricht jedoch nicht meinen Vorstellungen von
ugendschutz- und Drogenpolitik.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

So findet sich im Gesetzentwurf nichts zu einer

mfassenden Präventionsstrategie, nichts zu vielfältig
öglichen Vereinbarungen mit den betroffenen Wirt-
chaftszweigen. Das Enttäuschendste: Eine konsequente
urchsetzung der bestehenden Regelungen des Jugend-
chutz- und des Gaststättengesetzes scheinen Sie fast
chon aufgegeben zu haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Simone Violka [SPD]: Es ist selbstverständlich, dass Gesetze auch angewendet werden!)


as entspricht nicht meinem Rechtsstaatsverständnis:
orrang hat für mich gerade die konsequente Durchset-
ung der bestehenden Gesetze.


(Florian Pronold [SPD]: Sie verschließen die Augen vor der Realität!)


ch kann mich einfach nicht damit abfinden, dass zuge-
assen wird, dass der Jugendschutz unterlaufen und dann
ine Sondersteuer gefordert wird.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Es macht keinen Sinn, dass sich SPD und Grüne mit
hrem Gesetzentwurf auf die Bekämpfung von brannt-
einhaltigen Mixgetränken beschränken und so tun, als
eien andere Alkoholmixgetränke harmloser. Mischge-
ränke auf Bier- und Weinbasis enthalten aber teilweise
enauso viel Alkohol, sind genauso verführerisch süß
nd ebenso attraktiv für Kinder und Jugendliche und
benso hoch gefährlich. Mit einer solchen selektiven
teuer wird dem Jugendschutz nicht gedient.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

s ist doch naiv, zu glauben, mit einer einseitigen Be-
teuerung bestimmter Getränke könne man Jugendliche
om Alkoholkonsum abbringen. Sie steigen einfach auf
ndere Getränke um; sie kennen die Alternativen.






(A) )



(B) )


Klaus Haupt

Liebe Kollegen, so sieht eben ein finanzpolitischer

Jugendschutzentwurf aus: Ein Schnellschuss mit der
Steuerkanone, aber kein umfassendes Konzept für die
Lösung des Problems.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wir Liberale lehnen diese Steuer nachdrücklich ab

und setzen mit unserem Antrag auf wirksame Methoden
zur Einhaltung des Jugendschutzgesetzes: auf umfas-
sende Prävention, auf Information und Aufklärung
für und durch Eltern und Schule, auf wirkliche Problem-
lösungen. Wir fordern eine umfassende Zusammenarbeit
mit Herstellern, Handel und Werbewirtschaft für die
strikte räumliche Trennung alkoholhaltiger Misch-
getränke von Nichtalkoholika in den Verkaufsstellen,
deutliche Hinweise auf die Abgabeverbote gemäß Ju-
gendschutzgesetz auf den Produkten sowie an den Ver-
kaufsregalen sowie eine konsequente Schulung und Sen-
sibilisierung des Verkaufspersonals.

Werbung für alkoholhaltige Getränke darf nicht ein-
mal ansatzweise auf Altersgruppen zielen, an die der
Verkauf dieser Getränke verboten ist.


(Beifall bei der FDP)

Wir fordern die Hersteller hier zu einem radikalen Stra-
tegiewechsel auf, aber wir fordern auch eine erheblich
jugendschutzsensiblere Ahndung von Verstößen durch
den Werberat.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Die FDP träumt!)


Das ist ganz im Sinne eines Kommentars zur Alco-
pop-Sondersteuer in der „Welt“ von vorheriger Woche
– der Kollege Bahr hat darauf verwiesen –, in dem fest-
gestellt wurde, es gebe eine vornehmere, weil echte
Staatsaufgabe zum Schutz der Jugend: die Durchsetzung
der bestehenden Gesetze. Wörtlich heißt es dann:

So schimmert hinter der guten Absicht etwas ande-
res hervor: Populismus. Die tun was. Das ist wohl-
feil. Und es bringt nichts.

Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie haben keine Ahnung! – Simone Violka [SPD]: Und kein Konzept!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509720200

Das Wort hat die Parlamentarische Staatssekretärin

Marion Caspers-Merk.

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Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1509720300


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wer Jugendschutz ernst nimmt, muss handeln, lieber
Kollege Haupt von der FDP.


(Beifall bei der SPD – Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Der darf nicht auf Rot-Grün setzen!)


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(C (D ie kommen mir mit Ihren hastig zusammengeschusteren Anträgen – Sie haben ihn gestellt, um mitzuhalten, eil hierbei die Fraktionen, die diese Regierung tragen, ie Initiative ergriffen haben – wie jemand vor, der den und spitzt, aber dann nicht pfeift. Sie trauen sich nicht, ie einzig effektive Maßnahme vorzuschlagen: eine Sonerabgabe. Wir wissen aus internationaler Erfahrung, ass diese Maßnahme greift. Überall dort, wo eine Sonerabgabe erhoben wurde, gab es einen deutlichen Konumrückgang. Aufgrund der Kennzeichnung wurde eine ffentliche Debatte geführt. Natürlich muss man auch Prävention betreiben. Das un wir! (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

ie wissen, dass der Drogen- und Suchtbericht letztes
ahr das Thema „Rauschtrinken“ zum Schwerpunkt
atte. Wir haben dargelegt, dass der Einstieg bei Jugend-
ichen immer früher stattfindet. Wir haben eine Fachta-
ung mit dem Thema „Kinder aus suchtbelasteten El-
ernhäusern“ veranstaltet, bei der ganz viele Kolleginnen
nd Kollegen anwesend waren. Wir haben mit der Bun-
eszentrale für gesundheitliche Aufklärung drei große
ampagnen ins Leben gerufen. Wir machen etwas vor
rt und setzen auch etwas durch.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Sie waren ja supererfolgreich!)


Der Zuruf richtet sich gegen Sie selbst.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Prävention alleine bringt offensichtlich nichts.
ir brauchen vielmehr neben den Präventionskampag-
en auch Signale, die wir über den Preis setzen müssen,
nd eine klare Durchsetzung der Regeln des Jugend-
chutzes. Jeder von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kolle-
en von der Opposition, der hier die Einhaltung des
ugendschutzes fordert, muss sich aber von uns fragen
ssen: Reden Sie darüber in den von Ihnen regierten
undesländern?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie Länder sind für die Umsetzung des Jugendschutzes
uständig. Reden Sie in Ihren Wahlkreisen mit Mitarbei-
rn der Gewerbeaufsichtsämter und der Ordnungsäm-
r?
Ich tue das in meinem Wahlkreis. Infolgedessen wur-

en vier oder fünf gemeinsame Verabredungen getrof-
en. Diese sind zur Nachahmung empfohlen. Das kann
der machen. Man kann zum Beispiel vor Ort Selbstver-
flichtungen herbeiführen, damit bei Veranstaltungen,
ie Jugendliche anziehen, auf bestimmte alkoholische
etränke verzichtet wird.


(Beifall bei der SPD)

iese Selbstverpflichtung aller Vereine wurde beispiels-
eise in meinem Wahlkreis im Rahmen einer Fast-
achtskampagne durchgesetzt. Jeder von Ihnen kann den
ugang zu Alkohol kontrollieren.






(A) )



(B) )


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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1509720400
Der Bundesge-

setzgeber hat ein Jugendschutzgesetz verabschiedet, das
Ordnungswidrigkeiten und die entsprechenden Strafen
regelt; das Gesetz muss aber vor Ort durchgesetzt wer-
den. Unsere Gesellschaft entwickelt sich – ich bedauere
das zutiefst – zu einer „Wegguckgesellschaft“. Wir brau-
chen wieder eine „Hinguckgesellschaft“. Es ist nämlich
unser aller Aufgabe, Jugendlichen, die bier- und wein-
haltige Getränke kaufen, gegebenenfalls zu sagen: „Hör
mal, du bist doch noch nicht 16!“ bzw. Jugendlichen, die
spirituosenhaltige Getränke kaufen, gegebenenfalls zu
sagen: „Du bist doch noch nicht 18!“.

Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass in den
Ländern nicht die Drogenberatungsstellen – sie betrei-
ben Präventionskampagnen – platt gemacht werden. Das
passiert aber im Moment landauf, landab. Deswegen ist
das, was Sie fordern, halbherzig. Ich nehme Ihnen das
Ganze nicht ab.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie wollen ein Stück weit die öffentliche Debatte mit-
bestimmen, aber Sie wollen nicht die Verantwortung
auch für effiziente Maßnahmen übernehmen. Ich glaube,
das ist ein Punkt, an dem sich die Glaubwürdigkeit aus-
machen lässt. Ich habe mit der Spirituosenindustrie ge-
sprochen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Mit wem?)

– Wir haben uns mit dem Dachverband auseinander ge-
setzt und mit dem Deutschen Weinbauverband gespro-
chen. Wir haben dort zum Beispiel deutlich gemacht
– ich erwähne es, weil Sie uns in diesem Zusammenhang
einen Vorwurf gemacht haben –: Wir erwarten, dass die
Hersteller nicht in Bereiche ausweichen, die nicht mit
der Branntweinsteuer erfasst werden können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der Deutsche Weinbauverband hat eine Selbstver-

pflichtung abgegeben. Er will nicht in dieses Segment
einsteigen. Der Deutsche Brauer-Bund müsste, wenn er
ehrlich wäre, dasselbe tun.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr richtig! Das sollte so sein!)


Es sollte keine unverantwortliche Werbestrategie ge-
wählt werden, mit der ein jugendliches Publikum be-
wusst an Alkohol gewöhnt werden soll, indem der Ge-
schmack des Alkohols überdeckt wird.

Nicht allein die beiden Schnäpse, die in diesen Ge-
tränken enthalten sind, sondern auch die 15 Stück Wür-
felzucker, die in jedem Fläschchen enthalten sind, stellen
das Problem dar.


(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Die auch? Zucker besteuern!)


Lesen Sie mal etwas anderes! Sie haben außer einem
Artikel aus der „Welt“ – da weiß man, woher es
kommt – nichts aus der öffentlichen Meinung auf der
Pfanne. Die öffentliche Meinung sieht doch ganz anders
aus.

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(C (D Die Stiftung Warentest hat Testkäufe von unter 8-Jährigen durchführen lassen. In drei von vier Gechäften wurden diese Produkte problemlos über den adentisch gereicht. (Ursula Heinen [CDU/CSU]: Das ist das Problem!)


ndere Testkäufe wurden in Hamburg, in Baden-
ürttemberg und in anderen Regionen durchgeführt. Ich
abe dazu einen ganzen Ordner. In keinem einzigen Fall
aben die Jugendlichen die Ware nicht erhalten. Deswe-
en ist das doch eine wohlfeile Forderung. Dazu, dass
ie CDU/CSU hier in einen Antrag „weiße Salbe“ hi-
einschreibt, nach dem Motto, man könnte und sollte
al kennzeichnen und die Prävention verstärken, kann
ch nur sagen: Guten Morgen, liebe Kolleginnen und
ollegen! Das steht längst in dem Antrag. Man sollte
uch dafür sorgen, dass die Jugendschutzgesetze durch-
esetzt werden.
Fordern Sie die Länder auf, dies zu tun; denn sie sind

afür zuständig. Gehen Sie aber auch den nächsten kon-
equenten Schritt mit uns gemeinsam. Wir müssen näm-
ich effizient und effektiv eingreifen. Dies können wir
it der Sonderabgabe, weil nur der Griff in den Geld-
eutel dazu führen wird, dass Jugendliche nicht frühzei-
g Alkohol konsumieren.


(Klaus Haupt [FDP]: Das ist naiv!)

Ich will Ihnen eines sagen: Diesen Zuruf finde ich un-
uter, Herr Kollege.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Lauter geht es nicht!)


er wie ich als Drogenbeauftragte der Bundesregierung
eit zwei Jahren im Feld steht, muss sich den Vorwurf
on Ihnen nicht anhören.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich darf kurz darauf hinweisen: Die alte Bundesregie-
ung bis 1998 hatte einen Drogenbeauftragten, der für le-
ale Suchtmittel gar nicht zuständig war. Nur der illegale
eil wurde von Ihnen beleuchtet. Erst durch uns wurden
er Alkohol und der Tabak zum Bestandteil des Drogen-
nd Suchtberichts der Bundesregierung. Wir haben dafür
esorgt, dass in Bezug auf den Tabak überhaupt etwas
eschah.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie haben gute Ergebnisse vorzuweisen! Sie haben gerade erzählt, dass der Konsum gestiegen ist!)


ies alles haben wir gegen Ihren erbitterten Widerstand
un müssen. Ich erinnere nur an die Verhandlungen im
ermittlungsausschuss, durch die bei der Tabaksteuer
m Ende plötzlich etwas weniger herauskam. Insofern
rauchen wir von Ihnen keine Nachhilfe, keine Beleh-
ungen und schon gar nicht den Vorwurf, wir seien naiv.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Alle, die in der Suchtprävention tätig sind – zum
eispiel die Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefah-






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk

ren –, und alle Drogenberatungsstellen, die sich auf die
Alkoholberatung spezialisiert haben – zum Beispiel der
Badische Landesverband gegen die Suchtgefahren –,
fordern, die Abgabe zu erschweren und eine Sonder-
steuer aufzuschlagen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das liegt an der Regierung!)


Im Übrigen: Mehr als 70 Prozent der Befragten in
Deutschland fordern dies ebenfalls. Dies gilt auch für all
diejenigen, die sich in der Jugendpolitik auskennen, zum
Beispiel für die Präventionslehrer an den Schulen. Ich
kann Ihnen stapelweise Briefe zeigen. Sie verweigern
sich dieser Forderung, deren Erfüllung effizient und ef-
fektiv wäre, nur um der beteiligten Industrie weiterhin
Umsatzchancen zu eröffnen.


(Klaus Haupt [FDP]: Nein, aus Jugendschutzgründen! – Ute Kumpf [SPD]: Scheinheilig ist das Ganze!)


Ich will einfach einmal sagen, was ich nicht in Ord-
nung finde: Viele Werbestrategien setzen ganz gezielt
auf Jugendliche. Ich habe das auch mit den Herstellern
besprochen. Das Umsatzplus beträgt 400 Prozent. Gehen
Sie bitte einmal auf eine entsprechende Internetseite.
Dort wird gefragt, ob man wirklich 18 Jahre alt ist. Man
klickt zur Bestätigung auf „Ja“ und auf dem Bildschirm
erscheinen Hinweise auf gesponserte Events und Musik-
veranstaltungen. Daneben wird mit T-Shirts geworben.
Diese Internetseiten sind gezielt an das unter 18-jährige
Publikum gerichtet.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
hat eine Umfrage dazu durchgeführt. Bei dieser kam in-
teressanterweise heraus: Die Mehrheit der Jugendlichen,
die diese Produkte kaufen, sind unter 18 Jahre alt. Wenn
die Hersteller ihre Verantwortung wahrnehmen würden,
dann müssten sie spätestens jetzt ihre Produkte vom
Markt nehmen oder ihre Werbestrategien verändern.
Beides ist nicht erfolgt.


(Simone Violka [SPD]: So viel zur Eigenverantwortung!)


Man hat uns nur „weiße Salbe“ angeboten. Eine
kleine „18“ auf der Rückseite der Flasche kann uns, die
wir den Jugendschutz ernst nehmen, nicht genügen. Des-
wegen ist es Zeit, zu handeln. Ich bin sehr froh, dass die
Koalitionsfraktionen gemeinsam mit der Bundesregie-
rung – es war ein gemeinsamer Prozess – die Initiative
ergriffen haben und dass die Finanz-, die Jugend-, die
Familien- und die Gesundheitspolitiker sowie diejeni-
gen, die in diesem Bereich Verantwortung tragen, gut zu-
sammengearbeitet und den Antrag gemeinsam auf den
Weg gebracht haben. Verweigern Sie sich nicht, sondern
nehmen Sie Ihre Verantwortung ernst, indem Sie dem
Antrag zustimmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Klaus Haupt [FDP]: Wir nehmen den Jugendschutz ernst!)


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(C (D Das Wort zu einer Kurzintervention gebe ich dem ollegen Andreas Scheuer. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle en! Ja, Frau Staatssekretärin, es ist Zeit, zu handeln, ber nicht durch die Einführung einer Steuer, sondern it der Anwendung der bestehenden Gesetze. Sie aber apitulieren vor dieser Anwendung. Das Beispiel Köln it einer guten Regierung zeigt: Wenn man Gesetze anendet, dann führt das auch zum Erfolg. Im Herbst 2003 haben Sie mit der Mehrheit dieses auses unseren Vorschlag zur Novellierung des Jugendchutzgesetzes abgelehnt. Genau das aber sind die Zeihen, die man setzen muss. Ob Sie sich mit der jüngeren eneration auskennen, bestreite ich aufgrund der von Ihen gehaltenen Reden. Wenn Sie die Damen und Herren on der jungen Generation, die im Publikum sitzen, fraen, ob es ihnen etwas ausmacht, die 83 Cent mehr zu ahlen, wenn die Party cool ist oder die ganze Clique in er Disco feiert, dann werden Sie hören, dass die 3 Cent deren Konsum nicht einschränken. Sie müssen as Jugendschutzgesetz wirksam anwenden. Genau das st das Problem. Wenn Sie sich weigern, die Gesetze anzuwenden und itzuhelfen, dass diese – zugegeben – schädlichen und efährlichen Modeerscheinungen – darin sind wir uns eiig – gemäß dem Jugendschutzgesetz eingeschränkt erden, dann werden Sie hier in einem halben Jahr wieer am Pult stehen und wir werden über die Einführung iner weiteren Sondersteuer für neue schädliche und geährliche Modeerscheinungen reden. Erst war es der „Jäermeister“, dann „Berentzen Apfelkorn“. Bei dieser ntwicklung werden wir in einem halben Jahr wieder ber das Thema diskutieren und Sie werden auf irgendelche lustigen Getränke, deren Inhalt türkis gefärbt ist, ieder eine Sondersteuer erheben wollen. Es wird sich ann aber nicht mehr um „Rigo“ oder „Smirnoff Ice“, ondern um andere Produkte handeln. Frau Staatssekretärin, Sie können antworten. (Florian Pronold [SPD]: Das war eine Werbesendung!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509720500
Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1509720600
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509720700

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Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1509720800

Herr Kollege, ich habe Ihre umfassende Kenntnis der
arken mit Interesse gehört. Dazu will ich einige Be-
erkungen machen. Sie sind offensichtlich in Unkennt-
is hinsichtlich der Zuständigkeiten in unserer föderalen
truktur.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wer ist denn der Gesetzgeber?)


ie Anwendung und die Umsetzung des Jugendschutz-
esetzes ist Ländersache. Ich erwarte also, dass Sie diese
lammende Rede auch in Ihrem Bundesland halten.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich werde an den Freistaat Bayern schreiben – das ma-
che ich mit Freude – und einen Bericht darüber einfor-
dern, wie die Umsetzung dieses Gesetzes in Bayern er-
folgt.


(Rolf Schwanitz [SPD]: Sehr gut!)

Ich werde auch kontrollieren, ob die Testkäufe in Bayern
wirklich getätigt werden.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Die Bundesregierung muss reagieren!)


Entweder muss das Gesetz nur angewendet werden
– dann sind die Bundesländer zuständig – oder die
Steuer wird tatsächlich Wirkung zeigen. Wenn sie wirk-
lich wirkt, dann werden Sie doch sicherlich zustimmen,
dass sie ein gutes Instrument ist. Sie haben doch eben er-
klärt, Sie hätten die Sorge, dass diese Steuer nicht wirkt.
Die Spirituosenindustrie hat die umgekehrte Sorge.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genauso ist es!)


Die Spirituosenindustrie hat die Sorge, dass die Steuer
derartig wirkt, dass mit einem kolossalen Einnahmever-
lust zu rechnen ist.

Nur ein Fall kann eintreten: Entweder das Instrument
der Steuer wirkt – dann geht der Umsatz zurück und da-
mit ist unser Problem erledigt – oder dieses Instrument
wirkt nicht – dann unterhalten wir uns in einiger Zeit
noch einmal darüber. Ich bin bis 2006 Drogenbeauf-
tragte der Bundesregierung. Ich bin gern bereit, Ihnen je-
des Jahr umfassend Rechenschaft abzulegen.


(Klaus Haupt [FDP]: Ihr Optimismus ist gut!)

Ich habe aber den Eindruck, dass Sie gar nicht wissen,
wovon Sie sprechen; denn sonst könnten Sie zur Umset-
zung in Bayern etwas Berufeneres sagen.

Herr Kollege, eines finde ich bei der Diskussion ein
bisschen merkwürdig. Sie haben uns vorgeworfen, die
Jugendlichen nicht zu kennen. Viele Jugendliche haben
nicht gewusst, dass diese Getränke zwei Schnäpse ent-
halten, weil sie in jedem Supermarkt neben den Frucht-
säften eingeordnet sind. Die Kennzeichnung ist so klein
gedruckt, dass sie kaum zu erkennen ist, folglich ist eine
deutlichere Kennzeichnung überfällig. Wenn Sie den Ju-
gendschutz so beredt verteidigen, dann frage ich Sie:
Warum sind Sie nicht schon längst tätig geworden?

Sie haben doch erst Ihren Antrag entworfen, als die
Koalitionsfraktionen ihren Antrag vorgelegt hatten.
Ebenso wie im Antrag der CDU/CSU steht auch im An-
trag der FDP: Man könnte, man müsste usw. Ein effekti-
ves Instrument wird aber nicht genannt.


(Klaus Haupt [FDP]: Sie machen es sich jetzt sehr einfach!)


Interessant ist ein Vorschlag, über den ich ein bisschen
geschmunzelt habe, nämlich elektronische Sicherungs-
systeme an den Supermarktkassen einzuführen. Toll

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(C (D ollect für Aldi wird als effizientes Instrument vorgechlagen. (Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as ist die Partei der Entbürokratisierer.
Wir greifen zu einem schnell wirkenden Instrument.
ie Branntweinsteuer gibt es.


(Klaus Haupt [FDP]: Und setzen eine Steuer drauf!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509720900

Ihre drei Minuten zur Beantwortung sind um.

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Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1509721000

Entschuldigung, Frau Präsidentin, das Temperament

ing mit mir durch. Ich mache das Angebot, an Bayern
u schreiben. Die Ergebnisse der Recherche teile ich Ih-
en gerne mit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Andreas Scheuer [CDU/ CSU]: Sehr schön! Danke!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509721100

Das Wort hat die Kollegin Gerlinde Kaupa, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerlinde Kaupa (CSU):
Rede ID: ID1509721200

Sehr verehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Frau Caspers-Merk hat Recht


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


nd alle meine Vorrednerinnen und Vorredner haben
uch Recht. Denn es gibt ein neues Suchtproblem. Die
rage ist nur, ob wir den zweiten vor dem ersten Schritt
achen. Wenn man das macht, dann stolpert man sehr
eicht und erreicht nichts. Wir wollen aber dieses Pro-
lem lösen.
Ich kann zu der Frage von Andreas Scheuer sagen,

ass im Landkreis Passau von der Katholischen Jugend
olche Testkäufe durchgeführt worden sind. Dabei hat
ich herausgestellt, dass 32 Prozent der Jugendlichen,
ie diese Testkäufe durchgeführt haben, die Ware, die sie
ollten, bekommen haben. Das heißt, wir müssen den
ugendschutz wirklich sehr ernst nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Simone Violka [SPD]: Was hat Bayern unternommen?)


rst müssen wir die Istsituation herausfinden und dann
önnen wir entscheiden, wie wir darauf reagieren. Auf
eden Fall haben alle das Problem erkannt. Die Haupt-
onsumenten der Alcopops sind Jugendliche unter
8 Jahre. Deswegen sind hoffentlich alle aufgeschreckt.
eute ist die Diskussion so lebendig wie selten. Ich






(A) )



(B) )


Gerlinde Kaupa

hoffe, dass Sie alle entsprechend handeln werden. Dann
ist das meiste schon erreicht.

Die Zahl derjenigen Jugendlichen, die ein- oder zwei-
mal in der Woche Alkohol trinken, kennen wir. Gerade
in der Pubertät wird sehr gerne mit Alkohol experimen-
tiert.


(Florian Pronold [SPD]: Und auch mit anderen Dingen!)


– Florian, ich glaube, dass du daran zurückdenkst. Ich
bin etwas älter und deshalb ist das etwas länger her. Aber
man hört nie damit auf.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich zum Thema zurückkommen. Sie

stimmen mir alle zu, dass wir handeln müssen. Denn das
Kind ist in den Brunnen gefallen und wir wollen nicht,
dass es auch noch ertrinkt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir müssen dieses Problem an der Wurzel packen und
dürfen nicht nur an der Oberfläche kratzen. Die Auflage
immer neuer Maßnahmen darf nicht die konsequente
Durchsetzung schon bestehender Maßnahmen außer
Kraft setzen. Zu den bisherigen Möglichkeiten gehört
die Durchsetzung des Jugendschutzgesetzes.

Es ist für mich erschreckend, dass die jungen Leute
ganz und gar nicht wissen – da muss ich meinem Kolle-
gen widersprechen –, wie viele Schnäpse in so einer
kleinen Flasche sind.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist das Problem! Klären Sie die da drüben mal auf!)


Wenn sich die jungen Leute auf einer Party oder in der
Disco treffen, trinken sie leider nicht nur ein Fläschchen,
sondern mehrere. In fünf oder sechs Flaschen sind zehn
bis zwölf Schnäpse enthalten. Diese haben verheerende
Folgen. Wenn ein 15-jähriges Mädchen zwei Flaschen
solcher Alcopops trinkt, dann hat es bereits 0,6 Promille.
Kinder und Jugendliche kennen sehr oft ihre kritischen
Grenzen nicht und trinken deshalb bis zur Bewusstlosig-
keit und Alkoholvergiftung. Krankenhäuser berichten,
dass es kaum noch ein Wochenende gibt, an dem nicht
stark alkoholisierte Kinder und Jugendliche eingeliefert
werden. Mir liegen die Zahlen aus einer Klinik in Salz-
burg vor. Pro Woche werden ein bis zwei Jugendliche
mit Alkoholvergiftung eingeliefert.

Die Handlungsvorgabe ist schlicht und einfach, zum
Beispiel den Alkoholgehalt groß und prägnant auf der
Vorderseite der Flaschen anzugeben und die Kinder, Ju-
gendlichen, Erwachsenen wie auch das Verkaufsperso-
nal darüber zu informieren und Letzteres auf seine Ver-
antwortung hinzuweisen. Der Bundesverband des
Deutschen Lebensmittelhandels hat ein konsequentes
Handeln eingefordert. Dabei stellt sich die Frage, warum
er das nicht schon längst getan hat. Wir werden es von
ihm verlangen.

Die Auflistung der Inhaltsstoffe ist heute schon kurz
angesprochen worden. Koffein, Kohlensäure und Zu-
ckergehalt – Frau Staatssekretärin hat das erwähnt –

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(C (D üssen mit angegeben werden; denn die Mixtur aus offein und Zucker hat eine verheerende Wirkung. Der lkohol wird dadurch schneller vom Körper aufgenomen. Gerade beim ausgiebigen Tanzen in der Disco – ich eiß nicht, wer von Ihnen das gerne macht – ann diese Mischung gefährlich werden. In den Diskoeken werden die Alcopops vermehrt getrunken. Weil sich dort die jungen Leute aufhalten, denen das chmeckt. Von 1998 bis 2003 hat sich der Konsum in Diskothe en von 11 Prozent auf 29 Prozent verdreifacht. Bei dem der Entwicklung befindlichen Körper lösen aber chon kleine Mengen Alkohol große Schäden aus. Es irkt als reines Zellgift, da der junge Körper noch keine assenden Enzyme hat, um den Alkohol im Stoffwechsel bzubauen. (Gustav Herzog [SPD]: Von der Union hört keiner zu und hinterher wissen sie wieder nicht, worum es geht!)


(Heiterkeit bei der SPD)


(Zuruf von der SPD: Warum?)


Der Alkohol geht sofort ins Blut und schädigt die Le-
er, das Gehirn und andere Organe. Bei einem stetigen,
egelmäßigen und mehrjährigen Genuss von Alkohol
äufen sich epileptische Anfälle aufgrund einer starken
ehirnschädigung.
Leider werden die Alcopops in der Regel nicht nur

inmalig, sondern oft über mehrere Jahre hinweg getrun-
en und führen daher oft zur Gewöhnung und daher zum
lkoholismus. Den jungen Konsumenten schmeckt zwar
er Alkohol nicht, aber sie begrüßen die berauschende
irkung und die mit dem Rausch einhergehende Spaß
ringende, ungezwungene und coole Lebensweise.
Die Werbung der Spirituosenindustrie trägt das Üb-

ige dazu bei. Die freche Lifestyle-Werbung vermittelt
en Jugendlichen das Gefühl, dass die Getränke extra für
ie gemacht sind. Die jungen Menschen kommen nicht
aran vorbei, diese poppig und knallig aufgemachten
nd mit frechen Namen versehenen alkoholhaltigen
ischgetränke zu konsumieren, wenn sie in und dabei
ein wollen. Wer Wodka in Tuben abfüllt, hat also keine
ltere Zielgruppe vor Augen. Dafür muss die Werbein-
ustrie bzw. die Spirituosenindustrie eindeutig gerügt
erden. Das weist auch die Studie der BZgA nach.


(Gustav Herzog [SPD]: Darin stimmen wir Ihnen zu!)


Ich weiß, dass Sie mir darin zustimmen, und das freut
ich. Sie haben auch mit Recht festgestellt, dass die
ber 24-Jährigen wenig Alcopops und die über 30-Jähri-
en fast gar keine Alcopops trinken. Es geht hierbei also
m eine junge Zielgruppe. Deswegen sind die Firmen
uch bei Bandauftritten und in Sommercamps vertreten.
ie Musiksender VIVA und MTV sind die Hauptwerbe-
äger.
Wir fordern die Bundesregierung auf, auf die Indus-

ie einzuwirken, diese auf Kinder und Jugendliche






(A) )



(B) )


Gerlinde Kaupa

abzielende Werbung zu unterbinden. Der Definition von
Herrn Torres von Bacardi muss eindeutig widersprochen
werden. Denn er hat angegeben, Bacardi ziele auf junge
Leute, die gerade alt genug seien, Alkohol trinken zu
dürfen.

Wir haben – das muss unterstrichen werden – ein Ju-
gendschutzgesetz, das auch umgesetzt werden muss.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509721300

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.

Gerlinde Kaupa (CSU):
Rede ID: ID1509721400

Erlauben Sie mir noch einen Satz. Wir müssen jetzt

strenger durchgreifen und dürfen nicht zögern, die Mit-
tel, die uns zur Verfügung stehen, sofort umzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509721500

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Georg Fahrenschon von der CDU/CSU-Fraktion.

Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1509721600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bei-

fall nach der Rede der Kollegin Kaupa zeigt, dass wir in
den wesentlichen Punkten im Grunde gar nicht weit aus-
einander liegen. Ich möchte versuchen, der Problemlage
gerecht zu werden. Es wäre falsch, zu behaupten, dass
wir bei der Kennzeichnung der Getränke und der Durch-
setzung des Ordnungsrechts nicht einer Meinung wären.
Im Grunde geht es um ein wesentliches Detail, bei dem
wir unterschiedlicher Meinung sind. Das ist die Frage,
ob eine Sondersteuer hilft oder nicht und, wenn ja, wie
sie ausgestaltet werden soll.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir vor
einem sehr schwierigen Abwägungsprozess stehen. Man
macht möglicherweise einen großen Fehler, wenn man
reflexartig versucht, jedes ordnungspolitische Problem
– hier geht es darum, wie man verhindern kann, dass
Minderjährige Alkohol bekommen – mit Steuererhöhun-
gen zu lösen. Wir bestreiten, dass in diesem Fall eine
Steuererhöhung zur Problemlösung beiträgt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum hat es denn in Frankreich funktioniert?)


Die Ausgangslage ist, dass Kinder und Jugendliche
keine alkoholhaltigen Getränke erhalten sollen. Ange-
sichts dessen dürfen wir nicht einfach die Steuern und
damit auch die Preise erhöhen. Vielmehr müssen wir da-
für sorgen, dass Kinder und Jugendliche solche Getränke
erst gar nicht erhalten. Das ist das zentrale Problem.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit Ihrem Steuervorschlag signalisieren Sie Händ-

lern, Wirten und insbesondere den Jugendlichen, dass
die Bier- und die Weinmixgetränke halb so schlimm
sind; denn auf diese wollen Sie ja keine Strafsteuer erhe-
ben. Ist Alkohol nicht gleich Alkohol, egal auf welcher

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(C (D asis er hergestellt wird? Wird man von einem weinhaligen Mischgetränk wie Prosecco Lemon oder einem iermischgetränk mit Tequila nicht genauso schnell berunken wie von einem Wodkamixgetränk, das Sie beteuern wollen? Erklären Sie mir den Unterschied! lle drei haben einen ähnlich hohen Alkoholgehalt von twa 5,4 Volumenprozent, werden in einer 0,275-Literlasche verkauft und liegen bei Jugendlichen voll im rend. Unsere Kritik ist, dass Ihre Steuer nicht treffen ird. Sie haben das Problem zwar zu Recht aufgegriffen, ber Ihr Steuervorschlag geht an der Lösung vorbei. Das uss hier deutlich gemacht werden. er einzige Unterschied liegt darin, dass Sie Wodkamixetränke, nicht aber Proseccound Biermixgetränke mit iner Sondersteuer belegen wollen. Vor diesem Hintergrund ist die Lenkungswirkung er von Ihnen vorgeschlagenen Sondersteuer fraglich. rau Kollegin, wenn Sie bei Ihren Internetrecherchen etas genauer gewesen wären, dann hätten Sie festgestellt, ass die entsprechende Steuer in Frankreich deshalb icht hilft, weil es zu Absatzbewegungen gekommen ist, nd dass die Spirituosenindustrie bereits angekündigt at, mehr Wein statt Spirituosen beizumischen. Ich möchte mir auch die Zeit nehmen, mich mit dem orliegenden Gesetzentwurf im Detail auseinander zu etzen; denn wenn etwas aus dem Hause Eichel/ chmidt, von den ehemaligen Superstars des Kabinetts, ommt, dann heißt es – das haben wir mittlerweile geernt –, sehr genau hinzuschauen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Simone Violka [SPD]: Dass Sie überall Ihre Finger drin haben, das ist gefährlich!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Frau Kollegin, hören Sie zu! Vielleicht können Sie
och etwas lernen. – Das komplette Finanztableau, das
ie erarbeitet haben, stimmt nicht. Sie gehen davon aus,
ass der Bund durch die Einführung der von Ihnen vor-
eschlagenen Sondersteuer in den Jahren 2004 bis 2007
rotz eines angenommenen Rückgangs des Alcopop-
arktes pro Jahr 12 Millionen Euro Mehreinnahmen ge-
erieren wird. Sie haben aber die Mehrwertsteuermin-
ereinnahmen vergessen. Diese fehlen im Finanztableau.
s gehört zu den Grundlagen der Finanzpolitik, nicht nur
arauf zu achten, was sich bei den Einnahmen tut, son-
ern auch, darauf welche Mindereinnahmen entstehen.
ie Mindereinnahmen aus der 16-prozentigen Mehr-
ertsteuer fehlen im Finanztableau. Sie können selber
achschauen. Auch Sie werden die Mindereinnahmen
us der Mehrtwertsteuer nicht finden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

enn Sie Recht hätten, dann würden der Verbrauch und
amit auch der Erlös aus der Mehrwertsteuer sinken.
as haben Sie übersehen.
Kurz und gut: Wir halten die Erhebung einer Sonder-

teuer – es geht nur um diesen Punkt – für falsch und un-
eeignet. Wir sehen darin einen ordnungspolitischen Irr-






(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon

weg. Wir sollten auf eine strikte Einhaltung des geltenden
Jugendschutzrechtes und auf umfassende Aufklärung,
nicht aber auf willkürliche Sondersteuern setzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509721700

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 15/2587, 15/2619 und 15/2646 an die
in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Katherina Reiche, Helmut Heiderich, Thomas
Rachel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Biotechnologie als Schlüsseltechnologie stär-
ken
– Drucksache 15/2160 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für. Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Katherina Reiche, CDU/CSU-Fraktion.


Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1509721800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Ohne das gentechnisch hergestellte Insulin wäre
die Diabetikerversorgung schon 1995 kollabiert. Noch in
den 80er-Jahren haben militante Gentechnikgegner die
Errichtung einer Insulinanlage in Frankfurt-Höchst ver-
hindert. Es hat über 20 Jahre gedauert, ehe eine entspre-
chende Anlage errichtet war. Das ist ein Skandal und das
ist auch beschämend für unser Land.

Die EU-Regierungschefs haben die revolutionäre
Kraft der Biotechnologie erkannt. 2002 haben sie in Bar-
celona eine strategische Vision für die Biowissenschaf-
ten und für die Biotechnologie bis zum Jahr 2010 entwi-
ckelt.

Andere Mitgliedstaaten setzen bereits um. Der fran-
zösische Innovationsplan ist Ihnen ja bekannt. Sie woll-
ten ihn abschreiben; aber noch nicht einmal dazu hat
es gereicht. Auch in Großbritannien geht man zur Sache.
Erst kürzlich wurde der Bericht des British Innovation
Growth Team vorgelegt. Großbritannien hat sich ehrgei-
zige Ziele gesetzt: Man will weltweit effizientester
Standort für die Durchführung von klinischen Prüfungen

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(C (D erden, die öffentlichen Fördermittel sollen deutlich eröht werden und man will hoch qualifizierte Mitarbeiter ür Wissenschaft und Management ausbilden. Andere andeln; Sie reden bislang nur. Zweifelsohne hat Deutschland als Biotechnologie tandort ein erhebliches Potenzial. Wir haben eine exzelente Forschungsbasis. In unserem Land gibt es rund 50 Biotech-Unternehmen. In den 90er-Jahren begann nter Jürgen Rüttgers ein beispielloser Aufholwettbeerb. Deutschland war bis noch vor wenigen Jahren iotech-Standort Nummer eins in Europa. Doch die Euphorie der Gründerjahre ist weitgehend erpufft. Bei den Start-up-Unternehmen geht es jetzt um ewährung und um Konsolidierung. Es gibt keinen Kaitalmarkt für technologieorientierte Unternehmen. Der eue Markt ist tot. Die Unternehmen der Roten Gentechnik stellen nur enige Produkte her, die zumindest einigermaßen arktreif sind. Weltweit werden mehr als 60 Millionen ektar mit gentechnisch veränderten Pflanzen bestellt. ir sind auf dem Gebiet der Grünen Gentechnik dageen abgeschlagen. Wenn unser Standort mithalten oder sogar die Tech ologieführerschaft beanspruchen will, dann brauchen ir endlich eine nationale Biotechnologiestrategie: Als Erstes brauchen wir eine intelligente For chungsförderung, die neue Forschungsfelder besetzt nd auch Anreize für den Nachwuchs gibt. Das Natioale Genomforschungsnetz war ohne Zweifel eine gute dee. Eine schlechte Idee ist es, die Mittel für die zweite örderphase nun um 25 Prozent, um 135 Millionen uro, zu stutzen. Als Zweites brauchen wir gute Rahmenbedingungen ür die Biotechnologiebranche wie auch für die Abneher. Es wäre schon viel gewonnen, wenn die Bundesreierung ihre Wirtschafts-, Forschungs-, Rechts-, Geundheitsund Verbraucherschutzpolitik abstimmen ürde. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Gewinner ind immer die Bremser. Nach einer Umfrage der Unternehmensberatung roege & Co. droht der Hälfte der Biotech-Firmen in en nächsten zwölf Monaten das Geld auszugehen. angjährige Tests, klinische Vorlaufphasen sowie die roduktentwicklung und -vermarktung erfordern Millioen. Es geht hierbei nicht um das Schicksal irgendeiner zene, sondern um volkswirtschaftliche Verantwortung. ir brauchen wieder einen Kapitalmarkt für Technoloieund Wachstumswerte. Der aufgelegte Dachfonds es ERP-Sondervermögens und des EIF ist nicht chlecht; aber er wird wohl nicht ausreichen. Dass die Deutschen ihr Geld lieber in Schiffsanleihen nd in Filmfonds stecken als in neue Technologien, hat iel mit Ihrer schlechten Steuerund Wirtschaftspolitik u tun, vor allem aber mit der Stimmung im Land, die ot-Grün verbreitet. Diese Stimmung wird täglich chlechter. Katherina Reiche (Beifall bei der CDU/CSU – René Röspel [SPD]: Und das schlechte Wetter hat auch damit zu tun!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


Die VC-Industrie in den USA investierte allein im
dritten Quartal 2003 3,5 Milliarden Euro in junge Tech-
nologieunternehmen. Deutschland investierte im selben
Zeitraum ein Siebenundvierzigstel davon, nämlich
75 Millionen Euro.

Meine Damen und Herren, die Pharmaindustrie ist da-
bei abzuwandern. Anfang der Woche stellte das DIW
eine Studie vor, aus der hervorgeht, dass deutsche Unter-
nehmen bereits 36 Prozent ihrer Forschungs- und Inno-
vationsausgaben im Ausland tätigen.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Die Regierung verschläft alles!)


Kein Wunder, denn Innovationen brauchen Rechtssi-
cherheit. Die Nichtumsetzung der Biopatentrichtlinie be-
wirkt das genaue Gegenteil.

Das traurigste Kapitel ist und bleibt die Grüne Gen-
technik. Spätestens am 11. Februar dieses Jahres war
das groß angekündigte Jahr der Innovationen schon vor-
bei; denn an diesem Tag passierte der Entwurf des Gen-
technikgesetzes das Kabinett. Es handelt sich um einen
Ausstiegserlass: Bürokratie, abschreckende Haftungsre-
gelungen, drakonische Strafandrohungen. Frau Bulmahn
hat von Rechtssicherheit für die Forschung und von ei-
nem wichtigen Signal für die Biotechnologiebranche ge-
sprochen.


(Jörg Tauss [SPD]: Genomforschung!)

Ich frage mich, wie sie so etwas tun kann. Sie verhöhnt
eine ganze Branche.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Die Blockierer haben sich durchgesetzt!)


Die Wahrheit lautet: Frau Künast hat einmal wieder ge-
wonnen und Frau Bulmahn musste den Kürzeren ziehen.
Professor Dr. Hans-Jörg Jacobsen, Präsident des Verban-
des Deutscher Biologen, kommentierte dann auch – ich
zitiere –:

Das Gesetz schränkt die Freiheit der Forschung
massiv ein. Wenn sich diese Linie durchsetzt, kann
man der deutschen Wissenschaft nur empfehlen,
sich ausländische Partner zu suchen, um eine Ver-
wertung ihrer Forschungsergebnisse sicherzustel-
len.

Die altehrwürdige Leopoldina sah sich ebenfalls zu einer
vernichtenden Stellungnahme gezwungen. Sie führt aus,
dass das, was Sie hier vorgelegt haben, wissenschaftlich
unredlich ist.

Solche rot-grünen Innovationsbremsen brauchen wir
nicht. Wir brauchen ein Gentechnikgesetz, das unbüro-
kratisch ist, die Forschung erleichtert, die Anwendung
möglich macht und Landwirten und Verbrauchern eine
echte Wahlfreiheit gibt,


(Jörg Tauss [SPD]: Aber die Landwirte schreien dagegen!)


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(C (D as heißt, nicht nur die Möglichkeit, sich gegen Genechnik zu entscheiden, sondern auch die Möglichkeit, ich für Gentechnik zu entscheiden. Aber die zweite öglichkeit haben Sie völlig ausgeklammert. Ich kann hnen nur empfehlen, die ideologischen Geröllhalden egzuschaffen und hier mehr Offenheit walten zu lasen. Ich prophezeie Ihnen: Andere Länder werden die rüne Gentechnik für das umweltfreundliche Herstellen on Nahrungsmitteln, von allergiearmen Lebensmitteln nd von Pharmaka nutzen. Wenn Sie noch lange regieen, werden wir hohe Lizenzgebühren zahlen. Der Biotechnologiestandort Deutschland steht vor ei em Scheideweg. Wir haben eine Gesamtstrategie vorelegt. Sie liegt Ihnen seit langem vor. Setzen Sie sie m! Wir brauchen Freiheit und vor allem langfristige icherheit für die Forschung. Wir brauchen eine stärkere etzwerkbildung zwischen Hochschulen, Forschungsinrichtungen und Wirtschaft. Wir haben Ihnen vorgechlagen, ein Zehnjahresprogramm zur Entwicklung der iotechnologischen Potenziale im Bereich Landwirtchaft, Umwelt und Ernährung aufzulegen. Wir brauhen vor allem mehr Offenheit und mehr Risikobereitchaft. Dabei sollte zumindest meiner persönlichen berzeugung nach auch den Forschern auf dem Gebiet er Stammzellforschung mehr vertraut werden. (Jörg Tauss [SPD]: Sagen Sie das mal Frau Böhmer!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


in Bekenntnis zu Innovationen muss mehr beinhalten
ls eine PR-Strategie, die Sie derzeit fahren. Handeln Sie
ndlich!


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509721900

Das Wort hat der Kollege René Röspel, SPD-Frak-

ion.

(Beifall bei der SPD)



René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1509722000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Wie jedes Jahr liegt uns wieder ein Antrag der
DU/CSU-Fraktion zur Biotechnologie vor.


(Ulrike Flach [FDP]: Jeden Monat! – Katherina Reiche [CDU/CSU]: Wir machen wenigstens etwas!)


ie jedes Jahr wollen Sie uns wieder Versäumnisse vor-
erfen und wie jedes Jahr wird Ihnen das wieder nicht
elingen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der jetzige Antrag trägt einen neuen Titel: „Biotech-
ologie als Schlüsseltechnologie stärken“. Eingebracht
aben Sie den Antrag am 9. Dezember 2003, einen Tag,
evor wir die Anhörung im Forschungsausschuss hat-
en, die sich mit Biotechnologie als Schlüsseltechnologie






(A) )



(B) )


René Röspel

befasst hatte. Vielleicht hätten Sie einfach einmal ein
wenig länger warten sollen, dann hätten Sie die Erkennt-
nisse aus dieser Anhörung in Ihrem Antrag verwerten
können und dann wäre er vielleicht ein bisschen besser
geworden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ulrike Flach [FDP]: Aber die Ergebnisse waren vernichtend!)


Der Sachverständige Dr. Ulrich Dolata

(Katherina Reiche [CDU/CSU]: Ja, der war der Einzige!)

hat in der Anhörung am 10. Dezember eine Definition
zur Schlüsseltechnologie gegeben. Er hat drei Merkmale
für Schlüsseltechnologien genannt: Das erste Kriterium
für eine Schlüsseltechnologie ist, dass sie Durchbrüche
in der Grundlagenforschung bewirkt, das zweite, dass es
daraufhin eine Welle von Basisinnovationen gibt, das
dritte ist die Erschließung neuer Märkte durch eine be-
achtliche Zahl neuer Produkte und Verfahrensinnovatio-
nen. Als viertes mögliches Kriterium hat er noch ge-
nannt, dass sie in aller Regel zu doch beträchtlichen
Veränderungen in Lebensweisen und Konsummustern
einer Gesellschaft führe. Die Biotechnologie erfüllt min-
destens die ersten drei Kriterien. Auch deshalb wird die
Biotechnologie von SPD und Bundesregierung massiv
gestützt und unterstützt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir würden dies übrigens auch tun, wenn es keine
Schlüsseltechnologie wäre, weil Grundlagenforschung
für uns ein Wert an sich ist, den es zu unterstützen gilt.
Wenn dann noch wirtschaftliche Bedeutung und Anwen-
dung hinzukommen, ist das erst recht der Fall; dann ist
das gut und wunderbar. Deswegen unterstützen wir die
Biotechnologie.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Allerdings interessiert uns die ethische Bewertung ei-
ner neuen Technologie genauso wie die ökologischen
Auswirkungen und die wirtschaftliche Bedeutung. Der
eben zitierte Dr. Dolata sagte, Gentechnologie sei keine
universell einsetzbare Technologie, sie habe einen sehr
eingeschränkten Anwendungsbezug. Er sieht zum Bei-
spiel die Beschäftigungsfrage eher skeptisch. In der Tat
wird im Bericht zur Biotechnologie von Ernst & Young
aus dem Jahre 2003 davon gesprochen, dass in Deutsch-
land etwa 13 400 Beschäftigte in diesem Bereich arbei-
ten. Wenn man das beispielsweise mit der Windener-
giebranche vergleicht, ist das eine kleine Zahl.
Nichtsdestotrotz wird die Biotechnologie von uns und
unserer Regierung herausgehoben und gut gefördert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie werfen uns immer vor, wir täten nicht genug für
diese Branche; das steht, zumindest unterschwellig, auch
in Ihrem Antrag. Das allerdings, meine sehr verehrten

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(C (D amen und Herren, geht meilenweit an der Realität vorei. Sie sollten die Realität nicht bestreiten. Ich will nicht leugnen, dass – das erwähne ich aus rücklich – auch in der Regierungszeit von Helmut Kohl ichtige Schritte zur Entwicklung der Biotechnologie egangen worden sind; Sie haben wichtige Initiativen erriffen. (Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/ CSU]: Seitdem geht es leider abwärts!)


as gehört zur Wahrheit und das lässt sich von diesem
ult aus durchaus einmal verkünden.
Wahrheit ist aber auch – das darf ebenfalls nicht be-

tritten werden –, dass während der letzten Jahre der
mtszeit Helmut Kohls der Forschungsetat regelmäßig
ekürzt worden ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ürgen Rüttgers ist immer mit großen Forderungen in
as Amtszimmer von Helmut Kohl gegangen und mit ei-
em gekürzten Etat wieder herausgekommen. Zukunfts-
inister, hat man mir gesagt, sei Jürgen Rüttgers wohl
eswegen genannt worden, weil der Altkanzler Kohl
hm immer gesagt habe: In Zukunft wird alles besser.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Recht hat er behalten, der alte Kanzler; die Zukunft
rach 1998 mit der Übernahme der Regierung durch
ot-Grün und der Übernahme des Ministeriums durch
delgard Bulmahn als Bundesministerin für Bildung und
orschung an.


(Katherina Reiche [CDU/CSU]: Ach du liebe Zeit! Es ist so schlecht wie nie!)


ie realen Zahlen beweisen das schlicht und einfach;
an kann sie sich überall heraussuchen, auch Sie, Herr
retschmer, der Sie erst 2002 ins Parlament gekommen
ind.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Kommen Sie zurück nach Deutschland!)


Die im Bundeshaushalt für Bildung und Forschung
orgesehenen Ausgaben lagen 1997 und 1998 fast
nverändert bei jeweils 10,2 Milliarden Euro. Das
ennt man üblicherweise Stagnation. Erst 1999 wurden
ie auf 10,3 Milliarden Euro erhöht, 2000 auf
0,5 Milliarden Euro und 2001 auf 11,5 Milliarden
uro; heute liegen sie bei 12,5 Milliarden Euro. In Pro-
enten ausgedrückt ist das gegenüber 1998 eine Steige-
ung des Haushaltes für Bildung und Forschung um satte
2 Prozent.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


ch glaube, Jürgen Rüttgers wären vor Stolz die Jacken-
nöpfe geplatzt, wenn er einen solchen Etat hätte vor-
eisen können.

(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Und draußen stehen die Unternehmen und sagen – –)







(A) )



(B) )


René Röspel

– Herr Kretschmer, das ist das, was wir als Regierung
tun können und was Sie in Ihrem Antrag fordern.

Diese Steigerungsraten gelten auch für die Biotechno-
logie. Sie handeln als Opposition hart an der Grenze der
Redlichkeit, wenn Sie uns vorwerfen, dass der Ansatz im
Haushalt 2003 für den Bereich Biotechnologie mit
106 Millionen Euro geringfügig unter dem Ansatz
im Haushalt 2002, also des Vorjahres, mit 109 Millio-
nen Euro liege.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist schon unredlich!)

Das waren im Ist-Ansatz, also bei den abgeflossenen
Mitteln, 3 Millionen Euro weniger. Aber wenn Sie so ar-
gumentieren, dann müssen Sie auch sagen, dass wir es
waren, die die Mittel mit einer gewaltigen Anstrengung
auf das Niveau von 109 Millionen Euro erhöht haben.


(Beifall bei der SPD)

1998 waren es lediglich 86 Millionen Euro. Wir haben
die Mittel auf 100 Millionen Euro hochgezogen; das ist
eine Erhöhung um satte 23 Prozent. Eine solche Steige-
rung im Biotechnologieetat hat es vorher nie gegeben.
Aber wir kennen das von Ihnen, auch aus anderen
Diskussionen des heutigen Tages: Hätten wir um
50 Prozent erhöht, wäre auch das zu wenig gewesen.
Sie aber schlagen eine Steuerreform vor, mit der Sie
Besserverdienende entlasten wollen, was den Staat
10 Milliarden Euro kostet. In jedem Etat fordern Sie
neue Ausgaben, aber Sie können nicht darlegen, wo Sie
das Geld hernehmen wollen. Sie wollen weniger einneh-
men, aber trotzdem mehr ausgeben.


(Beifall bei der SPD)

Das passt nicht, aber das ist Ihr Glaubwürdigkeitspro-
blem und nicht unseres.

Wir haben für die Biotechnologie eine Menge getan
und können uns damit wahrlich sehen lassen. Wir, ein-
schließlich der Bundesregierung, haben nämlich dafür
gesorgt, dass Deutschland erstmals einen Spitzenplatz in
Europa eingenommen hat, was die Zahl der Biotechno-
logieunternehmen anbelangt. Das haben wir geschafft
und nicht Sie.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Trotzdem muss man sagen, dass die kommerzielle Bio-
technologiebranche an einem Punkt angelangt ist, der im
Report von Ernst & Young als „Zeit der Bewährung“
und als eine beginnende „Konsolidierung“ bezeichnet
wird. Während die Zahl der Biotech-Unternehmen im
Jahr 1995 bei 75, im Jahr 1998 bei 222 lag und im Jahr
2001 mit 365 den Höchststand erreichte, ist die Zahl der
Unternehmen im Jahr 2002 in der Tat um fünf Unterneh-
men auf 360 zurückgegangen. Es gibt also einen Prozess
der Konsolidierung. Dieser Prozess kann auch in ande-
ren Ländern beobachtet werden; er setzte dort schon frü-
her ein. Es ist aber ganz normal – das wird von vielen so
gesehen –, dass es in einem neuen Technologiebereich
eine Konsolidierung gibt.

Die Bundesregierung hält aber nicht inne, sondern sie
nimmt diese Herausforderungen an. Viele der Forderun-

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(C (D en in Ihrem Antrag sind schon erledigt. Genomforchung, Proteomforschung, Nanobiotechnologie, Bioinormatik genauso wie Systembiologie gehören bereits zu en zentralen Punkten unseres Biotechnologie-Förderrogramms, deren Förderung in Ihrem Antrag gefordert ird. Die Mittel für das Nationale Genomforschungsnetz, ine Erfolgsstory in der Forschungsszene, werden nicht m 135 Millionen Euro gekürzt, Frau Reiche. Ein Minus ieht nämlich anders aus. Im Gegenteil: Es kommen 35 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren hinzu. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: In diesem Jahr wird gekürzt!)


Herr Tauss hat vor einiger Zeit am parlamentarischen
bend des Nationalen Genomforschungsnetzes teilge-
ommen. Aus Ihren Reihen habe ich leider nur Herrn
ergner in Erinnerung. Er konnte die Begeisterung der
orscher über dieses Programm wahrnehmen. Dieses
rogramm ist eine gute und wichtige Sache. Wir werden
s weiterführen.
Es gibt eine große Anzahl von Förderprogrammen,

ie alle das Ziel haben, die Biotechnologie, Regionen,
nternehmen sowie junge Forscher zu unterstützen. Ich
ann nicht alle nennen, weil es den Rahmen meiner
ede sprengen würde.
Auch das aus meiner Sicht zentrale Problem der Bio-

echnologie wird vonseiten der Bundesregierung ange-
angen, nämlich das Fehlen von Wagniskapital. Für
unge Start-ups ist es nicht einfach, Wagniskapital auf
em freien Markt zu bekommen. Deswegen gibt es den
ightech-Masterplan. Mit ihm wollen wir junge Innova-
ionsunternehmen durch die Eröffnung von neuen Finan-
ierungsquellen, beispielsweise durch die Schaffung ei-
es Dachfonds für Wagniskapital, unterstützen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


s bleibt aber dabei: Letztendlich muss es der Markt
ichten. Der Staat kann nicht die Aufgaben übernehmen,
ie eigentlich die Industrie zu übernehmen hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der
DU/CSU, einen Teil Ihres Antrags will ich ausdrück-
ich unterstützen. Ich glaube, wir brauchen dringend eine
esetzliche Regelung für die genetische Diagnostik;
a haben Sie Recht. Hier ist es nur zu begrüßen, dass das
esundheitsministerium im Frühsommer endlich einen
ntsprechenden Gesetzentwurf vorlegt.
Zum Schluss noch eine Bitte an die Opposition: Brin-

en Sie auch nächstes Jahr wieder einen entsprechenden
ntrag ein! Die Debatte darüber ist immer eine gute Ge-
egenheit, unsere Erfolge der Öffentlichkeit vorzustellen.
Danke schön.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509722100

Das Wort hat die Kollegin Ulrike Flach, FDP-Frak-

tion.

Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1509722200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Röspel, ich bin – anders als die Kolleginnen und Kolle-
gen der CDU/CSU – schon der Meinung, dass Sie natür-
lich dank der von der Kohl-Regierung auf den Weg ge-
brachten UMTS-Gelder in der Lage waren, Geld in die
entsprechenden Etats zu pumpen.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wir haben es hineingetan!)


Bei Ihnen ist weniger das Geld als die Atmosphäre, die
in diesem Forschungsgebiet herrscht, das Problem. Lie-
ber Herr Kollege Röspel, ich schätze Sie sehr.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber ich muss sagen, dass Sie es immer und immer wie-
der, begleitet von Herrn Fell, schaffen, sozusagen einen
Schleier vor allen Dingen über die Grüne Gentechnik zu
stülpen. Da nutzt auch alles Geld nicht.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/CSU])


Wenn wir die derzeitige Situation betrachten, dann
muss man sagen, dass es sich um eine sehr verworrene
parteipolitische Diskussion handelt. Bei den Roten ha-
ben wir den Eindruck, dass es dort eine sehr gespaltene
Haltung gibt. Bei den Grünen haben wir den Eindruck,
dass sie total gegen alle Innovationen in der Roten und
Grünen Gentechnik sind. Bei den Schwarzen haben wir
den Eindruck, dass in dieser Debatte nur die Vertreter
der Gentechnologielobby anwesend sind. Es ist natürlich
so – da stimme ich Herrn Röspel zu; die CDU/CSU stellt
ja viele Anträge in diesem Bereich –, dass durch diesen
Antrag verdeckt wird, dass große Teile der CDU/CSU-
Fraktion leider nicht hinter einer innovativen Form der
Grünen und Roten Gentechnik stehen.


(Beifall bei der FDP)

Wir haben sicherlich alle ein ungutes Gefühl, was die

Gesamtstrategie in Sachen Biotechnologie angeht. Frau
Bulmahn redet zwar viel, aber an vielen Stellen ist der
Bruch in dieser Strategie der Bundesregierung deutlich
zu erkennen. Wenn ich mir anhöre, was Frau Künast
– Herr Loske wird wahrscheinlich gleich Ähnliches sa-
gen – in diesen Tagen zum Thema Biopatent gesagt hat,
muss ich erneut feststellen, dass wir es mit einer Bundes-
regierung zu tun haben, die im Bereich Forschung zwar
auf der einen Seite deutliche Schritte nach vorn unter-
nimmt, gleichzeitig aber – dominiert von grünen Minis-
tern – in die andere Richtung galoppiert.

Herr Röspel, ich war erstaunt über das, was Sie uns in
dieser Woche im Ausschuss über die Versuche mit gen-
technisch veränderten Apfelsorten in Quedlinburg er-
zählt haben. Sie sagten, dass gegen diese Versuche aus
wissenschaftlicher Sicht überhaupt nichts einzuwenden
ist.


(René Röspel [SPD]: Was ist daran erstaunlich?)


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(C (D ie beriefen sich aber auf 200 Bürger, die dagegen proestiert haben. Dieser Protest ist für die Bundesregierung rund genug, ein ganzes Forschungsfeld einzustampfen. ch bin erstaunt über diese atmosphärischen Bewegunen in Ihrer Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Drei!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509722300

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Röspel?

Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1509722400

Sicher. Warum nicht?

René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1509722500

Liebe Frau Kollegin, ich schätze Sie auch.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


ichtsdestotrotz sollten wir uns damit inhaltlich ausein-
nder setzen. In der Tat habe ich in dieser Woche im
usschuss gesagt – ich habe dies, wie ich es üblicher-
eise versuche, mit wissenschaftlichen Quellen belegt –,
ass ich bei einer begrenzten Auspflanzung nicht Blüten
reibender Apfelbäume für vier Jahre aus wissenschaftli-
her Sicht kein Problem sehe. Das heißt, dass ich Grüne
entechnik und Biotechnologie mit bestimmten Voraus-
etzungen verknüpfe.
Bestreiten Sie, dass die Politik auf eine Verunsiche-

ung in der Bevölkerung reagieren und entsprechend
andeln sollte? Das BMVEL hat genau das getan. Man
at gesagt: Es gibt Akzeptanzprobleme bei der Freiset-
ung und deswegen machen wir das nicht.

Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1509722600

Lieber Herr Röspel, die FDP legt immer einen großen
ert auf die Meinungen der Bürger.


(Zurufe von der SPD: Oh!)

in großer Anteil der Bürger dieses Landes spricht sich
ro Grüne Gentechnik und pro Rote Gentechnik aus.
Ich haben meinen Finger vor allem in eine Wunde ge-

egt: Wenn Bürger, seien es fünf oder zehn – in diesem
all waren es 200 Leute –,


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Drei!)

ufstehen und aufschreien, nutzen Sie die Gelegenheit,
ies als Axt gegen die Grüne Gentechnik einzusetzen.
ür mich ist das keine politische und schon gar keine
issenschaftliche Begründung, um von einem For-
chungsversuch Abstand zu nehmen, von dem wir alle
issen, dass er wichtig für dieses Land ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


o katapultieren wir uns aus dieser Szene hinaus. Allein
us diesem Grunde sollten Sie sich überlegen, was es






(A) )



(B) )


Ulrike Flach

bedeutet, wenn man aufgrund der Proteste von 200 Bür-
gern einknickt und das entsprechende Bundesland
zwingt, von dem Forschungsvorhaben Abstand zu neh-
men.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509722700

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Heiderich?

Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1509722800

Ja, sicher.

(Jörg Tauss [SPD]: Die andere Fraktion ist jetzt übrigens auch gekommen! Frau Böhmer ist da! – Gegenruf der Abg. Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Schön! Ich freue mich auch, Sie zu sehen, Herr Tauss!)



Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1509722900

Frau Kollegin Flach, ist Ihnen bekannt, dass die Ant-

wort der Bundesregierung auf die Rückfrage, wie groß
der Widerstand aus der Bevölkerung in Quedlinburg
gewesen sei, lautete, es habe drei – ich wiederhole: drei –
Einsendungen aus Quedlinburg gegeben, in denen man
sich gegen die Freisetzung ausgesprochen habe?


(Zuruf des Abg. René Röspel [SPD])

– Herr Kollege Röspel, wenn Sie schon dazwischenru-
fen, sollten Sie zwischen Pillnitz und Quedlinburg unter-
scheiden. – Aufgrund dieser drei Einwendungen aus
Quedlinburg wurde dieser Versuch gecancelt.

Ist Ihnen auch bekannt, dass die amerikanische Natio-
nal Academy of Science wenige Tage später einen Ver-
such zur Virusresistenz von Apfelbäumen, der, so glaube
ich, in Amerika und der Schweiz durchgeführt wurde, in
höchsten Tönen gelobt und als einen großen wissen-
schaftlichen Durchbruch bezeichnet hat?


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1509723000

Lieber Kollege Heiderich, der zweite Punkt ist mir

natürlich bekannt. Ich finde es ausgesprochen nützlich,
wenn man in der nationalen Diskussion auf solche Bei-
spiele hinweist. Der erste Punkt war mir bis zu diesem
Augenblick nicht bekannt. Mir liegt nur die Zahl 200
vor. Damit ist die Situation aber weiß Gott treffend von
Ihnen umschrieben. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie mir
da auf die Sprünge geholfen haben. Wenn Herr Röspel
jetzt schon von wissenschaftlichen Untersuchungen Ab-
stand nimmt, wenn nur drei Bürger Einwendungen ma-
chen,


(René Röspel [SPD]: Nee, nee, nee!)

dann wird es allerdings ganz bunt in diesem Lande.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Lassen Sie mich aber trotzdem auch etwas zu den

Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU sagen, vor
allen Dingen, da Frau Böhmer jetzt zu uns gestoßen ist.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, liebe Kolleginnen und Kol-

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(C (D egen von der CDU/CSU, wenn Sie Ihre positive Halung zur Grünen Gentechnik auch einmal auf die Rote entechnik ausdehnen würden. ie alle wissen, dass ich Frau Reiche in Ihren Ansätzen ur Unterstützung der Roten Gentechnik immer deutlich nterstützt habe. Es nützt aber nichts, uns – wie Kollege öspel eben zu Recht anführte – jeden Monat einen Anrag zum Thema Biotechnik auf den Tisch zu legen, enn Sie sich in Ihren Kreisen nicht einig sind. Er hat zwar jährlich gesagt, aber wir haben eigentlich eden Monat einen neuen Antrag. – Ich kann Ihnen versihern, die FDP wäre völlig auf Ihrer Seite und wir würen liebend gern all Ihre Anträge unterstützen, wenn es iesen Bruch in Ihrer Meinung nicht gäbe. Als Mitglied der Enquete-Kommission muss ich auch agen: Wenn ich mir Herrn Hüppe anhöre, der heute bend glücklicherweise nicht da ist, (Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber kein feiner Stil hier!)


(Beifall bei der FDP)


(Jörg Tauss [SPD]: Er hat jährlich gesagt!)


ann kann ich nicht mehr erkennen, dass die CDU/CSU
ine proinnovative Haltung auf diesem Gebiet hat.


(Beifall bei der FDP)

ch bedauere es sehr, dies sagen zu müssen. Sie wissen,
ass ich Ihnen gerne zustimmen würde.
Ich will an dieser Stelle noch etwas anderes sagen.
err Röspel hat eben von dem Gentechnikgesetz und
zumindest in Ansätzen – von der genetischen Diag-
ostik gesprochen. Ich wäre den Kolleginnen und Kolle-
en in diesem Raume sehr dankbar, wenn wir über alle
deologischen Grenzen hinweg bei dem Thema Diagnos-
ik, sprich PID, in diesem Jahr zu einem Ergebnis kä-
en.


(René Röspel [SPD]: PID? Wieso das denn?)

Ich interpretiere jetzt einmal die Diagnostik als PID.


(René Röspel [SPD]: Nein, das ist etwas anderes!)


Ich weiß wohl, dass das etwas anderes ist. Ich will aber
rotzdem an dieser Stelle sagen: Auch das gehört zu ei-
em innovativen Klima in diesem Lande.


(Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Jetzt ist die Grenze aber überschritten, Frau Flach! – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch mit Diagnose nichts zu tun!)


Natürlich.
Wir müssen in der Lage sein, Gesetze auch einmal

hne emotionale Aufwallungen zu diskutieren.

(Beifall bei der FDP)


eswegen, liebe Frau Böhmer, will ich Ihnen das an die-
er Stelle mit auf den Weg geben und ankündigen, dass
ir Liberalen unabhängig von allen Diskussionen über






(A) )



(B) )


Ulrike Flach

Biotechnologie in den nächsten Wochen den Antrag zu
diesem Thema endgültig auf den Weg bringen werden.


(Beifall bei der FDP – Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: Das wundert mich bei Ihnen überhaupt nicht!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1509723100

Nächster Redner ist der Kollege Hans-Josef Fell,

Bündnis 90/Die Grünen.

Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509723200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Biotechnologie ist ein wichtiger Forschungs-
zweig für neue Arbeitsplätze und auch für neues Unter-
nehmertum. Ganz klar, wir sind erst am Anfang der
Chancen der Biotechnologie. Ich wundere mich, dass
Sie, meine Damen und Herren von der Union und der
FDP – das werde ich noch näher ausführen –, eine völlig
einseitige Betrachtung der Möglichkeiten und Chancen
der Biotechnologie anstellen.

Ich habe kein Wort gehört zur Weißen Biotechnolo-
gie. Die Weiße Biotechnologie ist eine neue Möglich-
keit, die sich aus Forschungsergebnissen ergibt.


(Katherina Reiche [CDU/CSU]: Das steht in unserem Antrag! Ich konnte leider nicht alles vorlesen!)


Beispielsweise kann man Flachsfasern, auch Fasern, die
aus Hanf gewonnen werden, mit Enzymen so verändern,
dass sie die modernen Chemiefasern in ihrer Qualität er-
setzen können. Ich habe nichts dazu gehört, dass man
aus Holz und Gras in biotechnologischen Verfahren,
über enzymatische Veränderungen, neue Treibstoffe ge-
winnen kann.


(Katherina Reiche [CDU/CSU]: Dann müssen Sie lesen, Herr Kollege!)


Große Konzerne wie VW, Daimler-Chrysler, BP, Shell,
Choren Industries – zwar kein Konzern, aber sie haben
die Technologie – treiben diese Verfahren voran. Sie
wissen offensichtlich gar nicht, was für Chancen in der
Biotechnologie liegen, zum Beispiel um Bioethanol zu
gewinnen. Ich weise auch auf die gesamte Palette der
nachwachsenden Rohstoffe hin: Wir können Kunststoffe
aus Pflanzenöl herstellen, wir können Farben und Lacke
aus Naturstoffen kreieren, neue Werkstoffe aus Flüssig-
holz entwickeln – eine hochinteressante neue Technolo-
gie. Ich nenne auch die Bionik – ein riesiges Feld. Die
Nanobionik wird ganz spannend werden. Wir werden
vielleicht lernen können, wie man Holz produziert, und
damit technologische Verfahren entwickeln. Nichts von
all diesen Chancen höre ich in der Debatte von Ihnen.
Dabei bieten gerade diese biotechnologischen Verfahren
gewaltige Chancen für Klimaschutz, für Ressourcen-
schonung, für giftfreie Chemie, für Innovation und für
Arbeitsplätze.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Auch im Bereich der Lebenswisssenschaften bieten
biotechnologische Verfahren unglaublich vielfältige

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(C (D öglichkeiten: regenerative Medizin; neue Medikaente – beispielsweise mit gentechnisch erzeugten Antiörpern zur Krebsbekämpfung; ich habe mir das erst vor urzem bei einem erfolgreichen Start-up, Morphosys bei ünchen, angeschaut –; Naturstoffe für neue Medikaente, die die Biodiversität der Natur nutzen. Aber was machen Sie? Sie reden den Biotechnologie tandort Deutschland einfach kaputt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

ie richten den Blick immer wieder auf zwei isolierte Pro-
lembereiche und heben diese heraus. Sie kennen offen-
ichtlich Rote Gentechnik vor allem dort, wo sie ethisch
robleme bereitet. Sie kennen von der Grünen Gentechnik
ur das, was die Verbraucher zu 80 Prozent ablehnen,
ämlich gentechnisch veränderte Lebensmittel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


er diese Debatte so wie Sie führt, der schadet damit
em Biotechnologiestandort Deutschland in hohem
aße.
Denn es geht um mehr als um Freisetzungsversuche.

s geht um mehr als darum, ob wir uns endlich in Fragen
er Ethik einigen. Frau Flach, Sie haben darauf hinge-
iesen, dass der Riss auch quer durch die Union geht,
enn die ethischen Fragen im Vordergrund stehen. Wir
ollten nicht mehr die Technologien in den Vordergrund
ücken, die in der Gesellschaft keine oder nur geringe
kzeptanz finden. Wenn 80 Prozent der Bürger gentech-
isch veränderte Lebensmittel ablehnen


(Ulrike Flach [FDP]: Es sind ja nicht einmal 80 Prozent!)


das tun sie nach allen Umfragen konstant –,

(Ulrike Flach [FDP]: Nein!)


ann sollten wir das ernst nehmen, uns beschränken und
ie Vielfalt der anderen biotechnologischen Verfahren
utzen. Wir nehmen das ernst und wissen, dass Verbrau-
herschutz, Ökologie und soziale Fragen mit der Bio-
echnologie zusammenhängen.
Zu dem Beispiel der gentechnisch veränderten Äpfel.

ch habe Frau Pieper schon gestern im Ausschuss, als sie
u einer großen Debatte über den Wirtschaftsstandort
eutschland ausholte und das fehlende Wirtschafts-
achstum anmahnte, wo ja etwas dran sein kann


(Lachen bei der CDU/CSU – Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/CSU]: Da ist einiges dran!)


wir kennen die Zahlen –, gesagt, dass die Apfelindus-
ie nicht in der Lage ist, mit Freisetzungsversuchen mit
entechnisch veränderten Äpfeln die gewünschten Wirt-
chaftswachstumsraten herbeizuführen. Man muss da
chon richtig gewichten. Ich esse sehr gerne Äpfel und
tehe dahinter. Wir wollen sie vom Feuerbrand befreien.
ber dafür gibt es andere Möglichkeiten. In den Berei-
hen, die die Bürger ablehnen, brauchen wir die Gen-
echnik nicht in hohem Maß.






(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell

Ich möchte Sie bitten: Wenden Sie sich den biotech-

nologischen Verfahren zu, die auch wir im Blick haben!
Hier haben Sie ganz große Blockaden. Welche Chancen
bietet uns beispielsweise eine neue Chemie? Welche In-
novationen ermöglicht das REACH-Verfahren gerade
im Zusammenhang mit nachwachsenden Rohstoffen?
Sie lehnen diese Innovationen aus ideologischen Grün-
den ab,


(Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/ CSU]: Woher wissen Sie das? So ein Unsinn!)


weil Sie der Chemieindustrie, die Probleme im Giftbe-
reich und anderswo hat, Bestandsschutz gewähren wol-
len. Wir aber wollen gerade mit dem REACH-Verfahren
Innovationen anstoßen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Wir sollten über den Großen Teich schauen: Die US-
Chemieindustrie hat schon beschlossen, 20 Prozent der
erdölbasierten Chemieprodukte bis zum Jahre 2020
durch pflanzliche Chemieprodukte zu ersetzen – ein Bei-
spiel, das wir uns zu Herzen nehmen sollten. Die deut-
sche Chemieindustrie ist von diesem Ziel weit entfernt –
wahrscheinlich wegen Ihrer verblendeten Diskussion.

Ich vermisse in Ihrem Antrag verschiedene Dinge.
Beispielsweise sagen Sie, man müsse mit mehr Mitteln
mehr finanzieren. – Völlig d’accord. Sie sagen auch,
man müsse die Mittel umschichten. Nur vermisse ich die
Angabe, wo Sie kürzen wollen, welche Forschungsberei-
che zugunsten der notwendigen biotechnologischen For-
schung abgebaut werden sollen. Hier bleiben Sie die
Antwort schuldig.

Das Gleiche gilt auch für die Frage, wie Sie Wagnis-
kapital stärker unterstützen wollen. Wir haben das ge-
tan; Herr Röspel hat darauf hingewiesen. Wir haben
viele Erfolge in diesem Bereich vorzuweisen. Ich ge-
stehe allerdings: Wir müssen noch mehr tun und bei-
spielsweise die steuerlichen Rahmenbedingungen für
Start-ups verbessern. Es ist notwendig, etwa das Halb-
einkünfteverfahren für den „carried interest“ anzuwen-
den und ähnliche steuerliche Maßnahmen einzuführen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509723300

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509723400

Ich bin so weit, Herr Präsident,


(Lachen bei der CDU/CSU)

dass ich das Wesentliche schon gesagt habe.

Ich kann Sie nur auffordern: Helfen Sie mit, meine
Damen und Herren von der FDP und der Union, den Bio-
technologiestandort Deutschland zu stärken, indem Sie
endlich die gesamte Palette der Biotechnologie in den
Blick nehmen und damit Umweltschutz, Verbraucher-
schutz und ethische Grundlagen ernst nehmen, statt im-
mer wieder nur auf den umstrittenen Biotechnologien
herumzureiten.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509723500

Das Wort hat der Kollege Helmut Lamp von der
DU/CSU-Fraktion.

Helmut Lamp (CDU):
Rede ID: ID1509723600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Fell,

s passt gut, dass ich direkt nach Ihnen spreche. Sie ha-
en so viele offene Fragen und natürlich genau das Feld
ngesprochen, das mir besonders am Herzen liegt, und
ermissten hierzu Aussagen der Union. Ich will Ihnen
ern Antworten geben. Allerdings werden sie Ihnen
icht alle gefallen.
Ich beginne mit der Biomassenutzung. Sie wissen, es

ibt viele Möglichkeiten der Biomassenutzung. Am
eisten vertraut ist uns die Nahrungsmittelerzeugung;
ie stoffliche Verwertung spielt eine große Rolle. Ich
öchte am Beispiel der energetischen Verwertung von
iomasse dieses breite Feld und die vielen Punkte auf-
eigen, an denen Handlungsbedarf besteht und hinsicht-
ich derer wir auch Aktivitäten der Regierung einfordern
üssen.
Dieses Feld – Sie haben es umschrieben – ist deswe-

en so zukunftsträchtig, weil es sich in der Tat abzeich-
et, dass es dafür einen erheblichen Markt geben wird.
ch möchte nur einige Beispiele nennen. Im Jahr 2010
oll europaweit der Anteil biogener Treibstoffe 5,75 Pro-
ent betragen. Das ist eine Riesenherausforderung, der
ir uns mit unseren Potenzialen kaum stellen können,
enn hier nicht die richtigen Rahmenbedingungen ge-
etzt werden.
Die Nachfrage nach modernen Biomasse-Komfort-

inzelfeuerungsanlagen boomt mit Zuwächsen von
0 bis 50 Prozent jährlich; die Österreicher beherrschen
en Markt.
In der Dritten Welt denkt man über die Klärung von
bwässern und die gleichzeitige Gewinnung von Ener-
iepflanzen auf Rieselfeldern nach. Auch hier bietet sich
in Betätigungsfeld für uns. In China und Indien – Sie
issen das auch – besteht bereits heute ein Riesenmarkt
ür Kleinst-Biogasanlagen. Internationale Energiekon-
erne sind kontinentübergreifend in die Energiepflan-
enproduktion eingestiegen. – Das waren nur einige
enige Beispiele für die immensen Markt- und
xportchancen.


(Jörg Tauss [SPD]: Und nichts taucht in eurem Antrag auf! – Gegenruf von der FDP: In dem vorherigen!)


Doch, doch.
Mit Blick auf diese Exportchancen stellt die Bundes-

egierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage der CDU/
SU-Fraktion fest:

In dem Maße, wie sich der deutsche Markt positiv
entwickelt, wachsen auch die Exportchancen für
moderne Technik zur Erzeugung und Nutzung von
Bioenergieträgern.

o ist es. Damit sind wir beim Kern des Themas.






(A) )



(B) )


Helmut Lamp

In allen anderen EU-Staaten ist die Bioenergie die tra-

gende Säule der regenerativen Energien, aber in
Deutschland ist sie leider auf einem sehr niedrigen
Niveau. Wir sind keineswegs Weltmeister oder Vorreiter,
sondern wir gehören im europaweiten Vergleich zu den
Entwicklungsländern. Das muss sich ändern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir brauchen entsprechende Rahmenbedingungen,

wir brauchen zielgerichtete Forschungsunterstützung
und gut greifende Förderinstrumente, ein Flächenkon-
zept zur Sicherung des Anbaus von Energiepflanzen und
die schnelle Entwicklung spezifischer Energiepflanzen.

Zum Ersten: Auch im Bereich der Bioenergie werden
Forschungs- und Entwicklungsvorhaben von der Bun-
desregierung in unverantwortlicher Weise vernachläs-
sigt, Herr Tauss. Der Fachagentur Nachwachsende Roh-
stoffe standen im vergangenen Jahr 26,6 Millionen Euro
zur Verfügung, davon gerade einmal 7 Millionen Euro
für die Bioenergie. Die Mittel sind in diesem Jahr um an-
nähernd 30 Prozent gekürzt worden.

Sie, Herr Fell, haben gefragt: Woher sollen wir die
Mittel nehmen? Entgegen all Ihren Versprechungen und
sogar entgegen Ihrem Koalitionsvertrag belasten Sie die
regenerativen Energien durch die Ökosteuer heute in ei-
ner Größenordnung von über 790 Millionen Euro. Daher
bietet es sich an, auch die Forschungsförderung aus die-
sem Bereich zu bestreiten.


(René Röspel [SPD]: Das war europarechtlich nicht anders zu gestalten!)


– Nein, das ist nicht so. Aber selbst wenn das so wäre,
muss gesagt werden: Diese Mittel wollten Sie zur Förde-
rung der regenerativen Energien, insbesondere auch der
Bioenergie, zur Verfügung stellen. Das hat auch nichts
mit Europa zu tun, was Sie machen. Entgegen Ihren Ver-
sprechungen kommen diese Einnahmen in einen großen
Finanztopf.


(René Röspel [SPD]: Nein, das waren versteckte Subventionen! – Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Herr Fell möchte etwas fragen.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509723700

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Fell?

Helmut Lamp (CDU):
Rede ID: ID1509723800

Ja.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509723900

Bitte schön, Herr Fell.

Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509724000

Herr Kollege Lamp, ich freue mich, dass Sie das De-

fizit der Union aufgegriffen haben und nun endlich auch
über andere Biotechnologien reden. Wir sind uns ge-
meinsam völlig einig darin, dass das ein wichtiges Feld
ist. Nur muss ich Ihnen jetzt die Frage stellen, wie Sie

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(C (D as mit Ihren politischen Intentionen in Einklang brinen können. Die entscheidende Grundlage für den Ausau der erneuerbaren Energien ist, auch im Bioenergieereich, das Erneuerbare-Energien-Gesetz. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


m Jahre 2000, als die Bundesregierung zusammen mit
er rot-grünen Koalition dieses Gesetz verabschiedet
at, hat Ihre Fraktion es abgelehnt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


ls wir die Mittel für die Forschungsförderung im Be-
eich der Bioenergien deutlich erhöht haben, haben Sie
nseren Haushalt abgelehnt.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Der unseriöseste Haushalt aller Zeiten, Herr Fell!)


ch frage mich, wie das zu Ihren Aussagen passt, Sie
ürden dieses Vorhaben unterstützen. Tatsache ist, dass
uch die unionsregierten Länder – da frage ich Sie eben-
alls, wie das zu Ihren Aussagen passt – im Bundesrat
mmer wieder Versuche unternommen haben und unter-
ehmen, die Verabschiedung des Erneuerbare-Energien-
esetzes durch die Einbringung verschiedenster Anträge
u stören. Ich wundere mich über Ihre Aussage, dass Sie
en Ausbau der erneuerbaren Energien wünschen;


(Zuruf von der CDU/CSU: Natürlich!)

enn ich vermisse die tatsächliche Unterstützung der
nion.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Aber wir wollen das sinnvoll unterstützen!)



Helmut Lamp (CDU):
Rede ID: ID1509724100

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz betrifft den Strom-
arkt. Dabei geht es um 18 Prozent des Energiever-
rauchs. Wenn wir über das Thema erneuerbare Ener-
ien sprechen, dann meinen wir natürlich den gesamten
nergiebereich. Dazu gehören auch die Sektoren Wärme
nd Treibstoffe.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, klar!)

llein der Wärmebereich macht hier annähernd
0 Prozent aus. Das hat aber nichts mit dem EEG zu tun.
enn wir das EEG in manchen Bereichen kritisieren,
ann deshalb, weil es zum Teil nichts mit dem Thema
ioenergie zu tun hat. Wenn wir den neuesten Entwurf,
en die beiden zuständigen Ministerien vorgelegt haben,
ritisieren, dann tun wir das aus den gleichen Gründen
ie Sie: weil der Zeitraum für die Förderung der Bio-
nergie um 25 Prozent drastisch gekürzt werden soll.


(René Röspel [SPD]: Von 28 auf 15 Jahre, muss man sagen!)


as ist ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die hier in-
estiert haben.






(A) )



(B) )


Helmut Lamp

Betrachtet man die gesamte Energiebranche bzw. die

Bereiche der Bioenergie und der regenerativen Energien,
so ist festzustellen: Wir stünden im europäischen Ver-
gleich nicht am unteren Ende, wenn alle Bundesländer
einen solch hohen Anteil regenerativer Energien nach-
weisen könnten wie das Bundesland, aus dem Sie kom-
men, Bayern. Wäre dies der Fall, würden wir bei einem
Vergleich aller europäischen Länder eine mittlere Posi-
tion einnehmen. Aber es gibt ja leider auch noch einige
Bundesländer, in denen die Ergebnisse andere sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Nun möchte ich mit meinen Ausführungen fortfahren.
Ich hatte gerade gesagt, dass wir Flächen für Energie-
pflanzen brauchen. Das hat insofern mit Technologie zu
tun, als wir eine gesicherte Grundlage haben müssen. In
diesem Zusammenhang möchte ich hier im Plenum auf
ein Problem hinweisen, das sich abzeichnet: Im Jahre
2010 werden wir in der erweiterten EU etwa
60 Millionen Hektar nicht mehr zur Nahrungsmittelpro-
duktion benötigen. Das ist ein Riesenproblem. Daher
bietet es sich an, auf dieser Fläche Energiepflanzen an-
zubauen.

Als Letztes sage ich Ihnen: Wir brauchen spezielle
Energiepflanzen. Die Kulturpflanzen, die heute im Bio-
energiebereich eingesetzt werden, sind das Ergebnis tau-
sendjähriger Zucht für die Nahrungsmittelproduktion
oder die Tierernährung, nicht aber für die Energieerzeu-
gung. Wir brauchen Energiegetreide ohne Chlor, wir
brauchen Raps ohne Schwefel, wir brauchen Massen-
erträge bei Minimaldüngung, wir brauchen winterharte
Schilfgräser. All das werden wir nur mit der Gentechnik
erreichen. Wir müssen die Möglichkeiten der Gentech-
nik auch hier nutzen, um spezielle Energiepflanzen zu
entwickeln.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das Malen von Horrorszenarien und die Verbreitung
von Hysterie gegenüber der Gentechnik lässt uns in der
Gegenwart verharren und versperrt uns die Zukunft.
Herr Fell, Sie sagten, der Feuerbrand lasse sich eventuell
auch anders, mit konventionellen Züchtungsmethoden,
bekämpfen. Das ist bisher nicht gelungen. Auch nach
30 Jahren Züchtungsversuchen ist es nicht gelungen, Fu-
sarien-festes Getreide zu züchten. Fusarien sind krebs-
erregend; auch hier bietet sich eine Chance für die
Gentechnik. Wir sollten ein anderes Verhältnis zur Gen-
technik finden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509724200

Herr Kollege Lamp, bitte kommen Sie zum Schluss.


Helmut Lamp (CDU):
Rede ID: ID1509724300

Ich komme zum Schluss. – Wir fordern mit unserem

Antrag ein Zehnjahresprogramm für die gezielte Ent-
wicklung der biotechnischen Potenziale in den verschie-

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(C (D enen Sektoren, die ich angesprochen habe. Ich bitte naürlich um Zustimmung. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509724400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Carola Reimann

on der SPD.

(Beifall bei der SPD)



Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1509724500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
iotechnologie ist eine Schlüsseltechnologie und birgt
in ungeheures Innovationspotenzial. Experten gehen
avon aus, dass die Biotechnologie in knapp 15 Jahren
n der Hälfte aller wichtigen Innovationen beteiligt ist.
eswegen ist sie natürlich für viele Wirtschaftszweige
on ganz herausragender Bedeutung. Die wirtschaftliche
ntwicklung wird direkt oder indirekt auch von der Bio-
echnologie abhängen.
Folgerichtig und konsequent hat die Bundesregierung

eit 1998 die Förderanstrengungen erheblich ausgewei-
et, um die Perspektiven der Biotechnologie für neue Ar-
eitsplätze und Wachstum auch in Deutschland weiter zu
erbessern. Dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen
on der Union, das geflissentlich ignorieren und quasi
ebetsmühlenartig das genaue Gegenteil behaupten,
önnen Sie als Aufgabe der Opposition begreifen, aber
n dem Wahrheitsgehalt Ihrer Aussagen verbessert das
ichts.


(Beifall bei der SPD)

hr Antrag „Biotechnologie als Schlüsseltechnologie
tärken“ kann auch von wirklich jedem Verdacht freige-
prochen werden, neue Erkenntnisse aufzugreifen oder
orderungen zu präsentieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie haben schlicht Ihren alten Antrag – in gekürzter
orm – recycelt. Nun habe ich nichts gegen Recycling –
anz im Gegenteil, gerade wenn es sich um wertvolle
ohstoffe handelt. Aber auch da habe ich bei Ihrem An-
rag so meine Zweifel. Hinzu kommt bei jeder stoffli-
hen Verwertung natürlich das Downcycling; auch das
t an Ihrem Antrag leider nicht spurlos vorbeigegangen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/CSU]: Hahaha, wie lustig!)


ie haben Ihren Antrag jetzt kaum noch begründet oder
azu gesprochen, sondern Ihre Reden eher zum Anlass
enommen, über Biotechnologie im Allgemeinen und
Besonderen zu reden.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Sie sollten besser zuhören, Frau Kollegin!)


ennoch will ich ein paar Punkte aus Ihrem Antrag auf-
reifen. Sie kritisieren, dass die im Bundeshaushalt 2003
eranschlagten und für 2004 vorgesehenen Mittel für






(A) )



(B) )


Dr. Carola Reimann

Biotechnologie hinter denen von 2002 zurückbleiben.
Der Kollege Röspel hat es schon gesagt: Das ist eine be-
wusste Irreführung. Die Förderung von Forschung und
Entwicklung im Bereich der Biotechnologie gehört zu
den forschungspolitischen Schwerpunkten des BMBF.
Die Titelansätze sind von 1998 bis 2003 deutlich gestei-
gert worden. Auch der Ansatz für 2004 – schauen Sie
ihn sich bitte noch einmal an – liegt deutlich über dem
von 2002.


(Beifall bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: So weit zur Wahrheit!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir waren es, die 1998
den Trend umgekehrt haben. Ich habe seit 1987 Biotech-
nologie studiert und kann mich noch sehr gut an die Zeit
davor erinnern. 1998 wurde dieser Trend umgekehrt und
die Forschungsförderung gerade im Bereich der Biotech-
nologie ganz erheblich aufgestockt.


(Ulrike Flach [FDP]: Aber Bio-Regio haben Sie nicht vergessen?)


Ihr ständiges Lamento von der Vernachlässigung der
Biotechnologie durch die rot-grüne Bundesregierung ist
schlicht absurd: Keine vorherige Regierung hat die Bio-
technologie so deutlich und so intensiv gefördert,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

bei keiner war sie ein so klarer forschungspolitischer
Schwerpunkt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber jetzt fangen Sie an zu verharren!)


Sie glauben ferner, der Boom der Biotechnologie-
branche sei zum Stillstand gekommen. Laut dem vierten
Deutschen Biotechnologie-Report – er ist schon ein paar
Monate alt – sind in Deutschland im Vergleich zu ande-
ren Ländern immer noch die meisten Unternehmen die-
ser Branche angesiedelt.


(Katherina Reiche [CDU/CSU]: Bloß machen sie weniger Umsatz als die in Großbritannien!)


Dies ist das Resultat der dynamischen Aufholjagd der
vergangenen Jahre.

Großbritannien wird bei diesem Thema immer an-
geführt. Dazu muss man sagen: Auch an Großbritannien
geht die Entwicklung der Konjunktur nicht vorbei. Wir
haben diese Woche lesen können, dass der Klonpionier
PPL kurz vor der Insolvenz steht. Vorgestern konnte man
im Fernsehen erfahren, dass es die Forscher in Großbri-
tannien – Stichwort: Nachwuchsförderung – vorziehen,
ins Handwerk zu gehen, weil sie keine Zukunft mehr im
Bereich der Forschung und Entwicklung – gerade auf
dem Gebiet der Biotechnologie – sehen.


(Jörg Tauss [SPD]: Daran ist Rot-Grün schuld! – Gegenruf der Abg. Ulrike Flach [FDP]: In diesem Fall Rot!)


Wir erkennen auch die wirtschaftliche Bedeutung der
Förderung von Biotechnologie. Unsere Forschungs-
und Innovationspolitik greift gerade die speziellen Be-
dürfnisse dieser jungen Unternehmen auf: Sie bietet die-
sen Unternehmen einen Mix von strukturellen, themati-

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(C (D chen und rechtlichen Maßnahmen an, damit sie den ktuellen Herausforderungen gerecht werden können nd damit vorhandene Defizite – wir wollen sie gar nicht eugnen – behoben werden. Ich möchte ein Beispiel für die kontinuierlichen Beühungen nennen – es war letzte Woche auch Thema im lenum –: der Hightech-Masterplan. Mit dem Hightechasterplan werden die Rahmenbedingungen für Ven urecapital und damit auch für Gründer verbessert. Dait wird ein zusätzlicher Anreiz geschaffen, damit das in eutschland zweifellos vorhandene Kapital in dieses zuunftsträchtige Feld gelenkt wird. Damit wird die Kapialsituation auch von Biotechunternehmen verbessert. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Junge Biotech- und Hightech-Unternehmen werden
n vielen Fällen vom Ministerium sehr intensiv geför-
ert. Ich nannte das Stichwort „Hightech-Masterplan“
chon. Ebenfalls wichtig in diesem Zusammenhang ist
Biotrans Plus“. „Biotrans Plus“ wendet sich ganz ge-
ielt an kleine und mittelständische Unternehmen und
nterstützt auch Forschungs- und Entwicklungsvorhaben
on Biotech-Start-ups.
Ich nenne ein weiteres Stichwort: der Bio-Future-
ettbewerb. Ich habe schon auf die Situation in Groß-
ritannien hingewiesen. Der Bio-Future-Wettbewerb er-
ffnet jüngeren Wissenschaftlern aus Deutschland und
em Ausland – es ist ein internationaler Wettbewerb;
arauf will ich hinweisen – die Möglichkeit, in eigenen
rbeitsgruppen neue Forschungsansätze in der Biotech-
ologie zu erarbeiten,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Ein sehr guter Ansatz!)


ich wissenschaftlich zu qualifizieren oder sich in unter-
ehmerischer Selbstständigkeit zu versuchen. Das ist
icht nur ein guter, sondern auch ein sehr erfolgreicher
nsatz: Von den 43 Preisträgern des Wettbewerbs haben
ich zehn selbstständig gemacht und ein eigenes Unter-
ehmen gegründet.
Sie sehen also: Wir verfügen über ein sehr breites

pektrum von Förderinstrumenten, die auf die konkreten
edürfnisse und speziellen Anforderungen dieser Bran-
he eingehen.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509724600

Frau Kollegin Reimann, erlauben Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Kretschmer?

Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1509724700

Natürlich.

Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1509724800

Frau Kollegin, Sie haben gerade die Existenzgrün-

ungen angesprochen. In Ihrem Hightech-Masterplan,
er uns sehr saft- und kraftlos erscheint, ist von dem Pro-
ramm „Futur“ keine Rede mehr. Dieses Programm war
rfolgreich im Hinblick auf die SEED-Phase – eine
hase, die weit vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem der von






(A) )



(B) )


Michael Kretschmer

Ihnen aufgelegte Existenzgründerfonds greift – und war
das einzige Instrument, das es noch gab. Wann gedenken
Sie, dieses Programm wieder aufzulegen? Wie reagieren
Sie auf die Bedürfnisse von Existenzgründern aus den
Hochschulen, die derzeit keine Möglichkeit der Unter-
stützung durch diese Bundesregierung haben?


Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1509724900

Ich habe schon auf den Bio-Chance-Wettbewerb und

die damit verbundenen Fördermöglichkeiten hingewie-
sen. Es ist richtig, dass er sich vor allen Dingen an Bio-
tech-Unternehmen richtet. Wir haben aber ebenso Pro-
gramme aufgelegt, die gerade auch für Ausgründungen
aus den Hochschulen zur Verfügung stehen. „EXIST“ ist
zum Beispiel solch ein Programm.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: „EXIST“ ist etwas ganz anderes!)


Ich sage Ihnen, um Ihre Frage zur SEED-Phase zu beant-
worten: Es wird zurzeit geprüft, ein Programm aufzule-
gen, das Unternehmen Möglichkeiten eröffnet, wenn
– darauf zielten Sie mit Ihrer Frage ab – gar kein privates
Kapital zur Verfügung steht.


(Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/ CSU]: Das ist die Krux, dass es kein Startkapital gibt!)


– Ja, natürlich. Mit dem Hightech-Masterplan und mit
diesem Fonds wird aber Kapital mobilisiert. Ich glaube
schon, dass das hilft.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Das ist ein Prüfplan, Frau Kollegin! – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss [SPD]: Das ist Geld: 500 Millionen!)


– Das ist ein Prüfplan; aber es gibt daneben eine Menge
zusätzlicher Fördermöglichkeiten. Wenn Sie ein Unter-
nehmen im Bereich Biotechnologie gründen wollen, ha-
ben Sie mit „Biotrans Plus“ noch eine Chance.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich will noch auf eine Forderung von Ihnen eingehen,

die sich darauf bezieht, dass Sie eine Fokussierung auf
die Zukunftsfelder Proteomforschung und Genomfor-
schung wünschen. Ich muss sagen: Wenn Sie in das Rah-
menprogramm „Biotechnologie – Chancen nutzen und
gestalten“, das im Übrigen im Jahre 2001 aufgelegt
wurde und das man kennen kann


(Jörg Tauss [SPD]: Wenn man will!)

– wenn man denn will –, hineinschauen, dann werden
Sie sehen, dass wir dem Nationalen Genomforschungs-
programm – der Kollege Röspel hat auch darauf hinge-
wiesen – jetzt wieder 135 Millionen Euro zur Verfügung
stellen. Daneben gibt es seit 2000 einen Förderschwer-
punkt, in dem es darum geht, neue effizientere Verfahren
für die funktionelle Proteomanalyse zu entwickeln. Er ist
mit 60 Millionen Euro ausgestattet ist. Ich kann nicht se-
hen, dass wir hier irgendwelche Defizite haben.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


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(C (D benso kann ich nicht die Notwendigkeit eines Zehnjahesprogramms für Ernährung, Energieeinsparung und atürliche Rohstoffversorgung erkennen, da auch das beeits Bestandteil dieses Rahmenprogramms ist, das entprechende Schwerpunkte enthält. Liebe Kolleginnen und Kollegen, biotechnologische rodukte erfahren eine steigende Akzeptanz. Es braucht iese Akzeptanz für einen wirtschaftlichen Erfolg. Man ann mit Verlaub sagen: Auch mithilfe der differenziern Debatten von Rot-Grün, in denen die Ängste, Nöte nd Sorgen aufgegriffen wurden, die bei einigen durch ie Anwendung von Biotechnologie geweckt werden, onnte die Akzeptanz wesentlich gesteigert werden. ies hat eine wachsende Bedeutung für unsere Wirtchaft. Die Hoffnungen, die sich auf diesen Sektor unseer Wirtschaft richten, sind meiner Ansicht nach deshalb erechtigter als früher. Mit einer Vielzahl von Projekten nd Instrumenten fördern wir diese Entwicklung und uch die Entwicklung von wirklich neuen Biotech-Proukten. Was wir aber nicht brauchen, sind solche Anträge wie ie von Ihnen. Die sind von gestern. – Sorry. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509725000

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Martin Mayer von

er CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Martin Mayer (CSU):
Rede ID: ID1509725100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich

ie heutige Debatte betrachte, dann erkenne ich, dass wir
ffenbar ein gemeinsames Ziel haben, nämlich die För-
erung der Biotechnologie in Deutschland. Herr Fell, ich
ar erstaunt darüber, wie positiv Sie heute bestimmte
ormen der Biotechnologie – beispielsweise die gen-
echnische Erzeugung von Enzymen für die Chemie –
ewertet haben. Ich komme darauf noch zurück.


(René Röspel [SPD]: Wer hat das denn negativ bewertet? – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich habe das nie negativ bewertet!)


Biotechnologie heißt in der Moderne im Wesentli-
hen: gentechnische Arbeit an Kleinlebewesen und an
flanzen.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist nur ein Aspekt!)

Aber ein wichtiger.


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, ein wichtiger, gut!)

enn man einmal die Entwicklung der Biotechnologie

n Deutschland in den letzten zehn Jahren betrachtet,
ann erkennt man einen Höhepunkt, nämlich zu dem
eitpunkt, als die Union-FDP-Regierung unter Minister
üttgers den Bio-Regio-Wettbewerb ausgeschrieben
at.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)

Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)


Das führte zu einer Aufbruchstimmung und zu Impulsen
in Deutschland, und zwar nicht nur in den Regionen, die
gewonnen haben, sondern in ganz Deutschland, weil
sich überall Forschungsinstitute, Banken und Behörden
zusammengesetzt und gefragt haben: Wie können wir
jungen Unternehmen helfen, sodass sie vorwärts kom-
men?

Die Wirkung dieses Bio-Regio-Wettbewerbs hat auch
nach der Regierungsübernahme durch Rot-Grün noch
zwei Jahre angehalten. Wenn man sich die Zahl der Un-
ternehmensgründungen und die Entwicklung der Unter-
nehmen im Bereich der Biotechnologie anschaut, dann
stellt man ab dem Jahr 2000 nicht nur eine Stagnation,
sondern eine rückläufige Entwicklung fest.


(Jörg Tauss [SPD]: Nein!)

Eine der Ursachen für diese Stagnation und rückläu-

fige Entwicklung ist die mangelnde Kapitalversorgung.
Die Finanzierung ist schwieriger geworden.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist wahr!)

Gerade im Bereich der Biotechnologie geht es pro Un-
ternehmsgründung nicht nur um ein paar Tausend Euro,
sondern – ich kann Ihnen Beispiele zeigen – es geht um
ein paar Millionen Euro. Erst mit einer solchen Finanzie-
rung kann es bei den meisten Unternehmen losgehen.
Herr Kollege Fell, Sie waren bei Morphosys und wissen,
wie viel Geld dort notwendig war, um die Dinge wirk-
lich ans Laufen zu bringen.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist richtig!)

Ich will Ihnen eine Blitzumfrage des BMBF vom

Herbst vergangenen Jahres vorstellen. Die Frage lautete:
Wie beurteilen Sie das derzeitige Klima für Biotechfir-
men in Deutschland in puncto Beschaffung von Kapital?
Sehr gut: 0,0 Prozent; ausreichend: 22,0 Prozent; man-
gelhaft: 56,9 Prozent; katastrophal: 21,1 Prozent. Vier
von fünf beurteilen das Klima als mangelhaft oder kata-
strophal.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – René Röspel [SPD]: Wo steht das in Ihrem Antrag? Wo sind die Vorschläge?)


– Unser Antrag enthält eine Verbesserung der Finanzie-
rung.


(Lachen bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Aus Steuermitteln! – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind ja tolle Vorschläge!)


Union und FDP haben mit verschiedenen Finanz-
marktförderungsgesetzen eine Basis aufgebaut, auf der
Start-ups auf Dauer finanziert werden und in den Aktien-
markt übergehen können.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie haben das mit Ihren Änderungen wieder zerstört und
können dafür jetzt die Früchte ernten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D er Investoren Gewinnchancen verweigert, der wird auf auer keine Investoren mehr haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Nun beschreibt der Antrag sehr gut – darin sind wir
ns einig –, dass Biotechnologie große Chancen in der
edizin, bei der Rohstoff- und Energieerzeugung und
ei der Umweltentlastung in sich birgt. Aber schauen Sie
och einmal auf der Homepage unseres Bundesministers
ür Umwelt nach, was er zu den Möglichkeiten der Bio-
echnologie im Umweltschutz sagt! Dazu ist überhaupt
ichts zu finden. Nur eine lasche Bemerkung: Das muss
och abgewogen und geprüft werden. – Wo ist denn die
ussage des Bundesumweltministers zur Förderung von
nzymen, die zu Rohstoffersparnis und weniger Um-
eltschäden und -belastungen führen? Herr Fell, geben
ie ihm einmal Ihr Manuskript, damit er etwas lernt!

(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das brauche ich ihm nicht zu geben!)

n einem Klima, in dem die Freisetzung von gentech-
isch veränderten Pflanzen ständig von der Polizei ge-
chützt werden muss,


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil die Verbraucher sie nicht wollen!)


ird die Forschung nicht gedeihen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich will zum Abschluss etwas zu Ihnen, Herr Fell,
nd den Grünen sagen. Sie haben in der Verteidigungs-
olitik eine Wende um 180 Grad gemacht: von der For-
erung nach Abschaffung der Bundeswehr bis zur Zu-
timmung zum Einsatz in Afghanistan. Machen Sie doch
uch in der Gentechnik eine solche Wende und stimmen
ie diesem Antrag zu!


(Michael Kretschmer [CDU/CSU] zum BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewandt: Kommen Sie zur Vernunft!)


as ist gut für Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509725200

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/2160 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9 a und 9 b auf:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung der Richtlinie über den rechtlichen
Schutz biotechnologischer Erfindungen
– Drucksache 15/1709 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

(B)







(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

b) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Für ein modernes Biopatentrecht
– Drucksache 15/2657 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Beratung eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre kei-
nen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat das
Wort der Parlamentarische Staatssekretär Alfred
Hartenbach.


(Beifall des Abg. Dirk Manzewski [SPD])

Al
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1509725300

Kein Szenenbeifall. – Verehrter Herr Präsident! Ver-

ehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir
beraten heute eine wichtige Regelung für den Wirt-
schafts- und Forschungsstandort Deutschland. Die Bio-
und Gentechnologie ist einer der Märkte der Zukunft;
Sie haben es hier eben erklärt. Für unsere Chancen brau-
chen wir ein leistungsfähiges Biopatentrecht. Die Biopa-
tentrichtlinie und das heute vorliegende Gesetz zu ihrer
Umsetzung tragen dazu bei, indem sie die Früchte der
Arbeit in der Biotechnologie schützen.

Die Biopatentrichtlinie war bis zum 30. Juli 2000 in
das nationale Recht umzusetzen. 17 der bald 25 EU-
Staaten haben sie inzwischen umgesetzt. Wir sind also
arg im Verzug und sind deshalb von der Kommission vor
dem Europäischen Gerichtshof verklagt worden. Die-
ser Gerichtshof hat bereits unmissverständlich entschie-
den, dass an der europäischen Umsetzungspflicht keine
Zweifel bestehen. Die Nichtigkeitsklage der Niederlande
gegen die Richtlinie wurde abgewiesen. Wir müssen also
alle Punkte der Richtlinie umsetzen. Deshalb diskutieren
wir heute Abend über diesen Entwurf, den die Bundesre-
gierung in erster Lesung einbringt. Die Vorgaben werden
in der Politik und in der Öffentlichkeit sehr kontrovers
diskutiert. Das erklärt auch die Verzögerung bei ihrer
Umsetzung. Die Diskussion ist verständlich, da das Bio-
patentrecht in einem engen Zusammenhang mit der Bio-
technologie steht, die neben großen Chancen auch
schwierige ethische Fragestellungen mit sich bringt.

Gerade in der Gruppe der Skeptiker überschätzen
aber viele die Reichweite der Biopatentrichtlinie. Ihr
Schwerpunkt ist das Biopatentrecht. Dieses Recht gibt

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(C (D em Erfinder lediglich ein Schutzrecht, mehr nicht. Eine rlaubnis zur Nutzung der Erfindung ist damit nicht verunden. Das Patentrecht regelt also gerade nicht, was orscher und Unternehmer mit dem Patent tun dürfen nd was ihnen verboten ist. Das richtet sich nach den jeeils einschlägigen Gesetzen, zum Beispiel nach dem mbryonenschutzgesetz. Die zum Teil sehr emotionale ritik an der Biopatentrichtlinie ist schon deshalb weitehend unberechtigt. Das Schlagwort „Kein Patent auf eben“ ist griffig, aber irreführend. Es gibt kein „Patent uf Leben“, sondern patentiert werden die Ideen des Erinders, die sich zum Beispiel in einem bestimmten Verahren oder einer Verwendung niederschlagen. Das Leen selbst ist in jedem Fall mehr als eine patentierbare hemische Substanz. Die Richtlinie will zudem gar kein neues Patentrecht chaffen. Es soll nur das geltende Patentrecht im Bereich er Biotechnologie EU-weit harmonisiert und verbessert erden. Es geht nicht um einen radikalen Umbruch, sonern um mehr Klarheit und Rechtssicherheit. Denn chon seit Jahrzehnten werden in Deutschland und überll auf der Welt Patente auf biotechnologische Erfindunen erteilt. Die Hauptbedeutung der Richtlinie liegt deshalb da in, die Grenzen der Patentierbarkeit im geltenden Paentrecht festzuschreiben. Die Richtlinie schränkt also as Patentrecht ein, auch und gerade aus ethischen Grünen. Damit bringt die Richtlinie eine zusätzliche bioethiche Sensibilität in unser Patentrecht. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie stellt zum Beispiel klar, ass der menschliche Körper in den einzelnen Phasen einer Entstehung und Entwicklung sowie etwa die Enteckung von Gensequenzen keine patentierbare Erfinung darstellen können. Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie verietet zum Beispiel jetzt ausdrücklich Patente zum lonen von menschlichen Lebewesen sowie die indusrielle oder kommerzielle Verwendung von menschlihen Embryonen. Mir ist klar, dass damit nicht alle ethichen Fragen beantwortet werden. Die Richtlinie gibt ber klare ethische Vorgaben in Kernpunkten und erichtert so auch die Lösung anderer Fragen. Die Richtlinie verbessert und präzisiert also das natio ale Patentrecht. Die ethische Debatte führen wir natürch weiter, wie auch der Entschließungsantrag heute erdeutlicht. Die Biotechnologierichtlinie ist dabei ein ichtiger Fortschritt und ein verbindliches Zwischenrgebnis. Ihre Umsetzung ist jetzt vorrangig. Ich würde mich freuen, wenn diese Debatte genauso achlich und genauso verantwortungsbewusst geführt ürde wie die Debatte, die wir in der letzten Legislatureriode über den Embryonenschutz geführt haben. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509725400

Das Wort hat der Kollege Dr. Günter Krings von der
DU/CSU-Fraktion.






(A) )



(B) )



Dr. Günter Krings (CDU):
Rede ID: ID1509725500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren Kollegen! Wir sind uns, lieber Herr Staatssekre-
tär Hartenbach, sicherlich in dem Ziel einig, dass diese
Richtlinie schnellstens umgesetzt werden muss. Die
Umsetzung dieser Richtlinie wird auch in einem Ent-
schließungsantrag begrüßt, den die Fraktionen der SPD
und der Grünen in dieser Woche vorgelegt haben. Darin
heißt es unter Nr. II, dass der Deutsche Bundestag die
Biopatentrichtlinie als „einen wichtigen Beitrag zur
Rechtssicherheit beim EU-weiten Schutz des geistigen
Eigentums“ begrüße. Wenn ich das lese und Ihre Aus-
führungen Revue passieren lasse, Herr Staatssekretär
– falls Sie mir zuhören –,


(Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär: Ich bitte um Nachsicht!)


dann frage ich mich, warum das so lange dauert.

(Dr. Maria Böhmer [CDU/CSU]: So ist es!)


Ich halte es fast schon für dreist, eine solche Begrü-
ßungserklärung abzugeben, obwohl Sie bisher – sechs
Jahre nach Verabschiedung der Richtlinie – noch nicht
zu Potte gekommen sind,


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben einfach keine Ahnung!)


die Umsetzungsfrist seit dreieinhalb Jahren überschritten
haben und es inzwischen ein Klageverfahren – Sie haben
es bereits erwähnt – gibt. Das ist, glaube ich, ein einzig-
artiger Fall. Zwar werden auch in anderen Bereichen
Fristen überschritten, aber solche extremen Überziehun-
gen sind glücklicherweise noch sehr selten.

Wir wissen auch, woran das liegt. Es liegt daran, dass
Sie bis heute zwischen den beiden Koalitionsfraktionen
noch keine Übereinstimmung erzielt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie hätten dafür einige Zeit gehabt, die Sie aber nicht ge-
nutzt haben. Während sich die beiden Fraktionen auf der
linken Seite dieses Hauses noch mit der Frage befassen,
was man machen und worauf man sich einigen könnte,
geht die Entwicklung weiter. Es gibt Entscheidungen des
Patentamtes und von Patentgerichten. Wir als Bundestag
aber schauen nur zu und können nichts beeinflussen.
Wenn wir Einfluss ausüben und mitreden wollen, dann
müssen wir handeln. Falls Sie vergessen haben, wie das
geht: Das geht durch Gesetze.

Rechtssicherheit für Forscher und Unternehmen ist,
denke ich, unser gemeinsames Ziel. Das ist auch ver-
ständlich, wenn man weiß, dass die Entwicklung eines
Medikaments im Schnitt über zehn Jahre dauert. Nur
eine von 5 000 getesteten Substanzen erreicht das Sta-
dium der Zulassung. Die Entwicklungskosten belaufen
sich rasch auf einen dreistelligen Millionenbetrag.

Wir wissen aber auch, dass das oberste Prinzip bei der
Beurteilung und Umsetzung des Patentrechts in diesem
Bereich die Menschenwürde ist und bleibt. Bei den so
genannten Biopatenten geht es um unser menschliches
Selbstverständnis und um die Grenze zwischen Subjekt
und Objekt.

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(C (D Im Lichte dieser auch verfassungsrechtlich gebotenen etrachtung haben wir als Unionsfraktion das Konzept ines funktionsgebundenen Stoffschutzes gefordert nd fordern es auch weiterhin. Nach unserer Überzeuung soll nur die gentechnische Anleitung geschützt erden, um etwa im menschlichen Organismus eine betimmte Wirkung zu erzielen. Es kommt darauf an, eine onkrete gewerbliche Anwendbarkeit nachzuweisen. as gilt nicht nur für den Tatbestand, sondern auch für ie Rechtsfolge. Wir müssen eine klare Grenze zwischen Finden und rfinden ziehen. Nicht das Auffinden eines Stoffes in er Natur, sondern die technische Anwendung macht ie originäre geistige Leistung des Erfinders aus. Sie und ichts anderes muss durch ein Patentgesetz geschützt erden. Der Regierungsentwurf – das muss man leider fest tellen – besteht für die Patentanmeldung lediglich daauf, dass die Anwendung einer Gensequenz beschrieen wird. Das Patent selbst bleibt aber in seiner echtsfolge nicht auf diese Funktion beschränkt; vielehr gelten alle Funktionen als geschützt, die die Genequenz beinhalten kann. Nur beim Tatbestand wird die enennung einer konkreten Anwendung verlangt. Damit ind dann aber alle möglichen Funktionen eröffnet. Wer ich in diesem Bereich ein wenig auskennt, weiß, dass ine DNA-Sequenz in der Regel mehrere Funktionen ufweist. Insofern fördern Sie mit dem Konzept, das Sie hrem Regierungsentwurf zugrunde legen, spekulative atente und das ist Gift gerade für kleine und mittlere nternehmen, die man damit ihrer Möglichkeiten beaubt. Im Universum der Biowissenschaften wollen wir bei er Entdeckung eines Planeten nicht gleich das ganze onnensystem mitgeschützt wissen. Wir wollen vielehr eine klare, vernünftige und ausgewogene Bechränkung und wir wollen, dass Forscher weiterhin auf ntdeckungsreisen ins Unbekannte und Unerforschte geen können. Das gilt gerade für diejenigen, die in kleien und mittleren Unternehmen forschen. Wir haben prominente Unterstützer für unsere Posi ion. Ich nenne als Beispiel die französische Nationalersammlung, die das von uns geforderte Konzept umesetzt hat. Aber auch in den Reihen der grünen Fraktion ibt es Unterstützung. Herr Kollege Loske, Sie haben ich in der letzten Bundestagsdebatte zu diesem Thema or etwa einem Jahr geäußert und eine deutliche Einchränkung des Stoffschutzes gefordert. Sie haben damit öllig Recht und wir unterstützen Sie darin. Ich hoffe, ass Sie sich in diesem Punkt durchsetzen. Lassen Sie mich eine Bemerkung noch zu einem wei eren Aspekt des Antrages von Rot-Grün machen, den ch gerade angesprochen habe. Sie fordern in Ihrem Anrag die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene für achbesserungen bzw. – so nennen Sie das – Präzisieungen der Biopatentrichtlinie einzusetzen. So sehr ich as verstehen kann, frage ich mich, woher die Regieungsfraktionen ihr Selbstbewusstsein hernehmen, wenn Dr. Günter Krings es darum geht, die Bundesregierung aufzufordern, sich in bioethischen Fragen in internationalen und supranationalen Gremien einzusetzen. Ich erinnere nur ganz zaghaft daran, dass wir im letzten Jahr in diesem Hause mit breiter Mehrheit einen sehr klaren Beschluss zu einem weltweiten Klonverbot gefasst haben. Wenige Wochen später hat der deutsche Vertreter im Rechtsausschuss der UN genau das Gegenteil gemacht. Er hat für die Verschiebung eines entsprechenden UN-Beschlusses gesorgt und seine Stimme war immerhin ausschlaggebend. Es wäre schön, wenn Sie in Fragen der Bioethik nicht nur Appelle an die Bundesregierung richten, sondern sich auch durchsetzen würden. Zum Schluss möchte ich noch auf eines hinweisen. Wenn wir, die CDU/CSU-Fraktion, im letzten Jahr nicht einen Entschließungsantrag zu diesem Thema eingebracht hätten, dann gäbe es heute nicht einmal einen Gesetzentwurf, über den wir diskutieren könnten. Erst auf unseren Druck ist man überhaupt tätig geworden. Wir sind bereit, konstruktiv an einer Lösung zu arbeiten. Wir haben mit dem Konzept eines funktionsgebundenen Stoffschutzes eine überzeugende und ausgewogene Lösung angeboten, die den Belangen sowohl der Forscher und der Unternehmer als auch der Bioethik Rechnung trägt. Ich würde mich freuen, wenn wir auf dieser Grundlage bald zu einer auch von Ihnen geforderten Umsetzung kommen könnten. Danke schön. Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Reinhard Loske vom Bündnis 90/Die Grünen. Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509725600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lieber Kollege Krings, es ist natürlich richtig, dass das
wichtig ist. Aber es stimmt nicht, dass es erst auf Druck
der Union einen Gesetzentwurf gegeben hat, über den
wir heute beraten. Die Situation ist schwierig.

Ich möchte zuerst ein paar Zahlen nennen, die für un-
sere Zuhörerinnen und Zuhörer interessant sein dürften.
Der Grund, warum die europäische Biopatentrichtlinie
nicht ohne weiteres in nationales Recht umgesetzt wird,
ist, dass wir es hier mit einer sehr schwierigen Materie
zu tun haben. Erst in sieben von 15 Mitgliedstaaten ist
sie bislang umgesetzt worden, das heißt, in acht ist das
noch nicht geschehen. Weniger als die Hälfte hat sie also
bisher umgesetzt. Die Schwierigkeit besteht darin, dass
die Biopatentrichtlinie nicht mehr auf der Höhe der Zeit
ist. Sie spiegelt im Prinzip den Stand der Diskussion von
Anfang bzw. Mitte der 90er-Jahre wider. Damals war
man froh, dass man im Europaparlament einen Kompro-
miss gefunden hatte. Wir haben aber jetzt Schwierigkei-
ten mit der Umsetzung; denn die Entwicklungen in der
biotechnologischen Forschung sind über die Biopatent-
richtlinie längst hinweggegangen. Das ist ein Teil der

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(C (D chwierigkeiten. Wir stehen vor einem doppelten Prolem: Einerseits müssen wir die Biopatentrichtlinie in ationales Recht umsetzen, und zwar unter Ausschöpung der Möglichkeiten, die diese Richtlinie schon heute ietet. Andererseits halten wir eine Überarbeitung der iopatentrichtlinie in Brüssel für zwingend erforderlich. eswegen plädieren wir für eine Doppelstrategie. Ein weiterer Punkt, den wir auch nicht übergehen önnen, Herr Krings, ist, dass es sehr viel Kritik gibt, nd zwar von verschiedenen Seiten. Die Kirchen kritiieren die Biopatentrichtlinie auf der Grundlage von thischen Motiven. Die Krankenkassen und die Bundesrztekammer – das wissen Sie – kritisieren die Richtinie, weil sie Angst haben, dass die Medikamentenreise in die Höhe gehen werden. Die Umweltverbände ritisieren sie, weil sie Angst haben, dass die Richtlinie ulasten der Biodiversität gehen wird. Die Nord-Südruppen kritisieren sie, weil sie der Meinung sind, dass ies der erste Schritt auf dem Weg zur Biopiraterie sei. timmen aus der Forschung sagen sogar, dass wir aufassen müssten, nicht Monopole zu schaffen, die letzten ndes forschungsfeindlich bzw. forschungshemmend irken. Das ist die Situation, in der wir uns befinden. Es handelt sich nun einmal um eine schwierige Mate ie. Ich sage das nicht, um mich herauszureden, sondern m deutlich zu machen, dass die Ursachen, warum wir ei dieser Sache so langsam vorankommen, einerseits ie objektiven Schwierigkeiten und andererseits die atsache sind, dass die Biopatentrichtlinie gewisseraßen den Diskussionsstand von Anfang bzw. Mitte der 0er-Jahre widerspiegelt, weshalb sie nicht mehr ganz uf der Höhe der Zeit ist. Vor diesem Hintergrund brauhen wir eine Doppelstrategie: Umsetzung unter Auschöpfung der vorhandenen Möglichkeiten und eine eue Überarbeitung in Brüssel. Das ist unser Ansatz. Von den Grundprinzipien her ist es vollkommen klar, ass nur Erfindungen und nicht Entdeckungen, dass nur erfahren und nicht Stoffe patentiert werden können. as Ganze muss auf ein funktionsgebundenes Patent inauslaufen. Darin stimme ich Ihnen vollkommen zu. as ist auch in den Koalitionsfraktionen unstrittig. Zu dem Spannungsfeld, in dem wir stehen: Einerseits rauchen wir ein Biopatentrecht, das Anreize für Innoationen und Investitionen schafft. Das ist ganz wichtig, amit Deutschland bei dieser Technologie vorne dabeileibt. Erfindungen sollen also angemessen honoriert erden. Andererseits müssen auch Überprivilegierungen nd vor allen Dingen Vorratspatentierungen verhinert werden; denn das wäre gegenüber Dritten und für en Forschungsstandort Deutschland in der Tat schädich. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


nnerhalb dieses Spannungsfelds müssen wir einen guten
eg finden.
Zwei Punkte in diesem Gesetzentwurf finde ich be-

onders positiv:






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske

Erstens. Dort wird klargestellt, dass die Landwirte

nicht mehrfach, also sowohl vom Sorteninhaber als auch
vom Patentinhaber, zur Kasse gebeten werden können.
Das heißt, Landwirte sind vor Patentansprüchen, die auf
die zufällige Verunreinigung ihres Saatgutes zurückge-
hen, geschützt. Das ist sehr wichtig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zweitens – wir haben diesen Punkt auch in den Bera-

tungen immer wieder herausgestellt –: der Herkunfts-
nachweis. Einige sagen zu Recht: Passt auf, dass die
Länder der Dritten Welt nicht ausgebeutet werden! De-
nen entgegne ich: Dies ist kein Gesetz zur Förderung der
Biopiraterie. Wir haben zumindest einen ersten Schritt in
die richtig Richtung getan, indem wir regeln, dass es ei-
nen Nachweis über die Herkunft des biologischen Mate-
rials geben muss.

Im Gesetzgebungsverfahren müssen unserer Auffas-
sung nach noch zwei Punkte geklärt werden – wir wer-
den darüber in den Anhörungen vertieft diskutieren –:

Erstens. Wir glauben – auch das wurde schon ge-
sagt –, dass das Stoffpatent eingeschränkt werden muss.
Die Assemblée nationale macht uns im Moment vor, was
mit der Biopatentrichtlinie zu vereinbaren ist. Was die
Franzosen können, dass können wir im Sinne einer Ein-
schränkung des Stoffpatents nach unserer Einschätzung
auch.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In einem Aufsatz in „Nature“ stand vor kurzem, dass
25 Prozent der Forschungsaktivitäten in den Vereinigten
Staaten aufgrund der Vergabe von Patenten eingestellt
worden sind. Eine solche Entwicklung bei uns müssen
wir verhindern.

Zweitens. Durch das Biopatentgesetz muss auch klar-
gestellt werden, dass nur biotechnologische Erfindungen
mit einer hinreichenden Technizität – so lautet das
Fachwort – patentiert werden können. Verfahren, die auf
Züchtungsmethoden aufbauen, dürfen nicht patentiert
werden; denn dadurch könnten in vielen Jahren gewon-
nene Ergebnisse der Pflanzenzüchtung widerrechtlich
angeeignet werden und das wäre ganz schlecht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Für uns ist eindeutig: Wir müssen umsetzen. Wir soll-
ten aber die Handlungsspielräume, die die Patentrichtli-
nie schon heute bietet, ausnutzen. Außerdem muss sich
die Bundesregierung in Brüssel für eine Überarbeitung
der Biopatentrichtlinie einsetzen – wir fordern die Bun-
desregierung in unserem Antrag dazu auf; das Kabinett
hat einen entsprechenden Beschluss gefasst –; denn die-
ses Problem muss letzten Endes dort gelöst werden.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Das Wort hat jetzt die Kollegin Sibylle Laurischk von er FDP-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! er hier vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregieung greift die Forderung der FDP von Juni letzten Jahes auf, die EU-Richtlinie aus dem Jahr 1998 endlich mzusetzen. Ziel dieser Richtlinie ist, bestimmte Grundätze des Patentrechts im Bereich der biotechnologichen Erfindungen zu präzisieren und damit die Enticklung biotechnologischer Erfindungen zu fördern. arüber hinaus soll die Einheitlichkeit des europäischen atentrechts herbeigeführt werden, insbesondere im Beeich der Patentierungspraxis. Nachdem fast vier Jahre vergangen sind, seit diese ichtlinie umgesetzt werden sollte, hat die Regierung im ktober letzten Jahres einen Entwurf vorgelegt, den wir eute endlich beraten. Dies ist wohl auch dem mittlereile anhängigen Vertragsverletzungsverfahren voneiten der Europäischen Union zu verdanken. Hierbei egrüßt die FDP die annähernd im Verhältnis eins zu ins erfolgte Umsetzung. Herr Loske, ich bin der Meiung, dass uns eine Doppelstrategie nur zurückwirft und icht zur Erreichung unseres Zieles, das Biopatentrecht u fördern, beiträgt. Die Diskussion seit der Verabschiedung dieser Richt inie im Jahr 1998 ist selbstverständlich fortgeschritten. eshalb ist es wohl einhellige Meinung, dass Verändeungen an der gegenwärtigen Rechtslage – nichts andees stellt dieses Gesetz dar – auf der europäischen Ebene tattfinden müssen. Inwieweit dabei die von den Koaliionsfraktionen in ihrem Antrag sowie die von der undesregierung in ihrer Gegenäußerung vorgegebenen hemenschwerpunkte bzw. Verhandlungsfestlegungen achdienlich sind oder nur eine Reflexion einer diffusen ngst vor Innovationen in der Biotechnologie darstellen, ird noch zu prüfen sein. Herr Loske, ich habe durchaus egistriert, dass Sie in Ihrem Beitrag häufig von Angst esprochen haben. Angst ist kein Kriterium für die Poliik. Wir sind gefordert und sollen Lösungen finden. Diesbezüglich muss insbesondere erwähnt werden, ass mit diesem Gesetz nichts anderes intendiert wird, ls eine 30-jährige Rechtspraxis und gefestigte Rechtprechung in Deutschland zu den Biopatenten zu kodifiieren. Hier wird also nichts verschlimmert oder aufgeeben, sondern endlich nach jahrelangem Gezerre den ich hier insbesondere betätigenden kleinen und mittleen Unternehmen die Rechtssicherheit gewährt, die für eitere Investitionen in die von allen als zukunftsträchig betrachtete Biotechnologie notwendig ist. Denn biser dienten unbestimmte Rechtsbegriffe zur Grenzzieung, die jetzt durch konkrete Ausschlussgründe, wie ie in der Richtlinie aufgeführt werden, ergänzt werden; hne Zweifel ein Fortschritt für die Anwender des Geetzes. Dabei wirbt auch die FDP für mehr Vertrauen in Sibylle Laurischk die Sachkunde der Mitarbeiter der Patentämter, die keineswegs mit lockerer Hand entscheiden, wie das in der öffentlichen Diskussion bisweilen suggeriert wird. Ein zentraler Punkt des Gesetzes ist die Auslegung der Richtlinie in den Fragen des Stoffschutzes. Die FDP begrüßt, wie auch schon in unserem Antrag erläutert, dass der absolute Stoffschutz im Gesetz bestätigt und fortgeschrieben wird; dies ist auch internationale Rechtspraxis. Nur damit gelingt eine Sicherung der Forschung und Entwicklung, die uns im „Jahr der Innovationen“ so am Herzen liegt. Unserer Ansicht nach sind die Anforderungen an die Erfindungshöhe und der Einreichungsunterlagen ausreichend, um spekulativen Patentanmeldungen vorzubeugen. Ich denke, dass uns jetzt eine gründliche, aber zügige parlamentarische Beratung nach der langen Verzögerung möglich ist und wir eine Hausaufgabe zugunsten des Forschungsstandortes Deutschland erledigen können. Ich danke Ihnen. Das Wort hat der Kollege Christoph Strässer von der SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509725700
Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1509725800

(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509725900

Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1509726000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Krings, es ist na-
türlich bei solch schwierigen Debatten immer wohlfeil,
aufs Tempo zu drücken.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Nur ein bisschen!)


Manchmal ist man aber, wenn man aufs Tempo drückt,
nicht mehr auf der Höhe der Zeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich darf Ihnen noch einmal aus dem Bericht der
Kommission zur Überprüfung dieser Richtlinie vom
10. Oktober 2002 zitieren. Ich nehme wegen der Kürze
der Zeit die Zusammenfassung. Hier stellt die Kommis-
sion zur biotechnologischen Forschung fest:

Unter diesem Blickwinkel müsste die Kommission
sich insbesondere mit zwei Fragen befassen, die
sich im Rahmen dieses ersten Berichts stellen:
– Schutzumfang von Patenten auf aus dem

menschlichen Körper stammende isolierte Gen-
sequenzen bzw. Teilsequenzen

– Patentierbarkeit von menschlichen Stammzellen
bzw. daraus hergestellten Zellreihen.

Allein diese Einschätzung der Kommission, die auf
Umsetzung dringt – das ist auch richtig –, zeigt, dass es
gut, wichtig und richtig ist, sich mit diesem schwierigen
Thema nicht einfach einmal so zu beschäftigen, sondern

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(C (D ich dafür Zeit zu nehmen und ein vernünftiges Gesetz u beschließen. Ich denke, wir sind dabei auf dem Weg. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Daraus müssen Sie Schlussfolgerungen ziehen! – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Also nicht umsetzen?)


Wir, meine Damen und Herren, wissen, dass wir diese
ichtlinie umsetzen müssen. Für meine Fraktion sage
h aber auch: Wir wollen sie auch umsetzen. Der nun
orliegende Gesetzentwurf stellt aus unserer Sicht einen
eutlichen Fortschritt gegenüber dem geltenden Recht
ar. Es wird kein neues Biopatentrecht erfunden, im Ge-
enteil: Es wird in ihm präzisiert und eingeschränkt. Es
ird nicht ein „Patent auf Leben“ ermöglicht, wie es im-
er wieder kolportiert wird, sondern durch die nun zu
chaffende Rechtssituation wird dieses geradezu verhin-
ert. Dies sollten wir bei der gesamten Diskussion nicht
ergessen.
Aus patentrechtlicher Sicht stellt dieser Gesetzent-
urf nach unserer Meinung einen Fortschritt dar, weil in
m geklärt wird, unter welchen Voraussetzungen bio-
chnologische Erfindungen patentiert werden können.
r ist insoweit ein Beitrag zur Rechtssicherheit und
echtsklarheit. Hierfür einige wenige Beispiele:
Im Gesetzentwurf werden die Anforderungen an die
atentierungsvoraussetzungen der gewerblichen An-
endbarkeit konkretisiert. Damit wird das angestrebte
iel verfolgt, Überprivilegierungen künftig besser zu
ermeiden.
Für die Landwirtschaft bringt das Landwirteprivileg

pürbare Fortschritte. Landwirte dürfen nunmehr Ernte-
ut geschützter Sorten für eine Wiederaussaat zurückbe-
alten und sind auch vor patentrechtlichen Ansprüchen
us versehentlichen Auskreuzungen geschützt.
Bei der Anmeldung zum Patent – das ist für uns be-

onders wichtig – soll die Herkunft des biologischen
aterials angegeben werden.
Aus ökonomischer Sicht stellt der Gesetzentwurf ei-

en Fortschritt dar, weil durch ihn die europäische und
eutsche Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit gesi-
hert und Chancengleichheit mit Unternehmen in ande-
en Ländern hergestellt wird. Aus ethischer Sicht stellt
er Gesetzentwurf für uns einen Fortschritt dar, weil er
ie Grenzen der Patentierbarkeit aufzeigt und fest-
chreibt sowie bestehende Grundsätze der Ethik und
enschenwürde konkretisiert.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Trotzdem haben Sie ihn ein Jahr liegen gelassen!)


Mit der Umsetzung werden Verbote besser und klarer
ls bisher festgeschrieben. Ausdrücklich möchte ich an
er Stelle nur drei Punkte ansprechen, die hier klar for-
uliert werden: Verboten sind Patente zum Klonen
enschlicher Lebewesen, Patente für Keimbahneingriffe
ei Menschen und Patente zur Verwendung menschli-
her Embryonen zu industriellen und kommerziellen
wecken.






(A) )



(B) )


Christoph Strässer

In der gesamten Diskussion gibt es – deshalb bin ich

auch nicht sehr traurig darüber, dass wir hier kontrovers
und so lange diskutiert haben – strittige Punkte, die im-
mer wieder vorgetragen und mittlerweile auch von der
Kommission erkannt worden sind. Dazu gehört ins-
besondere die Diskussion über die Reichweite des
Stoffschutzes. Hier hat das Patentrecht für einen fairen
Interessenausgleich zu sorgen und die Gefahr von Über-
belohnungen zu vermeiden. Wir begrüßen daher aus-
drücklich, dass die Kommission angekündigt hat, sich
mit diesem Thema ausführlich zu beschäftigen, und wol-
len mit unserem Entschließungsantrag eine neue Debatte
auf europäischer Ebene gerade zu diesem Punkt anregen.

Damit sind wir an einem wichtigen Punkt angelangt.
Bereits heute sind die nationalen Patentrechte – und da-
mit auch das deutsche – stark europäisch und internatio-
nal geprägt. Der Schutz des geistigen Eigentums, also
das Patentrecht, sollte daher auch auf europäischer
Ebene weiterentwickelt und fortgeschrieben werden.
Das war ja gerade auch das Ziel der Richtlinie. Nur ein
europäisches Patentrecht kann zur Harmonisierung der
diversen nationalen Patentrechte führen, die Chancen-
gleichheit sichern und europaweite ethische Grenzen set-
zen.

Deshalb haben wir den Entschließungsantrag auf den
Weg gebracht, der eine neue europäische Diskussion ein-
leiten soll, der darauf abzielt, die Richtlinie auf europäi-
scher Ebene zu überprüfen und weiter zu verbessern, da-
mit es an dieser Stelle nicht zu nationalen Sonderwegen
kommen kann.

Wir sind sehr froh darüber, dass der Gesetzentwurf
auf den Weg gebracht worden ist. Mit dem Entschlie-
ßungsantrag unserer Fraktionen verlangen wir klare und
deutliche Präzisierungen,


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

auch von der Bundesregierung. Wir werden überprüfen,
ob sie auch erfolgen. Ich glaube, dass wir dann zu einem
guten Gesetz kommen, das allen betroffenen Interessen
gerecht wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509726100

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt

gebe ich dem Kollegen Helmut Heiderich von der CDU/
CSU-Fraktion das Wort.


Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1509726200

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! 1998 – es

ist eben schon gesagt worden – hat die Europäische
Union die so genannte Biopatentrichtlinie verabschiedet.
Jetzt schreiben wir das Jahr 2004 und endlich ist die
Bundesregierung, sind die Regierungsfraktionen in der
Lage, eine Vorlage zur Umsetzung im deutschen Parla-
ment einzubringen. Wer eine solch lange Zeitspanne
braucht, ist nicht nur politisch handlungsunfähig, er hin-
terlässt bei den Bürgern und den Betroffenen auch den

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(C (D indruck, mit den Aufgaben und Problemen nicht fertig u werden. Er schadet der Wettbewerbsfähigkeit der Unernehmen, den daran hängenden Arbeitsplätzen und insesondere der Forschung und Entwicklung in unserem and. Diese Feststellung müssen Sie sich schon anhören. ie wird auch nicht dadurch entkräftet, dass andere in uropa auch ein wenig säumig sind. Herr Kollege Heiderich, erlauben Sie eine Zwischen rage des Kollegen Röspel? Ja, gerne. Bitte schön, Herr Röspel. Herr Kollege Heiderich, da ich heute Abend schon um zweiten Mal von Ihrer Fraktion die Behauptung öre, dass Rot-Grün die Umsetzung blockiert habe, öchte ich Ihnen die Frage stellen, ob Ihnen bekannt ist, ass in der letzten Legislaturperiode des Deutschen Bunestages die Enquete-Kommission „Recht und Ethik er modernen Medizin“ eine Stellungnahme zur Umsetung der Biopatentrichtlinie abgegeben hat, in der sie ich überwiegend gegen die Eins-zu-eins-Umsetzung usgesprochen hat, dass der überwiegende Teil der DU/CSU-Fraktion in dieser Enquete-Kommission sich benfalls gegen die Eins-zu-eins-Umsetzung ausgesprohen hat und dass in Ihrer Fraktion mindestens bei einien große Bedenken bestanden haben und weiterhin betehen. Sehr geehrter Herr Kollege Röspel, Sie geben mir reundlicherweise Gelegenheit, auf die Doppelstrategie er Grünen, der Roten und der Regierungskoalition näer einzugehen, was ich sehr begrüße. ch stelle zunächst einmal fest, dass das, was Sie heute ier vorlegen, nichts anderes als eine Eins-zu-eins-Umetzung ist. Sie haben lediglich an einer einzigen Stelle ich bitte Sie, die Antwort auf Ihre Frage, bei der ich och immer bin, stehend entgegenzunehmen; es dauert och ein bisschen, das darf ich gleich sagen –, nämlich ort, wo Sie „Nachweis der Funktionen“ hineingeschrieen haben, eine Veränderung vorgenommen. Aber auch iese Veränderung ist schon fast vier Jahre alt. Jetzt rage ich mich und Sie, warum Sie so lange gebraucht aben, um das, was nun hier vorliegt, seit vier Jahren im runde unverändert, heute zur Diskussion zu bringen. Ich will Sie auch fragen, wie Sie mit einem Antrag – – Helmut Heiderich – Ich gebe das an Sie zurück, weil Sie genau an dieser Stelle von mir etwas hören wollten. Ich will die Frage des Abgeordneten mit der Doppelstrategie Ihrerseits beantworten. – Bleiben Sie ruhig stehen! Herr Kollege Heiderich, die Geschäftsordnung sieht vor, dass Fragen und Antworten kurz und präzise sein sollen. Sie können nicht damit rechnen, dass der Kollege Röspel jetzt Gelegenheit zur Antwort erhält; denn das sieht die Geschäftsordnung nicht vor. Gut. – Ich darf trotzdem noch einige Erläuterungen geben. Ich nehme das auf meine Redezeit. (Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Großzügig ist er aber!)


(Widerspruch bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509726300
Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1509726400
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509726500
René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1509726600
Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1509726700

(Erika Lotz [SPD]: Besser als doppelzüngig!)


(Widerspruch bei der SPD)





(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509726800
Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1509726900
In einer Tickermeldung von heute morgen wurde die

Stellungnahme des Abgeordneten Loske wiedergegeben:
Die Grünen wollen Patente auf Lebewesen verhin-
dern. … Das Gesetz muss noch deutlich nachgebes-
sert werden.

Zur selben Zeit bekommt man einen Antrag der Koa-
litionsfraktionen auf den Tisch gelegt, in dem das Gesetz
begrüßt wird. Die Bundesregierung wird darin nur auf-
gefordert, sie solle beobachten, sie solle registrieren, sie
solle einen Bericht geben, sie solle überprüfen und sie
solle auf europäischer Ebene für weitere Verhandlungen
eintreten. Sie haben doch nichts anderes gemacht, als ein
Sammelsurium von Selbstverständlichkeiten aufzu-
schreiben. Gegenüber der ursprünglichen Vorlage haben
Sie nichts verändert. Sie sollten jetzt nicht versuchen,
diesen Sachverhalt hier anders darzustellen. Zumindest
die Grünen sind mit großen Sprüchen angetreten und
sind nun platt wie ein Bettvorleger, was dieses Thema
angeht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist eben schon darauf hingewiesen worden, dass

wir Sie im letzten Jahr mit einem Antrag unsererseits aus
der Reserve gelockt haben und dass die Regierung da-
mals einen eigenen Entwurf eingebracht hat. Aber dieser
Entwurf ruht inzwischen auch schon seit neun Monaten.
In der damaligen Debatte haben sowohl die Ministerin
Zypries als auch Vertreter der SPD-Fraktion verspro-
chen, sehr verehrter Herr Kollege Röspel, dass es eine
zügige parlamentarische Beratung gibt. Auf diese zügige
parlamentarische Beratung warten wir seit neun Mona-
ten vergeblich.

Ich will ein paar Punkte zum Inhalt sagen. Viele der
Forderungen, die in diesem Antrag der CDU/CSU ent-
halten waren, sind in dem Regierungsentwurf ebenfalls
enthalten.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich denke, er wäre unverändert?)


Wir gewähren mit dieser Umsetzung der Richtlinie
– auch das ist eben schon einmal gesagt worden – den
Forschern und den Unternehmen den so genannten

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(C (D toffschutz für ihre Erfindungen. Wir geben ihnen damit in robustes Patentrecht, das für die notwendige wirtchaftliche Sicherheit und für Wettbewerbsgleichheit orgen soll. Denn gerade in der pharmazeutischen Indusrie – das wissen wir alle – sind Hunderte Millionen uro an Investitionen für ein einzelnes Medikament von inem solchen Patentschutz abhängig. Deswegen ist der atentschutz besonders wichtig. Wichtig ist für uns bei den Schutzrechten ebenfalls auch das will ich festhalten –, dass für Pflanzensorten as Vorrecht des bewährten deutschen Sortenschutzreches bestehen bleibt und dass ein erleichterter Zugang zu wangslizenzen möglich wird. Auch das wird von uns usdrücklich begrüßt. Wir wollen noch einen Vorschlag hinsichtlich der Aneldung von Patentansprüchen auf das menschliche enom einbringen. Wir hatten eigentlich erwartet, dass ie an dieser Stelle aktiv werden. Hier hat die Europäiche Kommission – es ist eben schon einmal angesprohen worden – in ihrem Bericht aus 2002 formuliert, ass „der Schutzumfang, der Sequenzen oder Teilseuenzen von Genen gewährt werden kann, weiterhin ein ktuelles Thema bleibt, das zu unterschiedlichen Ausleungen Anlass geben kann“. Dies ist eine Erkenntnis aus em zwischenzeitlich schnellen wissenschaftlichen Fortchritt seit der Verabschiedung der Richtlinie. Herr Kollege Heiderich, erlauben Sie eine Zwischen rage des Kollegen Loske? Aber selbstverständlich. Bitte schön, Herr Loske. Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509727000
Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1509727100
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509727200
Ich will im Sinne des Präsidenten eine kurze und prä-

ise Frage stellen. Könnte es sein, dass zwischen Ihrer
ussage, das Gesetz sei in Wahrheit eine Eins-zu-eins-
msetzung, und Ihrer anderen Aussage, dass die Regie-
ung löblicher- und dankenswerterweise viele Ihrer
unkte bei der Überarbeitung übernommen hätte, ein
iderspruch besteht?


Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1509727300

Herr Kollege Loske, es mag einen ganz gewaltigen
iderspruch zwischen dem bestehen, was Sie heute in
er Presse verbreitet haben, und dem, was heute als Ge-
etzentwurf der Bundesregierung vorliegt. Aber dass ein
iderspruch zwischen unserem Antrag, den wir schon

etztes Jahr eingebracht haben, und dem inzwischen vor-
iegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung besteht,
st nicht der Fall, wie ich Ihnen gerade erklärt habe. Inso-
eit sind Sie auf der falschen Spur. Sie, aber nicht wir,
ie CDU/CSU, liegen daneben.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Helmut Heiderich

Ich will auf den Vorschlag zur Einzigartigkeit des

menschlichen Genoms eingehen. Wir schlagen vor, die
Reichweite des Patents an dieser Stelle noch einmal ab-
zuwägen. Unser Vorschlag ist – ich sage das in aller
Ernsthaftigkeit –, dem Patentanspruch des Anmelders an
dieser Stelle zu folgen und den Patentumfang zu schüt-
zen, den er selbst in seinem Anspruch formuliert und
nachgewiesen hat. Damit würden isolierte Sequenzen
und Teilsequenzen der genomischen DNA des menschli-
chen Körpers, die ihrem natürlichen Aufbau entspre-
chen, einer gewissen Einschränkung in der Reichweite
des Stoffschutzes unterliegen. Ich hätte mich gefreut,
wenn Sie in der Lage gewesen wären, hierzu einen Vor-
schlag zu unterbreiten anstatt heute hier nur zu polemi-
sieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Andererseits gäbe dieser Vorschlag die Möglichkeit,

spätere, von dieser Ersterfindung unabhängige Erfindun-
gen auf demselben Genabschnitt mit einem eigenständi-
gen und nicht nur einem abhängigen Patent zu versehen.
Diesen Vorschlag hätten Sie – auch in konsequenter Be-
folgung der Vorschläge der Enquete-Kommission – auf-
nehmen sollen. Sie haben nichts getan. Sie haben nur po-
lemisiert. Wir bringen diesen Vorschlag ein. Diese
Einschränkung – das will ich betonen – kann natürlich
nicht auf abgeleitete, zum Beispiel gespleiste, in der Na-
tur jedenfalls so nicht vorkommende, Sequenzen oder
Teilsequenzen bezogen werden, sondern nur auf das ori-
ginäre Genom. Ansonsten ist der absolute Stoffschutz
die Regel.

Wir sind der Meinung, dass an diesem Kernpunkt ab-
zuwägen ist, ob die Patentierung originärer menschlicher
DNA im Rahmen dieser Richtlinienumsetzung jetzt in
deutsches Recht umgesetzt werden sollte oder ob wir sie,
wie Sie es vorgeschlagen haben und wie es auch der
Bundesrat mit großer Mehrheit empfohlen hat, auf euro-
päischer Ebene unverzüglich einer Entscheidung zufüh-
ren und anschließend in deutsches Recht umsetzen.
Diesbezüglich hätten wir von Ihnen einen Vorschlag er-
wartet. Ich habe ihn leider vermisst.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509727400

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/1709 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Vorlage auf
Drucksache 15/2657 soll an dieselben Ausschüsse und
zusätzlich an den Ausschuss für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe überwiesen werden. Gibt es dazu an-
derweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Heinrich L.

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(C (D Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Zusätzliche Krankenund Pflegeversicherungsbeiträge bei Versorgungsbezügen durch das GKV-Modernisierungsgesetz rückgängig machen – Drucksache 15/2472 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die DP sechs Minuten erhalten soll. Gibt es Widerpruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red er dem Kollegen Carl-Ludwig Thiele von der FDPraktion das Wort. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten olleginnen und Kollegen! Mit diesem Antrag möchte ie FDP erreichen, dass die von Rot-Grün und der Union eschlossene kalte Enteignung ieler, die für das Alter vorgesorgt haben, durch die Geundheitsreform rückgängig gemacht wird. (Beifall bei der FDP – Detlef Parr [FDP]: Genau das ist es!)

Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1509727500

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


Seit Jahren ist bekannt, dass die umlagefinanzierte
ente allein in Zukunft nicht ausreichen kann, um für
as Alter ein angemessenes Versorgungsniveau sicher-
ustellen. Deshalb wurde von Regierung, Parteien und
erbänden immer wieder dazu aufgerufen, zusätzliche
ltersvorsorge zu betreiben. Das geschah in der heuti-
en Rentendebatte gerade wieder, wie wir alle haben hö-
en können.
Diesem Appell sind zwischenzeitlich schon Millionen

on Bürgern gefolgt, indem sie auf Konsum verzichteten
nd Teile ihres Einkommens in Betriebsrenten und Di-
ektversicherungen einzahlten.


(Peter Dreßen [SPD]: Hört! Hört!)

iese Personen haben daran geglaubt, dass Recht in
eutschland Recht bleibt und dass der Gesetzgeber in
chon laufende Verträge nicht in einer Form eingreift,
ie dem Vertrauensschutz voll zuwiderläuft. Hierbei
uss man wissen, dass Verträge, die vor dem 1. Januar
004 fällig waren, nicht betroffen und dass alle Verträge,
ie danach zur Auszahlung kamen, voll betroffen waren.
nde des letzten Jahres haben einige noch versucht, sich
ie Direktversicherungen vorzeitig auszahlen zu lassen,
m diesem Akt des Gesetzgebers zu entgehen. Aber in
enau diesen Vertrauensschutz ist von Rot-Grün und
nion mit dem gemeinsam verabschiedeten Gesund-
eitsmodernisierungsgesetz eingegriffen worden. Ohne
orwarnung, ohne Übergangsregelung, ohne ein Ge-
amtkonzept erfolgte eine Mehrbelastung der gesetzlich






(A) )



(B) )


Carl-Ludwig Thiele

versicherten Rentnerinnen und Rentner durch das Ge-
sundheitsreformgesetz. Mit diesem Gesetz wurde be-
schlossen, dass für Betriebsrenten statt des hälftigen
Beitrages der volle Kranken- und Pflegeversicherungs-
beitrag erhoben wird und dass bei der Kapitalauszah-
lung von Direktversicherungen, die bisher steuer- und
beitragsfrei ausgezahlt wurden, ab dem 1. Januar 2004
über zehn Jahre der volle Kranken- und Pflegeversiche-
rungsbeitrag abgezogen und einbehalten wird. Das be-
deutet circa 16 Prozent weniger an Wert, sodass dieser
Personenkreis um ein Sechstel des Ersparten kalt enteig-
net wurde.


(Beifall bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin nun

seit 1990 im Deutschen Bundestag. Ich habe es noch nicht
erlebt, dass eine solch weit reichende gesetzliche Rege-
lung beschlossen wurde, ohne dass dieser Punkt vorher in
einem der Debattenbeiträge zu diesem Thema – weder am
18. Juni noch am 9. September noch am 26. September –
auch nur angesprochen wurde. Es hat am 26. September
auch bei Ihnen sehr viele Diskussionen und sehr viele per-
sönliche Erklärungen gegeben; aber in keiner dieser per-
sönlichen Erklärungen ist dieser Punkt auch nur ange-
sprochen worden, weil fast keinem diese Regelung
überhaupt bekannt war.

Aus vielen Gesprächen mit Kolleginnen und Kolle-
gen, auch von der SPD und von der Union, weiß ich,
dass viele der Kolleginnen und Kollegen – ich gehe von
80 bis 90 Prozent aus –, die damals dem Gesetz zu-
stimmten, nicht wussten, dass eine solche Regelung Be-
standteil des Gesetzes war. Die Öffentlichkeit erfuhr von
dieser Regelung erst Ende letzten bzw. Anfang dieses
Jahres. Als Mitglied des Finanzausschusses bin auch ich
erst zu diesem Zeitpunkt überhaupt auf diese Regelung
aufmerksam geworden; das bekenne ich hier ganz frei-
mütig.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Al-
tersvorsorge ist wichtig und notwendig. Wer Vertrauen
beim Aufbau einer privat finanzierten Altersversiche-
rung durch einen solchen sorgsam geplanten und der Öf-
fentlichkeit verschwiegenen Eingriff verspielt, hat
Schwierigkeiten, Vertrauen überhaupt wieder zurück-
zuerwerben. Dieses Gesetz ist ohne jegliche Differenzie-
rung, ohne Übergangsfristen, ohne Einzelfallbetrachtung
beschlossen worden.

Parallel dazu behandeln wir derzeit im Finanzaus-
schuss das Alterseinkünftegesetz. Da wird mit Über-
gangsregelungen gearbeitet, da wird erklärt, dass Le-
bensversicherungen zukünftig steuerpflichtig sind – aber
erst für ab dem 1. Januar 2005 abgeschlossene Verträge.
Wie die Beratungen ausgehen, werden wir noch sehen.
Es wird aber offen debattiert; es wird in einer Anhörung
darüber diskutiert. All das fand bei dem hier zur Debatte
stehenden Thema überhaupt nicht statt. Das werfe ich
der Gesundheitsministerin Schmidt vor; denn dieser
Punkt wurde nach meinem Eindruck bewusst der Öffent-
lichkeit vorenthalten, wohingegen der andere Punkt von
Finanzminister Eichel offen diskutiert wird.

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(C (D An dieser Stelle müssen wir aus meiner Sicht als Abeordneter handeln. Es ist nicht hinnehmbar, dass der esetzgeber so tut, als ginge ihn das überhaupt nichts an, ls wäre da irgendein Fehler passiert oder sonst etwas. err Schartau bemüht sich, kommt aber zu keinen Erebnissen. Es gibt interne Bemühungen, Einzelfallregengen möglicherweise wieder zurückzudrehen. Damit ann dieses Problem aber nicht gelöst werden. Warum wurde das Vertrauen in betriebliche Vorsorge berhaupt gebrochen, ohne dass man ein Gesamtkonzept at? (Peter Dreßen [SPD]: Sie reden den Leuten etwas ein, was nicht ist!)


arum ist es heute so, dass ein betrieblich Versicherter
en vollen Beitrag zahlen muss, ein privat Versicherter
ber überhaupt keinen Beitrag zu leisten hat? Das ist
ine eklatante Ungleichbehandlung. Diese Ungleichbe-
andlung dürfen wir nicht so stehen lassen. Deshalb ap-
elliere ich an viele, sich damit ernsthaft auseinander zu
etzen; denn – das möchte ich hier festhalten – die ge-
achten Fehler können noch korrigiert werden.


(Jörg van Essen [FDP]: Sehr richtig!)

eshalb wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie sich in den
nstehenden Ausschussberatungen ernsthaft mit unse-
em Antrag beschäftigen würden und wenn auch exter-
er Sachverstand diesen Punkt einmal beleuchten und
azu Stellung nehmen könnte.
Ich glaube nicht, dass die eine oder andere Einzelre-

aratur dieses Problem löst. Das Problem kann nur ge-
st werden, indem diese Regelung komplett zurückge-
ommen und dann nach Einzelfallüberlegungen ein
euer Gesetzentwurf als Gesamtkonzept vorgelegt wird.
Dieser Punkt ist in dieser Form nicht akzeptabel. So

arf man mit dem Vertrauen von Millionen von Men-
chen nicht umgehen. Ich appelliere an Sie, diesen Ver-
auensschutz ernst zu nehmen. Denn wer die Rente ab-
enkt und dazu auffordert, die Differenz mit zusätzlicher,
rivat aufgebauter Altersvorsorge auszugleichen, der
uss Vertrauen schaffen. Wie kann man auf einen Ge-
etzgeber vertrauen, der den aus verbeitragtem und ver-
teuertem Lohn aufgebauten Auszahlungsbetrag nach-
äglich noch einmal verbeitragt und versteuert? Das ist
ine Doppelverbeitragung und Doppelversteuerung, die
h für verfassungswidrig halte.
Lassen Sie uns hier alle zusammen anpacken und die-

en Punkt überparteilich in Ordnung bringen, damit die
evölkerung wieder etwas Vertrauen in die Planbarkeit
er Entscheidungen des Gesetzgebers gewinnt!
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509727600

Das Wort hat der Kollege Peter Dreßen von der SPD-

raktion.






(A) )



(B) )



Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1509727700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eines

muss man den Damen und Herren von der FDP lassen:
Sie schaffen es immer wieder, ihre politische Inhaltslo-
sigkeit mit populistischen Forderungen zu überspielen.


(Beifall der Abg. Erika Lotz [SPD] – Detlef Parr [FDP]: Ein bisschen netter am Abend!)


Heute versuchen Sie sich als Hüter des sozialen Ge-
wissens. Morgen werden Sie wieder mit Ihren Privatisie-
rungsvorstellungen den sozialen Kahlschlag des Ge-
sundheitswesens propagieren.

Gut sind mir noch die Worte meiner Kollegin Erika
Lotz im Ohr, die sich in der letzten Woche mit einem
ähnlich gearteten Antrag Ihrer Fraktion auseinanderset-
zen musste und Sie als „Nepper, Schlepper, Bauernfän-
ger“ bezeichnete. Teil 2 von „Nepper, Schlepper, Bau-
ernfänger“ erleben wir heute. Auch das Bild des Wolfes
im Schafspelz ist eine treffende Charakterisierung Ihrer
heutigen Darbietung, Herr Thiele.


(Detlef Parr [FDP]: Sagen Sie doch einmal etwas zur Sache!)


Sie streuen Falschinformationen und stiften gezielt Ver-
unsicherung.


(Jörg van Essen [FDP]: Das ist doch nur eine Verunglimpfung!)


Verkleidet ist das Ganze in warme Worte.

(Detlef Parr [FDP]: Kein Wort zur Sache!)


Plötzlich scheinen Sie sich um die finanziellen Belas-
tungen der Rentnerinnen und Rentner zu sorgen. Aller-
dings lassen sich die Bürger und Bürgerinnen von Ihnen
nicht hinters Licht führen. Ihnen geht es auch heute nicht
um soziale Gerechtigkeit, nicht um eine Stabilisierung
der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie betreiben
Klientelpolitik für die ohnehin besser Gestellten und ver-
stecken das hinter vermeintlich sozial klingenden Forde-
rungen. Das machen wir nicht mit, Herr Thiele.

Auch die Damen und Herren von der FDP waren im
Vorfeld der Reform der gesetzlichen Krankenversiche-
rung zur Mitarbeit eingeladen. Sie haben ja am Anfang
mitgemacht. Auch Sie hätten konstruktiv in der Gesund-
heitspolitik mitwirken können.


(Detlef Parr [FDP]: Kein Wort zur Sache, Herr Kollege!)


Keiner der beteiligten Seiten ist es im Dezember leicht
gefallen, gemeinsam einen tragfähigen Kompromiss zu
finden. Die FDP hat es jedoch vorgezogen, sich frühzei-
tig aus den Konsensgesprächen zurückzuziehen.


(Jörg van Essen [FDP]: Das war doch richtig!)

Von diesem politischen Offenbarungseid will heute je-
doch offenbar niemand bei den Liberalen mehr etwas
wissen.

Auf Ihrer Homepage ist zu lesen:
Im Interesse der Generationengerechtigkeit sind die
notwendigen Anpassungslasten so zu verteilen,

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(C (D dass die Anpassungen nicht den Erwerbstätigen allein aufgebürdet werden. Auch künftige Generationen können die Belastungen nicht alleine tragen. iese gerechte Lastenverteilung stellen wir her: heute it dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz und im November etzten Jahres mit dem GKV-Modernisierungsgesetz. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jörg van Essen [FDP]: Das muss rechtlich einwandfrei geschehen!)


lle Beteiligten werden maßvoll zu Beiträgen herange-
ogen, die das System stabilisieren und die Beitragssätze
inken lassen können.
Mit der jetzigen Regelung wird die gesetzliche Kran-

enversicherung um 1,6 Milliarden Euro entlastet. Diese
innahmen sind notwendig, um die Beitragssätze zu
enken und um die Schulden bei den gesetzlichen Kran-
enversicherungen abzubauen.
Schon lange decken die Beiträge der Rentnerinnen

nd Rentner nicht mehr die Ausgaben, die sie in der ge-
etzlichen Krankenversicherung verursachen. Auch das
issen Sie, Herr Thiele. Die Menschen leben heute im-
er länger. Das ist gut so. Aber auch der medizinische
ortschritt führt zu höheren Kosten. Die Leistungsausga-
en der Krankenkassen für Rentnerinnen und Rentner
urden zu Beginn der 70er-Jahre noch zu 73 Prozent aus
eiträgen der Rentner selbst finanziert. Heute liegt die-
er Satz bei 43 Prozent.
Wenn Sie nun fordern, die Änderungen des GMG zu-

ückzunehmen, dann müssen Sie sich zu Recht der Un-
edlichkeit bezichtigen lassen. Gebetsmühlenartig wie-
erholen Sie tagein, tagaus, wie wichtig es sei, die
ohnnebenkosten zu senken. Heute versuchen Sie, sich
it einer Forderung zu profilieren, die das genaue Ge-
enteil bewirkt. Populismus und Verantwortungslosig-
eit paaren sich bei Ihnen auf sehr unglückliche Art und
eise; denn auch heute machen Sie keinen Vorschlag,
ie Ihre Forderung finanziert werden kann. Folgten wir
hrem Vorschlag, stiegen die Beitragssätze für die Versi-
herten und wir zementierten soziale Ungerechtigkeiten.
Mit den neuen Regelungen haben wir eine Gerechtig-

eitslücke geschlossen. Bislang musste nur derjenige
eiträge auf Versorgungsbezüge zahlen, der sich für eine
entenleistung entschieden hat. Derjenige aber, der eine
inmalige Kapitalleistung erhielt, blieb beitragsfrei,
enn er mit seiner Versicherung eine Einmalzahlung vor
em Eintritt in den Ruhestand vereinbart hatte. Ein Bei-
piel, um diesen Missstand etwas anschaulicher zu ma-
hen: Ein Versicherter A brachte seine Kapitalleistung
uf die Bank und hob monatlich gleich bleibende Be-
räge von 250 Euro ab. Diese Person zahlte vor In-Kraft-
reten des GMG keine Beiträge an die gesetzliche Kran-
enversicherung. Sein Nachbar hingegen, der Versi-
herte B, hatte sich für eine monatliche Rentenzahlung
benfalls in Höhe von 250 Euro entschieden. Dieser Ver-
icherte musste jedoch Krankenversicherungsbeiträge
uf seine Rente bezahlen. Dieses Beispiel macht augen-
cheinlich, dass die bisherige Regelung ungerecht gewe-
en ist. Es gibt keinen Grund, warum die Beitragspflicht
er betrieblichen Altersvorsorge von der Auszahlungsart






(A) )



(B) )


Peter Dreßen

abhängen sollte. Diese Gerechtigkeitslücke ist jetzt ge-
schlossen.

Auch die bislang bestehenden Unterschiede zwischen
pflichtversicherten und freiwillig versicherten Rentne-
rinnen und Rentnern sind mit dem Gesundheitsmoderni-
sierungsgesetz aufgehoben worden. Mit der Erhöhung
vom halben auf den vollen Beitragssatz bei Versorgungs-
bezügen haben wir eine weitere Schieflage beseitigt.
Bislang waren Versorgungsbezüge die einzigen nennens-
werten Einnahmen, für die nicht der volle Beitrag zur
gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt werden
musste. Es ist aber nicht nachvollziehbar, warum ein
Versicherter A, der zum Beispiel eine Rente in Höhe von
1 000 Euro und eine Betriebsrente in Höhe von 1 200
Euro bezieht, weniger Beiträge zur gesetzlichen Kran-
kenversicherung entrichtet als ein Versicherter B, der nur
Altersbezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung
in Höhe von 1 800 Euro bezieht. Der Versicherte A mit
Alterseinkünften in Höhe von 2 200 Euro musste bei ei-
nem Kassensatz von 14 Prozent 224 Euro an die Kran-
kenkasse abführen, während der Versicherte B mit einem
Alterseinkommen in Höhe von 1 800 Euro einen Beitrag
in Höhe von 252 Euro entrichten musste, obwohl er mo-
natlich 400 Euro weniger zur Verfügung hatte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509727800

Herr Kollege Dreßen, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Thiele?


Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1509727900

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509728000

Bitte, Herr Thiele.


Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1509728100

Sehr geehrter Herr Kollege Dreßen, ich habe Ihnen

aufmerksam zugehört. Sie beschreiben gewisse Un-
gleichheiten, die Sie gleichmäßiger zu regeln versuchen.
Sie gehen aber mit keinem Wort darauf ein, welchen
Vertrauensbruch Sie gegenüber den Menschen bege-
hen, die im Vertrauen auf eine gesetzliche Regelung
Konsum unterlassen und gespart haben, um zusätzliche
private Altersvorsorge zu betreiben. Ich habe über
100 Schreiben von betroffenen Bürgern bekommen, die
gesagt haben, sie hätten über Jahre und Jahrzehnte – teil-
weise 30, 40 Jahre – auf die Politik vertraut und im Ver-
trauen darauf ihre Altersvorsorge aufgebaut. Jetzt, am
Lebensabend, könnten sie entstehende Versorgungslü-
cken überhaupt nicht mehr ausgleichen. Mit einem Fe-
derstrich des Gesetzgebers, der öffentlich gar nicht dis-
kutiert wurde, werde ihnen zum Beispiel im Fall der
direkt ausgezahlten Direktversicherungen der volle
Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag – in der Regel
sind es dann 16 Prozent – sozusagen verbeitragt. Damit
werde ihnen ein Sechstel dessen, was sie für ihr Alter an-
gespart hätten, weggenommen. Parallel dazu erleben
wir, dass dann, wenn dieses Geld in Lebensversiche-
rungsverträgen angespart wurde, die Ausschüttungen
weiterhin steuer- und beitragsfrei sind. Wie können Sie

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(C (D ies den Betroffenen erklären? Ich gehe davon aus, dass ie es nicht erklären können. Sie können es mir natürlich leich erklären. Wenn Sie es aber nicht erklären können, ann bitte ich Sie, zu überlegen, ob man diese Regelung icht wieder aufheben kann. Herr Thiele, wir haben versucht, ihnen zu sagen, dass ie auch im Alter einen Teil in die Krankenversicherung inzahlen müssen. Ich wäre zwar in meiner Rede noch arauf zu sprechen gekommen, aber ich sage es Ihnen leich: Der Beitragssatz hängt natürlich auch von der öhe des Einkommens ab. Wir sind ja nicht die Erfinder rgendeiner Kopfpauschale. Wir wollen eine prozentuale egelung. Wenn jemand eine Lebensversicherung hat nd sich daraus eine Rente ausbezahlen lässt, dann zahlt r von dem, was er monatlich bekommt, einen Krankenersicherungsbeitrag. Es ist ja nicht so, dass wir den enschen alles wegnehmen. Es handelt sich lediglich m Krankenversicherungsbeiträge. Ich habe weiter gesagt, dass die heutigen Rentner ihre eistungsausgaben nur noch zu 43 Prozent – ursprüngich waren es einmal 73 Prozent – decken. Das können ie doch nicht dauernd den jungen Leuten übertragen. rgendwann muss damit doch einmal Schluss sein. Sie elbst sind doch derjenige, der in Wirtschaftsdebatten mmer tönt, dass die Lohnnebenkosten gesenkt werden üssen. Wir versuchen nun, hier zu einer gerechten Löung zu kommen. Ich finde, dies ist eine gerechte Löung. Deswegen meine ich, wir sind auf dem richtigen eg. Insgesamt zeigt die Diskussion über die Beiträge bei ersorgungsbezügen Folgendes: Es sind nicht die viel itierten einkommensschwachen Rentnerinnen und entner, die lautstark protestieren; denn für diese ruppe treten, wenn überhaupt, nur geringe Neubelasungen auf. Herr Thiele, ich will nicht abstreiten, dass es mmer wieder Einzelfälle gibt, die von der jetzigen Reelung stärker betroffen sind als das Gros der Ruhetändler: zum Beispiel eine Beamtenwitwe, die freiwillig eiträge an die gesetzliche Krankenversicherung entichtet hat. Zwar bezieht diese Gruppe neben einer kleien Rente in der Regel auch eine auskömmliche Witenpension. Dennoch besteht in diesem Bereich in aher Zukunft Handlungsbedarf. Im Übrigen – das ist das Schönste an der ganzen Ge chichte; jetzt müssen Sie gut aufpassen – ist es dem seensreichen Wirken der FDP zu verdanken, dass Bemte und ihre Angehörigen heute nicht mehr die Wahl wischen einer Teilkostenerstattung in der gesetzlichen rankenversicherung und einer Ergänzungsversicherung ur Beihilfe in der privaten Krankenversicherung haben. as haben Sie von der FDP damals verhindert. Wir wollen dies öffnen: dass auch jemand, der in der gesetzlihen Krankenversicherung ist, die Hälfte der Kosten ertattet bekommt. Aber das durfte nicht sein. Es gab nur ann Beihilfe, wenn man privat krankenversichert war. o haben Sie damals Klientelpolitik gemacht. Peter Dreßen (Jörg van Essen [FDP]: Das stimmt doch gar nicht! Was denn für Klientelpolitik?)

Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1509728200

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )

Das war Ihr altbekanntes Verhalten: Klientelpolitik zu-
gunsten der Versicherungswirtschaft. So kennen wir die
Liberalen.

Ich will anhand der vorliegenden Zahlen verdeutli-
chen, welche Mehrbelastungen die jetzige Regelung
für die Bezieher von Betriebsrenten bedeutet. Aus der
Studie „Alterssicherung in Deutschland“ ist bekannt,
dass es zurzeit 15,3 Millionen Beschäftigte gibt, die An-
wartschaften auf Betriebsrenten haben.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Die treffen Sie alle!)


Die durchschnittliche Höhe ihrer Versorgungsbezüge
wird auf circa 250 Euro monatlich geschätzt. Bei einem
durchschnittlichen Beitragssatz von 14 Prozent bedeutet
dies eine Mehrbelastung von 17,50 Euro pro Monat. Das
ist jedoch noch eine pessimistische Rechnung; denn
zahlreiche Krankenkassen haben ja niedrigere Beitrags-
sätze. Außerdem bin ich mir sicher, dass das Gesund-
heitsmodernisierungsgesetz zu weiteren Beitragssenkun-
gen führen wird.

Diejenigen, die jetzt laut protestieren, tun dies aus
Gründen der Besitzstandswahrung. Sie haben aufgrund
hoher Versorgungsbezüge die entsprechenden Mehrbe-
lastungen zu tragen. Dies entspricht jedoch dem Gedan-
ken der Solidarität. Das sollten Sie sich, Herr Thiele,
einmal ins Stammbuch schreiben. Diejenigen, die brei-
tere Schultern haben, haben auch höhere Lasten als die
Einkommensschwachen zu tragen. Das ist konsequent
und solidarisch. Dass die FDP damit ein Problem hat,
wundert mich nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ach!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509728300

Das Wort hat der Kollege Michael Hennrich von der

CDU/CSU-Fraktion.


Michael Hennrich (CDU):
Rede ID: ID1509728400

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren Kollegen! Herr Dreßen, als Erstes
muss ich mich an Sie wenden. Da Sie dem Kollegen
Thiele das Prinzip „Nepper-Schlepper-Bauernfänger“
vorgeworfen haben, erinnere ich Sie an die Diskussion
über das Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz.
Wenn dieser Begriff in der Debatte des heutigen Tages
auf irgendetwas zutrifft, dann auf dieses Gesetz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Erika Lotz [SPD]: Wird das jetzt mitgetragen oder nicht?)


Aber, Herr Thiele, ich muss ganz ehrlich sagen: Ich
tue mich schon schwer.


(Erika Lotz [SPD]: Was ist das denn hier für ein Ablenkungsmanöver!)


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(C (D m Dienstag dieser Woche haben wir über das Rentenersicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz diskutiert. ollegen von Ihnen haben sich darüber ausgelassen, ass die SPD und die Grünen Lyrik betreiben, populäre nträge stellen und künftigen Generationen keine Persektiven aufzeigen. Es wurde sehr deutlich aufgezeigt, elche Folgen Beitragssatzsteigerungen für die Arbeitslätze haben. Diese Diskussion steht auch im Zusammenhang mit inem Antrag aus der letzten Woche zur Zurücknahme er Praxisgebühr sowie einem heute auf der Tagesordung stehenden Antrag zur Rücknahme der höheren Beiragsbelastung von Betriebsrenten. Da muss ich Ihnen anz offen und ehrlich sagen: Ein Stück weit müssen Sie ich den Vorwurf des Populismus gefallen lassen. (Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Erika Lotz [SPD]: Sie sind auf Schmusekurs!)


ie springen auf einen Zug, der eigentlich gar nicht zu
hrem Profil passt; das ist das Kernproblem.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Vertrauensschutz passt sehr gut zum Liberalismus!)


Vertrauensschutz ist schon richtig, aber Sie müssen
uch sehen, wie die Ausgangslage war.
Ich möchte eines ganz deutlich sagen: Sie waren beim

ckpunktepapier dabei. Am 21. Juli 2003 wurde die Er-
öhung der Beiträge auf Betriebsrenten mit Zustimmung
er FDP vorgesehen. Damals hat sich noch keiner von
hnen gemeldet und irgendetwas von „kalter Enteig-
ung“ und Vertrauensschutz gesagt. Sie wissen, in wel-
her schwierigen Situation wir angesichts des Defizites
ei den gesetzlichen Krankenkassen insgesamt waren.
atürlich bin ich auch betrübt, dass die Rot-Grünen die-
es System in fünf Jahren an die Wand gefahren haben.
ber wir mussten es reparieren.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist doch wahr! Herr Dreßen, wissen Sie was? Ich
uss Ihnen das einmal ganz offen und ehrlich sagen: Sie
ind 60 Jahre alt. Sie sitzen hier noch vier Jahre und war-
en ab und in zehn Jahren beschweren Sie sich über uns,
enn wir vor dem Scherbenhaufen stehen, den Sie hier
abrizieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Peter Dreßen [SPD]: Was haben Sie denn in 16 Jahren für Mist gebaut? Da mussten wir erst einmal euren Schrott aufräumen! Sie haben Schulden hinterlassen und hohe Lohnnebenkosten!)


Nicht so viel wie Sie in fünf Jahren! Wir haben Ihnen
in System der gesetzlichen Krankenversicherung hin-
erlassen, das funktioniert hat, das Reserven hatte. Punkt,
eierabend! Jetzt hören Sie mir einmal zu! Ich habe Ih-
en auch zugehört.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht zu später Michael Hennrich Stunde! – Nina Hauer [SPD]: Sie beschimpfen hier die Abgeordneten! – Erika Lotz [SPD]: Ein Benehmen!)





(A) )


(B) )


Jetzt noch einmal zu Ihnen, Herr Thiele. Im Grunde
genommen war die Frage: Wen belasten wir? Belasten
wir die Betriebsrenten? Der Kollege Dreßen hat voll-
kommen zu Recht ausgeführt, dass Rentner 1970 noch
73 Prozent der Leistungsausgaben der gesetzlichen
Krankenversicherung abgedeckt haben. Heute sind es
annähernd 40 Prozent. Die Frage war dann: Nehmen wir
diese Gruppe stärker in die Verantwortung oder satteln
wir das auf die Beiträge drauf? Ich glaube, wenn wir jun-
gen Menschen eine Perspektive bieten wollen, dann kön-
nen wir ihnen nicht nur die Lösung „Beitragssatzsteige-
rungen“ anbieten.

Es ist vollkommen klar: Die Probleme des Vertrau-
ensschutzes sind schwierig. Im Grunde genommen gab
es eine Regelung, nach der wir auf monatliche Bezüge
die vollen Beiträge erhoben haben. War es in Ordnung,
auf Einmalauszahlungen keine Beiträge zu erheben, auf
monatliche dagegen schon? Da spielt der Vertrauens-
schutz auch eine Rolle. Deswegen bin ich froh, dass wir
eine einheitliche Regelung für alle Formen von Betriebs-
renten, Direktversicherungen und Bezügen aus Versor-
gungswerken gefunden haben. Ich selber bin Rechtsan-
walt und bekomme in Zukunft Bezüge aus einem
Versorgungswerk; für mich wird das genauso in vollem
Umfang zutreffen.

Das ist die Situation, mit der wir uns ein Stück weit
abfinden müssen. Ich sage es ganz offen: Eigentlich war
es die Stichtagsregelung, die vielen große Probleme be-
reitet hat. Wer im Dezember 2003 die Zahlung in vollem
Umfang bekommen hat, musste nichts zahlen, wer sie
dagegen im Januar 2004 erhielt, musste 16 Prozent Bei-
trag entrichten. Das ist schwierig, aber wir hatten wenig
Alternativen. Wenn wir jetzt Ihrem Antrag folgen wür-
den, würde das heißen: Im System fehlen uns 1,6 Milli-
arden Euro.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Das ist der Punkt! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat er Recht!)


Der Beitragssatz müsste wiederum steigen.
Ich vermisse in Ihrem Antrag eine deutliche Alterna-

tive. Deswegen muss man Ihnen schlicht und ergreifend
Populismus vorwerfen.

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen: Diese Diskus-
sion über die Betriebsrenten und Direktversicherungen
ist ein schöner und würdiger Auftakt im Hinblick auf das
Thema Bürgerversicherung.


(Petra Selg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jawohl!)


Ich freue mich schon darauf, wenn wir als Nächstes das
Thema „Verbreiterung der Bemessungsgrundlage“ ange-
hen. Sie werden darüber diskutieren, ob Mieten und
Ähnliches – zur Hälfte oder in vollem Umfang – einbe-
zogen werden sollen. Sie können sich hierbei auf tolle
Diskussionen gefasst machen. Wir sagen deswegen: Mit
einer Gesundheitsprämie schaffen wir alle damit verbun-
denen Probleme vernünftig und ehrlich vom Tisch.

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(C (D Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Kopfpauschale!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509728500

Das Wort hat die Kollegin Petra Selg vom Bünd-

is 90/Die Grünen.


Petra Selg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509728600

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Es ist schon unglaublich, wie nun jede Woche
meistens zu sehr später Stunde –


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wir hätten es gerne früher gemacht!)


in Antrag der FDP zum Gesundheitsmodernisierungs-
esetz hier eingebracht wird. Gefällt Ihnen der Silves-
rsketch mit dem Spruch „the same procedure as every
ear“ so gut, dass Sie hier the same procedure as every
eek veranstalten?


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau!)


eute reden nicht einmal Sozialpolitiker – ich sehe nicht
inmal einen –, sondern Finanzpolitiker.
Wie schon der Antrag aus der letzten Woche ist auch

ieser ohne jeglichen substanziellen Inhalt. Lieber Herr
hiele, ich frage Sie schon: Warum haben die FDP-Län-
ervertreter diesem schrecklichen Gesetz überhaupt zu-
estimmt? Konnten sie nicht lesen?


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Den Punkt kannte keiner!)


arum sind Sie bei den Verhandlungen nicht dabei ge-
lieben, wenn Ihnen jetzt jede Woche irgendein Bestand-
il dieses Gesetzes so wichtig erscheint? Die zwei, die
aran beteiligt waren, fehlen schon wieder.
Ich sage Ihnen, warum: Sie selbst haben keinen Plan,

eine Vorstellungen, keinerlei Konzepte. Sie wissen
icht, welche Reformen in den sozialen Sicherungssys-
men notwendig sind und ob das Prinzip der Solidarität
rhalten werden soll. Sie wollen für nichts Verantwor-
ng übernehmen. Sie produzieren nur Sprechblasen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nein!)

Dieser Antrag ist dementsprechend kein bisschen se-

iös; ich finde ihn geradezu affig. Sie schreiben dort, al-
es sei „ohne Vorwarnung“ über Sie hereingebrochen.
azu möchte ich Ihnen sagen: Die Regelung des GKV-
odernisierungsgesetzes ist nicht still und leise, also
hne Vorwarnung irgendwo eingeführt worden. Sie war
estandteil des Konsenses mit der Union. Sie war zu-
em bereits im Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen
om Juni 2003 enthalten.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Umso schlimmer!)


ie hätten das ruhig einmal nachlesen können.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)







(A) )



(B) )


Petra Selg

Die Erhebung des vollen Beitrages auf Versorgungs-

bezüge beseitigt aus meiner Sicht eine soziale Schief-
lage; denn es gehört für mich zu den Wesensmerkmalen
der gesetzlichen Krankenversicherung, Generationen-
gerechtigkeit so zu verstehen, dass nicht jede Genera-
tion ausschließlich für ihre Gesundheitskosten aufkom-
men muss, sondern dass ein Ausgleich zwischen den
Generationen stattfindet. Das ist und bleibt ein untrenn-
barer Bestandteil des Solidarprinzips.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das scheint für Sie nicht zu gelten. Aber an Solidarität
hapert es ja in Ihrer eigenen Fraktion.

Wir haben bereits gehört: 1973 deckten die Rentne-
rinnen und Rentner noch gut 70 Prozent der Leistungs-
aufwendungen mit ihrem Beitrag ab. Heute sind es nur
noch 43 Prozent. Es müssen also 57 Prozent über das
Beitragsaufkommen der übrigen Krankenversicherten
aufgebracht werden. Diese Belastung der jüngeren Ver-
sicherten ist also in den letzten Jahren deutlich gestie-
gen, obwohl die größten Auswirkungen der doppelten
Alterung unserer Gesellschaft – wir haben weniger Kin-
der und eine größere Lebenserwartung – noch vor uns
liegen.

Ich halte es deshalb durchaus für vertretbar, leistungs-
fähige Rentnerinnen und Rentner stärker als bisher an
den Kosten der Krankenversicherung zu beteiligen; denn
auch sie profitieren von stabilen Beiträgen in der GKV.
Oder können Sie, meine lieben Damen und Herren von
der FDP, mir sagen, wie Sie die damit verbundenen Ein-
nahmen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro – dies ent-
spricht 0,2 Prozentpunkten – gegenfinanzieren würden?

Wie schon in der letzten Woche kann ich nur fragen:
Sind Sie dafür, dass die Beiträge weiter steigen? Das
würde die Generation der Erwerbstätigen durch stei-
gende Lohnnebenkosten weiterhin treffen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509728700

Frau Kollegin Selg, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Abgeordneten Thiele?


Petra Selg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509728800

Nein. Ich wollte diese Rede eigentlich zu Protokoll

geben. Deshalb möchte ich ungestört zu Ende reden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509728900

Sie müssen sie nicht zulassen.


Petra Selg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509729000

Genau.
Wir stellen mit dieser Regelung auch die Bezieher

von laufenden und einmalig gezahlten Versorgungsbezü-
gen gleich. Auf einmalig ausgezahlte Versorgungsbe-
züge waren aufgrund einer heftig kritisierten Entschei-
dung des Bundessozialgerichtes bisher auch keine
Beiträge zur Krankenversicherung zu zahlen, wenn diese
Kapitalabfindung vor dem Renteneintritt gewährt wurde.
Laufende Versorgungsbezüge und Kapitalabfindungen

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(C (D ach Renteneintritt wurden dagegen schon bisher zur eitragszahlung herangezogen. Die Beiträge werden im brigen nicht auf einen Schlag fällig, sondern über eien Zeitraum von zehn Jahren gestreckt. Alle Auszahungen aus privat abgeschlossenen Lebens-, Rentender Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen bleiben eiterhin beitragsfrei. Ich sage noch einmal zur Klarstellung: Für Rentnerin en und Rentner, die nur eine gesetzliche Rente erhalten, ndert sich ebenfalls gar nichts. Angesichts des Solidaredankens, der bei Ihnen von der FDP völlig fehlt, halen wir die jetzt getroffene Regelung für notwendig, urch die sich leistungsfähige Rentnerinnen und Rentner tärker an den Kosten ihrer Krankenversicherung beteilien. Zu der Forderung in Ihrem Antrag bezüglich des Ver rauensschutzes möchte ich, da ich nicht mehr so viel eit habe, nur sagen: Lesen Sie nicht immer nur Bouleardblättchen, sondern zur Abwechslung auch einmal ie Entscheidungen des Bundessozialgerichts oder des undesverfassungsgerichts von 1995! (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ich habe mir die Entscheidungen von 2000 bis 2003 angesehen!)


Zum Schluss bleibt für mich noch die Frage übrig,
ie sich die FDP innerhalb der gesetzlichen Kranken-
ersicherung einen Ausgleich zwischen den Generatio-
en vorstellt. Ich würde mich freuen, wenn Ihre Antwort
azu beitragen sollte, einer Bürgerversicherung näher zu
ommen und somit die wachsenden Lasten einer immer
lter werdenden Gesellschaft und die damit verbundenen
osten auf breitere Schultern zu verteilen. Solange Ih-
en dazu aber nichts einfällt, freue ich mich auf Sit-
ungswochen ohne solche konzeptionslosen Anträge.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509729100

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

er Kollege Matthäus Strebl von der CDU/CSU-Frak-
ion das Wort.

Matthäus Strebl (CSU):
Rede ID: ID1509729200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Herr Thiele, die FDP behauptet in dem vorlie-
enden Antrag, dass die Erhöhung der Kranken- und
flegeversicherungsbeiträge auf die Versorgungsbezüge
nd Betriebsrenten ungerecht sei und gegen den Grund-
atz des Vertrauensschutzes verstoße.
Hierbei sind allerdings einige Zusammenhänge zu be-

chten. SPD und Grüne haben bei den vergangenen Ver-
andlungen zur Gesundheitsreform massiv eine Mehrbe-
astung der Rentner gefordert. Begründet wurde dies
amit, dass die Beitragszahlungen der Rentner heutzu-
age nur noch gut 40 Prozent der Leistungsausgaben der
rankenversicherung für sie abdecken. Warum ist diese
ntwicklung eingetreten? Doch nur, weil Rot-Grün ohne
inn und Verstand agiert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Erika Lotz [SPD]: Aha! Jetzt kommt es!)







(A) )



(B) )


Matthäus Strebl

Rot-Grün hat drei Kardinalfehler gemacht, wodurch

diese Krise der Sozialsysteme herbeigeführt wurde,
nämlich erstens die Rücknahme der Sozialreformen der
Kohl-Regierung, zweitens das Betreiben einer verfehlten
Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik und drittens die
Entwicklung völlig unzureichender Reformansätze bei
den Sozialsystemen. Als Folge haben wir nun eine deso-
late Finanzlage sowohl bei der Kranken- als auch bei der
Rentenversicherung mit milliardenschweren Ausfällen.

Zur aktuellen Krisenlage kommen tief greifende He-
rausforderungen für die Zukunft hinzu: eine immer älter
werdende Bevölkerung,


(Erika Lotz [SPD]: Billionen Schulden haben Sie uns hinterlassen!)


der zunehmende medizinische Fortschritt, der wach-
sende Dienstleistungsbedarf in Medizin und Pflege und
eine sich rasch verändernde Arbeitswelt. Das wird in
Zukunft – es ist auch schon jetzt der Fall – gravierende
Auswirkungen auf unsere sozialen Sicherungssysteme
haben. Zugleich werden immer mehr Rentner immer we-
niger Beitragszahlern gegenüberstehen; das wissen wir.

Nun müssen die Rentnerinnen und Rentner vermehrt
an der Finanzierung der Leistungsausgaben beteiligt
werden, um eine noch stärkere Belastung der erwerbsfä-
higen Beitragszahler zu verhindern und um die Lohnne-
benkosten zu senken. Ich sage daher noch einmal: Meine
sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition,
hätte diese Bundesregierung die Reformen der Kohl-Re-
gierung weiter ausgebaut, dann wäre zwar noch nicht
alles geschafft – es muss immer wieder reformiert wer-
den –, aber wir wären von vielem verschont geblieben.

Man muss beachten, dass die erwerbstätigen Kran-
kenversicherten die Rentnerinnen und Rentner bereits im
Jahr 2000 mit 62 Milliarden Euro subventioniert haben,
da die Ausgaben der Krankenkassen für die Ruheständ-
ler durch deren Beiträge nicht einmal mehr annähernd
gedeckt wurden. In Anbetracht dieser Zahl sage ich: Ob
wir wollen oder nicht, wir müssen die uns von Ihnen ein-
gebrockte Suppe auslöffeln.


(Erika Lotz [SPD]: Das ist eure Suppe!)

Ein Wort an die FDP: Wir haben der Erhöhung der

Krankenversicherungsbeiträge auf Betriebsrenten und
Versorgungsbezüge nur zugestimmt, um die Finanzen
der gesetzlichen Krankenversicherung zu konsolidieren
und eine spürbare Senkung der Lohnnebenkosten zu er-
reichen.

Die FDP bemängelt in ihrem Antrag, dass der Grund-
satz des Vertrauensschutzes nicht mehr gewahrt sei. Sehr
geehrter Herr Thiele, sicherlich ist der Vertrauens-
schutz hier nicht ganz unproblematisch. Der Gesetz-
geber hat jedoch in dieser Sache einen ziemlich großen
Gestaltungsspielraum, vor allem wenn die sozialen Si-
cherungssysteme in ernster Gefahr sind. Das ist bei einer
Finanzlücke in Milliardenhöhe der Fall.

Wichtig ist, dass bei allen Maßnahmen eine ausgewo-
gene Lastenverteilung zwischen Erwerbstätigen und
Rentnern stattfindet, die keinen überfordert. Darauf wer-

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(C (D en wir von der Union immer wieder achten. Rot-Grün at jedoch in den letzten fünf Jahren weitere Einschnitte ollzogen, die diese Ausgewogenheit insgesamt in eine chieflage gebracht haben. Ich nenne als Beispiele die eschlossene Nullrunde für Rentnerinnen und Rentner owie die Übernahme des vollen Pflegeversicherungseitrages durch die Rentner selbst. Wir haben dies entchieden abgelehnt, da diese Maßnahmen de facto zu iner massiven Rentenkürzung führen. Mit dem Gesetzntwurf zur Sicherung der Finanzierung der gesetzlichen entenversicherung werden die Rentner einseitig belaset. Ein Gesetzentwurf zur Sicherung der finanziellen rundlagen der Pflegeversicherung liegt noch nicht vor. assen Sie uns die Belastungen diesbezüglich noch geauer anschauen; denn nur so kann man die Lage im erhältnis richtig einordnen. Die durchschnittliche Betriebsrente beträgt 300 Euro ro Monat. Das heißt, dass durch die Erhöhung der Beiräge für den Empfänger einer Betriebsrente eine durchchnittliche Belastung von 20 bzw. 21 Euro pro Monat ntsteht. Angesichts der Lage, vor allem bei der gesetzlihen Krankenversicherung, ist dies ein bescheidener ufwand. Wer jetzt – ich richte mich hier an die FDP – iese Maßnahme zurücknehmen will, sollte erst einmal inen Vorschlag machen, wie die Finanzierungslücke zu chließen ist. (Peter Dreßen [SPD]: Richtig! Das vergisst die FDP gerne! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Jetzt ist er wieder wach geworden!)


ie FDP hätte bei den Konsensverhandlungen zur Ge-
undheitsreform die Möglichkeit gehabt, diese Reform
onstruktiv mitzugestalten. Stattdessen hat die FDP die
erhandlungen nicht weitergeführt und ist ausgetreten.
Die im Rahmen der Gesundheitsreform beschlosse-

en Eckpunkte ohne Gegenvorschlag zurückzunehmen,
ehnen wir von der CDU/CSU ab. Ansonsten geriete das
esamte Finanztableau der Gesundheitsreform ins Wan-
en. Daher werden wir dem Antrag der FDP nicht zu-
timmen.
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509729300

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/2472 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es anderweitige
orschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Über-
eisung so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:
– Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-

gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Durchführung von Verordnungen der
Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet
der Gentechnik und zur Änderung der Neu-






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

artige Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten-
Verordnung
– Drucksachen 15/2520, 15/2597 –

(Erste Beratung 94. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Durchführung von Verordnungen der
Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet
der Gentechnik und zur Änderung der Neu-
artige Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten-
Verordnung
– Drucksache 15/2397 –

(Erste Beratung 92. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-
wirtschaft (10. Ausschuss)

– Drucksache 15/2669 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Matthias Weisheit
Helmut Heiderich
Ulrike Höfken
Dr. Christel Happach-Kasan

Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt ein
Entschließungsantrag der Fraktion der FDP vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin der Kollegin Waltraud Wolff von der SPD-Fraktion
das Wort.


Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1509729400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich bin froh, dass mit dem vorliegenden
Gesetzentwurf zum Gentechnik-Durchführungsgesetz
gleich drei gemeinschaftsrechtliche Verordnungen der
EU geregelt werden, nämlich das In-Verkehr-Bringen,
die Kennzeichnung und die Rückverfolgbarkeit sowie
die grenzüberschreitende Verbreitung gentechnisch ver-
änderter Organismen, Lebensmittel und Futtermittel.

Mit der Verabschiedung des Gesetzes reagieren wir
zeitnah, um die Ende letzten Jahres in Kraft getretenen
EU-Verordnungen in nationales Recht umzusetzen. Da-
rüber hinaus hat die Bundesregierung mit diesem Gesetz
einen weiteren wichtigen Meilenstein in der Umsetzung
des Zieles „Transparenz vom Acker bis zur Warentheke“
erreicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nun werden wir als Verbraucherinnen und Verbrau-
cher die Möglichkeit haben, uns zu entscheiden, ob in
unserem Einkaufskorb Produkte landen, die gentech-
nisch veränderte Organismen enthalten oder nicht. Aber
nicht nur wir können beim Einkauf selbstbestimmter ent-

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(C (D cheiden. In Zukunft haben auch die Landwirte die Qual er Wahl, ob sie bei der Fütterung ihrer Tiere gentechisch veränderte Futtermittel einsetzen wollen oder icht. Denn auch die Futtermittel müssen gekennzeichet werden. Wenn nun ein Bauer gentechnisch veränerte Futtermittel einsetzen will, dann unterliegt er autoatisch den Regelmechanismen eines transparenten arktes. Ich glaube, das ist gut und richtig so. Während dieser Debatte werden sich manche Zu chauer fragen, warum eigentlich gentechnisch veränerte Futtermittel und Lebensmittel in Deutschland zuelassen werden. Denn immerhin lehnt die Mehrheit der eutschen den Einsatz dieser Technologie ab. Eine offiielle Umfrage sagt aus, dass es mehr als 70 Prozent ind. Können wir nicht einfach gentechnisch veränderte rganismen in unserem Land verbieten? Die Antwort autet: Nein, das können wir nicht. Denn die Welthanelsorganisation hat die Festlegung getroffen, dass nur rodukten der Marktzugang verwehrt werden darf, die issenschaftlich nachweisbar gesundheitsschädigend ind. Da dieser Nachweis für gentechnisch veränderte rganismen in so kurzer Zeit nicht erbracht werden ann, (Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Die sind seit mehr als zehn Jahren auf dem Markt!)


ind wir gehalten, den europäischen Markt zu öffnen.
er Marktzugang war übrigens auch für die USA der
rund, auf eine möglichst schnelle Regelung zu drän-
en.
Noch einmal: Der Gesetzentwurf ist eines der wich-

igsten Regelwerke, um die EU-Verordnung in nationa-
es Recht umzusetzen. Wie sieht das praktisch aus? Kann
ch denn nun als Verbraucherin im Einkaufsmarkt sicher
ein? Was macht mich eigentlich sicher? Wer kontrolliert
ie Bauern und wer kontrolliert die Lebensmittelindus-
rie, ob sie auch halten, was sie versprechen? Genügend
ebensmittelskandale sprechen eine andere Sprache.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Gentechnik war noch an keinem Skandal beteiligt!)


Auch an dieser Front kann Ruhe eintreten, denn die
orgesehenen Sanktionsmaßnahmen für fahrlässiges
der vorsätzliches In-Verkehr-Bringen sind hoch und
usgesprochen streng. Zum Beispiel werden Haftstrafen
is zu drei Jahren oder Geldstrafen verhängt, wenn je-
and nicht nach EU-Verordnung zugelassene gentech-
isch veränderte Organismen in Verkehr oder auch
renzüberschreitend in Verkehr bringt. Bußgelder bis zu
0 000 Euro können verhängt werden, wenn Ordnungs-
idrigkeiten wie zum Beispiel nicht richtige, nicht voll-
tändige oder zu spät erfolgte Meldungen begangen wer-
en. Ordnungswidrig handelt auch jemand, wenn er
icht die richtige Etikettierung sicherstellt. Dies sind nur
nvollständige Beispiele, die verdeutlichen sollen, dass
s uns sehr ernst mit der Sicherheit im Lebensmittel- und
ierfutterbereich ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )


)

Waltraud Wolff (Wolmirstedt)


Auch die Sachverständigen haben während der Anhö-

rung zu diesem Gesetz am 8. März mehrheitlich festge-
stellt, dass diese Sanktionen notwendig und korrekt sind.

Die Zuständigkeit der Kontrollen liegt bei den Bun-
desländern. Deshalb glaube ich, dass es sehr wichtig ist,
dass sich Bund und Länder in Vorbereitung auf den
18. April, auf den Tag, an dem die Kennzeichnungs-
pflicht in Kraft tritt, äußerst dringlich über die getroffe-
nen Maßnahmen ins Benehmen setzen. Ich jedenfalls er-
warte, dass ich ab 18. April 2004 nicht nur in der
Zutatenliste – ganz klein gedruckt, ohne Brille nicht er-
kennbar, in der allerletzten Zeile – die für mich wich-
tigste Information erhalte.

In diesem Sinne herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1509729500

Das Wort hat jetzt der Kollege Helmut Heiderich von

der CDU/CSU-Fraktion.


Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1509729600

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ab

18. April 2004 verlangen die Verordnungen der Europäi-
schen Union Angaben über die Nutzung gentechnisch
veränderter Rohstoffe beim Verkauf von Lebensmitteln.
Wir haben dies politisch so gewollt, weil wir den Ver-
braucher selbst entscheiden lassen wollen, ob er die Pro-
dukte der Biotechnologie nutzt oder nicht. Es geht bei
diesen Angaben um eine Information zum Einkauf, aber
nicht um Hinweise auf Risiken, gesundheitliche Ein-
schränkungen oder Ähnliches.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

An dieser Stelle wird der vorgelegte Gesetzentwurf

seiner Aufgabe nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Er geht weit über die bisherigen Kennzeichnungsregeln
des Lebensmittelrechts hinaus. Es werden Strafbeweh-
rung und Geldbußen in der doppelten bis dreifachen
Höhe vorgesehen. Dies wird fälschlicherweise wieder
mit Sicherheitsbedenken oder ähnlichen Risikoszenarien
begründet.

In der eben schon angesprochenen Sachverständigen-
anhörung ist darauf hingewiesen worden, dass die vorge-
sehenen Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf
Jahren selbst dann, wenn von einem Risiko auszugehen
wäre, völlig überzogen sind. Es wurde darauf hinge-
wiesen, dass sie dem Strafmaß bei fahrlässiger Tötung,
Körperverletzung, Menschenhandel oder ähnlichen Straf-
taten entsprechen. An diesen Stellen geht der Gesetz-
entwurf weit über das hinaus, was geregelt werden muss.


(Beifall bei der CDU/CSU – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Aber die Sachverständigen haben etwas anderes gesagt!)


Deswegen, Frau Wolff, muss dringend für eine Harmo-
nisierung mit den anderen Rechtsvorschriften des Le-

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(C (D ensmittelrechts gesorgt werden. Auch das ist eine Konequenz dessen, was die Fachleute dargelegt haben. (Beifall der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])


ußerdem müssen die Anliegen der Bundesländer, die
ür die Durchführung und Kontrolle verantwortlich sind,
tärker in der Vorschrift berücksichtigt werden.
Auch was die Kontrolle selbst angeht, sind noch etli-

he Fragen offen, zum Beispiel bei der quantitativen
achweisanalyse, der so genannten PCA-Methode. Ich
itiere aus einer aktuellen Veröffentlichung zu dieser
hematik:

Die Ergebnisse der quantitativen Nachweise kön-
nen daher abhängig von der Entnahme, Mischung
und Aufbereitung der Probe schwanken.

un kommt es:
Die Standardabweichung liegt nach Auskunft des
BgVV bei ‚mindestens 25 Prozent‘. Bei einer wei-
teren Verarbeitung des GVO könne die Abwei-
chung aber auch ‚weit höher liegen‘.

arum zitiere ich das? – Es könnte sehr leicht sein, dass
inem Produzenten aufgrund dieser Abweichung Fahr-
ässigkeit vorgehalten würde.


(Matthias Weisheit [SPD]: Da gibt es aber noch eine zweite Möglichkeit!)


Die zweite Möglichkeit ist, dass bestimmte Demons-
rationsgruppen mit wehenden Fahnen vor der Tür
tehen und protestieren, weil sie angeblich einen Wert
efunden haben, der 0,9 Prozent überschreitet. Das ist
umindest so lange möglich, solange die Untersuchungs-
erfahren noch nicht durch das dafür zuständige Euro-
äische Komitee für Normung vereinheitlicht sind. Das
st bisher noch nicht der Fall.


(Matthias Weisheit [SPD]: Was soll denn der Vorwurf an die Bundesregierung?)


Ich komme gleich darauf zu sprechen, was ich von der
undesregierung erwarte. – Verehrter Kollege Weisheit,
ier ist die Bundesregierung dringend gefordert, sich ak-
iv in dieses Verfahren einzuschalten, um die bei den An-
endern vorhandenen erheblichen Unsicherheiten mög-
ichst umgehend und schnell ausräumen zu können. Ich
enke, darin sind wir nicht sehr weit auseinander.


(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias Weisheit [SPD]: Darin sind wir uns einig!)


Es muss aber auch klargestellt werden, dass sich der
ersteller und der Anwender auf das gewollte und ei-
ens geschaffene System der Prozesskennzeichnung ver-
assen können müssen. Insbesondere dem mittelständi-
chen Unternehmer kann doch neben den geforderten
achweisen nicht noch eine flächendeckende Bepro-
ung oder gar, wie angedeutet worden ist, eine Auditie-
ung des Lieferanten aus Übersee zugemutet werden.
in Großkonzern, der in allen Teilen der Welt zu Hause
st, kann das sicherlich leisten. Ein Mittelständler wäre
amit vollkommen überfordert. Ihm würden Kosten zu-
emutet, die er nicht tragen kann.

(B)







(A) )



(B) )


Helmut Heiderich


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich komme zu einem weiteren Punkt. Da es sich um
bereits zugelassene, umfassend geprüfte und unbedenk-
liche Lebensmittel handelt, bedeutet die Einbeziehung
weiterer Bundesbehörden in das Verfahren aus unserer
Sicht eine unnötige Aufblähung. Das wurde auch in der
Anhörung deutlich. Viele der Gutachter haben zumin-
dest die Einbeziehung des Bundesamts für Natur-
schutz als überflüssig bezeichnet. Auch an dieser Stelle
müsste der Gesetzentwurf entsprechend geändert wer-
den. Ein Lebensmittel, das zugelassen ist, muss nicht
noch einmal von naturschutzfachlicher Seite überprüft
werden. Hier wird die Bürokratie eindeutig überzogen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Frau Wolff, letztlich führt das Kennzeichnungssystem

für den Verbraucher nur zu einer teilweisen Transparenz
der Nutzung der Bio- und Gentechnologie. Es ist eine
bewusste – man könnte auch sagen: willkürliche – Aus-
wahl. Andere Länder sind hier längst deutlicher gewor-
den. So werden beispielsweise in der Schweiz seit Jah-
ren sogar Enzyme im Waschpulver gekennzeichnet. Auf
Europaebene und insbesondere bei uns hat man sich aber
offensichtlich gescheut, zuzugeben, dass inzwischen fast
jeder Käse sowie Fruchtsäfte und Backwaren mithilfe
der Bio- und Gentechnik hergestellt werden; denn hier
hat man die Enzyme von der Kennzeichnungspflicht
ausgenommen.

Ich hoffe – das sei mein letzter Satz –, dass die Kenn-
zeichnung zu einem weniger aufgeregten und mehr sach-
orientierten Verhalten der Verbraucher sowie zu einer
höheren Akzeptanz der Vorteile der Grünen Gentechnik
führen wird.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509729700

Für die Bundesregierung erteile ich jetzt das Wort

dem Parlamentarischen Staatssekretär Matthias
Berninger.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1509729800


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde
es sehr gut, dass alle Fraktionen des Deutschen Bundes-
tages begrüßen, dass die EU-Verordnungen zur Kenn-
zeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel end-
lich in Kraft treten. Ich möchte an dieser Stelle daran
erinnern, dass dies nicht immer der Fall war. Diese Ent-
scheidung ist ein Erfolg der Verbraucherbewegung in
Europa; denn es war über Jahre das Interesse der Gen-
techniklobby, Transparenz zu verhindern. Ich glaube,
dass dieser sehr lange und harte Kampf letztendlich zu
einem großen Erfolg geführt hat; denn wesentliche Ver-
braucherrechte sind nicht nur das Recht auf Sicherheit
und das Recht auf Information, sondern auch das Recht
auf Wahlfreiheit. Wenn die Verbraucherinnen und Ver-
braucher mehrheitlich gentechnisch veränderte Lebens-
mittel ablehnen, ist es die Aufgabe einer transparenten

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(C (D arktwirtschaft, über Kennzeichnung dafür Sorge zu ragen, dass die Verbraucher beim Einkaufen die richtige ntscheidung treffen können. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir diskutieren heute über die Umsetzung von unmit-
elbar geltendem EU-Recht. Insofern ist der Entschlie-
ungsantrag der FDP-Fraktion an einer entscheidenden
telle sehr mangelhaft; denn die betreffenden Verord-
ungen werden in Deutschland unmittelbar Recht sein.
s geht vielmehr darum, wie Verstöße gegen dieses
echt geahndet werden sollen. Der Kollege Heiderich
at gesagt, dass die Strafen viel zu hoch seien. Das
timmt nicht, denn die Strafvorschriften sind die Konse-
uenz aus dem, was wir aus den Lebensmittelskandalen
er letzten Jahre gelernt haben. Sie erinnern sich be-
timmt noch an die Futtermittelskandale, die bagatelli-
iert worden sind. Sie haben gesagt, dass die Strafvor-
chriften betreffend den Bio- und Gentechnikbereich
icht mit anderen Rechtsvorschriften im Lebensmittel-
echt übereinstimmten. Das räume ich sogar ein. Aber
ch schätze das anders ein. Ziel darf nicht sein, das Straf-
aß im Bio- und Gentechnikbereich zu senken. Viel-
ehr müssen die Strafen auch in anderen Bereichen an-
ehoben werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Dann macht das doch!)


enn Verstöße gegen das Lebensmittelrecht und insbe-
ondere gegen die Lebensmittelsicherheit


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Hier geht es nicht um Sicherheit!)


urden ebenso wie Verstöße gegen das Futtermittelrecht
iel zu lange als Bagatelldelikte abgetan. Erklärtes Ziel
er Verbraucherpolitik der Bundesregierung ist aber, ge-
au das zu ändern.
Die Opposition ist dagegen, dass das Bundesamt für
aturschutz in den Bereich der Gentechnikpolitik ein-
ebunden wird. Darüber haben wir im ganzen letzten
ahr eine Auseinandersetzung geführt. Nur so viel – dies
um Thema Bürokratie –: Mit so etwas sollte man die
arlamente in Deutschland nicht über Monate beschäfti-
en, Herr Kollege Heiderich. In der Sache ist es nämlich
ollkommen richtig, das Bundesamt für Naturschutz am
esamtkomplex der Gentechnik zu beteiligen. Deswe-
en freue ich mich, dass wir das mit einer entsprechen-
en Entscheidung, die wir im letzten Jahr mit Kanzler-
ehrheit getroffen haben, ein für alle Mal klarstellen
onnten. Uns geht es hierbei nicht um mehr Bürokratie,
ondern darum, die Einflüsse gentechnisch veränderter
flanzen auf den Naturhaushalt, die uns ein Dorn im
uge sind, genau untersuchen und prüfen zu lassen. Hier
st das Bundesamt für Naturschutz ein bewährter Partner.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Sie reden an der Sache vorbei!)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Matthias Berninger

Ab 18. April dieses Jahres werden die Verbraucherin-

nen und Verbraucher Wahlfreiheit haben. Zumindest die
älteren Bundesbürgerinnen und Bundesbürger werden
aber genau hinschauen müssen, weil die Kennzeichnung
auf einer Verpackung, dass ein Lebensmittel genmanipu-
lierte Zutaten enthält, nicht groß sein muss. Um die
Wahlfreiheit herzustellen, ist es sehr wichtig, dass der
Bund und die Länder die Verbraucherinnen und Verbrau-
cher intensiv informieren, damit sie von ihrem Recht
Gebrauch machen können. Das ist ein zentraler Punkt.
Unser Ministerium wird solche praktischen Fragen ge-
meinsam mit den Ländern diskutieren.

Herr Kollege Heiderich, wie bei der Einführung von
BSE-Tests und wie bei anderen massenhaft eingesetzten
Standardtests wird es am Anfang natürlich Diskussionen
über die Validität der verschiedenen Methoden geben.
Meiner Meinung nach sollten wir am Anfang nicht
päpstlicher als der Papst sein. Ich empfehle allen Unter-
nehmen, die auf gentechnikfreie Produkte setzen, den
Grenzwert eher niedrig anzusetzen, Ärger zu vermeiden
und lieber etwas genauer hinzusehen. Wir im Deutschen
Bundestag sollten nicht versuchen, herauszufinden, wel-
ches Testsystem optimal ist. Ich bin zuversichtlich, dass
die Lebensmittelbehörden der Länder in Zusammenar-
beit mit dem Bund vernünftige Testmethoden finden
werden.

Wir haben an anderer Stelle festgestellt, dass die Le-
bensmittelverwaltungen in Deutschland insgesamt drin-
gend eine Aufwertung erfahren müssen, dass zumindest
die Zahl der Lebensmittelkontrolleure erhöht werden
muss. Mit anderen Worten: Bund und Länder müssen in
mehr Personal, in mehr Lebensmittelsicherheit investie-
ren. Das Gesetz, das wir heute beschließen, ist ein weite-
rer Anlass dazu, die Länder aufzufordern, in Lebens-
mittelsicherheit zu investieren.

Ich möchte auch an dieser Stelle dafür danken, dass
der Deutsche Bundestag nach den Haushaltsberatungen
der letzten zwei Jahre trotz eines harten Sparkurses auf
Bundesebene die für den Ausbau der Lebensmittelsi-
cherheit nötigen Mittel bereitgestellt hat. Dies müssen
die Länder nun nachmachen, auch, aber nicht nur – das
sage ich ganz klar –, um den Bereich Gentechnik ver-
nünftig zu kontrollieren; denn es gibt große Defizite an
vielen Stellen.

Ich hoffe, dass wir mit der Kennzeichnung und mit
diesem Gesetz insgesamt das erreichen, was die Aufgabe
der Politik ist, nämlich den Verbraucherinnen und Ver-
brauchern Wahlfreiheit sowie Informationen und Sicher-
heit zu garantieren. Daran haben wir hart gearbeitet. Für
die Zusammenarbeit möchte ich sehr danken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509729900

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Christel

Happach-Kasan, FDP-Fraktion.

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(C (D Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! iebe Kolleginnen und Kollegen! Staatssekretär erninger hat wieder einmal einen Beitrag zur Skandaliierung der Politik im Bereich der Lebensmittel geleiset. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1509730000

ch halte es für nicht mehr angemessen, wie Sie mit die-
em Hause umgehen. Wir haben bei den Haushaltsbera-
ungen immer wieder Wert darauf gelegt, dass in die Le-
ensmittelsicherheit investiert wird. Sie haben die
osten, die wir Ihnen zur Verfügung gestellt haben
zum Beispiel im Bereich BSE-Bekämpfung –, dafür
ber nicht genutzt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: So ist es! Jawohl!)


Der Gesetzentwurf der Regierung war inhaltlich
chlecht und der im Ausschuss verabschiedete Gesetz-
ntwurf ist genauso schlecht. Sie, liebe Kolleginnen und
ollegen von der Koalition, haben den Zeitrahmen so
esetzt, dass für die Opposition keine Zeit blieb, Ände-
ungsanträge zu formulieren.


(Matthias Weisheit [SPD]: Was? – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: 45 Stunden!)


Ach was! In den 45 Stunden zwischen Anhörung und
eratung im Ausschuss kann man zwar ein paar redak-
ionelle Änderungen vornehmen; aber man kann keinen
egierungsentwurf überarbeiten, der absolut verfehlt ist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Wie viel Zeit brauchen Sie denn zum Arbeiten?)


Der Bundesrat wird – ich bin ganz sicher – für diese
nderungen sorgen. Mit diesem Verfahren stärken Sie
ie Bedeutung des Bundesrates und Sie schwächen den
undestag, das Parlament, in dem Sie zurzeit noch über
ine Mehrheit verfügen.
Es ist völlig unangemessen, dass dieses Gesetz einen

trengeren Strafrahmen vorsieht als das Lebensmittel-
nd Bedarfsgegenständegesetz, das die übrigen Kenn-
eichnungsvorschriften regelt. In der Anhörung des Aus-
chusses zur Lebensmittelkontrolle stellten alle Experten
uf meine Frage hin fest, dass der Strafrahmen des
MBG ausreichend sei. Sie setzen ihn dennoch herauf.


(Widerspruch des Abg. Matthias Weisheit [SPD])


ozu, Kollege Weisheit, führen wir Expertenanhörun-
en durch, wenn Sie deren Erkenntnisse nicht berück-
ichtigen?


(Beifall bei der FDP – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Das ist so nicht wahr! – Matthias Weisheit [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)


Das stimmt sehr wohl. Es geht um die Anhörung zur
ebensmittelkontrolle. Dort habe ich konkret danach ge-
ragt und dort habe ich sowohl vom Vertreter aus Nord-






(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan

rhein-Westfalen als auch von dem aus Baden-Württem-
berg als auch von den Lebensmittelkontrolleuren ganz
konkrete Antworten bekommen. Lesen Sie es im Proto-
koll bitte nach!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Das ist nicht wahr!)


– Es ist wahr, Frau Wolff. Ich würde es sonst bestimmt
nicht sagen.

Es bestehen Schwierigkeiten mit der Interpretation
von Punkt 16 der EU-Verordnung 1829/2003. Dort wird
unterschieden zwischen Produkten, die aus einem GVO,
und solchen, die mit einem GVO hergestellt wurden.
Erstere müssen gekennzeichnet werden, letztere nicht.
Vor diesem Hintergrund – das betone ich – bedeutet die
Strafandrohung für fahrlässiges Handeln im Gesetz, dass
nahezu jeder Unternehmer in der Lebensmittelbranche
mit einem Bein im Gefängnis steht. Sie handeln unver-
antwortlich.


(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Dass sich das Ministerium in dieser Frage auf unsi-
cherem Boden bewegt, belegt die Tatsache, dass die
erste vom Ministerium geförderte Ausgabe der Bro-
schüre „Vom Acker bis zum Teller: Lebensmittelsicher-
heit geht alle an“ diesen Sachverhalt korrekt darstellte
und Beispiele nannte. Die neue Auflage enthält den ent-
sprechenden Text nicht mehr.


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Schön!)

Der alte Text wies zu deutlich darauf hin, dass seit lan-
gem Produkte von gentechnisch veränderten Organis-
men in aller Munde sind.

Im Übrigen hat die Bundesregierung die Zeit nicht
genutzt, um diese Frage in der EU klären zu lassen. Sie
wissen genauso gut wie ich: Würden alle Produkte ge-
kennzeichnet, bei deren Herstellung Verfahren der Grü-
nen Gentechnik angewandt werden, gäbe es kaum noch
Produkte ohne Kennzeichnung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dies macht ganz deutlich: Bei dem Gesetz geht es Ihnen
nicht um Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Ver-
braucher, die Sie sonst wie eine Monstranz vor sich her
tragen. Nein, Sie verfolgen mit dem Gesetz allein das
Ziel, die Grüne Gentechnik an den Pranger zu stellen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: So ist es! – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Um Informationen!)


Dabei sollten Sie wissen, Innovationen wie die Grüne
Gentechnik, die sich in anderen Ländern durchgesetzt
haben, zum Beispiel in den USA, kann man mit solchen
Mätzchen nicht verhindern.


(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


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(C (D uch in England hat sich die Elektrifizierung der Eisenahn durchgesetzt, obwohl noch jahrzehntelang ein Heier auf E-Loks mitfahren sollte. Aus Sicht von Rot-Grün ist die Äußerung der Minis erin, dass es keine Ansatzpunkte für Gefährdungen der esundheit gibt, ein Betriebsunfall. Das ist eine gute otschaft. Nur für die Grünen, die sich gerne als Retter er Betroffenen sehen, war das eine Hiobsbotschaft. Frau Kollegin. Ich komme zum Schluss. (Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Das dauert jetzt noch zwei Minuten!)


(Lachen bei der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509730100
Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1509730200

Logisch wäre es, wenn wir uns bei der Verpflichtung
ur Kennzeichnung auf Eigenschaften beschränken wür-
en, die im Produkt nachzuweisen sind. Die Ausdeh-
ung der Kennzeichnung auf die Beschreibung von Her-
tellungsverfahren, selbst wenn sie keinen Einfluss auf
as Produkt haben, verursacht mehr Bürokratie, als dass
ie den Verbraucherinnen und Verbrauchern bei ihren
aufentscheidungen hilft. Die FDP fordert in ihrem An-
rag, die Kennzeichnungsverordnung der EU eins zu eins
n nationales Recht umzusetzen, um Wettbewerbsverzer-
ungen zu vermeiden.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509730300

Das Wort hat nun der Kollege Matthias Weisheit für

ie SPD-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Matthias Weisheit (SPD):
Rede ID: ID1509730400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

rau Happach-Kasan, ich habe Ihnen sehr genau zuge-
ört. Hätten Sie vorher Herrn Berninger zugehört, dann
ätten Sie jetzt am Schluss nicht mehr diesen Unfug
Entschuldigung – erzählt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Berninger hat Unfug erzählt!)


Alle drei EU-Verordnungen sind unmittelbar gelten-
es Recht. Was Sie wollen, ist darin geregelt. Im Gesetz
ird die Zuständigkeit der Überwachung zwischen Bund
nd Ländern und der von Ihnen so heftig kritisierte
trafrahmen geregelt. Alles andere ist in den EU-Verord-
ungen – und nirgendwo anders – abschließend geregelt,
rst recht nicht im Gesetz. Hier geht es nicht darum, die
erordnung eins zu eins umzusetzen, sondern die Natio-
alstaaten sind aufgefordert, die beiden fehlenden Dinge
Strafrahmen und Zuständigkeiten der Kontrolle – zu






(A) )



(B) )


Matthias Weisheit

regeln. Deswegen ist Ihr Antrag ebenso unnötig wie
manche Debatte, die wir zu diesem Thema schon geführt
haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509730500

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Happach-Kasan?

(Zurufe von der SPD: Nein!)



Matthias Weisheit (SPD):
Rede ID: ID1509730600

Nein, Frau Happach-Kasan. Wir sind ohnehin schon

spät genug dran. Sie haben ja auch Ihre Redezeit massiv
überzogen.


(Zurufe von der SPD: Genau!)

Es muss nicht sein, dass ich Ihnen jetzt noch zusätzliche
verschaffe.

Lassen Sie mich noch etwas zum Kollegen Heiderich
sagen: Wir sind uns in einem Punkt einig. Wir sind froh
darüber, dass wir die Pflicht zur Kennzeichnung gen-
technisch veränderter Lebensmittel haben und die Ver-
braucher anhand dieser ihre Entscheidung treffen kön-
nen. Mich ärgert aber an der ganzen Geschichte, dass
diese Kennzeichnung in der Zutatenliste der Produkte
steht. So brauche ich in meinem Alter ohnehin beim Ein-
kaufen eine Brille. Diese habe ich aber möglicherweise
beim Einkaufen nicht dabei.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die hat man meistens nicht dabei!)


Das ärgert mich schon. Ich hätte eigentlich anderes von
der EU erwartet. Mein Wunsch geht dahin, dass sich die
Bundesregierung dafür einsetzt, dass die Verordnung ge-
ändert wird, und gentechnisch veränderte Produkte mit
einem klar erkennbaren Label gekennzeichnet werden


(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


und dieser Hinweis nicht hinten auf der Zutatenliste zwi-
schen 27 anderen Stoffen kleinzeilig verschwindet. Nur
dann kommt eine klare Entscheidung zustande.

Womit ich mich überhaupt nicht anfreunden kann, ist
die Verminderung des Strafrahmens. Mich wundert es
immer wieder, wenn diese Forderung von Vertretern ei-
ner Partei kommt, die jeden Kaufhausdieb beim zweiten
Mal am liebsten einsperren und in Sicherheitsverwah-
rung geben würde, sodass er gar nicht mehr aus dem Ge-
fängnis käme. Wenn ich daran denke, was von Ihrer
Seite, speziell von der CDU/CSU, an Änderungen des
Strafgesetzbuches gefordert wird, wenn irgendetwas
passiert, dann wundere ich mich schon, wie locker und
lax man in diesem Fall mit Vorschriften umgehen will,
die möglicherweise die Gesundheit gefährden, zumin-
dest aber eine Täuschung darstellen.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Die CSU hat noch gar nichts geäußert!)


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(C (D nsofern habe ich kein Verständnis dafür. Ihre Forderung nach Harmonisierung stimme ich zu. uch bei den anderen Verstößen gegen das Lebensmitelrecht mit dem Strafmaß nach oben zu gehen bin ich jeerzeit bereit. Ich bin mit dem Kollegen Berninger einig, ass der Unterschied nivelliert werden sollte; denn es ist icht einsehbar, dass Verstöße in diesem Rechtsbereich ls Bagatelle betrachtet werden. Jetzt schaue ich einmal in meinen Unterlagen nach, o ich eigentlich sein sollte. Die Schrift ist so groß, dass ich sie ohne Brille lesen ann. (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Sie müssen nicht weitersprechen!)


(Albert Deß [CDU/CSU]: Brille aufsetzen!)


Ein weiterer Punkt, auf den noch eingegangen werden
üsste: Als Nachweis können nicht nur Labortests, son-
ern auch eine Dokumentation dienen. Über die Doku-
entationsverpflichtung lässt sich das Risiko ausräu-
en, dass ein Hersteller bei unterschiedlichem Ausgang
on zwei Labortests bestraft wird. Wenn jemand bei ei-
em Labortest innerhalb einer bestimmten Schwan-
ungsbreite liegt, wird man das Ergebnis verifizieren
nd den Test ein zweites Mal durchführen. Wenn er über
eine Dokumentation nachweisen kann, dass er gentech-
ikfreie Bestandteile eingekauft und in gutem Glauben
ehandelt hat, dann ist sein Handeln nicht einmal fahr-
ässig. Insofern ist das kein Punkt, an dem man viel kriti-
ieren könnte oder bei dem ein großer Änderungsbedarf
estünde.
Da die Opposition und der Bundesrat die Einbindung

es Bundesamtes für Naturschutz in diesem Zusam-
enhang nicht mittragen, werden wir das Gesetz letzt-
ndlich mit Kanzlermehrheit beschließen müssen, nach-
em es den Bundesrat passiert hat. Aber irgendwann
ollte man auch diesen Spaß beenden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Helmut Heiderich [CDU/ CSU]: Richtig! Macht das mal!)


ir werden das Gleiche wie beim letzten Gesetz erle-
en: dass im Bundesrat aus durchsichtigen Gründen an-
ers entschieden wird


(Albert Deß [CDU/CSU]: Durchsichtige Gründe sind immer besser als undurchsichtige!)


nd dass wir Sie mit Kanzlermehrheit überstimmen müs-
en, was geht, weil es kein zustimmungspflichtiges Ge-
etz ist.
Ich sehe, meine Redezeit ist genau in diesem Moment

bgelaufen; daran will ich mich halten.
Ich danke schön.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509730700

Herr Kollege Weisheit, das Präsidium ist von der

Punktlandung außerordentlich beeindruckt und hofft,
dass das für den Rest des Abends stilbildend wirkt.

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
Kollege Albert Deß für die CDU/CSU-Fraktion.


Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1509730800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf gibt erneut Ge-
legenheit, auf die verwirrende und widersprüchliche Po-
litik von Rot-Grün zur Gentechnik aufmerksam zu ma-
chen. Entsprechend unsystematisch und unlogisch ist die
bisherige Gesetzgebungstätigkeit der Bundesregierung
und der Regierungskoalition im Bereich der Grünen
Gentechnik, aber nicht nur dort, wie wir alle aus leidvol-
ler Erfahrung wissen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias Weisheit [SPD]: Albert, ihr solltet euch einmal absprechen!)


Am 11. Februar 2004 hat das Bundeskabinett einen
Gesetzentwurf verabschiedet, der den anspruchsvollen
Titel „Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts“
trägt. Doch wird dieses so genannte Neuordnungsgesetz
weder formal noch inhaltlich diesem Anspruch gerecht.
Es ist vielmehr eine Täuschung des Parlaments und der
Öffentlichkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


In Wahrheit müsste der Titel dieses Gesetzes lauten:
„Gesetz zur weiteren Chaotisierung des Gentechnik-
rechts“. Rot-Grün zäumt nämlich das Pferd vom
Schwanz her auf. Das Gentechnikrecht muss zuerst in-
haltlich neu geordnet werden. Dann erst sind formale
Fragen wie Zuständigkeiten und Ahndungsmöglichkei-
ten zu regeln. Aber es ist wie immer: Rot-Grün geht den
umgekehrten Weg.

Bereits im Juli 2003 musste sich der Bundestag mit
einem Zuständigkeitsänderungsgesetz bei der Gentech-
nik befassen. Die eigentliche inhaltliche Aufgabe, näm-
lich die Umsetzung der EU-Freisetzungsrichtlinie für
transgene Pflanzen, ist noch immer nicht erledigt. Die
Umsetzungsfrist endete bereits im Oktober 2002. Fest-
gelegt wurde damals die Verlagerung der Zuständigkei-
ten – der Kollege Heiderich hat es schon angesprochen –
vom Robert-Koch-Institut auf das Bundesamt für Ver-
braucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Das Amt ist
aufgrund seiner Struktur, Aufgabenstellung und Perso-
nalausstattung als Genehmigungsbehörde meiner An-
sicht nach nicht geeignet. Die Verlagerung der Zustän-
digkeit erschwert lediglich die Genehmigung von
Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organis-
men.

Das EU-Recht, an das der vorliegende Gesetzentwurf
anknüpft – in diesem Punkt hat Matthias Weisheit
Recht –, regelt drei Bereiche. Erstens: Zulassung,
Sicherheitsbewertung und Kennzeichnung von Lebens-
mitteln und Futtermitteln. Zweitens: Rückverfolgbarkeit

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(C (D nd Kennzeichnung gentechnisch veränderter Organisen und der daraus hergestellten Lebensmittel und Futermittel. Drittens: Durchführung des Protokolls von artagena über biologische Sicherheit. Es ist gut, dass dieses EU-Recht eine EU-Verordnung st, die keine inhaltlichen Verschärfungen und damit ettbewerbsverzerrungen auf nationaler Ebene zulässt. s gilt unmittelbar in allen Mitgliedstaaten, die die Zutändigkeiten in ihren Ländern selbst regeln und die auch ie Sanktionen für Verstöße gegen die EU-Vorschriften elbst festlegen. Doch bei diesen Zuständigkeitsregelunen setzt die Bundesregierung ihren Irrweg fort, den sie it dem Gesetz zur Änderung der Zuständigkeiten in der entechnik im Juli 2003 begonnen hat. Damit schafft sie ettbewerbsverzerrungen in Europa. Der vorliegende Gesetzentwurf macht wieder das undesamt für Naturschutz zur Einvernehmensbeörde für das federführende Bundesamt für Verbraucherchutz und Lebensmittelsicherheit. Das fachlich kompeente Umweltbundesamt bleibt außen vor. Damit erhöht ot-Grün erneut die Hürden für die Anwendung der entechnik. Durch den breiten Anwendungsund Wirkungsbe eich gentechnisch veränderter Organismen besitzt die entechnik Querschnittscharakter. Das erfordert eine chutzgutübergreifende Betrachtungsweise. Dieser umassende Ansatz liegt uneingeschränkt auch der EU-Freietzungsrichtlinie von 2001 zugrunde. Deshalb ist allein as Umweltbundesamt bei der Umweltverträglichkeitsrüfung die richtige Einvernehmensbehörde und nicht as Bundesamt für Naturschutz. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Zuständigkeit des Bundesumweltamtes ist unter
nderem durch die Schutzziele des Gentechnikgesetzes
owie durch die errichtungsgesetzlich zugewiesenen
ufgaben begründet. Es hat in den vergangenen Jahren
mfassende Kompetenzen im Bereich Gentechnik auf-
ebaut. Dabei kann der gentechnische Fachbereich auf
ine Vielzahl anderer Bereiche des Umweltschutzes in
er Behörde zurückgreifen. Dieser umfassende Arbeits-
nsatz qualifiziert das Umweltbundesamt in besonderer
eise für die umweltbezogenen Aufgaben im Gentech-
ikbereich, nicht aber das Bundesamt für Naturschutz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Matthias Weisheit [SPD]: Ich werde dich daran erinnern, wie sehr du das Umweltbundesamt gelobt hast!)


Matthias, ich bitte darum, dass nicht verzögert wird;
enn wir wollen fertig werden.


(Beifall des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Verfahrenserschwernisse für die Grüne Gentech-
ik durch die Zuständigkeitsregelung vom Juli 2003 und
en vorliegenden Gesetzentwurf sollen nunmehr mit-






(A) )



(B) )


Albert Deß

hilfe des Gesetzes zur Neuordnung des Gentechnikrech-
tes weiter verschärft werden, mit dem wir uns in den
nächsten Wochen befassen werden. Rot-Grün hemmt da-
mit trotz ständiger Lippenbekenntnisse zur Innovation
die verantwortungsvolle Nutzung der Biotechnologie
wegen ihrer möglichen Risiken, ohne die Chancen zu se-
hen, die damit gerade im Bereich nachwachsender Roh-
stoffe verbunden sind. Selbst der Anbau gentechnisch
veränderter Produkte zu Forschungszwecken wird damit
in Deutschland fast unmöglich gemacht.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Falsches Thema!)


Eine solche Politik ist unvernünftig, verantwortungslos
und verlagert Arbeitsplätze ins Ausland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Was die Kennzeichnungspflicht anbelangt, vertritt

die CDU/CSU eine ganz klare Position: Wir sind für
eine Kennzeichnungspflicht. Es wäre aber interessant,
darüber zu diskutieren – das möchte ich zum Schluss
noch anmerken –, was wäre, wenn gentechnisch verän-
derte Arzneimittel gekennzeichnet werden müssten.
Dann würde die Bevölkerung nämlich merken, dass sie
jeden Tag gentechnisch veränderte Arzneimittel be-
kommt. Das muss man Ihnen ins Stammbuch schreiben.

Ich kann Ihnen abschließend nur sagen: Sie sind, was
Ihre Gesetze zur Gentechnik anbelangt, auf dem Irrweg.
Rot-Grün wird das Gleiche erleben, was die Grünen mit
ihrem Parteitagsbeschluss vom Anfang der 80er-Jahre
erlebt haben, als sie sich gegen die Einführung – –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509730900

Die Würdigung des Parteitagsbeschlusses muss ei-

nem künftigen Redebeitrag vorbehalten bleiben.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1509731000

Herr Präsident, ich möchte wenigstens den Satz zu

Ende sprechen. Die Grünen haben sich Anfang der 80er-
Jahre gegen die Einführung der EDV-Technik ausge-
sprochen. Sie sind von der Wirklichkeit überholt wor-
den. Bei der Gentechnik werden sie ebenfalls von der
Wirklichkeit überholt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509731100

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Durch-
führung von Verordnungen der Europäischen Gemein-
schaft auf dem Gebiet der Gentechnik und zur Änderung
der Neuartige Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten-
Verordnung auf den Drucksachen 15/2520 und 15/2597.
Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft empfiehlt unter Ziffer I seiner Beschluss-

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(C (D mpfehlung auf der Drucksache 15/2669, den Gesetzenturf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte iejenigen, die dem Gesetzentwurf in dieser Fassung zutimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt daegen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf n zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition geen die Stimmen der Opposition angenommen. Ich rufe die dritte Beratung nd Schlussabstimmung auf. Ich bitte diejenigen, die em Gesetzentwurf in der gerade beschlossenen Fassung ustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dageen? – Möchte sich jemand der Stimme enthalten? – ann ist der Gesetzentwurf mit der gleichen Mehrheit ngenommen. Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent chließungsantrag der Fraktion der FDP auf rucksache 15/2683. Wer stimmt für diesen Entschlieungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich er Stimme? – Der Antrag ist abgelehnt. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verbrau herschutz, Ernährung und Landwirtschaft zu dem esetzentwurf der Fraktionen der SPD und des Bündisses 90/Die Grünen zur Durchführung von Verordungen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Geiet der Gentechnik und zur Änderung der gleichen, erade behandelten Verordnung auf Drucksache 15/2669. er Ausschuss empfiehlt unter Ziffer II seiner eschlussempfehlung, den Gesetzentwurf auf Drucksahe 15/2397 für erledigt zu erklären. Wer stimmt für iese Beschlussempfehlung? – Möchte jemand dageen stimmen oder sich der Stimme enthalten? – Dann st die Beschlussempfehlung einstimmig angenommen. Nachdem der Tagesordnungspunkt 12 bereits einver ehmlich abgesetzt wurde, rufe ich den Tagesordnungsunkt 13 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Arbeitsmarktzugang im Rahmen der EU-Erweiterung – Drucksachen 15/2378, 15/2541 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit – Drucksache 15/2672 – Berichterstattung: Abgeordnete Angelika Krüger-Leißner Nach einer interfraktionellen Vereinbarung war für ie Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, die wir icht benötigen werden, da die Kolleginnen und Kolleen Angelika Krüger-Leißner, Alexander Dobrindt, olfgang Meckelburg, Werner Schulz, Dirk Niebel und er Parlamentarische Staatssekretär Gerd Andres, der eute ohnehin reichlich geredet hat, ihre Reden zu Prookoll geben wollen.1)


(Erste Beratung 88. Sitzung)

erspruch. Dann ist das so beschlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Dann können wir gleich zur Abstimmung über den

von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf
über den Arbeitsmarktzugang im Rahmen der EU-Er-
weiterung auf den Drucksachen 15/2378 und 15/2541
schreiten. Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 15/2672, den Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
entwurf in dieser Fassung zustimmen wollen, um das
Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Dann ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung
angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Diejenigen, die dem Gesetz-
entwurf in dieser Fassung zustimmen wollen, bitte ich,
sich zu erheben. – Möchte jemand dagegen stimmen
oder sich der Stimme enthalten? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist der Gesetzentwurf angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den
Europäischen Haftbefehl und die Übergabever-
fahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäi-

(Europäisches Haftbefehlsgesetz – EuHbG)

– Drucksache 15/1718 –

(Erste Beratung 79. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)

– Drucksache 15/2677 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Joachim Stünker
Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)

Jerzy Montag
Jörg van Essen

Auch hier gibt es eine interfraktionelle Vereinbarung
für eine Debattenzeit von einer halben Stunde, die wir
wiederum vermutlich nicht gänzlich benötigen werden.

Ich eröffne die Aussprache. Zunächst erteile ich dem
Kollegen Siegfried Kauder für die CDU/CSU-Fraktion
das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Siegfried Kauder (CDU):
Rede ID: ID1509731200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht al-

les, was aus Brüssel kommt, ist Gutes. Das, was zum
Europäischen Haftbefehl aus Brüssel kommt, ist nichts
Gutes. Darin sind sich alle Fraktionen dieses Hohen
Hauses einig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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S1) Anlage 7

(C (D In Art. 103 Abs. 3 Grundgesetz ist festgelegt, dass ein Mensch wegen derselben Straftat mehrfach verureilt werden darf. Das bezieht sich aber nur auf eine ehrfachverurteilung im gleichen Staat. So kommt es mmer wieder vor, dass ein deutscher Staatsbürger, der ine Straftat mit Inlandsund Auslandsbezug begangen at, im europäischen Ausland verurteilt und nach Verbüung eines Teils der Strafe nach Deutschland überstellt ird. Er ist dann völlig überrascht, wenn in Deutschland och einmal ein Strafverfahren stattfindet, er wegen der leichen Tat noch einmal verurteilt wird und dann oftals eine noch höhere Strafe herauskommt als die, die er m Ausland erhalten hat. Art. 103 Abs. 3 Grundgesetz ntfaltet hier keine Sperrwirkung. Nun kann es aber nicht sein, dass ein Mensch wegen erselben Straftat zweimal verurteilt wird und er die trafe zweimal verbüßen muss. § 51 Abs. 3 StGB regelt, ass der deutsche Strafrichter die im Ausland verbüßte trafe auf die deutsche Strafe anzurechnen hat. Aber wie st die im Ausland verbüßte Strafe anzurechnen? Zählt in Tag in einem ausländischen Gefängnis so viel wie in Tag in einem deutschen Gefängnis? – Nein. Das LG Celle hat im Jahr 1996 entschieden, dass eine in hessaloniki verbüßte Strafe im Verhältnis 1 : 1,5 anzuechnen ist. Ein Hafttag in Thessaloniki entspricht also ineinhalb Hafttagen in Deutschland. 1994 hat ein deutches Gericht entschieden, dass eine Strafe, die im Zenralgefängnis in Madrid vollstreckt wurde, im Verhältnis : 2 anzurechnen ist. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann hat er einen schlechten Anwalt gehabt!)


in spanischer Hafttag zählt also doppelt. Inzwischen
aben sich die Haftbedingungen in einer Haftanstalt in
adrid, der so genannten Zentralhaftanstalt I, verbes-
ert. Für diese Haftanstalt ist die Strafe im Verhältnis
: 1 umzurechnen.
Was will ich damit sagen? Wir haben in einem verein-

en Europa keine gleichen Haftbedingungen. Deswegen
rauchen wir weiterhin die Vorschrift des § 51 StGB, ob-
ohl wir inzwischen das Schengener Durchführungs-
bereinkommen haben, das in seinem Art. 53 festlegt,
ass wir ausländische Verurteilungen wie inländische zu
kzeptieren haben und bezüglich der Strafe nicht noch
twas draufsatteln dürfen. Art. 54 des Schengener
urchführungsübereinkommens lässt aber Vorbehalte
u. Deutschland hat diese Vorbehalte gemacht. Wir wer-
en also weiterhin Doppelverurteilungen haben.
Sie sehen also, das Allerwichtigste ist, dass wir in Eu-

opa einen Rahmenbeschluss über gleiche Haftbedin-
ungen in europäischen Haftanstalten bekommen.
as wäre der erste Schritt gewesen. Aus Brüssel kommt
ber eine andere Botschaft: Wir wollen einen Europäi-
chen Haftbefehl haben. Das kann für einen deutschen
taatsbürger, der Beschuldigter ist – nicht Verurteilter
nd nicht Täter, sondern tatverdächtig und manches
trafverfahren endet mit Freispruch –, dazu führen, dass
er deutsche Staat diesen Staatsbürger in ein europäi-
ches Ausland ausliefern muss, und zwar nicht erst zur
trafvollstreckung, sondern schon zur Durchführung des






(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)


Strafverfahrens mit der Untersuchungshaft. Er sitzt dort
möglicherweise in einer Haftanstalt mit deutlich anderen
Haftbedingungen, als wir sie in Deutschland haben. Ist
das notwendig?

Nach deutschem Recht wäre es nicht notwendig ge-
wesen; denn nach § 7 Strafgesetzbuch kann ein deut-
sches Gericht einen Deutschen auch wegen einer im
Ausland begangenen Straftat verurteilen. Eine Strafbar-
keitslücke würde also nicht auftreten.

Nun hat dieser Rahmenbeschluss aber auch noch eine
Besonderheit. Deutschland muss einen deutschen Staats-
bürger auch dann in ein europäisches Ausland auslie-
fern, wenn er dort einer Straftat beschuldigt wird, die in
Deutschland keine Straftat ist. Wir dürfen also keinen
Abgleich mit deutschem Recht vornehmen. Wir müssen
den deutschen Staatsbürger sehenden Auges ins Ausland
ausliefern, obwohl die Tat bei uns nicht strafbar ist.

Das mag noch angehen. Aber dieser deutsche Staats-
bürger kann nach der Verurteilung im Ausland nicht ein-
mal beantragen, die dort verhängte Strafe in Deutschland
verbüßen zu dürfen. Das geht nämlich nur dann, wenn
diese Tat auch in Deutschland eine Straftat ist. Deutsches
Recht lässt nicht zu, dass wir Strafen, die im Ausland für
hier nicht unter Strafe gestellte Taten verhängt worden
sind, in Deutschland verbüßen lassen. Das heißt, dieser
deutsche Bürger ist dann schlechter gestellt als nach dem
derzeit bestehenden Recht.

Meine Damen und Herren, ausgeliefert wird bei Straf-
taten, die in einem Katalog aufgeführt sind, den man nur
als reines Tohuwabohu bezeichnen kann. Teilweise sind
Deliktgruppen, teilweise einzelne Delikte aufgeführt.
Die Deliktgruppen lassen sich nicht nahtlos in deutsches
Recht, aber auch nicht nahtlos in außerdeutsches Recht
einordnen. Es wird also Streit darüber entstehen, nach
Begehung welchen Delikts ausgeliefert werden darf.

Aber es wird noch bunter. Was passiert eigentlich,
wenn mehrere europäische Staaten ein Auslieferungser-
suchen an Deutschland stellen? Der Rahmenbeschluss
hat das geregelt: Dann spielen wir Roulette. Dann ent-
scheidet schlicht das ersuchte Land, in welches europäi-
sche Land ausgeliefert werden soll.

Der Rahmenbeschluss berücksichtigt aber ein beson-
deres Problem nicht. Es gibt nämlich Straftaten, bei de-
nen Tatort sowohl Deutschland als auch das europäische
Ausland ist, zum Beispiel bei Geldfälschungsdelikten
mit Bezügen in mehreren europäischen Ländern. Wohin
liefern wir jetzt aus? Wer führt das Verfahren? Auch da
gibt es eine Lösung: Wenn sich die Bundesrepublik
Deutschland entschließt, das Verfahren selbst zu führen,
kann man die Auslieferung umgehen. Jeder Beschul-
digte kann dann also höflich zum Staatsanwalt laufen
und darum bitten, doch um Gottes willen in Deutschland
ein Strafverfahren gegen ihn einzuleiten, damit er nicht
nach dem Rouletteverfahren in irgendein europäisches
Land ausgeliefert werden muss.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch mit Roulette nichts zu tun!)


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1)
2)

(C (D Meine Damen und Herren, Sie sehen also: Das euroäische Recht ist nicht mit nationalem Recht abstimmar. Aber wir befinden uns in einer schwierigen Situaion. Der Rahmenbeschluss ist geltendes Recht. Der undesrepublik Deutschland bleibt gar nichts anderes brig, als diesen Rahmenbeschluss umzusetzen. Es fand ine Expertenanhörung statt und ich hatte die Frage getellt: Ist diese Umsetzung im Verhältnis 1 : 1 erfolgt der haben wir noch etwas draufgesetzt? Alle Experten aben erklärt, die Umsetzung sei im Verhältnis 1 : 1 erolgt. Das heißt, der Deutsche Bundestag kann dem, was rüssel veranstaltet hat, was einen Flurschaden für deutche Strafverfolgte bedeutet, nur murrend zustimmen. ndern können wir nichts. Sehenden Auges liefern wir deutsche Staatsbürger in ngeklärte Verhältnisse im Ausland aus. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch nicht wahr!)

ür mich kann das nur heißen: Der deutsche Staat muss
eagieren, bevor auf europäischer Ebene Rahmenbe-
chlüsse erlassen werden; er darf nicht hinterherhinken
nd nur durchwinken.


(Jörg van Essen [FDP]: Das ist allerdings richtig!)


ir sind aufgefordert, uns in Europa mehr einzubringen
nd einzumischen und im Vorfeld zu agieren. Das haben
ir möglicherweise unterlassen.
Wir von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion werden

ns nicht sperren. Wir werden diesem Gesetz zur Umset-
ung des Rahmenbeschlusses mit Tränen in den Augen
nd murrend zustimmen, weil wir keine anderen Mög-
ichkeiten haben.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP] – Jörg van Essen [FDP]: Das ist die Stimmung bei uns allen, Herr Kauder!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1509731300

Die Kollegen Joachim Stünker, Jerzy Montag und

örg van Essen sowie der Parlamentarische Staats-
ekretär Alfred Hartenbach geben ihre Reden zu Proto-
oll.1)
Mir liegt eine Erklärung zur Abstimmung von den
olleginnen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und
ibylle Laurischk vor.2)
Ich schließe damit die Aussprache. Wir stimmen nun

b über den von der Bundesregierung eingebrachten Ge-
etzentwurf zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses
ber den Europäischen Haftbefehl und die Übergabever-
ahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen
nion auf der Drucksache 15/1718. Der Rechtsaus-
chuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 15/2677, den Gesetzentwurf in der Aus-

Anlage 8
Anlage 5






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in dieser Fassung zustimmen wol-
len, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthal-
tungen? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Bera-
tung angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Ist
jemand dagegen? – Möchte sich jemand der Stimme ent-

halten? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Gesetzent-
wurf einstimmig angenommen.

Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundesta-
ges auf morgen, Freitag, den 12. März 2004, 9 Uhr, ein
und wünsche Ihnen allen noch einen schönen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.