Gesamtes Protokol
Grüß Gott, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sit-
zung ist eröffnet.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Eckpunkte der Novellierung
des Erneuerbare-Energien-Gesetzes.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundes-
ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit, Margareta Wolf.
Ma
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-legen! Das Bundesumweltministerium hat das Kabinettin der heutigen Sitzung über die erfolgte Verständigungüber die Regelungen einer Novelle des EEG unterrichtet.Im Mittelpunkt steht eine tragfähige Lösung für dieWindenergie. Ihr Ausbau soll auf hohem Niveau fortge-setzt werden. An guten Windstandorten im Binnenlandwird der Schwerpunkt in den kommenden Jahren aufErdO9JdKtBGlbV5tEewtEnRedetdem Ausbau der Windkraftnutzung liegen. Hierfür lie-fert die Novelle die notwendigen Voraussetzungen. DieVergütungssätze sollen reduziert werden: der Basissatzum 0,5 Cent auf 5,5 Cent pro Kilowattstunde und der er-höhte Anfangssatz um 0,1 Cent auf 8,7 Cent pro Kilo-wattstunde. Dies bedeutet für das Jahr 2004 gegenüberdem Jahr 2003 eine Absenkung um rund 6,3 Prozent anguten Küstenstandorten und um rund 2,3 Prozent an gu-ten Binnenlandstandorten. Die Degression der Vergü-tungsgrundsätze für neue Anlagen wird von bisher1,5 Prozent auf 2 Prozent erhöht, um so optimale Kos-tensenkungspotenziale zu erzielen.Insbesondere für die Küstenstandorte sind besondereAnreize für das so genannte Repowering valso den Ersatz alter, kleiner Anlagen durcund leistungsstarke Anlagen. An windschwacorten dagegen soll es künftig keine Vergütung
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6352 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003 6353
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Sie möchten eine Zusatzfrage stellen? – Bitte schön.
Wenn die Abflüsse bekannt waren, stellt sich die
Frage, warum Sie nicht früher reagiert haben. Mitte No-
vember argumentieren Sie mit der knappen Zeit. Seit Juni
aber war klar, dass es zu dieser Situation kommen würde.
Nach meinen Informationen wird sich allein das EEG-
Vergütungsvolumen bei der Photovoltaik in einer Grö-
ßenordnung von 56 bzw. 60 Millionen Euro im Jahre
2002 in diesem Jahr voraussichtlich auf mehr als 150 Mil-
lionen Euro fast verdreifachen.
Ma
Herr Kollege Pfeiffer, das Bundesumweltministerium
hat den anderen Ressorts Mitte August einen Entwurf für
die Novelle des EEG zugeleitet. In dem Entwurf wird
der Wegfall des 100 000-Dächer-Programms voll kom-
pensiert. Wir befanden uns bis Anfang dieser Woche in
der Abstimmung mit den anderen Ressorts. Dass dies so
lange dauert, ist manchmal so im Leben. Auch wir hätten
gerne früher reagiert.
Sie sehen aber an der Tatsache, dass wir heute berich-
tet haben und sich das Kabinett schon Anfang Dezember
mit dem fertigen Gesetzentwurf der Bundesregierung
befassen wird, dass wir uns sehr ehrgeizige Ziele gesetzt
haben. Ich bin mir sicher, dass wir den Gesetzentwurf im
Frühjahr nächsten Jahres in dieses Hohe Haus einbrin-
gen und die entsprechenden Anhörungen möglichst
schnell durchführen werden. Es ist daher verfehlt, uns
nahe zu legen, wir hätten den Faktor Zeit vernachlässigt
oder ein Problem nicht frühzeitig erkannt.
Herr Kollege Kubatschka, bitte.
Frau Kollegin, können Sie bestätigen, dass das öffent-
liche Interesse an dem Erneuerbare-Energien-Gesetz,
bedingt durch dessen großen Erfolg, in letzter Zeit viel
größer war und dass vor allem die Lobbyverbände be-
rechtigte Einwände erhoben haben, wodurch es schwie-
riger war, das Gesetz auf den Weg zu bringen?
Können Sie darüber hinaus bestätigen, dass das För-
dermodell direkt über Zuschüsse, wie es der Kollege
Pfeiffer vorgeschlagen hat, wenn überhaupt, nur unter
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Sehr geehrter Herr Kollege Kubatschka, das kann ichn toto bestätigen. Ich freue mich auch darüber, dass dasEG eine so große Akzeptanz in Bayern gefunden hat.Die Gespräche, die wir im Moment mit den Ländernühren, verlaufen sehr harmonisch. Ich würde mich im In-eresse dieses sehr boomenden und wachstumsstarken In-ustriebereichs freuen, wenn wir uns darauf verständigennd Sie alle mitwirken könnten, dass der Bundesrat nach
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6354 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003
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Parl. Staatssekretärin Margareta Wolfder Beratung in den Ausschüssen und der Einarbeitungder Ideen der Verbände, die noch ergänzend hinzukom-men, das Gesetz unisono beschließt. Das wäre eine guteVoraussetzung für die Internationale Konferenz für Er-neuerbare Energien. Sie wissen, dass wir diese mit demBMZ auf Initiative des Bundeskanzlers im Juni nächstenJahres in Bonn ausrichten. Die Strahlkraft dieser Konfe-renz wird sicherlich noch erhöht, wenn man im Auslandweiß, dass der gesamte Deutsche Bundestag, aber auchdie Länder für diese Branche stehen.
Frau Kollegin Homburger, bitte.
Ich habe zwei Fragen. Die eine betrifft die Photovol-
taik. Ich frage die Bundesregierung, warum man eigent-
lich in der Vergangenheit die Exportförderung nicht di-
rekt mit dem Emissionshandel verknüpft hat. Es gibt
deutliche Aussagen von der Deutschen Energie-Agentur,
wonach es keine strategische Bündelung der Aktivitäten
in Bezug auf die Exportförderung bei den erneuerbaren
Energien gibt. Auch seitens des Bundesverbands Wind-
Energie wird beklagt, dass es keine strategische Ver-
knüpfung zwischen diesen beiden Bereichen gibt.
Sie wissen, dass die FDP-Bundestagsfraktion dazu in
der Vergangenheit mehrfach Anträge gestellt hat. Diese
sind abgelehnt worden. Ich möchte von Ihnen erstens
gerne wissen, warum das bisher nicht gemacht wurde,
und zweitens, ob Sie zukünftig Regelungen schaffen wol-
len, die eine solche Verknüpfung der Exportförderung mit
dem Emissionshandel herstellen, um Windkraftanlagen,
aber insbesondere auch Photovoltaikanlagen mehr Mög-
lichkeiten zu geben, im Ausland Fuß zu fassen.
Die zweite Frage betrifft die Härtefallregelung. Sie
haben vorgetragen, dass eine Deckelung von 10 Prozent
eingeführt wird und dass damit ein Haushalt mit maxi-
mal 1,10 Euro pro Monat für das EEG belastet würde.
Können Sie bitte die Zahl der Betriebe nennen, die nicht
unter die Härtefallregelung fallen und trotzdem einen re-
lativ hohen Energieanteil haben? Dort ist die Belastung
pro Arbeitsplatz deutlich höher. In der chemischen In-
dustrie beispielsweise macht das in Bereichen, die der-
zeit nicht von der Härtefallregelung betroffen sind, pro
Arbeitsplatz eine Belastung von 5 000 bis 6 000 Euro
aus. Sie haben lediglich ausgeführt, dass die Härtefall-
regelung angemessen erweitert werden soll. Mich inte-
ressiert, wie diese Erweiterung konkret erfolgen soll.
Ich frage Sie in diesem Zusammenhang: Wird die
auch weiterhin bestehende Kostenbelastung, die nach
der bisherigen Härtefallregelung auf die Betriebe umge-
legt wird, die nicht von der Härtefallregelung profitieren,
weiterhin umgelegt und welche Auswirkungen ergeben
sich daraus insbesondere für kleinere und mittlere Be-
triebe?
Ma
Sehr geehrte Frau Homburger, zum ersten Teil Ihrer
Frage: Wir haben mit dem vorletzten Haushalt die Ex-
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Herr Kollege Dörflinger, bitte.
Frau Staatssekretärin, Sie haben eben auf die Frage
des Kollegen Paziorek geantwortet, dass der unbe-
stimmte Rechtsbegriff des „guten ökologischen Zu-
stands“ in der Endfassung des Gesetzentwurfs noch dif-
ferenziert werden müsse. Können Sie – ich nehme an,
dass sowohl Ihr Haus als auch Sie selbst bereits eine
Vorstellung davon haben, wie die Ausdifferenzierung in
der Endfassung aussehen wird – dem Hohen Hause mit-
teilen, auf welche Parameter sich die Ausdifferenzierung
beziehen wird und wie diese Parameter qualifiziert bzw.
quantifiziert sind?
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich beende damit die Befragung der Bundesregierung.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:Fragestunde– Drucksache 15/1946 –Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-isteriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-icklung. Die Fragen 1 und 2 der Kollegin Sibyllefeiffer werden schriftlich beantwortet.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-isteriums der Justiz. Die Frage 3 des Kollegen Hartmutoschyk soll ebenfalls schriftlich beantwortet werden.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-isteriums der Finanzen. Die Fragen 4 und 5 des Kolle-en Schirmbeck werden schriftlich beantwortet.
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6358 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerWir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-nisteriums der Verteidigung. Die Frage 6 des KollegenGünther Friedrich Nolting soll ebenfalls schriftlich be-antwortet werden.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-nisteriums für Gesundheit und Soziale Sicherung. DieFragen 7 und 8 der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch sollenschriftlich beantwortet werden.Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-desministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beant-wortung der Fragen steht der Herr ParlamentarischeStaatssekretär Christoph Matschie zur Verfügung.Ich rufe die Frage 9 des Kollegen Uwe Schummerauf:Wann gedenkt die Bundesregierung den Entwurf eines Ge-setzes zur Novellierung des Berufsbildungsgesetzes vorzule-gen und ab wann wirken sich diese Änderungen auf die Aus-bildungsjahrgänge aus?C
Sehr geehrter Herr Kollege Schummer, gegenüber der
Antwort, die ich dem Kollegen Lensing in der letzten
Woche gegeben habe, hat sich kein neuer Sachstand er-
geben. Die Bundesregierung beabsichtigt nach wie vor,
das formale Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung
des Berufsbildungsgesetzes im Jahr 2004 einzuleiten
und abzuschließen. Ein Referentenentwurf wird in den
ersten drei Monaten des Jahres 2004 vorgestellt werden.
Die Änderungen werden sich ab dem Datum der Inkraft-
setzung, voraussichtlich 1. Januar 2005, auswirken.
Zusatzfrage, Herr Kollege.
Es gibt einen neuen Sachstand. Nach dem Gespräch
zwischen dem Herrn Bundeskanzler und Parteivorsitzen-
den der SPD mit dem Gewerkschaftsrat und nach einer
Sitzung der SPD-Fraktion soll es eine Ausbildungsplatz-
abgabe geben. Ist absehbar, ob es eine Verquickung der
Novellierung des Berufsbildungsgesetzes mit einer sol-
chen Ausbildungsplatzabgabe geben wird?
C
Was dort diskutiert worden ist, ist nicht Gegenstand
des Berufsbildungsgesetzes und spielt somit für die No-
vellierung des BBiG keine Rolle.
Ihre zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Schummer.
Es ist bekannt, dass im Bundeskanzleramt zum
1. September dieses Jahres ein Auszubildender einge-
stellt wurde und das Kanzleramt damit eine Ausbil-
dungsquote von 0,2 Prozent hat. Ist nach den bisher vor-
liegenden Plänen absehbar, ob das Kanzleramt selbst
eine Ausbildungsplatzabgabe entrichten muss?
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003 6359
)
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Bund wird mit diesem Vertrag seinen Verpflich-
tungen der Hauptstadt gegenüber noch gerechter.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erscheint nach Abstim-
mung mit allen Beteiligten diese Variante sinnvoll.
Herr Kollege Kubatschka, bitte.
Frau Staatsministerin, verhält es sich so, dass mit dem
Instrument der Verwaltungsvereinbarung besser als mit
einem Staatsvertrag auf etwaige Gegebenheiten reagiert
und Berlin auf diese Weise durch den Bund noch besser
geholfen werden kann, als es bisher möglich war?
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich danke Ihnen für die perfekte Formulierung. Das
ist so.
Ich rufe die Frage 17 des Kollegen Hans-Joachim
Otto auf:
Ist aus der Formulierung in § 7 dieses Vertrages, wonach
ein gemeinsamer Ausschuss von Bund und Land einen Haupt-
stadtkulturfonds „einrichten“ kann, zu schließen, dass der be-
stehende Hauptstadtkulturfonds mit sofortiger Wirkung auf-
gelöst wird, und, wenn ja, welche Auswirkungen auf den
Bundeshaushalt entfaltet dies?
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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6360 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003 6361
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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6362 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003
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Herr Staatssekretär, ich habe eine Zusatzfrage zu der
nach meinem Kenntnisstand vom Verfassungsschutz
noch höher eingestuften MB, zur „Muslimbrüderschaft“.
Könnten Sie vielleicht mitteilen, in welcher Stadt und in
welchem Bundesland die Gruppierung MB ihr Haupttä-
tigkeitsfeld und ihren Sitz hat?
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Frau Kollegin Stokar, es ist nicht ganz einfach, zu er-
klären, wie die organisatorischen Beziehungen zwischen
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Den Termin kann ich Ihnen nachreichen. Er ist mir ge-
enwärtig nicht präsent, sodass ich die Frage nicht feh-
erfrei beantworten könnte.
Herr Kollege Jahr, bitte.
Herr Staatssekretär, Sie sprachen davon, dass es sichicht um eine endgültige Entscheidung handele. Können
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6366 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003
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Dr. Peter JahrSie den Zeitrahmen, in dem die Entscheidung über die-ses Projekt endgültig getroffen wird – pro oder kontra –,ungefähr eingrenzen? Immerhin stehen wir auch bei wis-senschaftlichen Forschungen, wenn man so will, im glo-balen Wettbewerb.Dr
Eine Auskunft bezüglich möglicher Revisionen in der
Zukunft kann ich nicht geben. Die Bundesministerin hat
entschieden, dass dieses Antragsverfahren ruht und dass
es zu keiner Freisetzung in Dresden und in Quedlinburg
kommen wird.
Weitere Entscheidungen, die künftige Entscheidun-
gen vorwegnehmen würden, sind nicht getroffen wor-
den.
Herr Kollege Kretschmer, bitte.
Herr Staatssekretär, ist sich die Ministerin bewusst,
dass sie mit ihrer Entscheidung die Ängste der Bevölke-
rung in dieser Region verstärkt, die ja nun den Eindruck
haben muss, man müsse so etwas verbieten und behin-
dern, damit davon keine Gefahr für Leib und Leben aus-
gehe? Welche Wirkung hat diese Entscheidung auf den
deutschen Ruf in der europäischen Forschungsland-
schaft?
Dr
Die Bundesministerin trifft ihre Entscheidungen sehr
umsichtig und vorsorgend. Ich denke, gerade diese Ent-
scheidung macht das noch einmal deutlich.
Ich rufe die Frage 35 des Kollegen Helmut Heiderich
auf:
Sieht die Bundesregierung einen Widerspruch zwischen die-
ser Entscheidung der Bundesministerin für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast, und der Tatsa-
che, dass gentechnische Forschungsarbeiten auch an Pflanzen
vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF, fi-
nanziell und konzeptionell gefördert werden und die Bundesmi-
nisterin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, das
Ziel ausgegeben hat – zuletzt am 20. Oktober 2003 in Leipzig
bei der Eröffnung der 5. Biotechnologietage des BMBF –, die
Biotechnologie als Schlüsseltechnologie in Forschung und An-
wendung zu stärken?
Dr
Herr Kollege Heiderich, die Antwort lautet: Nein. Die
Entscheidung der Bundesministerin für Verbraucher-
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003 6367
)
)
Dr.
Die Versuche in Pillnitz dienten genau nicht der Ab-
schätzung möglicher Umweltauswirkungen. Die Freiset-
zungsversuche in Pillnitz galten dem Ziel, grundsätzlich
unter Beachtung der Bedingungen, die durch die Natur
vorgegeben sind, zu prüfen, ob es gelingen kann, den Er-
reger des Feuerbrandes mit der gentechnischen Verände-
rung zu bekämpfen.
Zusatzfrage der Kollegin Reichard, bitte.
Herr Staatssekretär, Sie haben als Begründung die
mangelnde öffentliche Akzeptanz angeführt. Wie bewer-
ten Sie vor diesem Hintergrund die Tatsache, dass die
Öffentlichkeit nicht durch Ihr Haus, sondern durch eine
Pressemitteilung der grünen Bundestagsabgeordneten
aus Dresden und Leipzig informiert worden ist?
Dr
Meines Wissens hat es entsprechende Medienveröf-
fentlichungen vonseiten unseres Hauses in Form einer
Presseerklärung gegeben.
Frau Kollegin Heller, bitte.
He
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache,
dass gerade die Virusresistenz von Pflanzen als eines der
wichtigsten internationalen Forschungsgebiete der grü-
nen Gentechnik gesehen wird? Die grüne Gentechnik
wird beispielsweise beim Papayavirus auf Hawaii als
Züchtungsmethode sehr erfolgreich eingesetzt.
Dr
Frau Kollegin, bei der Bewertung von gentechnischen
Ergebnissen gibt es in der Wissenschaft sehr unter-
schiedliche Auffassungen. Meines Wissens ist es bis
jetzt bei der Virusbekämpfung in der praktischen An-
wendung nicht gelungen, über gentechnische Verände-
rungen zu großen Erfolgen zu kommen. Wie Sie wissen,
beschränkt sich der praktische Anbau im Wesentlichen
auf herbizidresistente Baumwolle, Mais und ähnliche
Kulturen.
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6368 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003 6369
)
)
Das wäre nicht verkehrt. Dann kann man sie besser
tapeln.
Wir sind uns doch darin einig, dass gesetzliche
rundlagen zwar hinsichtlich der Akzeptanz positiv wir-
en können, dass aber unabhängig davon, wie die Geset-
eslage verändert oder – aus Ihrer Sicht – verbessert
ird, auch weiterhin Akzeptanzprobleme zu erwarten
ind. Deshalb habe ich folgende Nachfrage: Wäre es
icht an der Zeit, dass Ihr Haus quasi eine Imagekam-
agne für Biotechnologie startet, um den Betroffenen
zw. den Bürgern die Vor- und Nachteile der grünen
entechnik zu erklären? Denn ein Akzeptanzproblem
ann nicht quasi gesetzlich gelöst werden.
Dr
Das Bundesministerium hat mit allen Beteiligten ei-en intensiven Dialog über die Risiken und Chancen derrünen Gentechnik geführt. Meines Wissens ist auch imusschuss darüber berichtet worden. Ich bin gern bereit,hnen die Ergebnisse, die die Bundesregierung in einerigenen Broschüre veröffentlicht hat, zukommen zu las-en.Das heißt, unser Ministerium hat sich intensiv be-üht, den Prozess zu kommunizieren und in die Öffent-ichkeit zu tragen. Wenn es allerdings um die Akzeptanz
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6370 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003
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Parl. Staatssekretär Dr. Gerald Thalheimder Produkte geht, dann liegen die Pflichten bei denjeni-gen, die die Produkte verkaufen wollen. Für das Bundes-ministerium sehe ich überhaupt keine Veranlassung, fürirgendwelche Produkte zu werben, für die dann am EndePrivatunternehmen die Gewinne einstreichen. Das isteine Aufgabe, die den Unternehmen selbst zukommt.
Jetzt rufe ich die Frage 37 der Kollegin Julia
Klöckner auf:
Welche neuen Erkenntnisse haben die Bundesministerin
für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Renate
Künast, zu der Einschätzung bewogen, „ein Erfolg der Versu-
che sei nicht absehbar“, wie in der Pressemitteilung der Frak-
tion des Bündnisses 90/Die Grünen vom 24. Oktober 2003 zi-
tiert?
Dr
Frau Kollegin Klöckner, dieses Zitat ist, obwohl Ihre
Frage dies vermuten lässt, keine Äußerung von Frau
Bundesministerin Künast. Im Übrigen bewertet die Bun-
desregierung keine Pressemitteilungen von Bundestags-
fraktionen.
Frau Kollegin, bitte.
Aber es wäre schön, wenn Sie sich absprechen wür-
den. Denn wenn man so etwas aus der Presse erfährt, ist
das – gerade dann, wenn es um Existenzen geht – weni-
ger witzig.
Ich möchte auf die Zentrale Kommission für Biologi-
sche Sicherheit zu sprechen kommen und folgende Zu-
satzfrage stellen: Wie beurteilt die Bundesregierung das
Gutachten dieser Kommission, die dem Robert-Koch-In-
stitut bei der Begutachtung von Freisetzungsversuchen
als beratendes Gremium zur Seite steht? Das Gutachten
besagt, dass es im vorliegenden Falle keine sicherheits-
relevanten Bedenken für Umwelt und die Gesundheit
des Menschen gibt.
Dr
Frau Kollegin Klöckner, falls sich Ihre Frage auf den
aktuellen Punkt bezüglich der Freisetzungen in Pillnitz
bezieht, sage ich Ihnen, dass dies dort nicht zutrifft. Mei-
nes Wissens war die Herstellung von Einvernehmen
zwischen dem Robert-Koch-Institut, das zuständig ist,
und dem Umweltbundesamt nicht abgeschlossen. Auch
gab es vom Umweltbundesamt sehr wohl Aussagen,
dass man bei der Freisetzung der Bäume in Dresden Pro-
bleme sieht.
Ihre zweite Zusatzfrage, bitte.
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6372 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003 6373
)
)
Metadaten/Kopzeile:
6374 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003
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)
Nächste Zusatzfrage, Kollege Dörflinger.
Frau Staatssekretärin, der Kollege Göbel fragte eben
nach der Verwendung dieser 76 000 Euro. Sie haben in
der Antwort auf seine Frage das Verwaltungsverfahren
zur Evaluation des Projektablaufes geschildert. Das war
zwar, soweit ich orientiert bin, korrekt; die Frage des
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Frau Staatssekretärin, hätten Sie die Freundlichkeit,ns mitzuteilen, wie hoch die Anzahl der Projekte ist, diem Rahmen dieser Programme gefördert werden?Würden Sie mir zustimmen, dass eine Einzelfallprü-ung nach dem Motto: „Bitte ankreuzen, wenn es sichm eine extremistische Gruppe handelt“ nicht für sichllein genommen zu einer Vereinfachung der Verwal-ungsabläufe führen würde?
Stimmen Sie mir ebenfalls zu, dass das Ministerium,obald es Kenntnis von der Koinzidenz erhält, dass eineerfassungsfeindliche Organisation Fördermittel be-ommt, schnellstmöglich und sofort gehandelt hat undass, soweit rechtlich möglich, geprüft wird, ob Mittelurückgefordert werden können, und gegebenenfallsann auch gehandelt wird?Marieluise Beck, Parl. Staatssekretärin bei der Bun-esministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend;eauftragte der Bundesregierung für Migration, Flücht-inge und Integration:Herr Kollege, die Zahl der Maßnahmen, die durch dasrogramm Entimon seit 2001 gefördert worden sind, be-rägt 1 996.
ie große Zahl der Maßnahmen erklärt sich aus der Um-etzung des Antrags des Parlaments, Programme gegenechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antise-itismus aufzulegen. Das war auch eine Folge der Über-riffe auf eine kleine Gruppe jüdischer Kontingentzu-anderer in Düsseldorf gewesen. Ich denke, Sie allerinnern sich.Die Kleinteiligkeit macht in der Tat eine genaue Prü-ung besonders nötig, deswegen auch dieses Verfahrenit der Servicestelle und mit den Beiräten, das ich Ihneneschildert habe. Auf diese Art und Weise wird unter
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003 6375
)
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Parl. Staatssekretärin Marieluise BeckHinzuziehung der Verfassungsschutzberichte eine sogründliche Prüfung wie nur irgend möglich vorgenom-men.
Wir sind am Ende dieses Geschäftsbereiches. Ich be-
danke mich.
Marieluise Beck, Parl. Staatssekretärin bei der Bun-
desministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend;
Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flücht-
linge und Integration:
Mir wird gerade zugeflüstert, es sei nach der Zahl der
muslimischen Projekte gefragt worden.
Normalerweise werden solche Fragen nicht zugeflüs-
tert, sondern gestellt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Die
vom Kollegen Jens Spahn eingereichten Fragen 41 und
42 werden schriftlich beantwortet.
Wir kommen dann zur Frage 43 der Kollegin Mayer:
Wie wird der Vorschlag der Bundesregierung zur Zusam-
mensetzung und zu den Kompetenzen des vom Staatssekretär
im Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungs-
wesen Ralf Nagel am 8. September 2003 in seinem Brief an
das Regierungspräsidium Freiburg bestätigten Trilateralen
Lenkungsausschusses aussehen und welche Einflussmöglich-
keiten sind seitens der Bundesregierung für die nationalen Ar-
beitsgruppen vorgesehen?
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats-
sekretär Achim Großmann zur Verfügung.
A
Frau Kollegin Mayer, zu der Zusammensetzung und
den Kompetenzen des Trilateralen Lenkungsausschus-
ses können noch keine Aussagen getroffen werden.
Hinsichtlich der Einrichtung dieses Ausschusses ist vor-
gesehen, dass zunächst zwischen den drei beteiligten
Staaten Einvernehmen über Aufgabenbeschreibung, Or-
ganisation und Arbeitsprogramm hergestellt wird. Ein
erster Vorschlag zur Gestaltung des Trilateralen Len-
kungsausschusses wird derzeit von der Schweiz vorbe-
reitet. Vertreter der Region sollen die Möglichkeit einer
angemessenen Mitwirkung bei der Ausschussarbeit er-
halten. Die Beteiligung der nachgeordneten Gebietskör-
perschaften könnte – ich sage das bewusst im Konjunk-
tiv – im Rahmen eigener nationaler Arbeitsgruppen
jeweils selbst geregelt werden. Nähere Aussagen zu den
Kompetenzen solcher Arbeitsgruppen sind derzeit noch
nicht möglich.
Zusatzfrage?
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003 6377
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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6378 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es stehtieder ein Bundesparteitag der SPD bevor. Immer, wennies so ist, besteht die Gefahr, dass wirtschaftspolitischernsinn getrieben wird.
as war auch beim Fall Holzmann so, bei dem man eineanze Branche vorgeführt und die mittelständischenauunternehmer bestraft hat, damit rechtzeitig vor demPD-Bundesparteitag Gerhard, Gerhard gerufen wurde.
iesmal geht es um die Einführung des unsinnigen In-truments der Ausbildungsplatzabgabe, mit dem die Lin-en ruhig gestellt werden sollen. Es geht um Valium fürie Linken der SPD, damit Schröder und Scholz über dieürde des Bundesparteitags der SPD kommen. So wirdn Deutschland Wirtschaftspolitik gemacht!
Sie konnten es heute in der Veröffentlichung desachverständigenrats wörtlich nachlesen. Obwohl derorsitzende des Sachverständigenrats ein Parteifreundon Ihnen ist, sagt er klipp und klar: Eine Ausbildungs-latzabgabe ist kontraproduktiv. Sie bringt keine Ausbil-ungsplätze. Im Gegenteil: Sie verhindert Ausbildungs-lätze.
Ich kenne keinen Wirtschaftsminister der SPD, derafür ist. Herr Clement kämpft dagegen an. Wie immerann er sich nicht durchsetzen.
eim Ökostrom verlor er gegen Trittin, bei Hartz verlorr ebenfalls; es wird verwässert, damit die sechs Ab-eichler bei der SPD ruhig gestellt werden.
amit die Unterstützungsgruppe der Gewerkschafter iner SPD ruhig bleibt, kommt er auch beim Kündigungs-chutz und dem Versuch, mehr Einstellungshemmnisseu beseitigen, nicht voran.
chließlich wird auch bei den Ausbildungsplätzen erneutnsinn gemacht, damit der Bundesparteitag gut verläuft.Die Kernursache der Ausbildungsplatzproblematik istine miese Wirtschaftspolitik.
n den letzten zwei Jahren hatten Sie rund 80 000 Kon-urse zu verzeichnen. Hier liegt die Ursache dafür, dass
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Rainer Brüderlewir zu wenige Ausbildungsplätze haben. Wenn die Be-triebe noch da wären, dann hätten wir viel mehr Chancen.
Allein die Diskussion bei Ihnen führte schon dazu, dassAusbildungsplätze nicht bereitgestellt wurden.
Mittelständler sind tüchtig, sie arbeiten hart.
Sie sind aber nicht blöd. Wenn sie die Erwartung haben,dass ihnen dank des Umlagesystems eine Prämie fürAusbildungsplätze gezahlt wird, dann werden sie einenTeufel tun, jetzt mehr Ausbildungsplätze zur Verfügungzu stellen.
Die Umlage, die Sie einführen wollen, wird amSchluss ein Umlegen von weiteren Betrieben bewirken,die auf der Kippe stehen, es sich finanziell nicht erlau-ben können und jetzt bestraft werden. Was geschieht mitden Betrieben, die keine geeigneten Bewerber finden,weil aufgrund unseres Schulsystems zum Teil nicht dieQualifikation vermittelt werden kann, die benötigt wird,um eine Lehrstelle mit Erfolg antreten zu können?
Diese Betriebe werden noch zusätzlich bestraft. DasGanze ist also Unsinn hoch drei.Wie kommen sich die Unternehmer vor, die HerrClement auf seiner Bustour aufgesucht und bei denen erdafür geworben hat, einen Ausbildungsplatz zur Verfü-gung zu stellen? Der Ansatz war ja nicht verkehrt. Eineganze Reihe von Betrieben hat es getan. Diese fühlensich heute veralbert,
weil die anderen, die nichts getan haben, von Ihnen einePrämie für das Nichtstun erhalten,
während diejenigen, die tüchtig ausgebildet haben, vonIhnen bestraft werden. Das ist der Unsinn, den Sie pro-duzieren und mit dem Sie die Leute verwirren.
Herr Clement hat mit seiner Beschreibung dessen,was Sie hier tun, Recht. Ich zitiere Herrn Clement – HerrTauss, lassen Sie die IG Metall einmal beiseite –: Wasman hier mit der Ausbildungsplatzabgabe macht, ist derEinstieg in die Verstaatlichung des Ausbildungssystems.– Was Sie machen, ist ein Anschlag auf das duale Aus-bildungssystem.
hfhIzäsdteNfincdssErEgbumhussTswdsBDlisv
Das ist Ihre Art von Politik. Ihre Politik hat keine Ge-adlinigkeit, keine Prinzipien und keinen Charakter.
s wird nach Beliebigkeit und nach Gutsherrenart re-iert. Wenn irgendetwas schief läuft, wird schnell etwaseschlossen. Sie kleben hier und dort ein Pflaster hinnd wundern sich, dass die Politik insgesamt nicht stim-ig ist. Ordnungspolitik heißt von Grundsätzen ausge-en, nicht Beliebigkeit. Wenn ein Großkonzern in Not istnd es Ihnen gerade passt – siehe Holzmann –, wird die-er zulasten des Mittelstands unterstützt.Wenn Sie in der Situation sind, eine alte Gewerk-chaftsforderung umsetzen zu müssen, dann wird das aufeufel komm raus gemacht, auch wenn Ihr eigener Wirt-chaftsminister, alle in Nordrhein-Westfalen, in Schles-ig-Holstein und im Bund sagen: Das ist Quatsch hochrei! – Das interessiert Sie nicht. Hauptsache, die Genos-en stehen stramm. Schröder und Scholz bekommeneifall – das ist das Wichtigste Ihrer Politik.
as hat mit dem, worum es in diesem Land geht, näm-ch Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie Redynami-ierung, nichts zu tun.
Herr Kollege, Ihre Redezeit ist überschritten.
Lesen Sie doch wenigstens die Kurzfassung des Sach-erständigengutachtens, wenn Sie mir nicht glauben.
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6380 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003
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Rainer BrüderleHören Sie auf, Ihre parteitaktischen Spielchen auf demRücken von jungen Menschen auszutragen! Das istschändlich. Sie sollten sich schämen.
Aus gegebenem Anlass weise ich darauf hin, dass in
der Aktuellen Stunde über fast alles geredet werden
kann, nur nicht über fünf Minuten.
Nächster Redner ist der Kollege Hans-Werner Bertl
für die SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kolle-gen! Lieber Herr Kollege Brüderle, die Botschaft, dieSie an die vielen jungen Menschen in unserem Land, dieeine Ausbildungsstelle suchen, gerichtet haben, warwirklich äußerst fragwürdig. Auf die Frage der fehlen-den Ausbildungsplätze müssen wir eine Antwort geben.Die jungen Leute, die aus der Schule entlassen werden,bekommen auf ihrem Weg von der Gesellschaft als Ers-tes zu hören: Wir können euch zufällig nicht gebrauchen,ihr seid zu viele. Wenn dies nicht reicht, wird das Zeug-nis herangezogen und es heißt: Ihr seid zu schlecht.
Ich habe Verständnis dafür, dass Wirtschaftsministerund Verbandsvertreter aus der Industrie Probleme mitder Ausbildungsplatzumlage haben. Inzwischen ist es soweit gekommen – das ist der entscheidende Punkt –,dass nur noch 27 Prozent der Unternehmen in Deutsch-land im dualen Ausbildungssystem Ausbildungsplätzeofferieren.
Nur 27 Prozent im hoch gelobten dualen Bildungssys-tem erklären sich noch bereit, Ausbildungsplätze zurVerfügung zu stellen.
Die Situation ist so, dass zurzeit 28 000 junge Men-schen einen Ausbildungsplatz suchen. Dem stehen13 800 offene Stellen gegenüber. Wir müssen uns dieFrage stellen: Welche Antworten geben wir den jungenMenschen und ihren Familien? Herr Brüderle, ich kannmich an Ihren Spruch erinnern: Leistung soll sich loh-nen.
In dieser Kontinuität steht auch Ihr Antrag.
Sie wollen für Ausbildungsplätze zahlen: 3 000 Euro proPlatz. Wir wollen etwas anderes. Wir wollen erreichen,HgksrddigüddlsnnehMgfßszmndJwhtAznwubAt
Ich kann Ihnen eines sagen: Ich bin im Moment beien Handwerkern nicht ganz so beliebt, und zwar wegener Diskussion über die Handwerksordnung. Aber wennch mit Handwerkerinnen und Handwerkern, die einerandiose Ausbildungsleistung erbringen,
ber die Systematik der von uns geforderten Ausbil-ungsplatzabgabe spreche und ihnen deutlich mache,ass sie für ihre Leistung finanziell entlastet werden sol-en, dann erfahre ich Zustimmung. Sie erzählen mir, dassie sich gegenüber den Kolleginnen und Kollegen be-achteiligt fühlen, die günstigere Angebote machen kön-en.
Wir müssen eines zur Kenntnis nehmen: Wir schiebenine Bugwelle von circa 150 000 Jugendlichen vor unser.
achen Sie es sich doch nicht so einfach, alle diese Ju-endlichen abzuqualifizieren und zu behaupten, sie seienür die Ausbildung nicht geeignet. Mich erfüllt mit gro-er Sorge, dass wir mittlerweile 426 000 junge Men-chen in Deutschland unter 25 Jahren haben, von denenwei Drittel keine Ausbildung bekommen haben. Daraufüssen wir eine Antwort geben.Ich will Ihnen noch einen Grund sagen, warum dasotwendig ist. Das duale System ist ein Exportschlagerer deutschen Wirtschaft.
eder Verbandsvertreter, der ins Ausland reist, erzählt,ie toll unser Ausbildungssystem funktioniert. Einesabe ich bisher noch nicht gehört. Oder hat man im letz-en Jahr etwa, als in China die Diskussion über das dualeusbildungssystem geführt wurde, den Chinesen er-ählt, dass in jedem Sommer wahre Karawanen von Mi-istern aus Bund und Ländern, von Vertretern der Hand-erkskammern, der Industrie- und Handelskammernnd der Arbeitgeberverbände in Deutschland von Aus-ildungsbetrieb zu Ausbildungsbetrieb reisen und umusbildungsplätze betteln?
Wenn wir dieses wirklich gute duale Ausbildungssys-em in unserer Gesellschaft beibehalten wollen, dann
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003 6381
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Hans-Werner Bertlmüssen wir dafür sorgen, dass sich die Wirtschaft alsGanzes verantwortlich dafür fühlt,
das sicherzustellen, was immer als Rückgrat der deut-schen Wirtschaft definiert wird: hoch qualifizierte Fach-arbeiterinnen und Facharbeiter, Gesellinnen und Gesel-len, Fachkräfte aus Wirtschaft und Verwaltung. Genaudas leistet dieses System im Moment nicht mehr.Sehen Sie sich doch bitte die Eckpunkte an, die dieSPD-Fraktion gestern auf den Tisch gelegt hat.
Wir wollen ein Gesetz machen, von dem wir hoffen,dass es aufgrund der Aktivitäten der Verbandsvertreter,der deutschen Wirtschaft und unseres Wirtschaftsminis-ters nicht greifen muss. Denn wir setzen auf die Kraftder deutschen Wirtschaft, auf die Erkenntnis, dass sieselbst Verantwortung gegenüber den jungen Menschenwahrnimmt, die jedes Jahr aus der Schule entlassenwerden und einen berechtigten Anspruch auf Ausbil-dung haben.Wir diskutieren im Deutschen Bundestag heftig überGenerationenverträge, über Generationengerechtigkeitund über Solidarität, die notwendig ist. Wir können nichtvon jungen Menschen, denen wir heute die rote Kartezeigen und denen wir sagen, sie bekämen keinen Ausbil-dungsplatz, erwarten, dass sie fünf, sechs, acht oder zehnJahre später ihre solidarische Leistung in dieses Systemeinbringen, nachdem sie zunächst einmal die kalteSchulter dieser Gesellschaft gesehen und keinen Ausbil-dungsplatz bekommen haben.Also, Herr Brüderle, nicht bestrafen,
sondern ein Stück Gerechtigkeit in der Wirtschaft her-beiführen ist der Weg, den wir gehen wollen mit demZiel, es möglichst nicht darauf ankommen zu lassen,dass diese Umlage erhoben wird. Das liegt in den Hän-den der für die duale Ausbildung Verantwortlichen inunserem Land.Herzlichen Dank.
Ich erteile das Wort der Kollegin Dagmar Wöhrl,
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwang,Abgaben, Regulierung – bei allem Hickhack und bei al-len 180-Grad-Wendungen zieht sich eines wie ein roterFaden durch Ihre Politik:
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r ist nämlich gegen die Verstaatlichung dieses Ausbil-ungssystems. Deswegen ist er heute nicht gekommen.r müsste nämlich für uns und gegen Ihre Politik reden,eine Damen und Herren von Rot-Grün.
Was haben Sie denn gestern in Ihrer Fraktion be-chlossen? Die Einführung einer neuen Zwangsabgabe,ie Einführung einer neuen Strafsteuer.
Was Sie gestern beschlossen haben, das ist eine Wat-chen für alle jungen Menschen in diesem Land, die eineusbildungsstelle suchen.
ie schaffen nicht die Voraussetzungen für mehr Lehr-tellen, sondern Sie sorgen dafür, dass den Jugendlichenukünftig die Türen vernagelt bleiben.
Was ist denn, wenn ein Betrieb zukünftig keinen ge-igneten Lehrling finden wird? Haben Sie schon einmalarüber nachgedacht, ob er dann auch die neue Abgabeahlen muss?
ie großen Betriebe werden sich freikaufen, wie es be-eits bei der Behindertenabgabe der Fall ist. Aber dieleineren und mittleren Betriebe, die sowieso schon un-er ihren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen leiden,erden auch zukünftig auf der Strecke bleiben.Was werden Sie mit der Ausbildungsabgabe errei-hen? Sie werden ein praxisfremdes, außerbetrieblichesusbildungswesen schaffen, das völlig am zukünftigenedarf vorbeigeht. Sie werden die Jugendlichen in wir-ungslosen Ausbildungsprogrammen parken, wie Sie eschon mit Ihrem JUMP-Programm gemacht haben. Diermen jungen Menschen werden zum Schluss wieder anerselben Stelle stehen wie am Anfang, nämlich vor derür des Arbeitsamts. Das ist die Politik, die Sie hier aufen Weg bringen.
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Dagmar WöhrlDas Einmaleins der Wirtschaftspolitik ist bei Ihnen im-mer noch nicht angekommen.
Was brauchen Unternehmen, um ausbildungswilligenund ausbildungsfähigen jungen Menschen eine Chancezu bieten? Sie brauchen eine gesunde Finanzlage. Dashaben Sie nicht erkannt. Für eine solche gesunde Finanz-lage brauchen sie keine Zwangsabgaben und auch keineSubventionen. Sie brauchen nur eines, und zwar Ge-winne. Nur dann, wenn ein Betrieb Gewinne erzielt bzw.wenn es ihm die wirtschaftlichen Rahmenbedingungenermöglichen, Gewinne zu erwirtschaften, wird er neueMitarbeiter und Lehrlinge einstellen.
Dann wird er auch die Möglichkeit haben, diese Lehr-linge zu übernehmen und ihnen eine Chance für die Zu-kunft zu bieten. Das ist die zentrale Grundlage, was Sieaber, wie Ihre Wirtschaftspolitik zeigt, nicht verstehen.
Lesen Sie doch das Herbstgutachten und das heute er-schienene Gutachten des Sachverständigenrates!
Es war doch nicht die Opposition, sondern der Bundder Steuerzahler, der festgestellt hat: Selbst wenn diedritte Stufe der Steuerreform vorgezogen würde, dannhätten die Menschen immer noch eine höhere Einkom-mensbelastung als 1998, als Sie an die Regierung ge-kommen sind. Das ist doch Fakt.
Von daher brauchen Sie sich auch nicht darüber zu wun-dern, dass der Konsum nicht zunimmt. Das ist dochnicht die Schuld der Opposition; es ist vielmehr IhreSchuld.
Die Zahl der Insolvenzen in diesem Jahr beträgt40 000. Das bedeutet für junge Menschen 40 000 Malweniger die Chance, eine Lehrstelle zu finden. Dadurch,dass pro Jahr 45 000 Arbeitsplätze von deutschen Unter-nehmen im Ausland geschaffen werden, werden hierzu-lande keine neuen Lehrstellen geschaffen.
Dieses essenzielle Problem lösen Sie doch nicht durcheine neue Zwangsabgabe oder Steuer. Sie können es nurdurch echte Reformen lösen.eum–ingDvntrsbDSawsShSBHÄdekHdiSWA
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt nurine Ausbildungsplatzabgabe, die ich unterstütze
nd für die ich sogar werben würde, und zwar auch beieinen Kollegen: Das ist eine Abgabe, für die wirauch mit Ausübung von Zwang – sammeln, damit Sie die Lehre gehen können, um zu erfahren, was eineute Wirtschaftspolitik ausmacht.
afür gehe ich auch mit dem Klingelbeutel herum. Daserspreche ich Ihnen.Aber der Ausbildungsplatzabgabe, die Sie derzeit pla-en und mit der Sie unsere kleineren und mittleren Be-iebe, die momentan sowieso mit dem Rücken zur Wandtehen, zukünftig mit noch mehr Bürokratie und Kostenelasten würden, werden wir keine Zustimmung erteilen.as ist ein Stück aus dem Tollhaus. Es ist ein Sieg derPD-Linken und der Gewerkschaften, die als Einzigeuch finanziell davon profitieren werden, weil zukünftigieder Geld in ihre Ausbildungsstätten fließt. Einemolchen Vorhaben werden wir nicht zustimmen. Legenie es zurück in die Schublade, aus der Sie es herausge-olt haben! Schließen Sie die Schublade ab und werfenie den Schlüssel weg.Vielen Dank.
Das Wort hat nun die Kollegin Dr. Thea Dückert,
ündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!err Brüderle, wir haben in diesem Jahr schon vieleußerungen von Ihnen gehört,
ie immer wieder eines belegt haben, nämlich dass Sieiner Lobbypartei angehören. Das haben wir in der Dis-ussion über die Gesundheitsreform und die Reform derandwerksordnung gehört.
Eben haben wir aber auch eines gehört, nämlich dassie FDP gewiss keine Lobbypartei für die jungen Leuten diesem Land ist.
ie wollen sie schlicht im Regen stehen lassen. Frauöhrl hat das eben auch wieder deutlich gemacht. Ihrentwort auf die Ausbildungsplatzlücke, die wir haben,
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Dr. Thea Dückertlautet: Gewinne, Gewinne, Gewinne. Dann richten Sieauch noch an die Kolleginnen und Kollegen der SPD denpolemischen Vorschlag, sich ausbilden zu lassen.
Nein, wir haben in diesem Land ein echtes Problem.Dieses Problem ist die Ausbildungsplatzlücke und derUmstand, dass nur 30 oder weniger Prozent der Betriebeausbilden. Das ist ein Fakt. Für dieses Problem müssenwir eine Lösung finden. Um diese Lösung müssen wirstreiten. Aber unsere Lösung haben Sie, Frau Wöhrl,wohl überhaupt nicht zur Kenntnis genommen.
Denn das, was Sie hier aufbauen, sind potemkinscheDörfer. Sie behaupten zum Beispiel, wir würden eineZwangsabgabe bzw. eine Zwangssteuer einführen wol-len.
Das ist nicht richtig. Das, was wir vorschlagen, ist eineAusbildungsplatzumlage. Lassen Sie sich das einmal ge-sagt sein.
Was ist – Sie sagen ja gerade „aha!“ – der Unterschied?Der Unterschied ist, dass das Geld, das von den Unter-nehmen zum Beispiel in eine bundesweite Stiftung ein-gezahlt werden würde, in der Wirtschaft bliebe. DasGeld würde der Wirtschaft nicht entzogen, sondern um-gelegt:
von den Betrieben, die nicht ausbilden, hin zu den Be-trieben, die ausbilden. Das hat mit einer Steuer über-haupt nichts zu tun.
Meine Damen und Herren, das sollten Sie, die Sie ja mitmir gemeinsam im Wirtschaftsausschuss sitzen, eigent-lich wissen.
Ein zweiter Punkt, den Sie hier ausgeführt haben, deraber schlichtweg falsch ist, ist folgender: Sie behaupten,wir würden die kleinen Unternehmen bestrafen. Fakt ist,dass bei unserem Vorschlag die Unternehmen mit zehnoder weniger Beschäftigten überhaupt keine Umlagezahlen sollen,
seaAHbfAanuIwzAkfDMEltdIatdse–bet
Dann haben Sie behauptet, das Geld solle in außer-etriebliche Ausbildungsplätze fließen. Das ist völligalsch. Wir schlagen die Förderung von betrieblicherusbildung vor, und zwar so, dass die Unternehmenuch dazu motiviert werden. Deswegen handelt es sichicht, wie es der Kollege Brüderle eben ausgeführt hat,m eine Ablasssteuer, von der man sich freikaufen kann.
n dem Stiftungsmodell, das die Grünen vorschlagen,äre es beispielsweise so, dass jedes Unternehmen ein-ahlt und jedes Unternehmen, das ausbildet, für jedenusbildungsplatz eine Unterstützung erfährt. Ein Frei-aufen ist hier gar nicht möglich, sondern es lohnt sichür jedes Unternehmen, auszubilden.
ann geht die Rechnung nämlich auf.
Mein nächster Punkt. Wir schlagen ein sehr flexiblesodell vor. Bei uns hat nämlich Freiwilligkeit Vorfahrt.
s ist so, dass dort, wo Unternehmen bereit sind, freiwil-ige Lösungen zu verabreden, zum Beispiel in Tarifver-rägen freiwillige Lösungen für Branchen zu entwickeln,iese in das Modell eingehen können.
ch sage noch einmal: Schauen Sie genau hin, bevor Sieuf einen leeren Sack schlagen.Wichtig ist – darüber müssen wir wirklich noch wei-er debattieren –, dass wir mit einer solchen Umlage, miter Ausbildung gefördert werden soll, keine Fehlanreizeetzen. Über das Modell wird im Moment diskutiert unds wird weiterentwickelt. Ich halte es nicht für richtigdas sage ich an dieser Stelle ganz deutlich –, dass wireispielsweise nur Ausbildungsplätze fördern, die nachinem bestimmten Stichtag, zum Beispiel dem 30. Sep-ember, entstehen. Denn dann könnte es in der Tat zu
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Dr. Thea Dückertdem Problem kommen, dass Betriebe bis zu diesemStichtag keine Ausbildungsplätze anbieten.
– Nein, darüber müssen wir sprechen. Wir brauchen einSystem, das klare Anreize für mehr betriebliche Ausbil-dungsplätze setzt. Darum geht es.
Meine Damen und Herren, wir haben also ein Pro-blem. Es ist sichtbar, dass dieses Problem in den nächs-ten Jahren nicht unbedingt gelöst werden kann,
weil die Ausbildungsjahrgänge, die die Schule verlassen,mindestens bis 2006 oder 2007 sehr groß sind, danachaber langsam abnehmen. Deswegen müssen wir hierAntworten finden. Wir sollten alle Kraft daran setzen,die Antworten dort zu suchen, wo die Ausbildungen gutsind, nämlich in den Betrieben. Wir müssen Antwortenfinden, damit auch die Betriebe ihrem verfassungsrecht-lichen Auftrag, –
Frau Kollegin, denken auch Sie bitte an Ihre Redezeit.
– nämlich betriebliche Ausbildungsplätze anzubieten,
nachkommen können.
Ich danke Ihnen, Herr Präsident.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Christoph
Hartmann, FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Herr Kollege Bertl, Sie haben gesagt, dass ausGerechtigkeitsgründen endlich eine Ausbildungsplatzab-gabe eingeführt werden müsse.
Sie stimmen hier mit den Gewerkschaften überein. Ichkann Ihnen dazu nur sagen: Bevor die Gewerkschaftenden Mund groß aufmachen, sollten sie vor ihrer eigenenTür kehren.
Die Ausbildungsquote der IG Metall beträgt 0,9 Prozent.Bei Verdi sind es lächerliche 0,4 Prozent. Bevor die Ge-werkschaften andere an den Pranger stellen, sollten sieihre Hausaufgaben machen.
Übrigens, angeblich ist das heute zur Diskussion ste-ende Thema von zentraler Bedeutung für Sie. Aber derundeswirtschaftsminister ist nicht anwesend. So inte-essant scheint dieses Thema für Sie also doch nicht zuein.Die jetzt vorgeschlagene Regelung ist eine Einladungn die Betriebe, sich von der Ausbildungsplatzabgabereizukaufen; denn es ist sehr viel günstiger, die Abgabeu zahlen, als drei Jahre lang in einen Ausbildungsplatzu investieren.
Einen beträchtlichen Teil des Aufkommens Ihrerwangsabgabe wollen Sie in rein staatliche Ersatzmaß-ahmen stecken.
amit verstaatlichen Sie die Berufsausbildung und ge-en den letzten Teil unseres Bildungssystems auf, aufas wir stolz sind. Das ist der falsche Weg.
enn das eigentliche Problem sind die verfehlte Wirt-chaftspolitik und die mangelnde Ausbildungsreife vie-er Jugendlicher. Lehrstellen entstehen eben nicht imonjunkturfreien Raum.Bei den Diskussionen über eine Ausbildungsplatzab-abe nennen Sie immer die Bauindustrie als positiveseispiel und behaupten, dass das dortige Umlagesystemunderbar funktioniere.
err Kollege Brase, von 1995 bis zum heutigen Tag sind0 Prozent der Ausbildungsplätze in der Bauindustrieegen der falschen Wirtschaftspolitik der Regierungeggefallen.
achen Sie eine andere Wirtschaftspolitik! Dann wirdn diesem Land auch wieder ausgebildet werden.
Die Lehrstellenlücke ist von 170 000 im Sommer die-es Jahres auf jetzt noch 25 000 geschrumpft. Mehr als5 Prozent der Bewerberinnen und Bewerber sind ver-ittelt. Von den unvermittelten 5 Prozent ist nur gut dieälfte zu Nachvermittlungsgesprächen erschienen. Wireden also letztlich von 15 000 jungen Menschen, dieirklich eine Ausbildung suchen.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003 6385
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Christoph Hartmann
Dagegen stehen 90 000 Jugendliche, die Jahr für Jahrunsere Schulen ohne Abschluss verlassen und denen dieWirtschaft, obwohl sie keinen Schulabschluss haben, ei-nen Ausbildungsplatz anbietet. Über diese Leistung derWirtschaft redet in diesem Hause niemand.
Auch die Ausbildungsfähigkeit der Bewerber muss bes-ser werden.
Sie kürzen nun den Bildungs- und Forschungsetat um80 Millionen Euro. Dies ist das falsche Signal; genau dasbrauchen wir gerade jetzt nicht. Damit haben Sie sichentlarvt. Wir müssen vielmehr in Bildung investierenund dürfen hier nicht kürzen.
Richtig wären zweijährige theoriegeminderte Berufsaus-bildungen und eine Flexibilisierung der möglichen Be-schäftigungszeiten im Jugendarbeitsrecht. Richtig wäreauch eine Modularisierung, um eine flexible Aus- undWeiterbildung zu gewährleisten. Für diejenigen, die esnicht in zwei oder drei Jahren schaffen, muss es auchdreieinhalbjährige Ausbildungsgänge geben, damit siesich das notwendige Wissen aneignen können.
Richtig wäre des Weiteren die Aufhebung der Flächenta-rifverträge. Es ist doch besser, wenn ein Auszubildendermit 500 Euro pro Monat nach Hause geht, als wenn erfür 700 Euro überhaupt keinen Ausbildungsplatz findet.
Die Einführung einer zusätzlichen Abgabe, die Sieplanen, sorgt nur für zusätzliche Bürokratie. Frau Kolle-gin Sager hat gesagt, man wolle zuerst die Folterinstru-mente zeigen und die Wirtschaft dann, wenn sie nicht ar-tig sei, bestrafen. Es wird Ihnen aber nicht gelingen,gegen die Wirtschaft zusätzliche Ausbildungsplätze indiesem Land zu schaffen. Sie werden es nur mit derWirtschaft, mit einer anderen Bildungspolitik und mit ei-ner anderen Wirtschaftspolitik schaffen. Machen Sie denWeg frei! Treten Sie, die Regierung, zurück!
Machen Sie den Weg für Neuwahlen frei! Dann werdenwir in diesem Land wieder mehr Ausbildungsplätze be-kommen.Vielen Dank.
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Unser Ziel ist auch, dass die Unternehmen ineutschland auch noch in fünf oder zehn Jahren so vieleualifizierte Mitarbeiter haben, wie sie benötigen.
Unser drittes Ziel ist,
ie duale Ausbildung in Deutschland zu stabilisieren,amit es sie auch noch in zehn Jahren gibt.
Ich betone: Wir, die Bundesregierung – das gilt si-herlich auch für die Regierungsfraktionen –, erkennenie Leistung der Betriebe, die ausbilden, ausdrücklichn.
akt ist aber: 500 000 Betriebe in diesem Land bildenicht aus, obwohl sie es könnten.
akt ist auch: Inzwischen liegt der Anteil der Betriebe,ie überhaupt noch ausbilden, unter 30 Prozent.
azu habe ich von Ihrer Seite bis jetzt noch überhauptichts gehört.Wenn Sie es mit Ihren Anmerkungen zur Ordnungs-olitik ernst meinen – für mich heißt Ordnungspolitik,ass man strategische Ziele verfolgt –, dann muss eintrategisches Ziel sein, dafür Sorge zu tragen, dass alleugendlichen ausgebildet werden.
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Bundesministerin Edelgard BulmahnSie haben nichts dazu gesagt, wie Sie dieses Ziel errei-chen wollen – nichts! Ziel muss auch sein, dass wiedermehr Betriebe ausbilden.Nur jeder zehnte der erwähnten 500 000 Betriebemüsste ausbilden, damit die Ausbildungslücke geschlos-sen wird. Wenn das nicht gelingt – wir haben das in derDebatte immer wieder gesagt –, dann müssen wirleider – es wurde immer als letzter Weg bezeichnet – ge-setzliche Regelungen treffen.Wir befinden uns heute in einer Situation, in der rund37 500 Jugendliche vor den Türen der Arbeitsämter ste-hen, weil sie keinen Ausbildungsplatz bekommen. Daskann niemand wollen und kann auch niemand zulassen.
Diese Jugendlichen müssen nämlich lange warten undbekommen eventuell niemals die Chance einer berufli-chen Ausbildung. Deshalb kann man es sich wirklichnicht so einfach machen wie Sie von der Opposition.
Man kann auch nicht so tun, als ob das allein ein Pro-blem der letzten zwei Jahre wäre.
Ich kann mich noch sehr gut an die 90er-Jahre erinnern:Wir haben jedes Jahr im Sommer und Herbst hier imBundestag darüber diskutiert, dass es nicht gelungen ist,allen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu vermitteln.
– Sie haben es nicht geschafft. Als wir 1998 die Bundes-regierung übernommen haben, mussten wir ein Pro-gramm starten, weil 500 000 Jugendliche keine Arbeithatten. Zwei Drittel dieser Jugendlichen hatten keineAusbildung. Die sind doch nicht vom Himmel gefallen!Es war das Ergebnis Ihrer Politik.
Fakt ist außerdem, dass es neben den 37 500 Jugend-lichen, die jetzt vor den Türen der Arbeitsämter stehen,310 000 Jugendliche gibt, die sich für alternative Wegeund Maßnahmen entscheiden mussten: berufsvorberei-tende Maßnahmen, Berufsgrundbildungsjahr, Berufsvor-bereitungsjahr, allgemeine Schulbildung oder direkterEintritt in den Arbeitsmarkt. Das sind Jugendliche, dieursprünglich einen Ausbildungsplatz haben wollten.Im Beschluss der SPD-Fraktion und in den Beiträgender Kollegen dazu wurde eines ganz klar herausgestellt– ich möchte es noch einmal ausdrücklich sagen –: DerBeschluss stellt die Eigenverantwortung der Unterneh-men ganz klar in den Mittelpunkt.
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as heißt, die Eigenverantwortung der Wirtschaft stehtn erster Stelle und das ist auch notwendig. Das ist ge-au die Position der Bundesregierung.Das wird durch eine zweite Bedingung untermauert,n der es nämlich ausdrücklich heißt: Freiwillige Rege-ungen haben Vorfahrt. Tarifvertragliche Regelungen,ie wir sie zum Beispiel in der Baubranche haben, ha-en Vorfahrt.
ir wollen nämlich mehr solcher Tarifverträge haben.ich ärgert genauso wie wahrscheinlich alle in diesemaal, dass es nur fünf Tarifverträge gibt, in denen aus-rücklich gesagt wird, dass man mehr Ausbildungs-lätze braucht, und auch klar gesagt wird, wie viel mehr.In den Eckpunkten heißt es, dass man keine neuenmter etc. schafft. Was hier gesagt worden ist, ist alsoalsch.Es ist auch falsch, wenn behauptet wird, dass die Be-riebe, die nicht ausbilden, belohnt werden. Das war ge-ade Inhalt des FDP-Vorschlags vom Sommer. Den fandch hoch entzückend. Danach sollte es 3 000 Euro prousbildungsplatz geben, egal ob der Betrieb vorher aus-ebildet hat oder nicht, natürlich aus Steuermitteln!
ch sage ausdrücklich: Das ist nicht der richtige Weg.usbildung ist die ureigene Aufgabe der Wirtschaft.
Sorge macht mir, dass es in der Realität heute zumeil schon eine heimliche Verstaatlichung gibt. Es gibtchon so etwas wie eine heimliche Verstaatlichung, weilämlich die Jugendlichen, die jetzt in Fachschulen odern Berufsvorbereitungsmaßnahmen sind, natürlich – dasissen wir doch alle – zu einem erheblichen Teil austeuermitteln finanziert werden.Deshalb ist es schon richtig, wenn man sagt, dass die00 000 Betriebe, die nicht ausbilden, obwohl sie esönnten, endlich ihrer Verantwortung gerecht werdenüssen und nicht einfach darauf setzen können, dass an-ere Betriebe für sie kostenlos ausbilden. Es sind geradeie kleinen und mittleren Betriebe, die Sie immer nen-en, die kostenlos für diejenigen ausbilden, die nichtelbst ausbilden. Das ist doch das Problem, vor dem wirtehen.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003 6387
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Bundesministerin Edelgard BulmahnEine Anmerkung noch zu Herrn Hartmann. Ich kannIhnen, Herr Hartmann, voll und ganz zustimmen, wennSie sagen: Wir brauchen Berufe mit zweijähriger Ausbil-dung. – Völlig richtig! Deswegen handelt die Bundes-regierung ja auch. Es gibt inzwischen über 30 Berufe mitzweijähriger Ausbildung. Es wäre nicht schlecht, wennSie das einmal zur Kenntnis nehmen würden.
Für fünf weitere Berufe ist das in Vorbereitung. Wir wer-den den Weg weitergehen.Ein anderer Punkt, Herr Hartmann: Module schaffen. –Das steht schon seit einem Jahr im Berufsbildungsgesetz.Es muss von den Unternehmen aber auch genutzt werden.Modernisierung von Ausbildungsberufen. – Über dieHälfte der gängigen Berufe ist modernisiert worden,übrigens mit einem hohen Anteil von Flexibilität. Be-triebe können nämlich ihre betriebsspezifischen Bedürf-nisse und Anforderungen einbringen. Das werden wirauch fortsetzen.Wir werden ebenfalls unsere Anstrengungen fortset-zen, das Bildungsniveau insgesamt zu verbessern, weiles natürlich richtig ist, dass die Kooperation zwischenSchule und Bildung besser werden muss und dass dieschulische Ausbildung besser werden muss. Deshalb ha-ben wir ja auch das Ganztagsschulprogramm gestartet.Da würde ich mir allerdings wünschen, dass Sie von derCDU/CSU das nicht immer nur dann begrüßen, wenn esIhnen gerade so beliebt,
sondern da mal eine konsequente Politik betreiben, kon-sequent auf einer Linie bleiben und sich nicht je nachOpportunität verhalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es bleibt beidem Ziel: Alle Jugendlichen müssen einen Ausbildungs-platz erhalten.
An diesem Ziel wird nicht gerüttelt. Dafür werden wirSorge tragen.Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Katherina Reiche,
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-gen! Derzeit suchen 28 400 junge Menschen eine Lehr-stelle. Rund 10 000 Plätze sind offen. Allein im letztenMonat wurden 6 600 junge Menschen vermittelt. EshmUHDsawdismehpdDGdMjMdDWlChawEkssU
as ist vor allem ein Erfolg der kleinen und mittelständi-chen Unternehmen.
Tatsache ist, dass die Resonanz vieler Jugendlicheruf die Nachvermittlungsaktionen immer enttäuschenderird. Nur noch die Hälfte der Jugendlichen erscheint zuen Gesprächen, so die Unternehmer. Trotz dieses Des-nteresses verbleiben die Jugendlichen in der Arbeitslo-enstatistik. Sie benutzen sie mit Blick auf die Unterneh-en als Erpressungs- und Druckmittel.
Das von Ihnen jetzt vorgelegte Eckpunktepapier istine Ohrfeige für all diejenigen, die sich dafür eingesetztaben, dass es mehr Lehrstellen gibt. Ich nenne das Er-ressung. Ihnen ist offenbar die Ideologie wichtiger alsas Problem Lehrstellenmangel an sich.
a trägt der Kanzler den Sozialismus peu à peu zurabe; kurz vor dem Parteitag wird aber die Ausbil-ungsplatzabgabe den Linken serviert.
Es ist eine Unverschämtheit, wenn ausgerechnet Herrüntefering behauptet, er sei der Interessenvertreter derungen Generation. Mit dieser Vorlage betätigt sich Herrüntefering als Totengräber der dualen Berufsausbil-ung in Deutschland.
iese Politik geht zulasten der jungen Generation.
as Sie vorhaben, bedeutet nichts anderes als Verstaat-ichung und Verschlechterung der Ausbildung. Herrlement hat Ihnen das am Montag gesagt, Herr Schartauat Ihnen das am Dienstag gesagt. Wenn Sie schon nichtuf Ihre Spitzengenossen hören, dann hören Sie dochenigstens auf die Experten des Ifo-Instituts oder auf diexperten des Bundesinstituts für Berufsbildung. Sie alleommen zu den gleichen Ergebnissen:Erstens. Ein Lehrstellenangebot lässt sich nicht ge-etzlich festlegen oder gar steigern. Das Angebot richtetich nun einmal nach der wirtschaftlichen Situation dernternehmen – ob Ihnen das passt oder nicht. Die ist
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Katherina Reichedank Rot-Grün so schlecht wie nie. 40 000 Insolvenzensind ein trauriges Dokument Ihrer Politik. Erst ruinierenSie den Mittelstand in Deutschland, dann rufen Sie nachmehr Ausbildungsplätzen. Senken Sie die Steuern!
Entriegeln Sie den Arbeitsmarkt! Bauen Sie Bürokratieab! Dann bilden Unternehmen auch wieder mehr aus.
Zweitens. Die Zwangsabgabe führt zu mehr Bürokra-tie. Die Ausbildung wird verstaatlicht, weil der Staat einQuasi-Monopol erhält. Das bedeutet lange, komplizierte,bürokratische und zudem teure Entscheidungswege.Drittens. Arbeit wird deshalb in Deutschland teurerwerden. Es werden hauptsächlich außerbetriebliche Aus-bildungsplätze entstehen.
Das senkt die Qualität der Ausbildung.Viertens. Die Abgabe beseitigt auch nicht den Mangelan geeigneten Bewerbern. Viele Jugendliche sindschlicht nicht ausbildungsfähig. 90 000 haben keinenSchulabschluss. Das ist ein Problem der Schulen, mög-licherweise auch der Elternhäuser. Hier muss Schulewieder besser werden, übrigens hauptsächlich in SPD-geführten Ländern.
Sie verwechseln Ursache und Wirkung. Sie bestrafendie Unternehmen für Ihre Politik. Was Sie jetzt machen,ist im Prinzip dieselbe SPD-Politik wie in den 80er-Jah-ren. Auch damals glaubten Sie, mit Parteitagsbeschlüs-sen könne man die Welt verändern. Wir brauchen wiedereine glaubwürdige Wirtschaftspolitik, die sich nicht anTräumereien, sondern an der Realität orientiert. Dazubrauchen wir zunächst einmal Verlässlichkeit. Nur so be-kommen wir wieder Wachstum.Unsere Vorschläge zur Novelle des Berufsbildungs-rechts liegen seit Anfang des Jahres auf dem Tisch. AufIhre Vorschläge warten wir seit langer Zeit. Tragen Siedazu bei, dass es mehr Flexibilität bei Lehrlingsentgeltengibt.
Modernisieren Sie Berufsbilder, insbesondere im Dienst-leistungs- und Sozialsektor. Verkürzen Sie Ausbildungs-zeiten. Die kleinen und mittelständischen Unternehmenbrauchen modulare Berufsbilder und ein modernes Prü-fungswesen.Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie ha-ben sich schon oft verrannt: beim demographischen Fak-tor, bei der Steuerreform, bei den 630-Mark-Jobs. Alldas wurde gegen den Rat von Experten durchgezogenuggZdGgjüAlrDBsWgtcFWdVWAdbSdcwgzMPMsbt
as liegt nicht, wie Sie gesagt haben, an der schlechtenildung der Schulabgängerinnen und Schulabgänger,ondern vor allem an der schwindenden Bereitschaft derirtschaft, entsprechend Ausbildungsplätze zur Verfü-ung zu stellen.
Es ist nicht das erste Mal, dass wir vor dieser Situa-ion stehen – Frau Ministerin Bulmahn hat es angespro-hen –: Schon seit vielen Jahren verfallen wir jedenrühsommer in einen wilden Aktionismus, damit dieirtschaft doch noch bewegt wird, ein paar Ausbil-ungsplätze zur Verfügung zu stellen.Dabei ist es doch sie, die davon am meisten profitiert.on daher verstehe ich Ihren Lobbyismus bezüglich derirtschaft in diesem Zusammenhang überhaupt nicht.uch Sie müssen doch ein Interesse daran haben, dassie jungen Menschen in unserem Land eine Zukunft ha-en.
Für uns Grüne ist es nicht hinnehmbar, dass dietaatsquote in der Berufsbildung Jahr für Jahr steigt, undas nicht etwa, weil sich die Jugendlichen aus freien Stü-ken für eine rein schulische Ausbildung entscheidenürden, sondern weil es in Deutschland nicht annäherndenug klassische Ausbildungsplätze mehr gibt.Von Berufswahlfreiheit brauchen wir derzeit gar nichtu reden. Selbst wenn rein rechnerisch kein jungerensch auf der Straße sitzt, werden viele keine echteerspektive haben. Wir alle wissen, dass es, wenn jungeenschen einmal aus dem System herausgerutscht sind,ehr großer Anstrengungen bedarf, sie wieder in den Ar-eitsmarkt zu integrieren.Liebe Kolleginnen und Kollegen, rund 500 000 Be-riebe, die eigentlich ausbilden könnten, stellen heute
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Grietje Bettinkeinen Auszubildenden mehr ein. Nach neuesten Be-rechnungen bilden nur noch 23 Prozent aller Unterneh-men überhaupt aus. Wir sind den Firmen sehr weitentgegengekommen. Wir haben bürokratische Hemm-nisse abgebaut; wir haben zum Beispiel die Ausbilder-Eignungsverordnung ausgesetzt. Dennoch stehlen sichvor allem große Konzerne aus ihrer Pflicht zur Ausbil-dung.Wir brauchen endlich ein wirksames Instrument,
um jungen Menschen langfristig und unabhängig vonder Konjunktur eine Ausbildungsperspektive zu geben.Wir Grüne schlagen deshalb das Modell einer Stiftung„Betriebliche Bildungschance“ vor. Sie soll dort greifen,wo es keine tariflichen und regionalen Lösungen gibt.Das heißt konkret: Wir wollen eine Umlage statt einerAbgabe. Sie darf ausdrücklich keine Strafsteuer sein.Wir wollen eine Umlage für mehr duale Ausbildung inDeutschland.Alle – ich betone: alle – sollen bei unserem Modell ineinen Topf einzahlen, aus dem ausschließlich Ausbil-dungsplätze in Betrieben finanziert werden. So kann dieAusbildungsumlage Anreize für Unternehmen bieten,mehr betriebliche Lehrstellen zu schaffen.
Wir Grüne wollen ein Stiftungsmodell. Die Stiftungsoll bundesweit und branchenübergreifend eingerichtetwerden. Auch bürgerschaftliches Engagement, zum Bei-spiel in Form freiwilliger Beiträge, soll bei unserem Mo-dell durch steuerliche Vorteile belohnt werden. Die Aus-bildungsverweigerer unter den Firmen
tragen über die Beiträge an die Stiftung zur Entlastungausbildender Betriebe bei. Betriebe mit weniger als zehnMitarbeiterinnen und Mitarbeitern – das hat FrauDückert schon angesprochen – werden von den Beitrags-zahlungen ausgenommen. Wer über Bedarf ausbildet,wird mit diesem Modell gefördert. Wir wollen damit diekleinen Unternehmen des Mittelstands und Handwerksentlasten, die jetzt überproportional die Lasten der be-trieblichen Ausbildung tragen.Noch ein Wort zu dem Einwand, die Betriebe würdensich mit der Umlage von der Ausbildung freikaufen kön-nen. Ich frage Sie: Was passiert denn heute mit den Aus-bildungsverweigerern unter den Unternehmen?
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Uns geht es bei der Umlage darum, endlich Gerech-igkeit zwischen ausbildenden und nicht ausbildendenetrieben herzustellen. Wir schaffen mit der Stiftung ei-en starken Anreiz für mehr Ausbildung,
enn durch die Kostenerstattung haben ausbildende Be-riebe keinen Wettbewerbsnachteil mehr.Liebe Kolleginnen und Kollegen, das duale Systemat sich bewährt, solange von der Wirtschaft genügendusbildungsplätze angeboten wurden. Hier liegt dasroblem. Unser Vorschlag einer Stiftung „Betrieblicheildungschance“ kann eine Lösung sein. Wir müssenns immer vor Augen halten, dass wir mit jedem jungenenschen ohne vernünftige berufliche Perspektive eintück Zukunft verschenken. Das können und sollten wirns nicht leisten – nicht die Politik und auch nicht dieirtschaft. Deshalb lassen Sie uns die Zukunft sichern,ndem wir jetzt die Verpflichtung zur Ausbildung auföglichst viele Schultern verteilen.Vielen Dank.
Ich erteile dem Kollegen Werner Lensing, CDU/
SU-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-en! Lassen Sie mich mit einem rein persönlichen Be-enntnis beginnen. Sicherlich laufe ich in diesem Hohenause nicht Gefahr, dem so genannten Edelgard-ulmahn-Fanklub zugerechnet zu werden, sofern es die-en – nach all der Kritik, die ich aus dem Ministeriumernehme – überhaupt gibt.
leichwohl, Frau Bulmahn, finde ich Ihre Äußerung,bgedruckt in der „FAZ“ vom 15. Juli, ausgesprochensuper“. Da haben Sie erklärt – ich zitiere –:Durch Gesetze lasse sich dieser Bildungsoptimis-mus in der Bundesrepublik leider nicht verordnen.
ie Aussage stimmt – ohne Zweifel. Aber Sie haltenich leider nicht daran.
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Werner LensingDas beweist das unsinnige gesetzliche Vorhaben derEinführung einer Ausbildungsplatzabgabe. Ich bin zu-tiefst davon überzeugt – wir werden es eines Tages trau-rigerweise belegen können –, dass diese Abgabe in dieIrre führt und dass Sie damit knallhart vor die Wand fah-ren. Die Ineffektivität und der Nonsens Ihrer hilflosenMaßnahmen werden betrüblicherweise noch einsameTriumphe feiern.Ich möchte das aufgreifen, was Herr Brüderle undauch Frau Reiche gesagt haben, weil ich aus dem LandeNordrhein-Westfalen komme. Dort haben wir bekannter-weise seit 1996 unter Herrn Clement und Herrn Schartauvon der SPD einen Ausbildungskonsens. Dieser Kon-sens hatte deswegen Erfolg, weil er tatsächlich auf demPrinzip der Freiwilligkeit und damit des guten Willensbasierte.
Damit laufen die SPD-Minister Clement und Schartau indieser zentralen Ausbildungsfrage Ihnen, Frau Bulmahn,als der zuständigen Bundesministerin nicht nur den Rangab, sie offenbaren gleichzeitig – das ist bei Ihnen im Ge-gensatz dazu leider nicht der Fall – praxisorientiertenSachverstand. Dies muss man aus Gründen der Objek-tivität auch als CDU-Politiker erwähnen.Wenn ich mir darüber hinaus vergegenwärtige, mitwelchen Argumenten Sie, Frau Ministerin Bulmahn, inder Frage der Lehrlingsausbildung damals, als Sie sichnoch in der Opposition befanden, den damaligen – imÜbrigen tüchtigen – Ressortschef Dr. Jürgen Rüttgersattackiert haben, so muss ich feststellen, dass Ihre heuti-gen Argumente bedauerlicherweise geradezu hilflos,ohne Konzeption und mit Sicherheit ohne Effekt sind.Der CDU/CSU das Interesse absprechen zu wollen– egal ob Sie es sind, Frau Bettin, oder andere –, den Ju-gendlichen zu einem Arbeitsplatz zu verhelfen, ist wirk-lich unwahr, unverschämt und wird der parlamentari-schen Fairness nicht gerecht.
Die Ausbildungsplatzabgabe war schon seit einemUrteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 1977 imGespräch und wurde in verschiedensten Wirtschaftsla-gen zu Recht verworfen. Warum? Weil man immer wie-der erkannt hat, dass sie ökonomischer Unfug ist und ei-nen potenziellen Hort undurchsichtiger Bürokratie miteinem gigantischen – das sollten Sie einmal zugeben –Umverteilungsmechanismus darstellt.
Gerade diese hausgemachten Desaster sollen jetzt alsBegründung dafür herhalten – das konnten wir im Eck-punktepapier des Kollegen Müntefering lesen –, den an-geschlagenen Betrieben unter anderem diese weiterenLasten aufzubürden. Ich habe den Eindruck: Münch-hausen zieht sich hier aus dem Sumpf.Ein Weiteres. Ohne jetzt Zahlen zu nennen und imEinzelnen auf die von der Regierungsseite immer wiedergenannten 500 000 Betriebe einzugehen – man mussewbinetdndumszgSKtAdvlwdtfiZbfl
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Wenn einem Jugendlichen bereits der Einstieg in das Be-rufsleben verbaut wird, welche Perspektive soll der Ein-zelne dann überhaupt noch haben?In den vergangenen Tagen und auch heute hier imPlenum habe ich immer wieder erlebt, wie einige versu-chen, das Problem klein zu rechnen oder auf andere Be-reiche zu verlagern: Mal soll die Qualität der schulischenAusbildung mal soll die gesamtwirtschaftliche Situationschuld sein; mal soll sich das Problem wegen der demo-graphischen Entwicklung in unserem Land ganz vonselbst lösen.
Ich will diese Argumente nicht gänzlich in Abredestellen, Herr Kretschmer; denn die wirtschaftlichen Rah-menbedingungen für eine gute Ausbildung aller Jugend-lichen sind derzeit schwierig. Aber wir müssen uns klarmachen – das ist das Entscheidende, Herr Kretschmer –,dass Endlosdebatten letztlich auf dem Rücken der jun-gen Menschen ausgetragen werden, die heute dringendeinen Ausbildungsplatz suchen.
Deshalb sage ich Ihnen: Wir müssen jetzt – im Inte-resse der jungen Generation – handeln!
Wir werden handeln; denn wir wollen den jungen Men-schen eine Perspektive für ihr Leben geben.
Wir wollen sie mit ihrer schwierigen Situation nicht al-lein lassen. Das ist nicht nur im Interesse unserer Gesell-schaft, sondern auch im Interesse der Wirtschaft.
CSU): Handeln Sie doch auch danach! Han-deln Sie nicht kontraproduktiv!)Wer etwas anderes behauptet, der sägt an dem Stuhl, derunser Land künftig tragen soll.
Deshalb ist es notwendig, dass jetzt ein Gesetz für ei-nen Ausbildungsfonds auf den Weg gebracht wird: füreinen Fonds, der Anreize für eine betriebliche Berufs-ausbildung schafft, für einen Fonds, der gerecht und fle-xibel ausgestaltet wird, für einen Fonds, der Rücksichtauf regionale Besonderheiten nimmt, für einen Fonds,der ohne neue Behörden und ohne große Bürokratie ge-staltet werden soll.
Wichtig ist mir vor allem, dass weiterhin branchenin-terne Lösungen Vorrang haben. Diese freiwilligen Lö-sungen sollten beispielgebend für alle sein. Wer in derWtihuedduflädfsDeMdSnjetAHsfueimleiszEis
er wird künftig dazu beitragen müssen, dass ausbil-ungswillige Betriebe einen Ausgleich erhalten
nd zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze geschaf-en werden können.
Als Bundestagsabgeordnete aus den neuen Bundes-ndern weiß ich, dass es die Sorge gibt, der Ausbil-ungsfonds sei ein zusätzliches Entwicklungshemmnisür die ohnehin schon kapitalschwachen Betriebe intrukturschwachen Gebieten.
iese Bedenken werden wir im Gesetzgebungsprozessrnst nehmen.
an sollte sich die Situation in den neuen Bundeslän-ern aber genau anschauen, bevor man voreiligechlüsse zieht. Erfreulicherweise können nämlich dieeuen Bundesländer trotz aller Schwierigkeiten schontzt eine höhere Ausbildungsquote vorweisen als die al-en Länder.
Zudem wurden gerade im Osten mit den regionalenusbildungsverbünden sehr gute Erfahrungen gemacht.ier gibt es Regionen mit viel Engagement. Das istelbstverständlich noch ausbaufähig. Der Ausbildungs-onds wird seinen Anteil dazu leisten.
Die derzeit schwierige Ausbildungsplatzsituation istns allen bekannt; sie geht uns alle an. Ausbildung istine Investition in die Zukunft. Eine gute Ausbildung ist Interesse der Gesellschaft und der Wirtschaft, dietztlich auf qualifizierte junge Menschen angewiesent. Die Ausbildungsverantwortung wenigen Betriebenu überlassen und gleichzeitig von deren Leistung undngagement zu profitieren passt nicht zusammen. Dast auch nicht gerecht.
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Andrea WickleinWir werden konsequent dafür sorgen – deshalb schla-gen wir diesen Weg vor –, dass jeder Jugendliche einegerechte Chance bekommt, sein Leben selbst in dieHand zu nehmen.Vielen Dank.
Ich erteile das Wort der Abgeordneten Dr. Gesine
Lötzsch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr ge-
ehrte Gäste! Ich bin Abgeordnete der PDS.
Wir freuen uns, dass sich die SPD-Fraktion so eindeu-
tig für eine Ausbildungsplatzumlage ausgesprochen hat.
– Herr Tauss, halten Sie sich mit Zwischenrufen lieber
zurück! Erinnern Sie sich an die E-Mail, die ich Ihnen
geschrieben habe! Ihre Zwischenrufe sind nämlich häu-
fig sachlich falsch.
Ich kann das gerne aufklären, wenn Sie das interessiert.
Die SPD kommt mit der Ausbildungsplatzumlage ei-
ner Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts nach,
das bereits 1980, also vor 23 Jahren, eine gesetzliche Re-
gelung anmahnte und darauf verwies, dass es eine „Ver-
antwortung der Arbeitgeber für ein ausreichendes Ange-
bot an betrieblichen Ausbildungsplätzen“ gibt.
Die Unternehmen, die nicht ausbilden, hatten also
23 Jahre Zeit, freiwillig eine Lösung zu finden. Ich
denke, eine Bedenkzeit von 23 Jahren muss wirklich
ausreichen.
Jetzt ist das Geschrei bei CDU/CSU und FDP – jetzt
komme ich auf Sie zu sprechen – groß, die wieder ein-
mal den Niedergang des Abendlandes voraussagen. Ich
bin mir ziemlich sicher, dass das Abendland wegen einer
Ausbildungsplatzumlage nicht untergehen wird.
Weniger als 30 Prozent der Betriebe bilden aus. Ins-
besondere Handwerksbetriebe bilden aus. Sie stehen bei
der Ausbildung an erster Stelle. Aber auch die Bauindus-
trie hat gezeigt – das spielte heute schon eine Rolle –,
dass eine Ausbildungsplatzumlage über eine tarifliche
Regelung seit 40 Jahren gut funktioniert. Warum soll das
in anderen Branchen nicht gehen?
Wer sich heute noch immer einer Ausbildungsplatz-
umlage verweigert, dem sind die Jugendlichen offen-
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ch denke, das ist kein Zufall. Zwischen Ausfertigung
nd Einbringung der Rentengesetze in den Bundestag
ag nicht einmal eine halbe Nacht. Es ist kein Problem,
as im Protokoll nachzulesen.
Es ist kein Zufall, dass wir in der heutigen Aktuellen
tunde über dieses Thema sprechen, steht doch die SPD
urz vor einem Bundesparteitag. Da trifft es sich gut,
enn die Fraktion eine Ausbildungsplatzumlage fordert.
Die FDP hat die Aktuelle Stunde beantragt. Das ist
ichtig; aber die SPD-Fraktion hat dieses Papier verab-
chiedet. Ein bisschen Sachlichkeit sollten wir hier wal-
en lassen.
Ich hoffe, meine Damen und Herren von der SPD,
ass aus dem Eckpunktepapier der Fraktion auch ein Ge-
etzentwurf wird. Die PDS würde einem solchen Gesetz-
ntwurf gern zustimmen.
Danke schön.
Das Wort hat nun der Kollege Willi Brase für die
PD-Fraktion.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!b wir es wahrhaben wollen oder nicht: Wir haben eineehrstellenlücke. Wir haben nach wie vor eine Bugwelleon jungen Leuten, die einen Ausbildungsplatz suchen.udem sind viele Jugendliche in berufsvorbereitendenaßnahmen, wie im BFJ, im BVJ oder im BGJ. Dieseungen Menschen wollen eigentlich nur eines: eine ver-ünftige, qualifizierte Ausbildung – nach Möglichkeit inetrieben – absolvieren.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003 6393
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Willi BraseIch denke, es macht Sinn, die Wirklichkeit zur Kennt-nis zu nehmen. Die Wirklichkeit aber sieht so aus – da-rauf wurde mehrfach hingewiesen –, dass nur noch einTeil der Unternehmen, die in der Lage sind, auszubilden,auch tatsächlich ausbildet. Hier sind wir gefordert.Der Bundeskanzler hat im März dieses Jahres in sei-ner Ansprache zur Agenda 2010 sehr deutlich zum Aus-druck gebracht: Wenn es der Wirtschaft nicht gelingt,genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen,werden wir tätig werden und entsprechende Gesetze ver-abschieden. Ich finde, man muss den Bundeskanzler unddie Agenda an dieser Stelle genauso ernst nehmen wie inanderen Bereichen, wo wir bereits viele Vorhaben umge-setzt haben.
Es wundert mich schon, dass die Vertreter der Industrieund der Verbände den Kanzler in diesem Punkt offen-sichtlich nicht ernst genommen haben, oder aber sie neh-men die Ausbildungsnot der Jugendlichen nicht ernst.Ich kann Ihnen nur sagen: Wir nehmen das ernst undhandeln.
Wir wollen, dass es genügend qualifizierte betrieblicheAusbildungsstellen gibt.Eben wurde der Vorwurf einer schleichenden Ver-staatlichung erhoben. Ich finde es interessant, dass dieserVorwurf insbesondere von der FDP erhoben wurde. Esmuss berücksichtigt werden, dass die BundesrepublikDeutschland derzeit mehr als 6 Milliarden Euro für denschulischen Teil der dualen Ausbildung ausgibt. Knapp14 Milliarden Euro bringen die Unternehmerinnen undUnternehmer auf. Wenn wir hier nicht aufpassen – dasgilt insbesondere für die schulischen Maßnahmen –,kommt es in der Tat zu einer schleichenden Verstaatli-chung. Dies halte ich für falsch. Wir brauchen und wol-len betriebliche Ausbildungsplätze.
Ich finde es genauso interessant, wenn einerseits HerrBrüderle dieses kritisiert, andererseits aber die FDP vorwenigen Wochen einen Antrag in den Bundestag einge-bracht hat, in dem sie fordert, den Unternehmen3 000 Euro pro Ausbildungsplatz zu geben. Wenn daskeine schleichende Verstaatlichung ist, dann weiß ich esnicht.
Wir wollen mit einer Umlage auch diejenigen einStück weit beteiligen, die nicht oder nicht genügend aus-bilden. Wir werden unsere Vorschläge sehr konsequentumsetzen. Für uns ist die Aufrechterhaltung der Be-triebsnähe wichtig. Das Geld soll nicht für rein staatlicheAktivitäten ausgegeben werden, sondern dafür, dass be-twazdbIddsDtpDtzdrgwgwmBddBSilhbhush
ass die betroffenen Jugendlichen auch noch selber fürie Verbesserung ihrer schlechten Situation bezahlenollen.
en jungen Leuten einen Teil ihrer Ausbildungsvergü-ung zu nehmen, um damit zusätzliche Ausbildungs-lätze zu finanzieren, ist weder sozial noch sachgemäß.as lehnen wir ab.Uns geht es darum, klarzustellen, wer die Verantwor-ung für ausreichend Arbeitsplätze trägt. Wir unterstüt-en die tariflichen Lösungen, die es gibt. Ich erinnere nuraran, dass die chemische Industrie einen sehr guten Ta-ifvertrag entwickelt und umgesetzt hat. Ich werdeleich noch etwas zur Bauwirtschaft sagen. Niemandird daran gehindert, seinen Beitrag zu leisten. Im Ge-enteil, wir unterstützen ihn dabei.Lassen Sie mich noch etwas zur Umlage in der Bau-irtschaft sagen, die es schon seit Jahren gibt. Ich habeich sehr gefreut über die Mitteilung der Sozialkasse-au in Wiesbaden von vor wenigen Tagen, dass die Zahler bis Ende Oktober 2003 neu abgeschlossenen Ausbil-ungsverträge trotz der anhaltenden Strukturkrise in derauwirtschaft erstmals höher ist als 1995.
ie ist im Vergleich dazu um 3,5 Prozent gestiegen. Dasst ein gutes Beispiel dafür, welche Wirkung eine Rege-ung hat, die vernünftig ist und sachlich geboten ist.
Zum Schluss möchte ich noch auf die Aussage einge-en, die man so häufig hört, Jugendliche seien nicht aus-ildungsfähig, sie seien nicht ausreichend qualifiziert,ätten schulische Probleme, seien daran selbst schuldsw. Wer so etwas sagt, schiebt den jungen Leuten denchwarzen Peter zu. Das akzeptieren wir nicht. Deshalbandeln wir.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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6394 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003
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Das Wort hat nun der Kollege Wolfgang Meckelburg,
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Man glaubt nicht, dass das, was heute diskutiertwird, wahr ist. Ich hatte das Gefühl, dass allen nach fünfJahren Rot-Grün zumindest ansatzweise klar ist, dassHemmnisse im Bereich Wirtschaft bestehen und dasswir Reformen brauchen, Bürokratie abbauen müssenund zu mehr Flexibilität und Freiheit im Bereich derWirtschaft kommen müssen, um so neue Arbeitsplätzezu schaffen.
Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, wollen indieser Situation aber nun eine Ausbildungsplatzabgabeeinführen. Damit setzen Sie wieder einen neuen Ge-spensterzug aufs Gleis und bremsen.Ich darf Sie an die ersten fünf Jahre Ihrer Regierungs-zeit erinnern. Unmittelbar nach der Regierungsüber-nahme haben Sie Versuche gestartet, mit ausgeklügeltenpfiffigen Ideen die Wirtschaft zu regeln. 1999 zum Bei-spiel war die Scheinselbstständigkeit an der Reihe. Indiesem Jahr haben wir erlebt, dass Sie alles wieder auf-gehoben haben und zum alten Stand zurückgekehrt sind;denn mit Ihrer Regelung haben Sie genau das Gegenteilvon dem erreicht, was Sie angestrebt haben: Sie hattenBremsen in den Arbeitsmarkt eingezogen.Ich darf Sie darüber hinaus daran erinnern, was Siebei den Minijobs gemacht haben. Auch bei den Minijobshaben Sie versucht, alles zu regulieren. Das Ergebniswar, dass in dem Bereich nichts mehr ging. Wir habengeholfen, die Blockade durch Hartz I und Hartz II zu be-seitigen. Seitdem boomt es bei den Minijobs.
Frau Ministerin Bulmahn besitzt auch noch die Dreis-tigkeit, hier zu behaupten, es sei ihr zu verdanken, dassendlich etwas passiert. Ich fordere Sie auf: Weg mit denBlockaden! Diese Regelung darf nicht in das Gesetzblattkommen.
Die Frage, warum Sie die Ausbildungsplatzabgabewollen, ist relativ einfach zu beantworten. Auf den ers-ten Blick mag man das Gefühl haben, dass sie gerechtist. Deswegen gibt es von Menschen, die sich nicht näherdamit beschäftigen, auch Zustimmung. Der eine Grundfür die Ausbildungsplatzabgabe ist aber: Sie suchen ei-nen Schuldigen – das ist in dem Fall die Wirtschaft –, umvon Ihrer falschen Wirtschaftspolitik abzulenken.
Der zweite Grund ist ein sehr vordergründiger: Sie ha-ben einen Parteitagsbeschluss der SPD zu erfüllen unddamit die Linken zu befrieden, die noch immer nicht er-kannt haben, wohin es in Zukunft in der Wirtschaft geht.
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Ich rege mich darüber nicht auf. Es ist doch offensicht-ich: Sie wollen den linken Flügel Ihrer Partei befriedi-en. Das sieht man zum Beispiel daran, dass alle, auchie Ministerin, die Auffassung vertreten, eine Ausbil-ungsplatzabgabe müsse nur im Notfall erhoben werden.Die Ausbildungsplatzabgabe wird das Gegenteil vonem bewirken, was Sie wollen – das sage ich ganz deut-ich –: Sie werden, wenn Sie diese Abgabe wirklichurchsetzen, schleichend das duale System bei der Aus-ildung abschaffen.
ußerdem schaffen Sie unglaublich viel Bürokratie.enn wer will entscheiden, ob ein Betrieb zu wenig aus-ildet? Wie wollen Sie bei den Betrieben entscheiden,ie keine Lehrlinge finden? Diese soll es nämlich aucheben. Wie wollen Sie diese behandeln? Sie sollen einenuschuss bekommen, werden aber trotzdem keine Lehr-inge finden. Auch das sind Probleme, die auftreten wer-en. Sie belasten die Wirtschaft auf jeden Fall mit Kos-en und Bürokratie.Wenn Sie es mit dem Stichtag 30. September ernsteinen, dann werden Sie erleben, dass allein die In-raft-Setzung dieses Gesetzes dazu führen wird, dass imächsten Jahr nicht so viele Ausbildungsplätze bereit ge-tellt werden wie in diesem Jahr, weil jedermann auf die-en Stichtag wartet und erst dann bereit ist, Zusätzlichesu erbringen.
abei wird es jedoch viel Bürokratie und eine hohe Be-stung für die Wirtschaft geben. Das wird so nicht ge-en.Klar ist: Das Ifo-Institut, das BIBB, das IAB, dasandwerk, das Bauhauptgewerbe,
er zuständige Minister in NRW, Schartau, und Herrohwer, Minister in Schleswig-Holstein, sind dagegen.elbst Clement sagt diesem Gesetz den Kampf an; denn
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003 6395
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Wolfgang Meckelburger will alles tun, damit sich ein solches Gesetz nicht ent-falten muss.Meine Damen und Herren, gehen Sie den richtigenWeg! Hören Sie auf, mit Regelungen und Belastungender Wirtschaft etwas verändern zu wollen! Ändern Siedie entsprechenden Stellen Ihrer Politik, sodass die Wirt-schaft wieder Luft hat, es nicht andauernd zu Pleitenkommt und wir Arbeits- und Ausbildungsplätze auf dernormalerweise üblichen Basis bereitstellen können!Herzlichen Dank.
Nun hat die Kollegin Nicolette Kressl, SPD-Fraktion,
das Wort.
Sehr geehrte Damen und Herren! „Unternehmen, dieausbilden, sollen belohnt werden“ – so heißt es in derÜberschrift des Antrags der FDP.
Genau das werden wir auf den Weg bringen. Unterneh-men, die ausbilden, werden durch eine Finanzierung be-lohnt, die etwas anders aussehen wird, als es die FDP inihrem Antrag formuliert hat.Ich finde es etwas bedauerlich, dass Herr Brüderlenicht mehr da ist.
Er hätte nämlich lernen können, zu verstehen, was imAntrag der FDP steht. Im FDP-Antrag steht, dass dieUnternehmen, die ausbilden, mit 3 000 Euro belohntwerden sollen. Diese fallen aber nicht vom Himmel.Wenn ich mich nicht täusche, dann müssen das Steuer-mittel sein.
Sie aber wagen es, von der Verstaatlichung der Ausbil-dung zu reden. Das kann doch wirklich nicht wahr sein.
– Herr Hartmann, JUMP wird also nicht durch Steuer-mittel finanziert, sondern die Mittel dafür fallen vomHimmel? Ich empfehle Ihnen dringend, das Einmaleinsdb–HsSznUzbSgsaewVetfdtWkaskWnLgw
Sie täuschen sich, ich komme aus dem Bereich, Herrartmann.
Schauen wir einmal: Die FDP empfiehlt eine Ver-taatlichung der Berufsausbildung über den Einsatz vonteuermitteln, während für uns die solidarische Finan-ierung von Ausbildung bedeutet, dass wir den Unter-ehmen, die überdurchschnittlich ausbilden, mithilfe dernternehmen, die sich dieser Verantwortung entziehen,usätzliche Anreize geben. Diese logische Reihenfolgerauchen wir. Es darf nicht darum gehen, 3 000 Euro austeuermitteln bereitzustellen, Herr Hartmann.
Auch Frau Wöhrl ist nicht mehr da. Wir haben vorhinesagt, dass wir Frau Wöhrl sehr gerne finanziell unter-tützen, wenn ihr Unternehmen überdurchschnittlichusbildet. Wir sind nämlich der Meinung, dass dadurchine gesellschaftliche Verantwortung wahrgenommenird. Dies muss von den Unternehmen, die sich diesererantwortung entziehen, finanziert werden. Das ist eininfaches und faires System, durch das die Verantwor-ung tatsächlich im Bereich der Wirtschaft bleibt.
Zusätzlich zu dieser fairen Finanzierung und diesemairen Ausgleich im Bereich der Unternehmen vermei-en wir im Gegensatz zu Ihnen etwas. Ich finde es rich-ig zynisch.
ir wissen, wie viele junge Menschen es gibt, denen wireine Startchance geben können. Sie aber haben nichtsnderes zu tun, als sich hierher zu stellen und zu sagen,ie seien selbst schuld. Sollen sie doch bessere Noten be-ommen.
ir wissen ganz genau, dass es junge Leute gibt, dieicht reif für eine Ausbildung sind. Für diese jungeneute haben wir Ausbildungs- und Vorbereitungspro-ramme auf den Weg gebracht. In diesem Fall bekennenir uns auch zu einer Steuerfinanzierung,
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Nicolette Kresslweil wir wissen, dass das zu unserer politischen Verant-wortung gehört.
Ich sage Ihnen noch etwas: Ich habe zwölf Jahre langerlebt, wie junge Leute, die formal nicht die besten No-ten hatten und manchmal eine schwierige Schulkarrierehinter sich haben – das sind die Leute, von denen Sie solocker behaupten, sie seien nicht ausbildungsreif –, inden 80er-Jahren einen betrieblichen Ausbildungsplatzgefunden haben.
Wenn diese jungen Menschen in ihrem AusbildungsplatzAnerkennung erfahren haben, was zur Steigerung desSelbstwertgefühls geführt hat, dann konnte man beobach-ten, wie sie innerhalb eines halben Jahres zu richtig enga-gierten und verantwortungsbewussten Menschen wurden.
Sie aber geben ihnen keine Chance, sondern sagen nur:Sie sind selber schuld. Was ist das für ein Zynismus! Dasregt mich richtig auf, obwohl mir das normalerweisenicht passiert.
Innerhalb dieses Umlagesystems werden wir zweiFreiwilligkeitskomponenten einbauen. Zum einen ist esselbstverständlich so, dass wir bei tariflichen, freiwilli-gen Lösungen kein Interesse daran haben, die gesetz-liche Umlage greifen zu lassen, weil Freiwilligkeit im-mer Vorrang hat.
Zum anderen halten wir es für sinnvoll, eine Kompo-nente einzubauen, nach der die gesetzliche Umlage dannnicht zum Tragen kommt, wenn bis zu einem bestimm-ten Zeitpunkt eines Jahres genügend Ausbildungsplätzeangeboten werden. Diese beiden Freiwilligkeitskompo-nenten sind politisch wichtig. Für uns hat Freiwilligkeitimmer Vorrang. Wenn es aber auf freiwilliger Basis nichtzu genügend Ausbildungsplätzen kommt, dann habenwir verdammt noch mal die politische Verantwortung,dafür zu sorgen, dass die jungen Menschen eineStartchance bekommen.Vielen Dank.
Zum Schluss dieser Aktuellen Stunde erhält der Kol-
lege Uwe Schummer, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.
Verehrter Präsident! Meine Damen! Meine Herren!Es gilt das zuletzt gesprochene Wort.
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n diesem Jahr mussten 14 000 Schulabgänger mehr inen Arbeitsmarkt integriert werden. Ich bin zunächst ein-al froh, dass unsere gemeinsame schlimme Befürch-ng, in dieser Zeit könnten 60 000 bis 70 000 Schulab-änger nicht versorgt sein, nicht eingetreten ist. Durchachvermittlung besteht weiterhin die Option, bis Endees Jahres allen Schulabgängern einen betrieblichenusbildungsplatz oder eine Alternative anzubieten.Dies ist einzig und allein ein Verdienst von Firmen-nhabern und Betriebsräten, die oft über den eigenen Be-arf hinaus ausbilden und so jungen Menschen einehance gegeben haben. Sie haben den Ausbildungs-arkt stabilisiert. Sie haben erreicht, was Ihnen durcholitik nicht gelungen ist.
80 Prozent der Arbeits- und Ausbildungsplätze wer-en von kleinen und mittleren Betrieben bereitgestellt.un wollen Sie mit dem Holzhammer die Opfer Ihrerolitik zu Tätern machen, indem Sie eine Strafsteuerinführen, mit der Sie diejenigen treffen, die die Ausbil-ungsleistung letztendlich erbracht haben.
as ist klassische schrödersche Pendeldiplomatie: Ges-ern war er der Genosse der Bosse, der die Kapitalgesell-chaften bei Veräußerungsgewinnen völlig von derteuer befreit. Heute läuft Herr Schröder mit sozialisti-cher Ballonmütze durch die Gegend und will mit einerusbildungsplatzabgabe die Gewerkschaften wieder ru-ig stellen.
onsens statt Konsens – das ist schrödersche Politik.
Wenn Sie schreien, dann zeigt das nur, Kollege Brase,ass Sie getroffen wurden.Eine Umlagefinanzierung gibt es in der Bauwirt-chaft. Tatsache ist, dass seit 1998 die Ausbildungsplätzen der Bauwirtschaft trotz alledem
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. November 2003 6397
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Uwe Schummervon 100 000 auf heute immer noch 40 000 abgebautwurden. Dass die Quote in der Bauwirtschaft noch rela-tiv hoch ist, hat etwas damit zu tun
– wenn Sie besser zuhören und weniger laut reden wür-den, dann wären Sie auch in der Politik etwas besser –,dass es im Handwerk den Meisterbrief gibt. Was wollenSie? – Sie wollen den Meisterbrief, der auch eine Aus-bildungsqualifizierung bedeutet, weitestgehend abschaf-fen.
Das heißt, dass Sie das Handwerk, das etwa 18 Prozentaller Betriebe, aber 40 Prozent aller Ausbildungsplätzestellt, auch noch mit einer Abgabe bestrafen wollen.nimmt, die vergleichbare Regelungen treffen. WissenSie, was das bedeutet? – Sie opfern die Tarifautonomieauf dem Altar Ihrer Ideologie.
Autonomie kommt aus dem Griechischen – Herr Kol-lege Brase, wir Gewerkschafter wissen, was Tarifauto-nomie bedeutet – und heißt: nach eigenen Gesetzen le-bend.
Sie werfen uns vor, dass wir betriebliche Bündnisse fürArbeit und Ausbildung schaffen wollen, indem wir dieBetriebsräte stärken, aber Sie wollen einen Tarifpartnernötigen, einen Vertrag zu unterschreiben, –
Die Praxis zeigt: Betriebe brauchen Zukunft, sie brau-chen Aufträge und sie brauchen einen besseren wirt-schaftlichen Rahmen. Mit einer Steuer beseitigen Sienicht die Ursachen der Ausbildungsnot,
weil sie ein Ausfluss der wirtschaftlichen Not der Be-triebe ist, die offenkundig auch mit Ihrer Steuerpolitikund Ihrer Wirtschaftspolitik zusammenhängt.
– Herr Müller, Sie sind wirklich grandios. Wer solcheZwischenrufe macht, der sollte sein Abitur zurückgeben.
In der Bauwirtschaft wurde die Umlagefinanzierung vonden Tarifparteien eingeführt. Nun wollen Sie ein Bun-desgesetz erlassen, das die Wirtschaftsbereiche aus-Wsd2
Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Wir sind damit am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Donnerstag, den 13. November
003, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.