Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Ich wünsche Ihnen allen einen schönen und hoffent-lich andauernd sonnigen Tag. Sollte die Besetzung ähn-lich übersichtlich bleiben, wie sie jetzt ist, habe ich andem sonnigen Verlauf unserer Beratungen nicht den ge-ringsten Zweifel.Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:Erste Beratung des von der Bundesregierungeingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zurVerbesserung der Rechte von Verletzten im
– Drucksache 15/2536 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
InnenausschussAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendInterfraktionell ist vereinbart worden, dass hierzukeine Aussprache erfolgen soll. – Ich sehe, dass Einver-ständnis besteht.Damit kommen wir gleich zur Überweisung. Inter-sbsamSEgmmgushHvsigzdRedetfraktionell wird Überweisung dieses Gesetzentwurfesauf Drucksache 15/2536 an die in der Tagesordnung auf-geführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es dazu an-derweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann istdie Überweisung so beschlossen.Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 2:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-binettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes zurVerbesserung des vorbeugenden Hochwasserschut-zes.Das Wort für den einleitenden fünfminütighat der Bundesminister für Umwelt, NatursReaktorsicherheit, Jürgen Trittin.
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8276 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
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Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Ich will an der Stelle aus der Position der Bundes-
regierung den Hinweis des parlamentarischen – –
Es wäre ganz gut, wenn auch zugehört würde, wenn
die vom Minister erbetene Auskunft erteilt wird.
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Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit:
Ich glaube, der Zwischenruf des geschätzten Parla-
entarischen Geschäftsführers der Fraktion der Grünen
st zumindest sachlich zutreffend.
olche Anträge werden in der Tat vom Bundestag und
icht von der Bundesregierung abgelehnt.
Die Bundesregierung hat diese fünf Eckpunkte umge-
end im September 2002 – Sie haben zu Recht auf die
lusskonferenz verwiesen – vorgelegt. Das Bundesum-
eltministerium hat einen Gesetzentwurf verfasst und
ber diesen Gesetzentwurf sehr ausführlich und sehr
ründlich gerade mit den Betroffenen – das sind zum
eispiel die kommunalen Spitzenverbände und die Lan-
esregierungen, aber auch die Verbände beispielsweise
er Landwirtschaft und die Naturschutzverbände – dis-
utiert, um am Ende zu einem Ergebnis zu kommen, von
em wir glauben, dass es die Notwendigkeit, vorzubeu-
en und sich dabei auch den Nutzungskonflikten zu stel-
en, miteinander vereinbart.
Jeder, der aus der Kommunal- oder Landespolitik
ommt, weiß, was für ein Druck beispielsweise auf Ge-
einden liegt, neue Wohngebiete auszuweisen. Dass
iesem Druck in vielen Ländern – das sage ich jenseits
ller Parteipolitik – vielfach nachgegeben wird, be-
chreibt die Notwendigkeit, zu einer bundesgesetzlichen
egelung zu kommen.
All dies hat eine bestimmte Zeit in Anspruch genom-
en. Ich glaube, dass wir jetzt für diesen Gesetzentwurf
in sehr solides und valides Fundament haben. Ich freue
ich auf die Beratungen. Noch mehr freue ich mich da-
auf, wenn die FDP-Fraktion an dieser Stelle so nach-
rücklich, wie Sie es eben angedeutet haben, Frau
omburger, Ja dazu sagt, dass in Überschwemmungsge-
ieten nicht mehr geplant und keine neuen Baugebiete
ehr ausgewiesen werden dürfen. Wenn Sie so nach-
rücklich dafür plädieren, dass in Überschwemmungs-
ebieten künftig auch kein Ackerbau betrieben werden
arf, dann sind wir in dieser Frage einen ganzen Schritt
eiter. Ich freue mich über die Unterstützung aus der
pposition.
Frau Homburger.
Herr Minister, wir werden diesen Gesetzentwurf, denir – im Gegensatz zu Ihnen – in der heute beschlosse-en Fassung bisher nicht vorliegen haben, selbstver-tändlich in allen Punkten prüfen und dann im Rahmener Auseinandersetzung im parlamentarischen Bereich
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8278 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
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Birgit Homburgerüber die Einzelpunkte debattieren. Bei dem einen oderanderen Punkt werden wir sicherlich nach wie vor diver-gierende Meinungen haben. Ich sage es einmal so: Eswäre schön gewesen, wenn man die offensichtlich un-strittigen Punkte – nicht alle Punkte sind unstrittig, abersolche gibt es – gemeinsam hier hätte beschließen kön-nen. Vielleicht hätte Ihnen das sogar ein wenig geholfen.Das lasse ich aber einmal dahingestellt.Herr Minister, ich würde gerne wissen, ob die Bun-desregierung im Rahmen des Versuchs, ein flussgebiets-bezogenes Hochwassermanagement einzuführen, auchGespräche mit anderen Ländern geführt hat, bei denen esüber das hinausging, was nun im Hochwasserschutz-gesetz festgelegt wurde. Wenn ja: Bezieht sich das aufalle großen länderübergreifenden – das meine ich nichtbezogen auf die Bundesländer, sondern bezogen auf un-sere Nachbarstaaten – Flussläufe? Wie ist der Stand derVerhandlungen an dieser Stelle?Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Frau Kollegin, ich hatte es ja bewusst konditional ge-sagt: Wenn Sie es denn gelesen haben und dann zu demErgebnis kommen, würde mich das freuen. Über das ent-spannte Miteinanderumgehen der FDP und der Bundes-regierung gerade in den letzten Tagen freuen wir uns na-türlich ganz besonders.Zu den Hochwasseraktionsplänen: Im vergangenenHerbst haben wir einen solchen Hochwasseraktions-plan auch für den letzten großen Fluss, die Elbe, be-schlossen. Für den Rhein gibt es diesen ja schon. Die-ser umfasst alle Anliegerstaaten, also die TschechischeRepublik und die Bundesrepublik Deutschland. Inner-halb der Bundesrepublik Deutschland umfasst er auchalle Elbe-Anlieger. Ich muss an dieser Stelle sagen, dasses mit der Tschechischen Republik zwar einen Konfliktüber die Staustufen gab. Bei dem Hochwasseraktions-plan lagen die Probleme aber weniger auf der tschechi-schen als auf der deutschen Seite. Fairerweise muss ichbetonen, dass die Schwierigkeiten weniger in den ost-deutschen Bundesländern als bei den Unterliegernlagen. Das ist eine bei Flussfragen nicht untypischeSituation.In diesem Rahmen wurde inzwischen ein umfassen-der Plan vorgelegt. Er beinhaltet beispielsweise denRückbau von Deichen an sieben Stellen. Dabei geht esum den Versuch, der Elbe, die als einer der letzten euro-päischen Flüsse noch frei durch die Landschaft mäan-dert, dennoch aber nur noch 15 Prozent ihrer ursprüngli-chen Fläche umfasst, ein Stück mehr Raum zu geben,um so zu einer Entspannung zu kommen. Dies wurdeverabschiedet. Man kann sich das beim Sekretariat derInternationalen Kommission zum Schutz der Elbe imDetail anschauen.
Gibt es weitere Zusatzfragen, um die mehrfach aus-
drücklich zu Protokoll gegebene Freude des Umweltmi-
nisters am bevorstehenden Gesetzgebungsverfahren wei-
ter zu befördern? – Frau Kollegin Flachsbarth.
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– Bitte schön, Frau Flachsbarth.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Wie Ackerbau mit ei-
ner ganzjährigen Bedeckung funktionieren soll, müssen
Sie mir ehrlich gesagt noch einmal erklären; das habe ich
nicht wirklich verstanden. Außerdem ziele ich auf eine
Untersuchung ab, nach der beim Ackerbau, also dem
Aufwuchs von Pflanzen und der Neubestellung, nur der
Zeitraum unmittelbar um die Neubestellung ein sehr kri-
tischer Zeitraum ist. Sobald aber der Bewuchs auf der
Fläche wieder vorhanden ist, besteht sehr wohl ein mit
der Grünlandwirtschaft gleichwertiger Hochwasser-
schutz. Da dieser Zeitraum der unmittelbaren Neubestel-
lung relativ kurz ist und zum Teil von den Perioden, in
denen ortsüblich Hochwasser auftreten kann, deutlich
abweicht, möchte ich nachfragen, ob Sie bei Ihrem Ge-
setzentwurf auch diese Untersuchung berücksichtigt ha-
ben.
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Wir haben versucht, den Wissensstand in diesem Be-
reich bei der Ausformulierung des Gesetzes zugrunde zu
legen. Unser Problem ist – das muss ich an dieser Stelle
aus klimapolitischer Sicht sagen –, dass heute nicht mehr
die klare Trennung zwischen Winter- und Sommerhoch-
wasser existiert, die es früher gab. Das heißt, die so ge-
nannten typischen Zeiträume, in denen Hochwässer in
besonderer Weise auftreten, haben sich über das Jahr
verteilt. Deswegen sind wir zu der Herangehensweise
übergegangen, dass die primäre und sinnvoll angepasste
Nutzung im Bereich von Überschwemmungsgebieten
Grünlandwirtschaft ist. Die Möglichkeiten zur Umstel-
lung verbessern wir. Den Umstieg in diesem Bereich
können wir über die zweite Säule der EU-Agrarpolitik
finanzieren.
Hinsichtlich der ganzjährigen Bedeckung haben wir
uns auf den Sachverstand der Landwirtschaft verlassen.
Diese Praxis gibt es schon. Insofern glauben wir, einen
vernünftigen und ausgewogenen Kompromiss zwi-
schen dem berechtigten Anspruch auf Ackerbau und
den Erfordernissen des Hochwasserschutzes gefunden
zu haben.
Hierzu liegen offenkundig keine weiteren Fragen vor.
Ich darf nachfragen, ob es möglicherweise Fragen zu
anderen Themen der heutigen Kabinettssitzung gibt. –
Das ist nicht einmal beim Ersten Parlamentarischen Ge-
schäftsführer der SPD der Fall.
Gibt es sonstige Fragen an die Bundesregierung?
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Ich vermute, dass bei diesen mehr oder weniger ernst
emeinten Fragen unter den Ministern nicht so schnell
ine Einigung herbeigeführt werden kann, wer sie reprä-
entativ für die Bundesregierung beantworten soll.
Ich beende damit die Befragung der Bundesregierung.
Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 3 auf:
Fragestunde
– Drucksache 15/2564 –
Die den Geschäftsbereich des Bundesministeriums
er Justiz betreffenden Fragen 1 und 2 der Kollegin
anja Gönner werden schriftlich beantwortet.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
inisteriums für Bildung und Forschung. Hier steht zur
eantwortung der Parlamentarische Staatssekretär
hristoph Matschie zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 3 des Kollegen Michael
retschmer auf:
Ist die Äußerung von Bundeskanzler Gerhard Schröder
– in einem gemeinsamen Brief mit Präsident Jacques Chirac
und Premierminister Tony Blair an den Präsidenten des Euro-
päischen Rates, Bertie Ahern, und den Präsidenten der Euro-
päischen Kommission, Romano Prodi, vom 18. Februar
2004 –, Europa müsse sich an Projekten wie ITER beteiligen,
so zu verstehen, dass sich auch Deutschland künftig in der
Großgeräteforschung engagieren will, und wie passt diese
Äußerung des Bundeskanzlers dazu, dass sich Deutschland
ausdrücklich nicht als Standort für ITER beworben hat?
C
Sehr geehrter Herr Kollege Kretschmer, ich beant-
orte Ihre Frage wie folgt: Deutschland war und ist sehr
rfolgreich in der Forschung mit Großgeräten engagiert.
eispiele sind die Beschleunigeranlagen der Gesell-
chaft für Schwerionenforschung in Darmstadt und des
eutschen Elektronen-Synchrotrons in Ham-
urg oder auch das Fusionsexperiment Wendelstein 7-X
n Greifswald sowie die deutsche Beteiligung am CERN
n Genf, an der ESRF in Grenoble oder dem Fusions-
xperiment JET in Culham.
Mit dem inzwischen auf europäischer Ebene be-
chlossenen Standortvorschlag Cadarache in Frankreich
ür ITER sind alle weiteren Standortdiskussionen in Eu-
opa hinfällig. Im Übrigen hat sich die Bundesrepublik
eutschland bereits unter der Vorgängerregierung im
uli 1996 gegen eine Bewerbung um einen ITER-Stand-
rt in Deutschland ausgesprochen.
Zusatzfrage, Herr Kollege Kretschmer.
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8280 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
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Es ist nicht so, Herr Staatssekretär, dass Sie sich
grundsätzlich an das halten, was die Vorgängerregierung
gemacht hat, was in einigen Fällen gut für dieses Land
gewesen wäre. Meine Frage bezieht sich auf ITER. Die
Kompetenz für diesen Kernfusionsreaktor ist in
Deutschland vorhanden. Wie bewertet die Bundesregie-
rung, dass das Wissen jetzt offenbar abfließt und die
Kosten in Zukunft die Europäische Union tragen soll?
C
Herr Kollege Kretschmer, Sie wissen wahrscheinlich
so gut wie ich, dass ITER ein internationales Projekt ist,
an dem sich viele Staaten beteiligen. Verhandelt wird das
Projekt für uns von der Europäischen Union. Natürlich
werden sich deutsche Forschungseinrichtungen an die-
sem Projekt beteiligen. Hätten wir uns als Sitzland be-
worben, dann müssten wir – das ist noch nicht ganz aus-
gehandelt – etwa 10 bis 20 Prozent der Baukosten
tragen. Das sind nach den gegenwärtigen Schätzungen
500 Millionen bis 1 Milliarde Euro. Das würde bedeu-
ten, dass wir andere Forschungsarbeiten auf diesem Ge-
biet, auch Wendelstein 7-X in Greifswald, nicht mehr
finanzieren könnten. Insofern war die Entscheidung der
Vorgängerregierung, sich nicht um einen Standort für
ITER zu bewerben, konsequent. Wir haben keinen
Grund, diese Entscheidung zu ändern.
Herr Staatssekretär, der Bundeskanzler schreibt in sei-
nem Brief, dass ITER ein Beispiel für Großprojekte sei,
die auf europäischer Ebene unterstützt werden sollen.
Meine zweite Frage lautet: Welche anderen Großgeräte-
forschungsanlagen sind von der Bundesregierung ge-
plant? Wie viele dieser Anlagen sollen in Zukunft über
die Europäische Union finanziert werden? Ist möglicher-
weise an die Realisierung der Neutronenspallations-
quelle ESS gedacht?
C
Herr Kollege Kretschmer, Sie kennen die Schwer-
punkte, die die Bundesregierung bei den Großgeräten
gesetzt hat. Das sind Großgeräte, die in internationaler
Kooperation gebaut werden. Dazu laufen Verhandlungen
mit anderen Partnern in Europa. Es gibt keine Empfeh-
lung vom Wissenschaftsrat, die europäische Neutronen-
spallationsquelle jetzt zu realisieren. Deshalb verfolgen
wir dieses Projekt im Moment nicht.
Weitere Fragen zu diesem Geschäftsbereich liegen
nicht vor.
Wir kämen jetzt zum Geschäftsbereich des Auswärti-
gen Amtes. Da die für die Beantwortung vorgesehene
Staatsministerin Müller auf dem Wege hierher ist und
wegen der beschleunigten Beendigung der Regierungs-
befragung, wie ich finde, zu akzeptieren ist, dass sie
nicht früher hier sein musste, schlage ich vor, dass wir
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8282 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
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– Das wäre aber schon hart an der Grenze zu einer Er-
gänzung der Geschäftsordnung, die ich auf dem üblichen
formalen Wege zu betreiben bitte.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Auswär-
tigen Amtes. Zur Beantwortung steht die Staatsministe-
rin Kerstin Müller zur Verfügung.
Die Fragen 4 und 5 des Kollegen Dr. Schröder sowie
die Frage 6 des Kollegen Dr. Jüttner werden schriftlich
beantwortet.
Ich rufe nun die Frage 7 der Kollegin Dr. Gesine
Lötzsch auf:
Was unternehmen die Bundesregierung und die in Afgha-
nistan stationierten Bundeswehrtruppen politisch, militärisch
und finanziell gegen den zunehmenden Rohopiumanbau in
Afghanistan und auf welche Erfolge kann die Bundesregie-
rung im Kampf gegen den Rohopiumanbau verweisen?
K
Die Frage beantworte ich wie folgt: Deutschland leis-
tet einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung und zum
Wiederaufbau Afghanistans. Unser Engagement haben
wir durch die Übernahme eines regionalen Wiederauf-
bauteams in Kunduz, die Einrichtung einer Außenstelle
der Botschaft in Herat und die Verstärkung der Hilfe
beim Polizeiaufbau erheblich ausgeweitet. Wir tragen
maßgeblich dazu bei, dass die Menschen in Afghanistan
wieder mit Optimismus in die Zukunft blicken können
und dass von diesem Land weniger Bedrohung für die
Welt, insbesondere für Europa und Deutschland, aus-
geht.
Deutschland hat im Rahmen einer internationalen Ar-
beitsteilung in Afghanistan die Führungsfunktion beim
Aufbau der Polizei übernommen. Dies schließt auch den
Aufbau einer afghanischen Drogen- und Grenzschutz-
polizei ein und stellt einen wichtigen Beitrag zur von
Großbritannien übernommenen Aufgabe der Bekämp-
fung des Drogenanbaus dar.
Entwicklungspolitisch fördern wir Maßnahmen zur
Schaffung alternativer Einkommensmöglichkeiten für
Menschen, die bisher vom Opiumanbau bzw. -handel le-
ben. Ebenfalls engagieren wir uns in einem Projekt zur
Drogenkonsumprävention. Insgesamt hat Deutschland
bisher 320 Millionen Euro für den Zeitraum 2002 bis
2005 an Unterstützung für Afghanistan zugesagt.
Im Rahmen der parlamentarischen Behandlung des
aktuellen Bundestagsmandates zur Beteiligung an ISAF
hat die Bundesregierung zugesichert, dass die Drogen-
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8284 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
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Ihre Frage beantworte ich wie folgt:
Bei der Visumerteilung bewegen sich unsere Bot-
schaften und Generalkonsulate in einem Spannungsfeld.
Einerseits hat unser Land ein sehr großes Interesse am
regelmäßigen persönlichen Austausch mit dem Ausland,
sei es aus wirtschaftlichen, kulturellen oder sei es aus
rein persönlichen Gründen. Andererseits müssen wir den
zahlreichen Versuchen der illegalen Einreise nach
Deutschland und Europa effektiv begegnen und zudem
unserer inneren Sicherheit Rechnung tragen.
Nur ein Beispiel für dieses Spannungsfeld sind die
zahlreichen Schreiben, auch von Oppositionsabgeordne-
ten, die das Auswärtige Amt, den Bundesminister, mich
persönlich, den Kollegen Bury, immer wieder erreichen.
Ich kann Ihnen versichern: Bei diesen Schreiben geht es
nicht um Beschwerden des Inhalts, unser Visumverfah-
ren sei zu lax; in aller Regel wird gefordert, die Ableh-
nung von Visumanträgen zu überprüfen oder zurückzu-
nehmen.
Ich habe nicht alle Ordner mitgebracht, aber doch ei-
nige Beispiele. Da gibt es ein Schreiben des Kollegen
Koschyk,
der auch eine Frage dazu gestellt hat. Er bittet in diesem
Schreiben vom 8. Mai 2003, das an Herrn Fischer per-
sönlich gerichtet ist, um Unterstützung. Es geht um die
Visaerteilung an junge Chinesen. Er bittet darum, die
Visa zu erteilen. Ich zitiere:
Nun droht dem erfolgreichen Unternehmen die Ge-
schäftsaufgabe. Grund ist die restriktive Verfah-
rensweise des Auswärtigen Amtes, das seit
Dezember 2002 den potenziellen chinesischen
Schülern keine Visa mehr erteilt.
– In China gibt es natürlich keine Schlepper; klar. –
Wohlgemerkt: Das Schreiben ist vom Mai 2003.
– Sie wollen doch zuhören.
Ich zitiere weiter:
Die deutsche Botschaft in Peking verweigert den
BBI-Bewerbern, die alle vereinbarten Vorausset-
zungen erfüllen, die Visa zur Berufsausbildung un-
ter dem Hinweis, dass berufliche Erstausbildung für
ausländische Jugendliche nicht im Ausländergesetz
vorgesehen sei.
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as tun wir natürlich nicht. Das können wir auch nicht.
ir halten uns an die rechtlichen Vorgaben.
Ich zitiere weiter:
In meinen Augen steht diese Vorgehensweise einem
Land wie der Bundesrepublik Deutschland, die sich
üblicherweise als weltoffen und auf interkulturellen
Austausch bedacht präsentiert, nicht gut zu Gesicht.
emeint ist die restriktive Visapraxis.
Ich zitiere nicht den gesamten Brief, obwohl ich das
ern täte. Er endet jedenfalls damit, dass der kulturelle
nd zwischenmenschliche Austausch sehr wichtig ist
nd dass dies für die wirtschaftliche Entwicklung
eutschlands wichtig ist. Deshalb bittet man darum,
och alles dafür zu tun, dass diese Visa erteilt werden,
nd noch einmal zu schauen, ob im Rahmen der rechtli-
hen Möglichkeiten nicht doch eine andere Entschei-
ung in Frage kommt.
Ich könnte Ihnen auch noch einen Brief des Kollegen
rill vortragen. Dieser ist interessant, denn da geht es
m die Ukraine. Dieser Brief ist vom 10. Februar dieses
ahres.
as ist interessant, nicht wahr? Es geht um die Visumer-
eilung für einen ukrainischen Staatsbürger Herrn I. Hier
urde die Bitte an uns herangetragen, zu prüfen, was wir
atürlich immer tun, ob man nicht ein Visum erteilen
önne.
Ich gebe Ihnen das als Beispiel, um deutlich zu ma-
hen, dass dieses Spannungsverhältnis existiert und dies
anz offensichtlich auch von vielen Abgeordneten Ihrer
igenen Fraktion so gesehen wird.
s geht hier immer um die Abwägung, einerseits die
icherheitsinteressen unseres Landes zu beachten, ande-
erseits natürlich wirtschaftliche Entwicklung und kultu-
ellen Austausch zu fördern und unserem Ruf – ich
öchte das noch einmal zitieren, denn ich teile ja die
uffassung von Herrn Koschyk – als weltoffenes Land
erecht zu werden. In diesem Abwägungsprozess befin-
en wir uns; die Abwägung erfolgt.
Ich habe nun bereits eine ganze Reihe von Wünschenach Zusatzfragen. Zunächst hat aber selbstverständlich
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004 8285
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)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammertder Fragesteller die Möglichkeit, zwei Zusatzfragen zustellen.Ich will schon jetzt darauf hinweisen, dass ich nachder Frage 9 die vorhin zurückgestellte Frage 16 des Kol-legen Sehling aufrufen möchte, damit StaatssekretärKörper auch die erforderliche Dauer seiner Anwesenheithalbwegs verlässlich kalkulieren kann.Zusatzfrage, Herr Kollege von Klaeden.
Frau Staatsministerin, Ihre umfangreichen Ausfüh-
rungen zu Briefen, die die Volksrepublik China betref-
fen, haben leider überhaupt nichts mit meiner Frage zu
tun gehabt. Ich habe Sie zu dem in der Öffentlichkeit ja
mittlerweile auch bekannt gewordenen massenhaften
Visamissbrauch – ich finde, dieser so schwer wiegende
Vorgang verdient eigentlich keine so ironische Darstel-
lung –
befragt und danach, ob die Aussagen, die das Auswär-
tige Amt gegenüber dem Petitionsausschuss gemacht
hat, nämlich dass in den Auslandsvertretungen in jedem
Einzelfall geprüft werde, vereinbar sind mit der Aussage
des Auswärtigen Amtes vom 2. August 2001 an den
Bundesverband mittelständischer Reiseunternehmen, in
der es heißt, dass bei Gruppenreisen aus der Ukraine in
die Europäische Union der Reisezweck und die Um-
stände der Reise nur einmal für alle Gruppenmitglieder
geprüft werden. Das ist eine Frage, die man ganz einfach
mit Ja oder Nein beantworten kann und wozu man nicht
Ausflüchte in Bezug auf die Volksrepublik China ma-
chen muss.
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Ich finde, es stellt sich jetzt die Frage, wer die schrift-
liche Frage, die von einem Ihrer Kollegen an uns gestellt
wurde, ernst nimmt. Wir nehmen diese Frage ernst und
beantworten sie auch.
– Doch, ich beantworte Ihre Frage, aber so, wie ich das
für richtig halte.
Bei den Schreiben, die Sie erwähnt haben – jetzt muss
man einmal die Verfahren auseinander halten –, geht es
um das zwischen den Schengen-Partnern in Kapitel VIII
Ziffer 5 ihrer Gemeinsamen Konsularischen Instruktion
niedergelegte Reisebüroverfahren, das eine Ausnahme
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ie mit Reiseunternehmen aus der Ukraine zusammenar-
eiteten, von Bedeutung war, hat das Auswärtige Amt
ie Verfahrensänderung in einem Schreiben an deutsche
eiseunternehmen und an den Bundesverband mittel-
tändischer Reiseunternehmen e.V. – aus diesem Schrei-
en zitieren Sie – erläutert. Das Auswärtige Amt hat da-
in den Grundsatz der persönlichen Vorsprache jedes
inzelnen Reiseteilnehmers bekräftigt und gleichzeitig
ngeboten, für ukrainische Kooperationspartner deut-
cher Reiseunternehmen die Vorsprache sämtlicher Teil-
ehmer einer Reisegruppe zu einem einzigen Termin zu
rmöglichen. Wir haben uns also selbst in diesem Fall
arum bemüht, ein unbürokratisches Verfahren zu fin-
en. Das bedeutet, jeder Reiseteilnehmer wurde einzeln
efragt, aber für das Reisebüro war es weiterhin mög-
ich, die Anträge gesammelt einzureichen.
Dieses Beispiel – ich sage es noch einmal – zeigt
och deutlich, wie sehr die Bundesregierung bemüht ist,
n der Visumspraxis zu Lösungen zu kommen, die auf
asis der geltenden Rechtslage sowohl unseren Sicher-
eitsinteressen als auch, wie in diesem Fall, den wirt-
chaftlichen Interessen deutscher Reiseunternehmen ge-
echt werden.
Nächste Zusatzfrage, Herr Kollege von Klaeden.
Frau Staatsministerin, der Vorsitzende Richter amandgericht Köln, der, wie in der Öffentlichkeit bekanntst, vor einigen Wochen ein Urteil in einem Schleuser-rozess zu sprechen hatte, welcher sich mit den Vorfäl-en in der deutschen Botschaft in Kiew auseinander ge-etzt hat, hat festgestellt, dass in Kiew seit dem
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8286 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
)
)
Eckart von KlaedenJahr 2000 1,1 Millionen Visa erteilt worden seien. Das,so der Richter, bedeute, dass alle zwei Minuten ein Vi-sum erteilt worden sei, und zwar bei einer Arbeitszeitvon 24 Stunden am Tag. Ich frage Sie erstens, ob Siediese Zahlen bestätigen können – von mir aus auch nurdie Anzahl der erteilten Visa –, und zweitens, ob dasAuswärtige Amt die notwendigen Vorkehrungen getrof-fen hat, um eine sorgfältige Prüfung, wie von Ihnen ge-rade vorgetragen, in Kiew möglich zu machen.K
Darf er zwei Fragen stellen?
In der gleichen Weise, wie in der Antwort auf ver-
schiedene, nicht ausdrücklich nachgefragte Briefe Bezug
genommen wurde.
K
Ich kann die Zahlen so nicht bestätigen.
– Das ist meine Antwort. – Ich kann Ihnen nur sagen, in
welchem Jahr wie viele Visa in Kiew erteilt wurden.
Zu Ihrer zweiten Frage, die ja sehr generell war, kann
ich nur Folgendes sagen: Zunächst gibt es das Problem
der Reiseschutzversicherung. Darum ging es in dem
Kölner Prozess. Nachdem wir am 27. Juni 2002 Kennt-
nis davon erhalten haben, dass gegen den Inhaber der
Reise-Schutz AG ein Ermittlungsverfahren eröffnet wor-
den war, haben wir sofort und unmittelbar, nämlich am
28. Juni 2002, an unsere Vertretung in Kiew den Erlass
weitergegeben, dass die Anerkennung des Reiseschutz-
passes aufgrund dieses eröffneten Ermittlungsverfahrens
auszusetzen sei. Die Möglichkeit der Anerkennung von
Reiseschutzpässen, die ja im Zusammenhang mit Finan-
zierungsfragen eine Rolle spielt, haben wir dann im
März 2003 grundsätzlich und weltweit eingestellt. Inso-
fern haben wir in Bezug auf das Problem der Reise-
schutzpässe – und darum geht es in dem Kölner Fall; es
geht um Missbrauch, der mit diesen Pässen im Einzelfall
getrieben wurde – gehandelt.
Bei dem Reisebüroverfahren – ich habe es eben schon
erwähnt – geht es um etwas ganz anderes, nämlich da-
rum, dass das persönliche Erscheinen ersetzt werden
kann. Auch dieses Verfahren haben wir eingestellt, nach-
dem Probleme aufgetaucht waren. Heute ist es so, dass
die Reisenden persönlich vorsprechen müssen, im Rah-
men einer Reisegruppe möglicherweise zu einem ge-
meinsamen Termin.
Das heißt, immer wenn wir von Missbrauchsfällen er-
fahren haben, hat das Auswärtige Amt unmittelbar ge-
handelt. Aber ich sage Ihnen auch – das habe ich schon
in der letzten Fragestunde sehr deutlich gesagt –: Bei
insgesamt 3 Millionen Visaanträgen ist natürlich nicht
auszuschließen, dass Fehler passieren und dass Miss-
brauch getrieben wird.
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enn ja: Was hat das Auswärtige Amt unternommen,
m gegenüber dem Bundeskanzleramt im Hinblick auf
as Werben für Ausbildungsaufenthalte junger Chinesen
n der Bundesrepublik Deutschland den Visamissbrauch
eutlich zu machen?
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Ich weiß nicht, ob ich Ihre Frage richtig verstanden
abe, weil sie sehr kompliziert war. So weit ich sie ver-
tanden habe, will ich sie beantworten.
Ich habe das Anliegen in diesem Brief hier vorgetra-
en, um zu zeigen, dass man in einem Spannungsfeld
teht. Natürlich haben wir ein Interesse, dass hier ausge-
ildet wird. Aus Gesprächen mit Ihrer Fraktion wissen
ie, dass die Bundesregierung an einem Zuwanderungs-
esetz arbeitet. Zugleich aber müssen wir auch unseren
icherheitsinteressen gerecht werden.
In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns und bewe-
en sich auch die Mitarbeiter an den Botschaften, die
olche Visa zu erteilen haben. Für dieses Spannungsfeld
abe ich Ihnen ein Beispiel genannt. Natürlich ist es so,
ass wir Visa nur auf der Basis der gültigen Rechtslage
rteilen können.
Ich mache noch einmal darauf aufmerksam, dass nachnseren Regeln für die Fragestunde jeder Fragestellerwei Zusatzfragen und jedes andere Mitglied des Hausesine Zusatzfrage stellen kann. Es wäre schön, wenn auchie Form der Nachfrage keine Zweifel an der Einhaltungieser Vorgabe aufkommen lässt.
Ich wollte nur auf diese Regelung hinweisen.Nun hat als nächste Fragestellerin die Kollegin Tritzas Wort.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004 8287
)
)
Frau Staatsministerin, können Sie noch einmal aus-
drücklich bestätigen, dass das Reisebüroverfahren keine
deutsche Erfindung und insbesondere keine Erfindung
des Auswärtigen Amtes war, sondern dass es ein von den
Schengen-Partnern vereinbartes Verfahren ist und dass
dieses Verfahren auch deswegen ermöglicht wurde, um
die Reiseunternehmen der Schengen-Staaten zu fördern?
K
Das kann ich eindeutig bestätigen. Es handelt sich um
ein Verfahren, das mit den Schengen-Partnern vereinbart
wurde. Im Übrigen haben diesem Verfahren alle Bundes-
länder, also auch die CDU-regierten Länder, zuge-
stimmt.
Dieses Verfahren wurde von uns an der Botschaft in
Kiew eingestellt. An anderen Botschaften in der Welt
wird es – nicht nur von uns, sondern auch von anderen
Schengen-Partnern – weiter durchgeführt. Das Ziel ist,
die wirtschaftliche Tätigkeit zu erleichtern. Deshalb be-
kommen wir gerade in diesem Bereich immer wieder
Briefe von mittelständischen Unternehmen oder von
Mitgliedern der Fraktionen dieses Hauses, in denen da-
rum gebeten wird, dass man zur Erreichung dieses Zieles
Verfahrensmöglichkeiten findet, die Visaerteilungen zu
beschleunigen. Das Reisebüroverfahren gehört dazu.
Herr Kollege Volmer.
Fra
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Können
Sie meiner Einschätzung zustimmen, dass die Aussage
der CDU-Parteivorsitzenden Angela Merkel in der vor-
letzten Ausgabe der „Bild am Sonntag“,
dass nach den Bestimmungen des zitierten Erlasses im
Rahmen der Visaerteilungen nicht mehr Rückkehrbereit-
schaft, Reiseziel und Reisezweck geprüft werden müs-
sen, nichts anderes als falsch ist?
K
Diese Aussage ist in der Tat falsch. Vielleicht sollte
ich angesichts dieser Frage noch einmal erläutern, was
der so genannte Volmer-Erlass bedeutet.
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8288 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
)
)
Wir haben hier gemeinsam die Gesetze beschlossen.Nach dem 11. September wurde die Visapraxis ver-schärft. Zum Beispiel erfolgt für bestimmte Risikostaa-ten eine besondere Prüfung.In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Erteilungeines Visums immer. Wir bemühen uns natürlich, Miss-brauch auszuschließen. Wenn wir von solchen Fällen hö-ren, reagieren wir sofort und unmittelbar.
Herr Kollege Koppelin.
Frau Staatsministerin, nachdem Sie aus einem Brief
eines Abgeordneten zitiert haben, was ich in der Frage-
stunde unmöglich finde – das mag Ihr Stil sein –, möchte
ich Sie, weil da auch junge Chinesen angesprochen wur-
den, fragen: Wie beurteilen Sie, dass das Auswärtige
Amt 25 jungen Chinesen, die aufgrund der SARS-Kata-
strophe von einem Unternehmen in Lübeck als Hygiene-
techniker an Krankenhäusern in China ausgebildet wer-
den sollten – alle Voraussetzungen, die Sie angesprochen
haben, einschließlich der Finanzierung waren erfüllt –,
kein Visum erteilt hat?
K
Jetzt geht es doch darum, dass Deutsche nach China
gehen.
Nein, es gehen nicht Deutsche nach China, sondern
Chinesen nach Deutschland, und zwar zur Ausbildung
als Hygienetechniker; sie wollten in Krankenhäusern in
China arbeiten.
K
Sie können mir diesen Fall gern schriftlich einreichen.
Der Schriftverkehr liegt dem Auswärtigen Amt vor;
schade, dass Sie ihn nicht dabei haben.
K
Den habe ich leider nicht dabei.
Schade, dann haben Sie die falsche Postmappe be-
kommen.
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erden wir das machen. Wir können aber nur auf der
asis der geltenden Rechtslage vorgehen.
ir werden die Rechtslage prüfen und wenn diese kei-
en Ermessensspielraum hergibt, können wir die Visa,
m die es hier geht, nicht erteilen.
Ihr Fall zeigt wieder einmal, wie kompliziert die Ab-
ägung ist. Ich mache hier nur deutlich, wie sehr die
undesregierung und die damit befassten Mitarbeiterin-
en und Mitarbeiter darum bemüht sind, diese Abwä-
ungen in jedem Einzelfall vorzunehmen.
Ich möchte darum bitten, dass sich die Zusatzfragen
öglichst im unmittelbaren Umfeld der gestellten Aus-
angsfrage bewegen sollten.
Die Antworten auch, wenngleich auf beiden Seiten ein
isschen Toleranz walten sollte, weil der Gesamtkom-
lex sicher manche Verflechtungen aufweist, wie die
ragen und Antworten deutlich machen.
Nun hat der Kollege Uhl das Wort.
Frau Staatsministerin, Sie sind in keiner sehr benei-enswerten Situation, wenn Sie die Folgen des unsägli-hen so genannten Volmer-Erlasses verteidigen müssen.rstaunlich ist es aber doch, wenn Sie sagen, dass mas-enhafter Missbrauch nicht stattgefunden habe, obwohlhnen bekannt sein müsste, dass die Zahlen explosions-rtig angestiegen sind, von 150 000 Visa in 1999 auf10 000 Visa in 2000 und auf 300 000 Visa in 2001. Al-es in allem wurden mehr als 1 Million Visa erteilt – al-ein von der Botschaft in Kiew!
Dies hat auch das Bundesinnenministerium beunru-igt. Es gibt ein Schreiben des Bundesinnenministers an
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004 8289
)
)
Dr. Hans-Peter Uhldas Auswärtige Amt vom 13. März 2000 – das war zehnTage nach dem Volmer-Erlass –, in dem die Bedenkendargestellt wurden. Am 17. April 2000 antworteteStaatssekretär Pleuger gegenüber dem Innenministe-rium. Wissen Sie etwas über diese Korrespondenz? Wis-sen Sie, ob der Dissens zwischen Innen- und Außenmi-nisterium, der nur logisch ist, das Kanzleramt beschäftigthat? Wurde der Dissens auf höherer Ebene auf ir-gendeine Weise gelöst oder hat der Innenminister gesagt:Es ist eben so, dass die Zahlen explodieren und Hundert-tausende von Missbrauchsfällen in Kiew stattfinden?85 Prozent der Schengen-Visa, die in Kiew ausgestelltwurden, stammen aus der deutschen Botschaft, als gäbees keine anderen Staaten in der EU, die auch Schengen-Visa erteilen können. Wissen Sie – –
Ich weise noch einmal darauf hin, dass Sie eine Zu-
satzfrage stellen können.
Sie stellen jetzt die dritte Zusatzfrage zum gleichen
Sachverhalt. Sie spüren doch die Nervosität, die auf den
verteilten Plätzen herrscht. Ich bitte Sie darum, diese
nicht unnötig zu strapazieren.
Ich glaube, ich habe die Staatsministerin schon genug
belastet, ich will hier innehalten.
Ich bedanke mich.
K
Erstens belasten Sie mich nicht und zweitens brau-
chen wir nicht von Nervosität zu reden; denn die habe
ich nicht. Ich kann Ihnen gern unsere Position zum so
genannten Volmer-Erlass deutlich machen.
Also: Es hat diesen Brief des Innenministers gegeben
und die Bedenken wurden ausgeräumt.
Herr Kollege Beck.
Angesichts der Diskussion über die Sicherheitsrele-
vanz dieses Erlasses gestatten Sie mir, Frau Staatsminis-
terin, eine Frage zu diesem Bereich. Wir haben damals
im Rahmen der Einführung des Terrorismusbekämp-
fungsgesetzes erstmals Ordnung in die Visadateien ge-
bracht. Bis zur Einführung des Terrorismusbekämp-
fungsgesetzes konnte anhand der Visadatei
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eder der Verlauf oder das Ergebnis eines Visaverfah-
ens noch die Identität der Visa-Antragsteller hinrei-
hend festgestellt werden. Damals war ein Abgleich von
isaanträgen aus verschiedenen Botschaften ganz ein-
ach technisch nicht möglich, sodass die neue Bundesre-
ierung seinerzeit eine Situation vorgefunden hat, in der
ie Sicherheitsinteressen in keiner Weise gewahrt wer-
en konnten. Stellt sich die jetzige Diskussion vor die-
em Hintergrund nicht als Heuchelei dar und teilen Sie
it mir die Auffassung, dass eine solche Sicherheitslü-
ke bei diesem Erlass nicht vorhanden ist?
K
Nach dem 11. September haben wir – ich bin als
raktionsvorsitzende damals persönlich damit befasst
ewesen – sehr gründlich nach Sicherheitslücken ge-
ucht. Die Visadatei spielte auch eine Rolle. Wir haben
ier mit breiter Mehrheit des Hauses Veränderungen vor-
enommen, von deren Richtigkeit ich tief überzeugt bin.
Nach dem 11. September hat es hier also Veränderun-
en gegeben. Ich habe eben bereits gesagt, dass die Er-
asspraxis ständig weiterentwickelt wird, auch den aktu-
llen Anforderungen angepasst wird, dass sie sich auch
egional unterscheidet. Das Reisebüroverfahren zum
eispiel, das ich erwähnt habe und das von allen Schen-
en-Staaten angewendet wurde, wird heute nicht mehr in
iew, aber noch in anderen Ländern und Botschaften an-
ewandt.
Ich will noch einmal betonen: Auch vor dem Hinter-
rund der aktuellen Debatte sehe ich überhaupt keinen
rund, den Runderlass des Auswärtigen Amtes vom
. März 2000, Nr. 514-516.20, zurückzunehmen, der
wie gesagt – durch andere Erlasse weiterentwickelt
urde. Soweit mir bekannt ist, sind die Missbrauchs-
nd Schleuserfälle, die öffentlich diskutiert werden,
icht auf diesen Erlass zurückzuführen. In all diesen Fäl-
en ging es um andere bei der Visaerteilung zu prüfende
atbestandsvoraussetzungen, insbesondere um die Frage
er Finanzierung, deren Nachweis zeitweise durch Vor-
age von so genannten Reiseschutzpässen ersetzt werden
onnte.
Herr Kollege Grindel.
Frau Staatsministerin, Sie haben auf die hohe Arbeits-elastung der Mitarbeiter in der Botschaft in Kiew hin-ewiesen. Gleichzeitig haben Sie gesagt, es habe eineinzelfallprüfung gegeben, und Sie haben – wie in deretzten Antwort – einige Missbrauchsfälle angesprochen,ie aber auf eine Fehleinschätzung hinsichtlich derinanzierungsfragen bezogen.Können Sie mir vor dem Hintergrund dessen, was Sieerade gesagt haben, erklären, warum in Reaktion aufen Sachverhalt, über den wir uns hier unterhalten,
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8290 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
)
)
Reinhard Grindel18 Ortskräfte und ein deutscher Mitarbeiter in der Bot-schaft in Kiew fristlos entlassen worden sind? Was ha-ben Sie denen vorgeworfen, wenn angeblich – so wie Siees hier darstellen – im Rahmen der Ermessensausübungalles einigermaßen korrekt abgelaufen ist? Dies ist wohlein Fall ohne Beispiel – korrigieren Sie mich –, wenn18 Ortskräfte auf einmal fristlos entlassen werden.
K
Erstens waren es nicht 18, sondern 16.
– Nur, um korrekt zu bleiben. – Zweitens wurden die
16 Ortskräfte nicht fristlos entlassen. Drittens geschah
dies nicht als ausschließlich unmittelbare Reaktion auf
die Missbrauchsfälle. Ein Teil von ihnen wurde im Zu-
sammenhang mit den Missbrauchsfällen entlassen. Aber
ein anderer Teil wurde aufgrund von Rationalisierungs-
maßnahmen entlassen, die in der entsprechenden Bot-
schaft durchgeführt wurden.
Überdies habe ich nicht behauptet, dass Fehler auszu-
schließen sind. Ich habe das genaue Gegenteil behauptet:
Fehler sind nicht auszuschließen. Auch Missbrauch ist
angesichts der großen Anzahl der zu bearbeitenden Fälle
nicht auszuschließen. Wir haben, sofern uns von Miss-
brauchsfällen bekannt wurde, immer unmittelbar darauf
reagiert.
Die letzte Zusatzfrage zu diesem Punkt, Kollege
Gewalt.
Frau Staatsministerin, eben haben Sie erklärt, dass es
sich hierbei um andere Missbrauchsfälle handelt. Wenn
dem so ist, bitte ich Sie, dem Hause zu erklären, welche
Missbrauchsfälle Ihrer Schilderung zugrunde liegen,
wenn nicht diejenigen, die heute zur Debatte stehen.
K
Ich habe gesagt, dass nicht alle 16 Ortskräfte, die ent-
lassen wurden bzw. deren Verträge nicht verlängert wur-
den, unmittelbar aufgrund der Missbrauchsfälle nicht
mehr weiter beschäftigt werden.
So verhielt es sich nur bei einem Teil von ihnen. Ein an-
derer Teil wurde aus anderen Gründen nicht weiter be-
schäftigt, zum Beispiel aufgrund von Rationalisierungs-
maßnahmen.
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Ich rufe Frage 9 des Kollegen Eckart von Klaeden
uf:
Welchen Inhalt hat – vergleiche Schreiben des Petitions-
ausschusses an das AA vom 2. Oktober 2003 – der vom oben
genannten Petenten benannte Erlass des AA Nr. 519?
K
Auf diese Frage muss ich antworten: In diesem Zu-
ammenhang existiert kein Erlass Nr. 519 des Auswärti-
en Amtes.
Ihre Zusatzfrage.
Frau Staatsministerin, ich möchte noch einmal auf die
issbrauchsfälle zu sprechen kommen, die Sie gerade
m Zusammenhang mit den Entlassungen erwähnt ha-
en. Habe ich Sie richtig verstanden, dass es sich dabei
ediglich um solche Missbrauchsfälle gehandelt hat, bei
enen Personen betroffen waren, welche offensichtlich
ie notwendigen finanziellen Voraussetzungen nicht
rfüllt haben, denen aber das Visum dennoch erteilt
orden ist? Oder hat es auch andere Missbrauchsfälle
egeben – und wenn ja: welche?
K
Von „anderen Missbrauchsfällen“ habe ich nicht ge-
prochen.
Genau das möchte ich wissen. Handelte es sich also,
ie Sie selbst gesagt haben, lediglich um Fälle finanziel-
en Missbrauchs?
K
Was meinen Sie mit Fällen finanziellen Missbrauchs?
Ich meine solche Fälle, in denen aufgrund der wirt-
chaftlichen Verhältnisse die finanziellen Voraussetzun-
en für die Erteilung von Visa nicht erfüllt waren.
K
Das kann ich Ihnen im Einzelnen nicht sagen.
Aber so lautete doch gerade Ihre Antwort auf meinerage.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004 8291
)
)
Ke
Welche finanziellen Voraussetzungen meinen Sie?
Meinen Sie die Problematik der Reiseschutzpässe, mei-
nen Sie das Reisebüroverfahren? Sie müssen Ihre Frage
schon präzisieren.
Frau Staatsministerin, ich greife lediglich Ihre eigene
Formulierung auf, um etwas Licht in das Dunkel Ihres
verwirrenden Vortrags zu bringen.
K
Meine Formulierung lautete wie folgt: Ein Teil der
Ortskräfte wurde unmittelbar aufgrund von Miss-
brauchsfällen entlassen. Sie haben pflichtverletzend ge-
handelt. – In anderen Fällen wurden Ortskräfte aufgrund
von Rationalisierungsmaßnahmen entlassen bzw. ihre
Verträge wurden aus diesem Grunde nicht verlängert.
Um eines gleich zu ergänzen: Die genauen Zahlen und
Umstände – wer, wie viele, warum? – kann ich Ihnen
hier nicht nennen, weil sie mir nicht vorliegen.
Ich mache noch einmal folgenden Hinweis: Ich
möchte hier nur ungern restriktiver agieren, als ich das
zu tun gewohnt bin. Aber die Zusatzfragen müssen sich
schon im Kontext der Frage bewegen, die Gegenstand
der Antwort ist.
K
Herr von Klaeden, ich habe Ihre Zusatzfrage beant-
wortet, obwohl sie nichts mit Ihrer Ausgangsfrage zu tun
hatte.
Ihre zweite Zusatzfrage, Herr von Klaeden.
Frau Staatsministerin, vorhin haben Sie gesagt, dass
die Zahlen, die ich – den Richter zitierend – genannt
habe, falsch seien und dass Sie selbst Zahlen dabei hät-
ten, was die in Kiew erteilten Visa angeht. Hätten Sie die
Freundlichkeit, diese Zahlen – nach den entsprechenden
Jahren aufgeschlüsselt – vorzutragen?
K
Diese Zahlen würde ich Ihnen gerne schriftlich zu-
kommen lassen, damit das alles ganz präzise ist. Ich
wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir sagen, welche Jahre
und welche Botschaften Sie interessieren und ob es Ih-
nen um die erteilten oder die abgelehnten Visa geht. Es
würde zu lange dauern, die komplette Tabelle hier vor-
zutragen. Diese Frage beantworte ich Ihnen daher
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8292 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
)
)
hier auf dieses Petitionsverfahren einzugehen, aber diese
Frage hat damit nichts zu tun.
Das ist leider völlig zutreffend. Zusammen mit mei-
nen Schriftführern hatte ich eben genau dies festgehal-
ten: Dies ist die dritte aufeinander folgende Frage – das
ging quer durch die Fraktionen –, die erkennbar mit der
gestellten Frage nicht in unmittelbarem Zusammenhang
steht. Nach den Regeln unserer Geschäftsordnung sind
solche Zusatzfragen zurückzuweisen. Zweimal habe ich
den freundlichen Versuch unternommen, das auf dem
Wege der Selbstdisziplinierung zu lösen. Dieser Versuch
ist offenkundig gescheitert. Ich werde bei weiteren Fra-
gen von dieser Regelung der Geschäftsordnung Ge-
brauch machen müssen.
Nun hat sich der Kollege Koschyk zu einer Zusatz-
frage gemeldet.
Frau Staatsministerin, Sie sagten, der Erlass, nach
dem hier gefragt worden ist, sei dem Auswärtigen Amt
nicht bekannt.
– So war doch Ihre Antwort, oder?
K
Die Nr. 519 existiert nicht.
Können Sie sich vorstellen, dass es sich in diesem Zu-
sammenhang vielleicht um einen Erlass mit einer ande-
ren Nummer handelt?
K
Das können wir uns vorstellen. Dem Petitionsaus-
schuss des Deutschen Bundestages wurde daher mit
Schreiben vom 24. Oktober 2003 mitgeteilt, dass davon
ausgegangen wird, dass sich der Petent auf den Erlass
Nr. 514-516.20 vom 3. März 2000 bezieht. Dieser
Runderlass konkretisiert für bestimmte Fallgruppen den
pflichtgemäßen Gebrauch des Ermessens innerhalb des
bestehenden rechtlichen Rahmens; wir sprachen darüber.
Dieser Runderlass war bereits Gegenstand der letzten
Fragestunde und ist auch in dieser Woche ausführlich
behandelt worden, sowohl in schriftlichen als auch in
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004 8293
)
)
Nein, sie sind mir nicht bekannt. Ich habe deshalb jetzt
uch nicht schriftlich vorliegen oder vor Augen, was
ort konkret kritisiert wurde. Dies war der Besuchsstand
on 2001. Im August 2001 haben wir das so genannte
eisebüroverfahren eingestellt.
Ich erinnere noch einmal daran: Es gibt verschiedene
ründe für Verfehlungen und weshalb ein Visum zu Un-
echt erteilt wurde. Das Reisebüroverfahren – ich rufe
och einmal in Erinnerung: alle Schengen-Staaten füh-
en das durch – wurde in Kiew im August 2001 zum Ok-
ober 2001 eingestellt. Durch dieses Verfahren wurde bei
eisegruppen das persönliche Erscheinen ersetzt. Es
urde also aufgrund der Aktenlage geprüft. Man stellte
edoch fest, dass dies auch bei seriösen und glaubwürdi-
en Reiseunternehmen zu Problemen führen konnte.
eshalb wurde das Reisebüroverfahren eingestellt.
Nun zu den so genannten Reiseschutzpässen. Diese
rsetzten den Nachweis der Finanzierbarkeit. Da es eine
ffentliche Diskussion ist, möchte ich es hier noch ein-
al erklären: Der Versicherer sichert zu, dass er die
osten übernimmt. Das ist für die Behörde sicherer und
ür den Antragsteller einfacher. Nachdem wir am
7. Juni 2002 erfuhren, dass ein entsprechendes Ermitt-
ungsverfahren gegen den Inhaber einer Reise-Schutz
G eröffnet wurde, haben wir am 28. Juni auch die An-
rkennung der so genannten Reiseschutzpässe ausge-
etzt.
Noch einmal: Mir ist nicht bekannt, dass irgendwel-
he Missbrauchsfälle auf den hier diskutierten Erlass
om 3. März 2000 zurückzuführen sind, in dem be-
timmte Prüfungskriterien für die Rückkehrbereitschaft
orgesehen sind. Die Missbrauchs- und Problemfälle be-
iehen sich immer auf das Reisebüroverfahren oder auf
ie Reiseschutzversicherungen.
Herr Kollege Uhl.
Frau Staatsministerin, es geht um die Frage, ob auf-rund des Volmer-Erlasses der Erhalt eines Visums pro-lemlos möglich gewesen sei.Wie Juristen unschwer erkennen können, beinhalteter Volmer-Erlass eine so genannte Beweislastumkehr:er Antragsteller, der Ausländer, muss seine Rückkehr-ereitschaft nicht beweisen,
ondern die Behörde muss beweisen, dass er keineückkehrbereitschaft hat.
Metadaten/Kopzeile:
8294 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
)
)
Dr. Hans-Peter Uhl
Die Formulierung wurde gerade vorgelesen:Nicht jeder Zweifel– des Beamten –..., sondern erst die hinreichende Wahrscheinlich-keit ... rechtfertigt die Ablehnung eines Besuchs-visums.Zweifel reichen also nicht aus, sondern die Wahrschein-lichkeit muss gegeben sein. Diese kann der Beamte nie-mals beweisen, also muss er das Visum erteilen.Ich komme nun zu meiner Frage an Sie. Sie habenvorhin behauptet, diese Formulierung im Volmer-Erlassdecke sich mit EU-Bestimmungen. Teilen Sie meineAuffassung, dass sich diese Formulierung im Volmer-Erlass, der die von mir behauptete Beweislastumkehrenthält, angesichts des Umstands, dass in den EU-Be-stimmungen genau die gegenteilige Formulierung steht,gerade nicht mit diesen deckt? Die Gemeinsame Konsu-larische Instruktion – die einschlägige Richtlinie – be-inhaltet zu diesem Thema folgende Formulierung:Der– ausländische –Antragsteller muss die mit dem Antrag befassteAuslandsvertretung davon überzeugen, dass ... dieRückreise in das Herkunftsland gewährleistet ist.Die Beweislast liegt also eindeutig beim Antragsteller.Es ist nicht so, wie Sie es sagen, dass nämlich der Be-amte eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die An-nahme haben muss, um ablehnen zu können.
K
Jetzt diskutieren wir unter Juristen. Man weiß, dass es
dabei zu einem Problem immer mehrere Meinungen
gibt.
Nach meinem unmaßgeblichen juristischen Verständ-
nis beinhaltet der Volmer-Erlass vom 3. März 2000 kei-
nesfalls eine Beweislastumkehr. Ich lese die Formulie-
rung vollständig vor; denn Sie haben den Punkt zu früh
gemacht. Dort steht:
... sondern erst die hinreichende Wahrscheinlichkeit
der fehlenden Rückkehrbereitschaft rechtfertigt die
Ablehnung eines Besuchsvisums.
Jetzt kommt aber etwas Wichtiges:
Wenn sich nach pflichtgemäßer Abwägung und Ge-
samtwürdigung des Einzelfalls
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die tatsächlichen Umstände, die für und gegen eine
Erteilung des Besuchsvisums sprechen, die Waage
halten,
nur dann –
gilt: „in dubio pro libertate“, im Zweifel für die
Reisefreiheit.
Ja, dazu stehe ich auch. Das ist das Ansinnen vieler,
ieler Schreiben, die aus Ihrer Fraktion kommen. Diese
ormulierung ersetzt in keiner Weise – das will ich hier
ehr deutlich sagen – für den entsprechenden Mitarbeiter
der die Mitarbeiterin, der bzw. die das Visum erteilt, die
rüfung der anderen Voraussetzungen, dass die Finan-
ierbarkeit gegeben ist,
er Reisezweck eingehalten wird und die Rückkehr-
erechtigung vorliegt. All das wird geprüft. Vor dieser
rüfung aber wird beim AZR und beim SIS abgefragt,
b eine entsprechende Einreisesperre besteht.
Ich sage noch einmal: Mir ist auch durch das Urteil
icht bekannt – die schriftliche Urteilsbegründung liegt
och nicht vor –, dass bisher einer der diskutierten Miss-
rauchs- und Problemfälle auf diese Formulierung des
rlasses vom 3. März 2000 zurückzuführen ist. Die Ur-
achen für die Missbrauchsfälle liegen im so genannten
eiseschutzpass und im so genannten Reisebüroverfah-
en, das – wie Sie soeben zu Recht zitiert haben – Ge-
enstand der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion
er Schengen-Staaten ist und von allen Schengen-Staa-
en angewendet wird. Von uns wird es seit dem
. August 2001 in Kiew nicht mehr angewendet. Darauf
eziehen sich die Problemfälle; das will ich hier klar he-
ausstellen.
Solange dies so ist, gibt es für uns überhaupt keinen
rund, von dieser Formulierung Abstand zu nehmen.
ch glaube, dass der entsprechende Erlass vom
. März 2000 exakt eine Antwort auf das Spannungsfeld
st, in dem wir uns bei der Visaerteilung befinden und
orüber wir ausführlich diskutiert haben.
Herr Kollege Volmer.
Meine Frage gehört zum Thema; denn die Frage 10on Herrn Koschyk bezieht sich auch auf den Petitions-usschuss und dessen Haltung zu dem gesamten Verfah-en.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004 8295
)
)
Dr. Ludger VolmerMeine Frage: Frau Staatsministerin, trifft es zu, dassnicht nur zahlreiche Einzelabgeordnete aus allen Frak-tionen, sondern insbesondere auch zahlreiche Mitgliederdes Petitionsausschusses und des Menschenrechtsaus-schusses des Deutschen Bundestages im Jahre 1998/99,als Rot-Grün das Auswärtige Amt gerade übernommenhatte, zahlreiche Zuschriften an das Auswärtige Amt ge-richtet haben, in denen diese Abgeordneten und Aus-schussmitglieder eine gründliche Überprüfung und Än-derung der bis dahin geltenden Visumpraxis forderten,einer Visumpraxis, die noch auf der Weisungslage derMinister Kanther und Kinkel fußte, und dass der Men-schenrechtsausschuss einstimmig, also mit den Stimmender CDU/CSU, den damals von mir vorgelegten und hiervielfach zitierten Erlass gebilligt hat?
K
Dies trifft zu. Weil der Kollege Volmer dies erwähnt
hat, will ich ergänzend sagen: Das so genannte Carnet
de Touriste bzw. die Reiseschutzpässe gehen in der Tat
auf eine Initiative des Bundesaußenministers Kinkel
und des Bundesinnenministers Kanther zurück. Sie ha-
ben mit Erlass vom 10. August 1995 an die Vertretun-
gen in Bulgarien, Rumänien, Estland, Lettland und
Litauen zu der Einführung des Carnet de Touriste des
ADAC geführt. Diese Praxis, die damals von der Vor-
gängerregierung eingeführt wurde, für Länder, die auch
Sie wahrscheinlich nicht für unbedingt unproblema-
tisch halten, haben wir mit den so genannten Reise-
schutzpässen fortgeführt. Wir haben dann im
Oktober 1999 das Carnet de Touriste auf alle Vertretun-
gen der GUS-Staaten ausgeweitet.
Ziel war – das teilen wohl alle Abgeordneten und
Fraktionen hier im Haus –, den kulturellen und wirt-
schaftlichen Austausch zwischen uns und den Ländern
Osteuropas zu erleichtern.
Frau Kollegin Tritz.
Frau Staatsministerin, können Sie bestätigen, dass
weder das Reisebüroverfahren noch das Verfahren be-
züglich der Reiseschutzversicherung Gegenstand des so
genannten Volmer-Erlasses aus dem Jahre 2000 waren?
K
Das ist richtig. Die Reiseschutzpässe beziehen sich
auf das Kriterium der Finanzierbarkeit. Beim Reisebüro-
verfahren geht es darum, dass das persönliche Erschei-
nen durch eine Entscheidung nach Aktenlage ersetzt
werden kann. Bei dem genannten Erlass vom
3. März 2000 geht es um die Prüfungsabfolge und die
Kriterien der Prüfung der Rückkehrbereitschaft.
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Nein, das ist eben keine reine Rechenaufgabe. – Wenn
ie eine Einzelfallprüfung machen – ich weiß nicht, ob
ie Jurist sind –, dann brauchen Sie in dem einen Fall
änger und in dem anderen Fall geht es schneller.
Ich erinnere noch einmal an das Reisebüroverfahren.
ei diesem Verfahren werden für eine Reisegruppe Vi-
umanträge gesammelt vorgelegt und es wird nach Ak-
enlage entschieden. Dieses Verfahren geht schnell, wäh-
end es bei anderen Entscheidungen länger dauert.
ch halte von dieser Hochrechnung nichts und möchte
ie nicht bestätigen. Solange mir nichts Gegenteiliges
ekannt ist, gehe ich davon aus, dass alle Mitarbeiterin-
en und Mitarbeiter in der Botschaft in Kiew oder in an-
eren Botschaften, die Visumanträge zu prüfen haben,
ies nach bestem Gewissen tun und alle Tatbestandsvor-
ussetzungen prüfen, die sie zu prüfen haben.
Ich rufe die Frage 11 des Kollegen Koschyk auf:Wie verhält sich diese vom AA vertretene Behauptung zuden Aussagen im Schreiben des AA vom 2. August 2001 anden Bundesverband mittelständischer Reiseunternehmen, indem von „erheblichen Problemen“ im Zusammenhang mit Vi-samissbrauch und dem so genannten Reisebüroverfahren dieRede ist?
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8296 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
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Herr Kollege Koschyk, da Sie aus demselben Schrei-
ben des Auswärtigen Amtes vom 2. August 2001 an den
Bundesverband mittelständischer Reiseunternehmen wie
Herr Kollege von Klaeden zitieren, verweise ich inso-
fern auf meine Antwort auf die Frage 8 des Abgeordne-
ten von Klaeden.
Zusatzfrage?
Ja. – Frau Staatsministerin, in dem Schreiben vom
2. August 2001 räumt das Auswärtige Amt ein:
Aufgrund des Missbrauchs von Visa, die in diesem
Verfahren seitens der deutschen Botschaft in Kiew
erteilt worden sind, kann dieses Verfahren in Kiew
in der bisher praktizierten Form nicht mehr beibe-
halten werden.
Meine Frage bezieht sich darauf, dass Sie, Frau
Staatsministerin, uns gesagt haben, dass bei dem Reise-
büroverfahren außer den beiden Anfragen nichts weiter
geprüft worden ist. Ist dann beim Reisebüroverfahren
die im Volmer-Erlass vorgesehene Prüfung der Rück-
kehrbereitschaft erfolgt oder nicht?
K
Natürlich. Bei dem von Ihnen erwähnten Schreiben
geht es um das zwischen den Schengen-Partnern in
Kapitel VII Ziffer 5 ihrer Gemeinsamen Konsularischen
Instruktion niedergelegte Reisebüroverfahren, das eine
Ausnahme von der gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen
Verpflichtung macht, dass Antragsteller von Visa per-
sönlich bei der jeweiligen Botschaft vorsprechen müs-
sen. Diese Ausnahme dient der Förderung der Reise-
industrie der EU-Mitgliedstaaten, ist also von den
Schengen-Partnern durchaus im wohlverstandenen Ei-
geninteresse vorgesehen worden. Deutschland hat dieses
Verfahren in Kiew praktiziert, und zwar solange sich
keine Hinweise darauf ergaben, dass es zu illegalen Ein-
reisen missbraucht wurde.
Nachdem im Sommer 2001 solche Hinweise vorla-
gen – darauf bezieht sich der Passus, den Sie gerade zi-
tiert haben; das Schreiben liegt mir vor – wurde das Ver-
fahren seitens des Auswärtigen Amtes am 3. August
2001 zum 1. Oktober 2001 eingestellt. Das heißt, alle
Antragsteller mussten wieder persönlich bei der Bot-
schaft vorsprechen.
Da dies für deutsche Reiseunternehmen, die mit Rei-
seunternehmen aus der Ukraine zusammenarbeiteten,
von Bedeutung war, hat das Auswärtige Amt die Verfah-
rensänderungen in einem Schreiben an deutsche Rei-
seunternehmen und an den Bundesverband mittelständi-
scher Reiseunternehmen e.V. – aus dem Schreiben haben
Sie zitiert – erläutert. Das Auswärtige Amt hat darin den
Grundsatz der persönlichen Vorsprache jedes einzelnen
Reiseteilnehmers bekräftigt und gleichzeitig angeboten,
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Insofern kann ich Ihre Pauschalierung nicht teilen, dass
es sich bei den Visumantragstellern mehrheitlich um
Prostituierte und Schwarzarbeiter gehandelt habe. Sie
malen hier ein Schreckensbild, das ich ganz klar und ein-
deutig zurückweisen möchte. Es sind Missbrauchsfälle
vorgekommen. Wir versuchen aber, solche Fälle zukünf-
tig zu verhindern und gleichzeitig den Sicherheitsinte-
ressen der Bundesrepublik nachzukommen.
Ich kann jedenfalls nur davor warnen, in dieser De-
batte Schreckensbilder und Zerrbilder zu malen, die mit
der Realität nichts zu tun haben; denn in unserem ge-
meinsamen Interesse liegt – Herr Uhl, ich brauche Ihre
Frage eigentlich nicht zu beantworten, wenn Sie sich ge-
rade mit Ihren Kollegen unterhalten –, weiterhin den
kulturellen und den wirtschaftlichen Austausch zu för-
dern sowie unserem gemeinsamen Anspruch als weltof-
fenes Land nachzukommen und gleichzeitig – hier be-
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eines Wissens nach: Ja. Wir haben uns aber in allen
ragen betreffend die Reiseschutz AG und den Perso-
enkreis eng mit dem BMI abgestimmt. Entweder beant-
orte ich Ihre Frage schriftlich oder der Kollege Körper
ntwortet jetzt mündlich; denn das fällt eigentlich in die
uständigkeit des BMI.
Ich glaube aber, dass das schon schriftlich beantwortet
orden ist.
Die letzte Zusatzfrage zu diesem Punkt hat der Kol-
ege Binninger.
Frau Staatsministerin, Sie haben gerade gesagt, dass
ach Ihrer Erkenntnis die Mehrzahl der Visa nicht miss-
räuchlich erteilt worden sei. Sind Sie bereit, uns zu sa-
en, worauf sich diese Erkenntnis stützt und was
Mehrzahl“ – 500 000 oder mehr? – bedeutet?
K
Ich kann Ihnen das nicht beziffern.
Genau, die Mehrzahl; das weiß ich. Ich kann Ihnen dasn einer schriftlichen Antwort gerne genauer darstellen,
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8298 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
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Staatsministerin Kerstin Müllersoweit das möglich ist, bevor ich mich jetzt auf eine Zahlfestlege, die nicht stimmt.Den aufgetretenen Missbrauchsfällen sind wir nach-gegangen. Wir haben die entsprechenden Ursachen be-kämpft, Stichworte „Reisebüroverfahren“ und „Reise-schutzpass“.
Herr Binninger, Sie können gleich stehen bleiben. Ich
rufe nun Ihre Frage 12 auf:
Hat es Beschwerden der Schengen-Partner gegenüber dem
Bundesministerium des Innern oder dem AA im Hinblick auf
die durch den Runderlass des AA 514-516.20 betreffend das
Visumverfahren bei den Auslandsvertretungen vom 3. März
2000 – so genannter Volmer-Erlass – veränderte Visaertei-
lungspraxis gegeben und, wenn ja, wann?
K
Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Der Bundesre-
gierung sind im speziellen Zusammenhang mit dem Er-
lass des Auswärtigen Amtes vom 3. März 2000 keine
Beschwerden der Schengen-Partner bekannt geworden.
Allerdings gab es im Sommer 2001 Hinweise von
Schengen-Partnern auf vermehrten Missbrauch von an
der Deutschen Botschaft Kiew ausgestellten Besuchs-
visa. Die Bundesregierung ist diesen Hinweisen nachge-
gangen und hat daraufhin das so genannte Reisebürover-
fahren mit Erlass vom 3. August 2001 zum 1. Oktober
2001 eingestellt.
Zusatzfrage?
Ja, ich habe eine Zusatzfrage.
Die Missbrauchshinweise bezogen sich meines Wis-
sens nicht nur auf das Reisebüroverfahren, sondern auch
auf das Reiseschutzversicherungsverfahren der Reise-
Schutz Versicherungs AG. Ihnen lagen diese Hinweise
– Sie haben das gerade selbst eingeräumt – im Jahr 2001
vor. Trotz der Hinweise aus dem Sommer 2001, dass
Missbrauch betrieben wird, wurde mit dieser Reise-
schutzversicherung ab 2002 sogar weltweit gehandelt.
Warum haben Sie nicht reagiert?
K
Meines Wissens lagen uns zu diesem Zeitpunkt ledig-
lich Hinweise vor – ich kann Ihnen nach bestem Wissen
und Gewissen nur diese Antwort geben –, die auf das so
genannte Reisebüroverfahren zurückzuführen waren.
Deshalb haben wir dieses Verfahren eingestellt. Wenn
man glaubwürdige und überzeugende Hinweise in Be-
zug auf einen Missbrauch von Reiseschutzpässen gehabt
hätte, dann hätte man den Handel in der Tat nicht aus-
weiten sollen. Ich gehe davon aus, dass solche Hinweise
nicht vorlagen.
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egen Gewalt und die Frage 21 des Kollegen Rupprecht
Weiden) sind zur schriftlichen Beantwortung angemel-
et.
Ich rufe die Frage 22 des Kollegen Binninger auf:
Verfügt die RS Reise-Schutz Versicherungs AG in 74189
Weinsberg über die nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz
erforderliche Erlaubnis für den Geschäftsbetrieb und, wenn ja,
von wem wurde diese erteilt?
D
Herr Präsident! Herr Kollege Binninger, der RS
eise-Schutz Versicherungs Aktiengesellschaft ist durch
erfügung vom 17. Dezember 2002 durch die Bundes-
nstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die Genehmi-
ung zum Geschäftsbetrieb erteilt worden.
Eine Zusatzfrage?
Dann ist auch dieser Geschäftsbereich erledigt.Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-ms für Wirtschaft und Arbeit auf. Hier sind dieragen 23 bis 32 zur schriftlichen Beantwortung ange-eldet.Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-ms für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirt-chaft auf. Hier sind die Fragen 33 bis 36 zur schriftli-hen Beantwortung angemeldet.Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-ms für Gesundheit und Soziale Sicherung auf. Zur Be-ntwortung ist der Kollege Staatssekretär Franz Thönneserfügbar.Die Fragen 37 und 38 werden schriftlich beantwortet.Ich rufe die Frage 39 der Kollegin Dr. Lötzsch auf:Wird bei der neuen Verordnung zur Höhe der Sozialhilfebei der Festlegung der Regelsätze berücksichtigt, dass durchdas Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenver-sicherung, GKV-Modernisierungsgesetz, für viele Beziehervon Sozialhilfe eine faktische Kürzung der Sozialhilfe ummindestens 2 Prozent erfolgt ist, und wie will die Bundesre-gierung die Grundsicherung und damit den Schutz vor Armutfür Langzeitarbeitslose und für Altersrentner sichern in Anbe-tracht steigender privater Gesundheitskosten?Die Antwort lag bei Redaktionsschluss nicht vor und wird zu einemspäteren Zeitpunkt abgedruckt.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004 8299
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Fr
Verehrte Frau Kollegin Lötzsch, ich beantworte Ihre
Frage wie folgt: Der Entwurf der Regelsatzverordnung
– sie wird auf der Grundlage von § 28 Sozialgesetzbuch
XII erlassen – berücksichtigt die Zuzahlungen aufgrund
des GKV-Modernisierungsgesetzes. Die in § 2 Abs. 2
Nr. 5 des Verordnungsentwurfs genannte Abteilung 06,
die die Bedarfsposition Gesundheitspflege betrifft, regelt
die Höhe der monatlichen Belastungen von Sozialhilfe-
empfängern durch Zuzahlungen. Dies bedeutet eine be-
wusste Gleichstellung von Sozialhilfeempfängern und
anderen Versicherten in der gesetzlichen Krankenversi-
cherung.
Diese Regelung gilt gleichermaßen für die Grund-
sicherung von Arbeitsuchenden, also für das, was ab
dem 1. Januar 2005 im Sozialgesetzbuch II geregelt
wird, sowie für die Grundsicherung im Alter und bei
dauerhafter Erwerbsminderung. Die Belastung – das
muss man vor dem Hintergrund der Fragestellung noch
einmal sagen – beträgt höchstens – nicht mindestens –
2 Prozent. Sie ist zumutbar. Diese Auffassung wird auch
von den kommunalen Spitzenverbänden geteilt, mit de-
nen seit Ende 2003 mehrfach Gespräche über diese Fra-
gen geführt wurden.
Ihre Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, die Formulierung „mindestens
2 Prozent“ leitet zu meiner Zusatzfrage über. Die Ge-
sundheitskosten sind zusätzlich dadurch gestiegen, dass
viele Medikamente nicht mehr verschreibungspflichtig
sind, nicht mehr verschrieben werden dürfen, also vom
Patienten selbst bezahlt werden müssen. Werden diese
zusätzlichen Kosten bei der Neufestsetzung der Regel-
sätze im Rahmen der Sozialhilfe einbezogen?
F
Nein. Ich wiederhole: Einbezogen sind die Größen-
ordnungen, die bei der Bedarfsposition „Gesundheits-
pflege“ erfasst werden. Bei den Zahlungen, die für Me-
dikamente geleistet werden müssen, für die seitens der
Kassen keine Erstattung erfolgt, sind diejenigen, die so-
zialhilfeberechtigt sind, genauso erfasst wie jeder andere
GKV-Versicherte. Es bleibt darauf hinzuweisen, dass es
im Verantwortungsbereich des Arztes liegt, zu entschei-
den, welches Medikament im Hinblick auf Wirksamkeit
und Nutzen verschrieben wird.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
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amit auf eine solch immense Kontroll- und damitchutzlücke auf einem der größten deutschen Flughäfeningewiesen wird. Ich bedaure eigentlich auch, dass eine
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Hartmut KoschykAktuelle Stunde, beantragt von der Unionsfraktion, not-wendig war, um dieses Thema ins Plenum zu bringen.
Es gab keinen Versuch der Bundesregierung, heute imInnenausschuss von sich aus einen Bericht im Hinblickauf diesen Vorgang anzubieten und vor einer solchenAktuellen Stunde Aufklärung zu leisten.
Wir müssen – lassen Sie mich das sehr deutlichsagen – unterscheiden: Wir wollen durch diese Debattekeine Kritik an der hervorragenden Arbeit der Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter des Bundesgrenzschutzes üben.
Sie leisten hervorragende Arbeit.
Es scheint hier allerdings offensichtlich große Orga-nisationsmängel zu geben. Das Schlimmste an diesemganzen Vorgang ist, dass man glaubt, durch diese Artvon Öffentlichkeitspolitik des Bundesministeriums desInnern – da kann man sich nur an den Kopf greifen – dieGemüter beschwichtigen zu können.In einer Mitteilung des Sprechers des Bundesinnen-ministeriums heißt es, dass man diese Kontrolllückeneinräume; es habe sich aber um Flüge gehandelt, die imWesentlichen mit deutschen und österreichischen Tou-risten besetzt gewesen seien. Sie wollen der Bevölke-rung in Deutschland und der an diesem Vorgang interes-sierten Öffentlichkeit in so naiver Weise einreden, dassüber Stunden hinweg, tagelang, am Flughafen Münchennur deutsche und österreichische Touristen eingereistsind.
Dazu kann man nur einen Kommentar der „FAZ“ vondieser Woche zitieren, in dem es treffend heißt:Die Grenzschützer haben nicht das Recht, öffent-lich darauf aufmerksam zu machen, dass inMünchen – und wer weiß, wo noch – zahlreichePlanstellen unbesetzt sind. Das darf aber Schilynicht dazu verführen, Dinge schönzureden, die inWahrheit im Argen liegen. Er ist nicht der Bundes-beruhigungsminister.
Wissen Sie: In der Fragestunde des Bundestages ha-ben wir heute ja eindrucksvoll erlebt,wfhMdesBBssaRwAdhSDeSWgsDwwn
ie sich dieser „Mister law and order“ gegen den zwei-elhaften Volmer-Erlass des Auswärtigen Amtes gewehrtat. In einem Schreiben, das er als Minister Schily aninister Fischer geschrieben hat, hat er seine Bedenkeneutlich gemacht. Minister Fischer hat ihm aber nichtinmal selbst geantwortet, sondern hat dies von Staats-ekretär Pleuger tun lassen. Heute Nachmittag hat dieundesregierung ausgeführt, dass die Bedenken desundesinnenministeriums damit ausgeräumt wordenind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man sollteich nicht immer so aufblasen,
ls sei man der beste Bundesinnenminister, den dieseepublik je hatte,
enn man dann vor der skandalösen Visapolitik desuswärtigen Amtes einknickt und damit deutlich macht,ass man nicht einmal seinen eigenen Laden im Griffat.
Nächster Redner ist der Kollege Frank Hofmann,
PD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Herr Koschyk!as, was Sie hier gesagt haben, reicht nicht einmal fürine Märchenstunde, geschweige denn für eine Aktuelletunde.
ar das tatsächlich alles? Sie wissen doch mindestensenauso gut wie ich: Nicht alles, was im bayerischenchwarzen Fernsehen gesendet wird, ist Realität.
ie Überschrift „Flughäfen als Eldorado für illegale Ein-anderung“ ist völlig daneben.
Halten wir uns an die Tatsachen: Im Sommer 2003urde am Flughafen München das Terminal 2 neu eröff-et. Mit der Eröffnung wurde die Flughafendienststelle
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8302 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
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Frank Hofmann
um 300 Polizeivollzugsbeamte verstärkt. – HerrKoschyk, wenn Sie zuhören würden, wäre das hilf-reich. – Im Oktober 2003 und im Januar 2004 wurdeweiteres Unterstützungspersonal zur Flughafendienst-stelle abgeordnet. Sie wissen ja, dass unbesetzte Plan-stellen auch durch Abordnungen besetzt werden können.Hier hat der Bundesgrenzschutz also Abordnungen vor-genommen.
– Hören Sie mir doch zu! Ich rede über die Realität undmache nicht, wie Sie, eine Märchenstunde.
Trotz dieser Personalzuweisungen hat die Flughafen-dienststelle des Bundesgrenzschutzes entgegen den Vor-schriften in einzelnen Fällen ganz auf die Passkontrollebei einreisenden Auslandspassagieren verzichtet.
Fest steht, dass der BGS in München damit seinen ge-setzlichen Auftrag verletzt hat.
Das ist nicht zu entschuldigen, auch wenn es sich gemes-sen an der Gesamtzahl der überprüften Passagiere nurum einige wenige Fälle handelt.Herr Koschyk, das Thema der Aktuellen Stunde, diewahrscheinlich auf Ihre Initiative zurückgeht, lautet:„Haltung der Bundesregierung zur Erleichterung vonEinschleusungen und illegalen Einreisen aufgrund vonKontrolllücken an deutschen Flughäfen“. Die CDU/CSUwürde die Verantwortung also gerne – so haben Sie sichhier ja auch aufgeblasen – dem Bundesinnenminister indie Schuhe schieben.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Op-position, das klappt nicht. Bei dieser Panne handelte essich um ein lokales Problem bzw. einen Management-fehler der Personalverwaltung, auf den der Bundes-grenzschutz und der Bundesinnenminister reagiert ha-ben.
Auf keinem anderen Flughafen in der Verantwortung desBundesgrenzschutzes sind derartige Rechtsverstöße fest-gestellt worden.
So weit zum Ersten.Zum Zweiten: Erste personelle Konsequenzen wur-den gezogen. Die Kontrolllücken sind geschlossen.Auch die in engen Grenzen möglichen Lockerungenwerden nicht hingenommen.Da Sie, Herr Koschyk, dazu im Innenausschuss keineNachfragen gestellt haben, muss ich davon ausgehen,dmglHcvzwwtvFdSbgghsNcisS–wcdIdtrfAdAsDP
ier wollen Sie aus einer Mücke einen Elefanten ma-hen.An Ihre Adresse muss gesagt werden, dass Kontroll-erzichte nicht gleichzusetzen sind mit der Unterstüt-ung von illegalen Einschleusungen und illegaler Ein-anderung. Oder wollen Sie diesen absurden Vorwurfeiterhin aufrechterhalten? Wollen Sie allen Ernstes soun, als begünstige der Bundesinnenminister aufgrundon längst wieder geschlossenen Kontrolllücken amlughafen München die organisierte Kriminalität? Auchas weisen wir zurück.
Mit Ihrem Antrag auf Durchführung einer Aktuellentunde unterstellen Sie Sodom und Gomorrha. Sie erhe-en sogar den Vorwurf, dass illegale Einschleusungeneduldet werden. Im eigenen Verantwortungsbereich da-egen halten Sie Ihre Hände ruhig und nehmen Sicher-eitsdefizite in Kauf. Ich finde, das ist unglaublich. Fas-en gerade Sie von der CSU sich doch an Ihre eigenease! Während die Kontrolllücken beim BGS in Mün-hen geschlossen sind, der Mangel erkannt und beseitigtst, finden an bestimmten Stellen der bayerisch-tschechi-chen Grenze so gut wie keine Kontrollen nach demchengen-Standard statt.
Hören Sie einfach zu! – Am Grenzübergang in Bernauurde 70 Meter von der Straße entfernt, die nach Tsche-hien führt, ein Haus gebaut. Im Haus sitzt ein Polizist,er aus dem Haus heraus die Autos durchwinkt.
st das der bayerische Standard? Bevor Herr Becksteinen Bundesinnenminister auf dessen gesetzlichen Auf-rag hinweist, sollte er erst einmal seinen eigenen Be-eich in Ordnung bringen.Schauen Sie doch auf den Nürnberger Flughafen; Sieliegen ja oft genug auch nach Nürnberg.
uch dort ist die bayerische Polizei zuständig. Dort wer-en laxe Einreisekontrollen zu Spitzenzeiten sehendenuges in Kauf genommen und auch künftig nicht abge-tellt.
as bayerische Innenministerium denkt nicht daran, dasersonal dort aufzustocken. Im Gegenteil: Das vorgese-
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Frank Hofmann
hene Sparprogramm von Stoiber und Beckstein sieht fürBayern einen Abbau von 1 500 Beamten vor.Wir dagegen haben ein Offensive zur Verbesserungder Personal- und Planstellenstruktur beim BGS einge-leitet. Trotz der schwierigen Haushaltslage hat die innereSicherheit bei dieser Koalition höchste Priorität. Neh-men Sie sich an uns ein Beispiel!
Das Wort hat der Kollege Dr. Max Stadler, FDP-Frak-
tion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Diese von der CDU/CSU-Fraktion beantragteAktuelle Stunde hat einen sachlichen Aspekt, den wir alsFDP ausdrücklich teilen, aber auch einen leicht durch-schaubaren politischen Zweck. Der politische Zweck be-steht darin – auch das ist durchaus die Aufgabe einer Op-positionspartei –, zu versuchen, in letzter Zeit verstärkt,Bundesinnenminister Otto Schily als Unsicherheits-minister hinzustellen. Meine Damen und Herren von derCDU/CSU, auch wenn die FDP ebenfalls in Oppositionzu Schily steht – diesen Vorwurf kann man ihm nichtmachen.
Unsere Sorge ist eher, dass die schwierige Balancezwischen innerer Sicherheit und innerer Liberalität beidiesem Innenminister und dieser Koalition nicht in bes-ten Händen ist.
Ich finde, die heutige Entscheidung des Bundesverfas-sungsgerichts zum großen Lauschangriff sollte uns alleneine Mahnung sein, die Aspekte des Grundrechtsschut-zes in diesem schwierigen Spannungsfeld wieder stärkerzu betonen.
– Die FDP hat es mitgetragen. Ich habe ausdrücklich ge-sagt: Wir alle sollten in diesem schwierigen Spannungs-feld, in dem es darum geht, die innere Sicherheit zu ge-währleisten, ohne dabei die innere Liberalität zuverlieren, versuchen, die Gewichte richtig zu setzen. Siewerden doch wohl nicht bestreiten, Herr Grindel, dassdas unsere Aufgabe ist.
In der Sache selbst, dass es am Münchner Flughafenoffenkundig Kontrolllücken gegeben hat, die in keinerWeise akzeptiert werden können, hat die Union Recht.Wir haben vor kurzem hier in diesem Hohen Hauseüber das Luftsicherheitsgesetz diskutiert und über dieFassDLodfFasdIKdftwtrGfffrWbsPewbge2dmGdddst
enn jetzt schon die normale Passkontrolle nicht funk-ioniert.Das führt mich des Weiteren zu einer Schlussfolge-ung – Sie werden mir verzeihen, wenn ich auf einenrundsatz Bezug nehme, den ich hier für die FDP häufigormuliert habe –: Es kommt für die innere Sicherheit of-enbar nicht darauf an, dass man ständig neue Gesetzeordert oder neue Gesetze macht, sondern es kommt da-auf an, dass man bestehende Vollzugsdefizite angeht.
ir brauchen nicht ständig neue Gesetze, sondern wirrauchen eine optimale finanzielle, technische und per-onelle Ausstattung der Sicherheitsbehörden und derolizei. Daran fehlt es offenbar.In der kurzen Zeit seit Montag – am Montag lief dientsprechende Fernsehsendung – haben natürlich auchir versucht, zu recherchieren. In München sind offen-ar 20 Stellen am Flughafen unbesetzt, rein praktisch so-ar 50, am Stuttgarter Flughafen 75;
s gibt nach unseren Informationen in Frankfurt 200 bis50 unbesetzte Dienstposten und es gibt Probleme anen Regionalflughäfen, etwa in Paderborn und Dort-und.Ich fordere die Bundesregierung auf, bei der heutigenelegenheit Stellung zu nehmen, ob dies zutrifft. Wennas nämlich nur durch Abordnung gelöst werden kann,ann fehlen die abgeordneten Beamten woanders. Auchas kann nicht richtig sein.
Wir sollten um optimale Arbeitsbedingungen für un-ere Polizei bemüht sein. Die Aschermittwochsdemons-ration am letzten Mittwoch in Passau, bei der alle drei
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Dr. Max StadlerPolizeigewerkschaften erstmals gemeinsam beim CSU-Aschermittwoch darauf hingewiesen haben, dass sichauch die Arbeitsbedingungen in Bayern drastisch ver-schlechtern, sollte auch eine Mahnung für uns sein, andieser Stelle nicht nachzulassen.Insbesondere brauchen wir keine Wasserköpfe. Wirhaben offenbar in vielen Bereichen zu viele Häuptlingeund zu wenig Indianer. Es ist unsere Aufgabe und Auf-gabe der Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass sichdies ändert, damit der Bundesgrenzschutz seine Aufga-ben optimal erfüllen kann.Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Silke Stokar,Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Scharf-sinnig hat der von mir hoch geschätzte Kollege Stadlererkannt,
dass es zu dem eigentlichen Thema der Aktuellen Stunderecht wenig zu sagen gibt. Deswegen nutze auch ich dieGelegenheit, zu betonen: Das war heute ein guter Tag fürdie Bürgerrechte. Wir haben uns über das Urteil desBundesverfassungsgerichtes sehr gefreut,
das den heiß umstrittenen großen Lauschangriff in vielenPunkten für verfassungswidrig erklärt hat.
Ich muss um der Wahrheit willen allerdings auch sa-gen: Meine Fraktion war die einzige, die vehement dage-gen gekämpft hat.
Sie haben die sehr sympathische JustizministerinLeutheusser-Schnarrenberger damals auf dem Weg zumgroßen Lauschangriff geopfert. Ich freue mich, dass siemit ihrer Klage jetzt einen späten Sieg errungen hat.
Jetzt komme ich zum Thema. Es gibt wirklich nichtso viel dazu zu sagen. Zu den Berichten über denMünchner Flughafen muss man zu Beginn eines ganzdeutlich machen: Es hat hier Verstöße gegen das Schen-gen-Abkommen gegeben. Kontrolllockerungen sind er-laubt. Kontrollverzichte sind jedoch ein eindeutiger Ver-stoß gegen die Schengen-Bestimmungen. Wir begrüßenin diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass dasBundesinnenministerium umgehend eine Prüfkommis-sVvdmcdonsdssmT–htEFddnmBrDAbAmdkmzbndBe
Ihr Einwand ist richtig. Deswegen verstehe ich über-aupt nicht, wie Sie den BGS trotz eines solchen Verhal-ens hier so pauschal loben können.
s ist natürlich nicht zu loben, dass es die zuständigeührung in diesem Flughafen über Wochen geduldet hat,ass gegen den Verzicht auf Kontrollen, wodurch gegenas Schengen-Abkommen verstoßen wurde,
icht vorgegangen wurde und dass er im Intranet doku-entiert wurde.Ich denke, die Frage, wie viele Abordnungen desGS es in diesem Zeitraum zur Unterstützung der baye-ischen Landespolizei gegeben hat, ist ebenfalls wichtig.iese würde ich gerne an Herrn Beckstein richten.
ls Beispiele nenne ich Großeinsätze, die Unterstützungei Fußballspielen usw. Ich denke, wir sollten dies zumnlass nehmen – ich habe das hier in anderen Zusam-enhängen bereits gesagt –, darauf zu achten, dass sicher BGS auf seine grenzpolizeilichen Kernaufgabenonzentriert. Wir sollten den Mut haben, den Ländernitzuteilen, dass die Dauerabordnungen zur Unterstüt-ung der Landespolizei keine Bundesaufgabe sind.
Ich erinnere an unseren Landkreis Lüchow-Dannen-erg. Hier hat kein Mensch Verständnis dafür, dass deriedersächsische Innenminister Schünemann die Lan-espolizei in der Fläche ausdünnt und gleichzeitig derGS einschreitet, um die fehlenden Streifen zu ersetzen.Ich denke, der BGS gehört an die Flughäfen. Dort hatr seine Arbeit zu erledigen. Das Personal dafür ist vor-
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004 8305
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Silke Stokar von Neufornhanden. Ich erwarte, dass es dort, wo es hingehört, aucheingesetzt wird.Danke schön.
Das Wort hat der Kollege Thomas Strobl, CDU/CSU-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-gen! Es ist bekannt: Der Bundesinnenminister lässt keineGelegenheit aus, sich wegen seiner so hervorragendenPolitik im Bereich der inneren Sicherheit zu loben.
Die Realität sieht aber leider anders aus. Es fehlt vor al-lem an Taten.
Es zieht sich wie ein roter Faden durch diese rot-grüneBundesregierung: große Überschriften, große Sprüche,aber wenige Taten.
Der Bundesinnenminister legt Sätze wie Eier; aber ervergisst, sie auszubrüten.
Die Realität ist folgendermaßen: Seit einigen Tagenwissen wir, dass bei den Personenkontrollen am Flug-hafen München eindeutige Sicherheitslücken bestehen,weil der BGS nicht genügend Personal hat, um die er-forderlichen Einreisekontrollen zu gewährleisten. Ichmöchte klar sagen: Der Fehler liegt nicht beim BGS oderbei den anderen Sicherheitsorganen. Die Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter des BGS und der anderen Sicher-heitsbehörden machen einen schweren und hervorragen-den Job. Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion möchteich den Polizeien und dabei insbesondere den Polizei-beamtinnen und Polizeibeamten des BGS auch an dieserStelle unseren Respekt und unsere Anerkennung für ihreArbeit aussprechen.
Typisch ist jedoch, wie Rot-Grün und auch das Bun-desinnenministerium reagieren.
Mir liegt eine Meldung von „Spiegel online“ vor. Dieswar auch anderswo nachzulesen. Herr Kollege, dasklingt etwas anders als das, was Sie hier vorgetragen ha-ben: „Bundesregierung räumt Sicherheitsmängel ein“.
SrsdnDwKmdunuWSMVsrawZnfrvtkrwDpWggiu
Im Übrigen: Der Bundesinnenminister hat personelleonsequenzen angedroht. Ich würde wirklich gerne ein-al zusammenzählen. Die Zahl der Beamten, die unterer politischen Führung dieses Bundesinnenministersnd unter politischen Fehlentscheidungen und Versäum-issen zu leiden haben
nd die dafür den Kopf hinhalten müssen, steigt jedeoche. Der Herr Bundesinnenminister wird mit seinemtaatssekretär irgendwann allein im Innenministerium inoabit sitzen.
or dieser Vorstellung graust selbst dem Herrn Staats-ekretär Körper.
Wir führen im Augenblick eine Debatte über die Neu-egelung unseres Zuwanderungsrechtes. Rot-Grün, vorllem der grüne Teil dieser Koalition, möchte mehr Zu-anderung in unser Land, die Union eine restriktivereuwanderungspolitik. Darüber streiten wir. Ich stelle mirur die Frage, ob es eigentlich sinnvoll ist, sich de legeerenda darüber im Rahmen eines Vermittlungsverfah-ens zu unterhalten, wenn nebenbei durch Verwaltungs-orschriften und Runderlasse, durch eine laxe Verwal-ungspraxis und eine schludrige Kontrollpraxis aufaltem Wege dafür gesorgt wird, dass mehr Zuwande-ung in unser Land stattfindet.
Im Übrigen entsteht der Eindruck: Es ist völlig egal,er in unser Land kommt.
as ist unter Sicherheitsgesichtspunkten eine Katastro-he.
em nützen Einreisegesetze, wenn sie nachlässig oderar nicht umgesetzt werden? Wem nützen Visaregelun-en und Regelanfragen bei der Ausländerbehörde, wennn deutschen Botschaften auf Erlass des Außenministeri-ms sowieso jeder ein Visum bekommt, ohne dass
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8306 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
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Thomas Strobl
vorher genau geprüft wird, ob überhaupt eine Berech-tigung vorliegt?
Wozu haben und brauchen wir Gesetze zur Verbesse-rung der inneren Sicherheit, wenn Terrorgruppen oderderen Sympathisanten mehr oder weniger ungehindert inunser Land eingeschleust werden können, weil die Be-hörden bzw. das Auswärtige Amt und das Innenministe-rium offensichtlich kein gesteigertes Interesse daran ha-ben, Einreisende überhaupt zu überprüfen, geschweigedenn zu verhindern, dass diese Leute gefasst bzw. an derEinreise nach Deutschland gehindert werden?
Wir haben in dieser Debatte und in diesem Parlamentnoch nicht ausreichend über den verantwortungslosenLeichtsinn gesprochen, der im Zusammenhang mit dermassenhaften und ungeprüften Erteilung von Visa durchdie Botschaft in Kiew zutage getreten ist.
Offensichtlich sind hier über einen langen Zeitraum Hin-weise der Sicherheitsbehörden ignoriert worden. Wirwerden darüber noch sehr viel länger zu reden haben,Herr Kollege Volmer. Sie persönlich tragen zusammenmit dem Herrn Außenminister Fischer ein gerütteltesMaß an Verantwortung dafür,
dass Tausende, ja Hunderttausende Illegale, Kriminelle,Prostituierte, Schwarzarbeiter und auch Terroristen indieses Land einreisen konnten.
Aus dieser Verantwortung werden wir Sie nicht entlas-sen.
Der Bundesinnenminister sollte nicht zum Bundesbe-schwichtigungsminister werden. Reden Sie nicht, son-dern handeln Sie, bevor Schlimmeres passiert und bevores zu spät ist!Besten Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Hans-Peter Kemper,
SPD-Fraktion.
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r kritisiert hier Dinge, die sicherlich kritisiert werdenüssen.
Danke für den Applaus. Sie müssen aber zunächst ein-al eine saubere und ehrliche Analyse abliefern. Dazuind Sie ganz offensichtlich nicht bereit. Darauf kommech gleich noch zu sprechen.Es wird von uns überhaupt nicht bestritten, dass es amlughafen in München Missstände beim Bundesgrenz-chutz gegeben hat. Das hat weder der Kollege Hofmannoch sonst jemand von uns beschönigt; dazu stehen wir.ei 127 Flügen ist die notwendige Kontrolle unterblie-en. Dabei sage ich ganz deutlich: Es ist völlig unerheb-ich, ob es Ferienflieger oder Flieger aus irgendwelchenefährlichen oder verdächtigen Ländern sind. Das isticht zu entschuldigen. Das sind massive Dienstpflicht-erletzungen.
Es hat nicht nur durch die Kollegen und Beamten vorrt erhebliche dienstliche Verletzungen gegeben, son-ern es hat auch ganz erhebliche Mängel in der Dienst-ufsicht gegeben. Dazu sage ich Ihnen: Das darf nichteschönigt werden; das hat niemand getan. Auch das In-enministerium hat dies nicht getan. Es hat bereits per-onelle Konsequenzen gegeben. Der Amtsleiter wurdeuspendiert und auch der Inspektionsgruppenleiter wirdur Verantwortung gezogen. Hier wird überhaupt nichtseschönigt und verschleiert. Aber wenn Sie hier tränen-eich den angeblichen Personalmangel in München undayern bejammern, dann sage ich Ihnen: Auch durchtändiges Wiederholen wird das nicht wahrer, Herrtrobl.Bei der Eröffnung des Terminals 2 sind zusätzlich00 Beamte zum Flughafen München versetzt worden.eitere 30 Beamte sind im Juni dazugekommen.
Nicht Stellen. Das zeigt, dass Sie sich nicht schlau ge-acht haben.
ie Stellen mögen fehlen, die Köpfe sind da. Es ist einnterschied, wenn jemand abgeordnet und dort nicht ge-ührt wird. Als Arbeitskraft ist er da. Es fehlt niemand inünchen.
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Hans-Peter Kemper
Sie müssen sich erst einmal schlau machen.
Unterstellt, es würden wirklich 20 oder 30 Leute feh-len: Das Grenzschutzpräsidium Süd verfügt über7 000 BGS-Bedienstete. Wollen Sie uns wirklich weis-machen, dass es nicht möglich gewesen wäre, im inter-nen Austausch diese Lücken zu schließen? Das gibt esüberhaupt nicht.Sie wissen, dass ich über 30 Jahre lang selbst Polizei-beamter gewesen bin. Die Personalfrage war immer einProblem bei der Polizei. Es sollte immer mehr Personalgeben. Ich glaube, es geht Ihnen gar nicht darum. Hierist zeitnah gehandelt worden. Das Personal ist da. Esgeht Ihnen um etwas ganz anderes – das ist gerade beider Rede des Kollegen Strobl deutlich geworden –:
Sie versuchen, die Sicherheitsarchitektur in der Bundes-republik infrage zu stellen und schlechtzureden. Daswird bei der Verquickung mit dem Volmer-Erlass deut-lich, der damit nichts zu tun hat. Sie scheuen sich nochnicht einmal, die Maut oder das Dosenpfand in diesemZusammenhang in die Diskussion zu bringen.
Das ist sehr durchsichtig. Es wird Ihnen nicht gelin-gen, die innere Sicherheit in der Bundesrepublikschlechtzureden. Ihr Versuch ist nicht neu. Sie haben dasoft versucht, aber es ist Ihnen nie gelungen. Das kann Ih-nen auch gar nicht gelingen.
Denn wir haben einen hervorragenden Innenministerund einen guten Staatssekretär. Das ist keine Frage. Aberwas noch viel wichtiger ist: Wir haben in dieser Koali-tion gute Innenpolitiker.
Diese Innenpolitiker gehen Mängeln nach. Deswegen istdie Innenpolitik in dieser Koalition in guten Händen.Es geht hier um ein regional begrenztes Fehlverhaltenim Süden unserer Republik. Das ist durch eine Kombi-nation von Leistungsverweigerung und fehlenderDienstaufsicht möglich geworden. Die Konsequenzenwerden gezogen. Aber ich will auch ganz deutlich sagen:Polizei und Bundesgrenzschutz liefern gute Arbeit ab.Sie arbeiten motiviert und engagiert, oft unter Zurück-stellung ihrer persönlichen Belange.
Sie sorgen dafür, dass die innere Sicherheit bei uns in derBundesrepublik in Ordnung ist. Sie haben es nicht ver-dmsS2n3üeDwlsrFhuwCH1aHBrAes
ie haben erfolgreich gearbeitet. In den Jahren 2000 bis003 sind über 100 000 unerlaubt Eingereiste festge-ommen und zurückgewiesen worden. Davon waren0 000 Personen, die geschleust worden sind. Es sindber 8 000 Schleuser festgenommen worden. Das istine Erfolgsstory, die für sich spricht.Wir haben ein höchstmögliches Maß an Sicherheit.ass es hundertprozentige Sicherheit nicht gibt, wissenir alle. Wenn dem so wäre, wäre das Leben nicht mehrebenswert. Wir haben eine gute Balance zwischen per-önlicher Freiheit und innerer Sicherheit garantiert. Da-an werden wir weiter arbeiten. Wir werden uns in dieserrage auch nicht von der CDU/CSU beeinflussen lassen.Wenn Sie vernünftige Innenpolitik und innere Sicher-eit wollen, dann arbeiten Sie mit uns zusammen. Abernterlassen Sie unnötige Anwürfe! Die sind nicht glaub-ürdig und die nimmt Ihnen keiner ab.
Der nächste Redner ist der Kollege Ralf Göbel, CDU/
SU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! In einer Rede im Deutschen Bundestag am1. Oktober 2001 führte Bundesminister Otto Schilyus:Sicherheitssysteme dürfen nicht so aufgebaut sein,dass nach dem Versagen der ersten Stufe auch diezweite nicht funktioniert. Die verbrecherischen An-schläge in New York und in Washington warennicht mehr zu verhindern, als sich die Flugzeugeauf das World Trade Center und auf das Pentagonzubewegt haben. Sie wären zu verhindern gewesen,wenn bei der Fluggastkontrolle und auf anderenGebieten einige andere Möglichkeiten genutzt wor-den wären.
eute haben wir leider Veranlassung, im Deutschenundestag über diese fehlenden Kontrollen zu debattie-en.Die Europäische Union hat mit dem Schengen-cquis, dem die europäischen Staaten beigetreten sind,inen europäischen Sicherheitsstandard definiert, an denich die Mitgliedstaaten zu halten haben. Im Einzelnen
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Ralf Göbelheißt es, dass alle Personen zumindest einer solchenKontrolle zu unterziehen sind, die die Feststellung ihrerIdentität anhand der Reisepapiere ermöglicht. Von einerAusnahme, nach der nur bestimmte Personen zu kontrol-lieren sind, ist im Schengener Durchführungsüberein-kommen nicht die Rede. Im Gegenteil: Nach diesemÜbereinkommen ist das sogar ausgeschlossen.Mit dem Vorkommnis, über das wir heute diskutieren,hat Deutschland eindeutig gegen die europäischen Si-cherheitsvorschriften verstoßen, und zwar deswegen,weil die personellen Voraussetzungen für die Einhaltungder europäischen Normen offensichtlich nicht gegebensind. Nach verschiedenen Pressemeldungen fehlen amFlughafen München mehr als 60 BGS-Beamte. NachGewerkschaftsangaben, die auch im Internet nachzule-sen sind, sollen auch an anderen deutschen Flughäfenzum Teil erhebliche Personallücken bestehen. Ich kanndas von hier aus nicht nachvollziehen.Defiziten in dieser Größenordnung kann auch durcheine flexible Dienstplangestaltung vor Ort nicht begeg-net werden. Hier ist vielmehr eindeutig eine politischePriorisierung der Personalverteilung notwendig.
Deswegen ist es aus meiner Sicht zu kurz gesprungen,die Verantwortung vom Bundesinnenminister auf die lo-kale Ebene zu delegieren.
Bei diesen Verstößen frage ich mich, wie wir auf eu-ropäischer Ebene insbesondere von den neuen Beitritts-ländern, die künftig unsere Ostgrenze bilden, ernst ge-nommen werden wollen. Wie wollen wir diesen Ländernklar machen, dass sie den Schengen-Standard erfüllensollen, wenn wir selber in personeller Hinsicht nicht inder Lage sind, diesen Standard zu gewährleisten? Vonder Technik bzw. dem Digitalfunk will ich in diesem Zu-sammenhang gar nicht reden.
Was den Bundesinnenminister angeht, bin ich etwasanderer Auffassung als der Kollege Stadler. Ich will auchnicht schlechtreden,
was der Kollege Kemper dargestellt hat. Ich will nur da-rauf hinweisen, dass sich der Bundesinnenminister ausunserer Sicht innerhalb der Bundesrepublik Deutschlandlangsam zu einem Problem entwickelt.
Nehmen wir nur den Umzug des BKA, bei dem in völligunprofessioneller Weise gehandelt worden ist und eineder wichtigsten Sicherheitsbehörden der Bundesrepubliküber Wochen und Monate lahm gelegt wurde,
anz abgesehen von dem arroganten Umgang mit dennnenministern der Länder.Wenn es noch eines weiteren Beweises bedurft hätte,o ist er mit der SMS-Fahndung erbracht worden.
ie geht der Bundesinnenminister mit seinen Länder-ollegen um? Wie geht er mit Ihnen um? Sie wussten jauch nichts. Herr Tauss hat sich dazu hinreißen lassen,on „Blockwartmentalität“ zu reden. Ich teile diese Auf-assung des Kollegen Tauss nicht. Ich halte aber das Vor-ehen des Ministers in dieser Frage für genauso arrogantie seinen Umgang mit dem Bundeskriminalamt. Dieseserhalten des Ministers ist vor allem im Umgang miten Ländern schädlich, die für die innere Sicherheit ge-auso Verantwortung tragen wie der Bund.
ch bin der Auffassung, dass wir uns bei der derzeit an-espannten Sicherheitslage solche Mätzchen nicht län-er leisten können.Ich will abschließend aus der „Welt am Sonntag“ vom2. Februar 2004 zitieren. Darin wird kolportiert:Jeden Morgen lässt sich BundesinnenministerSchily die Positionen seiner Patrouillenboote mit-teilen.ch meine, das wird sicherlich dann wichtig werden,enn die Koalition unserem Antrag zur Schaffung einerationalen Küstenwache zugestimmt hat.
is dahin aber, meine ich, ist es für die Sicherheitslageer Bundesrepublik wichtiger, dass sich Bundesministerchily mit den täglichen Stärkemeldungen des BGS be-chäftigt und die erkannten Defizite dann durch entspre-hende Personalzuweisungen korrigiert.
rst dann bringt er sein Reden und Handeln wieder intwa in Kongruenz.Danke schön.
Das Wort hat der Kollege Dr. Ludger Volmer, Bünd-
is 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Andersls Herr Strobl gerade behauptet hat, hat sich das Parla-
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Dr. Ludger Volmerment sehr wohl mit den Vorgängen an der Botschaft inKiew, mit dem Schleuserprozess in Köln und mit der Vi-sumreform des Auswärtigen Amtes auseinander gesetzt.Herr Strobl, wären Sie in der Fragestunde anwesend ge-wesen, hätten Sie eine Stunde lang dieses Thema verfol-gen können und hätten Ihre völlig unsinnigen Behaup-tungen unterlassen; denn das Auswärtige Amt hat geradealle unqualifizierten Anschuldigungen überzeugend zu-rückgewiesen.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen zusagen – hören Sie gut zu! –, welches Motiv es für die Vi-sumreform des Auswärtigen Amtes gab. Als ich 1998Staatsminister im Auswärtigen Amt wurde, habe ich ei-nen ganzen Stapel an Beschwerden, und zwar auch vonAbgeordneten Ihrer Fraktion,
die heute anwesend sind, vorgefunden, in denen darumgebeten wurde, bestimmte ablehnende Visumbescheidenoch einmal zu überprüfen, weil es hier zu unzulässigenHärten gekommen sei. Die damalige Weisungslage warvon Innenminister Kanther und Außenminister Kinkelgebilligt worden. Ich möchte Ihnen an drei Einzelfällendeutlich machen, wie Sie entschieden haben.Erster Fall: Ein Mann aus Nordafrika, der einen Ge-hirntumor hatte, wollte sich in Deutschland operierenlassen. Er hatte bereits einen Operateur an einer deut-schen Universitätsklinik gefunden. Er musste in Alge-rien einen Papierkrieg führen, um nachzuweisen, dass errückkehrbereit ist und dass er seinen Aufenthalt inDeutschland finanzieren kann. Obwohl er alle notwendi-gen Unterlagen beigebracht hatte, wurde er wochenlanghin und her geschickt. Zum Schluss sollte er eine Garan-tieerklärung des operierenden Chefarztes einer deut-schen Universitätsklinik beibringen, dass die Gehirnope-ration auf keinen Fall den Betrag übersteigt, der ihm perBürgschaft zugesichert worden ist. Da er eine solche Er-klärung nicht beibringen konnte, bekam dieser Mannkein Visum. Er sollte also an seinem Gehirntumor ster-ben. So sah die Weisungslage von Kinkel und Kantheraus. Dies war unser Motiv, eine gründliche Reform desVisumwesens vorzunehmen, und zwar auf Drängen desMenschenrechtsausschusses des Deutschen Bundesta-ges.
– Ich habe um Überprüfung gebeten. Der Mann hat seineOperation bekommen.
Zweiter Fall: Eine deutsche Touristin verliebte sich inAsien, lebte dort mit einem Asiaten zusammen, wurdeschwer krank und musste nach Deutschland zurückkeh-ren. Der Asiate begleitete sie und pflegte die todkrankeFrwovhimvtdKnanswgmidurmaßscdBgGualelsfdSsaHsgkVwzus
Selbstverständlich gab es Anfragen des Innenministe-iums. Das ist auch völlig in Ordnung; denn das Innen-inisterium muss ein und denselben Sachverhalt immerus einem anderen Blickwinkel betrachten als das Au-enministerium. Die unterschiedlichen Sichtweisen die-er beiden Ministerien müssen immer wieder abgegli-hen werden. Wenn ein Haus eine Reform vornimmt,ann ist klar, dass man sich mit dem anderen Haus insenehmen setzt. Wir haben dies in gutem Einvernehmenetan.Wir arbeiten an der Errichtung eines modernenrenzmanagementsystems, das einen reibungslosen undnbürokratischen internationalen Austausch, den wir ausußenpolitischen, außenwirtschaftlichen, interkulturel-en und touristischen Gründen dringend brauchen,rmöglicht und das dafür sorgt, dass Menschenrechtsver-etzungen, wie sie vorher vorgekommen sind, unterlas-en werden. Auf der anderen Seite muss die Arbeit ef-ektiver werden, sodass die Schurken – also diejenigen,ie illegal einreisen wollen, oder diejenigen, die hiertraftaten begehen wollen – herausgefiltert werden.Um das Letzte zu gewährleisten, wäre es wirklichinnvoll – auch das ist die Aufgabe und ist die Ver-ntwortung des Parlaments –, dass wir im jetzigenaushaltsverfahren einen Beschluss fassen, den wirchon einmal gefasst haben, nämlich dass die Personen-ruppe der Konsularbeamten von der linearen Stellen-ürzung im Bundeshaushalt ausgenommen wird. Dieisastellen sind unterbesetzt. Man ist auch baulich teil-eise überhaupt nicht mehr in der Lage, den Ansturmu bewältigen. Man brauchte zum Beispiel Geld dafür,m neue Liegenschaften kaufen zu können. Sie selbstind gefordert – Sie haben teilweise zu Recht einige
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Dr. Ludger VolmerFehlentwicklungen kritisiert –, im Haushaltsverfahrendafür zu sorgen, dass ein modernes Grenzmanagement-system möglich wird und dass das Auswärtige Amt so-wie unsere Visastellen die notwendigen Mittel zur Verfü-gung haben.Danke.
Das Wort hat der Kollege Dr. Hans-Peter Uhl, CDU/
CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen undKollegen! Eigentlich wollte ich zum Thema „Einreisenaufgrund von Kontrolllücken an deutschen Flughäfen“reden. Zum Ende seiner Rede hat der mittlerweile entlas-sene Staatsminister Volmer
das Beispiel mit den Münchner Symphonikern gebracht.Dazu muss ich schon sagen: Das darf ja wohl nicht wahrsein. Herr Volmer, wollen Sie uns allen Ernstes weisma-chen: Weil ein Musikant nicht rechtzeitig nach Münchengekommen ist, müssten wir die Visabestimmungen soerleichtern, dass 1 Million Ukrainer nach Deutschlandkommen konnten?
Sind Sie noch ganz bei Trost, Herr Volmer? Daran er-kennt man doch auch den Grund, meine lieben Kollegenvon der SPD, für Ihre Betroffenheit und für die Art, wieSie dasitzen. Sie merken plötzlich, was dieser einwande-rungspolitische Triebtäter angerichtet hat.
Das ist doch der Punkt, nicht wahr? Sie merken es plötz-lich: Es ist gut, dass er entlassen worden ist. Ein einwan-derungspolitischer Triebtäter, nichts anderes ist er!
Herr Wiefelspütz, Sie werden an Ihren Taten gemes-sen. Da nützt es gar nichts, dass der Innenminister SchilymdHki–bFstStSSVdpgSSdhsuMugasSWFSjag
Herr Volmer, das wissen Sie genauso gut wie ich – sindestenfalls Schwarzarbeiter und viele sind Kriminelle.rau Kollegin von den Grünen, viele von den Frauenind zwangsweise nach Deutschland verschleppte Prosti-uierte. Zurzeit gibt es einen ganz prominenten Fall, denie alle kennen. Es kamen Kriminelle, ja sogar Terroris-en. Dennoch sagen Sie: Wo gehobelt wird, da fallenpäne; daran kann man nichts ändern.
ie sind mit dieser Politik – grinsen Sie nicht so, Herrolmer! – ein Sicherheitsrisiko für Deutschland gewor-en. Das wissen Sie ganz genau.
Das ist nun einmal das Credo grüner Einwanderungs-olitik. Das zieht sich wie ein roter Faden durch die rot-rüne Regierungspolitik.
ie sagen: Das Boot ist noch nicht voll.
ie sagen: Im Zweifelsfall für die Reisefreiheit! Außer-em sagen Sie – ich bitte Herrn Stadler, darauf nichtereinzufallen – in dubio pro libertate. Sie benutzen eineolche Formulierung, obwohl Sie genau wissen, dass esm organisierte Kriminalität, um miesesten, finsterstenenschenhandel,
m international organisiertes Schleusertum geht. Eseht um eine Art von Kriminalität, mit der eine Personm Tag – so hat es jemand im Schleuserprozess ausge-agt – mindestens 15 000 Euro verdient. Herr Volmer,ie haben die Geschäftsgrundlage dafür geschaffen.issen Sie, was Sie sind? – Sie sind Mittäter bei dieserorm von Kriminalität.
ie sind ein Mittäter im strafrechtlichen Sinne.Der Kölner Richter hat Recht – wir werden das Urteila bald bekommen –: Nicht nur die Schleuser, sondernuch so einer wie Ludger Volmer gehört auf die Ankla-ebank.
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Dr. Hans-Peter Uhl
Das alles werden wir auch noch erleben.Sie werden auch in Brüssel erklären müssen, warumSie für diesen rechtsbeugenden Erlass gesorgt haben.
– Hören Sie doch zu!
Wenn Sie Jura studiert haben, dann müssen Sie verste-hen, worüber ich jetzt rede.In dem Erlass ist eine Beweislastumkehr vorgenom-men worden. Das ist contra legem. Das europäischeRecht sagt: Der Ausländer muss überzeugend darlegen,dass er wirklich als Tourist einreisen und als solcher in-nerhalb von drei Monaten wieder ausreisen will. Was ha-ben Sie zynischerweise in den Volmer-Erlass hineinge-schrieben? – Der Beamte in der Botschaft ist es, derbeweisen soll, was er niemals beweisen kann, nämlichdass der Ausländer innerhalb von drei Monaten nichtwieder ausreist und in Wirklichkeit nicht als Tourist,sondern als Schwarzarbeiter nach Portugal, Deutschlandoder Spanien einreisen will. Das haben Sie hineinge-schrieben. Das ist Zynismus.
Als die Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Kiewgesagt haben: „Wir saufen ab; Auswärtiges Amt, gib unsPersonal, gib uns mehr Entscheider“,
haben Sie erwidert: Nein, das kriegen Sie nicht; wir wol-len ja nicht, dass so genau geprüft wird. Wir wollennicht, dass am Münchner Flughafen so genau geprüftwird; kein Personal für den BGS. Wir wollen nicht, dassdie Visaanträge so genau geprüft werden; kein Personalfür die Botschaft in Kiew. – Das ist Ihre Linie. GlaubenSie ja nicht, dass die Menschen so blöd sind, das nicht zuerkennen! Sie werden an Ihren Taten gemessen. HerrSchily muss sich dafür rechtfertigen und sagen, warumer diese Taten zugelassen hat
und wie sich die Verschärfungen der Visabestimmungennach den Terroranschlägen zu dem Treiben dieser Leuteverhalten. Das ist die ganz große Frage. Wir werdenkeine Ruhe geben, bis das schonungslos aufgedeckt ist.Sie werden dann hoffentlich an unserer Seite sein undnicht bei diesem Herrn Ludger Volmer.tUJarrEucgnmiHmGvrD1
Das Wort hat der Kollege Michael Bürsch, SPD-Frak-
ion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herrhl, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, haben Sieura studiert. Wenn das so ist, dann braucht man Sie nuruf die einschlägigen Straftatbestände der üblen Nach-ede und der Verleumdung hinzuweisen, um zu definie-en, was Sie mit dem Kollegen Volmer gemacht haben.
s ist schon beispiellos, wie Sie dieses Thema behandelnnd wie Sie Kollegen verunglimpfen, die das in sachli-her Form und mit einem Engagement, das man als Ab-eordneter haben darf, dargestellt haben. So viel Münch-er Beton haben wir im Innenausschuss zum Glück nichtehr. Dafür sind wir dankbar, Herr Uhl.
Vielleicht kann ich zur Versachlichung beitragen. Dasst etwas, was in der Politik häufiger geschehen sollte.err Uhl, Herr Strobl und andere, schauen wir doch ein-al ins Gesetz! Die Kenntnis des Gesetzes und derrundlagen des Gesetzes erspart manche nicht so licht-ollen Ausführungen. Worüber reden wir? Herr Uhl, wireden über das Schengener Abkommen. Dazu gibt es einurchführungsübereinkommen. Das ist vom 19. Juni990. In Art. 6 heißt es:Der grenzüberschreitende Verkehr an den Außen-grenzen unterliegt der Kontrolle durch die zuständi-gen Behörden. Diese wird nach einheitlichenGrundsätzen, in nationaler Zuständigkeit … durch-geführt. …Alle Personen sind zumindest einer solchen Kon-trolle zu unterziehen,
die die Feststellung ihrer Identität anhand der vor-gelegten oder vorgezeigten Reisepapiere ermög-licht.
Dann heißt es allerdings – bitte weiterlesen! –:Können solche Kontrollen wegen besonderer Um-stände nicht durchgeführt werden, sind Schwer-punkte zu setzen.
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Dr. Michael Bürsch
Das zum Beispiel ist möglich.Weiter heißt es:Die Vertragsparteien verpflichten sich, geeigneteKräfte in ausreichender Zahl für die Durchführungder Kontrollen und die Überwachung der Außen-grenzen zur Verfügung zu stellen.
Bitte schön! Was ist Faktum? Was hat das Innenmi-nisterium dazu bereits gesagt? Dazu bedurfte es keinerAktuellen Stunde in diesem Hohen Hause. Was hat dasInnenministerium dazu schon gesagt? Alles das könnenSie nachlesen. Das ist über Internet und über die Dienste,die auch Sie beziehen, verfügbar.Vom Innenministerium heißt es: Auf dem MünchnerFlughafen steht eine ausreichende Zahl von Beamten zurVerfügung, um den Reiseverkehr gemäß den Vorgabendes Schengener Abkommens zu kontrollieren. Überdieswird am Flughafen München ein bedarfsorientiertes, fle-xibles Schichtmanagement praktiziert, um gerade aufVerkehrsspitzenzeiten reagieren zu können.In der offiziellen Erklärung, die auch Sie kennen,heißt es dann noch:
Zudem ist bei der Eröffnung des 2. Terminals amMünchner Flughafen im vergangenen Jahr das BGS-Per-sonal dort durch 300 Beamte verstärkt worden. WeiteresUnterstützungspersonal aus den BGS-Verbänden desGrenzschutzpräsidiums Süd wurde der Flughafendienst-stelle im Oktober 2003 zur Verstärkung zugeführt.
Es ist alles geregelt.Was zu diesem Einzelfall München zu sagen ist, ha-ben Hans-Peter Kemper und Herr Hofmann gesagt. Esist ein Dienstvergehen vor Ort gewesen. Es ist nir-gendwo greifbar, dass es sich dabei um eine politischeEntscheidung handelte, die irgendwie nach Berlin weist.
Der BGS, den Sie so wunderbar gelobt haben, machthervorragende Arbeit. Den menschlichen Faktor, HerrKoschyk, gibt es überall,
insbesondere, wenn so viele Beamte eine Rolle spielen.Herr Kemper hat darauf hingewiesen – das kann manvielleicht für alle noch einmal sagen –: Der Bundes-grenzschutz hat in den letzten vier Jahren über 100 000u3siBemgsdmddarttadwdrSnünivCHmniaMrdsAkBd
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Ole Schröder,
DU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Um die Debatte zu versachlichen,
öchte ich festhalten: Wir sind uns darüber klar, dass In-enminister Schily die Verantwortung für die Sicherheitn unserem Land trägt. Da wollen wir uns doch einmalnschauen, wie es mit der Umsetzung von praktischenaßnahmen für den effektiven Schutz unserer Bevölke-ung aussieht. Aktuell reiht sich ein weiteres Defizit beier Gewährleistung der inneren Sicherheit in die inzwi-chen schon umfangreiche Mängelliste ein:
m Münchner Flughafen fielen fast täglich Personen-ontrollen bei der Einreise aus – das ist Fakt – und, Herrürsch, die Kontrollen sind nicht Schengen-konformurchgeführt worden.
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Dr. Ole Schröder
Die vorgeschriebene Trennung von EU-Bürgern undPassagieren aus Drittstaaten fand nicht statt. Ausweisevon möglichen Terroristen wurden nur flüchtig einerSichtkontrolle unterzogen. Welche Folgen haben dieseVersäumnisse? Unzählige Ausländer konnten unkontrol-liert in unser Land kommen.
Darunter befinden sich möglicherweise Terroristen undKriminelle. Wie wollen Sie den Bürgerinnen und Bür-gern im Falle eines Anschlages erklären, dass das mög-lich war?
Meine Damen und Herren, nicht nur die innenpoli-tischen Konsequenzen von Versäumnissen wie amMünchner Flughafen sind zu bedenken, auch die Außen-wirkungen sind fatal. Wie können wir denn ernsthaft denneuen Mitgliedstaaten der EU höchste Schengener Si-cherheitsstandards abverlangen, wenn wir selbst sienoch nicht einmal einhalten?
Wir bekommen so ein erhebliches Glaubwürdigkeitspro-blem gegenüber unseren polnischen, slowakischen undungarischen Freunden.Eines ist klar: Die Verantwortung für diesen Vorfallträgt der Bundesinnenminister.
Der Bundesinnenminister hat es zugelassen, dass amFlughafen München 60 von 300 notwendigen neuenStellen nicht besetzt wurden.
Das sagt jedenfalls der Präsident von Eurocop, HerrKiefer. Er bescheinigt, dass die mangelhaften Kontrollenin München auf Personalmangel zurückzuführen sind.
Es darf daher nicht wie bei der BKA-Katastrophe nachSündenböcken gesucht werden.
Wir werden es nicht zulassen, dass der Bundesinnen-minister sich wie bei der Katastrophe um den BKA-Um-zug aus der Verantwortung stiehlt.
Die Versäumnisse am Münchner Flughafen sind nichtdie einzigen. Die Reihe der Pannen und Fehler der Bun-desregierung wird gerade im Bereich der innerenSicherheit immer länger. Der geplante Umzug war mitBlick auf die Arbeit des BKA und des BND ein Debakel.DMPDbDnaizikrhsdDlDWSDnhüDcgn
ie Bundesrepublik ist in Europa Schlusslicht beim Auf-au eines leistungsfähigen Digitalfunks.
er geplante Starttermin, 2006, ist – in Mautmanier –icht mehr zu halten. Der Kalif von Köln konnte nichtusgewiesen werden und Terroristen wie Mzoudi wird esn Deutschland viel zu leicht gemacht.
Auch der Bereich der Küstenwache gehört natürlichur inneren Sicherheit. Die Vorschläge, die das Bundes-nnenministerium hierzu gemacht hat, greifen viel zuurz.
Das Schengener Abkommen wird von der Bundes-egierung immer wieder bewusst verletzt. Die mangel-aften Flughafenkontrollen am Münchner Flughafenind nur ein Beispiel. Ein weiteres Beispiel ist der Skan-al um den Volmer-Erlass aus dem Auswärtigen Amt.
ie Einschleusung Tausender Illegaler wurde ermög-icht; darunter sind natürlich auch Frauen, die hier ineutschland zur Prostitution gezwungen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Anspruch undirklichkeit müssen bei der Gewährleistung der innerenicherheit endlich zusammengebracht werden.
ie Selbstdarstellung des Bundesinnenministeriums,ach der angeblich alle erforderlichen Maßnahmen mitöchster Priorität umgesetzt werden, hat mit der Realitätberhaupt nichts zu tun.
ie Bürger haben nichts davon, wenn bloß immer versi-hert wird, dass alles für die Sicherheit in Deutschlandetan werde. Innere Sicherheit wird mit Taten erreicht,icht mit Sonntagsreden.
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8314 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
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Herr Kollege, achten Sie bitte auf Ihre Redezeit.
Ich kann nur sagen: Herr Innenminister, übernehmen
Sie die Verantwortung für die Sicherheit unseres Landes,
und achten wir als Parlamentarier gemeinsam darauf,
dass die Kriterien des Schengener Abkommens endlich
in ganz Deutschland eingehalten werden.
Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär
Fritz Rudolf Körper.
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, insbe-sondere meine Damen und Herren von der Opposition!Sie können noch so viel reden und lamentieren: OttoSchily ist ein erfolgreicher Innenminister.
– Ich habe das wohlwollend registriert; ich war auch da-von überzeugt, dass ich überzeugend war.Innere Sicherheit „made in Germany“ ist, glaube ich,für unser Land ein ganz wesentlicher Standortfaktor, denwir der Innenpolitik und Otto Schily zu verdanken ha-ben.
Ich sage auch ganz deutlich und einfach: Deutschland isteines der sichersten Länder dieser Welt und darauf kön-nen wir stolz sein.
Lieber Kollege Uhl, ich habe die herzliche Bitte, dassSie die Möglichkeit ergreifen, einmal nachzulesen, wasSie heute hier an diesem Pult insbesondere gegenüberdem Kollegen Volmer gesagt haben.
Vielleicht haben Sie dann die Größe, sich wenigstens beiHerrn Volmer zu entschuldigen.
Angesichts dessen, was aus Ihren Reihen zu dieserThematik gesagt wird, bin ich froh, dass es den bayeri-schen Innenminister Günther Beckstein gibt, der sich füregMAdz1wmnrsWsskddAdsbOdBr7gtsMBklRKmnDhlaK
Dieser Bundesinnenminister und diese Koalition wa-en es, die in der Zeit nach dem 11. September sofort undchnell die notwendige Sicherheitsgesetzgebung auf deneg gebracht haben. Sie können sich einmal ein Bei-piel daran nehmen, wie schnell und konsequent politi-ches Handeln sein kann.
Ich will jetzt auf den eigentlichen Punkt zu sprechenommen. Dabei will ich gar nicht darum herumreden,ass am Münchner Flughafen ein Fehler gemacht wor-en ist. Ich will diesen Fehler auch nicht beschönigen.ber ich denke, dass bei genauerem Hinsehen ganzeutlich wird, dass dieser Fehler nicht aufgrund des Per-onalmangels passierte – dieser Grund wird vorgescho-en –, sondern dass es an den Problemen im Bereich derrganisation und des Managements lag. Das ist so undas muss man einfach zur Kenntnis nehmen.All das, was Sie zur Personalsituation im Bereich desGS am Münchner Flughafen gesagt haben, ist nichtichtig. Wir hatten im Jahr 2003 ein Planstellensoll von89 und haben einen Istzustand von 769. Sie wären frohewesen, wenn Sie in Ihrer Regierungszeit solche Quo-en zwischen Ist und Soll erreicht hätten.
Sie wären auch froh gewesen, wenn es Ihnen bei-pielsweise gelungen wäre, für die Mitarbeiterinnen unditarbeiter des Bundesgrenzschutzes im Hinblick aufeförderungen oder auf die Erweiterung des Personal-örpers das zu erreichen, was unter Otto Schily in denetzten fünf Jahren geschehen ist.
Es ist völlig klar, dass es bestimmte Verfahren undegularien gibt. Es ist auch völlig klar, dass es gewisseriterien gibt, die nach dem Schengener Übereinkom-en einzuhalten sind. Es gibt den Bereich der so ge-annten Kontrolllockerung, die nach dem Schengenerurchführungsübereinkommen zulässig ist, wenn unver-ältnismäßig lange Wartezeiten bei der grenzpolizei-ichen Kontrolle abgebaut werden müssen. Das heißtber nicht, dass die Reisenden ohne Kontrollen durch dieontrollstellen gewunken werden. In jedem Fall ist die
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004 8315
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Parl. Staatssekretär Fritz Rudolf KörperIdentitätsfeststellung anhand der vorgelegten Reisedoku-mente vorzunehmen.Was die Kontrollverzichte anbelangt, so ist zu sagen,dass sie nicht zu verantworten sind.
Sie verstoßen gegen das Schengen-Regime und sind des-halb unzulässig.
Ich versichere Ihnen, dass die Probleme an dieser Stelleangegangen werden.Damit Sie nicht ein Horrorszenario aufbauen können,will ich Ihnen Folgendes sagen: Nach sorgfältiger Schät-zung blieben durch diese Kontrollverzichte – gemessenam kontrollpflichtigen Fluggastaufkommen – im Zeit-raum von August 2003 bis Januar 2004 von circa4,2 Millionen Reisenden etwa 0,04 Prozent kontroll-pflichtiger Personen aus Nicht-Schengen-Staaten bei derEinreise nach Deutschland und – hören Sie bitte zu! –0,08 Prozent derartiger Personen bei der Ausreise ausDeutschland unkontrolliert.
Diese Zahlen sollen nichts entschuldigen. Sie sollen aberüberzogenen Vorstellungen vorbeugen. Deswegen habeich sie genannt.
– Herr Winkler, schönen Dank, dass Sie geklatscht ha-ben.Personalknappheit kann nicht als Argument dienen;denn sie gab es am Münchner Flughafen nicht. Die Kol-leginnen und Kollegen haben vorhin schon einmal aufdie Situation im Bereich des Personals und auch auf die-jenige Situation hingewiesen, die im Zusammenhang mitdem Terminal 2 und dessen Eröffnung steht. Für diesenZweck wurde zusätzliches Personal in der Größenord-nung von 330 Personen eingesetzt.Es wird immer wieder gefragt, was getan worden sei.Es gibt eine Anweisung des Inspekteurs des Bundes-grenzschutzes vom 14. Juni 2001, die Schengen-Krite-rien bei der Grenzkontrollarbeit einzuhalten und die or-ganisatorischen Maßnahmen so zu treffen, dass dieseKriterien erfüllt werden. Ich denke, das ist wichtig undmacht deutlich, worum es geht.Meine Damen und Herren, wir haben die personellenKonsequenzen gezogen oder sind dabei, sie zu ziehen.Der Bundesgrenzschutz muss sich damit beschäftigenund das aufarbeiten.
– Ich habe zehn Minuten, lieber Herr Koschyk. Das un-terscheidet uns. Das ist gut so und soll auch so bleiben.AGaztItdadiCKRdkaroFLsdnd
Die Prüfgruppe des Bundesgrenzschutzes nimmt ihrerbeit auf. Auch Bundesinnenminister Schily hat eineruppe eingesetzt, um beispielsweise die Informations-bläufe und die Verantwortlichkeiten aufzuarbeiten undu ermitteln. Ich denke, das ist die angemessene Reak-ionsweise in dieser Angelegenheit.Meine Damen und Herren, ich sage ganz offen: Allhre Versuche, unsere innenpolitische Kompetenz nega-iv zu beurteilen, werden nicht gelingen. Wir haben mitiesem Bundesinnenminister Otto Schily erfolgreich ge-rbeitet und werden das noch lange Zeit tun – so lange,ass es Ihnen nicht angenehm sein wird. Das garantierech Ihnen jetzt schon.Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.
Nächster Redner ist der Kollege Clemens Binninger,
DU/CSU-Fraktion.
Frau Präsident! Meine verehrten Kolleginnen undollegen! Aufgefallen ist mir an den Redebeiträgen vonot-Grün in der letzten Stunde,
ass der Satz „Wir wollen Sicherheit für unsere Bevöl-erung“ nicht einmal vorgekommen ist. Sie denken nurn sich selber, an Ihren Innenminister, an Selbstbeweih-äucherung. Von Selbstkritik ist bei Ihnen keine Spur.
Die Kernaufgabe ist doch, an unseren Außengrenzender, wenn wir solche nicht mehr haben, an unserenlughäfen alles zu tun, um Personen, die wir in unseremand nicht wollen, nicht hineinkommen zu lassen. – Soinngemäß auch Otto Schily in der Fernsehsendung.
Wenn wir feststellen, dass an einem Flughafen wieem in München die Kontrollen offensichtlich über ei-en langen Zeitraum nicht mehr stattgefunden haben,ann müssen wir Ursachenforschung betreiben.
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8316 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004
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Clemens BinningerEs ist meines Erachtens viel zu kurz gegriffen, zu sagen:Der BGS war selber schuld; das war ein Management-fehler.Herr Staatssekretär Körper, wenn Sie für eine Auf-gabe nicht genügend Personal haben – die Aufgabe amFlughafen München ist neu –, dann können Sie organi-sieren, wie Sie wollen: Es wird nicht reichen. Genau daswar die Ursache für die fehlenden Kontrollen in Mün-chen: Es ist zu wenig Personal vorhanden.
– Mehr Personal einsetzen. Das ist doch keine Frage.
– Vielen Dank, dass Sie so betroffen reagieren. Daszeigt, dass ich ins Schwarze getroffen habe.
Ich garantiere Ihnen: Der Flughafen in München wirdnicht der einzige Flughafen sein
– nein –, bei dem diese Probleme auftreten. Ich habemich bei einem Flughafen umgehört. Der BGS ist dortzum Stillschweigen verpflichtet worden. Die Flughafen-betreiber selber sagen: Wir wundern uns manchmal, dassbei gewissen Flügen nur ein Schalter besetzt ist, sodassdurchgewunken werden muss. – Diese Geschichte wirdnicht so schnell zu Ende sein.
Mir geht es darum, festzustellen: Wer trägt dafür diepolitische Verantwortung? Der Kollege Stadler – von derFDP ist im Moment niemand hier; es ist nicht so, dassich das gerade heute bedauerte –
hat vorhin gesagt: Wir brauchen nicht so viele Häupt-linge; wir brauchen mehr Indianer. Ich frage: Was ist dasfür ein Bundesinnenministerium, in dem es vier Staats-sekretäre und einen Minister gibt und das trotzdem nichtfunktioniert? Dort gibt es auch zu viele Häuptlinge. Siebrauchen daher die Schuld nicht bei der BGS-Führungabzuladen, auf keinen Fall.Auch die fehlenden Kontrollen sind kein Einzelfall.Beim Luftsicherheitsgesetz unternehmen Sie ebenfallsden Versuch, immer mehr Aufgaben auf Subunterneh-men, also auf Private zu delegieren.
Sie ziehen sich auch dort immer mehr aus den eigentli-chen Sicherheitsaufgaben zurück und das wird dazu füh-rD–klgmBSskRgErwnsMcnwlsS„nHSHbc
Nein. Ich habe Ihnen gesagt, das hat Methode. Ichomme noch auf weitere Flughäfen zu sprechen.
Ihre Politik ist für die Sicherheitslücken verantwort-ich. Sie gehen das alles mit großer Arroganz an. Uns ge-enüber können Sie sie an den Tag legen – das störtich nicht weiter –, aber nicht gegenüber der deutschenevölkerung. Die Art und Weise, in der Sie die Themenicherheit an den Flughäfen und die Situation der Bot-chaft in Kiew angehen – hier haben Sie gesagt, es habeeine Vorfälle gegeben, obwohl es aufgrund politischerahmenbedingungen zu Schleusungen in noch nie daewesenem Ausmaß gekommen ist –, zeigt, was für eineinstellung Sie eigentlich zur Sicherheitspolitik in unse-em Land haben.
Es wäre in der Tat besser, wenn der Innenminister et-as weniger Showauftritte wahrnehmen würde, bei de-en er sich vor ein Biometrielesegerät am Flughafentellt oder sich mit einem Ausweis mit biometrischenerkmalen zeigt. Damit will er nur den Eindruck erwe-ken, es gäbe bald solche Kontrollmethoden, obwohl wiroch sehr weit von ihrer Einführung entfernt sind. Soird ein Nebelschleier über die Sicherheitslücken ge-egt.
Zu Otto Schily und seinen Showeinlagen kann ich nuragen:
onntagnacht wurde für gute Showeinlagen dem FilmDer Herr der Ringe“ der Oscar verliehen, für seine In-enpolitik kann ich dem Minister nur den Titel „Dererr der Sicherheitslöcher“ verleihen.Vielen Dank.
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
ebastian Edathy, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Lieber Herr Kollege Binninger, man kann dank-ar sein, dass nur relativ wenig Zuschauer auf der Besu-hertribüne gewesen sind,
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 3. März 2004 8317
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Sebastian Edathy
als Sie Ihre Rede hielten; denn sie hätten den Eindruckgewinnen müssen, einer sehr seltsamen Veranstaltungbeizuwohnen.
Ich habe mich zu Beginn der Aktuellen Stunde ge-fragt, welchen Sinn sie hat; denn sie erschien mir sehrsubstanzlos. Mittlerweile sehe ich diese Vermutung völ-lig bestätigt, liebe Kolleginnen und Kollegen von derUnion. Das, was Sie hier veranstalten, ist organisierterDiebstahl von parlamentarischer Arbeitszeit.
Ich erlaube mir, auf den Titel der Aktuellen Stundezurückzukommen. Er heißt: Haltung der Bundesregie-rung zur Erleichterung von Einschleusungen und illega-len Einreisen aufgrund von Kontrolllücken an deutschenFlughäfen. Die Debatte hat gezeigt, wir sprechen übereinen konkreten Fall, wir sprechen über den FlughafenMünchen und über sonst nichts. Sie haben darauf hinge-wiesen, dass nach Ihrer Mutmaßung das ursächliche Pro-blem ein Personalmangel ist. Ich will Ihnen dazu einpaar Zahlen nennen, weil es vielleicht hilft, etwas dazu-zulernen.
Ich möchte die Flughäfen Frankfurt, Stuttgart undMünchen vergleichen und dabei die Zahl der jährlichenEinreisen zu der Zahl der eingesetzten BGS-Beamten inRelation setzen. In Frankfurt ist die Relation ein Beam-ter zu 16 000 Einreisen, in Stuttgart ein Beamter zu10 200 Einreisen und in München ein Beamter zu 10 400Einreisen. Offenbar hat es die Probleme, die in Münchenzu verzeichnen waren, in Stuttgart und Frankfurt nichtgegeben.
– Das kann dann ja wohl nicht an einem Personalmangelgelegen haben, sondern eindeutig an einem Fehlmanage-ment. Das ist mehr als deutlich geworden. Sie haben alsoversucht, einen Popanz aufzubauen, der völlig unange-messen ist.
Darüber hinaus haben einige der Rednerinnen undRedner der Union den Versuch unternommen, sach-fremde Inhalte in die Debatte hineinzubringen, die mitdem Thema der Aktuellen Stunde überhaupt nichts zutun haben.
Lassen Sie mich etwas Grundsätzliches sagen: Wennwir feststellen, dass es 3 Millionen Visaanträge fürDtspDgKhJzDdvBkikHnrWiakDüstSKpBwbslv
as ist doch aberwitzig!Es ist deutlich geworden, dass dort, wo es Problemeegeben hat, nämlich in der Ukraine, in der Botschaft iniew, gegen geltendes Recht gehandelt worden ist. Nunaben Sie den Versuch gemacht, einen Erlass aus demahre 2000 damit in einen inhaltlichen Zusammenhangu bringen.
ie beiden Dinge haben aber überhaupt nichts miteinan-er zu tun. Ganz im Gegenteil.
Ich kann mich noch gut daran erinnern: Ich bin wieiele andere Kolleginnen und Kollegen 1998 in denundestag gewählt worden. Ich komme aus einem Wahl-reis,
n dem es eine Kooperation eines Landkreises mit demo-ratischen Organisationen aus Weißrussland gibt. Bevorerr Volmer ins Amt gekommen ist, musste jeder Teil-ehmer einer Reisegruppe aus der Region Witebsk, meh-ere hundert Kilometer von Minsk, der Hauptstadt voneißrussland, entfernt, die einreisen wollte, persönlichn der deutschen Botschaft vorstellig werden, obwohluch durch einen Datenabgleich festgestellt werdenonnte, dass sie untadelig sind und einreisen können.ieser bürokratische Unsinn ist mit dem Volmer-Erlassberwunden worden.Herr Uhl, ich hätte mir gewünscht, es wäre hier bean-tandet worden: Einem Kollegen des Deutschen Bundes-ages zu unterstellen, er sei ein Triebtäter, ist unter allerau, um das ganz deutlich zu sagen.
Der Parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolförper hat darauf hingewiesen, dass die Grenzschutz-räsidien mit einem Rundschreiben des Inspekteurs desundesgrenzschutzes vom 14. Juni 2001 darauf hinge-iesen worden sind, dass bei den Kontrollen die Maßga-en des Schengen-Abkommens unbedingt einzuhaltenind. Insofern sind vor Ort am Münchner Flughafen Feh-er gemacht worden.
Herr Kollege Koschyk, ich kann mir aber nichtorstellen, dass Sie beispielsweise den bayerischen
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Sebastian EdathyInnenminister dafür verantwortlich machen würden,wenn in einer einzelnen Polizeidienststelle einmal einFehler gemacht würde.
Das machen Sie aber hier auf Bundesebene und das istvöllig daneben.Lassen Sie mich abschließend bemerken:
Es ist schlimm genug, liebe Kolleginnen und Kollegenvon der CDU, dass Sie die Frage der Besetzung des Am-tes des Bundespräsidenten zu einer Frage der Parteipoli-tik gemacht haben.
Sie sollten aber hier, wo wir miteinander diskutieren, zu-mindest davon Abstand nehmen, die Frage der Innenpo-litik in Deutschland zu einer reinen Frage der Parteipoli-tik zu machen und zu kritisieren, wo nichts zu kritisierenist.
In diesem Sinne lassen Sie uns gleich in unsere Bürosgehen und unsere Arbeitszeit sinnvoller verbringen alsmit überflüssigen Aktuellen Stunden wie der von Ihnenbeantragten.Vielen Dank.
Wir sind damit ganz offensichtlich am Ende der Aktu-
elle Stunde. Bedauerlicherweise sind weitere Redner
nicht gemeldet, die ich natürlich mit Vergnügen aufgeru-
fen hätte.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen
Bundestages auf morgen, Donnerstag, 9.30 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.